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Konstruktionswerkstoffe des Maschinen- und Anlagenbaues herausgegeben von W. Schatt, E. Simmchen, G. Zouhar
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Konstruktionswerkstoffe des Maschinen- und Anlagenbaues Herausgegeben von Prof. (em.) Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. E. h. Werner Schatt Priv.-Doz. Dr.-Ing. habil. Elke Simmchen Prof. Dr.-Ing. habil. Gustav Zouhar
WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ¤ 1998 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache über-tragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind. ISBN
978-3-527-30955-9
Vorwort zur 5. Auflage
Der vorliegende Titel ist aus dem im gleichen Verlag in vier Auflagen erschienenen Fachbuch ,,Werkstoffe des Maschinen-, Anlagen- und Apparatebaues" hervorgegangen. Sein ausgepragt technischer Bezug machte - nicht zuletzt als ein Erfordernis der deutschen Einigung - eine grundlegende Uberarbeitung notwendig, der auch ein geanderter Buchtitel voran gestellt wurde. Ein Material wird erst dann zum Werkstoff, wenn sich mit ihm ein bestimmtes, gesellschaftlich relevantes Eigenschaftsbild verbindet. Folglich ist das praktische Interesse am Werkstoff damit begrundet, dal3 er einem gewissen Spektrum von Anforderungen genugt und dazu beitragt, die mit der Nutzung eines technischen Gebildes gekoppelten Einsatzprobleme zu losen. Mit dem jetzt gewahlten Titel ,,Konstruktionswerkstoffe" sind keine Definitionsabsichten verknupft. Es wird lediglich auf einen tradierten Begriff zuruckgegriffen, der in dem vorerwahnten Sinn - analog dem Fachbegriff ,,Funktionswerkstoffe" - Gebrauch findet. Die heute statt seiner nicht selten zu horende und dem anglo-amerikanischen Sprachraum als mechanische Ubersetzung entliehene Bezeichnung ,,Strukturwerkstoffe" erscheint bedeutungsunlogisch, da in der deutschen Fachsprache ,,Konstruktion" und ,,Struktur" nicht synonym und im Bereich der Werkstoffwissenschaft und -technik in ihrer Bedeutung seit langem festgeschrieben sind. Zu bedenken ist auch, dal3 es angesichts der standig wachsenden Zahl neuer Termini als Folge zunehmenden Wissenserwerbes geboten sein sollte, das gegenseitige Verstandnis nicht durch ,,modische", aber keineswegs zwingend erforderliche und schon gar nicht sachlich begrundbare Begriffsbildungen noch mehr als ohnehin der Fall zu belasten. Gegenstand der Neubearbeitung sind, wie in den vorangegangenen Auflagen, Werkstoffe aller Materialklassen, die fur den Bau von Maschinen und Anlagen Verwendung finden. Um dem interessierten Leser die Konstruktionswerkstoffe unter Gesichtspunkten, wie sie auch in der Praxis bestimmend sind, nahezubringen, geht die Stoffgliederung von den Anwendungsgebieten und Einsatzanforderungen aus. Sie sieht nach zwei einleitenden Kapiteln uber die Grundzuge der Werkstoffauswahl und -kennzeichnung neun weitere Kapitel vor, in denen Allgemeine Konstruktionswerkstoffe, Werkstoffe fur Werkzeuge, fur tiefe und hohe Temperaturen sowie korrosive Beanspruchung, Werkstoffe mit hohem Verschleil3- und Reibwiderstand, Gleit-, Lager- und Federwerkstoffe sowie Werkstoffe fur losbare und unlosbare Verbindungen behandelt werden. Die Herstellung und Verarbeitung der Werkstoffe werden nur insoweit erortert, als sie einen bleibenden EinfluB auf Werkstoffeigenschaften ausuben oder in Verbindung mit dem Werkstoffeinsatz charakteristisch sind. Die Darlegungen uber die ,,Konstruktionswerkstoffe" ful3en grundsatzlich auf dem Grundlagenwissen, das in der im gleichen Verlag 1996 erschienenen ,,Werkstoffwissenschaft" vermittelt wird. Auf die Angabe gesonderter Bezugnahmen
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Vorwort zur 5. Auflage
wird deshalb verzichtet. Nur in wenigen Fallen, wie bei der Warmebehandlung von Stahl, dem Reibungs- und VerschleiBverhalten oder den Laufeigenschaften von Gleitwerkstoffen sowie dem Sprodbruchverhalten von Werkstoffen bei tiefen Temperaturen, wird zum tieferen Verstandnis von Werkstoffverhalten und -auswahl eine erganzende Erorterung von Grundlagenwissen gegeben. Der Umfang der Darlegungen geht uber den Rahmen einer exemplarischen Behandlung der einzelnen Thernengruppen und deren Werkstoffe weit hinaus. Trotzdem war es angesichts der Vielzahl der heute bekannten Werkstoffe notwendig, sich auf jeweils wichtige Vertreter, deren Eignung durch eine effektive technische Nutzung bereits ausgewiesen ist, zu beschranken. Entwicklungstendenzen werden nur dann angeschnitten, wenn sie mit Ergebnissen verbunden sind, deren Ubernahme in die Praxis mit hoher Wahrscheinlichkeit absehbar ist. Die ,,Konstruktionswerkstoffe" sollen dazu beitragen, die Lucke im Angebot von einsatzproblemorientierter und eine vernunftige Werkstoffauswahl und -substitution fordernder Literatur uber Werkstoffe zu schliefien. Gleichzeitig tragt es der hervorragenden Rolle des Maschinenbaues und seiner metallischen wie nichtmetallischen Werkstoffe Rechnung. Zum potentiellen Nutzerkreis gehoren nicht nur Werkstoffingenieure, sondern auch Konstrukteure, Technologen und Verfahrenstechniker sowie auf entsprechenden Gebieten tatige Ingenieurokonomen einschlieBlich der in diesen Disziplinen Studierenden. Herzlicher Dank gilt all denen, die durch Ratschlage und kritische Hinweise zur Neugestaltung der ,,Konstruktionswerkstoffe" beigetragen haben. Zu besonderem Dank sind wir Herrn Dip1.-Phys. Dieter von Strauwitz fur die umfassende Mitarbeit am Komplex ,,Polymere" und Frau Dr.-Ing. Birgit Vetter fur die Hilfe bei der technischen Ausgestaltung sowie dem Deutschen Verlag f u r Grundsto.8industrie Stuttgart fur die entgegenkommende Zusammenarbeit und die verstandnisvolle wie tatkraftige Forderung der vorliegenden Neuauflage verpflichtet. Die Herausgeber
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Grundsatzliches zur Werkstoffauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kennzeichnung der Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezeichnungssysteme fur Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurznamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffnummern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezeichnungssysteme fur GuBeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffnummern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennzeichnung von Nichteisenwerkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffnummern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.1 2.1.1 2.1.1.1 2.1.1.2 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 Kennzeichnung von Aluminium und AluminiumKnetlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennzeichnung der Polymeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 2.3.1 Kennzeichnung von Duromeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Kennzeichnung von Thermoplasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Kennzeichnung von Elastomeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennzeichnung durch Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 2.4 Bezeichnung silicattechnischer Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eisenwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EinfluB nichtmetallischer Verunreinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . EinfluB des Herstellungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EinfluB des VergieBens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmebehandlung der Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gluhverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verguten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermochemische Oberflachenbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . CVD- und PVD-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.4.1 3.1.4.2 3.1.4.3 3.1.4.4 3.1.4.5 3.1.4.6 Thermomechanische Behandlung (Umformtechnische Verfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Allgemeine Baustahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.6 Hoherfeste und wetterfeste schweiBgeeignete Baustahle . . . . . . . . 3.1.7 Einsatzstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.8 Vergutbare Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7 8 8 15 16 16 19 20 20 22 22 24 26 27 29 30 30 33 33 35 38 39 41 42 47 51 53 60 61 67 72 78 79
VIII
Inhalt
3.1.9 Automatenstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.10 StahlguB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 1 Sinterstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.11.1 GepreBte Sinterstahlformteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 1.2 Geschmiedete Sinterstahlformteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 1.3 SpritzguB-Sinterstahlformteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.12 GuBeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.12.1 Graphithaltiges Gufleisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.12.2 TemperguB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Leichtmetallegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Aluminiumlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1 Aluminium-Knetlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.2 Aluminium-GuBlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Magnesiumlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Titan und Titanlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Zinklegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Polymerwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Verarbeitung von Polymerwerkstoffen . . . . . . . ............ Thermoplaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Duromere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 3.4.4 Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83 86 87 90 94 96 97 98 107 109 110 113 114 116 118 121 123 128 131 137 140
Werkstoffe fur Werkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen und Werkstoffubersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkzeugstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erschmelzen und Formgeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemische Zusammensetzung und Gefuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
144
4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.5.1 4.2.5.2 4.2.5.3 4.2.6 4.2.7 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.2.1 4.3.2.2 4.3.2.3 4.3.2.4 4.3.3 4.4 4.4.1 4.4.2
144 148 149 150 Warme- und Randschichtbehandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Unlegierte Kaltarbeitsstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Legierte Kaltarbeitsstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Werkzeuge fur die Polymerverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Werkzeuge zum Zerteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Werkzeuge zum Kaltumformen und Messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Warmarbeitsstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Schnellarbeitsstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Hartmetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Aufbau und Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Hartmetallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 WC-Co-Hartmetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 W(Ti.Ta.Nb)C.C o.Hartmetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Cermets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Beschichtete Hartmetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Einsatz der Hartmetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Nichtmetallische Hartstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Schneidkeramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Hochharte Schneidstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Inhalt
5
IX
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Werkstoffverhalten bei tiefen Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
5.1 5.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.4 5.5 5.6
Kriterien zur Bewertung der Werkstoff- und Bauteilzahigkeit . . . Kaltzahe Stahle und EisenguBwerkstoffe .................... Kaltzahe Walz- und Schmiedestahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaltzahe EisenguBwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichteisenmetalle und -1egierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polymere und Verbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorschriften zur Werkstoffauswahl fur tiefe Temperaturen . . . . . .
188 192 192 197 197 199 201
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen ....................
205
6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.4.1 6.1.4.2 6.1.5 6.1.6 6.1.6.1 6.1.6.2 6.2 6.3 6.3.1 6.3.2 6.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.6 6.6.1 6.6.2 6.6.2.1 6.6.2.2 6.6.2.3 6.6.2.4 6.6.2.5 6.6.3 6.6.3.1 6.6.3.2 6.6.3.3 6.6.4
Warmfeste Stahle und Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unlegierte und niedriglegierte Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmfeste Chromstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hochwarmfeste austenitische Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Superlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hochwarmfeste Nickellegierungen und ODS-Legierungen . . . . . . Hochwarmfeste Cobaltlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hochschmelzende Metalle und Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmfeste Verbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sinternickel (TD-Nickel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmfestes Hartmetall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zunderbestandige Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerate- und Quarzglas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften der Glaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgewahlte Glaswerkstoffe und deren Anwendung . . . . . . . . . . . Glaskeramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hochtemperatur-Schutzschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metallische Schutzschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hochtemperaturemails . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keramische Schutzschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuerfeste Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffverhalten und -beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuerfeste Baustoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silicaerzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schamotteerzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tonerdereiche Erzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Basische Erzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuerbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderkeramiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oxidkeramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siliciumcarbid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siliciumnitrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kohlenstofferzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207 208 210 211 215 216 221 223 226 227 228 230 232 232 237 240 242 242 242 243 244 244 251 252 254 257 258 261 262 263 265 267 269
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . 273
7.1 7.1.1
Polymerwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wichtige Korrosionserscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
273 274
X 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.3.6 7.3.7 7.3.8 7.3.9 7.4 7.5 7.5.1 7.5.2 7.5.3 7.5.4 7.5.5 7.6 7.7 7.7.1 7.7.2 7.7.3 7.7.4 7.8 7.8.1 7.8.2 7.8.3 7.8.4 7.9 7.9.1 7.9.2 7.9.3 7.9.4 7.9.5 7.9.6 7.9.7 7.9.8 7.10 7.10.1 7.10.2 7.10.3 7.10.4 7.11 7.12 7.13
lnhalt
Thermoplaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Duromere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Beschichtung mit Polymeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Titan und Titanlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Aluminium und Aluminiumlegierungen . . . . . . . . . . . . . . Grundsatzliches zum Korrosionsverhalten . . . . . . . . . . . . Rein- und Reinstaluminium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Aluminium-Magnesium-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Aluminium-Mangan-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Aluminium-Kupfer-Magnesium-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . 290 Aluminium-Magnesium-Silicium-Legierungen. . . . . . . . . . . . . . . . 291 Aluminium-Zink-Magnesium-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Aluminium-Zink-Magnesium-Kupfer-Legierungen . . . . . . . . . . . . 292 Aluminium-Lithium-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Magnesiumlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 . . 294 Kupferwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kupfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Kupfer-Zink-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Kupfer-Aluminium-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Kupfer-Nickel-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 300 Kupfer-Zinn-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blei und Bleilegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Nickel und Nickellegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Nickel-Kupfer-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nickel-Molybdan-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nickel-Chrom-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Nickel-Chrom-Molybdan-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Edle Metalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Silber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 ........................................ 310 Platin . . . . . . ........................................ 310 ........................................ 311 Metallische Uberzugswerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Zinkuberzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Chromuberzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Aluminiumuberzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Zinnuberzuge . . . . . . . . ............................. 315 ............................. 315 Kupferuberzuge . . . . . . . . . 316 Nickeluberzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cadmiumuberzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 317 Bleiuberzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rost- und saurebestandige Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Chromstahle Chrom-Nickel-Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 327 Chrom-Mangan-Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Mehrphasige Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GuB-und SonderguBeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Steinzeug . . . . . . . . . . . . ............................... 328 Porzellan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
lnhalt
7.14 7.15 7.16 7.16.1 7.16.2 7.17
Technisches Glas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glasige und keramische Uberzugsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Email . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keramische Spritzschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kohlenstoffwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung und Reibwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlegende Betrachtungen zu Reibung und VerschleiR . . . . . . Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unlegierte und niedriglegierte Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4
XI 331 332 334 334 335 336
340 340 344 346 348 351
8.3.4 8.3.4.1 8.3.4.2 8.3.4.3 8.3.4.4 8.3.4.5
Austenitische Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GuBwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberflachenschichten zur Verbesserung des VerschleiBwiderstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Galvanische Schichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auftragschweihngen und thermische Spritzschichten . . . . . . . . . . Oberflachen-Harteschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diffusionsschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CVD- und PVD-Schichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmetalle und Hartstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reibwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe mit Polymerbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GuBeisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesinterte Friktionswerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friktionswerkstoffe auf Kupferbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friktionswerkstoffe auf Eisenbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friktionswerkstoffe mit hohem keramischen Anteil (CermetFriktionswerkstoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe fur Ollauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stahllamellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Papierwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faserwerkstoffe mit Polymerbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Graphit-Reibmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesinterte Werkstoffe auf Kupferbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
386
9.1 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5 9.2.5.1 9.2.5.2 9.2.6
Anforderungen an Gleitwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe fur Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lagerlegierungen auf Blei- und Zinnbasis (WeiBmetalle) . . . . . . . Lagerlegierungen auf Kupferbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lagerlegierungen auf Aluminiumbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sinterlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duromere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermoplaste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Gleitwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
388 390 392 396 399 401 407 408 410 418
8.2.4.1 8.2.4.2 8.2.4.3 8.2.4.4 8.2.4.5 8.2.5 8.3 8.3.1 8.3.2 8.3.3 8.3.3.1 8.3.3.2 8.3.3.3
356 358 360 364 365 368 369 370 371 376 376 378 379 381 382 382 382 383 383 383
XI1
Inhalt
9.3 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.4
Anforderungen an Walzlagerwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe fur Walzlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niedriglegierte durchhartende Cr- und Cr-Mn-Stahle . . . . . . . . . . Nichtrostende Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmharte Stahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . 431
10.1 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.3 10.4
Anforderungen an Federwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Federstahle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Federstahle fur Normalbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Federstahle fur Beanspruchungen bei hohen Temperaturen . . . . . Federstahle fur stark korrosive Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . Nichteisenmetall-Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polymerwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
433 437 438 441 443 444 446
11
Werkstoffe fur Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
449
11.1 11.1.1 11.1.2 11.2 11.3 11.4 11.4.1 1 1.4.2 1 1.4.3 11.4.4 11.5 11s.1 11s . 2 1 1S.3 11S.4 11.6 11.6.1 11.6.2
Werkstoffe fur Schrauben und Muttern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metallische Schrauben- und Mutternwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . Schraubverbindungen an polymeren Werkstoffen . . . . . . . . . . . . . Werkstoffe fur Niete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klebstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzwerkstoffe fur das Loten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weichlote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartlote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lote fur Werkstoffverbunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Claslote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzwerkstoffe fur das SchweiBen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzwerkstoffe fur das SchweiBen von Stahl . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzwerkstoffe fur das SchweiBen von GuBeisen . . . . . . . . . . . . Zusatzwerkstoffe fur das SchweiBen von NE-Metallen . . . . . . . . . Schweiaen von Polymerwerkstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silicattechnische Verbindungswerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mortel fur feuerfeste Baustoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
449 449 452 453 4.55 4.59 460 461 463 465 465 467 472 473 474 476 476 476
Sachworterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
478
421 422 422 426 427 427
1
Grundsatzliches zur Werkstoffauswahl
Konstruktionswerkstoffe dienen in Form von Bauteilen oder Halbzeugen vorwiegend zur Ubertragung von Kraften und Momenten sowie zur Abgrenzung von Raumen. In der Regel liegen komplexe Beanspruchungsbedingungen vor, d.h. der mechanischen Belastung, die annahernd konstant oder zeitlich veranderlich sein kann, ist der EinfluS hoher oder tiefer Temperaturen sowie von Reibung, VerschleiS und korrosiver Umgebungsmedien uberlagert (Bild 1.1).
- statisch - zyklisch
- Wasser - H2S - Flussigrnetall
- thermisch
Werkstoff Bauteil
SRK S WRK
- SpannungsriBkorrosion - SchwingungsriBkorrosion
Bild 1.1 Uberlagerung von rnechanischer und korrosiver Beanspruchung (schematisch)
Hieraus leitet sich folgende Vorgehensweise bei der Werkstoffauswahl und Werkstoffentwicklung ab [1.1]: 0
0
0
0
Samtliche Einsatzbedingungen mussen hinreichend bekannt sein. Dies umfal3t sowohl Betriebsphasen als auch Stillstandsphasen. Das aus den Betriebsbedingungen abgeleitete Anforderungsspektrum an den Werkstoff sollte dessen Eigenschaftsspektrum luckenlos erfullen. Samtliche fur den Werkstoffeinsatz wichtigen Eigenschaften mussen spezifiziert werden (Grundlage fur die Qualitatssicherung). Durch die Verarbeitung des Werkstoffes bei der Bauteilfertigung darf sich dessen Eigenschaftsspektrum nicht unzulassig verandern.
2 0
1
Grundsatzliches zur Werkstoffauswahl
Im Rahmen der Qualitatssicherung ist der Nachweis zu erbringen, da13 der Werkstoff nach der Fertigung hinsichtlich der genannten Eigenschaften den Spezifikationen entspricht.
Die Losung eines technischen Problems sollte, um ,,einseitige Denkweisen" zu vermeiden und Innovationen zu fordern, stets aus der Sicht samtlicher Werkstoffgruppen (Bild 1.2) angegangen werden. Stark vereinfacht lafit sich die Werkstoffauswahl in den Konstruktionsprozefi wie folgt einordnen, Tabelle 1.1. Bereits in der Konzeptionsphase bieten Werkstoffschaubilder eine nutzliche Hilfe. Sie erlauben es, aus der heutzutage fast unubersehbaren Fulle von Werkstoffen, solche Werkstoffe herauszufinden, die zur Losung des technischen Problems geeignet sind und von vornherein solche Werkstoffe auszusondern, die uberhaupt nicht in Frage kommen.
I Keramische Werkstoffe I
Metallische
I
Verbundwerkstoffe
I
Bild 1.2 Uberblick iibcr Werkstoffgruppen fur Konstruktionen
Tabelle 1 . 1 Einordnung der Werkstoffauswahl in den KonstruktionsprozeB (stark vereinfacht) Auslegung
Anforderungen
Werkstoffauswahl
Naherungsweise Analyse
Konzeption
Betrachtung samtlicher Werkstoffe (geringe Genauigkeit)
Analyse mit groRerer Genauigkeit, Berucksichtigung d e r Leistungsfahigkeit
Anwendungsforrn, Ausfiihrungsart
Teilrnenge an Werkstoffen (hohere Genauigkeit)
Optirnierung, Wirkungsgrad, Nutzeffekt
wie oben
weitere Einengung der in Frage kornmenden Werkstoffe
Detaillierte Analyse, FiniteElemente-Berechnungen u.a.
Festlegung von Details
Festlegung eines Werkstoffes (bestmogliche Genauigkeit)
Exakte Dirnensionierung
Erzeugnis
Verwendung des festgelegten Werkstoffes
1
Grundsatzliches zur Werkstoffauswahl
3
Dadurch wird der ,,trial and error"-Aufwand bereits in der Anfangsphase der Werkstoffauswahl eingeschrankt. Mit fortschreitender Detailuntersuchung wird die Anzahl der in Frage kommenden Werkstoffe weiter eingegrenzt. Unter Beachtung von Anforderungen aus der Technologie der Herstellung, Ver- und Bearbeitung, des Recyclings, der Okologie, von Kostenaufwand und Preisen (Tabelle 1.2) ergibt sich dann die optimale Werkstofflosung. Jede fur ein Erzeugnis zu treffende Werkstoffauswahl impliziert die Auswahl von Technologien der Werkstoffherstellung, Werkstoffver- und -bearbeitung sowie die Auswahl von Prufverfahren und Qualitatsstandards. In der Entwurfsphase einer Konstruktion ist die Frage von Interesse, inwieweit mit Hilfe der Werkstoffschaubilder ausgewahlte Werkstoffe oder Werkstoffgruppen aus technologischer Sicht uberhaupt in Frage kommen und welche Restriktionen und Risiken damit verbunden sind. Dafur kann Tabelle 1.2 als Orientierung dienen. Diese Ubersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollstandigkeit. Sie ist spaltenweise zu lesen, und jeder ausgewahlte Werkstoff sollte nach den dort aufgefuhrten KriTabelle 1.2 Kriterien zur qualitativen Bewertung von Technologien bei der Werkstoffauswahl Erzeugnis
Werkstoffver- und -bearbeitung
Werkstoffherstellung
Ausgangsstoffe
Bereich der herstellbaren Abmessungen, einhaltbare MaBtoleranzen
Fugbarkeit
Schmelzmetallurgie
Reinheitsgrad
Montagemoglichkeit
Beschichtung, Abscheidung (CVD, PVD)
Verfugbarkeit
Pulvermetallurgie Polymerisation, Vernetzung
Toxische Wirkungen GleichmaBigkeit
Qualitat der ProzeBbeherrschung
Preis
Erreichbare Komplexitat
Spangebendelspanlose Formbarkeit
Einzel- oder Serienfertigung
Umweltbelastung, z. B. durch Hilfsstoffe
Schwankungsbreite der nutzbaren Eigenschaften, GleichmaBigkeit der Erzeugnisse Erreichbare Oberflachenqualitat Design, Asthetik Vorliegen von Qualitatsstandards, Liefer- und Abnahmebedingungen, Qualitatsmanagement (DIN I S 0 9000) Reparaturfahigkeit, Instandhaltung Eignung fur Recycling Wiederverwendbarkeit Auswirkungen auf Umwelt, toxische Eigenschaften Inspizierbarkeit Preis
Moglichkeiten fur Beschichtung Moglichkeiten fur thermische und thermochemische Be handlung Verfugbarkeit uber Anlagentechnik Qualitat der ProzeDbeherrschung Vorliegen eines Qualitatsmanagements (DIN I S 0 9000) Kostenaufwand
Umweltbelastung Vorliegen eines Qualitatsmanagements (DIN IS0 9000) Kostenaufwand
Lager- und Transportfahigkeit
4
1
Grundsatzliches zur Werkstoffauswahl
terien qualitativ beurteilt werden. Besonders risikobehaftete Kriterien sind entsprechend hervorzuheben. Diese brauchen nicht der AnlaB fur das Verwerfen des ausgewahlten Werkstoffes zu sein, sondern konnen Entwicklungsarbeiten zum Abbau des Risikos initiieren. Aus der Gesamtheit der positiven und negativen Wertungen ist dann uber den Verbleib des betreffenden Werkstoffes in der Auswahl zu entscheiden. Tabelle 1.2 berucksichtigt allgemeine Kriterien, die weitestgehend unabhangig von der raschen technologischen Entwicklung sind. Werkstoffschaubilder sind grundsatzlich so aufgebaut, daB auf der Ordinate und auf der Abszisse je eine WerkstoffkenngroBe aufgetragen ist. Um die entsprechenden Wertebereiche in einem Schaubild erfassen zu konnen, wird meist ein logarithmischer MaBstab gewahlt. Fur jeden Werkstoff bzw. jede Werkstoffgruppe entstehen nach Eintragung der Kennwerte Felder, die mit einer Hullkurve umrandet werden konnen. Als Beispiel zeigt Bild 1.3 den Elastizitatsmodul E in Relation zur Massendichte p. Jedem Wertepaar (E, p) entspricht ein Punkt in diesem Schaubild. Aus dieser Darstellung geht hervor, daR das Schaubild nicht gleichmal3ig belegt ist, d.h. es gibt Bereiche fur die keine Werkstoffe existieren. Diese ,,weiBen Felder" konnen Anregungen fur die Entwicklung neuer Werkstoffe liefern. Desweiteren konnen dem Schaubild diejenigen Werkstoffe entnommen werden, welche sich bei konstanter Dichte im Elastizitatsmodul unterscheiden. Zum Beispiel erhoht sich der E-Modul bei einer Dichte von ca. 1,5 gkm' von 0,01-0,1 GPa fur Elastomere uber 0,l-10 GPa fur Plasto-
1000 -
steifigkeiv MaGe
Techn.
GPa
091
7
g/cm3
70
Dichte Bild 1.3 Schaubild fur die Werkstoffauswahl nach dem Kriterium ,.Hohe Steifigkeit bei minimaler Masse". Werkstoffaktoren E/p, E"*/p und EWp berucksichtigen Belastungsart und Bauteilgeometrie. Geraden a-b und A-B: Beispiele fur die Werkstoffauswahl (nach M . Ashby)
1
Grundsatzliches zur Werkstoffauswahl
S
und Duromere bis auf ca. SO-200 GPa fur faserverstarkte Verbundstoffe rnit Polymermatrix. Das Schaubild zeigt auch, dal3 dem E-Modul mit dem Betrag von 1000GPa fur Diamant (Hartstoff, am oberen Ende des Keramikfeldes) eine obere Grenze gesetzt ist. An Hand der Abszisse kann der Variationsbereich der Dichte in Abhangigkeit von der Lage der Werkstoffelder abgelesen werden. Holz und Schaumpolymere weisen sehr niedrige Dichten auf. Bei einem E-Modul von ca. 5 GPa ist rnit Holz bei Belastung parallel zur Faser eine geringere Dichte erreichbar als rnit Polymerwerkstoffen. Geschaumte metallische Werkstoffe lassen eine Kombination von niedriger Dichte rnit einem gegenuber Polymerwerkstoffen hoherem E-Modul erwarten. Auljer den beschriebenen Moglichkeiten gestatten diese Werkstoffschaubilder eine Werkstoffauswahl nach Belastungsart (z. B. Zug, Torsion, Biegung, Knikkung, Beulung, Innendruck, Fliehkrafte) und Bauteilgeometrie fur den Leichtbau (z. B. Stabe, Platten, Rohre, Kreiszylinderschalen, Kugelschalen, Sandwichund Hybridverbundbauweisen). Eine Zielfunktion ist dabei minimale Masse bei hoher Steifigkeit. Z u diesem Zweck enthalt das Schaubild Geraden fur konstante Verhaltnisse E/p, EI/*/p, El/3/p, die als Werkstoffakforen bezeichnet werden. So ist E/p fur Stabe und Scheiben unter Zugbelastung, Kreiszylinderschalen unter Innendruck, rotierende Hohlzylinder und Vollscheiben; E1/*/pfur Biegung von Staben rnit kreisformigem Vollquerschnitt, Durchschlagen von Kugel- und Zylinderschalen, Knicken von Staben, Beulung von Kreiszylinderschalen; EWp fur Biegung und Beulung von Rechteckplatten, Biegung von Kreisplatten, Kreiszylinderschalen und fur die Knickung von Staben rnit rechtekkigem Vollquerschnitt, dunnwandigen Rohren und Kreiszylinderschalen heranzuziehen [1.2] bis [1.S]. Geht man von der Beziehung E”3/p = C
(1.1)
aus und logarithmiert diese Gleichung, so erhalt man (1/3)ln E = 1nC + lnp
(1.2)
bzw. In E = 31nC + 31np.
(1.3)
In einem doppeltlogarithmischen Koordinatensystem stellt GI. (1.3) eine Gerade rnit dem Anstieg 3 dar. Die ubrigen in das betrachtete Schaubild eingezeichneten Geraden verlaufen entsprechend dem Exponenten von E flacher. Den geringsten Anstieg weist die Gerade E/p auf. Eine Parallelverschiebung der Geraden von rechts unten nach links oben im Schaubild entspricht einer Zunahme der Werkstoffaktoren E/p, EI/2/p sowie EWp. Samtliche Werkstoffe bzw. Werkstoffgruppen, die von ein und derselben Geraden geschnitten werden, zeichnen sich durch gleich grolje Werkstoffaktoren aus und sind deshalb fur die betreffende Belastungsart und Bauteilgeometrie untereinander austauschbar. Alle links oberhalb der Geraden liegenden Werkstoffe sind wegen der erhohten Werkstoffaktoren als bessere Werkstofflosungen einzustufen, alle rechts unterhalb der Geraden befindliche Werkstoffe bedeuten schlechtere Losungen. Zum Beispiel sind nach der willkurlich eingezeichneten Geraden A-B metallische Werkstoffe (Legierungen), Verbundwerkstoffe und
6
1
Grundsatzliches zur Werkstoffauswahl
Holz fur Zugbelastung parallel zur Faser bezuglich minimaler Masse bei gegebener Steifigkeit, E/p, fur Zugstabe und Zylinderschalen unter Innendruck als gleichwertig anzusehen. Beim Wechsel der Belastungsart und Bauteilgeometrie, im vorliegenden Schaubild durch die Gerade a-b gekennzeichnet, kommen aul3er Legierungen nur noch Polymerwerkstoffe in Betracht, da deren Feld von der Geraden a-b geschnitten wird. D.h. fur Plattenbiegung EI'Yp, sind unter dem Aspekt ,,minimale Masse bei gegebener Steifigkeit" beide Werkstoffgruppen gleichwertig. Als bessere Werkstofflosungen ergeben sich fur diesen Fall Holz und Verbundwerkstoffe, wenn die Gerade a-b im Schaubild weiter nach links parallel verschoben wird. Die beste Losung, d.h. den hochsten Wert E113/pliefert der Werkstoff Holz, dessen Fasern in Langsrichtung beansprucht werden. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daB in der Regel mehrere Schaubilder fur die Werkstoffauswahl herangezogen werden mussen. Dadurch kann sich die nach dem Kriterium ,,minimale Masse/hohe Steifigkeit" ergebende Auswahl weiter einengen. So ist fur den Leichtbau auch eine hohe Tragfahigkeit bei minimaler Masse von Interesse. wofur die Werkstoffaktoren R,/p, Rpl12/p,R,2'/p entsprechend der Belastungsart und Bauteilgeometrie zur Anwendung kommen. In den entsprechenden Schaubildern bedeutet R, fur Metalle, Plastomere und Duromere den Bereich ab Streckgrenze bis zur Zugfestigkeit. da auch Kennwerte nach Umformung mit erfaBt sind. Fur die meisten praktischen Zwecke konnen die R,-Werte fur Zug und Druck als gleich groB angenommen werden. Bei Elastomeren entspricht R, der ReiBfestigkeit. Fur Keramik und Glaser ist fur R, die Bruchfestigkeit unter Druck einzusetzen. Diese ist annahernd 15mal grol3er als die Bruchfestigkeit unter Zug. Bei Verbundwerkstoffen entspricht R, der Bruchfestigkeit unter Zug. Die Druckfestigkeit kann wegen des Knickens der Fasern geringer sein [ 1.21 bis [ 1.41. Literaturhinweise [ 1.11 [ 1.21 [ 1.31 [ 1.4)
[ I .5]
(;rcinzherg. U., E.-M. Horn. P Muuern: Kleine Stahlkunde fur den Chemieapparatebau. 2. Auflage. Diisseldorf Verlag Stahleisen mhH, 1993 Wotermnn. N . A . and M.F: Ashhy (Hrsg.): Elsevier Materials Selector. Vol. 1-3. London: Elsevier Applied Science 1991 Ashhv, M . : Materials Science and Technology 5 (1989) S. 517-525 Zouhnr, G.: Konstruktionswerkstoffe. Vorlesungsunterlagen, Teil 1. Studienmaterial Universitares Technisches Fernstudium, Studiengang Maschinenbau. Hrsg.: Technische Universitat Dresden. Fakultiit Maschinenwesen. Arbeitsgruppe Fernstudium. Ausgabe 1996 Wieciemnntz,J.:Leichtbau, Band 2: Konstruktion. Berlin: Springer-Verlag 1989
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
Trotz vieler Bemuhungen gibt es noch keine einheitliche Systematik fur die Bezeichnung von Werkstoffen. Am altesten und meisten verbreitet ist die Kennzeichnung mit Hilfe von Buchstaben und Ziffern - Kurznamen -, die meist so gewahlt sind, daB sie fur den Verbraucher wichtige Informationen erkennen lassen. Daneben besteht eine reine Ziffernkennzeichnung - Werkstoffnummern -, die in Verbindung mit dem Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung Vorteile aufweist. Obwohl sie fur den Verbraucher weniger anschaulich ist, findet sie in der Praxis zunehmend Anwendung. AuBer diesen genormten Bezeichnungen werden von den Herstellerfirmen Handelsnamen fur ihre Erzeugnisse benutzt. Das bedeutet, daB es fur ein und denselben Werkstoff zahlreiche unterschiedliche Namen gibt, so daB fur den Verbraucher der Werkstoff nur schwer oder gar nicht erkennbar ist. Das trifft sowohl fur die metallischen wie auch polymeren Werkstoffe zu. Den Hauptteil der nachfolgenden Erorterungen wird die Kennzeichnung durch Kurznamen und Werkstoffnummern beanspruchen, da sie bei allen metallischen Werkstoffgruppen angewendet wird. In zwei weiteren Abschnitten wird auf die Kennzeichnung der wichtigsten Vertreter der silicattechnischen Werkstoffe und der Polymeren eingegangen und damit ihrem im Maschinen-, Anlagen- und Apparatebau zunehmenden AusmaB der Verwendung Rechnung getragen. Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, daB es fur den nationalen wie internationalen Vergleich der unterschiedlichsten Werkstoffbezeichnungen Nachschlagewerke wie den Stahlschlussel oder Aluminiumschlussel [2.1], [2.2] gibt, die eine Ruckfuhrung auf den genormten Werkstoffnamen bzw. die Werkstoffnummer ermoglichen.
2.1 Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen Die standig umfangreicher werdende internationale Zusammenarbeit macht es erforderlich, dal3 Normen vereinheitlicht werden. Das gilt auch fur die Normen, in denen die Werkstoffbezeichnungen festgelegt sind. Gegenwartig findet ein Umbruch von nationaler Normung auf Europaische Normung statt, so daB bereits eine grol3e Zahl von Werkstoffnormen, insbesondere fur Eisenwerkstoffe, von den bisherigen DIN-Normen in DIN EN-Normen umgewandelt worden ist, wodurch sich zum Teil erhebliche Veranderungen gegenuber den fruheren Kennzeichnungen ergeben. Da die Umstellungsphase noch nicht abgeschlossen ist, findet man gegenwartig bei den Stahlen und bei GuBeisen alte Kennzeichnungen nach DIN und bereits neue nach DIN EN vor, je nachdem, o b
8
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
fur die Technischen Lieferbedingungen der einzelnen Werkstoffe bzw. Werkstoffgruppen schon Europaische Normen verbindlich geworden sind. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, in den nachfolgenden Erorterungen, sowohl die bisher ublichen als auch die neuen Werkstoffbezeichnungen zu betrachten.
2.1.1 Bezeichnungssysteme fur Stahle Die Bezeichnungssysteme fur Stahle sind in Europa einheitlich genormt (DIN EN 10027) und unterteilt in Kurznamen und Werkstoffnummern. 2.1.1.1 Kurznamen
Fur die Kurznamen werden Ziffern und Buchstaben so gewahlt, daB fur den Werkstoffhersteller und -anwender wichtige Informationen, d. h. bestimmte Eigenschaften oder die chemische Zusammensetzung, erkennbar werden. Grundsatzlich gilt, daB die Kurznamen nur so viele Angaben enthalten, wie zur Charakterisierung des Werkstoffes und zur Unterscheidung von anderen Werkstoffen unbedingt notwendig sind. Weitergehende Informationen sind den jeweiligen Werkstoffnormen zu entnehmen. Die Kurznamen lassen sich in 2 Hauptgruppen einteilen: 0
Gruppe 1
Die Kurznamen geben Hinweise auf die Verwendung und die mechanischen oder physikalischen Eigenschaften der Eisenwerkstoffe. Diese Benennung ist fur Werkstoffe ublich, die auf Grund gewahrleisteter mechanisch-technologischer (Festigkeit, Umformbarkeit) oder physikalischer Eigenschaften (Koerzitivfeldstarke, Ummagnetisierungsverluste) eingesetzt und beim Verbraucher nicht oder nur zur Ruckgangigmachung verarbeitungsbedingter Eigenschaftsanderungen (z. B. nach dem SchweiBen oder Kaltumformen) warmebehandelt werden. 0
Gruppe2
Die Kurznamen geben Hinweise auf die chemische Zusammensetzung. Nach der chemischen Zusammensetzung werden solche Eisenwerkstoffe benannt, bei denen der Gehalt an Legierungselementen Ruckschlusse auf bestimmte Eigenschaften, wie Korrosions- und Zunderbestandigkeit, Warmfestigkeit oder Zerspanbarkeit zulal3t oder die beim Verbraucher zur Einstellung gewunschter Eigenschaften warmebehandelt werden. Kennzeichnung nach der Festigkeit - Kurznarnen der Gruppe 1 Nach der gewahrleisteten Mindeststreckgrenze bzw. Mindestzugfestigkeit werden die Allgemeinen Baustahle bezeichnet. Die Kurznamen nach DIN E N 10027-1 setzen sich aus Haupt- und Zusatzsymbolen wie folgt zusammen: Hauptsymbole
Zusatzsymbole fur Stahle
Zusatzsymbole fur Stahlerzeugnisse
Die Hauptsymbole bestehen aus dem Kennbuchstaben fur die Stahlgruppe (Tabelle 2.1), wobei ein vorangestelltes G StahlguB bedeutet, und der Kennzahl
2.1
Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen
9
Tabelle 2.1 Kennbuchstaben fur Stahlgruooen (Gruooe 1 ) nach DIN EN 10027-1 Kennbuchstabe
Stahlgruppe
S E P L B Y R H D T M
Stahle fur den allgemeinen Stahlbau Maschinenbaustahle Stahle fur den Druckbehalterbau Stahle fur den Rohrleitungsbau Betonstahle Spannstahle Stahle fur oder in Form von Schienen Kaltgewalzte Flacherzeugnisse Flacherzeugnisse aus weichen Stahlen zum Kaltumformen Feinst- und WeiBblech und -band Elektroblech
Tabelle 2.2 Zusatzsymbole der Gruppe 1 nach DINV17006 Teil 100 27 J
Kerbschlagarbeit 40 J
60 J
JR JO 52 53 54 JS 56
KR KO K2 K3 K4 KS K6
LR LO L2 L3 L4 L5 L6
Pruftemp. "C
+ 20 0 - 20
- 30 - 40 -
so
- 60
M = Thermomechanisch behandelt N = Normalgegluht oder normalisierend gewalzt Q = Vergutet G = Andere Merkmale, wenn erforderlich mit 1 oder 2 Ziffern (Symbole M, N und Q gelten fur Feinkornstahle)
fur die Mindeststreckgrenze in N/mm2 fur die kleinste Erzeugnisdicke. Bei den Stahlgruppen Y und R werden die Mindestzugfestigkeit und bei M die hochstzulassigen Ummagnetisierungsverluste angegeben. Es folgen als Zusatzsymbole (unterteilt in Gruppe 1 und 2) die Kennzeichen fur die Gutegruppe (SchweiBeignung und Kerbschlagarbeit nach Tabelle 2.2) und, wenn erforderlich, Kennzeichen fur die Desoxidationsart. Hinzugefugt werden konnen Kennbuchstaben fur die Eignung fur besondere Verwendungszwecke (Zusatzsymbole Gruppe 2), z. B. bedeuten:
C mit besonderer Eignung zur Kaltumformung D fur Schmelztauchuberzuge E fur Emaillierung W wetterfest Als Zusatzsymbol der Gruppe 2 konnen auch chemische Symbole fur vorgeschriebene zusatzliche Elemente, z. B. Cu, und der mit dem Faktor 10 multiplizierte Gehalt angegeben werden.
