Gustav Greve Organizational Burnout
Gustav Greve
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Gustav Greve Organizational Burnout
Gustav Greve
Organizational Burnout Das versteckte Phänomen ausgebrannter Organisationen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ulrike Lörcher Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2291-5
Vorwort
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Vorwort Ein Buch aus der Praxis für die Praxis; geschrieben aus den Erfahrungen alsUnternehmer,CEOundUnternehmensberater,fürEigentümer,Unter nehmer,Führungskräfte,MitarbeiterundBerater. Es ist kein Werk der Wissenschaft, aber geschrieben unter Berücksichti gungdereinschlägigenLiteratur.VielleichtstelltdasBucheineAnregung fürdieWissenschaftdar,hierweitervertieftzuforschen,woderPraktiker nur induktive Schlussfolgerungen ziehen kann. Tatsächlich zeigte selbst intensivste Quellenforschung einen weißen Fleck auf der Wissenschafts landkarte zum Thema des Organizational Burnout (im Weiteren auch OBO). Bei den Arbeiten zu diesem Buch war ich immer wieder überrascht, wie häufig offenbar das Phänomen des Organizational Burnout erlebt wurde, ohnealssolcheserkanntwordenzusein.IndiesenMomentenkamenmir Zweifel. Kann es wirklich sein, dass viele es in ihrem eigenen Unterneh menoderihrerInstitutionerleben,aberkeinerbislangdieUrsachenrichtig zugeordnet hat?Ist möglicherweise das, was hierOrganizationalBurnout genannt wird, eine der vielen Ausprägungen „normaler“ Unternehmens krisen?DiesernützlicheZweifelließmichjedesKapitelbesonderssorgfäl tig daraufhin untersuchen, wie sehr ein Burnout einer Organisation als kollektives Phänomen einer bekannten Organisationskrise gleicht. Das Ergebnis ist eindeutig: Das Organizational Burnout ist ein Phänomen sui generis! Nicht jedes neue und schwierige Problem im Alltag eines Unternehmens odereinerNonProfitOrganisationwirdeinSymptomfürdaslatenteoder akuteOrganizationalBurnoutsein.VieleOrganisationenoderInstitutionen sindvermutlichresistentgegendieseschleichendeErkrankung.Wennaber dieerstenSymptomespürbarwerden,wenngardasOrganizationalBurn outbereitsersteZerstörungenverursachthat,dannwirdesgefährlich.Die Gefährlichkeit des Organizational Burnout beruht darauf, dass die SymptomträgerdieSchwächungdurchdasbeginnendeOBOleugnen.Die heroische Sozialisierung unserer Führungskräfte lässt Schwäche oder gar
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Vorwort
Versagen nicht zu. Genau die aber müsste man sich eingestehen, wenn man auch nur in Erwägung ziehen wollte, dass die eigene Organisation oderInstitutionvondem„Virus“erfasstseinkönnte.Sie,alsLeserinoder LeserdiesesBuches,gehörenoffenbarzudenstarkenPersönlichkeiten,die übersolchenvordergründigenVorwändenstehen. Vielen ist Dank zu sagen. Zuerst meinen Klienten, die durch ihre Aufga benstellungen und Herausforderungen – unbewusst – dazu beigetragen haben,mirdieAugenüberdasPhänomendesOrganizationalBurnoutzu öffnen. NichtofttrifftmaneinenVordenker,dernachdenklichmacht.AlsichProf. Dr.GunterDueck,ChiefTechnologistderIBM,sprach,gabeseinenSturz bachderIdeen,KommentareundphilosophischenHinweisezudenParal lelwelten in großen Organisationen: sei es die Parallelwelt der technisch oderkaufmännischgeprägtenKultursystemeineinemUnternehmen,seies dieParallelweltvonoffiziellgelebtenLeitbildernunddenwahrenemotio nalenMotivlandschaftenEinzelner. Über viele Jahre war Volker Hädrich der Leiter der Konzernorganisation der Deutschen Bahn AG. Ich bin ihm dankbar für seine hemmungslos ketzerischen Hinterfragungen nahezu jeder Behauptung in diesem Buch. Esistnichtimmereinfach,einensehrerfahrenenPraktikerzuüberzeugen, danke! Ein weiterer erfahrener und angenehmer Gesprächspartner war mir Peter Jumpertz, Vorstand der Theron Management Advisors AG, Köln. Seine HinweisezurSelbstorganisationvonSystemenundseineErfahrungenaus unzähligenConsultingprojektenindeutschenundinternationalenKonzer nenhabenmeineGedankeninerweiterteDimensionengeführt. OhnemeinenfrüherenMentorbeiArthurD.Little,Prof.Dr.TomSommer latte,nachseinenErfahrungenzufragen,wäredasBuchfürmichmiteiner gefühlten Restunsicherheit behaftet geblieben. Es gibt wohl niemanden, dermehrUnternehmen–imInwieAusland–voninnengesehenhatund sehrwohldieFehlervonSystemenundManagernrichtigeinordnenkann. Er konnte viele Beispiele benennen, wo das Organizational Burnout eine Rollegespielthabenmussundeshilfreichgewesenwäre,dieHerausforde rungenunterdiesemLichtzubeurteilen.DankeTom!
Vorwort
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InHolgerGroßfandicheinenerfahrungsreichenKennerdesInterimMa nagements.NichtnurweilermitseinerGroßInterimManagementGmbH selber Anbieter dieser speziellen Dienstleistung ist, sondern weil er als Herausgeber des wichtigsten Buches zum Thema „Interim Management. DenUnternehmenswandelerfolgreichgestalten–mitManagernaufZeit“ (2007)dasThemavonallenSeitendurchdrungenhat. Wenn der Leser feststellt, dass die Zusammenhänge wirklich im Zusam menhang beschrieben werden und die Kapitel konsequent eine gewisse Struktur haben, dann liegt es nicht am Autor. Das liegt an meiner Frau Monika und meiner Tochter Juliane, die unabhängig voneinander das ManuskriptdurchgearbeitethabenundseltenfreiwilligmeineArgumente akzeptierten,dassesebengenausoseinmüsseundnichtanders.Ichdanke Euchsehr! Basel,imJuni2010
GustavGreve www.organizationalburnout.de
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis Vorwort.............................................................................................................5 1 OrganizationalBurnout?..............................................................................13 1.1 IntelligenteOrganisationensindprädestiniert fürOrganizationalBurnout...............................................................22 1.2 DasOrganizationalBurnoutistnichtdieSumme vonvielenindividuellenBurnouts...................................................30 1.3 AnalogievonpersönlichemBurnoutSyndrom vs.BurnoutvonOrganisationen.......................................................32 2 VoraussetzungenundGründefürdasOrganizationalBurnout...........41 2.1 VoraussetzungenfürdieAnfälligkeitfürdasOBO.......................42 OrganisationensindsozialeSysteme...............................................42 RezeptivitätvonOrganisationenfürein OrganizationalBurnout......................................................................46 2.2 GründewarumsichdasOBOeinschleichenkann.........................51 Erfolgsarroganzmachtblind.............................................................63 AusblendenvondisruptivenMarktveränderungen......................64 MisserfolgewerdenmitbewährtenMittelnbekämpft, abernichtbesiegt.................................................................................68 AllemachengerndiegleichenFehler...............................................69 FusionenalsAkzeleratorfürdasOrganizationalBurnout...........72 UnfreundlicheÜbernahmendurchInvestoren...............................76 3 ErsteSymptomedesOrganizationalBurnout..........................................79 3.1 DasUnternehmenhattenachhaltigbeachtlicheErfolge................81 3.2 ErfolgeerlaubenLuxusundLuxusfrustriert..................................83 3.3 DieemotionaleBindungimTagesgeschäftlässtspürbarnach....86 3.4 Höchstleistungenwerdenselbstverständlich..................................88
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3.5 LeistungundIncentiveswerdenmitzweierleiMaßgemessen....90 3.6 AnspruchundWirklichkeitderLeistung derFührungskräftewerdenunglaubwürdig..................................92 3.7 ErfolgederVergangenheitsindwichtigerals dieChancenderZukunft...................................................................95 3.8 Teamsynergienlösensichauf............................................................97 4 TypischePhasenderOrganizationalBurnoutSpirale..........................101 4.1 DerMarktbeantwortetdieSinnfragenichtmehr.........................104 4.2 Produktivitätnimmtschleichendab...............................................107 4.3 InterneAnforderungenbindenmehrundmehr ZeitundEnergie................................................................................108 4.4 Ressourcenwerdenknapper, manweißeigentlichnichtwarum..................................................110 4.5 ZunehmendfunktioniertderBetriebtrotzund nichtwegendesManagements.......................................................113 4.6 Unsicherheitmachtsichbreit,Dynamikgehtverloren...............115 4.7 DerAnspruchvonallenanallesteigt.............................................118 4.8 ZynischeGrundstimmunggegenüberFirmaund Kollegenmachtsichbreit.................................................................120 4.9 SimulationdespersönlichenEngagements...................................122 4.10 Innovationenfinden(auchimKleinen)nichtmehrstatt.............126 4.11 DieFührungskräfteschottensichvomTagesgeschäftab............129 4.12 GefühlderMachtundSinnlosigkeitaufallenEbenen...............133 4.13 ÜberraschendeWechselimManagement......................................136 4.14 Fluktuationnimmtzu.......................................................................139 4.15 RitualisierteNeustarts.......................................................................141 4.16 DasManagementerreichtdieMitarbeiternichtmehr.................145
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4.17 Kontrollverlust...................................................................................147 4.18 DiffuseSehnsuchtnachdem„BigBang“desNeubeginns.........151 4.19 Hoffnungslosigkeit............................................................................155 4.20 UnbewussteDuldungdesOrganisationssuizids..........................157 5 FolgendesOrganizationalBurnout.........................................................163 5.1 KraftloseFührung:„VogelStrauß“inderChefetage..................164 5.2 KomplexeÜberorganisationderProzesse: VieleEMailsundlangeListen,nichtswirdbesser.....................166 5.3 Schneller,härter,erfolgloser! PersonalführunginderSackgasse..................................................168 5.4 Innovationslücke:„WeraufdemletztenLochpfeift, bringtkeineneueMelodiezuStande“...........................................170 5.5 Kommunikation:AsymmetriederInformationen........................172 6 DiagnosenachSelbsterkenntnis................................................................175 6.1 Akzeptanz:DasOrganizationalBurnoutistda!...........................176 6.2 Anamnese:WegmitdenScheuklappen!........................................182 6.3 Teamansatz:StattSchuldzuweisungengemeinsam „dieSuppeauslöffeln“!....................................................................186 6.4 Coaching:HilfezurSelbsthilfeorganisieren.................................189 7 TypischeVersuchederEigentherapie......................................................193 7.1 StatteinerTherapiesollenErfolgehelfen......................................193 7.2 Symptomewerdenkuriert,nichtaberdieUrsachen....................198 7.3 RettungsillusionundReaktionsparadoxdesOBO: Zeitverloren,Mutverloren,allesverloren...................................200
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8 TherapiedesOrganizationalBurnout......................................................205 8.1 Kommunikation:Nurwaskommuniziertwird, findetauchstatt!................................................................................211 8.2 Führung:VertrauensvolleFührungführtzuVertrauen!.............216 8.3 Strategie:ZielklarheitgibtderStrategieSinnundKraft!............225 8.4 Prozesse:KonzentrationaufdieWertschöpfungundRuhe bewahren!...........................................................................................232 8.5 Organisation:RevitalisierungdurchdynamischeKontinuität!..237 8.6 Kultur:MitprofessionellerGelassenheitwerden alleTeilderLösung!.........................................................................241 9 RehabilitationnacheinemOrganizationalBurnout..............................249 9.1 Erfolggibtrecht..................................................................................251 9.2 WegvomTropfderexternenBeratung..........................................252 9.3 Geschwindigkeitstabilisiert.............................................................254 9.4 Vergessen,waswar(diedunkleZeitwardamals).......................256 10 PräventiongegenRückfall.........................................................................261 10.1 Vertrauen,RespektundToleranz:DasKlimaistprima..............263 10.2 KontrollierteStabilitätundDynamikderProzesse......................266 10.3 MutzurNormalität,aberprofessionellunnachgiebigbleiben...269 Literaturverzeichnis..........................................................................................273 Stichwortverzeichnis.........................................................................................275 DerAutor............................................................................................................281
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SiehättendasBuchvermutlichnichtzurHandgenommen,wennSienicht eineeigene,zumindestgefühlte,Vorstellungdavonhätten,wasdasBurn out einer Organisation sein könnte. Vielleicht haben Sie sogar bereits die Erfahrung gemacht, dass in Ihrem Unternehmen oder in Ihrer Institution zwareigentlichallesperfektgeregeltist,dennochimTagesgeschäftvieles nicht geordnet läuft, manches einfach nervt und Sie persönlich schon oft gedachthaben,dassessowohlaufDauernichtweitergehenkann.Vermut licherinnernSiesichfastwehmütigdaran,wieesfrüherwar;damalshatte man gemeinsam Erfolg und es machte einfach Spaß in diesem Unterneh menzuarbeiten. Siepersönlichallerdingswissengenau,woranesinIhrerFirmaoderInsti tutionliegt.InjederBesprechunggibteszahlreicheHinweisedarauf,was mantunsollte,umwirklichwiederoptimalzufunktionieren.Manbraucht jaeigentlichnureinmaldurchdasHauszugehen,dannsiehtmananjeder EckedieMängelderOrganisationundderAbläufe.Daistsehrvielzutun, abermankommtjazunichts.UndSieselbst?LeidenSieunterdemBurn outSyndrom? Liegt es vielleicht an Ihnen, dass es nicht mehr so voran geht?Nein,aufkeinenFall!Ja,natürlichistmanauchmalerschöpft,oder man hat auch mal Tage, an denen es besser läuft als an anderen, aber Burnout,dasnunwirklichnicht. Seit1990begleiteichalsBusinessConsultantUnternehmenundInstitutio nen bei der Lösung ungewöhnlicher Fragestellungen. Die Klienten hatten entweder Fragen zur Zukunftsstrategie oder es ging um einen schnellen Turnaround, nie aber waren es einfache Situationen. In diesen zwei Jahr zehntenhabeichschätzungsweisemehralszweihundertOrganisationskul turenintensiverlebtundjedederOrganisationenhatteeinenganzindivi duellen Corporate Spirit. Keine Unternehmenskultur glich einer anderen. Oft wurde unser Team zu Beginn eines Projektes gefragt: „Haben Sie so etwas schon einmal gemacht?“ Ehrlicherweise mussten wir zugestehen, dasswireinesolcheHerausforderungnochnichtzulösenhatten.Beialler Vielfalt der Erfahrungen und trotz vieler tatsächlicher Projektreferenzen warebengeradediesjeweilseinespezielleUnternehmenssituationunddie individuelleUnternehmenskulturganzunterschiedlichzuanderen. G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Unddennoch:EsgabfünfauffallendeGemeinsamkeiten. Erstens: Immer führten wir die ersten Gespräche vor dem Hintergrund einer expliziten Problemlandschaft. Der Bedarf nach professioneller Bera tungwarda,ermusstenichterstgewecktwerden.Gelegentlichgelanges auch, mit einer neuen Optimierungsmethode aus dem Werkzeugkasten desBeratersdasInteressederKlientenzuweckenundauseinemimplizi tenVerbesserungsbedarf eine explizite Beratungsnachfragezugenerieren, aber das war leider die Ausnahme. In den meisten Fällen wusste derKli ent,waserwollte,indenseltenstenFällenallerdingslagerdamitrichtig. Erst im Verlauf der Zusammenarbeit im Projekt stellten sich die wahren Problemeheraus,nichtseltenlagensieauchinderPersondesAuftragge bersselbstbegründet. Zweitens: Immer hatte das Management die Anzeichen der Problemlage zunächst verdrängt, dann unterschätzt und schließlich anerkennen müs sen. Es waren Fehler passiert und diese Fehler waren nun offensichtlich geworden. Der gewohnte Zustand der Selbstsicherheit hatte somit beim Managementbereitsgelitten.DasManagementwünschtenichtsmehr,als dass es wieder so sei wie früher, und die Führungskräfte waren ratlos, allerdings versuchten sie noch den Eindruck aufrechtzuerhalten,dieLage festimGriffzuhaben. Drittens: Die akuten Probleme waren nicht erst gestern aufgetreten, son dernmanhattebereitsübereinezulangeZeitversucht,dieSituationmit Bordmittelnzuklären.DasEngagementdesUnternehmensberaterswaroft danneineArtUltimaRatio. Viertens:DiewichtigeEbeneunterhalbderUnternehmensspitze,imMittel standoftdieLeistungsträgerunddie–soweitvorhanden–Arbeitnehmer vertreter, waren voller Misstrauen gegenüber uns Beratern und manche gefielensichimZynismus.SietrautenwederdemManagementnochden externenBeraternzu,einenwirklichenWandelherbeizuführen;sieerwar tetenallenfalls,dasswiedereinmalandenSymptomenkuriert,nichtaber dieUrsachenwirksamangepacktwürden.Ofthatteesauchbereitsinterne Verbesserungsprojekte gegeben, die aber letztlich regelmäßig im Sande verlaufenwaren.
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Fünftens:DiezeitlichenVorgabenunddasgeplantefinanzielleBudgetfür dienotwendigenAufgabenwarenausnahmslosunzureichend.DasMana gement glaubte, mit wenigen singulären Maßnahmen in kurzer Zeit das Schiff wieder in ruhiges Fahrwasser steuern zu können, um dann dort weiterzumachen,wo–wiemansicherinnerte–esdochimmersoerfolg reichgewesensei. Waren diese Übereinstimmungen Zufall? Lange suchte ich einen gemein samen Nenner, schon um den eigenen Akquisitionserfolg im Wettbewerb zuvergrößern;aberauch,umschnellerundeffizienterzuLösungsansätzen zu gelangen. Zunächst hoffte ich, Situationsmuster vor dem Hintergrund von Branchen, Marktlebenszyklen oder Unternehmensgrößen auszuma chen.OhneErfolg,denndievergleichbarproblematischenAusgangssitua tionentratenunabhängigvonMarktlage,GrößeoderBrancheauf. DannentdeckteichnachlangenÜberlegungenundwiederholtenAnalysen einen trivialen gemeinsamen Nenner: Menschen sind im professionellen Umfeld eben einfach so. Wie bitte? Hallo? Das kann doch nicht die Ant wort sein! Doch, es ist eine Antwort, denn alle Führungskräfte, Manager, Unternehmer, Entscheider in den Strukturen einer Unternehmung oder einerInstitutionsindinWahrheitundimKern(wieunsdieNeuroökono mielehrt)emotionale,unvernünftigeundeitleMenschenmiteinerextrem wenig variablen, identischen Motivationslandschaft, die sich aus einer jahrtausendlangen Evolutionsgeschichte geformt hat. Also ganz normale Menschenwieduundich. Damit hatte ich zwar einen Schlüssel zu einem umfassenden Erklärungs gebäude individueller Managementfehler, und das Beraterleben wurde sehr viel angenehmer und erfolgreicher, weil berechenbarer. Es war mir nun möglich, aus einer endlichen Zahl von Individualmerkmalen, dem Unternehmer oder Manager unter vier Augen zu sagen, welche Problem ursacheninseinereigenenPersonundseinerWirkungaufdieOrganisati onlagenundwashierzutunsei.DaswarabernureinTeildesWeges. SeitmeinemEinstiegindasBeraterlebenhatsichimWirtschaftsalltagviel verändert. Unendlich viele Managementtheorien und methoden wurden und werden weiter formuliert, die Informationstechnologie erlaubt neue, globaleArbeitsformenundderManagementnachwuchsistheuteungleich
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besser ausgebildet als vor zwanzig Jahren. Die Produktivität ist erheblich gestiegen, der Maßstab für Exzellenz hat sich internationalisiert, die Pro zesse wurden schneller und die Berichtszyklen kürzer. Jeder ist jederzeit erreichbar,allearbeitenhärterundeswirdauchmehrGeldverdient.Wirk lichvieleswurdebesser. Dennoch–trotzdieserunbestrittenenFortschritteinWachstumundWohl stand – blieb ein Phänomen konstant: Unabhängig davon, ob es große, mittlere oder kleine Organisationen waren, unabhängig davon, ob es sich ummarktnaheodermarktferneSystemehandelte,undunabhängigdavon, ob es sich um Organisationen mit jahrzehntelanger Tradition oder um relativneueUnternehmenhandelte,immerwarendieOrganisationenund Institutionenzeitweisesehrerfolgreichundphasenweiseschienensiehalt loseinemAbgrundentgegenzutorkeln. Es liegt in der Natur der Profession des Business Consultant, dass er es ehermitUnternehmenineiner–sagenwiresvorsichtig–herausfordern den Situation zu tun hat. Vielleicht wird der Blick für die Defizite einer Organisation dadurch schärfer, vielleicht entwickelt man sogar einen Ins tinkt für die minimalsten Anzeichen kommender Problemphasen. Wenn ichmiterfahrenenKollegenausanderenBeratungshäusernspreche,dann sind wir uns schnell einig: Nach zwei Stunden in einem Unternehmen wissen wir, wo auf der Lebenszykluskurve das Unternehmen oder die Institution steht und wo die Kernursachen und die Schlüsselprobleme liegen. Nur Gründungsberater und SeedCapitalInvestoren treffen überwiegend auf Unternehmensorganisationen in der euphorischen Gründungs und Aufbauphase,wennnochallesmöglichistunddieFantasiederUnterneh merenergieFlügelverleiht.AlleanderenBerateroderBanker,dieeinUn ternehmenodereineInstitutionzubeurteilenhaben,treffenaufeinemehr oder weniger erfolgreiche Vorgeschichte. Die internationale Erfahrung zeigt, dass die Zeitspanne der erfolgreichen Tätigkeit von Unternehmen endlich ist. Zwar gibt es viele Unternehmen, die auf 50 und mehr Jahre Geschäftstätigkeit zurückblicken. Doch die Anzahl an Unternehmen – gleichwelcherGröße–,diebereitsseit100Jahrenoderlängerbestehen,ist bereitsdeutlichgeringer.
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NehmenwirdenDax.SeitderEinführungam1.Juli1988musstenzahlrei che Anpassungen an seiner Zusammensetzung vorgenommen werden. Von den ursprünglichen Werten sind folgende heute nicht mehr dabei: BayerischeHypothekenundWechselbank,BayerischeVereinsbank,Con tinental, Degussa, Deutsche Babcock, Dresdner Bank, Feldmühle Nobel, Hoechst,Karstadt,Mannesmann,NixdorfundSchering.Unsfallenweite re,wichtigeNamenein,dieeinedominanteRolleinderWirtschaftgespielt haben und untergingen: Telefunken, Grundig, Schiesser, Krupp, AEG, DKW,Borgward,WalterBau,Holzmann,MagirusDeutz,Rosenthal,Nord mende, Photo Porst, Zündapp, LTU, Swiss Air, Rollei. Manche Marken existierennoch,abernurnochalsErinnerungshülle. VieleNamen,vieleGründe!MankönntealsVertreterdesevolutionstheo retischenAnsatzes1dieseEntwicklungneutralundleidenschaftslosalsdie Selektion der Stärkeren durch Einflüsse der Umwelt sehen. Wer zu schwachist,dermussebenuntergehen.ZudieserSichtkonnteichmichnie bekennen.Ichfühlteundfühlemichstetsemotionalberührt,wennichvon dem Untergang eines Unternehmens erfahren musste. Hier waren Hoff nungen, Arbeitsplätze und persönliche Schicksale untergegangen. Und es stelltesichmirimmerdieFrage:Hättemanesverhindernkönnen?Natür lich kann man von außen nur selten hinter die Kulissen schauen und oft werdenalleUmständedesUntergangserstJahrespäter,wennüberhaupt, bekannt.DennochhatmichdieseFragestetsintensivbeschäftigt. Zunächst sollte man auf die einschlägigen Untersuchungen zu den wich tigstenInsolvenzursachenschauen.HierzugabesvorwenigenJahreneine Untersuchung2mitfolgendenResultaten:
1AnsatzderBetriebswirtschaftslehre,deraufderallgemeinenEvolutionstheorie aufbauenddiebisheralskonstantbetrachtetenPrämissenvonEntscheidungen durchParameteränderungeni.S.eineslaufenden,evolutionärenProzessesbetrach tet. 2„WirtschaftKonkret“,Nov.2006,ZeitschriftderEulerHermesKreditversiche
rungsAG,Hamburg
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Tabelle 1.1
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Insolvenzursachen
Sachebene
KulturelleEbene
1.FehlendesControlling
4.Autoritäre,rigideFührung
2.Finanzierungslücken
5.UngenügendeKommunikation
3.Unzureichendes Debitorenmanagement
8.Dominanzpersönlicherüber sachlicherMotivation
6.Investitionsfehler
10.Egozentrik,fehlendeAußen orientierung
7.FalscheProduktionsplanung
11.MangelanstrategischerRe flexion
9.UngenügendeMarktanpassung
12.Personalprobleme
13.UnkontrollierteInvestitionund Expansion
14.ZuvielWechselimManage ment
(dieZahleninderTabelleweisenaufdieReihenfolgeihrerBedeutunghin) Damit kennen wir die Gründe, die von den Insolvenzverwaltern genannt werden. Insolvenzverwalter erscheinen bekanntlich erst, wenn die Grube bereits geschaufelt wurde, in die dann die Reste des Unternehmens ver senktwerden.ExtremseltenwerdenUnternehmenausdemInsolvenzver fahren(etwadurcheinInsolvenzplanverfahren)nochrevitalisiert.Tatsäch lichkannmanzudiesemZeitpunktdiemonetärenFehlerimmernochgut in den Büchern nachvollziehen, die Fehler in Führung und Kultur bilden sichindenUnternehmensdokumentennurunzureichendab. Ich konnte mich mit diesen postumen Erklärungen nicht zufriedengeben, denn hinterher sind immer alle schlauer. Was war es, was die Unterneh men auf dem Weg vom großen Erfolg bis zu einer finalen Abwicklung durchgemacht haben? Und gab es möglicherweise auf diesem Weg des
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LeidenseinenPointofReturn,quasieineentscheidendeWeggabelung,die verpasstwurde? Vor zehn Jahren bekam ich ein sehr ungewöhnliches Projekt angetragen. DamalskamicherstmalsaufdieIdee,dasseseinBurnouteinerOrganisa tion,ähnlichwiedasBurnoutSyndrombeieinemMenschen,gebenkönne. IndiesemFallhattebereitsdasManagementaufgegeben,derEigentümer hatte bereits gewechselt und mir wurde vom neuen Eigentümer, einem hanseatischen Kaufmann, dargelegt, dass man hier machen könne, was man wolle: Die Organisation sei entschlossen, sich allen nützlichen und hoffnungsvollen Maßnahmen zu verweigern, obwohl der Käufer in den Einzelgesprächen mit den Führungskräften und den Betriebsräten wäh rend der Due Diligence nicht nur auf große Offenheit getroffen sei, son dern ausdrücklich die Unterstützung bei einem Wechsel des Eigentümers zugesagtbekam.Nun,ichübernahmdenAuftrag. DieMarkestimmte,diePositionierungimMarktwarklarunddieProduk teüberzeugten.AllerdingswardasUnternehmenseitnunmehrachtJahren ohne operativen Ertrag gefahren worden, stets gesponsert vom früheren Eigentümer, der offenbar dieses Unternehmen nutzte, um in seiner Kon zernkonsolidierung Unternehmensgewinne steuertechnisch zu reduzieren undgleichzeitigmiteineranerkanntenMarkeseinPortfoliozuschmücken. Das ist durchaus ein Möglichkeit, ist nur wenig erfreulich für das Mana gement und die Beschäftigten, wenn das Konzernmanagement dabei den Eindruckkolportiert,dassdieTochterfirmanichtinderLagesei,ihreKos ten zu verdienen, und somit immer strengere Sparmaßnahmen zwingend seien. Seit vielen Jahren hatten die Kollegen hart gearbeitet, ohne dass es tatsächlichzueinerausgeglichenenG+Vgereichthätte. DieerstenAnalysenzeigtenerstensganzklareinDefizitanFührung–die beiden Geschäftsführer hatten sich nichts zu sagen und boten den Mitar beitern keine motivierende Vision –, zweitens einen nachhaltigen Brain Drain – wobei die abwandernden Beschäftigten den verweilenden ihr Be dauernaussprachen,dasssiebleibenmüssten,drittenseineabnehmende Marktakzeptanz – das PreisLeistungsVerhältnis schien nicht mehr wett bewerbsfähig, und viertens nicht zuletzt ein zynisches Klima – jeder kon struktiveVorschlagwurdemaliziösbelächelt.DieFragewar:Gibtesfürall dieseIndizieneineUrsache?Wosollmanansetzen?Vorallemstelltesich
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dieFrage,obdieseOrganisationinderLagewäre,auseigenerKraftwie der in den ehemals überragenden Zustand prominenter Marktpositionie rungzugelangen? VordiesemHintergrundzeigtesichmirerstmalsdasBildeinerparalysier ten,erschöpftenundausgebranntenOrganisation.NichtdieGeschäftsfüh rer, nicht die Bereichsleiter, schon gar nicht die Post oder ITAbteilung waren schuld, sondern die Organisation hatte nach vielen Jahren überra gender Erfolge keine Chance zur Erholung und Repositionierung gehabt. Nicht Ruhe und Konsequenz wurden gelebt, sondern Hektik und Besser wisserei. Hier hatte ich mein erstes und augenöffnendes Beispiel für das PhänomendesOrganizationalBurnout. Was geschah dann? Dazu werden Sie in Kapitel 8 (Therapie des Organi zationalBurnout)dieAntwortenlesen.DamalslagdieverpassteWeggabe lung bereits Jahre zurück. Der Alleingesellschafter hätte gemeinsam mit denLeistungsträgernfrühzeitigdasUnternehmenaufdieVeränderungen der Umwelt ausrichten können und die Beschäftigten daran beteiligen sollen, den neuen Weg dann gemeinsam und konsequent zu gehen. Das warabervieleJahrezuvorversäumtworden,weildasKernprobleminder Arroganz des Gesellschafters lag. Dort wusste man immer einfach sehr genau,waszutunsei,undgabdasklarvor.Tatsächlichwardasabereine falsche Sicht, der sich die Geschäftsführung und die Beschäftigten mit wachsendemIngrimmundinneremWiderstandgebeugthatten.Hierhätte alleindiezeitgerechteErkenntnis,dassessoetwaswieeinOrganizational Burnout überhaupt und in dieser Firma konkret gibt, vermutlich alle wahrgenommenen Tatsachen in einem anderen Blickwinkel erscheinen lassen. Ein Paradigmenwechsel wäre möglich geworden und das Unter nehmenhättesichinnerhalbvoneinoderzweiJahrenvollständigerholt. DasOrganizationalBurnoutliegtdannvor,wennsicheinaktivesOrga nisationssystem, unabhängig davon, ob der Organisationszweck marktnah oder marktfern ist, in einem erschöpften und paralysierten Zustand befindet und mit eigenen Ressourcen diesen, als unerwünscht erkannten,Zustandnichtmehrpositivverändernkann. BewusstsprecheichvoneinemOrganisationssystem,alsovoneinerOrga nisation mit einer endlichen Anzahl von Organisationselementen, die aus
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einembestimmtenZweckerrichtetwordenist,diemitangemessenenRes sourcen, vor allem mit Personal ausgestattet wurde und die bereits in ei nem eingeschwungenen Ablauf ihre Funktionen wahrgenommen hat. Ich spreche also weder von einem Privathaushalt, einem Freizeitverein, noch von einem Zweckverband, somit nicht von Organisationen, die gegebenfallswirtschaftlichschadlosaufgelöstwerdenkönnten. Tatsächlich spielt es zunächst keine Rolle, ob der Zweck des Organisati onssystems marktnah und auf Erwerb gerichtet ist. Eine Sonderstellung nehmen die NonProfitOrganisationen ein, die zwar nicht demokratisch legitimierte oder gesetzlich mandatierte Einrichtungen des öffentlichen Sektorssind,aberdennochnichtanwirtschaftlichenErfolgsgrößengemes sen werden. Wenn im weiteren Verlauf von Organisationen gesprochen wird, sind wirtschaftsnahe Organisationen gemeint; wenn von Institutio nen die Rede ist, dann sind die marktfernen, öffentlichen Einrichtungen oder NonProfitOrganisationen gemeint. Warum besteht hinsichtlich der Betrachtung des Organizational Burnout hier ein relevanter Unterschied? Wie wir später sehen werden, unterliegen marktferne Institutionen eher der Gefahr des Organizational Burnout, weil das zeitnahe „Frühwarnsys temdesMarktes“fehlt. Warum wird der Zustand als erschöpft und paralysiert beschrieben? Es kommt gelegentlich durchaus auch bei „gesunden“ Organisationen und Institutionen vor, dass nach ganz besonderen Herausforderungen ein all gemeinerErschöpfungszustandeintritt.DenkenSieanMessegesellschaften nach Abschluss einer großen Messe, Hilfsorganisationen nach dem Ab schluss eines besonders anstrengenden Einsatzes, Vertriebsorganisationen nach der erfolgreichen Platzierung eines neuen Produktes, alles Beispiele, wo nach einer temporären, kollektiven Anstrengung eine positive und stolzeErschöpfungineinerOrganisationeintritt. Tiefe, anhaltende Erschöpfung ist, so könnte formuliert werden, eine not wendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für ein Organizational BurnoutSyndrom.EsmussdieUnfähigkeitderErholungauseigenerKraft undmiteigenenMittelnhinzutreten,umvoneinemOrganizationalBurn outzusprechen.Wenneinenergieloser,paralysierterZustandeingetreten ist, der nicht nur die Selbstheilungskräfte lähmt, sondern nachgerade alle VersuchederReaktivierungreflexivverhindert,istdasOBOanteportas.
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WarumgehörtnachderDefinitionzueinemOrganizationalBurnoutauch die Tatsache, dass der problematische Zustand als unerwünscht erkannt wurde?Reichtesnichtaus,dassobjektiveinZustandderParalysebesteht? Wenn der problematische Zustand zwar von der Organisation gespürt, aber nicht bewusst wahrgenommen wird, dann ist die ausgepowerte Or ganisation zwar nicht mehr wirklich leistungsfähig und wird allenfalls reaktivmiteinem„Businessasusual“(muddlingthrough)überleben,aber sieistnochineinemZustandderUnschärfe.EskannnämlichnurdieOr ganisation selbst den Zustand des Organizational Burnout für sich erken nenundakzeptieren.EinexternerAnalytikeroderBeraterkannnichtmit einer Ferndiagnose der Organisation oder Institution ein Organizational BurnoutSyndromdiagnostizieren.DieserExternekönnteundwürdenicht ernst genommen werden. Aus einem unbewussten, vielleicht nur senso risch wahrgenommenen, kollektiven Missbehagen heraus muss ein ge meinsames, greifbares Problembewusstsein entstanden sein, dass die Entwicklingsowirklichnichtmehrweitergehenkann.
1.1
Intelligente Organisationen sind prädestiniert für Organizational Burnout
ErsteFrage:WannkannmaneinenMenschenalsintelligentbezeichnen? JetiefermanindiesesThemaeinsteigt,destounklarerwirdes.Wennwir im Wörterbuch der Psychologie3 nachlesen, so wird dort Intelligenz defi niert als „die generelle Fähigkeit neue Aufgaben zu lösen, oder neue Aufgaben bewältigenzukönnen“.Goleman4ergänztdierationaleIntelligenzkonzepti onumdieemotionaleIntelligenzalseinenMaßstabfürdiesozialeAnpas sungsfähigkeiteinesIndividuums.DabeiwerdenhäufigintelligenteMen schen mit Attributen wie selbstsicher, erfolgsgewohnt oder redegewandt versehen. Man könnte also sagen, dass die Eigenschaften, die im sozialen
3Fröhlich,W.D.(1993):WörterbuchderPsychologie,München 4Goleman,D.(1997)EmotionaleIntelligenz,München
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und beruflichen Leben als vorteilhaft gelten, als Intelligenz empfunden werden. Ein Mensch, der komplexe Informationen schnell erfassen und dieseInformationenspeichernundabrufenkann,danninderLageist,auf dieseInformationenangemessenzureagieren,umausdenInformationen Erkenntnisse abzuleiten sowie rasch zu lernen und weitere Schlussfolge rungenzuziehen,dürftefürsichinAnspruchnehmen,intelligentzusein. Woher die Unterschiede in der Ausprägung menschlicher Intelligenz kommen, ob durch die Erbanlagengenetisch determiniert oderdurchdas sozioökonomischeUmfeldentscheidendgeprägt,dieseDiskussiondürfen wir getrost den Sozio und Psychologen weiter überlassen, die seit Jahr zehntendarüberdiskutieren.Tatsacheist:DieMenschensindunterschied lichbegabtundentwickelt,wennsieTeileinerOrganisationoderInstituti onwerden. ZweiteFrage:SindOrganisationenintelligent? Zunächst wieder zur Begriffsklärung einige Definitionen: Organisationen oderInstitutioneninunseremVerständnissindmarktnaheodermarktfer ne Gruppierungen von leistungsbereiten Menschen die, alle mit ihren unterschiedlichenFähigkeitenaufdenZweckunddieZielederOrganisa tionoderInstitutionausgerichtetsind. In der Betriebswirtschaftslehre ist die Organisation ein zielgerichtetes Handlungssystem mit definierter Arbeitsteilung. Die Arbeitsteilung erfor dert Einschränkungen des Handlungsspielraums der Organisationsmit glieder durch Verhaltenserwartungen. Diese haben zwei Dimensionen: KoordinationundMotivation. Es werden allgemein drei Organisationsbegriffe unterschieden: Organisa tionalsInstitution,alsFunktionundalsInstrument.
႑Institution:UnternehmenwerdenalssoziotechnischeSystemeaufge
fasst,diedauerhafteinZielverfolgenundeineformaleStrukturauf weisen,umdasVerhaltenderOrganisationsmitgliederaufdieUnter nehmenszieleauszurichten.
(„EinUnternehmenisteineOrganisation“.)
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Organizational Burnout?
႑Funktion:OrganisationwirdalsManagementfunktionbetrachtet,die aufdieGestaltungundVeränderungvonStrukturenausgelegtist.
(„EineOrganisationistorganisiert“.)
႑Instrument:OrganisationsinstrumentewiebeispielsweiseOrganigram
me,welchedieStruktur,klassischdieAufbauundAblauforganisation, inneuererZeitauchdieProzessorganisation,beschreiben.
(„EinUnternehmenhateineOrganisation“.) OftwerdenOrganisationennachgenerellenZielsystemenwiefolgtklassi fiziert:
႑MarktnaheOrganisationen,derenZieldarinbesteht,Leistungenin FormvonSachundDienstleistungenzuvermarkten,oder
႑marktferneOrganisationen,diebestimmtegemeinwirtschaftlicheLeis
tungenerbringenoderentsprechende(politische)Außenwirkungener zielen,oder
႑NonProfitOrganisationen,derenZielerreichungaufdieVeränderung vonPersonengerichtetist(zumBeispielSchulen,Universitäten,Kran kenhäuser,Beratungsstellen,Haftanstaltenetc.).
DritteFrage:KönnenOrganisationenselbstintelligentsein,oderistesnur die Summe der Menschen in einer Organisation, die eine Organisation intelligenterscheinenlässt? FürMatsuda5–den„Erfinder“derorganisationalenIntelligenz–istorga nisatorische Intelligenz gleichbedeutend mit der Problemlösungsfähigkeit des Unternehmens unter der optimalen Ausnutzung der Ressourcen. Er betrachtet die organisatorische Intelligenz als Prozess und als Produkt. WährenddieProzessebenezurAnalysevonOrganisationenundorganisa torischen Entscheidungsprozessen dient, erfolgt unter der Produktebene
5Matsuda,T.(1993)Organizationalintelligence:theoryofcollectivelyintelligent behaviorsandengineeringofeffectiveinformationsystemsinthecomplexorganiza tions; ProceedingsoftheInternationalConferenceonEconomics/Managementand InformationTechnology;Tokyo
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die Anleitung für die integrierende Verbindung des organisatorischen Informationssystems.DemProzessderorganisatorischenIntelligenzweist Matsuda die Wahrnehmungs, Speicherungs, Lern, Kommunikations und Entscheidungsprozesse zu. Dabei bleiben individuelle Werte, Soziali sationundKontextealsTreiberorganisatorischerIntelligenznochweitge hendunberücksichtigt. Gälweiler6 nennt als Messgröße für die organisatorische Intelligenz die Schnelligkeit und Qualität des Erkennens und Reagierens eines Systems auf Umweltentwicklungen. Das System ist danach umso intelligenter, je bessereslaufenddieseAufgabenerfüllt. Nach Simon7 konkretisiert sich die organisatorische Intelligenz in der Fä higkeitüberlebensundentwicklungsgerechtenVerhaltens. Für Oberschulte8 ist die organisatorische Intelligenz die Fähigkeit, neue Anforderungen oder Aufgaben zu bewältigen. Dazu gehören das Zusam menwirkenvonorganisatorischerLernfähigkeit,organisatorischemWissen und organisatorischem Gedächtnis. Organisatorische Intelligenz äußert sich in der Geschwindigkeit und Qualität der Lösungsfindung. Das Ver ständnis von organisatorischer Intelligenz als Ressource impliziert, dass sich diese Fähigkeit auf die Effektivität oder Effizienz der Organisation auswirken kann, jedoch nicht zwangsläufig auswirken muss. Aufgaben stellungen,zuderenLösungdieorganisatorischeIntelligenzbeiträgt,kön nen sich gleichermaßen auf beliebige Aspekte der externen Umwelt oder organisationsinterner Gegebenheiten beziehen. Schließlich kann organisa torische Intelligenz sowohl im Rahmen reaktiver Anpassung an die Um welt als auch im Rahmen aktiver Gestaltung der Umwelt einen Beitrag leisten. So ist denkbar, dass aktuelle oderzukünftig erwarteteUmweltan forderungen als gegeben hingenommen und infolgedessen Antworten im HinblickaufeineerfolgreicheAnpassungandieUmweltgesuchtwerden. Gleichermaßen kann organisatorische Intelligenz zur Lösung von Frage
6Gälweiler,A.(1986)Unternehmensplanung–GrundlagenundPraxis,Frankfurt/M. 7Simon,V.(1989)SozialeUnternehmensentwicklung,Wiesbaden 8Oberschulte,H.(1996)OrganisatorischeIntelligenz,Berlin
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Organizational Burnout?
stellungen beitragen, die sich mit der aktiven Beeinflussung gegebener oder zukünftiger Umstände befassen, um auf diese Weise Entwicklungen ineinefürdieOrganisationgünstigeRichtungzuforcieren. EsgibtkeinenzwangsläufigenZusammenhangzwischenderindividuellen Intelligenz und der Intelligenz der Organisation, in der diese Menschen tätigsind.NatürlichsindletztlichdieMenschenineinerOrganisationdie Träger der organisationalen Intelligenz. Allerdings sind ebenso die Soft ware, die Prozesse und das kollektive Wissen einer Organisation die Trä gerderIntelligenzeinerOrganisation. MankannalsodurchausalsMessgrößefürdieIntelligenzvonOrganisati onen die Schnelligkeit und Qualität des Erkennens und Reagierens des OrganisationssystemsaufMarktundUmweltentwicklungenheranziehen. Das System ist umso intelligenter, je effizienter und effektiver es laufend dieseAufgabenerfüllt. Fasst man die relevante Literatur zusammen, so werden für intelligente OrganisationenvorallemfolgendezehnMerkmalegenannt:
႑NachhaltigesZielsystem ႑ErgebnisorientierteFührung ႑StolzeundbegeisterteMitarbeiter ႑Organisationsflexibilität,ausgerichtetandenAnforderungenderKun den
႑SchnelleAssimilationderOrganisationbeiVeränderungenderUmwelt ႑OrganisationaleLernfähigkeitbeiangemessenerFehlertoleranz ႑EigenständigeVernetzungzurEntwicklungvonInnovationen ႑Organisationsgedächtnis,umVergleichezwischenfrüherundheute ziehenzukönnen
႑EmotionaleIntelligenz ႑KontinuierlicheKontrollealsanerkanntesMitteldesQualitätsansporns
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VierteFrage:SindOrganisationenoderInstitutionenunabhängigvonihren menschlichenAkteurenintelligent? Empirische, induktive Betrachtung: Sind Kliniken oder Universitäten – fraglos Organisationen mit überdurchschnittlich vielen, überdurchschnitt lichintelligentenMenschen– dieempirischintelligentestenOrganisationen mitdenobendefiniertenzehnMerkmalen?Ehernicht. Waspassiert,wennerfolgreiche,intelligenteLeistungsträgeralsTeameine Organisation oder Institution verlassen und dasgleicheTeameinerande renOrganisationbeitritt,wieesbeispielweiseimmerwiederimInvestment BankingoderimConsultingvorkommt?WirddanndiebisherigeOrgani sationdümmerunddieneueOrganisationintelligenter?Nein,fastimmer beobachtet man, dass von dem eben noch sehr erfolgreichen Team bei weitemnichtmehrdieErgebnissegebrachtwerden,diesieebennoch–in derbisherigenOrganisation–zuleisteninderLagewaren. Logische oder deduktive Betrachtung: Ist die Voraussetzung einer intelli genten Organisation die Beschäftigung intelligenter Mitarbeiter? Nein, da eine intelligente Organisation ganz unabhängig von der Struktur der Be schäftigten erfolgreich oder nicht erfolgreich ist. Nehmen Sie als Beispiel die Organisationen von Kirchen, Armeen oder von Hilfsorganisationen, dort,wodiewesentlicheOrganisationsstruktur„BefehlundGehorsam“ist. HieristdieSpreizungderindividuellenIntelligenzhoch,dennochsinddie Organisationenansichintelligentunderfolgreich. InsgesamtistderCorporateSpiritdieemotionalerfahrbareOberfläche,auf der sich die Ausprägung der organisationalen Intelligenz abbildet. Der Corporate Spirit ist nicht ohne Weiteres messbar. Gerade das Phänomen des Corporate Spirit ist sicherlich komplex, aber für die Entstehung eines OBObesonderswichtig. FünfteFrage:WennOrganisationeninderSummemehroderwenigerintel ligent sind, unterliegen sie dann den gleichen sozialpsychologischen Phä nomenenwieMenschen? Das ist der Fall, denn Organisationen oder Institutionen unterliegen den gleichensozialenRollenundNormenwiemenschlicheIndividuen.Sozial psychologischeModellegehenvonderAnnahmeaus,dasssozialeRollen,
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Organizational Burnout?
NormenundEinstellungenGesundheitundKrankheitbeeinflussen.Dabei geht es darum, welche soziale Rolle ein Mensch, oder in unserer Betrach tungeineOrganisationoderInstitution,einnimmt.EinesozialeRolleistdie SummederVerhaltenserwartungenandenInhabereinerbestimmtenPosi tionimsozialenNetz,d.h.andenRollenträger.DankdiesersozialenRolle wird das Verhalten des Individuums berechenbar, ohne den Raum für flexiblesVerhaltengänzlicheinzubüßen.DerRolleninhaber–dieOrganisa tion oder Institution – kann verschiedene Haltungen gegenüber seiner Rolle einnehmen, nämlich eine Rollenidentifikation oder Rollendistanz. Dabei können auch zwischen unterschiedlichen Rollenerwartungen Kon flikte auftreten, insbesondere die Konflikte zwischen der Markterwartung andieOrganisationoderInstitutionunddenPotenzialen,dieseErwartun genzuerfüllen.BesonderskonfliktgeladenistdieAngstvoreinemRollen verlust(z.B.durchArbeitsplatzverlustdesIndividuumsoderMarktbzw. Vertrauensverlust der Organisation). Hier entsteht ein gesundheitlicher Risikofaktor. FürOrganisationenoderInstitutionenbedeutetdas,wannimmersieihrer IdentifikationmitihrersozialenNormnichtmehrgerechtwerdenkönnen, kannsicheinOrganizationalBurnoutentwickeln. Sechste Frage: Sind informelle Organisationsstrukturen ein Katalysator für dieEntstehungdesOrganizationalBurnout? KeineOrganisationoderInstitutionkönnteihreAufgabenerfüllen,würde nur nach den formalen Strukturen und Prozessen gearbeitet. Allein die Drohung der Arbeitnehmerseite in Streiksituationen, man würde ggf. „DienstnachVorschrift“machen,zeigt,welcheBedeutungeinerinformel len Organisationsstruktur zukommt. Die informellen Strukturen haben sichausdenzwischenmenschlichenBeziehungeninderOrganisationoder Institution entwickelt, häufig auch aus dem kollegialen Verständnis her aus, dass Geben und Nehmen den Arbeitsalltag erleichtern oder, aus der Erfahrung, dass man durch gegenseitiges Vertrauen schneller und besser zu den gewünschten Ergebnissen kommt als allein durch formal korrekte Kooperation. Dabei ist zu beobachten, dass bei der informellen Zusam menarbeit auf gleicher Augenhöhe die Mitglieder einer Ebene auf dem „kleinen Dienstweg“ zusammenwirken. Es ist in diesem Zusammenhang nicht ungewöhnlich, dass sich neben den formalen Führern einer Hierar
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chie auch noch informelle Führer herausbilden, die den Kollegen inhaltli che und mentale Orientierung geben. Diese „informellen Machtpromoto ren“giltesübrigensinderDiagnoseundTherapiedesOBObesonderszu beachten,dennsiekönnendenErfolgoderMisserfolgjederOrganisations entwicklungbeeinflussen. DieformaleOrganisationsstrukturzeigtsomit,wieesinderOrganisation oderInstitutioneigentlichablaufensoll,unddieinformelleOrganisations strukturbeschreibt,wastatsächlichgeschieht. Da also jede Organisation oder Institution eine informelle Organisations struktur hat, stellt sich die Frage nicht, ob eine informelle Organisations strukturdasOrganizationalBurnoutverhindernkann,sondern,obsieihn möglicherweisesogarfördert. In Kapitel 2 werden wir uns mit den Voraussetzungen und Gründen des Organizational Burnout auseinandersetzen. Da die Ursachen des OBO in den meisten Fällen an einer zu späten Anpassung an die Veränderungen derUmweltliegen,kannmandieinformellenOrganisationsstrukturenals AuslöserdesOrganizationalBurnoutnichtindieVerantwortungnehmen. SehrwohlaberkönnenundwerdendieinformellenOrganisationsstruktu reneinenEinflussaufdenVerlaufdesOrganizationalBurnouthaben. DieEmotionalitäteinerOrganisationoderInstitutionistinderinformellen Organisation verankert. In der informellen Kommunikation, also in den kollegialen Gerüchten, Kommentaren oder Kantinengesprächen werden die Entwicklungen des Unternehmens bewertet. Hier werden Anspruch undWirklichkeitkritischreflektiertundhierwerdenauchLeistungsträger durchinformelleMachtpromotorenbeeinflusst. EntscheidendfürdieSchnelligkeit,mitdersichdasOBOentwickelt,istdie Vertrauensbasis zwischen der formalen Hierarchie und der informellen Struktur. Luhmann9 sagt, Vertrauen sei ein „Mechanismus zur Reduktion sozialerKomplexität“undseizudemeine„riskanteVorleistung“.
9Luhmann,N.(2000)Vertrauen,4.Auflage,Stuttgart
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Organizational Burnout?
Tatsächlich ist fehlendes Vertrauen der Katalysator für gesteigerte Kom plexität in bestehenden Strukturen einer Organisation oder Institution, dennwennMisstrauen den Platz von Vertrauen einnimmt,müssen Kont rollmechanismen an die Stelle von Selbstverantwortung treten. Ist das Vertrauen in die Unfehlbarkeit des Managements und in die Richtigkeit der Führungsentscheidungen hoch, oder stellt sich diese Frage überhaupt nicht,dannkanneinOrganizationalBurnouterstgarnichtentstehenoder ersteSymptomekönnenbereitsimKeimerkanntundersticktwerden.Ist dasVertrauenaberbereitsgestört,sowerdenweitereInformationenunter einem anderen, einem misstrauischen Blickwinkel eingeordnet und das OBOwirdsichbeschleunigen. Somit werden informelle Strukturen das Organizational Burnout nicht verursachen, aber dessen Progression beeinflussen. Allerdings – auch das ist zu beachten – kann dies die informelle Struktur nicht bewusst tun. Es handelt sich hier immer um einen – vielleicht in Kauf genommenen, aber nichtbewusstgewollten–unwillkürlichenProzess.DieKatalysatorfunkti on der informellen Organisationsstruktur auf den Verlauf des OBO kann vondiesernichtwirklichselbstgesteuertwerden.IndieserUnwillkürlich keit der Wirkung der informellen Organisation auf den Verlauf des Organizational Burnout liegt aber leider auch das Problem der Unbeein flussbarkeit. Die Führung einer Organisation oder Institution kann das OBO nicht gegen die informelle Organisationsstruktur bekämpfen und wennsieesversuchenwollte,kannsienurverlieren.
1.2
Das Organizational Burnout ist nicht die Summe von vielen individuellen Burnouts
IstdasPhänomendesOrganizationalBurnoutvielleichtnichtmehr,alsnur die Summe der individuellen BurnoutSyndrome der Beschäftigten? Um die Antwort vorwegzunehmen: Nein, denn beim Organizational Burnout handelt es sich um einen emergenten Prozess in einer Organisation. Das OBOisteinSyndromsuigenerisinBezugaufdieOrganisationoderInsti tution selbst. Es erschöpft sich die Organisation oder Institution selbst,
Es ist nicht die Summe von vielen individuellen Burnouts
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nicht aber notwendigerweise ihre Elemente. Symptomträger ist die Orga nisationoderInstitutionselbst. DieHerausbildungbestimmterEigenschaftenoderStrukturenaufderMeta ebene eines Systems als Folge des (zufälligen) Zusammenwirkens seiner Elemente nennt man Emergenz. Bei einer emergenten Organisation lassen sich die übergreifenden Eigenschaften des Organisationssystems nicht auf dieindividuellenEigenschaftendereinzelnenElementezurückführen. Beispiele aus der Natur: Vogel oder Fischschwärme, die für uns als Be trachter eine geometrische Form annehmen, oder vom Wind verwehte Sandkörner am Strand, die für den Beobachter eine geometrische Wellen strukturentwickeln.SoistumgekehrteineinzelnerBaumkeinWald.Ob wohl der Baum viele Eigenschaften hat, die man auch mit einem Wald verbindet, so hat der Wald doch viele Eigenschaften, die man bei dem einzelnenBaumnichtfindet.SinddreiBäumeeinWald?Sindesdreißig? Sindes300Bäume?EsexistiertalsofürjedesSystem–undnichtsanderes ist eine Organisation – eine Mindestanzahl an interdependenten Elemen ten, die für die Entwicklung und Ausprägung einer emergenten Eigen schaftnotwendigist.DasrechteAugehatalleEigenschaften,dieauchdas linkeAugehat.DennochisträumlichesSehennurmitbeidenAugenmög lich, nicht aber mit nur einem Auge. Räumliches Sehen ist also eine emergenteEigenschaftderAugen.Ebensokönnenwirnurmitzweifunk tionsfähigen Ohren räumlich hören, ein Ohr würde dafür nicht genügen, obwohlesalleEigenschaftenfürräumlichesHörenhat. So kann der eine oder andere Mitarbeiter unter einer mehr oder weniger starken Ausprägung des individuellen BurnoutSyndroms leiden, aber es überträgtsichdieseEigenschaftnichtnotwendigerweiseaufdieOrganisa tion.EbensowenigüberträgtsichdasOBOaufdieMitarbeiterderOrgani sationoderInstitutionalspersönlichesBurnoutSyndrom. Was wäre aber, wenn alle Beschäftigten unter einem BurnoutSyndrom leidenwürden?WiekönntemandiesenTatbestandinderRealitätfeststel len?EsliegtinderNaturdespersönlichenBurnouts,dasssichdieBetrof fenen lange Zeit nicht dazu bekennen, weil sie den Zustand zunächst als ganzpersönlicheSchwächeeinordnen,denansiegerichtetenAnsprüchen nicht mehr gerecht zu werden. Somit wird man zwar theoretisch, nicht aberpraktischein„BurnoutBarometer“ineinemUnternehmeneinrichten
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Organizational Burnout?
können, auf dem man die individuelle Betroffenheit ablesen könnte. Ent sprechende, anonyme, Mitarbeiterbefragungen würden aufgrund der SelbstverleugnungdesBurnoutSyndromszukeinemErgebnisführen. Ob bestimmte Eigenschaften einzelner Beschäftigter in einer Organisation tatsächlich Einfluss auf die Wirkzusammenhänge einer Gesamtorganisati onhaben,hängtdavonab,wieessenzielldieAusprägungderEigenschaft istundwiebedeutendderEinflussdesIndividuumsaufdieOrganisation ist.Beispiel:WennderEigentümereinesmittelständischenUnternehmens unterfortgeschrittenemAlkoholismusleidet,wirddiesaufdieOrganisati oneinenstärkerenEinflusshaben,alswenneinLagerarbeiterunterdieser Krankheit leidet. In keinem der beiden Fälle aber wird man davon spre chenkönnen,dassdieOrganisationalkoholkranksei. SomitleideteineOrganisationoderInstitutionuntereinemOrganizational Burnout, nicht aber die einzelnen Beschäftigten. Andererseits wird zu untersuchen sein, ob durch ein fortgeschrittenes Organizational Burnout die Gefahr besteht, die Mitarbeiter in ein persönliches BurnoutSyndrom zutreiben?
1.3
Analogie von persönlichem BurnoutSyndrom vs. Burnout von Organisationen
Seit 1973 kennen wir den Begriff des „Burnout“. Der Psychoanalytiker Herbert Freudenbergerhatden Begriff geprägt.DasBurnoutSyndromist keine anerkannte Krankheit, sondern nur ein Symptom10. Das Burnout Syndrom ist bislang nicht als anerkannte Krankheit im Leistungskatalog der Krankenkassen verankert und somit in den Gesundheitsberichten der
10DieNummerZ00Z99inICD10des InternationalClassificationofDiseases,„Sys tematischesVerzeichnisInternationalestatistischeKlassifikationderKrankheiten undverwandterGesundheitsprobleme“gibtnur„Faktoren“wider,diedenGesund heitszustandbeeinflussenundzurInanspruchnahmedesGesundheitswesensfüh ren.
Persönliches Burnout-Syndrom vs. Burnout von Organisationen
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Krankenkassenauchnichtgesondertaufgeführt.Selbstwennessichheute um ein häufiges und gesellschaftlich anerkanntes Phänomen handelt, so bleibt doch bei den Patienten eine gewisse Zurückhaltung bestehen, sich dazu zu bekennen. Ebenso scheinen Arbeitgeber damit ein Problem zu haben, den betroffenen Beschäftigten ebenso entgegenzutreten wie einem anderenKranken,istdocheindiagnostiziertesBurnoutSyndromaucheine potenzielle Anklage gegen die Vorgesetzten und deren Organisationsfä higkeit. Die charakteristischen Merkmale sind körperliche und emotionale Er schöpfung,anhaltendephysischeundpsychischeLeistungsundAntriebs schwächesowiederVerlustderFähigkeit,sichzuerholen.Ebensoisteine zynische, abweisende Grundstimmung gegenüber Kollegen, Kunden und gegenüberdereigenenArbeitfestzustellen.BiszuzehnProzentderDeut schen,schätzenExperten,sindoderwarenvomBurnoutSyndrombetrof fen. Genau kann das jedoch niemand sagen, da eine exakte Diagnose schwierigistundderBegriffimallgemeinenSprachgebrauchmittlerweile relativinflationärgenutztwird. Rund 21 Prozent der deutschen Bevölkerung besuchen wegen psychischer Probleme einen Arzt oder Psychotherapeuten, zeigt der aktuelle Gesund heitsmonitor der Bertelsmann Stiftung.11 Die Ursachen lägen meistens in einerKombinationausberuflichenundprivatenProblemen,teiltdieStiftung mit. Aber nur bei 8,4 Prozent der Patienten, die wegen psychischer Be schwerden ihren Hausarzt aufsuchten, wurde eine psychische Erkrankung auch diagnostiziert. Ein wichtiger Grund für diese Differenz scheint in der mangelnden Offenheit der Patienten zu liegen: Nur die Hälfte thematisiert ihrepsychischenBeschwerdenimGesprächmitihremHausarzt.2007kamen bundesweit 48 Millionen Fehltage wegen psychischer Erkrankungen zu sammen;imDurchschnitt34TageproFall.DazukommenalljeneTage,an denen sich die Betroffenen noch zur Arbeit quälen, obwohl sie längst eine Therapiebenötigen;Tage,andenenauchihreArbeitgebernichtsvonihnen haben. Viele halten das nicht durch: Inzwischen ist jeder dritte Fall von
11PressemeldungderBertelsmannStiftung,Gütersloh,12.11.2009
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Organizational Burnout?
Berufsunfähigkeit auf psychische Erkrankungen zurückzuführen; 2008 gin genrund60000BeschäftigtedeswegenvorzeitigindenRuhestand.12 DiefolgendeverbreiteteDarstellungdesBurnoutSyndromszeigtdensich steigerndenAblaufdespersönlichenBurnoutinzwölfStadien:13 Stadium1:DerZwang,sichzubeweisen Hier wird aus individuellem Interesse, aus Tatendrang und Leistungs wunsch sowie aus überhöhten Erwartungen an sich selbst Leistungszwang. Die Bereitschaft, die eigenen Möglichkeiten und Grenzen anzuerkennen und Rückschläge hinzunehmen, sinkt. In diesem sehr häufig anzutreffen den Stadium kommt es darauf an, den Punkt zu erkennen, an dem Leis tungsstreben in Leistungszwang umschlägt, das individuelle Tempo zu findenundbeidesaufeinanderabzustimmen. Stadium2:VerstärkterEinsatz Das Gefühl, alles selbst machen zu müssen, um sich zu beweisen, wird stärker. Delegieren wird als zu umständlich, zeitaufwändig und unange bracht erlebt, weil es die eigene Unentbehrlichkeit bedrohen könnte. In diesemStadiumsolltedasDelegierenunbedingtgeübtwerden,auchwenn es schwer fällt. Wenn mangelndes Delegieren der Angst vor Konkurrenz entspringt,istesempfehlenswertabzuklären,inwieweitdieseKonkurrenz inderRealitättatsächlichbestehtodernurbefürchtetwird. Stadium3:VernachlässigungeigenerBedürfnisse Der Wunsch nach Ruhe, Entspannung oder angenehmen Sozialkontakten tritt immer mehr in den Hintergrund. Das Gefühl, diese Bedürfnisse gar nicht mehr zu haben, wird deutlicher. Das bezieht sich nicht zuletzt auch aufsexuelleBedürfnisse.IndiesemStadiumkommteshäufigzuAlkohol, Nikotin, Kaffee, aber auch Schlafmittelkonsum, da spätestens in diesem StadiumauchSchlafstörungenauftreten.BiszudiesemStadiumfühltman sichzumeistnichtnurwohl,sondernsogarbesonderswohl!Deshalbwird eine Unterbrechung der BurnoutEntwicklung zu diesem Zeitpunkt mit Unbehagen(undmitmangelnderTüchtigkeit)assoziiert.
12JensTönnesmann,„DieSchamSpirale,DepressionenimBüro;WirtschaftsWoche,
7.12.2009 13ärztemagazin44/2004,BurnoutSyndrom
Persönliches Burnout-Syndrom vs. Burnout von Organisationen
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Stadium4:VerdrängungvonKonfliktenundBedürfnissen In diesem Stadium werden erstmals Missbefinden und Energiemangel manifest als Ausdruck eines Missverhältnisses zwischen inneren Bedürf nissen und äußeren Anforderungen. Um sich arbeitsfähig zu halten, be ginnt man, Konflikte und Bedürfnisse zu verdrängen. Dabei kommt es typischerweisezuFehlleistungenwieUnpünktlichkeit,Verwechslungvon Terminen und dergleichen. Derartige Fehlleistungen sollten nicht nur als Überlastung verstanden werden, sondern als Hinweis auf das zugrunde liegendeProblem,dassichentwickelndeBurnoutSyndrom. Stadium5:UmdeutungvonWerten IndiesemStadiumbeginntsichdieWahrnehmungsfähigkeitzuverändern. Prioritäten verschieben sich, soziale Kontakte werden als inadäquat und belastend erlebt, wichtige Ziele im Leben entwertet und umgewertet. In diesem Stadium findet auch das charakteristische BeziehungsBurnout statt, das nicht nur Partnerbeziehungen, sondern auch die Betreuung von PatientenoderKlientenbetrifft.Soistetwadas„IntensitätsBurnout,das mit dem Abflauen anfangs sehr heftiger Gefühle füreinander einhergeht, nicht nur in Partnerbeziehungen (die oft in Form heftiger, leidenschaftli cher,aberkurzlebigerAffärenablaufen),sondernauchintherapeutischen Beziehungen („therapeutische Flitterwochen) von Bedeutung. Als Ge genmaßnahme wären in (und ab) diesem Stadium die Grundwerte zu überprüfen und frühere Freunde und Kontakte zu reaktivieren, um eine Wertekorrekturzuerreichen. Stadium6:VerstärkteVerleugnungderaufgetretenenProbleme AusdenbisherigenReaktionen,demVerdrängeneigenerBedürfnisseund auftretenderKonflikte,ergebensichzwangsläufigProbleme,dienunmehr wiederum verdrängt werden müssen. Die Verdrängung wird in diesem Stadiumbereitslebenswichtig,umzufunktionieren.EskommtzuAbkap selung von der Umwelt, die entwertet wird, des Weiteren zu Zynismus, aggressiverAbwertung,UngeduldundIntoleranz.Kundenbzw.Kollegen werdenalsböse,dumm,fordernd,uneinsichtigundundisziplinierterlebt. ErstmalstretenindiesemStadiumauchdeutlicheLeistungseinbußenund körperlicheBeschwerdenauf.DerUmgangmitanderenMenschen,sofern er unvermeidlich ist, ist durch Ratlosigkeit, mangelnde Hilfsbereitschaft und fehlendes Einfühlungsvermögen charakterisiert. Wenn in diesem StadiumkeineprofessionelleHilfeeinsetzt,folgtderendgültigeRückzug.
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Organizational Burnout?
Stadium7:EndgültigerRückzug Das soziale Netz wird als feindlich und überfordernd erlebt. Orientie rungs und Hoffnungslosigkeit sowie Entfremdung prägen nun das Bild. Alkohol, Medikamente, Drogen, Essen, Sexualität und anderes treten als ErsatzbefriedigungindenVordergrund.DieBetroffenenfühlensicheinge engtundwirkenautomatisiert. Stadium8:DeutlicheVerhaltensänderung Die Person zieht sich immer weiter zurück. Jede Aufmerksamkeit und ZuwendungderUmweltwirdalsAngriffverstanden.Eskannzuparanoi denReaktionenkommen. Stadium9:VerlustdesGefühlsfürdieeigenePersönlichkeit EinGefühl,nichtmehrmanselbstzusein,sondernnurnochzufunktionie ren, stellt sich ein. Wer erst in diesem Stadium professionelle Hilfe sucht bzw. erhält, wird wahrscheinlich eine Zeit lang von seinen täglichen Ver pflichtungenAbstandnehmenmüssen,umanschließendAlternativender Lebensgestaltungzusuchen. Stadium10:InnereLeere DieBetroffenenfühlensichausgehöhlt,ausgezehrt,mutlosundleer.Gele gentlichtretenPanikattackenundüberängstlichZuständeauf,auchFurcht vorMenschenansammlungenistfürdiesesStadiumtypisch.ManchesMal werdenexzessiveErsatzbefriedigungenbeobachtet. Stadium11:Depression Depression und Verzweiflung herrschen vor. Erschöpfung, gedrückte Stimmungen und schmerzhafte Gefühle wechseln mit einem Zustand des Abgestorbenseins. Jetzt treten auch Suizidgedanken auf. In diesem Stadi um bedarf es suizidpräventiver Maßnahmen, die vor allem auf dem Auf baueinerBeziehungunddemvorurteilslosenGesprächüberSuizidgedan ken und–wünsche basieren. Allerdings lässt sich aus der bisherigen Ent wicklung ablesen, wie schwierig beziehungsfördernde Maßnahmen in diesemStadiumgreifen. Stadium12:VölligeBurnoutErschöpfung Im Vordergrund steht die völlige geistige, körperliche und emotionale Erschöpfung des Betroffenen mit Infektanfälligkeit und der Gefahr von Herz, Kreislauf sowie Darmerkrankungen. Es handelt sich hier um das
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Vollbild der klassischen Veränderungskrise. Rasche Kriseninterventions maßnahmen mit hoher Aktivität des Helfers, Methodenvielfalt, Einbezie hung der Umwelt, multiprofessioneller Zusammenarbeit und Fokus auf dasaktuelleProblemstehenhierimVordergrund. Seitdem das BurnoutPhänomen medizinisch beobachtet wird, zeigt sich eine besondere Anfälligkeit für diese Krankheit bei helfenden Berufen. Zunächst bei Ärzten, Pflegeberufen, Rettungsdiensten, Polizei, Feuerwehr undSozialarbeiternbeobachtet,dannauchbeiLehrernundErziehern,trifft das Symptom auch weiter auf Berufsgruppen zu, die mit hoher persönli cher Identifikation arbeiten, wie Manager, Journalisten, Unternehmens undPersonalberater,hierinsbesondereimOutplacement. WassinddieUrsachendespersönlichenBurnouts? Es gibt die in der Person selbst liegende intrinsische Veranlagung aber eben auch die Ursachen aus der Organisation und die Ursachen aus dem sozialen Umfeld. Die persönlichen Gründe, für Burnout anfällig zu sein, könnensein:
႑persönlichesStrebennachPerfektion, ႑ausgeprägtesHelfersyndrom, ႑übersteigerterEhrgeiz, ႑derintensiveWunsch,subjektivempfundeneDefiziteauszugleichen, ႑dieUnfähigkeitderAbgrenzunggegenüberdenWünschenundBitten anderer
႑undeinmangelndesSelbstbewusstsein. Neben der intrinsischen Veranlagung sind die Umweltbedingungen ent scheidend. Dauerhafte Arbeitsüberforderung, aber auch Unterforderung amArbeitsplatzsindzuerstzunennen.BelastbarerscheinendeMitarbeiter werdenvonihrenVorgesetztenmitzusätzlichenAnforderungenüberlastet odergarüberfordert.UnklareAufgabenundverschwommeneZielsetzun gen führen zu einer Orientierungslosigkeit, zu dem Gefühl, die Zeit zu vertun,oderzueinerDissonanzzwischendeneigenenWertvorstellungen und der auszuführenden Aufgabe. Typischerweise werden diese Situatio
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Organizational Burnout?
nenbesondersstarkzuBeginneinerneuenBerufspositionodernacheinem erfüllten Urlaub empfunden. Der Betroffene sieht sich in seiner Situation miteinemungewohntenSelbstabstandunderempfindetdieanihngestell tenErwartungenbefremdlichundsinnlos.Nach derEinarbeitungverliert sichdieserSelbstabstandundmanwirdTeilseinerAufgabe. Fehlende Rückmeldungen durch Kollegen, mangelnde Anerkennung durchdieKunden–abervorallemdurchdieVorgesetzten–begünstigen denWegindaspersönlicheBurnout.DazukommtdasöffentlicheBildder Medien oder der Gesellschaft von den Erwartungen an diesen Beruf und dasindividuelleGefühl,diesemüberhöhtenAnsprüchennichtgewachsen zu sein, ein bekanntes Problem vor allem im medizinischen Bereich, aber sehrwohlauchimJournalismusoderindenkreativenBerufen. DiegesellschaftlichenUrsachendesWertewandels,derzerfallendenFami lienstrukturen,desmedialvermitteltenAnspruchsderÜberperfektionund drohendeArbeitslosigkeit,wennmannichtinallenFacettendenAnsprü chendesArbeitsplatzesgerechtwird,erhöhenständigdenDruckimInne reneinesvomBurnoutgefährdetenMenschen. Lassen Sie uns im Folgenden eine Analogie zwischen den Ursachen des persönlichen BurnoutSyndroms und des Burnout einer Organisation zie hen,nichtzuletztumnochmalszuhinterfragen,obesdasOBOüberhaupt gebenkann:
Persönliches Burnout-Syndrom vs. Burnout von Organisationen
Tabelle 1.2
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Ursachenvergleich
TypischeUrsachendesindividuel Analoge Ursachen des organisa lenBurnout tionalenBurnout LabilesSelbstbewusstsein
Unsicherheit in der Marktakzep tanzdurchUmsatzrückgang
PersönlichesPerfektionsstreben
ÜbersteigerterQualitätsanspruch
Beruflicher oder gesellschaftlicher UnrealistischeLeistungsvorgaben Ehrgeiz Der Wunsch, persönliche Defizite UnqualifizierterVergleichmitnach auszugleichen haltigüberlegenemWettbewerber ZielundAufgabenunsicherheit
Unspezifische Ziele und fehlende Konkretisierung
Differenz zwischen den persönli Wertearmut des Unternehmens chen Werten und der Wertigkeit leitbildes, Sinn des Unternehmens alleinmateriellorientiert derAufgabenstellung Soziale Instabilität und fehlendes HoheFluktuationundwenigakti Feedback veBewerbungen Verantwortungseinsamkeit
Isolation der mittleren Führungs ebenezwischendenHierarchien
Gesellschaftlicher Druck den Er Ergebnisdruck von den Kunden, wartungengenügenzumüssen denEigentümernoderderÖffent lichkeit Angst vor den negativen Konse Angst vor Verlust des Vertrauens quenzeneigenenVersagens desKapitalundAbsatzmarktes
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Organizational Burnout?
DiezehnanalogenUrsachendesorganisationalenBurnoutderTabelle1.2 – also die wichtigsten Tatbestände die einen OBO auslösen – werden zu BeginndesKapitels2.2„Gründe“genauerbeschrieben. FazitderbisherigenErkenntnisse:WennMenschenineineBurnoutSpirale geraten können, weil sie soziale, intelligente und emotionale Wesen sind, dann kann es einer Organisation ebenso ergehen, da sie in sich die emergentenEigenschaftenvonorganisationalerIntelligenzundEmotiona litätentwickelthatundbeherbergt.
Analogie von persönlichem Burnout-Syndrom vs. Burnout von Organisationen41
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Voraussetzungen und Gründe für das Organizational Burnout
In diesem Kapitel werden die allgemeinen Voraussetzungen für das Auf treten ein Organizational Burnout und die typischen Gründe, also die typischen betriebswirtschaftlichen Situationen, aus denen heraus das OrganizationalBurnoutentstehenkann,betrachtet. LassenSie mich hiergrundsätzlich betonen: NichtjedeOrganisationoder Institution, in der die leistungs oder finanzwirtschaftliche Performance unter Plan verläuft, unterliegt dem Organizational Burnout. Viele Ursa chen und Gründe können zu temporären Problemen führen und der In strumentenkastendesManagementsistvolleinschlägigerWerkzeugeund Methoden,umdienotwendigenMaßnahmenzuergreifen.NichtjedeUn ternehmenskrisehatihreUrsachenineinemOBO,dagegenentwickeltsich ein Organizational Burnout nicht ohne Symptome üblicher Unterneh menskrisen. Erst wenn sichtbar problematische Outputs bei unveränderten Through puts aber stark erhöhten Inputs nicht besser werden, sollte man dem An fangsverdacht auf ein Organizational Burnout nachgehen. Anders ausge drückt:WenndieErgebnissenichtbesserwerden,obwohlmanallesrichtig macht und sogar noch mehr Ressourcen eingesetzt wurden, wenn im Grunde das Management oder die oberste Führung einer Organisation oder Institution nicht mehr weiter weiß, dann muss die Frage untersucht werden:SindwirineinerSpiraledesOrganizationalBurnoutundwennja inwelcherPhase?
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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2.1
Voraussetzungen und Gründe für das Organizational Burnout
Voraussetzungen für die Anfälligkeit für das OBO
Organisationen sind soziale Systeme Wären Organisationen oder Institutionen keine sozialen Systeme, wären sieimmungegeneinOrganizationalBurnout.NursozialeSystemeerfüllen die Voraussetzung, sich selbst zu steuern, zu lernen und zu entwickeln, sichzuengagierenundebenauchggf.auszubrennen. Rupert Lay14 definiert den Begriff „Soziales System“: „Ein soziales System bestehtausmindestenszweiPersonen;d.h.einsozialesSystemkanneineFamilie, eine Paarbeziehung, ein Verein, einePartei etc. undebenaucheinUnternehmen sein. Wesentlich für die Existenz ist, dass die Systemstrukturen, die Corporate Identity,dieIdentitätdesSystemsbestimmen.ManunterscheidetzweiStruktur elemente: die inneren und die äußeren. Zu den inneren Elementen gehören das Corporate Behaviour (das systemtypische miteinander umgehen) und die Basic Beliefs (die systemtypischen gemeinsamen Grundüberzeugungen, wie Werte, Ziele, Interessen.) Die Basic Beliefs und das Corporate Behaviour sind sehr eng aufeinanderbezogenundnichtvoneinanderzutrennen“. Lay weist auch darauf hin, dass soziale Systeme autopoetisch, d. h. sich selbst erneuernd sind. Allerdings ist die kommunikative Interaktion der Beteiligten die Voraussetzung dafür, dass tatsächlich diese fortwährende Erneuerung–hoffentlichzumBesseren–erfolgenkann. Organisationen sind soziale Systeme, die bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgen. Eine Organisation oder Institution besteht aus den koordinierten HandlungenvonMenschen.(AuchwenninProduktionsoderServicepro zessen die menschlichen Handlungen mittlerweile von der Informations technologie ausgeführt werden, sind Menschen für deren Planung, Be rechnung und Betrieb nach wie vor unerlässlich.) Menschen bilden mitei nander in einer Organisation oder Institution soziale Systeme, die sich selbstbeobachtenundihreTätigkeitenüberKommunikationkoordinieren
14Lay,R.DassozialeSystem„Unternehmen,KulturundPerformance“Manuskript
ohneDatumaufwww.amt.de
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und beschreiben. Soziale Systeme sind somit kommunikative Systeme. KommunikativeSystemefunktionierenanders,alswiresausderAlltags logik kennen. Wenn Manager scheitern, dann eigentlich immer deshalb, weilsienichtwissen,nachwelchenPrinzipiensozialeSystemeihreStruk turenentwickelnundaufrechterhalten.Welchesinddas? OrganisationenentwickelnundverändernihreStrukturenalsReaktionauf dieVeränderungenderUmwelt,alsoimWesentlichendurchVeränderun gen des unmittelbaren Marktes. Aber nicht direkt die Veränderungender UmweltdessozialenSystemsveranlassendiereaktivenHandlungenoder Veränderungen,sonderndieStrukturdesSystemsbestimmt,welcheAnre gungenausderUmweltüberhauptalssolchewahrgenommenwerdenund zuwelchemWandelesdaraufhininderFolgekommenkann.Mitanderen Worten, soziale Systeme sind blind und taub für alles, was nicht schon durch die Struktur des Systems vorgegeben und zu sehen erlaubt ist. Es bleibt eine immer wieder erstaunliche Erfahrung aus meinem Alltag als Berater,wielangedassozialeSystem(desUnternehmensoderderInstitu tion)nichtaufgeradezualarmierendeMarktoderUmweltentwicklungen reagiert.DerGrundliegtindenselbstangelegtenScheuklappenerlaubter Sichtweisen.AberdazuspätermehrinKapitel4. Organisationen oder Institutionen verändern sich ständig, nahezu unbe merkt und in Anpassung an bestehende sich wandelnde Umwelten. An ders sieht es bei Veränderungen innerhalb sozialer Systeme selbst aus. Diese können nicht einfach angeordnet und kontrolliert werden, sie ent ziehen sich einer linearen oder kybernetischen Steuerung und Regelung. Anstatt gelernte Kontroll und Planungssysteme immer weiter zu verfei nern,mussdeshalbdasAugenmerkdesManagementsdaraufliegen,güns tigeBedingungenfürdieSelbstorganisationdeseigenensozialenSystems anzubieten. Soziale Systeme sind komplex! Wer sie führen will, muss über die Fähig keit zur intellektuellen Durchdringung der Komplexität verfügen und darüber hinaus die Befähigung haben, mit den verfügbaren Instrumenten dieKomplexitätzusteuern. Das Maß der Komplexität eines Systems ist seine Varietät, das heißt die AnzahlderEndzustände,diedasSystemannehmenkann.FürdieFührung von Organisationen oder Institutionen bedeutet dies, dass erstens eine
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große Anzahl von Elementen (Menschen, Software, Abläufe, Sachmittel, Strukturen etc.), zweitens ein hohes Maß an Vernetzung zwischen den Elementen als auch drittens eine hohe Anzahl an möglichen Zuständen undEntscheidungsundHandlungsmöglichkeitenzukoordinierensind. Ashbys15 Gesetz der Varietät sagt aus, dass Varietät nur durch Varietät bewältigtoderabsorbiertwerdenkann.Dasbedeutet,einkomplexesSys tem können wir nur unter Kontrolle bringen, wenn wir der Komplexität des Systems eine gleich hohe Komplexität an Prozessen und Methoden entgegensetzenkönnen.WennsomitVeränderungenineinerOrganisatio nenoderInstitutionenvorgenommenwerdensollen,müssenwirakzeptie ren,dasswiraufgrundeines„unscharfen“BildesderSituationinderOr ganisation gezwungen sind unter Unsicherheit zu handeln und zu ent scheiden. Management ist immer das Entscheiden unter Unsicherheit, da komplexe Systeme eine vollständige Transparenz aller Entscheidungsvariablen und derenFolgennichtzulassen.InderPraxistretenhäufigfolgendemultidi mensionaleEntscheidungsunsicherheitenauf:
႑amorpheZielsysteme ႑AnnahmelinearerTrends ႑flacheoderstatischeSituationsanalyse ႑UnterschätzungderWirkungsverzögerung ႑fehlendeFokussierung ႑oberflächlichePlanung ႑mangelhafteAnalysederNebenwirkungen ႑TendenzzurÜberreaktion ႑direktiveLösungsversuche 15Ashby,W.R.(1956)AnintroductiontoCybernetics.NewYork.DasGesetzbesagt, dasseinSystem,welcheseinanderessteuert,destomehrStörungenindemSteue rungsprozessausgleichenkann,jegrößerseineHandlungsvarietätist.Eineandere Formulierunglautet:JegrößerdieVarietäteinesSystemsist,destomehrkannesdie VarietätseinerUmweltdurchSteuerungvermindern.
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UnsicherheitinderManagemententscheidungistdurchausnormal.Aller dingswerdenEntscheidungsunsicherheitenvölliganderswahrgenommen, wenn sich eine Organisation oder Institution in einem fortgeschrittenen Stadium des Organizational Burnout befinden sollte. Sie sind dann nicht „Zukunftsvariablen“, sondern „Zukunftsbedrohungen“ und oft der Aus druckfürdasUnvermögen,„dieDingezuEndezudenken“. Soziale Systeme haben Grenzen! Gegenüber einer komplexen Umwelt müssen soziale Systeme ihre Aufmerksamkeit, ihre Zeit und Energie auf das systemrelevant Sinnvolle begrenzen. Die Grenze stellt eine symboli sche Trennung zwischen der Komplexität dessen, was als zum System zugehörig betrachtet wird, und der ausgegrenzten Komplexität der Um welt dar. Dabei ist die Grenze strukturell an ihre Umwelt gekoppelt und könnte ohne ihre Umwelt nicht bestehen. „Grenzerhaltung ist Systemerhal tung“(Luhmann,198416). Soziale Systeme entwickeln sich! In einer sich kontinuierlich ändernden Umwelt haben offene Systeme viele Möglichkeiten – nur nicht den Still stand.FähigkeitzurVeränderungistdieExistenzgrundlagevonOrganisa tionen.Von Peter Drucker17 stammt der Hinweis, dass Unternehmen sich ständigändernmüssten,um(mitsich)identischbleibenzukönnen. Die Organisation als soziales System kann für ein OBO präkonditioniert sein.Diesnochmehr,wenneineOrganisationoderInstitutionnichtallein einsozialesSystemist,sondernaucheinenOrganisationscharakterentwi ckelnkann.WirhabenesWilliamBridges18zuverdanken,eineOrganisa tion oder Institution ebenso wie einen Mensch nach dem Theoriemodell vonC.G.JungindieMyersBriggsTypenlehreeinordnenzukönnen.Da nach bewegen sich auch Organisationen zwischen den folgenden acht Polen:
16Luhmann,N.(1984)SozialeSysteme:GrundrisseinerallgemeinenTheorie,Frank
furt 17Drucker,P.(1983)ProphetenfürunsereZeit:SchumpeterundKeynes?
www.peterdrucker.at 18Bridges,W.(1998)DerCharaktervonOrganisationen,Göttingen
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႑extravertiertoderintrovertiert ႑objektivoderintuitiv ႑rationaloderemotional ႑strukturiertoderflexibel Daraus werden von Bridges 16 verschiedene Organisationscharaktere gebildet,diesichwährenddesLebenszykluseinerOrganisationdurchaus verändernkönnen.DasfürunsSpannendeandieserTheoriesinddiePrä missenfürdieEntstehungeinesorganisationalenCharaktersunddieKon sequenzenfürdieRezeptivitäteinerOrganisationoderInstitutionhinsicht licheinespotenziellenOBO. NachBridgesentstehtderCharaktereinerOrganisationoderInstitutionaus:
႑derGeschichtederOrganisation, ႑derArtdesGeschäftes, ႑demgeschäftsmäßigenVerhalten, ႑demkollektivenCharakterderBelegschaft, ႑derEinstellungderFührungskräfte, ႑derPositionimLebenszykluseinerOrganisation. WenneineOrganisationoderInstitutionunwillkürlicheinenganzeigenen Charakter,alsoeineindividuelleOrganisationspersönlichkeitherausbildet, dann wird sich diese Organisationspersönlichkeit entsprechend ihrer PräkonditionierungstärkeroderwenigerstarkfüreinOBOanfälligzeigen.
Rezeptivität von Organisationen für ein Organizational Burnout Organisationen oder Institutionen sind unterschiedlich vordisponiert, in eineSpiraledesOrganizationalBurnoutzugeraten.EssinddreiDimensi onen, die bei der Frage, ob eine Organisation oder Institution für das OrganizationalBurnoutempfänglichist,untersuchtwerdenmüssen:Alter, GrößeundMarktbezug.
Voraussetzungen für die Anfälligkeit für das OBO
Tabelle 2.1
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Resistenz gegen das OBO
HoheResistenz MittlereResistenz GeringeResistenz
Alterder Organisati onoder Institution
Ca.10bis25Jahre Ca.25Jahreoder Erste10Jahre längernachGrün nachGründung nachGründung dungoderErrich oderErrichtung oderErrichtung tung
Größeder Organisati onoder Institution
Unterca.20 Beschäftigtenje Einheit
Biszuca.100 Beschäftigtenje Einheit
Marktbezug derOrgani sationoder Institution
Sehrschnelle unddirekte Reaktionendes Marktes
KeineIdentität Verzögerteoder indirekteReaktion zwischendenLeis tungsempfängern desMarktes unddenen,die (z.B.:Versiche dafürzahlen rungen,Industrie (z.B.:NonProfit zulieferer) Organisationen)
(z.B.:unterneh mensnaheSer vices,Einzel handel)
Überca.100Be schäftigtenjeEin heit
Alter: Junge Organisationen oder Institutionen sind weniger anfällig als alte Strukturen.Zunächst:Wasistaltundwasistjung?EinejungeOrganisati on oder Institutionwird noch vom GründungsoderErrichtungsmanage ment geführt, die Beschäftigten sind im Wesentlichen ungefähr ähnlich lange im Unternehmen beschäftigt und der Zweck der Organisation oder Institution stimmt noch mit den Anforderungen der Umwelt bzw. des Marktes überein. Große Erfolge wurden noch nicht erreicht, aber tiefe Enttäuschungen blieben der Organisation bislang auch noch erspart. Es herrschen identische Basic Beliefs und ein gemeinsamer Corporate Spirit. DasgegenseitigeVertrauenvonFührungundMitarbeiternwurdebislang
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nichtaufdenPrüfstandgestellt.SomitmusstendietypischenVorgeschich ten des Organizational Burnout noch nicht erlebt werden und die Gefahr eines Ausbrennens ist in den ersten fünf bis zehn Jahren normalerweise nichtgegeben. DagegenwirddieRezeptivitätabdem20.bis25.JahrdesoperativenWir kenshöher,denndannwurdenmehrereManagementzyklendurchlaufen, „alleswarschonmalda“unddieBeschäftigtenstammenausunterschied lichenGenerationen,sowohlhinsichtlichderAusbildungalsauchinBezug aufdieZugehörigkeit.InsbesonderefanddannbereitseinWechselinder FührungstattundeinVergleichvonderaktuellenFührungmitderfrühe ren Leitung wird von den älteren Mitarbeitern gerne angestellt. Zuneh mend werden die Unzulänglichkeiten auf interne Fehler zurück geführt, die vor allem dadurch entstehen, weil die jungen Mitarbeiter angeblich nochzuunerfahrenseien. Abbildung2.1illustriertdasThemaLebenszykluseinerOrganisationoder Institution.DanachwerdensichdieKultur,dieOrganisationssituation,die Kundenbeziehungen, die Kommunikationspolitik und somit die Anfällig keitfüreinOBOimLebenszyklusverändern. Tatsächlich ist die Gefahr groß, dass Organisationen unter der Last eines OrganizationalBurnoutvorzeitigaltern.GeradediePhasederKontinuität wird früher in die „Altersstarre“ überwechseln. Detailliertere Betrachtun genwerdendazuinKapitel5vorgenommen. Größe: Große Systeme sind stärker gefährdet als kleine Einheiten. Vorsichtig möchteichhiermeineüblicheBegriffspaarung:„OrganisationoderInstitu tion“ verwenden, da sich auch große, globale Konzerne in der Regel aus kleineren Einheiten zusammensetzen. Es ist entscheidend, wie viele Men schen in einem Subsystem sich eine gemeinsame Organisationskultur tei len.EsliegtaufderHand,dassesineinemWeltkonzernextremschwierig ist,überalleweltweitkulturellenUnterschiedehinwegeinengemeinsamen Corporate Spirit zu schaffen. Hingegen kann ein regionales Team – von beispielsweise 50 Mitarbeitern – selbst im Rahmen eines Großunterneh menssehrwohleinestarkeGemeinschaftbilden.
Voraussetzungen für die Anfälligkeit für das OBO
Abbildung 2.1
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Rezeptivität für das OBO im Lebenszyklus einer Organisation
Lebenszyklus einer Organisation
Idee
Aufbau
Erfolg
Kontinuität
Kein OBORisiko
Kein OBO-Risiko
Geringes OBORisiko Latentes OBO
Kontinuierlich steigendes OBO-Risiko
Kultur der Gründer
Euphorische Teamkultur
Kultur der Leistungsf reude
Kreatives Chaos, alles ist erlaubt
Energie der Selbstorganisation, jeder hilf t jedem
Vertraute Pilotkunden Mitreißende Inf ormationen
Starre
Tod
Extremes OBORisiko Letales OBO
Irrelevanz des OBO Letales OBO
Kultur des Establishments
Kultur der Grenzziehung
Untergangsstimmung
Flexibilität und Wachstum der Organisation, viele Innovationen
Stabile Organisation, eingeschwungene Prozesse, starke inf ormelle Strukturen, abnehmende Innovationen
Erstarrte Strukturen, keine Innovationen, starkes Neben- und Gegeneinander
Letzte Versuche der Reorganisation, Downsizing
Mitwirkende Kunden
Begeisterte Kunden
Vielzahl beliebiger Kunden
Kunden als Bittsteller
Flüchtende Kunden
Erste Erf olgsgeschichten
Selbstbewusste Kommunikation der Erf olge
Stabilisierende Kommunikation der Stärke, Routinemeldungen
Ausblenden unerwünschter Inf ormation und spärliche, arrogante Kommunikation
Funkstille
Akutes OBO
Chronisches OBO
Deshalb wäre es falsch zu behaupten, Konzerne mit ihrer notwendigen internen Anonymität wären für ein Organizational Burnout prinzipiell anfälligeralsKleinunternehmen.EntscheidendistdieAnzahlderBeschäf tigtenjeOrganisationseinheit.WenndieOrganisationeinheitmehrBeschäf tigte hat, als durch die Führungsperson namentlich genannt werden kön nen, dann ist die Gefahr einfach zu groß, dass Regeln an die Stelle von Management treten und dass kritische Reaktionen von der Basis nicht mehraufderEntscheidungsebeneankommen.Esgibtkeinewirklichopti male Leitungsspanne, aber der Verantwortliche muss immer in der Lage sein,dieKommunikationsliniezuhaltenunddirektzudelegieren,zuko ordinieren, zu motivieren und letztlich auch zu kontrollieren. Wenn die Leitungsspannezugroßwird,dannfehltdiedirekteKommunikationund dieOrganisationbeginntzuleiden.
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Große Organisationen oder Institutionen neigen zu steilen Strukturen. OrganisationenoderInstitutionenmitvielenHierarchieebenensindfürein Organizational Burnout prädestiniert. In den letzten Jahrzehnten wurde vielvonflachenHierarchiengesprochenundhäufigwurdendieseeinfach dadurch realisiert, dass eine (mittlere) Ebene ersatzlos eingespart wurde. DamitwaraberdasGrundproblemderEntfremdungzwischenTopmana gementundoperativerBasisnichtgelöst.EinOBOfindetingroßenOrga nisationendeshalboffeneTüren,weildasVertrauenalswichtigstesStabili tätskriterium gegen ein Organizational Burnout auf weite Hierarchiedis tanzen nicht wachsen kann, oder – falls es verloren ginge – nicht einfach wiederhergestelltwerdenkönnte. Marktbezug: MarktferneOrganisationenoderInstitutionen,alsobeispielsweiseeinesozia le Einrichtung, ein Bundesministerium, eine Hilfsorganisation, eine öffent lichrechtlicheKörperschaftodereineVollzugsbehörde,habenkeindirektes wirtschaftlichesFeedback.DieLeistungenwerdennichtvondenenbezahlt, die die Leistungen empfangen. Oft gibt es auch keinen – oder nur einen eingeschränkten–Wettbewerb.DerWertderLeistungwirdvondenEmp fängern gering geschätzt, da die Leistung kostenlos zu sein scheint. Das bedeutet aber auch, diese Institution bekommt kein direktes Feedback, ob ihre Leistung im Vergleich gut oder exzellent ist, ob sie verbessert werden müsste oder bereits deutlich mehr geleistet wird, als wirklich nötig ist. In demFallkannesauchnurinterneMaßstäbefür„richtigoderfalsch“geben. WennderMarktundsomitderWettbewerbalsMaßstabfehlen,dannfehlt das wichtigste Korrektiv auf dem Weg in eine OBOSpirale. Marktferne OrganisationensinddeshalbdeutlichempfänglicherfüreinOrganizational Burnout. Allerdings werden die Symptome erst viel später – wenn über haupt–bemerkt,denneinemarktferneOrganisationoderInstitutionkann bereitstotalausgebranntseinunddennochausreichendAktivitätenentfal ten, um ihren monopolistischen oder oligopolistischen Zwecken nachzu kommen.DasjeweiligeErrichtungsgesetz19schütztdenBestanddesAmtes oderderBehörde.
19ErrichtungsgesetzewerdendieGesetzegenannt,diealsrechtlicheGrundlagefür
eineöffentlicheEinrichtungdienen
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WasistderVorteilfüreinemarktnaheOrganisationhinsichtlichihrerRe zeptivität für ein Organizational Burnout? Die tägliche Marktresonanz kann die ständige und zeitnahe Anpassung an die Umwelt bewirken. Kann,mussabernicht.ImZweifelhatderMarktrecht.Vielekontroverse Diskussionen in einer Firma können bereits in der Entstehung durch den Marktentschiedenwerden.WennessehrzeitnaheundspürbareRückmel dungen des unmittelbaren Marktes gibt, dann werden auf diese Weise strittige Fragen entschieden und Irrtümer können sich nicht lange halten, auch keine Irrtümer in der – möglicherweise falschen – Besetzung des Managements. Damit aber kann sich das soziale System Organisation selbststeuernundsichselbstaufeinemguten,erfolgreichenWeghalten. Dazwischen liegen Institutionen, die zwar einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen,derenMarktabernormativreguliertistundbeidenensomitdie ReaktionenaufVeränderungendesMarkteszeitverzögerterfolgen.Damit ist hier die UrsachenWirkungsBeziehung eingeschränkt unddie Organi sationskybernetik der Selbststeuerung leidet. Beispiele dafür sind Kran kenversicherungen,dieGEMAoderdieGEZ. Zusammenfassend ist festzustellen: Alter, Größe und Marktbezug sind notwendige, aber noch keine hinreichenden Dimensionen für das Entste heneinesOrganizationalBurnout.AberessinddiedreiDimensionen,die alsErstesanalysiertwerdensollten,wenndieFragenachderRezeptivität einer Organisation oder Institution für das Organizational Burnout unter suchtwerdensoll. Wenn Sie in einer jungen, kleinen Einheit mit intensiver Marktnähe tätig sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit für einen Anfangsverdacht des Organizational Burnout vergleichsweise gering. Umgekehrt: Alter und GrößeschützennichtvorderOBOSpirale.
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InKapitel1.3wurdendieUrsachendesindividuellenBurnoutsreflektiert und der Versuch unternommen, tabellarisch (Tabelle 1.2) Analogien zwi
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Voraussetzungen und Gründe für das Organizational Burnout
schendemklinischenBurnoutSyndromeinerPersonzuminstitutionellen Burnout einer Organisation herzustellen. Die dort angeführten organisa tionalenTatbeständewerdennachfolgendtieferbetrachtet. WassinddietypischenbetriebswirtschaftlichenSituationen,dieeineHilf losigkeitgegendenBeginneinesOrganizationalBurnoutbegünstigen? UnsicherheitinderMarktakzeptanzdurchUmsatzrückgang Marktnahe Organisationen oder Institutionen erleben immer bei einem Umsatzrückgang eine Phase der Unsicherheit, denn Umsatzrückgang, soweit er nicht erwartet saisonal bedingt ist und somit bereits geplant werden konnte, bedeutet immer Ungewissheit. Umsatzplanungen, die unterschritten werden, verunsichern, weil man nicht weiß, ob sich der einmal verlorene Umsatz wieder ausgleichen lässt. Niemand kann in die unmittelbareZukunftsehen,niemandkannwissen,obessichhiernurum ein temporäres Phänomen oder um den Beginn einer nachhaltigen Ent wicklunghandelt.DiebisherigenErfahrungen,dieindiePlanungeingin gen, werden angezweifelt. Die Folge: Steigerung der Vertriebsintensität ohne vertiefte Situationsanalyse. Übrigens muss ein ungeplanter Anstieg des Umsatzes ebenso alarmieren. Leider ist die Versuchung, sich dann in eineKomfortzoneeinzukuscheln,ziemlichgroßundfastunwiderstehlich. ÜbersteigerterQualitätsanspruch Qualität20isteinunbestimmterBegriff.Wannistgutgutgenug?Dierichti ge Qualität hat etwas mit der Erwartung an die Qualitätshöhe in Verbin dung mit den Kosten und der Lieferzeit zu tun. Schnell, preiswert und qualitativhochwertigistgenerelldieAnforderungderinternenundexter nenKunden.WenneinProduktodereineDienstleistungzudemgeforder
20QualitätwirdlautderNormENISO9000:2008(dergültigenNormzumQuali
tätsmanagement),als„Grad,indemeinSatzinhärenterMerkmaleAnforderungenerfüllt“ definiert.DieQualitätgibtdamitan,inwelchemMaßeeinProdukt(Wareoder Dienstleistung)denbestehendenAnforderungenentspricht.DieBenennungQualität kannzusammenmitAdjektivenwieschlecht,gutoderausgezeichnetverwendet werden.InhärentbedeutetimGegensatzzu„zugeordnet“einerEinheitinnewohnend, insbesonderealsständigesMerkmal.DamitsindobjektivmessbareMerkmalewiez. B.Länge,Breite,Gewicht,Materialspezifikationengemeint.
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ten Preis und in der angebotenen Lieferzeit den gewünschten Absatz fin det,danndürftedienotwendigeQualitäterzieltwordensein. Wenn aber, insbesondere in marktfernen Institutionen, der Qualitätsmaß stab nicht eine PreisZeitAbsatzFunktion ist, wird es schwierig, einen Qualitätsstandard objektiv zu messen oder einzuhalten. Die Konsequenz: Die jeweils vorgesetzte Ebene fordert eine immer höhere Qualität, ohne finalzubestimmen,welcheQualitäthinreichendist.IneinerOrganisatio nenoderInstitutionenmitvielenHierarchiestufenkanneineQualitätsspi raleentstehen,dieimmerherausfordernderwird.Ichhabemehrfacherlebt, wie sich eine Anforderung des Vorstandes auf dem Weg zur operativen EbeneindenAnforderungennachderLieferqualitätundderZeitderge wünschten Erbringung immer weiter verschärfte, weil jede Ebene dazwi schen einen kleinen zusätzlichen Managementerfolg erzielen wollte. Man kann sich vorstellen, dass damit übersteigerte Qualitätsansprüche entste hen,dieeineOrganisationoderInstitutionandieBelastungsgrenzeführen, ohnedassesdazueinenwirklichenAnlassgibt. UnrealistischeLeistungsvorgaben Ähnlich verhält es sich mit den internen Leistungsvorgaben direkter und strukturhöherer Vorgesetzter, insbesondere in ungewohnten und heraus fordernden Situationen. In Organisationen oder Institutionen, die eine steile Hierarchie haben, verstärken sich die Leistungsvorgaben wie oben dargestellt.AberauchwennKundenoderVorgesetztezuwenigErfahrun genmitdemgeplanten–neuen–Projekthaben,kommtesfastimmerzu unrealistischen Leistungsvorgaben, denen aber auch aus der operativen Ebene mangels Erfahrung zu wenig entgegengehalten werden kann. Das isttypischimAnlagenbau,imHochbauoderbeikomplexenPlanungspro zessenimBereichderInformationstechnikzubeobachten. Natürlich–auchdassollerwähntsein–gibtesschikanierendeLeistungsvor gaben, die tatsächlich sinnlos sind und nur der Befriedigung sachfremder Wünsche der Vorgesetzten dienen. So erleben wir Mobbing, Profilierungs zwänge, vorauseilenden Gehorsam und ähnliche Phänomene, aber das ist nicht die Regel und soll uns auch nicht als eine Prämisse für das OrganizationalBurnoutdienen.DaskönnenEinzelfällesein,diefürdiedirek ten Mitarbeiter schlimm und für eine Organisation oder Institution verhee rendseinkönnen,hiersollensieallerdingsnichtvertieftbetrachtetwerden.
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Wir kennen dennoch Überforderung und Überlastung von Beschäftigten, die auf typische oder überraschende Leistungsspitzen der Organisation oderInstitutionzurückzuführensind.DieArbeitswissenschaftunterschei det zwischen einer qualitativen und einer quantitativen Überforderung. Qualitativ überfordert sind Mitarbeiter dann, wenn sie mit Aufgaben zu kämpfenhaben,dieihrefachlichenQualifikationenübersteigen.Dasfrus triertnichtnur,sondernsenktaufDauerdasSelbstvertrauenunddieAr beitsmotivation. Gleiches gilt für eine quantitative Überlastung, wenn gestellteAufgabenzuumfangreichsindunddasLeistungsvermögenüber steigen. Die Beschäftigten geraten in einen Stresszustand und fühlen sich denAnforderungennichtgewachsen.ÜberforderungaufSeitenderMitar beiter entsteht dann, wenn die Leistungsvorgaben unrealistisch überhöht sind. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitsauftrag zu umfangreich ist oder die nötige Qualifikation fehlt. Oft steht auch für die ErledigungeinerAufgabeobjektivzuwenigZeitzurVerfügung.Dieslässt sich zwar manchmal nicht vermeiden, allerdings überfordern manche FührungskräfteihreMitarbeiterganzbewusstinderHoffnung,nochhöhe reLeistungenerreichenzukönnen. UnqualifizierterVergleichmitnachhaltigüberlegenenWettbewerbern IchhabeesimmeralseineunbewussteUntugendvonUnternehmensspit zen erlebt, dass die eigenen Unternehmensleistungen, die eigenen Preise, die erreichten Qualitäten oder auch die Mitarbeiterstrukturen mit dem „Lieblingswettbewerber“verglichenwurden.InderBeraterbranchewurde ofteinVergleichmiteinemder„bigfive“hergenommen,umsichunddie MitarbeiterzuhöherenoderbesserenLeistungenzubewegen.InderAu tobrancheahntman,wersichhiermitwemanspornendvergleicht,ebenso inderdeutschenBankenwelt. Solange dieser Vergleich fair und realistisch ist, muss er vorgenommen werden,umwettbewerbsfähigzubleiben.WennaberderVergleichunrea listisch Äpfel mit Birnen vergleicht, dann jagt die Firma oder Einrichtung ständig einem Phantomvorbild nach, welches ähnlich einer Fata Morgana immerunerreichbarbleibenwird. Übrigens, wenn man dann als Manager oder Mitarbeiter zu genau dieser Vorbildorganisationgewechseltist,stelltmaninderRegelfest,dassauch dort„nurmitWassergekochtwird.“
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UnspezifischeZieleundfehlendeKonkretisierung „Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg“, soll Laotse21 gesagt haben. Umgekehrt wissen wir aus Erfahrung, dass unpräzise Zielsetzungen und deren mangelhafte Detaillierung immer zu einer Fehlallokation der Res sourcen führen müssen. Zielsetzungen wie: „Im kommenden Jahr wollen wir den Gewinn steigern, die Kosten senken, das Wachstum beschleuni gen,dieQualitätverbessern,dieLiquiditätsichernundschnellerwerden!“, reichenebennicht;sindwederstrategischnachvollziehbar,nochsopräzi siert, dass davon eine Ziel und Aktivitätenhierarchie abgeleitet werden könnte. Die Vordenker für die Zielsetzungstheorie sind Locke und Latham22, die 1995 definierten, dass Ziele die unmittelbaren Regulatoren menschlichen Handelnssind.DieTheoriebasiertaufderAnnahme,dassbewusstesVer halten einen Zweck erfüllt und von individuellen Zielen gesteuert wird. Die Zielsetzungstheorie konzentriert sich auf die Frage, warum manche MenschenimArbeitslebenbessereLeistungenerbringenalsihreKollegen, auchwennsievergleichbareFähigkeitenundWissenbesitzen.DasErgeb nislautet,dassdieUnterschiedeimLeistungsniveauanderMotivationdes Einzelnenliegen.LockeundLathamhabendiedamalsvorhandeneLitera turüberZielsetzungüberprüftunddaraufbasierendihreZielsetzungsthe orie formuliert. Die damals grundlegende und uns heute wenig überra schendeHypotheselautet:„ZielemotivierenzuHandlungen“. Vielleichterscheintesheutetrivial,aberwahrbleibt:BeifehlenderZielset zung,seienesselbstgesetzteZieleodervorgegebeneZiele,leidetdieMoti vation und der Energieeinsatz bleibt enttäuschend für den Betreffenden undfürdieVorgesetzten.AußerdemfehltdemMitarbeitereinrealistisches Feedback zu seinen Leistungen, denn woran sollten diese gemessen wer den? Gerade in stark arbeitsteiligen Strukturen ist die fehlende Konkreti sierungderZieleundTeilzielederAufgabenstellungdieUrsachefürFehl
21EinlegendärerchinesischerPhilosoph,derim6.Jahrhundertv.Chr.gelebthaben soll. 22Locke,E.A.,Latham,G.P.(1990).ATheoryofGoalSettingandTaskPerfor
mance,(EnglewoodCliffs,NJ:PrenticeHall)
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leistungen, Demotivation und innere Kündigung. Hier kann das OrganizationalBurnoutbereitsimZielsystemeinerOrganisationbeginnen. Wertearmut des Unternehmenszwecks – Sinn des Unternehmens ist alleinmateriellorientiert Eine Organisation oder Institution, deren erklärter Sinn darin besteht, in ersterLiniemöglichstvielGeldzuverdienen,mussdenBeschäftigtenauf dieFrage„WasistderSinnmeinerArbeit?“einemoralischethischvertret bare Antwort schuldig bleiben. „Der Sinn eines Unternehmens besteht darin, zum Wohle der Gesellschaft als Ganzes beizutragen“. Zu diesem Fazit gelangt der Dalai Lama23 in seinem ManagementBuch „Führen, gestalten,bewegen.WerteundWeisheitfüreineglobalisierteWelt“. 24
Lay trennt zwischen dem Zweck und dem Sinn eines Unternehmens. Zweck ist, was er „die Produktion disponiblen Kapitals nennt, Sinn hin gegen ergibt sich aus „ethischen Zielvorgaben“. Es gibt Menschen, die nicht die Kraft haben, den Kompass ihres Lebens zu norden, sie treiben ziellos auf dem Meer der Unsinnigkeiten herum. Ähnlich treiben nicht wenige Unternehmen auf dem Ozean von Sinnlosigkeiten hin und her. Allenfalls der unsichere und schnellwechselnde Gradient der Nachfrage bestimmt die Werte des Unternehmens, nicht aber Werte, die aus Idealen kommen,denenEthiknichtfremdist“. Es geht um das Vertrauen darauf, als Organisation oder Institution nicht nur Teil einerrein materiellen Zweckgemeinschaftzusein,sonderneinen SinnimDaseinzusehen.DieaktuelleWirtschaftsundFinanzkrisehatdas VertrauenderMenschenindieWirtschaftundindiePolitikerschüttert.In Zeiten der Unsicherheit suchen die Menschen Sicherheit und sie wollen wissen,wieesweitergeht.InZeitenderUnsicherheitwollendieMenschen ihre Sehnsucht nachSinn und Wertestabilität personifizieren oder organi sierenkönnen.
23DalaiLama(2008)„Führen,gestalten,bewegen:WerteundWeisheitfüreinegloba
lisierteWelt“,Frankfurt 24Lay,R.,(1992)ÜberdieKulturdesUnternehmens,München
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UnsereBundesregierunginvestierteinderKrise2009/2010aufKostender ZukunftindieSystemstabilitätdersozialausgleichendenMarktwirtschaft undverschafftesichdamitZeit.WennaberderImperativderSystemstabi lität gilt, muss den Menschen das Vertrauen in das System einer verant wortlichen, sozialen Marktwirtschaft gegeben werden. Diese Aufgabe haben die Führungspersonen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, denen die Menschen zutrauen, eine globale Wettbewerbsordnung und soziale Chancengerechtigkeit herzustellen. Persönlichkeiten, die integer, verantwortlich und visionär handeln, werden als Unternehmer, Manager oderVorgesetztedasVertrauenderMenschengewinnen. Unternehmen waren und sind immer dann besonders erfolgreich, den Markt bestimmend und die Umwelt positiv beeinflussend, wenn es einer unternehmerischenPersönlichkeitgelang,einsichselbsttragendesSystem derWertebildung,derWerteentwicklungundderWerteverantwortungin undmitihrenUnternehmenzuerreichen.BeispieleinDeutschlandwaren und sind dafür Unternehmer wie Reinhard Mohn, HeinzHorst Deich mann, Stefan Dräger, Berthold Beitz, Bernhard Meyer, Hans Riegel, Otto Beisheim, Helmut Claas, Werner von Siemens, Günther Fielmann, Axel Springer,MaxGrundig,DietmarHopp,FritzSennheiser,BertholdLeibin ger,WernerOttooderReinholdWürth. JedesUnternehmenhatnatürlichseineeigeneGeschichteundseinebeson dere Kultur. Dennoch gelang es den erfolgreichen Vordenkern ihrer Zeit stets,beiihrenMitarbeiterndietotaleIdentifikationzuerzeugen,beiihren KundenundLieferantenemotionaleBegeisterunghervorzurufen,beiihren Aktionären oder Kapitalgebern unerschütterliches Vertrauen zu entwi ckelnundinderGesellschafteineAnerkennungalsVorbildzuverankern. WoesdieseFührungspersönlichkeitennichtgaboderdieOrganisationnur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet war, blieb das Unternehmen sinn undwertelos. Eine„wertelose“OrganisationkannwederSinnnochwirklichZweckihrer Existenz und ihrer Arbeit vermitteln. Wenn aber die individuelle Energie im wahrsten Wortsinn „sinnlos“ vergeudet wird, dann dreht sich die Or ganisationoderInstitutionaufderStelleundbrenntaus.
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HoheFluktuationundwenigaktiveBewerbungen Die Wertschätzung für den einzelnen Mitarbeiter steigt nicht selten beim Management erst dann, wenn dessen Kündigung auf dem Tisch liegt. Bis dahinwarderMitarbeiterwieselbstverständlichdaundverfügbar.Plötz lichwerdendieFluktuationskosten25inBeziehunggesetztmitden„Costof retention“ und den „Cost of acquisition“. Wer so denkt, zeigt eben nur, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter als „human capital“ gesehen werden, nicht aber als Mensch. Eine Organisation oder Institution, in der sich die Wertschätzung für die Beschäftigten darin erschöpft, ob er (oder sie) ihr Geld denn (noch) wert seien, zeigt sich als kalt, berechnend und schlechtgeführt. Wenneine–inihremMarktbekannte–OrganisationoderInstitutionkeine Initiativbewerbungen bekommt, dann ist das ein typischer Frühwarnindi kator für Image und Marktwertverlust. Leider wird dieses Signal vom Management nicht wirklich ernst genommen, oft wird diese Entwicklung nichteinmalvomPersonalmanagementineinerStatistikerhobenundvon derFührungnichtabgefragt. Stagnation in der Personalzahl und struktur, die schleichende Überalte rungderMitarbeiteroderauchnurKnowhowVerlustdurchdieAbwan derungvonWissensoderLeistungsträgernsindalarmierendeSignalefür die Organisationskultur und für die Zukunftsfähigkeit der Organisation oderInstitution. IsolationdermittlerenFührungsebenezwischenobenundunten DiemittlereFührungsebenehatimmereinProblem.DasTopManagement delegiert viele dispositive und alle operativen Aufgaben an das Middle ManagementunderwartetdannErgebnisse.VondermittlerenEbenesol lendanndievorbereitetenoperativenTätigkeitenandiejeweiligendirek ten Mitarbeiter delegiert werden, als Ergebnis zählt für das Top
25DieFluktuationskostensetzensichzusammenaus:KostenfürInserate,anteilige
KostenderPersonalstelle,KostenfürEinstellungstestsundEinstellungsgespräche, Anlernkosten,VerlustedurchnichtbesetztenArbeitsplatz(Opportunitätskosten), wegenderFluktuationinKaufgenommeneLohnerhöhungen,Mehrkostendurch Vertretungen.
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ManagementallerdingsnurderoperativeErfolg.Letztlichbedeutetdasfür die mittlere Ebene, wieder selbst auch operativ tätig zu werden, um den Erfolgabzusichern. Darausresultiert:MeistverbringenmittlereFührungskräftewenigeralsein DrittelihrereffektivenArbeitszeitdamit,ihreMitarbeiteraktivzuführen. Effektive Lenkung und Entwicklung von Mitarbeitern erfordern jedoch einenwesentlichhöherenZeitanteil. Von den mittleren Führungskräften wird erwartet, die Strategien des Un ternehmens aktiv mitzugestalten und überzeugend zu kommunizieren; Realitätaberist:SiewerdenindieEntwicklungderStrategiekaumeinge bunden. Einerseits werden unternehmerisches Denken und Handeln er wartet und gefordert, andererseits müssen mittlere Führungskräfte alles tun,ummöglichstkeineFehlerzumachen.MittlereFührungskräftesollen ihreMitarbeiterverantwortlichundindividuellfördern;gleichzeitigfehlen ihnenoftdieKompetenzenunddieMitteldazu. DieMitarbeitersehendasmittlereManagementquasi„vonunten“alsein HinderniszwischensichunddeneigentlichenEntscheidernanderSpitze der Organisation oder Institution. Aus ihrer Sicht handeln die mittleren FührungskräftemitgeliehenerAutorität,ohnepersönlicheFachkompetenz undimZweifelbemüht,nochhöhereLeistungenausderMannschafther auszuholen, als vom TopManagement erwartet wird. Unter diesen Um ständen ist es für die mittlere Leitungsebene schwer, Vertrauen zu ihren Mitarbeiternaufzubauen. SosinddiemittlerenFührungskräftedereinsamePrellbockzwischenoben und unten. Nicht alle – vielleicht auch berechtigten – Klagen der operati venEbenekönnensienachobenkommunizierenodergardelegierenund nicht jede Kritik der TopEbene werden sie – klugerweise – nach unten weitergeben. Die Einsamkeit der Leistungsträger auf der mittleren Ebene führt diese letztlich in eine ungewollte Isolation. Damit aber entsteht an einerwichtigenStelleeinEnergiedefizitinderOrganisationoderInstituti on;einEinfallstorfürdasSyndromdesOrganizationalBurnout. ErgebnisdruckvonKunden,EigentümeroderderÖffentlichkeit Ist es die objektive Steigerung der Erwartungen der Kunden an immer bessere,immerschnellereundimmerpreiswertereLeistungenundAnge
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bote, die den subjektiv empfundenen Erwartungsdruck vergrößert? Oder habenwirunsselbstzueinemTeilderErwartungsspiralemachenlassen, indermitjederWeitergabedesselbstempfundenenDrucksderÜberdruck inderOrganisationweiterwächst,biserunbeherrschbarwird? SicheristderAuslöserfürdenreflexivenLeistungsdruckdiestetigprofes sionellerwerdendeNachfragederKundenoderNutzereinerOrganisation oder Institution. Jederzeitige Kommunikationsfähigkeit, ununterbrochene Verfügbarkeit der Leistung und im Vergleich hohe Qualität bei immer weiterverhandelbarenPreisenwerden,beispielsweisevondenEinkäufern der Industrie, gegenüber den Zulieferern erwartet. Ebenso erwarten die MedienvondenöffentlichenInstitutionenschnelle,ehrlicheundobjektive Antworten. Wir Konsumenten haben uns an lange Ladenöffnungszeiten und großzügige Umtauschregelungen gewöhnt, die zwar weder nottun noch den Konsum steigern, aber da sie nun einmal angeboten werden, fordernwirKundendiesauchein. Die Eigentümer, seien es Inhaber, Investoren oder Aktionäre, erwarten einen Return on equity, der spürbar über der üblichen Marktrendite für mittelfristige Geldanlagen liegt. Da werden in Jahrespressekonferenzen Zielmarkenvonüber20Prozentausgegeben,dieeinemdenAtemstocken lassen.Kurspflege,kosteeswaseswolle,KostenrunterundGewinnerauf unddasallesbittebeieinemlangfristigethischglaubwürdigenImage.Der DruckaufdasManagementwirdgrößer,auchderganzpersönlichwahr genommeneDruck,denndieGefahrdesVersagenswirdingleichemMaße gesteigert.WennaberderErwartungsdruckdieVersagensängstewachsen lässt,dannwerdenBlockadenausgelöst,dieeineOrganisationoderInstitu tion in die Paralyse treiben. Hektik, Hypermotorik und Fehler sind die Folge.DassinddieidealenVoraussetzungenfürdasOrganizationalBurn out. AngstvorVerlustdesVertrauensdesKapitalundAbsatzmarktes WirallehabenAngst,dasGesichtzuverlieren.Wirwürdenunsschämen, wennwiranderennichtmehrinsGesichtsehenkönnten,weilwirversagt haben, versagt vor den allgemeinen ethischen Wertmaßstäben oder den gesellschaftlichgeltendenRegelsystemen.EineOrganisationoderInstituti on hat entsprechend Angst vor dem Verlust des Vertrauens des Kapital marktesundvordemVerlustdesVertrauensdesLieferundAbsatzmark
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tes.UmnochmalsLaotsezubemühen:„WervieleSchätzeanhäuft,hatviel zuverlieren“. Wie kann es zu einem Vertrauensverlust kommen? Wenn es zu einem Vertrauensbruch gekommen ist, wird das Vertrauen, der Glaube in die Integrität der Organisation oder Institution schwer wieder herzustellen sein. Vertrauenbedeutet,einerPersonundihrenAusundZusagenGlau ben zu schenken. Vertrauen heißt jemandem zu glauben. Das zwischen menschlicheVertrauen,aberauchdasVertrauenzuMarkenoderOrgani sationen, entwickelt sich in einem langwierigen Prozess. Der Vertrauens bruchhingegenvollziehtsichmöglicherweiseineinereinzigenHandlung. Sobald das Vertrauen durch ein Verhalten oder Handeln enttäuscht wor denist,kanneinVertrauensbruchvorliegen.HierbeisinddieArtunddas AusmaßderEnttäuschungfürdieWahrnehmungeinestatsächlichenVer trauensbruchesrelevant.WeitermusssichdieEnttäuschungaufSchlüssel erwartungen, die verletzt worden sind, beziehen. Erwartungen sind als Schlüsselerwartungenzudefinieren,wennsiefürdieBeziehungeineent scheidendeundpersönlicheRollespielen.26 SchlüsselerwartungensindalsoderMaßstabfürdieStärkeunddieDauer eines Vertrauensbruchs und damit für den Verlust des Vertrauens. Die Angst einer Organisation oder Institution, Vertrauen zu verlieren, moti viert zu einem fairen Umgang mit ihren Kunden und Mitarbeitern nach dem Maßstab des „ehrbaren Kaufmanns“. Der ehrbare Kaufmann ist im mernochdasVorbildfürdasverlässlichundberechenbarhandelndeWirt schaftssubjekt. Der Begriff „Ehre“ ist natürlich kein absoluter Begriff. Er unterliegt stark dem historischen Wandel der Werte und somit muss der BegriffimmerimKontextderZeitbetrachtetwerden.Dennochgibtesein Grundgerüst,dasseitdemMittelalterfürdasVerhaltenehrbarerKaufleute bestimmend ist. Die Grundlage bildet die humanistische Grundbildung undeinwirtschaftlichtheoretischesFachwissenergänztumdasnotwendi ge praktische Knowhow. Dazu tritt der persönlich stabile Charakter, der sich an Tugenden orientiert, die die Wirtschaftlichkeit fördern. Loyalität, Redlichkeit, Sparsamkeit, Weitblick, Ehrlichkeit, Verschwiegenheit, Ord
26Elangovan,A.R./ShapiroDebraL.(1998)BetrayalofTrustinOrganizations,in:
AcademyofManagementReview,Vol.23,No.3
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nung,Entschlossenheit,Genügsamkeit,Fleiß,Aufrichtigkeit,Gerechtigkeit, Sauberkeit, innere Ausgeglichenheit, Treue und auch Demut zeichneten traditionell den ehrbaren Kaufmann aus. Die Tugenden dienen nicht pri märdazu,guteTatenzuvollbringen,sondernsiedienendereigenenkör perlichen und seelischen Gesundheit und einer langfristig ausgerichteten Geschäftstätigkeit.DerredlicheCharakterschütztdenKaufmannauchvor sichselbst,umnichtderVersuchungzuerliegen,sichkurzfristigaufKos tenandererVorteilezuverschaffen.
„SeiamTagemitLustbeidenGeschäften,abermachenursolche,dassdu des Nachts ruhig schlafen kannst“. So lässt Thomas Mann den Lübecker KaufmannundSenatorJohannBuddenbrooksprechen.27 Die Organisation, die in der Gefahr steht, den Grundsatz von Treu und Glauben zu verlassen und damit Vertrauensbruch und Vertrauensverlust zuriskieren,istaufdemWeg,ineineSituationhöchsterKomplexitätund Energieleistungeinzutreten.WerAngsthabenmuss,dasVertrauenseiner Geschäftspartner zu verlieren, der wird alles tun, um das zu verhindern. Eine Organisation oder Institution, die um die Basis ihrer Wirksamkeit kämpfen muss, kann leicht in den Strudel eines Organizational Burnout geraten. WieerklärtessichdieAnfälligkeiteinerOrganisationoderInstitutionfür einOBO?DenntatsächlichgibtesfürdenBeginndesOBOkeineZwangs läufigkeit zwischen einerseits den dargestellten Voraussetzungen (die für einOBOgegebenseinmüssen,aberkeinOBObegünstigenodergarverur sachen) und andererseits den eben geschilderten Ursachen (die ein OBO auslösenkönnen,abernichtmüssen).Wennabereinerdernachfolgenden Gründe gegeben ist, dann ist der Weg in das OBO nahezu „naturgesetz lich“zwingend.
27Mann,T.(1901)BuddenbrooksVerfalleinerFamilie,Berlin
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Erfolgsarroganz macht blind NichtsistgefährlicherfürdiegesundeunderfolgreicheWeiterentwicklung einer Organisation oder Institution als bedeutender Erfolg. Anhaltender ErfolgmachtzufriedenundZufriedenheitmachtmüde.Diewiederholten ErfolgeimjeweiligenMarkt(selbstfürstaatlicheInstitutionengibteseine Art Markt, beispielsweise für die Verteilungsgunst von Haushaltsmitteln des Parlaments oder die Aufmerksamkeit der Medien) bestätigen die Or ganisationoderInstitutioninihrerWahlderMethoden,MittelundProzes se. Eine Organisation oder Institution, die über Jahre stets als erfolgreich bestätigtwird,überdasüblicheMarktwachstumhinausexpandiert,sogar erheblicheMargenerzielt,hältsichselbstirgendwannfürunfehlbar.Nun sollnichtbestrittenwerden,dassErfolgunternehmerischeKräftefreisetzt, die wiederum Erfolg zeitigen und das Selbstvertrauen in den eigenen Er folgsostärken,dasstatsächlichderErfolgnichtausbleibt. Zunächst entsteht Selbstsicherheit, dann Arroganz und schließlich „Auto kratie des Managements“. Innerbetriebliche Opposition findet nicht statt, die Aufsichtsräte sind angenehm pflegeleicht und die Medien und Ver bände überhäufen den Leader mit Anerkennung und sogar Preisen, vom „ManagerdesJahres“biszumBundesverdienstkreuz. Aber wenn sich die Akzeptanz des Marktes verändert, dann sorgt das typischeTrägheitsmomentzwischenderrealenVeränderungdesMarktes bis zur tatsächlichen Wahrnehmung dieser Situation durch das erfolgs verwöhnteManagementfüreinen,zunächstunbemerkten,dannschmerz haften Zeitverlust. Die Organisation verliert ihre entscheidende Fähigkeit zur vitalisierenden Selbstregulation. Selbstregulation oder Homöostase bezeichnet in der Systemtheorie die Fähigkeit eines Systems, sich durch Rückkopplungselbst–innerhalbgewisserGrenzen–ineinemstabilenZu standzuhalten.DerBegriffwurde1929vonWalterCannon28eingeführt. WenndieSelbstregulationspürbarzuversagendroht,gleitet–systemtheo retisch–dieOrganisationindenVersuchüber,durchbeschleunigteRück kopplungdieAutostabilitätwiederzuerreichen.FürunserThemabedeu
28Cannon,W.B.(1932)TheWisdomoftheBody,amerikanischerPhysiologe,
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tetesaber,dasseineOrganisationoderInstitutionumsoanfälligerfürein OBO wird, je länger bereits ein nachhaltiger Erfolg anhielt. Es passiert dannnämlichdasGefährlichste,waseinereingeschwungenenOrganisati on oder Institution passieren kann: Alles läuft weiter wie bisher, nur die OutputswillderMarkt–zunächstschleichend,dannimmerdeutlicher–in dieser Form nicht mehr. Das langjährig erfolgreiche Management, oft ja auch direkt durch den Gründer und Eigentümer charismatisch geführt, glaubt einfach nicht, dass er oder seine Firma sich ändern müssten, denn schließlichhattemandochimmerErfolg. Diese Blindheit für externe Veränderungen, verursacht durch die Scheu klappen des Erfolgs, ist extrem gefährlich für die unternehmerische Zu kunft. Neben Ertragsverlusten stellt sich hier einZeitverlust ein; je länger erdauert,destoschwierigerwirdessein,dieZeitwiederaufzuholen,zu mal mit jedem Monat die Handlungsalternativen geringer werden (vgl. Kapitel7).
Ausblenden von disruptiven Marktveränderungen GründungsunternehmensindnichtvomOrganizationalBurnoutbetroffen. Denn hier stimmen Unternehmensziel und zweck, interne Organisation und externe Marktresonanz noch weitgehend überein und es gibt den CorporateSpiritdesgemeinsamenNeubeginns.Identischesgiltwohlauch für gerade erst aufgestellte öffentliche Einrichtungen, deren Zweck und BefähigungnochmitderaktuellenBedarfslageübereinstimmenundderen OrganisationundLeistungsqualitätnochimAufbauundunerprobtsind. Alle anderen Unternehmen und Institutionen aber unterliegen den be schleunigten, zum Teil disruptiven Veränderungen des Marktes, den an spruchsvolleren externen Umweltanforderungen und der meist verzöger ten internen Anpassung an diese neuen Rahmenbedingungen. Internatio nalisierung, Globalisierung, demografische Veränderungen, Wachstums und Beschäftigungskrisen, Innovationen, Steuer und Soziallasten, Werte wandel, unfairer Qualitäts und Preiswettbewerb aus Billiglohnländern, unbeständiger Rechtsrahmen, gesellschaftlich steigende Erwartungen und der eigene Lebenszyklus des Unternehmens und des Unternehmers sind sich ständig verändernde Variablen. Dazu tritt ein nahezu heldenhaftes
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Selbstverständnis des Managements, alle Probleme im Griff zu haben, keine wesentlichen Fehler zu machen und nahezu immer die richtigen Entscheidungenzutreffen. Nicht selten gehen die extern bestimmten Veränderungen zeitgleich mit einem Wechsel in der Führungsverantwortung einher, sei es in Teilunter nehmen,inAbteilungenoderindenBereichen.DieneueLeitungwillaber ihren Vorgesetzten alsbald Erfolge zeigen und sich selbst profilieren,des halb streben die neuen Führungsspitzen den sichtbaren Wandel an; wäh rend die nachgeordnete Ebene die Kontinuität will, um das, was sie kön nen,weiterzutunundweilsiederÜberzeugungsind,durchverlässliche KontinuitätambestenaufVeränderungenreagierenzukönnen. Aufgrund dieser multikausalen, multivariablen Veränderungen werden die Unternehmensidentität und das organisationale Selbstverständnis in Frage gestellt. Das inhärente Sicherheits und Stabilitätsbedürfnis wird immer weniger erfüllt. Die Organisation oder Institution versucht vor diesem Hintergrund, Misserfolge zu vermeiden und das Bestehende zu sichern. Die Folgen: Realitätsverweigerung, Innovationsmangel, Kommu nikationsdefizite,LernverweigerungundletztlichErstarrungdesSystems. „Die Organisation hat den Sinn ihres Tuns verloren oder vergessen“, so MichaelZirkler29,„undmüssesichwiederaufeineWertschöpfungjenseits derProfitabilitätbesinnen“.ZirklersprachindiesemZusammenhangvon der„erschöpftenOrganisation“. Der Strukturwandel der Märkte und somit der Branchen ist allgegenwär tig. Denken wir an den Markt der Bürokommunikation in den letzten 20 Jahren, vom Telex zum Internet, von der Schreibmaschine zum Touch Screen;oderandenMarktderUnterhaltungsmusikvonderLangspielplat te, Musikkassette, über die CD zur InternetCommunity mit allen Konse quenzenfürdenWandelderMusikindustrie.Denkenwirandieunglaub lichen Produktivitätsfortschritte globaler Arbeitsteilung oder auch an den StrukturwandelinderTextilundBekleidungsindustrie.DieBeispielesind
29Zirkler,M.ProfessoranZürcherHochschulefürAngewandteWissenschaften
(ZHAW),NZZ,18.Oktober2006
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zahllos, aber in allen Fällen blieben Unternehmen auf der Strecke, die Marktveränderungen aus ihrer Strategie ausgeblendet hatten. Natürlich gab es überall Anzeichen dafür, aber diese wurden ignoriert. Misserfolg wardieFolge,VeränderungsignoranzdieUrsache. Warum werden Marktveränderungen eigentlich so konsequent ignoriert? DieZukunftistunsicher.FürvieleFührungskräfteistessehrmühsam,sich mitdiesenungenauenZukunftsbildernzubeschäftigen.Daherüberlassen vieleEntscheiderdiesesFeldanderen:seiesdemjeweiligenBranchenver band oder den Trendgurus, deren Ausführungen sie halb amüsiert, halb herablassendfolgen.VielenehmensichnichteinmaldieZeit,sichüberdie Möglichkeiten der systematischen Auseinandersetzung mit zukünftigen Veränderungenzuinformieren.ImExtremsindManagerhäufigderÜber zeugung, dass die Zukunft ohnehin nicht vorhersehbar ist, da Prognosen in der Vergangenheit meist nicht – wie erwartet – eingetroffen sind. Die ZukunftwirdalsGlücksspielgesehenundsobautmanaufdieguteeigene Erfahrung. Unvergesslich wird mir ein privates Gespräch mit dem damaligen CEO eines der größten deutschen Handelskonzerne sein. Auf meinen Hinweis, dassseineKaufhäuserinderbestehendenPhilosophiekeineZukunfthät ten–dasGesprächfand2002statt–lehnteersichzurückundsagte:„Ach, wirhabeneinenLagerumschlagvon18,dasbedeutet,alle20Tagekannich etwasNeuesinsRegalstellenlassen,dahabenwirkeinProblemmitneuen Trends“. Nun ja, so war das damals, nun steht die Kaufhauskette zum Verkauf. Die entscheidenden Hürden für die Erkennung von Marktveränderungen in Organisationen oder Institutionen sind Selbstzufriedenheit und Igno ranz. So ist beispielsweise die Baubranche davon überzeugt, dass der Er folg allein konjunkturabhängig sei und man daran wenig ändern könne. Für die klassischen Luftfahrtunternehmen heißt Fliegen, ein Streckennetz zuunterhalten.FürdieBankenistklar,dassimPrivatkundengeschäftkein Geschäftzumachenist.DieWirtschaftsgeschichtewimmeltvonBeispielen derIgnoranz,diezeigen,dassgeradeMarktführeroftnichtfähigsind,sich vonerfolgreichenGeschäftsmodellenrechtzeitigzutrennen.DieDeutsche Telekom hat den Breitbandbereich für schnelle Internetanschlüsse lange
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ignoriert. Die italienischen Rennradhersteller waren jahrzehntelang füh rend.DieneuenWerkstoffeKarbonundAluminiumhabensienichternst genommen. EsistabernichtnurdieIgnoranz,sondernaucheinenaturgegebeneTräg heitderMenschen,aufVeränderungenabwartendzureagieren.Zunächst einmal suchen wir normalerweise einen stabilen, energieschonenden Zu stand,derunsinRuheundGelassenheitunseregewohntenHerausforde rungengutbewältigenlässt.WennwirInformationenerhalten,dieunsin die Gefahr bringen, diesen Glückszustand zu verlieren, dann wollen wir instinktiv den bisherigen Zustand beibehalten und verweigern uns der unangenehmen Realität. Unser Neurotransmitter30 Serotonin sorgt dafür, dasswir„ruhigbleiben“.Wirhoffen,dassderKelchanunsvorübergeht. Wennesabertatsächlichschlimmkommt,danntritteineanderekörperli cheFunktionein:dieAngststarre.InGefahrenundStresssituationenwird vonderNebennieredasStresshormonAdrenalinausgeschüttet.DerHerz schlagerhöhtsich,umdenKörperaufeinenKampfodereineFluchtvor zubereiten. Es werden eine Reihe nicht benötigter Organe und auch Teile desGehirnsinihrerFunktionheruntergefahren.ErfolgtaberkeineReakti on in Form von Kampf oder Flucht, so kann nach kurzer Zeit die Angst starre eintreten, bei der wir weder fliehen noch kämpfen können. Wir er starrensprichwörtlichvorAngst.DabeisinktderHerzschlag,dieMuskeln versteifensichunddieKontrolleüberdieKörperfunktionenlässtspürbar nach.DieNaturhatunsdieseFunktionmitgegeben,uminGefahrensitua tionendasÜberlebenzusichern. Einige Male habe ich genau diese Reaktion bei Führungskräften erlebt, wenn plötzlich ein feindliches Übernahmeangebot erfolgte, wenn überra schendeinGroßauftragwegbrachoderwennihnensogar–ausihrerSicht inunglaublichfrecherWeise–gekündigtwurde.Diesetatsächlichunwill kürlicheRealitätsverweigerungführtzustrategischenManagementfehlern. Wersichweigert,seineeigenenMisserfolgezurKenntniszunehmen,legt leiderdieBasisfürdasspätereDesasterdesOrganizationalBurnout.
30NeurotransmittersindbiochemischeStoffe,welcheelektrischeReizevoneiner
NervenzellezueineranderenNervenzelleoderZelleweitergeben,verstärkenoder modulieren.
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Misserfolge werden mit bewährten Mitteln bekämpft, aber nicht besiegt Jede Organisation oder Institution erlebt Misserfolge. Die Ursachen der Misserfolge sind so vielfältig wie nur denkbar und es gehört zum Alltag, dasseinUnternehmennichtimmergewinnenkann.Wennallerdingseine SeriederMisserfolgeentstehtundanhält,wennsichdamitdasGeschäfts modellinFragestellt,wirdweiterhinmitdenbewährtenMittelngekämpft. Die alten Erfolgsrezepte haben dann allerdings keinen Erfolg mehr. Was wirddasManagementdanntun?FürwirklichNeuesfehltdieEnergie,der Mut, vielleicht auch die Naivität (denn viele sagen, wenn sie zuvor ge wusst hätten, wie schwierig der neue Weg sein würde, hätten sie ihn nie eingeschlagen). Das Alte aber wird weiter versagen. Das Management wirdversuchen,dieMisserfolgezunegieren. Was passiert aber, wenn Misserfolge eintreten und diese sich vom Mana gement weder negieren noch vertuschen lassen? Als Erstes wird in der Hierarchie die Schuldfrage gestellt, dann wird ein Unternehmensberater für eine „neutrale“ Analyse eingeschaltet, es werden Verantwortliche ge suchtundgefundenundschließlichwerdendieAufbauoderAblauforgani sationumgestellt,ggf.findenauchpersonelleFreioderUmsetzungenstatt. Seit Beginn der Menschheitsgeschichte werden immer und überall Fehler begangen. Menschen machen Fehler, sie erkennen Fehler und meistens lernensieausFehlern.Konfuzius31gibtunsmitaufdenWeg:„Wereinen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten“. Und waswirallewissen,stellteschonSeneca32fest:„Irrenistmenschlich“.Der begnadete Redner und Anwalt Cicero33 sagte: „Jeder Mensch kann irren, abernurDummköpfeverharrenimIrrtum“.
31KonfuziuswarchinesischerPhilosophundlebtevermutlichvon551v.Chr.bis 479v.Chr. 32Seneca,L.A.genanntSenecaderJüngere,geborenimJahre1undgestorbenin65
n.Chr.wareinrömischerPhilosoph,Dramatiker,Naturforscher,Staatsmannundals StoikereinerdermeistgelesenenSchriftstellerseinerZeit. 33Cicero,M.T.106v.Chr.bis43v.Chr.,wareinrömischerPolitiker,Anwalt,Schrift
stellerundPhilosoph,derberühmtesteRednerRomsundKonsulimJahr63v.Chr.
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An Weisheit fehlt es somit nicht, aber gilt das auch für das Top Management einer Organisation oder Institution? Im Prinzip nein, denn dasobersteManagementmachtkeineFehler.EswirdimmerErklärungen ausdemexternenUmfeldoderausdeminternenVersagennachgeordneter Hierarchien finden. Auch wenn hier ein gewisser Zynismus durchklingt, die Erfahrung zeigt leider immer wieder: Fehler sind für Führungskräfte das,wasanderemachen.NatürlichwirddieserReflexderRealitätsverschie bungderFührungsspitzenvonderoperativenEbenegesehenundkritisch registriert.DamitaberstelltsichfürdiemittlereEbene,diezumeistalsdie „Schuldigen“fürdieMisserfolgegilt,dieFragenachderinnerenLoyalität zum Management und damit zur Firma. Wenn diese Loyalitätsfrage aber erstgestelltwird,wirdsieauchnegativbeantwortet.Sowerdenaus,viel leichtkleinen,MisserfolgengroßeundnachhaltigeVertrauensverluste;das bislangstabileGebäudederOrganisationoderInstitutionwirdbrüchig. Die Managementlehren der Kaderschmieden der internationalen MBA Schools und vor allem die Praxis in den marktdominanten Unternehmen zeigen es: Ein Organizational Burnout kann und darf es nicht geben. Es wäre immer auch ein Versagen im Management im Allgemeinen und im Management der Human Resources im Besonderen. Aus der Sicht der Managementlehre werden verbrauchte Ressourcen rechtzeitig über den Markt erneuert und die nachhaltige Bewirtschaftung der Human Resour cesistPrivatsacheundPflichtderPersonen,dieihreArbeitskraftaufdem Arbeitsmarktanbieten.DiePersonalentwicklungderFirmadientderStei gerungvonQualitätundProduktivität,solangederMarktdieseInvestition in die Human Resources rechtfertigt. Gesundheitsprogramme der Unter nehmenhabendenSinn,diebereitsindiePersoninvestiertenRessourcen (vonZeitundGeld)zuerhalten.ImWesentlichenwirdabervondenMit arbeiternerwartet,sichkörperlichundgeistigfitzuhalten. Somit wird der Beginn eines OBO vom Management übersehen werden, weilnichtseinkann,wasnichtseindarf!
Alle machen gern die gleichen Fehler Wenn wir aber über die Fehlerkultur in Unternehmen oder Institution nachdenken,dannmüssenwirunsvorAugenhalten,dassnebenderängst
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lichenFehlervermeidungauchderWegeinerallgemeinenFehlerakzeptanz gegangenwerdenkann.MitdenErfolgenderjapanischenIndustrieinden 90erJahrenwurdeesMode,sichinnovativmitder„LernendenOrganisati on“34 auseinanderzusetzen. Während seit Beginn der Industrialisierung derFokusbeiunsvorallemaufFehlervermeidunggelegtwurde,erlangten Fehleroffenheit,FehlertoleranzundFehlerfreundlichkeitanBedeutung.Es warnichtmehrdieSchuldfragerelevant,sonderndiekontinuierlicheVer besserungunddamitdieNullFehlerStrategie,einsicherlichbessererWeg fürdieMitarbeiterundfürdenunternehmerischenErfolg.Daswarseiner zeiteintatsächlicherParadigmenwechselinderdeutschenIndustrie. Aber damit eröffnet sich auch ein fataler Ausweg für eine Organisation oder Institution mit beginnendemOrganizational Burnout, denn zu leicht lassen sich die ersten Symptome des OBO zunächst als eine Reihe von unvermeidlichenFehlerneinordnen,dieebenpassierenunddiemannun aktiv und konstruktiv bearbeiten wolle und könne. Hier gilt es, wachsam zwischen professionell arbeitender Fehlerkultur und einem zynischen Laissezfaire der Fehlergleichgültigkeit zu unterscheiden. Diese Gefahr wird verstärkt durch ein weiteres, sehr verbreitetes Phänomen: der Lust amgemeinschaftlichenFehler. Alle machengern die gleichen Fehler,dennwirMenschensuchenSicher heitinderImitation.Selbstwennwirscheiternsollten,dannscheiternwir gemeinsam mit allen anderen. Die Imitation als Lernmuster gestattet uns dasschnelleLernen.ImitationspartEnergie!Werdagegenvondergesell schaftlichen,politischenoderunternehmerischenNormabweicht,braucht sehr viel Kraft, um gegen den Strom zu schwimmen. Imitation gibt uns recht,dennwennallesohandeln,dannscheintesinderMengerichtigzu sein. So gibt es beispielsweise bereits seit 1895 Bestsellerlisten, die uns sagen,welcheBücherunsfesselnwerden. Aus der Imitation wird dann das „Gesetz der Verstärkung willkürlicher Fluktuation“35,wennMarktakteurebewussteineTrendverstärkungherbei
34Senge,P.M.:DiefünfteDisziplin.KunstundPraxisderlernendenOrganisation. Stuttgart 35Vgl.:Greve,G.Vortrag„WennallediegleichenFehlermachen“Website:
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führen. Beispiel: Sie sind fremd in Venedig und sehen auf dem Marcus platzzweiRestaurants,einsvollbesetzt–einsgähnendleer.Welcheswer denSieauswählen?EinBettlerstelltnieeinenleerenTelleraufdieStraße, sondernerlegtimmeretwasGeldhinein,umdemmildenHerzenpotenzi eller Spender die Sicherheit zu geben, dass auch andere schon mildtätig waren. Wo bereits Verpackungen und Altpapier herumfliegen, da redu ziert sich für uns die Hemmschwelle, es anderen gleichzutun, ist es aber sauber,werdenauchwirunsereAbfällegeordnetentsorgen. Was heißt das für die Wirtschaft? Unternehmen, die auf Vertrauen basie rende Produkte oder Services anbieten, wie beispielsweise Finanzdienst leister, werden mit Ratings, Referenzen oder Testimonials36 arbeiten, die Vertrauengeben,denn:Wasalletun,kannnichtfalschsein!EinProdukt, dasjemandkauft,denichwertschätze,daskannichruhigauchauswählen. Zugleich wird der Vertrieb Knappheitsmarketing betreiben, denn wenn etwasfastausverkauftist,mussesgutsein.WarrenBuffett37–derameri kanischeInvestmentTycoon–ermahntunsdeshalbwachsamzusein:„Sie habennichtrechtoderunrecht,weilSiemitderMasseübereinstimmen,Sie haben recht oder unrecht, wenn Ihre Daten und Überlegungen richtig sind“. Wir sind kein „Homo oeconomicus“, vielleicht sind wir ein „Homo emotio“?InjedemFalllassenwirunsstarkvonunsererUmweltbeeinflus sen.Medien,Fachkonferenzen,Börsennachrichten,Analystenkommentare, interne Stabsstellen oder das winterliche Treffen in Davos vermitteln den Entscheidungsträgern auf allen Ebenen in der Wirtschaft, der Politik, den MedienundinderWissenschaftallerIndustrienationeneinvergleichswei sehomogenesBildderGegenwart.JohnMaynardKeynes38kambeieinem
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36TestimonialisteinBegriffausderWerbungundbezeichnetdiekonkreteFürspra chefüreinProdukt,eineDienstleistungodereineInstitutiondurchprominente Personen,diesichalsüberzeugteNutzerausgeben. 37Buffett,W.E.geb30.Aug.1930,GroßinvestorundUnternehmer.Miteinem geschätztenPrivatvermögenvon37MilliardenUSDollar(Forbes,2009)isterder zweitreichsteMenschderWelt. 38JohnMaynardKeynes,BaronKeynes,5.Juni1883bis21.April1946,wareinbriti
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sozialwissenschaftlichen Experiment mit Studenten, dem so genannten „Schönheitswettbewerb“, zu der Erkenntnis, dass für das Entscheidungs verhalten von Menschen weniger ihre persönliche Präferenz maßgeblich istalsjenederanderenbeteiligtenMenschen.DenndieJurymitgliederbei einemSchönheitswettbewerb, so hat es Keynesgezeigt, wählen nicht jene Frau,diesieselbstfürdieSchönstehalten,sondernjene,vondersieglau ben,dassdieanderensieamattraktivstenfinden.AusspekulativenMoti venwirdalsogegendieeigeneÜberzeugunggehandelt. WennesaberineinerOrganisationoderInstitutionimmerwenigerriskant wird,FehlerzumachenoderFehleranderernichtaufzuzeigen,dannwerden diegeschriebenenunddieinformellenRegelnbeliebig,interpretierbarund unverbindlich.EinRegelwerkaber,dasnichtsmehrregelt,führtzuIrrita tionen der Organisationskybernetik. Wenn nichts mehr gilt, gilt alles. Wo dieRessourcenungesteuertverglühen,drohtdasOrganizationalBurnout.