I0
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
AuBerdem besteht die Moglichkeit, fur Stahlerzeugnisse noch Zusatzsymbole fur den Behandlungszustand, Arten des Uberzuges oder fur besondere Anforderungen durch ein Pluszeichen von den vorhergehenden getrennt, z. B. +C fur den Behandlungszustand ,,kaltverfestigt", +Z fur ,,feuerverzinkt", anzuhangen. Beispiel: Stahl nach DIN E N 10025
1 S355 JOC 2
Hauptsymbol
N
S = Stahl fur allgemeinen Stahlbau 355 = Mindeststreckgrenze = 355 N/mm2 Zusatzsymbol fur Stahl
JO = Kerbschlagarbeit 27 J bei 0 ° C C = mit besonderer Kaltumformbarkeit Zusatzsymbol fur Stahlerzeugnisse
+N
= normalgegluht bzw. normalisierend gewalzt
Fur die Normbezeichnung eines Stahles der Gruppe 1 sind anzugeben: Art des Werkstoffes 0 Nummer der Europaischen Norm 0 Kurzname, womit sich fur den im Beispiel aufgefuhrten Stahl die folgende Normbezeichnung ergibt: 0
Stahl EN 10025 - S355JOC + N. Bisher genormtr Kitrznamen
Die Kurznamen von Stahlen der Gruppe 1 bestanden bisher aus den Kennbuchstaben St bzw. bei StahlguB GS gefolgt von der Mindestzugfestigkeit in kp/mm2,von Stahlen, die nach der Streckgrenze bezeichnet wurden, aus den Kennbuchstaben StE und der Mindeststreckgrenze in N/mm*.Zur weiteren Unterscheidung zwischen den verschiedenen Stahlen konnten zusatzlich noch Buchstaben und Ziffern fur bestimmte Merkmale vorangestellt oder angefugt sein. Soweit noch keine EN-Normen fur die Stahle der Gruppe 1 gultiggeworden sind, werden diese Kurznamen auch weiterhin beibehalten. Eine Liste wesentlicher bisher verwendeter Kennbuchstaben und Zusatzsymbole enthalt die Tabelle 2.3. Durch zwei Beispiele von Stahlen nach DIN 17 115 und DIN 17 178 wird nachfolgend der Aufbau der Kurznamen erlautert: Beispiel: Stahl nach DIN 17 1 IS VergieBungsart R = beruhigt vergossen
: "
Kennzeichen fur Stahl St = Stahl. nicht fur Warmebehandlung vorgesehen Mindestzugfestigkeit = 343 N/mm? (35 kp/mm?) G ute gruppe
2.1 Beispiel:
Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen
11
Stahl nach DIN 17 178
W = warmfester Stahl
Kennzeichen fur Stahl St = Stahl, nicht fur Warmebehandlung vorgesehen Streckgrenze
285 = Mindeststreckgrenze = 285 N/mm2
Tabelle 2.3 Bisher verwendete Kennbuchstaben fur Stahle der G r u m e 1 und 2 Zeichen
Bedeutung
Beispiel
A B C E
alterungsbestandiger Stahl Betonstahl behandelt auf Scherbarkeit Feinkornbaustahl rnit Mindestwerten fur die Kerbschlagarbeit bis - 50°C Stahl fur Flamrn- und Induktionshartung weichgegluht unlegierter Edelstahl mit niedrigem P- und S-Gehalt Stahl rnit Eignung zurn Walzprofilieren kaltgezogener Stahl unlegierter Edelstahl rnit unterer und oberer Begrenzung des S-Gehaltes bei etwa 0,020 bis 0,040% norrnalgegluht zum Gesenkschrnieden geeigneter Stahl Stahl rnit besonderer Eignung zur Kalturnformung Relaiswerkstoff beruhigter und halbberuhigter Stahl besonders beruhigter Stahl therrnornechanisch behandelter Stahl kaltzaher Stahl (fur tiefe Temperaturen geeignet) unberuhigter Stahl unbehandelter Stahl verguteter Stahl Werkzeugstahl warmfester Stahl wetterfester Stahl bei Stabstahl: zum Blankziehen geeignet bei kaltgewalzten Flacherzeugnissen rnit Anforderungen an die Mindeststreckgrenze: rnit besonderer Eignung zur Kaltumformung feuerverzink t
ASt 35 BSt 42/50 100 Cr C EStE 285
f
G k K K m N P q, Q R R RR TM
T, TT U U V W W WT Z Z
Z
Cf 54 Ck 45 G Ck 35 KSt 37-2 St 37 K, C 45 K Cm 45 St 37-3 N. C 45 N PSt 37-3 QSt 37-3, Cq 45 RFe 100 RSt 37-2 RRSt StE 415.7 T M TStE 460, TTSt 35 USt 37-2 St 37-2 U StE 460 V, Ck 45 V c 45 w WStE 355 WTSt 37-3 ZSt 60-2 ZStE 420
St 01 z
12
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
Kurznamen ohne f a t e Systematik Kurznamen von Bandern und Blechen aus weichen unlegierten Stahlen wurden bisher aus den Buchstaben St und Zahlen von 0 bis 30 gebildet, denen Buchstaben und Zahlen zur Kennzeichnung der Oberflache oder des Behandlungszustandes folgten. Bei Warmband, das fur unmittelbare Weiterverarbeitung vorgesehen ist, wird an St der Buchstabe W angehangt.
Stahl, Werkstoffnummer 1.0338
Kurznamen der unlegierten Stahle fur den Druckbehalterbau wurden aus dem Buchstaben H und den romischen Zahlen I bis IV fur die Festigkeit gebildet. Fur Ubertragerbleche bestanden die Kurznamen bisher nur aus den Guteklassen A bis F mit fortlaufender Nummer, z. B. A 3. Feinstblech und WeiDblech wurden bisher rnit T und einer Zahl fur den angestrebten Hartebereich bezeichnet z. B. T 52. Kennzeichnung nach der chemischen Zusammensetzung Die Kurznamen der Gruppe 2 werden in vier Untergruppen unterteilt, die sich hinsichtlich des Gehaltes an Legierungselementen unterscheiden. Es erfolgt eine Einteilung in: 0
unlegierte Stahle mit einem mittleren Mn-Gehalt < 1 % legierte Stahle mit einem mittleren Gehalt der einzelnen Legierungselemente unter 5 % bzw. unlegierte Stahle rnit einem mittleren Mn-Gehalt > 1 %. hochlegierte Stahle Schnellarbeitsstahle.
Alle vier Untergruppen enthalten chemische Elemente, die entweder absichtlich zugegeben werden (fur metallurgische Reaktionen oder zur Einstellung bestimmter Eigenschaften) oder, aus den Einsatzstoffen stammend, aus technischen oder wirtschaftlichen Grunden nur unvollstandig oder gar nicht aus der Schmelze entfernt werden konnen. Deshalb gibt es aul3er fur Kohlenstoff Grenzgehalte, bei deren Uberschreiten die Werkstoffe als legiert bezeichnet werden (EN 10020). Als Grenzwerte gelten z. B. fur: Aluminium Bor Chrom Kupfer
0,10% 0,0008Yo 0,30 Yo 0,40 Yo
Mangan Nickel Silicium Titan
1,65% 0 3 yo 030 % 0,05 %
Eisenwerkstoffe, die nur Kohlenstoff enthalten, gleich welcher Hohe, gelten immer als unlegiert.
2.1
Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen
13
Die Kurznamen nach DIN E N 10027-1 bestehen wie auch bei den Stahlen der Gruppe 1 aus Haupt- und Zusatzsymbolen, wobei fur die 4 Stahlgruppen unterschiedliche Regeln fur die Bildung gelten. Fur die Schreibweise der Kurznamen ist zu beachten, dalj die Kennbuchstaben und Kennzahlen ohne Leerzeichen fortlaufend aneinander gereiht, die Kennzahlen fur die Legierungsgehalte jedoch durch Bindestrich getrennt werden. Die Kurznamen nach DIN E N 10 027-1 entsprechen weitgehend den bisher gebrauchlichen Kurznamen, die bisherigen Zusatzsymbole enthalt Tabelle 2.3. 0
unlegierte Stahle
Die Hauptsymbole sind C - fur Kohlenstoff - und eine Zahl, die dem Hundertfachen des mittleren Kohlenstoffgehaltes entspricht. Zusatzsymbole geben Hinweise auf den Verwendungszweck oder den Schwefelgehalt (Gruppe 1, siehe Tabelle 2.4) sowie zusatzliche Elemente, z. B. Cu, und falls erforderlich eine einstellige Zahl, die den mit 10 multiplizierten Mittelwert des Gehaltes angibt (Gruppe 2). Beispiel:
unlegierter Stahl nach DIN EN 10 016-2
0,70% Kohlenstoff zum Drahtziehen
'"f
Tabelle 2.4 Zusatzsymbole der Gruppe 1 nach DIN V 17 006 Teil 100 Symbol
Bedeutung
E R D C S
vorgeschriebener max. S-Gehalt vorgeschriebener Bereich des S-Gehaltes zurn Drahtziehen besondere Kaltumformbarkeit fur Federn fur Werkzeuge fur SchweiDdraht andere Merkmale
U W G
0
legierte Stahle (Gehalte der einzelnen Elemente unter 5 %)
Die Kurznamen werden durch folgende Haupt- und Zusatzsymbole gebildet : eine Zahl, die dem Hundertfachen des mittleren Kohlenstoffgehaltes entspricht, gefolgt von den Symbolen fur die den Stahl charakterisierenden Legierungselemente und Zahlen, getrennt durch Bindestrich, die dem mittleren Gehalt der Elemente, multipliziert mit folgenden Faktoren, entsprechen. Cr, Co, Mn, Ni, Si, W Al, Be, Cu, Mo, Nb, Pb, Ta,Ti, V, Z r Ca, N, P, S B
Faktor Faktor Faktor Faktor
4 10 100 1000
2
14
Beispiel: 0,5%
Kennzeichnung der Werkstoffe
legierter Stahl nach DIN EN 10083
c
50CrMo4
Chrom Molybdan 1% Cr
a
hochlegierte Stahle (auJ3erSchnellarbeitsstahle)
Die Hauptsymbole bestehen aus einem X und einer Zahl, die dem Hundertfachen des mittleren Kohlenstoffgehaltes entspricht, gefolgt von den Symbolen fur die den Stahl charakterisierenden Legierungselemente und Zahlen, getrennt durch Bindestrich, die den mittleren, auf ganze Zahlen gerundeten Gehalt der Elemente angeben.
hochlegierter Stahl 0,05%
a
c
Schnellarheitsstahle
Als Hauptsymbole werden HS (derzeitig noch S) gefolgt von Zahlen, die durch Bindestrich getrennt, den prozentualen Gehalt der Legierungselemente in der Reihenfolge Wolfram - Molybdan - Vanadium - Cobalt angeben, verwendet.
Schnellarbeitsstahl
8% Cobalt * 1.Z. noch keine D I N E N . derreitig gulrig: DIN 17350 mit der Stahlhcieichnung S 2-10-1-8
Fur Stahlerzeugnisse konnen, getrennt durch ein Pluszeichen, noch Symbole fur den Behandlungszustand oder fur besondere Anforderungen hinzugefugt werden.
2.1
Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen
15
Beispiel: +LC LC = Gegluht zur Erzielung kugeliger Carbide Die Bedeutung hier nicht genannter Zusatzsymbole ist der DIN V 17 006 Teil 100 bzw. dem DIN-Normenheft 3 [2.3] zu entnehmen.
2.1.I .2 Werkstoffnummern
Die Werkstoffbezeichnung nach einem Nummernsystem hat sich fur alle Werkstoffe, auch fur nichtmetallische, durchgesetzt (DIN 17 007). Das Nummernsystem besteht aus einer siebenstelligen Ziffernfolge:
xxxx xx Tx.I
Anhangezahlen
I Sortennummer
Werkstoffhauptgruppe Die Ziffern fur die Werkstoffhauptgruppen wurden nach folgendem Rahmenplan vergeben (Tab. 2.5): Tabelle 2.5 Rahrnenplan fur Werkstoffhauptgruppen nach D I N 17 007
Ziffer
Hauptgruppe
0 und 1
Eisen und Stahl 0 1
2+3
Roheisen und Ferrolegierungen Stahl Nichteisenmetalle
2 3
Schwerrnetalle auBer Eisen Leichtmetalle
4 bis 8
Nichtmetallische Werkstoffe
9
frei fur interne Benutzune
Werkstoffnutnmern fur Stahl Fur die Kennzeichnung mit Werkstoffnummern wurde fur Stahl die D I N E N 10027-2 eingefuhrt (Ersatz fur DIN 17007 Teil 2 sowie Angaben zum Werkstoff Stahl in DIN17007 Teil 1). Fur alle Stahle, die in europaischen Normen enthalten sind, wird eine Werkstoffnummer nach diesem System festgelegt. Die Werkstoffnummern gelten zusatzlich zu den bereits erlauterten Kurznamen nach DIN EN 10 027-1. Die Werkstoffnummern bestehen aus bis zu 7 Ziffern und sind nach folgendem Schema aufgebaut:
16
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
*
Zahlnummer in Klammern: fur zukunftigen Bedarf vorgesehen
L
Stahlgruppennummer Werkstoffhauptgruppennummer 1 = Stahl
Es entfallen die fruher in DIN 17007 fur Stahl enthaltenen Anhangezahlen fur das Stahlgewinnungsverfahren und den Behandlungszustand. In DIN EN 10027-2 wurde eine Einteilung der Stahle in Stahlgruppen entsprechend EN 10 020 und nach kennzeichnenden Merkmalen (z. B. Zugfestigkeit R,, C-Gehalt, Legierungselemente) vorgenommen. Die Stahlgruppennummern bedeuten dabei: Unlegierte Stahle 00 und 90 01-07 und 91-97 10-19
Grundstahle Qualitatsstahle Edelstahle
Legierte Stahle 08 und 09; 98 und 99 20-29 30-39 4049 50-89
Qualitatsstahle Werkzeugstahle verschiedene Stahle chemisch bestandige Stahle Bau-, Maschinenbau- und Behalterstahle
Beispiel: Stahl Stahlgruppennummer: Werkzeugstahle Zahlnurnmer fur X210Cr12 nach DIN 17 350
2.1.2 Bezeichnungssysteme fur GuOeisen Fur GuBeisen wurde nach prEN 1560 ein Europaisches Bezeichnungssystem fur Kurzzeichen und Werkstoffnummern eingefuhrt, das sich von dem bisherigen System wesentlich unterscheidet. Deshalb sol1 zunachst das neue System und anschlieBend das bisherige, das auch weiterhin fur GuBeisen nach noch bestehenden DIN-Normen gultig ist, betrachtet werden. 2.1.2.1 Kurzzeichen
Die Kurzzeichen fur die einzelnen GuBeisenwerkstoffe setzen sich nach prDINEN 1560 aus bis zu 6 Teilen zusarnmen, wobei einige (Mikro- oder Makrostruktur und zusatzliche Anforderungen) nur erforderlichenfalls angegeben werden. Obligatorisch sind die in der Tabelle 2.6 aufgefuhrten Zeichen in der gegebenen Reihenfolge.
2.1
17
Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen
Tabelle 2.6 Kennzeichnung von GuBeisenwerkstoffen durch Kurzzeichen nach prDIN E N 1560 Merkmal
Zeichen
Vorsilbe
EN-
Metallart
GuBeisen
GJ
Graphitstruktur
1ame11a r kugelig Ternperkohle vermikular graphitfrei (HartguR) ledeburitisch Sonderstruktur
L S M V H X
mechanische Eigenschaften*
Zugfestigkeit Mindestwert in N/mrn* Dehnung Mindestwert in YO Probenstiickherstellung: getrennt gegossen angegossen einem GuBstiick entnomrnen Brinellharte Kerbschlagwert Prufternperatur: Raumtemperatur Tiefternperatur
z. B. 350 z. B. -19
Symbol Kohlenstoffgehalt in % x 100 (wenn signifikant) Legierungselemen t Gehalt der Legierungselemente in YO
X z. B. 300 z. B. Cr Z.B. 9-5-2
chemische Zusarnrnensetzung*
*
S
A C z. B. H155
RT LT
angegeben werden entweder die mechanischen Eigenschaften oder die chemische Zusammensetzung
A Europaische Norm (Vorsilbe) GuBeisen Graphitstruktur: kugelig Mindestzugfestigkeit 350 N/mm2
Fur legiertes GuBeisen werden nach den Buchstaben EN-GJ das Zeichen fur die Graphitstruktur, das Symbol X fur die Kennzeichnung nach der chemischen Zusammensetzung, wenn erforderlich die Kennzahl fur Kohlenstoff, und anschliel3end die Legierungselemente mit den nachfolgenden durch Bindestrich getrennten Legierungsgehalten angegeben.
2
18
Beispiel:
Kennzeichnung der Werkstoffe
legiertes GuBeisen nach EN XXXX” rMo 15-
i
Vorsi I be GuBeisen graphitfrei, ledeburitisch (HartguB) Symbol: chemische Zusammensetzung
3% Kohlenstoff Chrom Molybdan 15% Cr
3% Mo
Bisher genornzte Kiirzzeichen Die Kurzzeichen bestehen aus Kennbuchstaben und einer Zahl fur die Mindestzugfestigkeit in kp/mm2 oder fur die Harte. Die einzelnen Kennbuchstaben bedeuten:
GG GGG GGL GS GTS GTW
GuBeisen rnit Lamellengraphit GuBeisen rnit Kugelgraphit Austenitisches GuBeisen rnit Lamellengraphit StahlguB nicht entkohlend gegliihter (schwarzer) TemperguB entkohlend gegluhter (weiBer) TemperguB
Fur hochlegierte GuBeisensorten werden die Hauptlegierungselemente und die Legierungsgehalte dem Kennbuchstaben nachgestellt. Beispiele: GuBeisen mit Lamellengraphit nach DIN 1691 GuBeisen mit Lamellengraphit Mindestzugfestigkeit 150 N/mm2 Austenitisches GuBeisen rnit Kugelgraphit nach DIN 1694 GGG-NiCr20 3 GuBeisen rnit Kugelgraphit 1 Nickel Chrom 20% Ni 3% Cr
2.1
Kennzeichnung von Eisenwerkstoffen
19
2.1.2.2 Werkstoffnummern
Die Werkstoffnummern nach prDIN EN 1560 setzen sich aus Buchstaben und Ziffern mit insgesamt 9 Stellen zusammen. Die Werkstoffnummer beginnt in der 1. Stelle mit der Vorsilbe EN- und in der 2. Stelle mit J fur GuBeisen. Es folgt der Kennbuchstabe fur die Graphitstruktur entsprechend Tabelle 2.6. Die erste Ziffer gibt das Hauptmerkmal (Tabelle 2.7), die beiden folgenden den jeweiligen Werkstoff (00 bis 99 in der entsprechenden Werkstoffnorm festgelegt) und die letzte Ziffer die fur den Werkstoff festgelegten Anforderungen (Tabelle 2.8) an. Tabelle 2.7 Hauotmerkmale fur GuReisen nach urDIN EN 1560 Hauptmerkmal
Zahl
Reserve Zugfestigkeit Harte chemische Zusammensetzung Reserve nicht genormter Werkstoff
0 1 2 3 4 bis 8
9
Tabelle 2.8 Festgelegte Anforderungen an GuBeisenwerkstoffe Anforderungen
Zahl
keine besonderen Anforderungen getrennt gegossenes Probestuck angegossenes Probestuck einem GuBstuck entnommenes Probestuck Schlagzahigkeit bei Raumtemperatur Schlagzahigkeit bei Tieftemperatur festgelegte SchweiBbarkeit GuBstuck im GuBzustand warmebehandeltes GuBstuck zusatzlich in der Bestellung festgelegte Anforderungen oder Kombination von in der Werkstoffnorm festgelegten einzelnen Anforderungen
0 1 2 3
Beispiel: Vorsilbe GuBeisen Graphitstruktur: kugelig Hauptmerkmal: Zugfestigkeit jeweiliger Werkstoff festgelegte Anforderungen an den jeweiligen Werkstoff: keine besonderen Anforderungen
4
5 6 I 8 9
2
20
Kennzeichnung der Werkstoffe
Bisher genormte Werkstoffnummern Die bisherigen Werkstoffnummern fur GuBeisen nach DIN 17 007-3 haben die Hauptgruppennummer 0. Sie sind ahnlich aufgebaut wie die Werkstoffnummern fur Stahl. In den Sortennummern bedeuten die ersten beiden Stellen die Sortenklassen (60-99 fur GuBeisen), die beiden folgenden Stellen sind reine Zahlnummern. Beispiel: Hauptgruppe (Roheisen, Vorlegierungen, GuBeisen)
2
Sortenklasse fur GuBeisen mit Lamellengraphit, unlegiert Zahlnummer, festgelegt fur GG-15 nach DIN 1691
2.2 Kennzeichnung von Nichteisenwerkstoffen Die Kennzeichnung der Nichteisen-(NE-)Werkstoffe war lange Zeit uneinheitlich. Neben Kurzbezeichnungen, die denen der Stahle ahnlich waren, bildeten historisch uberlieferte Legierungsnamen, wie Messing, Bronze, Neusilber, RotguR oder WeiBmetall und sogar Handelsnamen, wie Hydronalium, die Grundlage der Benennung. Die nunmehr eingefuhrten weitgehend einheitlichen Bezeichnungen der NEWerkstoffe bestehen, wie bei den Stahlen, aus Angaben zur Lieferform, zu den Abmessungen und zum Werkstoff. Im folgenden sol1 nur auf die letztgenannten eingegangen werden.
2.2.1 Kurzzeichen Das Kurzzeichen fur ein NE-Metal1 nach DIN 1700 setzt sich aus Kennzeichen, die Hinweise auf die Herstellung, Verwendung, Zusammensetzung und besondere Eigenschaften geben, in folgender Reihenfolge zusammen: 0
0
0
Kennbuchstaben fur die Herstellung und Verwendung: GuB (allgemein) G DruckguB GD KokillenguB GK SchleuderguB (,,ZentrifugalguB") G Z Vor- und Verschnittlegierung V Gleitmetall (Lagermetall) GI Lot L Kennzeichen fur die Zusammensetzung Chemische Symbole des Grundstoffs (Hauptbestandteil) und der Legierungszusatze sowie Kennzahl der Gehalte Kurzzeichen fur besondere Eigenschaften
2.2
21
Kennzeichnung von Nichteisenwerkstoffen
Unlegierte Metalle Die reinen Metalle werden durch das chemische Symbol und den Gehalt (geforderter mindester Reinheitsgrad) bezeichnet. Nach dem Reinheitsgrad kann eine Unterteilung in Hutten- (Kennbuchstabe H), Rein- (kein Kennbuchstabe) und Reinstmetall (R) erfolgen. Diese Kennbuchstaben werden vorangestellt (Ni, Mg) oder nachgestellt (bisherige Bezeichnung fur Al-Werkstoffe). Beispiel: H-Ni99,6 Bei Kupfer werden dem chemischen Symbol, getrennt durch einen Bindestrich, Buchstaben ( A bis F) fur den Reinheitsgrad vorangestellt (F reiner als A). Weitere Buchstaben bezeichnen z. B. Elektrolytkupfer (E) und Katodenkupfer (KE). Sauerstofffreies Kupfer wird durch Voranstellen von:
0 = S = SW = SF =
desoxidationsmittelfrei mit Phosphor desoxidiert niederer Restphosphorgehalt hoher Restphosphorgehalt
gekennzeichnet. Fur unlegiertes Titan werden Kurzzeichen verwendet, die nicht den Reinheitsgrad, sondern wertneutrale Zahlnummern enthalten, z. B. Til, Ti2.
N E - Metallegierungen
Die Kurzzeichen der NE-Metallegierungen enthalten die chemischen Symbole des Basismetalls und der charakteristischen Elemente, nach der GroBe der Legierungsgehalte geordnet, und die Gehalte dieser Elemente in ganzen Prozenten. Letztere stehen hinter dem jeweiligen Symbol. Nur wenn es zur Unterscheidung ahnlich zusammengesetzter Legierungen erforderlich ist, werden Dezimalbruche eingesetzt. Multiplikationsfaktoren wie bei Stahl werden nicht angewendet. Die Gehalte fur Legierungszusatze werden weggelassen, wenn die Angabe der chemischen Symbole die Legierung genugend kennzeichnet. Zur Unterscheidung von anderen Werkstoffen konnen zusatzlich weitere Legierungselemente aufgefuhrt sein. An die Kennzeichnung fur die Zusammensetzung konnen noch Kurzzeichen fur die Angabe des Behandlungszustandes oder der Mindestwert der Zugfestigkeit in kp/mm2 mit dem vorangestellten Buchstaben F angefugt werden. Beispiel:
Kupfer-Zink-Legierung nach DIN 17 660
34 Kupfer Zink
38% Zn Blei 1,5% Pb Mindestzugfestigkeit 334 N/mm2
22
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
2.2.2 Werkstoffnummern Die Werkstoffnummern fur NE-Metalle sind entsprechend dem Rahmenplan nach DIN 17007 Teil 1 aufgebaut (s. Abschn. 2.1.1.2). Sie sind siebenstellig, wobei die erste Zahl. die Hauptgruppen-Nummer ist. Eine 2 steht fur Schwermetalk (aul3er Eisen) und eine 3 fur Leichtmetalle. Die Sortennummer (2. his 5. Stelle) kennzeichnet die Grundmetalle (Tabelle 2.9). Die Anhangezahlen (6. und 7. Stelle) sind einheitlich fur alle NE-Metalle und geben den Werkstoffzustand an (s. Tab. 3 in DIN 170074). Beispiel: Leichtmetall Aluminiumlegierung G-AlSi12 nach DIN 1725-2 SandguB, GuBzustand Tabellc 2.9 Einteilung der Hauptgruppen 2 und 3 nach DIN 17007-4
Werkstoffnummernberciche
NE-Grundmetalle
2.0000 his 2.1799 2.1XOO his 2.1999 2.2000 bis 2.2499 2.2500 his 2.2990 2.3000 his 2.3409 2.3500 bis 2.3999 2.4000 his 2.4W) 2.5000 bis 2.5999 2.6000 bis 2.6999 2.7000 bis 2.9999 3,0000 his 3.4999 3,5000 bis 3.5999 3.6000 bis 3.6999 3.7000 bis 3.7999 3.8000 bis 3.9999
CU Rcscrvc Zn, Cd Rewrve
Pb Sn
Ni, Co Edelme t al le Hochschmelzende Metalle Reserve Al
Mg Reserve Ti Reserve
2.2.3 Kennzeichnung von Aluminium und AluminiumKnetlegierungen Fur Aluminium und Aluminium-Knetlegierungen ist ein neues Bezeichnungssystem mil chemischen Symbolen, d. h. Kurznamen nach der chemischen Zusammensetzung, sowie ein numerisches Bezeichnungssystem eingefiihrt worden (DIN EN 573). Das numerische Bezeichnungssystem unterscheidet sich erheblich von den bisher genormten Bezeichnungen. Nurnerisches Brzeichnungssystem
Das numerische Bezeichnungssystem mil vier Ziffern fur Aluminium und Aluminium-Knetlegierungen entspricht den von der Aluminium Association (AA)
2.2
Kennzeichnung von Nichteisenwerkstoffen
23
ausgesprochenen Empfehlung fur ein internationales Bezeichnungssystem. Grundsatzlich wird allen Werkstoffbezeichnungen vorangestellt : E N AW- wobei EN fur Europaische Norm, A fur Aluminium und W fur Halbzeug und das entsprechende Vormaterial steht. Nach E N folgt ein Leerzeichen, der Buchstabe W wird durch einen Bindestrich von der folgenden Bezeichnung getrennt. Die erste Ziffer kennzeichnet die Legierungsgruppe. Es bedeuten: lXXX (Serie 1000) Aluminium, mindestens 99 % und groDer Hauptlegierungselement : Kupfer 2XXX (Serie 2000) 3XXX (Serie 3000) Mangan Silicium 4XXX (Serie 4000) Magnesium 5XXX (Serie 5000) 6XXX (Serie 6000) Magnesium und Silicium Zink 7XXX (Serie 7000) sonstige Elemente 8XXX (Serie 8000) nicht verwendete Gruppe 9XXX (Serie 9000) Bei der Serie lXXX kennzeichnen die beiden letzten Ziffern den Mindestanteil an Aluminium in Prozent. Wird dieser bis auf 0,01 YOangegeben, entsprechen die beiden letzten Ziffern den Dezimalen nach dem Komma. Mit der zweiten Ziffer werden die Verunreinigungsgrenzen ausgedruckt. Null bedeutet unlegiertes Aluminium mit naturlichen Verunreinigungsgrenzen, die Ziffern 1 bis 9 eine oder mehrere besondere Verunreinigungen oder Legierungselemente. In den Serien 2XXX bis 8XXX dienen die beiden letzten Ziffern der Bezeichnung verschiedener Aluminiumlegierungen in der Serie; die Ziffern haben keine bestimmte Bedeutung. Steht als zweite Ziffer eine Null, so handelt es sich um die Originallegierung. Legierungsabwandlungen werden fortlaufend die Ziffern 1 bis 9 zugeordnet. Zusatzlich zur Ziffernbezeichnung kann durch einen angehangten Buchstaben eine nationale Legierungsvariante gekennzeichnet werden. Beispiel:
Aluminium-Knetlegierung nach DIN E N 573-3
Aluminium-Knetlegierung Hauptlegierungselement Cu Originallegierung Legierung mit 3,8 1,2 bis 1,8% Mg (EN AW-A1 Cu4Mgl) Luftfahrtwerkstoffe werden international ebenfalls nach dem numerischen System unter Voranstellung der Buchstaben A A bezeichnet.
Bezeichnung nach der chemischen Zusammensetzung Ublicherweise werden alle Bezeichnungen nach diesem Bezeichnungssystem in eckige Klammern gesetzt und nach der numerischen Bezeichnung angegeben. In Ausnahmefallen ist es auch moglich, nur die Bezeichnung nach der chemischen Zusammensetzung vorzunehmen, es ist die Abkurzung E N AW- voranzustellen.
24
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
Unlegierte Aluminium-Knetwerkstoffe werden durch das chemische Symbol A1 und darauf folgend den Reinheitsgrad gekennzeichnet, wobei A1 und der Reinheitsgrad durch ein Leerzeichen getrennt werden. Beispiel: E N AW-l199[Al99,99] E N AW-A199,99
Aluminiumgehalt mindestens 99,99 %
Aluminium-Knetlegierungen werden durch das Symbol A1 gefolgt von dem Symbol fur das Hauptlegierungselement oder der Hauptlegierungselemente gekennzeichnet. Nach dem Symbol wird der jeweilige Mittelwert des Massegehaltes in Prozent angegeben. Bei mehreren Legierungselementen erfolgt die Anordnung in fallender Reihenfolge des Nenngehaltes. Beispiel:
EN AW-6013[AI MglSi0,8CuMn] bzw. Aluminium-Knetlegierung
n
Aluminium( legierung) Magnesium mit 0,8 bis 1,2% Silicium mit 0,6 bis 1,5% Kupfer Mangan Zur Unterscheidung zweier Legierungen mit ahnlicher Zusammensetzung wird durch den Mittelwert des Nenngehaltes unterschieden (auf ganze Zahl oder, wenn notwendig, auf das nachste 5/10 bzw. bei Masseanteilen unter 1 % auf das nachste 1/10 gerundet). Reicht dies zur Unterscheidung nicht aus, so erfolgt die Angabe des Mittelwertes des zweithochsten Legierungelementes in gleicher Weise. Daruber hinaus kann in Klammern noch ein Zusatzbuchstabe angefugt werden. Nach dem Symbol A1 folgt zur Trennung immer ein Leerzeichen. Da die Umstellung von Werkstoffbezeichnungen i. a. in der Praxis einen groljeren Zeitraum beansprucht, werden in den folgenden Kapiteln dieses Buches im Text sowohl die bisher genormten Kurznamen als auch zusatzlich in Klammern die neuen numerischen Bezeichnungen angegeben.
2.3 Kennzeichnung der Polymeren Relativ uberschaubar, international meist einheitlich in der Anwendung und fur alle wichtigen technisch genutzten Polymeren genormt ist die Kennzeichnung nach der chemischen Bezeichnung durch Kurzzeichen [2.10 his 2.141. Sie setzen sich fur Homopolymere (Verknupfung von nur einer Sorte von Monomeren zum Makromolekul) aus zwei bis funf groljen Buchstaben zusammen, die aus den Anfangsbuchstaben der Wortteile des Werkstoffnamens (in englischer Schreibweise) ausgewahlt sind, z. B. Polyethylen (Polyethylene) PE oder Polycarbonat (Polycarbonate) PC. Das hat allerdings zur Folge, dalj oft gleiche Buchstaben fur unterschiedliche Wortteile verwendet werden mussen. So wird A fur die Kenn-
2.3
Kennzeichnung der Polymeren
25
zeichnung von Acrylnitril, Acrylat, Amid und Acetat benutzt oder P gleichzeitig fur Poly-, Propylen, Propionat, Phenylen, Penten und Phthalat. Bei Copolymeren werden die Kurzzeichen unter Wegfall des Anfangs-P (fur Poly-) aus denen der Monomeren in der Reihenfolge abnehmender Masseanteile, getrennt durch Schragstriche, gebildet, z. B. E/P (Ethylen-PropylenCopolymere), S/B (Styren-Butadien-Copolymere), VC/E/MA (VinylchloridEthylen-Methacrylat-Copolymere).Fur bereits gut eingefuhrte Kurzzeichen entfallen die Schragstriche: ABS (Acrylnitril-Butadien-Styren-Copolymere), EVA (Ethylen-Vinylace tat-Copolymere). Bei Polymermischungen (Blends) werden die Kurzzeichen der einzelnen Polymere mit Pluszeichen verbunden und der Gesamtausdruck in Klammern gesetzt, z. B. (PMMA + ABS). Die Kurzzeichen geben in fast allen Fallen lediglich die Werkstoffart an. Oft lassen sie noch Ruckschlusse auf die Grundbausteine der Makromolekule zu, enthalten aber keine weiteren Informationen, insbesondere daruber, in welcher Form der Werkstoff vorliegt, welche Zusatze und Eigenschaften er aufweist und fur welche Einsatzgebiete er in Frage kommt. Dazu bedarf es zusatzlicher Angaben. Die Kurzzeichen werden gleichermaljen verwendet fur die Kennzeichnung des formlosen, noch nicht zum Erzeugnis verarbeiteten Stoffes, der sogenannten Formmasse (Pulver, Granulat, Paste), wie auch fur den Formstoff (Halbzeug, Formteil). Beachtet werden mu13 auaerdem, dalj einige Werkstoffbezeichnungen Sammelnamen fur eine ganze Gruppe unterschiedlicher Werkstoffe darstellen, z. B. Epoxidharz, Polyester oder Polyurethan, so dalj zur genauen Bezeichnung noch hinzugefugt werden muljte, aus welchen Monomeren die Makromolekule aufgebaut wurden. Aus den genannten Grunden ist eine weitergehende Kennzeichnung von Polymenverkstoffen erforderlich. Sie wird fur Duromere und Elastomere unterschiedlich gehandhabt und meist noch nach eigenem Ermessen durch den Hersteller mit Hilfe zusatzlicher Buchstaben und/oder Zahlen vorgenommen. Die Normung der gesamten zusatzlichen Kennzeichnung und eine internationale Abstimmung dazu sind im Gange. Einen ersten weiteren Schritt macht DIN 7728: In Verbindung mit dem Kurzzeichen des Polymeren konnen bis zu vier wesentliche Eigenschaften durch zusatzliche Kennbuchstaben hinter dem Kurzzeichen des Polymers, getrennt durch einen Bindestrich (sog. Mittestrich), angegeben werden.
Basispolymer
D
Dichte
k
26
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
2.3.1 Kennzeichnung von Duromeren Fur diese Werkstoffgruppe hat sich ein Kennzeichnungssystem in Form der Tvpisierirng herausgebildet. Grundlage dafur sind Zusammensetzung und typische Eigenschaften, die den betreffenden Duromer-Typ ausreichend charakterisiercn und in Typentabellen fur Duromere mit den unterschiedlichsten Bindemitteln sowie Full- und Verstarkungsstoffen genormt sind. Als Standardtypen gelten nur solche, die die in den Tabellen angegebenen Mindestanforderungen erfullen. Sie unterscheiden sich in der Hauptsache durch Art und Anteil des hochmolekularen Bindemittels, durch Art und Struktur der Fullstoffe sowie in ausgewahlten mechanischen. thermischen und elektrischen Eigenschaften. Das bereits vor 1945 entwickelte Kennzeichnungssystem nach Typen basiert auf Richtwerten (meist als Mindestforderungen), z. B. gilt DIN 7708 fur PF-, UFund MF-Formmassen oder DIN 16911 fur UP-Formmassen. Fur Hartpapier (Hp) und Hartgewebe (Hgw) wurde mit DIN7735 ein anderes Kennzeichnungssystem geschaffen: Beispiel:
2083.5
DIN 7735
Kurzzeichen der Art des SchichtpreBstoffes Kennziffer fur SchichtpreRstoffc (2) Harzbasis Harztrager Harzgehalt Gewebeart
4. Ziffer
Lieferform Eigenschaften
5. Ziffer
Normnummer Danach ist Hgw 2083.5 ein Hartgewebe (Hgw), das als SchichtpreBstoff (2) auf Phenol-Kresolharz-Basis (0) mit Gewebe aus feinstfadigen Naturfasern (8) als Halbzeug in Form von Tafeln (3) gehandelt wird und elektrisch hochwertig ( 5 ) ist. Fruher ubliche Bezeichnungen wie G U P (glasfaserverstarkter ungesattigter Polyester) bzw. GFK (glasfaserverstarkter Kunststoff) sind zu vermeiden. Bci Glasfaserverstarkung oder -fullung wird dem Werkstoffkurzzeichen G F vorangestellt. Durch eine Zahl als Index laBt sich der Glasfaseranteil in % ausdrucken. GF5,,-EPist demnach ein mit 50% Glasfaseranteil verstarktes Epoxidharz. Spezielle Kennzeichnungen anderer Duromere sind den gultigen Normcn oder aus Herstellerunterlagen zu entnehmen (s. a. Abschn. 3.4.3). Das Bezeichnungssystem nach Typen ist fur die unterscheidende Qualitatssicherung geeignet, nicht aber fur die rechnerische Auswertung bei der Formteilkonstruktion. Deshalb wurde mit der Neuausgabe von DIN 7708 (1992/1993) eine Angleichung der Probekorper-MaBe fur duroplastische Formmassen an die der thermoplastischen Formmassen vorgenommen, so daB nun hinsichtlich der
2.3
Kennzeichnung der Polymeren
27
mechanischen und thermischen Eigenschaften fur Thermoplaste und Duroplaste normgerechte Vergleichswerte existieren.
2.3.2 Kennzeichnungvon Thermoplasten Im Gegensatz zu den Duromeren, wo die Eigenschaften in starkem MaBe vom Full- bzw. Verstarkungsstoff abhangen, haben bei den Thermoplasten der chemische Aufbau, die Lange und Gestalt des Makromolekuls sowie Art und Grad der Zusammenlagerung den dominierenden EinfluB auf die fertigungs- und anwendungstechnischen Eigenschaften. Eine ausreichend treffende Kennzeichnung der Thermoplaste mu13 diesem Sachverhalt Rechnung tragen. Zu Beginn ihrer technischen Nutzung in den 30er Jahren wurden Thermoplaste im Prinzip nur nach dem chemischen Aufbau gekennzeichnet (z.B. PVC, oft sogar nur mit dem synonymen Handelsnamen, s. a. Abschnitt 2.4.4). Mit der Ausweitung der Arten und Sorten wurde aber eine Spezifizierung der Kennzeichnung notwendig. Zunachst schuf sich jeder Hersteller sein eigenes Klassifizierungssystem. Spater, vornehmlich in Deutschland, ging man, wie bei den Duromeren, zur Typisierung thermoplastischer Formmassen uber (z. B. Polycarbonat PC Typ 300, Celluloseacetat C A Typ 431ff, Polymethylmethacrylat PMMA Typ 525ff). Jetzt werden immer mehr werkstoffartig-spezifische Klassifizierungssysteme genormt, die in Form von Buchstaben-Zahlen-Kombinationen Polymertyp, chemischen Aufbau, verfahrenstechnische Besonderheiten, Hauptverwendungszweck, typische Eigenschaften (z. B. Dichte, Vicat-Erweichungstemperatur, Schmelzindex, Elastizitatsmodul oder Schlagbiegefestigkeit) sowie Angaben zu speziellen Zusatzen (wie Gleitmittel, Stabilisatoren, Antistatika, Fullstoffart und -anteil oder Farbstoffe) und gegebenenfalls noch eine Qualitatskennzeichnung und Rezeptnummern enthalten. Die Polyethylen-Typen (PE) werden hauptsachlich nach der Dichte unterschieden, da diese die Eigenschaften stark beeinflufit. Deshalb baut die Klassifizierung auf Dichtebereichen auf. Nach DIN 16776 erfolgt eine Einteilung in 11 Stufen von 50,918 bis 0,968 g cm-3 (PE-LD 50,920 g cm-3, PE-HD 2 0,954 g cm-3). Bei den Polystyren- Typen (PS) werden nach Herstellungsverfahren Homopolymerisate in Massepolymerisate und Suspensionspolymerisate, schlagfeste Polystyrene (Copolymere bzw. Blends) in Polymermischungen, Massepfropfpolymerisate und Suspensionspfropfpolymerisate unterteilt. Wie bei PS wird auch beim Polyvinylchlorid (PVC) nach dem Herstellungsverfahren gekennzeichnet. Dafur werden durch Voranstellen folgende Buchstaben verwendet: Emulsions-PVC (E-PVC), Masse-PVC (M-PVC) und SuspensionsPVC (S-PVC). Da PVC durch Zumischen von Weichmachern im Eigenschaftsbild stark veranderbar ist, wird aurjerdem in weichmacherfreies Hart-PVC (PVC-U) und in Weich-PVC (PVC-P) unterschieden. Polyamide (PA) sind Polykondensationsprodukte aus Diaminen und Dicarbonsauren oder aus Aminocarbonsauren bzw. deren Lactamen. Eine dem Kurzzeichen PA nachgestellte Zahl kennzeichnet international einheitlich die Anzahl der C-Atome im Monomer. Aus der Vielzahl der synthetisierbaren Polyamide haben vor allem folgende groBe technische Bedeutung erlangt: PA 6 Polymer aus &-Caprolactam(6 C-Atome) PA 66 Polymer aus Hexamethylendiamin (6 C-Atome) und Adipinsaure (6 CAtome)
28
2
Kennzeichnung d e r Werkstoffe
PA 610 Polymer aus Hexamethylendiamin (6 C-Atome) und Sebacinsaure (10 C-Atome) PA 11 Polymer aus 11-Aminoundecansaure (1 1 C-Atome) PA 12 Polymer aus o-Dodecanolactam (12 C-Atome) Durch I S 0 wurde ein internationales Klassifikationssystem eingefuhrt, das fur DIN-Normung schrittweise ubernommen wird. Es handelt sich um ein computergerecht ausgearbeitetes Blocksystem, das nur GroBbuchstaben, Ziffern. Kommata und Mittestriche verwendet. Ein Polymerwerkstoff wird durch einen Satz von qualitativen und quantitativen Datenblocken charakterisiert. Diese Klassifikation besteht aus einem Benennungsblock, einem Norm-Nummern-Block und bis zu funf weiteren Datenblocken, z. B. Formmasse DIN 16773 - PA 66, MFH, 14-100, GF3S. Die Datenbliicke folgen nach einem Mittestrich dem Norm-Nummern-Block und sind untereinander durch Kommata getrennt. Der erste Datenblock gibt die Zusammensetzung der Formmasse, im Beispiel PA66, an. Der zweite Datenblock gibt in bis zu vier Buchstaben qualitative Informationen, dabei der erste Buchstabe die vorgesehene Verwendung (M = fur das SpritzgieBen) und der zweite his vierte Buchstabe Hinweise auf Zusatze ( F = Brandschutzmittel, H = Warmealterungsstabilisator) oder wesentliche Eigenschaften. Der dritte Datenblock enthalt quantitative Informationen uber Leitkennwerte (maximal 3), z. B. Codierungen fur die Viskositatszahl und den E-Modul. Der vierte Datenblock gibt Full- und Verstarkungsstoffe an; dabei der erste Buchstabe den Fullstofftyp (z.B. G = Glas, F = Fasern, C = Kohlenstoff, X = nicht spezifiziert) und der zweite Buchstabe den Fullstoffgehalt in Masseprozent (codiert). Der funfte Datenblock ermoglicht spezielle Vereinbarungen zwischen Lieferer und Kunden (z. B. spezielle Forderungen) und ist nicht Gegenstand der Normung. Im folgenden wird die vollstandige Erlauterung des 0.g. Bezeichnungsbeispiels gegeben: Formmasse
DIN 16773 - PA66, MFH, 14-100, G F 35
Benennung Norm fur PA-Formmassen Daten-Block 1
Kurzzeichen fur Polyamid 66
Daten-Block 2
SpritzguR Brandschutzmittel Warmealterungsstabilisator
Daten-Block 3
Code fur Viskositatszahl Code fur Elastizitatsmodul
Daten-Block 4
Glas Faser Code fur Masseanteil von 32.5 . . . 3 7 3 %
2.3
Kennzeichnung der Polymeren
29
Tabellen fur die Codierung in den Datenblocken 3 und 4 sind der jeweiligen Norm (im Beispiel DIN 16771) zu entnehmen. Thermoplastische Formmassen aus Polymergemischen werden in analoger Weise bezeichnet. Das Beispiel betrifft ein Gemisch aus Polypropylen (PP) und einem Ethylen-Propylen-Dien-Copolymer (EPDM):
l1
Formmasse DIN 16780 (PP+EPDM), M C L, RC06 - N20 - 00 02
Benennung
2
Norm Daten-Block 1
Kurzzeichen nach DIN 7728
Daten-Block 2
Spritzgulj
Farbmittel Licht und/oder Witterungsstabilisator Daten-Block 3
-
Code fur Volumen-Flieljindex Code fur Izod-Schlagzahigkeit Code fur E-Modul Code fur Warmeformbestandigkeit
2.3.3 Kennzeichnung von Elastomeren Elustomere stellen, wie die Thermoplaste, von ihrem chemischen Bau her eine sehr heterogene Gruppe polymerer Werkstoffe dar. Ihre spezifischen kautschukelastischen Eigenschaften werden auljerordentlich von Aufbau und Lange der Makromolekule, von Art und Grad ihrer weitmaschigen Vernetzung sowie von einer Reihe von Zusatzstoffen beeinfluljt. Elastomere werden meist nach DIN I S 0 1629 gekennzeichnet. Die Kurzzeichen bestehen aus 2 bis 5 Buchstaben, wovon der letzte Buchstabe die chemische Zusammensetzung der Polymerkette charakterisiert; so steht R fur Kautschuke mit einer ungesattigten Kohlenstoffkette, M fur Kautschuke mit einer gesattigten Kette vom Polymethylentyp, Q fur Kautschuke mit Siloxangruppen in der Polymerkette und T fur Kautschuke mit Schwefel in der Polymerkette. Die vorangestellten Buchstaben bezeichnen die Monomere, auf denen der Kautschuk basiert. Beispiele dafur sind: Butadien-Kautschuk BR, Etylen-Propylen-DienKautschuk EPDM. Die dominierende Stellung unter den Elastomeren haben noch immer die Synthese-Kautschuke (in der Mehrzahl Copolymere aus Butadien und Styren, Kurzzeichen SBR) inne (Synthese-Kautschuk wird nach den Ausgangsprodukten Butadien und Natrium im deutschen Sprachgebrauch auch als ,,Buna" bezeichnet). Sie unterscheiden sich im Emulsionsverfahren und im Styrengehalt und damit auch in den Verarbeitungs- und Anwendungseigenschaften. Styren-Butadien-Formmassen werden nach ihrem chemischen Aufbau, ihrer Anwendung und besonderen Eigenschaften wie im folgenden Beispiel bezeichnet:
30
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
Formmasse DIN 16771
-=.