Fusionen als Akzelerator für das Organizational Burnout 78,5 Prozent aller Fusionen und Übernahmen sind zum Scheitern verur teilt, bilanzierte 2003 das „Institute for Mergers and Acquisitions“ (IMA) der Universität Witten/Herdecke. 2006 legte Ernst & Young eine Analyse von 189 Transaktionen börsennotierter Unternehmen vor, von denen nur jededritteeineerheblicheWertsteigerungbrachte.Wennindenzwangsfu sioniertenUnternehmenderCorporateSpiritunddieFundamentalBeliefs zwangsläufigunterschiedlichsind,dannmusseszuoffenenundverdeck tenKulturkämpfenkommen. Die Kultur einer Organisation oder Institution ist immer einzigartig. Kein von mir betreutes Unternehmen, keine Institution, selbst bei sehr ver gleichbaren Rahmenbedingungen (z. B.: Bundesministerien), hatte identi sche Organisationskulturen. Lay39 sieht die Identität einer Organisation einerseitsinderOrganisationsstrukturundandererseitsinderKombinati
scherÖkonom,PolitikerundMathematiker.ErzähltzudenbedeutendstenÖkono mendes20.JahrhundertsundistNamensgeberdesKeynesianismus. 39Lay,R.EinführunginImprovingPerformance,ArtikelS.36
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onausCorporateBehaviourundBasicBeliefs.Dasbedeutetaber,dassim FalleinerFusionvonbislanggetrenntenOrganisationenoderInstitutionen, die jeweils ihre eigene Historie haben, zwei unterschiedliche Kulturen durchmischtwerdensollen.Daswirdrisikoreichseinundnichtohneerheb lichenzeitlichen,finanziellen,sozialen,auchemotionalenAufwandgehen. Was passiert bei einer Fusion zweier bislang getrennter, vielleicht sogar konkurrierender Organisationen oder Institutionen? Zunächst ist eine Fusion (Merger) immer eine Übernahme und nicht die Verschmelzung zweier gleichberechtigter Einheiten, vielleicht mit Ausnahme zweier Kon zerntöchter,diebereitsseitJahrenineinergemeinsamenKulturgewachsen sind und nun nur rechtlich einen Mantel umgelegt bekommen, faktisch aber keiner Änderung unterliegen. Eine Übernahme aber kennt einen do minanten Übernehmer und einen subordinierten Übernommenen. Alle verklärenden Presseerklärungen können diese Tatsache nicht überspielen. Dastrifftnamentlichzu,wennunterschiedlicheLandeskulturenaufeinan derstoßen oder wenn die Unternehmen vor einer horizontalen Fusion bislanginunterschiedlichenMärktenunterwegswaren. Somit aber trifft in Fusionsprozessen eine angeblich „überlegene“ Unter nehmenskulturaufeineangeblich„unterlegene“Kultur.Nunkanndurch die einer Übernahme vorausgegangene Prozesse das kulturelle Selbstbe wusstseindesFusionsopfersbereitssoangegriffenhaben,dasskultureller Widerstand nicht mehr zu erwarten ist. Das ist beispielsweise bei Käufen aus Insolvenzverfahren durchaus ein häufiges Szenario und der Käufer wird als (letzter) Retter hoffnungsfroh begrüßt. In den meisten Fällen al lerdings werden werthaltige, marktstarke Unternehmen übernommen, denn nur da rechnen sich die hohen Multiplier, die gezahlt wurden. Hier ist absolut mit einem kulturellen Widerstand zu rechnen, der vielleicht aucheinsubkulturellerWiderstandist. Wenn aber die Analysen immer wieder zeigen, dass Fusionen in hoher Zahl scheitern oder jedenfalls nicht die Wertsteigerung erzielten, die im Vorfeld berechnet wurde, dann stellt sich nicht zuletzt die Frage, ob die jeweilsvorlaufendeDueDiligenceihrGeldwertwar.Tatsächlichhabeich anmanchenDueDiligenceVerfahrenaktivoderpassivteilgenommenund dasThema„CorporateSpirit“wurdeniewirklicherfasst.Nicht,dassesauf denChecklistengefehlthätte,nurdieobjektiveErfassungdestatsächlichen
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Voraussetzungen und Gründe für das Organizational Burnout
Zustandes der Unternehmenskultur erfolgte nicht wirklich. Man hätte analysierenmüssen,obdieorganisatorischenWerte,dieManagementkul tur, der vorherrschende Führungsstil, die Mythen und Geschichten der Kultur, die Rituale und die „no ways“ sowie die kulturellen Symbole in der Fusion miteinander kulturell verträglich sind. Hier bleiben immer Analyselücken und damit bleibt an dieser Stelle ein Fusionsrisiko. Das wissenauchalleBeteiligten,abereswirdnegiert. Der Corporate Spirit ist für den Erfolg einer Fusion entscheidend. Ist er starkentwickelt,hatdasfürdieOrganisationoderInstitutionentscheiden deVorteile.AberdieseVorteilekönnenimFalleinerFusionauchzuerheb lichenNachteilenführen.DiefolgendeTabellezeigtdiesimVergleich:
Tabelle 2.2
Vor- und Nachteile eines ausgeprägten Corporate Spirit
Vorteileeinesausgeprägten CorporateSpirit
NachteileeinesausgeprägtenCor porateSpirit
KomplexitätderEntscheidung geringwegenOrientierungan gemeinsamenWertenundder Kultur.
GeringeAnpassungsfähigkeitund Flexibilität,daWertefestverankert.
Schnelligkeit,weilwenigAb stimmungsbedarfmitanderen Bereichen. EffektiveKommunikation,weil jederdiekulturellenSpielregeln kennt.
WerteundinformelleOrganisation sinddominant,Entscheidungen außerhalbdesRahmenssind„un denkbar“.
ÄnderungenwerdenalsAngriffauf dieRoutineverstandenundabge wehrt.
DaskollegialeSystemsorgtdafür, DerWiderstandistschwerzugrei fen,weilervon„untennachoben“ dassalledieRegelneinhalten. erfolgt.
Gründe warum sich das OBO einschleichen kann
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Vorteileeinesausgeprägten CorporateSpirit
NachteileeinesausgeprägtenCor porateSpirit
NebenderRoutinekönnenauch neueProjekteschnellundeffektiv realisiertwerden,weileinkultu rellesGrundverständnisbesteht unddieungeschriebenenRegeln allenbekanntsind.
ObjektiveHinweiseaufzuverbes serndeAbläufewerdennichtwahr genommen,dasienichtindaskul turelleMusterderOrganisation passen.
DerausgeprägteCorporateSpirit ersetztKontrollinstanzen,daalle dieSpielregelninternalisiertha ben,findeteinefortwährende Selbstkontrollestatt.
DieFehlereinsichtistgeringund externeKontrollewirdabgelehnt, daderCorporateSpiritderGemein schaftsichständigselbstbestätigt. KritischeHinweiseexternerExper tenwerdenallenfallsnachsichtig zurKenntnisgenommen,weildiese ExternenebendieOrganisation oderInstitutionnichtverstehen.
DieLoyalitätderBeschäftigtenist sehrhoch,dieBegeisterungfür denherrschendenCorporateSpi ritausgeprägt.Mangehörtdazu undneueKollegentungutdaran, sichschnellvonderBegeisterung ansteckenzulassen.
Wenn(neue)Kollegenkritische FragenstellenoderVerbesserungs ideenvortragen,werdendiesekol lektivabgelehnt.DieIdentifikation mitdemgemeinsamenSpiritgeht biszurIntoleranz.Umsogrößerist dieEnttäuschung,wenneszuei nemkulturellenBruchkommt.
KostengünstigeOrganisation, weildieFührungsundEntschei dungsstrukturensehrstabilsind undnichtinFragestehen.
ExternbetriebeneVeränderungen werdenalspersönlicherAngriff gewertetundalsKritikanderbis herigenOrganisationgesehen.
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Voraussetzungen und Gründe für das Organizational Burnout
Wennsichaber,wiedieTabellezeigt,beieinerFusion–dietatsächlichja nie als Fusion unter Gleichen stattfindet – der eine Corporate Spirit dem anderen unterzuordnen hat, dann werden enorme emotionale Energien aufgewendet,umsichdagegenzuwehrenodersichdamitzuarrangieren. Die Fusion nimmt die Kräfte beider Organisationen oder Institutionen in Anspruch.DahelfenauchneueFirmennamennicht.BeispielsweiseDaim lerChrysler, Aventis, Novartis oder UBS waren solche Versuche, durch neueNameneineneueIdentitätzustiften. WenneineneukombinierteOrganisationoderInstitutionnacheinerFusi onnundieDifferenzenentdeckt,dieeigenenWerteundKulturbetontund verteidigt, sich gegenseitig vorhält, dass man dominieren will – also die Schlacht um die kulturelle Identität stattfindet – dann findet das OBO bereitsstatt,bevormanesnochahnt.HierwerdentäglichWertevernichtet und kulturelle Brachen hinterlassen. Nach der Fusion ist dann bald vor demVerkauf.
Unfreundliche Übernahmen durch Investoren FürdieBeschäftigteneinesUnternehmens,dasvoneinemPrivateEquity Investorübernommenwird,stürztderHimmelein.Bisebenwarmander stolzeTeileinerErfolgsgeschichte,mankanntedieInhaberunddieIdenti fikation mit dem Unternehmen war hoch. Plötzlich gilt scheinbar alles nichts mehr. Die Organisation stürzt in eine Sinn und Wertekrise, denn dieneuenEigentümerstellennichtnurdasBusinessModellinFrage,son dern verlangen einhergehend mit Personalkürzungen und Kosteneinspa rungen ganz klar einen höheren EBITA40, um die Zinsen für die neuen Kreditlastenzufinanzieren. „AndersalsgelegentlichbehauptetgehenvondenAktivitätensowohlder HedgeFonds als auch der Private EquityGesellschaften keine wesentli chen Risiken für Unternehmen oder Anleger aus“, schreibt der Sachver
40EBITAistdieAbkürzungfürenglisch:earningsbeforeinterest,taxesand
amortization(GewinnvorZinsen,SteuernundAbschreibungenaufimmaterielle Vermögensgegenstände).
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ständigenrat41aufSeite492seinesJahresberichtes2005.Allerdingsschreibt der Sachverständigenrat auch:42 „Neben einem zu kurzfristigen Rendite streben bezog sich die Kritik (…an den Investmentgesellschaften) zudem auf den hohen Grad der Kreditfinanzierung, der die Unternehmen der GefahrderÜberschuldungaussetzt.AndersalsesderBegriffPrivateEqui ty vermuten lässt, liegt der Eigenkapitalanteil im Rahmen der Akquisiti onsfinanzierung in der Regel lediglich bei 20 bis 30 v. H., während die restliche Finanzierung in Form syndizierter Darlehen von internationalen Banken bereitgestellt wird. Der geäußerten Kritik kann dabei zunächst entgegengehaltenwerden,dasseinetatsächlicheÜberschuldungkaumim InteressedesFinanzinvestorsseinkann,dasiedenUnternehmenswertund den erzielbaren Verkaufspreis schmälert. Gleichzeitig kann oftmals eine ausreichendhoheEigenkapitalrenditenurüberhoheVerschuldungerzielt werden. Da von vornherein eine hohe Unsicherheit über den späteren VeräußerungsgewinnderBeteiligungenundzugleicheinhohesRisikodes ScheiternsderPrivateEquityGesellschaftselbstbesteht,forderndieAnle gerinPrivateEquityFondseinesehrhoheRendite.DiehohenFremdkapi talanteileerfüllenzudemeinewichtigeAnreizfunktion,dasieeinediszip linierendeWirkungaufdas Managementausüben.Obdiein derVergan genheit erzielten, teilweise sehr hohen Renditen tatsächlich allein mit der Höhe des eingegangenen Risikos erklärt werden können, ist derzeit nur schwer zu beurteilen. Ebenso kann nicht abgestritten werden, dass es in Einzelfällen zu einer Überschuldung von mit Private Equity finanzierten Unternehmengekommenist“. SeitdemJahr2005unddieservornehmzurückhaltendenBeschreibungder Sachlage durch den Sachverständigenrat hat sich die Welt weitergedreht. NachletztenMeldungen43sindFinanzinvestoreninDeutschlandan6.400 Unternehmenbeteiligt,zu80ProzenthandeltessichdabeiumUnterneh menmitwenigerals100Mitarbeitern.EsdürftekeinZweifelmehrbeste hen,dasseineReihenamhafterundwenigerprominenterUnternehmenin
41
Jahresgutachten:2005/06„DieChancenutzen–Reformenmutigvoranbringen“ Veröffentlichtam09.11.2005
42
ebenda,Seite467
43Tagesspiegel22.März2010
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Voraussetzungen und Gründe für das Organizational Burnout
Deutschland das Opfer eines sogenannten Corporate Raider (Unterneh mensplünderer)gewordensind.ErstjüngstwurdemanandenFilm„Wall Street“ von 1987 mit dem undurchsichtigen und in illegalen Geschäften verwickelten Milliardär Gordon Gekko erinnert. Der Regisseur Oliver Stone brachte – aus gegebenem Anlass – kürzlich einen zweiten Teil des EposindieKinos.EinRaideristeinFinanzinvestor,dereineMehrheitsbe teiligunganmeistbörsennotiertenUnternehmenerwirbt,umsieanschlie ßend entweder mit Gewinn weiterzuveräußern oder zu zerschlagen, das heißtunprofitableUnternehmensbereichezuveräußernundggf.zuliqui dieren. In vielen Fällen gab es statt einer eigenkapitalfinanzierten Über nahmedesUnternehmensdieFinanzierungaufKredit.Dannwerdennach Übernahme die Kredite auf das übernommene Unternehmen übertragen unddieZinsundTilgungslastmussvondemUnternehmenselbsterwirt schaftetwerden.NachdemErwerbmusssomitderDruckaufdieProduk tivität,dasManagementunddieMannschaftstarkerhöhtwerden. In der Folge stellt sich für alle, die bislang an dem Erfolg des Unterneh mensmitgewirkthaben,dieexistenzielleFragenachderZukunftindiesem Unternehmen.UndwirktsichdasaufdieOrganisationaus?DasOBOwird eine,durcheine(freundlicheodergarfeindliche)Übernahme,imImmun systemgeschwächteFirmaanfallen,obmaneswillodernicht.Obessich ausbreitenkann,liegtdannvoralleminderHanddes–meisterneuerten– Managements.
Gründe warum sich das OBO einschleichen kann
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Erste Symptome des Organizational Burnout
Die ersten Anzeichen des Organizational Burnout sind weder von der betroffenen Organisation oder Institution noch von einem externen Ana lystenzuerkennen.Sowenig,wiebeispielsweiseDiabetes.DieseKrankheit kann jahrzehntelang unbemerkt verlaufen. Die ersten Symptome sind in der Regel schwach ausgeprägt. Nicht einmal die Hälfte der Bluthoch druckerkrankungen wird erkannt – und von diesen wird nur die Hälfte behandelt, weil es sich um eine weitgehend symptomlose, schleichende Erkrankunghandelt.AuchMagenkrebsistsehrtückisch.Diesliegtdaran, dass Magenkrebs kaum Symptome aufweist. Die MagenkrebsSymptome, dieimAnfangsstadiumaufdieseArtKrebserkrankunghinweisen,sindin der Regel nicht gleich ganz eindeutig und somit auch nur schwer vom Patientenalseinesolchezuidentifizieren. Für das OBO gibt es weder eindeutige Frühwarnindikatoren noch – und dasistleiderschlimmer–dieBereitschaftderVerantwortlichennachden ersten Symptomen bewusst Ausschau zu halten. Man beobachtet den Markt, man analysiert die internen Zahlen und man hat ein umfassendes Toolset für alle anderen betriebswirtschaftlichen Entwicklungen. Für die Symptome des Organizational Burnout gibt es bislang kein Analysein strumentundkeineKennziffer. WederliestmanausderBilanznochausderG+VoderausdemCashflow odergarausderLiquiditätslage,wieesumdiekulturelleundsystemische Widerstandskraft bestellt ist, noch geben die bewährten Kennzahlen der Finanz oder Leistungswirtschaft des Unternehmens Auskunft über die interneEnergiestabilitätderOrganisation.Wasmansieht–wennmandie ZahlenimZeitverlaufanalysiert–istmöglicherweiseeineguteundstabile Entwicklung, die in den letzten Jahren nicht mehr ganz so positiv verlief wiegewohnt.VielerationaleGründewerdeninsolchenFällendafürvom Management angeboten, ohne dass man wirklich die Ursache im Kern trifft.Bislanghatmanauchgarnichtdarandenkenkönnen,dasseseinen Organizational Burnout geben kann, selbst wenn es dem Unternehmen finanziellgutgeht. G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Erste Symptome des Organizational Burnout
DasTückischedererstenSymptomedesOBOist,dasssienochvonbishe rigenErfolgenüberdecktwerdenundallenfallsunbewusstwahrzunehmen sind.EsgibtIrritationen,dieaberkeineernsthafteReaktionauslösen.Diese Irritationenwerdenzwarinstinktivbemerkt,bleibenaberdiffus.Mankann das Gefühl nicht greifen. Natürlich liegtes auchdaran,dassunserMana gementmeistensdazusozialisiertwurde,GefühlenkeineernsthafteBeach tung zu schenken. Nur Fakten zählen, nicht aber Eindrücke. Vor allem werden Gefühle der Unsicherheit oder Hilflosigkeit unterdrückt. Es blei ben amorphe Irritationen, die nicht wirklich analysiert und eingeordnet werdenkönnen. Solche diffusen aber alarmierenden Irritationen können beispielsweise sein:
႑DieMarkterfolgebewegensichingeplanterErwartung,bescheidene InnovationenwerdenallerdingsvomMarktnichtangenommen.
႑EshäufensichKundenreklamationen,geradevonBestandskunden. ႑EszeigtsicheinezunehmendeEntfernungdesManagementsvom Tagesgeschäft.
႑DieemotionaleIdentifikationderLeistungsträgerwandeltsichselbst kritischinprofessionelleDistanz.
႑BesondershoheLeistungenwerdenimmernotwendiger,umdenStan dardzuhalten,werdenaberalsbesondererEinsatznichtanerkannt.
႑DieErfolgeführendazu,dasssichdieIncentivesundBonizunehmend unfairzwischendemTopManagementunddenLeistungsträgernauf dermittlerenEbeneverteilen.
႑DertatsächlicheWertschöpfungsbeitragdesInhabersoderdesTop
Managementswirdgeringerundbaldnichtmehrinternerkennbar.
႑EsfindenkeineergebnisoffenenDiskussionenüberdieZukunftmehr statt,derMaßstabfürdienotwendigenAktivitätenistdieVergangen heit.
႑DieStärkedesCorporateSpiritwandeltsichschleichendzueiner Schwäche,Teamsynergienlösensichauf.
Das Unternehmen hatte nachhaltig beachtliche Erfolge
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Im Folgenden sollen die ersten Symptome näher betrachtet werden, um daraus ein Set an Frühindikatoren für Verdachtsfälle des Organizational Burnoutabzuleiten.
3.1
Das Unternehmen hatte nachhaltig beachtliche Erfolge
SeitJahren,niemanderinnertsichmehranandereZeiten,wirdkontinuier licheinguterUmsatzmitdenProduktenoderDienstleistungenerzielt,die manimPrinzipimmerhergestelltodergehandelthat.Manisterfolgreich und das Business Modell ist tragfähig. Sowohl das Nutzenversprechen wird von der Nachfrage akzeptiert und von dem Unternehmen eingelöst als auch die Architektur der Wertschöpfung ist tragfähig. Ja selbst das Ertragsmodellscheintnachhaltigzusein.DerWettbewerbversuchtefrüher zwarschoneinmal,indieangestammtenMärkteeinzudringen,aberdasist wohl länger her. Der Umsatzplan wird zwar in den letzten Jahren nicht ganz erreicht,möglicherweise hatte manetwas zu ehrgeizig geplant, aber die Marge stimmt. Der Markt hat einen kontinuierlichen Bedarf und braucht genau diese Produkte und Services. Vielleicht ist man sogar in einem teilregulierten Markt, wie zum Beispiel im Pharmahandel oder bei derBriefpost,tätig,derdasGeschäftsmodellabstützt. NunweißjedesManagement,dassInnovationennotwendigerBestandteil jederZukunftsstrategiesind.Sowurdeimmermalversucht,mitInnovati onen den bekannten Markt weiter zu durchdringen, wohingegen auf die Entwicklung ganz neuer Märkte verzichtet wurde. Leider hat der ange stammteMarktdasUnternehmenimmernurfürdiebewährtenProdukte und Dienstleistungen erkannt, sodass wirkliche innovative Sprünge aus blieben. Für fundamentale, neue Wege fehlte auch die Zeit. Und wirklich dringend notwendig war es auch nicht, denn der kontinuierliche Erfolg bestätigteimGrundedenbisherigenWegdesManagements.
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Erste Symptome des Organizational Burnout
Rolf Kunisch, der damalige Vorstandsvorsitzende von Beiersdorf, sagte 2001ineinemInterview44:„WersichaufseinenLorbeerenausruht,trägtsiean derfalschenStelle.DasistdiegrößteGefahrdesErfolges,dassdeineRisikobereit schaftabnimmt,auchmalneueWegezugehen,dassduträgewirst“. Tatsächlich ist hinsichtlich eines Organizational Burnout nichts gefährli cheralsderanhaltendeErfolg.Erfolg,derselbstverständlichgewordenist, lulltdieinnovativenKräfteeinundmachtschläfriggegenüberdemWett bewerb. Zugleich frustriert der immer währende Erfolg den Nachwuchs, denn alle neuen Ideen zum Business Modell scheitern am Erfolg des Be währten. Allerdings:Erfolgmachtnichtnurangenehmträge,manbrauchtauchfür den gleichen Erfolg nach und nach mehr Energie. Die Organisation oder Institutionmusssichzunehmendmehranspannen,umaufdieVorjahres wertezukommen.Dasliegtdaran,dasssichdieEnergienderOrganisation ausdensteigendenErfolgenspeisen.EsisteinwenigsowiebeieinerDro genabhängigkeit. Die jeweiligen Dosen müssen leicht erhöht werden, um den gleichen Rausch zu erleben. Und eine träger werdende Organisation oder Institution braucht immer etwas mehr Input, um den notwendigen, gleichenOutputzuerzeugen.Zunächstisteskaumbemerkbar,abernach einigenJahrenerschöpftsichdieOrganisationoderInstitutionzunehmend. Die Erfolgsträgheit ist eines der kritischen Symptome, die es zu beachten gilt, wenn man eine Organisation oder Institution hinsichtlich des OBO analysierenwill. Welche Fakten sollte man als externer Analyst oder Beobachter kritisch analysieren?
႑IstdieOrganisationoderInstitutionbereitsmehralszehnJahreim Markt?
႑IstdasManagementbzw.derEigentümerseitmehralszehnJahren dabei?
44DIEWELT,28.Juli2001
Erfolge erlauben Luxus und Luxus frustriert
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႑IstdasGeschäftsmodelldurchRegulationengeschützt? ႑GabesindenletztenJahrenAnsätzezurProduktoderMarktinnovation? ႑SinddiefinanziellenEckdatenkontinuierlichgesund,aberohneAuf wärtstrend?
႑SinddieInputfaktorenbeigleichemOutputkontinuierlichgestiegen? ႑WenneseinWachstumderErlösegab,inwelcherRelationdazuwuch sendieKosten?
႑WarendieAusschüttungenandieFührunghochundsteigend? ႑IstdieAltersstrukturderLeistungsträgerzukunftsfähig? ႑IstdieOrganisationoderInstitutionfürVerbesserungsvorschlägeoffen? So schön es ist, im warmen Wasser des Erfolges zu baden, die Gefahr, dabeiunterzugehen,nimmtständigzu.
3.2
Erfolge erlauben Luxus und Luxus frustriert
VielleichtistLuxuseinprovokativesWortfürdieAnnehmlichkeiten,diesich das Topmanagement leistet, zumal sich der Maßstab für Luxus mit dem beruflichen und somit finanziellen Aufstieg verändert. Wer an der Spitze angekommenist,weiß,dassesnichtsgeschenktgibtundallesharterarbeitet wurde.WernochnichtzurSpitzegehörtoderauchniegehörenwird,sieht das anders. Man kann einerseits die Meinung vertreten, dass jeder sein ChancehabesichandieluxuriöseSpitzezuarbeiten;mankönnteaberauch der Meinung sein, dass ein – im Vergleich zu dem durchschnittlichen Ein kommenderMitarbeiter–140fachhöheresJahresgehaltfüreinenangestell ten Vorstand nicht angemessen sei. Letztlich wird das Geld der Aktionäre verausgabt. Sicher ist ein anderer Blick auf Unternehmensführungen zu richten, denen das Unternehmen selbst gehört und die letztlich mit dem persönlichenVermögenhaften.WiesehendasdieMitarbeiter? DerJagdausflugdesTopManagementsnachAfrikamitKundenundEhe frauen, die Reise zur OscarPreisverleihung mit der ganzen Familie oder
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Erste Symptome des Organizational Burnout
die TopMeetings an stets anderen, aber immer exklusiven Orten führen zunehmendzumZynismusderMitarbeiter.WennimKleinengespartund imGroßenverschwendetwird,dannverflüchtigtsichdieMotivation.Hier gehtesnichtumSozialneid,sondernumdieFrage,wieweitsicheigentlich dasManagementvomoperativenTagesgeschäftentfernt.Wenndieopera tiven Leistungsträger des Unternehmens den Eindruck gewinnen, dass „die da oben“ so abgehoben haben, dass sie von der operativen Ebene nichtsmehrmitbekommen,dannhatdieOrganisationeinernstesProblem. Tatsächlichabermerken„diedaoben“nichtsdavon. Zu einem Skandal wurde der Kauf eines Firmenjets für 50 Millionen US DollardurchdenVorstanddermitstaatlichenMilliardenspritzengestütz ten USGroßbank Citigroup im Januar 2009 auf dem Höhepunkt der Fi nanzkrise. Der Vorstand hatte auch eine Erklärung zur Hand; man habe bereits 2005 den Firmenjet bestellt und eine Stornierung würde eine Ver tragsstrafe von mehreren Millionen USDollar verursachen. Für den Kauf selbst würden auch keine Steuergelder verwendet. Jedenfalls reiste das Management mit dem exklusiven Fluggerät nach Washington, um dann Milliardenhilfen des Staates zu verlangen. Dieser dickfellige und maßlose HangzumdemonstrativenLuxusistdortsogarsoausgeprägt,dassgenau diesesManagementimFebruar2010zum„WorldEconomicForum“nach DavosmitdemeigenenFirmenjetanreiste.DasMottoderKonferenzwar übrigens:„Improvethestateoftheworld:rethink,redesign,rebuild.” Es geht aber nicht nur um das Luxusleben der wenigen zehntausend Fir menchefs, die weltweit glauben, auf Augenhöhe reisen, leben und genie ßenzumüssen,sondernesgehthiergeradeumdenLuxusimKleinen.Es wäre, so erklärte ich kürzlich dem Eigentümer eines süddeutschen Han delshausesinderKrise,einefataleBotschaftandieMannschaft,wennder wirklich nach zehn Jahren notwendige neue Firmenwagen ein SKlasse Modellseinmüsste,nachdemimJahrzuvordieLiquiditätssituationnoch so angespannt war, dass extreme Sparanstrengungen gerade bei den Per sonalkosten zwingend waren. Er hat es dann eingesehen, trauert aber – glaubeich–bisheuteumdasLuxusauto. Viele,eigentlichalle,Chefssindsichnichtbewusst,wiesehrsieuntersozi alerBeobachtungstehen.GeradederErfolgfrühererJahre,sosindsieder festenÜberzeugung,rechtfertigedocheinpaarAnnehmlichkeitenaufihrer
Die emotionale Bindung im Tagesgeschäft lässt spürbar nach
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Ebene.AbersosehendasdieMitarbeiternicht.BeiallemRespektderMit arbeiter für ihre Firmengründer und Inhaber werden die Leistungsträger des mittleren Managements und operativen Kräfte das Verhalten der Fir menspitzeauchvordemHintergrunddereigenen,sozialenSituationund vorallemderfinanziellenSituationderFirmabeurteilen. Stimmen eigentlich Chancengerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit in der Unternehmung noch überein? Wenn beides aus der Balance gerät, dann werden mentale Vorbehalte der Mannschaft gegenüber der Spitze wie ein Treibanker wirken und das Engagement der Beschäftigten brem sen. UnangemessenerLuxusisteinweiteresderwichtigenSymptome,dieeszu beurteilen gilt, wenn man eine Organisation oder Institution hinsichtlich desOBOanalysierenwill. Welche Fakten sollte man als externer Analyst oder Beobachter analysie ren?
႑StimmenAusstattungundAuftrittderSpitzenmannschaftmitder
finanziellenundsozialenSituationderOrganisationoderInstitution überein?
႑SinddiegegenseitigeWertschätzungundderRespektzwischender
operativenundderdispositivenEbeneineinemvertretbarenGleich gewicht?
႑GibtesAnzeichenfürSozialzynismusderoperativenEbene? ႑GabesbereitsstrittigeDiskussionenüberKosteneinsparungenvordem HintergrundvonLuxusIncentivesaufobersterEbene?
႑SehendieMitarbeiterdieFührungsspitzealsVorbildundalsPersön
lichkeit,fürdiesiegernearbeiten,oderherrschtdasBildvor,dasses sichumAbzockerhandele,diesichdasschöneLebennichtverdient haben?
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3.3
Erste Symptome des Organizational Burnout
Die emotionale Bindung im Tagesgeschäft lässt spürbar nach
DiehoheemotionaleBindungundpersönlicheIdentifikationderBeschäf tigtenaufallenEbenenmitihrerOrganisationoderInstitutionistdiestabi leGrundlageschlechthin,einUnternehmenaucheinmaldurchschwieriges Fahrwasserzusteuern.ImIdealfallmachensichdieBeschäftigtenaufallen Hierarchiestufen die Unternehmenskultur mental zu Eigen, leben diese Kulturundsindstolzdarauf,dazuzugehören. EsgibtallerdingsdreiStufenderAusprägungderIdentifikation: Erstens: Die Inkorporation. Diese besteht in der unkritischen Übernahme derUnternehmensideen(BasicBeliefs)undallgemeinenWertedessozialen Systems der Organisation oder Institution. Diese Identifikation ist weder besonders tief, noch würde sie einer kritischen Belastung wirklich stand halten. Sie ist häufig anzutreffen in Großorganisationen mit einer steilen HierarchieundmiteinergroßenZahloperativerKräfte,fürdieimGrunde der Arbeitgeber austauschbar ist, z. B. in Infrastruktur oder Dienstleis tungskonzernen. Zweitens: Die Introjektion. Diese tief emotionale Identifikation ähnelt ei nem pubertären Internalisieren. Der Beschäftigte tritt entweder radikal begeistertfürseineSacheeinodererlehntsiebrüskab.GrunddesAbleh nensistofteinharmlosesEreignis.HatzumBeispieleinMitarbeitereinen FehlergemachtunderbekommtvomVorgesetzteneinenkleinenHinweis, das möge bitte nicht wieder vorkommen, dann schwenkt der Betroffene plötzlichvonBegeisterunginHassum.WirfindeneinebeabsichtigteIntro jektionbeispielsweiseinUnternehmensberatungen,Strukturvertriebenvon Finanzberatern, in Jugendorganisationen von Parteien, aber auch in der Armee. Drittens:DieIdentifikation.Hierbeihandeltessichumeineausgewogene FormderinnerenÜbereinstimmungmitdenZielenundWertenderOrga nisation oder Institution. Der Mitarbeiter ist belastbar, ohne die Internali sierungaufzukündigen,weilereinenProzessderklugenPrüfungfürsich durchlaufen hat und sich die Überzeugung selbst erarbeiten konnte. Er wurdekeiner„Gehirnwäsche“unterzogen,sondernüberzeugtundbegeis
Die emotionale Bindung im Tagesgeschäft lässt spürbar nach
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tert. Auch wenn die Organisation oder Institution ihn langanhaltend ent täuscht, geht er nicht den Weg in den Hass, sondern in die Gleichgültig keit,etwaderinnerenKündigung,odererverlässtdieFirma. Wenn aber die Identifikation der Mitarbeiter nachlässt, dann kann dies viele, auch ganz persönliche, Ursachen haben. Sind es keine organisatori schen Veränderungen, dann liegt es möglicherweise an der persönlichen EnttäuschunggegenüberdenselbstgesetztenZiele,dienichterreichtwer den konnten. Immer aber liegt es auch an der mangelnden oder missver ständlichenKommunikationderFührungsebene.Esistdieersteundwich tigste – und am meisten unterschätzte – Aufgabe der Führungskraft, mit ihremTeamzeitnah,offenundehrlichzukommunizieren.Geradeaberbei heraufziehenden Krisen wird das vernachlässigt. Dann bleiben wichtige FragenoffenundwenndiesenichtvomManagementbeantwortetwerden, dannbeantwortetsiebaldjemandanderes. Deshalb ist die emotionale Bindung der Mitarbeiter ein wichtiges Symp tom,daseszuhinterfragengilt,wennmaneineOrganisationoderInstitu tionhinsichtlichdesOBObeurteilenwill. WelcheFaktensolltemanhierkritischbetrachten?
႑SinddieMitarbeitervonihremUnternehmen,ihrerOrganisationoder InstitutionüberzeugtundbegeistertodervollerKritikundDistanz?
႑GibteseinenBetriebsratundwieistdessenSelbstverständnis?Istdie ArbeitnehmervertretungeinTeilderLösungoderistsieeinTeildes Problems?
႑IstinletzterZeitvermehrtPersonalverlustzuregistrierenundwiewird dieseEntwicklungbegründet?
႑WelchenEindruckhabendieKundenoderNutzerderOrganisation
oderInstitutionvonihrendirektenAnsprechpartnern?Wiewirkendie Mitarbeiterander„Kundenschnittstelle“aufihreUmwelt?Wirkensie gutgelauntundempfängerorientiertoderbetontsachlichbislustlos?
႑GibtesInternetBlogsvonfrustriertenMitarbeitern? ႑GibteseinlebendigesbetrieblichesVorschlagswesenundeinenorgani siertenDialogdarüber?
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Erste Symptome des Organizational Burnout
႑GibtesstarkeUnterschiedezwischendervertikalenundhorizontalen Kommunikationskultur?
3.4
Höchstleistungen werden selbstverständlich
Saisonale oder projektspezifische Organisationsanspannungen liegen in derNaturvielerGeschäftsmodelle.InvielenOrganisationenoderInstituti onengibtestemporäreEngpässeoderBelastungen,dieüberdenüblichen Ablauf hinausragen und organisatorisch bewältigt werden müssen. Nicht wenige Mitarbeiter genießen sogar Phasen besonderer Anstrengungen, weil damit die Tagesroutine in den Hintergrund tritt und die persönliche Leistung besonders gefordert wird. Dieser Genuss verflüchtigt sich aller dings, wenn Höchstleistungen zur Routine werden und die Erwartungen des Managements latent unendlich nach oben geschraubt werden. Man kann eine Organisation eine Zeit lang überlasten und man kann die Zeit der Höchstleistung durch Lob, Wertschätzung und monetäre Anerken nungauchausdehnen–aufDauerabernicht. So wie auch beim persönlichen BurnoutSyndrom stehen am Anfang des Organizational Burnout eine dauerhafte Höchstleistung einer ganzen Or ganisationunddietotaleIdentifikationderMannschaftmitdieser(tempo rären, dann dauerhaften) Herausforderung. Dem oberen Management ist anfangs sehr bewusst, dass höchste Leistung erbracht wurde, um dann aber im Zeitverlauf durch immer weitere erfolgreiche Anspannungen der Organisation zu der Überzeugung zu gelangen: „Geht doch!“ Waren zu nächst Anerkennungen, Boni und Incentives das Zuckerbrot, mit dem höhere Leistung erbeten oder gewürdigt wurde, so nutzen sich diese In strumente nicht nur ab, sondern es erschöpfen sich auch irgendwann die Möglichkeiten der Führung, weiteres Zuckerbrot zu generieren. In der Folge werden dann die Maßstäbe einseitig vom Management verändert. Was gestern noch als anerkennenswerte Sonderleistung galt, wird heute selbstverständlich. Was gestern noch niemand zu verlangen wagte, ist heute das Maß der Zielvorgaben. Man rechtfertigt es mit dem Diktat des Wettbewerbs, denn die Zeiten sind härter und so weiter. Die Mitarbeiter fühlensichausgepowert,unverstandenundresignieren.
Höchstleistungen werden selbstverständlich
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NunmeintzwarReinhardSprenger,derWunschnachAnerkennung,Lob und Wertschätzung von Mitarbeitern gehe gegen unendlich. Er hat den Mythos Motivation45 versucht zu demaskieren, weil die Beschäftigten der Überzeugung seien, erst käme das Lob und dann die Leistung. Und wer ständigfehlendeMotivationbeklage,zeigedamitvorallemseineintrinsi sche Abhängigkeit von dieser Droge. Dennoch: Niemand arbeitet nur für Geldallein!WennnachHöchstleistungenkeineAnerkennungfolgt,wenn von einer Organisation verlangt wird, immer auf Hochtouren zu laufen, dannmussder„Motor“entwedernachgerüstetwerdenodererwirdheiß laufenundausglühen. WennichalsBeraterdasersteMaleineOrganisationoderInstitutionbetre te, dann stellt sich innerhalb kürzester Zeit für mich heraus, ob ich in ein Unternehmen freudiger Anspannung oder verbissener Anstrengung ge kommenbin.EssinddieKleinigkeiten:dasAussehenderSozialräume,die OrdnungimLager,derZustandderServerräume,derUmgangderKolle genmiteinanderaufdemFlurundindenKaffeeecken.WiesiehtdasChef sekretariatausundwiealtsinddieAuslagenimWartebereich?VieleDe tails zeigen mir, ob hier miteinander an einem Strang in die gleiche Rich tung gezogen wird oder ob man das richtige Maß für einen geordneten AblaufundfürumsichtigesHandelnverlorenhat.EsspieltkeineRolle,ob das Unternehmen jung oder alt, groß oder nur klein ist, sondern ob die Materie,dasArbeitsvolumenunddasGeschäftsmodellbeherrschtwerden oderobmanvonderHektikderÜberforderungbeherrschtwird. Das Level des diskontinuierlichen, organisationalen Anspannungsgrades und der personalpolitische Umgang mit schwankenden Leistungskurven ist ein bedeutendes Symptom, das untersucht werden muss, wenn man eineOrganisationoderInstitutionhinsichtlichdesOBObetrachtet. WelcheFaktensolltemanhierkritischanalysieren?
႑UnterliegtdieOrganisationoderInstitutionregelmäßigsaisonalen
WechselndesAnspannungsgradesundsinddieRessourcenundistdie personalwirtschaftlicheOrganisationatmenddaraufausgerichtet?
45Sprenger,R,(2009)„MythosMotivation.WegeauseinerSackgasse“,Frankfurt
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Erste Symptome des Organizational Burnout
႑EmpfindensichdieBeschäftigteninihremEngagementehergewürdigt odereherausgebeutet?
႑WiehochistdieBereitschaftderLeistungsträger,kontinuierlichorgani satorischeLückenderArbeitsvorbereitung,dieSchwankungendesAr beitsvolumensoderimmerwiederfehlendePersonalressourcenauszu gleichen?
႑GibteseineimBranchenvergleichauffälligeKrankenquoteodergar Absentismus?
႑WelchenEindruckvermitteltdieOrganisationoderInstitutionhinsicht lichderOrdnunginderProduktionundindenBüros?Herrschthier spontankreativesChaoseinertemporärenÜberlastungoderseitLan gemgeduldeteUnordnung,diebereitsStaubangesetzthat?
3.5
Leistung und Incentives werden mit zweierlei Maß gemessen
AlsCoachdesManagementseinergrößeren,mittelständischenFirmainder Pharmabranche wurde ich Zeuge einer interessanten Diskussion der Ge schäftsführung. Esging darum, wieman „der Belegschaft in angemessener Weise Anteil an dem exzellenten Jahresabschluss verschaffen solle“. Einen verbrieftenAnspruchgabesnicht.DasUnternehmenhatteimmerhineinen EBITZuwachsvon18Prozenterzielt,denhöchstenUmsatzderletztenJahre erreicht – und das in einem durchaus schwierigen Markt. Das erste Argu ment war bedenkenschwer: Ob man nicht mit einem einmaligen Bonus an alleBeschäftigtenproblematischeMaßstäbefürdieZukunftsetze?Oderob esnichteinfalschesSignalsei,damanjaauchbeidemBereichLogistikdie eineoderandereEinsparungdurchsetztenmüsse?Maneinigtesichschließ lichaufeinepauschaleLösungvoneinmaligbrutto300Euro,begleitetvon einem allgemeinen, netten Brief des Chefs. Die Gesamtsumme betrug im merhin drei Prozent des EBIT. Übrigens hatte sich das Management in der Sitzungdavorbereitsverständigt,dassdieAusschüttungenandieGeschäfts führungindiesemJahr–entsprechenddemunerwartetgutenGeschäftsab schlusses–etwasgroßzügigerausfallenwerde,aberdurchauseinDritteldes ErgebnissesindieRückstellungengelegtwerdensolle.
Leistung und Incentives werden mit zweierlei Maß gemessen
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Das Handelsblatt46 meldete: „Die Gehälter von deutschen Aufsichtsräten sind seitdemJahr1999umbiszu425Prozentgestiegen.ImDurchschnittder30Dax Konzerne legten die Gehälter der Kontrolleure um 52 Prozent zu. Da konnten selbstdievielgescholtenenVorständenichtmithalten.IhreVergütungenkletterten nur um 35 Prozent. Eine Etage darunter, beiden leitendenAngestellten, ist seit JahrenStillstandangesagt.DieAufschlägegleichengerademaldieInflationaus“. Es gibt beliebig viele Beispiele für die kaum nachvollziehbare Fähigkeit von Spitzenmanagern, bei der Bemessung für Incentives mit absolut ver schiedenenMaßstäbenzumessen.FürVorständeundfürderenAufsichts räte gelten andere Regeln als für die Leistungsträger der mittleren Ebene, geschweige denn für die operativen Kräfte. Das ist unter den Umständen nachvollziehbar, wenn dem auch ein persönlich haftendes Risiko gegen übersteht, nicht aber, wenn es sich um ein angestelltes Management han delt,dasdenMaßstabfürLeistungsgerechtigkeitverlorenhat. Solange solche Vorgänge vertraulich blieben, gäbe es weder ein Image nocheinFührungsproblem.AufgeheimnisvollewieberechenbareArtund Weise aber gelangen gerade solche Vorgänge an die interne, sehr interes sierteÖffentlichkeit,inAktiengesellschaftensowieso.Wennvonderopera tivenEbenederobjektiveLeistungsbeitragzuErfolgundWertschöpfung, vielleichtsogarzuentscheidendenMarkt,ProduktoderVerfahrensinno vationen, subjektiv als erbärmlich incentiviert angesehen wird, gerade im Vergleich zu den möglicherweise abenteuerlichen Boni für die „Belle Eta ge“,dannhatdieOrganisationoderInstitutioneinProblem. EineOrganisationoderInstitution,derenLeistungsoderMeinungsführer Frustration vor sich herschieben, kann in der nächsten Periode bereits geschwächt sein und auf Dauer in eine Abwärtsspirale geraten. Damit wirdsieangreifbarfüreinenOrganizationalBurnout. Das objektive und subjektive Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aufderoberstenEbeneundaufdennachgeordnetenEbenenisteinbeson ders kritisches Symptom, das untersucht werden muss, wenn man bei einerOrganisationoderInstitutioneinenOBOvermutet.
46(8.April2010)
92
Erste Symptome des Organizational Burnout
WelcheFaktensolltemanhierkritischanalysieren?
႑WurdenErfolgeinangemessenerWeisemitderMannschaftgeteilt? ႑GibteseingerechtesIncentivesystem,dasmitdenBeschäftigtenfair vereinbartwurde?
႑Wirdim„Flurfunk“überungerechteoderunfaireSelbstbedienungder Unternehmensspitzegeredet?
႑HatsichdasTopManagementimBranchenvergleichherausragend incentiviert?
႑GibtesindiesemZusammenhangeinekritischeStimmungderMann
schaftundistdieseobjektivnachvollziehbar,oderhandeltessicheher uminteressengerichteteStimmungsmache?
႑HandeltessichumeineneinmaligenVorgangoderumeinübliches undbereitsfrüherkritisiertesVerhalten?
3.6
Anspruch und Wirklichkeit der Leistung der Führungskräfte werden unglaubwürdig
FührungskompetenzundakzeptanzkönnenheutenichtvonderPosition oderderEigentümerschaftabgeleitetwerden,sondernmüssensichimmer wieder verdient werden. Mitarbeiter wollen geführt werden und sich auf die Führung verlassen können. Vorgesetzte wollen führen und sie erwar ten,dassdieMitarbeitertun,wasangeordnetodervereinbartwurde.Nun ist das psychologische Verhältnis zwischen der Führungskraft und dem Geführten nicht so einfach. In der Führungspsychologie wurden die ver schiedenen Aspekte der psychologischen Hintergründe von Führung un tersucht.
Führungskräfte werden unglaubwürdig
93
Lukascyk47 unterscheidet beispielsweise folgende vier Variablen, die mit einanderinBeziehungstehenundalsWegbereiterderführungsbezogenen Interaktionstheoriegelten:
႑diePersönlichkeitsstrukturderFührungskraft–einschließlichihrer
angeborenenBegabungenundFähigkeiten,alsauchihreindividuellen Erfahrungen;
႑diePersönlichkeitenderGeführten,einschließlichderenindividueller
Einstellungen,ErwartungenundBedürfnisseinBezugaufdenFühren den,alsauchaufdieSituation;
႑dieGruppe,alseindifferenziertesundintegriertesSystemvonStatus RollenBeziehungenundvongemeinsamenGruppennormen;
႑dieSituation,indersichFührungskraftundGruppebefinden.Hierzu gehörendieArtundWeisederzubewältigendenAufgabe,dasGrup penzielundsonstigeäußereBedingungen.
Führung will nicht nur gelernt sein – und nach meiner Beobachtung sind auchtüchtigeMitarbeitermitplötzlichenübertragenenFührungsaufgaben überfordert, aber oft auch wenig vorbereitet –, sondern geführt werden mussauchakzeptiertsein.Mitarbeiter,dieihrenVorgesetztenfachlichfür inkompetent, menschlich für charakterschwach und kommunikativ für nichtssagend halten, können und wollen schon aus nachvollziehbarem SelbstwertgefühlvondieserPersonnichtgeführtwerden,auchwennman sichseineChefsnurseltenaussuchenkann. Alle Menschen – auch Führungskräfte – machen Fehler, denn Menschen sindnichtperfekt.Mitarbeitererwartenaber–unddadrängtsicheinVer gleich mit dem Verhältnis von heranwachsenden Kindern zuihren Eltern auf–Perfektion.DieserErwartungwollenFührungskräftegerechtwerden undsieverhaltensichso,alswennsieohneFehlerwären.Einesolchgrobe Selbstüberschätzung führt letztlich zu Arroganz und einem Stillstand an persönlichem und unternehmerischem Wachstum. Fehler werden ver tuscht,delegiertodereinfachnegiert.
47Lukascyk,K.(1960)ZurTheoriederFührerRolle,in:PsychologischeRundschau,
11.Jg.,S.179188
94
Erste Symptome des Organizational Burnout
ZunächstundursprünglichwarineinerOrganisationoderInstitutiondie Führungsspitze vor den Mitarbeitern vorhanden. Der Gründer, der seine ersten Beschäftigten einstellte, der Amtspräsident der ersten Stunde, der seineMannschaftzusammenstellteoderderNiederlassungsleiter,dereine neueRegionalorganisationaufbaute.SomitwurdevonderSpitzederers ten Stunde die Führungskultur vorgelebt und weitergegeben. Nun sind das die jungen Organisationen oder Institutionen, von denen wir schon feststellten,dasssicheinOBOhiernichteinnistenwird.AberinderRegel habenwiresjaheutemitreifenOrganisationenzutun,dieinderMitarbei terstruktur unterschiedlich sind und deren Mitarbeiter bereits andernorts ErfahrungenmitFührungsstilengesammelthaben.Mitarbeiterbeobachten ihre Vorgesetzten sehr genau, analysieren deren Tageslaunen, schließen aus Verhalten, Kommunikation und Prioritätensetzung auf deren wahre Absichten und wollen daraus Sicherheit ableiten, auf dem richtigen Weg zusein. Was passiert aber mit obersten Führungskräften, die durch Misserfolge selbstverunsichertsindundnichtwissen,obsieinderLagesinddievon ihnen (selbst) erwartete Leistung zu bringen? Woher bekommen sie ihre Selbstbestätigung? Die Einsamkeit an der Spitze ist ein Privileg und eine Last zugleich. Ein Privileg, weil man sich nur gegenüber sich selbst zu rechtfertigenhat,wenndasLeistungsniveaunachlässt;eineLast,weilman mit niemandem in der Organisation darüber offen sprechen kann und ebenbürtige Partneraußerhalb der Unternehmung fehlen. Selbst der Part nerzuHauseistnichtimmereinwirklicherGesprächspartneraufAugen höhe.DamitaberfindenzweifelndeSpitzenkräfteselteneinenangemesse nen Weg aus einer herausfordernden Situation. Vielleicht sind sie auch einfach verbraucht, alt und schwach geworden; können Konflikte und Herausforderungennichtmehreinfachwegstecken. DieseintrinsischeVerzweiflungbleibtnichtunbemerkt.DasManagement auf der nächsten Ebene, relativ dicht an der Führungsspitze, merkt es als Erstes. Der Anspruch der obersten Führung hinsichtlich Leistung, Enga gement, Anwesenheit und Erfolg an die nächste und übernächste Ebene wirdnicht(mehr)vorgelebt.DerChefstelltsichkaumnochseinenpersön lichenAufgaben,kommtimmerspäter,gehtimmerfrüher,istimmerhäu figer auf Reisen, erledigt mehr die Aufgaben von zu Hause aus oder un terwegsunddieherausforderndenFragenundAnregungenwerdenselte
Erfolge der Vergangenheit sind wichtiger als die Chancen der Zukunft
95
ner.DienächsteEbenewirddenMangelzunächstundingewohnterLoya lität ausgleichen, aber sie sieht es zunehmend als Flucht vor der Verant wortung und den Härten des Tagesgeschäftes. Für das mittlere Manage menttutsicheinLoyalitätskonfliktauf. Wenn in der Organisation oder Institution die Abwesenheit und Füh rungsabstinenz der Führungsspitze zu einem zunehmenden Thema wird, dann muss hinterfragt werden, ob dies ein Symptom für ein – von oben beginnendes–OrganizationalBurnoutist. WelcheFaktensolltemanalsexternerAnalystoderBeobachterhierobjek tivanalysieren?
႑WerführtdieOrganisationoderInstitutionimtäglichenGeschäft,die UnternehmensspitzeoderdasMittelmanagement?
႑GibtesinderoperativenEbeneZweifelanderFührungsstärkedes
oberstenChefsbzw.InhabersundworausnährensichdieZweifel?
႑WelchenEindruckerhältmanausGesprächenmitderFührungsspitze?
IstdasSelbstbildangemessenselbstbewusstoderwerdenBedrohungen vonallenSeitengesehen?
႑WelchendirektenWertschöpfungsbeitragkannmanderSpitzezurechnen? ႑IstdaspersönlicheVerhaltendesChefsTagesgesprächderMitarbeiter? 3.7
Erfolge der Vergangenheit sind wichtiger als die Chancen der Zukunft
WennnichtnurderältereInhaber,sondernauchdieersteFührungsebene gerne darüber sprechen, dass früher alles besser war, dann ist es Zeit für eine stufenweise Verjüngung des Führungsteams. Wenn in den Meetings keinewirklichergebnisoffenenDiskussionenüberdieZukunftmehrstatt finden,sondernderMaßstabfürdienotwendigenAktivitätendieVergan genheitist,dannhatmanschonverlorenman,weißesnurnochnicht.
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Erste Symptome des Organizational Burnout
NeueWegezusehenundzugehenistnichteinfach,dennjederNeubeginn trägt das Risiko des Scheiterns in sich. Das Bewährte war erfolgreich,das Neueistungewiss.AusderNeuroökonomie48wissenwir:Menschenhas sen und vermeiden Unsicherheit, insbesondere solange es eine sichere, weilerprobte,Alternativegibt. Menschen–insbesondereFührungskräfte– gehen auch in aller Regel davon aus, dass sie besser als der Durchschnitt einer vergleichbaren Gruppe die Dinge verstehen und dass ihre Einschät zungenzutreffendersind,alsestatsächlichderFallist.Zudemgibtesdas PhänomendernachträglichenRechtfertigung,nämlichdassderMenschim Nachhinein fest glaubt, immer schon gewusst zu haben, dass es so kom men würde, wie es gekommen ist. Im zunehmenden Alter wird für uns Menschen generell Sicherheit wichtiger als Risiko. Die Risikoneigung nimmt ab, das Sicherheitsbedürfnis nimmt zu. Die älteren Entscheider pflegeneinegediegeneRisikoaversion. Die Entscheidungstheorie beschreibt uns „Risikoaversion“ als die Eigen schaft eines Entscheiders, bei der Wahl zwischen mehreren Alternativen mit gleichem Erwartungswert die Alternative mit dem geringsten Risiko bezüglichdesErgebnisseszubevorzugen. EineneuerewissenschaftlicheUntersuchungzeigt,dassesimGehirnsogar einenZusammenhangzwischenfinanziellerRisikobereitschaftundsexuel lerStimulationgibt.JungeMänner,denenerotischeBildergezeigtwurden, wareneherzuriskantenGeschäftenbereitalsbeiBildernmitbedrohlichen oderneutralenMotiven.ImevolutionärenSinngebeesfürMännersowohl einenBedarfnachGeldwienachFrauen,stelltedieLeiterinderStudie,die FinanzwissenschaftlerinCameliaKuhnen49vonderNorthwesternUniver sityimUSStaatIllinoisfest.Vielleichthängtesdamitzusammen,dassein älteres, erfahrenes Management allmählich den „Jagdtrieb“ verliert und dasBewährtebewahrenwill.
48AlsNeuroökonomiebezeichnetmandieinterdisziplinäreVerknüpfungderNeu rowissenschaftenmitdenWirtschaftswissenschaften.ZweckistdieUntersuchung desMenschenalsKonsumentoderInvestorinbestimmtenwirtschaftlichenEnt scheidungssituationen. 49Prof.Kuhnen,C.,FinanzwissenschaftlerinderKelloggSchoolofManagementan
derNorthwesternUniversity,Illinois
Teamsynergien lösen sich auf
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Nun weiß auch das schlechteste Management, dass man sich (im Gleich takt mit dem Markt) ständig ändern muss, um zu bleiben, was man ist (nämlich erfolg und ertragreich). Aber es fehlt in einer ermüdeten Firma einfachaninnovativenImpulsenundvorallemanderEnergie,dieseIm pulsezueinemneuenAntriebumzuwandeln. WennesaufdieFragenüberdieZukunftnurAntwortenausderVergan genheit gibt, dann besteht der Verdacht, dass sich die Organisation oder InstitutionerschöpfthatunddasOrganizationalBurnoutbereitsbegonnenhat. WelcheFaktensindhierzuuntersuchen?
႑WieinnovativistdieOrganisationoderInstitution? ႑GibtesBeispielefürabgeblockteInnovationen? ႑ArgumentierendieFührungskräftebevorzugtmitFaktenundErfah
rungenausderEmpirieodersuchensieneutrale,objektiveArgumenta tionslinien?
႑GibtesinstitutionalisierteInnovationskreiseoderähnlicheEinrichtun genbzw.innovationsstimulierendeRituale?
႑WiezukunftsorientiertschätztsichdasManagementinderSelbst
wahrnehmungein?DecktsichdieseAnalysemitderFremdwahrneh mung?
3.8
Teamsynergien lösen sich auf
Das Team, die Allzweckwaffe für alles!? Zu Recht, denn in wachsender Komplexität,beihöheremLeistungsdruckundderNotwendigkeitumfas sender Informationen liegt eine Stärke in einem arbeitsteiligen Vorgehen, geradeauch,wenndasManagementimmerwenigereinenÜberblicküber die Geschehnisse hat und Entscheidungsverantwortung nach unten dele giert.Teamentscheideerweisensichdannalstendenziellbesser,wenndie Mitglieder unterschiedlich sind und unabhängig voneinander urteilen. Aber bei einem hohen Ausmaß an Zusammenhalt im Team entsteht das „GroupThink“Phänomen, d. h., abweichende Meinungen werden unter drückt oder gar nicht geäußert. Niemand kann letztlich die Vorteile der
98
Erste Symptome des Organizational Burnout
TeamarbeitbestreitenundsomitsinddiedortentwickeltenSynergieneine maßgeblicheStärkegesunderOrganisationenoderInstitutionen,allerdings schließtTeamarbeitfalscheEntscheidungennichtaus. Der Teamgeist wird vom Corporate Spirit bestimmt. Ein Team kann sich einem vorherrschenden positiven, dynamischen Corporate Spirit nicht entziehen,aberebenauchnichtvoneinemmorschen,zumZynismusnei genden Corporate Spirit lösen. Der wunderbare Vorteil von Teamarbeit, gerade wenn verschiedene Erfahrungen, Fähigkeiten oder Nationalitäten zusammenarbeiten,liegtjaimBesonderenindersichselbstverstärkenden Energie der offenen, positiven und verlässlichen, somit synergetischen Zusammenarbeit.EinTeamistumsowirksamer,jemehrStimulansesaus demCorporateSpiriterfährt.Wennsichdertreibende„Firmengeist“ver flüchtigt,dannfehltdenTeamsderBezugspunkt;dannfehltoftsogardie AntwortaufdieSinnfrage. Wenn sich bestehende Teams ohne Konsequenzen vor einer Aufgabener füllung auflösen bzw. in den Abstimmungen des Vorgehens statt in der SchaffungvonErgebnissenerschöpfen,dannkanndaseinSymptomdafür sein,dassdasOrganizationalBurnoutbegonnenhat.Vorallem,wennein solchesVerhaltennichtvomManagementpönalisiertwird. Welche Fakten sollte man als externer Analyst oder Beobachter hierzu objektivanalysieren?
႑WieausgeprägtistdieBereitschaftderMitarbeiter,ineinemneuen Teammitarbeitenzuwollen?
႑GibtesinderOrganisationoderInstitutionTeams,diebereits„ewig“
zusammenarbeitenundbeideneneigentlichkeinermehrgenauweiß, wasderAuftragwar?
႑WerdenAufgaben,dieeigentlichtypischeManagementaufgabensind, gernangemischteTeams(Arbeitsgruppen)delegiert?
႑HabensichinletzterZeitTeamsfaktischselbst(durchUntätigkeit) aufgelöst?
Zum Abschluss finden Sie im Folgenden die SymptomSchnellCheckliste fürdieFrage,obesernstzunehmendeHinweiseaufeinbeginnendesoder garfortgeschrittenesOBOgibt:
Teamsynergien lösen sich auf
Tabelle 3.1
99
Frühindikatoren
JA NEIN
Wirsinderfolgreich,allerdingsnichtbesondersinnovativ.
UnserestabilenErlöseerkaufenwirmitsteigendenKosten. Unsere Erfolge erlauben uns einen gewissen Luxus auf Augenhöhe.
NichtallekönnenamErfolgingleicherWeisepartizipieren. DieFluktuationhatinletzterZeitzugenommen.
Bei uns können nicht alle das Gleiche verdienen, aller dings: Der Unterschied zum TopManagement ist schon sehrgroß.
SeiteinigerZeitistdieSpitzenichtmehrsopräsent,son dernkümmertsichwohlumstrategischeFragen.Aberes gehtauchso.
Neue Ideen müssen sich bei uns erst einmal vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen einer sorgfälti genPrüfungunterziehen.
Wir bevorzugen den Teamapproach, auch wenn nicht immer alle Teams zu einem Ergebnis kommen. Manche habensichaberauchschonaufgelöst.
Die Einstellung der Leistungsträger ist jetzt kritisch dis tanziert. BeiunssindHöchstleistungenselbstverständlich. WerzurSpitzegehörenwill,mussebenhartarbeiten,das istdochklar.
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
4
101
Typische Phasen der Organizational BurnoutSpirale
EsisteinPhänomen,aberdieSymptomedesOrganizationalBurnoutblei benregelmäßigfürlangeZeitunbeachtet.GeradesowieeinPatientzwar einUnwohlseinspürt,aberzunächstdensichanschleichendenSymptomen wenig Beachtung schenkt oder schenken will, so erfährt die Unterneh mensführung spät, wenn nicht als Letztes, dass im Unternehmen alles nicht mehr so läuft, wie es sollte. Irgendwie hat man es schon gemerkt, dassetwasnichtstimmt,aberesernstgenommen,nein,dashatmannicht. DasheroischeSelbstbilddesManagers:„MänneranderSpitzesindimmer stark“,verstelltdenBlickaufersteAnzeichendesOrganizationalBurnout. Insbesondere weil es eben dort auftritt, wo bis vor Kurzem noch Erfolge gefeiert wurden, Incentives sprudelten und alle für die Ziele des Unter nehmens brannten. Auch eine Organisation oder Institution, die brennt, kannausbrennen. Sportler müssen nach einem Wettkampf abtrainieren, um wieder in den normalen Rhythmus zu fallen. Unternehmen, die eben noch Höchstleis tungenbrachten,vergessendas„Abtrainieren“völlig.Eswirdsogetan,als wäreHöchstleistungalltäglichundbedürfenichtdeserneutenLuftholens. ImVerlaufdesKapitelskönnenSienachjedemAbschnittselbsttesten,ob Ihre Firma oder Ihre Organisation auf dem Weg in das Organizational Burnout ist. Sie werden an Hand der 83 Testfragen eindeutig feststellen können,obsichbereitseinOrganizationalBurnoutinIhremUnternehmen manifestieren konnte oder ob es sich vielleicht nur um vereinzelte Symp tomehandelt,diezwarunangenehm,abernochaufzufangensind. WerdieprototypischenPhaseneinesOrganizationalBurnoutkennt,kann natürlichauchsofortfeststellen,oboderinwelchemGraddaseigeneUn ternehmen oder die eigene Organisationseinheit in der Gefahr steht, in einenOBOStrudelzugeraten. G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
IndenfolgendenAbsätzenwerdenSiedieempirischtypischenOBOPha senkennenlernen.NichtjedeseinzelneSymptomistindieserReihenfolge zwingend. Wenn Sie aber in den folgenden Darstellungen immer wieder „AhaErlebnisse“desErkennenshabensollten,dannisthöchsteAufmerk samkeitgeboten. In einem Kreis von Abteilungsleitern eines eigentümergeführten Service Unternehmens in der Personalberatung stellte ich die typischen OBO Symptomedar,eigentlichmehr,umdenDamenundHerrenfürihretägli che Arbeit mit ihren Kunden ein fundiertes Werkzeug in die Hand zu geben.PlötzlichwurdeessehrstillinderRunde.„Siebeschreibengerade unsere Situation!“, bemerkte eine Dame etwas irritiert. Da brach ein bis dahin stabiler Damm; zu nicht geringer Verärgerung des anwesenden Inhabers stimmten nach und nach alle Abteilungsleiter in den klagenden Chor ein. Der Nachmittag endete völlig anders als vorgesehen, aber ein wichtigerNeuanfangwargemacht. DieimFolgendenbeschriebenen20SymptomedesOrganizationalBurnout werdennichtimmeralleundnichtausschließlichindieserReihenfolgezu beobachten sein. Insbesondere in den Anfängendes Organizational Burn out kann auch der aufmerksame Beobachter noch Zweifel haben, ob tat sächlich nur eine übliche Leistungsschwankung die Organisation oder Institution ergriffen hat ober ob eine nachhaltige Negativspirale ihren Anfangnimmt. Die Gefahr eines Diagnoseirrtums ist in dieser Phase wenig gefährlich, denn wenn jetzt erste Gegenmaßnahmen ergriffen würden, könnte es kaum schaden. Gefährlich dagegen wäre es, die Frage nach der Möglich keit eines Organizational Burnout gar nicht zu stellen. „Könnten die beo bachtetenEinzelphänomenezudemBildeinesOrganizationalBurnoutim Frühstadium passen oder nicht?“, ist die entscheidende Fragestellung. Diese Frage nicht zu stellen ist verantwortungslos, aber leider ist es die Regel.ManverdrängtebenUnbequemeslieber,jedenfallssolangeesgeht. Eshandeltsichuminsgesamt20Symptomeinvier–sichüberlappenden– PhasendesOBO:
႑DieerstePhasedeslatentenOBO, ႑diezweitePhasedesakutenOBO,
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
103
႑diedrittePhasedeschronischenund ႑dieviertePhasedesletalenOBO. WiedieBegrifflichkeitenbereitserkennenlassen,istindenerstenPhasen eineLatenzfüreinenOBOgegeben,ohnedasssichnotwendigerweisedas OBO tatsächlich in der Organisation andockt und ausbreitet. Die zweite Phaseistgefährlich,weilimakutenOBOzwarnochnichtdieIrreversibili tät erreicht ist, aber die „süße Droge“ des OBO bereits im Kreislauf der Organisation oder Institution zu wirken beginnt. In der dritten – chroni schen – Phase, deren Zeitablauf durchaus über mehrere Perioden gehen kann, finden kulturelle Verkrustungen statt, die aus eigener Kraft nur schwer zu durchbrechen sind, und schließlich tritt die Organisation oder Institution in die vierte, letale Phase des OBO ein. Der soziokulturelle Kommunikationskreislaufstockt,diefinanziellenSpielräumewerdensehr engunddieOrganisationoderInstitutionverliertalleImmunstärkegegen jedenletztenTodesstoßvonaußen.DiefolgendeGrafikzeigtdievierPha senundderenSymptomeimÜberblick: Abbildung 4.1
Die vier Phasen des OBO
1. Latentes Organizational Burnout 1DerMarktbeantwortetdieSinnfragenichtmehr 2Produktivitätnimmtschleichendab 3InterneAnforderungenbindenmehrundmehrZeitundEnergie 4Ressourcenwerdenknapper,manweißeigentlichnichtwarum 5ZunehmendfunktioniertderBetriebtrotzundnichtwegendesManagements
2. Akutes Organizational Burnout 6Unsicherheitenmachensichbreit,Dynamikgehtverloren 7DerAnspruchvonallenanallesteigt 8ZynischeGrundstimmunggegenüberFirmaundKollegenmachtsichbreit 9SimulationdespersönlichenEngagements 10Innovationenfinden(auchimKleinen)nichtmehrstatt
3. Chronisches Organizational Burnout 11DieFührungskräfteschottensichvomTagesgeschäftab 12GefühlderMacht undSinnlosigkeitaufallenEbenen 13ÜberraschendeWechselimManagement 14Fluktuationnimmtzu 15RitualisierteNeustarts
4. Letales Organizational Burnout 16DasManagementerreichtdieMitarbeiternichtmehr 17Kontrollverlust 18DiffuseSehnsuchtnachdem„BigBang“desNeubeginns 19Hoffnungslosigkeit 20UnbewussteDuldungdesOrganisationssuizids
104
4.1
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Der Markt beantwortet die Sinnfrage nicht mehr
Es passiert schon einmal, dass der Kunde „Nein“ sagt. Jeder im Vertrieb kenntdieSituation,dassmehrAnrufealsüblichnotwendigsind,umAk quisitionstermine zu bekommen, oder die Folgebestellungen geringer als üblichausfallen.DasVertriebscontrollingkanndiesnormalerweisegutmit branchenodersaisonüblichenSchwankungenerklären. In marktfernen Organisationen bleiben möglicherweise politische Erfolge aus, finden Gesetzesinitiativen ohne die Einflussnahme der (Verbands) Organisation statt oder nehmen die Medien von den Initiativen weniger Notiz. Wenn aber nahezu systematisch die Markterfolge des Unternehmens bei Neukunden ausbleiben, wenn immer häufiger die Bestandskunden ihre Bestellungen reduzieren oder stornieren, ohne dass tatsächlich eine allge meine Konjunkturdelle zu beklagen ist, dann ist hohe Aufmerksamkeit geboten.Ebenso,wennzwardasBasisgeschäftruhigundnormalverläuft, aber auch die kleinsten Produkt oder Serviceinnovationen vom Markt negiertwerden. Das ist nicht trivial! Nicht wenige Unternehmer oder Manager blenden bereitshierdieSymptomeaus,wennessichumeinOrganizationalBurn outhandelt.InstinktivwissendieBetroffenenumdiewahrenUrsachen.Es wurdeebennichtvomVertriebsteamwirklichmitallerKraftumdenAuf trag gekämpft. Es wurde eben nicht zwischen dem Management, dem VertriebsinnendienstunddemAußendienstoptimalzusammengearbeitet. DiemarginalenInnovationenwurdenebennichtdichtamKundennutzen entwickelt. VielleichtwurdeunbewusstsogarderVertriebserfolginternabgeblockt.So beobachtete ich als Berater bei einem Serviceunternehmen, das sich auf Datenverarbeitung für die Logistikwirtschaft spezialisiert hatte, dass zu nehmend viele Angebote vom Wettbewerb gewonnen wurden. Die erste Auskunftlautete,–wenigoriginell–dassderWettbewerbmitunglaublich niedrigenPreisenanbieteundmandeshalbeinfachnichtgewinnenkönne. Wir setzten ein Vertriebscoaching ein. Das Ziel war klar umrissen: mit
Der Markt beantwortet die Sinnfrage nicht mehr
105
emotionalisierenderBegeisterungdieInteressentensosehrfürdieangebo teneDienstleistungzuüberzeugen,dassderPreisnichtmehrdiealleinige Wettbewerbsdifferenzierung darstellt. So geschah es! Das 1:1 Coaching fand statt und gegen Ende des Tages kam es zur Schlüsselaussage der gecoachtenVertriebler:„Ja,wennwiressomachenwürden,danngewin nenwirsehrvielmehrAngebote.AberdannhabenwireinRiesenproblem, denndannmüssenwirdieAufträgeauchabarbeiten!Undwirgehendoch jetztalleschonaufdemZahnfleisch!“ NormalerweisekönnenSiesichbeitemporärenAuftragsrückgängenzwar nicht entspannen, aber doch auf Ihre gewohnten Instrumente vertrauen, wennSiefeststellen,dassessichhierbei„nur“umeinmentalesLeistungs tief einzelner Verkäufer oder die verdeckte Unzufriedenheit einzelner Kundenhandelt. EinklarerHinweisaufdasOrganizationalBurnoutallerdingsistes,wenn alleindieTatsache,dassesungewohnteNegativentwicklunganderKun denfront gibt, eher beschönigt und verschleiert als aktiv zur Diskussion gestelltwird. AlsFührungskraftsindSienahezuhilflos,wennSienichtumdieKernur sachen der ausbleibenden Markterfolge wissen. Von den Mitarbeitern an der Vertriebsfront werden Sie im Zweifel nur Teilwahrheiten hören und aus dem Wettbewerbsumfeld nur Zwecknachrichten. Eine hilflose Füh rungskraft im Vertrieb entlarvt sich allerdings besonders schnell, da zwi schenAktionundmessbaremErfolgdieZeitnurkurzist. Viele Vertriebsleiter weichen dem beginnenden Organizational Burnout durch interne Aktivitäten aus. Da werden neue Vertriebsgebiete zuge schnittenodereswerdeninnovativeIncentivesystemeerfunden.Injedem Fall finden immer mehr Meetings und andere kundenferne Aktivitäten statt. Nur wenn von der Vertriebsmannschaft der Vertriebsvorstand bzw. die Vertriebsleitung als „erster Verkäufer an der Front“ wahrgenommen wird,bleibenbeginnendeOrganizationalBurnoutSymptomeaus. Bemerkenswert wenige Führungskräfte – seien es Vertriebsleiter, seien es Geschäftsführer–machensichselbstaufdenWegundsprechendirektmit den Kunden. Offen gesagt, in meiner Beratungspraxis habe ich es nie er lebt.Erstaunlich,wievielEnergieundZeitinDeskResearch,aufschriftli
106
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
che oder elektronische Kundenbefragungen – vor allem auf deren Vorbe reitungen–investiertwirdundwiewenigZeitindenunmittelbarenKon takt zwischen strategischer Führung und Endkunden fließt. Das ist aber dereinzigeWeg,umdieWahrheitzuerfahren!NursowerdenSiewissen, obSietatsächlicheinProblemderWettbewerbsfähigkeitvonLeistungoder Konditionen haben oder ob es sich um ein Phänomen des Organizational Burnouthandelt. ImZustanddesOrganizationalBurnouttrauensichinverblüffenderWei se, wie unter einem Gruppenzwang, auch die erfolgreichen Verkäufer nicht mehr, stolz auf ihre Erfolge zu sein. Sie bemerken die Skepsis und MissgunstihrerKollegen.Erfolgewerdenauchnichtmehrbetriebsöffent lich gewürdigt, sondern allenfalls als mahnendesBeispielfürdieweniger Erfolgreichenmissbraucht.NachmeinerBeobachtungverlierendieerfolg reichen Akquisiteure mit zunehmender „Erfolgsscham“ nicht nur einen wichtigen Teil ihrer Antriebsenergie, sondern sie beginnen, sich für ihren Erfolgzurechtfertigen.IndenVertriebsoderBereichstreffenstellendann dieerfolgreichenKollegendaseigeneLichtunterdenScheffel,umsichvor internem Neid zu schützen. Nicht Markterfolg ist dann die Normalität, sondernderNichterfolgdiegelebteRealität. BesondersextremkonnteichesineinemmittlerenUnternehmenderBau elektronik erleben. Der Inhaber selbst leitete das (nur alle drei Monate!) stattfindendeVertriebstreffenunderklärtejedenneuenAuftragals„lucky shot“,dersichebenzwarerklärenließe,aberdochdieAusnahmesei.Un glaublich! TESTFRAGEN: Sie erleben als Manager Auftragsrückgänge, deren Erklärungen durch denVertriebSieunbefriedigtlassen? Sie spüren als Vertriebsverantwortlicher ständig Widerstände der eige nen Organisation, die Sie an Ihrer eigentlichen Aufgabe hindern und zumTeilauchärgern? DerWettbewerbwirdvonIhnenimStillendafürbewundert,dass dort Aufträge gewonnen werden, die bislang eigentlich von Ihrem Unter nehmengewonnenwurden?
Produktivität nimmt schleichend ab
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SiehörenzunehmendvonIhrenKollegen,dassderletzteVertriebserfolg jawohlnureinZufallseinkönne?
4.2
Produktivität nimmt schleichend ab
„Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg“. Wenn diese Lebensweisheit und Lehrsatz des Managements stimmt – und wir alle neigen aus Erfahrung dazu, diesem Lehrsatz zuzustimmen – dann gilt leider auch die Umkeh rung:NichtsbehindertkünftigenErfolgmehralsderMisserfolg! AuchwennsichdieProduktivität–nichtnurimöffentlichenDienst,son derninnahezuallendispositivenUnternehmensbereichen–derobjektiven Messbarkeit entzieht, so kennen wir ausreichend Indikatoren, die uns die Produktivität–zumMindestenimZeitverlauf–vergleichendmessenlas sen.WennalsoderOutputimVergleichzumInputimVerlaufderMonate zurückgeht,ohnedassesdafürobjektive,externeGründegibt,dieklarzu benennensind,dannliegtderVerdachtnahe,dassdieinterneLeistungsbe reitschaftzurückgegangenist. Das Phänomen rückläufiger Produktivitätskennziffern allein ist noch kein Beweis für ein verdecktes Organizational Burnout. Eine solche Entwick lungkannmultikausaleUrsachenhabenundtrittselbstverständlichimmer einmalaufundkanndannauchentsprechendausgesteuertwerden. Im Fall des beginnenden Organizational Burnout ist meistens auch zu beobachten, dass die nachhaltig rückläufige Produktivität mit immer ab surderen Ausreden erklärt wird. Gleich einem Süchtigen, der seine Sucht oder seine Rückfälle immer wieder fantasievoll zu rechtfertigen weiß, werden Legenden aufgebaut oder Erklärungsmuster angeboten, die nach undnachzueinemSelbstläuferwerden.ZusätzlichsuchendieLeistungs schwachen Solidarität bei anderen Kollegen, die auch Leistungsprobleme haben.Damitkannmandieeigenen„Märchen“(beispielsweisevonPreis dumping des Wettbewerbs, den dem Vertrieb seit Langem fehlenden Sellingstories oder der allgemeinen Marktlage usw.) mit einer objektiven Glaubwürdigkeit versehen, gegen die das – geschwächte – Management kaum eine Chance hat. So sind wir Menschen eben: Nicht man selbst ist
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
verantwortlichfürdiefehlendenErfolgeoderFehler,sonderndasSystem, dieFirma,insbesonderediedaoben,dasManagement! In schwierigen Zeiten besinnen sich die Mitarbeiter auf ihre eigenen, un mittelbaren Interessen. Die Interessen richten sich auf das Überleben in einer geschwächten Organisation. Dieser zeitraubende Selbstschutz ist objektiv möglicherweise völlig unnötig, subjektiv aber wird er als zwin gendnotwendigempfunden.NunwirdvielZeitfürdiepersönlicheAbsi cherungeingesetztwerden.GeradeinKonzernstrukturengehörteszuden Überlebensstrategien der Beschäftigten, sich stets abzusichern („Cover yourass!“).DieseAbsicherungsstrategiekostetZeit–undzwarproduktive Zeit;gehtalsozuLastendesproduktivenOutputsdesUnternehmens. TESTFRAGEN: Siestellenzunehmendfest,dassandereimmerwiederihreZieleverfeh lenunddazuBegründungenliefern,diewenigplausibel,aberauchnicht ganzausderLuftgegriffenerscheinen? Siespüren,dassinIhremBereichdieErgebnissenichtdenErwartungen entsprechen,Siewissenaberauch,dassdieBegründungen,dieSieselbst IhrenVorgesetztenliefern,nichtwirklichdieErklärungdafürgeben? DieGesamtproduktivitätgehtzurückundSieerhaltenvonKollegenAn fragen, ob auch Sie mit dieser oder jener objektiven Schwierigkeit zu kämpfenhaben,diekaumzubewältigenist?
4.3
Interne Anforderungen binden mehr und mehr Zeit und Energie
Es gibt viele Organisationen oderInstitutionen,dielaufenwievonselbst, undkeinerweißwirklich,warum.DassindnichtnurjungeStartups,bei denendieIdentifikationderMitarbeitermitdenFirmenzielennochextrem hoch ist. Es sind auch nicht nur die kleinen Mittelständler, bei denen die EntfremdungzwischenderdirektivenundoperativenEbenegeringist.
Interne Anforderungen binden mehr und mehr Zeit und Energie
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DagegengibtesvieleOrganisationenoderInstitutionen,indenenfüralle Fälleundseiensienochsoselten,einRegelwerk,eineAnweisungoderein genau beschriebener Prozess existiert. Aber dort läuft eigentlich nichts ohnemehrereIterationenvonAktivitätsschleifenmitSchattenkommunika tion und Scheineffektivität. Sie kennen das! Nach jeder Sitzung des Auf sichtsrats,nachjedemVorstandstreffen,gleichnachdemAbteilungsleiter Meeting oder nach der internationalen Telefonkonferenz werden neue Berichteangefordertodereingeführt,ZahlenabverlangtundListenerfun den. Vielleicht sogar mit Rahmenvorgaben in Excel und in jedem Fall komplex und jeweils – bitte – schnell und umfassend auszufüllen. Mehr und mehr schleicht sich bei Ihnen das Gefühl ein, Ihre Zeit nicht Ihrer „eigentlichen“ Aufgabe widmen zu können, sondern ohne Bezug zum eigentlichen Unternehmensziel – oder gar zu Ihrer persönlichen Zielset zung–ZeitundEnergiefürimmerkomplexereinterneBerichterstattungen verwendenzumüssen. Sie erhalten allerdings von den Adressaten des von Ihnen gelieferten In putsinderRegelkeinFeedback.SiezweifelnnichtnuramSinn,sondern fragensichnachundnach,obeigentlichirgendjemandausdenangeforder tenundgeliefertenBerichtenoderTabellenSchlüsseziehtoderAktivitäten ableitet. Sie fragen nach und erhalten die Auskunft, dass man entweder noch auf die letzten Daten warten würde, die wieder irgendjemand noch nichtgelieferthabe,oderdassdieLeitungdieBerichtedemnächstbespre chen werde oder gerade besprochen habe, aber man über die Ergebnisse leider noch nichts wisse oder sagen könne. Werden Sie dann nicht ärger lichodergleichgültig,jenachTemperament? Siestellenfest,dassanderenichtimmerzeitgerechtdiegestelltenAnforde rungen erfüllen. Sie fragen sich, welche Konsequenzen es hätte, nicht zu liefernundstattdessenaufNachfrageeineplausibleAusredezuhaben.Sie testen es. Nur halb verwundert stellen Sie fest: Nichts passiert! Vielleicht bekommenSieeinenallgemeinen„reminder“perEMail;vielleichtstellen Sie dann doch etwas Material zusammen – nach dem Prinzip des „best effort“, was bedeutet, mit dem geringstmöglichen Aufwand formal die Bittedochnochzuerfüllen. WasistdieKonsequenzfürdieOrganisation?EinerseitsHyperaktivitäten zur Steuerung und Kontrolle unzähliger interner Prozesse. Gleichzeitig
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
bleibtNichtleistungohneKonsequenzen,derRespektfürdieVorgesetzen verliert sich, Eigenoptimierung geht vor Leistungsbeitrag, Vorgesetzte fühlen sich enttäuscht und alleingelassen, sie verdrängen Misserfolge, die Delegation unterbleibt zunehmend wegen der Unzuverlässigkeit der Mit arbeiter.DenMitarbeiternwirdnichtsmehrzugetrautunddieseverlieren an Motivation. Viel Kontrolle, wenig Ergebnisse. Die Organizational BurnoutSpiraledrehtsichweiter. TESTFRAGEN: SindimVergleichzudergleichenZeitimVorjahrdieinternenBerichts anforderungenspürbargestiegen? Erhalten Sie zunehmend keine Auswertungen aus den angeforderten Berichten? Beobachten Sie bei Ihren Kollegen eine immer weniger versteckte Ver weigerungshaltung,dieseinternenBerichtezeitundinhaltsgerechtab zugeben?
4.4
Ressourcen werden knapper, man weiß eigentlich nicht warum
InZeitenbesondererHerausforderungenwerdenzuerstvariable,dannfixe Kosten gespart. Je nach der Durchschnittsmarge eines Unternehmens ist der Erfolgshebel nicht verausgabter Mittel bei gleichem Unternehmenser lös groß bis sehr groß. Beispiel: Erzielt ein produzierendes Unternehmen imDurchschnittzehnProzentdesUmsatzesalsEBIT,dannmüssteesbei jeder Kostenerhöhung von 10.000 Euro einen Mehrumsatz von 100.000 Euro erzielen, um den Gesamtertrag konstant zu lassen. Umgekehrt kann einUnternehmenbeigleichenUmsatzerlösenmiteinerKosteneinsparung ohneProduktivitätseinbußensofortdasEBITausbauen.MitanderenWor ten, die Kosten hat man selbst im Griff; die Erlöse werden durch den Markterfolg bestimmt und der ist von vielen Imponderabilien abhängig. Insoweitistesrichtigundlegitim,ständigzusuchen,woundwieineinem funktionierendenBetriebKostenerlösneutraleinzusparensind.Soweit,so gut.
Ressourcen werden knapper, man weiß eigentlich nicht warum
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IndemZustandeinesOrganizationalBurnoutallerdingswerdendieRes sourcenknapper,obwohleskeineoffizielleKosteneinsparungsmaßnahme gibt. Die ersten Hinweise auf „Ressourcenschwund“ gibt es aus der Ent wicklung,ausdemMarketingoderausdemVertrieb.Dafindetbeispiels weise ein geplanter Relaunch einer Marke oder einer Produktlinie wegen „Zeitmangels“nichtoderzuspätstatt.DawirddieseBroschüreoderjener Internetauftritt nicht fertig. Da werden detailliert geplante Verkaufsinitia tiven erfolglos abgebrochen, weil man die gesteckten Ziele bei weitem verfehlen wird. Überall fehlen die Ressourcen, obwohl tatsächlich weder PersonalabbaunocheinebewussteKostenreduktionstattgefundenhaben. Wo sind die Ressourcen geblieben? Die Zeit und Geldmittel wurden bei internenAbstimmungsrunden,ineffektivenProzessenundvorallemdurch DemotivationundScheinaktivitätenverschwendet.NurwenigenBeschäf tigten ist wirklich bewusst, was eine ihrer Arbeitsstunden an Vollkosten verursacht. Die „Rüst und Versatzzeiten“, wie dieleeren,unproduktiven Arbeitszeiten von Arbeitswissenschaftlern genannt werden, nehmen beim OrganizationalBurnoutüberhand.Dasistnaheliegend,denndieBeschäf tigtenbrauchenjaungleichmehrZeit,umvorsichselbstundvoranderen ihreUnproduktivitätzurechtfertigen.Dabeiliegtesabergarnichtinihrem Verschulden. Sie können buchstäblich nichts dafür, sondern sie reagieren nur darauf, dass alle unter der Last des Organizational Burnout leiden, ohnesichdessenbewusstzusein. Ein weiteres Phänomen verschlingt Ressourcen ohne Ende: die Kraft der Gewohnheitsrituale. Im Alltag handeln wir in relativer Sicherheit und Ruhe, weil wir Gewohnheiten, Ritualen und Routinen folgen. Unser Ge hirnwillvonNaturausimmerEnergiesparenundkonzentriertseineKraft aufdiewesentlichenEntscheidungen.Beidentausendkleinen,alltäglichen HandlungenlässtunsdasGehirnnichtnachdenken,sondernwirhandeln automatisch. Das hat normalerweise viele Vorteile. Entstanden sind diese GewohnheitsritualeausderErfahrung,dasswirdiealltäglichenAufgaben schnellundrichtigerledigen.(ImKapitel8.6wirderläutert,wieRitualein derOBOTherapienutzbringendeingesetztwerdenkönnen.) In der Situation des Organizational Burnout hat sich die Welt des Unter nehmensoderderOrganisationbereitsverändert,aberdieGewohnheitsri tualefindennochimmersostatt,wieesebenimmerwar.Menschenblen
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
den Risiken, Unsicherheit und unangenehme Veränderungen zunächst aus. Ungewohntes erzeugt Widerstand. Das Trägheitsmoment des Einzel nen ist ausgeprägt, die kollektive Unbeweglichkeit geht im Extremfall bis zurSchockoderAngststarre. WennsichnunmehrdasUnternehmenverändertenBedingungenanpassen muss,wennbeispielsweisedasManagementneueProzesseoderinnovati ve Organisationsstrukturen als Reaktion auf die oben geschilderten OrganizationalBurnoutPhänomene einführen will, dann verschlingt der offeneundversteckteWiderstandungeheuervieleRessourcen. Dabeiistesunerheblich,obdieMitarbeiterdieRessourcendurchsichtbare Gegenwehr oder durch intrinsische Demotivation verschwenden, weg ist weg.DieOrganizationalBurnoutSpiraledrehtsichschneller. TESTFRAGEN: NimmtderZeitdruckmerklichzu?ErreichenSieimGegensatzzufrüher IhrPensumkaumnoch,obwohlSieamEndedesTagesoftnichtwissen, wasSieeigentlichgeschaffthaben? Beobachten Sie zunehmend, dass Ihnen das geplante Budget nicht reicht? KommenIhreMitarbeiterimmerwiederklagendzuIhnen,weilandere Bereichenichtzeitgerechtzuliefern? BliebeninjüngsterZeitimmerwiederwichtigeProjekteaufderStrecke, diegeplantundzugesagtwurden? WerdenzunehmendTermine–vomManagementgeduldet–nichtein gehalten?
Der Betrieb funktioniert trotz und nicht wegen des Managements
4.5
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Zunehmend funktioniert der Betrieb trotz und nicht wegen des Managements
Ein Orchester wird nicht ohne Dirigenten auftreten. Ein Schiff wird nicht ohne Kapitän den Hafen verlassen. Klare Strukturen und strenge Hierar chiestehenhiernichtimWiderspruchzuhoherLeistungundMotivation. UndinUnternehmen,inOrganisationenoderInstitutionen?Auchhierist Führung notwendig und entscheidet über Erfolg oder Nichterfolg der FirmaoderderOrganisation.BibliothekensindmitBüchernüberFührung und Management gefüllt worden. Es ist hier nicht unser Thema, wie ein Unternehmen wirksam geführt werden soll. Sehr wohl ist es aber das Thema, ob Führung stattfindet, die Mitarbeiter die Führung respektieren undderFührungfolgen. WennderDirigentkeinKonzeptfürdieInterpretationeinesMusikwerkes hätteodergarunmusikalischwäre,wennderKapitänkeinKapitänspatent für„GroßeFahrt“hätteoderkrankwürde,dannwürdederKonzertmeis ter im Orchester bzw. der Erste Offizier auf dem Schiff selbst organisiert dafürsorgen,dassdieAufführungstattfindetbzw.dasSchiffdennächsten Hafenerreichenkann. FührungistkeineFragederSympathie,sondernFührungwirdanerkannt, wenn sie kompetent und wirksam stattfindet. Die meisten Mitarbeiter könntenihrUnternehmennichtselbstführen–auchwennsiegelegentlich dieser Meinung sind –, aber sie wissen sehr genau, ob ihr Unternehmen geführt wird. Wer als Vorgesetzter nicht weiß, wohin er will, der kann seinen Mitarbeitern auch keine Ziele vorgeben und der kann schon gar nichtbeischweremWetterdenKurshalten.HilfloseVorgesetzteverlieren erstdasVertrauenunddanndenRespektderMitarbeiter.Inmarktnahen Unternehmen wollen die Beschäftigten in jedem Fall nach außen das Ge sichtwahrenundsiewerdennachbestemWissenundGewissendiePro zesseinGanghalten,auchgegendenWiderstandderOrganisation. Sie werden es schon erlebt haben: Sie stehen nach außen für das Unter nehmen ein und puffern die Beschwerden der Kunden ab. Selbst intern werdenSieversuchen,aufdergleichenKommunikationsebeneIhreKolle
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
gen dafür zu gewinnen, solidarisch die notwendige Leistung zu bringen, um „den Laden am Laufen zu halten“. Gerade Konzerne oder öffentliche Einrichtungen scheinen auf diese Weise lange gut zu laufen, auch wenn sich im Vorstand mal wieder die Kräfte unternehmenspolitisch paralysie renoderbeispielsweiseM&APlänedieganzeKraftdesTopManagements binden.Hochleistungen,InnovationenundWachstumsindindieserSitua tion nicht zu erwarten. Das Unternehmen liefert scheinbar und nach den Zahlen eine kontinuierliche Performance, tatsächlich aber geht das Unter nehmenbereitsunter–esweißesnurnochnicht. In marktfernen Organisationen oder Institutionen sieht es anders aus. In öffentlichen Einrichtungen, politischen Organisationen oder vom Wettbe werbabgeschottetenUnternehmenistderEhrgeizderBeschäftigtenweni ger darauf gerichtet, dem Nutzer gegenüber das Gesicht zu wahren und den Leistungsstandard aufrechtzuerhalten, als vielmehr selbst im steten politischen Evolutionsprozess zu überleben bzw. aufzusteigen. Die Kran kenquoteimöffentlichenDienstiststetsmitamhöchsten50unddieChan cen,alleindurchLeistungerfolgreichzuseinundKarrierezumachen,sind naturgemäß gering. Umso mehr besteht die Gefahr des Organizational BurnoutdurchfehlendeFührung. Wo sich Leistung nicht wirklich lohnt, wird Leistung auch nicht stattfin den. Wo Führungskräfte nur sehr beschränkte arbeitsrechtliche Möglich keiten haben, Nichtleistung zu pönalisieren, werden die Vorgesetzten versuchen, Leistung durch nichtmaterielle Anreize zu bewirken. Dieser Weg ist aber nur überzeugend, wenn die Führungskraft durch Charisma und Kompetenz klar und konsequent führt. Öffentliche Organisationen sind nicht besonders geeignet, derartige Führungskräfte anzuziehen oder zuentwickeln.WennaberFührungfehlt–insbesondereinherausfordern denZeiten–,werdendieMitarbeiterinöffentlichenOrganisationeninden
DerFehlzeitenReport,dervomWissenschaftlichenInstitutderAOK(WIdO)und derUniversitätBielefeldherausgegebenwird,informiertjährlichumfassendüber dieKrankenstandsentwicklung.DieKrankenquotedesöffentlichenBereichsliegt seitJahrenregelmäßigumca.1,5ProzentpunktehöheralsbeidenVersichertender AOKoderanderenGKV.
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Unsicherheit macht sich breit, Dynamik geht verloren
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„Dienst nach Vorschrift“Modus fallen, schon als Selbstschutz, denn Mit arbeiterinitiativekannindiesemKontextauchgefährlichsein. WährendalsodasmarktnaheUnternehmennoch–wieeinSupertanker– eine Zeit lang auch ohne Antrieb in die bisherige Richtung weitertreibt, werdenmarktferneOrganisationenohneFührungaufderStelletretenund abwarten,umFehlerzuvermeiden. TESTFRAGEN: Erhalten Sie von Ihren Kollegen auf gleicher Ebene neuerdings immer wieder Anfragen, gemeinsam Probleme zu lösen, die –da sei man sich doch einig – ohne Einschaltung der oberen Ebene schneller und besser bearbeitetwerdenkönnten? Beobachten Sie sich selbst dabei, die eigentlich vorgeschriebenen Ent scheidungswegezudenhöherenEbenenzuumgehen,dasichdamitdie Prozessestetskomplizieren? Werden Sie als Vorgesetzter häufiger „versehentlich“ nicht in die Pro zessemiteinbezogen?
4.6
Unsicherheit macht sich breit, Dynamik geht verloren
Führungskräfte nehmen nicht selten den Hinweis, beispielsweise von Be reichsleiternoderdesBetriebsrates,aufeinezunehmendeVerunsicherung derMitarbeiterrelativgelassenauf.Ja,manchemeinenimStillen,dassein gewisser Grad an Unsicherheit zu höherer Leistung führe, weil niemand sichaufseinenLorbeerenausruhensolleunddürfe. Irrtum! Die Verunsicherung von Mitarbeitern kann nur zu mangelhaftem Outputführen.Warum?Mitarbeiter,diebisebennocheinedefinierteAuf gabeaufgrundklarerStrukturenundProzessewahrgenommenhaben,nun aberzweifeln,obsieihrenJobnochrichtigmachenundobdiebisherigen Regeln noch gelten, müssen sich abwartend verhalten, um Fehler und Pönalisierungenzuvermeiden.DieFolge:InitiativundZeitverlust.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Wie entstehen diese organisatorischen Verunsicherungen? Zunächst darf manfragen:WasmachtedieSicherheitderRichtigkeitderbisherigenAuf gabenwahrnehmungaus? Klare Aufgabenbeschreibungen, überlegte Abläufe, fundierte Ausbildung und Training, eindeutige Anweisungen für den Ausnahmefall und struk turierte Hierarchien von Weisungsbefugnissen geben dem Mitarbeiter die SicherheitfürdenAlltag.Jederweiß,waswanninwelchemFallzutunist, undderMitarbeiteristauchdazubefähigtundautorisiert,eszutun.Fer ner schöpft der langjährige Mitarbeiter aus den bisherigen Erfolgen die Sicherheit,seinenJobrichtigzumachen.DieAbläufehabensichbewährt, dasPensumwirdgeschafft,dieArbeitsinhalteerfüllenihrenZweck,kurz: Esläuft. Wenn nun aber nichts mehr so gilt wie bisher? Wenn die Vorgaben der Vorgesetzten wechseln und unklar werden? Wenn die Kaskade der An weisungen nicht mehr funktioniert und das Mittelmanagement beginnt, sich gegenüber den Mitarbeitern kritisch von den Anweisungen „von oben“zudistanzieren,danntrittparalysierendeVerunsicherungein. ErstvorKurzemerlebteichden„CEOCentralEurope“einesinternationa len Dienstleisters für die Industrie in einem regionalen Meeting der Füh rungskräftemitsinngemäßfolgenderAussage:„DieinPariswollendasso. Ich glaube zwar nicht an den Effekt für das angestrebte Wachstum, aber wirsolltendasjetztmalsomachen“.WassollendennnachdieserAussage die mittleren Führungskräfte ihren Mitarbeitern sagen? Wahrscheinlich wird in der weiteren Kommunikationskette die Unsicherheit eher größer unddieOrientierungfürdieMitarbeiterehergeringerwerden. Warum gehört organisatorische Verunsicherung zu den typischen OrganizationalBurnoutSymptomen? Nachdem der Unternehmenserfolg amMarktzunächstvonFallzuFall,dannimmerhäufigerfehltebzw.deut lich unter dem Plan blieb und zeitgleich die Produktivität abgenommen hatwurdevomManagementmithartenGegenmaßnahmenreagiert.Diese Gegenmaßnahmen beruhen allerdings in der Regel auf dem Versuch schnell,zuhandeln,möglicherweiseauchinderAbsicht,denEigentümern oder den Aktionären zu signalisieren, dass man als Management hand lungsfähigseiunddieEntwicklungimGriffhabe.
Unsicherheit macht sich breit, Dynamik geht verloren
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BeidenMitarbeiternkommendieseSchnellschüsseerstensalsKritikander bisherigenLeistungundzweitens,alsbelastenderVeränderungszwangan. DamitaberstellensichdieMitarbeiterdieFragen,obsiezumeinenbislang allesfalschgemachthättenundzumanderen,obnichtmorgenschonwie der alles anders sein werde. „Worauf kann man sich denn bei uns noch verlassen?“,istdieFrage,dieinderKaffeeküchegestelltwirdunddiedort niemandbeantwortet.DieseKommunikationslückeninVeränderungssitu ationen schaffen Unsicherheit und kosten Zeit, Energie und Erfolg. Das OrganizationalBurnoutvertieftsich. TESTFRAGEN: HabenSieinletzterZeitalsFührungskraftdieNotwendigkeitgesehen, schnell auf Signale des Marktes zu reagieren, und haben Sie die zwin genden Maßnahmen konsequent in die Organisation gegeben? Sie stel lendiesbezüglicheineVielzahlvonRückfragenfest,dieIhneneherbe fremdlichvorkommen? WerdenSievonIhrenKollegenimmerwiedergefragt,obSiedieneuen Anordnungen verstanden haben und ob denn „die da oben“ wüssten, washiervorOrtwirklichnotwendigsei? HabenSieerlebt,wieIhrVorgesetzterNeuregelungenderSpitzevoller ZweifelweiterkommuniziertundhabenSiesichdabeigefragt,obdiese neuenRegelnlängerBestandhabenwerden? HabenSiebegonnen,öfteralssonstIhrenVorgesetztenzufragen,obSie es jetzt richtig machen, und die Bestätigung für Ihre Arbeitsergebnisse gesucht? Beginnen Sie sich abzusichern, indem Sie mündliche Anweisungen in Notizen schriftlich festhalten, denn es könnte Ihrer Meinung nach pas sieren,dasssichIhrVorgesetzternichtmehranseineAnweisungener innert?
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4.7
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Der Anspruch von allen an alle steigt
SolangedieWeltnoch„inOrdnung“war,gewannendieBeschäftigtenihre Arbeitsfreude – und nebenbei bemerkt auch ihre Selbstbestätigung von denFreundenundderFamilie–ausdereigenständigen,selbstverantwor teten Leistung. Der Chef traut es mir zu, ich schaffe es und ich bin stolz darauf! Bei einer Konferenz, einem Luncheon, beim Golfturnier oder bei einem Treffen in privatem Kreis stelle ich an meinen neuen Gesprächspartner recht bald sinngemäß die Frage: „...undwas machenSie so?“ Bereits aus der Art der Antwort kann ich einen ersten Schluss ziehen, wie es um die KulturinseinemUnternehmenoderseinerOrganisationbestelltist. Wenn die Antwort lautet: „Ich sorge in meiner Funktion als Controller dafür,dassallewissen,wosieaufdemWegzumJahreszielstehen.Wissen Sie, wir sind führend in der Produktion von Fensterrahmen aus energie sparenden Materialien! Was glauben Sie, wie viel man da sparen kann?“, dannmussichmirumdieKulturseinerFirmakeineGedankenmachen. WenndieAntwortaberetwafolgendermaßenausfällt:„Icharbeiteinder Bauzulieferindustrie. Sie wissen ja, das ist alles nicht so einfach in dieser Branche“, dann spreche ich entweder mit einem notorischen Pessimisten oder in seinem Unternehmen herrscht eine Negativkultur, in der quasi reflexivdieSchuldimmerbeianderenzusuchenist.Vermutlichistdessen FirmabereitsvomOrganizationalBurnoutinnerlichangefressen. DieKulturineinemUnternehmenimOrganizationalBurnouthatsichtotal verkrampft.DieausbleibendenUnternehmenserfolgeführenhiernichtzu Lösungen, sondern zu Schuldsuche und Schuldzuweisungen; fast immer zunächst von oben nach unten. Natürlich ist es richtig, bei temporärem Erfolgsversagen nach den Ursachen zu fragen und diese möglichst zu beseitigen. Wenn aber die Aktivität bei der Schuldfrage stecken bleibt, dannhatdasUnternehmenzunächsteinFührungsunddanneinKultur problem, denn automatisch folgt das mittlere Management dem Vorbild desSpitzenmanagements.
Der Anspruch von allen an alle steigt
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In einem gesunden Unternehmen vertraut man sich untereinander und traut sich gegenseitig zu, die jeweilige Aufgabe gut zulösen.Aus diesem VertrauenundZutrauenerwächstdieKraftdesSelbstvertrauens. WennaberdasOrganizationalBurnouteinsetzt,dannwirdausVertrauen die Suche nach Schuld und Verantwortung für das Versagen des Unter nehmens. Aus der allgemeinen Schuldfrage folgen steigende Anforderun genanandere,denn–sosindwirMenschen–erstzuletztsuchenwirdie Schuldbeiunsselbst. „Wenn nur der Vertrieb die Bestandskunden besser bearbeiten würde, dann…“oder„WenndiezugesagtenLieferzeitenvonderLogistikeinge halten würden, dann könnten wir bei den Bestandskunden …“ sind Bei spielefürtypischeRechtfertigungen. Dieser Anspruchsdruck wird zunächst von oben nach unten, dann seit wärts und in der späteren Phase des Organizational Burnout von unten nachobenausgeübtundzwarmitzunehmenderKraftundimmerlauter. BeiAnalyseinterviewshöreichdannAussagen,wie:„WenndieGeschäfts führung nicht weiß, was sie will, dann können wir hier arbeiten, wie wir wollen!“ oder: „Wer weiß, ob das Unternehmen noch lange so weiterma chen kann, wenn der Chef nicht bald begreift, dass unsere Preise einfach nichtmehrwettbewerbsfähigsind“. TESTFRAGEN: Sie verstehen nicht, warum neuerdings in den anderen Bereichen Ihrer Firma so schlecht gearbeitet wird und warum der Vorstand nicht klar durchgreift? DieFirmenleitungweißoffenbarnicht,wieesanderFrontwirklichzu geht,undwennsichdasManagementbesserüberdenMarktinformie renwürde,dannwürdeesnichtdieseunerreichbarenZielesetzen? Siemögenesnicht,imprivatenKreiszuIhremBerufgefragtzuwerden, zumalinletzterZeitdochvielesnichtsoläuft,wieessoll?
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
4.8
Zynische Grundstimmung gegenüber Firma und Kollegen macht sich breit
Gelegentlich eine sarkastische Bemerkung im Berufsalltag ist befreiend und sollte den Vorgesetzten allenfalls zum Schmunzeln, aber nicht zur Sorgeveranlassen.AndersverhältessichmitZynismusalskulturelleund akzeptierteGrundhaltungimUnternehmenoderinderInstitution. WährendderSarkasmuseigentlichnurbitterschwarzhumorigeAussagen beinhaltet, geht der Zynismus hierüber hinaus und bezieht sich auf den CharakterunddieWeltsichteinesMenschenodereinerGruppe. Es gibt im beruflichen Umfeld drei verschiedene – in der einschlägigen Literaturbeschriebene–ArtendesZynismus:
႑Berufszynismus:ZynischeEinstellungengegenüberAspektendereige nenArbeit.DarinspiegeltsichverlorenerStolzundgeringerRespekt gegenüberdereigenenArbeitwider.
႑OrganisationalerZynismus:EinegenerelleoderspezifischeEinstellung,
diedurchFrustration,Hoffnungslosigkeit,DesillusionierungundMiss trauengegenüberdereigenenOrganisation,demManagementoder anderenAspektenderArbeitgekennzeichnetist.
႑ZynismusinorganisatorischenVeränderungsprozessen:Pessimismusbe
züglichdesErfolgszukünftigerorganisatorischerVeränderungen,der sichmeistensausnegativenErfahrungenvorherigerTransformationen ergebenkann.VerantwortlichefürdenorganisationalenWandelwer denalsinkompetentoderunwilligeingeschätzt.
DerHangzumZynismusisteineschleichendeDroge.Nichtseltentunsich hierdieMitarbeiterhervor,dieeigentlichseitLangeminderOrganisation oderInstitutioneheramRandestanden.Siewerdenesselbsterlebthaben, vielleicht zunächst in halboffiziellen Situationen, z. B. beim kleinen Um trunkanlässlichdesGeburtstageseinerKolleginoderbeiderWeihnachts feier, wie der sonst eher ruhige Kollege aus der anderen Abteilung zur Höchstform aufläuft und eine zynische Bemerkung nach der anderen un widersprochenplatziert.SeineLieblingszielesinddas–möglicherweisein denfernenUSAsitzendeundkeineAhnunghabende–Management,die–
Zynische Grundstimmung gegenüber Firma und Kollegen macht sich breit 121
angeblichwirklichwenighilfreichenNörgler–vomQualitätsmanagement oder auch die – wissen die überhaupt, was wir an denen verdienen – ah nungslosenKunden.EsfallenBemerkungen,wie:„DasManagementtrifft sichheutezurZukunftsstrategie,komisch,warumsiedasnichtFachleuten überlassen“. Oder: „Die da Oben werden ja fürs Denken bezahlt; schade nur,dassfürdasvieleGeldechtnichtvielrumkommt!“ Peter Sloterdijk51 hat in seiner „Kritik der zynischen Vernunft“ definiert, wie es sich mit dem Kynismus und dem Zynismus verhält. Danach sind Kyniker Menschen, die wissen, wie schlecht es um eine Sache bestellt ist, unduneigennützigdieseSituationdurchIronieundSpottzuänderntrach ten.DagegenwissenzwarZynikerebensoumdieMissstände,ändernaber nichts daran, sondern versuchen, aus der Situation ihren eigenen Nutzen zuziehen. Das für mich Verblüffende ist die Widerstandslosigkeit des jeweiligen Teams,derKollegenoderderVorgesetztengegenaufkommendenorgani sationalen Zynismus. Es ist, als ob der Zyniker sofort als ein geistreicher „Durchblicker“akzeptiertwürde,demmanambestenseinerseitsmiteiner zustimmenden,witzigenBemerkungrechtgibt.VielleichtausSorge,selbst Ziel einer giftigen Bemerkung zu werden. Haben Sie das letzte Mal bei einer vergleichbaren Gelegenheit Widerstand gegen den „Brunnenvergif ter“ geleistet? Wo war da Ihre Zivilcourage? Wo war Ihre Identifikation mitIhrerOrganisationoderInstitution? Bei Organisationen oder Institutionen im Zustand des Organizational Burnout gehört Zynismus bereits zu den heimlichen Spielregeln der Fir menkultur.MeinfrühererKollege,PeterScottMorgan52,hatdieMachtder ungeschriebenen Gesetze in Unternehmen analysiert. Sie stehen in keiner Dienstanweisung,siesindankeinemSchwarzenBrettangeschlagenundin keinerVorschriftnachzulesen–unddennochbestimmensiedasArbeitsle benmehralsalleoffiziellenVerlautbarungen.
51Sloterdijk,P.(1983)KritikderzynischenVernunft.2Bände.FrankfurtamMain 52ScottMorgan,P.(1994)„DieheimlichenSpielregeln“FrankfurtamMain
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Tatsächlich habe ich bereits bei den ersten Treffen mit Mitarbeitern einer bedeutendenKonzerntochtereinesdergrößtendeutschenLogistikkonzer ne erlebt (übrigens in den Sitzungspausen in der erstklassigen Kantine), wie man sich gegenseitig in den neuesten Zynismen übertraf. Jeder hatte immernocheinenbesserenunddieLacheraufseinerSeite.Ineinerruhi gen Ecke befragte ich später eineoffenbar erfahreneMitarbeiterin, ob das hierimmersolustigzugingeoderobsiedieewigeNörgeleiunddiezyni schen Bemerkungen nicht nerven würden. Sie sah mich etwas irritiert an und fragte nach, was ich denn meinen würde. Sie hatte die Situation als völlignormalundalltäglicherlebt. Zynismus ist ein gefährliches, schleichendes Gift. Er höhlt das Selbstbe wusstseinunddenStolzausundvorallemistmanalsFührungskraftda gegen fast völlig machtlos. Zynismus beschleunigt den Fortschritt des OrganizationalBurnout. TESTFRAGEN: Sie haben erst kürzlich wieder in einem Meeting eine lustige Zeit mit den Bemerkungen Ihrer Kollegen über die Unzulänglichkeiten Ihrer Firmagehabt?Undnatürlichhatdakeinergegengehalten? Manchmal stören Sie die zynischen Anmerkungen Ihrer Kollegen, aber irgendwiehabensiejarecht? Sie waren als Vorgesetzter das Ziel einer zynischwitzigen Bemerkung undhabenherzlichmitgelacht,dennSiewolltenSichkeineBlößegeben? Sie haben es sich als Führungskraft angewöhnt, Ihre Anweisungen in humorvolle Bitten einzukleiden, weil Sie im Grunde sonst zynischen Widerstandfürchten?
4.9
Simulation des persönlichen Engagements
ZynismusistdiesichtbareSpitzedesEisbergesder„InnerenKündigung“. WährenddasOrganizationalBurnoutzunimmtundKonturgewinnt,wer densichmehrundmehrBeschäftigteinnerlichvonihrerOrganisationoder
Simulation des persönlichen Engagements
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Institution distanzieren. Die tatsächliche Identifikation hat bereits gelitten und immer häufiger fragt man sich selbst, ob das erhebliche persönliche EngagementnochinRelationzudenZukunftsperspektivenderOrganisa tion oder Institution steht. Die innere Kündigung, häufig zunächst unbe wusstausgesprochen,hatihreUrsacheninderwiederholtenNichtachtung derpersönlichenLeistung. ZweiDrittelderBeschäftigtenwürdenDienstnachVorschriftmachen,ein Fünftel befinde sich sogar in der inneren Kündigung, will Gallup53 2009 herausgefunden haben. Gallup führt diese Ergebnisse in Deutschland hauptsächlich auf Defizite in der Personalführung zurück. Die Beschäfti generhaltenwenigerWertschätzungundLobalsgewünschtundkönnen ihre Meinungen und Ideen nicht erfolgreich einbringen. Geprägt hat den Begriffder„InnerenKündigungReinhardHöhn54,GründerdesHarzbur ger Modells, als „bewussten Verzicht auf Engagement und Einsatzbereit schaft“. DieGründefüreineinnereKündigungsindimAllgemeinenFührungsfeh ler – etwa in der Kommunikation, sowie durch geringe Entscheidungs spielräume bei den Mitarbeitern. Auch eine sehr arbeitsteilige oder hier archiebetonteFührungskulturineinerOrganisationoderInstitutionerhöht die Wahrscheinlichkeit einer inneren Kündigung. Befindet sich aber eine Organisation oder Institution im Zustand des Organizational Burnout, werden die Signale der Mitarbeiter hinsichtlich ihrer inneren Kündigung nicht mehr von dem sozialen System „Unternehmen“ wahrgenommen, dagegen erleben die Beschäftigten vermehrt „Liebesentzug durch den Vorgesetzten“.
5367ProzentderArbeitnehmerinDeutschlandfühlensichkaumnochanihrUnter nehmengebundenundmachenDienstnachVorschrift,20Prozenthabeninnerlich bereitsgekündigt.Lediglich13ProzentderBeschäftigtenverspüreneineechte VerpflichtunggegenüberihremUnternehmenundarbeitenhochengagiert.Solautet dasErgebnisdesimJanuar2009vorgestelltenGallupEngagementIndex. 54Höhn,R.(1989)DieinnereKündigunginderöffentlichenVerwaltung.Ursachen
FolgenGegenmaßnahmen.Stuttgart/München
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
IstdieDistanzzwischenformalerErfüllungderkonkretenAnforderungen amArbeitsplatzundderfehlenden,mentalenIdentifikationmitdenZielen der zu erfüllenden Teilaufgaben nur für den Beschäftigten ein Problem oder auch für seine Kollegen, Mitarbeiter oder seine Vorgesetzten? Lange ZeitgaltenjaeinhoherKrankenstandundhoheFluktuationalsGradmes serdafür,wieweitverbreitetdieinnereKündigungineinemUnternehmen ist. In Zeiten der Wirtschafts und Finanzkrise dürfte sich das Bild aller dings verschoben haben. Hier bleibt man sicherheitshalber, wo man ist, denndasRisikodesWechselsistgroß.DabeidürftederAnteilderinner lich gekündigten Mitarbeiter in den vergangenen Jahren eher zugenom men haben, denn die verbreiteten Restrukturierungen, Budgetkürzungen sowie die hohe Medienpräsenz von Massenentlassungen dürften die Be schäftigtenstarkverunsichern. WannbefindetmansichinderinnerenKündigungundgibtestatsächlich einen psychologischen Point of no Return? Woran erkennt man den Zu standderinnerenKündigungbeiKollegenoderbeiMitarbeitern? Sie, sollten Sie betroffen sein, werden die inneren Vorbehalte nicht zu Markte tragen. Sie entwickeln dann Fluchtfantasien und träumen sich entweder zurück in die Zeit der Sicherheit oder in eine wunderbare Zu kunft. Diese Zukunft findet allerdings nicht an dem Arbeitsplatz der Ge genwart statt.Wenn Sie innerlich gekündigt haben und nur noch „Dienst nachVorschrift,alsodasAllernötigstemachen,istdasnatürlichauchzum SchadenfürIhreOrganisationoderInstitution.SiesindvielleichtderMei nung,dassdasnurgerechtsei,dennIhreVorgesetztenhabenjaIhrEnga gementnichtanerkennenundnutzenwollen.Dannebennicht!Sieschrau ben Ihr Engagementzurück. Sie rechtfertigen sich damit, dass Sie ja auch schließlichnurfürdasbezahltwerden,wasSieleisten.DieFirmaisteben selbst schuld: Sie hätte für ihr Geld noch mehr haben können. Eigentlich sindSiejaeinmotivierterMitarbeiter,dermitElanundIdeenandieArbeit geht–aberhierhatdassowohlkeinenZweck. Im schlimmsten Fall merkt Ihr Unternehmen vielleicht gar nicht, dass Ihr Engagement zurückgegangen ist. Vielleicht werden Sie aber doch darauf angesprochen und gefragt, ob Sie ein persönliches Problem haben. Jetzt könntesichnormalerweisealleszumGutenwendenundSiekönntenIhren aufgestauten Frust herauslassen, Ihr Vorgesetzter ändert sich dann oder
Simulation des persönlichen Engagements
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IhreArbeitsbedingungenwerdenbesserundalleswäregut.DaSieaberals engagierter Mitarbeiter Ihre Probleme bereits früher immer mal wieder angesprochen haben und das in der Organisation oder Institution im OrganizationalBurnoutletztlichohneErgebnisblieb,istdiezweitemögli che Konsequenz wahrscheinlicher: Ihre Beurteilung fällt schlecht aus und Sie haben ein Problem. Denn was geschieht gerade mit den engagierten MitarbeiternineinerOrganisationoderInstitutionimsichverfestigenden Organizational Burnout? Sie leben und arbeiten gegen Ihre Überzeugun gen. Das kostet Energie! Sich zurückzunehmen klingt einfach („… dann mach ich eben nur noch das Nötigste“), ist es aber nicht. Außerdem sind Sie frustriert. Und zwar doppelt: zum einen, weil Ihre Organisation oder Institution Ihr Talent und Ihr Engagement nicht anerkennt und für sich nutzt, zum anderen über sich selbst. Denn eigentlich wären Sie ja ganz anders. WennsichdieSymptomedesOrganizationalBurnoutaufIhrpersönliches Engagement belastend auswirken, ist dies besonders fatal, denn Sie wer dendamitkünftigaucheinTeildesProblemsundsindnichtmehrTeilder Lösung. TESTFRAGEN: Beobachten Sie als Vorgesetzter bei Ihren Mitarbeitern zunehmend we nigerBereitschaftsich,neuenodererweitertenAufgabenzustellen? Herrschte auffallende Stille im Raum, als die letzten Male vom Chef in der Leitungsrunde gefragt wurde, wer die neue Projektgruppe über nehmenwerde? Erleben Sie bei Ihren Kollegen neuerdings deutliche Zurückhaltung, wenneinProblemschnellgelöstwerdenmussoderjemandwegeneines Kollegenausfallseinspringenmüsste? HörenSievermehrtetwasüberdenübervollenArbeitstagdesKollegen, um dann auf dem gemeinsamen, elektronischen Kalender viel freien Raumzuentdecken? FragenSiesichselbstzunehmendnachdemSinnundZweckdeshohen EinsatzesundlassenSiejetztauchschonmal„fünfgeradesein?“
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
4.10
Innovationen finden (auch im Kleinen) nicht mehr statt
Innovationensindimmerundüberallmöglich,nurnichtineinerOrganisa tionoderInstitution,derenKlimainnovationsfeindlicherkaltetundderen Management alle Energie auf das Überleben ausrichtet. Der menschliche Organismuserfriertvonaußennachinnen–undsostirbtaucheineOrga nisation oder Institution im Organizational Burnout. Zuerst sterben die innovativenKräfte. DasGablerWirtschaftslexikon55definiertInnovationsklimaalsdie„fürein UnternehmenspezifischenRahmenbedingungenbzw.organisatorischeVorausset zungenfürdasHervorbringenvonNeuerungen.InnovationsklimaistVorausset zung für unternehmerische Innovationsfähigkeit. Internes Innovationsklima ist engverwandtmitdemOrganisationsklimaundniveauundwirdvorallemvom FührungsstilunddemAusmaßderinformellenKommunikationgeprägt“. IstdasKlimakollegial,freiundbeschwingt,wirdesInnovationenimKlei nen und Großen stimulieren; ist dagegen das Klima angespannt, dumpf und kleinkariert, dann wird selbst das einfachste betriebliche Vorschlags wesenabsterben.InmeinerUntersuchungfürdieZeitschrift„Absatzwirt schaft“56 stellte ich 2005 die sieben kritischen Faktoren zur erfolgreichen Beschleunigung von Innovationen in Unternehmen aus der Erfahrung vielerBeratungsprojektezusammen:
႑Eslohntsich,InnovationenimZusammenhangdesMarktsystemsvo rauszudenken.
႑ErstdurchprofessionelleUnnachgiebigkeitwirdausInnovationlang fristigesWachstum.
႑ErfolgreicheInnovationenadressierengleichzeitigunterschiedliche Wertemotive.
55GablerWirtschaftslexikon,(2010)Wiesbaden
56Absatzwirtschaft,„DieglorreichenSieben“2/2005
Innovationen finden (auch im Kleinen) nicht mehr statt
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႑DasControllingmussdemInnovationsgeistLuftzumAtmenlassen. ႑ProfitableInnovationenliegenoftnäher,alsmandenkt. ႑AmPointofSaleistderinnovativeAnsatzkonsequentdurchzuhalten. ႑Marketingistnichtalles,aberohneMarketingistallesnichts. Ohne auf die Punkte einzeln einzugehen, spannt sich doch über das ge samteInnovationsthemaderSchirmdesInnovationsklimaseinerOrganisa tionoderInstitution. WiestelltsichdieSituationbeieinerFirmaimOrganizationalBurnoutdar? InterneProzessoderVerfahrensinnovationenwurdenineinerausgelaug ten Organisation oder Institution in den letzten Jahren immer wieder er folglos versucht. Jeder neue Ansatz erstickt nunmehr in seiner eigenen Unglaubwürdigkeit. Externe Produkt oder Marktinnovationen werden nichtwirklichkonsequentindenMarktgebracht,weilsichdieMenschen anderKundenfrontvonihrerOrganisationoderInstitutionalleingelassen fühlen. Gerade marktferne Institutionen bringen unter diesen Rahmenbe dingungen keine, auch noch so bescheidene, Neuerungen mehr zustande. Gerade hier bedarf es dann eines vergleichsweise radikalen Neubeginns. AberauchmarktnaheUnternehmentretenaufderStelle.WennSiesichvor Augen halten, wie Ideen für Innovationen entstehen und aus welchen Quellen Innovationen sprudeln, dann werden Sie nachvollziehen können, dassmanunterZwangnichtkreativundnichtinnovativseinkann.Versu chenSieesselbst:SeienSiejetztsofortinnovativ!Siemerkenschon,sogeht dasnicht. IneinerOrganisationoderInstitutionimOrganizationalBurnoutsinddie folgendenInnovationsquellenverschlossenoderversiegt:
႑Kunden:UmdieKundenwiederzurwichtigstenQuellevonInnovatio
nenzumachen,mussmansichergebnisoffenmitKundenbedarfenaus einandersetzenunddiese–ggf.interaktiv–weiterentwickeln.Dazu mussaberderAußendienstoderdasManagementmitdenKundenin einenkreativenDialogtreten,zudemabereineUnternehmungunter demEinflussdesOrganizationalBurnoutnichtmehrinderLageist.
႑Wettbewerb:EsgehthierumdieFrage,wiedieWettbewerberihrBusi nessModellbetreiben,wiesieorganisiertsind,welcheLeistungspro
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
zessesiegestaltethabenoderwelcheoperativenVorteilesiefürsich entwickelthaben.Esgehtauchdarum,welcheProduktundLeis tungskonzeptederWettbewerbverfolgt,welchesKnowhowerdazu einbringtundwasdieKonkurrenzdenKundenzubietenhat.EinUn ternehmenimOrganizationalBurnouthataberdasalleslängsterfolg losversuchtundbringtdieEnergiefüreinenneuenAnsatzderWett bewerbsanalysenichtmehrauf.ZudemerscheinendieMethodendes WettbewerbsininternenDiskussionen–vordemHintergrundderei genenSchwäche–schonlangealsunredlich,unfairundrücksichtslos. Manweigertsich,vomWettbewerbetwaslernenzukönnen.
႑Lieferanten:EinenützlicheQuellevonInnovationsideenkönnenver
trauteLieferantensein,wenndasUnternehmensiealsPartnerbehan delt,mitihnenInnovationsanforderungenbesprichtundAnregungen derLieferantenkonstruktivaufnimmt,auchwenneinLieferantsich dadurchhierunddaeinenVorteilverschafft.WennaberdieFirma durchdasOrganizationalBurnoutgeschwächtist,wirdsieLieferanten nichtalszukunftsorientiertePartner,sonderneheralsaustauschbare Zulieferersehen,vondenenmansichnichtabhängigmachenmöchte. AuchdiemisstrauischeSorge,derWettbewerbkönnteüberdenLiefe rantenetwasvondeneigenenInnovationenerfahren,verschließtdiese Quelle.
႑Mitarbeiter:Siesinddiebeste,vertrauensvollsteundkreativsteQuelle
fürInnovationsideen.Nichtzuletzt,weildieMitarbeiterdieseIdeen überallsammelnkönnen;vondenKunden,vomWettbewerb,vonden Lieferanten.EssindjadieMitarbeiter,dievorOrtdieKontaktehaben unddiemitdenNetzwerkpartnerndieGesprächeführen.Aberdie KollegensindauchselbsteinewesentlicheIdeenquelle,wennsiesich engagiertmitdemGeschäftsgeschehenihresUnternehmensbeschäfti genwürdenundwennihreKreativitätentfachtundgefördertwürde. GenaudasaberunterbleibtinderOrganizationalBurnoutSpirale,weil dafürwederdieEnergienochdieZeitbleibt.ImGegenteil,esistnicht selten,dassMitarbeitermitIdeenmisstrauischbetrachtetwerden,ent wedervondenermüdetenKollegenodervonbesorgtenVorgesetzten, dieumihreeigenePositionkämpfen.
Die Führungskräfte schotten sich vom Tagesgeschäft ab
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„Wer auf dem letzten Loch pfeift, bringt keine neue Melodie mehr zustande“. Innovationen,auchimKleinen,könnenwährenddesOrganizationalBurn out nicht entstehen,werden auch nicht gefordert und – im Gegenteil– es gibt sogar die Neigung, Innovationen zu unterdrücken. Überwiegend glaubtmannichtmehransichselbst,auchnichtmehrandieeigeneKraft des Unternehmens und schon gar nicht daran, dass eine Innovation noch helfenkönne.Schade! TESTFRAGEN: Sie gehörten früher immer zu denen, die eine gute Idee hatten, und manche Ihrer Innovationen fanden sogar Eingang in die Organisation undsindbisheuteerfolgreich.NurinletzterZeitfälltIhnennichtsmehr ein? Es gab durchaus spannende Innovationsideen in den Meetings im letz ten Jahr, oder war es das Jahr zuvor? Jedenfalls wollte sich darum je mandkümmern,aberSiehabenlangenichtsmehrdavongehört? FrühergabesregelmäßigTreffenmitKunden,umüberdasNeuesteaus derBranchezusprechen,unddagabesauchimmerdieeineoderande re Idee. Aber diese Veranstaltungen fanden lange nicht mehr statt und dasletzteMalkamauchnichtmehrsovieldabeiheraus? WannwareigentlichdieletztewirklicheInnovation?
4.11
Die Führungskräfte schotten sich vom Tagesgeschäft ab
„MeineTürenstehenimmeroffen,Siekönnenjederzeitzumirkommen!“ SieerinnernsichnochgutandiesenSatzIhresneuenVorgesetzen,alssich dieservoreinigenMonatenvorstellte?HeutesehenSieihnnurnochselten undehervonWeitem.Wahrscheinlichstehter„wahnsinnig“unterDruck undhat„unglaublich“vielzutun.VieleFührungskräfteleidenunterhoher Arbeitsbelastung, nicht zuletzt weil sie weder delegieren können noch
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
wollen.InderSituationdesOrganizationalBurnoutaberistdasPhänomen eines wirklichen “Cocooning”57 des Managements zu beobachten. Was passiert? Das Management hat längst gemerkt, dass es im Organizational Burnout einenhartenKampfgegenvieleWiderständezukämpfenhat,auchwenn esnichtweiß,warum.Vieleswurdeversucht,nichtsscheintzuhelfen.Und wennnichtshilft,dannwirddasManagementhilflos.Wennmanmitden gebotenenMittelndenKampfnichtgewinnenkann,dannsetztderFlucht instinktein.Manwillnurnochweg,aberdarfundkannessichnichtge statten.Ichhabeeserlebt:AmletztenTagderFristfürdenInsolvenzantrag seines Unternehmens fand ich den Inhaber in dem Café am See, denn in der Firma war er nicht. Vielleicht eine besonders krasse Ausnahme, aber dieFluchtinNebensächlichkeitenundin–fürdieMitarbeiterunverständ liche–ausgedehnteGeschäftsreisenistganztypischfürüberforderteFüh rungskräfte. Es beginnt mit der Kanalisierung von Informationen und einem sich zu nehmend ausprägenden Kommunikationsdefizit. Der Chef informiert selbstseineengstenMitarbeiterseltenerübernotwendigeDinge,auchdie SekretärinsiehtsichhäufigerinderRollederjenigen,diedenabwesenden Chefdeckenmuss.KeineschöneSituation. MitarbeiterseheninihrenVorgesetztengerneaucheinVorbild.Manarbei tet gern für Menschen, die man fachlich und menschlich akzeptiert und respektiert;schonausSelbstachtung.WennnunaberderChefdiesewich tige Vorbildfunktion nicht mehr ausübt, haben seine Mitarbeiter und die FirmaeinProblem.Vorgesetzterzuseinheißtimmer,eineexponierteStel lungeinzunehmenund„beobachtetzuwerden. Gleichgültig,obSiealsChefpositiveodernegativeVerhaltensweisenvor leben:SiebleibennichtohneFolgen,sondernwerdenwahrgenommenund hinterlassen bei den Mitarbeitern Spuren. Wer als Chef in deprimierter Stimmung die Firma betritt und als Erstes mürrisch auf (…„mal wieder
57AlsCocooning(dt.verpuppen)wirddieTendenzbezeichnet,sichvermehrtausder
GesellschaftundÖffentlichkeitindashäuslichePrivatlebenzurückzuziehen.
Die Führungskräfte schotten sich vom Tagesgeschäft ab
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typisch …“) Fehler hinweist, sollte sich nicht wundern, wenn das Klima nicht mehr stimmt. Die persönliche Einstellung der Führungskraft zur ArbeitwirdvomTeamfeinfühligwahrgenommen.Sätze,wie:„Dashatja offenbaralleskeinenZweck“oder„Wiesolldenndasallesnochwerden?“, wirken alarmierend auf die Mitarbeiter. Das gilt auch für Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und die Einhaltung von Zusagen und Versprechungen der Führungskräfte. Durch ein aktives Kommunizieren signalisieren Sie zugleich dem Team, wiewichtigIhnenderpersönlicheUmgangmiteinanderist.Auchdieakti veWeitergabevonInformationenisteinVorbildfaktor,dernichtzuunter schätzenist.WernichtumfassendundklarinformiertoderInformationen nurbestimmtenMitarbeiternzukommenlässt,kannauchvonseinenMit arbeitern nichts anderes erwarten. Gerade wenn „die Nerven blank lie gen“,sindMitarbeiterbesonderssensibel. EinenkühlenKopfbewahren,nichtinHektikverfallen,dierichtigenPrio ritätensetzen,klareEntscheidungentreffenundmotivierendmitanpacken sind Verhaltensmaßnahmen, die einer Führungskraft Punkte bringen. GeradewennderDruckhochist,brauchteinTeamRuheundeinesichere Führungshand.Sichauszuklinken,wennesbrennt,oderdenDruckeinfach an das Team weiterzugeben, führt zu noch mehr Stress und häufig ver mehrtzuFehlern. Auchwennvielleichtbislangder„Absentismus“58vonderFührungnicht deutlich praktiziert wurde, zeigt sich für die Mitarbeiter auch in vielen kleinenSignalendie„abwesendeAnwesenheit“desChefs.Sofehlterbei spielsweisebeiwichtigenMeetingsoderlässtsichnurinkompetentvertre ten,istinGesprächennichtwirklichbeiderSacheoderreagiertungewöhn lich lange nicht auf Rückrufbitten oder EMails. Jedes kommunikative Signalwirktvonobennachuntenüberdeutlichundwirdinterpretiert.
58GablerWirtschaftslexikon(2010)Wiesbaden:InderArbeitsundOrganisations
psychologiebezeichnetAbsentismus(lat.:absentia:Abwesenheit)Fehlzeiten,dieauf ProblemeimprivatenUmfeldodermotivationaleUrsachen,nichtaberaufkrank heitsbedingteGründezurückzuführensind.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
In einer stärkeren Stufe des Cocooning sind nonverbale Signale des schwindenden Selbstvertrauens zu beobachten. Das Management ver schiebt schwierige Termine, sagt Besprechungen ab, lässt Stellvertreter auftreten und produziert selbst nichts mehr. Es passiert sogar, dass sich das Management fremde Erfolge aneignet, um vor sich und anderen eine Kulisseaufrechtzuerhalten. ImschlimmstenFallkommtmaneinesTagesindieFirmaundderChefist nicht mehr da. Man weiß nichts Genaues, er wird wohl gleich kommen. Überraschendes Fehlen der zentralen Verantwortungsträger stürzt die OrganisationoderInstitutioninVerwirrung,insbesonderewennsichdann herausstellt,dassderChefaufDauerausfällt,seieswegen Depressionen, seieswegenseinesSuizids.ZwarzeigtsichnachkurzerSchockstarre,dass esMitarbeiterinderzweitenReihegibt,dieunerwartetFührungsfähigkei ten entwickeln, sich selbst an die Spitze stellen und dort auch akzeptiert werden, aber für die Firma ist zunächst einmal eine schlimme Phase der Paralysezudurchlaufen. TESTFRAGEN: SiehabenschonseitLängerembemerkt,dasssichIhrVorgesetzternicht mehr wie sonst in jedes Detail einmischt, ja eigentlich den Eindruck vermittelt,esseiihmgleichgültig,wieSiedieProblemelösen? EsgabtatsächlichindenletztenMonatenwiederholtdieSituationeines angesetzten Meetings, das dann ohne Ihren Vorgesetzten stattfand und auchohneErgebnisblieb.Allefragtensich,wasdenndalossei? Wenn Sie bei Ihrem Chef sind, erleben Sie ihn fast teilnahmslos, resig nierendunderstimmtihrenVorschlägenungewohntschnellzu? SiealsChefwolleneigentlichnichtmehrmitallenDetailsbehelligtwer den,schließlichhabenSiedochguteMitarbeiter,dieauchmaletwasent scheidenkönnen? SiefühlenvordemBergderProblemeselbstzunehmendeineMüdigkeit undAntriebslosigkeit,dieSieveranlasst,manchmalgarnichtindieFir mazugehen?
Gefühl der Macht- und Sinnlosigkeit auf allen Ebenen
4.12
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Gefühl der Macht- und Sinnlosigkeit auf allen Ebenen
Nach vielen Aktivitäten des Managements erschöpfen sich deren Kräfte. Maßnahmen werden durch die wiederholte Ankündigung nicht glaub würdiger. Hilf, Macht und Sinnlosigkeit verbreiten sich. Resignation ist soeinfachunddochsoschwer.Einfach,weilmansichindenZustandder Resignation fallen lassen kann und man dann ständig eine Selbstbestäti gung der eigenen Hilflosigkeit erfährt. Schwer, weil dieser Zustand eben auchdieBotschaftdeseigenenVersagensundauchderHilflosigkeit,eszu ändern, enthält. Werfeststellt, dass er trotz aller Anstrengungen in seiner Organisation oder Institution nichts (mehr) bewirken kann, der wird frü heroderspäterresignieren,aufgebenunddafürvorsichselbsteineReihe guter(wennauchnichtwahrer)Gründeanführenkönnen. Der amerikanische Sozialpsychologe Martin Seligman59 hat für dieses Ohnmachtssyndrom bereits 1975 den Begriff „Gelernte Hilflosigkeit“ ge prägt. Seine Theorie besagt, dass diese Hilflosigkeit vorhersagbar drei Störungennachsichzieht:
႑Motivationsverlust:Wererwartet,dassdieEreignisseunkontrollierbar
sind,fürdengibteskeinenvernünftigenGrundmehrzuversuchen,sie dennochzubeeinflussen–damitwürdeersichnurzusätzlicheFrustra tioneinhandeln.InfolgedessenistderHandlungsantriebbeiHilflosen sehrgering;sieneigenzuPassivitätundApathie.
႑EinschränkungderLernfähigkeit:Werdavonüberzeugtist,dassdieDinge sichseinerKontrolleentziehen,istkaumnochdazuinderLage,Mög lichkeitenzuentdecken,wieundwoerdochEinflussnehmenkann– seineLernfähigkeitistbeeinträchtigt.DieÜberzeugung,nichtsmachen zukönnen,wirdzursichselbsterfüllendenProphezeiung.
59Seligman,M.(2001):Pessimistenküsstmannicht–Optimismuskann
manlernen,München
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
႑Depression:Wersichalsohnmächtigansieht,reagiertmitNiederge
schlagenheit;einemZustand,denSeligmanzunächstalsHilflosigkeits undspäteralsHoffnungslosigkeitsdepressionbezeichnete.Dieerste ReaktionaufdrohendenKontrollverlustistjedochAngstundReaktanz, dasheißtdasheftigeBemühen,dieKontrollewiederherzustellen.
Seligmans Erkenntnisse sind von größter praktischer Bedeutung für das Management während des Organizational Burnout, denn eine „Hoff nungslosigkeitsdepression“ kann nicht nur einzelne Menschen befallen, sondern–beientsprechenderKonditionierung–auchOrganisationenoder Institutionen. Wie kann es dazu kommen? Zum Beispiel durch mehrere Wellen von Personalabbau, die jeweils als letztmaliger Einschnitt und Voraussetzung für einen Neubeginn angekündigt werden; oder durch immer neue Projekte, von denen die meisten nicht sauber abgeschlossen werden, sondern irgendwie im Sande verlaufen; oder durch einen Eigen tümerwechsel, nachdem dann aber die erhofften Verbesserungen oder versprochenenInvestitionenausbleiben. Interessanterweise gilt das Phänomen der Resignation nicht nur in Bezug auf unangenehme Dinge. Auch in Bezug auf positive Erfahrungen kann dieseRatundHilflosigkeitentstehenundzwarimmerdann,wennBeloh nungendesVorgesetztenvölligunabhängigvomeigenenVerhalteneintre ten. Erhalten Mitarbeiter ohne Anlass – und nach Lust und Laune des Chefs – lobende Worte oder gar Anerkennungen, tritt Irritation ein, weil die Beschäftigten daraus nicht richtiges oder falsches Verhalten ableiten können.UnterdemDachderMotivationstheorieistesgeradeininternati onalen Firmen üblich geworden, immer zu loben, ständig positiv zu for mulierenundimmernettzusein. NochfatalerträgtzurFörderungvonRatundHilflosigkeitderMitarbeiter einWechselbadderGefühlebei.EineunberechenbareMischungvonposi tiven und negativen Reaktionen der Vorgesetzten – ohne nachvollziehba renAnlass–istdanneherAusdruckdermomentanenBefindlichkeiteines launenhaftenChefs. DasGefühlderMachtundSinnlosigkeitentstehtimKopf–wersichoder seine Organisation als hilflos ansieht, ist hilflos! Dagegen ist übrigens der Umkehrschluss nicht zulässig: Wer glaubt, Macht und Einfluss zu haben, hatdeswegennichtunbedingtMachtundEinfluss.
Gefühl der Macht- und Sinnlosigkeit auf allen Ebenen
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Optimistische Sichtweisen der eigenen Kraft oder der Kraft der eigenen Firma, ermöglichen neue Erfahrungen; eine pessimistische Einstellung verhindertsie.Entscheidendistdemnach,woraufMitarbeiterihreErfolge undMisserfolgezurückführen.WersichdenMisserfolgmitveränderbaren Ursachenerklärt,zumBeispielschlechterTagesformoderPech,wirdsehr viel weniger in Resignation verfallen als jemand, der die Misserfolge auf stabileFaktoren–wiezumBeispielmangelndeWettbewerbsfähigkeitdes Unternehmens oder fehlende Innovationen in der Organisation – zurück führt. TESTFRAGEN: EsistzumVerzweifeln,abernachIhrerErfahrungwerdenauchdieneu enMaßnahmenundAnweisungenamGrundproblemderFirmanichts ändern? DenkenSieinzwischenhäufiger:„DahabenwirdochganzandereProb lemealsdieseKleinigkeit!“? SieerlebendasManagementzunehmendresignativundohnewirkliche Ideen? Sie selbst haben eigentlich keine Energie mehr, gegen den Strom zu schwimmen,undlassensichebentreiben? Sie wissen eigentlich nicht mehr, wie Sie Ihren Mitarbeitern vermitteln sollen,wieesjetztweitergeht? WennesnachIhnenginge,würdenSieschonganzandersvorgehenund dieProblemeanpacken,aberesmachtjakeinermit?
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4.13
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Überraschende Wechsel im Management
Wennnichts mehr hilft, wird eben die Führung ausgetauscht. Heidrick & Struggles60stellteimSeptember2009fest,dassmehralsjederzweiteVor stand der 30 DaxUnternehmen seit Anfang 2006 seinen Posten räumen musste.Vonden192TopManagern,dieinden30Unternehmenbeschäf tigtsind,habennachdieserStudie98ihrenJobeingebüßt. Das Personalkarussell in den Führungsetagen der Wirtschaft dreht sich immerschneller.DaszeigtaucheineStudievomMai201061.Danachmuss te2009jederfünfteUnternehmenslenkerseinenPostenräumen.Eswurden diePersonalienvonüber2.500börsennotiertenUnternehmeninallerWelt analysiert. Überraschendes Ergebnis: Im deutschsprachigen Raum – und nicht etwa in den USA – tauscht man die Chefs am häufigsten aus. Mit über 20 Prozent liegt die Fluktuationsrate im Management deutscher, ös terreichischer und schweizerischer Unternehmen deutlich höher als in anderen Ländern. Der europäische Durchschnitt beträgt nur 15 Prozent. Interessant dabei: Fast ein Viertel dieser Wechsel erfolgte zwangsweise – zumBeispielwegenschwacherLeistungendesCEOs. InsbesonderekurzvorJahresendesetztindenGesellschafterversammlun gen und Aufsichtsräten eine ungewöhnliche Hektik ein, wie jeder Perso nalberater zu berichten weiß. Dann nämlich zeichnen sich unter Umstän den die desaströsen Unternehmensergebnisse ab, und bevor jemand den AufsichtsrätenUntätigkeitvorwirft,wirdebenetwasgetan. Ganz typisch für eine Organisation oder Institution im fortgeschrittenen OrganizationalBurnoutistdiese„ultimaratio“desüberraschendenWech sels im Management. Wird es für das Unternehmen dadurch besser? Zu nächst wird die Situation schwieriger, auch wenn fast immer mit dem Abgang („ …sucht neue Herausforderungen im Markt“.) zeitgleich die
60DIEWELT„DaxVorständesitzenaufdemSchleudersitz“18.September2009 61StudieBooz&Company,18.Mai2010,FluktuationsrateimTopmanagement
website
Überraschende Wechsel im Management
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neue Lösung („ …übernimmt mit sofortiger Wirkung die Aufgaben und wir sind erfreut, mit … eine ganz hervorragende Persönlichkeit …“) ver kündet wird. Die Gesamtlage wird problematischer, weil mit dem Ab schied der bisherigen Führungspersönlichkeit das aufgebaute Netzwerk einreißt, die Mitarbeiter hinsichtlich ihrer eigenen Zukunft verunsichert werdenundinderRegelauchnichtunerheblicheTransaktionskosten(Ab findungen,doppelteGehaltszahlungen,BeraterundEinarbeitungskosten) verbundensind. DieKostendesWechselssindallerdingsnichtnurmonetärerNatur.Dieser NeubeginnbirgtaucheineReihevonRisikeninsich.WennsichdieOrga nisationoderInstitutionimOrganizationalBurnoutbefindet,wirdnämlich dieser überraschende Wechsel im Topmanagement von den Beschäftigten nuralseineweitereEskalationsstufeaufdemWeginsAbseitsangesehen. MiteinemWechselanderSpitzealleinistesoftnichtgetan.DieMitarbei ter wissen, es folgen anschließend Wechsel in der mittleren Ebene, es wechselndieBerater,eswechselndieStrategien.WarbislangVerunsiche rungeinGefühl,istnundieUnsicherheitGewissheit. Ferner ist der rigorose Wechsel an der Spitze tatsächlich ein Instrument, das sich bereits nach einmaliger Nutzung verschleißt. Wie oft kann man einensolchenWechselalsSignalpraktizieren?Einmal,dennjedererneute Wechsel wird nicht mehr als Schwäche des Managements selbst, sondern alsSchwächederEigentümeroderdesAufsichtsratesangesehen. War die Führungskraft an der Spitze der Organisation oder Institution tatsächlich eine Fehlbesetzung, oder hatte sie vielleicht nicht mehr das strategischeVertrauenderEigentümer–wasjaauchvorkommt–,istesin jedem Fall verkehrt, diesen Wechsel als einen Akt der „Hinrichtung“ zu zelebrieren.DamitsendetderEigentümereinSignalandasgesamteTeam, dass die Wertschätzung für den Menschen in dieser Organisation oder Institution nur so lange besteht, wie dieser Mensch seine Funktion wunschgemäß erfüllt. Im Falle der „Fehlfunktion“ wird er durch ein „Er satzteil“ersetzt.DieweitereDemotivationderMannschaft–insbesondere derzweitenFührungsebene–kanndieFolgesein,esseidenn,dergerade freigesetzteChefhättesichineine„Hassfigur“hineinmanövriertundalle atmenauf.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
GeradeimfortgeschrittenenOrganizationalBurnoutistestypisch,dassdie Schuld für die fortdauernde Unfähigkeit der Organisation, sich aus der lähmendenUmklammerungzubefreien,vondenBeschäftigten,aberauch von den Eigentümern, immer dem TopManagement zugewiesen wird. Volksweisheiten des Geschäftslebens, wie: „Der Fisch stinkt am Kopf zu erst“oder„DieTreppemussmanvonobenkehren“,ermutigenzudieser Ansicht. Dabei ist es irrelevant, ob das Versagen des Managements wirk lich zutrifft, wichtig ist nur, dass es geglaubt wird. Vielleicht ist gerade dieser Chef erst vor zwei Jahren neu eingesetzt worden, um „aufzuräu men“,undernunalleFehlerderVergangenheitzugewiesenbekommtund ebenfalls geopfert wird. Vielleicht aber will die Eigentümerschaft einfach nurdenjenigenloswerden,derdieschmutzigeArbeiterledigthat? Welche Gründe auch immer in Wahrheit zu dem plötzlichen Wechsel im Management führen, es ist einer der letzten (untauglichen) Versuche, das fortschreitendeOrganizationalBurnoutaufzuhalten. TESTFRAGEN: Sie haben erst kürzlich – für alle überraschend – einen neuen CEO be kommenundderbisherigewarohnevorherigeSignalesofortfreigesetzt worden? Man spricht vom bisherigen Chef nicht mehr; es ist, als wenn man sei nen Namen nicht mehr nennen darf, ohne nicht selbst in „Solidarhaft“ genommenzuwerden? UnterderHandfragtmansichinIhrerOrganisationoderInstitutionseit einigerZeit,wielangederChefwohlnochbleibenwird,denndieKritik anihmspitzesichzuundauchletztesMalwarjavoneinemTagaufden anderenderNeueda? Eine Kollegin sagte dieser Tage: „Die da oben kommen und gehen, für unsbleibtesimmergleichbescheiden!“,undSiemusstenihrimStillen zustimmen?