MLN, 088-03-07
Benennung Norm fur SB-Formmassen Daten-Block 1
Kurzzeichen fur SB-Formmassen
Daten-Block 2
Spritzgun Lichtstabilisator Naturfarben
Datcn-Block 3
Code fur Vicat-Erweichungstemperatur Code fur Schmelzindex Code fur Izod-Kerbschlagzahigkeit
Die Tabellen fur die Codierung im Daten-Block 3 sind der jeweiligen Norm (im Beispiel DIN 16771) zu entnehmen. 2.3.4 Kennzeichnung durch Handelsnamen Handclsnamen benutzen die Hersteller in aller Welt zur Kennzeichnung ihrcr polymeren Rohstoffe, Formmassen, Halbzeuge und Spezialerzeugnisse (z. B. Losungen, Dispersionen, Pasten, Lacke oder Kleber). Meist sind diese Namen als Warenzeichen im eigenen Lande und auch in anderen Landern geschutzt. Sie werden zur allgemeinen Verstandigung im Handel und zur Werbung verwendet. An die Namen werden in der Regel Zusatzkennzeichen zur weiteren Charakterisierung angefugt. Als Beispiele fur Handelsnamen seien genannt: 0
0
0
Hostalen ist die Polyethylen-Formmasse und Hostalen P P die PolypropylenFormmasse der Hoechst A G Frankfurt/M. Lupolen ist der allgemeine Werkstoffname fur Polyethylen und Luran der fur Styren-Acrylnitril-Copolymere (SAN) der BASF A G LudwigshafdRh. Moplen ist die Polypropylen-Formmasse von Monte11 Polyolefins Zavcntem/ Belgien.
Oft werden Silben aus Firmennamen oder -ort und dem Namen des zu kennzeichnenden Werkstoffes zusammengefiigt. Beziiglich einer umfassenden Ubersicht von Handelsnamen wird auf die Fachliteratur verwiesen ( 2 . B. [2.10)).
2.4 Bezeichnung silicattechnischer Werkstoffe Eine systematische und weitgehend vereinheitlichte Kennzeichnung, wie sie fur Polymerwerkstoffe und insbesondere bei metallischen Werkstoffen besteht, existiert fur die silicattechnischen Werkstoffe nicht. Ihre Bezeichnung ist nicht einheitlich und erfolgt nach unterschiedlichen Gesichtspunkten der Hersteller.
2.4
Bezeichnung silicattechnischer Werkstoffe
31
Genormt sind lediglich Klassifizierungen und Begriffe einer Reihe wichtiger Materialgruppen. Fur geformte feuerfeste Werkstoffe, deren Gesamtporositat weniger als 4.5 % betragt, sind diese in der Norm I S 0 1109 festgehalten (Tab. 2.10).
Tabelle 2.10 Klassifizierung von geformten feuerfesten Werkstoffen mit einer Gesamtporositat < 4 5 % nach I S 0 1109 Bezcichnung tonerdereiche Erzeugnisse Gruppe 1 Gruppe 2 Schamotteerzeugnissc - Untergruppe 30 - bis Untergruppe 42 saure Schamotteerzeugnisse Tondinaserzeugnisse Silicaerzeugnisse basische Erzeugnisse - Magnesit - Magnesit-Chrom - Chrom-Magnesit - Chromit - Forstcrit Dolomit
Grenzwert d e r Hauptbestandteile in M-% A1203 2 56 45 2 AL03 < 56 30 I A120, < 45 30 2 A1203< 23 42 2 A1203< 45 I0 2 A1?03< 30; SiOz< 8.5 85 2 SiOz < 93 SiO, 2 93
MgO 2 80
5.5 5 MgO <80 2.5 I MgO <55 Cr,03 2 25 MgO 5 25
~
Sondererzcugnisse auf dcr Basis von: Kohlenstoff, Zirconiurnsilicat. Zirconiurnoxid. Sic. Carbiden (ohne Sic), Nitriden. Boriden. Spinellcn. rcincn Oxiden. rnehreren Oxiden (aul3cr hasischen Erxugnissen)
Die Einteilung geformter feuerfester Warmedammstoffe ist in I S 0 2245 enthalten. Danach ist jeder Gruppe eine Zahl zugeordnet (110,12.5,140,1.50,160,170), die fur die Temperatur steht, bei der der Werkstoff eine lineare Schwindung von 5 2 % aufweist; bei der Gruppe 12.5 z. B. sind dies 1250°C. Ungeformte feuerfeste Erzeugnisse werden nach DINV ENV 1402 eingeteilt. Und zwar in Feuerbeton C, Spritzmassen G , formbare Massen M und Mortel J. Eine umfassende Auflistung der Bezeichnung und Eigenschaftscharakterisierung von Feuerfestmaterialien, die in der Stahlindustrie Verwendung finden, ist in [2.18] gegeben. Eine Kennzeichnung der zur Hochleistungskeramik gehorenden Werkstoffgruppen befindet sich in Vorbereitung (DIN ENV 12212). Die Bezeichnung der technischen Glaser erfolgt sowohl nach den Hauptbestandteilen, wie Quarzglas und Quarzgut, Alkali-Kalkglas, Borosilicatglas, Alumosilicatglas, Bleisilicatglas u. a., als auch nach der Form, den Eigenschaften oder der Anwendung, wie Gerateglas, optisches Glas, Flachglas, Lotglas, Sicherheitsglas, Farbglas usw. Die Verwendung der Begriffe ist in der DIN 12.59 festgelegt. Dabei kann es sich z. B. bei einem Gerateglas um ein Borosilicatglas, ein Alkali-Kalkglas oder auch ein Alumosilicatglas handeln. Andererseits kann beispielsweise ein Borosilicatglas als Flachglas oder auch optisches Glas bezeichnet und gehandelt werden. AulJerdem kann die Zusammensetzung von Glasern gleichen Typs in bestimmten Grenzen schwanken.
32
2
Kennzeichnung der Werkstoffe
Literaturhinweise
[2.10] [2.11] [2.12] [2.13] [2.14] [2.15] [2.16] [2.17] [2.18] [2.19] [2.20]
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Unter allgemeinen Konstruktionswerkstoffen sollen Werkstoffe verstanden werden, die in der Regel fur einen langzeitigen Einsatz in nicht aggressiven Medien geeignet sind. Ihre Gebrauchstemperaturen liegen in Bereichen, in denen keine sprunghaften oder irreversiblen Veranderungen der mechanischen oder chemischen Eigenschaften, der Struktur oder der Gestalt gegenuber dem Zustand bei Raumtemperatur eintreten. Ihre wichtigsten Eigenschaften sind eine dem Verwendungszweck entsprechende Festigkeit oder eine die vielfaltige Nutzung fordernde gute Ver- und Bearbeitbarkeit. Als Hauptvertreter sind Baustahle, GulJeisen, Aluminiumknet- und -gulJlegierungen sowie polymere Werkstoffe zu nennen. Nach prognostischen Einschatzungen werden die Eisenwerkstoffe auch uber das Jahr 2000 hinaus ihre fuhrende Stellung beibehalten. Es bleiben jene Werkstoffe ausgeklammert und der Behandlung in den nachfolgenden Kapiteln vorbehalten, fur deren Verwendung andere Eigenschaften im Vordergrund stehen, so das Verhalten bei hohen (Kap. 6) und tiefen Temperaturen (Kap.5) oder - wie bei den Kupferwerkstoffen - in korrosiven Medien (Kap. 7), wie auch solche Werkstoffe, die fur bestimmte Anwendungsgebiete entwickelt und auf diese beschrankt sind, z. B. Lager- oder Federwerkstoffe (Kap. 9, 10).
3.1 Eisenwerkstoffe Die uberragende Bedeutung der Eisenwerkstoffe beruht auf der Haufigkeit, mit der das Eisen in der erschlossenen Erdkruste auftritt, auf dem vergleichsweise geringen Energieverbrauch bei der Herstellung (Tab. 3.1) und vor allem auf der Wandelbarkeit ihrer Eigenschaften. Diese konnen durch Legierungsbildung und Warmebehandlung in so weiten Grenzen verandert werden, wie es bei keinem anderen Werkstoff moglich ist. Es kommt hinzu, dal3 bei den Eisenwerkstoffen nahezu alle bekannten Verfahren der Formgebung und Verarbeitung anwendbar sind. Tabelle 3.1 Durchschnittlicher Energieverbrauch zur Herstellung von Werkstoffen (nach W Lunge) Werkstoff
Energieaufwand GJt-'
Stahl Aluminium Pol ymere Glas
23 210 90 26
3
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Allgemeine Konstruktionswerkstof~e
Standiges und wichtigstes Begleitelement der Eisenwerkstoffe ist der Kohlenstoff. Unter den technisch ublichen Abkuhlbedingungen erstarren die EisenKohlenstoff-Legierungen in der Regel nach dem metastabilen System Fe-FeiC'. Eine Erstarrung nach dem stabilen System Fe-C tritt nur dann ein. wenn bei hiiheren C-Gehalten Legierungselemente zugesetzt werden, die die Graphitbildung fiirdern, vor allem Silicium, oder wenn die Abkuhlung extrem langsam verlauft. An Hand des Eisen-Kohl~nstc?ff-Diugvrrmms(Bild 3.1) lassen sich die unlegierten Eisenwerkstoffe wie folgt einteilen:
0
., l , ~ , - L ~ .
10
20
30
40 50 60 Zementitgehalt
70
I
,
,
I
-1
80 Masse-% 100
Bild 3.1 Zustandsschaubild Eisen - Kohlenstoff -mctastabiles System: - - - stabiles System
Eisenwerkstoffe, in denen nach dem Vergiefien das stabile oder metastabile Eisen-Kohlenstoff-Eutektikum auftritt, werden als GuBeisen bezeichnet. Die untere Grenze des Kohlenstoffgehaltes betragt etwa 2 % : sie kann durch Legierungselemente zu geringeren Gehalten verschoben werden. Technische Nutzung finden hauptsachlich naheeutektische Legierungen. Zu den Stahlen zahlen alle Eisenwerkstoffe, die im allgemeinen weniger als 2 YO Kohlenstoff enthalten. Bei den technisch verwendeten Stahlen liegt die obere Grenze des Kohlenstoffgehaltes etwa bei 1 ,S %, bei einigen Chromstahlen aber bei mehr als 2 % . In Ausnahmefallen kann auch in Stahlen in begrenztem
3.1
Eisenwerkstoffe
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Umfang das Fe-Fe,C-Eutektikum (Ledeburit) auftreten. Das ist z. B. bei dem Chromstahl X210Cr12 oder den hochlegierten Schnellarbeitsstahlen (Abschn. 4.2.7) der Fall. Im Gegensatz zum GuBeisen, dessen unterschiedliche Sorten nach dem Kohlenstoffgehalt allein nicht weiter untergliedert werden, ist es bei den Stahlen ublich, eine weitere Unterteilung vorzunehmen und bestimmte Bereiche des C-Gehaltes vorzugsweise auftretenden Verwendungsgebieten zuzuordnen. Es mu13 jedoch betont werden, daB es zahlreiche Abweichungen gibt. Stahle mit Kohlenstoffgehalten von etwa 0,6 bis 1,5 YO bilden die Gruppe der unlegierten Werkzeugstahle (Abschn. 4.2.4). Stahle mit weniger als 0,6 % C bezeichnet man als Bau- oder Konstruktionsstahle. Bei diesen ist zu unterscheiden zwischen den Stahlen, die vor der Verwendung beim Verbraucher in der Regel einer Bearbeitung und Warmebehandlung unterzogen werden, und den Allgemeinen Baustahlen, die hauptsachlich im Walzzustand oder einer beim Hersteller vorgenommenen Normalgluhung (s. Abschn. 3.1.4.1) zum Einsatz gelangen. Die zur Warmebehandlung beim Verbraucher bestimmten Baustahle konnen noch untergliedert werden in Einsatzstahle mit C-Gehalten zwischen 0,l und 0,25 YO (Abschn. 3.1.7) sowie Vergiitungsstiihle,deren C-Gehalt meist zwischen 0,25 und 0,6% liegt (Abschn. 3.1.8). Bei den Allgemeinen Baustahlen kommen Kohlenstoffgehalte von wenigen hundertstel bis etwa 0,6 % vor, je nachdem, ob vor allem eine hohe Festigkeit, eine grol3e Zahigkeit oder eine gute Verarbeitbarkeit (vor allem SchweiBbarkeit oder Umformbarkeit) gefordert wird (Abschn. 3.1S).Sehr kohlenstoffarme Stahle werden auch als Weicheisen bezeichnet. Sie werden im Maschinenbau weniger verwendet (Abschn. 3.1 S). GroBe Bedeutung haben sie hingegen in der Elektrotechnik, z. B. als Relaiseisen. Von grundsatzlicher Bedeutung fur die Qualitat sowie Verwendbarkeit aller Stahle sind die Art und Menge der im Stahl enthaltenen Verunreinigungen, das Herstellungsverfahren und die Art des VergieBens. Um auf Teilbetrachtungen hierzu bei der Behandlung der verschiedenen Stahlgruppen verzichten zu konnen, erscheint es zweckmaBig, vor der Erorterung der Konstruktionsstahle darauf zusammenfassend einzugehen.
3.1.IEinfluO nichtmetallischerVerunreinigungen Die von der Herstellung ausgehende Beeinflussung der Stahleigenschaften beruht vor allem auf der Anwesenheit von Begleitelementen, die bei den einzelnen Verfahren entweder nur unzureichend entfernt werden konnen oder durch diese selbst in die Schmelze eingebracht werden. Fur die Qualitat des Stahles in besonderem MaBe charakteristisch ist die Wirkung der Elemente Stickstoff, Phosphor und Schwefel, deren Gehalte durch das Herstellungsverfahren auch am starksten beeinflufit werden. Stickstoff Im a-Eisen sind bei 590°C (eutektoidische Temperatur im System Fe-N, s. Bild 3.20) etwa 0,1% Stickstoff loslich. Bei Raumtemperatur betragt die Loslichkeit dagegen nur wenige zehntausendstel Prozent. Bei der Abkuhlung des Stahles, z. B. nach dem Walzen, Gluhen oder SchweiBen, verbleibt der Stickstoff, dessen Gehalt in allen technischen Stahlen groBer als die bei Raumtemperatur losliche
3
36
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Menge ist, zunachst in einer ubersattigten Losung. Erst nach Iangerem Lagern scheidet er sich in Form metastabiler Eisennitride aus. Dieser Vorgang, der als Alterung bezeichnet wird, wird durch Temperaturerhohung wie auch Kaltumformung (Reckalterung) beschleunigt. Die Alterung, die in kohlenstoffarmen Stahlen ab Stickstoffgehalten von etwa 0,1% spurbar wird, hat einen Anstieg der Festigkeit und Harte zur Folge. Gleichzeitig nehmen jedoch Umformbarkeit und Zahigkeit merklich ab (Bild 3.2). Die Ubergangstemperatur der Kerbschlagarbeit und die Sprodbruchneigung des Stahles werden erhoht. Dadurch kann es besonders an Schweiljverbindungen wegen der dort aufgetretenen Warmeeinwirkung und bei spaterer schlagartiger Beanspruchung zu gefahrlichen Sprodbruchen kommen. Die Alterung wird durch Phosphor verstarkt und kann in abgeschwachter Form auch durch geringe Kohlenstoff- und Sauerstoffgehalte in weichen Stahlen verursacht werden. Zur Prufung der Alterungsanfalligkeit hat sich vor allem der Kerbschlagbiegeversuch bewahrt. Die Proben werden vor dem Versuch durch 1/2- bis lstundiges Anlassen bei 250 "C kunstlich gealtert. Zum Vergleich werden normalgegluhte Proben herangezogen.
700c
MPa
I
2 % E
0
lo2
Auslagerungsdauer in
18 7
1P 1 5 Tage
4
'06
5 lb do do Wochen
Bild 3.2 Eigenschaftsanderungen von Stahl mit 0,035 % C und 0,015 YON beim Altern (nach J . Miiller) Temperatur des Losungsgluhem 710 C, Temperatur des Ausldgernc 20 c
Phosphor Phosphor ist bei den im Stahl ublichen Gehalten im a-Eisen loslich. E r fuhrt bei weichen Stahlen zu einer betrachtlichen Steigerung der Harte und Festigkeit, setzt jedoch die Zahigkeit herab. Die durch erhohte Phosphorgehalte verursachte Kaltsprodigkeit hat z. B. eine verminderte Abkantbarkeit zur Folge. Bleche aus solchen Stahlen sind nicht zurn Bordeln geeignet. Phosphor gehort zu den Elernenten, die im Stahlblock sehr ungleichmaljig verteilt vorliegen. Die insbesondere in der Mitte des Blockoberteils bestehende Phosphoranreicherung (Blockseigerung)wird auch beim Walzen nicht beseitigt und kann, da der Phosphor den Schmelzpunkt des Eisens herabsetzt, zu Fehlern beim SchweiBen fuhren. Auljer an der Blockseigerung ist der Phosphor auch an
3.1
Eisenwerkstoffe
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Kristallseigerungen stark beteiligt. E r reichert sich bevorzugt in den Dendritenzwischenraumen an und verdrangt bei der ya-Umwandlung den Kohlenstoff. Beim Walzen oder Schmieden werden Dendriten und interdendritische Raume in die Verformungsrichtung gestreckt, wobei die ungleichmaBige Phosphor- und Kohlenstoffverteilung erhalten bleibt (Bild 3.3). Auf diese Weise entstehen vor allem in Stahlen mit niedrigen bis mittleren Kohlenstoffgehalten, vorwiegend in Einsatzstahlen, die unerwunschten Perlitzeilen. Diese konnen durch eine Normalgluhung unterdruckt, ihre Ursachen aber nur uber eine aufwendige Diffusionsgluhung beseitigt werden.
Bild 3.3 Phosphorseigerungen in gewalztem Stahl (Probestuck gestaucht)
Bild 3.4 Schwefelseigerungen in einer Schiene
Sch wefel Schwefel zahlt gleichfalls zu den Elementen, die zu einer starken Blockseigerung neigen (Bild 3.4). Im Gegensatz zu Phosphor ist Schwefel im Stahl unloslich und bildet niedrigschmelzende Eisensulfide, die die Warmumformbarkeit beeintrachtigen und zum Rotbruch fuhren. Es ist deshalb notwendig, den Schwefel durch Zugabe von Mangan zu hoherschmelzenden Mangansulfiden abzubinden. Soweit sie im Stahl verbleiben, werden sie beim Verformen zeilig gestreckt und verschlechtern vor allem die Zahigkeit quer zur Walzrichtung. Die Ausbildung der langgestreckten Mn-Sulfide kann durch Zusatz von CaSi zur Schmelze vermieden werden. Die entstehenden sproden Sulfide brechen bei der Warmumformung leicht (Sulfidformkontrolle)und beeintrachtigen deshalb die Zahigkeit nur wenig. In Anbetracht der groBen Bedeutung, die Phosphor und Schwefel fur die Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften haben, sind die Gehalte an diesen Elementen in den Hauptguteklassen der unlegierten Stahle fur Grundstahle (Massenstahle) auf hochstzulassigen P- und S-Gehalt von 0,045 YOund Edelstahle auf hochstzulassigen P- und S-Gehalt von 0,020 YObegrenzt. Qualitatsstahle haben P- und S-Gehalte die zwischen diesen Werten liegen. Auf gelegentlich auftretende Abweichungen wird spater hingewiesen (Abschn. 3.1.6 und 3.1.9). Der Stickstoff wird bei der Einteilung in Hauptguteklassen nicht berucksichtigt. Sein Gehalt ist vorzugsweise fur Allgemeine Baustahle, die als Grundstahle her-
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3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
gestellt werden, von Bedeutung. Alle anderen Konstruktions- und Werkzeugstahle werden als Qualitats- und Edelstahle so erschmolzen, dafi der Stickstoffgehalt unter der schadlichen Grenze bleibt. Als Legierungselement tritt Stickstoff in mikrolegierten (Abschn. 3.1.6) sowie austenitischen Stahlen auf.
3.1.2 EinfluO des Herstellungsverfahrens Die zur Zeit gebrauchlichen Stahlgewinnungsverfahren sind das Sauerstoffaufblasverfahren im Konverter, auch Oxigenverfahren genannt, und das Elektrolichtbogenverfahren, wahrend nach dem Siemens-Martin-Verfahren weltweit nur noch einige wenige Anlagen betrieben werden [3.1] bis [3.3]. Das Srri~rr.~tc~~~rii,fhlasvrrf(~hren (LD-Verfuhren) geht von einer Roheisenschmelze mit etwa 3 bis 4 5 % Kohlenstoff aus. Um diesen und die unerwunschten Eisenbegleiter, wie Si, Mn, P und S zu entfernen, wird Sauerstoff auf die in einem Konverter befindliche Schmelze geblasen. Dabei werden Kohlenstoff und die Begleitelemente oxidiert und in die auf dem Schmelzbad befindliche Schlacke uberfuhrt oder an die Atmosphare abgegeben. Die Temperatur der Schmelze steigt besonders durch die Verbrennung des Kohlenstoffs (Frischen) stark an, sie wird durch Schrottzugaben wieder abgesenkt. Die Gehalte der so hergestellten Stahle an Stickstoff und sonstigen Verunreinigungen sind sehr gering. Da die Stahlerzeugung nach dem Sauerstoffaufblasverfahren aul3erdem sehr wirtschaftlich ist, nimmt sie mit uber 60% den ersten Platz in der Welt ein. Fur die Erzeugung von Stahl im Elektrolichtbogenofen wird uberwiegend Schrott als Einsatzgut verwendet. Dank der vom Lichtbogen erzeugten hohen Temperaturen ist die Schlacke besonders reaktionsfahig. demzufolge eine weitgehende Entphosphorung und Entschwefelung gegeben ist. Aufierdem werden bei den hohen Temperaturen auch schwerschmelzende Verbindungen im Stahlbad aufgelost, so daB besonders hochlegierte Stahle nach diesem Verfahren erschmolzen werden. Durch die hohe Badtemperatur wird allerdings auch die Loslichkeit von Stickstoff erhoht. Lichtbogeniifen werden uberwiegend zur Herstellung von Qualitats- und Edelstahlen verwendet. Durch eine Vakuumbehandlung des flussigen Stahles oder durch ein nochmaliges Umschmelzen nach einem Sonderverfahren lassen sich Stahle, die hochsten Anforderungen an die Reinheit genugen, erzeugen. Hierfur hat sich das ElektroSchlacke- Umschnielzen bewahrt. In anderen Fallen sind Lichtbogen-Vakuumiifen im Gebrauch. Im Zuge der Vakuumbehandlung werden aul3er Oxiden, Nitriden, Sulfiden und Stickstoff noch weitere schadliche Beimengungen, wie Wasserstoff, Blei und Zink, entfernt. Eine weitere metallurgische Arbeitsweise zur Erzeugung von Stahlen hochster Qualitat besteht darin, Lichtbogenofen nur zum Einschmelzen und Frischen des Schrotts zu nutzen, die weitere Behandlung der Schmelze (Legieren, Entgasen, Entfernen von Verunreinigungen) aber auBerhalb des Schmelzaggregates vorzunehmen (Sekundar- oder Pfcnnenmetullurgie). Diese Stahlnachbehandlung wird in Reaktoren vorgenommen, die Moglichkeiten zur Zufuhrung von reaktionsfahigen und inerten Gasen sowie von Feststoffen enthalten und in denen ein Vakuum eingestellt werden kann. Durch die pfannenmetallurgische Behandlung kann uber die Sitlfirlformkontrolle und die weitgehende Entfernung des Schwefels und anderer. Schlackeneinschlusse bildender Bestandteile der Schmelze eine
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Eisenwerkstoffe
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weitgehende Annaherung der mechanischen Eigenschaften quer und senkrecht zur Walzrichtung an die Eigenschaften in Walzrichtung erreicht werden.
3.1.3 EinfluO des VergieOens Das herkommliche VergieBen des Stahles zu Blocken erfolgt in feste metallische Dauerformen, sogenannte Kokillen (BlockguB oder Standgun). Vom Abstich des Stahles bis zur Erstarrung der Schmelze nimmt die Temperatur betrachtlich ab. In nicht vakuumbehandeltem Stahl laufen dabei Vorgange ab, die durch die mit abnehmender Temperatur geringer werdenden Loslichkeit und damit dem Freiwerden von Gasen in Zusammenhang stehen. Dabei konnen je nach VergieBungsart gasformige oder feste Reaktionsprodukte entstehen, und man unterscheidet in unberiihigtes oder beruhigtes Vergiepen. Im Verlaufe des Frischens ist eine Sauerstoffaufnahme durch die Schmelze und eine teilweise Oxidation des Eisens unvermeidbar. Der nach dem Vergieljen wahrend der Abkiihlung freiwerdende Sauerstoff reagiert mit dem Kohlenstoff des Stahles zu Kohlenmonoxid (CO), das nur wenig in der Schmelze loslich ist. Es entweicht in Form von Gasblasen, die eine wallende Bewegung der Badoberflache (Kochen) bewirken. Diese Art des VergieBens wird deshalb als unberuhigt und der so vergossene Stahl als unberuhigter Stahl bezeichnet. Der intensive Warmeentzug durch die kaltere GieBform hat eine rasche Abkiihlung und feinkornige Erstarrung der Randzone zur Folge, die auf Grund ihrer hohen Erstarrungstemperatur nur wenig Kohlenstoff und Verunreinigungen enthalt (Speckschicht). Nachdem die GieBform durch die aus dem Blockinneren nachstromende Warme aufgeheizt ist, vermindert sich die Geschwindigkeit rnit der die Erstarrungsfront vorriickt. Die jetzt gebildeten und nach der Oberflache aufsteigenden Gasblasen ziehen dunnfliissige, mit Verunreinigungen angereicherte Schmelze nach. Somit befinden sich hauptsachlich im Mittel- und Kopfteil des Blockes erhohte Verunreinigungskonzentrationen (Blockseigerungen),wahrend der FuB nahezu seigerungsfrei bleibt. Am starksten seigert normalerweise der Schwefel, ihm folgen Phosphor, Kohlenstoff und Sauerstoff. Beim Schmieden oder Walzen der Blocke bleiben die Seigerungen erhalten (s. Bilder 3.3 und 3.4). Das unberuhigte VergieBen ist bei unlegierten Stahlen mit mehr als 0,20 bis hochstens 0,25 % C und bei legierten Stahlen nicht mehr anwendbar. Die Seigerungen des Kohlenstoffs und der Legierungselemente wiirden ein solches AusmaB annehmen, daB keine GleichmaBigkeit der Eigenschaften im Endprodukt (Bleche, Profile, Rohre usw.) mehr zu erreichen ware. Deshalb werden der Stahlschmelze in der GieBpfanne wahrend des VergieBens oder in der GieBform Elemente zugegeben, die zum Sauerstoff eine grol3ere Affinitat haben als der Kohlenstoff und dadurch die Bildung gasformiger Oxidationsprodukte verhindern. Hierfiir (Desoxidation) sind besonders Silicium und Aluminium im Gebrauch. Aluminium bindet gleichzeitig den Stickstoff (Denitrierung). Die festen Reaktionsprodukte steigen zum Teil an die Oberflache der Schmelze, ein Teil bleibt jedoch in Form nichtmetallischer Einschliisse im Stahl zuriick. Diese fuhren, sofern sie bei der Verformung zu Zeilen ausgestreckt werden, zu schlechteren Eigenschaften quer zur Verformungsrichtung. Silicatische Einschliisse, die nach der Zerspanung in der Oberflache liegen, konnen zum Ausgangspunkt von Ermiidungsrissen werden und die Lebensdauer von zyklisch beanspruchten
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Bauteilen, z. B. Kugellagerringen (s. a. Abschn. 9.4) bedeutend herabsetzen. Aluminiumnitrid dagegen macht den Stahl feinkornig. Hochwertige Baustahle werden deshalb mit Aluminium desoxidiert und denitriert. Da bei Zugabe von Desoxidationsmitteln die Oberflache des Stahles ruhig bleibt, spricht man von brrirhigteni Vergirjkn und heriihigtem Stahl. Die Abkuhlung von der GieB- bis zur Erstarrungstemperatur und der Ubergang flussig-fest ist mit einer Volumenabnahme verbunden. Bei beruhigten Stahlen wird sie dadurch sichtbar, daB die Oberflache des noch flussigen Metalls absinkt. Nach beendeter Erstarrung liegt dann eine im Querschnitt etwa V-formige Einbuchtung im Kopf des Blockes (Kopflunker) vor. Da sie mit der AuBenluft in Beruhrung steht, ist ihre Oberflache oxidiert. Sie verschweiBt deshalb beim Schmieden oder Walzen nicht. Der lunkerbehaftete Kopfteil mu13 daher vorher vom Block abgetrennt werden (Schopfen). Geschieht dies nur unvollstandig, treten am fertig gewalzten Material Trennstellen auf, die bei Blechen als Dopplirngrn bezeichnet werden (Bild 3.5).
Bild 3.5 Dopplung in einem aus Blech hcrgcstcllten Gcsenkschmiedestuck Makroaufnahme ( a ) Mikroaufnahmc ( b )
Bei den unberuhigt vergossenen Stahlen wird die Volumenabnahme nahezu durch das Volumen von im Block verbliebenen CO-Blasen ausgeglichen. Es entsteht infolgedessen kein Kopflunker, und das Schopfen entfallt. Die durch die Speckschicht der unberuhigten Stahle gegebenen gunstigen Verarbeitungseigenschaften betreffen vor allem die Oberflachenbehandlung (Emaillieren, Verzinken), das Tiefziehen und in bestimmten Fallen auch das SchweiBen. Dies ist vorwiegend fur kohlenstoffarme Grundstahle von Bedeutung. Bei Qualitats- und Edelstahlen, die beim Verbraucher noch einer Warmebehandlung unterzogen werden, muB hingegen eine uber den gesamten Querschnitt weitgehend gleichmaBige Verteilung des Kohlenstoffs und der Legierungselemente gefordert werden. Sie werden deshalb grundsatzlich beruhigt vergossen. Der groBte Teil des erzeugten Rohstahles wird heute nach einer von den Nichteisenmetallen her schon seit langerem genutzten Technologie kontinuierlich zu einem Strang vergossen, dessen Querschnitt den spateren Verarbeitungsstufen angepal3t ist (endahmessungsnahes Gieflen). Dadurch konnen Umformstufen eingespart werden. Das hat allerdings zur Folge, daB die Verunreinigungen hinsichtlich ihrer Menge und GroBe verringert sein miissen, weil durch die geringere Umformung keine wesentliche Zertrummerung und Verteilung der Verun-
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Eisenwerkstoffe
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reinigungen uber den gesamten Querschnitt des Materials mehr erreicht werden kann. Die Erstarrung lauft beim StrangguB schneller als beim StandguB ab. Lunker treten nur am Ende des Stranges auf, so daB das Ausbringen groBer als beim StandguB, bei dem die Blocke geschopft werden mussen, ist. Mogliche Fehler beim Stranggulj sind Mittenseigerungen, InnenriBbildung sowie Langs- und Querrisse an der Oberflache. Durch geeignete verfahrenstechnische Maljnahmen, z. B. kontrollierter Warmeentzug, elektromagnetisches Ruhren, mehrstufiges Biegen und Richten, konnen diese Fehler vermieden werden. Dazu sind entsprechende Melj- und Kontrolleinrichtungen erforderlich. Der in Abschnitte getrennte Strang kann, wenn er fehlerfrei ist, nach einem Temperaturausgleich unmittelbar gewalzt werden, wodurch betrachtliche Energieeinsparungen zu verzeichnen sind. Von den Eigenschaften her ist der StrangguB dem BlockguB mindestens ebenburtig. Lediglich unberuhigte und bestimmte hochlegierte Stahle mussen als Standgulj hergestellt werden. Fur den StrangguB ist das vorherige Beruhigen dagegen unbedingt erforderlich.
3.1.4 Warmebehandlung der Stahle Die in weiten Grenzen veranderbaren Eigenschaften der Eisenwerkstoffe basieren meist auf bestimmten Gefugearten und -zustanden, die infolge unterschiedlicher Warmebehandlungen sowie Abkuhlbedingungen aus dem Austenitgebiet auftreten und deren Entstehung durch Kohlenstoff und andere Legierungselemente ermoglicht wird [3.4] bis [3.6]. Als Beispiel zeigt Bild 3.6 die Grenzwerte der Harte von unlegierten Stahlen bei steigendem Kohlenstoffgehalt. Die untere Kurve gilt fur den normalgegluhten, die obere fur den geharteten Zustand. Dazwischen liegt das Feld der Vergutung (s. Abschn. 3.1.4.3). Durch ein dem Harten nachfolgendes Anlassen kann jeder zwischen den Grenzkurven liegende Wert eingestellt werden. Die obere Kurve gilt fur fast alle hartbaren Stahle, unabhangig vom Legierungsgehalt. Die Kurve des gegluhten Zustandes dagegen wird durch Legierungselemente verandert. loo0
200 0 0
0.2
0.4
96
Kohlenstoffgehan
0.8
Bild 3.6 Abhangigkeit der Harte vorn Kohlenstoffgehalt des Stahles
Die technischen Warmebehandlungsverfahren von Eisenwerkstoffen lassen sich unterteilen in Verfahren, bei denen die polymorphen Umwandlungen ohne Einflu8 sind, und solche, die auf der Polymorphie des Eisens beruhen. Zur ersten Gruppe gehoren alle Verfahren, die auch fur Nichteisenmetalle angewendet werden konnen: das Diffusionsgluhen zum Ausgleich von Konzentrationsunter-
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
schieden, das Grobkorngluhen zur Verbesserung der Zerspanbarkeit, das Spannungsarmgluhen zur Verminderung von Eigenspannungen und das Ausscheidungsharten zur Festigkeitssteigerung. Auch das Gluhen auf kugelige Carbide perlithaltiger Stahlc, in der Praxis meist als Weichgluhen bezeichnet, gehort hierher. Zur zweiten fur den Stahl spezifischen und besonders wichtigen Gruppe zahlen das Normalgluhen, das Harten und das Verguten sowie Bainitisirren (dieses Verfahren, auch Bainitharten genannt, wurde im Deutschen bisher als Zwischenstufenverguten bezeichnet). AuBer den genannten Warmebehandlungsmethoden, die durchgreifend oder auch nur auf oberflachennahe Bereiche beschrankt sein konnen und fur die durch Veranderung des Kohlenstoffgehaltes in der Randzone weitere technische Varianten moglich sind, lassen sich in einer weiteren Gruppe Verfahren zusammenfassen, bei denen bestimmte Eigenschaften der Oberflache uber das Eindiffundieren anderer Elemente als Kohlenstoff eingestellt werden. Zu ihnen gehoren das Nitrieren, Borieren und Chromieren. Eine gleichfalls auf die Veranderung der Oberflacheneigenschaften hinwirkende Verfahrensgruppe stellt das Beschichten dar. Dabei werden Zersetzungsprodukte einer gasformigen chemischen Verbindung oder nach Zersetzung mehrerer Verbindungen cntstandene Reaktionsprodukte (CVD-Verfahren) bzw. ein in einem VakuumgefaB verdampftes oder zerstaubtes Material (meist ein Metall) oder dessen Verbindungen mit Nichtmetallen (PVD-Verfahren) auf einem Werkstuck (Substrat) abgeschieden. Andere Beschichtungsverfahren, wie das galvanische oder stromlose Abscheiden von Metallcn, das AuftragschwcilJen und thermische Spritzen sowie das Tauchen in geschmolzene Metalle oder Legierungen gehoren nicht zur Warmebehandlung. Sie werden in den Kapiteln 4. 7 und 8 besprochen. Zu ciner funften Gruppe schliel3lich sind die Verfahren zu rechnen. bei denen uber eine abgestimmte Kombination von plastischer Verformung und Warmebehandlung die bei der Umformung entstandenen Gitterbaufehler fur die Herausbildung bestimmter Gefuge und Eigenschaften genutzt werden. Sie werden als thermomechanische Behandlung bezeichnet. Dazu zahlt auch die gesteuerte Abkuhlung nach dem Walzen zur Erzielung eines feinkornigen Gefuges (entspricht dem Normalgluhen) oder das Abschrecken von im Gcsenk geschmiedeten Teilen in 01 oder in waBrige Abkuhlmittel. Aus Grunden der ZweckmaBigkeit wird im folgenden jedoch von dieser Einteilung abgewichen. Es werden zunachst die Verfahren bcschrieben, die ausschliel3lich auf Temperaturiinderungen beruhen (thermische Verfahren: Gluhen. Harten, Verguten. Ausharten). unabhangig davon, ob diese im gesamten Querschnitt oder nur an der Oberflache eintreten. Danach werden solche Verfahren, die auf eine chemisch veranderte Randzone abzielen (thermochemische Verfahren, CVD- und PVD-Verfahren), und abschlieBend thermomechanische Verfahren behandelt.