Fluktuation nimmt zu
4.14
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Fluktuation nimmt zu
DieBestengehenimmerzuerst. WenndieIdentifikationabnimmt,nimmt der Wechselwunsch zu. Gerade wenn die Wechsel an der Spitze häufiger werden, wird auch die eigene Position unsicher. Besser man geht, bevor man„gegangenwird“. Sieben von zehn Arbeitnehmernmit qualitativ anspruchsvollen Beschäfti gungen überlegen – laut einer Studie des Instituts für Mittelstands forschung62 –, ihre Stelle zu wechseln. Auch wenn die aktuelle Situation der Wirtschaftslage einen Stellenwechsel risikoreicher gestaltet, belegt die Studie die Tatsache, dass sich gerade qualifizierte Arbeitnehmer in der aktuellenPositionnichtwohlfühlen. Gründe sind der verschärfte (interne) Wettbewerbsdruck um attraktive Arbeitsplätze,derwachsendeLeistungsdruck,dasshäufigdieQualitätder Tätigkeit nicht der Qualität der Ausbildung entsprecht, was zu Karriere enttäuschung führt, und dass qualifizierte Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitsplatz unzufrieden sind, schneller bereit sind, an dieser Situation etwas zu ändern. Nur 37 Prozent der Befragten wollten versuchen, beim jetzigen Arbeitgeber eine bessere Stelle zu erhalten. Fach und Führungs kräfteallerdings,diesichmitihremArbeitgeberidentifizieren,habeneinen deutlichgeringerenWechselwunsch. AlsChefweißman,dasseineFluktuationsrate–jenachBrancheundHier archieebene – von vier bis zehn Prozent durchaus üblich und gesund ist. DerWechselistnormal,injungenJahrenhäufigeralsspäter,inoperativen Bereichen häufiger als in dispositiven Aufgabenfeldern. Eine normale Fluktuation sorgt für Wissensauffrischung, innovative Sichtweisen und neuenSchwung.
62Veröffentlicht:12.06.2008InstitutfürMittelstandsforschungderUniversitätLüne
burggemeinsammitdemHanseatischenPersonalkontorHapekounddemOnline JobportalStepStone. FürdieStudiebefragtedasInstitut1.650FachundFührungs kräfte.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
WennaberderWeggangvonKollegenzurtäglichenNormalitätwird,die Nachbesetzungnichtimmerodernurzeitverzögerterfolgtundauchmeh rere Kollegen einen kollektiven Abgang planen und ausführen, dann ist höchsteAlarmstufegegeben.WennAngebotedesChefs,übereinVerblei ben zu sprechen oder zu verhandeln, mehr oder weniger öffentlich zu rückgewiesen werden und dann zunehmend gar nicht mehr angeboten werden,istdieSchwächederOrganisationoderInstitutionmitHändenzu greifen.GeradeimOrganizationalBurnoutwerdendieseSerienanAbgän gen von den Mitarbeitern und Vorgesetzten nicht mehr als überraschend angesehen, sondern als weitere, fast schon erwartete, Substanzverluste gewertet.JedeweitereKündigungwirdnunalsTrendbestätigungkolpor tiert und zunehmend fatalistisch hingenommen. Besonders peinlich wird es,wenndieMitarbeiterausihremberuflichenNetzwerkgefragtwerden, wasdennwohlbeiihnenlossei,eswürdensoauffallendvieleMitarbeiter weggehen. Sobald die Kollegen in den letzten Tagen vor dem endgültigen Ausschei dendenVerbleibendenihrBedauernaussprechen,bleibenzumüssen,und die Bleibenden es auch so hinnehmen, ja selbst so empfinden, ist das Organizational Burnout nicht mehr aufzuhalten. „Love it, change it or leaveit“–diesegoldenLebensregel,insbesonderefürdasberuflicheUm feld,wirdvondenMitarbeitern,dieineinergeschwächten,ausgebrannten Organisation oder Institution arbeiten, zunehmend mit „leave it!“ ent schieden,denndiePhasedes„changeit“istbereitsvorbeiundandiePha sedes„loveit“kannmansichnurnochmitWehmuterinnern. Die„stolzeKündigung“istdasletzteMittelfürengagierteMitarbeiterder Organisation oder Institution zu signalisieren, dass man nunmehr zu KompromissennichtmehrbereitseiunddieKonsequenzenziehenmüsse. Dieses Signal kann in einer gesunden Organisation oder Institution vom VorgesetztenaufgenommenundineinemBleibegesprächsogarzukunfts orientiertundpositivfürallegewendetwerden,dennessindjadiebeson dersgutenundengagiertenKollegen,diezuerstdenHutnehmenwollen. Wenn man den Mitarbeiter zum Bleiben bewegen kann und bei dieser GelegenheitdiebisdahinunausgesprochenenUnstimmigkeitennachhaltig verbessert werden, wird aus diesem Kollegen wahrscheinlich ein beson dersloyaler,engagierterLeistungsträger.
Ritualisierte Neustarts
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In einer Organisation oder Institution im Organizational Burnout aller dings fehlen den Führungskräften die Kraft und die Argumente, denn niemand glaubt mehr daran, dass es besser werden könnte oder Zusagen des Managements tatsächlich Bestand hätten. Dann ist es eben Zeit zu gehen. TESTFRAGEN: Siefragensichzunehmend,obSiesichnichtauchnacheinemneuenAr beitgeberumsehensollten,nachdemimmermehrwichtigeKollegendie Firmaverlassen? SiehabensichseitMonatengefragt,wanndasTeamumdenKollegenX wohldieFirmaverlassenwird,undtatsächlichistesdannpassiert.Das wareinSchock–undderCheftauchteab? Ein Kollege, den Sie eigentlich bewundert haben, hat Ihnen anvertraut, dasserwohlnichtmehrlangebleibenwerde,undSiewissennicht,wie Siedamitumgehensollen? Von den letzten Kündigungen hatte bereits jeder unter der Hand ge wusst,alsdieGeschäftsführungdiesedannerstnachMonatenmitteilte, nämlicherstzudemZeitpunkt,alsdieAbgängeunmittelbarbevorstan den?
4.15
Ritualisierte Neustarts
DieUmsätzestagnieren,dasArbeitsklimawirdrauer,dieFührungskräfte siehtmanseltener,dieFluktuationnimmtzuundinsgesamtherrschtMut und Hilflosigkeit. Mit dem neuen Management wurde alles in Frage ge stellt und es gab eine arbeitsintensive Phase der Analysen und Befragun gen. Und nun – so heißt es – werde man mit einem 12 PunkteProgramm die Situationdrehen.DieSprachedesneuenManagementsfärbtaufdiemittle reEbeneab.DerneueTonwirdstringent,unnachgiebigundkompromiss los.Manhört,„derLadenbrauchenunmaleineengeFührungundklare Ansage“,undmanweiß,dassnuneinneuerBesenkehrensollundwill.Es
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
gibt Strategieklausuren, Projektteams, Arbeitsgruppen, Vertriebsmeetings und eine neue Stabsstelle „Controlling“ direkt beim CEO. Die Aufbauor ganisation wird vertikal schlanker und die Prozesse werden wertschöp fungsorientiert verkürzt. Von nun an gilt: „Der Kunde steht im Mittel punkt“ oder „Stabilität durch Qualität“ oder „Wir wachsen im Wettbe werb“,oderähnlichbeliebteLeerformeln. Sie kennen dieses Phänomen des Neustarts, entweder nach einem Füh rungswechselodernachdemDurchzugeinerTruppederBusinessConsul tants oder nach beidem, beispielsweise aufgrund eines Eigentümerwech sels. Ein Neustart verliert mit jeder Wiederholung an Glaubwürdigkeit. Man kanndieAufbauorganisationvoneinemTagaufdenanderenändern,die AblauforganisationkanninwenigenWocheninneuenBahnenlaufen,aber wenn die Kultur der Organisation oder Institution ausgepowert ist, dann kanndasnurmitlangemAtemundvielGeduld,mitGlaubwürdigkeitund Konsequenz geheilt werden. Wiederholte, lautstark verkündete „Resets“ sindhierganzklarschädlich. Es muss in Unternehmen oder Institutionen gelegentlich grundsätzliche Neustartsgeben,dasistsowohlvordemHintergrunddersichverändern den Umweltbedingungen als auch aufgrund von technischem Fortschritt oder der sich verändernden Kundenanforderungen notwendig. Im Organizational Burnout allerdings besteht die Gefahr, mit oberflächlichen Maßnahmen des Change Managements nicht den Kern des Problems zu treffen und somit zwar eine Verbesserung zu simulieren, aber nicht im Innerstenzuerreichen.Analog:NacheinermedizinischnotwendigenDiät ist zwar das Körpergewicht reduziert, meistens nicht aber die mentale Einstellung zur Ernährung. Der sogenannte JojoEffekt tritt ein und der Patientistmutloseralsjezuvor. Welche Fehler charakterisieren den ritualisierten Neustart und müssen vermiedenwerden?
Ritualisierte Neustarts
Tabelle 4.1
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Fehler bei einem Neustart der Organisation
Fehler
Auswirkung
Maßnahme
Versuch,allessofort undzeitgleichzuver ändern(Implementie rungzukomplexer Systeme).
Ansatzwirdbezweifelt undinderPraxisnicht angewandt.Erfolg bleibtaus,Zeitgeht verloren.
Praxistauglichkeit mussmitdenver antwortlichenTeams besprochenwerden; MitarbeiterinVer antwortungsetzen.
Umsetzungwirdzu schnellundzuum fangreichMitarbeitern übertragen,diedazu nochnichtbereitsind.
FalscherStolzführtzu chaotischerProjektor ganisationunddie anderenKollegenmau ern.
Mitarbeiterschritt weiseindieVerant wortungstellenund begleiten,ggf.quali fizieren.Hinterih nenstehen.
Informationenfließen unvollständigund entstelltüberdiein formellenKanäleund schaffenschnellVer wirrungundUn glaubwürdigkeit.
Mitarbeitersindohne Orientierungundver unsichert,verlassen dasUnternehmen: WissensundKompe tenzverlust.
DirekteInformatio nenohneUmwege mitsachlichrichti gemInhaltundei nemProzessdirekter Kommunikation.
KeineehrlicheKom munikationderVision undderStrategie;Mit arbeiterfeedbackist nichtgewünscht.
VisionundStrategie bleibenWorthülsen: EineIdentifikationder Beschäftigtenistun möglich;Widerstand überinformelleKanäle.
Erstabstimmen,den „buyin“erhalten, danngemeinsam kommunizierenund Feedbackeinholen.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Fehler
Auswirkung
Maßnahme
StrategischeZielewer dennichtmitoperati venZielenundMaß nahmenunterlegt.
Mitarbeiterverlieren sichinderAbstraktion undschaffennichtdie Ableitung:„Wasbe deutetdasfürmich?“
OperativeZieleund Maßnahmenge meinsammitden Betroffenenableiten undalsProzess implementieren.
KeineKontinuitätund KonsequenzdesVer änderungsprozesses; nachdenerstenErfol genwendetsichMana gementdemTagesge schäftzu.
NeueMaßnahmen wirkennurkurz; Rückkehrzugewohn tenAbläufen;Unter nehmenskulturbleibt, wiesiewar.
Vorlebenderneuen Kultur;nichtnach lassen,sondernEr folgefeiern;dran bleiben.
DerobigenTabelleistdiehoheBedeutungeinerstarkenundkontinuierli chenFührungzuentnehmen.Neustarts,dieabgebrochenwerdenoderim Alltagversickern,sindschlimmeralsNeustarts,dienichtstattfinden. TESTFRAGEN: SiehabenindenletztenJahrenvieleBeraterkommenundgehensehen, aber kein Projekt hatte tatsächlich eine nachhaltige Veränderung ge zeigt? SieglaubeneigentlichnichtmehraneinenNeubeginn,nachdemSieden Eindruck haben, es wurde doch bereits alles versucht und nichts hatte wirklichSinn? AlsSiesichdasletzteMalineinerProjektgruppeengagierthaben,muss tenSiedieErfahrungmachen,dassdieFührungnichtwirklichdahinter stand,undalsesdannzurSachegehensollte,ließmanSieallein? Sie erleben gerade eine umfassende Reorganisation oder ein Change ManagementProjektinIhrerOrganisationoderInstitution,aberSiewis senheuteschon,dasssichdamitnichtsändernwird?
Das Management erreicht die Mitarbeiter nicht mehr
4.16
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Das Management erreicht die Mitarbeiter nicht mehr
DieBasisderZusammenarbeitvonFührungundMitarbeiternistVertrau en.JedervonunsweißesausErfahrung:WennmankeinVertraueninden VorgesetztenoderInhaberhat,dannistjederArbeitstagmitVorsichtund Unsicherheit belastet. Fehlendes Vertrauen zu den Mitarbeitern muss durchKontrolleersetztwerden.WennaberdieMitarbeiterversuchen,sich derKontrollezuentziehen,dieChefszumanischenKontrolleurenwerden undsicheinKlimadesMisstrauensdurchsetzt,danngibteskeinewirkli che Zusammenarbeit mehr. Anweisungen des Vorgesetzten werden so lange unterlaufen oder hinterfragt, bis sie nicht mehr gelten. Mitarbeiter werden so intensiv beobachtet, bis man zunehmend von deren Fehlerhaf tigkeitüberzeugtist.Manverstehtsichnichtmehr,manerreichtsichnicht mehr,manwillnichtmehrmiteinanderarbeiten. In einem fortgeschritten Organizational Burnout ist das gegenseitige Ver trauen bereits oft enttäuscht worden. Die Führung glaubt nicht mehr da ran, dass die Mitarbeiter mitziehen wollen, und die Mitarbeiter glauben nicht mehr daran, dass die Vorgesetzten wirklich zu ihrem Wort stehen. Jeder wartet eigentlich nur noch ab und fragt sich, wie lange das Ganze nochhaltenwird. Nur 84 Prozent vertrauen ihren Kollegen, 77 Prozent vertrauen ihren un mittelbarenVorgesetztenundnur67ProzentvertrauendenAussagendes TopManagements,oderandersausgedrückt:EinDrittelderBeschäftigten vertraut dem TopManagement nicht. Dies ist das erschütternde Ergebnis desrepräsentativenVertrauensindex63vomFebruar2010. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Natürlich heißt Vertrauen nicht Blauäugigkeit und Kontrolle nicht strikte Überwachung. Geschickt zwi schen Vertrauen und Kontrolle zu balancieren, ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben. So wieder Kapitän zu kontrollierenhat,obderange sagteKursauchanliegt,sohatdieFührungskraftzukontrollieren,obge
63Wirtschaftswoche8/2010Seiten9495
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
tan wird, was vereinbart und versprochen wurde. Blindes Vertrauen ist gefährlich,weilerstensineinemUnternehmenimmerauchGeldaufdem Spiel steht und zweitens eine Führungskraft, die nicht kontrolliert, nicht ernstgenommenwird. Vertrauen zu geben bedeutet, in Vorleistung zu gehen; Vertrauen entge genzunehmen, bedeutet, das Vertrauen zu rechtfertigen. Gegenseitiges VertrauenbautsichüberdieZeitdurchdieErfahrungauf,dassmandem Partner zuverlässig glauben kann und Versprochenes gehalten wird. Ge nau da liegt aber das Defizit der Organisation oder Institution im OrganizationalBurnout.HierwurdennämlichseitLangemimmerwieder Versprechen gebrochen. Oft nicht nur hinsichtlich rettender Investoren oder zukünftigen Verbesserungen der Organisation oder der Produkte, sondern auch hinsichtlich persönlicher Entwicklungschancen oder künfti ger Arbeitsentlastungen. Enttäuschtes Vertrauen führt zu Sprachlosigkeit, denndannistdiegemeinsameBasisverloren. EsgibteinenweiterenGrund,warumFührungskräfteihreMitarbeiterim OrganizationalBurnoutnichtmehrerreichenkönnen.DieMitarbeitersind nicht nur von dem enttäuschten Vertrauen bedrückt, sondern sie haben auch den Glauben in die Befähigung des Managements verloren. Wenn ElternihrenKindernVersprechungengeben,diesiedannnichteinhalten, werden ihre Kinder ihren Versprechungen künftig nicht mehr vertrauen; wenn Eltern in den Augen ihrer Kinder nicht alle Probleme dieser Welt lösenkönnen–wassieihnenzunächstzutrauen–,reduziertsichdasVer trauen in die Eltern, die Kinder sind von ihren Eltern enttäuscht und är gern sich über sich selbst, wie sie nur glauben konnten, dass ihre Eltern Übermenschen seien. So darf man sich die psychologische Reaktion von Mitarbeitern in dieser Phase des Organizational Burnout vorstellen. Der CEOwirdentzaubert,derChefistvorIrrtümernnichtgefeitundobman ihmweiterzutrauenkann,dieOrganisationoderInstitutionzuführen,ist zunehmendzweifelhaft.NunwillderMitarbeitervorsichselbstnichtdas Gesicht verlieren und stellt sich im Stillen die Frage, warum er der Füh rungvertrauthatundwarumerdemManagementdieFührungüberhaut zugetrauthat.AndiesemPunktwirdsichderMitarbeiterverschließenwie eine angepiekste Auster, auch um sich vor weiteren Verletzungen zu be wahren.
Kontrollverlust
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WenndieserPunkterreichtist,kanndieFührungdenverschlossenenMit arbeiternichtmehrüberzeugen,schongarnichtmehrbegeisternundnur nochdessenErwartungenenttäuschen. TESTFRAGEN: SieglaubennichtmehrandieVersprechungendesManagements,denn eswurdebereitsvielversprochenundeigentlichnieetwasgehalten? Sie wissen als Vorgesetzter, dass Sie nicht immer Wort halten konnten, weil sich die jeweiligen Situationen verändert hatten, aber Sie wissen auch,dassdieBetroffenendassonichtsehen? Sie haben gerade in letzter Zeit erleben müssen, dass der Chef keinen RatmehrwussteundSiemitIhremProblemalleinließ? Wenn Sie interne Mitteilungen lesen, fragen Sie sich, was wirklich ge meintistundwasdasfürSieimschlechtestenFallzubedeutenhat? SiemöchtengerneandieZukunftIhresUnternehmensglauben,Siewis senaberauch,dassesmitdieserFührungkeineZukunftgebenwird?
4.17
Kontrollverlust
WeranderSpitzeeinerOrganisationoderInstitutionimfortgeschrittenen OrganizationalBurnoutsteht,wirdsichimmerstärkerbewusst,wieseine Steuerungsinstrumente versagen. Der führungsgewohnte Manager be kommt intuitiv Angst vor dem Verlust der Souveränität und davor, nicht jederzeit die angemessene Kontrolle zu haben und auszuüben. Auch für psychisch stabile Manager ist es extremer Stress, wenn sie plötzlich reali sieren, wie ihnen vermehrt die Kontrolle aus der Hand zu gleiten droht und sie hilflos zum Spielball der Ereignisse werden. Wenn Großaufträge platzen,wichtigeMitarbeiterzumWettbewerbgehenoderderWettbewerb gar versucht, ein sehr unfreundliches Übernahmeangebot zu platzieren, dannliegt–inderWahrnehmungdesManagements–voneinemMoment auf den anderen der weitere Verlauf nicht mehr in den eigenen Händen, sondern wird durch Entscheidungen anderer bestimmt. Ein solcher Kont
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
rollverlust löst Angst, vielleicht Wut und verzweifelten Widerstand aus. Ein Gedanke wird bestimmend: Wenn es jetzt nicht gelingt, das Ruder in dieHandzunehmen,bleibtmeinUnternehmen,bleibeichaufderStrecke; wennichjetztversage,gibteskeinenzweitenVersuch.Panik! DieWahrnehmungdesKontrollverlustesisteineernsteBedrohungfürdie FührungskraftundwirdimHirndiegewohntenFunktioneneinschränken oderausschalten.EinesderdreiarchaischenNotfallprogrammewirdaktiv, welches dann ohne bewusste Kontrolle abläuft. Der menschliche Körper reagiert auf Stresssituationen nach einem seit Jahrmillionen verankerten Schema.Flucht,KampfundStarre(SichTotStellen)sinddieGrundreakti onsmuster. Der Organismus mobilisiert kurzfristig sämtliche Reserven. Stresshormone werden freigesetzt. Sie mobilisieren Energiereserven wie Zucker und Fett, erhöhen den Blutdruck und die Pulsfrequenz, beschleu nigendieAtmung.DieMuskulaturwirdaufLeistungeingestellt.Anspan nung ist die Folge. Andere Funktionen werden heruntergefahren wie die Immunabwehr, die Verdauung und Sexualfunktionen. Dies alles geht einhermiteinerDrosselungderkörpereigenenregenerativenFunktionen. UnterDauerstressversuchtsichderOrganismus,mitimmerneuenMobili sierungsprozessen an die Herausforderungen anzupassen, allerdings nut zen diese im Büro wenig. Krankheit droht, die Belastung wird unerträg lich, der Manager stellt seine Prioritäten um; jetzt geht es um das eigene, nackteÜberlebenbeiWahrungderWürde. Es kommt zur Reaktanz des Managements. Das heißt, man will die nun mehr eingeschränkte Handlungssouveränität unbedingt wieder freibe kommen. Auf diese Weise möchte sich der Betroffene seine Position der Stärke zurückerobern, selbst wenn es gar nicht mehr möglich ist. Ganz typisch für die Reaktanz ist eine Aufwertung der verlorenen Möglichkei ten, d.h., gerade diejenigen Freiheitsgrade, die der Person genommen werden, sind nun die, die von dem Manager als besonders wichtig erlebt werden. War es ihm eben noch relativ gleichgültig im Beirat einer der Konzerntöchterzusitzen,wirdesbeiWegfallnunzueinerFragedesPres tige.WarderManagerebennochalleinzeichnungsberechtigtundsollsich nundieVollmachtteilen,empfindetereineDegradierung,selbstwennsie objektivnichtvorhandenist.
Kontrollverlust
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Was ist unter den Begriffen Kontrolle und Kontrollverlust zu verstehen? Kontrolle zu haben bedeutet, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischendemeigenenHandelnunddendarauffolgendenKonsequenzen gibt. Unkontrollierbarkeit (bzw. ein Kontrollverlust) liegt dann vor, wenn es keinen oder nur einen zufälligen Zusammenhang zwischen eigenem Handeln und erzielter Wirkung gibt. In diesem Fall macht es für das Er gebnis keinen Unterschied, ob man überhaupt etwas tut oder nicht. Wer plötzlichfeststellenmuss,dasserkeinenEinflussmehraufdasGeschehen imeigenenSteuerungsbereichhat,bekommtAngstbis hinzurPanik.Die ersteReaktionnachÜberwindenderSchrecksekundeisthektischesBemü hen,dieverlorengegangeneKontrollewiederherzustellen.Managerberu feneineKonferenzeinundholenAnwälteoderBeraterdazu.Mitarbeiter, die Gerüchte von einer bevorstehenden Fusion hören, diskutieren in den FlurenaufgeregtundalarmierendenBetriebsrat. WennaberdiehektischeBetriebsamkeitnichtsbewirkt,setzenFrustration und Resignation ein: Der Manager starrt aus dem Fenster oder ruft seine Frau an. Die Mitarbeiter gehen benommen an ihre Arbeit zurück und nehmen unkonzentriert ihr Tagesgeschäft wieder auf. Hilflosigkeit und OhnmachtsinddanndiedominierendenGefühle. BeisichabzeichnendenVeränderungenimUnternehmenentschließensich erfahrungsgemäßdiemeistenMenschenersteinmalzumAbwarten.Wobei diese Entscheidung meistens nicht bewusst getroffen wird, sondern indi rekt, nämlich durch Unterlassen gezielter und planmäßiger Aktivitäten. Nur wenige Mitarbeiter und Führungskräfte beginnen bereits zu diesem Zeitpunkt, ihre beruflichen Alternativen zu sondieren. Stattdessen warten sie ab, wie die Dinge sich entwickeln. Starre tritt ein, man stellt sich tot, willnichtauffallen. In den meisten Fällen kann dann die befürchtete Veränderung relativ schnell gehen und es herrschen wieder klare Verhältnisse. Nicht so bei einerOrganisationoderInstitutionimOrganizationalBurnout:DieUnge wissheit wird sich hier über lange Zeit hinziehen. Je länger die Zeit des Wartens dauert, desto höher ist die Belastung für die Betroffenen, denn umsolängerdauertderZustandan,dasssiekeineKontrolleüberdaseige neberuflicheSchicksalhabenunddemGangderDingemehroderweniger hilflosausgeliefertsind.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
InsolchenFällenstehtjedeFührungskraftundjederMitarbeitervoreiner schwierigen Entscheidung: Fügt er sich in sein Schicksal und wartet ab oderentscheidetersich,dieInitiativezuergreifen?Erstaunlichvielewäh lenerfahrungsgemäßdenWegdesStillhaltens:SielassendieEntwicklung inDuldungsstarreübersichergehen.Auchhierdominierenunserekultur ethnohistorischen Wurzeln, die uns befehlen abzuwarten und Energie aufzusparen, um für den schlechtesten Fall Kräfte zu sammeln und bis dahin Risiken zu vermeiden. Eine Minderheit dagegen – und das sind in der Regel die tüchtigen, auch sonst aktiven Mitarbeiter – entschließt sich, ihrSchicksalindieeigeneHandzunehmen.Manchebemühensichsogar aktivumdieMitarbeitinProjektoderChangeteams,umsoEinblickindie Veränderungen und Einfluss auf sie zu bekommen; manche machen sich aktivaufdieSuchenachberuflichenAlternativen;manchetunauchbeides. Das heißt, je länger der Kontrollverlust an der Spitze und die allgemeine Ungewissheit andauern, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass guteMitarbeiterabwandern. DieseAlternativehatdieUnternehmensspitzenichtsoohneWeiteres.Ein Eigentümerkannnichtkündigen,dergeschäftsführendeGesellschafterhat sichmöglicherweiseverschuldet,umTeilhaberzuwerden,undselbstder angestellte Vorstand kann nach dem Aktienrecht nicht zur Unzeit seinen Rücktritterklären,wennerdamitdieAGhandlungsunfähigzurücklassen würde und später nicht böse Nachhaftungen erleben will. Dennoch kann man – als angestellter Vorstand oder Geschäftsführer – die Handlungsfä higkeit gut zurückgewinnen, wenn man sich selbst und damit seine lieb gewordenen Privilegien zur Verfügung stellt. Dann nämlich muss der Eigentümer/AufsichtsrathandelnundimZweifelwirder–mangelsAlter native–demVorstanddasVertrauenerklären. Interessantistes,wennmansolcheFührungskräftenachihrerKündigung fragenkann,weshalbsiesichzueinemWechselentschlossenhaben.Man hörtdannfastimmerdiegleicheBegründung:Manhabeihnenzwarman chesinAussichtgestellt,aberebenkeinedefinitiveZusagegemacht.Dies klingt sehr rational und vernünftig; die Betreffenden haben offenbar die Sicherheit eines festen Vertrags höher gewichtet als die guten Worte der Eigentümer. Nicht selten jedoch steht dieses Sicherheitsargument im Wi derspruch zu der Art der neuen Aufgabe, die der Betreffende nun über nommenhat–ganzabgesehendavon,dassjederWechselaufdieserEbene
Diffuse Sehnsucht nach dem „Big Bang“ des Neubeginns
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mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Vieles spricht dafür, dass ein wesentlicher Grund für die Entscheidung zu einem Wechsel das unbe wussteMotivist,aufdieseWeisedurcheigenesaktivesHandelndieverlo reneKontrolleunddieWürdezurückzugewinnen. In dieser Stufe des Organizational Burnout ist nahezu berechenbar der Eintritt des Kontrollverlustes der Führung zu prognostizieren. Oft kom mendann–scheinbarzufällig–mehrereunglücklicheEreignissezeitgleich zusammen. Die Orientierung geht verloren, die Energie reicht nicht mehr zur Gegenwehr, die Organisation oder Institution strauchelt tiefer in die OrganizationalBurnoutSpiralehinein. TESTFRAGEN: Sie hören von ungewöhnlich vielen Sitzungen oder informellenTreffen des Aufsichtsrats und Ihr Management scheint kraftlos und angeschla gen? Siehabengehört,dasseinigeKollegendabeisind,sichnacheinerande ren Firma umzusehen, weil sie das Führungsdefizit nicht mehr länger ertragenwollen? Sie selbst haben als Führungskraft den Eindruck, dass gerade jetzt so vielaufSieeinstürzt,dassSiekaumzumLuftholenkommen? Siefragensich,obSiedemGanzennochgewachsensind? SiehabendenEindruck,dasseseigentlichfastegalist,oboderwasman tut,aberdasUnternehmenschleudertimmerweiteraufdenAbgrundzu?
4.18
Diffuse Sehnsucht nach dem „Big Bang“ des Neubeginns
DeremotionaleWunsch,einenfrüheren–wohltuenden–Zustandwieder herzustellen, nennt man Sehnsucht. Man kennt das frühere gute Gefühl und möchte es wieder spüren; es war einmal schön und es soll wieder schön werden. Es ist die Sehnsucht nach dem früheren Erfolg, aber auch die Sehnsucht nach Ruhe, Geborgenheit und Gelassenheit. Von älteren
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Menschen kennt man die wehmütige Aussage: „Zu meiner Zeit war alles besser“. Sie vermitteln uns damit ihre Sehnsucht nach dem „Früher“ und nachdem,wasfürsieeinmalgutwar. ImOrganizationalBurnoutwächstzunehmendeinekollektiveSehnsucht, die früheren Erfolge wieder zu erleben, die Möglichkeiten des Marktes wieder aktiv mitzubestimmen und insgesamt wieder Herr des Handelns zuseinundnicht–wietypischineinerdieserletztenSymptomphasendes OrganizationalBurnout–demHandelnandererausgeliefertzusein.Man würde wieder so gerne handeln und nicht behandelt werden. Allerdings bleibt diese gemeinsame Sehnsucht diffus, d. h., es bleibt ein nebelhaftes GefühldeseinzelnenMitarbeitersundderEinzelneträgtesnichtaufden informellenInformationsmarktderFirma. Warum? Wir sind in den Organisationen als rationale, starke, selbstbe wussteundstetsnachvorndenkende,immerberechenbarfunktionierende Menschen sozialisiert worden. In dieses heroische Selbstbild passen keine nostalgischenGefühlsbilder.WerinderCafeteriaseineSehnsuchtnachder gutenaltenZeitzumAusdruckbringt,giltalsvonGesternunddemheute nicht mehr gewachsen. Und so ist eine kollektive Sehnsucht nach dem Gestern in einer Organisation oder Institution von Heute, die morgen er folgreichseinsoll,kontraproduktiv.Hierbindensichwertvolle,emotionale Energienanfalsche,mentaleZiele! In der Folge wird die Sehnsucht nach dem früheren Glanz kompensiert. Man ruft also nicht nach dem Gestern, sondernnach dem großen Neube ginn,nachdemBigBang,deralleszumGuten,Besserenundsomitzualter Stärke wendet. Das mittlere Management ruft nach einer grundsätzlich neuenStrategieundmeintimGrundedenWechselanderSpitze;derBe triebsrat ruft nach einer zukunftsorientierten Personalplanung und meint konkret Arbeitsplatz und Gehaltsgarantien – und die Führungsspitze formuliert„kristallklare“ErwartungenandieMannschaftundmeint,dass es mit dieser trägen und rezeptiven Haltung der zweiten Ebene so nicht weitergehen kann. Das lautstarke Fordern eines strategisch grundsätzli chen Neubeginns soll im Kern nur das „Zähneklappern der Zukunfts angst“übertönen.
Diffuse Sehnsucht nach dem „Big Bang“ des Neubeginns
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Der Big Bang in der Spätphase des Organizational Burnout wird nicht stattfindenundnichtstattfindenkönnen.DazufehleneinfachdiePrämis sen. Die grundsätzlichen Voraussetzungen für einen emotionalen und fakti schen Neubeginn – der in dieser Phase des Organizational Burnout ernst genommen und gemeinsam gelebt würde – sind die Folgenden (Sie kön nen dann selbst beurteilen, wie unwahrscheinlich es ist, dass in der kriti schenSpätphasedesOrganizationalBurnouteinNeubeginnstattfindet):
႑EhrlicheBereitschaftzurselbstkritischenAnalyse Jetztgehtesdarum,nichtnurzusehen,wasmanzusehenerwartet, sonderndieProblemeoffenzubenennenunddasKernproblemwirk lichzulokalisieren.DazumussmandiezustarkeEingrenzungdes ProblemsvermeidenunddieUrsachenundFolgenunparteiischvonal lenSeitenbetrachten.EsmüssendierelevantenDatenvondenverfüg barenDatenunterschiedenwerdenundvorallemsindwirklichsämtli cheInformationenauchzunutzen. NachmeinerErfahrungwirkendieseAnalysehürdenschonbeider erstenLösungssuchehinderlich.Dieskannundwirdzueinerfalschen StandortbestimmungundzurEntwicklungvonschlechtenLösungen führen,diebiszumKerndeseigentlichenProblemsnichtvordringen. ImErgebnisistesdanneineVerschwendungbzw.fehlgeleiteterEin satzvonfinanziellen,personellenundzeitlichenRessourcen.
႑BereitschaftRisikeneinzugehenundFehlerzuzulassen SiedürfenjetztkeineFurchthaben,einenFehlerzumachenbzw.zu versagen,vielmehrbrauchenSiedieGelassenheit,auchzweideutigeIn formationenzuverarbeitenundzuakzeptieren.Siemüssensichenthal ten–trotzdesErfolgsdrucks–,Ideensofortzubewertenoderzuver werfen,vielmehrmüssenSieRaumfürdieKreativitätIhresTeams schaffen,umneueIdeengenerierenzukönnen.SiebrauchendieBereit schaft,inRuheeineLösungzusuchen,obwohlangeblichdieNotwen digkeitzurschnellstmöglichenLösungbesteht.DieseemotionalenBe hinderungensindeinProblem,dasiesichungünstigaufdieGenerie rungneuerIdeenundLösungsansätzeauswirken;dasiezwarHoff nungengenerieren,aberzuEnttäuschungenführenwerden.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
႑Entschlossenheit,kulturelleHürdeneinzureißen SiewerdennundiebekanntenTabusüberBordwerfen,dennbestimm teSachverhalteineinerOrganisationoderInstitutionhabenbekannt lichTabuCharakterundkönnendahernichtanalysiertundverändert werden.Siesindbereit,dieKulturinFragezustellen,denndiemeisten OrganisationskulturenlegenWertaufzielgerichteteDenkweisenund sosindGedankenspieleundFantasiewegsozialisiert.SiewissenausIh rerErfahrunginIhrerFirma,dassProblemlösungkeinVergnügenist undHumorkeinenPlatzimProzessderLösungsfindunghat,obwohl dieserstarkmitderErzeugungvonKreativitätundGedankensprüngen verbundenist.Nein,hierhatmannichtszumLachen. DiekulturellenBremsklötzebehinderndieEntwicklungundEvaluati onvonLösungsmöglichkeitenundbegrenzendenRadiusderLösungs ideen.
႑DerWilleaufallenEbenenzurgegenseitigenAkzeptanz VeränderungenwerdenoftalsGefahrfürdeneigenenStatusgesehen unddurchdieVeränderungenwerdensowohlMitarbeiteralsauchdas Unternehmenausdereigenen„KomfortZone“herausgerissen.Sie wissendasundkönnendamitumgehen,wenndieTeilnehmerdesPro zessesversuchen,neueIdeenzustoppenodersiezuignorieren. SielassensichvondermangelndenAkzeptanzIhrerberechtigtenund konstruktivenKritiknichtstören.GeradeIhreeigeneFähigkeit,Kritik zuakzeptieren,istfürdieBildungvonVertrauenundUnterstützung wichtig.DiesführtletztendlichzueinerVerbesserung,dienotwendig ist,umIdeenzuerzeugenunddieseumzusetzen.Siegehörennichtzu denChefs,diedieAntwortenimmerbereitskennen.Dennnur,wenn SieIhrenMitarbeiterntatsächlichzuhören,werdenSieinderLagesein, derenKreativitätzunutzen.DieAkzeptanzhindernissewirkeninsbe sonderefürdieEntwicklungdesKlimas,inwelchemeinBigBangabliefe.
႑EhrlicheKommunikationaufAugenhöheundohnejedenZynismus Siekommunizierenempfängerorientiertundwissen,wieSiemitattrak tivenZukunftsszenarienbegeistern.Siewissen,derEinsatzderrichti genSpracheistmitverantwortlichfürdieErzeugungvonKreativität beimLösenvonProblemen.
Hoffnungslosigkeit
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WennSiesichdiesefünfVoraussetzungenfüreinenwirklichen„BigBang“ desNeubeginnsvorAugenführen,stelltsichkaumnochdieFrage,warum eine Organisation oder Institution im fortgeschrittenen Organizational BurnoutdazukaummehrinderLageist. TESTFRAGEN: NachdembereitsvieleMaßnahmenneueingeleitetwurdenundsichei gentlich nichts geändert hat, haben Sie das Gefühl, Ihnen läuft die Zeit wegundesmüsstejetztwirklicheinenNeustartgeben? Siefragensich,wielangedieGesellschaftereigentlichnochzusehen,bis esgründlichkracht? Ihre Kollegen und Sie warten längst darauf, dass in Ihrer Firma an ir gendeinerStellebaldetwaszusammenbrichtunddann–sohoffenSie– mussjaetwasgeschehen? SiehabenalsManagerbereitsunauffälligmiteinempotenziellenKäufer Kontaktaufgenommen?
4.19
Hoffnungslosigkeit
„Das hat ja doch keinen Zweck!“, ist nun die gemeinsame Überzeugung von Management und Mitarbeitern. Wirklich alles ist im letzten Jahr schiefgegangenunddavorwaresauchnichtbesser.Selbstmitdemneuen CEO ist im Kern alles gleich geblieben, dabei hat der Wettbewerb trotz mancherProblemeamMarktimVergleichzuIhneneinegutePerformance gezeigt.EsistzumVerzweifeln,zumaleineganzeReiheguterMitarbeiter bereits gegangen sind bzw. gekündigt haben. Man selbst hat auch bereits mehrfach über einenWechsel nachgedacht, aber das ist nicht ohne Risiko undaußerdemwürdemanaufeineguteAbfindungverzichten.Insgesamt ist es eine Sisyphusarbeit geworden, immer härter und dennoch ohne Er folg.DieSituationistkaumnochzuertragenundwenndieKollegennicht wären,würdemanamliebstengarnichtmehrindieFirmagehen.
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Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
„DieHoffnungstirbtzuletzt“,sosagtman.WennallerdingsineinerOrga nisationoderInstitutiondasHandelnvomHoffenabgelöstwurdeundnur noch das Hoffen bleibt, ist die Lage buchstäblich hoffnungslos geworden. WenndasTagesgeschäftnurnochenergielosundreaktivabgewickeltwird und tatsächlich aktives Planen und Handeln nicht mehr stattfinden, wird das Unternehmen in den Wellen und Stürmen des Marktes hin und her geworfen,wieeinSchiffaufhoherSee,dessenRudergebrochenist. DieStimmungistdepressiv,scheinbarhatsichMehltauaufdieOrganisa tiongelegt.DieletztenbisheraktivenMitarbeitereinschließlichdesMana gements spinnen sich in einen Kokon ein, um auf eine andere, vielleicht einebessere,Zeitzuwarten.Manwilleinfachnichtmehr.AusHoffnungs losigkeitwirdStillstand,ausStillstandParalyse.SpätestensindieserPhase ist aus der strategischen und operativen Krise auch eine Liquiditätskrise geworden. Man kann es bereits vorauszusehen, ab wann die Liquidität erschöpftistunddiebestehendenKreditlinienüberschrittenwerden. DieHoffnungslosigkeitistdievorletztePhasedesOrganizationalBurnout. OhnesiekönnteesdieletztePhasederorganisationalenSuizidbereitschaft nichtgeben.DasUnternehmenistbereitsklinischtot,esweißesnurnoch nicht. TESTFRAGEN: Sie haben bereits Ihre persönlichen Gegenstände aus dem Büro mitge nommen, weil Sie damit rechnen, dass es am Ende ganz schnell gehen kann? Sie wissen es längst, es ist nur noch eine Frage der Zeit und der Insol venzverwalterübernimmt? Sie können sich nicht vorstellen, wie die Firma noch gerettet werden könnte,selbsteinWunderkämejetztzuspät? Wenn jetzt jemand käme und die Verantwortung übernehmen würde, wärenSiealsEigentümersogarbereit,dieFirmafüreinenEurozuver kaufen,HauptsacheSiesindraus? Siespüren,dassSieesauchkörperlichnichtmehrlangeaushaltenwerden? EigentlichbrauchtmangarnichtmehrindieFirmazugehen?
Unbewusste Duldung des Organisationssuizids
4.20
157
Unbewusste Duldung des Organisationssuizids
Kann sich eine Organisation in den Tod stürzen? Den letzten Stoß in den Abgrund geben Dritte, denn in dieser finalen – letalen – Phase sind das Management oder die Eigentümer selbst dazu zu schwach, um beispiels weise noch eine stille Liquidation zu organisieren. Selbst wenn die Sub stanz,sprichdie„Masse“unddieliquidenMitteldesUnternehmens,die senehrenvollenSchritterlaubenwürde.DieEntscheiderverharreninDul dungsstarre oder sehen sich im Geheimen nach einem Käufer um, in der Hoffnung, dann selbst zu überleben. Die zweite Ebene geht klar auf Dis tanzundversucht–nachdemMotto„rettesichwerkann“–nurnochdas NetzwerkfüreinenschnellenWechselzunutzen.MannimmtUrlauboder meldet sich krank, um nicht vor Ort zu sein, wenn es zum Äußersten kommt,undinderHoffnungnichtimAbwärtssogmitgerissenzuwerden. In der operativen Ebene (und nicht nur dort) finden ebenfalls letzte Aus nahmeaktivitäten statt. Konkret: Es kommt zu Absentismus und zu Dieb stählenvonDaten,Produktionsmittelnund–woesmöglichist–sogarvon Geld.WennnichtimmernocheinigeWenigebeherztundehrenhaftihren Job machen würden, käme es regelrecht zur still geduldeten Ausplünde rung des Unternehmens, nach dem Motto, „Bevor das in der Insolvenz masseuntergehtundverschleudertwird,nehmenwiresbessermit“.Tat sächlich gehen in dieser letzten Phase des Organizational Burnout die ethischenMaßstäbeüberBord. LeidermussteichdieseSituationselbsterleben,alseinUSbasiertesUnter nehmen kurz vor dem Antrag von Chapter 1164 stand und nicht wenige Mitarbeiter entlassen und Niederlassungen geschlossen werden sollten. MankameinesMorgensindieBerlinerNiederlassungundesfehltenLap topsundsogarChefsesselausdenBüros.EskonntennurdieeigenenMit arbeitergewesensein.ManriefdiePolizeiundließalleMitarbeiterbefra gen,allerdingsverzichtetemanaufeineAnzeigemitnachfolgendenHaus durchsuchungen, um den ehrlichen Mitarbeitern diese Peinlichkeit zu
64DerUSbankruptcycodeistBuch11(Title11)desUnitedStatesCodes.Chapter11
diesesCodesregelteinevomGerichtüberwachteReorganisierungderFirmenfinanzen.
158
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
ersparen.Anschließendwurdenichtsmehrentwendet,allerdingstauchten dieGegenständeauchnichtwiederauf. NichtseltenwirddieEntscheidungfüreinefinaleLösungdurchdenAuf sichtsrat oder ein vergleichbares Gremium getroffen, zum Beispiel durch den Konzernvorstand, der über die Zukunft einer Auslandstochter oder Beteiligung zu Gericht sitzt. Leider habe ich erleben müssen, dass in sol chen Besprechungennicht allein rationale MotiveeineRollespielen.Viel mehrgingesdarum,werimKonzernvorstandseinGesichtwahrenwollte, wer möglicherweise schon immer gegen diese Beteiligung war oder wer einem „Kollegen“ eine Niederlage gönnen wollte. Man könnte es – zuge geben–etwasresignativnennen:„FirmentotausEitelkeitimWettbewerb der Helden“. Natürlich kommen diese Fälle immer einmal vor und gehö ren nicht nur zum Bild des OBO, allerdings ist die Gefahr in einem OBO signifikant höher, denn das Immunsystem der Organisation ist schwach und die Abwehr unlauterer Angriffe im Vorfeld einer solchen Krisensit zungkaumnochmöglich. EsstelltsichdieFrage,obeineöffentlicheInstitutionindenOrganisations suizidgehenbzw.getriebenwerdenkann?EinPräsidenteinesBundesam tes kann sein Amt nicht abwickeln, nicht verkaufen oder liquidieren. Al lerdingskönnendiezuständigenGremienveranlassen,dieExistenzberech tigung prüfen zu lassen. Der Bundes oder die Landesrechnungshöfe bei spielsweise sind Einrichtungen, die zu solchen Prüfungen herangezogen werden. Historisch kam es zu solchen Veränderungen, wenn man bei spielsweise an die Auflösung des Bundesministeriums für Post und Tele kommunikation im Januar 1998 oder des Bundesministeriums für inner deutscheBeziehungenimJanuar1991denkt,wennauchselbstverständlich dasThemadesOBOhierkeineRollespielte.DieBeispielezeigennur,dass selbstdasUndenkbare–dieAuflösungeinesBundesministeriums–mög lichist.VielleichtistderFallderBundesanstaltfürArbeitnochamehesten geeignet, als Beispiel zu dienen, denn man erinnert sich an die allgemein empörteDiskussionumdieMegainstitution.Am1.Januar2003tratendie drei„GesetzefürmoderneDienstleistungenamArbeitsmarkt“inKraft.Sie setzen wesentliche Module der HartzKommission um: nämlich die Um benennungder„BundesanstaltfürArbeit“in„BundesagenturfürArbeit“, ihreReform,dieteilweiseDeregulierungamArbeitsmarktunddieÄnde rungenimLeistungsrecht.
Unbewusste Duldung des Organisationssuizids
159
Zurück zu den Unternehmen: Wenn der Vorstand oder die Geschäftsfüh rung nun nicht selbst und fristgerecht den Insolvenzantrag stellt, muss oderwirdesdieEigentümerschafttun.DazusinddierechtlichenRahmen bedingungen eindeutig und der weitere Ablauf obliegt dann nicht mehr der Organisation oder Institution, auch nicht mehr den bisherigen Orga nen. Die Wahrscheinlichkeit, aus dieser Lage nochmals zu einem markt und wettbewerbsfähigen Unternehmen zu kommen, ist verschwindend gering;jedenfallsnicht,wenndiedavorliegendeUrsachenketteauseinem Organizational Burnout hervorging. Damit endet dann die Geschichte einesvermutlichalten,großenundehemalserfolgreichenUnternehmens. TESTFRAGEN: WennSieglauben,IhreOrganisationoderInstitutionseiindieserletzten PhasedesOrganizationalBurnoutbereitsangekommen,dannhabenSie an dieser Stelle nicht mehr das Bedürfnis, Testfragen zu beantworten. Wenn eine Firma von außen betrachtet kurz vor dem Abgrund steht, dannistesleiderauchnichtmehrrelevant,obdieUrsachedasirrever sibleOBOist.Dannisteseinfachzwingendnotwendig,dieReißleinezu ziehen. Siekennenjetztdie20typischenSymptomederEntwicklungdesOrgani zational Burnout und Sie haben eine ziemlich genaue Einschätzung be kommen, ob in Ihrem Unternehmen oder in Ihrer Organisation nur erste oderbereitsfortgeschritteneAnzeichenfürdasProblemzuerkennensind. Die folgende Grafik (Abbildung 4.2) zeigt die systemischen Zusammen hänge der BurnoutEntwicklung in Unternehmen, denn die Symptome stehen nicht allein im leeren Raum. Es gibt eindeutige Zusammenhänge undUrsacheFolgeBeziehungen,dieinjederOrganisationleichtdifferen ziert sein können, aber prototypisch zwangsläufig sind. Auch wenn ein oder zwei Symptome der beschriebenenEntwicklung allein nicht reichen, ummitSicherheitvoneinemOBOzusprechen,sowirdmanbeiderver gleichendenAnalysemitdemeigenenUnternehmenfeststellen,dassjedes aktuelleProblemeineVorgeschichtehat. Die Grafik soll auch die Zusammenhänge von Ursache und Folge der 20 geschildertenSymptomesichtbarmachen.DasOBOnimmteinenzunächst schleichendenunddannimmerstärkerzuspürendenVerlauf.Ausdiesen
160
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Zusammenhängen kann man geradezu unter Laborbedingungen Progno sen des weiteren Verlaufs erstellen, wenn man aus den eigenen Beobach tungenableitenkann,wieweitbereitsdasOBOindereigenenOrganisati on oder Institution entwickelt ist. Mithilfe dieser Abbildung können Sie verproben, in welcher der vier Phasen des OBO Ihre Firma ist und ob es noch Chancen gibt, mit eigener Kraft eine Selbstheilung einzuleiten. In jedemFallwerdenSieggf.erkennen,dasseshöchsteZeitzumHandelnist. Nun stellen Sie sich vermutlich die Frage, ob Ihrem Unternehmen oder Ihrer Institution noch geholfen werden kann? Es hängt – wie so häufig – vonmehrerenVoraussetzungenab: a. dieMetastasenbildungdesOrganizationalBurnout, b. dieBereitschaftderFührungIhreheroischeUnfehlbarkeitaufzugeben, c. dieEntschlossenheitdermittlerenEbenezurhartenWende, d. eineausreichendeLiquidität,umgenugZeitfüreineOBOTherapiezu haben. BisaufdenerstenPunktwerdendieThemenindenFolgekapitelnbehan delt. Tatsächlich kann das Organizational Burnout unter der Oberfläche bereitstiefindenlebenswichtigenElementenderOrganisationoderInsti tution festsitzen und ist unheilbar geworden. Beispielsweise wenn die Entwicklung oder der Vertrieb bereits der diffusen Sehnsucht nach dem Neubeginn verfallen ist, während die Produktion oder Logistik immer nochdarüberdiskutiert,warumdieRessourcenabnehmen. BeiderBetrachtungdesGesamtorganismusdesUnternehmenskanninder ersten(latenten)PhasedesOrganizationalBurnoutnochvoneinerunprob lematischenRevitalisierungderOrganisationoderInstitutionausgegangen werden. Bis dahin wäre eine Selbstheilung absolut möglich, wenn das Organizational Burnout selbst verbindlich diagnostiziert worden ist und die obigen Voraussetzungen gegeben sind. Allerdings fällt es schwer sich vorzustellen,dasseineSelbstdiagnoseineinemsofrühenStadiumerfolgen würde;zuoftistdasProblembewusstseinbisdahineinfachzuwenigaus geprägt.
Unbewusste Duldung des Organisationssuizids
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InPhase2(akutesOBO)istdieTherapiedesOrganizationalBurnoutnoch vergleichsweise schnell – also innerhalb eines Jahres – möglich, wenn die kollektive Bereitschaft zur Therapie gegeben ist und es als reale Chance begriffen wird, gemeinsam entschlossen zu handeln. Hier wird es dann nureinerWegbereitungdurcheinenbegleitendenCoachbedürfen. Später,inPhase3deschronischenOBO,wirdesschwierig,dennnunbe darf es tatsächlich einer „Operation am offenen Herzen“. Wie bei jeder Operation muss dann Risiko und Chance sorgfältig abgewogen werden. Man muss jetzt schnell die Frage beantworten, ob man auch ohne jeden Eingriff noch genug Unternehmenssubstanz (beispielsweise: Markenwert, PatenteoderVertriebsnetz)rettenkann,umquasidurcheine„Transplan tation“ auf einen neuen Firmenkörper einen sicheren Neubeginn zu star ten, oder ob das nicht mehr möglich ist und man die Organisation seriös abwickelnmuss,umgrößereKolateralschädenzuvermeiden. Wennerstindervierten,letalenPhase,eingegriffenwerdenkann,steuert die Organisation unaufhaltsam in den Abgrund. Wenn bereits der Kont rollverlust eingetreten ist, kann durch die Führungsmannschaft keine Wendemehrerreichtwerden.Nungiltesschnellzusein,dennmitjedem Tag werden irreversibel Werte vernichtet. Jetzt taumelt die Organisation oderInstitutiondurchdasTagesgeschäft,immermehrKundenundLiefe ranten,BankenundMedienbemerkendenparalysiertenZustandunddas nochbestehendeVertrauenzerfälltzuStaub.
162
Typische Phasen der Organizational Burnout-Spirale
Abbildung 4.2
Vernetzung der OBO-Symptome
1. Der Markt beantwortet nicht mehr die Sinnfrage 2. Produktivität nimmt schleichend ab
4. Ressourcen werden knapper, man weiß eigentlich nicht warum
3. Interne Anforderungen binden mehr und mehr Zeit und Energie
5. Zunehmend funktioniert der Betrieb trotz und nicht wegen des Managements
6. Unsicherheit macht sich breit, Dynamik geht verloren
7. Der Anspruch von allen, an alle steigt
8. Zynische Grundstimmung gegenüber Firma und Kollegen
10. Innovationen finden (auch im Kleinen) nicht mehr statt
9. Simulation des persönlichen Engagements
11. Die Führungskräfte schotten sich vom Tagesgeschäft ab
12. Gefühl der Macht- und Sinnlosigkeit auf allen Ebenen 14. Die Fluktuation nimmt zu 17. Kontrollverlust
13. Überraschende Wechsel im Management
15. Ritualisierte Neustarts
18. Diffuse Sehnsucht nach dem „Big Bang“ des Neubeginns 16. Das Management erreicht die Mitarbeiter nicht mehr 20. Unbewusste Duldung des Organisationssuizids
19. Hoffnungslosigkeit
Unbewusste Duldung des Organisationssuizids
5
163
Folgen des Organizational Burnout
Die ersten vier Kapitel haben die Ursachen und erkennbaren Symptome und deren Interdependenzen behandelt. Kapitel 5 fragt nach den sichtba renFolgendesOBO,bevorwirunsdanach–inKapitel6–derDiagnose zuwenden. Die jetzt beschriebenen Folgen des Organizational Burnout sinddiesichtundwahrnehmbareGrundlagefüreineeindeutigeDiagnose desOBO. DasOBOistnichtzuletztdeshalbsogefährlich,weildieFolgenbereitsihr zerstörerischesUnheilanrichten,nochbevorder„SymptomträgerOrgani sation“ bemerkt, dass eine „BurnoutInfektion“ vorliegt. Dazu tritt der fataleEffektderRealitätsverweigerungdesManagements.DieseRealitäts verweigerunggibtdemManagementebennichtdasGefühlvonHilflosig keit,sondernimGegenteil:dieFührungistüberzeugtdavondieLage„voll imGriff“zuhaben. Die wichtigste externe und messbare Folge eines sich ausbreitenden OBO istdaszunehmendeMarktversagenderOrganisationoderInstitution.Wie bereits in Kapitel 2 sowie in Kapitel 4.1 beschrieben, nimmt das OBO zu nehmenddemUnternehmendieKraft,inseinemMarkterfolgreichzusein. EswerdenmehrundmehrdieLieferverpflichtungentagesgeschäftlichund routiniert abgewickelt, aber es gehen keine Impulse mehr vom Unterneh men aus; die Erfolgsquote des Vertriebs sinkt kontinuierlich und selbst StammkundenwendensichvondemparalysiertenUnternehmenab. Wenden wir uns im Folgenden den wesentlichen internen Folgen des OrganizationalBurnoutzu: G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
164
5.1
Folgen des Organizational Burnout
Kraftlose Führung: „Vogel Strauß“ in der Chefetage
NichterstinderchronischenPhasedesOBO(abStufe11)wirddasMana gement seinen Energievorrat aufgebraucht haben; jetzt allerdings wird es auch für alle sichtbar, dass sich die Führungskräfte erschöpfen. Wie in Kapitel4.11dargestellt,greiftmentaleRealitätsverweigerunginderChef etageumsich.EswerdenzwarweiterEntscheidungengetroffen,aberzum einen häufen sich die Fälle, in denen diese Entscheidungen bereits nach kürzester Zeit revidiert werden, zum anderen aber sind diese Entschei dungen nicht bis zu Ende durchdacht und nicht mit den Exekutivkräften abgesprochen. Es wird immer peinlicher, weil die Führung, kaum hat sie eineAnweisungundRichtlinieinternveröffentlicht,ständiggezwungenist dieeigeneAnweisungzuwiderrufen. Wenn sich diese Fälle wiederholen, beginnt ein bemerkenswerter Prozess bei den Mitarbeitern der mittleren und unteren Ebene. Die Unentschlos senheitundDiskontinuitätderEntscheidungenführennatürlichzuZwei feln an der Kompetenz und der Zuverlässigkeit der Führung. Mehr noch beginnt ein interner Wettbewerb der mittleren Manager unterhalb der Spitzenebene um das „Privileg des Entscheidungskillers“, mit anderen Wor ten: Wer als Erster die neue Anweisung des Chefs zu Fall bringt, hat ge wonnen undqualifiziert sich als „Held“.In derFolgeerhältdieserMitar beiterdeutlichmehrAufmerksamkeitvomManagement,sowohlinpositi ver wie in negativer Hinsicht. Einerseits wird er in die Entscheidungsfin dung–jenseitsderoffiziellenHierarchie–öftereinbezogen,umsicherzu stellen, dass sie nicht wieder an ihm scheitert und andererseits kommt dieser „Kollege“ auf die mentale schwarze Liste derjenigen, die man als Mitarbeiter und „Rädelsführer“ bei nächster Gelegenheit elegant loswer densollte.Fraglichistallerdings,obesnochdazukommt,dennvermutlich stehtderChefselbstbereitsaufeinersolchenListe. DieEnergieunddasCharismaderFührungspersonerschlaffen,estritteine Art„Entzauberung“derPersönlichkeitein.Siehabenessicheraucherlebt, dass es nicht immer so sehr darauf ankommt was der Inhalt einer Füh rungsbotschaft ist, sondern es vielmehr darauf ankommt wer diese Bot schaftwieausspricht.WennsichdannaberdasCharismaeinerFührungs
Kraftlose Führung: „Vogel Strauß“ in der Chefetage
165
persönlichkeitimmermehrverflüchtigt,sehenwirplötzlichden„Kaiserin seinenneuenKleidern“.Fürdiejenigen,diesoeinDesasteralsengerMit arbeiter – beispielsweise eines Konzernvorstandes – miterleben mussten, bricht eine Welt, auch hinsichtlich des Selbstwertgefühls, zusammen. Das liegtdaran,dassmanjaebennochandiesenMenschenalseineArt„Guru“ geglaubt hat, und dieser Mensch enttäuscht nun gerade dann, wenn es daraufankommt. DasManagementtauchtmehrundmehrab,wirdunsichtbar.DieUrsache dafüristdieAngstvornochschlimmerenVeränderungen.DieTopEbene erträgteinfachkeineschlechtenNachrichtenmehrundwillsieauchnicht mehr hören. So erlebte ich einen Eigentümer einer mittelgroßen Logistik AG in der chronischen Phase des OBO während einer Besprechung mit dem Aufsichtsrat als den obersten Verweigerer jeder Kosteneinsparung. Obwohl jeder eingesparte Euro den Umsatzdruck um das Fünffache des Betrages reduziert hätte, stemmte sich der Eigentümer, der gleichzeitig Alleinvorstand war, in den Boden und erklärte die Unmöglichkeit jeder Einsparung, insbesondere in den Personalkosten. Objektiv war seine Hal tung nicht nachvollziehbar; subjektiv lag es an der puren Angst, die not wendigen Konflikte mit der Mannschaft nicht durchzustehen. In solchen Fällen haben Betriebsräte oder Gewerkschaften leichtes Spiel und sie set zensichnahezuwiderstandslosdurch. MitdermentalenFührungsverweigerungderSpitzenkräftesind–jenach Brancheunterschiedlichschnell–eineAkzeptanzverweigerungdesMark tesundeinVersageninderMarktbearbeitungzubeobachten.Indenmeis ten kleinen und mittleren Unternehmen, auch in fast allen NonProfit Organisationen,istderSpitzenmanagerauchgleichzeitigderersteVerkäu fer.DieMitarbeiterwerdenAugenzeugen,wiederChefbeiderAkquisiti onversagt.ImmermehrweigernsichdieVertriebsbeauftragten(oderwie immerdieBezeichnungenfürdenVerkäuferindieserOrganisationsind), ihrenoberstenChefzumKundenmitzunehmen.ErstvorwenigenMona tenerlebteichgenaudiesesPhänomen:Der„SeniorVicePresident“einer namhaften internationalen Finanzberatungsgesellschaft kam zu Kunden terminenregelmäßigzuspät,warnichtvorbereitetundsprachdannnoch langeundweinerlichvondenwegbrechendenUmsätzendereigenenGe sellschaft.Diesehrqualifizierten„Directors“derFirmaverabredetenunter
166
Folgen des Organizational Burnout
derHand,inZukunftaufdenChefzuverzichten,auchwennesvomPro tokolleigentlichgebotengewesenwäreihneinzubinden. Die Reflexivität des persönlichen Versagens wird immer deutlicher. Weil derChefseineigenesVersagenanderKundenfrontundbeiinternenFüh rungskonfliktenerwartet,versagterdannunweigerlichtatsächlich. Die zweite Ebene nimmt die Führung des Vorgesetzten nun auch immer wenigerernst.WenndieKernaufgabenderFührungnichtmehrausgefüllt werden und die nächste Ebene ständig das Versagen der Spitze ausglei chen muss, stellen sich eher früher als später Verwunderung, Respektlo sigkeit,VerachtungundimschlimmstenFallsogarMitleidein. Der Mensch an der Spitze der Organisation oder Institution will von all demnichtswissenundbemerken.DieRealitätsverweigerungimChefbüro kann absurde Züge annehmen. So erlebte ich es einmal, als ich zu dem verabredetenTerminindasBürodesFirmenchefskam,dassdortjemand mit abwesendem Blick mechanisch versuchte, Golfbälle einzuputten und wieaufgezogendieBewegungenständigwiederholteundkaumansprech barwar.KurzentschlossennahmichdensehrinsInneregekehrtenHerrn mitnachdraußen,fuhrmitihmzuseinemGolfplatz,stellteihntatsächlich aufdasihmvertrautePuttingGreenundbeganndannvielspätermitihm, dieKonsequenzeneinesdringendenUrlaubszubesprechen.Abersodra matischhabeichesnureinmalerlebt.
5.2
Komplexe Überorganisation der Prozesse: Viele E-Mails und lange Listen, nichts wird besser
Vor dem Hintergrund des schwächelnden Managements werden die An sprüchederzweitenunddrittenEbenenachvisionärerundkonsequenter Führung lauter. Das Management aber verwechselt Führung mit Aktio nismus. Immer neue Anweisungen, Regelwerke, Formulare und sogar Ganttcharts,dieeinezunehmendeZahlvonAktivitätenaufeinerZeitachse sichtundkontrollierbarmachensollen,werdenper„parordredemufti“ eingeführt.UndregelmäßiggeratendieseAnweisungenindasRäderwerk
Komplexe Überorganisation
167
derFachkritikderobenbeschriebenen„Entscheidungskiller“.Jetztpassiert etwas Spannendes:Nach dem Motto: „Wenn du eine kleine Veränderung verhindern willst, fordere eine große“, werden nun von den Blockierern grundsätzliche(gernauchstrategischgenannte)Verbesserungenverlangt. Harmloses Beispiel: Der Chef weist an, dass ab sofort die Reisekosten an jedem Freitag statt nur einmal im Monat abgerechnet werden sollen, um zeitnah Kostentransparenz zu haben. Da man es aber nicht nur lästig fin det,nunjedeWochedasFormularauszufüllen,sondernauchtestenmöch te,obmanerfolgreichWiderstandleistenkann,wirddieseAnweisungvon einem betroffenen Mitarbeiter per EMail an den Chef (mit cc an alle) be grüßt.AberimNameneinigerKollegen–dieesangeblichauchsosehen– wirdgebeten–bevordieAnweisungnunverbindlichwürde–diebisheri geSpesenregelunggrundsätzlichneuzudurchdenken.Dieseseijabereits vomletztenJahrunddieneuestensteuerrechtlichenRegelungen,z.B.zur Umsatzsteuer bei Bewirtungen, seien möglicherweise noch nicht berück sichtigt und die Gefahr bestehe, ggf. Steuern nachzahlen zu müssen. Was wird nun der Vorgesetzte tun? Er kann kaum anders – will er nicht ein Risikoeingehen–alsdieÜberarbeitungderSpesenregelunginAuftragzu geben und dabei darauf zu beharren, dennoch wöchentlich abzurechnen. Doch damit hat es nicht sein Bewenden, denn nun wird der zweite Akt eingeläutet.EinandererKollegeder„Jagdmeute“,dieihreGrenzenerpro ben will, wird zum Schlag ausholen. Er wird – nach Rücksprache mit ei nem Anwalt – firmenöffentlich feststellen, dass die gegenwärtige Spesen regelung hinsichtlich der Nutzung des Firmenwagens bereits seit Jahren zweifelhaft ist und vermutlich die Gehaltsabrechnungen der letzten drei Jahre nachberechnet werden müssten. Und so weiter und so weiter. Jede „kleineBaustelle“imBetriebwirdnunzueinerArt„Dauerbaustelle“. Das „Gabler Wirtschaftslexikon65“ kennt den Begriff der „Überorganisati on“ und definiert ihn wie folgt: „Ein meist überaus formular und vor schriftenreicher Zustand der Organisation des Betriebes als Folge einer Gestaltung der Betriebsstruktur (z. B. Leitung, Instanzenbau, Aufgaben gliederung,BefugnisundVerantwortungsregelung)unddesBetriebspro zesses(Arbeits,Verkehrsabläufeetc.),dieüberdasfallweiseNotwendige
65GablerWirtschaftslexikon(2010),Wiesbaden,WebsitedesGablerVerlages
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Folgen des Organizational Burnout
und Zweckmäßige weit hinausgeht und daher mehr Arbeitskräfte und Hilfsmittelbindet,alsökonomischoptimalist“. VielleichtliestsichdieobigeBeschreibungzusehrso,alswenndiefrust rierende Überorganisation nur durch ein renitentes, quasi adoleszentes Mittelmanagement verursacht ist. Nein, das Hauptmotiv für eine tiefge staffelte Prozessorganisation liegt in der steigenden Verunsicherung der Organisation oder Institution im wachsenden OBO und daran, dass der Anspruchvonallenanalleständigsteigt.ZunehmendwillmandieEigen verantwortung abgeben und lieber nach einer klaren Vorschrift handeln, denn die Erfahrungen der Mitarbeiter einer Organisation oder vor allem bei Institutionen im OBO zeigen ihnen das wachsende Risiko, wenn sie zwarnachihrerErfahrungundnachverantwortlichemErmessenhandeln, aberdannerfolglosbleibenodersogarFehlermachen,dennimOBOwird derApparatimmerintoleranterimUmgangmitFehlern. Das Management versucht mit mehr Prozessen, mehr Regelungen und mehr Anweisungen immer detaillierter zu beschreiben, nicht nur WAS, sondernauchWIEeszutunsei.DieoperativeEbenewehrtsicheinerseits gegendieseEntmündigungundsuchtandererseitsdenSchutzdereindeu tigen Weisung, zur Reduktion des persönlichen Risikos. So geht mit der fortschreitenden Bürokratisierung der Organisation die Motivation auf allenEbenenverloren.
5.3
Schneller, härter, erfolgloser! Personalführung in der Sackgasse
DasManagementwirdinderlatentenPhasedesOBOdastun,wasesam bestenkann,nämlichdenAnspannungsgradderMannschafterhöhenund bessereundschnellereLeistungenverlangen.NunistausdemMarathon laufbekannt,dassesabdemKilometer32bis35wirklichkritischwirdund einPacemaker,derdannaufdrehtundverlangt,manmögeendlicheinmal schnellerlaufen,seinZielverfehlenwird.Ehertreibtdanneinezuheraus forderndeFührungdasTeamvomlatentenindenakutenOBO.
Schneller, härter, erfolgloser! Personalführung in der Sackgasse
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Wenn sich eine Organisation oder Institution in einem akuten – oder gar imchronischen–OBObefindet,wirdvondenPersonalleitungenundFüh rungskräften eine besondere Führungsstärke erwartet. Sie müssen dann unangenehme Entscheidungen vertreten, gleichzeitig Vertrauen und Zu versicht ausstrahlen und die verbleibenden Mitarbeiter motivieren. Dabei als Führungskraft in persönlicher Unsicherheit zu leben und dennoch in einersolchenPhasemotiviertzuführen,istnatürlicheineganzbesondere Herausforderung. Gerade beispielsweise als Personalleiter sind Sie selbst verunsichertundwissennicht,wasaufSieoderIhreAbteilungzukommt, unddochmüssenSiesotun,alswennallesingeordnetenBahnenliefe.Ein Vorgesetzteraber,derselbstüberdieKriselamentiert,treibtdieMitarbei ter zuerst in die Verunsicherung, dann zur Verzweiflung und verliert schließlichdenRespektseinerMitarbeiter. GeradejetztsolltederPersonalverantwortlichedenMitarbeiterndieUnsi cherheitennehmenundklareOrientierungbietenundsiemüssendieher ausfordernde Phase nicht nur durchstehen, jetzt müssen die Prozesse ge staltetwerdenundsiemüssensichbewusstdarübersein,welcheProblem lösungsvariablensiehaben. SicherheitunterUnsicherheitzugebenistdiebesondereHerausforderung für die Personalführung im OBO. Ein Ansatzpunkt aller Aktivitäten zur Bewältigung von Herausforderungen im Zusammenhang mit dem OBO sollte daher sein, aus einer reaktiven in eine aktive, agierende Rolle zu wechseln. Auch wenn sich HRManager gerne als beratender Partner des Top Managements verstehen, sind sie in der Praxis jedoch meist auf die Rolle des administrativen „Vollstreckers“ beschränkt. Im OBO rücken die HR Leitungen in eine zentrale Position. Sie können viel Frustration von den nachgeordneten Mitarbeitern und zu harte Maßnahmen von der Führung abfedern.ObsiedazudieStärkehaben,kommtaufihrePositionierungvor dem Eintritt des OBO an. Waren sie in den guten Zeiten ein verlässlicher PartnerfürdieBeschäftigtenwiefürdieFührung,werdensienuninden hartenZeitendesOBOdavonprofitierenundvielleichtsogarangemessen intervenierenkönnen,wenndievorgegebenenEinschnitteindiePersonal deckeunangemessengroßausfallensollen.
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Folgen des Organizational Burnout
GeradewennderinterneWettbewerbsdruckaufdie–unddannunterden – Beschäftigten stärker wird, kommt es sehr auf den moderierenden Transmissionsriemen der Personalabteilung an. Wenn die Fluktuation zunimmt, wird es schwierig. Nach aller Erfahrung nimmt nun die unge planteFluktuationvonLeistungsträgernzuundreißtLücken,diekurzfris tig mit noch nicht ausreichend qualifizierten Mitarbeitern geschlossen werden müssen, wobei die „Lückenbüßer“ zunächst natürlich nicht das entsprechend höhere Gehalt bekommen. Es fehlt außerdem die Zeit für einefachgerechteEinarbeitung,esfehltdasGeldfüreinexternesTraining undesfehltdenMitarbeiternvonAnfangandieMotivation,wennsiefür einehöherwertigeTätigkeitnichtangemessenbezahltwerden.Istdanndie monetäreAnerkennungvonbesondererLeistungnichtmöglich–weildas Management dafür keine Spielräume sieht – ja, wenn sogar bestehende Incentivevereinbarungenignoriertodergekündigtwerden,weildieUnter nehmensführung im Rahmen des gegenwärtigen Aktionismus glaubt, überallsparenzumüssen,dannistdasPersonalmanagementinderSack gasse.
5.4
Innovationslücke: „Wer auf dem letzten Loch pfeift, bringt keine neue Melodie zu Stande“
Das OBO verbraucht tückischerweise alle organisationale Energie der Or ganisation oder Institution für die ständige neue Selbstorganisation unter Stress. Das heißt, es fehlen die kreativen Energien für neue Lösungen be stehender Probleme oder gar für Innovationen, die über den bisherigen BedarfdesMarkteshinausgehen. Das Management ist bereits in der ersten, latenten Phase des OBO kaum noch in der Lage, einen Innovationsprozess zu gestalten; in der zweiten, akuten Phase wird es auch wegen der Widerstandskraft der Mannschaft nahezuunmöglich.IndenbeidenfolgendenPhasendesOBOgiltalleOr ganisationskraft der Rettung und dem Überleben; da ist weder Zeit, Geld nochKreativitätfür–auchnuransatzweise–innovativeProjekte.