3.1.4.1 Gluhverfahren
Bedingt durch die bei der Bautcilherstellung auf den Werkstoff einwirkenden Einflusse. wie z. B. hohe Erstarrungs- und Abkuhlgeschwindigkeit beim GieBen oder SchweiOen, Umformvorgiinge, Einbringen von Spannungen beim Zerspanen u. a., kommt es zu nicht stabilen Wcrkstoffzustanden. Durch das Gluhen sol1
3.1
Eisenwerkstoffe
43
mlm-znpenh;;;: ~~~ch;;'~ea~~rhide
Aufliisen von Carbidnetz
Diffusionsgluhen
100
Ii
0 - 1 0 0,2
I ~
0,4
0,6 0,8 1,O Kohlenstoffgehalt
M-%
1,4
Bild 3.7 Temperaturgebiete fur verschiedene Gluhverfahren
der Werkstoffzustand dem Gleichgewichtszustand bei Raumtemperatur angenahert werden. Die Bezeichnung des jeweiligen Gluhverfahrens gibt bereits den Zweck der Warmebehandlung an. Bild 3.7 gibt einen Uberblick uber die fur die verschiedenen Verfahren in Betracht kommenden Temperaturgebiete. Normalgliihen
Das Normalgluhen dient der Beseitigung von GefugeungleichmaBigkeiten und der Einstellung eines feinen Kornes. Dazu ist es fur untereutektoidische Stahle notwendig, bis kurz uber die A,-Temperatur zu erwarmen und so rasch abzukuhlen, da13 die ya-Umwandlung verzogert, d. h. erst nach starkerer Unterkuhlung unter die Gleichgewichtstemperatur ablauft. Hierfur reicht im allgemeinen eine Abkuhlung an ruhender Luft aus. Bei dunnen Querschnitten ist es moglich, durch Abschrecken in Salzbadern auf etwa 550 bis 600°C einen besonders dichtstreifigen Perlit (Sorbit, Troostit) mit hoher Festigkeit und Verformbarkeit zu erzeugen. Dieses bei der Drahtherstellung unter der Bezeichnung ,,Putentieren" haufig genutzte Verfahren hat sich auch in anderen Fallen bewahrt, z. B. zur Verbesserung der Zerspanbarkeit kohlenstoffarmer Stahle; es wird dann als ,,Perlitgluhen" bezeichnet. Das Normalgluhen wird vor allem bei Halbzeugen und Bauteilen, die infolge hoher Schmiede- bzw. Walzendtemperaturen oder durch ortliche Erwarmung, z. B. in der Nahe der Schweihaht, grobkornig geworden sind, sowie fur StahlguB angewendet. Letzterer weist wegen der langsamen Abkuhlung nach dem GieBen oft ein grobes Widmannstattensches Gefuge geringer Zahigkeit auf (Bild 3.8). In Stahlen mit niedrigen Kohlenstoffgehalten kann mit
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3
Allgcmeine Konstruktionswerkstoffe
a) b) Bild 3.8 Gefiige von Stahlgul!, a) GuDzustand (Gefiige in Widmannstiittenschcr Anordnung) b) nach dem Normalgliihen
Hilfe des Normalgluhens aul3erdem die Ausbildung der durch Kristallseigerungen verursachten Gefugezeilen unterdruckt werden. Fur ubereutektoidische Stahle wird das Normalgluhen kaum herangezogen. Die erforderlichen hohen Austenitisiertemperaturen uber Ac, haben ein starkeres Kornwachstum und bei der Abkuhlung ein entsprechend grobes Sekundarzementit-Netzwerk zur Folge. Andererseits ist mit einer Austenitisierung oberhalb A , lediglich eine Umkornung des Perlitanteils moglich. Auch bei hoherlegierten Stahlen mit legierten Carbiden oder Sondercarbiden, die sich erst bei sehr hohen Temperaturen im Austenit losen, ist das Normalgluhen nicht ublich. Gliihen u i i j kiigelige Carbide
Das Gluhen auf kugelige Carbide (Weichgliihen) hat die Ausbildung eines Gleichgewichtsgefuge, d. h. eines kugelig eingeformten, in die ferritische Matrix eingebetteten Zementits zum Ziel (Bild 3.9). Es geschieht bei untereutektoidischen Stahlen durch eine Langzeitgluhung unterhalb der A,-Temperatur. Je grober das Ausgangsgefiige ist, in der Regel streifiger Perlit, um so Ianger ist die erforderliche Gluhdauer und um so grol3er werden die Zementitkugeln. In untereutektoidischen Stahlen diffundiert der Kohlenstoff auch in die ferritischen Bereiche. Bei ubereutektoidischen Stahlen mit Sekundarzementit-Netzwerk muljten die Gliihzeiten fur Temperaturen unter A , sehr lang sein. Deshalb fuhrt man fur diese Stahle das Weichgluhen als eine Pendelgluhung um die Perlittemperatur durch, wobei im Zweiphasengebiet ( y + Fe,C) der perlitische Zementit
Bild 3.9 Gefuge des Stahles C130W2 nach dem Gluhen auf kugelige Carbide (Weichgliihgefuge)
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Eisenwerkstoffe
4s
weitgehend aufgelost wird. Beim langsamen Wiederabkuhlen scheidet sich der geloste Kohlenstoff an den verbliebenen Carbidresten als kugelformiger Zementit aus. Der Sekundarzementit formt sich im y-Gebiet wegen dessen groljerer Kohlenstoffloslichkeit schneller in die Kugelform um [3.5]. Durch das Gluhen auf kugelige Carbide fallt die Harte erheblich ab (deshalb auch die Bezeichnung Weichgliihen), und die Zahigkeit steigt an. Die in den Ferrit eingelagerten Zementitkugeln werden beim spanlosen Umformen nicht mit verformt und stellen deshalb kein so wirksames Hindernis wie die Zementitlamellen dar. Analoges gilt fur die Zerspanung. Wichtig ist das Weichgluhen auch im Zusammenhang mit der Einstellung eines geeigneten Ausgangsgefiiges fur das Harten ubereutektoidischer Stahle. Da ubereutektoidische Stahle beim Harten im Zweiphasengebiet (y+ Carbid) austenitisiert werden, wurde der Stahl bei Vorliegen eines Sekundarcarbidnetzes nach dem Abschrecken sehr sprode sein. Die im Zug des Weichgluhens eingeformten Carbide werden beim Austenitisieren oberhalb A, nicht vollstandig aufgelost, ihre Reste sind nach dem Abschrecken in den Martensit eingebettet. Auf diese Weise erhohen sie dessen Verschleiljfestigkeit und wirken in Zerspanungswerkzeugen als zusatzliche Mikroschneiden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es sich um Sondercarbide handelt (Schnellarbeitsstahle; Abschn. 4.2.7), deren Harte bedeutend hoher als die der martensitischen Matrix sein kann. Das Weichgliihen wird bei unlegierten Stahlen etwa ab 0,s % C, fur legierte Stahle etwa ab 0,3 YOC angewendet. Besonders wichtig ist es fur ubereutektoidische Stahle. Es sei in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dal3 der Perlitpunkt der legierten Stahle erheblich unter 0,8 YO C liegen kann. Stahle mit geringeren Kohlenstoffgehalten, z. B. Einsatzstahle, sind auch mit streifigem Perlit im Gefuge ausreichend umformbar. Im weichgegluhten Zustand bereiten sie beim Zerspanen sogar Schwierigkeiten. Beim Harten werden sie so hoch erwarmt, dalj alle Carbide im Austenit gelost sind.
Spannungsarmgliihen Das Spannungsarmgluhen soll im Werkstuck bestehende Eigenspannungen vermindern oder weitestgehend abbauen. Eigenspannungen konnen auf vielerlei Weise entstehen, so bei rascher Abkuhlung infolge der Temperaturunterschiede zwischen Rand und Kern (Abkuhlspannungen), beim Harten durch die mit der Martensitumwandlung verbundene Volumenzunahme (Umwandlungsspannungen), bei der plastischen Verformung, wie Richten und Biegen, beim Schweiljen oder in einer dunnen Oberflachenschicht auch beim Zerspanen. Beim Spannungsarmgluhen werden die Eigenspannungen durch Kriechvorgange abgebaut. Im Gegensatz zum Rekristallisationsgluhen, das nach gronerer plastischer Verformung vorgenommen wird, finden keine Gefugeanderungen statt. Die Temperatur des Spannungsarmgluhens soll so gewahlt werden, dalj sie uber der hochsten Gebrauchstemperatur, aber unter der Temperatur, bei der Eigenschaftsanderungen eintreten, liegt. Bei geharteten Teilen fuhrt z. B. schon ein Erwarmen auf 100" C zu einer deutlichen Verringerung der Spannungen, ohne dalj die Harte merklich abfallt. Die in der 1.Anlaljstufe ablaufenden strukturellen Veranderungen sind dabei allerdings nicht zu verhindern. Fur nicht warmebehandelte Teile wahlt man zum Spannungsarmgluhen eine Temperatur, die dicht unter A , liegt. Die dann im Werkstiick verbleibenden Restspannungen sind so gering, dal3 sie vernachlassigt werden konnen. Um die Entstehung neuer
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Allgcmcinc Konstruktionswerkstoffe
Spannungen zu verhindern, sollcn die Tcilc langsam im Ofen abgekuhlt werden. Die den Spannungsabbau herbeifuhrcndcn Kriechvorgange kommen im allgemeinen nach spatestens 2 Stunden Tun1 Stillstand, so daB langere Gluhzeiten nicht ublich sind. Rekristallisationsgliihen Das Rekristallisationsgluhen wird nach vorangcgangener starkerer Kaltverformung zur Beseitigung der Verfestigung und zur Ausbildung feinkornigen Gefuges herangezogen (Bild3.10).Fur NE-Werkstoffc ist csdereinzige Weg,eingrobkorniges in ein feinkorniges Gefuge iiberfuhren zu k6nnen. Die beim Stahl daruber hinaus gegebene Moglichkeit. die Kaltverfcstigung durch Normalgluhen aufzuhebe n ist ~ vgee n de r h oh e re n Norm a 1is i e rungs t e m pe r a t u r (die Re k r i st allisa t i o n s temperatur liegt unter A , )mit erhohten I
il )
I3ild 3.10 Gefuge von Weicheiser a) stark kaltverformt b) rekristallisiert
1311d 3 . I I Rekristallisationsschaubild Verforrnungsgrao
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Eisen
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Eisenwerkstoffe
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Diffusionsgliihen Mit dem Diffusionsgluhen wird ein Ausgleich der bei der Erstarrung entstandenen Konzentrationsunterschiede (Primar- oder Kristallseigerungen) angestrebt. Dafur ist ein langzeitiges Halten nahe der Soliduslinie notwendig, das jedoch gleichzeitig zu einer starken Kornvergroberung fuhrt, die uber eine nachfolgende Warmformgebung oder Normalgluhung wieder beseitigt werden mulj. Der durch das Diffusionsgluhen erzielten groljeren Gleichmaljigkeit des Gefuges, die in Guljstucken von einer verbesserten Zahigkeit begleitet ist und im gewalzten oder geschmiedeten Material eine verminderte Zeiligkeit bedeutet, stehen als Nachteile hohe Kosten, groljer Anlagenverschleilj und erheblicher Abbrand gegenuber. Die Anwendung des Verfahrens bleibt deshalb auf besonders hochwertige Werkstoffe beschrankt.
Grobkorn- oder Hochgliihen Das Grobkorn- oder Hochgluhen wird vor allem zur Verbesserung der Zerspanbarkeit von Einsatzstahlen genutzt. Es entspricht in seiner Durchfuhrung etwa dem Normalgluhen, wobei zur Erzielung eines groben Kornes jedoch hohere Austenitisiertemperaturen und eine langsamere Abkuhlung im Bereich der yaUmwandlung angewendet werden. 3.1.4.2 Harten
Das Harten des Stahles hat die Ausbildung eines martensitischen, gegebenenfalls auch bainitischen, Gefuges zum Ziel (Bild 3.12). Hierzu werden untereutektoidische Stahle von Temperaturen uber A,, ubereutektoidische von Temperaturen oberhalb A , mit einer solchen Geschwindigkeit abgekuhlt, dalj in den oberflachennahen Bereichen oder uber den gesamten Querschnitt des Bauteils die obere kritische Abkuhlgeschwindigkeit uberschritten wird. Die Legierungselemente erhohen meist die Austenitisiertemperatur, besonders wenn sie stabile Carbide bilden (z.B. Cr, Mo, W, V), und vermindern die kritische Abkuhlgeschwindigkeit. Im letzteren Falle sind vor allem Mn und Cr sehr wirksam.
a) Bild 3.12 Gefuge geharteter Stahle (Martensit) a) 0,33 % C
b) 0,99% C
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffc
An das Harten sol1 sich immer ein Anlassen bei niedrigen Temperaturen anschliel3en. bei dem durch die Vorgange der 1. (Umwandlung von tetragonalem in kubischen Martensit, Ausscheidung von E-Carbid Fe,C) und 2. (Umwandlung von Restaustenit) AnlaBstufe die Zahigkeit ohne wesentliche Verminderung der Harte verbessert wird. Je nach Werkstoff und Verwendungszweck betragt die Anlaljtemperatur etwa 100 bis 300°C. Lediglich fur legierte Warmarbeitsstahle und Schnellarbeitsstahle sind hohere Anlaljtemperaturen anzuwenden. Die hochste Hartesteigerung am Rand eines Teiles wird als Aufiiirtung bezeichnet. Sie ist nur vom C-Gehalt abhangig (Bild 3.6). 1st die Harte im Kern des Werkstoffes annahernd so hoch wie am Rand, spricht man von Durchhiirtung; bleibt die Martensitbildung trotz volliger Durchwarmung des Teiles auf die Randzone beschrankt, spricht man von Schulenhtirrirng. Die Hartungstiefe ist dann die Dicke einer Randschicht, in der ein bestimmter Martensitanteil, in der Regel mindestens 50 %, vorliegt. Zur Prufung der Hartbarkeit hat sich der Stirnabschreckversuch bewahrt. Beim normalen Harten werden die Werkstucke an Luft - oder um eine Verzunderung und Entkohlung der Oberflache zu vermeiden - unter Schutzgas bzw. in Salzbadern auf Hartetemperatur erwarmt. Nachdem die Teile durchgewarmt sind, werden sie so lange auf Ternperatur gehalten, bis ein ausreichend homogener Austenit entstanden ist und auch vorhandene Sondercarbide in dem notigen
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Umfang aufgelost sind. Um bei der anschlieljenden Abkuhlung die zur Martensitbildung erforderliche obere kritische Abkuhlgeschwindigkeit zu erreichen, d. h., um eine vorherige teilweise oder vollstandige Umwandlung des Austenits in der Perlit- oder Bainitstufe zu unterdrucken, sind verschiedene Abkuhlmittel in Gebrauch. Bei unlegierten Stahlen mulj, um die Bildung von Perlit und Bainit zu unterdrukken, bereits wenige Sekunden nach dem Abschreckbeginn die Martensittemperatur M, (Beginn der Martensitbildung) erreicht sein (Bild 3.13). In legierten Stahlen beginnt die Perlitbildung vielfach erst nach langerer Zeit (Bild 3.14); nur dann, wenn die Umwandlung in der Bainitstufe sehr rasch einsetzt, sind groljere Abkuhlgeschwindigkeiten erforderlich. Die Wahl des anzuwendenden Kuhlmittels hangt deshalb vom Werkstoff, aber auch von den Bauteilabmessungen u. a. ab. Die gebrauchlichsten A bschreckmittel sind Wasser und 0 1 sowie in besonderen Fallen auch Luft. Im gunstigsten Fall sollte ein Abschreckmittel seine hochste Abschreckwirkung im Bereich der Perlitbildung entwickeln, bei tieferen Temperaturen aber weniger schroff abkuhlen. Wegen der auljerordentlich hohen kritischen Abkuhlgeschwindigkeit der unlegierten Stahle kommt fur diese als Abschreckmittel hauptsachlich Wasser in Betracht (Wusserhurter). Aber auch dann ist es nicht moglich, dickere Stucke durchzuharten. Nur wenn der Querschnitt sehr klein und der Gehalt an Kohlenstoff und Stahlbegleitern hoch ist, kann in 01 abgeschreckt werden. Fur legierte Stahle, deren kritische Abkuhlge-
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
schwindigkeit niedriger liegt, genugt der mildere Warmeentzug in 01 (Ofhurter). I n einigen Fallen ist auch die Abkuhlwirkung in stromender oder sogar ruhender Luft ausreichend (Lufihiirter). Da mit zunehmender Abkuhlgeschwindigkeit die Eigenspannungen und damit die Ma& und Formanderungen (Verzug) sowie die Gefahr von Harterissen zunehmen, wendet man beim Harten des Stahles das mildeste Abschreckmittel an, rnit dem die vorgegebene Auf- und Einhartung noch erreicht werden kann. Das Streben nach einem verzugsarmen Harten hat zur Entwicklung verschiedener Sonderverfahren gefuhrt, von denen sich das Warurzhadhiirren am besten bewahrt hat. In diesem Fall werden die Teile meist in geschmolzenen Salzen auf Temperaturen nahe der Martensittemperatur abgeschreckt. Die Umwandlung des Austenits setzt in diesem Bereich erst nach langerer Inkubationszeit ein. Es ist deshalb moglich, bei kleineren Abmessungen so lange im Salzbad zu verbleiben, bis ein Temperaturausgleich zwischen Rand und Kern eingetreten ist und die Abschreckspannungen abgebaut sind. AbschlieBend wird auf Raumtemperatur abgekuhlt, wobei der Austenit in Martensit umwandelt. Eine Hartesteigerung im gesamten Volumen ist mitunter unerwunscht; haufig ist ein Harten der Oberflache allein gunstiger, so z. B. bei ortlicher VerschleiRbeanspruchung eines im ubrigen moglichst zahen Bauteiles. Die Rnndsschichthiirtung (ohne Anderung der chemischen Zusammensetzung der Randschicht) kann sowohl uber das ortliche Abschrecken vollstandig erwarmter Stucke als auch durch lokales Erwarmen und Abschrecken erreicht werden. Von der erstgenannten Moglichkeit macht man z. B. bei Schienen oder Laufradern von Lokomotiven Gebrauch. Diese werden entweder nur rnit den zu hartenden Flachen, bei Radern unter Drehung um die Achse, in die Abschreckflussigkeit eingetaucht oder an diesen Stellen rnit Wasserbrausen abgespritzt. Im Maschinenbau (s. a. Abschn. 8.2.4.3) wird vor allem die zweite Verfahrensvariante angewendet. Damit die Hartung allein auf die betreffende Randschicht begrenzt bleibt und keine nennenswerte Erwarmung des Kerns auftritt, sind kurze Erwarmzeiten bei intensiver Warmezufuhrung notwendig. In der Praxis kornmen dafur ein kurzes Eintauchen in hocherhitzte Salzbader (Tauchhiirren),die Erwarmung rnit GasSauerstoff-Brennern (Brenn- oder Ffamrnhiirten) und das Erwarmen durch in der Oberflache induzierte mittel- oder hochfrequente Wirbelstrome (Induktionshurfen) in Betracht. Die Erwarmgeschwindigkeit nimmt in der genannten Reihenfolge zu. Nachfolgend wird durch Eintauchen oder rnit Hilfe einer Brause abgeschreckt. Noch hohere Erwarmgeschwindigkeiten lassen sich mittels Laseroder Elektronenstrahlen erzielen. Dadurch wird der Warmeeintrag besonders bei dunnen Schichten so verringert, daB die Warmeableitung durch den kalten Grundwerkstoff fur die Hartung ausreicht und ein gesondertes Abschrecken entfallen kann. Die Tiefe der geharteten Randschicht hangt vor allem vom Werkstoff, von der Intensitat der Warmezufuhrung und beim Induktionsharten von der Frequenz ab (s. a. Abschn. 3.1 3 ) . Sehr hohe Frequenzen (1 . l o 5 bis 5 . lo6Hz) ermoglichen Hartungstiefen von wenigen zehntel Millimetern bis etwa 1,5mm. Bei Mittelfrequenzhartung (500 bis 10000Hz) und Flammhartung sind etwa 1,s bis 12 mm moglich. 1st die Harteschicht zu dick, besteht wegen der mit der Martensitbildung verbundenen Volumenzunahme die Gefahr des Abplatzens (Bild 3.15). Beim Laser- oder Elektronenstrahlharten wird die Tiefe der erwarmten Randzone vor allem durch die Leistung der Strahlenquelle, die Leistungsdichte im
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Eisenwerkstoffe
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Bild 3.15 Flammengehartete Kurbelwelle mit Vickersharte-Eindrucken und Abplatzungen an einer Bohrung; Hartungstiefe etwa 5 mm
Brennfleck und die Geschwindigkeit, mit welcher der Strahl uber die Oberflache gefuhrt wird, bestimmt. Am besten sind diese Verfahren fur Einhartungstiefen von 0,3 bis 0,s mm (Laserstrahlharten) bzw. bis 1,5 mm (Elektronenstrahlharten) geeignet. Z u hohe Leistungsdichten konnen zu Aufschmelzungen im Oberflachenbereich fuhren. Bei groReren zu hartenden Flachen werden die Strahlspuren (Hartungsspuren) aneinander gereiht. 3.1.4.3 Verguten
Das Vergiiten ist durch ein dem Harten nachfolgendes Anlassen bei etwa 540 bis 680°C gekennzeichnet, bei dem die Vorgange in der 3. AnlaBstufe (Bildung und Wachstum von Fe,C) einen starkeren Harteabfall, aber eine bedeutende Verbesserung der Zahigkeit bewirken. Die Streckgrenze, die fur die Belastbarkeit eines Bauteiles mal3gebend ist, liegt im verguteten Stahl bedeutend hoher als beim normalgegluhten Stahl gleicher Festigkeit. Das Streckgrenzenverhaltnis (Streckgrenze dividiert durch die Zugfestigkeit) ist infolgedessen kennzeichnend fur die Qualitat der Vergutung. Sie wird deshalb auch weniger durch die Ermittlung der Harte, sondern vielmehr mit Hilfe des Zug- und Kerbschlagbiegeversuchs bewertet. Vergutete Baustahle sollen uber den gesamten Querschnitt moglichst gleichmaBige Eigenschaften aufweisen. Die Durchvergutung erfordert nicht unbedingt, daB nach dem Harten, das in ublicher Weise vorgenommen wird, eine vollige Durchhartung vorliegt. Da die bei tiefen Temperaturen gebildeten Umwandlungsgefuge (Martensit, Bainit) im Anlaljtemperaturbereich starker verandert werden als z. B. ein dichtstreifiger Perlit, gleichen sich die Eigenschaften beim Anlassen weitgehend aus (Bild 3.16). Trotzdem ist es von Vorteil, tiefer einhartende Stahle zu wahlen, die im Kern erst bei tieferen Temperaturen umwandeln, so daB niedrigere AnlaBtemperaturen, die hohere Vergutungsfestigkeiten ergeben, angewendet werden konnen. AuBerdem entsteht bei diesen Stahlen kein voreutektoidischer Ferrit, der das Streckgrenzenverhaltnis, die Zahigkeit und besonders die Dauerfestigkeit ungunstig beeinflufit. Die Zahigkeit nach dem Verguten ist bei gleicher Vergiitungsfestigkeit fur den angelassenen Martensit am groBten. Aus diesem Grund wird z. B. fur hochbelastete vergutete Federn die Durchhartung vor dem Anlassen gefordert (s. Abschn. 10.2.1).
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30 Bild 3.16 Harteanderungen beim Anlassen unlegierter Stahle mit unterschiedlicher Gefiigeausbildung (nach E. H. Engel)
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Anlai3temperatur
Um Abschreckspannungen zu vermeiden, sol1 die Abkuhlung nach dem Anlassen moglichst langsam erfolgen. Diese Regel gilt nicht fur bestimmte legierte (anlaBempfindliche) Stahle (vor allem Cr-Ni-Stahle), die beim Verweilen im Temperaturbereich von 4.50 bis 550" C eine Verschlechterung der Zahigkeit (Anlaflsprdigkeit) zeigen. Die im Zugversuch ermittelten Eigenschaften (Streckgrenze, Zugfestigkeit, Dehnung, Einschnurung) werden davon nicht betroffen, wohl aber die Ubergangstemperatur der Kerbschlagarbeit; sie wird erhoht (Bild 3.17). Ursache der AnlaBsprodigkeit sind Entmischungen der als Verunreinigungen im Stahl enthaltenen Elemente Phosphor, Arsen, Antimon und Zinn. Es bilden sich an den Korngrenzen Segregationen. Einige Legierungselemente (Cr, Mn sowie deren Kombination oder in Verbindung mit Ni) wirken indirekt versprodend, indem sie die Diffusion der genannten Verunreinigungen fordern. Molybdan und Wolfram hemmen die Entmischungsvorgange und wirken somit der AnlaBversprodung entgegen. Zur Vermeidung der AnlaRsprodigkeit sollen die dazu neigenden Stahle beim Verguten oberhalb 600 " C angelassen und in Wasser oder 01 abgeschreckt werden. 1st der mit derartig erhohten AnlaRtemperaturen verbundene starkere Festigkeitsabfall nicht tragbar, so sind mit Molybdan legierte Stahle zu verwenden (z. B. 42CrMo4), die unter den Bedingungen der ublichen Warmebehand-
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Ptiiftemperatur Bild 3.17 Kerbschlagarbeits-Temperatur-Kurven eines gegen AnlaRsprodigkeit empfindlichen Stahles (nach M. Baeyert, W E Craig und J.P Sheehan); Warmebehandlung: 85O"C/Ol + 1 h 650 C 'I
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Eisenwerkstoffe
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lung praktisch unempfindlich sind. Molybdanlegierte Stahle sollen auch fur grol3e Vergutungsquerschnitte herangezogen werden, in denen durch das Abschrecken gefahrliche Eigenspannungen entstehen konnen und im Kern die Abkuhlgeschwindigkeit nicht ausreicht, um die AnlaBsprodigkeit zu unterdrukken. Auf vollig anderen Vorgangen beruht die als Bainitisieren (Zwischenstufenvergiten) bezeichnete Warmebehandlung, die aber zu ahnlichen Eigenschaften wie das normale Verguten fuhrt. Bei ihr wird das zu behandelnde Teil nach dem Austenitisieren bei den ublichen Hartetemperaturen in einem Salzbad abgeschreckt und im Gebiet der Bainitstufe bis zur vollstandigen Umwandlung isothermisch gehalten (Bild 3.18). Ein Anlassen und die nach dem Abschrecken in 01 aufwendige Reinigung entfallen. AuBerdem ist die Gefahr des Verziehens und der Riabildung geringer. Gegenuber normal verguteten Baustahlen liegen bei gleicher Festigkeit die Elastizitats- und Streckgrenzen der bainitisierten Stahle im allgemeinen bedeutend niedriger ;teilweise werden aber groBere Dehnungs- und Einschnurungswerte beobachtet. Hinsichtlich der Kerbschlagarbeit sind bainitisierte Stahle, insbesondere nach der Umwandlung in der unteren Bainitstufe, den normal verguteten gleicher Festigkeit uberlegen. Wegen der im Vergleich zu 0 1 geringeren Abkuhlgeschwindigkeit der Salzbader eignet sich das Bainitisieren jedoch nur fur Teile rnit kleineren Querschnitten. Auf Grund der erniedrigten Elastizitatsgrenze sind sie gegen schlag- oder stoBartige Belastung weniger empfindlich als normal vergutete Bauteile.
Bild 3.18 Bainit (01 iere Bainitstufe) rnit geringen Anteilen von Martensit; unle:gierter Stahl rnit 0.75 YOC
3.1.4.4 Thermochemische Oberflachenbehandlung
Die therrnochernische Oberjlachenbehandlung umfaBt Verfahren, bei denen die Warmebehandlung rnit einer gewollten Veranderung der chemischen Zusammensetzung der Werkstuckoberflache verbunden ist. Die Anreicherung der Oberflache mit bestimmten metallischen oder nichtmetallischen Elementen erfolgt uber Diffusion. Sie geschieht vorzugsweise rnit dem Ziel, die Harte und VerschleiBfestigkeit oberflachennaher Bereiche (s. a. Abschn. 8.2.4.4) wie auch die Dauerfestigkeit des Werkstuckes gunstig zu beeinflussen. Auf die besonders dem Korrosionsschutz dienenden Verfahren der Oberflachenbehandlung wird in Abschnitt 7.9 eingegangen.
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Allgemeine Konstruktionswcrkstoffe
Einsrrtzliiirten
Durchhartende VerschleiBteile aus Stahlen rnit hoheren Kohlenstoffgehalten sind im Kern so sprode, daB sie bei stoBartigen Belastungen leicht brechen. Bei schalenhartenden Stahlen ist die Kernzahigkeit zwar besser, die Einhartungstiefe unterliegt aber groBeren Schwankungen und ergibt, wenn der Querschnitt des Bauteiles unterschiedlich ist, kein konturengetreues Hartebild. Diese Mangel werden durch das Einsatzharten vermieden. Als Werkstoffe kommen hierfur kohlenstoffarme Stahle (s. Abschn. 3.1.7) in Betracht, die nach der spanenden Bearbeitung bei 900 bis 930 "C mit Kohlenstoff in der Randschicht auflegiert (Aufkohlen, Einsetzen, Zementieren) und anschlieBend gehartet werden. Danach wird in der Regel noch bei 150 bis 250°C angelassen. Das Aufkohlen kann in festen, flussigen oder gasformigen Kohlungsmitteln vorgenommen werden. Die Gasaufkohlung ist am besten regelbar und sehr wirtschaftlich. Als Kohlungsgase werden Gasmischungen verwendet, die Kohlenrnonoxid (CO) und gasformige Kohlenwasserstoffe enthalten. Als flussige Aufkohlungsmittel kommen geschrnolzene Salze zurn Einsatz, die als kohlenstoffabgebende Bestandteile vorwiegend Natrium- und Kaliurncyanide enthalten. Uber deren Gehalt sowie den Zusatz aktivierender Substanzen laBt sich die Kohlungswirkung in weiten Grenzen verandern. Das Aufkohlen in Salzbadern ist besonders bei kleinen Teilen und haufig wechselnden Aufkohlungstiefen von Vorteil. Nachteilig ist unter anderem die grol3e Giftigkeit der Bader. Feste Kohlungsmittel (Holzkohle und ahnliche Kohlenstofftrager) erfordern aufwendige rnanuelle Arbeit und haben auch technische Nachteile. Sie werden deshalb nur noch in Ausnahmefallen benutzt. Nach dem Aufkohlen sol1 der C-Gehalt der Randzone etwa 0,7 bis 0,8 % betragen. Bei ubereutektoidischen Kohlenstoffgehalten entsteht ein versprodendes Fe3C-Netzwerk. bei niedrigeren Werten wird die maximale Harte nicht erreicht. Der Ubergang vom Rand- zum Kernkohlenstoffgehalt sol1 flach verlaufen, darnit die nach dem Harten zwischen Rand und Kern bestehenden Eigenspannungen 1000
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Abstand von der Obertliiche
Bild 3.19 Verlauf des Kohlenstoffgehaltes und der Hiirte in der Randschicht eines einsalLgehiirtctcn Stahlcs
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moglichst gering bleiben. Andererseits mul3 der C-Gehalt vom Rand her bis zu einer gewissen Tiefe konstant sein, damit, wenn nach dem Harten zur Korrektur von Form- und Mal3anderungen geschliffen werden murj, kein Abfall der Oberflachenharte eintritt. Fur die Dicke der aufgekohlten Randschicht gilt als Richtwert, dal3 bei 930°C in 4 Stunden etwa eine Aufkohlungstiefe von 1 mm erreicht wird. Unter Aufkohlungstiefe versteht man die Tiefe der aufgekohlten Randschicht bis zum Erreichen des Kernkohlenstoffgehaltes. Das Harten erfolgt in der gleichen Weise wie fur Stahle mit uber den Querschnitt gleichmarjigem Kohlenstoffgehalt. Als verzugsarmes Abschreckverfahren hat sich vielfach das Warmbadharten bewahrt. Problematisch ist die Wahl der Hartetemperatur. Auf Grund des unterschiedlichen Kohlenstoffgehaltes von Rand und Kern sind deren Hartetemperaturen verschieden. Da auch andere Legierungselemente und der Verwendungszweck von Einflurj sind, wird hierauf in Abschnitt 3.1.7 noch eingegangen. Die Einsatzhartungstiefe ist nicht der Aufkohlungstiefe gleichzusetzen. Sie ist geringer als diese und wird als die Tiefe der geharteten Randschicht festgelegt, bis zu der eine Harte von 550 H V vorhanden ist (Bild 3.19). Die beim Harten durch die Martensitbildung bedingte Volumenzunahme ist in der kohlenstoffreicheren Randzone grol3er als im kohlenstoffarmen Kern. Es entstehen infolgedessen an der Oberflache Druckeigenspannungen, die die Dauerfestigkeit des Stahles erheblich verbessern.
Nitrieren Unter Nitrieren (Aufsticken) versteht man das Anreichern von Stickstoff in der Metalloberflache durch Diffusion. Fur das Verstandnis der im Stahl ablaufenden Vorgange dient das Zustandsdiagramm Fe-N (Bild 3.20), das auf der eisenreichen Seite ahnlich wie das Zustandsdiagramm Fe-Fe3C aufgebaut ist. Die eutektoidische Temperatur liegt allerdings erheblich tiefer (590 "C), und die maximale Loslichkeit fur Stickstoff ist bei dieser Temperatur wesentlich grol3er (0,1%) als die fur Kohlenstoff. Die Nitriertemperatur liegt in der Regel unter 590"C, d. h. es treten keine polymorphen Umwandlungen auf. Aus diesem Grunde und wegen der niedrigen Behandlungstemperatur ist der Verzug der behandelten Teile aurjerordentlich gering. Das Nitrieren wird fast ausschliel3lich in der Gasphase vorgenommen (Gasnitrieren). Zum Gasnitrieren verwendet man Ammoniak, das nach Adsorption und thermischer Dissoziation an der Stahloberflache den fur den Nitriervorgang notwendigen atomaren Stickstoff liefert, der sich in der Eisenoberflache lost (Bildung von Fe-N-Mischkristallen) und entsprechend dem aufgebauten Konzentrationsgefalle in das Werkstoffinnere diffundiert (Diffusionszone). Wird die Loslichkeitsgrenze des a-Eisens fur Stickstoff an der Oberflache uberschritten, entsteht eine geschlossene Schicht von Eisennitriden (Verbindungsschicht), die meist aus Fe,N und FezN besteht. Sie ist hart, sehr sprode und platzt leicht ab. Der gewunschte hohe Verschleiljwiderstand der Oberflache wird erst dann erreicht, wenn zum Nitrieren legierte Stahle verwendet werden (s. Abschn. 3.1.8), deren Legierungselemente Cr, Al, Mo oder V eine grorjere Affinitat zum Stickstoff haben und bereits wahrend des Nitrierens in der Diffusionszone sehr harte Sondernitride bilden. Im Falle Al-haltiger Stahle beispielsweise steigt die Harte auf mindestens 900HV an. Sie liegt damit uber der des Martensits. Gasnitrierte Bauteile sind selbst bei hoheren Temperaturen (bis etwa 500°C) sehr
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stickstoffsehalt
Bild 3.20 Zustandsschaubild Eisen-Stickstoff
verschleiBfest. Da bei der Bildung der Sondernitride Druckeigenspannungen in der Diffusionsschicht entstehen, weisen nitrierte Stahle eine erhohte Dauerfestigkeit auf. Die Eigenschaften der Verbindungsschicht andern sich durch die Einlagerung von Sondernitriden nicht. Die Entstehung dieser Schicht wird deshalb rnoglichst unterdruckt, bzw. wird sie nachtraglich vielfach abgeschliffen. Die Nitrierdauer betragt beim Gasnitrieren, bei dem die mit Sondernitriden angereicherte Diffusionsschicht wenigstens 0,5 rnm dick sein soll, etwa 50 Stunden. U m 30 bis 50% kurzere Nitrierzeiten lassen sich durch Zusatz von Sauerstoff zum Ammoniak erreichen (Kurzzeitgasnitrieren, Oxinitrieren), wodurch gleichzeitig die Eigenschaften der Verbindungsschicht verbessert werden und die Anwendbarkeit des Verfahrens auf bisher nicht nitrierbare Werkstoffe ausgedehnt wird. Eine ebenfalls sehr erfolgreiche Weiterentwicklung stellt das Nitrieren in der Glimmentladung dar. Die auf das Werkstuck auftreffenden Ionen sind so energiereich, dal3 sie dieses ohne zusatzliche Heizung auf Nitriertemperatur erwarmen. Auljerdem steigt infolge des Ioneneinfalls die Gitterdefektdichte in den oberflachennahen Bereichen an, wodurch die Diffusionsgeschwindigkeit des Stickstoffs wie auch das Stickstoffkonzentrationsgefalle im Anfangsstadium der Behandlung vergronert und damit der Nitriervorgang insgesamt erheblich beschleunigt wird.
Nitrocarburieren Im Gegensatz zum Gasnitrieren wird beim Badnitrocarburieren bereits nach kurzen Behandlungszeiten (1 bis 3 Stunden bei etwa 570°C) eine bedeutende
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Eisenwerkstoffe
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Bild 3.21 Verbindungsschicht (wein) und Diffusionsschicht (mit nadelformigen Nitridausscheidungen) auf C15 nach Salzbadnitrocarburieren und Anlassen bei 280°C
Verbesserung des Verschleirjverhaltens auch bei unlegierten Eisenwerkstoffen erzielt. Sie ist darauf zuruckzufiihren, darj in den Salzbadern, die hauptsachlich aus Cyaniden (sehr giftig) und Cyanaten bestehen, der bei der Zersetzung des Cyanats (CNO) mit frei werdende Kohlenstoff zum Teil in die Verbindungsschicht eingebaut wird. Es bilden sich Carbonitride. Durch diese wird die Haftfestigkeit und Harte der Verbindungsschichten erhoht. Die Badnitrocarburierschichten (Bild 3.21) sind porenarm und zeichnen sich durch eine sehr geringe Neigung, mit dem Gegenwerkstoff zu verschweirjen, aus. Wegen ihrer geringen Dicke (etwa 10 bis 20pm) sind fur badnitrocarburierte Teile allerdings nur geringe Flachenpressungen zulassig. Nach dem Nitrocarburieren im Salzbad werden unlegierte Stahle moglichst in Wasser abgeschreckt. Die dadurch an Stickstoff iibersattigte Diffusionsschicht hartet dann, wie in Verbindung mit der Alterung bereits erortert wurde (Abschn. 3.1.1), bei Raumtemperatur aus. Uber die Erhohung der Streckgrenze wird damit auch eine Steigerung der Dauerfestigkeit erreicht. Einen den Badnitrocarburierschichten entsprechenden Aufbau der Schicht mit ahnlichen Eigenschaften erhalt man, wenn die Behandlung bei gleichen Temperaturen und Zeiten in einer Ammoniak-Atmosphare vorgenommen wird, der kohlenstoffabgebende Verbindungen, z. B. Propan oder Stadtgas, zugesetzt sind (Gasnitrocarburieren bei niedrigen Temperaturen). Dieses Verfahren hat gegeniiber dem Badnitrocarburieren eine Reihe von Vorzugen, wie bessere Regelbarkeit, kein Umgang mit sehr giftigen Salzen und Wegfall der Reinigung der behandelten Werkstiicke. Die Verbindungsschichten sind jedoch dicker und weisen einen aurjeren Porensaum auf. Die Poren entstehen in der Folge eines Stickstoffaufstaus. Durch Rekombinieren bilden sich Stickstoffmolekule und durch den dabei entstehenden Druck Hohlraume. Bei unterhalb 590 '' C nitrocarburierten Teilen wird vor allem die Verbindungsschicht zur Erhohung der Verschleififestigkeit wirksam. Die Verwendung legierter Stahle ist deshalb nur dann notwendig, wenn es die Bauteil- oder Werkzeugbeanspruchungen erfordern. So wird z. B. bei geharteten Warmarbeits- oder Schnellarbeitsstahlen, deren Anlarjtemperatur etwa der Nitrocarburiertemperatur entspricht, durch eine dunne Verbindungsschicht eine zusatzliche Erhohung des Verschleifiwiderstandes erreicht. Geschieht das Nitrocarburieren zwischen den eutektoidischen Temperaturen der Systeme Fe-N und Fe-Fe3C, d. h. zwischen 590 und 723 "C, so entstehen wie bei
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3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
tieferen Temperaturen an der Eisenoberflache Verbindungsschichten. Die Diffusionsschicht wird aber in dem MaBe, wie der Stickstoff uber die Loslichkeitsgrenze hinaus in den Ferrit eindiffundiert, in Austenit umgewandelt (s. a. Bild 3.20) und damit hartbar. Der stickstoffarmere Kern wandelt nicht um. Die durch Abschrecken von der Nitrocarburiertemperatur in Martensit umgewandelte Diffusionsschicht ubt eine Stutzwirkung auf die Verbindungsschicht, die nach wie vor fur das VerschleiBverhalten maBgebend ist, aus. Dadurch sind hohere Flachenpressungen als nach dem Nitrocarburieren bei niedrigen Temperaturen moglich.
Cnrbonitrieren Diffundieren Kohlenstoff und Stickstoff bei hoheren Temperaturen, d. h. zwischen 780 und 860°C in die Stahloberflache ein, bildet sich keine Verbindungsschicht mehr. Da bei diesen Behandlungstemperaturen die Oberflache hauptsachlich mit Kohlenstoff angereichert wird, spricht man nicht mehr vom Nitrocarburieren sondern vom Carbonitrieren. Die fur diese Oberflachenbehandlung ublicherweise verwendeten Einsatzstahle wandeln im Kern je nach Temperatur mehr oder weniger vollstandig, die an Kohlenstoff und Stickstoff angereicherte Randzone aber vollstandig in Austenit um. Nach dem Abschrecken besteht die Randschicht aus Martensit und, bedingt durch den eindiffundierten Stickstoff, Restaustenit. Sie ist fur das VerschleiBverhalten maBgebend. Das Cnrhonitrierharten (Carbonitrieren und anschlieBendes Abschrecken) entspricht hinsichtlich der erzielbaren Eigenschaften etwa dem Einsatzharten. Es hat jedoch diesem gegenuber mehrere Vorteile. So wird die kritische Abkuhlgeschwindigkeit durch den eindiffundierten Stickstoff herabgesetzt, wodurch auch unlegierte Stahle in 01 abgeschreckt werden konnen und einen geringeren Verzug erleiden. Weiterhin ist rnit den niedrigeren Behandlungstemperaturen eine Einsparung von Energie sowie eine verlangerte Ofenhaltbarkeit verbunden. Dem stehen als nachteilig eine geringere Kernfestigkeit und Dauerfestigkeit gegenuber. Fur alle Nitrocarburier- bzw. Carbonitrierverfahren konnen Gase oder Salzbader verwendet werden. Betragt das Verhaltnis der in die Oberflache eindiffundierten Elemente C und N bei niedrigen Temperaturen etwa 1 : 4 (das bedeutet, daB unter diesen Bedingungen vorwiegend eine Nitrierung erfolgt), so kehrt es sich bei hohen Temperaturen nahezu um (C : N etwa 1 : 0,3), wobei der Vorgang dem des Aufkohlens bereits sehr nahe kommt. Neben der gleichzeitigen Eindiffusion von Stickstoff mit Kohlenstoff und Sauerstoff sind vor allem bei niedrigen Temperaturen noch weitere Elemente zur Erzeugung nitridhaltiger Schichten geeignet, so z. B. Schwefel (Sulfonitrieren).
Borieren Beim Borieren wird die Metalloberflache rnit Bor angereichert, wobei sich sehr harte und verschleinfeste Boridschichten bilden. Boriert werden konnen unlegierte und legierte Stahle sowie auch GuBeisen, Sintereisen, Hartmetalle und einige Nichteisenmetalle, wie Titan und Nickel. Fur das Borieren haben sich in der Praxis bisher nur feste und z.T. flussige Boriermittel durchsetzen konnen. Die festen Boriermittel sind entweder Pulvermischungen oder Granulate aus Borcarbid und Borax (Na,B,07) als borabgebende Substanzen mit weiteren Zusatzen zur Regulierung der Borierwirkung. Das Pulverborieren erfolgt in der Regel in einer Schutzgasatmosphare, die
3.1
Eisenwerkstoffe
59
Bild 3.22 Boridschicht (Verbindungsschicht) aus FeB (dunkel) und Fe2B (hell) auf C15; boriert bei 1000" c
im Fall von Wasserstoff gleichzeitig die Reaktion beschleunigt. Unabhangig vom Boriermittel betragt die Boriertemperatur fur Eisenwerkstoffe meist 900 bis 1000"C,fur Titanwerkstoffe uber 1100°Cbei einer Borierdauer von 1 bis 6 Stunden. Bei Boriertemperatur vermag das Eisen nur wenige tausendstel Prozent Bor zu losen. Reichliche Borzufuhr vorausgesetzt, bildet sich deshalb auf der Werkstoffoberflache die intermetallische Phase FeB, an die sich nach dem Werkstoffinneren die borarmere Fe,B-Phase anschlieljt (Bild 3.22). Das FeB ist sehr sprode und riljempfindlich, so dalj seine Entstehung moglichst uber die Verminderung des Borgehaltes im Boriermittel vermieden werden mulj. Wegen der Gefahr der Riljbildung und des Abplatzens, besonders an Kanten und bei Schlagbeanspruchung, sol1 auch die Fe,B-Schicht nicht dicker als 150pm sein. Die Boride auf unlegierten Stahlen haben eine Mikroharte von 1800HV; sie kann auf legierten Stahlen bis zu 2500 H V ansteigen. Unter der Verbindungsschicht befindet sich eine Diffusionsschicht aus borhaltigen Eisen-Mischkristallen. Das geloste Bor bewirkt eine Kornvergroberung bei gleichzeitiger Verbesserung der Hartbarkeit der Diffusionsschicht, so dalj auch unlegierte Stahle in 01 abgeschreckt werden konnen. Die Legierungselemente im Stahl beeinflussen das Schichtwachstum unterschiedlich. Kohlenstoff ist in den Boriden nahezu unloslich. E r wird deshalb, nachdem sich eine geschlossene Boridschicht gebildet hat, in Richtung Kern verdrangt. Unmittelbar unter der Verbindungsschicht entsteht Fe3C, in dem bis zu 80% des Kohlenstoffs durch Bor ersetzt sein konnen, weshalb man auch von Borzementit spricht. Das Wachstum der Boridschicht wird dadurch gehemmt, so daB unter gleichen Borierbedingungen die Schichtdicken auf hoher kohlenstoffhaltigen Stahlen geringer sind als auf Stahlen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt. Zu den in den Boriden unloslichen Elementen gehoren Stickstoff und Silicium. Stickstoff ist wegen seines geringen Gehaltes in technischen Stahlen ohne Bedeutung. Silicium reichert sich vor den Boriden an und bildet eine weiche Mischkristallzone mit eingelagerten Carbiden (,,weicher Graben"). Die meisten Legierungselemente sind in den Boriden in begrenztem Umfang loslich. Ubersteigt ihr Gehalt im Stahl diese Grenze, so bilden sie Carbide, eigene Boride oder Mischkristalle.
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3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Die Boridschichten zeichnen sich auf Grund ihrer hohen Harte und der gegenuber Metallen anderen Gitterstruktur durch einen sehr hohen Widerstand sowohl gegen abrasiven als auch adhasiven VerschleiB aus. Damit konnen borierte Bauteile und Werkzeuge selbst unter extremen VerschleiBbeanspruchungen eingesetzt werden. Um die Boridschicht gegen hohe Oberflachendrucke zu stutzen, konnen die Werkstiicke nach dem Borieren auf ubliche Weise gehartet werden. Dadurch wird ein Eindriicken der harten Boridschicht in den Grundwerkstoff verhindert. Die Druckeigenspannungen in der Fe,B-Schicht fiihren zu einer Erhohung der Dauerfestigkeit, die von der Schichtdicke und dem Verhaltnis Schichtdicke zu Gesamtquerschnitt abhangig ist. Die erreichbare Dauerfestigkeitssteigerung ist jedoch bedeutend geringer als beim Nitrieren oder Nitrocarburieren. Da das Borieren nicht auf bestimmte Werkstoffgruppen, z. B. Einsatzstahle, beschrankt ist, kann es sehr vielseitig angewendet und zur Losung extremer VerschleiBprobleme an Konstruktionselementen und Umformwerkzeugen aus Stahl herangezogen werden.
3.1.4.5 CVD- und PVD-Verfahren
Bei den CVD- Verfahren (Chemical-Vapour-Deposition) werden in einem Verdampfer Metallverbindungen in die Dampfphase uberfuhrt und zusammen mit weiteren Gasen (Reaktions- und Tragergase) in einen Reaktor, in dem sich die zu beschichtenden Werkstucke befinden, eingeleitet. Der durch Zersetzungsoder Umsetzungsreaktionen meist bei hohen Temperaturen erzeugte Beschichtungsstoff scheidet sich in fester Form auf den Substraten ab. Fur den VerschleiBschutz von Konstruktionselementen und Werkzeugen ist es von besonderer Bedeutung, daB uber die Zugabe von Nichtmetallverbindungen (z. B. CH,) auch Hartstoffe, wie Carbide, Nitride oder Boride, als Uberzuge erhalten werden konnen [3.7]. Wahrend im Fall der thermochemischen Verfahren zur Ausbildung der Oberflachenschichten Metall- und Nichtmetallatome in den Substratwerkstoff diffundieren, treten bei den CVD-Verfahren Diffusionsprozesse im wesentlichen nur an der Grenzflache Schicht/Substrat auf. Dabei konnen Substratbestandteile in das abgeschiedene Metall diffundieren, z. B. der Kohlenstoff in das Titan unter Bildung von Titancarbid. Als Substratwerkstoffe fur Hartstoffuberzuge kommen Stahle, Hartmetalle, keramische Werkstoffe und Nichteisenmetalle in Betracht. Die Dicke der abgeschiedenen Schichten liegt meist um 10pm, groBere Dicken werden durch Viellagenschichten erreicht (multilayer). Die Beschichtungstemperatur ist vom aufzubringenden Schichtmaterial abhangig und liegt meist bei 900 bis 1000°C (Hochtemperatur-CVD). Bei plasmagestutzten CVD-Verfahren oder der Verwendung von metallorganischen Ausgangsstoffen konnen die Behandlungstemperaturen bedeutend gesenkt werden. Die Behandlungsdauer richtet sich nach der einzustellenden Schichtdicke und betragt in der Regel 2 bis 4 Stunden. Durch Unterdruck im Reaktor kann die Geschwindigkeit des Schichtwachstums erhoht werden. Die hohen Behandlungstemperaturen machen bei Stahlen nach der Beschichtung eine Hartung erforderlich, damit die dunne Hartstoffschicht genugend abgestutzt wird. Anwendung findet die Hartstoffbeschichtung z. B. bei Umform-
3.1
Eisenwerkstoffe
61
werkzeugen, Gewindewalzbacken und Fadenleitelementen von Textilmaschinen. Besonders bewahrt haben sich Titancarbid- oder Mehrfachschichten aus Chromcarbid und Titancarbid. Das Hauptnutzungsgebiet ist jedoch die Beschichtung von Hartmetallwendeschneidplatten (s. Abschn. 4.3.2.4). Bei den PVD-Verfahren (Physical-Vapour-Deposition) lassen sich drei Arbeitsweisen unterscheiden: das Aufdampfen im Hochvakuum (Vakuumaufdampfen), das Katodenzerstauben (Sputtern) und das Ionenplattieren. Beim Vakuumaufdampfen werden die Beschichtungsstoffe in einem hochevakuierten Reaktor verdampft. Die Atome des Metalldampfes kondensieren auf der Substratoberflache. Durch Zugabe kleiner Mengen eines Reaktionsgases konnen auch Verbindungen oder intermetallische Phasen abgeschieden werden (reaktives Vakuumaufdampfen). Das Ionenplattieren entspricht dem Verfahrensprinzip des Aufdampfens im Hochvakuum, jedoch werden die zur Substratoberflache stromenden Beschichtungsatome (Metalle und/oder Nichtmetalle) durch Anlegen einer Spannung zum Teil ionisiert und dadurch beschleunigt. Die Haftfestigkeit der Schichten ist deshalb besonders grol3. Dazu tragt auch die vorherige Reinigung der Oberflache des Substrates durch Beschiefien mit Ionen eines Inertgases (sputter cleaning) bei. Ein weiterer Vorteil ist, dal3 das Substrat auch in Bohrungen relativ gleichmal3ig beschichtet wird. Beim Katodenzerstauben werden in einem Rezipienten Atome mittels Ionen eines Inertgases aus dem Beschichtungsmaterial (Target), das als Katode geschaltet ist, herausgeschlagen und in Richtung des Substrates (Erdpotential) beschleunigt. Im Gegensatz zum Aufdampfen bleibt das Beschichtungsmaterial fest (Kuhlung erforderlich). Das Substrat kann wie beim Ionenplattieren an eine Vorspannung gelegt werden (Sputter-Ionenplattieren). Der neben der Beschichtung stattfindende geringe Abtrag fiihrt zu einer erhohten Reinheit und Haftfestigkeit der entstehenden Schicht. Wird zu dem Inertgas ein reaktionsfahiges Gas hinzugegeben, konnen z. B. Hartstoffe abgeschieden werden. Bei der Beschichtung durch Katodenzerstauben entstehen haftfestere, aber weniger dicke Schichten als beim Aufdampfen im Hochvakuum. Nachteilig ist, dal3 beim Vakuumaufdampfen wie auch beim Katodenzerstauben nur die dem Verdampfer bzw. Target zugewandte Seite des Substrates beschichtet wird, so da13 eine Bewegung des Substrates (Planetenbewegung) oder aber die Anpassung der Targetform an die des Substrates notwendig ist. In engen Bohrungen entstehen keine Schichten. PVD-Verfahren werden aul3er fur dekorative Zwecke in vielfaltiger Weise technisch genutzt, z. B. zur Verspiegelung von Reflektoren, zur Herstellung von Leiterplatten und zur Verbesserung des Korrosions- und Verschleil3verhaltens. Gegenuber den CVD- und Diffusionsverfahren haben die PVD-Verfahren den Vorteil, dal3 die Substrattemperatur sehr niedrig ist und deshalb auch fertig warmebehandelte Werkzeuge ohne Anderung der Substrateigenschaften beschichtet werden konnen (s. Abschn. 4.2 und 8.2.4.5).
3.1.4.6 Thermomechanische Behandlung (UmformtechnischeVerfahren)
Die thermomechanische Behandlung (TMB) stellt eine abgestimmte Kombination von Umformung und Warmebehandlung dar, bei welcher die aus der Umformung resultierenden Gitterfehler fur die Herausbildung einer bestimmten
3
62
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Phasengemenge Morphologie Komgrdine, Komform Grenzflachen Versetzungen Ausscheidungen Textur Begleit- und Spurenelemente
statische Festigkeit Wannfestigkeit Duktilitat Dauerschwingfestigkeit Bruchzahigkeit und Kerbschlagarbeit SpannungsnRkomsionsbestandigkeit VerschleiRwiderstand spanlose und spangebende Fonngebung Gefuge fur nachfolgende Warmebehandlung I
C ([I
c P)
polymorphe Phasenumwandlung
3- 4
E
s
C
-
chemische ZUSammenSetZUng
Umformung
Bild 3.23 Zusammenhang zwischen GefUgciRealstruktur, mechanischen Eigenschaften und Tech-
Realstruktur bzw. eines vorgegebenen Gefuges genutzt werden. Zum Temperatur-Zeit-Regime bei konventioneller Warmebehandlung kommt bei der T M B die Umformung als zusatzliche technologische EinfluBgroBe hinzu (Bild 3.23). Dadurch werden Variationsbereich und Kombinationsmoglichkeiten der fur die mechanischen Eigenschaften mafigeblichen Mechanismen (Mischkristall-, Korngrenzen-, Ausscheidungs-, Versetzungs-, Umwandlungs- und Texturhartung) im Vergleich zur konventionellen Warmebehandlung wesentlich erweitert. Das Spektrum der einstellbaren Realstrukturen bzw. Gefuge wird breiter und erschliefit neue Bereiche. Hierzu gehoren z. B. sehr feinkornige Gefuge, einphasige Gefuge mit speziellen Versetzungsstrukturen, Gefuge mit homogen verteilten feindispersen Ausscheidungen (Vermeidung ausscheidungsfreier Saume an Korngrenzen) und anisotrop angeordneten Grenzflachen sowie auch Gefuge mit unkritischen Verteilungen grenzflachenaktiver Spuren- und Begleitelemente. Auf diese Weise ist es moglich, Konstruktionsteile und Werkzeuge mit hoherer Festigkeit, Duktilitat, Zahigkeit, Dauerschwingfestigkeit oder Spannungsrifikorrosionsbestandigkeit zu fertigen und Eigenschaftskombinationen zu erreichen, wie sie mit konventioneller Warmebehandlung oder Umformung allein nicht erzielbar sind. Um die Hartungsmechanismen optimal nutzen und je nach den Beanspruchungsbedingungen im Werkstoffeinsatz anteilig bestmoglich gemeinsam zur Wirkung bringen zu konnen, mussen Werkstoffzusammensetzung (Legierungssystem) und Umform-Temperatur-Zeit-Regime der T M B einander angepal3t sein. Daraus leiten sich die Vielfalt der TMB-Verfahren und die Forderungen an
3.1
Eisenwerkstoffe
63
die Anlagentechnik ab [3.10] bis [3.14]. Neben der Verbesserung der Gebrauchseigenschaften wie auch der Ver- und Bearbeitungseigenschaften metallischer Werkstoffe bei gleichbleibendem oder verringertem Legierungsaufwand lafit sich durch die Anwendung der TMB in der Metallurgie und in der metallverarbeitenden Industrie uber die Einsparung von ProzeBstufen, Energie und Arbeitskraften auch der Fertigungsaufwand senken. Die TMB wird vorrangig fur Stahle genutzt, kann aber auch an Nichteisenmetallen, wie Ni-, Al-, Cu- und Ti-Legierungen, vorgenommen werden. Die vielfaltigen Moglichkeiten der TMB lassen sich bei Stahlen nach der Abfolge von Umformung und Warmebehandlung wie folgt zusammenfassen und ordnen: Umformung des Austenits vor der Umwandlung zu Ferrit, Perlit, Bainit oder Martensit Umformung wahrend der Umwandlung des Austenits in einer der drei Umwandlungsstufen Umformung nach der Austenitumwandlung.
StranggieBanlage L - -
Warmwalzen
Kuhlstrecke
In der ersten Gruppe wird die Umformung in der Regel im Austenitgebiet (oberhalb A,, Bild 3.24) oder aber auch bis ins Zweiphasengebiet Ferrit + Austenit (zwischen A, und A , ) bzw. Austenit + Zementit (zwischen Ac, und A , ) hinein vorgenommen. Durch beschleunigtes Abkuhlen wird einerseits das Wachsen der bei der Rekristallisation entstehenden feinen Austenitkorner behindert und andererseits bei der Austenit-Ferrit-Umwandlung die Ausbildung eines feinkornigen Endgefuges unterstutzt. Es ist auch moglich, die Rekristallisation des Austenitgefuges teilweise oder ganz zu unterdrucken, so da13 bei der Umformung erzeugte Gitterbaufehler dazu benutzt werden, die Kinetik der Umwandlung zu Ferrit-Perlit, Bainit und Martensit in gewunschter Weise zu beeinflussen. Diese Form der TMB wird haufig als Hochtemperatur-Thermomechanische
64
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Behuncilitng ( H T M B ) bezeichnet. Sie hat wegen ihrer guten Anpassungsfahigkeit an vorhandene Umformeinrichtungen die breiteste Anwendung gefunden. Das betrifft z. B. die Herstellung von Grobblechen, Warmband und Profilen aus hoherfesten mit Nb, V und/oder Ti mikrolegierten schweifibaren Baustahlen [3.12] bis [3.15] (s. Abschn. 3.1.6) sowie von Ringen [3.16], Blattfedern [3.17], Kugellagerrohren, Armierungsdrahten und -staben aus Betonstahl [3.12]. Typische Verfahrensvarianten der HTMB sind das kontrollierte Wulzen mit beschleunigter Abkuhlung bei Nb-V-mikrolegierten und das rekristullisierencte Wulzen mit beschleunigter Abkuhlung (recrystullizution controlled rolling, RCRProzelj) bei Ti-V-N-mikrolegierten hoherfesten schweifigeeigneten Baustahlen. Hierzu gehort auch die gesteuerte Abkuhlung von Gesenkschmiedeteilen aus der Schmiedewarme (BY-Behandlung),wobei die im Stranggufivormaterial feindispers ausgeschiedenen TiN-Teilchen sowohl das Kornwachstum bei Erwarmung auf die in der Regel sehr hohen Schmiedetemperaturen als auch das Kornwachstum des beim Schmieden entstandenen rekristallisierten Austenits unterdrucken. Nach der Abkuhlung aus der Schmiedewarme liegt dann ein feinkorniges ferritisch-perlitisches Gefuge vor, welches durch zusatzlich ausgeschiedene Vanadium-Carbonitride eine weitere Festigkeitssteigerung erfahrt. Dieses Verfahren wird z. B. bei der Herstellung von Kurbelwellen, Pleuelstangen, Achsschenkeln und Mitnehmern aus mikrolegierten ferritisch-perlitischen Stahlen, den sogenannten AFP-Stuhlen (ausscheidungshartbare ferritisch-perlitische Stahle) angewendet. Durch Absenkung des C-Gehaltes sind Festigkeits- und Tieftemperatureigenschaften von Vergutungsstahlen erreichbar, so daB diese durch AFP-Stahle teilweise ersetzt werden konnen. Trotz hoherer Werkstoffkosten ergeben sich durch den Einsatz von AFP-Stahlen insgesamt niedrigere Herstellungskosten, da aufier dem Verguten weitere Prozefistufen entfallen konnen (Tab. 3.2). Tabcllc 3.2 ProzcBstufeneinsparung bci der Kurbclwellenfertigung durch Einsatz des niikrolegierten perlitischen Stahles 49MnVS3 und gesteuerte Abkuhlung anstelle des Vergutungsstahles C4SE Kurbelwellenfertigung C4SE (Ck4S) vergutet
49MnVS.1 gesteuerte Abkuhlung
Knuppel ahlangen Warmen Entzundern Reckwalzen Schmiedcn Abgraten und Kalibrieren
Knuppel ablangen Warmen En tzundern Reckwalzen Schmieden Abgraten und Kalibrieren
Abkuhlen Hiirten Anlassen Abkuhlen Richten und Rundlaufprufen Spannungsarmgluhen
gesteuert Abkuhlen
Auch fur ubereutektoidische Stahle findet die HTMB Anwendung (Bild 3.25). Durch thermomechanisches Walzen im Zweiphasengebiet Austenit + Zementit
3.1
Eisenwerkstoffe
65
a) b) Bild 3.25 Gefiige von warmfertigem Kugellagerrohr nach konventionellem (a) und nach thermomechanischem Walzen (b)
besteht die Moglichkeit, warmfertige Kugellagerrohre mit eingeformtem Zementit zu erzeugen (Bild 3.25b). Dadurch entfallt das bei der herkommlichen Rohrherstellung zur Einformung der perlitischen Zementitplatten notwendige anlagen- und energieintensive Gluhen auf kugelige Carbide. Metallurgische Mafinahmen, wie die Absenkung des Kohlenstoff-, Gas- und Einschlufigehaltes sowie die Sulfidformkontrolle und eine optimale Prozefifuhrung beim StranggieBen ermoglichen es, in Verbindung mit der Kornfeinung und Ausscheidungshartung (Nitride und Carbide bzw. Carbonitride der Mikrolegierungselemente) hoherfeste Baustahle mit guter Schweifibarkeit, Kaltumformbarkeit, hoher Streckgrenze und Tieftemperaturzahigkeit zu erzeugen. Da die Kornfeinung als einziger Hartungsmechanismus die Moglichkeit bietet, die Streckgrenze anzuheben und gleichzeitig die Duktil-Sprod-Ubergangstemperatur der Kerbschlagarbeit abzusenken (Bild 3.26), stellt eine maximale Kornfeinung das wichtigste Ziel des thermomechanischen Walzens dar. Der kombinierte Einsatz der iibrigen Hartungsmechanismen erfolgt dann in Abhangigkeit vom geforderten
r
Streckgrenze
-
Bild 3.26 EinfluR der Kornfeinung und Ausscheidungshartung auf die DuktilSprod-Ubergangstemperatur der Kerbschlagarbeit und Streckgrenze mikrolegierter hoherfester schweifigeeigneter Baustahle mit Ferrit-Perlit-Gefuge (schematisch)
66
3
Allgemcine Konstruktionswerkstoffe
Niveau der Festigkeit und Ubergangstemperatur. So konnen z. B. an perlitarmen ferritischen Stahlen je nach ProzeBbedingungen, die sich aus der unterschiedlichen Loslichkeit und thermischen Stabilitat der Nitride und Carbide der Mikrolegierungselemente ergeben, Streckgrenzen his zu 550 MPa bei Ubergangstemperaturen von -SO his -70°C erreicht werden. Gleichfalls zur ersten Verfahrensgruppe ist die TTMB oder NTMB (7ie.f- oder Nietlerter?iperritiir- Thermomrchrinische Behandlung) zu zahlen. In diesem Falle geschieht die Umformung im Gebiet des unterkuhlten metastabilen Austenits (unterhalb A , ) , oberhalb oder unterhalb der Rekristallisationstemperatur. Am bekanntesten ist das Aiistenitformhtirten oder Aiisforming. wo bei einer Temperatur, bei welcher der Austenit noch uber Iangere Zeit bestandig ist, umgeformt und anschlieBend uber ein beschleunigtes Abkuhlen die Martensitumwandlung eingeleitet wird. Wegen des bei niedrigen Temperaturen hoheren Formanderungswiderstandes der Stahle sind grol3ere Umformkrafte notwendig, die einen starkeren VerschleiB der Werkzeuge bedingen. AuBerdem sind, um eine ausreichende Austenitstabilitat unterhalb A , zu gewahrleisten, in der Regel hoherlegierte Stahle erforderlich, wodurch fur die NTMB nur wenige Anwendungen bekannt geworden sind (z. B. Herstellung von Eggenscheiben fur Landmaschinen). Bei der zweiten Gruppe der TMB, die durch Umformung wahrend der Umwandlung des Austenits gekennzeichnet ist, kommen Umformtemperaturen im Bereich der Perlitstufe ( I w f o r m i n g ) ,der Bainitstufe oder der Martensitstufe (Zerrolling) in Betracht. Durch die Kombination mit dem Umformvorgang Iauft die Umwandlung in der Perlit- und Bainitstufe schneller als beim unverformten Material ab. Daruber hinaus kann die Umwandlung den UmformprozeB erleichtern (Umwandlungsplastizitat). Auch das Gefuge ist verandert. So liegt z. B. anstelle des streifigen Perlits eine ferritische Matrix mit feinen, regellos angeordneten Carbiden vor, und bei der Bainitumwandlung sind die Bainitnadeln bevorzugt in Umformrichtung ausgerichtet. Die kombinierte Umformung und Urnwandlung in der Martensitstufe kommt vor allem fur austenitische und halbaustenitische ausscheidungshartbare Stahle in Betracht. Deren Gefuge wandelt sich teilweise oder vollstandig in kohlenstoffarmen Martensit um. Die thermomechanischen Verfahren der dritten Gruppe stellen an sich eine Umformung unterhalb der A,-Temperatur dar. Ihre Einordnung als TMB ist nur dann gerechtfertigt. wenn nach der Umformung angelassen wird, wodurch beispielsweise im Fall des verformten Martensits (nur bei geringen Umformgraden oder kohlenstoffarmen Stahlen durchfuhrbar) feinere Carbide als ohne Umformung ausgeschieden werden. oder wenn durch die Umformung bei erhiihten Temperaturen, aber unterhalb A , , z. B. bestimmte kristallographische Texturen eingestellt werden, wie es beim ferritischen Wdzen von Tiefziehstahlen der Fall ist [3.14]. Die Zahl der moglichen Kombinationen von Umformung und thermischer Behandlung laBt sich noch erweitern. So rechnet man auch die Umformung vor der Warmebehandlung. z. B. vor dem Harten, zur TMB, wenn sich daraus veranderte Eigenschaften fur den Martensit ergeben. Das setzt im allgemeinen eine schnelle Erwarmung und kurze Austenitisierung voraus. Auch Kombinationen von HTMB und NTMB in unterschiedlicher Reihenfolge sind bekannt. Bei den Nichteisenmetallen hat die TMB dann Bedeutung, wenn in ausscheidungshartbaren Legierungen der Zustand sowie die GroBe und Anordnung der ausgeschiedenen Teilchen durch den UmformprozeB beeinflufit werden konnen.
3.1
Eisenwerkstoffe
67
Auch in diesem Fall wird die Umformung vor oder nach der Bildung der dispersen Phasen sowie wahrend des Ausscheidungsvorganges vorgenommen. Sie kann bei der Homogenisierungs- oder Ausscheidungstemperatur wie auch im homogenisierten Zustand bzw. nach der Ausscheidung bei Raumtemperatur geschehen. Bei zweiphasigen Titanlegierungen wird die TMB genutzt, um neben der Einstellung der KorngroBe eine bestimmte Gefugeanordnung (lamellares oder bimodales Gefuge) auszubilden. Auljer - wie schon erwahnt - uber die Zusammensetzung lassen sich die Eigenschaften der zu behandelnden Werkstoffe durch die Wahl der Umformbedingungen (Umformgrad, Anzahl der Umformschritte, Umformgeschwindigkeit, Haltezeiten zwischen den Umformvorgangen), der Umform- und Warmebehandlungstemperaturen sowie der Abkuhlgeschwindigkeit in weiten Grenzen variieren. Es ist deshalb erforderlich, die optimalen Parameter der TMB im jeweiligen Fall experimentell zu ermitteln. Zur besseren Beherrschung dieser komplexen Zusammenhange hat sich die Computersimulation der Gefugeentwicklung bis zur Vorausberechnung der mechanischen Eigenschaften der Fertigerzeugnisse in Verbindung rnit der Berechnung des Kraft- und Arbeitsbedarfes der Umformanlagen zu einem unentbehrlichen Instrumentarium entwickelt [3.18] bis [3.20]. Solche Rechenprogramme werden zur off-line-Stcuerung der Umformprozesse rnit dem Ziel herangezogen, die geforderte Erzeugnisqualitat rnit hoher Treffsicherheit einzustellen. Es sind Bemuhungen im Gange, die Gefugeberechnung in die on-line-Stcuerung von WalzstraRen einzufugen, um z. B. rnit Hilfe neuronaler Netze die Streuung der mechanischen Eigenschaften der Fertigerzeugnisse noch weiter einzuengen.
3.1.5 Allgemeine Baustahle Der Anteil der Allgemeinen Bazistahle an der Weltstahlproduktion betragt etwa 70 'Yo. Sic werden hauptsachlich im warmgewalzten, seltener im normalgegluhten Zustand eingesetzt. Die Allgemeinen Baustahle sind unlegierte Grund- (Massen-) oder Qualitatsstahle, die nach der Festigkeit (Mindestwert der Streckgrenze fur Dicken I 1 6 mm) in Sorten und nach Gutegruppen (Kerbschlagarbeit bei bestimmten Temperaturen, s. a. Abschn. 2.1.1.1, Tab. 2.2) unterteilt werden. Bisher galten fur die Unterteilung in die Gutegruppen 1 bis 3 unterschiedliche Hochstgehalte an Phosphor und Schwefel. Die einzelnen Gutegruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer SchweiBeignung und Anforderungen an die Kerbschlagarbeit. Die Stahlsorten S185, E295, E335 und E360 wie auch die Stahle S235, S275 und S355 der Gutegruppe J R sind Grundstahle; Stahle der Gutegruppen JO, 52 und K2 sind Qualitatsstahle. Die Desoxidationsart ist bei den Stahlen S185 und S235JR nicht festgelegt, der Stahl S235JRG1 ist unberuhigt. Bei allen ubrigen Stahlsorten ist eine Desoxidation vorzunehmen. Die Stahle der Gutegruppen 52 und K2 werden besonders beruhigt (z. B. rnit mindestens 0,020 'YO Aluminium) als alterungsbestandige Feinkornstahle vergossen. Der Phosphor- und Schwefelgehalt ist rnit je 0,035 YO begrenzt. Die Allgemeinen Baustahle werden je nach Beanspruchung anhand bestimmter Festigkeits- und Verarbeitungseigenschaften ausgewahlt. Wie Tabelle 3.3 zeigt, sind die Streckgrenze und Bruchdehnung bei Raumtemperatur von der Gute-
295
325
295
335
360
0.19
0,24 0.2 1 0.2 1 0,2 1
0.27 0,23 0,23 0.23 0.23 0.23
-
-
-
S275JR S275JO S275J2G3 S275J2G4
S355JR S355JO S355J2G3 S355J2G4 S355K2G3 S355K2G4
E295
E33S
E360
0.19
0,lY
0.19
S235JRG2 S235JO S23SJ2G3 S235J2G4
355
275
235 235 235 235
235 235
255
3 15
235
215 215 215 215
-
-
0,2 1 0.2 1
-
S235JR S235JRG 1
185
MPa mind.
Streckgrenze fur Nenndicken 2 16 mm 80 bis 100 mm
-
%
C-Gehalt f u r Erzeugnisnenndicke <16mm
S185
Stahlsorte
11
16
20
22
22
26
18
Yo min.
-
14 10
20 0 -20 -20 -20 -20
0 -20 -20
20
20 0 -20 -20
20 20
-
"C
-
-
-
27 27 27 27 40 40
27 27 27 27
27 27 27 27
27 27
-
-
-
-
23 23 23 23 33 33
23 23 23 23
23 23 23 23
-
-
-
J mind.
~~
Kerbschlagarbeit f u r Nenndicken bei Temperaturcn 10 bis 150 mm 150 bis 250 m m
18
20
20
24
16
Bruchdehnung Ai f u r Nenndicken 3 bis 40 mm Langsproben Querproben
Tabelle 3.3 Kohlenstoffgehalte und mechanische Eigenschaften von Allgemeinen Baustahlen (nach DIN EN 10025)
3.1
Eisenwerkstoffe
69
gruppe unabhangig. Gleiches gilt fur die Zugfestigkeit. Fur die Kerbschlagarbeit trifft das jedoch nicht zu. Sie ist bei den Stahlen der Gutegruppe K2 am hochsten. Beim Ubergang von Stahlen mit niedriger zu solchen mit hoherer Streckgrenze wird eine Querschnittsverminderung moglich. Es ist jedoch zu bedenken, daB dadurch die elastische Verformung wahrend der Lasteinwirkung und die Ruckfederung bei Entlastung sowie, wenn Druckbeanspruchungen vorliegen, die Gefahr der Ausknickung oder Ausbeulung zunehmen. Diese Nachteile einer hohen Streckgrenze mussen durch konstruktive MaBnahmen unwirksam gemacht werden. Im Fall schwingender Beanspruchung kann die Dauerfestigkeit oft angenahert aus der statischen Festigkeit errechnet werden. In schwierigen Fallen mussen Versuche an Baugruppen oder ganzen Konstruktionen durchgefuhrt werden. Die an Prufstaben gemessenen oder durch Umrechnung erhaltenen Dauerfestigkeiten werden durch den Oberflachenzustand oftmals starker beeinflufit als durch die Werkstoffeigenschaften. Die Verarbeitbarkeit der Allgemeinen Baustahle hangt wesentlich vom Gehalt an nichtmetallischen Verunreinigungen (s. Abschn. 3.1.l)ab. Starke Umformungen, wie sie auch beim Schneiden auf Kaltscheren in der Schnittzone auftreten, fuhren besonders bei phosphorreichen Stahlen zu hoherer Versprodung und bei stickstoffreichen Stahlen zur verstarkten Alterung (Reckalterung). Gleichfalls hohe Beanspruchungen liegen beim Abkanten vor. Dafur sind nur Stahle rnit Kohlenstoffgehalten bis etwa 0,35 YO geeignet. Die Biegeradien mussen der Festigkeit und der Materialdicke angepaBt werden. Quer zur Abkantlinie liegende Schnittkanten sind moglichst zu vermeiden oder abzuspanen. Bei allen Umformungen wird die AuBenfaser am starksten beansprucht. Deshalb ist unberuhigter Stahl wegen seiner reinen AuBenschicht hierfur am besten tauglich. Auch fur die Oberflachenbehandlungen, wie Verzinken (Abschn. 7.9.1) oder Emaillieren (Abschn. 7.16.1), bieten die unberuhigten Stahle die besten Voraussetzungen. Das Zerspanen der Allgemeinen Baustahle geschieht in der Regel im normalgegluhten oder kaltverformten Zustand. AuBer fur das Normalgluhen und gegebenenfalls Spannungsarmgluhen bei etwa 600 bis 650 " C sind die Allgemeinen Baustahle nicht fur eine Warmebehandlung vorgesehen. Auf Grund ihres geringen Reinheitsgrades und der starkeren Seigerungen muBte mit Gefugeungleichmafiigkeiten und dem gehauften Auftreten von Harterissen gerechnet werden. Alle Allgemeinen Baustahle eignen sich zum Widerstands-StumpfschweiBen sowie zum Punkt- und RollennahtschweiBen. Die Stahle E335 und E360 (St60 und St70) mussen nach dem SchweiBen langsam abkiihlen oder sofort gegliiht werden. Andere PreBschweiBverfahren sind dann anwendbar, wenn der Kohlenstoffgehalt 20,22 YO ist. Die Eignung fur das SchmelzschweiBen hangt von der Neigung zum Aufharten und von der Sprodbruchempfindlichkeit ab. Die Gefahr des Aufhartens wachst mit dem C-Gehalt, so daB nur Stahle bis 0,22 % C (S235 und S275) ohne besondere Vorkehrungen schweil3bar sind. Hoher kohlenstoffhaltige mussen vorgewarmt werden. Zur Beurteilung der SchweiBbarkeit wird das Kohlenstoffaquivalent Mn CEV=C+6
o + V Ni+Cu +Cr+M +- 15 5
herangezogen. Mit groBer werdendem C-Aquivalent nimmt die Neigung der Stahle zum Aufharten nach dem SchweiBen zu. Als zulassige Hochstharte
70
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
werden 350 HV angesehen. Wird in der Nahe der SchweiBnaht ein hoherer Wert gemessen, mu13 beim Schweiljen vorgewarmt oder langsamer abgekuhlt werden. Die Mindestvorwarmtemperatur nimmt mit steigendem Kohlenstoffaquivalent zu. Als zusatzliche Anforderung kann bei der Bestellung ein Hochstwert fur das Kohlenstoffaquivalent vereinbart werden. Die Sprodbruchempfindlichkeit, die in einer niedrigen Kerbschlagarbeit zum Ausdruck kommt, wird vor allem vom Gehalt an Begleitelementen bestimmt. Aus diesem Grunde verbessert sich die SchweiBeignung jeder Stahlsorte von der Gutegruppe J R bis zur Gutegruppe K2. Grundsatzlich sollte bei der Stahlsorte S235JR fur das Schweiljen der beruhigte Stahl verwendet werden, vor allem, wenn beim Schweiljen Seigerungszonen mit betroffen werden. Fur die Stahlsorten S185, E295, E335 und E360 ist die SchweiBeignung im allgemeinen nicht gegeben, da fur sie keine Anforderungen an die chemische Zusammensetzung bestehen. Im praktischen Fall wird je nach den im Bauteil auftretenden statischen Nennspannungen oder schwingenden Beanspruchungen ein Stahl bestimmter Grundfestigkeit gewahlt. Die Gutegruppe ist fur Schweiflkonstruktionen sowie in Verbindung rnit tiefen Temperaturen oder schlagartigen Belastungen von Bedeutung. Fur den Einsatz in SchweiBkonstruktionen ist nicht allein die SchweiBbarkeit des Stahles mafigebend, es mussen auch die Verarbeitungs- und Beanspruchungsbedingungen unbedingt beachtet werden. Infolge ortlicher Erwarmung entstehen beim SchweiRen Eigenspannungen, die bei Langsnahten, Schweihahtanhaufungen, sproderen Werkstoffen oder groBen Materialdicken nur zum Teil durch plastische Verformung abgebaut werden konnen. Sie uberlagern sich mit den Lastspannungen und konnen so zu verformungslosen Trennbruchen (Sprodbruchen) fuhren. Deshalb besteht fur die Allgemeinen Baustahle keine uneingeschrankte Eignung zum Schweiflen. Bauteile, die wahrend der Herstellung kaltverformt und nachfolgend geschweiflt werden, erfordern wegen der mit der Reckalterung verbundenen Versprodung in der Regel eine hohere Werkstoffqualitat. Es wird zwischen mafiigen Verformungen (Dehnungen von 2,s bis 5 YO und Biegungen, bei denen das Verhaltnis des inneren Biegeradius zur mittleren Flanschdicke zwischen 25 und 10 liegt) sowie starkeren Verformungen unterschieden. Zur Herstellung von nahflosen Rohren, die als allgemeine Rohrstahle fur Leitungen sowie Konstruktionselemente im Stahl- und Maschinenbau vorgesehen sind, benutzt man Stahle, die den Allgemeinen Baustahlen ahnlich sind, sowie schweiogeeignete Feinkornbaustahle und wetterfeste Stahle (Abschn. 3.1.6). Nahtlose Rohre aus Allgemeinen Baustahlen gibt es rnit Streckgrenzen von 235, 275 und 355MPa (St37, St44 und St.52). Entsprechend den Anforderungen werden sie als beruhigte oder besonders beruhigte (Feinkornstahle) Stahle vergossen. Die Phosphor- und Schwefelgehalte sind gegenuber den Allgemeinen Baustahlen leicht abgesenkt. Bei Stahlen fur besonders hohe Anforderungen ist die Kerbschlagarbeit fur Langs- und Querproben nachzuweisen. Rohre aus diesen unlegierten Stahlen sind zum SchmelzschweiBen geeignet. Fur nahtlose Prazisionsstahlrohre, die eine bessere Oberflachenqualitat und eingeengte Toleranzen aufweisen, kommen aul3er den genannten auch Einsatz- und Vergutungsstahle in Betracht. Sie werden im kaltverfestigten oder gegluhten Zustand rnit blanker Oberflache geliefert. Stahlrohre oder Formstucke konnen auch rnit PVC-U ausgekleidet sein.
3.I
Eisenwerkstoffe
71
Besondere Anforderungen werden an die Qualitat weicher, unlegierter Stahle gestellt, die zu Feinblechen (unter 4 mm Dicke) oder Grobblechen (bis 15 mm Dicke) weiter verarbeitet werden und fur Zwecke der Umformung oder Oberflachenveredelung bestimmt sind. Die hohe Verformungsfahigkeit wird durch niedrige Gehalte an Kohlenstoff und Begleitelementen erreicht. Auch fur das Emaillieren (Abschn. 7.16.1) soll der C-Gehalt nicht mehr als etwa 0,10 % betragen und der Anteil an Schwefel (0,040 %), Phosphor (0,030 %) sowie Silicium gering sein. Beim Feuerverzinken (Abschn. 7.9.1), dem fur Feinblechkonstruktionen am haufigsten angewandten Korrosionsschutzverfahren, wird die Qualitat der Uberzuge, besonders ihre Haftfestigkeit, durch eine chemisch reine Oberflache verbessert. Es ist deshalb verstandlich, dal3 fur die genannten Falle unberuhigte Stahle besonders geeignet sind. Bei den beruhigten Stahlsorten soll der Siliciumgehalt niedrig sein, weswegen die Beruhigung nicht allein mit Silicium, sondern zusatzlich mit anderen Desoxidationsmitteln geschieht. Bleche aus weichen, unlegierten Stahlen werden in verschiedenen Guten, z. B. Maschinenfalzgute, Ziehgute, Tiefziehgiite und Sondertiefziehgute hergestellt. Sie sind z. B. als kaltgewalzte Flacherzeugnisse zum Emaillieren in den Oberflachenausfuhrungen m - matt und r - rauh und als schmelztauchveredelte Bleche und Bander in der Oberflachenart A - ubliche Oberflache, B - verbesserte Oberflache und C - beste Oberflache, wobei zusatzlich eine Oberflachenbehandlung (C - chemisch passiviert, 0 - geolt, C O - chemisch passiviert und geolt und U unbehandelt) moglich ist, lieferbar. Die Festigkeiten der Bleche hangen von der chemischen Zusammensetzung und dem Lieferzustand (warmgewalzt, gegluht, leicht nachgewalzt, kalt gewalzt) ab. Sie liegen im Bereich zwischen 190 und 740 MPa. Zur Gewahrleistung einer ausreichenden Verformbarkeit sind fur alle Ziehqualitaten bis 2 mm Dicke bestimmte Mindestwerte der Tiefung nach Erichsen zu erfullen. Neben den Blechen, die als warm oder kalt fertiggewalzte Tafeln geliefert werden, haben Kaltbander aus weichen unlegierten Stahlen, die auch fur Kabelbewehrungen herangezogen werden, eine grol3ere Bedeutung. Sie werden ausgehend von Stranggufibrammen aus Warmband kalt gewalzt und in Rollen oder als Streifen angeboten. Die Kaltbandstahlmarken sind die gleichen wie bei den Feinblechen. Fur Kaltband aus Stahl, das fur eine Warmebehandlung bestimmt ist, werden Einsatzstahle, Vergutungsstahle und Federstahle verwendet. Die Oberflachenausfuhrungen sind z. B. fur Einsatzstahle: blanke Oberflache und fur Vergutungsstahle: graublaue, blanke, polierte sowie polierte und oxidierte Oberflache. Je nach Art der abschlienenden Behandlung und dem Grad der letzten Kaltverformung sind die Kaltbander mit verschiedener Festigkeit lieferbar: G (weichgegluht), LG (leicht nachgewalzt), K32 bis K70 (kalt nachgewalzt mit Zugfestigkeit, z. B. K32 - Zugfestigkeit 290 bis 430 MPa). Bleche und Bander aus weichen, unlegierten Stahlen lassen sich gut schmelzschweiflen, sind aber fur das Harten und Verguten ungeeignet. Dafur sollen Bleche oder Bander aus unlegierten Qualitats- und Edelstahlen genommen werden. Zum Erkennen innerer Fehler, wie Dopplungen (Abschn. 3.1.3), ist bei Blechen und Bandern haufig die Ultraschallprufung vorgeschrieben. Auch mit Aluminium, Zink oder Polymeren beschichtete Bander kommen in den Handel. Unlegierte Stahle mit hohem Reinheitsgrad bezeichnet man als Weicheisen. Sie zeichnen sich durch eine sehr gute Verformbarkeit aus und sind deshalb als Dichtungsmaterial, fur wenig beanspruchte KaltflieBpreljteile oder zum Tiefziehen
72
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
sehr geeignet. Auljerdem wird Weicheisen wegen seiner sehr guten Bestandigkeit gegen Metall- und Salzschmelzen bei erhohten Temperaturen vielfach als Material fur Verzinkungswannen und Salzbadelektroden verwendet. Auf Grund des niedrigen Kohlenstoffgehaltes (I0,03%) ist die Festigkeit des Weicheisens allerdings gering. Sehr unterschiedliche Anforderungen werden an die Stahle gestellt, die zu gewalztem und gezogenem Draht weiter verarbeitet werden. Je nach der vorgesehenen Verwendung des Endproduktes, die sehr vielseitig ist, kommen unlegierte Drahtstahle (C2D.. .C92D2), Allgemeine Baustahle, unlegierte Qualitatsstahle oder unlegierte Edelstahle dafur zum Einsatz. In vielen Fallen werden auch legierte Stahle zu Draht verarbeitet, z. B. Federstahle (Abschn. 10.2) oder korrosionsbestandige Stahle (Abschn. 7.10). Die Festigkeit der Drahte ist auf Grund der in weiten Grenzen variierenden Zusammensetzung. Warmebehandlungszustande und Kaltverformungsgrade sehr unterschiedlich. So verwendet man beispielsweise fur Ketten, Maschendraht, Stifte und Nagel unlegierte Stahle mit Zugfestigkeiten zwischen 300 und 1000 MPa, wahrend die fur Textildrahte, Wulst- und Speichendrahte benutzten Spezialdrahte Zugfestigkeiten zwischen SO0 und 2500 MPa aufweisen.