Innovationslücke
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Nun müssen wir konstatieren, dass auch „gesunde“ Unternehmen meis tens keine klar formulierte Innovationsstrategie haben, dort kein organi siertes Innovationsmanagement existiert oder auch nur eine etablierte Zuständigkeit für Innovationen vergeben wurde. Gerade im Mittelstand sindInnovationenmeistensZufallsereignisseodervomMarkterzwungen, da ein Budget für die Weiterentwicklung von Produkten oder Dienstleis tungen, für die Kreation innovativer Programme oder Prozesse oder gar fürtatsächlicheBasisinnovationennichtexistiert.DiemeistenInnovationen werden von den Kunden abverlangt und allenfalls wird, wenn der Wett bewerb Innovationsdruck aufbaut, ein Projekt zur evolutionären Weiter entwicklunggestartet. Neben verschiedenen anderen Rahmenbedingungen hängt die Innovati onskraft einer Organisation oder Institution von der Organisationskultur und der Innovationsorganisation ab. Die Kultur des Unternehmens muss wirklicheFreiräumebieten;siesolltevonselbstverständlicherMitarbeiter beteiligung und einem Teambewusstsein geprägt sein, das Top Management muss Innovationen fordern und fördern und es muss vor allem eine gesunde Konfliktkultur gegeben sein, denn nicht immer läuft ein Kreativprozess in eleganten und kollegialen Bahnen ab. Die ideale OrganisationsbasisfürInnovationenistdurchVernetzung,Kontinuitätdes Teams und des Themas, erfahrenes Projektmanagement, angemessenes BudgetunddieZusammenarbeitmitdemMarketingcharakterisiert. Kann man sich diese Rahmenbedingungen in einer Organisation oder Institution in der zweiten bis vierten Phase des OBO vorstellen? Schwer lich!LeiderwäreabergeradeeineInnovationeinstabilerRettungsankerim StromdesOrganizationalBurnout.AlleindieFähigkeit,dasGleicheanders zumachen,wäreeineHilfe. Die Forderung vom Vertrieb nach konkurrenzfähigen Produkten oder ServiceswirdinderlatentenPhasedesOBOhäufiggestellt–geradewenn dieOrganisationoderInstitutioninderVergangenheiterfolgreichinnova tive Maßstäbe im Markt gesetzt hatte, früher einmal das Vorbild für den Wettbewerb war und nun zurückgefallen ist. Dann rufen nicht nur der Vertrieb, sondern alle Mitarbeiter nach einer neuen Positionierung ander Spitze des (Nischen)Marktes. Das SelbstbewusstseinderMannschaftver langt danach. Leider wird die Innovationslücke als Folge des OBO jeden Taggrößer.
172
Folgen des Organizational Burnout
5.5
Kommunikation: Asymmetrie der Informationen
DieGenesedesOrganizationalBurnoutistinallenvierPhasenmitasym metrischerInformationundinformellerKommunikationverbunden.Wäre stetszeitgerecht,gleichmäßigundumfassendinformiertwordenundwäre es weder zu schleichenden Gerüchten noch zu Vertraulichkeitsbrüchen gekommen, dann hätte ein latentes OBO vermutlich bereits im Keim er stickt werden können. Das OBO braucht für seine Entwicklung die Infor mations und Kommunikationssünden wie das Feuer den Sauerstoff. In soweitsindKommunikationsfehlerUrsacheundFolgezugleich. Das Management informiert sich und andere häufig auch im normalen Alltag selektiv und lückenhaft. Erst kürzlich begleitete ich eine Mitarbei terbefragung in einem noch jungen, mittelständischen Unternehmen aus dem CeBITUmfeld. Im Unternehmen herrscht aus den Anfängen der IT Branche eine lockere Umgangsform, alle mögen die „DuzKultur“ und jederistimmer„gutdrauf“.Umsoverblüffter,jageradezugeschockt,war dieGeschäftsführung,alsdieErgebnissederMitarbeiterbefragungmitsehr hoherQuotezuwenigInformationundKommunikationderGeschäftsfüh rungbeklagten.EsisteinedurchgängigeErfahrunginallenConsultingpro jekten,dassdieinterneKommunikationausderSicht derUnternehmens spitze als umfassend, ja als übertrieben angesehen wird, während die Be schäftigtengleichzeitigdasGefühlhaben,„imDunkelnzutappen“. In der Folge des OBO kommt es zur asymmetrischen Information und informellenKommunikation,weil:
႑dasManagementausdererstenundzweitenEbeneimVerlaufdes
OBOanderePrioritätensetzt,dieKommunikationalsnotwendige,aber nichtentscheidendeAktivitätansiehtundfolglichnichtproaktivein plant.
႑dieVorgesetztenaufallenEbenenInformationmitKommunikation
verwechselnundsomitzwarihreMitarbeiter(beispielsweiseperE Mail)informieren,abermitihrenKollegennichtindenDialogtreten,
Kommunikation: Asymmetrie der Informationen
173
auchweilsiewissen,dasssienichtjedeNachfrageauseigenerKompe tenzbeantwortenkönnen.
႑nichtimmerallezurgleichenZeitalleswissenkönnenundsomitver
suchen,sichInformationenaufinformellenWegenzubeschaffen.Ge radeinZeitendesOBObrodeltdieGerüchtekücheundeswerden WahrheitenmitSchlussfolgerungenplausibelvermengt.Auseinem „vermutlich“wirdein„wahrscheinlich“,aus„wahrscheinlich“wirdein „relativsicher“unddarausentwickeltsichdannein„sichernoch schlimmer“.
႑inkritischenPhasendesOBOEntscheidungendesManagementszu
nächstvertraulichbleibenmüssen,sichabernichtjederdaranhält.Nie kommteszusovielenundfastberechenbarenVertraulichkeitsbrüchen wieindenletztenbeidenPhasendesOBO.
႑dieMitarbeiteroderderBetriebsratoderdieGewerkschaftenüberden Vorstandbzw.dieGeschäftsführunghinweg(öffentlich)mitdemAuf sichtsratodermitdenMedienreden,umihreInteressendurchzuset zen.
႑dieÖffentlichkeit(vonbörsennotiertenUnternehmen)zuwenigüber
dieinternenVorgängeweiß–aberauchausAnlegersichtmehrwissen willundmuss–wirdversucht,durchinformelleKanäleanInformatio nenzugelangen.
InderFolgedesbrüchigenVertrauensklimasdesOBOwerdenalleMittei lungen der obersten Ebene von den Mitarbeitern (und der Öffentlichkeit) besonderskritischanalysiert.Jetztwirdnichtnuranalysiert,wasundwann kommuniziert wird, sondern auch genau hinterfragt wer es wie mitteilt. LässtdieGeschäftsführungetwasmitteilenoderstelltsiesichselbstvordie Beschäftigten?ErfolgtdieMitteilungknappundsachlichoderausführlich undbegründend,verhältsichderInhaber,bzw.Geschäftsführerlarmoyant und unkonzentriert oder doch selbstsicher und authentisch? Alles wird gesehen und gespürt, alles wird analysiert und interpretiert und nichts wirdzumNennwertgenommen. DasHauptprobleminderFolgedesfortschreitendenOBOistes,dassdie SinnfragederOrganisationoderInstitutionwedergestelltnochbeantwor tet wird. Alle Beteiligten vergraben sich immer tiefer in der Symptom
174
Folgen des Organizational Burnout
bekämpfung, ohne sich darauf zu „besinnen“, was eigentlich Sinn und Zweck ihrer Organisation oder Institution ist. Diese „Besinnung“ könnte helfen,sichaufeinegemeinsamePlattformderSichtderDingezubegeben undeinenAuswegzufinden.OhneeinewirklicheKommunikationfindet das aber nicht statt. Dabei würde die Organisation oder Institution zur Eindämmung des OBO die qualifizierten Informationen und die partner schaftliche Kommunikation so dringend brauchen wie Sauerstoff zum Atmen.LeiderersticktdasOrganizationalBurnoutdasUnternehmenoder dieInstitutionlangsamimmerweiter.
Kommunikation: Asymmetrie der Informationen
6
175
Diagnose nach Selbsterkenntnis
Zunächst die schlechte Nachricht: Eine Selbstdiagnose des OBO ist nicht sehrwahrscheinlich.DieVoraussetzungenfüreineSelbstdiagnosewären:
႑diementaleBereitschaftderFührungdenbisherigenWeg,d.h.alle
bisherigenAnweisungen,aberauchdasGeschäftsmodellselbst,bishin zurSinnfragedesUnternehmens,aufdenPrüfstandundsovielleicht sogarsichselbstinFragezustellen,
႑eineInitiativederFührungergebnisoffenineinenDiagnoseprozess
einzutreten,dazudieRessourcenzurVerfügungzustellenunddiesen Prozessselbstundauthentischzusteuern,
႑dieGlaubwürdigkeitdesManagementsmüssteindieserPhasenoch
gegebensein,umwirklicheinevertrauensvolleundoffeneDiagnosezu ermöglichen,dennnurwenndieBeschäftigtenesnichtalseinenweite ren„Trick“desZeitgewinnsansehen,kanndieSelbstdiagnosebegin nen.
VordiesemHintergrundisteinefreiwilligeSelbstdiagnosedesOBOnicht gutvorstellbar;erlebthabeichsiebislangnicht. Nun die gute Nachricht: Es gibt einen Weg zu einem realistischen An fangsverdachtzueinemOrganizationalBurnout–entwederindereigenen oderineineranderen–beobachteten–OrganisationoderInstitution.Bis lang war der Begriff des Organizational Burnout und dessen Bedeutung einfach nicht existent. Ähnlich wie ein erkrankter Patient, der einen zu nehmenden Leidensdruck verspürt, sich selbst fragt, was wohl die Ursa chen sein könnten, dann aber die Symptome seiner Krankheit nicht ein ordnen kann und die Krankheit, unter der er leidet, vielleicht noch nie gehörthat,soergehtesdemManagementmitdemOBO.IndemMoment aber, wenn der Patient vom Arzt die vermutliche Diagnose erfährt und
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
176
Diagnose nach Selbsterkenntnis
dann im Internet oder im „Pschyrembel“66 recherchiert, findet er alle Symptomebestätigtundweißnuneindeutig,woranerleidet. So dürfte es Ihnen ergehen, wenn Sie das vorliegende Buch lesen. Sie ha bennuneinrelativklaresBildvondenSymptomendesOBOundkönnen nunauchfürsichdieFragebeantworten,obinIhremUnternehmen„nur“ eine normale Krise zu bewältigen ist oder ob das OBO in der Kultur und StrukturIhrerOrganisationbereitsnachhaltigenSchadenangerichtethat.
6.1
Akzeptanz: Das Organizational Burnout ist da!
Was (Akzeptanzobjekt) wird durch wen (Akzeptanzsubjekt) in welchem Kontext akzeptiert? So müsste man wohl korrekt nachfragen, wenn man die Situation der Akzeptanz eines OBO beschreiben wollte. Wie entsteht Akzeptanzundistsieeigentlichnotwendig,umdasOBOanzugreifen? Wasistzuakzeptieren?Zunächstgehtesdarumzuverstehenundanzuer kennen, dass die Organisation oder Institution ihren Sinn und Zweck mit den gegeben Ressourcen nicht nachhaltig zufriedenstellend erreicht. Die bislang durchgeführten Maßnahmen haben versagt, insgesamt wird die ZukunftkritischgesehenunddasZutrauenindieFähigkeitunddenWil lenzurSelbstorganisationsinkt.Nunistzuakzeptieren,dasseinerealisti scheMöglichkeitbesteht,ineineOBOSpiralegeratenzusein. Wermussesakzeptieren?AkzeptanzwirdzuerstvonderSpitzederOrga nisationverlangt.NiemandinderHierarchiekannderSpitzediesenersten Schrittabnehmen,ohneumseineberuflicheZukunftfürchtenzumüssen. Die Primärakzeptanz durch die oberste Ebene beinhaltet Selbstkritik! Wennaber–ggf.mitBilligungdurchdenAufsichtsratodervergleichbare Instanzen – die Spitze diese Primärakzeptanz des OBO (oder zunächst
66„Pschyrembel“istdasbekanntesteKlinischesWörterbuchundmittlerweileinder
261.Auflage
Akzeptanz: Das Organizational Burnout ist da!
177
zumindestdieMöglichkeiteinesOBO)verkündethat,könnenalleanderen Hierarchieebenen ihre Deckung verlassen und selbstkritisch ihrerseits die Möglichkeit des OBO (als Sekundärakzeptanz) einräumen. So kann – das Gesicht wahrend – die Akzeptanz eingeleitet werden. Insgesamt sind die Primär und Sekundärakzeptanz des OBO die Sache der Führungskräfte undnichtdiederoperativenKräfte. In welchem Kontext muss die Akzeptanz erfolgen? Die Anerkennung der Wahrscheinlichkeit,ineineOBOSpiralegeratenzusein,mussinderkon struktiven und entschlossenen Absicht erfolgen, nun gemeinsam und ernsthaft zu analysieren, ob ein OBO tatsächlich vorliegt. In der Konse quenz ist dazu kollektiv der Weg aus dem OBO zu suchen, ja dafür zu kämpfenwiederfreiunderfolgreichzusein. Wie kann die Akzeptanz eines OBO eingeleitet und erreicht werden? Oft stelltsichnachmeinerErfahrungdieAkzeptanzeinerOBOGefahrschlag artigbeidenFührungskräftenein,wenndieMöglichkeiteinesOBOernst haftdiskutiertwird.SolltedieseSpontanakzeptanzausbleiben,empfehlen sich die vier folgenden Instrumente, um die Akzeptanzsituation ggf. her beizuführen.
႑DieZukunftsbefragung ManbefragtrepräsentativausgewähltMitarbeiterallerEbenenund Einheiten.DabeisolltenjenachUnternehmensgröße1Prozent(beisehr großenFirmen)bis20Prozent(beikleinenFirmen)derBeschäftigtenzu Wortkommen.DieeinzigeFragelautet:„WasmüsstesichinderZu kunftkonkretändern,damitwirwiedererfolgreichwiefrüherwer den?“ ImErgebnishatmaneinzunächstbuntesKaleidoskopbeliebigerAnt worten,dieallerdingsStrukturgewinnen,wenndieFragendendie Antwortenmitden20SymptomeninKapitel4inDeckungbringen. FallseinOBOvorliegt,dürftesicheinesehrhoheDeckungergeben.
႑DerManagementspiegel MitdenErgebnissenderZukunftsbefragungführtmanmitdemTop management,ggf.nurmitdemEigentümeroderdemVorstand,Ein zelgespräche.IndiesemGesprächkonfrontiertmandenManagermit
178
Diagnose nach Selbsterkenntnis
denErgebnissenderZukunftsbefragungundderInterpretationdaraus undhältdemManagerdenSpiegelvor.IndiesemSpiegelsollfürden Adressatenzuerkennensein,wiedieMannschaftdieFührungwahr nimmt,inwelcherPhasedasOBOSpiralesichseineFirmaggf.befindet undwelcheErwartungenanihngerichtetsind. ZweiAlternativensinddenkbar:DerManagernimmtdenPersönlich keitsspiegelkonstruktivaufundbittetineinerArtSelbstreflexionum HinweisezurangemessenenVerbesserung;oderderManagerweistdie Interpretationenalssachfremdundunangemessen,jaalseinenAktder InsubordinationzurückundverlangtdenAbbruchdesGesprächs,ggf. denAbbruchdergesamtenAnalyse. ImerstenFallistdieAkzeptanzdesOBOeingeleitetundessindalle WegezumAusbremsendesOBOoffen,imzweitenFallistmaneiner derUrsachendesfortgeschrittenenOBOspürbarnähergerückt.Mit FeingefühlmussmandenManagerabfangenundihmvorsichtigdabei helfen,dieSituationimrichtigenLichtzusehen.
႑DerStresstest ManlässteinenneutralenDritten(externenBerater),ggf.auchmittels derBefragungausgewählterKunden,einerealistischeAußensichtder OrganisationoderInstitutionbeschreiben.Dabeisolltederneutrale DrittenichtindenAnfangsverdachteinesOBOeingeweihtsein,umdie Neutralitätnichtzukanalisieren.ManorganisierteineVorstellungdie ser(vermutlichsehrkritischen)AußensichtimFührungskreisundin ausgewähltenKreisenderMitarbeiterundbittetanschließenddieTeil nehmer,dieseFremdsichtderOrganisationoderInstitutionzukom mentieren. NuntretendreialternativeEffekteein:EntwederbezweifeltdieFüh rungdieErgebnisseunddieoperativeEbenestimmtdenErgebnissen zu.OderbeideEbenenstimmendenErgebnissenzuoderbeideEbenen bezweifelndieErgebnisse. InderFolgedeutetdieerste–unterschiedliche–Reaktiondaraufhin, dassdieOrganisationoderInstitutionbereitsineinemakutenStadium desOBOist,dadieMannschaftsichderUnzulänglichkeitensehrwohl bewusstistundhiereinenHilferufstartet,dagegendieobereEbene
Akzeptanz: Das Organizational Burnout ist da!
179
nochinheroischenRitualenverharrt.WennbeideEbenenzustimmen, istdasOBOnochineinemlatentenStadiumundgemeinsamkannrela tivschnelleinAusweggefundenwerden.Theoretischkönntediesezu stimmendeEinigkeitauchimfinalen–letalen–Stadiumerfolgen,weil allewissen,dassesschlechtumdieOrganisationoderInstitutionsteht; praktischallerdingswürdeesindiesemEndstadiumzusolcheinerex ternenBefragungnichtmehrkommen.WennbeideEbenendieErgeb nisseübereinstimmendanzweifeln,dannwarenentwederdiebefragten KundenimUnrecht(wenigwahrscheinlich)odermanbefindetsichbe reitsinderdritten–chronischen–PhasedesOBO.Daskollektive LeugnenobjektivbestehenderMissständedeutetrelativklaraufdas gemeinsameGefühlderMachtundSinnlosigkeitundderallgemeinen AngstvordenKonsequenzendesVersagenshin.
႑DieAnalogieforen JenachGrößederOrganisationoderInstitutionwerdeninmindestens zweioderinmehrerenRunden–vonjeweilsbiszu15Mitarbeitern verschiedenerHierarchieundWertschöpfungsstufen–die20typi schenSymptomedesOBOdurcheinenModeratorvorundzurDis kussiongestellt.DabeikannzunächstdieFragebehandeltwerden,ob mandieseSymptomebeiKundenoderLieferantenfirmen(jenachAr beitsfeldderTeilnehmer)beobachtethabe.Unvermeidlichwirdsichin denKöpfenderTeilnehmerdieFragenachAnalogienhinsichtlichder eigenenOrganisationoderInstitutionstellen.Gegebenenfallskannman dasprovozieren,abernachmeinerErfahrungistesnichtnötig,dadie SelbstbezogenheitderMenschenstetszuverlässigvorhandenist.Esist imweiterenVerlaufeinLeichtesherauszuarbeiten,welcheSymptome inwelcherIntensitätbereitsbeobachtetwurdenundinwieweitauch beobachtetwurde,dassesgleichzeitigeineNeigungzumKaschieren derSymptomegibt. AlsResultatwerdenAnalogieforeninderSummeeinverlässlichesBild derEigenwahrnehmungüberdenFortschrittdesOBOliefern.Zusätz licherreichtmanmitdenAnalogieforeneinenAhaEffektbzw.einen Paradigmenwechsel.EsfälltdenTeilnehmernmeistens„wieSchuppen vondenAugen“,dasssichtatsächlichihrBereich,ihrUnternehmen oderihreOrganisationineinerOBOSpiralebefindet.
180
Diagnose nach Selbsterkenntnis
Für die Primär und Sekundärakzeptanz des OBO sind die vorgenannten vierInstrumenteindieserReihenfolgenotwendig.DannistderBodenfür dieBehandlungdesOBObereitet. Ein besonders wichtiger Punkt für die Akzeptanz der Möglichkeit eines OBO ist die gesicherte Diagnose. Kritiker könnten in der frühen Akzep tanzsituation fragen, ob es sich denn wirklich um einen Organizational Burnout handeln muss oder ob es sich nicht beispielsweise auch um eine periodischimmereinmalvorkommendeUnternehmenskrisehandelnkön neundwohermandieSicherheitderDiagnosenähme. Damit stellt sich die entscheidende Frage, ob für die Akzeptanz des OBO einegesicherteDiagnoseeinezwingendeVoraussetzungist?Nein,weiles ebennichtdaraufankommt,dassobjektiveinOBOgegebenist,sondernob die Idee eines OBO subjektiv als Lösungsplattform von der Führung und den aktiven Mitarbeitern anerkannt wird. Wichtiger als eine ein eindeutige, analytisch unwiderlegbare Diagnose ist die Bereitschaft, sich aufeinenParadigmenwechseleinzulassen.Nurdannisteingemeinsamer WegausderOBOSpiralezufinden. Während idealerweise eine sichere Diagnose des OBO wünschenswert wäreundhäufigauchmöglichist,weilSymptomeundBefundspezifisch füreinenOBOsind,kanninderRealität–jenachdem,obsichdieOrgani sationoderInstitutioninPhase1bis4befindet–dieDiagnosemöglicher weise nur als eine Differenzialdiagnose67 erfolgen. Dabei werden durch weitere Analysen alle anderen in Frage kommenden Erklärungen ausge schlossen. Folgendessollnichtverschwiegenwerden:dieAkzeptanzeinesbeginnen den oder fortgeschrittenen OBO ist kein Selbstläufer. Es gibt mindestens vierAkzeptanzhürden:
႑DasSelbstbildnisdesManagersalsunfehlbarerHeld.DiesesSelbstbild darfdurchdenOBOCoachunddenDiagnoseProzessnichtfunda mentalerschüttertwerden,weilwirsonsteineAkzeptanzblockadeauf
67AlsDifferenzialdiagnosebezeichnetmandieGesamtheitallerDiagnosen,die
alternativalsErklärungfürdieerhobenenSymptomeinBetrachtzuziehensind.
Akzeptanz: Das Organizational Burnout ist da!
181
entscheidenderEbenehaben.Hierhilftes,denLeidensdrucksehrdeut lichherauszuarbeiten,dieritualisiertenDemonstrationenderStärke undallebisherigenMännlichkeitsritualederHeldenalsunnötigund unprofessionellzuentlarven.
႑DasreflexartigeVerlangennachSofortlösungen.Managersindesge
wohnt,soforteinenklarenPlanzurProblemlösungaufdenTischzule gen,kaumdasseinProblemaufgetauchtist.Sowirdjetztsinngemäß dieFragegestellt:„Angenommen,wirbefindenunsaufdemWegin eineOBOSpirale,wasistjetztzutun?“Zugegeben,dieFrageklingt dynamischund:„Werfragt,derführt“,aberhilfreichistdieFrage nicht,verhindertsiedochdieAnalysederwirklichenUrsachen.
႑DerAngriffalsbesteVerteidigung.DominantesoderaggressivesVer
haltengehörtzumroutiniertenRepertoirejedesManagers.Erhatge lernt,wiemanangreift,umsichzuverteidigen.Sokannesgutsein, dassnunmehrbehauptetwird,dassdieBefragungenundAnalysenun seriös,unwissenschaftlich,aufgebauscht,nichtmitDatenreihenbelegt undnurblitzlichtartigseienund–werweißnichtnochalles–hierwe dergelten,nochverwendetwerdenkönnen.ImZweifelwirddieQuali fikationdesGesprächspartnersbzw.desOBOCoachsdiskriminiert oderseineReputationhinterfragt.
႑KognitiveDissonanzvonHandlungsdruckundGelassenheit.Der
MarktwartetnichtunddasTagesgeschäftverlangtständigschnelle undkompetenteReaktion.DasManagementgehtmitderAkzeptanz desOBOdasRisikoein,inderKonsequenzeineVielzahlvonVerände rungen,UmorganisationenundzeitaufwändigeAktivitätenloszutre ten.DeshalbwürdemanalsManagementdenOBOamliebstenschnell erledigen,zumTagesgeschäftzurückeilenundnatürlichanschließend mitdemSchwungneuerSicherheitwiederaufdemrichtigenWegsein. DagegenstehtdieErfahrung,dassdieRekonvaleszenzdesOBOnicht inzweiMonatenzuhabenist.DieUngeduldistnachvollziehbar,aber kontraproduktiv.DasOBOistnichtvongesternaufheuteentstanden underistnichtvonheuteaufmorgenzubeseitigen.AmAnfangsteht dieAkzeptanz!
182
Diagnose nach Selbsterkenntnis
6.2
Anamnese: Weg mit den Scheuklappen!
Nach der hierarchisch von oben nach unten kaskadierenden Akzeptenz des OBO als notwenige, aber bei Weitem noch nicht hinreichende Bedin gung zur Heilung des OBO, muss nun die Vorgeschichte analysiert wer den. Es bedarf der gesteuerten, objektiven, ergebnisoffenen und kollekti venAnamnese,somitderAufarbeitungderUrsachenundderFolgendes bisherigenVerlaufsdesOBO. LeideristdazueineReihevonHerausforderungenzuüberwinden,dievor allemdenMutderFührungsetageerfordern,sichderAnamnesezustellen. Dieser Prozess lässt sich weder von außen durch einen Berater noch von untennachobendurchdieMitarbeitersteuernoderernsthaftbetreiben. DieHerausforderungeninderPhasederAnamnesesind:
႑DieBereitschaftdesTopmanagements,einProjektteameinzusetzen,das hierarchiefreidieUrsachenneutralauflistetunddieFolgenbewertet.
႑DieRealisierungeinerneutralenBefragungausgewählterKundenund Lieferanten,diedieFolgendesOBOverifizierenoderfalsifizieren.
႑DerVerzichtaufSofortlösungen,diebereitswährendderAnamneseden AusgangszustandderOrganisationoderInstitutionverändernsollen.
႑DiekollektiveBereitschaftzuremotionslosenSelbstkritikundzum VerzichtaufSchuldzuweisung.
႑DieBereitschaftdesEinzelnenimInteressedesUnternehmens,den
ZustandbeimNamenzunennen,auchwenndamitVorgesetzteindie Kritikkommenkönnten.
႑DasHinterfragenbestehenderTabusderFirma,umjedeAnamneseblo ckadezuverhindern.
Wie kommt es zur Selbstanamnese? Zuerst braucht es eben ein selbstbe wusstes Management oder einen starken Aufsichtsrat, der selbst einen Paradigmenwechsel durch Helikoptersicht einleitet. Von oben betrachtet und mit dem richtigen Abstand verschwinden die Scheuklappen des Ta
Anamnese: Weg mit den Scheuklappen!
183
gesgeschäftes.Solange zwischen den horizontalenodervertikalenEbenen einerOrganisationoderInstitutionSichtblendenbestehen,bleibtdieLand schaftvonUrsachenundFolgendesOBOverborgen. FürdiepraktischeAnamneseistfolgendeeinfacheDenkstrukturundgra fischeAufbereitunginAbbildung6.1hilfreich: ZuerstwirdeinezentraleAussageindieMittederGrafikgestellt,diezu nächstwederUrsachenochFolgezuseinscheint,alsobeispielsweise:„Un sereFirmabefindetsichimOBO!“DarunterwerdenalleUrsachenkatego rienaufgelistet,dannjeweilsdieUrsachen,diezudiesenUrsachenführten und auf der weiteren Ebene die Ursachen der Ursachen der Ursachen. Anschließend werden darüber die Kategorien der Folgen gezeichnet und darüber die Folgen der Folgen usw. Im Ergebnis hat man eine Ursachen FolgenLandschaft, die gut erkennen lässt, in welchem Stadium des OBO sich die Organisation oder Institution aktuell befindet. Diese Diskussion sollteinmehrerenGruppenmitTeilnehmernausallenBereichenderFirma geführt werden, um anschließend die Ergebnisse zu vergleichen. Die SteuerungsgruppederAnamnesesolltedanngutinderLagesein,ausden Resultaten ein Gesamtbild zu zeichnen und den tatsächlichen Status der Metastasenbildung des OBO festzustellen. Die folgende Grafik ist eine ArbeitsvorlagefürdieseUrsachenFolgeDiskussion. Das Unternehmen, auf das sich die Abbildung 6.2 bezieht, befand sich nochinderlatentenPhasedesOBOundderInhaberhatteselbstdieInitia tiveergriffen,gegendenOBOanzukämpfen.Tatsächlichmussteeinerder beidenGeschäftsführerdasUnternehmenverlassen.Interessant:Wirließen parallel eine Mitarbeiterbefragung laufen und die Fragebögen vor und nach der Kündigung und sofortigen Freisetzungen des Managers unter schiedensichdeutlich;siewarendanachsehrvielpositiver,weilmandie HandlungsfähigkeitdesEigentümersanerkannte.
184
Diagnose nach Selbsterkenntnis
Abbildung 6.1
Beispiel für Ursachen-Folge-Analyse
Folgen Hoffungslosigkeit
Verlust der Lieferfähigkeit
Liquiditätsprobleme
Kredite werden fällig gestellt
Kontrollverlust des Managements
Starke Fluktuation
Absentismus
Umsatzverluste
Ertragseinbußen
Austausch von Führungskräften
Unsicherheit der Mitarbeiter
Destruktive Kommunikation
Probleme der Wettbewerbsfähigkeit
Kostensteigerung
Wechselnde Strategien
Fehlende Führung
Zynische Kultur
Unklare Prozesse
Unverständliche Organisation
Unsere Firma befindet sich im OBO!
Beispielfüreine Anamnesedokumentation
Wechselnde Strategien
Fehlende Führung
Zynische Kultur
Unklare Prozesse
Unverständliche Organisation
Unsicherheit über Zukunftsweg
Abgehobenes Management
Informelle Regeln
Verschlankung der Prozesse
Rationalisierung von Orga-Einheiten
Neue Unternehmensziele
Allmachtsfantasien des Managements
Lückenhafte Kommunikation
Prozessvielfalt
Doppelstrukturen
Kauf durch Kapitalinvestor
Große Erfolge in der Vergangenheit
Hoher externer Erwartungsdruck
Schnelles Wachstum
Zukauf oder Fusion mit anderen Firmen
Ursachen
Es gibt einen weiteren – unauffälligen – Weg der Anamnese, wenn das ManagementGewissheitüberdenStatusdesOBOhabenmöchte,ohnedie operativenMitarbeiterunddieKunden/LieferantenüberdenAnfangsver dachteinesbestehendenOBOzuinformieren.Dasistnichtderideale,aber ein nachvollziehbarer Ansatz zur Anamnese, denn die Führung ist nicht immerbereit,dieeigeneUnvollkommenheitzuMarktezutragen.Eswäre auchverständlich,wenndieSpitzezunächstdenVerdachtaufeinenOBO in seiner ganzen Bedeutung nichtkommunizieren möchte. Das Mittel der Wahl ist dann der Aufruf zu einer „Produktivitätsinitiative“, in der alle MitarbeiterVorschlägezurVerbesserungderEffektivitätderOrganisation oderInstitutioneinbringenkönnen.
Anamnese: Weg mit den Scheuklappen!
Abbildung 6.2
185
Praktisches Beispiel einer Ursachen-Folge-Diskussion Folgen
EnergiemangelfürReset Leistungsverluste
Umsatzverluste MangelndeRealisierungvonRegeln Projektverluste
Orientierungslosigkeit
KonzernregelnfürMinifirma
Vertriebsschwäche
Komplexitäten
Firmabefindetsichineiner strategischenMinusspirale
Kommunikation Strategielücke
Marktdurchdringung Kultur Führung Vertrieb
Kernmarkenqualität? Visionsdefizit
Kontakte
Personal
MixedMessages Kurzarbeit
Produkte Wettbewerb
ParalysederGF
NeueVerantwortungen Qualitätsdefizit
Ursachen
WennesbeiderProduktivitätsinitiativeeineReihevonhierarchieübergrei fenden Produktivitätsworkshops in allen Einheiten der Organisation oder Institution gab, werden viele Hundert Ideen für Maßnahmen vorliegen, deren Themenschwerpunkte sich insbesondere um die typischen Ursa chenkategoriendesOBOanordnenwerden.Zwarmussdanneinexterner Berateroder–einwirklichneutralerProjektleiter–ausdiesenErgebnissen Ableitungen zur Symptomdichte und zum Fortschritt des OBO ableiten, aber die Anamnese erreicht auch so eine hinreichende Tiefe und Treffsi cherheit. In Kapitel 6.1 wurde beschrieben, wie mit vier Instrumenten die Primär undSekundärakzeptanzdesOBOhergestelltwerdenkann.HierinKapitel 6.2habenSienunerfahren,wiedieUrsachenundFolgendesOBOausder
186
Diagnose nach Selbsterkenntnis
aktuellenSituationderUnternehmungbeschriebenwerdenkönnen.Wenn Sie in der praktischen Diagnosesituation beide Ergebnisse miteinander vergleichen,erhaltenSieeinverlässlichesBildüberfolgendeAspekte:
႑IstmeineOrganisationoderInstitutionaufdemWegindasOBO?
Wennja,inwelcherPhasedesOBObefindenwiruns?Wennnein,wel cheUrsachensindsonstfürdieSchieflagederFirmaverantwortlich?
႑BestehtbeidenMitgliedernderOrganisationoderInstitutiondieBe
reitschaftfüreinenwirksamenAnsatz,dasOBOzubewältigen,oder sinddiedestruktivenKräftebereitssodominant,dassvoninnendie Heilung–oderwenigstenseinedeutlicheBesserung–nichtmehrwahr scheinlichist?
႑GibtesausderAkzeptanzuntersuchungundausderAnamneseein
Gesamtbild,dasdenWegindieZukunftvorzeichnetunddienotwen digenEnergien,diesenWegbiszumEndezugehen,freisetztoder brauchenwirHilfevonaußen?
6.3
Teamansatz: Statt Schuldzuweisungen gemeinsam „die Suppe auslöffeln“!
EsliegtinderNaturdesOBO,dassessichzulangehinterdenheroischen Fassaden des omnipotenten Managements, zwischen den unzähligen Zu ständigkeiten oder hinter der kollektiven Verantwortungslosigkeit verste ckenkann.Mankommtimmerzuspät!DeshalbkannunddarfdieZeitder OBODiagnose nicht die Zeit der Schuldzuweisungen sein. Schuld und Verantwortung einseitig zuzuweisen und von anderen die Lösungen zu verlangen, war ja ein wesentliches Element für den sich ausbreitenden OBOundderNährbodenfürseineMetastasierung. Wir brauchen in der Diagnosephase den Teamansatz, d. h. die Ursachen undFolgeanalyseimhierarchieübergreifendenTeamundauchdieOffen heitderTeamsfürdieBeseitigungdesOBO. WaserreichenwirdurchdieseEinbeziehungallerBeschäftigten?
Teamansatz statt Schuldzuweisungen
187
႑EhrlicheAnamnese,dennzunächstbedarfeseinerklarenundgründli
chenBeschreibungderwirklichenProblemsituation.EinProblemmuss dabeijeweilseinerseitsineinerangemessenen,emotionslosenWeise beschriebenwerden,andererseitsaberenggenuggefasstsein,damit manspätereffektivdamitumgehenkannundvorallem–imFallder späterenDiskussionvonProblemen–dasberühmte„notinvented here“vermiedenwird.
႑ÜberwiegendrealistischeHinweisezurspäterenProblemlösung,denn dasManagementselbstistnichtseltenzuweitvondentatsächlichen operativenAnforderungenentfernt.
႑EinenangemessenenEnthusiasmusdesTeams,denndanichtimmer alleTeammitgliedereffektiveBeiträgeleistenoderkonsequentmitar beiten,scheitertdieAnamneseundDiagnosesonstbereitsanderzu oberflächlichenBestimmungderUrsachen.
႑EinevergleichsweiselogischeProzessundProblemdarstellung,denn dasTeamkannausseinereigenenPraxisdieProblemepriorisieren, analysierenundüberprüfen.
႑NebenbeidieAktivierungdereigenentheoretischenFertigkeitendes
Teams,denndieTeammitgliederkönnenihreErfahrungeninStatistik undProblemlösungsmethodeneinbringenundvertrauensomitden selbsterzieltenErgebnissen.
႑VielleichtsogardasAusbremsenderUngedulddesManagements,
dennoftmalssindesdiemangelndenKenntnissedesManagements zumThema,diedasManagementständignachfragenlassen,wanndas Detailproblemnunendlichgelöstseinwird.Derdadurchentstehende DruckkannvomTeambesseralsvondemeinzelnenMitarbeiterabge fangenwerdenundermöglichtdemTeamschließlichdiegründliche Anamnese.
႑EinegründlicheUrsachenanalyse,denneinepotenzielleUrsacheoderein SymptomwirdimTeamvielleichtzuschnellundsomitfälschlichalsdie grundlegendeUrsachedefiniert.AndernfallswürdeeinemöglicheUrsa chevoreiligalsdieHauptursacheidentifiziertunddieProblemuntersu chungwürdezufrühabgeschlossen.DannträtedasProblemspäterwie derauf,weildieeigentlicheUrsachenichterkanntwurde.
188
Diagnose nach Selbsterkenntnis
႑BessereChancenzueinerspätererfolgreichenImplementierunganhal
tenderVerbesserungsmaßnahmen;denndasTeamhatdaseigentliche Problem,dieUrsachenundSymptomeselbstherausgearbeitetundwill nunauchderenerfolgreicheVerbesserungderSituationermöglichen.
႑DertypischeMangelanInformationundKommunikationinder
AnamnesephaselässtsichdurchdenTeamansatzgutvermeiden,denn sonstbestehtdieGefahr,dassunzureichendeInformationenzur AnamneseoderzurAkzeptanzdesOBOzunachhaltigerAbwehrkon ditionierungderBeschäftigtenführen.
Es ist übrigens nicht ganz trivial, tatsächlich die Beschäftigten auf allen EbenenfüreinenTeamansatzderDiagnosezugewinnen.Wirdürfennicht vergessen, dass unsere Organisation oder Institution erst der Diagnose zugeführtwird,wennbereitsvielPorzellanmitverfehlterKommunikation und schwer nachvollziehbaren Organisationsmaßnahmen zerschlagen wurde.WirbefindenunszudieserZeitnichtaufeinemunschuldigenFeld des gegenseitigen Vertrauens, sondern vermutlich haben die Mitarbeiter bereits einige Vorgesetzte kommen und gehen sehen. Vielleicht gab es bereits einen Eigentümerwechsel, vielleicht war auch schon der eine oder andere Berater im Unternehmen. In jedem Fall ist die Vertrauensbasis angeschlagen. AufderanderenSeitehabensichdiemeistenMitarbeiter,auchdasmittlere Management,inihrerNischederNichtverantwortungeingerichtet.Mental herrschtnämlichbeidenBeschäftigtenindenPhasen2bis4desOBOeine große Distanz zwischen der beobachteten Situation der Organisation und dem Gefühl der eigenen Mitverantwortung. Im Gegenteil, fast immer ha ben sich gerade die früher engagierten Mitarbeiter inzwischen einen Pan zerdesSelbstschutzesundderUnverantwortlichkeitwachsenlassen.Nun werdensieaufgefordert,ausihrerZurückgezogenheitineineaktiveRolle zurückzukehren,ohnebereitswissenzukönnen,obdiestatsächlichrisiko los möglich ist, was keine leichte Überzeugungsaufgabe für die Führung darstellt. Hier hilft es, wenn man sich eines erfahrenen, externen Coachs bedient,derkeineinterneVorgeschichtehat.
Coaching: Hilfe zur Selbsthilfe organisieren
6.4
189
Coaching: Hilfe zur Selbsthilfe organisieren
Im nachfolgenden Kapitel werden die typischen Versuche der Selbsthei lung beschrieben, die in der Regel ohne Erfolg bleiben, es sei denn, das OBObefindetsichnochineinemlatentenFrühstadiumundesgabbislang weniginnereZerstörungen.Darausfolgt,unddassollhierbeleuchtetwer den,dasseineOrganisationoderInstitutionimOBOklugerweiseneutrale Hilfevonaußendazuholt,umdasOBOzubewältigen. Ohne die Hilfe zur Selbsthilfe wird es nicht gehen. Wenn Sie zunehmend kurzatmigwerdenundIhreseelischeundkörperlicheBelastungsfähigkeit spürbar nachlässt, können Sie entscheiden, ob Sie einen Arzt aufsuchen oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit, ohne eine ärztliche Konsultation und Behandlung ihre frühere Fitness zurückzuerlangen, ist gering. Das wis send, verzögern Sie dennoch den Arztbesuch, bis der Leidensdruck zu hoch wird (oder IhrLebenspartner Sie einfach lang genug überredethat). Vielleichtistesmöglicherweisezuspätundeshilftvielleichtnurnochdie BypassOperation.WennIhreOrganisationoderInstitutionunterschwin denderBelastungsfähigkeitleidet,müssenSiezumArzt!Siesindes–wenn SieinderVerantwortungstehen–IhrenMitarbeiternunddemÜberleben derFirmaschuldig.EsgibtdazukeineAlternative. EinTipp:NehmenSieeinenOBOCoachanBord,bevorSiedazugezwun genwerden.WennSieselbstdieInitiativeergreifen,dannkönnenSieaus wählenundbleibenHerrdesVerfahrens. WaskönnenundmüssenSievoneinemOBOCoacherwarten?
႑PersönlicheAnforderungen:
WirktderCoacherfahren,gelassen,lebenserfahrenundsympa thisch? FühlenSie,dassSieihmalsMenschvertrauen? IstderCoacheinerbestimmtenMethodeoderDenkschuleverhaf tet? LiegtIhnendasAngebotvor,Referenzeneinzuholen?
190
Diagnose nach Selbsterkenntnis
Wieempathisch,aberauchoffenkritischister? SpürenSiegenugSelbstreflexion,aberaucheinstarkesCharisma?
႑AnforderungenandiesozialenKompetenzen:
SindseineKommunikationsfähigkeitenstarkausgeprägt? HaterdasrichtigeMaßanKonfliktfähigkeit? ErscheinenIhnendiegestelltenFragentreffend? WirdderCoachversuchen,SieinseineAbhängigkeitzubringen?
႑Anforderungenandasfachliche,wirtschaftlicheundpsychologische Wissen
WarendievonIhneneingeholtenReferenzenüberzeugend? HaterIhrBusinessmodelldurchschaut? HaterdieFähigkeit,IhreOrganisationsmusterzuerkennen? HaterCoachingErfahrunginIhrerBrancheundinderGrößenord nungIhrerOrganisationoderInstitution? HaterselbstinunternehmerischerVerantwortunggestanden? WirdderCoacheinenAuswegausdemOBOfinden?
႑AnforderungenandieMethodenundHandlungskonzepte:
HatderCoachdieKompetenzfürdieDiagnostik? TrauenSiedemCoachzu,SiebeiderTherapiedesOBOzubeglei ten?
Wenn Sie in der Auflistung von einem männlichen Coach gelesen haben, dannwar esnicht so gedacht, dass Sie sich nur für einen männlichen Be gleiterentscheidensollten.OftverfügenFrauenimCoachingüberVorteile gegenüber einem männlichen Coach. So können weibliche Coachs den männlichen Coachees eher deutlich machen, dass Denken und Fühlen zusammengehörenundheroischeMaskennurZeitkosten,abernichthel fen. Auf der zweiten Ebene verursachen weibliche Berater weniger Kon kurrenzangst,daeinmännlicherCoachunbewusstdieGefahrsignalisiert, möglicherweiseplötzlichindieoperativeFührungberufenzuwerdenund dann nicht mehr Berater, sondern Vorgesetzter zu sein. In einem solchen FallwirddermittlereManagervorsichtigunddannwirderimVieraugen gespräch der Anamnese lieber vorsichtig in seinen Äußerungen bleiben. Auf der anderen Seite verbringen Coach und Coachee viel Zeit miteinan der und besprechen auch sehr persönliche Dinge. Hier ist ein Coach des
Coaching: Hilfe zur Selbsthilfe organisieren
191
gleichenGeschlechtsunproblematischundbietetkeinenAnlasszuunsach lichen Bemerkungen, wenn beispielsweise der Chef und sein OBOCoach eine Bergwanderung miteinander machen. Es gibt somit Pro und Contra; tatsächlich wird die Wahl davon abhängen, ob es in dem Moment der AuswahleinesexternenCoachsdieseEntscheidungsalternativeüberhaupt gibt. Letztlich wird der zu coachende Manager aus dem Gefühl heraus entscheidenundesdannrationalzubegründenwissen. Warum sollten Sie kein großes Team einer Unternehmensberatung mit einem umfassenden ChangeManagementProjekt oder Business Process Reengineering beauftragen? Zum einen helfen die bekannten Consulting ansätze hier zunächst nicht weiter. Später, wenn es an das Abarbeiten operativer Fragestellungen geht, kann sich das ändern. Zum Zweiten er zeugen größere Beratertruppen mit ihrem nicht selten etwas dominanten und überprofessionellen Auftreten Misstrauen bei den Beschäftigten. Die Mitarbeiter, bereits relativ alarmiert von verschiedenen Initiativen des Managements,vermutennunjedeArtvonReorganisation,Arbeitsplatzab bau oder Due Diligence; jedenfalls vermuten sie nichts Gutes. Entspre chendwirddieKooperationsbereitschaftderMitarbeiterunddermittleren Führungskräfte gegenüber den Beratern entweder nur simuliert oder ver weigert. Außerdem: Gelegentlich entgleiten die Consultingprojekte dem direkten Auftraggeber. Wenn nämlich der führende Manager des beauf tragten Business Consultant nach kurzer Zeit versteht, wo wirklich die Macht für Folgeaufträge sitzt, kann es gut sein, dass der bisherige CEO vomAufsichtsratentmachtetwird,weilderBeratereineDirektkommuni kationzuebendiesemAufsichtsratoderEigentümeraufgebauthat. Sie brauchen jetzt Hilfe zur Selbsthilfe von einem erfahrenen Coach auf Augenhöhe! Bleibt die Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist, einen OBOCoach ins Bootzuholen.DieAntwortisteinfach:dasersteMal,wennSiedaranden ken!JederweitereTagisteinverlorenerTagundkostetSiemehrEnergie, ZeitundGeld.
Statt einer Therapie sollen Erfolge helfen
7
Typische Versuche der Eigentherapie
7.1
Statt einer Therapie sollen Erfolge helfen
193
„WirbrauchenkeineneueStrategie,wirbrauchenAufträgeundErfolge!“, so fasste entschlossen der Aufsichtsratsvorsitzende einer nicht unbedeu tenden Engineering Company seine (uneinsichtige) Ansicht der Lage zu sammen. Ich war erstmals in der Sitzung dieses Aufsichtsrates zu dem Punkt„StrategiederMarktrevitalisierung“dabeiundsehrüberrascht;ich dachte:„HabendieHerrendennnichtsgelernt?“ HiermüssenwireinenMomentbeiderPsychologiederMachtverweilen. Bereits 1975 hat Niklas Luhmann mit seinem Werk „Macht“68 in Kapitel VIIüberdieRisikenvonMachtgeschriebenundfestgestellt:„Sobaldzentra lisierte Macht sichtbar und disponibel wird, kommt das Problem des Tyrannen auf,derdespotischundwillkürlichüberdieMachtverfügt“. „MachtistdieChance,nichtlernenzumüssen“,wieeinBonmotsagt. Esistnuneinmalzubeobachten,dassalleunternehmensinternenVerände rungen auch die bisherigen Machtpositionen, seien sie formell verankert, seien sie informell gelebt, in Frage stellen. Wer aber eine Machtposition errungenhat,derwillsienichtaufgeben.HohePositionen,obinderWirt schaft, in der Politik, in der Wissenschaft oder in einem Verein, sind mit Weisungsbefugnis,gelegentlichmithohemEinkommen,mitAnsehenund nützlichenNetzwerkkontaktenverbunden.AuseinerhohenMachtposition sieht die Welt einfacher aus, andere Personen werden kleiner oder nur oberflächlich und stereotyp wahrgenommen. Die eigene Peergroup auf gleicherHöhederGesellschaftwirdfavorisiertundandereGruppenwer
68Luhmann,N.(1975)„Macht“,Stuttgart
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Typische Versuche der Eigentherapie
den tendenziell diskriminiert. Bei einem geringen Machtpotenzial ist das Verhalten eher gehemmt, sehr situationsabhängig und Normen werden nochstärkerbeachtet. Wir Menschen streben nach Macht, um begehrte Ressourcen zu erhalten undumunsderKontrolleandererzuentziehen. WirkennenaberauchdieKehrseite:HoheMachtpositionenineinerOrgani sationoderInstitutionverführenzumMissbrauchunddieserMissbrauchhat auch negative Folgen auf die Machtausübenden selbst. Sie büßen nicht nur anMitmenschlichkeitein,sondernauchanEinsichtsfähigkeit.Der„Mächti ge“ hat in seinem Werdegang eine persönlich nachhaltige Erfahrung ge macht,erhatnämlichausseinerSichtdurchdieNutzungseinerMachtseine MitarbeiterzuhoherLeistunggebracht.Vielleicht,jawahrscheinlich,wären dieLeistungenohnedieseMachtausübunggenausohochgewesen.Daskann man immer dann beobachten, wenn ein allmächtiger Chef ausgewechselt wirdoderindenRuhestandgeht.DanachsinktdiegewohnteProduktivität seltenab,imGegenteil:Siesteigteher.JedenfallsführtdieseErfahrungden MachtinhaberzueinerverzerrtwahrgenommenenKausalkette:Dieerreich ten Leistungen werden von ihm nicht mehr den Mitarbeitern angerechnet, sondernalsnurdurchdieeigeneMachtausübungverursachteErfolgegese hen.DieAbwertungderLeistungsbeiträgederMitarbeiteristdieFolge.Aus der Sicht des „Übermächtigen“ sind seine Leute „nicht fähig, haben kein Recht,verdienenesnichtbesser…“SichselbstwertendieMachtausübenden dagegenauf.DamittritteinDistanzierungsprozessgegenüberdenBetroffe nen ein und in Zukunft werden die Machtausübenden noch eher geneigt sein,ihreÜberlegenheitauszuspielen.DarunterleidetauchdieEffektivität. Durch Machtausübung werden – im Unterschied zu Führung und Ver trauen – selten neue oder bessere Prozesse oder höherwertiges Wissen produziert. EsbestehtimmerdieGefahr–unddasmussunbedingtvorsorgendbeach tet werden –, dass die Diagnose und Entscheidungsprozesse im OBO durchmächtigePersönlichkeitenvorzeitigabgebrochenwerden;insbeson dereimmerdann,wennsieihreInteressenoderihrImagegefährdetsehen. Die Mitarbeiter und Führungskräfte mit abweichender Meinung geraten zunehmend unter Anpassungsdruck und die Mitarbeiter mit relevantem Wissen, aber mit geringem Status in der Organisation, werden einfach
Statt einer Therapie sollen Erfolge helfen
195
nicht gehört oder von den Diskussionen ausgeschlossen. Die mangelnde Lern und Einsichtsfähigkeit von hochrangigen Machtausübenden gipfelt dann in der Verstärkung des Falschen, das heißt, immer mehr und auch skrupellosereMittelwerdeneingesetzt,umdenalsrichtiggeglaubtenWeg weiterzugehen. Warnzeichen,dassmanaufdemfalschenWegsei,werdenmissachtetund auchvondenverunsichertenUntergebenennichtnachobengemeldet,aus lauterAngst,fürschlechteNachrichtenbestraftzuwerden.AmEndewer dendieFolgendesOBOnochstärkerausfallen.Wirkennendas:Machtha berumgebensichimLaufederZeitzunehmendmitsolchenMenschen,die ihnennachdemMundereden,undignorierensolche,dieihnenwiderspre chen oder abweichende Meinungen vertreten. Nicht selten lässt sich in dieser Phase des OBO ein fataler Zyklus beobachten: Zunächst sind es Wissen,Können,GeschicklichkeitsowieeinWillezurMacht,dietalentierte Menschen in höhere Machtpositionen bringen. Dort tendieren sie aller dingszunehmendzuMachtausübunganstellevonFührungundEinfluss nahme.Sielernenwenigdazu,machenzunehmendFehler,versuchendie Fehler unauffällig durch möglicherweise noch größere Fehler zu korrigie ren und treiben so sich und die von ihnen dominierte Organisation oder InstitutionindenRuin. Ein Beiratsmitglied von Lehman Brothers schilderte mir 18 Monate nach dem Untergang der Investmentbank die Untugenden des letzten CEO, RichardFuld,derseinePositionseit1994biszumEndedesUnternehmens imSeptember2008innehatte.Erberichtete:„VondenführendenBankern beiLehmanhatdakeinermehrdurchgeblickt;siehabenFuldeinfachver traut.UnddermachteGeschäfte,derenextremhoheRisikenerzwarahnte, aberbilligendinKaufnahm.ErmussteimmerhöhereMargenerzielen,um die Verluste auszugleichen“. Seit 2001 gab es wohl ein Geschäft mit dem Namen Repo105. Was passierte da? Lehman „verlieh“ für bis zu 50 Mrd. USDollarAssetsanandereBankengegeneineGebühr,verbuchteaberden DealalsVerkauf,umSchuldenzumStichtagzutilgen.Anschließendwur den die Assets gegen Rückzahlung der Gebühren zurückgenommen. Das Ganze fand aber nicht in den USA statt, weil es dort verboten gewesen
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Typische Versuche der Eigentherapie
wäre,sonderninLondon.69EswarwohleinwenigsowiebeieinemSpie leramRoulettetisch,derimmerrisikoreichersetzt,umzugewinnen,weil er gewinnen muss. Allerdings ist Fuld bis heute zutiefst überzeugt, alles richtiggemachtzuhaben.„Machtmachtblind!“ Was kann man, was sollte man tun? Die gewohnte Machtausübung der Führung muss durcheinen Prozessden Beteiligungundempfängerorien tierter Führung ersetzt werden, bei dem die Interessen der Mitarbeiter gewahrtbleiben.DasmussvorallemdurchPartizipationgeschehen. Seitlangemistbekannt,dassPartizipationnichtnurdieZufriedenheitder Mitarbeiterfördert,sondernauchindividuellesLernenunddiebetriebliche Produktivität.LesterCochundJohnFrenchwidmeten194870eineausführ licheStudiedemProblem:WiekönnenWiderständederMitarbeitergegen technologischbedingteÄnderungenderOrganisation,derTätigkeiten,der VerfahrenundMethodenüberwundenwerden?DieErgebnisselauten:Der Produktionsrückgang bei der Einführung einer Neuerung beruht nicht etwa auf Motivationsproblemen. Die unterschiedliche Produktivität vor und nach einer Änderung beruht auch nicht auf unterschiedlichen Eigen schaften derMitarbeiter, sondern das ProblemgehtzurückaufdieDyna mik der Gruppe. Mitarbeitergruppen, die dem Management gegenüber negativeingestelltsind,bemühensich,dieProduktionzuhemmen.Teams, die dagegen positiv gegenüber dem Management eingestellt sind, bemü hen sich, die frühere Leistung wieder zu erreichen. Von großem Einfluss auf die Einstellung der Gruppe ist die Teilnahme der Mitglieder an der Planung der Tätigkeitsänderung. Die tatsächliche Teilnahme aller Team mitglieder an der gemeinsamen Planung der künftigen Änderung ergibt eineerhöhte,dieNichtTeilnahmedagegeneinemerklichverringertePro duktivität nach erfolgter Änderung. Zum Abbau des Widerstandes gegen Änderungen gehört nicht nur die geschlossene Teilnahme aller Betroffe nen,sondernauchdiegrößtmöglicheDelegationderVerantwortungandie ausführendenMitglieder.Dasweißmannunseitden50er.Umsoerstaun licher, dass bis heute immer noch – und fast berechenbar – der Weg der bisherigenMachtinhabereinandererist.
69FTDvom22.März2010 70Coch,L.,French,jr.J.OvercomingresistancetoChange.HumanRelations1,1948
Statt einer Therapie sollen Erfolge helfen
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Auf größere Organisationseinheiten übertragen heißt Partizipation, dass organisatorische Änderungen nicht von oben herabperEMaileingeführt werden dürfen, sondern mit allen betroffenen Abteilungen entwickelt, diskutiertundvereinbartwerdenmüssen.AusSichtderMächtigenscheint es oft am einfachsten, den subjektiv als richtig erkannten Weg gegen Wi derstände durchzusetzen. Dahinter verbirgt sich jedoch eine doppelte Illusion, zum einen eine Illusion über die Güte des eigenen Wissens und zumandereneineKontrollbeziehungsweiseFührungsillusion.Menschen inhohenPositionentendierendazu,ihrWissenzuüberschätzen.Siemei nen, ihre eigene Karriere und die erarbeitete Spitzenposition zeige doch ihreÜberlegenheit. Oberste Führungskräfte müssen sich vor allem in der OBOTherapie um dieQualitätderDiskussionskulturundumehrlicheInformationsprozesse kümmern.Esgehtdarum,partizipativeEinflussnahmeaufallenEbenenzu fördernundautoritäreMachtausübungsogutwiemöglichzuverhindern, soschweresauchfällt. Wenn die Mächtigen von heute glauben, mit den Rezepten von gestern ihreOrganisationausdemOBOinsMorgenführenzukönnen,dannwer den sie nicht nur Zeit, Glaubwürdigkeit und Geld verlieren, sie werden allesverlieren!
198
7.2
Typische Versuche der Eigentherapie
Symptome werden kuriert, nicht aber die Ursachen
EsgibtKrankheiten,dievollständigtherapierbar,abernichtzubeseitigen sind. Die im Management verbreitete Schlafapnoe71 beispielsweise gehört dazu;auchdieHypertonie72istmeistensnichtwirklichzubeseitigen,son dernnurdurchMedikamentezunormalisieren. DieVersuchung,fürdasManagementeinervomOBObetroffenenOrgani sationnurdieSymptomezubehandeln–nichtaberdieUrsachen–,istsehr groß. Insbesondere, da sich wohl die meisten Manager gar nicht bewusst seinkönnen,dasssieunbewusstdieUrsachennegierenundnurdiesicht baren, störenden Organisationsmängel durch Maßnahmen des Führungs alltagsbeseitigenwollen.DasTagesgeschäfthältfürdieFührungstetsein ÜbermaßanHerausforderungenbereit,dieesjetztundsofortzuerledigen gilt. Dabei verliert sich im „Hamsterrad des Managements“ der Blick für dasWesentliche. BeieinerOrganisationoderInstitutionimOBOgibtesvierKategoriender Schwierigkeiten des professionellen Alltags, die zu unterscheiden in der HetzedesTagesgeschäftesfastnichtmöglichist:
71DasSchlafapnoeSyndromisteinBeschwerdebild,dasdurchAtemstillstände (Apnoen)währenddesSchlafsverursachtwirdundinersterLiniedurcheineaus geprägteTagesmüdigkeitbishinzumEinschlafzwang(Sekundenschlaf)sowieeine ReiheweitererSymptomeundFolgeerkrankungengekennzeichnetist. 72Bluthochdruck:In90ProzentderFällekannderArztkeineUrsachenfürerhöhte
Blutdruckwertefeststellen.DiemeistenMenschenmithohemBlutdruckhabensehr langekeineBeschwerden.DiesbirgtdieGefahr,dassdererhöhteDrucküberhaupt nichtbemerktbeziehungsweisefestgestelltwird.
Symptome werden kuriert, nicht aber die Ursachen
Tabelle 7.1
199
Definition sich verstärkender Problemkategorien
TäglicheHerausforderungen
Kann jeder in seiner Kompetenz anhandseinerZielvorgabenlösen.
OrganisatorischeProbleme
Können Teams in ihrer Organisati onseinheit mit eigenen Mitteln lö sen.
ÜbergreifendeOBOSymptome
Kann das Management mit seinen TeamsfürdiegesamteOrganisation oderInstitutiondurchInnovationen oderReorganisationlösen.
FundamentaleOBOUrsachen
Können die Eigentümer mit einer neuen Strategie und einem Reset von Prozess und Aufbauorganisa tion, ggf. mit Personalveränderun gen,lösen.
ZusätzlichkönneninallenvierKategorienscheinbareinfacheTatbestände durchauskomplexeUrsachenhabenoderscheinbarkomplexeTatbestände auseinerReihevoneinfachenUrsachenresultieren. Wenn Sie als Führungskraft beispielsweise darauf hingewiesen werden, dass die Kundenreklamationen zunehmen, dann können viele komplexe SymptomeoderUrsachendazugeführthaben,eskannsichaberauchnur darum handeln, dass Ihre Firma den Logistikdienstleister gewechselt hat, dernochSchwierigkeitenimAufbauseinerStrukturenhat. Wie vermeiden Sie beim Versuch der Selbstheilung den verführerischen Fehler,nurandenOberflächenzuarbeitenundnichtwirklichandenUr sachen? Ganz einfach: Sie sorgen dafür, dass Sie die Zeit haben oder be kommen,alleHerausforderungendesTagesgeschäftesgenauzuanalysie ren.
200
Typische Versuche der Eigentherapie
DieseAnalysenehmenSienachfolgendenfünfMerkmalenvor:
႑WiestelltsichdasThemaausderSichtunsererKunden/Lieferanten dar?
႑WelcheAuswirkungenkanndasThemainderZukunfthaben? ႑WiewürdesicheineUrsachenbeschreibungausderSichtdesChefs, derKollegenundderMitarbeiterlesen?
႑WelcherBeitragzurZielerreichungwirdgefährdet,wennwirdas Themanichtanpacken?
႑WiesindderAufwandundderErtrageinerLösungrealistischeinzu schätzen?
Wenn Sie es schaffen, bei dieser Blitzanalyse eine Verharmlosung oder wohlgefällige Interpretation zu vermeiden, dann sollten Sie das jeweilige Thema gut einer der vier unterschiedlichen Kategorien der Herausforde rungen (SieheTabelle 7.1) zuordnen können. Damit eröffnen Sie sichund Ihrer Firma einen Weg aus dem OBO. Sie dürften allerdings auch einen Eindruck davon gewonnen haben, wie schwierig es ist, nicht nur an den Symptomenzukurieren.
7.3
Rettungsillusion und Reaktionsparadox des OBO: Zeit verloren, Mut verloren, alles verloren
SiedürfenkeineZeitverlierenundSiemüssensichdochdieZeitnehmen, dieSiebrauchen,umsichgesichertdavonzuüberzeugen,obIhreOrgani sation oder Institution in einer OBOSpirale steckt und in welcher Phase desOBOsichdasUnternehmenbefindet. WarumistdieZeitnachderDiagnosephasesowichtig?Zumeinen–weiß nunjederimFührungskreisundvermutlichauchalleBeschäftigten–,dass ein OBOSyndrom vorliegt und alle erwarten nun schnelle und vertrau ensbildende Maßnahmen und zeitnahe Kommunikation. Zum anderen
Rettungsillusion und Reaktionsparadox
201
stehen die Akteure im Zentrum des OBO unter dem Zwang, mit immer dichterwerdendenEreignissenderUnvorhersehbarkeitundderEigendy namik der Organisation kämpfen zu müssen. Die Zeit bleibt leider nicht stehen. Die Kunden werden weiter immer anspruchsvoller, weil Ihre Or ganisation oder Institution weniger dynamisch wird. Der Markt liefert scheinbarimmerschnellerInnovationen,weilIhrInnovationszykluslang samer geworden ist. Die Teams in den operativen Einheiten beginnen bereitsunabgestimmtneueProzessezuverabreden,weilsievergeblichauf neue Anweisungen warten. Und dann kündigen auch noch verschiedene Leistungsträger,weildasManagementversäumthat,zugesagteVereinba rungeneinzuhalten.DieWeltdrehtsichscheinbarimmerschnellerunddie ZeitzerrinntzwischendenFingern. Es ist das Reaktionsparadox des OBO. Je komplexer die OBOSymptome im Verlauf der vier OBOPhasen werden, desto schneller müsste reagiert werden, um schlimmere Konsequenzen zu verhindern. Aber tatsächlich wird die Reaktionszeit langsamer, weil die zunehmende Komplexität des OBOdieOrganisationsträgheiterhöht. DieZeitistbeimOBOnichtunserFreund.Abbildung7.1zeigtdenprototy pischenVerlaufaufderZeitachse(X)mitseinersteigendenIntensität(Y)von latentem Zustand bis hin zum letalen Abschluss des OBO. Bis zur OBO Akzeptanz ist der Verlauf des OBO notwendigerweise identisch, denn bis dahinverliefdieIntensitätimimplizitenRahmen.Dannaberwirdmiteiner Zeitverzögerung die Entscheidung getroffen, ob man sich selbst zu helfen versuchtodersichprofessionellerHilfebedient.Vonnunanentwickeltsich dasOBOunterschiedlich.DieakutePhase–unddannspäterdieletalePhase –verlaufenimVergleichzurlatentenundchronischenPhasedeutlichschnel lerohnedenVersuchderSelbsthilfe.ImFallderSelbstheilungentstehteine scheinbareBesserung,derakuteVerlaufverlangsamtsich.DerGrund:Alle schöpfenHoffnungundsehenbereitsBesserungen,selbstwennnuranden Symptomenkuriertwird.UmsogrößeristdanndieEnttäuschung,wennsich dieseHeilungalsoberflächlichundtrügerischherausstellt,danngaloppiert derVerlaufdesOBOindieHoffnungslosigkeit.EsentstehtdieRettungsillu sionderEigentherapie.DieprofessionelleHilfeimOBOwirdleidernichtso schnellwirken,wiemanhofft,dennochkannzumindestdieSteigerungdes OBOaufgehaltenwerden.
202
Typische Versuche der Eigentherapie
Abbildung 7.1
Rettungsillusion bei Selbsthilfe
Intensität des OBO letal
Unerkannter und unbehandelter OBO
chronisch
Versuch der Selbsthilf e
akut
Phase der Rettungsillusion
latent
Prof essionell behandelter OBO
OBO-Akzeptanz
t
Alle Versuche der Selbstheilung müssen somit am Ende zu einem uner wünschten Ausgang führen. Wenn aber die Rettungsillusion zerplatzt, dannistdieZeitverloren,dasVertrauenverlorenunddieBeteiligtenglau ben an nichts mehr. Das ist spätestens der Zeitpunkt, an dem der Auf sichtsratoderderEigentümerdieReißleineziehtunddasbisherigeMana gementüberraschendauswechselt(vgl.Kapitel4.13).DasManagementist fastimmerderÜberzeugung,dochallesgetanzuhaben,waszutungebo tenwar,undempfindetseineAbberufungalsungerecht. Damit stellt sich die Frage: Kann man den untauglichen Versuch der SelbstheilungnachderAkzeptanzundderAnamneseverhindern?Dasist schwereinzuschätzen.Ja,wenndieFührungderOrganisationoderInstitu tionvonBeginnanprofessionelleHilfeeinsetztundmitdieserUnterstüt zunggegendenSpontanreflexhektischerSelbsthilfebewusstundkommu nizierend angeht. Nein, wenn die Führung nicht nur professionell durch den Markt oder durch Geschäftskennzahlen unter Druck gesetzt wird,
Rettungsillusion und Reaktionsparadox
203
sondern der Druck direkt auf die Personen des Managements seitens der Eigentümer oder der Medien übergroß wird und die Führung subjektiv nicht mehr in der Lage ist, sich Zeit zu überlegter Aktion zu verschaffen. So wie ein Ertrinkender weiß, dass er nicht unter Wasser Luft holen darf und es doch tun muss, wird das TopManagement dem Spontanreflex sofortigerSelbstheilungsmaßnahmennachgeben.
Therapie des Organizational Burnout
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Therapie des Organizational Burnout
Je früher das OBO behandelt wird, desto schneller werden die negativen Wirkungen aufgehoben werden können. Im vorigen Kapitel allerdings wurdegezeigt,dassinderRegel–auchdurchdenVersuchderEigenthe rapie – sehr spät mit der Akzeptanz und Anamnese und somit auch mit derTherapiebegonnenwird.WannistesfüreineTherapie„zuspät“und gibtesein„zufrüh“? Wenn alle Symptome dafür sprechen, dass sich die Firma bereits in der letalenPhasedesOBObefindetundderKontrollverlustdesManagements undvielleichtsogarallgemeineHoffnungslosigkeiteingetretensind,dürfte esfüreineTherapiezuspätsein.Zuspät,weildasManagementundver mutlichauchdieEigentümernichtmehrreaktionsfähigsindundsichaus derMannschaftvermutlichauchniemandmehrzueinemMBO73aufraffen würde. Das Vertrauenskapital des Marktes dürfte aufgebraucht und die Produktionsmittel abgenutzt sein. Ein Neubeginn ist dann einfach nicht mehr möglich. Was ist dann zu tun? Es sind die üblichen Rettungsmaß nahmen einer Unternehmenssanierung zur Abwendung der Insolvenz zu ergreifen,einInterimsmanagementeinzusetzenundneueKapitalgeberzu finden. Istesdenkbar,miteinerOBOTherapiezufrühzubeginnen?DieAntwort istleider–entgegenderErwartungderLeser–ja!Ja,weildieBereitschaft, in eine ernsthafte – und mit Aufwand und Zeit verbundene – Diagnose einzutreten nicht gegeben ist, wenn der Leidensdruck noch nicht ausge prägtgenugist.EinPatientohneLeidensdruckwendetsichnichtaneinen Arzt und alle Appelle hinsichtlich gesunder Ernährung oder Lebensfüh rung verpuffen. Ein Berater, der einem Unternehmer ohne entsprechende
73ManagementBuyout(MBO)bezeichneteinenEigentümerwechseleinesUnter nehmens,beidemdasManagementdieMehrheitdesKapitalsvondenbisherigen Eigentümernerwirbt.
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_8, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Therapie des Organizational Burnout
AufforderungdieAnalyseeinesdiagnostiziertenOBOoffenbart,wirdauf krasseAblehnungstoßen.OhneLeidensdruckgibteskeineDiagnoseund Therapiebereitschaft und ohne diese Bereitschaft ist eine OBOTherapie sinnlos. Kann man sich eine schnelle, intensive oder gar eine Schocktherapie vor stellen? Das OBO ist nicht über Nacht entstanden und es wird nicht über Nacht geheilt. Es gibt keine Wunderheilung. Um die OBOTherapie zu beginnen, darf man nicht auf ein Wunder warten, denn das Wunderbare schaffen die Betroffenen selbst. Es ist zu Beginn der Therapie die Haupt aufgabe des Coachs, das Management nicht in die Falle des Reaktionspa radox rennen zu lassen. Wer schnelle Rettung und sichere Heilung ver langt oder verspricht, ist auf dem Holzweg. Die Zeit ist ein wesentliches ElementderHeilungundaußerdembrauchenkomplexeSituationenauch komplexeMaßnahmen.ManmussdieZeitwiederzuseinemVerbündeten machenundwirkenlassen,sonsthatmanweiterhindieZeitzumGegner undkämpftaufverlorenemPosten. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass später, nach dem „Ausheilen“ des OBO, alles wieder so sein könnte wie früher. Tatsächlich wird sich das OBO in das organisationale Gedächtnis eingraben und man wird noch Jahre später von der „dunklen Zeit“ sprechen. Das OBO wird auch seine Narben in der Aufbau und Ablauforganisation hinterlassen. Noch lange wird die Organisation überempfindlich auf Anzeichen für Symptome des OBO reagieren. Am ehesten ist die Situation vergleichbar mit einem ehe maligenAlkoholkranken,derbesonderssensibelfürdieUmständeunddie AuswirkungenseinerKrankheitbleibt. DieTherapiedesOBOsolltesofrühwiemöglichnachderDiagnose,also möglichst noch in der latenten Phase, einsetzen, aber es darf dabei nicht derAnsprucherhobenwerden,mitwenigenschnellenMaßnahmenkönne man wieder zum Business as usual übergehen. Die Situation des OBO ist nichtüberNachtentstanden,esistkeinUnfall,derdemUnternehmenoder der Institution mal eben leider passiert ist, sondern hier fand ein schlei chenderProzessstatt,dernurlangsamwiederausheilenkann. Das wesentlichste „Medikament“ für die OBOTherapie ist Vertrauen in die Führung und in das System. Die Stabilität des Vertrauens steigt oder
Therapie des Organizational Burnout
207
sinkt mit den prägenden Erfahrungen. Dem Prozess des OBO gingen im mer auch Enttäuschungen über nicht eingelöste Versprechungen voraus. DarausentwickeltesichüberdieZeiteintiefverankertesMisstrauen.Die senMangelanVertrauengiltesnunzuheilen. Ein zu strammes Therapietempo ist schon deshalb nicht möglich, weil es notwendigist,sichmitdenunvermeidlichenTherapiewiderständenausei nanderzusetzen. Zu Beginn der Therapie ist verbalisierter oder non verbaler Widerstand unvermeidlich. Selbst bei großem Leidensdruck auf allen Ebenendes Managements und derrationalen Einsicht, nun notwen dige Therapieschritte durchlaufen zu müssen, besteht weiterhin offener undverdeckterWiderstand.DieserinterneaktiveoderpassiveWiderstand hatvielfältigeUrsachenundenthältdieverschiedenstenBotschaften:
႑Emotionale,individuelleUrsachen
diffuseAngstvornegativenKonsequenzen SorgeumdeneigenenArbeitsplatz VerweigerungderEinsichtindieRealität
႑Kollektive,kulturelleUrsachen
AngstvorderunbekanntenZukunft BedenkengegenzuschnelleLösungenohneallgemeineBeteiligung ZweifelanderpositivenWirkungderTherapie ZweifelanderNachhaltigkeitderMaßnahmen
႑RationaleUrsachendesEinzelnen
NotwendigkeiteinerOBOTherapiewirdnichtverstanden AnforderungendesTagesgeschäftessteigenweiter MisstrauengegenüberManagementundBerater
႑ExterneUrsachen
einübereifrigerBeratersetztMitarbeiterunterErfolgsdruck einungeduldigerShareholderzwingtzuvorschnellenMaßnahmen MedienberichtennegativüberdasUnternehmen
Der emotionale Widerstand zu Beginn der OBOTherapie ist nicht nur negativ.ZumeinensignalisiertderWiderstanddasimmernochbestehen de Engagement der Mitarbeiter, denn andernfalls wäre sie resignativ und
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Therapie des Organizational Burnout
gleichgültiggegenüberdemoboderwieesweiterginge.Zumanderengibt erdenInitiatorenderOBOTherapiedieGelegenheit,wichtigeFragender BetroffenenzubeantwortenundsiezueinemTeilderLösungzumachen. Nicht der aufkommende Widerstand sollte jetzt Sorgen bereiten, sondern ggf.derfehlendeWiderstand. WelcheFragengehendenBeschäftigtenzuBeginnderOBOTherapiemit SicherheitdurchdenKopf?