3.1.6 Hoherfeste und wetterfeste schweifigeeignete Baustahle Unlegierte Baustahle mit hoherer Festigkeit werden fur genietete und geschraubte Konstruktionen genutzt. Infolge ihres erhohten Kohlenstoffgehaltes Tribclle 3.4 Mechanische Eigenschaften von schweifigeeigneten Feinkornbaustihlen, normalgegluht oder normalisierend gewalzt und thcrrnomechanisch gewalzt (nach DIN EN 10 113 (Auszug)) S t a h I sort e
S27SN S27SNL S27SM S27SML S3SSN S355NL S3SSM S3SSML S420N S420NL S420M S420ML S460N S460NL S460M S460ML
Obere Streckgrenze fur Nenndicken in mm MPa > 40 > 100 5 16 I63 I IS0 mind.
275
22s
Zugfestigkeit fur Nenndicken in mm MPa > 100 I 100 I150 I 63
Bruchdehnung A, Yo
mind. 370 his 5 10
350 bis 480
255
24 360 his 5 10
3SS
29s
470 his 630
450 bis 600
335
22
450 his 6 10
420
340
520 bis 680
500 bis 650
390
19 SO0 his 660
460
550 bis720 430
-
17
-
530 his 720
3.1
Eisenwerkstoffe
73
z. B. E335, E360) sind sie aber nicht zum SchweiBen geeignet. Es war deshalb mit der Einfuhrung der SchweiBverfahren (s. a. Abschn. 11.5) notwendig, auch schweil3bare Stahle mit erhohter Festigkeit einsetzen zu konnen (Tab. 3.4). Die hoherfesten schweifigeeigneten Feinkornbaustahle haben ein ferritisch-perlitisches Gefuge und kommen bis zu einer Streckgrenze von 460 MPa im normalgegliihten bzw. normalisierend gewalzten Zustand (Gutegruppe N) oder thermomechanisch gewalzt (Gutegruppe M) zum Einsatz. Die Stahlsorten S275 und S355 sind unlegierte Qualitatsstahle, wahrend es sich bei den Stahlsorten S420 (StE420) und S460 (StE460) um legierte Edelstahle handelt. Da der Kohlenstoffgehalt zur Gewahrleistung der SchweiBbarkeit nicht mehr als 0,20 YObetragen darf, wird die erhohte Festigkeit uber eine Mischkristallverfestigung, vorzugsweise durch Zusatz von Mangan (bis etwa 1,70 YO),und uber ein feinkorniges Gefuge (Korngrenzenhartung) zusatzlich noch durch eine Ausscheidungshartung erbracht. Der Kornfeinung fallt auBerdem die Aufgabe zu, die durch Mischkristall- und Ausscheidungshartung verminderte Zahigkeit und erhohte Sprodbruchneigung zu kompensieren. Die hoherfesten schweifigeeigneten Baustahle werden deshalb als Feinkornstahle erschmolzen. Das sind Stahle, die beruhigt vergossen werden und Elemente aufweisen, die feinverteilte und erst bei hoheren Temperaturen in Losung gehende Nitride und/oder Carbonitride bilden. Die Nitrid- bzw. Carbonitridteilchen behindern das Wachsen der Austenitkorner und fuhren so zu einem feinen Ferritkorn, auch nach dem SchweiBen. Das hierfiir wichtigste Zusatzelement ist Aluminium, das bei Gehalten von etwa 0,02 Y den im Stahl vorhandenen Stickstoff zu Aluminiumnitrid bindet. Im allgemeinen sol1 1/3 A l % 2 N % sein. Sind weitere Elemente mit groBer Stickstoffaffinitat im Stahl enthalten, dann kann der Al-Anteil niedriger sein. Im Fall von Vanadium beispielsweise gilt A1 Yo 3
+-V4Yo
Yo.
Eine uber die Kornfeinung hinausgehende Wirkung wird erzielt, wenn der Stickstoffanteil uber den in Qualitatsstahlen ublichen Gehalt (maximal etwa 0,008 % ) erhoht und unter Beteiligung von Kohlenstoff durch Bindung insbesondere an Vanadium, Titan oder Niob fur eine Ausscheidungshartung nutzbar gemacht wird. Es bilden sich im Gefuge fein verteilte Carbide, Nitride oder Carbonitride, entweder im Korn oder an den Korngrenzen (aushartende und kornfeinende Wirkung, letztere besonders durch Niob). Man bezeichnet diese Stahle auch als rnikrolegierte Stahle, wobei der Gehalt an Mikrolegierungeselementen nur einige hundertstel bis zehntel Prozent betragt. Tabelle 3.5 gibt einen Uberblick uber die Zusammensetzung normalgegluhter bzw. thermomechanisch behandelter mikrolegierter Stahle. Die thermomechanisch gewalzten Stahle haben bei gleicher Festigkeit niedrigere C-Gehalte, so daB das Kohlenstoffaquivalent (s. Abschn. 3.1.5) fur diese im HochstfallO,46 betragt, fur normalgegluhte Stahle dagegen 0,52. Thermomechanisch gewalzte Stahle haben daruber hinaus auf Grund des niedrigen C-Gehaltes eine verbesserte Zahigkeit in der Warmeeinflurjzone nach dem SchweiBen. Bei der Verarbeitung dieser Stahle ist zu beachten, daB die thermomechanische Behandlung zu einem Werkstoffzustand mit bestimmten Eigenschaften fuhrt, der durch eine Warmebehandlung allein nicht erreicht wird und nicht wiederholbar ist (s. a. Abschn. 3.1.4.6). Ein nachtragliches Erwarmen oberhalb 580 " C kann die Festigkeitseigenschaften vermindern.
0.20
0.16
S460M S460ML
0.60
0.60
mix.
1.70
I .OO bis 1.70
0.030 0.025 0.030 0.025
0.035 0.030 0.035 0.030
I
S460N S460NL
.
0.05
().()5
0.12
0.20
0. I2
0.20
0.10
-
max. 1.70
-
- -z
0.50
. I
0.16
-
0.12
0.02
0.02
0.05
0.03
0.05
0.03
0.05
0.03
0.30
0.30
0.30
0.30
0.03 0.05
Cr max.
Ti max.
N
S420M S420ML
0.030 0.025 0.030 0.025
0.035 0,030 0.035 0.030
----
.
0.02
-
1 .OO bis 1.70
r
0.05
0.02
N -.
0.08
0.05
Al,,, mind.
Mo
0.20
0.10
0.20
0.10
0.20
0.10
0.20
0,lO
max.
0.45
0.80
0.30
0.80
0.30
0.50
0.30
0,30
Ni max.
0.70
0.70
0.35
0,35
max.
CU
0.025
0.020
0.025
0.015
0.01 5
N max
--.
0.60
0.030 0.025 0.030 0.025
0.035 0,030 0.035 0,030
0.05
V max.
‘ci
0.20
max. 1.60
0.50
0.14
0.030 0.025 0.030 0,025
0.035 0.030 0.035 0.030
Nb max.
C
S420N S420NL
0.90 bis 1.65
0.50
0.20 O,l8
S355N S355NL S355M S355ML
S max.
P
max.
-
max. 1.50
0.50
0.13
0.50 bis 1.40
S275M S275ML
0.40
Mn
0.18 0.16
Si max.
S275N S275NL
C max.
Massenanteile in YO
3
Stahlsorte
Tabelle 3.5 Chemische Zusammensetzung v o n schwcil3gceigneten Feinkornbaustiihlen. normalgegluht odcr normalisierend gewalzt und thermomcchanisch gewalzt (nach DIN EN I0 I 13)
74 Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
3.1
75
Eisenwerkstoffe
Tabelle 3.6 Mindestwert der Kerbschlagarbeit an Spitzkerb-Langsproben fur normalgegluhte und thermomechanisch gewalzte schweiRgeeignete Feinkornbaustahle (nach DIN EN 10 113) Stahlsorte
Mindestwert der Kerbschlagarbeit bei der Pruftemperatur in"C J
+20 S275N; S275M S3SSN; S3S5M S420N; S420M S460N: S460M S275NL; S27SML S3SSNL; S355ML S420NL; S420ML S460NL; S460ML
55
63
0
-10
-20
41
43
40
5s
51
47
-30 -
40
-40
-50
-
-
31
27
Die als Folge der Feinkornigkeit groljere Zahigkeit der hoherfesten Feinkornstahle kommt auch darin zum Ausdruck, dal3 vom Hersteller bis zu Temperaturen von -20°C fur die Gutegruppen N und M (Grundreihe) und -50°C fur die Gutegruppen NL und ML (kaltzahe Reihe) bestimmte Werte fur die Kerbschlagarbeit an Langsproben nachzuweisen sind (Tab. 3.6). Damit sind diese Stahle auch fur Konstruktionen in Kaltegebieten einsetzbar. Zur zuverlassigen Beurteilung der Sprodbruchsicherheit ist es allerdings notwendig, die Methoden der Bruchmechanik (s. Abschn. 5.2) heranzuziehen. Fur den Verbraucher ist es weiterhin wichtig, dalj schweiljgeeignete Feinkornstahle fur den Druckbehalterbau mit gewahrleisteten Streckgrenzen bis 400 "C (Gutegruppen NH, warmfeste Reihe) geliefert werden. Fur Rohre gibt es die schweiljgeeigneten Feinkornbaustahle in den Festigkeitsstufen (Mindeststreckgrenze) 255,285,355,420 und 460 jeweils als Grundreihe (StE), warmfeste Reihe (WStE), kaltzahe Reihe (TStE) sowie kaltzahe Sonderreihe (EStE). Fur die warmfeste Reihe werden Streckgrenzenwerte bis 400 "C gewahrleistet. Anforderungen an die Kerbschlagarbeit sind fur die kaltzahe Reihe bis -50 " C und die kaltzahe Sonderreihe bis -60 " C vorgeschrieben. Werden an das Festigkeitsverhalten der schweiljgeeigneten Baustahle Anforderungen gestellt, die von den in Tab. 3.4 aufgefuhrten Qualitaten nicht mehr erfullt werden konnen, dann kommen niedriglegierte wasservergutete oder ausscheidungsgehartete Stahle sowie Vergutungsstahle in Betracht: 0
Bei C-Gehalten von max. 0,20 % wird der Stahl niedrig legiert und (wasser-)vergutet. Die Legierungselemente (Mn, Cr, Mo, V u. a.) sind so gewahlt und in solchen Mengen zugesetzt, dalj der Stahl durchvergutet und beim SchweiBen keinen Festigkeitsabfall erleidet. Durch Ni-Gehalte bis 2 % wird die Zahigkeit verbessert. Die maximal erreichbaren Zugfestigkeitswerte liegen bei 1150 MPa, die Streckgrenzenwerte bei 960 MPa. Das Verguten kann entweder konventionell oder durch ein Direktharten nach dem Walzen mit nachfolgendem Anlassen durchgefuhrt werden. Beim Verarbeiter darf eine Warmebehandlung (Spannungsarmgluhen) nur bei Temperaturen, die mindestens 30 K unterhalb der Anlaljtemperatur liegen, erfolgen, da sich sonst die mechanischen Eigenschaften verschlechtern.
76 0
0
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Die ausscheidungsgeharteten Stahle haben C-Gehalte von nur 0,03 bis 0,12 YO und hohere Gehalte an Cu und Ni (je 2 Y O )sowie Mikrolegierungselemente. Die durch Kupfer uber eine Ausscheidungshartung bedingte hohere Festigkeit macht ein Absenken des C-Gehaltes und damit eine Verbesserung der SchweiRbarkeit moglich. Vergutungsstahle mit C-Gehalten um 0,4 YOwerden vorwiegend im gegluhten Zustand geschweiBt (besondere Vorkehrungen notwendig) und anschlieBend erst gehartet sowie bei niedrigen Temperaturen angelassen. Die geforderte Zahigkeit verlangt eine groBe metallurgische Reinheit sowie eine sehr sorgfaltige Warmebehandlung. Es werden Festigkeiten bis 1950MPa und StreckgrenZen bis 1600 MPa angegeben.
Zu den schweingeeigneten hoherfesten Stahlen zahlen auch die wetterfesten Baustahle, die neben einem bis zu 0,15% erhohten Phosphoranteil 0 3 5 bis 0 5 5 YO Cu sowie 0,30 bis 1,25 YO Cr enthalten. Diese Stahle werden meist ohne zusatzliche Korrosionsschutzmafinahmen eingesetzt. Bei atmospharischer Korrosion bewirken die genannten Legierungselemente die Ausbildung einer festhaftenden, schutzenden Oxidschicht, durch die die Korrosionsgeschwindigkeit stetig vermindert und nach mehreren Jahren auf einen nahezu konstanten Wert eingestellt wird. Nach dem 5. Bewitterungsjahr darf der jahrliche Dickenverlust 20 pm beidseitig nicht uberschreiten. Fur die Verwendbarkeit wetterfester Stahle sind der Atmospharentyp (See-, Land-, Stadt- oder Industrieatmosphare), die korrosionsaktive Dauer (relative Luftfeuchtigkeit 2 80 YO,Lufttemperatur 2 0 ° C ) sowie die Aufstellungskategorie (ungeschutzte Aufstellung, teilweiser oder vollstandiger Schutz gegen die Einwirkung von Niederschlagen) von ausschlaggebender Bedeutung. Die den wetterfesten Baustahlen zugesetzten Elemente Cu, Cr und P sorgen nicht nur fur die Bildung einer korrosionshemmenden Deckschicht, sondern tragen auch zur Erhohung der Festigkeit bei. AuBerdem wird bei den wetterfesten Stahlen uber niedrige V- und N-Gehalte (Mikrolegieren) vielfach die Ausscheidungshartung genutzt. Auf Grund dessen ist es moglich, den Kohlenstoffgehalt dieser Stahle sehr niedrig zu halten (50,16 Yo).Auf diese Weise wie auch dank der bei den wetterfesten Stahlen ublichen Erschmelzung als Feinkornstahle wird die versprodende Wirkung, vor allem des Phosphors, ausgeglichen, so daB die wetterfesten Baustahle bezuglich ihrer Schweiljbarkeit und Sprodbruchsicherheit den hoherfesten schweiljgeeigneten Feinkornbaustahlen gleicher Festigkeit weitgehend entsprechen (Tab. 3.7). Fur den Gebrauch der hoherfesten Baustahle sind neben der bereits erwahnten groBeren Zahigkeit bei tiefen Temperaturen vor allem die erreichbaren Gewichtseinsparungen maBgebend. Sie bringen bei voller Ausnutzbarkeit der groBeren Festigkeit trotz eines erhohten Fertigungsaufwandes auch wirtschaftliche Vorteile mit sich. Es mu8 allerdings, wie schon in Abschnitt 3.1.5 bemerkt wurde, die Gefahr des Ausbeulens oder Ausknickens bei biege- und druckbeanspruchten Teilen und die groBere elastische Verformung von Stahlen mit erhohter Streckgrenze im Auge behalten werden. Zu beachten sind auch die Veranderungen der Querschnittsflache und des Widerstandsmomentes bei biegebeanspruchten Bauteilen. SchlieBlich ist darauf hinzuweisen, daR die Dauerfestigkeit nicht in demselben MaBe wie die statische Festigkeit zunimmt, so daB dem Einsatz hoherfester Stahle bei schwingend beanspruchten Konstruktionsteilen, insbesondere dann, wenn Kerben vorhanden sind, Grenzen gesetzt sind.
S355JOW S355J2GlW S355J2G2W S355K2GlW S355K2G2W
S355J2WP
S355JOWP
S35J2W
S235JOW
Stahlsorte
0,16
0,12
0,13
C max.
0,50
0,75
0,40
Si
0,50 bis 1,50
max. 1,0
0,20 bis 0.60
Mn
max. 0,040 max. 0,035 max. 0,035 max. 0,035 max. 0,035
0,06 bis 0,15
max. 0,040
P
Yo
0,040 0,035 0,035 0,035 0,035
0,035
0,040
0.035
0,040
S max.
Massenanteile
0,40 bis 0,80
0,30 bis 1,25
0,40 bis 0.80
Cr
0,25 bis 0,55
0,25 bis 0,55
0,25 bis 0.55
cu
355
355
235
I16
335
-
215
> 40 I 63
MPa
Obere Streckgrenze fur Nenndicken in mm mind.
490 bis 630
490 bis 630
t
I
t
1
t
19
21
-
-
23
25
340 bis 470
1
> 40 I63
%
mind.
Bruchdehnung As
>3 I 100
Zugfestig- Probenkeit fur lage Nenndicken in mm MPa
Tabelle 3.7 Chemische Zusammensetzung und mechanische Eigenschaften von wetterfesten Baustahlen (nach DIN E N 10 155 (Auszug))
78
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Im Fall der wetterfesten Stahle kann deren Einsatz schon durch die Einsparung von MaBnahmen des passiven Korrosionsschutzes lohnend sein. Die Erfahrung zeigt jedoch, dalj in der Regel auch die hohere Tragfahigkeit genutzt wird.
3.1.7 Einsatzstahle Das Einsatzharten (Abschn. 3.1.4.4) ist im Maschinenbau ein verbreitetes Warmebehandlungsverfahren, mit dem die Oberflachenharte, VerschleiBfestigkeit und Dauerfestigkeit sowie auch die Kernfestigkeit und -zahigkeit erhoht werden, so daB groBere Krafte ubertragen und StoBbelastungen ohne Schadigungen aufgenommen werden konnen. Daruber hinaus wird vom Einsatzharten bei bestimmten Werkzeugen, vor allem bei Preljformen fur Duromere, die durch Kalteinsenken bearbeitet werden und gut spanlos verformbar sein mussen, Gebrauch gemacht. Auf die einsatzhartbaren Werkzeugstahle wird im Abschnitt 4.1 und folgenden naher eingegangen. Da sie gut polierbar, d. h. frei von Oberflachenfehlern sein sollten, werden haufig Stahle mit hoher metallurgischer Reinheit verwendet (s. Abschn. 3.1.2). Die im Maschinenbau gebrauchlichen Einsatzstahle und einsutzhartharen Automatenstiihle (Abschn. 3.1.9) lassen sich nach verschiedenen Technologien warmebehandeln, deren Schwierigkeiten in jedem Fall auf den nach dem Aufkohlen unterschiedlichen Kohlenstoffgehalten von Kern (0,l bis 0,2 % ) und Rand (= 0,8 % ) beruhen. Bei einer dem Kern entsprechenden Hartetemperatur (etwa 900 "C bei unlegierten Stahlen) entsteht in der Randzone grobkorniger Martensit, wahrend andererseits beim Abschrecken von der Randhartetemperatur (um 800°C) der Kern nur unvollstandig austenitisiert wird und somit nicht seine hochste Festigkeit und Zahigkeit erreicht. Die in der Praxis ublichen Behandlungsfolgen stellen deshalb Kompromisse dar. Mangebend fur die Art der Warmebehandlung sind die Stahlsorte, die Anforderungen an das Bauteil und das Aufkohlungsmittel (Pulver, Salz, Gas) sowie eventuell nach dem Aufkohlen notwendiges Zerspanen und nicht zuletzt die Kosten. Am billigsten und wenigsten aufwendig ist das Direktharten von der Aufkohlungstemperatur. Es ist nur in Verbindung mit einer Salzbad- oder Gasaufkohlung durchfuhrbar. AuBer durch Schleifen konnen die Teile danach nicht mehr spanend bearbeitet werden. Das Verfahren ist fur Feinkornstahle, z. B. 20MoCr4, geeignet, in denen bei den ublichen Aufkohlungstemperaturen noch keine Kornvergroberung eintritt. Auch unlegierte Einsatzstahle (CIO, CZS) konnen, falls sie nur auf VerschleiB beansprucht werden, direktgehartet werden. In den ubrigen Fallen wird von der Aufkohlungstemperatur langsam auf Raumtemperatur abgekuhlt, wobei sich, ahnlich wie beim Normalgluhen, ein feineres Korn einstellt. Eine Kornverfeinerung kann auch uber eine isothermische Umwandlung im Bereich der Perlitstufe erreicht werden. Nachfolgend wird, gegebenenfalls nach spanender Bearbeitung oder Zwischengluhung unter A , , auf Hartetemperatur (Austenitisiertemperatur) erhitzt und abgeschreckt. Die Austenitisiertemperatur entspricht bei den legierten Einsatzstahlen 16MnCr5, 20MoCr4 oder 17CrNiMo6 meist den Kernhartetemperaturen, die bei diesen Werkstoffen nur etwa 10 bis 20K uber den Randhartetemperaturen liegen, so dalj bei nur wenig uberhitzter Randzone optimale Kerneigenschaften erzielt werden. Unlegierte Einsatzstahle und der niedriglegierte Stahl 17Cr3 werden dagegen bevorzugt von der Randhartetemperatur abgeschreckt.
3.I
Eisenwerkstoffe
79
Die unlegierten Stahle einschliefilich 17Cr3 werden normalerweise in Wasser, die legierten Stahle in 0 1 abgeschreckt. Besonders verzugsarm ist das Harten im Warmbad (180 bis 250°C). Nach dem Abschrecken ist bei etwa 150 bis 210°C anzulassen. Hohere Temperaturen (bis 300 "C) sind nur fur Mo-legierte Stahle zulassig. AnlaBtemperaturen um 300°C ergeben Hartewerte um 56 HRC, die fur das Verschleiflverhalten von Einsatzstahlen besonders giinstig sind. Bei den anderen Einsatzstahlen tritt in diesem Temperaturbereich eine Versprodung ein (Blaubruchsprodigkeit, Abfall der Kerbschlagarbeit und Dauerfestigkeit). Die Schweiflbarkeit ist bei den Einsatzstahlen von untergeordneter Bedeutung. Im gegluhten Zustand sind die unlegierten Stahle gut schmelzschweiflbar, die legierten miissen vorgewarmt und nach dem SchweiBen gegluht werden. Die Zerspanbarkeit hangt vom Gefuge ab. Weichgegluhte Einsatzstahle neigen zum Schmieren und damit schlechter Oberflachenqualitat. Gunstiger ist die Bearbeitung im normalgegluhten, perlitgegluhten oder grobkorngegluhten Zustand. Fur die Stahlauswahl sind vor allem die Bauteilabmessungen und die geforderten Kerneigenschaften maagebend. Die letztgenannten werden durch Blindhartung, d. h. ohne vorherige Aufkohlung, ermittelt. Die erreichbare Kernfestigkeit nimmt bei gleichen Abmessungen mit steigenden Gehalten an Kohlenstoff und Legierungselementen zu. Da bei den unlegierten Stahlen die Einhartungstiefe gering ist, kommen sie hauptsachlich fur Abmessungen bis etwa 10 mm in Betracht, wahrend bei den legierten Stahlen 20MnCr5,20MoCr4 oder 21NiCrMo2 bis zu Durchmessern von etwa 80 mm noch eine ausreichende Durchhartbarkeit gegeben ist. Fur noch groBere Abmessungen ist z. B. der Stahl17CrNiMo6 (bis 350 mm) zu verwenden. Bevorzugte Anwendungsgebiete sind fur die Stahle C10, C15 und 17Cr3 verschleiflbeanspruchte Hebel, Bolzen und andere Kleinteile in Nahmaschinen und fur den Stahl17Cr3 auljerdem MeBwerkzeuge, Kolbenbolzen und ahnliche Teile mit geringer Kernfestigkeit sowie fur die am meisten verwendeten Einsatzstahle 16MnCr5,20MnCr5 und 20MoCr4 Zahnrader, Wellen, Bolzen und andere Bauteile fur Maschinen und Fahrzeuge.
3.1.8 Vergutbare Stahle Vergutungsstahle werden im allgemeinen, um hohe Festigkeit und Zahigkeit miteinander zu vereinen, gehartet und bei hoheren Temperaturen angelassen (s. Abschn. 3.1.4.3). Zur Gewahrleistung einer ausreichenden Martensitharte weisen sie einen erhohten Kohlenstoffgehalt (etwa 0,22 bis 0,60 %) und zur Minderung der Gefahr von Harterissen eine hohe metallurgische Reinheit auf (unlegierte Vergutungsstahle werden als Qualitatsstahle, legierte als Edelstahle erschmolzen). Fur groBere Querschnitte kommen zur Sicherung einer genugenden Einhartung legierte Stahle in Betracht. Vergutbare Stahle sind sehr vielfaltig anwendbar. Einige von ihnen werden auch als Federstahle (Abschn. 10.2), warmfeste Stahle (Abschn. 6.1), Nitrierstahle und Stahle fur schwere Schmiedestucke, als unlegierte Werkzeugstahle und legierte Kaltarbeitsstahle (Abschn. 4.2.4 und 4.2.5), als Stahle zum Induktionsund Flammharten und schliefllich im normalgegluhten Zustand wegen ihrer besseren Qualitat anstelle von Allgemeinen Baustahlen hoherer Festigkeit eingesetzt. Nach der chemischen Zusammensetzung lassen sich 4 Gruppen von Vergiitungsstahlen nennen: unlegierte und auf Basis Mangan, Chrom, Chrom-Molybdan
80
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
sowie Nickel-Chrom-Molybdan legierte Stahle. Bei den unlegierten Stahlen nimmt die Vergutungsfestigkeit mit dem Kohlenstoffgehalt zu. So betragt die Mindeststreckgrenze bis 16 mm Durchmesser 340 MPa (C22) bis 580 MPa (C60). In den Abmessungen von 16 bis 40 mm Durchmesser liegt sie um jeweils 40 MPa niedriger. Mangan verbessert die Einhartung, so daB z. B. der Stahl 28Mn6 im Durchmesserbereich von 40 bis 100mm nach dem Anlassen etwa die gleiche Mindeststreckgrenze wie der Stahl C60 hat. Nur mit Mangan legierte Stahle sind jedoch uberhitzungsempfindlich und neigen zur Grobkornbildung. Auch treten beim Abschrecken, besonders in Wasser, haufig Harterisse auf. SchlieBlich haben sie quer zur Walzrichtung eine geringere Zahigkeit. Diese Nachteile werden z. T. durch Zusatz von Silicium (50MnSi5) oder Vanadium (42MnV7) ausgeglichen. Die Mn-Si-Stahle sind daruber hinaus VerschleiBfester, aber schwieriger bearbeitbar und neigen zur Randentkohlung. Chrom vergroBert gleichfalls die Einhartung und wirkt sich gunstig auf die Plastizitat aus. Der Stahl41Cr4 z. B. erreicht bei 16 bis 40mm Durchmesser eine Mindeststreckgrenze von 660 MPa und eine Brucheinschnurung von wenigstens 35 %. Vergleichsweise belaufen sich dieselben KenngroBen beim C45 auf 430MPa und 4 0 % . Durch Zusatz von Vanadium (51CrV4) wird die Durchvergiitbarkeit weiter verbessert. Auf dieselben Abmessungen bezogen weist der Cr-V-Stahl bei noch hoherer Brucheinschnurung eine hohere Streckgrenze als die reinen Cr-Stahle auf. So hat der 51CrV4 bis 250 mm Durchmesser noch eine Mindeststreckgrenze von 600 MPa. Noch starker einhartend als das Chrom wirkt das Molybdan. Es erhoht zudem die Anlafibestandigkeit. Beziiglich der mechanischen Eigenschaften unterscheidet sich der Stahl 50CrMo4 nur wenig vom Stahl 51CrV4. Hochste Festigkeiten bei gleichzeitig guter Plastizitat lassen sich mit dem Stahl 30CrMoV9 erreichen. Durch Zulegieren von Nickel wird die Zahigkeit weiter verbessert (34CrNiMo6). Die Auswahl der Vergutungsstahle richtet sich in erster Linie nach den Abmessungen der Bauteile und den geforderten Festigkeiten. Tabelle 3.8 enthalt einige Tabelle 3.8 Streckgrenze von Vergiitungsstahlen irn verguteten Zustand in vcrschiedenen Durchrnesserbereichen
Streckgrenze MPa
300 ... I400
Durchrnesserbereich bis 16 rnrn C22, C22E. C25. C2SE. C30, C30E
40 bis 100 rnrn
C30, C30E. C35, C3SE, C40. C40E. C50.CSOE, 38Cr2.46Cr2
> 400 ... I 500
C35, C3SE,, C40, C40E, C45, C45E CSSE, C60E. 2HMn6. 34Cr4. 2SCrMo4
> SO0 .. . 5 600
CSO. C50E, CS5, CSSE. C60. C60E. 28Mn6.3802
37Cr4.41 Cr4. 34CrMo4
> 600 ... 5 700
46Cr2.46CrS2.34Cr4.25CrMo4
42CrMo4, SOCrMo4. 36CrNiMo4, S 1CrV4
> 700 ... I 800
37Cr4.37CrS4.41Cr4.34CrMo4
34CrNiMo6
> 800 ... I 900
42CrMo4,50CrMo4,36CrNiMo4, 30CrNiMo8,36NiCrMo16 S 1CrV4
> 900 . . . I 100(1 5 1050
34CrNiMo6 3OCrNiMoX,36NiCrMo16
3.1
400
600
800
1000
MPa
Eisenwerkstoffe
81
1400
Mindestwert der Zugfestigkeit Bild 3.27 Beziehungen zwischen den Mindestwerten der Zugfestigkeit und Brucheinschnurung im verguteten Zustand fur Vergiitungsstahle (nach DIN EN 10083)
Beispiele. Als weitere Gesichtspunkte gelten die hohe Zahigkeit der Cr- und NiCr-Mo-Stahle (Bild 3.27) und die Sicherheit der Mo-haltigen Stahle gegen AnlaBsprodigkeit. Fur das SchmelzschweiBen sind lediglich die Vergiitungsstahle mit weniger als 0,35 % C und dann wegen ihrer Neigung zum Aufharten in der warmebeeinflu& ten Zone nur bedingt geeignet. Sie mussen vorgewarmt und nachgegluht werden. Die Zerspanung geschieht bei den unlegierten Qualitaten bis 0,45 % C a m besten im normalgegluhten Zustand. Bei allen ubrigen ist es zweckmaBig, vorher weichzugluhen. Sind nur geringe Spanabnahmen erforderlich oder wird eine besonders gute Oberflachenqualitat angestrebt, kann die spanende Bearbeitung auch im verguteten Zustand erfolgen. Stahle f u r das Randschichtharten Die Mehrzahl der ublichen vergutbaren Stahle 1aBt sich durch Induktions- oder Flammharten (s. Abschn. 3.1.4.2) oberflachenbehandeln. Diese Verfahren sind dem Einsatzharten besonders dann vorzuziehen, wenn das Verhaltnis von zu hartender Oberflache und Bauteilvolumen klein ist, groBe Hartetiefen erforderlich sind, eine partielle Hartung, z. B. an Lagerstellen von Wellen, angestrebt ist oder kompliziert geformte, verzugsgefahrdete Bauteile vorliegen. Da die Kerneigenschaften von der Hartung der Oberflache nicht beeinflust werden, ist es moglich, diese vorher durch eine Vergutung in gewunschter Hohe einzustellen. Gleichzeitig entsteht mit dem Verguten ein gunstiges Ausgangsgefuge fur das Randschichtharten, das spater einen allmahlichen Ubergang von der geharteten Oberflachenschicht zum Kern verburgt. Das Abschrecken von Hartetemperatur geschieht hauptsachlich in Wasser. RiBempfindliche Stahle werden auch in 01Wasser-Emulsionen, 0 1 oder speziellen Abschrecklosungen gehartet. Um zu verhindern, daB die gehartete Oberflachenschicht abplatzt, ist es ratsam, unmittel-
82
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
bar nach dem Abschrecken bei 1.50 bis 180°C anzulassen. Fur Hartetiefen bis 1 ,S mm sollte das Hochfrequenz-Induktions-Harten. fur groBere Tiefen das Mittelfrequenz-Induktions- oder das Flammharten herangezogen werden. Bei der Stahlauswahl sind neben den bereits erorterten Zusammenhangen zwischen der Zusammensetzung und der Durchvergutbarkeit die angestrebte Oherfliichenhiirte und die geforderte Einhiirtiingstiefe mangebend. Die Oberflachenharte nimmt mit steigendem Kohlenstoffgehalt zu. Sie betragt nach dem Anlassen mindestens 51 H R C fur Stahle mit etwa 0,35 YO C (C3.5, 34Cr4, 34CrMo4) und erreicht mindestens 60 H R C beim Stahl C70. Unlegierte Stahle konnen auf Grund ihrer geringen Hartbarkeit nur bis zu Tiefen von etwa 4 mm, die legierten dagegen bis etwa 12 mm gehartet werden. Fur das Induktions- und Flammharten werden neben den Vergutungsstahlen spezielle Stahle mit eingeengter Spanne des Kohlenstoffgehaltes und niedrigen Hochstwerten fur den Phosphorgehalt, die als Edelstahle erschmolzen werden, verwendet. Zum Teil sind auch die Mangangehalte herabgesetzt. Oberflachengehartete Vergutungsstahle finden haufig Anwendung in Fahrzeugen (z. B. Kurbelwellen, Nockenwellen), Werkzeugmaschinen (z. B. Drehmaschinenspindeln, Zahnriider) und anderen hochbeanspruchten Aggregaten (z. B. Kettenbolzen, Schnecken und Schneckenwellen, Teile von Transportanlagen). Nitrirrstiihlr Eine spezielle Gruppe von vergutbaren Stahlen sind die Nitrierstahle. Sie enthalten Legierungselemente, vor allem Al, Cr, Mo und V, die Sondernitrirle bilden. Beim Nitrieren wird eine mindestens 0.5 mm tiefe, durch ausgeschiedene Sondernitride gehartete Schicht angestrebt. Die zu ihrer Ausbildung erforderliche Zeit ist bei gleicher Temperatur fur Gas- und Badnitrocarburieren ungefahr gleich. Da die beim Badnitrocarburieren entstehende Verbindungsschicht bei der Vcrwendung von Nitrierstahlen nicht erforderlich ist, wird das Nitrieren fast ausschliefllich in der Gasphase vorgenommen (s. a. Abschn. 3.1.4.4). Um eine einwandfreie Nitrierung zu sichern. mussen die Teile vorher sorgfaltig vergutet werden. Das Gefuge sol1 frei von Ferrit sein. Anderenfalls muB mit dem Abplatzen von Teilen der Nitrierschicht, das einen erhohten VerschleiB zur Folge hat, gerechnet werden. AuBerdem muB das Material spannungsarm sein, damit ein Verziehen der Teile wahrend des Nitrierens vermieden wird. Das Spannungsarmgluhen wird oberhalb der Nitriertemperatur bei 5.50 bis 600°C durchgefuhrt. Die Zerspanung der Nitrierstahle kann im weichgegluhten oder verguteten Zustand erfolgen. Zum SchmelzschweiBen sind diese Stahle wenig geeignet. Bis 70 mm Durchmesser findet der Stahl 34CrAlMoS bevorzugt Gebrauch. Er hat nach dem Nitrieren eine Oberflachenharte von etwa 950 HVI. Die Streckgrenze betragt nach dem Verguten mindestens 600 MPa. Werden hohere Kernfestigkeiten verlangt oder sind groBere Abmessungen zu nitrieren, so ist der Stahl 3 1CrMoV9 zu verwenden. Seine Streckgrenze belauft sich nach dem Verguten auf mindestens 800 MPa (Durchmesser < 100 mm) bis 700 MPa (100 bis 250 mm Durchmesser). Nach dem Nitrieren betragt die Oberflachenharte etwa 800 HVI. Als Beispiele fur die Nutzung gasnitrierter Nitrierstahle seien Spindeln fur Werkzeugmaschinen jeglicher Art, Fuhrungsschienen, Lehren und Kaliber. Heiljdampfarmaturenteile oder hochbeanspruchte Werkzeugteile in der Verarbeitung von Polymerwerkstoffen genannt.
3.1
Eisenwerkstoffe
83
Stahle fur grebe Schmiedestucke Eine Sondergruppe der Vergutungsstahle stellen die Stahle fur grol3e Schmiedestucke dar. Sie kommen im allgemeinen fur Abmessungen uber 100mm Durchmesser in Frage. Bei derartig grol3en Querschnitten entstehen wahrend der Abkuhlung erhebliche Temperaturunterschiede zwischen Rand und Kern, die betrachtliche Eigenspannungen zur Folge haben. Damit diese nicht an inneren Fehlern, wie groberen Schlackenteilchen oder Seigerungen, Risse auslosen konnen, werden Stahle fur grol3e Schmiedestucke besonders sorgfaltig erschmolZen und vergossen. Sehr gefahrlich ist auch der im Stahl geloste Wasserstoff. Beim Abkuhlen grol3er Querschnitte ist es ihm nicht moglich, in dem MaBe, wie seine Loslichkeit im Stahl abnimmt, an die Blockoberflache zu diffundieren und dort auszutreten. E r sammelt sich vielmehr im Material an und fuhrt, besonders in Verbindung mit Zugeigenspannungen, zu Materialtrennungen, die als ,,Flocken" bezeichnet werden. Sie erscheinen in der Bruchflache als hellglanzende, oft fingernagelgrol3e Flecken. Um den Gehalt an Wasserstoff und nichtmetallischen Stoffen zu vermindern, werden Stahle fur grol3e Schmiedestucke haufig auch als Stahle mit hoher metallurgischer Reinheit erschmolzen oder zumindest im Vakuum entgast. Die Stahle fur grol3e Schmiedestucke sind nach besonderen Vorschriften warmezubehandeln und zu prufen. So mussen nicht vakuumbehandelte Stahle nach dem Schmieden durch langer anhaltendes Gluhen flockenfrei gemacht werden und die Bruchdehnung sowie teilweise auch die Kerbschlagarbeit von Langs-, Tangential- und Querproben bestimmten Mindestanforderungen genugen. Nach der chemischen Zusammensetzung lassen sich mehrere Gruppen von Stahlen fur grol3e Schmiedestucke unterscheiden, z. B. unlegierte und mit ChromMolybdan-Vanadium sowie Chrom-Nickel-Molybdan legierte Stahle. Sie entsprechen z. T. den hoherfesten schweil3baren Baustahlen, den warmfesten Stahlen oder den Vergutungsstahlen. Mit steigendem Anteil an Legierungselementen nimmt in der Regel der Kohlenstoffgehalt ab. Wahrend die unlegierten und niedriglegierten Qualitaten hauptsachlich fur den Einsatz bei niedrigen Temperaturen vorgesehen sind, kommen die hoherlegierten fur Temperaturen bis etwa 550°C in Betracht (s. a. Abschn. 6.1). Die Stahlauswahl wird weiterhin von der bei einem bestimmten Durchmesser noch erreichbaren Durchvergutung ma& geblich beeinflufit. Typische Anwendungsbeispiele sind Hochdruckbehalter, Kurbelwellen, Wellen fur Dampfturbinen, Induktorwellen, Turbinenlaufer, Flansche und Hochdruckrohre.
3.1.9 Automatenstahle Eine wirtschaftliche Zerspanung (Drehen, Frasen, Hobeln usw.) von Massenteilen auf schnellaufenden Automaten erfordert, dal3 die Werkstoffe gut zerspanbar sind. Die Zerspanbarkeit hangt aul3er von der Zusammensetzung und dem Gefugezustand des zu bearbeitenden Werkstoffes von zahlreichen anderen Faktoren, wie Starrheit von Werkzeug und Maschine, der Leistungsfahigkeit der Maschine, dem Werkstoff des Werkzeuges (s. Kap. 4), der Werkzeuggeometrie, dem Schmierstoff, der an der Zerspanungsstelle entstehenden Temperatur und dem Zerspanungsverfahren selbst ab.
84
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Die Zerspanbarkeit eines Werkstoffes 1aBt sich in verschiedener Weise beurteilen. Wichtige Kriterien sind das Standzeitverhalten des Werkzeuges, die wirkenden Schnittkrafte, die Oberflachengute des bearbeiteten Werkstoffes und die Spanbildung. Die Standzeit eines Werkzeuges wird durch den Verschleil3 an der Schneide begrenzt (s. Abschn. 4.1). Hierfur kennzeichnend ist u. a. die Schnittgeschwindigkeit v, bei der nach einer bestimmten Arbeitsdauer und gegebener Schnittiefe sowie gegebenem Vorschub die Schneide zum Erliegen kommt. Fur Automaten ist, um einen haufigen Werkzeugwechsel zu vermeiden, beispielsweise die Schnittgeschwindigkeit fur eine Standzeit von 480 min (v~~,,)oft von Interesse (Werkzeugwechseltakt). Die Schnittkrafte sollen moglichst niedrig sein, damit das Werkzeug geschont und die Leistungsaufnahme der Maschine niedrig gehalten wird. Wahrend die Oberflachengute beim Schruppen eine untergeordnete Bedeutung hat, ist sie nach der Feinbearbeitung fur viele Verwendungszwecke ausschlaggebend. Die Spanbildung ist fur die Bearbeitung auf Automaten von grofiter Wichtigkeit. Lange FlieBspane (Wirrspane, Bandspane) konnen sich um das Werkzeug wickeln und damit den Arbeitsablauf unterbrechen. Sie sind sehr voluminos und mussen standig entfernt werden. Gunstiger sind deshalb kurzbruchige Spane, die schaufelbar anfallen. Da sich die Automatenfertigung in der Hauptsache auf kleinere Massenteile erstreckt, werden hierfur vorwiegend unlegierte Einsatz- und Vergiitungsstahle mit Kohlenstoffgehalten von etwa 0,10 bis 0,60 % eingesetzt, die zur Verbesserung der Spanbruchigkeit erhohte Gehalte an Schwefel (meist 0,15 bis 0,40 %) und Phosphor (0,07 bis 0,lO %) aufweisen. Sie werden auch als Automatenstahle bezeichnet. Der Schwefel bildet mit dem Mangan (dessen Gehalt in der Regel gegenuber vergleichbaren Einsatz- und Vergutungsstahlen etwas erhoht ist) Sulfideinschlusse, die den metallischen Zusammenhang unterbrechen und einen kurzbruchigen Span entstehen lassen. AuBerdem wirken sie schmierend und verhindern die Bildung von Aufbauschneiden. Der Phosphor wirkt versprodend und fuhrt im Verein mit der wahrend der Spanbildung eintretenden Verfestigung zu einer glatteren Trennflache sowie verstarkten Bruchigkeit des Spans. Die Standzeit des Werkzeuges wird dadurch nicht beeinflufit. Kohlenstoff, Silicium, Aluminium und Mangan verschlechtern die Zerspanbarkeit. Ausgenommen hiervon ist der Mangangehalt, der zur Bildung der Sulfideinschlusse (MnS) benotigt wird. Theoretisch ware dazu ein Mn/S-Verhaltnis von 1,72 : 1 erforderlich. In der Praxis ist jedoch zur Erhohung der Ferritharte und fur die Gewahrleistung einer ausreichenden Hartbarkeit ein Mn-UberschuB erwunscht, der bis zu einem Mn/S-Verhaltnis von 4,5 : 1 ohne nachteilige Auswirkungen auf die Zerspanbarkeit ist. Zur Verbesserung der Zerspanbarkeit werden Automatenstahle noch mit weiteren Elementen legiert. Besonders bewahrt haben sich Zusatze von 0,15 bis 0,30 % Blei, das in Form feiner Einschlusse, z. T. in Verbindung mit Sulfiden, im Stahl vorliegt. Die mechanischen und technologischen Eigenschaften der Stahle werden dadurch nicht verandert. Das Blei setzt die Reibung zwischen Werkzeug und Werkstuck herab (Schmierwirkung). Auf diese Weise werden die Werkzeugstandzeiten erhoht, die Spanform und die Oberflachenqualitat verbessert, der Leistungsbedarf der Maschine gesenkt und die Schnittkrafte sowie die an der Schneide auftretenden Temperaturen vermindert. Unter gleichen Zerspanungsbedingungen sind gegenuber dem nur schwefellegierten Automatenstahl bis viermal langere Standzeiten erzielbar.