႑WassinddieZieleundwasistderSinnderOBOTherapie? ႑Kannichselbstdasdazubeitragen,wasvonmirerwartetwird? ႑WillichdiesenBeitragleisten? ႑WassindmeineAlternativen? ႑WiekannichwährendderOBOTherapieeinenVorteilfürmicherlan gen?
DiesepersönlichenFragenbeantwortetjederMitarbeiterfürsich,aberdas Management der OBOTherapie kann aktiv Antworten auf diese nicht öffentlichgestelltenFragenadressieren.AuchhieristaktiveKommunika tiongefordert. Wer ist nun in der OBOTherapie der Therapeut und wer ist der Patient? Patient ist die Organisation oder Institution und therapiert werden die Führungskultur,dieZukunftsstrategieunddieAufbauundAblauforgani sation. Die Therapiemittel sind Konsequenz, Vertrauen und Kommunika tion. TherapeutsindzunächstderexterneOBOCoachunddasOBOTeamder Organisation.DasOBOTeambestehtausdemoberstenChef,derInteres senvertretung der Beschäftigten, Experten der funktionalen Bereiche und einer Teamassistenz. Später werden der Coach und der oberste Chef aus scheiden, aber zunächst ist es wesentlich, dass die Teammitglieder eine verlässliche Orientierung haben und es die klare Führungsbotschaft gibt, dassdieseTherapieabsoluternstgemeintist. Kann man nicht einfach ein Handbuch oder einen Berater für Change Management nehmen und danach vorgehen? Das ist vielleicht eine nahe
Therapie des Organizational Burnout
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liegendeFrage,diemirverschiedentlichnachderDiagnosegestelltwurde. Unter Veränderungsmanagement versteht man alle Aufgaben, Maßnah men und Tätigkeiten, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlichweitreichendeVeränderungineinerOrganisationoderInstituti onbewirkensollen.DazuwerdenimPrinzipdreiStufendurchlaufen:
႑DieAuftauphase(Unfreezing)meintbildlichdasAuftauendesbeste hendenZustands.
႑DieVeränderungsphase(Moving),derStatusquowirdverlassenund eswirdeineveränderndeBewegungzueinemneuenZustandvollzo gen.
႑DieEinfrierphase(Refreezing),dieImplementierungdergefundenen Problemlösungen.
Der Anlass für ein Change Management liegt in einer sich verändernden UmweltdesUnternehmenssystems.DerSinnundZweckderOrganisation oder Institution steht dabei aber nicht prinzipiell in Frage, die Führung und das Management sind und bleiben handlungsfähig, die Kultur der OrganisationoderInstitutionistkonfliktfähigundstabilundvorallemdas gegenseitige Vertrauen von Eigentümern, Management undBeschäftigten ist vorhanden. Diese Rahmenbedingungen sind aber im OBO nicht mehr gegeben.DeshalbistdieAufgabenstellungvonChangeManagementund OBOTherapiefundamentalunterschiedlich.Daswirdauchdeutlich,wenn man sich die folgenden kulturellen Prinzipien der OBOTherapie vorAu genhält:
႑GemeinsameehrlicheAnerkennungdeswirklichenTherapiebedarfs ႑DieSinnfragederOrganisationwirdoffendiskutiertundgemeinsam neubeantwortet
႑SichtbarerundkonsequenterNeustartdurchdieFührung ႑JederwirdtatsächlichTeilderLösung,bleibtnichtTeildesProblems ႑DerinterneWettbewerbsdruckwirdbeendet ႑ImUmganggiltnunToleranzundVertrauen ႑BewusstwirdLichtstattSchattengesehen
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Therapie des Organizational Burnout
႑Wirhandelnprofessionell,verlässlich,diszipliniertundkonsequent ႑WirpraktizierenZuversichtstattZynismus ႑KonzentrationaufdasjeweilsMachbare;gutistgutgenug ႑StabilitätistwichtigeralsProfitabilität ႑Wirbleibengeduldig:SchrittfürSchrittundmitruhigerHand Diese neuen kulturellen Prinzipien sind die gemeinsame Basis für eine erfolgreiche OBOTherapie. Sie lassen sich schnell vereinbaren (nicht ver künden), aber bis sie tatsächlich gelebt werden, sind noch viel Zeit und Disziplinnotwendig. Im Folgenden soll beschrieben werden, wo und mit welchen Mitteln die OBOTherapieansetzenkann.DabeiistdasbeschriebeneVorgeheninder OBOTherapie nicht als Rezeptbuch zu verstehen, nach dem nur genau und unfehlbar vorgegangen werden muss, um das OBO auszuheilen. So wieauchjedeärztlicheBehandlungeinesehrindividuelleAnpassungvon IntensitätundDauerderTherapieerfordert,mussaucheineOBOTherapie vomOBOCoachsehrindividuelleingestelltwerden. EssinddiefolgendensechsSystemelementeeinerOrganisationoderInsti tution,andenendieOBOTherapieansetzenmuss:
႑Kommunikation ႑Führung ႑Strategie ႑Prozesse ႑Organisation ႑Kultur Warum sind gerade diese Elemente die richtigen, um eine OBOTherapie lohnendanzusetzen?EssindebendieinternenundnichtdieexternenEin flussfaktoren, um die es bei der OBOTherapie geht. Wir können weder den Markt noch die Umfeldbedingungen verändern. Die meisten Stake holder sind nicht am OBO beteiligt, so haben weder die Kunden noch
Kommunikation: Nur was kommuniziert wird, findet auch statt!
211
die Lieferanten, weder die Banken noch die Medien oder gar unsere Ge sellschaft Anteil an der erschöpften Lage der Firma. Betroffen vom OBO sind die Beschäftigten und das Management, ggf. die Eigentümer – indi rektdieAktionäreoderInvestoren. Esgehtnichtdarum,dieSoftware,dasControlling,dasBerichtswesen,die Logistik oder das Geschäftsmodell zu therapieren. Es geht darum, das OBO da zu therapieren, wo es entstanden ist. Natürlich hängen in einem Organisationssystem alle Systemelemente zusammen, aber die meisten SystemelementesindinderFolgedesOBOineinUngleichgewichtgeraten undsindnichtdieUrsache.Deshalbistesklug,beideneigentlichenUrsa chen(vgl.Kapitel2und3)anzusetzen.
8.1
Kommunikation: Nur was kommuniziert wird, findet auch statt!
Das Therapeutikum „Gute Kommunikation“ wird hier zuerst behandelt, dennallefolgendenTherapiezielesindnurdurchguteKommunikationzu erreichen. Nie war die zeitgerechte, ehrliche, empfängerorientierte Kom munikationwichtigeralsjetztinderOBOTherapie.DasMiteinanderreden und das Einanderverstehen wirken wie ein Antidepressivum. Ich möchte es bildlich mit einem Transmissionsriemen vergleichen, der die Energie weiterleitet und die Veränderung bewirkt. Das folgende Bild mag das illustrieren:
212
Therapie des Organizational Burnout
Abbildung 8.1
Kommunikation als Transmissionsriemen
Kommunikation
Ziele
Strategie
Organisation
Führung
Kultur
Zieler reichung Prozesse
DieFührungmussinderTherapiedurchKommunikationVertrauenschaf fen. Nichts anderes kann der ersteSchritt in derOBO–Therapie sein.Nur mitdemMittelderKommunikationkannsichdieFührunggemeinsammit den Mitarbeitern Klarheit zu den Zielen der Schritte in der Therapie ver schaffen.VermutlichwurdendazubereitsvordemEinstiegindieTherapie in der Phase der gemeinsamen Diagnose erste Vereinbarungen getroffen, wieausdergemeinsamenZielklarheitmittelseineriterativenKommunika tioneinezündendeStrategiewerdenkann. Die Ziele sagen uns, was wir therapeutisch tun wollen, und die Strategie soll die Leitplanken dafür bilden, wie wir es tun werden. Dann wird es möglich, durch einen anhaltenden und das Vertrauen stärkenden Prozess derKommunikationdienotwendigenRevitalisierungenvonAufbauund Ablauforganisationvorzunehmen.DieMittelderKommunikationwerden
Kommunikation: Nur was kommuniziert wird, findet auch statt!
213
zunutzensein,umdieerstenZielerreichungenzuvermittelnunddieKul tur der Organisation oder Institution wieder zu stabilisieren. In der Folge stabilisiertsichauchdieFührungunddieOBOTherapiebeginntmehrund mehrzuwirken. Was nicht (von den Akteuren) kommuniziert wird, findet (in den Augen dernurtangentialBeteiligten)auchnichtstatt.Wohersolltenesdennauch dieMitarbeiter–undderenAngehörige–oderdieEigentümerundInves torenwissen,wennesihnennichtmitgeteiltwürde?Wiesolltendennaus den Betroffenen Beteiligte werden, wenn nicht durch eine anhaltende Kommunikation? Absolut entscheidend während der OBOTherapie ist die intensive Kom munikation mit allen Beschäftigten, auch mit den Kunden, ggf. mit den BankenundLieferantenundvorallemmitdenGewerkschaftenundinsti tutionellen Arbeitnehmervertretern. Aber zuerst und vor allem mit den MitarbeiternallerEbenenundzwarsodirektundungefiltertwiemachbar. Die Zeit des OBO war auch die Zeit der Fehlkommunikation, und sei es auchnurdernichterfolgtenKommunikation.FehlendeInformationenund die fehlende Chance zur Kommunikation wurden von den Beschäftigten durchGerüchte,VermutungenundSpekulationenersetzt.„WoInformati onenfehlen,wachsendieGerüchte“,sagtAlbertoMoravia.74 Hier gelten die folgenden – oben genannten – kulturellen Prinzipien die OBOTherapie:
႑GemeinsameehrlicheAnerkennungdeswirklichenTherapiebedarfs ႑BewusstwirdLichtstattSchattengesehen ႑WirpraktizierenZuversichtstattZynismus Es gibt übrigens ein grundsätzliches Erfolgsrezept gelungener Kommuni kation:dieEmpfängerorientierungoderAlterozentrierung.Darunterwird dieFähigkeitverstanden,sichselbstundseineWerturteilezurückzustellen undsichaufseinenPartnerunddiegemeinsamzuvereinbarendeSachezu
74Moravia,A.(*28.November1907inRom;†26.September1990ebenda),italieni
scherSchriftsteller
214
Therapie des Organizational Burnout
konzentrieren. Empfängerorientiertes Kommunizieren setzt vor allem folgendeFähigkeitenvoraus:
႑dieBereitschaft,dieSprachebenedesPartnerszunutzen, ႑einetatsächlicheToleranzgegenüberanderenAnsichten, ႑dasständigeBewusstseindereigenenFehlbarkeit, ႑ehrlicheReflexiondereigenenwieauchderfremdenPersönlichkeit, ႑diefaireBereitschaftzueinemausgeglichenenArgumentieren. Kommunikationsollgrundsätzlichauthentisch,alsowahrhaftig,sein.Das heißtaberauchzusagen,wieesist.WahrhaftigkeithatvielmitWahrheit zu tun. Wenn Sie als Manager nicht wirklich überzeugt sind, dass bei spielsweisedieGesellschafternochzumUnternehmenstehen,dannsollten Sie Ihren Mitarbeitern das nicht vorgaukeln. Wenn Sie wissen, dass die ZukunftszieledesUnternehmensnochnichtfestdefiniertunddienotwen digenInvestitionsmittelnochnichtzugesagtsind,danndürfenSienichtso tun, als ob bereits die Zukunft gesichert sei. Mir fällt in Gesprächen mit Führungskräften gelegentlich auf, dass authentisches Führungsverhalten damitgleichgesetztwird,sichanderenungefiltertzuzumuten.Diemeisten Manager glauben, sie seien besonders authentisch, wenn sie dreist und rücksichtslosreden,„wieihnenderSchnabelgewachsenist“.Indenmeis ten Fällen ist das, was hier für authentische Führungskommunikation gehalten wird, nichts anderes als schlechte Erziehung oder persönliche Unsicherheit. Was unterscheidet nun die Kommunikation während der OBOTherapie von der Kommunikation vor dem OBO oder auch einfach von der Kom munikation im normalen Unternehmensalltag? Drei Unterschiede sind zu berücksichtigen: Erstens: Jede Information und jede Kommunikation, sei sie formeller oder informellerArt,mussjetztdasPositivebetonenundLichtdortsehen,wo bestimmtauchnochSchattenist.Jetztbrauchenwirdasberühmtehalbvol leGlas;mithalbleerenGläsernkönnenwirjetztwirklichnichtsanfangen. DiepositiveKommunikationberuhtdabeiaufdenfolgendenPrinzipien:
Kommunikation: Nur was kommuniziert wird, findet auch statt!
215
႑Denkeimmerzuvordaran,welcheGefühleDeineWortebeidemande renauslösenkönnten.
႑Immerkommuniziereso,wieDugernhättest,dassmitDirkommuni ziertwird.
႑MenschenwollenAnerkennungundkeinenegativenGefühle. WortesindeinmachtvollesWerkzeug,vielleichtdaswichtigsteWerkzeug, das wir im Management zur Verfügung haben. Die Wahl unserer Worte wird durch unsere Emotionen beeinflusst und Worte beeinflussen unsere Gefühle. Wir wollen nichts über Stress und viel über Erfolg hören; wir wollen Wertschätzung für uns nicht nur hören, wir wollen sie durch die Wortwahlerfühlen. Zweitens: Wer kommuniziert, muss jetzt wahrhaftig kommunizieren. Die ZeitderNotlügenmussvorbeisein.SiesindalsFührungskraftnunbeson ders herausgefordert, denn es ist nicht leicht, immer die Wahrheit zu sa gen. Natürlich spreche ich weder vom Verrat von Betriebsgeheimnissen noch davon, sich unternehmensschädlich einem Kreditgeber hinsichtlich der baldigen Liquiditätsenge anzuvertrauen, sondern ich rede von der Kommunikation mit der höheren, der gleichen oder der nachrangigen Ebene über die Notwendigkeiten der OBOTherapie. Wenn Sie als Mitar beiter während der OBOTherapie nach Ihrer Meinung gefragt werden, dannwillmanebenauchwirklichIhreMeinunghörenundkeine–wieSie glauben – sozial erwartete Antwort bekommen. Wenn Sie als Mitarbeiter beispielsweisezusagen,absofortdaranmitzuwirken,dieFirmawiederauf solideFüßezustellen,danndarfdaskeinLippenbekenntnissein. Drittens:DieKommunikationdarfundmussjetztdirektseinundnichtnur dieformalvorgeschriebenenWegenutzen.NurdiedirekteKommunikati on garantiert eine unverfälschte Information und ein ungefiltertes Feed back. Dabei muss man sich auch der informellen Kommunikationswege bedienen.SeiesexterneKommunikationskanälezunutzen,dienachinnen wirken(wiez.B.einepositivePublicRelationsloszutreten,diezulobender Berichterstattungführt),seiesdeneinenoderanderenbefreundetenKun den zu bitten, seine Zufriedenheit zum Ausdruck zu bringen. Der OBO Coach wird bewusst auch die informellen Strukturen nutzen, d. h. die informellen Machtpromotoren einer Organisation oder Institution in die MeinungsbildungeinbindenundderenMeinungbeeinflussen.
216
Therapie des Organizational Burnout
DerKatalysatorderOBOTherapieistsomitdiepositive,wahrhaftigeund direkte Information und Kommunikation. Die gute Kommunikation ist sowohlZielalsauchStrategieinderOBOTherapie.
8.2
Führung: Vertrauensvolle Führung führt zu Vertrauen!
FührungalsTherapie?ManhatjabereitsvielmitFührungassoziiert,aber FührungalsTherapeutikum?Unddochist„GuteFührung“dasbesteMit telgegeneindiagnostiziertesOBO. GuteFührungbedeutetinderOBOTherapie:
႑denMut,dieSinnfragedesUnternehmenszustellenundergebnisoffen zudebattieren,
႑dieBereitschaft,auchanderSpitzeeinensichtbarenNeustartvorzu nehmen,
႑dieKraft,emotionaleZukunftsvisionenzubeschreibenundsichnicht vorderBeschreibungalarmierenderNegativalternativenzuscheuen,
႑dieKreativität,realistischeZielevonderZukunftsvisionabzuleiten
unddafürzusorgen,dassdieseZieleauchdieZielederMitarbeiter werden,
႑dasGeschick,dieRessourcengemeinsammitdenMitarbeiternzuor ganisieren,umdieZielezuerreichen,
႑dieKonsequenz,dieRealisierungeinzufordern, ႑denWillen,denMitarbeiternüberdieZielerreichungeinFeedbackzu geben.
Gute Führung heißt aber vor allem, auch selbst Verantwortung zu über nehmen, Vertrauen zu geben und die Mitarbeiter in ihrer Individualität wertzuschätzen. BeidemTherapieziel„Führung“geltendiefolgenden–obengenannten– kulturellenPrinzipienderOBOTherapie:
Führung: Vertrauensvolle Führung führt zu Vertrauen!
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႑SichtbarerundkonsequenterNeustartdurchdieFührung ႑ImUmganggiltnunToleranzundVertrauen ႑Wirhandelnprofessionell,verlässlich,diszipliniertundkonsequent ႑Wirbleibengeduldig:SchrittfürSchrittundmitruhigerHand NunfindetmanalsOBOCoachnichtmehrinallenPhasendesOBOeine starkeoder auch nur eine funktionierende Führung vor und die Therapie startet nicht ohne Vorgeschichte. Wenn die Führung also geschwächt ist, muss sie zunächst stabilisiert und gestärkt werden. Das ist ein heikles Thema,dennesgehtauchumpersonelleKonsequenzen,mindestensaber umdieRevitalisierungderFührungsspitze. WelchevierMöglichkeitenhabensichbewährt?
႑RevitalisierungderbisherigenFührung DieserWegistbesondersherausfordernd,aberohneAlternative,wenn dieFirmaeigentümergeführtist.Zwaristesdenkbar,demEigentümer oderderEigentümerfamiliezuempfehlen,sichselbstzurückzuziehen unddieOBOTherapieeinemFremdmanagerzuüberlassen,realistisch istesabernicht.DerEigentümerwürdeeinenRücktrittsubjektivals persönlicheundunverdienteNiederlageempfindenundgleichzeitig derfestenÜberzeugungsein,dassniemandaußerihmdieFirmawie deraufdenrichtigenWegbringenkönne.Fernerdauere–nachseiner Ansicht–dieEinarbeitungzulangeundüberhauptstündenKosten undNutzenineinemunakzeptablenVerhältnis. Dieserationalverpackten,emotionalenMotivesindnurzuverständ lich,helfenaberleidernichtweiter,denndasVertrauenderMitarbeiter undggf.derGesellschafteristverbraucht.HiermussderOBOCoach sensibeleinschreitenunddenChefzueinemausgedehntenErholungs urlaubüberreden.EsistzwargenaudasGegenteilvondem,wasder Eigentümerfürnotwendighält,dennochdaseinzigRichtige.Während dieses„Urlaubs“wirdderOBOCoachals„Urlaubsvertretung“und faktischalsInterimsmanagerimUnternehmendieGeschäfteweiterfüh renundgleichzeitigalspersönlicherCoachdesEigentümersdieeinzige VerbindungzwischenUnternehmerundUnternehmensein.Damit kommtzunächsteinegewisseRuheindieOrganisationunddiezweite EbenekannmitdemOBOCoachdieTherapiemaßnahmendurchplanen.
218
Therapie des Organizational Burnout
WährendderformalenAbwesenheitdesEigentümerswirddurchviele GesprächezwischendemUnternehmerunddemOBOCoacheineper sönlicheRevitalisierungeingeleitet.EswerdenalteundschädlicheRi tualezerstört,eswirddasKommunikationsverhaltenneueingeübtund eswirdvomEigentümerdiepersönlicheZukunftsplanungbesprochen. NichtseltenwirddieZukunftdeseigenenLebensmiteinemgewissen AbstandvomAlltagsgeschäftandersgesehenalsbisher.Manchesrela tiviertsich,andereswirdwichtiger.DannkannderCheferneuertin seineAufgabezurückkehren,allerdingsohneindiealtenMusterfallen zudürfen.DasbrauchtZeit.
႑WechselderFührung NeueBesenkehrengut.KeineAltlasten,keineSeilschaftenundkeine Vorurteile.AberauchkeineHintergrundkenntnisse,keininternes NetzwerkundwenigZeitfüreinegeordneteEinarbeitung.Miteiner unbelastetenSpitzedieOBOTherapiezustartenistameinfachsten, abernichtohneRisikenfürdieOrganisationundnichtohneRisikofür dieneueSpitzeselbst. DasRisikofürdieOrganisationbestehtdarin,jemandeneinzustellen, dersichindiesemJobbeweisenwillundgenaudenfalschenTontrifft. DasRisikofürdenneuenManagerbestehtdarin,dasserzuvielzur gleichenZeitlernenundentscheidenmussunddabeieinfachFehler machenmuss,dieersichnichtgestattenwillunddieihmnichtverzie henwerden.VondemneuenManagererwartenallenundieschnelle undheilsbringendeStrategieundsofortwirksameMaßnahmen.An dieserErwartungkann„derNeue“nurscheitern,esseidenn,erbringt nochzweibisvierFührungskräfteseinesVertrauensmit(vorallem PersonalundControlling)underversichertsichvonBeginnander MitwirkungderzweitenunddrittenEbene. EinAustauschanderSpitzeerzeugtfraglosWirkung,lässtvielleicht sogardenAktienkurssteigen,aberfürdasOBOisteskeinefavorisierte Lösung;dieLernkurveistzulang,dasAkzeptanzrisikozuhoch.Ein gescheiterterNeuanfangwärejetztdasSchlimmste.
Führung: Vertrauensvolle Führung führt zu Vertrauen!
219
႑TemporäreErneuerungderFührungmittelsoperativemAufsichtsrat oderBeirat
EineguteChance,dieVorteileeinesneuenManagementsmitdenVor teilenderbestehendenVorkenntnissedesUnternehmenszukombinie ren,istdieBerufungeinesMitgliedsdesAufsichtsoderBeiratsindie Vorstandsorganschaft.WenndiepersonellenVoraussetzungenfüreine solcheÜbergangslösung–ausderggf.einedauerhafteNeubesetzung werdenkönnte–gegebensind,solltemandiesenWegernsthaftinEr wägungziehen.DazumussesnatürlicheinepassendePersönlichkeit gebenundderVorstandmussbereitsein,mitdieserneuenBesetzung zusammenzuarbeiten.GeradeauchbeiöffentlichenInstitutionenkönn tejemandausderAufsichtsbehördeschnelleingesetztwerden;bei NonProfitOrganisationenkönnteausdementsprechendenVerband einExperteeinspringen. BeimittelständischenUnternehmenliegtdieSituationinderRegelan ders.HierkönntemöglicherweiseausderEigentümerfamilieeinegute Lösunggefundenwerden,vorausgesetztderjenigewärenahgenugam Unternehmen,umeineschnelleWirkungzuerzielen.Andernfalls müsstehierdieMöglichkeitdesInterimManagementsgeprüftwerden.
႑InterimManagement DieseAlternativeisteineschnelle,undofteineguteLösung.Immernoch werdenInterimManageramhäufigstenzurÜberbrückungvonperso nellenAusfälleneingesetzt,umeinUnternehmenzusanieren.Interim Managerwerdenoftals„Vollstrecker“fürunliebsameUmstrukturierung oderauchfürdieSchließungundAbwicklungeinesUnternehmensein gesetzt(dirtyjobs).DaskommtfürunsinderOBOTherapienichtin Frage.GeradeineinerOBOTherapiebieteteinInterimManagementdie umfassendeErfahrungmitvergleichbarenSituationenundkannsoeine nützlicheUnterstützungfürdasbisherigeManagementoderdieEigen tümersein.DerVorteilliegtinderErfahrung,derKonfliktfähigkeit,aber ebenauchdarin,dassdieTätigkeitvonBeginnan–undfüralleerkenn bar–zeitlichbefristetist.DieseBefristungsollteallerdingsnichtzu knapp,alsonichtuntereinemJahrliegen,allerdingsauchnichtlängerals zweiJahrebetragen.SobaldsichdasInterimManagementeinemerfolg reichenEndenähertwirdnacheinerdauerhaftenFührungzusuchen
220
Therapie des Organizational Burnout
sein.JetztaberstehtdafürausreichendZeitzurVerfügungundeskann nacheinerPersönlichkeitgesuchtwerden,dieeinebesondereStärkeim erfolgreichenAufbaueinerOrganisationoderInstitutionhat. Welche Alternative des sichtbaren Neustarts an der Spitze auch gewählt wird,esmussdamitFolgendeserreichtwerden:
႑DerNeustartistglaubwürdigundwirktnichtalsAugenwischereioder alseinLippenbekenntnis.
႑DieneuePersönlichkeitanderSpitzeistnichtvorbelastet,sondern kannfürsicheinenVertrauensvorschussinAnspruchnehmen.
႑DieStory(derBackground)desoderderNeuenistpassend,imbesten Fallsogarbegeisternd.
႑DieneuePersönlichkeitkannschnellVertrauengewinnenundüber
zeugen,weilsieweiß,dassesumeineOBOTherapiegeht,undsiesich entsprechenddaraufeinstellenkann.
DerNeustartanderSpitzederOrganisationoderInstitutionkannunddarf nichtalleinaufdasTopManagementbeschränktbleiben,auchdiezweite und ggf. die dritte Ebene bedürfeneiner Veränderung.Hier allerdings ist eszuempfehlen,dieRotationzunutzen,seiesdurchAustauschzwischen denLändern,denNiederlassungenoderdenBereichen.Dashilftnichtnur derFührung,sondernauchdemMittelmanagement,dennderWechselder PositionerlaubtauchdenWechselderSichtundHandlungsweisen. Wassinddieersten,wichtigstenSchrittefürdieneueSpitze?Jenachdem, in welcher Phase des OBO wir uns befinden, sind die folgenden Philoso phienmiterstenvertrauensbildendenMaßnahmenzuimplementieren:
႑LatentePhase: Philosophie:
„StabilisierungdurchWachstum“
WenndieFirmanochinderfrühenPhasedesOBOist,wirdesbereits ausreichen,dieKulturdurcheinenkonsequentenWachstumskurszu stabilisieren.DieBetonungliegtauf„konsequent“.DasManagement musshieralleinternenArbeitsundProjektgruppenzurVerbesserung vonirgendwelchenProzessenauflösenundjedeMinutederArbeitszeit aufdieMarktbearbeitungverwenden.
Führung: Vertrauensvolle Führung führt zu Vertrauen!
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DieLeitliniefürdieAufbauundAblauforganisationlautet:Einfachist besser!Allesmusseinfacherunddamitschnellerundgünstigerwer den.Undalles,wasUmsatzbringt,istgut–allesandereistschlecht. DieKommunikationmussaufdenEinzelnenzielen.DieFührungsan sagelautet:„WirschaffeneswiederandieSpitze,abernichtohne Dich!“
႑AkutePhase: Philosophie:
„VertrauendurchengagierteOffenheit“
IndieserPhasedesOBObrauchenalledringendwiederVerlässlichkeit undVertrauen.DiegemeinsameAnamneseundDiagnosesindwichtig, kleineVerbesserungenwerdensofortundmitRückendeckungdesMa nagementsvollzogen,auchwennesdemManagementmalwehtut. DasWichtigste:DieFührunglebtvor,wassiefordert.„Vorleben,nicht vorbeten“heißtdasGebotderStunde.IntechnischgeprägtenOrgani sationenoderInstitutionensollteeseine–abernureine–Innovations initiativegeben,inkaufmännischgeprägtenFirmenkönnteeineVer triebswelleausgelöstwerden,beiderallemitmachen–auchdiejenigen, diesonstnichtimVertriebsind.Beispiel:DasmittlereManagement machtKundenbesuche,dieMitarbeiterinnendesRechnungswesensru fenBestandskundenan. DieKommunikationistbesondersintensiv,sollaberdurchausdie Hierarchiestufenberücksichtigen.Esgehtdarum,dasssichdiejeweili genHierarchiespitzenmitdenneuenZielenundAktivitätenklariden tifizieren,indemsiedieseselbstverkünden. DieFührungsbotschaftlautet:„Gemeinsamlassenwirdieunsicheren Zeitenhinteruns.Eswirdnichteinfach,aberwirkönnenes,alsoma chenwires!“
႑ChronischePhase: Philosophie:
„HarteWendedurchkonsequentenBigBang“
Wennesschonsoweitist,bleibenfürSpaziergängewederZeitnochdie Ressourcen.Jetztgiltes!DeshalbdürfendieMitarbeiternichtimUn klarendarüberbleiben,dassnuneineharteGangartbergaufnotwendig ist.JetztmüssendieersteundzweiteEbene–ggf.durchRotation–
222
Therapie des Organizational Burnout
ausgetauschtwerden.MitallenLeistungsträgernsindBleibegespräche zuführenundinderOrganisationmüssendieStärkengestärktwer den.Dabeiwirdbewusstbodenständig,schnellundherausforderndge führt,alteZöpfewerdenabgeschnitten.DieWiderständederängstli chenoderbeharrendenKräftewerdenernstgenommen,adressiertund durchEinbindungneutralisiert. DieKommunikationistklar,ehrlichundvollständig.KeineStufenrake tenKommunikation(erstsagenwir,dassvielleichtetwasgeschieht, dannsagenwir,dasseinigespassierenmuss,schließlichsagenwir,es würdeschlimmer…)Lieberhartundfairalsverbindlichunverbind lich! DieFührungsbotschaftlautet:„WirsindjetztalleTeilderLösung,nicht TeildesProblems!Eslohntsichzukämpfen,dennwirwerdennicht untergehen!“
႑LetalePhase: Philosophie:
„ZeitverschaffendurchEntlastung“
WenndieOBOTherapieerstindieserPhaseansetzenmuss,dann geltenandereRegeln.SowiebeieinemHerzinfarktvoneinemMoment zumanderennichtsmehrwichtigist,wasebennochganzwichtigwar, soistinderletalenPhasedesOBOnurnochdasÜberlebenwichtig. Jetztgiltes,KraftzusammelnunddieOrganisationoderInstitution quasiinein„Heilkoma“zuführen.Zeitgewonnenistjetztvielgewon nen,denneskommtalleindaraufan,dieFirmasoweitzustabilisieren, dassdasletaleOBOaufdie(chronische)Vorstufezurückgeführtwer denkann.DasZielderneuenFührunginderletalenPhasedesOBOist, dieFirmaindieLagezuversetzen,denBigBangderchronischenPhase zuüberstehen.Deshalbbrauchenwirjetztdiemilde,weiseFührung, dievielesversteht,allesverzeihtunddennochverbleibendenLeis tungsträgerndasSelbstbewusstseinzurückgibt.DieKommunikationist jetztverständnisvoll,ermutigendundwertschätzend. DieFührungsbotschaftlautet:„WirkönnenhoffenundaufeinWunder warten,wirkönnenaberauchdasWundersein.WersolltedenWeg ausdemTiefkennen,wennnichtwir?Alsolos,lasstunsdurchatmen undaufbrechen“.
Führung: Vertrauensvolle Führung führt zu Vertrauen!
223
In allen vier Phasen ist die Kommunikation das zentrale Instrument der Führung. Die Führung muss die Mitarbeiter motivieren, sich wirklich zu beteiligen,sichnichtaufzugebenundernsthaftundehrlichmitzukämpfen. Leider ist die Motivation von Mitarbeitern keine verlässliche oder bere chenbare Basis. Es gibt eine interessante Untersuchung darüber, was die zehn verschiedenen Treiber für die Motivation von Führungskräften und Mitarbeitersind.75
Tabelle 8.1
Motivationstreiber für Mitarbeiter und Führungskräfte
Führungskräfte
Mitarbeiter
(inderReihenfolgederBedeutung)
(inderReihenfolgederBedeutung)
AusreichendeEntscheidungsfrei heit
RufundsozialeVerantwortung desUnternehmens
LernundEntwicklungsmöglich keiten
InteressederUnternehmensfüh runganMitarbeitern
InvestitionenininnovativeProduk AufstiegsundKarrieremöglich te keiten RufundsozialeVerantwortungdes AusreichendeEntscheidungsfrei Unternehmens heit EinflussaufProduktundService qualität
LernundEntwicklungsmöglich keiten
InteressederUnternehmensfüh runganMitarbeitern
VorgesetzteweckenBegeisterung
75GlobalWorkforceStudy,TowersWatson,2007
224
Therapie des Organizational Burnout
Führungskräfte
Mitarbeiter
(inderReihenfolgederBedeutung)
(inderReihenfolgederBedeutung)
UnternehmensführungalsVorbild imSinnederUnternehmenswerte
UnternehmensführungalsVorbild imSinnederUnternehmenswerte
HohepersönlicheStandards
InvestitionenininnovativePro dukte
VorgesetzteweckenBegeisterung
EinflussaufProduktundService qualität
AufstiegsundKarrieremöglichkei ten
HohepersönlicheStandards
Nach dieser Studie kommt es darauf an, die Führungskräfte durch die Gewährung persönlicher Entscheidungskompetenz einzubinden und dem Mitarbeiter das Interesse der Führung zu vermitteln. Es mag für Füh rungskräfte desillusionierend sein, aber die Mitarbeitersinddeutlichego zentrischer als man gemeinhin denkt. Den Beschäftigten ist das eigene Hemdamnächsten.InsoweitsindklugerweiseauchdieFührungskommu nikation und die Erläuterung zu den notwendigen Maßnahmen empfän gerorientiertanzupassen. Führung bedeutet immer das Entscheiden unter Unsicherheit. Während der OBOTherapie muss die Führung lernen, sich die Unsicherheit zum Freundzumachen,dennjetztistallesunsicher,auchdas,wassonstnoch als sicher gelten konnte. Wenn sicher ist, dass alles unsicher ist, dann ist die Unsicherheit sicher und somit kann die Führung in jedem Fall damit rechnen, dass es anders kommt als geplant, es länger dauert als zugesagt unddieVersprechennichtsoeingehaltenwerdenwieversprochen.Dasist nicht zynisch gemeint, sondern soll die Situation der Führung in einer OBOTherapiebeschreibenundsomitauchdieSituationdesOBOCoachs. Wie lässt sich damit umgehen? Die Führung wird diese allgemeine Ent scheidungsunsicherheitaktivadressieren.Dabeiwirdsiebetonen,wiesehr
Strategie: Zielklarheit gibt der Strategie Sinn und Kraft!
225
alle dafür kämpfen müssen, Sicherheit und Verlässlichkeit zu erreichen. WerdanndieZusagenundTermineeinhält,wirdausdrücklichanerkannt, weresnichtschafft,wirdgebeten,zeitgerechtumHilfezurufen,unddann wird ihm geholfen. Wenn es dennoch nicht geschafft wird, ist das kein Drama,sondernwirdgemeinsamlernendaufgearbeitet. IndertäglichenFührungsaufgabeist–nachmeinerErfahrungundunab hängigvonderjeweiligenOBOPhase–diefolgendeReihenfolgederFüh rungsaktivitätenzuempfehlen:
႑Konkrete,gemeinsameZielabsprachen, ႑womöglich,alsFührungskraftselbstbeginnen, ႑sooftwiemachbarverantwortlichdelegieren, ႑Erfolgegemeinsamfeiern, ႑SchnelligkeitinallenProzessenvorlebenundverlangen, ႑öffentlicheAnerkennunggeben, ႑füralledieernsthafteBeteiligungsichtbarpraktizieren, ႑deutlicheKlarheitgegenVerweigererausüben. Unabhängig davon, ob die Führungsverantwortung in der OBOTherapie vom OBOCoach oder einem neuen oder dem bisherigen Management übernommen wird, und gleichgültig, in welcher Phase des OBO die The rapie ansetzt, die zentrale Aufgabe der Führung ist, durch Verlässlichkeit und Konsequenz Vertrauen zu schaffen. Das ist die Brücke in eine neue Zukunft.
8.3
Strategie: Zielklarheit gibt der Strategie Sinn und Kraft!
AufdemWegindasOBOwurdevomManagementwiederholteineneue StrategieverkündetundimmerwiederfordertedieMannschafteineneue Strategieein.StrategieisteinbedeutsamesWort.JederMitarbeitererweckt den Eindruck des „Machers und Durchblickers“, wenn er fordert: „Ohne
226
Therapie des Organizational Burnout
eineklare(fundierte,zukunftssichere,kundenorientierte,globale,ökologi scheusw.)StrategiemusseszueinerFehlallokationderRessourcenkom men“.DasManagementversuchtemitderjährlichenStrategieansage,sich und den Mitarbeitern Orientierung zu geben. Somit hat sich bereits vor einerOBOTherapiedasThemaStrategieweitgehenderschöpft. In der OBOTherapie geht es deshalb zunächst um eine „Gute Strategie“ unddasheißtzuerst,esgehtumklareZieleunddannumdieFrage,wie wir gemeinsam diese Ziele erreichen und was dazu notwendig ist. In der OBOTherapie ist nicht „der Weg das Ziel76“, sondern das Ziel der Weg. DabeierfolgtdieZielsetzungimKerndurchdieFührung,mussaberdurch intensive Kommunikation zu einer Zielsetzung der gesamten Mannschaft werden. Am Anfang steht eine gut durchdachte und gut zu verstehende Zielbotschaft. SchlechtesBeispiel:„WirwerdenindennächstenJahrendurchsynchrone WorkflowLösungenund progressives Projektmanagement unsere tempo räre Marktpositionierung überproportional verbessern, ohne dabei die KostenstrukturenausdemBlickzuverlieren“. Gutes Beispiel: „Wir hatten gemeinsam eine schwere Zeit. Nun sind von unsdieWeichenneugestellt,dieZielesindklarundwirkennendenWeg zu neuem Erfolg. Das wird kein Spaziergang! Aber wir haben bewiesen, dass wir hart und professionell arbeiten können. Wir werden wertschät zend und ehrlich miteinander umgehen und uns ganz auf den Kunden konzentrieren. So werden wir wieder ganz stark – so wie wir es immer waren!“ Bei dem wichtigen Therapieziel „Strategie“ gelten die folgenden – oben genannten–kulturellenPrinzipienderOBOTherapie:
႑DieSinnfragederOrganisationwirdoffendiskutiertundgemeinsam neubeantwortet
႑StabilitätistwichtigeralsProfitabilität 76
DerUrsprungdiesesgeflügeltenWortesistunklar,wirdaberKonfuzius(um551 479v.Chr.)zugeschrieben.
Strategie: Zielklarheit gibt der Strategie Sinn und Kraft!
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DieFormulierungderZielemussambitioniert,aberauchrealistisch,emo tional,aberauchherausfordernd,begeisterndundingewisserWeiseauch neusein.AlsgelernteManagerwissenwir,wieZielezuformulierensind: SMART. Das ist das Akronym für „Specific, Measurable, Achievable, Realistic,Timely“unddientzureindeutigenDefinitionvonZielen.Spezi fisch,messbar,erreichbar,realistischundzeitlichmachbar:Darumgehtes bei uns in der OBOTherapie aber nicht! Wir müssen die Emotionen an sprechen und die Herzen erreichen. Rationale Zielsetzungen kennen die Mitarbeiter seit Jahren und sie wissen, dass hier nur die üblichen Rituale sinnlosabgefeiertwürden. „NichtweildieDingeunerreichbarsind,wagenwirsienicht.Weilwirsienicht wagen, bleiben sie unerreichbar“.77 Nicht selten gelingt es, die Emotionen zum Klingen zu bringen, wenn man dazu aufruft, sich auf seine eigentli chenStärkenzubesinnen,daszutun,wasmanrichtiggutkann,undzu sätzlichdabeisignalisiert,dassmankeinenZweifelamErfolghat. VorfragenderZielformulierungkönnensein:
႑WiewerdenwirvomMarktwahrgenommen,wofürwerdenwirer kannt?
႑Wannundworinsindoderwarenwirwirklichstark? ႑MitwelchenProduktenServicesoderinwelchenPhasenderWert schöpfungwarenwirrichtigerfolgreich?
႑WiebekommenwirwiederklareSichtaufdieDinge,wiesiesind? ႑Wennwirunsheuteneuerfindendürften,wiewürdenwirdannaus sehen?
Auch in der OBOTherapie kommen wir nicht darum herum, die Ziele auszuformulierenundzudefinieren,dennsonstmachtmanunszuRecht denVorwurf,zunebelhaft,zuunpräziseundsomitzugutgläubigzufor
77Seneca,L.A.,genanntSenecaderJüngere(*etwaimJahre1inCordoba;†65n.
Chr.inderNäheRoms),römischerPhilosoph,Dramatiker,Naturforscher,Staats mann.
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Therapie des Organizational Burnout
mulieren. Außerdem wollen wir ja ein Jahr später wissen, ob wir einen messbaren Fortschritt erzielt haben. Dazu empfiehlt sich der folgende Definitionsrahmen: Abbildung 8.2
Tableau für die Zielvereinbarung in der OBO-Therapie
Beschreibung 20.. werden wir folgende Ziele erreichen:
Messgröße
OBO-Nutzen
Welchen konkreten Welches Ergebnis wollen Woran soll die Erreichung Nutzen erwarten wir aus dem angestrebten wir konkret hier des Ergebnisses gemessen erreichen? werden? Ergebnis für die Bewältigung des OBO?
Verantwortung
OBO-Risiko
Wer ist für die Erreichung des Zieles verantwortlich?
Welches OBO-Risiko gehen wir ein, wenn wir das Ergebnis nicht erreichen?
Umsatz und Rentabilität Marktpositionierung und Marketing & Vertrieb Geschäftsmodell und Prozesse Innovationen Globalisierung oder Regionalisierung Qualitätsführerschaft
Personalwirtschaft
Kommunikation
Auf der horizontalen Ebene kann es um folgende Kategorien gehen: Um satz,Rendite(alsoglobaleZielsetzung),auchumMarktpositionierung,vor allemaberumZielezurBewältigungdesOBO–wiePersonalentwicklung, Kommunikation,QualitätoderInnovationen–ebenumdieZielkategorien, die nun wichtig sind, um aus demOBO wieder herauszukommen. Allein mitdieserTabellekannman–vordemHintergrundderZielbotschaftdes Topmanagements – intensive Diskussionen in Zielworkshops mit den verschiedenen Einheiten führen, und im Zeitverlauf kristallisieren sich gemeinsameZielsetzungenheraus,dieimAlltagBestandhabenwerden.
Strategie: Zielklarheit gibt der Strategie Sinn und Kraft!
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IndenZielworkshopswollendieMitarbeiterundFührungskräfteAmbiti onen der Führung spüren und sie wollen daran glauben; sie wollen den SinnderZieleeinsehenunddieStrategiezurZielerreichungverstehen.Es soll ihre Sache werden und die Kollegen wollen persönlich als Teil der Lösung angesprochen werden. Sie wollen ja dazu beitragen, dass das Organizational Burnout überwunden wird, aber sie wollen eben auch wiederdasGefühlentwickeln,dassesjetztwirklichlosgeht.Dazubraucht man auch eine Leitfigur, die persönlich für die neuen Ziele steht. Diese LeitfigurkannschwerlichimOBOeinePersönlichkeitdesbisherigenMa nagements sein, dem die Verantwortung dafür zugerechnet wird, dass mansichjetztimdunklenTaldesOBObefindet.AusdiesemGrundwurde zuvorfüreinenNeustartanderSpitzeplädiert. ImvorherigenKapitelwurdeerläutert,welchePhasedesOBOmitwelcher Grundphilosophieadressiertwerdensollte.WasheißtdasfürdieZielklar heitunddiejeweiligeUmsetzungsstrategie?NachfolgendeinigeVorschlä gealsgedanklicheLeitlinien.SiemögeneineAnregungsein,könnenaber dieindividuellenLösungennichtersetzen. LatentePhase: Philosophie: Ziele: Strategie: Kommunikation:
AkutePhase: Philosophie: Ziele: Strategie: Kommunikation:
„StabilisierungdurchWachstum“ StabilerUmsatz,moderateErlöse,schlankeProzesse! Mehr Umsatz, mehr Stabilität. Einfach ist einfach besser! Identität stiftend: Wir schaffen es, aber nicht ohne Dich!
„VertrauendurchengagierteOffenheit“ Positive Signale nach außen, Selbstvertrauen nach innen. WirzeigenInitiativeundzeigen,waswirkönnen! Appellierend und intensiv: Wir können es, wir ma chenes!
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Therapie des Organizational Burnout
ChronischePhase: Philosophie: Ziele: Strategie: Kommunikation:
„HarteWendedurchkonsequentenBigBang“. Befreiungsschlag,jetztkommtesdaraufan. MithartenSchnittensichernwirdieZukunft. Klar,ehrlich,motivierend:WirsinddieLösung!
LetalePhase: Philosophie: Ziele: Strategie: Kommunikation:
„ZeitverschaffendurchEntlastung“ Gleichgewichtfinden,Geschäftsmodellsichern. KonzentrationaufdenKern InderRuheliegtdieKraft:DasWundersindwir.
In der OBOTherapie darf man weder mit der Entscheidung zum Thema Führung noch mit den Formulierungen einer Zukunftsphilosophie, den Zielen und der Strategie einen Fehler machen. Umsicht ist geboten. Wir haben nicht die Chance für einen zweiten Start einer OBOTherapie, hier gilt es, hier müssenwir das Richtige gleich richtigmachen.Deshalbmüs sen jetzt verschiedene Tests vorgenommen werden, ob wir mit den Zu kunftszielenundderStrategierichtigliegen. DazusinddiefolgendenvierTestswichtig:
႑Kulturtest Philosophie,Ziele,StrategieundKommunikationwerdenimKulturtest anonymaufdenPrüfstandgestellt.Zufälligausgewähltefünfbiszehn ProzentderMitarbeiter(jenachFirmengröße)erhaltendreibisvierVa riantenmöglicherZukunftsbilderderFirma,wobeiabernatürlichnur einesdemZukunftsbilddergewähltenKonstellationentspricht.Die Kollegenwerdengebeten,ihrenFavoritenauszuwählen,undgleichzei tiggebetenzubenennen,welchesZukunftsbildwohldieMehrheit wählenwird.
႑Kommunikationstest ZweihierarchischgemischteVergleichsgruppenanMitarbeiternerhal tendieAufgabe,dievorgeseheneKommunikationsliniemiteigenen Wortenauszufüllenunddannschriftlichfestzuhalten.Dasschriftliche ErgebniswirdunterdenbeidenGruppenausgetauschtundgelesen. DannwerdendieEmpfängergebeten,denAbsendernausdemGe
Strategie: Zielklarheit gibt der Strategie Sinn und Kraft!
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dächtniszusagen,wassieverstandenhabenundwassiebesonders angesprochenhat.WardieKommunikationslinierichtigundpassend, dürfteesbeidenGruppengelungensein,dieseLiniemitLebenzuer füllen;bleibtaberdieSenderEmpfängerQualitätgestört,trifftdie KommunikationslinienochnichtdenNervderAdressaten.
႑Kundentest HieristdieFührunggefragt.EswerdenzweiWorkshopsmitKunden (mittlereundgroßeKundengetrennt)zumThema„Innovation–der WegindieunsichereZukunft“organisiert.Natürlichgehtesindiesem WorkshopnichtumeineOBOTherapie,denndasmüssendieKunden nichtnotwendigerfahren,sondernesgeht–jedenfallsoffiziell–um Zukunftsideen.DabeiwerdeninArbeitsgruppenZukunftsszenarien diskutiert.EinTeilderSzenarienbeschreibtauchdengewähltenZu kunftswegderUnternehmungausdemOBO.DieReflexionmitden KundenwirddemManagementzeigen,obderMarktbeispielsweise dieKonzentrationaufdenstarkenKernderLeistungsangebotebegrü ßenoderwenigstenstolerierenwürde.AlsNebeneffektdürftedasMa nagementeinigewichtigeHinweisederKundenzusonstigenVerbes serungspotenzialenerhalten.
႑Vollzugstest DerOBOCoachwirdmiteinemTeameineübersichtlicheSofortmaß nahmeinAngriffnehmen.Dabeikannerbeobachten,obdieMitarbei terbereitsind,lösungsundempfängerorientiertzuarbeiten,odernoch inaltenVerhaltensmusternverharren.DerOBOCoachwirddannmit denMitarbeiterndieGründereflektierenundinduktiveRückschlüsse aufdieTragfähigkeitdervorgesehenenTherapiePhilosophieanstellen können. Diese vier Tests durchzuführen, ist für eine wirksame OBOTherapie un abdingbarwichtig.WennwirjetztmitderTherapienurwenigdanebenlie gen würden, dann kämen wir am Ende weit ab vom Ziel der neu stabili siertenunderfolgreichenOrganisationoderInstitutionan.UmeinBildzu nutzen:WenninCapeKennedyeineRaketenurwenigeMillimeterabwei chendstartenwürde,bedeutetdasamZieleineAbweichungvonHunder tenvonKilometern.DeshalblohntsichderTestaufwand.
232
Therapie des Organizational Burnout
Was kann man falsch machen, was muss man richtig machen? Die Zielsetzung für die OBOTherapie ist simpel: Heilung und Stabilisie rungderOrganisationoderInstitution.DeshalbistindiesemKapitelnicht geschildert worden, welche Ziele und Strategie für die Therapie gelten, sondern welche Ziele und Strategie als Therapie gelten müssen. Die vier OBOPhasensindfließendundsomitsindauchdietherapeutischenWege individuellfestzulegen.WennsichdieFirmazueinerTherapieentschlos senhat,dürfendieFührungundderOBOCoachohneschädlicheKonse quenzenkeinenFehlermachen.DieOrganisationistdurchdieAnamnese und Diagnose in einem sensiblen und anfälligen Zustand. Deshalb muss dieAnalysedesBurnoutZustandessehrsorgfältigerfolgen,sindPhiloso phie,Ziele,StrategieundKommunikationsliniesehrbedachtsamfestzule gen und zu testen. Erst wenn man sich wirklich sicher sein kann, welche Therapierichtung einzuschlagen ist, darf man beginnen. Warum ist ein Fehlerjetztdramatisch?WeilmaneineOBOTherapienichteinwiederhol tesMalbeginnenkann,dennnureinmalhatmandasVertrauendes„Pati enten“. Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass der OBOCoach etwa sagt: „Leute,derersteVersuchunsererTherapiehatjetztmalnichtsowievor gesehen funktioniert, aber das macht ja nichts, versuchen wir es eben an ders“.
8.4
Prozesse: Konzentration auf die Wertschöpfung und Ruhe bewahren!
VondenzwölfkulturellenPrinzipienderOBOTherapielassenwirunsbei demTherapieziel„Prozesse“vondenfolgendenleiten:
႑JederwirdtatsächlichTeilderLösung,bleibtnichtTeildesProblems ႑Wirhandelnprofessionell,verlässlich,diszipliniertundkonsequent ႑KonzentrationaufdasjeweilsMachbare;gutistgutgenug ႑Wirbleibengeduldig:SchrittfürSchrittundmitruhigerHand
Prozesse: Konzentration auf die Wertschöpfung und Ruhe bewahren!
233
DieTherapieziele„GuteFührung“und„GuteStrategie“könnenundmüs sennunergänztwerdendurch„GuteProzesse“.Hierkommtesdaraufan, professionelleRuhezubewahrenundnichtmitdemKopfdurchdieWand rennen zu wollen – das ginge nicht gut aus. War es schon schwierig, die Führungneuaufzustellenundmentalneuauszurichten,wirdesnunnicht einfach,das„Gewohnteanderszumachen“. „GuteProzesse“werdenwirdannformulieren,wennwirdazudiefolgen denstrategischenLeitideennutzen:
႑Wertschöpfungzählt!WirbrauchennurProzesse,dieunmittelbardie
Qualität,denPreisunddieSchnelligkeitderWertschöpfungbeeinflus sen.AufalleanderenProzessewerdenwirverzichten.
႑Einfachisteinfachgut!JederProzessmusssogestaltetsein,dasser überschaubarundergebnisorientiertist.
႑DerKundewirdTeilderWertschöpfung!Zuerstverbessernwirdie
Prozesse,diefürdenKundensichtbarsind,undwirladenunsereKun denein,TeildesProzesseszuwerden.
႑ProfessionelleProzessesindguteProzesse!JederProzesskannansei
nemErfolggemessenwerdenundhateineeindeutigeErgebnisverant wortlichkeit.
WenndieMitarbeiterinderDiagnosebereitseineProduktivitätsinitiative durchgeführthaben(vgl.Kapitel6.1),dürftenjetztzahlreicheHinweisezu ProzessverbesserungenaufdemTischliegen;allerdingssinddiesevermut lichnichtimmertherapeutischeinzusetzen.DerGrunddafürbestehtinder NeigungderfachlichsachverständigenMitarbeiter–dieinderProduktivi tätsinitiativemitgewirkthaben–ihreTeilaufgabeineinemderProzesseals besonders bedeutend eher zu komplizieren als wegzulassen oder zu ver einfachen. Nicht alle Prozesse müssen oder sollten in der OBO– Therapie verändert werden,sondernnurdie,welchedieGefahrinsichbergen,dieOrganisati on tiefer in den Zustand der Erschöpfung hineintreiben zu können oder aberschnellzueinemspürbarenMarkterfolgführenwürden.
234
Therapie des Organizational Burnout
WelcheProzessewerdensomitbeiderOBOTherapieprioritärbearbeitet?
႑Kommunikationsprozesse
(z.B.internesBerichtswesen,Kundenkommunikation,betrieblicheBe sprechungen)
႑DispositiveProzesse
(z.B.Entscheidungsabläufe,Genehmigungs,Budget,Delegations, Steuerungs,Kontrollprozesse)
႑OperativeProzesse
(z.B.Vertriebs,Dispositions,Produktions,Logistik,Wartungspro zesse)
႑Supportprozesse
(z.B.ITSupport,Qualitäts,Personalmanagement)
႑Innovationsprozesse
(z.B.kundenspezifischeInnovationen,Produktions,Systeminnovationen)
႑InformelleProzesse
(z.B.betrieblicheRituale)
Die Prozesstherapie im OBO darf nicht ohne die betreffenden Mitarbeiter stattfinden,aberalleindurchdieMitarbeiteristeineProzesstherapienicht durchführbar.HieristderOBOCoachaufgefordert,dieBeteiligtenstreng dazuanzuleiten,dieProzessevomKundenausbiszumerstenSchrittret rogradzuanalysieren,ProzessänderungenbiszumEndezudurchdenken, mit allen verbundenen Prozessen abzustimmen, die aktuellen informellen Regeln zu beachten und darüber nachzudenken, welche informellen Re gelnneuausdemverändertenProzessentstehenkönnten. Die „Guten Prozesse“ entstehen, wenn sich einerseits das Management darauf beschränkt festzulegen, ob etwas notwendig ist und welches Ziel erreicht werden soll, nicht aber vorgibt, wie es geschehen soll, und wenn andererseits die operative Ebene vorschlägt, wie es optimal ginge. Dabei muss sich das Management selbst verpflichten, die Prozessoptimierungen auchwirklichumzusetzen,selbstwenndazuTabusgestürztoderInvestiti onennotwendigwerdensollten.WieinderBetrachtungderUrsachenund FolgendesOBOfestgestellt,sinddieüberkomplexenundunabgestimmten Prozesse weniger die Ursachen und viel häufiger die Folge des OBO. Ge
Prozesse: Konzentration auf die Wertschöpfung und Ruhe bewahren!
235
rade in der ersten und zweiten Phase desOBOVerlaufswurdedochver sucht – durch immer mehr und immer detailliertere Regelwerke – den MisserfolgimMarktzukompensieren. IndenvierOBOPhasenempfiehltessich,differenzierteSegmentefürdie ReformulierungderProzesskettenvorzugeben:
႑LatentesOBO UmdieUrsachenoderFolgendesOBOdurchProzessvereinfachung undentlastungzumildernundzubeseitigen,solltenfolgendePro zessarteninderReihenfolgeneustrukturiertwerden:
Kommunikationsprozesse DispositiveProzesse OperativeProzesse Supportprozesse Innovationsprozesse InformelleProzesse
ZielederOptimierung:VerbesserungvonAufwandundNutzen;Stabi litätundZuverlässigkeit.
႑AkutesOBO UmimakutenStadiumdesOBOeinespürbareEntlastungvomDruck desTagesgeschäfteszuerfahrenundumschnelleErfolgezuerzielen, solltennurdieWertschöpfungsprozesseaufdenPrüfstandgestellt werden:
Kommunikationsprozesse DispositiveProzesse OperativeProzesse
ZielederOptimierung:VereinfachungundEntlastungschaffen.
႑ChronischesOBO WenndasOBOimchronischenStadiumist,wirdesschwierig,aber nochnichtunmöglich,mitProzessthemenindieOBOTherapieeinzu steigen.DeshalbsolltenjetztnurnochfolgendeProzessartenneudis poniertwerden:
236
Therapie des Organizational Burnout
Kommunikationsprozesse DispositiveProzesse
ZielederOptimierung:MitmöglichstwenigVeränderungsenergie einenBefreiungsschlagzuinszenierenundklareSignalederVerände rungandieSpitzezusenden.
႑LetalesOBO InderletalenPhasemussdieRestenergieaufdasÜberlebenkonzen triertwerden.Deshalbistesnichtratsam,jetztüberhauptineinePro zessanalyseeinzutreten.DasManagementsolltesignalisieren,dassnun RuheindieProzesseeinzukehrenhat;dasBewährtegiltweiter! DieProzessesindjeweilsisoliertunddannintegrativzubeleuchten.Dabei mussimmervonderexternenKundenoderMarktsichtherbegonnenwerden. DieRevitalisierungeinerdepressivundapathischgewordenenOrganisati on ist eine der schwierigsten Aufgaben im Management überhaupt. In solcheinemFallhateswenigSinn,Prozessevorzugebenunddannaufdie operativen Mitarbeiter einzureden – sie würden sich alles anhören und man könnte ihnen förmlich dabei zuschauen, wie sie traurig denken: „Es kommtjadochwiedernichtsdabeiheraus!Infolgedessenwäreesinsol chenFällenauchnichtmöglich,dienötigeBegeisterungfürneueProzesse zumobilisieren–dieMitarbeiterverhieltensichpassivundschlichennach dermotivierendenAnsprachewieSchwerkrankeausdemSaal. DerbesteWegzu„GutenProzessen“ist,einodermehrereTeamsmitden besten(und„unbelasteten)ExpertenundinternenKundenzusammenzu stellenundsiemitder–fürdieZukunftdesUnternehmensentscheidenden – Aufgabenstellung der Prozessvereinfachung zu betrauen. Diese Teams müssen im engen Kontakt mit der Spitze arbeiten und ihnen ist größt möglicheFreiheitimDenkenundHandelneinzuräumen;unterUmständen müssensiesogarvölligausderLinieherausgelöstwerden.Siesolleneiner seits alles in Frage stellen dürfen,sich andererseits aber darum bemühen, schnellstmöglichersteErfolgezuerzielen,dennineinemsolchpessimisti schen Umfeld des OBO überzeugen vor allem greifbare Resultate. Wenn dieseTeamsihreArbeittrotzallerinternenWiderständezueinemerfolg reichenAbschlussführen,bewirktdieszugleicheineersteTrendwendeim internenKlima–wennauchnochlangenichtdieendgültige„Heilung“.
Organisation: Revitalisierung durch dynamische Kontinuität!
237
Bevordie neuen Prozesse die bisherigenablösen, bedarf es einer Prüfung durch den OBOCoachs und durch die Führungsspitze nach folgendem Raster:
႑BewirktderneueProzessdirektWertschöpfung? ႑IstderneueAblaufeinfacher? ႑IstderneueProzessvondenoperativVerantwortlichensogewollt? ႑IstderErfolgmessbarundistdieVerantwortungverankert? ႑IstderneueProzessbiszuEndedurchdacht? ႑FührtderneueProzesszuungewolltenInkonsequenzen? ႑LösenwirmitdemneuenProzessnureineScheinaktivitätaus,die späterzuFrustrationenführenwird?
In der OBOTherapie haben wir weder beliebig Zeit noch Ressourcen, allerdings haben wir die Pflicht, das Reaktionsparadox (vgl. Kapitel 7.3) unbedingt zu vermeiden. Deshalb gilt bei dem Therapieziel „Prozesse“ immer:„Wenigeristmehr!“GuteProzesseheißtjetzt:„Konzentrationauf dasMachbare!“
8.5
Organisation: Revitalisierung durch dynamische Kontinuität!
Die Versuchung ist groß, bei einer OBOTherapie zunächst bei der Auf bauorganisation anzusetzen. Zum einen ist es einfach, per Federstrich einigeKästchenzuverschiebenodereineEbeneaufzulösen,zumanderen zeigtesfürjeden–auchfürdenbesorgtenAufsichtsratoderInvestoren– dassdajetztetwaspassiert.LeiderfandenmeistensvorderOBOTherapie bereits mehrfach Reorganisationsmaßnahmen statt; sie waren vermutlich sogareinKatalysatoraufdemWegindasOBO.WirfindenjetztzuBeginn der Therapie eine erschöpfte Organisation vor, die ihre Kompetenzen ab geschliffen hat, weder Effektivität noch Effizienz unterstützt, inzwischen überkomplexbisbürokratischeingerichtetistundsomitlangsam,frustrie rendundkontraproduktiv.
238
Therapie des Organizational Burnout
Eigentlich geht es bei der Aufbauorganisation nur darum, mittels einer hierarchischenArbeitsteilungdiejeweilsoptimalenKompetenzkombinati onen für eine Aufgabenstellung effektiv und effizient einzusetzen. Hier wirdfestgelegt,werwemberichtspflichtig,werwofürverantwortlichund weranderLeistungserstellungmitwelchemZielzubeteiligenist.Fürdie OBOTherapie ist es sekundär, ob es sich um eine StabLinien, Matrix, Sparten, Regional, Projekt oder Prozessorganisation handelt. Die OBO Therapie ist gut beraten, an der bestehenden Organisationsstruktur zu nächst nicht zu rütteln. Wir müssen an den Inhalten, nicht an der Form arbeiten. WennwirunsaberdemTherapieziel„GuteOrganisation“nähernwollen, sinddiefolgendenkulturellenPrinzipiendasOBOTherapiezubeachten:
႑JederwirdtatsächlichTeilderLösung,bleibtnichtTeildesProblems ႑KonzentrationaufdasjeweilsMachbare;gutistgutgenug ႑StabilitätistwichtigeralsProfitabilität ႑Wirbleibengeduldig:SchrittfürSchrittundmitruhigerHand DieKunstdasOBOTherapiebeiderBehandlungderOrganisationbesteht darin,durchKontinuitätderAufbauorganisationRuheindieGesellschaft zubringenundgleichzeitigeineheilsameDynamikzuerzeugen,diewie derdieAufbauorganisationindieLageversetzt,wirksamundschnellihre Aufgabenerledigenzukönnen.WirmüssendieAufbauorganisationdurch dynamischeKontinuitätrevitalisieren. UnserTherapiezielistdie„GuteOrganisation“.Wiegehenwirdabeivor? Es ist klug, bei den funktionalen Organisationseinheiten anzusetzen, also bei Personalwesen, Qualitätsmanagement, Rechnungswesen, Controlling, Vertriebsinnendienst, Einkauf, Entwicklung und vor allem – falls vorhan den–beimstrategischenPlanungsstab.EsistoftbeimOBOzubeobachten, dass zwischen den Zentralbereichen – oder neuerdings Shared Services – unddenoperativenDivisioneneinbürokratischerNervenkrieggeführtwird, überdenheutekeinermehrsagenkann,warumesjesoweitgekommenist. Zuerst zielen wir auf die Organisation der Führung. Wir wollen gemein sam mit dem TopManagement erreichen, dass die Führungskräfte in der
Organisation: Revitalisierung durch dynamische Kontinuität!
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zweiten oder dritten Ebene mehr und direkter Verantwortung überneh men.ZuoftistgeradedasSelbstverständnisdesmittlerenManagements– fürihreunmittelbareLeitungsspannedieabschließendeVerantwortungzu übernehmen – durch das fortschreitende OBO zerrieben worden; es fehlt dann oft einfach an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Das obere Management muss lernen, dass weniger Führung jetzt mehr Führung ist, sowieeinDirigentauchnichtjedenTaktdurchschlagensollte,wenneres sich mit seinem Orchester nicht verderben will. Eine Organisation der engen Führung erstickt die OBOTherapie auch in den Therapiezielen Strategie,ProzesseundKultur. AlsnächstessolltesichdieVeränderungderOrganisationaufdiefunktio nalenEinheitenrichten.ImKerngehtesjetztumdasDezentralisierenvon Verantwortung in die operativen Einheiten und das Zentralisieren von Unterstützungsfunktionen. Der Sinn liegt in der Veränderung des Selbst verständnisses im Unternehmen. Die Zentralfunktionen müssen lernen, dasssiedazudasind,ihreinternenKundenzubefähigen,operativErfolge zu haben. Nicht die zentralen Supportfunktionen verdienen das Geld, sonderndieoperativenDivisionen. Die OBOTherapie muss den organisierten Kulturkampf zwischen der Zentraleoder„denendaoben“undderoperativenEinheitenoder„denen daunten“beenden.DasistdurchzweiSchrittezuerreichen:zuerstdurch die Spiegelung des tatsächlichen Kulturkampfes durch den OBOCoach. Dazu sammelt der Coach eine Reihe von Aussagen des Tagesgeschäftes und konfrontiert das Management und die operativen Kräfte damit in einergemeinsamenBesprechung.ErfahrungsgemäßsindsichdieAkteure – fast wie in einer „alten“ Ehe – weder der Tonalität noch der Banalität ihres Umganges miteinander bewusst. Anschließend kann man einen Schritt weitergehen. Man unterstützt die Akteure dabei, sich selbst wie eine interne KundenLieferanten Beziehung zu organisieren, also so zu organisieren, wie es jeweils aus Sicht des internen Kunden gut und sinn voll ist, und nicht, wie es aus Lieferantensicht am besten wäre. Kriterien derkritischenReflexionsinddabeiimmerdiefolgendenAttribute:Quali tät, Zeit und Kosten. Damit wird die Aufbauorganisation einfacher und wohltuendfüralleBeteiligten.Manarbeitetschließlichirgendwannwieder miteinanderundnichtmehrnebenodergegeneinander.
240
Therapie des Organizational Burnout
Die Organisation wird mit einer konsequenten OBOTherapie nachhaltig dynamisch,weilvonnunandieAufbauorganisationnichtmehrheiligund damitstatischist,sondernsichfortwährendverändert,sowiesichdieWelt desUnternehmensfortwährendverändert.Zugegeben:DieRevitalisierung derAufbauorganisationmussindenvierPhasendesOBOunterschiedlich eingeleitetwerden,aberimErgebnisgehtesumdasbewussteBekenntnis zueinerOrganisationderdynamischenKontinuität. WiewirddieRevitalisierungderAufbauorganisationindenverschiedenen StadiendesOBOeingeleitet? LatentePhase: Ziel: Maßnahmen: Kommunikation: AkutePhase: Ziel: Maßnahmen: Kommunikation:
Zentrale Funktionen streng am Geschäftsmodell ausrichten. Neuausrichtung auf die operativen Einheiten; Ver schlankungderFührungsebene. „UnsereOrganisationistvondynamischerKontinuität.“
Flexibilisierung der Organisation und Geschäftsmo dellsichern. Konzentration der Organisation auf Kern der Wert schöpfung. „UnsereprofessionelleOrganisationistschlagkräftig!“
ChronischePhase: Ziel: Radikale Vereinfachung und sprunghafte Optimie rung. Maßnahmen: StrengeAusrichtungaufdenexternenKunden. Kommunikation: „Unsere Organisation ist das Mittel, unsere Kunden zubegeistern.“ LetalePhase: Ziel: Maßnahmen: Kommunikation:
InputOutputRelationgemeinsamverbessern. KeineVeränderungderAufbauorganisation „UnsereOrganisationistundbleibtgut!“
.
Somit wird eine Revitalisierung der Aufbauorganisation vor allem dann gesicherten Erfolg haben, wenn die OBOTherapie noch in einem der ers
Kultur: Mit professioneller Gelassenheit werden alle Teil der Lösung!
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tenbeidenStadieneinsetzenkann.JereiferdasOBObereitsist,destozu rückhaltender sollte man sein, in die bestehende Aufbauorganisation hineinzuschneiden.ChirurgischeSchnitteanderAufbauorganisationdür feninjedemFallnichtohnebegleitendeMaßnahmenderProzessinnovati on und der Kommunikation vorgenommen werden. Eine Organisation oderInstitutionimOBOistgeschwächtundverträgtkeineRadikalkuren!
8.6
Kultur: Mit professioneller Gelassenheit werden alle Teil der Lösung!
DerCorporateSpiritistdieSummederGeschichten,diemansicherzählt: Dazu gehören Mythen und Geschichten, Klatsch und Tratsch, aber auch DogmenundTabus.Allerdingssinddie meistenFührungskräftesoratio nalsozialisiert,dasssieganzschlechteErzählersind.Vermutlichgibtesso viele Definitionen für Unternehmenskultur wie Manager. In Lehrbüchern liestman:„UnternehmenskulturistdieSummederWerte,NormenundArtefak te, die sichtbar oder unsichtbar, bewusst oder unbewusst in einer Firma gelebt werden“.78Dashilftnichtwirklich.Ichdenke,derGeistdesUnternehmens istsoetwaswiediementaleDNAeinesUnternehmens.Wirerinnernuns an die zwei Ebenen in einem Unternehmen, sowohl die formale, somit sichtbare,alsauchdieinformelle,nurspürbare,Ebene.DieformalenTeile sind die Prozesse, die Hierarchien, die Strukturen und die Produkte. Die spürbaren Teile umfassen die Rituale, die Geschichten und sogar den Flurfunk, aber auch die informellen Beziehungen, verdeckten Regeln, DogmenundTabus.AufdersichtbarenEbenewirdSicherheitgeschaffen, aufderspürbarenEbeneentstehtVertrauen.Esistvielleichtähnlicheinem Eisberg,wodersichtbareTeildenEisbergalsEisbergerkennenlässt,aber derunsichtbareTeildemEisbergdieStabilitätgibt.WegenderBedeutung fürdasGelingenderTherapieistbewusstdasTherapieziel„GuteKultur“ ansEndedesTherapiekapitelsgestellt.
78Unteranderen:Franken,S.(2007)VerhaltensorientierteFührung,Wiesbaden
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Therapie des Organizational Burnout
DasTherapieziel„Kultur“sollteunterderBeachtungderfolgendenkultu rellenLeitideenderOBOTherapiebearbeitetwerden:
႑JederwirdtatsächlichTeilderLösung,bleibtnichtTeildesProblems ႑DerinterneWettbewerbsdruckwirdbeendet ႑ImUmganggiltnunToleranzundVertrauen ႑BewusstwirdLichtstattSchattengesehen ႑Wirhandelnprofessionell,verlässlich,diszipliniertundkonsequent ႑WirpraktizierenZuversichtstattZynismus Aufbauorganisationen sind leicht zu verändern, Unternehmenskulturen abersindtiefverwurzelteVerhaltensweisen,derenVeränderungnurlang sam möglich ist. Die Unternehmenskultur ist die Summe aus Erfahrung, Erfolgen und Ritualen. Sie selbst sind frei von Ritualen? Falten Sie die Hände zum Gebet. Nun aber wechseln Sie die Position der Daumen, so dass sich der andere Daumen oben befindet. Haben Sie jetzt ein unange nehmes Gefühl? So fühlt es sich an, wenn sich Unternehmenskulturen verändern und ganz besonders, wenn man es nicht freiwillig, sondern gezwungenermaßengeschieht. Eine Untersuchung von Jost79 in 650 Organisationen stellte die Frage: „WennSiekönnten,würdenSiegerneetwasanIhrerUnternehmenskultur ändern?“71Prozentder1.224Befragtenantwortetenmit„Ja!“undnur18 Prozent verneinten die Frage. Somit scheint es durchaus an der Basis die Bereitschaft für eine Kulturänderung zu geben, die Frage ist dann nur, welcheKulturhättensiedenngern? DiegemeinsameTeam,AbteilungsoderFirmenkulturmitallihrenErfah rungen,ErfolgenundRitualengibtunsSelbstsicherheit.Dievielenkleinen undschnellenEntscheidungendesArbeitsalltagstreffenwirohnenachzu denken aus den kulturellen Gewohnheitsritualen heraus. Wer seinen Ar beitsritualen nachgeht, leistet mehr, ist weniger stressanfällig und findet seine Bestätigung in den gewohnt erfolgreichen Abläufen seiner Aufga
79Jost,H.R.,(2003)Unternehmenskultur–WieweicheFaktorenzuhartenFakten
werden,Zürich
Kultur: Mit professioneller Gelassenheit werden alle Teil der Lösung!