3.1
lOmm
Eisenwerkstoffe
85
Bild 3.28 Schwefelseigerung im unberuhigten Automatenstahl 9S20
Die Verwendung der bleilegierten Automatenstahle ist aus Grunden des Gesundheitsschutzes riicklaufig. Eine ahnliche Wirkung wie durch Blei wird durch das Legieren mit einigen tausendstel Prozent Bor oder bis zu 0,2 % Wisrnut erreicht. Noch hohere Zerspanungsleistungen werden an Stahlen erbracht, die neben Blei Sonderspanbrecherelemente, wie Tellur oder Selen enthalten. Sie haben jedoch wegen des erheblichen Mehrpreises und der zum Teil starken Toxizitat dieser Elemente keine breite Anwendung gefunden. Man unterscheidet zwischen Automatenstahlen fur allgemeine Verwendung, die auch unberuhigt vergossen sein konnen, Automaten-Einsatzstahlen und Automaten-Vergiitungsstahlen. Unberuhigt vergossene Automatenstahle (Bild 3.28) sind besonders fur Massendrehteile mit starker Kernzerspanung (Muttern) geeignet, an die keine besonderen Festigkeitsanforderungen in Querrichtung gestellt werden. In der reinen AuBenschicht ist die Zerspanbarkeit weniger gut. Dieser bis etwa 1965 am weitesten verbreitete Automatenstahl ist im Verlaufe der Zeit von den Stahlen 9SMn28 und 9SMn36 bzw. den bleilegierten 9SMnPb28 und 9SMnPb36 weitgehend verdrangt worden. Sie weisen eine grorjere GleichmaBigkeit bezuglich der mechanischen Eigenschaften sowie der Zerspanbarkeit auf und lassen hohere Zerspanungsleistungen zu. In der Regel wird auch eine verbesserte Oberflachenqualitat der daraus gefertigten Werkstucke und eine Verlangerung der Werkzeugstandzeiten beobachtet. Automatenstahle fur allgemeine Verwendung und Automaten-Einsatzstahle werden vorzugsweise dann eingesetzt, wenn ein komplizierter Zerspanungsvorgang, der sich auf alle Bereiche des Querschnitts erstreckt, vorliegt. Fur Massendrehteile schliealich, an die hinsichtlich der Zahigkeit in Querrichtung geringere Anforderungen als an die unlegierten Vergutungsstahle gestellt werden, setzt man die Automaten-Vergiitungsstahle (z. B. 45S20,60S20) ein. Wegen ihres hohen Schwefelgehaltes, der Ursache einer Poren- und Rirjbildung sein kann, sind die Automatenstahle zum SchweiBen nur bedingt geeignet. Die galvanische Oberflachenveredelung wird durch grobe Einschlusse eingeschrankt. Bei der Bewertung der mechanischen und technologischen Eigenschaften der Automatenstahle ist immer daran zu denken, darj es sich um absichtlich verunreinigte und damit versprodete Werkstoffe handelt. Sie neigen bei der Warmebehandlung und Verformung leichter zur RilSbildung. Nieten, Gewinderollen, Bordeln oder ahnliche Verfahren sind deshalb nur begrenzt durchfuhrbar. Normalerweise werden die mechanischen Eigenschaften an Langsproben ermittelt, so daB
86
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
keine Schlusse auf die Quereigenschaften, von denen besonders die Querdehnung durch vorhandene EinschluBzeilen erheblich vermindert sein kann, gezogen werden konnen. Im kaltgezogenen Zustand liegt die Querdehnung haufig unter 5 YO,laRt sich aber mit Hilfe einer Gluhung bei 550°C betrachtlich anheben. Analog kann die Kerbschlagarbeit, die nach dem Ziehen sehr gering ist allerdings auf Kosten der Zerspanbarkeit -, durch Gluhen verbessert werden. Erhohte Anforderungen an die Dauerfestigkeit, Kaltzahigkeit oder Warmfestigkeit konnen bei den Automatenstahlen nicht gestellt werden. Auch hochlegierte rost- und saurebestandige Stahle (s. Abschn. 7.10) auf Chrom- und Chrom-Nickel-Basis konnen zur Verbesserung der Zerspanbarkeit mit Schwefel und zum Teil auch mit Selen, Zirconium oder Tellur legiert werden (z. B. X12CrMoS17, X8CrNiS18-9). Die Korrosionsbestandigkeit wird dadurch etwas vermindert.
3.1.10 StahlguO Fur kompliziert gestaltete Bauteile, von denen die Festigkeit und Zahigkeit des Stahles gefordert wird, ist die Formgebung durch GieRen technisch und okonomisch oft gunstiger als durch Spanen, Schmieden oder SchweiBen. Neben den herkommlichen Technologien des VergieBens in Sand- oder metallische Formen existieren Fertigungsverfahren, wie Schleudergufi, Maskengun oder FeinguB mit ausbrennbaren bzw. ausschmelzbaren Modellen, die auch die Herstellung kompliziert geformter Teile in hoher Qualitat mit geringer Nacharbeit ermoglichen. Da StahlguB vielfach gut schweiBbar ist, bietet sich auch die Moglichkeit, verwikkelte Konstruktionen aus mehreren StahlguBstucken oder aus StahlguB und Walzstahl zusammenzuschweiflen. Es ist beim Entwurf von GuBteilen sehr wichtig, giel3gerecht zu konstruieren und die modell- und formtechnischen Belange zu beriicksichtigen. Wegen des schlechten Formfullungsvermogens von flussigem Stahl sind die Mindestwanddicken gegenuber GuBeisen groBer. Die wahrend der Erstarrung auftretende groBe Volumenkontraktion (mittleres SchwindmaB 2 Yo) macht ein Speisersystem am GuBstuck erforderlich, um die Bildung von Lunkern und anderen Unganzen zu vermeiden. Es konnen nahezu alle unlegierten und legierten Stahle als StahlguB hergestellt werden. Fur den FeinguB werden bestimmte Stahlsorten empfohlen. Es handelt sich dabei um unlegierte Stahle, legierte Einsatz- und Vergutungsstahle (s. a. Abschn. 3.1.7,3.1.8), warmfeste Stahle (s. a. Abschn. 6.1), rost- und saurebestandige Stahle (s. a. Abschn. 7.10), hitze- und zunderbestandige Stahle (s. a. Abschn. 6.2) sowie um Schnellarbeits- und Werkzeugstahle (s. a. Abschn. 4.2). Auf Grund des groberen Korns und des Fehlens einer Faserung sowie der Unvermeidbarkeit von Mikrolunkern und ahnlichen Materialfehlern unterscheiden sich Festigkeit, Plastizitat und Zahigkeit des Stahlgusses von denen des Walzstahles; sie sind geringer als in der Verformungsrichtung, jedoch in der Regel etwas hoher als in der Querrichtung des gewalzten Materials. Aus den gleichen Grunden ist auch die Dauerfestigkeit glatter Stabe bei StahlguB schlechter als fur gewalzten Stahl; an gekerbten Staben kann es umgekehrt sein. Bezuglich der Warm- und VerschleiBfestigkeit ist der StahlguB dem Walzstahl oftmals uberlegen. Wahrend fur die meisten legierten StahlguBsorten, sofern sie genormt sind, ahnliche Verarbeitungseigenschaften bestehen wie fur die Walz- und Schmiede-
3.I
87
Eisenwerkstoffe
Tabelle 3.Y Mechanische Eigenschaften der unlegierten StahlguBsorten (nach DIN 1681) StahlguBsorte
GS-38 (GE200) GS-45 (GE240) GS-52 (GE260) GS-60 (GE300)
Streckgrenze
Zugfestigkeit
Bruchdehnung (A,)
MPa mind.
MPa mind.
Yo mind.
200 230 260 300
380 450 520 600
25 22 18
1s
Kerbschlagarbeit (ISO-V-Proben) > 30 mm 2 30 mm Mittelwert J mind.
3s 21 27 27
35 27 22 20
stahle, werden fur unlegierten StahlguB fur allgemeine Verwendungszwecke, der etwa den Allgemeinen Baustahlen gleichzusetzen ist, nur die mechanischen Eigenschaften fur Proben, die aus Gufistucken mit Dicken bis 100 mm entnommen werden, vorgeschrieben (Tab. 3.9). Bei den StahlguBsorten GS-38 und GS-4.5 ist der Kohlenstoffgehalt auf 0,25 % begrenzt. Die StahlguBsorten GS-38, GS-45 und GS-52 sind gut schweifigeeignet, wobei beim GS-38 kein Vorwarmen erforderlich ist. Unlegierter StahlguB ist fur Temperaturen von -10 bis 300°Cvorgesehen. Zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften werden GuBstucke im allgemeinen normalgegluht (Beseitigung des Widmannstattenschen Gefuges), riBempfindliche Teile zusatzlich spannungsarmgegluht. Legierter StahlguB kann auch weichgegluht, gehartet, einsatzgehartet oder anderweitig oberflachenbehandelt werden. Unlegierter StahlguB wird unter anderem haufig fur Seilrollen, Zahnrader, Gehause, Raupenkettenglieder und Achsschenkel verwendet. 3.1.11 Sinterstahle
Als einbaufertige hochwertige Formteile kommen vielfach Sinterstahle anstelle von Bauteilen zum Einsatz, die sonst aus CUB-oder Schmiederohlingen spanabhebend gefertigt oder uber KaltflieBpressen, Prazisionsschmieden und FeingieBen hergestellt werden. Bei gegenuber konventionell erzeugten Werkstucken gleichen Anwendungseigenschaften und gleicher Funktionssicherheit genugen die weitestgehend spanlos und abfallarm gefertigten Sinterstahlteile hohen Anspruchen an MaBhaltigkeit, Massegenauigkeit und Oberflachengute. Wie meist bei den pulvermetallurgischen Erzeugnissen entsteht auch beim Sinterstahl mit dem Werkstoff zugleich die Form des Fertigteils. Ausgangsmaterial sind fast ausschliel3lich durch Eisenerzreduktion gewonnene Schwammeisenpulver und uber Druckwasser- bzw. Inertgaszerstaubung einer Schmelze erhaltene Verdiispitlver. Die Legierungselemente werden auf verschiedene Art eingebracht: Durch Zumischen (Mischlegieren) in elementarer Form (C als Graphit, Cu, Ni, M o als Metallpulver); uber das Anlegieren von Elementpulvern, die meist als Oxide (NiO, Moo,, CuO) dem Fe-Rohpulver zugemischt und nachfolgend mit diesem gemeinsam reduziert werden (DiffrLsionslegieren); mittels Zugabe von Pulvern aus Verbindungen (Komplexcarbide M7C3,M6C, M,C) oder Vorlegierungen, die neben dem Fe und C vor allem die Elemente Cr, Mn und Mo
88
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe ~~
enthalten, sowie in Form eines uber Verdusen erhaltenen homogenen fertiglegierten (Ni, Mo, Cr, Mn) Stahlpulvers. Die Mehrzahl der Sinterstahle wird nach der Technik des Mischlegierens gewonnen. Bei gleicher Legierungszusammensetzung weist der aus diffusionslegierten Pulvern gefertigte Sinterstahl ein um rund 25 % hoheres Festigkeitsniveau als der auf dem Wege des Mischlegierens hergestellte auf. Die fertiglegierten Stahlpulver werden fur Sinterschmiedestahlteile und Sintererzeugnisse aus rost- und saurebestandigem Stahl benotigt. Gelegentlich wird die Zusatzkomponente Cu bzw. Cu-Legierung auch in den porosen auf Ma13 gepreBten vorgesinterten Eisenskelettkorper eingetrankt; in der Pulvermetallurgie zahlen C-freie Eisenlegierungen ebenfalls zu den Stahlen [3.23]. Zur Formgebung werden die Pulver kalt, vereinzelt auch heif3 gepre13t oder durch PulverspritzgieBen geformt und anschlieBend gesintert oder als vorgesinterte Formrohlinge geschmiedet. In PreRkorpern, die aus nicht fertiglegierten Pulvern hergestellt sind, geschieht die Legierungsbildung (Homogenisierung) wahrend des Sintervorganges. Bei der Verwendung von mischlegierten Pulvern wird dabei nicht der Gleichgewichtszustand (homogene Legierung) eingestellt. Durch die Benutzung von anlegierten Pulvern wird der HomogenisierungsprozeB gefordert und damit das Sinterwerkstoffverhalten verbessert. Dasselbe gilt im Fall von vorlegierten Pulvern, insbesondere, wenn mit deren Sintern das zeitweise Auftreten einer schmelzflussigen Phase verbunden ist; z. B. bei mit Komplexcarbiden vorlegierten Pulvern (Master-Alloy-Technik). Die Besonderheiten der Sinterstahlerzeugung uber den dispersen Zustand bedingen, da13 bei der schmelzmetallurgischen Stahlerzeugung gebrauchliche, aber hoch sauerstoffaffine Legierungselemente (Cr, Mn, Si) im Sinterstahl weniger haufig vorkommen und als Legierungsmetalle leicht reduzierbare Elemente (Cu, Ni, Mo) vorherrschen (Bild 3.29) [3.25]. Die Eigenschaften des Sinterstahles sind aul3er von der Zusammensetzung vor allem vom AusmaB der Porigkeit abhangig und deshalb uber technologische
Verdichlungsverfahren
Anted der Porigkeit/ Werksoff
Pressen
bts 20 % Fe,Fe+Cu,Cu-Leglerungen
Pressen/ Nachpressen
1 -m
bis 75% Fe+Co,Fe+Sn,Cu -Ni -&gierunger; Fe+ Cu + C
1-
bts 5%
An wendungsgebiet
hrrnteile geringer fest$keit fur uberwiegend statische Befas/ung>Ueib-und Gfeitwerkstoffe Formteife rnittferer bstbkeit und hotter MaBgenauijkeit Formteile hoher Festigkeit, einsatzhadbar
Pressen /Nachpressen
Fe+Cu + C , Fe + Cu + N i + C Fe+ Ni+Cu+Mo+C
B-1a5% Fe rnit CdCu -Legierungen
Formteile hoher Festijkeit,
Pressen /Metalltr@nken
7
Farmteile hochster Festtjkeit fur dynamischeBefastung
Sinlerschmieden
1 57%
Ni-Mo -Stale Ni- Mo - Mn-StWe Ni-Mo-Mn-Cr-Stdhle
aushartbar
je nach C-Gehalf etnsalzbiirlbar oder vergufbar
Rild 3.29 Zusammenhang zwischen Herstellungstechnologie, Porigkeit und Anwendung von Sinterstahl (nach [3.22])
3.I
65
67
69
7,1 Dichte
7,3
Eisenwerkstoffe
7,s
9
89
7,8
Bild 3.30 Zusammenhang zwischen der verfahrensabhangigen Dichte und wichtigen Eigenschaften von Eisensinterwerkstoffen (nach [3.24]) a Bereich der konventionellen Pulvermetallurgie a , Pressen und Sintern (und Kalibrieren) a> Vorpressen. Vorsintern, Nachpressen und Nachsintern (und Kalibrieren) (DoppelpreRoder Zweifachsintertechnik) b Bereich des Pulverschmiedens R, Zugfestigkeit ohWBiegewechselfestigkeit A Bruchdehnung K Schlagarbeit
MaBnahmen der Werkstoffherstellung in weiten Grenzen veranderbar. Infolge der Porositat bleiben die konventionell hergestellten Sinterwerkstoffe in der Bruchdehnung und Harte zum Teil merklich unter den Werten erschmolzener Werkstoffe; bei dynamischer Beanspruchung (Biegewechselfestigkeit) sind sie dem SpharoguB gleichzusetzen. Dank der Entwicklung hochkompressibler Pulver und der Vervollkommnung der Legierungstechnik wie auch der technologischen Operationen der Formteileherstellung besteht jedoch eine zunehmende Verfugbarkeit von Eisensinterwerkstoffen mit einer Dichte 2 7,O g cm-3. Bild 3.30 gibt eine Vorstellung von den Veranderungen einiger wesentlicher Werkstoffeigenschaften mit der Dichte. Man erkennt, daB die Zugfestigkeit linear mit der Dichte zunimmt, wogegen die Bruchdehnung und die fur das dynamische Verhalten wichtigen Eigenschaften, wie Biegewechselfestigkeit und Schlagarbeit, erst oberhalb einer Dichte von 7,5 g cm-3 sich merklich ausbilden. Mit der Legierungstechnik, d. h. dem Anheben der Grundfestigkeit, wird an diesem, durch die Poren hervorgerufenen, Effekt grundsatzlich nichts geandert. Die Erzielung einer Sinterdichte von mehr als 7,5gcm-3 setzt auch heute noch den Einsatz kostenaufwendiger Verfahren, wie Zweifachsintertechnik, oder eine der bekannten Warmverdichtungsmethoden voraus.
90
3
Allgerneine Konstruktionswerkstoffe
3.1.1 1.1 GepreOte Sinterstahlformteile
Die Stuckmasse der produzierten Sinterstahlteile ist durch die PreRkraft der Metallpulverpressen und die erforderliche PreBlingsdichte nach oben begrcnzt. Sie liegt gegenwartig bei 0,OS bis 2000 g, wobei die Mehrzahl allerdings 200 g nicht ubersteigt. Die dafur benotigte und der hydraulischen oder mechanischen Presse automatisch zugefiihrte Pulverdosis wird in PreBwerkzeugen rnit Matrize. Oberstempel und (bei komplizierter gestalteten Formteilen geteilten) Unterstempel rnit Drucken von 300 und 800 MPa (30 his 80 kN em-?) verdichtet. Bild 3.31 vermittelt eine Vorstellung von dem auf diesem Wege erzielbaren Formenreichtum. Das nachfolgende Sintern geschieht bei 1100 bis 1250°C vorzugsweise in kontinuierlich arbeitenden DurchstoB-, Hubbalken- oder Forderbanddfen unter Schutzgasatmosphare (Spaltgas, Endogas, Wasserstoff). Haufigste Lcgierungselemente sind Cu, Ni und Mo (meist jeweils <SMasse-%) sowie C (< I Masse-Yo), die allein oder miteinander kombiniert vorkommen. Sie erhiihen uber eine Mischkristallhartung die Festigkeit des Sinterstahles; C macht den Sinterstahl aul3erdem hart- und Cu aushartbar. Weiterhin dient das Cu infolge FeCu-Mischkristallbildung der Schwundkompensation, so dal3 bereits einfach gepreBte und gesinterte Pulver, die etwa 2 % Cu enthalten, weitgehend ma6getreuc Tcile liefern. Die fertiglegierten Pulver, die zur Verbesserung der Durchhart- und -vergutbarkeit neben Mo noch Cr und Mn enthalten, haben sich wegen ihrer groBeren Grundharte (geringeren Verdichtbarkeit) in der klassischen Sintertechnik kaum durchsetzen kiinnen; sie dominieren in der Sinterschmiedetechnik. In Tabelle 3.10 sind Zusammensetzungen und Festigkeiten gebrauchlicher, uber Pressen und Sintern hergestellter Stahle aufgefuhrt. Die Festigkeitswerte beziehen sich auf den unbehandelten Zustand und lassen sich, wo es die Werkstoffzusammensetzung erlaubt, mil Hilfe einer angemessenen Warmebehandlung noch erheblich steigern. So konnen die Festigkeiten des Sinterstahles mil 2 % Cu uber eine Aushartungsbehandlung und die des mit 0,4S Yo C, 4 Yo Ni, 1 .S YO Cu und 0.5 % Mo legierten durch Verguten um rund SO YO erhiiht werden. Nach den Verfahrensschritten Pressen und Sintern weist das Bauteil Toleranzen IT9 bis IT1 1 auf. Meist werden jedoch hohere Anforderungen gestellt, so dal3 ein Nachpressen rnit relativ geringem Verformungsgrad, das Kalihricwn, notwendig ist. durch das der Toleranzbereich auf IT7 bis IT8 eingeengt werden kann. Bei Festigkeitsforderungen, die eine Dichte > 6.9 g em-3 voraussetzen, wird die Doppelpre/j- oder Zwri,fnchsirzrrrtc.chnik angewendet. bei der das Sinterteil noch einem zweiten Pressen (mit hoherem Verformungsgrad) und Sintern unterworfen wird. Diese vierstufige oder (wenn zur Beseitigung von Manungenauigkeitcn abschliel3end kalibriert wird) funfstufige Fertigung ist fur die Herstellung dynamisch hochbelasteter Sinterstahlformteile des Fahrzeugbaues iiblich. Als vorrangiger Vorteil einer pulvermetallurgischen Erzeugung von Formteilen wurde lange Zeit die Senkung der Herstellungskosten infolge Einsparung von spanender Bearbeitung herausgestellt. Bei einfachen Formteilen werden die Bearbeitungskosten in der Regel um mindestens 15 Yo,bei Teilen rnit komplizierter Gestalt bis zu SO YOreduziert. Heute wird als volkswirtschaftlich gleichwertiger Effekt auch die Senkung des Material- und Energieverbrauchs hervorgehoben. Bild 3.32 vermittelt einen orientierenden Uberblick uber Rohstoffausnutzung und Energiebedarf fur pulvermetallurgische und einige konkurrierende Verfahren zur Herstellung von Formteilen rnit Il000g Masse. Die Bilanz der
3.1
Eisenwerkstoffe
91
Bild 3.31 Sintereisen- und Sinterstahlformteile a) und b) nach der konventionellen Technologie (Pressen in Werkzeugen und Sintern) hergestellte a) Sinterformteile, uberwiegend im Automobilbau eingesetzt (Sinterstahl GmbH Fussen) sowie b) Sinterstahlformteile (Sinterstahl G m b H Fussen) c) Eisenbasis-Sinterkleinformteile, durch PulverspritzgieBen gefertigt (Sintermetallwerk Krebsoge GmbH)
3
92
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Tabelle 3.10 Zusammensetzung und Zugfestigkeit gebrauchlicher Sinterstahle Werkstoff
Zugfestigkeit in MPa
Werkstoff
Zugfestigkeit in MPa
Fe, unlegiert C-arm')
200.. . 250
Fe, 0.5 . . . 2% Cu 0,4 . . . 0,8% C
3 0 0 . . . 500
Fe, C-arm') 0.5 . . . 2.0% C
250 . . . 300
Fe, 2,O . . _5% Ni, 0,5 . . . 2.0% CU, 0.4 . . . 0,8% C
600 . . ,700
Fe. C-arm') 2.5 . . . 5,0% Ni
320 . . ,370
Fe, 0,45% C , 4% Ni. 1,5% Cu, 0,5% MO
700 . . ,730
Fe, 0,4 ... 0.8% C
300 . . . 400
Fe, C-arm') 0.5 . , . 0.6% P
400 . . . 500
C-arm: < O,lYO C
1)
Fertigungs ver f ahren Gienen Sintern
Kalt - oder Halb warmflienpressen
k7578 i 0;455/
Warmgesenkschmieden spanende Verfahren
I
I
I
I
100 75 50 25 Rohsto ffausnutzung in %
I
I
I
I
I
0
0
25
50
75
I 100
Energiebedarf fur Fertigteile in M J kg-'
Bild 3.32 Angaben iiber Rohstoffausnutzung und Energiebedarf von verschiedenen Fertigungsverfahren (Quelle: Ingenieur Werkstoffe 4 (1992) 12,43)
Sintertechnik ist positiv und darf nicht ohne die gleichfalls hochwertigen Fertigungstoleranzen gesehen werden, die mit ihr zu erreichen sind. Zur weiteren Anpassung an bestimmte Einsatzbedingungen kann das (gegebenenfalls mechanisch nachgearbeitete) einbaufertige Sinterformteil bei entsprechendem C-Gehalt gehartet und vergiitet sowie thermochemisch oberflachenbehandelt werden (s.a. Abschn. 3.1.4.2 bis 3.1.4.4). Dabei sind gegenuber dem geschmolzenen Stahl vergleichbarer Zusammensetzung jedoch einige Besonderheiten zu beachten. Durch die mit Luft gefullten Poren wird die Warmeleitung erschwert und die Abschreckwirkung vermindert. Demzufolge geht die Hartbarkeit des Sinterstahles bei steigendem Porenanteil (abnehmender Dichte) zuruck, und die Neigung zur Weichfleckigkeit nimmt zu. Wie beim ,,normalen" Stahl kann die Hartbarkeit durch Legierungselemente (hier Ni, Mo) verbessert werden. Fur die Oberflachenhartung kommen die Aufkohlung in festen und gasformigen Mitteln, haufiger jedoch das Nitrieren und Carbonitrieren im Gas zur Anwen-
3.I
Eisenwerkstoffe
93
dung. Die Behandlung in Salzbadern scheidet wegen der in den Poren verbleibenden Salzreste (Korrosionserscheinungen) aus. Dunne Einhartungsschichten lassen sich nur an Sinterteilen mit Dichten 2 7,O g cm-3 erzielen. Bei geringeren Dichten dringt das Gas rasch in die Poren ein. Mit wachsender Porositat nimmt deshalb die Einhartungstiefe zu, und die scharfe Trennung zwischen Rand- und Kerneigenschaften geht immer mehr verloren, wohingegen die Oberflachenharte wegen der Isolatorwirkung der Poren abnimmt. Eine wesentliche Verbesserung des VerschleiBwiderstandes laBt sich auch uber eine 1- bis 2stundige Behandlung in uberhitztem Wasserdampf (etwa 500°C) erreichen, bei der die aul3ere Oberflache und die der zuganglichen Poren mit einer harten, festhaftenden blauschwarzen Fe,O,-Schicht uberzogen und die Porositat des Sinterteiles wegen der Verdopplung des Volumens bei der Bildung von Fe304aus Fe stark reduziert wird. Da damit auBerdem ein guter Korrosionsschutz verbunden ist, wird die Heiljdampfbehandlung haufig angewendet. Der Verwendungszweck der Sinterstahlformteile richtet sich vor allem nach ihrem Porositatsgrad. Teile mit sehr groljem Porenanteil werden als Filter, Transportrinnen fur staubformige Cuter u. a. eingesetzt. Sintereisen und Stahle mit groljem (etwa 18 bis 25 Y O )und mittlerem (2 10 %) Porenraum sind vornehmlich in Gestalt von Lagern (s. Abschn. 9.2.4) sowie Formteilen mit guten Gleit- und Verschleiljeigenschaften (s. Abschn. 8.3.3.2) anzutreffen. Mit weiter zunehmender Dichte (Doppelpress- und h t e r t e c h n i k ) treten Bauteile in den Vordergrund, bei denen vor allem die statische (Porenraum I 15%), aber auch die dynamische Belastbarkeit (Porenraum I5 Y o ) sowie Korrosionsbestandigkeit und Undurchlassigkeit funktionsbestimmend sind. Beispiele enthalt Tabelle 3.11. Tabelle 3.11 Beispiele fur die Anwendung von Sintereisen- und -stahlformteilen Maschinen- und Apparatebau
Lagerbuchsen, Kugellager- und Rollenlagerkafige, Kafigsegmente, Zahnrader, Laufrollen, Hebel, Nocken, Gleitsteine, Kurvenscheiben. Flansche, Exzenter, Handrader, Bugel fur MeBschrauben, Klemmstiicke, Stativteile, Schieber, Filter, Diisen
Fahrzeugbau
Olpumpenrader, Zahnrader, Gleitlager, StoRdampferkolben und -fuhrungen, Nocken, Ventilsitze, Flansche, Fliehgewichte, Kettenrader, Kupplungsscheiben, Filter
Buromaschinenbau
Lagerbuchsen, Kurven- und Nockenscheiben, Hebel, Exzenter, Flansche. Zahnrader
Haushaltsmaschinenbau
Zahn-, Kurven- und Kegelrader, Hebel, Lochscheiben, Messer, Lager, Spulerarme, Gleitsteine, Transporteurtragergabeln,Exzenter. NahfuRe
In Anbetracht der Besonderheiten der Formgebung eines pulvrigen Ausgangsmaterials durch Pressen erscheint es notwendig, darauf hinzuweisen, dalj der Einfuhrung von Sinterteilen auch konstruktive Uberlegungen vorausgehen mussen. Die Druckleistungen der Pressen lassen nicht die Produktion beliebig groljer Teile zu. Nimmt man einen vielfach ublichen PreBdruck von 50 kN cm-2 (500 MPa) an, so konnen z. B. auf einer 10000 kN-Presse Teile bis zu einer projizierten Flache von max. 200 cm2 hergestellt werden. Auch der Formschwierigkeit der PreBteile sind Grenzen gesetzt. Unterschneidungen und Bohrungen quer zur PreBrichtung sowie Gewinde und Schnecken lassen sich nicht in das Teil einpres-
94
3
Allgerneine Konstruktionswerkstoffc
sen. Um eine ausreichende Verdichtung zu erreichen, darf die Hohe des Teiles in PreBrichtung nicht zu groB und bei dunnen Querschnitten hinwieder nicht so klein sein, daB Ober- und Unterstempel beim Pressen hart aufeinander treffen [3.221.
3.1.11.2 Geschmiedete Sinterstahlformteile Von den Verfahren, die es gestatten, porenarme Formteile herzustellen. die auch erhohten dynamischen Beanspruchungen ausgesetzt werden k o n n e n (HeiBpressen, isostatisches HeiBpressen, Pulverstrangpressen und -walzen), hat sich fur allgemeine Eisenbasiskonstruktionswerkstoffe das Sinterschmieden durchgesetzt. Bei einer porigen Vorform bestehen erheblich mehr Moglichkeiten, das Material in sehr engen Massetoleranzen zu verteilen, als beim Verschmieden von Knuppelabschnitten. Der geprel3te und gesinterte Rohling ist deshalb fur das Prazisionsschmieden im geschlossenen Gesenk pradestiniert. Auf Grund der hoheren Massegenauigkeit der Vorform ist die Gratbildung stark reduziert. Die Endverdichtung und -formgebung erfordern weniger Schmiedestufen und auch geringere Schmiedekraftc als beim konventionellen Gesenkschmieden [3.22]. Die aus fertiglegierten mit Graphit versetzten Pulvern gepreBten und gesinterten Vorformen werden entweder direkt aus der Sinterwarme geschmiedet oder in einem gesonderten Arbeitsgang zum Schmieden neu crwarmt. Das Schmieden geschieht meist im vorgewarmten Gesenk bei Temperaturen von 800 bis 1300°C. Der Schmiededruck mu8 so gewahlt werden, daB die Warmstreckgrenze des Materials uberschritten wird. Die Porigkeit der Vorformen betragt 10 bis 25 '%, . Demzufolge ist der Werkstoff deformierbarer und kann mit geringerem Druck in die Gcsenkform gebracht werden als der kompakte Rohling. Bei optimaler Anpassung der Vorform an das Fertigteil, sorgfaltiger Pulverherstellung und Fuhrung des Schmiedevorganges werden Dichtewerte von 99.7 % und mehr (bezogen auf die theoretische Dichte) erreicht. Zwischen den Eigenschaften der sintergeschmiedeten und konventionell geschmiedeten Stahle bestehen keine nennenswerten Differenzen (Tab. 3.12). Geringe Unterschiede treten bei der Dauerfestigkeit auf, die fur schmelzmetallurgisch erzeugten Stahl in der Verformungsrichtung etwas hoher, quer dazu aber niedriger als beim sintergeschmiedeten Stahl liegt, dessen feinkorniges Gefuge und damit auch die mechanischen Eigenschaften isotrop sind. Sintergeschmiedete Teile konnen wie konventionell geschmiedete je nach Anforderung einsatzgehartet oder vergutet werden. Die Produktivitat des Pulver- und Sinterschmiedens hangt stark vom Automatisierungsgrad der Anlagen ab und schwankt bei einer maximalen Masse der Teile von etwa 1 kg zwischen 300 und 900 Stuck pro Stunde. Vorteile bietet das Verfahren vor allem fur die Herstellung rotationssymmetrischer Teile mit einbaufertigen Funktionsflachen. Hauptnutzer von pulvergeschmiedeten, vorzugsweise kraftubertragenden Bauteilen, wie Differentialkegel- und -tellerrader, Synchronringe, Getriebezahnrader, Pleuelstangen, Kugelgelenkpfannen, Hinterachsen- und Kardanflansche oder Radnaben ist der Kraftfahrzeugbau (Bild 3.33).
0.39 0.45 0.35 0,37 0.4 1
T V W Y Z
0.036 0.047 0.039 0,042 0.045
0.014 0.014 0.010 0.028
S
0.32 0,26 0.28 0.28 0.35
0.02 0.06 0,21 0.04
0.008 0,008 0.018 0.01 2
0,016 0.031 0.022 0.029 0,017
Si
P
1.62 1.oo 0.62 1,60 1.62
0.20 1.40 0.57 0.36
Mn
0.29 0.12 0.35 0,27 0,17
1.86 0.03 050 0.07
Ni
Legierungselemente in Masse-%
0.26 0.03 0.26 0,24 0.3 1
SintF30 SintF31
0.2.. .0,6 0.2.. . 0.6
< 0,025 < 0.02 -
-
-
0.3 . . . 0.4 0.2 . . _0.3 0,25. ..0,4 1.8 . . . 2.0
0.15 . . . 0,25 <0.1
0.3 . . . 0.4 0.5 . . . 0.6
1014 760
920 917 922 9201880 96011000
0.42 0.34 0.30 0.3 1
0.05 0.01 0,20 0.28 0,18 1,05 0.96 0.22 0,25
84011030 980/ 1000 7601790 850/860
Mo
Zugfestigkeit MPa
Cr
b) von Sinterschmiedestahlen des Sintermetallwerkes Krebsoge. Alle Werte beziehen sich auf den Schmiedezustand. Der C-Gehalt wird so dosiert. daR der Stahl einsatzgehartet oder vergiitet wcrdcn kann.
J
K
C
0.35 0.40 0.44 0.38
A E
Kennzeichen
22 22 22 17119 17119
808 766 844 8 101880 8701900
11 18
12116 13 519 16
7271825 830 6201640 70017 10
675 530
Bruchdehnung YO
Streckgrenze MPa
Tabelle 3.12 Zusammensetzung und mechanische Eigenschaften a ) von Sinterschmiedestahlen ( A bis K ) und Walzstahlen (T bis Z ) nach TG. Brown und J.A. Steed. Alle Werte beziehen sich auf den verguteten Zustand.
3
96
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Bild 3.33 Sintergeschmiedete Stahlformteile, u. a. Synchronringe fur LKW-Schaltgetriebe. PKW-Pleuel. Taschenkettenrad (Sintermetallwerk Krebsbge G m b H )
3.1.11.3 SpritzguO-Sinterstahlformteile
Die Herstellung von Formteilen durch PulverspritzgieBen lehnt sich an das bei thermoplastischen Polymererzeugnissen angewendete SpritzguBverfahren an. Um eine ausreichend flieljfahige und die Form gleichmaljig ausfullende Masse zu erhalten, werden den Metallpulvern geeignete Binder (langkettige Polyethylene, Wachse) zugemischt, deren Anteil 10 bis 20 % betragt. Ehe das eigentliche Sintern (Verdichten) des Formkorpers beginnen kann, mulj der Binder wieder vollstandig aus ihm entfernt (ausgetrieben) werden. Bevorzugt wird dafur ein einstufiges Verfahren, bei dem der Binder unterhalb seines Schmelz- bzw. Erweichungspunktes zersetzt oder verdampft und von einem Gasstrom ausgetragen wird. Erst dann kann auf die Sintertemperatur hochgeheizt werden. Als zulassige Geschwindigkeit der Entbinderung werden 2 bis 3 mm Wanddicke pro Stunde angesehen, ohne daB Risse auftreten. Das PulverspritzgieBen ist besonders fur Kleinteile mit geringen Wanddicken geeignet (Bild 3.31~).Wegen der hohen Werkzeug- und Verfahrenskosten hat es sich gegenuber konkurrierenden Verfahren nur bei groBen Stuckzahlen und kompliziert geformten Kleinteilen behauptet (Bild 3.34). Derzeit werden in der technischen Praxis vor allem Teile fur Buromaschinen, Uhren und Kleinmotoren auf diese Weise gefertigt. Die Stuckmasse liegt unter 20 bis 30 g. 70Ooo 60 000
-
\ 1 soma\ q \
2
2
LOO00 -
L 30 000 -
9
1
P/M-Formpressen iauch Spritzgun)
\
\
\
20000 -
0
0
10000 -
0
'\
rnechan Bearbeitun>A '
Pulverspritzgun
I Wachsausschrnelzverf )
-----
Bild 3.34 Anwendungsbereich fur Pulverspritzgieljen (nach [3.26])
3.1
Eisenwerkstoffe
97
3.1.12 GuOeisen Eisen-Kohlenstoff-Legierungen, in denen nach dem VergieBen das Eutektikum des Eisens mit Zementit (Ledeburit) oder Graphit auftritt, werden als GuBeisen bezeichnet. Auf einige Ausnahmen, z. B. den ledeburitischen Chromstahl X210Cr12, wurde bereits hingewiesen (s. Abschn. 3.1). Nach dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm (s. Bild 3.1) liegt die Grenze zwischen Stahl und GuBeisen demzufolge bei etwa 2 YOC. Durch Beimengungen wie Silicium und Phosphor, deren Gehalte im GuSeisen zum Teil erheblich sind, kann sie zu wesentlich niedrigeren Kohlenstoffgehalten verschoben werden. Da die eutektische Konzentration gleichfalls von den Begleitelementen, deren Menge unter anderem vom Herstellungsverfahren und der Wanddicke abhangt, beeinflufit wird, bleibt die chemische Zusammensetzung des unlegierten GuBeisens dem Hersteller uberlassen. Bei den legierten Sorten bewegen sich die zulassigen Gehalte der Begleit- und Legierungselemente in groBeren Bereichen als bei Stahlen. Sofern nicht von der Anwendung oder der Verarbeitung des GuBeisens her spezielle Forderungen bestehen, wird ein Kohlenstoffgehalt nahe der eutektischen Zusammensetzung (im allgemeinen zwischen 2,5 und 3,8 YO)angestrebt. Damit konnen die herstellungstechnischen Vorzuge des GuBeisens voll wirksam werden: niedrige Schmelztemperatur, kleines Erstarrungsintervall und somit geringe Neigung zur Seigerung, gute GieBbarkeit sowie gutes Formfullungsvermogen. Nach dem Bruchaussehen unterscheidet man zwischen grauem und weinem GuBeisen (Bild 3.35). Gruues Gupeisen ist nach dem stabilen System Eisen-Kohlenstoff erstarrt. Der uberwiegende Teil des Kohlenstoffs liegt als lamellar, wurmformig (vermikular) oder kugelig (globular) ausgebildeter Graphit vor. Weipes Cubeisen hingegen erstarrt nach dem metastabilen System. Auf Grund seines groBen Zementitgehaltes ist es sehr hart sowie verschleiBfest und wird als HartguB vorwiegend fur hochverschleiBbeanspruchte Bauteile (s. Abschn. 8.3.2) sowie fur Werkzeuge (WalzenguB) verwendet. Liegen groBere Querschnitte vor, kann die Erstarrung so eingestellt werden, daB sie am Rand weiB und im Kern grau erfolgt (SchalenhartguB). Dazwischen liegt eine melierte Ubergangszone. Wird weiBes GuBeisen nachtraglich in einer neutralen Atmosphare gegluht (getempert), so zerfallt das Fe,C in Eisen und Graphit (Temperkohfe). Die Bruchflache sieht dann grau bis schwarz aus (schwarzer TemperguB). Geschieht
Einteilung nach Bruchaussehen Erstarrungsformdes Kohlenstoffs
WaBes GuBeisen
Graues GuBeisen
(metastabilesSystem)
W&nebehandlung des Rohgusses Ahosphsre
Werksfoff Lamellengraphit Kunzachen
Bild 3.35 Einteilung des GuReisens
Vermikulargraphif
GuBeisen mir Kug& graphit
GGV fWV)
GGG(WS)
11 1
GG(1) (WL)
98
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
das Tempern in oxidierender Atmosphare, tritt eine Entkohlung ein, derzufolge die Bruchflache stahlahnlich hellgrau ist (weil3er TemperguB). Bei grd3eren Querschnitten wird der Kohlenstoff nur aus der Randzone vollstandig entfernt, und im Kern scheidet sich Temperkohle aus (Schwarzkerntemperguf3). Oh die Erstarrung des GuBeisens nach dem stabilen oder metastabilen System verlauft. hangt in erster Linie von der chemischen Zusammensetzung und der Erstarrungsgeschwindigkeit des Gusses ah. Silicium, in geringerem MaBe auch Phosphor, Kupfer und Nickel sowie eine langsame Erstarrung fordern die Graphitbildung, wahrend vor allem Mangan, aber auch Chrom und andere carbidbildende Legierungselemente sowie eine schnelle Erstarrung (geringe Wanddicke) dieser entgegenwirken. GuBeisen wird in Kupolofen (koksbeheizte, niedrige Schachtofen) aus Roheisen. GuB- und Stahlschrott erschmolzen (GuBeisen 11. Schmelzung). Zunehmende Bedeutung hat das Erschmelzen von GuBeisen in elektrisch beheizten Ofen. vor allem Induktionsofen, erlangt. Ein spezifischer EinfluB des Herstellungsverfahrens auf die Werkstoffeigenschaften liegt beim GuBeisen nicht vor. Das im Hochofen anfallende Roheisen (GuBeisen I. Schmelzung), dessen Zusammensetzung nur schwer einem vorgesehenen Verwendungszweck angepal3t werden kann, kommt als Werkstoff lediglich fur untergeordnete Zwecke (z. B. Bodenplatten) in Betracht. 3.1.12.1 Graphithaltiges GuOeisen
Graues GuReisen enthalt den als Graphit vorliegenden Kohlenstoff meist in Lamellenform (GuBeisen mit Larnellengraphit. Kurzzeichen GG, Bild 3.36) oder in globularer Form (spharolitisches GuBeisen, GuBeisen rnit Kugelgraphit, Kurzzeichen GGG. Bild 3.37). Neben den unlegierten Sorten (z.B. GG-15 oder GGG-80) gibt es noch zahlreiche, vor allem rnit Cr, Ni, Cu, Mo und Si legierte Marken, die - auch als SonderguBeisen bezeichnet wegen des lamellaren oder globularen Graphitanteils ebenfalls zum grauen GuBeisen gerechnet werden konnen. Sie kommen vor allem in Verbindung rnit hoheren Temperaturen sowie korrosiver (Abschn. 7.11) und VerschleiBbeanspruchung (Abschn. 8.23) zum Einsatz (z. B. GGL-NiSiCr 20 5 3 oder GGG-Ni 22). Eine weitere Variante des grauen GuBeisens ist das GuBeisen rnit wurmformiger Graphitausbildung. das erst seit einigen Jahren industriell hergcstellt und ~
Bild 3.36 G u k i s c n rnit Lamellcngraphit (perlitisch)
Bild 3.37 CiuReisen mit Kugclgraphit (ferritisch-pel-litisch)
3.1
0
Eisenwerkstoffe
99
91 92 43 04 % 95 Dehnung bzw Stauchung
Bild 3.38 Bleibende und Gesamtformanderung beim Zug- und Druckversuch an GuReisen rnit Lamellengraphit
Bild 3.39 Dauerfestigkeitsschaubilder von GuReisen mit Lamellengraphit bei ZugDruck-Beanspruchung (nach H. Tuuscher)
genutzt wird. Dieser Werkstoff weist gegenuber G G eine hohere Festigkeit und Zahigkeit sowie eine geringere Oxidationsneigung auf. Im Vergleich zum G G G hat er eine kleinere Warmedehnung, eine groBere Warmeleitfahigkeit, eine hohere Temperaturschockbestandigkeit, ein grol3eres Dampfungsvermogen und ist besser gieBbar. Auf Grund dieser Vorzuge wird GuBeisen mit Vermikulargraphit beispielsweise fur Auspuffkrummer, Bremstrommeln und -scheiben von PKWs und LKWs sowie Zylinderdeckel und -kopfe von groBen Schiffsdieselmotoren verwendet. Die Eigenschaften des graphithaltigen GuBeisens werden von der Menge und der Ausbildung des Graphits sowie dem Gefiige der stahlahnlichen Matrix entscheidend beeinflufit. Zwischen der metallischen Matrix und dem Graphit besteht keine feste Bindung, so daB bei Zugbeanspruchung die auftretenden Krafte nur von der Matrix aufgenommen werden. Damit ist eine erhebliche Schwachung (ein Graphitanteil von 3 Masse-% entspricht beispielsweise etwa 10 Volumen-% ) des tatsachlich tragenden Querschnitts gegeben, die sich um so starker auswirkt, je grober die Graphitlamellen sind. Den geringsten EinfluB hat kugeliger Graphit. Bei Druckbeanspruchung ist der Graphit, wie die Bilder 3.38 und 3.39 zeigen, weniger von EinfluB. So betragt z. B. die Druckfestigkeit von GG-30 960MPa und liegt damit erheblich uber der Zugfestigkeit von 300 bis 400 MPa. Da die Graphiteinlagerungen keine Zugkrafte ubertragen, wirken sie bei Zugbelastung als innere Kerben. An ihren Enden treten in der Matrix ortliche, oberhalb der Streckgrenze liegende Spannungsspitzen auf, die trotz geringer auBerer Krafte zu lokalen plastischen Verformungen fuhren. Deshalb fehlt der Spannungs-Dehnungs-Kurve des grauen GuBeisens mit Lamellengraphit der Hookesche Bereich, und der Elastizitatsmodul nimmt mit zunehmender Last und groBer werdendem Graphitgehalt ab.