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benerfüllung.DasGehirnschütteteinenettePortionDopaminausundwir sindgelassenundselbstsicher.RitualegebenunsalsoSicherheit. AlsVorreiterinderRitualforschunggiltderSonderforschungsbereich619 „Ritualdynamik“ der Universität Heidelberg. Leider ist eine Vernetzung derWirtschaftswissenschaftmitderRitualforschungnochnichtgutentwi ckelt. Dabei sind Rituale in einer Organisation oder Institution ubiquitär und von bedeutendem Einfluss für die informelle Organisation und die ProzessedesTagesgeschäftes. Rituale schaffen Vertrauen, geben Stabilität entlasten das Gehirns und führen zu Schwarmverhalten. Rituale haben eine besonders starke soziale Kohäsionswirkung wenn das Ritual erregend, emotionalisierend, kompli ziert,schmerzhaft,aufwendigundgeheimstattfindet.Eskönntesomitzu überlegen sein, ob in der OBOTherapie Ritualisierungen eine wirksame Methode sein könnte. Würde diese Frage positiv beantwortet, muss man sichdievierMerkmaleeinesRitualsansehen:
႑Verkörperung:Ritualeprägensichbesonderstiefdurchautomatisierte, körperlicheAbläufeein.WerdenmehrereKanälezeitgleichangespro chen–GesangmitText,MusikundrhythmischerBewegung–istdie Verankerungbesonderstief.
႑Förmlichkeit:RitualehabeneinfestgeschriebenesRegelwerk,nachdem
dieRitualetatsächlichimmerziemlichgleichablaufen.FormistInhalt. DazugehörtauchdergemeinsameBeschlusszurDurchführungdesRi tuals,ggf.aufbesondereEinladungundnurfürbesondereTeilnehmer (intentiosolemnis).
႑Modus:RitualehalteneinenbestimmtenModusein,ohnedassdieser
hinterfragtwird.ÜberhöhteZweckestehenimMittelpunkt.Eswerden Herrschaftszeichengenutzt–oftinFormderAutoritäteinerOrganisa tion,einerPersonodereinerTradition.
႑Transformation:Ritualewirken,d.h.siebewirkeneinenWechselvon
StatusoderKompetenz.Manistdanachwieausgewechselt.Ritualestif tenIdentität,auchausdemGruppendruckheraus.Auchdeshalbhaben RitualeeinegewisseKomplexität,dennbeieinemRitualsollgewisser maßender„Autopilot“eingeschaltetwerden.
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Therapie des Organizational Burnout
Wenn möglicherweise bestehende Firmenrituale ein Teil des OBO Problemssind,mussdieseritualisierteKulturverändertwerden.Mussdas sein?AlsichvoreinigenJahreneineITServicefirmainMünchendaserste Mal betrat, erwartete der Aufsichtsrat (der Alleinvorstand war gerade in Untersuchungshaft) für das kommende Quartal einen Auftragsrückgang von25Prozent,einenDBIvonminus8Prozent,aberallemachtensowei terwiebisher. LeiderhabendiekonservativenBewahrerzunächstrecht,dennmankann niewissen,wieeswird,wennmanesandersmachtalsbislang.Niemand kann in die Zukunft sehen. Erst wenn die Einsicht überwiegt, dass alles Neuenurbesserseinkannalsdasbisherige,gibteseineChancefüreinen ersten–rationalen–SchrittindiekulturelleZukunft.Aberdasalleinaller dingsreichtnochnicht.NichtimKopf,sondernimHerzenmussdieÄnde runggewolltsein.Wieistdaszubewerkstelligen? Der Lösungsweg in der OBOTherapie geht über stufenweise Neurituali sierung und immaterielle Belohnung sowie über die kreative Neupositio nierungderFührungdurchpositiveGeschichten. Lösen Sie zunächst die bisher üblichen Kommunikations und Bespre chungsrituale auf. Andere Zeiten und andere Teilnehmer, andere Be richtswegeunddieEinbeziehungderoperativenEbene.Oftreichtesauch schon, die Sitzordnung zu verändern. Sie kennen es vielleicht: Sie sind in einem festen Kreis neu und fragen nach der Sitzordnung. Die Antwort lautet, dass es keine gäbe. Irrtum, wie Sie bei Sitzungsbeginn feststellen, dennjedersitztdort,woerimmersitztundwehe,SiebesetzeneinenSes sel,derbereitsvirtuellreserviertist.Sieverstehensicher,wasichmeine. PositiveGeschichtenkönnendieKulturlangsamverändern,nichtaberdie Ansage des CEO: „Wir haben einen tollen Corporate Spirit und sind ein fach immer gut drauf“ oder – weniger salopp – aus der „Phrasendresch maschine“ für Spitzenmanager: „Wir stabilisieren unsere Unternehmens kultur durch differenzierte Leitsätze und tiefes Verständnis, um damit auch die Eigendynamik der spezifischen Motivationsfaktoren zu intensi vieren“. Damitgute,positiveGeschichtenerzähltwerden,dievondenMitarbeitern inihrHerzaufgenommenwerden,musssichdieFührungalsder„Corpo
Kultur: Mit professioneller Gelassenheit werden alle Teil der Lösung!
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rate Storyteller“ verstehen. Das Management muss sich in der OBO Therapie überlegen, welche Geschichten dafür besonders geeignet sind, welcheverstärktwerdensollenundmitwelchenStorieswirunsjetztnicht beschäftigenwerden. DiemeisteZeitverbringenwirdochmitGeschichtenübernegativeErgeb nisseoderFehlerderanderen.Wirerzählenoderlassenunserzählen,was nichtfunktioniert,wodasVerhaltenunakzeptabelwaroderwodasMana gement mal wieder versagt hat. Das ist jetzt in der OBOTherapie schäd lich, muss abgestellt werden und zwar durch das Vorleben einer „Guten Kultur“.WirmüssenjetztdenBlickaufdasrichten,wasgutfunktioniert. DortliegendiegutenGeschichten,diedenBeschäftigtenhelfen,ihrVerhal tenzusteuernundihreZielezuerreichen. Die beste Geschichte in jeder Organisation oder Institution ist der Erfolg, einer der stärksten Treiber von Unternehmenskultur, der gemeinsame „Team spirit“. Wir brauchen jetzt Geschichten über Erfolge, über neue Vertriebspartnerschaften,übererfolgreicheKollegenundüberunerwartete Aufträge–vielleichtauchfreierfundene,emotionaleGeschichten. In einer Werbeagentur ging es um die Frage, wie man im Wettbewerb mehr Präsentationen gewinnen könne, denn man wusste, dass man seit JahreneigentlichimmerÄhnlichesvortrugundirgendwiederFunkenicht mehrüberspringenwollte.Ichfragtenach:„WasmachtdennIhreLeistung sobesonders?“,unddieAntwortenwarenziemlichmüde.Ichbohrtewei ter:„WennSiemirjetzteinfachmalmitIhrenWorteneineGeschichteüber IhreprofessionelleEinstellungerzählensolltenunddabeieinBildausdem Sport verwenden dürften, was würde ich hören?“Nach und nach formu liertemanguteGeschichtenundwirbeschlossen,statteinertraditionellen Vorstellung des Unternehmens, zu Beginn eine emotionale Geschichte zu erzählen. Bereits die nächste Präsentation wurde gewonnen. Es kommt beimKulturthemainderOBOTherapienichtaufGenialitätundRationali tät,sondernvornehmlichaufEmotionalitätundIdentifikationan. Das ist jetzt der Job des Managements! Jetzt müssen die Führungskräfte weg von ihren Schreibtischen und hin zu den operativen Kollegen, um durch „walk to talk gute Geschichten zu verbreiten und die Unterneh menskulturneuundpositivzuprägen.ZuvieleManagerwollendasnicht,
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Therapie des Organizational Burnout
weilsieesalsweichenFaktorabtunundnichtals„Weichei“geltenwollen. Stattdessen wird versucht, die Unternehmenskultur durch viele große Poster mit neuen Leitbildern zu prägen. Entsprechend beliebig sind diese LeitsätzeundsieholenniemandenhinterdemOfenhervor. NocheinHinweis:WiderstehenSiederVersuchung,zuschnellzuvielzu wollen. Wenn es ein Grundgesetz des allgemeinen Managements gibt, danndassdieRealisierungimmerlängerdauert,alsmandieserealistisch plant. Dieses Grundgesetz gilt auch – und erst recht – in der OBO Therapie.DeshalbbleibenSiegeduldig:SchrittfürSchrittundmitruhiger Hand; dabei allerdings auch mit klarer Konsequenz, wenn Zusagen nicht eingehaltenwerden. Während der OBOTherapie müssen sich die Führung, der OBOCoach unddieweiterenInitiatorenderTherapiediefolgendenZusammenhänge vorAugenhalten:
Kultur: Mit professioneller Gelassenheit werden alle Teil der Lösung!
Abbildung 8.3
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Aus Vision wird Leistung
Vision - Energie ermöglicht setzt
schafft
Führung
Qualitätsziele
Vertrauen
bestimmen
Prozesse
schafft
bestimmt
ermöglicht
Zielklarheit
bestimmen
Organisation
Kultur
schafft
bestimmt
Strategie
bestimmt
bestimmt
Werte-Sinn
bestimmt
Geschäftsmodell ermöglicht
Leistung
WennauseinerVisionletztlichLeistungwirdundwennauseinerermüde ten und ausgebrannten Organisation wieder ein vitaler, selbstbewusster und erfolgreicher Phönix entstehen soll, dann muss an der Stabilisierung vonVertrauen,KulturundsomitdemSinnderOrganisationoderInstitu tion gearbeitet werden. Führung, Zielklarheit, Strategie und das Ge schäftsmodellsindwichtig,aberdochletztlichnurMittelzumZweck.Die Qualitätsziele,dieProzesseunddieAufbauorganisationnehmenwirzwar ernst,aberauchhierbesiegenwirnichtdasOBO,sondernschaffennurdie begleitendenRahmenbedingungenfürdieHeilung.
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Therapie des Organizational Burnout
ZusammenfassendistFolgendeszurOBOTherapiefestzuhalten: 1. DieVoraussetzungfüreineOBOTherapieistdiegemeinsameehrliche AnerkennungdeswirklichenTherapiebedarfs. 2. DieKommunikationistermutigend,positivundzuversichtlich.Sieist derTransmissionsriemenfüreinewirksameOBOTherapie.Zynismus wirddagegengeächtet. 3. WährendderOBOTherapiewirddieFührungeinensichtbarenNeu startvorleben.Siehandeltprofessionell,verlässlich,diszipliniertund konsequent. 4. DieSinnfragederOrganisationoderInstitutionwirdvonderFührung offendiskutiertundgemeinsammitdenMitarbeiternneubeantwortet. DamitentstehtZielklarheitundeineStrategiemitSinnundKraft.Da beiistStabilitätwichtigeralsProfitabilität. 5. DieProzessederOrganisationoderInstitutiondürfeninderOBO Therapievorsichtigvereinfachtundverbessertwerden.Dabeigiltdie volleKonzentrationderWertschöpfung.Wirkonzentrierenunsaufdas Machbare. 6. DieAufbauorganisationbleibtimWesentlichenunberührt.Allerdings beendenwirdeninternenKulturkampfzwischenfunktionalenund operativenBereichen.WirlebendiedynamischeKontinuität. 7. DieKulturunsererOrganisationoderInstitutionmachtwiederFreude. JederwirdtatsächlichTeilderLösung,bleibtnichtTeildesProblems. DerinterneWettbewerbsdruckwirdbeendet.ImUmgangmiteinander giltnunToleranzundVertrauen. Nocheinmal:DieOBOTherapiebrauchtZeit.Zeit,damitdieneueSelbst wahrnehmung wirksam werden kann, und Zeit zum Vergessen, wie sehr das OBO alle belastet hat. Erwarten Sie die Wirkung der OBOTherapie nichtvoreinemJahr.EsistfastwieeinTrauerjahr,dasmanbenötigt,um sichdergutenDingezuerinnernunddiebösenDingezuvergessen.Wenn esinIhrerOrganisationoderInstitutiondannheißt:„Wennmanbedenkt, wo wir vor einem Jahr gestanden haben, dann sind wir jetzt wirklich in einervielbesserenSituation.DaswirdunsauchdieKraftfürdenweiteren Weg geben!“, dann haben Sie es fast geschafft. Dann sind Sie nach der TherapieinderRehabilitationsphase.
Kultur: Mit professioneller Gelassenheit werden alle Teil der Lösung!
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Rehabilitation nach einem Organizational Burnout
NochhabenSieesnichtganzgeschafft!DankderAnamneseundDiagnose wurdeallenklar,wieesumdieOrganisationoderInstitutionsteht.Durch die Maßnahmen der Therapie wissen nun alle, was notwendig ist, um wiederineinestabileunderfolgreicheZukunftzusteuern.Abernochsind Sie nicht am Ziel. Sie müssen nun trainieren, realisieren, korrigieren und vitalisieren.EsistderSinnderRehabilitation,drohendeoderbereitsmani festierte Behinderungen oder Rückschläge auf dem Weg zu alter Stärke durchdiezeitgerechteEinleitunggeeigneter,rehabilitierenderMaßnahmen zumindernoderzuverhindern.Der„Rehabilitand“sollbefähigtwerden, seineStellungimMarkt–oderseineFunktionenalsöffentlicheInstitution –möglichstinderArtunddemAusmaßwiederauszuüben,diefürdiese OrganisationoderInstitutionals„normal“zuerachtensind. Die Ziele der Rehabilitation müssen zwischen dem OBOCoach, der Füh rungundderBelegschaftindividuellabgestimmtundfestgelegtwerden– gemeinsam und ausgerichtet an den verbliebenden Beeinträchtigungen und dem wirtschaftlichsozialen Kontext. Auf organisatorischer Ebene stehen häufig Prozessanpassungen, Qualitätsdefizite oder Organisations komplexitäten im Vordergrund. Auf emotionaler Ebene können Kommu nikationsfehler, Defizite der Wertschätzung oder Kulturschwächen von Bedeutungsein.DieZielederRehabilitationorientierensichalleinanden nochbestehendenindividuellenBeeinträchtigungenderOrganisationoder Institution.ChronischeErkrankungenführenhäufigzueinerBeeinträchti gung von Aktivitäten. Wurde ein latentes OBO behandelt, so können die Rehabilitationszeiten kürzer kalkuliert werden; wurde ein chronisches OBOtherapiert,mussmitlangenRehabilitationszeitengerechnetwerden. Gehen wir einmal von Folgendem aus: Ihre Organisation oder Institution hat sich einer erfolgreichen OBOTherapie unterzogen. Einige Kollegen sindzwarnichtmehrdabei,abermöglicherweisewürdensieohnehinnicht mehrzudemrevitalisiertenCorporateSpiritpassen.DieAufbauorganisa tion wurde nur wenig angepasst, die Prozesse sind heute sehr viel einfa
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Rehabilitation nach einem Organizational Burnout
cherundvorallemistdasprofessionelleMiteinanderzwischendenfunk tionalen Servicebereichen und den operativen Divisionalbereichen wieder selbstverständlich.DiewichtigsteVeränderungistallerdingsdieintensive undeinbeziehendeKommunikation. IneinemFall,dermirnochsehrpräsentist,schienesnachdergemeinsa menAnamneseallerdingsso,alswennsichdiealtenBeziehungsmusterzu tiefeingegrabenhätten.SokamzumBeispieldieMitteilungdesCEO,die zweite Ebene um 50 Prozent zu reduzieren, per EMail und irgendwie blieben viele Fragen dazu offen und konnten naturgemäß auch nicht ge stellt werden; Nachfragen wurden einsilbig damit beschieden, dass man nicht bereit sei, unternehmerische Entscheidungen basisdemokratisch diskutieren zu lassen. Nun musste allerdings der CEO schmerzlich erfah ren, welche Konsequenzenautokratisches Verhalten hat, wenn eineOBO Therapieersteinmalvollzogenwurde.EswarennundieleitendenAnge stellten, die dem Alleinvorstand in einer Mitarbeiterversammlung erklär ten, dass er in der Gefahr stehe, sich in die Situation des „Organisations verschuldens“ zu begeben, und sie ihm nur raten könnten, derartige Ent scheidungenpartizipatorischeinzuleitenundjuristischabzusichern.Sonst hätte er ein Problem mit der gesamtschuldnerischen Haftung für die pflichtgemäße Erfüllung der Organisationspflichten – speziell im Risiko managementundcontrolling–undmanfügtenebenbeihinzu,Organisa tionsverschuldenkönnerechtmäßigzueinerNichtentlastungdesVorstan des auf der Hauptversammlung führen. Vielleicht lagen die leitenden AngestelltendamitnichtganzrichtigundübertriebenihreArgumentation, aber die Argumentation verfehlte ihre Wirkung nicht. Leider fällt es nie mandemleicht,diealtenKulturmusterabzustreifenundsichdertherapeu tischenZukunftskulturzuöffnen. Nach der OBOTherapie sind die Ziele klar definiert, die Strategie ist durchformuliertundjederweiß,was,warumunddurchwenzuerledigen ist. Eigentlich fragte man sich, warum man das alles nicht hätte längst so haben können. Vor allem darf neuerdings jeder – wenn es nötig ist – die anderendaraufhinweisen,dassmangemeinsamnunmehrzuneuenZielen unterwegs sei und deshalb konsequent zu agieren habe. Es macht wieder FreudeimUnternehmengemeinsamzuarbeiten.
Erfolg gibt recht
9.1
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Erfolg gibt recht
Erfolge kommen von selbst, wenn die sechs Therapieelemente ernsthaft neu ausgesteuert wurden. Durch die OBOTherapie haben wir jetzt eine guteKommunikation,eineguteFührung,eineguteStrategie,guteProzes se,eineguteOrganisationundeineguteKultur.WirhabenallesechsEle mentemitneuemSinnundneuenZielenaufgeladen.Vorallemhabenwir inneuerProfessionalität,diefürjedenundgegenjedengilt,allePseudoak tivitätenabgeschafftundarbeitenwiedereffektivundeffizientzusammen. Wennnicht,danndürfenwirunsgegenseitigdazuermahnen. DieneueEnergieteiltsichnichtnurinternmit,sondernauchdieLieferan tenundvorallemdieKundenspürendieneueKraft,diewiedervonunse rer„postOBO“OrganisationoderInstitutionausgeht. In welchen Bereichen werden die ersten Erfolge erkennbar? Nach meiner Erfahrung zuerst im Personalbereich, denn wir haben keine unerwünsch ten Abgänge mehr. Die Fluktuation schwächt uns nicht mehr, im Gegen teil:WirhabenwiederinteressanteaktiveBewerbungen.DesWeiterenist es aus der wertschätzenden Kommunikation von oben nach unten und seitwärtsabzulesen,dasssichetwasveränderthat.Dadienachgeordneten BereicheoftmalsnichtganzsointensivindieTherapiemaßnahmeneinbe zogen waren, stellt sich dort die positive Gemeinschaftskommunikation verzögert ein. Darauf folgend spüren wir eine sich verbessernde Teamsy nergie.Vereinbarungenwerdenpräziseeingehalten–allerdingswirdauch erwartet,dassdieResultatekonsequentabgefragtundumgesetztwerden. Es verbreitet sich eine gewisse – zunächst noch unsichere – Kultur des Frohsinns und des anerkennenden Respekts, es wird gelacht und ge scherzt. Daraus entstehen neue, auch überraschende Markterfolge. Jetzt kämpfen wir wieder und wir wollen wieder gewinnen. Im Vergleich zu früher ist die Erfolgsscheu verschwunden, wir sind wieder stolz auf die Erfolgeundwirredendarüber. Misserfolge–auchdiegibtesweiterhin–werdenalsdasgesehen,wassie sind,nämlichderAnsporn,besserzuwerden,abersiesindkeineKatastro phenmehr.ErfolgesindnunTeamerfolge.Sowerdensieerlebt,kommuni ziert und empfunden. Die Kunden fassen wieder Vertrauen, die Banken sehenbessereZahlenundesmeldensichneueInteressentenfürspannende
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Rehabilitation nach einem Organizational Burnout
Kooperationen. Die einfachen Prozesse sind jetzt transparent, tragfähig und flexibel, die letzten Nischen der Arbeitssimulation haben sich aufge löst, jeder hilft jedem und jeder erinnert jeden daran, dass es nun darauf ankommt. Der Erfolg treibt den Erfolg. Die Medien berichten positiv, die MitarbeitersindwiederstolzaufihreFirmaunddieEigentümerfindendie KraftfürlangfristigeStrategieüberlegungen. Könnte nach der OBOTherapie der Erfolg auch ausbleiben? Im Prinzip nicht, es sei denn, man habe das OBO falsch diagnostiziert und ihn bei spielsweise in die akute Phase verortet, obwohl sich die Firma bereits in derletalenPhasebefand.WennaberderOBOCoach–gemeinsammitden AkteurenderUnternehmung–wederinderDiagnosenochinderThera pie eklatanten Fehler beging, dann wird die Therapie greifen und die Er folgewerdensicheinstellen.
9.2
Weg vom Tropf der externen Beratung
Erfahrungsgemäß hat man sich zu lange dagegen gewehrt, einen OBO Coach zu engagieren, und anfangs dauerte es eine gewisse Zeit, bis man ihmvertraute.DannaberwurdengeradeseineErfahrungenunddieinteg rierendePersönlichkeitzumwichtigstenDrehundAngelpunktfürDiag noseundTherapie.Jetztmussmansichdavonlösen,sowieesirgendwann notwendig ist, sich von einem Medikament zu befreien, das zu nehmen zwarimmernochberuhigend,abernichtmehrtherapeutisch,wirkt.Dabei empfiehlt es sich, das OBOCoaching nicht schleichend auslaufen zu las sen,sondernlautundvernehmlichzubeenden.Auchdiedamitverbunde ne Signalwirkung: „Der Lotse geht von Board!“, trägt zur Stabilisierung bei. Denn nun ist die Selbstverantwortung eindeutig wieder hergestellt. Die Kommunikationsbotschaft heißt: „Wir haben Hilfe gebraucht, wir habenHilfegeholt,abernunbrauchenwirkeineHilfemehr,jetztsindwir wiederstark!“ DerexterneOBOCoachbliebjaimmerimHintergrund.Erwarderweise Ratgeber,erwarderjenige,derdenWegverkürzthatundderaucheinge sprungenist,wennesschwierigeBankoderMietverhandlungengab,eine
Weg vom Tropf der externen Beratung
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Liquiditätsplanung aufzustellen oder ein Salestraining zu organisieren war.DerOBOCoachwar„Guru“und„Mädchenfüralles“,abernundarf undmussmandas–vonBeginnanaufEndlichkeitausgerichtete–Enga gementbeenden. Wann ist der passende Moment für den Ausstieg des OBOCoachs ge kommen?DerCoachsolltevonBord,bevordieihmangetragenenAufga ben zu operativ werden. Beispielsweise ist es passend, die Einrichtung einesVertriebsinnendienstesmitzuorganisieren;nichtpassendistes,den Telefonleitfaden für telefonische Terminvereinbarungen zu entwickeln. DerCoachsolltewissen,dassseineZeitgekommenist,wennesihmnicht mehrgelingt,immeraufBallhöhedesTagesgeschäftszubleiben,weilvom Betrieb wieder Tempo aufgenommen wurde. Bevor sich die Arbeit des externenCoachsritualisiertunderimmerdiegleichen,aberimmerweni ger relevanten Punkte abfragt, sollte seine Arbeit ein glückliches Ende nehmen. Der Abschied des OBOCoachs soll eindeutig, aber nicht undankbar sein. Es gibt durchaus die Neigung von Managern, die Person vergleichsweise lautlosabzuservieren,dieihnschwacherlebthat.GeradeschwacheMana gerwollenStärkezeigenundwollennichtanihreSchwächeerinnertwer den.DennochsolltederCoachinDankentlassenwerden,dennsowieman ihn behandelt, so wissen die Führungskräfte, wird man auch einmal sie behandeln,wennmanihrernichtmehrbedarf.Zudemweißmanjanicht, wieundwannmanihnwiedertrifft.InsoferndieklareEmpfehlung:Verab schiedenSieihrenCoach,abergewinnenSiegleichzeitigeinenVerbünde ten.VielleichthabenSieeinenAufsichtsoderBeirat?Vielleichtkannerein beratenderPartnerimVertriebsein?VielleichtladenSieihnzukünftigen Events ein? Vielleicht lohnt sich auch einmal im Quartal ein Spaziergang, umdaseineoderanderemitihmzureflektieren?Esgibtkaumjemanden, der mehr über Sie und Ihre Firma weiß und der gleichzeitig weder von Ihnenabhängigistnocheigene,interneInteressenverfolgt;somitderidea le,neutraleRatgeberbleibenkann.
254
9.3
Rehabilitation nach einem Organizational Burnout
Geschwindigkeit stabilisiert
EsistanderZeit,wiederTempoaufzunehmen.Manhatsichlange–heute scheinteszulange–mitsichselbstbeschäftigt.IndenMeetingshatteman kaum noch von dem Markt oder den Kunden gesprochen, sondern nur nochvondenSchrittenderOBOTherapie.JetztistesZeit,wieder„Gaszu geben“.WiebeijederRehabilitationmusssichdieBelastunglangsam,aber kontinuierlich steigern. „Keep the people busy“ ist ein alter, aber weiser Managementgrundsatz,dennwowenigzutunist,wirdnichtsgetan.Wäh rend der Therapie war es absolut geboten, das Tempo herunterzufahren, um in Ruhe das Notwendige zu tun; jetzt aber braucht es wieder die zu nehmende Herausforderung. Wer zu lange Ruhe hat, wird nurmit Mühe seinen Organismus wieder in Gang bringen, und eine Organisation oder Institution, die sich nach zu langer Ruhephase nicht wieder den Ansprü chen des Wettbewerbs stellt, wird zunehmend ängstlich und verzagt. Wenn wir jetzt nicht gemeinsam beginnen, wieder schneller zu laufen, bleibenwiramEndederOBOTherapiestehenundstecken. Die Nabelschau der OBOTherapie ist tempi passati, vielmehr muss das Management jetzt das Arbeits und Kommunikationstempo von Adagio aufAllegrounddannaufPrestoanziehen.Leiderarbeitetniemandschnel ler,alsermuss.AuchProjektarbeitdauertimmergenausolange,wieZeit zurVerfügungsteht.AuchLeistungssportlerbleibenunterhalbihrerMög lichkeiten ohne ihren anspornenden Trainer. Deshalb sind jetzt die erste undzweiteFührungsebenegefordert,imRahmenderRehabilitationLeis tungsdruckaufzubauen.DieZeitvorgabenwerdenverkürzt,dasNachfas senerfolgtfrüher,dieMeetingswerdenkürzer. Habenwirbislangdaraufgeachtet,dassdieProzesseeinfacherunddamit stabiler und effektiver sind, muss nun auf Schnelligkeit Wert gelegt wer den.DabeiwollenwirabernichtindiefrüherenMusterzurückfallenund einseitigVorgabenfestlegen,umdannderenEinhaltungnichtkonsequent einzufordern. Vielmehr werden wir jetzt die Teams mitnehmen. Deshalb werden wir Geschwindigkeit nicht als Selbstzweck verkünden – denn darum geht es im Kern auch nicht –, sondern wir wollen unser Team für einen TempoWettbewerb mit uns selbst, mit der Konkurrenz oder mit einem anderen Bereich gewinnen. Beispiel: Wir wollen schneller sein als
Geschwindigkeit stabilisiert
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die anderen, wir wollen zwischen Bestellung und Auslieferung die Zeit halbieren,wirwollendenQuartalsabschlussbereitsam5.undnichtam10. desMonatsschaffenusw. Unsere Kommunikationsbotschaft ist sinngemäß: „Wir sind schnell, weil wir gut sind, und weil wir gut sind, können wir schneller sein!“ Wenn keiner mehr an das eben überstandenen OBO denkt, dann ist das Tempo richtig. Das Management muss dabei immer dicht am Team arbeiten. Lob und Er mutigungsindjetztganzwichtig;TadelundKritikwenighilfreich.DieEr fahrungzeigtimmerwieder,zuwelcherHochformTeamsauflaufenkönnen, wenn sie inhaltlich– aber auch zeitlich–herausgefordertsind. „Geschwin digkeit stabilisiert“ ist mein liebster Managementgrundsatz, drückt er doch so treffend die gyroskopischen Stabilisierungseffekte eines schnell arbeiten denTeamsaus.IchsehedannimmerdasBildeinesFahrradesvormir,das ab 21 km/h allein in stabiler Position läuft. Verantwortlich dafür sind Krei selkräftederrotierendenReifen,diedemKippenentgegenwirken.Dersoge nannte gyroskopische Effekt80 sorgt dafür, dass die Radachse, die bei Stö rungenausgelenktwird,immerwiederindieAusgangslagezurückwandert. JederkenntdasPhänomenderTeamstabilitätunterZeitdruckunddasma chenwirunsinderPhasederRehabilitationzunutze. WirsorgenmitderTeambeschleunigungfürdiefolgendenvierEffekte:
႑DereinzelneMitarbeiteristgezwungen,seineZeitextremzupriorisie renundesbleibtihmkeineZeitzurselbstkritischenReflexion.
႑EswerdenmehrAufgabenbewältigt,alssichdieMannschaftselbst
zugetrauthat,waspositivaufdasangeschlageneSelbstbewusstsein wirkt.
80UntereinemgyroskopischenEffektverstehtmaneinenSelbststeuerungseffekt,der
einemSystemaufgrundderDrehbewegungeinzelnerElementeoderdesgesamten Systemsinnewohnt;dasdrehendeTeilheißtauchKreisel.Dabeihandeltessich nichtnurumeineStabilisierungaufgrunddesTrägheitsmoments,sondernauchum dynamischeVorgänge,diedasSystemauchbeiStörungenineinenstabilenZustand zurückführenkönnen.
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Rehabilitation nach einem Organizational Burnout
႑DieOrganisationoderInstitutionerzeugtschnellerResultate,dieden externenKundendieneueLeistungsfähigkeitdemonstrieren.
႑DiesichanschließendeErfolgskommunikationermutigtandereund motiviertdasTeam.
Diese Rehabilitationseffekte rechtfertigen das geringe Risiko der Überlas tung oder Überforderung. Das Risiko ist deshalb gering, weil das Mana gement diese „speedy” Prozesse eng begleitet und stets für den „Druck ausgleich“sorgt.EsgibtdazuauchkeineAlternative,denneineOrganisa tion oder Institution die nach der OBOTherapie nicht wieder auf „Be triebstemperatur“ gebracht wird, kann sich nicht wieder ernsthaft dem Wettbewerb stellen. Wir wollen aber wieder mit voller Kraft fahren und deshalbmüssenwirdie„Maschine“wiederaufTourenbringen.
9.4
Vergessen, was war (die dunkle Zeit war damals)
Vergessenkannmannichtanordnen,vergessengeschieht.UnsereZielein der OBORehabilitation sollten einerseits das kollektive Vergessen der „dunklenZeit“dergemeinsamenTiefenerschöpfungundandererseitsdas Verbreiten bewusst optimistischer Zukunftsfreude sein. Wir dürfen nicht dasGefühldeseigenenVersagenswieeinenTreibankermitindieZukunft schleppen. Es wäre weder rational nützlich noch emotional befriedigend. NunstelltsichdieFrage,wiewirdasVergessenorganisieren. Dazu müssen wir uns vor Augen führen, was das kollektive Gedächtnis ausmacht. In einem Vortrag von Dietmar J. Wetzel81 finden wir dazu die Antwort. Die Bestimmungsfaktoren des kollektiven Gedächtnisses sind demnach:
81„MauriceHalbwachs–kollektivesGedächtnisundVergessen“,VortragvonDr.
DietmarJ.Wetzel,InstitutfürSoziologie,UniversitätBern,KolloquiumTheorie, 21.10.2009
Vergessen, was war (die dunkle Zeit war damals)
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႑dieSprache, ႑dieZeit, ႑derRaumund ႑dieErfahrung. Zunächst die Sprache: In jeder Organisation oder Institution gibt es be stimmteBegriffeundbestimmteWortprägungen,diesichausderHistorie herleitenunddieeinneuerMitarbeitererstlernenmuss.AlsManagement sind wir gut beraten, dafür zu sorgen, dass Begrifflichkeiten aus der Zeit desOBOlangsamverschwinden.IchtrafaufBegrifflichkeitenwie„Lucky shot“fürgewonneneAufträge,„Verlustschere“fürdieTatsache,dassman mit jedem neuen Auftrag den Verlust vergrößere, oder „Fluchtlücke“ für die nicht nachbesetzten Positionen, die durch Fluktuation frei geworden waren.VermutlichgibtesinIhrerOrganisationoderInstitutionauchzyni sche Begrifflichkeiten, eine Art „OBOSprech“, die der Vergangenheit an gehörenmüssen. Die Zeit heilt alle Wunden, so sagt der Volksmund. Im Verlauf der Zeit vergessen wir, weil die aktuellen Erinnerungen unseres Kurzzeitgedächt nisses im Hippocampus nach und nach die älteren Erinnerungen des LangzeitgedächtnissesimPräfrontalenCortexdesGehirnsverdrängen.Es ist die Aufgabe des Managements, für viele neue, positive Eindrücke zu sorgen,umdaskollektiveVergessenzuerreichen.DieMethodendazusind so alt wie bewährt. Zum einen kann mit sehr intensiven Erlebnissen das Kurzzeitgedächtnis stark aufgeladen werden, zum anderen kann durch starkeBelastungdieKonzentrationaufdasHierundJetztsoextremstimu liert werden, dass die früheren Erinnerungen in den Hintergrund treten. BeispielsweiseinKlöstern,beimMilitär,imHochleistungssportoderauch immedizinischenBereichwerdenRitualedesSchlafentzugs,desschnellen Aufgabenwechsels,desintensivenTrainingsoderderManipulationeinge setzt, um die Zielgruppe mental neu auszurichten. Es geht in der OBO RehabilitationnichtumkollektiveGehirnwäsche.Esgeht–imGegenteil– umdasSchaffengemeinsamerFlowErlebnisse,sodassdiedunkleVergan
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Rehabilitation nach einem Organizational Burnout
genheit des OBO weit zurücktritt. Der Flow82 ist die Chance für das Ver gessen. Das kollektive Gedächtnis ist kein starres, unveränderliches Erin nerungsprogramm. Gedächtnisinhalte werden regelmäßig reaktiviert und aufihreaktuelleRelevanzhinüberprüft,bevorsieerneutgespeichertwer den.Währenddieses„UpdateslassensichErinnerungenverändern. Mit Raum ist sowohl der spirituelle, religiöse als auch der konkrete Ort gemeint. Wir kennen das Phänomen des „spiritus loci“. Wenn wir zum BeispielnachsehrlangerZeitaneinenOrtzurückkehren,andemwirein einschneidend gutes oder schlechtes Erlebnis hatten, welches sich tief im Langzeitgedächtnis verborgen hält und plötzlich wieder präsent wird. Beispielsweise,wennwirnachJahrzehntenunsereSchule,unsereUniversi tät oder unser Heimatdorf besuchen. So bleiben auch für das kollektive GedächtnisRäumemitErinnerungenundErinnerungenmitRäumenver bunden. Sollte das Management deshalb mit der Firmenzentrale umzie hen?Nichtzwingend,abereinUmzughatsehrvieleVorteileinderpost OBOPhase.SowerdenräumlicheundzeitlicheRitualemiteinemUmzug unterbrochen,eskönnenProzesseoderBereichetatsächlichauchräumlich zusammengeführt werden und das Management kann möglicherweise durchdasVerlassendes„Olymps“kulturellpositiveSignalesenden. DieErfahrungalsTrägerdeskollektivenGedächtnissessolltenwirausdrei Winkeln betrachten; dem Winkel der allgemeinen Lebenserfahrung, also dem im Laufe eines Lebens gewonnenen, erprobten und bewährten Wis sen,unddemWinkelderBerufserfahrung,alsodemausdemprofessionel lenUmfelderworbenenunderprobtenWissen.FernerausdemWinkeldes AustauschsvonErfahrungen,alsodemgegenseitigenLernenundBestäti gen.InjedemFallgehtesumdasgemeinsaminderVergangenheitErlebte unddiedarauskollektivabgeleiteteInterpretationenfürdieZukunft.Die kollektiveErfahrungmitdemOBOistinallenderdreiErfahrungsebenen gebunden.SowohlbeimAustauschmitKollegen,alsauchbeidenGesprä chen im privaten Umfeld, als auch in der ganz persönlichen Erfahrung bleiben die Spuren des erlittenen OBO haften. Damit muss das Manage
82Flow(engl.fließen,rinnen,strömen)bedeutetdasGefühldesvölligenAufgehens ineinerTätigkeit.MihalyCsikszentmihalyihattedieFlowTheorieimHinblickauf Risikosportartenentwickelt.
Vergessen, was war (die dunkle Zeit war damals)
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mentbewusstundoffenumgehen,indemdieMitarbeiterimmerwiederin der Rehabilitationsphase auf diese gemeinsamen Erfahrungen positiv an gesprochen werden („Wir haben es gemeinsam durchgestanden und nun …“.) oder diese gemeinsamen Erfahrungen instrumentalisiert werden („Wirhabendochbereitsgemeinsamerlebt,dassdieserWegineinenOBO führt,deshalb…“). DasVergessenist–nebendenneuenErfolgen,derneuenUnabhängigkeit von externer Hilfe und der stabilisierenden neuen Geschwindigkeit – das stärksteMittelfüreinenachhaltigeRehabilitationnachdemüberstandenen OBO.
Vergessen, was war (die dunkle Zeit war damals)
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Prävention gegen Rückfall
Das Organizational Burnout ist nun überstanden! Das Organizational Burnoutistnunüberstanden?Vielesistpassiert,seitdemdiegemeinsame Diagnose eindeutig war, die therapeutischen Maßnahmen durchgeführt wurden und die Rehabilitation erfolgreich überstanden war. Wenn alles gutgegangenist,habenwirjetzteinerevitalisierteOrganisation,inderes allen Freude bereitet zu arbeiten. Am deutlichsten kann man es von den Erträgen ablesen, die Verlustrückstellungen sind aufgebraucht und – ja – wirmüssenwiederErtragssteuernzahlen!DieneuenKollegenhabensich gut eingearbeitet, die Kunden sind nicht mehr alle die früheren, umso besser kann man wieder optimistisch in die Zukunft sehen. Nun gut, die letzteServiceInnovationbrauchtevielleichtetwaslänger,bisderMarktsie akzeptierte, aber es war ja auch mutig, die Kunden so konsequent in den Serviceprozess einzubeziehen. Auch das Kundenbindungsprogramm scheintnochnichtganzzuwirken;sinddasnichtgenaudieSorgen,nach denenwirunssolangegesehnthaben? Achtung! Jetzt kein „Business as usual” einreißen lassen! Die Gefahr des Rückfallsistimmergegeben.Warum? Die Situation des Organizational Burnout war auch ein süßes Gift, denn derEinzelne(obimManagementoderinderBelegschaft)hatteguteVor wände,nichtdaszuleisten,waseigentlichvonihmerwartetewurde,denn dieOrganisationließja–ausderSichtderMitarbeiter–eineguteLeistung nichtzuoderhättesieohnehinnichtgewürdigt.Sohattensichvielelange ineinergewissenkollektivenNachlässigkeitundLarmoyanzeingerichtet. Dazu kommt, dass nicht selten im Verlauf des Organizational Burnout durch die hohe Fluktuation Mitarbeiter an Macht und in Verantwortung kamen, die sie normalerweise nicht erreicht hätten und die sie nun nicht wiederverlierenmöchten.FernergenügteimOrganizationalBurnouteine vergleichsweise geringe Anstrengung, um relativ große Anerkennung zu bekommen.DamitgerietenKollegenineinepositiveAufmerksamkeitihrer Vorgesetzten, die sonst eher unbemerkt geblieben wären. Dieser Zustand war insgesamt nicht unangenehm. Nun aber muss man sich wieder an strengenundklaraufLeistungsetzen.Dasstrengtan.
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2_10, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Prävention gegen Rückfall
Ein kurzer Blick auf Belohnungsmechanismen und Rückfallgefahren: Das Verhalten von Menschen (und Tieren) wird bestimmt von Belohnungen; Belohnungen für Handlungen oder Verhalten. Damit wir etwas als (be)lohnend empfinden, muss die Belohnung befriedigend, positiv erre gend oder lustvoll empfunden werden. Unser Gehirn entscheidet, ob es sich lohnt, eine Handlung auszuführen. Es verfügt über einen Botenstoff, das Dopamin, das dem Körper signalisiert, aktiv zu werden. Das Gehirn setztalsBelohnungEndorphinefrei:nämlichSerotoninundOpiate.Diese VorgängeverlaufenimWesentlichenunbewusstundsindnichtwillentlich beeinflussbar.DiesDopaminsystemistimlimbischenSystem,demSitzder Gefühle,angesiedelt.DiesesSystemistentwicklungsgeschichtlichsehralt. Esstelltsicher,dasssinnvolleundlebenserhaltendeHandlungenbeibehal ten werden. Wenn allerdings eigenes Verhalten nicht als erfolgreich und emotionalbefriedigenderlebtwird,fehltderAusstoßvonDopaminenund SerotoninenundesentstehteinMangelanGlücksgefühlen. Wenn dem einen oder anderen Kollegen in der dunklen Phase des Organizational Burnout unverdient die Sonne (der Anerkennung und Belohnung)schien,dannstehterjetztnichtgernimHellen,wojedersieht, was seine Leistungen wirklich bedeuten. Deshalb: Achtsam bleiben! Das Organizational Burnout schlummert noch unter der Oberfläche, wenn gleicherimVerlaufderJahreungefährlicherwird. WassindtypischeRückfallSituationen?
႑Neue,einsameEntscheidungenderSpitzenachGutsherrenart.Dasneu aufgestellteTeamreagiertüberallergischgegendiesenRückfalldes Managements,weilesüberdeutlichsignalisiert,wieunernstesder FührungmitdemNeubeginnwarundist.
႑DaserneuteGefühlderEinsamkeitanderFührungsspitze.Während
derTherapieundderRehabilitationwarderDialogzwischendemMa nagementunddenMitarbeiternderzweitenunddrittenEbenebeson dersintensivunddieFührungerhieltimmerwiederauchpositives FeedbackausdemTeam.Nun,inderZeitderNormalisierung,entfal lendieseDialogeaufAugenhöheunddieEinsamkeitkehrtzurück. DamitfühltsichdieSpitzegenötigt,Entscheidungenzutreffenoderzu veranlassen,dieunbewusstdiealtenMusternutzenundsodenRück fallprovozieren.
Vertrauen, Respekt und Toleranz: Das Klima ist prima
263
႑Misserfolgewerdenauchjetztnichtausbleiben.Solltensieindichter
Folgekommen,werdensofortdieErfahrungserinnerungenwachund unwillkürlich–fastwieeinpawlowscherReflex–tretendiefrüheren Verhaltensweisenzutage.
႑EskannzuunerwünschtenSpätfluktuationenkommen,d.h.,Leis
tungsträger,diesichnochwegbeworbenhatten,alsdasOrganizational BurnoutaufdemHöhepunktwar,gehenjetztzuihremneuenArbeit geber,vielleichtsogarzumstärkstenWettbewerber.DieWirkungaber signalisiert,dassdieOrganisationoderInstitutioneinfachnichtzur Ruhekommt.
႑NachdemOrganizationalBurnoutsindinderRegeldieErwartungen
andiekollektivePerformancestarkgewachsen,weilmannunmitneu enProzessen,neuenKollegenundneuemSelbstverständnishervorra gendgerüstetist.LeidergehendieseWünschenichtsofortmitder Wirklichkeiteinher.EskommtzuFrustrationundVorwürfen:Das OrganizationalBurnoutlauertbereitsaufseinOpfer.
Auch nach dem OBO müssen wir hoch wachsam bleiben. In jedem Fall muss die jetzt übliche, intensive und wertschätzende Kommunikation beibehalten werden. Noch sind wir alle, als Symptomträger des Organizational Burnout, nicht wirklich stabil. Wir alle stehen gemeinsam vorderAufgabe,VertrauenzudenVorgesetzten undKollegenzuhaben, RespektzuzeigenundauchToleranzzugewähren,wennnichtimmerund sofort jede Erwartung erfüllt wird. In der Zeit der PostOrganizational BurnoutPhase kommt es darauf an, etwas zu geben; es ist nicht die Zeit desRechts,etwaszubekommen.
10.1
Vertrauen, Respekt und Toleranz: Das Klima ist prima
Was hat unserer Organisation oder Institution wieder die Stabilität zu rückgegeben? Die Rückbesinnung auf die eigenen Stärken und auf die bewährten Tugenden, vor allem aber die Erkenntnis, gemeinsam in die SpiraledesOrganizationalBurnoutgeratenzusein,undanschließenddie Bereitschaft, den Weg aus dem Organizational Burnout als gemeinsame
264
Prävention gegen Rückfall
Herausforderung zu begreifen. Der Rückfall in die „dunkle Zeit“ wird nichtstattfinden,wennwirweiterentschlosseneinKlimadesVertrauens, desRespektsundderToleranzpflegen.DerCorporateSpirithatunsviel leichtgerettet,dieCorporateBeliefswerdenunsstabilisieren. VielleichtzweifelnSiealserfahrenerManageranderKraftderCorporate Beliefs, weil das eben „softe“ Themen sind, die sich einer Aufwand NutzenKalkulation entziehen. Aber nicht auf die Kraft der gemeinsamen Ziele zu vertrauen, nicht daran zu glauben, wofür Sie arbeiten, das käme IhnenauchnichtindenSinn.WiealsoerreichenSieeinKlimadesVertrau ens,desRespektsundderToleranz? DazugibtesvierElemente:
႑WertschöpfendeBeteiligungsprozesse SieerreichendurchtatsächlicheBeteiligungIhrerMitarbeiteranden unternehmerischenEntscheidungen,diefürdieUnternehmenskultur vonBedeutungsind,eineninteressantenZuwachsderWertschöpfung auchindenKerngeschäftenIhresUnternehmens.Sieerzielenmitder ernsthaftenEinbeziehungallerBeschäftigtenindiekulturrelevanten Fragestellungen–undnurindiese–tatsächlicheinementaleBindung zumGesamtunternehmen.Wermitsprechenkann,alswennesdasei geneUnternehmenwäre,derhandeltauchinallenAufgabenso,als wäreesdaseigeneUnternehmen;wobeidieMitarbeiternievergessen werden,dassihnendasUnternehmennichtwirklichgehört.Entschei dungsbeteiligung–undhiersindnichtdiegesetzlichenRechtedesBe triebsverfassungsgesetztesaufInformation,MitwirkungoderMitbe stimmunggemeint–isteinkostengünstigesundhochwirksamesMittel zurMitarbeiterbindungundWertschöpfungssteigerung.
႑AchtsameFehlertoleranz AlleMenschenmachenFehler,dieFehlerdesManagementssindzu sätzlichteuerundvonhoherBedeutung.GeradeaberdasManagement istnachallerErfahrungbeideneigenenFehlernsehrtolerant,beiden FehlernderMitarbeiteraberunnachsichtigundkleinlich.Siewollenei neneueVertrauenskulturnachhaltigfestigen?DannpraktizierenSie– ohneeslautzuverkünden–eineachtsameFehlertoleranz.Damitist gemeint,beiunbeabsichtigten,nachvollziehbarenFehlernhilfreichzu
Vertrauen, Respekt und Toleranz: Das Klima ist prima
265
sein,sieauszugleichenbzw.nachsichtigdemMitarbeiterdieChancezu geben,dasselbstwiederinOrdnungzubringen;jedenfallskeine Grundsatzfragedarauszumachen.Damitistaberauchgemeint,mit Mitarbeitern,dieausLässigkeit,FaulheitoderDummheitwiederholt Fehlermachen,unnachsichtig,grenzziehendundstrengumzugehen. DassindSieauchdenanderenschuldig,dieseltenFehlermachen.
႑ErmutigendeKompetenzübertragung TrauenSieIhrenMitarbeiternmehrzu.SiebeurteilendieFähigkeiten IhrerMitarbeiternachdenMöglichkeiten,dieSievonihnenkennen. NichtseltenwachsendieMitarbeiterweitübersichhinaus,wennsie voreinerAufgabestehen,diesiefürsichselbstalsherausforderndbe greifen.ErmutigenSieIhreMitarbeiternichtnurdurchwertschätzende WürdigungdergegenwärtigenLeistungen,sondernübertragenSie wirklicheEntscheidungskompetenzenindemgebotenenRahmen. SelbsteinfacheTätigkeiten–ichdenkeanAufgabeninderHausdru ckerei,inderLagerlogistikoderBotendienste–sindeinemJob Enrichmentzugänglich.Ichkonnteesimmerwiedersehen,wiedie Mitarbeiterauflebten,wennsiedieAnerkennungspürten,diemitder ÜbertragungerweiterterKompetenzenzumAusdruckkam.
႑AusnahmsloseWertschätzung SelbstwenneinMitarbeiterodereinKollegeeineschwereZeitdurch machtundnichtzufriedenstellendarbeitet,bleibtereinMenschund Kollege,derWertschätzungverdient.Nichtjederistfürallesbegabt, nichtjederkannallesunddennochistereinwichtigerundwertvoller TeilIhrerOrganisationoderInstitution.JederverdientAnerkennung undWertschätzung,selbstwennSiegezwungenseinsollten,sichvon ihmbetriebsbedingtodersogarpersonenbedingtzutrennen.Dasver langteinfachderRespektdemMenschengegenüber.Esistvorallem auchdasSignalanalleanderen,dassIhreWertschätzungfürdenMen schen,derseineLebenszeitindasUnternehmeneingebrachthat,nie aufhörenwird. Woran erkennen Sie, ob Sie auf dem richtigen Weg sind? Wenn Sie als Vorgesetzter Kritik aussprechen müssen, dann werden Sie nicht mehr Ausreden hören, sondern entweder werden die Fehler eingeräumt und deren Beseitigung vereinbart oder die Gründe, die für das kritisierte Ver
266
Prävention gegen Rückfall
halten gegeben werden, sind nachvollziehbar. Sie sind auf dem richtigen Weg,wenndasKlimakonfliktstabilergewordenist. EsgibtkeinDenunziantentummehr.FrüherwurdenIhnenimmerwieder Hinweisegegeben,werwasnichtrichtigmachtoderschuldsei.Heutesind Sie auf dem richtigen Weg, wenn nicht mehr die Schuld bei anderen ge suchtwird,sonderndieLösungbeisichselbst. Sie erhalten immer mehr – zum Teil unspektakuläre – Verbesserungsvor schläge, die durchdacht und sinnvoll sind. Die Mitarbeiter haben Ideen undglaubendaran,dassessichwiederlohnt,dieseIdeenzuadressieren. Die Fluktuation ist sogar niedriger als vor dem Organizational Burnout, denn die Mitarbeiter, die jetzt an Bord sind, haben sich entschlossen, mit dem Unternehmen in die Zukunft zu gehen; die anderen sind sowieso schonlangeweg.Dieaber,diejetztdabeisind,setzenihrVertrauenindas Management und das Management ist gut beraten, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Auch die Krankheitsquote fällt unter den langjährigen Durchschnitt und sogar die Zahl der Überstunden geht zurück. Der Betriebsrat berät sich offenmitdemManagementundverzichtetinderRegeldarauf,sichzuvor mitAnwältenoderderGewerkschaftzuberaten. Es handelt sich demnach um eine Reihe von positiven Indikatoren, die IhneninderSummesignalisieren,nunaufdemrechtenWegzusein.
10.2
Kontrollierte Stabilität und Dynamik der Prozesse
Angenommen, das Organizational Burnout ist nun zwei oder drei Jahre her und seitdem hat sich unsere Organisation oder Institution nachhaltig stabilisiert. Angenommen, wir haben seitdem wirklich gute Markterfolge errungen und die Mannschaft arbeitet reibungslos zusammen. Angenom men, wir haben den Versuchungen widerstanden, zu schnell zu viel zu wollen, und es ist auch gelungen, das Arbeitstempo spürbar zu steigern, ohneeineerneuteBugwelledesinternenWettbewerbsunddesgegenseiti
Kontrollierte Stabilität und Dynamik der Prozesse
267
gen Hyperanspruchs aufzubauen. Dann stehen das Management und die Mitarbeiter vor der Herausforderung, die internen Prozesse in gebotener DynamikfortwährendandieVeränderungenderMarktsituationanzupas sen und gleichzeitig die organisationale Stabilität zu kontrollieren. Dieser letztlich kybernetische Vorgang ist eigentlich das Tagesgeschäft des wirk samenManagements,deshalbabernichtwenigerherausforderndvordem Hintergrund der immerwährenden Sensibilität Ihrer Organisation gegen neueAnzeicheneinesOrganizationalBurnout. Die Aufmerksamkeit des Managements darf nie nachlassen. Es darf die ZentrifugalkrafteinerunkontrolliertenDynamiknichtunterschätzen.Die seBalancezuhaltenzwischeneinerseitsGelassenheitgegenüberaußerge wöhnlichem Wachstum oder auch unerwarteten Misserfolgen und ande rerseitsDynamikgegenüberdemnormalenTrägheitsmomenteinereinge schwungenenOrganisationzuentwickeln,istdieimmerwährendeHeraus forderungfürdasManagementnacheinemOrganizationalBurnout. Sie sollten bestimmtes Managementverhalten praktizieren, um diesen DrahtseilaktmiteinigerSicherheitimmerwiederzuschaffen.
႑SeienSiebetontanspruchsvoll,auchinKleinigkeiten,aberbleibenSie fairundtolerant.
႑SeienSieschnellundverlangenSieSchnelligkeit,aberseienSienie unüberlegt.
႑SeienSiekommunikativ,abervorallemvergessenSiedasZuhören nicht.
႑SeienSieinnovativundermutigenSiezuInnovationen,aberbleibenSie realistisch.
႑SeienSieimmeraufdemneuestenStandderKennzahlen,aberreagie renSieangemessen,wenndieIstDatenvomPlanabweichen.
႑SeienSiebereitzuinvestieren,aberimmernurdichtamMarkt. WelchesSteuerungsinstrumentistindieserSituationempfehlenswert?
268
Prävention gegen Rückfall
Für die partizipative Steuerung des Businessalltags hat sich für mich die Nutzwertanalyse bewährt. Sie ist ideal für die Rationalisierung von Ent scheidungen in emotional noch nicht ganz gefestigten Situationen. Im FolgendennureinekurzeBeschreibungderFunktion,damanausführliche AnleitungenleichtimInternetfindenkann: 1. BestimmungderZielkriterien BestimmenSiemitdemTeamdiezuerreichendenZiele.Darauserfolgt dieBildungvonklarformuliertenZielkriterien.Essolltenkeineinhalt lichenÜberschneidungenzwischendenKriterienbestehen. 2. GewichtungderZielkriterien NunfolgtdieBildungvonZielhierarchienunddieGewichtungbzw. Quantifizierungderselben,z.B.durchVerteilungvon100Prozent punktenaufalleZiele. 3. Teilnutzenbestimmung BewertungderZielerfüllungderLösungsvariantenaufeinereinheitli chen,normiertenSkala,z.B.5=sehrgut,3=mittelmäßig,1=schlecht, 0=garnicht. 4. Nutzwertermittlung ZuerstwirddieGewichtungderTeilnutzen,z.B.durchMultiplikation desTeilnutzensmitdemGewichtderZielkriterien,vorgenommen.Da nacherfolgtdieErmittlungdesGesamtnutzenseinerEntscheidungsva riante,z.B.durchAufsummierungdesgewichtetenTeilnutzens. 5. BeurteilungderVorteilhaftigkeit VergleichdererrechnetenGesamtnutzenundvorläufigeEntscheidung fürdieVariantemitdemhöchstenGesamtnutzen. 6. ReflexiondesVorgehens WurdenallerelevantenKriterienberücksichtigt?SinddieGewichtun genundEinschätzungentatsächlichunumstritten?Führengeringe VeränderungenbeiderGewichtungeinzelnerKriterienoderbeider BewertungvonVariantenzuanderenResultateninderRangfolge?
Mut zur Normalität, aber professionell unnachgiebig bleiben
Abbildung 10.1
269
Nutzwertanalyse
Nutzwertanalyse
ZielkriteriumA ZielkriteriumB ZielkriteriumC Summe Rang
Gewichtung 0,5 0,2 0,3 1=100%
Wert 1 2 5
Variate1 gewichteterWert 0,5 0,4 1,5 2,4 2
Wert 0 4 1
Variante2 gewichteterWert 0 0,8 0,3 1,1 3
Wert 3 3 3
Variante3 gewichteterWert 1,5 0,6 0,9 3 1
DieNutzwertanalyseistfürdiemeistenEntscheidungsproblemegeeignet; mankannnichtVergleichbaresdurchdieAuswahlderKriterienvergleich bardarstellen,eineVielzahlvonKriterienkanneinbezogenwerden,esist die Berücksichtigung qualitativer Kriterien möglich und vor allem ist die Einbeziehung der Sichtweisen unterschiedlicher Akteure gut möglich. Allerdings schafft man manchmal nur den Anschein einer objektiven Lö sung und das Vorgehen ist deutlich zeitintensiver als bei Alleinentschei dungen(imVergleichzuanderenpartizipativenVerfahrenistesaberwe nigeraufwändig). Insgesamt gilt: Stabilisierung vor Wachstum und Professionalität vor Dy namik.DaszahltsichmitSicherheitaus,wennnichtsofort,danninjedem FallaufmittlereSicht.
10.3
Mut zur Normalität, aber professionell unnachgiebig bleiben
Nicht nachlassen! Sie sind wieder in der Normalität des Alltags angekom men, aber was ist schon „normal“? Die Herausforderungen des Manage mentsendennie,undselbstwennSieglauben,eskönneeineZeitderBesin nung und des Kräftesammelns nach dem Organizational Burnout geben, dannistesbesser,wennSiesichbereitsjetztaufdasGegenteileinstellen. Aber als Spitzenmanager wartet nach dem Organizational Burnout eine wichtige Aufgabe auf Sie, nämlich die Normalität als Normalität anzu nehmen und mit normalen Mitteln die Organisation oder Institution wie
270
Prävention gegen Rückfall
dermitinnererRuhezusteuern.Ofthabeicheserlebt,dassdieFührung nichtaufhörenkonnte,bisinsDetailweiter„durchzuregieren“,odersich ständig in hoher Dichte berichten zu lassen, oder immer wieder in die Entscheidungen der zweiten Ebene hineinzureden. Dies geschah einfach aus der Angst, wenn sie loslassen würden, könne alles wieder von vorn beginnen. Karajan hat gesagt: „Auch ein TopDirigent muss wissen, wann er sein Orchester nicht stören darf“. Es braucht tatsächlich Mut zur Normalität. MutindemSinn,etwasgeschehenlassenzukönnen,ohnedemReflexdes sofortigen Eingriffs zu folgen. Wir sprachen über Vertrauen,Respekt und Toleranz;ofthabeichesmiterlebt,wiedieseoderähnlicheEckpunkteals CorporateBeliefverkündetwurden,undschonbeidererstenProblemlage (dasgroßeAngebotschiennichtzeitgerechtabgesandt;einAuftragschien andenKonditionenzuscheitern)waresvergessenundderfrühere„Wenn mannichtallesselbermacht“Managerwarwiederda. Was wird Ihnen helfen, sich vor zu schnellen oder zu vielen Aktionen zu schützen?DreiPrinzipienhabensichbewährt:
႑SeienSiealsFührungskraftimmerwachsam,obIhrebeabsichtigteInter
ventionaufeinemReaktionsreflexoderaufderzielgerichtetenAnleitung beruht.WennSiefühlen,ahnen,spüren,dasshiergleichetwasschiefge henwird,dannbleibenSiekonsequentaufderVertrauensschiene.Oft werdenSierechthabenundebensooftunrecht.UnterdrückenSieden ReaktionsreflexundleitenSiedieEnergieaufeineandereBahn,nämlich aufdieBahnderunterstützendenHilfeoderhilfreichenFrage.
႑KultivierenSiedievertrauensvolleDelegation.WennSiedelegiert
haben,danngebenSieIhrenMitarbeiternauchdieChance,dieAufga bezuerledigen.VerbindenSiedieDelegationmitdereindeutigenAn weisung,selbsteineproaktiveMeldungzugeben,wennbeiderAb wicklungderAufgabenichtallessachoderzeitgerechtlaufensollte. BestrafenSiespäternichteinenMisserfolg,sehrwohlaberkonsequent dienichtzeitgerechteProblemmeldung.DieMitarbeitermüssenwis sen,dasssienieimStichgelassenwerden,abersiemüssenauchwis sen,dasssieesimmerselbstverantworten,wennsienichtumHilferu fen.
Mut zur Normalität, aber professionell unnachgiebig bleiben
271
႑BestehenSieimmeraufderSelbstorganisationIhrerFührungskräfte,
MitarbeiterundallerbeteiligtenSysteme.IhreOrganisationoderInsti tutionwirdnurdannwiederruhigunderfolgreichlaufen,wennSie immerwiedereineSelbstregulationdesSystemsabverlangen.Wirer innernuns:InderSystemtheorieundKybernetikbezeichnetSelbstregula tiondieFähigkeiteinesSystems,sichdurchRückkopplungselbstinner halbgewisserGrenzenineinemstabilenZustandzuhalten.Sieals Führungskraftsagenallenfalls,wasSiewollen,nieaber,wieeszuerle digenist.AndiesemPunktbleibenSieprofessionellunnachgiebig.
AlshilfreicheMethodesetzeichhiergernedie„KartesischenKoordinaten“ nachRenéDecartes(15961650)ein.ImPrinzipstelleichimmerdieFragen: „Waspassiert,wennichjetztinterveniere,undwaspassiert,wennichnicht interveniere?“ Diese Fragen sind eine gute Hilfe bei einer Chancen und RisikoabwägungaufdemWegindieNormalitätnachdemOrganizational Burnout.DiefolgendeGrafikzeigtdieseKoordinatentafel: Abbildung 10.2
Kartesische Koordinaten
NEIN
Wennichinterveniere,dann wirdFolgendesnicht passieren.
Wennich nicht interveniere,dannwird Folgendes nichtpassieren.
JA
Wennichinterveniere,dann wirdFolgendespassieren.
Wennichnicht interveniere,dannwird Folgendespassieren.
JA
NEIN
272
Prävention gegen Rückfall
Sie können die Entscheidungsthemen beliebig wählen. Es hilft Ihnen, im mer wieder die Konsequenzen der spontanen Reaktion nach allen Seiten abzuwägen. DieschlechteNachricht:InsgesamtbleibtdiePräventioneineDaueraufga befürdasManagement.DieguteNachricht:DieKernelementederPräven tion,wievertrauensvollesKlima,kontrollierteStabilitätundprofessionelle Unnachgiebigkeit, sind zu allen Zeiten und für alle Organisationen oder Institutionen eine gute Basis und lohnende Investition in die Erfolge der Zukunft.
Mut zur Normalität, aber professionell unnachgiebig bleiben
273
Literaturverzeichnis BRIDGES,W.(1998):DerCharaktervonOrganisationen,Göttingen DÖRFEL,L.UNDHINSEN,U.(2009):Führungskommunikation,Berlin DOPPLER,K.,LAUTERBURG,C.(1994):ChangeManagement,Frankfurt DUECK,G.(2008):AbschiedvomHomoOeconomicus,Frankfurt ESPOSITO,E.(2002):SozialesVergessen,Frankfurt GOMMES, P. UND PROBST, G. (1995):DiePraxisdesganzheitlichenProblem lösens,Bern GROCHLA,E.(1972):Unternehmensorganisation,Reinbek LUHMANN,N.(1964):LobderRoutine,Stuttgart LUHMANN,N.(1973):Macht,Stuttgart SCHEIN,E.(1980):Organisationspsychologie,Wiesbaden SCHEIN,E.(1995):Unternehmenskultur,Frankfurt/M./NewYork SCHREYÖGG,G.(2003):Organisation,Wiesbaden STAEHLE,W.(1999):Management,München VON ROSENSTIEHL, L. (2003): Grundlagen der Organisationspsychologie, Stuttgart ZIRKLER, M. (2006): Burnout in der Arbeitswelt – Machen Unternehmen krank?,VortraganderUniversitätBasel ZIRKLER, M. (2007): Die erschöpfte Organisation, Vortrag bei Konferenz: „XOrganisationen“,Berlin
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
Stichwortverzeichnis
275
Stichwortverzeichnis AbwesendeAnwesenheit131 Abzocker85 Aktionismus166 Akzeptanz176 Akzeptanzhürden180
Beteiligung196 BigBang151 Bindung,emotionale86 BurnoutSyndrom32
Akzeptanzobjekt176
Chancengerechtigkeit57,85
Akzeptanzsubjekt176
ChangeManagement208
Alterozentrierung213
CorporateBehaviour42
AnalogiezwischendenUrsachen despersönlichenBurnout SyndromsunddesBurnout einerOrganisation38
CorporateRaider78 CorporateSpirit27,74,98
Analogieforen179
Dax17
Anamnese182
Delegation270
Anfangsverdacht41
Diagnose175,180
Angststarre67
Diagnoseirrtum102
Anspannung,freudige89
DueDiligence73
Anstrengung,verbissene89
Duldungsstarre150
AutokratiedesManagements63
autopoetisch42
EBIT110
Autorität,geliehene59 Autostabilität63
ehrbarerKaufmann61 Ehre61 Eigenoptimierung110
BasicBeliefs42
Eigenverantwortung168
Berufe,helfende37
Einbeziehung186
Berufszynismus120
EinsamkeitanderSpitze94
Besinnung174
Emergenz31
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
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Stichwortverzeichnis
emotionaleEnergien76
Führungspsychologie92
Emotionalitäteiner Organisation29
Funktion23
Energiestabilität79
Entmündigung168 Entscheidenunter Unsicherheit44 Erfahrung258 Erfolgsarroganz63 Erfolgsscham106 Erschöpfungszustand21 Ertragsmodell81 Erwartungsspirale60
Fehler68 Fehlergleichgültigkeit70 Fehlerkultur70 Fehlertoleranz264 FluchtvorderVerantwortung95 Fluchtfantasien124 Fluktuation124,139 Fluktuationskosten58 Folgen163 Frühindikatoren81 FrühwarnsystemdesMarktes21 Führung113,216
Fusionen72
GesetzderVerstärkung willkürlicherFluktuation70 Gesetze,ungeschriebene121 Gewohnheitsrituale111 großeSysteme48 „GroupThink“Phänomen97 gyroskopische Stabilisierungseffekte255
Handlungsdruck181 HektikderÜberforderung89 heldenhaftesSelbstverständnis65 heroischeSelbstbild101 Hierarchieebenen50 Höchstleistungen88 Hoffnungslosigkeit155 Homooeconomicus71 humancapital58 HumanResources69 Hyperaktivitäten109
Führungsabstinenz95
Identifikation86
Führungsillusion197
Imitation70
Führungskompetenz92
Immunstärke103
Führungskräfte129
Incentives90
Stichwortverzeichnis
277
Information,asymmetrische172
Kosten110
Initiativbewerbungen58
KostendesWechsels137
Inkorporation86
KraftloseFührung164
Innovationen81,126
Krankenstand,hoher124
Innovationskraft171
Kultur241
Innovationslücke170
KultureinerOrganisation72
Innovationsstrategie171
Kulturkämpfe72
Insolvenzursachen17
Kulturtest230
Institution23
Kundentest231
IntelligenteOrganisationen22
Kündigung,innere123
Interaktionstheorie, führungsbezogene93
Kurzanalyse200
InterimManagement219
Introjektion86 Irritationen80
JungeOrganisationen47
Kynismus121
Lebenszyklus48 LehmanBrothers195 Leistungsdruck,reflexiver60 Leistungskurven89
Leistungstief,mentales105
KartesischeKoordinaten271
Leistungsvorgaben53
Kommunikation87,172,211
Leitungsspanne49
Kommunikation,informelle172
LernendeOrganisation70
Kommunikationsdefizit130
Lernverweigerung65
Kommunikationskreislauf103
Loyalitätsfrage69
Kommunikationstest230
Luxus83
KommunikativeSysteme43
Kompetenzübertragung265
Macht193
Komplexität43
Machtpromotoren,informelle29
KomplexitätderUmwelt45
Managementspiegel177
Kontrollverlust147
Marktakzeptanz52
278
Stichwortverzeichnis
MarktferneOrganisationen50
Perfektion93
Marktversagen163
Personalführung168
MiddleManagement58
PersönlichkeitenderGeführten93
Misserfolge68
Persönlichkeitsstrukturder Führungskraft93
Mitverantwortung188 Motivation89 Motivationsprobleme196
Phänomendernachträglichen Rechtfertigung96
Motivationsverlust133
Primärakzeptanz176
Privilegdes Entscheidungskillers164
Nachlässigkeit,kollektive261
Produktivität107
Neurotransmitter67
Produktivitätsinitiative184
Neustarts141
Prozesse232
NonProfitOrganisationen21
OBOCoach189ff. OBOPhasen102 Organisation23,237 OrganisationalsInstrument23 OrganisationalerZynismus120 Organisationsanspannungen88 Organisationscharakter45 Organisationskultur58 Organisationskybernetik72 Organisationskybernetikder Selbststeuerung51 Organisationsstruktur, informelle28 Organisationsverschulden250 OrganizationalBurnout20
Qualitätsspirale53
Raum258 Reaktionsparadox200f. Reaktionsreflex270 Realitätsverschiebung69 Realitätsverweigerung 65,67,164 Resignation133 Ressourcen110 Ressourcenschwund111 Rettungsillusion200f. Returnonequity60 Revitalisierungderbisherigen Führung217
Stichwortverzeichnis
279
RisikodesScheiterns96
Sinnfrage104,173
RisikodesWechsels124
Sofortlösungen181
Risikoaversion96
Sozialneid84
Rituale243
Sozialzynismus85
Rolle,soziale27
Spätfluktuationen263
Rollenverlust28
Spirale101
Rückfall261
Sprache257
stolzeKündigung140
Schattenkommunikation109
Strategie225
Scheineffektivität109 ScheuklappendesErfolgs64 Schlachtumdiekulturelle Identität76
Stresstest178 Symptome79 Syndromsuigeneris30 Systeme42
Schlüsselerwartungen61
Schönheitswettbewerb72
Teamansatz186
Schuldzuweisungen118,186
Teamsynergien97
Sehnsucht151 Sekundärakzeptanz177
TemporäreErneuerungder Führung219
Selbstanamnese182
Testimonials71
SelbstbildnisdesManagers180
Therapie205
Selbstdiagnose175
Therapietempo207
Selbstheilung199
Therapiewiderstände207
Selbstorganisation43,271
Trendverstärkung70
Selbstregulation63
TreuundGlauben62
Selbstschutz108
Selbstüberschätzung93
Überalterung58
SicherheitunterUnsicherheit169 SinneinesUnternehmens56
Überdruckinder Organisation60
SinnundWertekrise76
Überforderung54
280
Stichwortverzeichnis
Überlastung54
WechselderFührung218
Übernahme76
WechselimManagement136
Überorganisation166f.
Wertearmut56
Umsetzungsstrategie229
Wertebildung57
Umweltanforderung,externe64
Werteentwicklung57
Unsicherheit115
Werteverantwortung57
Unternehmenskrise41
Wertschätzung58,85
Ursachendespersönlichen Burnouts37
Wertschöpfung81 Wettbewerbsordnung, globale57
UrsachenFolgeDiskussion183
Widerstand207
Varietät43
Widerstandskraft79
Veränderungsignoranz66
WorldEconomicForum84
Vergessen256
Wunderheilung206
Versagensängste60
Verteilungsgerechtigkeit85
Zeit257
Vertrauen29,50,145,206
Zeitverlust63
Vertrauensverlust61
Zielsetzungen55
Verzweiflung,intrinsische94
Zielsetzungstheorie55
Vollzugstest231
Zielsystem24
Voraussetzungenfüreinen emotionalenundfaktischen Neubeginn153
Zukunftsbefragung177 Zynismus120 Zynismusinorganisatorischen Veränderungsprozessen120
Vorbildfunktion130
Der Autor
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Der Autor GustavGreve,Jahrgang1951,studierteinBerlin Betriebswirtschaft nach einer Ausbildung als Buchhändler. Er war zehn Jahre im politischen Umfeld tätig, zuerst als wissenschaftlicher Mit arbeiter der CDUFraktion des Berliner Abge ordnetenhauses, dann als Leiter des Senatoren büros des Wirtschaftssenators in Berlin und schließlichsechsJahreInvestitionsberaterbeider WirtschaftsförderungsgesellschaftBerlin. 1990 wurde er Consultant – später Vice President International – bei ArthurD.Little.DortberieteröffentlicheundprivateUnternehmen,viele Bundesministerien sowie die Regierungen in den meisten Bundesländern beiderRestrukturierungihrerOrganisationen.FernerwarerMitglieddes LeitungsAusschusses der TreuhandGesellschaft. Hier ging es um die schnelle und zuverlässige Feststellung der Sanierungsfähigkeit und– würdigkeitostdeutscherUnternehmen. 2001wechselteerdannnachBaselundleitetediePrognosAG.Vonnunan stand die Frage für ihn im Zentrum: „Was passiert in der Zukunft, wenn nichtspassiert–undwiekönnenwirdafürsorgen,dassdasnichtpassiert?“ Seit 2004 ist Herr Greve selbstständig. Seine Kunden sind Unternehmer, die den strategisch, ganzheitlichen Denkansatz von Gustav Greve schät zen.Ersorgtdafür,dassdieUnternehmenseinerKundenschnellspürbar erfolgreicher werden. Gerade in den letzten Jahren begleitete er als OBO CoachOrganisationendurchundausdemOrganizationalBurnout. AktuelleInformationenunterwww.organizationalburnout.de
G. Greve, Organizational Burnout, DOI: 10.1007/978-3-8349-8951-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010