3
100
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Aus dem Dargelegten wird verstandlich, daB sich uber die Verringerung des Graphitgehaltes und eine geeignete Graphitausbildung die Festigkeit des grauen GuBeisens verbessern und seine Sprodigkeit vermindern laBt. Da der Reduzierung des Kohlenstoffgehaltes, die zugleich mit einer Verfeinerung der Graphitlamellen verbunden ist, jedoch wegen zunehmender schmelz- und giefitechnischer Schwierigkeiten Grenzen gesetzt sind, mussen andere metallurgische MaBnahmen, wie eine Schmelzenuberhitzung oder der Zusatz kornfeinender Mittel vor dem VergieBen (Impfen), ergriffen werden, um bei gegebenem C-Gehalt die GroBe des eingelagerten Graphits gunstig zu beeinflussen. Festigkeit und Zahigkeit sind optimal, wenn der als Graphit vorliegende Kohlenstoff vollstandig globular ausgebildet ist (spharolitisches GuBeisen). Dazu wird der Schmelze vor dem VergieBen eine Magnesium-Legierung (hauptsachlich wird eine FeSiMgVorlegierung verwendet) oder Reinmagnesium zugesetzt. Die Menge des zugegebenen Magnesiums mu13 so bemessen sein, da13 der vorhandene Schwefel (< 0,02 Y o )weitgehend abgebunden wird. 7600 OC
1400
7200 c
2
P R
7000
800
a’ 600
3 4 5 6 % 7 Kohlenslof@ehalt Bild 3.40 EinfluR von Silicium a u f die Urnwandlung von Eisen-Kohlenstoff-Legierungen (schematisch) 7
2
A m besten lassen sich eutektische oder leicht ubereutektische Legierungen vergieBen. Da der C-Gehalt des Eutektikums, der fur reine Eisen-KohlenstoffLegierungen 4,23 YO betragt, durch die Begleitelemente des grauen GuBeisens, vor allem durch Silicium (Bild 3.40) und Phosphor, erniedrigt wird, muB man anhand des Siirtzgungsgvades Sc prufen, ob eine GuBeisenschmelze eutektisch (Sc = l ) , untereutektisch (Sc < 1) oder ubereutektisch (Sc > 1) ist: sc =
Yo c 4.23 - 0,312%0 Si - 0,275 % P
(3.3)
Die gerade noch gieabare Mindestwandstarke, die als Kriterium fur die GieBbarkeit gelten kann, belauft sich beispielsweise bei einem ubereutektischen GuBeisen mit Sc = 1,OS auf etwa 1,5 mm und fur untereutektisches GuBeisen mit Sc = 0,s auf rund 16mm. Die fur die angefuhrten Sattigungsgrade zu bevorzugen-
3.I
Eisenwerkstoffe
101
den Wanddickenbereiche, in denen eine hohe Festigkeit bei guter Bearbeitbarkeit und in der metallischen Matrix ein rein perlitisches Gefuge vorliegen, sind 3 bis 7 mm und 40 bis 80 mm. Die metallische Grundmasse des GuBeisens kann aus Ferrit, Ferrit und Perlit oder nur Perlit bestehen. Bei legiertem GuBeisen ist auch eine austenitische oder bainitische Matrix moglich. Die Gefugeausbildung wird fur unlegiertes GuBeisen vor allem vom Kohlenstoff- und Siliciumgehalt sowie durch die Abkuhlgeschwindigkeit im Bereich der ya-Umwandlung bestimmt, die von dem Verhaltnis von Volumen zur Oberflache (V/O-Verhaltnis) des GuBstuckes oder angenahert von der Wanddicke des GuBteiles abhangt. Wie Bild 3.41 verdeutlicht, verlauft die ya-Umwandlung bei geringeren Wandstarken uberwiegend perlitisch, GuBeisen rnit niedrigem Sattigungsgrad kann in diesem Dickenbereich bereits weiB erstarren (Ledeburit). GuBteile mit groBen Wanddicken dagegen sind nur bei untereutektischer Zusammensetzung perlitisch. Je hoher der Sattigungsgrad ist, um so mehr nimmt der Ferritanteil in der Matrix zu. Die untere Begrenzung des perlitischen Bereiches stellt im allgemeinen auch die untere giefltechnische und Bearbeitbarkeitsgrenze des unlegierten GuBeisens rnit Lamellengraphit dar. Die obere Grenze ergibt sich aus der abnehmenden Festigkeit und fallt in etwa mit der Linie fur eine Festigkeit von l00MPa zusammen (Bild 3.41). Die Festigkeit des GuBeisens wird somit uber das sich in Abhangigkeit von der Abkuhlgeschwindigkeit einstellende Gefuge, d. h. durch die Wandstarke des GuBteiles, bestimmt.
-'.0
10
20
30
mm
50
Bild 3.41 GuBeisendiagramrn nach K. Sipp (Gefugeausbildung und Zugfestigkeit in MPa)
Wanddicke
Neben der guten GieBbarkeit sind fur die Verwendung des GuBeisens als Konstruktionswerkstoff die guten Zerspanungseigenschaften, das hohe Dampfungsvermogen sowie die z. T. gunstigen VerschleiB- (Abschn. 8.2.3) und Gleiteigenschaften (Abschn. 9.2.6) mafigebend. Die gute Zerspanbarkeit beruht auf der Unterbrechung des metallischen Grundgefuges durch den Graphit. Je mehr Graphit vorhanden ist, um so leichter und eher scheren die Spane ab. GuBeisen mit Lamellengraphit bildet kurzbruchige Scher- oder Reifispane, GuBeisen rnit Kugelgraphit Bandspane, die jedoch ebenfalls leicht brechen. Die erforderliche spezifische Schnittkraft nimmt rnit steigendem Graphitgehalt ab. Negativ auf die Zerspanbarkeit wirkt sich die die Oberflache des Guljstuckes bedeckende Gul3haut aus. Sie enthalt Oxide, Sandeinschlusse und mitunter, besonders an rascher erstarrten vorstehenden Kanten und Rippen, auch Primar- oder ledeburitischen
102
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Zementit, wodurch die zulassige Schnittgeschwindigkeit verringert und das Werkzeug schneller verschlissen wird. Unter Diirnpfungsverrniigrn versteht man hier die Fahigkeit, in den Werkstoff eingeleitete Formanderungsenergie durch Verformungsvorgange im Mikrobereich irreversibel umzuwandeln (Werkstoffdampfung s. a. Kap. 10). Dies geschieht beim GuReisen an den Enden der Graphitlamellen, wo infolge der auftretenden Spannungsspitzen bereits geringere aul3ere Krafte ausreichen, um ortlich die Streckgrenze zu uberschreiten. Das Dampfungsvermogen ist vom Gefuge der metallischen Grundmasse nur wenig abhangig, es wird vor allem durch eine Vielzahl von Graphiteinlagerungen mit groBer Kerbscharfe erhoht. Deshalb hat GuBeisen rnit Lamellengraphit ein besseres Dampfungsvermogen als GuBeisen rnit Vermikulargraphit oder Kugelgraphit. Graphithaltiges GuBeisen kann autogen oder elektrisch geschweil3t werden (s. a. Abschn. 1 1S.2). Im Gegensatz zum KaltschweiBen (bei Raumtemperatur), das wegen der geringeren Festigkeit der Schweionaht nur in Verbindung rnit niedriger mechanischer Beanspruchung angewendet werden sollte, werden beim WarmschweiBen die GuBstucke auf 500 his 700°C vorgewarmt. Man erzielt dadurch sehr spannungsarme Verbindungen, die etwa die gleichen Eigenschaften wie der Werkstoff im GuBstuckinneren aufweisen. Wenn in schwierigen Fallen das Vorwarmen auf so hohe Temperaturen nicht moglich ist. la13t sich auch schon durch Anwarmen auf 100 his 400 "C (HalbwarmschweiBen) eine merkliche Verbesserung der SchweiBbarkeit erzielen. Die Wiirrnebehandlztng cfes Gz@eisens ist der des Stahles ahnlich, aber rnit einigen Besonderheiten verbunden. Auf Grund des in allen graphithaltigen CUBeisensorten groBeren Si-Gehaltes ist bei der Festlegung der Warmebehandlungstemperaturen vom Dreistoffsystem Fe-C-Si auszugehen. Demzufolge findet die Perlitumwandlung nicht wie bei Stahl isotherm bei A , , sondern in einem Temperaturintervall statt: sie ist auBerdem zu hoheren Temperaturen verschoben (Bild 3.42). Neben den reversiblen Strukturanderungen (a-y-Umwandlung) kann bereits unterhalb A , ein irreversibler Zerfall des Zementits in Ferrit und Kohlenstoff, der sich an den bereits vorhandenen Graphit anlagert, eintreten. Dieser Vorgang, der beim Tempern und beim Weichgluhen gewollt herbeigefuhrt wird, ist wegen der geringeren Dichte des Graphits rnit einer Volumenzunahme verbunden (primares Wachsen, s. Bild 3.43). Er tritt aber nicht nur bei der Warmebehandlung auf, sondern wird auch an GuBeisenteilen beobachtet, die im Betrieb zeitweise oder dauernd hoheren Temperaturen ausgesetzt sind (z. B. guBeiserne Ofenplatten und -tiiren). Infolge Oxidation entlang den Graphitlamellen kann die Volumenzunahme noch wesentlich verstarkt werden (sekundires Wachsen). Wachst das GuBstuck nicht gleichmaBig, so kommt es zum Verzug oder zur Bildung von Rissen. Von den Warmebehandlungsverfahren sind fur das GuBeisen vor allem das Spannungsarmgluhen, das Weichgluhen sowie das Harten und Verguten von Bedeutung. Die in GuBstucken immer vorhandenen Eigenspannungen konnen wahrend und nach der spanenden Bearbeitung unerwunschte Form- und MaBanderungen auslosen. Die Verminderung der Eigenspannungen ist nur durch Gluhen moglich. Das fruher haufig praktizierte langzeitige Lagern im Freien ist zwecklos, das vorgeschlagene Rutteln bringt unter technischen Bedingungen ebenfalls keinen Erfolg. Die gunstigste Temperatur des Spannungsarmgluhens liegt bei unlegiertem GuBeisen zwischen 500 und 550°C. Hohere Temperaturen fuhren zum Zementitzerfall (Bild 3.43), wenn nicht, wie beim niedriglegierten
3.1
0
2
SilicumgehaN
Eisenwerkstoffe
103
%
Bild 3.42 EinfluB von Silicium auf die yuUmwandlung von grauem GuReisen rnit 3 % Kohlenstoff (nach H . Hanemann und A. Schrader)
gmperatur
Bild 3.43 Eigenspannungsabbau und Wachsen von perlithaltigern GuReisen rnit Lamellengraphit beim Gliihen (nach Benson)
GuBeisen, der Zerfall durch carbidstabilisierende Legierungselemente (z. B. Cr, Mo, V) verzogert wird (etwa bis 600°C). Die Gluhdauer richtet sich nach der Wanddicke. Um Spannungsrisse und neuerliche Abkuhlspannungen zu vermeiden, ist sehr langsam zu erwarmen und abzukuhlen (Tab. 3.13). Das Weichgluhen des Gufleisens hat nicht wie beim Stahl das Einformen des Zementits, sondern die absichtliche Zerlegung des perlitischen Zementits oder massiver Carbide (Primar- und ledeburitischer Zementit), die sich an rasch erstarrenden Stellen gebildet haben, in Ferrit und Graphit zum Ziel. Dadurch wird unter gleichzeitigem Ruckgang von Harte und Festigkeit die Zerspanbarkeit verbessert. Fur unlegierten GuR ohne massiven Zementit reichen bereits Gluhtemperaturen um 700°C (unter A,) zur vollstandigen Ferritisierung aus. Fur die meisten GuBeisensorten ist jedoch cine Gluhung oberhalb A , (800 bis 900 "C) gunstiger, besonders wenn sie carbidstabilisierende Elemente oder massive Carbide enthalten. Im letztgenannten Fall gluht man sogar, um die Haltedauer zu verkurzen, oberhalb 900°C. Die Haltedauer betragt dann immer noch 1 bis 3 Stunden, zusatzlich 1 Stunde fur je 25 mm Wanddicke. Temperaturen uber 955 " C hinaus mussen unbedingt vermieden werden, da sonst mit Anschmelzungen des Fe-Fe,C-Fe,P-Eutektikums (Steadit) zu rechnen ist. Das Steadit-Eutektikum tritt besonders im Gefuge dunnwandiger GuBstucke aus grauem GuBeisen mit Lamellengraphit (z. B. Kolbenringen), die zur Erhohung der Dunnflussigkeit einen grofleren P-Gehalt haben, netzwerkformig auf.
104
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Tribelle 3.13 Gluhen von GuReisen Gluhverfahren
GuBeisensorte
Gluhternperatui
Gluhdauer
Abkuhlung
Anwendung
Spannungsarrngluhen
unlegiert
500.. . 550°C
1 . .. 2 h
niedriglegicrt
550 . . . 600°C
Ofen bis 300 ( 100) '>C
Verrninderung von Eigenspannungen
hochlegiert
600.. . 650°C
unlegiert und niedriglegiert
700 . . , 760°C
1 h je 25 rnrn Wanddicke
Luft bis 55O"Ci Urnwandlung Ofen bis 300°C des Perlits in Ferrit und Graphit. Erzielung bester Bearbeitbarkeit
hoherlegiert
790 . . . 900°C
meliert oder weiR
900 . . . 950°C
Weichgluhen
~
Ofen bis 300 "C 1 .,. 3h + 1h je 25 rnm Wanddicke
Ofen bis 300°C Beseitigung massiver Carbide, Erzielung bester Bearbeitbarkeit Luft bis 55O"CI Beseitigung Ofen bis 300°C rnassivcr Carbide, Erzielung gr(iRter Festigkeit
Beim Weichgluhen oberhalb A , wird ein Teil des Kohlenstoffs im Austenit gelost. Sol1 das Grundgefuge nach der Warmebehandlung rein ferritisch sein, muB sehr langsam abgekuhlt werden, damit der geloste Kohlenstoff im Bereich der y-a-Umwandlung an den schon bestehenden Graphit ankristallisieren kann. Sollen dagegen nur die massiven Carbide entfernt werden, so ist bis auf etwa 550°C an Luft abzukuhlen. Es bildet sich dann eine perlitische Matrix. Unterhalb 550°C hat die Abkuhlung, um die Entstehung von Eigenspannungen zu vermeiden, in jedem Fall sehr langsam zu erfolgen. Die mechanischen Eigenschaften wie auch die VerschleiBfestigkeit des GuBeisens konnen durch Harten oder Verguten bedeutend verbessert werden. Zum Harten ist insbesondere das perlitische GuBeisen geeignet. Beim ferritischen sind, um genugend Kohlenstoff im Austenit zu losen, sehr lange Gluhzeiten erforderlich. Der Kohlenstoffgehalt sol1 beim GuBeisen mit Lamellengraphit weniger als 3,3 YO und der Siliciumgehalt weniger als 2 % betragen; bei GuBeisen mit Kugelgraphit sind C- und Si-Gehalt in der ublichen Hohe ohne wesentlichen EinfluB auf die Hartbarkeit. Die Hartetemperatur des GuBeisens mit Lamellengraphit liegt etwa 30 bis 60 K uber der Umwandlungstemperatur, die sich nach der empirisch ermittelten Formel: Umwandlungstemperatur ("C) = 730 + 28 (% Si) - 25 (YOMn)
3.1
Eisenwerkstoffe
105
- 800 HB - 700 .
600 2 L
- 500
&Rzustand
I
geharlet
700 200 300 400 500T600 AnlaBtemperatur
Bild 3.44 EinfluR des Hartens und Anlassens auf mechanische Eigenschaften von GuBeisen rnit Lamellengraphit
angenahert berechnen 1aBt; fur spharolitisches GuBeisen sind Hartetemperaturen zwischen 820 und 950"C ublich. Da rnit steigender Austenitisiertemperatur die Loslichkeit des Austenits fur Kohlenstoff zunimmt, wird auch die Harte nach dem Abschrecken, das normalerweise in 01oder im Warmbad geschieht, groBer. Sie belauft sich auf etwa 450 bis 600HB. Um die dabei stark reduzierte Zugfestigkeit und Zahigkeit wieder anzuheben, mu13 nachfolgend oberhalb 200°C angelassen werden. Die Harte fallt dann etwas ab (Bild 3.44). Die gunstigsten AnlaBtemperaturen sind, wenn hohe Festigkeit und Zahigkeit gefordert werden, bei unlegiertem GuB etwa 300 bis 400°C und bei legiertem etwa 400 bis 500°C. Das Gluhen von GuBeisen mit Kugelgraphit zwischen 350 und 450°C kann AnlaBsprodigkeit hervorrufen, die sich aber auch hier durch Molybdanzusatz unterdrucken lafit. Die Verbesserung der VerschleiBfestigkeit durch eine Oberflachenbehandlung ist ebenfalls gegeben. Fur hohe Flachenpressungen hat sich das Induktions- oder Flammharten, fur kleinere Teile auch das Badnitrocarburieren bewahrt. Das Umschmelzen von Oberflachenbereichen rnit Hilfe des Laserstrahls fuhrt zu einem ledeburitischen Gefuge mit hoher Harte und VerschleiBfestigkeit und wird z. B. bei Nockenwellen angewendet.
Guoeisen mit Lamellengraphit Fur unlegiertes GuBeisen rnit Lamellengraphit sind bestimmte Mindestzugfestigkeiten bzw. Mittelwerte der Brinellharte in einer Wand von 15 mm Dicke, gemessen in einer Tiefe von etwa 2 mm unter der GuBstuckoberflache verbindlich. Die Zugfestigkeit wird an getrennt gegossenen Probestaben (30 mm RohguBdurchmesser) ermittelt. Da die Gefugeausbildung von der Wandstarke abhangt, kann die Festigkeit des realen GuBstuckes erheblich von der unter Standardbedingungen festgestellten abweichen. Es ist jedoch moglich, die tatsachliche Festigkeit und Harte fur Werkstucke mit unterschiedlichem Verhaltnis
3
106
Allgcmeine Konstruktionswerkstoffe Modul = VolumerdOberilache
025
0.5
1,0
2,O
4,Ocm 7,5
15
400
MPa
100 5
10 1520
40
80
Wanddicke
150mm300
Bild 3.45 Zu erwartendc Mittelwerte d e r Zugfestigkeit von GuBeisen rnit Lamellengraphit in Abhhgigkcit von dcr Wanddicke von GuBstucken (nach Bleiblatt I zu DIN 1691)
Volumen/Oberflache (Erstarrungsmodul) als Ma8 fur die Erstarrungs- und Abkuhlgeschwindigkeit oder fur verschiedene Wanddickenbereiche abzuschatZen. Zur Bestimmung der Erstarrungsrnoduln mussen die GuBstucke in GuBstuckbereiche aufgeteilt werden. In Bild 3.45 sind die zu erwartenden Werte fur die Zugfestigkeit irn Wanddickenbereich von 2,5 his 300 mm dargestellt. Zu beachten ist, daB die Zugfestigkeit und Harte auf Grund der unterschiedlichen Kristallisationsgeschwindigkeit von Rand- und Kernzone im Randbereich des GuBstuckquerschnittes hoher sind als in der Mitte. Der Elastizitatsmodul des unlegierten GuBeisens mit Lamellengraphit liegt im Mittel zwischen 90 GPa (GG-15) und 133GPa (GG-35). Der Einsatz von GuBeisen mit Lamellengraphit ist sehr vielseitig. Er erstreckt sich von kleinen Massenteilen, die heute vielfach in Dauerformen vergossen werden (KokillenguB), his zu schwersten EinzelguBstucken (z. B. Walzenstiinder). MaBgebend fur den jeweiligen Verwendungsfall sind neben der guten GieBund Bearbeitbarkeit die Gleit- und Verschleil3eigenschaften (z. B. Zahnrader, Bremstrommeln), die Festigkeitseigenschaften bei erhohten Temperaturen his etwa 600 “ C (Kolben fur Verbrennungsmotoren, Kolbenringe), die Hitze- und Zunderbestandigkeit (Glasformen), das Korrosionsverhalten (Heizkorper, Abwasserrohre), das Dampfungsverrnogen (Werkzeugmaschinengul, Getriebeteile) sowie die gute Temperaturwechselbestandigkeit (infolge des geringen EModuls) und die gute thermische Leitfahigkeit (im Vergleich zum GuBeisen mit Kugelgraphit). In vielen Fallen kann die Eignung des GuBeisens auch durch eine Oberflachenbehandlung verbessert werden. Neben dem bereits genannten Oberflachenharten kommen dafur vor allem das Verzinken, das Hartverchromen und das Emaillieren (Sanitargun) in Betracht (s. a. Abschn. 7.9, 7.16.1, 8.2.4.1). Gufieisen niit Kugelgraphit Die Zugfestigkeit von GuBeisen rnit Kugelgraphit betragt etwa 400 (GGG-40, Gefuge vorwiegend ferritisch) his 800 MPa (GG-80, Gefuge perlitisch). Sie wird
3.1
Eisenwerkstoffe
107
Tabelle 3.14 Mechanische Eigenschaften und Gefuge von Guljeisen rnit Kugelgraphit (nach DIN 1693-1) Sorte
gewahrleistete Eigenschaften an getrennt gegossenen Probestaben Bruchdehnung A,
Zugfestigkeit MPa mind.
0,2 % -Dehngrenze MPa mind.
mind.
GGG-40
400
250
15
GGG-50
500
320
7
ferritisch-perlitisch
GGG-60
600
380
3
perlitisch-ferritisch
GGG-70
700
440
2
vorwiegend perlitisch
GGG-80
800
500
2
perlitisch
%
Gefuge vorwiegend ferritisch
an getrennt gegossenen Probestaben oder am angegossenen Probestiick rnit Dicken von 40 oder 70mm ermittelt. Tabelle 3.14 gibt einen Uberblick iiber die mechanischen Eigenschaften. Der EinfluB der Wanddicke auf die Festigkeit ist geringer als bei GuBeisen rnit Lamellengraphit. Auf Grund seiner globularen Form ist die Kerbwirkung des Graphits nicht so ausgepragt, so daB GuBeisen rnit Kugelgraphit einen hoheren E-Modul hat (160 bis 180 GPa), plastisch verformbar ist (die Bruchdehnung betragt z. B. bei GGG-40 mindestens 15 %) und in seinem Gesamtverhalten durch Veranderungen der metallischen Matrix (Legierungsbildung, Warmebehandlung) starker beeinfluBbar ist als GuBeisen rnit Lamellengraphit. Deshalb wird GuBeisen rnit Kugelgraphit iiberall dort eingesetzt, wo gegeniiber Graugul3 rnit Lamellengraphit eine hohere Festigkeit, insbesondere bei dynamischer Beanspruchung, sowie Plastizitat erwiinscht ist und wo das verminderte Dampfungsvermogen in Kauf genommen werden kann. Beispiele hierfur sind Zahnrader, Kurbelwellen, Walzen, Lagerdeckel, Laufrader fur Pumpen und VerschleiBplatten. Es ist zu erwarten, daB das GuBeisen rnit Kugelgraphit kiinftig auf einigen Anwendungsgebieten durch GuBeisen rnit Vermikulargraphit verdrangt wird. Das betrifft z. B. thermisch und festigkeitsbeanspruchte Bauteile im Fahrzeugbau [3.21]. 3.1.12.2 TemperguB
TemperguB wird im allgemeinen unlegiert erschmolzen. Hohe Kohlenstoffgehalte sind, obwohl sie die GieBbarkeit verbessern, ungiinstig, da sie groBe Mengen Temperkohle, die sich nachteilig auf die mechanischen Eigenschaften auswirken, bedingen. AuBerdem miiBte, um die Bildung von Graphit im RohguB zu verhindern, der Siliciumgehalt herabgesetzt werden. Silicium seinerseits beschleunigt die Zerlegung des Zementits beim Tempern und verbessert die Festigkeitseigenschaften. Sein Gehalt sol1 deshalb moglichst hoch sein. Zu beriicksichtigen ist weiterhin der EinfluB der Wanddicke. Dunnwandige CUBstiicke erfordern ein besonders gutes Formfullungsvermogen und aus diesem Grunde einen hoheren Kohlenstoffgehalt als dickwandiger CUB. Durch die
108
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
rasche Abkuhlung wird die Erstarrung nach dem metastabilen System begunstigt, so daB dann ein hoherer Siliciumgehalt zulassig ist. Im allgemeinen betragt der Kohlenstoffgehalt beim schwarzen TemperguS 2,4 %, beim weil3en 2,8 %, die Summe C + Si belauft sich fur alle Sorten auf etwa 3,s %. Das Gefuge ist stets untereutektisch. Eine Ausnahme bildet der hauptsachlich zur Herstellung von Hohlschlusseln verwendete BohrguB. E r wird bis herunter zu Wanddicken von 1 mm vergosssen und benotigt deshalb einen hohen C- und Si-Gehalt (etwa 3,2 % und 1,s%), demzufolge bei Wanddicken uber 3 bis 4 mm bereits feine Graphitausscheidungen auftreten, die die Bearbeitbarkeit (Ausbohren) nach dem Tempern erleichtern. Der zunachst harte und sprode TemperguB wird erst durch eine nachfolgende Warmebehandlung, die beim Hersteller erfolgt, zah und gut bearbeitbar. Weiper Tempergup wird dazu in sauerstoffabgebenden Mitteln gegluht (Gluhfrischen); Gluhtemperatur und -dauer richten sich nach der Wanddicke. Fur 6 mm dicke Teile beispielsweise sind etwa 60 Stunden bei 950"C, fur die doppelte Wandstarke 96 Stunden und 980°C erforderlich. GuBstucke bis etwa 6 mm Wanddicke werden beim Tempern vollstandig entkohlt. Sie konnen beliebig schnell abgekuhlt werden. Dickwandigere Teile sind nur in der Randzone ferritisch, zum Kern hin treten zunehmend Perlit und kugel- oder flockenformiger Graphit (Temperkohle) auf. Werden dicke Werkstiicke von der Gluhtemperatur schnell abgekuhlt, so ist das metallische Grundgefiige des Kerns rein perlitisch, bei langsamer Abkuhlung bis auf etwa SO0 "C ferritisch-perlitisch. Schwarzer Tempergup wird in neutraler Atmosphare (Sand, ausgegluhtes Eisenerz oder Schutzgas) gegluht, wobei der gesamte Zementit in Austenit und Temperkohle zerlegt werden sol1 (erste Graphitisierungsstufe). Je hoher die Gluhtemperatur ist, um so feiner wird die Verteilung der Temperkohle. Meist gluht man bei 920 bis 950°C. Die Gluhdauer hangt von der Zusammensetzung des Tempergusses, nicht aber von der Wanddicke ab und betragt im Mittel 40 Stunden. Geschieht die Abkuhlung bis etwa 650°C langsam, erfolgt der eutektoidische Zerfall des Austenits nach dem stabilen System (zweite Graphitisierungsstufe). Das Gefuge besteht dann aus Ferrit und Temperkohle (Bild 3.46). Wird die Abkuhlgeschwindigkeit erhoht, treten daruber hinaus zunehmende Anteile an Perlit auf. Die mechanischen Eigenschaften und das Dampfungsvermogen des Tempergusses liegen zwischen denen von StahlguB und GrauguB mit Lamellengraphit und
Bild 3.46 Schwarzer TemperguR (ferritisch)
3.2
Leichtmetallegierungen
109
sind denen von GuBeisen mit Kugelgraphit ahnlich. Beim schwarzen TemperguB sind sie unabhangig von der Wanddicke, wahrend beim weiBen TemperguB die Festigkeit rnit der Wanddicke zu- und die Dehnung abnimmt. Infolge der globularen Ausbildung der Temperkohle ist eine beschrankte Verformbarkeit, die beispielsweise zum Richten verzogener Teile ausreicht, gegeben. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Temperns, den GuB schmiedbar zu machen. Die Zerspanbarkeit des weiljen Tempergusses entspricht etwa der von unlegiertem StahlguB. Schwarzer TemperguB 1aBt demgegenuber hohere Schnittgeschwindigkeiten zu, rnit steigendem Perlitgehalt wird seine Zerspanbarkeit jedoch erschwert. Die SchweiBbarkeit des Tempergusses hangt vom Gefugeaufbau ab. WeiBer TemperguB laBt sich wie kohlenstoffarmer Stahl gut schweiBen. Fur Konstruktionsschweilungen ohne Warmenachbehandlung ist nur die Sorte GTW-S 38-12 geeignet. Schwarzer TemperguB wird selten geschweiBt. Die Teile mussen anschlieBend langere Zeit bei hohen Temperaturen gegluht werden. Zur Verbesserung des Festigkeitsund VerschleiBverhaltens kann der TemperguB oberflachengehartet, gehartet oder vergutet werden. Die perlithaltigen Sorten bieten dafur die besten Voraussetzungen. Fur kleinere Teile aus weiBem TemperguB ist auch das Einsatzharten moglich. TemperguB wird hauptsachlich fur dunnwandige und schwierig gienbare Bauteile herangezogen, fur die GuBeisen mit Lamellengraphit wegen seiner Sprodigkeit und StahlguB auf Grund seiner schlechteren GieBbarkeit ausscheiden. Gegenuber dem GuBeisen rnit Kugelgraphit ist keine klare Abgrenzung moglich. Wegen der oxidischen GuB- und Temperhaut ist insbesondere unbearbeiteter weil3er TemperguB gegenuber Feuchtigkeit und Seewasser relativ widerstandsfahig und auch bis etwa 600"C zunderbestandig. AuBerdem 1aBt sich weiBer Tempergulj gut verzinken (s. a. Abschn. 7.9.1). Hinsichtlich der Festigkeit und Bruchdehnung unterscheiden sich weiBer und schwarzer TemperguB rnit uberwiegend ferritischer Matrix nur wenig. So weist z. B. entkohlend gegluhter (weiBer) TemperguB der Sorte GTW-45-07 eine Zugfestigkeit von 450MPa bei 7 % Bruchdehnung (bei einem Durchmesser von 12 mm der Zugprobe) und in neutraler Atmosphare gegluhter (schwarzer) TemperguB der Sorte GTS-45-06 ebenfalls 450 MPa fur die Zugfestigkeit und 6 % Bruchdehnung auf. Schwarzer TemperguB mit perlitischer Matrix (perlitischer) TemperguB hat Festigkeiten bis 650 MPa, wobei die Dehnung auf 2 % abfallt (GTS-65-02). Durch Verguten kann die Festigkeit weiter angehoben werden (GTS-70-02). Der E-Modul betragt fur alle Sorten 170 GPa. Fur Teile, bei denen eine erhebliche Oberflachenbearbeitung durch Zerspanen erforderlich ist, wird schwarzer TemperguB bevorzugt. Als Beispiele fur den Einsatz von TemperguB seien Rohrverbindungsstucke (Fittings), Bremstrommeln, kleine Rader, Schlussel, Ketten, Auspuffirummer, Sandstrahldusen oder PKW-Lenkgehause genannt.
3.2 Leichtmetallegierungen Leichtmetallegierungen sind auf Grund ihres gunstigen Verhaltnisses von Festigkeit und Dichte hervorragend fur Leichtbaukonstruktionen geeignet. Da ihre Herstellungskosten im Vergleich zu denen der Eisenwerkstoffe aber bedeutend hoher sind, ist ihr Einsatz als Konstruktionswerkstoff allein vom Gesichtspunkt
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3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
einer mechanischen Beanspruchung nur dann gerechtfertigt, wenn damit infolge der gesteigerten Leistungsfahigkeit der Konstruktion auch ein wirtschaftlicher Gewinn verbunden ist. Das trifft vor allem fur alle Bereiche des Verkehrswesens, ganz besonders aber fur den Flugzeugbau zu. In einer Reihe von Fallen wird die Wirtschaftlichkeit der Verwendung von Leichtmetallegierungen jedoch noch durch andere Eigenschaften bestimmt, wie das Korrosionsverhalten (Abschn. 7.2 bis 7.4) oder das Verhalten bei tiefen Temperaturen (Abschn. 5.5). In den folgenden Abschnitten werden nur die fur mechanisch beanspruchte Konstruktionselemente in Betracht kommenden Legierungen des Aluminiums, Magnesiums und Titans besprochen.
3.2.1 Aluminiumlegierungen Aluminium hat bei einer Dichte von 2,7 g ~ m eine - ~ Festigkeit von weniger als 60 MPa, so daB seine Verwendung als Konstruktionswerkstoff im allgemeinen nur in Betracht kommt, wenn die Festigkeit uber eine Legierungsbildung entscheidend erhoht wird. Die in den Aluminiumwerkstoffen vorkommenden wichtigsten Legierungselemente sind Mn, Mg, Si, Z n und Cu. Gute Gebrauchseigenschaften weisen auch Legierungen des Aluminiums mit 2 bis 3 % Lithium auf. Man unterscheidet Aluminium-Knetlegierungen und Aluminium-GuBlegierungen. Fur die Auswahl und Verarbeitung der Aluminiumwerkstoffe stehen innerhalb beider Gruppen sowohl naturharte als auch aushartbare Legierungen zur Verfugung (Bild 3.47). Als Vertreter der naturharten sind vor allem Al-Mg- und Al-Mn-Legierungen zu nennen. Aushartbare Legierungen haben den Vorteil, dal3 ihre Bearbeitung im weichen Zustand erfolgen kann. Die Vorgange der Aushartung sind denen der Alterung des Stahles (s. Abschn. 3.1.1) wesensgleich. In jedem Fall ist eine mit sinkender Temperatur abnehmende Loslichkeit der betreffenden Legierungselemente im Grundmetall erfor-
G Aluminiumwerkstoffe
Reinaluminium
Aluminiumlegierungen
1
Aluminium-Sintenverkstoffe
I
I Knetlegierungen
ausharibar Al-Cu-Mg AI-Zn-Mg Al-Mg-Si Al-Zn-Mg-Cu
nicht aushartbar AI-Mg AI-Mn Al-Mn-Mg Al-Mn-Cu
Bild 3.47 Einteilung von Aluminiumwerkstoffen
GuBlegierungen
aushattbar
3.2
Leichtrnetallegierungen
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derlich. Diese Voraussetzung ist zwar auch von den binaren A,l-Si- und Al-MgLegierungen erfullt, die erzielbaren Festigkeitssteigerungen sind jedoch nicht ausreichend, um sie technisch interessant erscheinen zu lassen. Technologisch sind fur das Ausharten folgende Schritte notig: 1. Losungsgliihen (Homogenisieren): Wahrend einer mehrstundigen Erwarmung (bei Aluminiumwerkstoffen auf etwa 500°C) werden die zur Aushartung fuhrenden Legierungselemente im Mischkristall gelost. Nach langsamer Abkuhlung liegen sie bei Raumtemperatur als intermetallische Phasen vor, z. B. A12Cu, Mg2Si oder MgZn2. 2. Abschrecken: Die Abkuhlung aus dem homogenen Mischkristallgebiet geschieht so schnell, dal3 die Legierungselemente in ubersattigter Losung bleiben. In diesem Zustand (homogene Mischkristalle) sind die Legierungen noch weich und gut verformbar. 3. Auslagern bei tiefen (Raumtemperatur) oder erhohten Temperaturen. Im ersten Fall (Kaltaushartung, Kaltauslagern) tritt eine einphasige Entmischung ein, d. h. es bilden sich metastabile Phasen, die Ansammlungen geringer Grolje von Legierungsatomen in der Matrix darstellen (Zonen) und mit dieser koharent sind. In Al-Cu-Mg-Legierungen werden sie auch als GuinierPreston-Zonen bezeichnet. Bei erhohten Temperaturen (Warmaushartung, Warmauslagern, fur Al-Legierungen bis 200 "C) entstehen uber eine Zonenbildung als Zwischenstadium metastabile Phasen mit teilkoharenter Grenzflache zur Matrix (in Al-Cu-Mg-Legierungen die @'-Phase). Der kalt- wie der warmausgehartete Zustand ist durch feindispers in die Matrix eingelagerte metastabile Phasen (Teilchen) gekennzeichnet, die die Bewegung der Versetzungen bei der plastischen Verformung erschweren und so unter Plastizitatsverlust einen Harte- und Festigkeitsanstieg verursachen. Zu hohe Temperaturen und beim Warmauslagern auch zu lange Haltezeiten (Auslagerungsdauer) lassen die Teilchen soweit anwachsen (Uberhartung, Uberalterung), dalj wieder ein Ruckgang von Harte und Festigkeit eintritt (Bild 3.48). 4An IT"
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Bild 3.48 Struktur- und Harteanderungen beim Auslagern von Aluminiumlegierungen mit verschiedenen Kupfergehalten (nach J.M. Silcock, TJ, Heal und H.K. Hardy)
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Die fur aushartbare Legierungen festgelegten Temperatur-Zeit-Verlaufe zum Ausharten mussen fur ein optimales Warmebehandlungsergebnis genau eingehalten werden. Das betrifft insbesondere die Einhaltung der vorgeschriebenen Losungsgluhtemperatur, zu hohe Temperaturen konnen zum Anschmelzen der Korngrenzen (,,verbrannte Legierung") fuhren, und die erforderliche Abkuhlgeschwindigkeit. Bereits kurzes Halten im Zweiphasengebiet fuhrt dazu, daB sich grobe Ausscheidungen (z. B. die Gleichgewichtsphase AI,Cu) bilden. Neben einer geringeren Festigkeit nach dem Auslagern kann sich dadurch auch die Korrosionsbestandigkeit verschlechtern. Fur die Zerspanung von Aluminiumlegierungen sind bedeutend hohere Schnittgeschwindigkeiten als bei Stahl anzuwenden. Anderenfalls bilden sich an den Werkzeugen sehr leicht Aufbauschneiden, die die Oberflachenqualitat des Werkstuckes verschlechtern. Die Zerspanbarkeit von Knet- und GuBlegierungen ist etwa gleich und wird in dem MaBe, wie die Festigkeit durch Legierungsbildung, Kaltverfestigung oder Aushartung zunimmt, besser. Ein deutlicher Unterschied besteht lediglich in der Spanform; Knetlegierungen bilden lange und zahe Spane, wahrend bei GuBlegierungen ein kurzer brechender Span anfallt. Die Aluminiumlegierungen lassen sich mit Ausnahme der Cu-haltigen gut schmelzschweiBen. Wegen der grol3en Affinitat zum Sauerstoff mussen jedoch besondere MaBnahmen getroffen werden. Am gunstigsten ist das Lichtbogenschweiljen unter Schutzgas; fur das offene LichtbogenschweiBen sind ummantelte Elektroden, zum Gasschweiljen FluRmittel erforderlich. In letzter Zeit wird auch das SchweiRen mit Elektronen- und Laserstrahl angewendet. Die naturharten Aluminiumlegierungen konnen, ohne daB in der warmebeeinflufiten Zone ein wesentlicher Festigkeitsabfall zu erwarten ist, geschweiat werden. Werden aushartbare Legierungen im ausgeharteten Zustand geschweiBt, ist damit irnmer ein Ruckgang der Festigkeit verbunden, der eine erneute Warmebehandlung notwendig macht. Bei einigen Al-Zn-Legierungen allerdings reichen die beim SchweiBen auftretenden Erwarm- und Abkuhlbedingungen aus, um wahrend einer langeren Lagerung bei Raumtemperatur (etwa 3 Monate) erneut einen Festigkeitsanstieg durch Aushartung herbeizufuhren. Zur Herstellung unlosbarer Verbindungen hat sich auBer dem SchweiRen das Kleben (s. a. Abschn. 11.3) von Aluminiumteilen sehr bewahrt. Fur verschiedene Einsatzzwecke kommt der Oherflachenbehandlung der Aluminiumwerkstuffe eine groBere Bedeutung zu. Neben auch fur andere Materialien bekannten Beschichtungsverfahren hat sich fur Aluminiumwerkstoffe spezifisch die anodische Oxidation (Anodisieren, s. a. Abschn. 7.3.1) durchgesetzt, mit der neben Oberflachenharte und Verschleififestigkeit vor allem die chemische Bestandigkeit verbessert wird. Wenn die Oxidschicht gleichzeitig dekorative Zwecke erfullen und nicht in Grautonen anfallen soll, mussen bestimmte Grenzgehalte an Si, Cu und Mn eingehalten werden. Am besten sind hierfur Reinaluminium und Al-Mg-Legierungen, z. B. G-/GK-/GF-AIMg3, geeignet. Vielfach werden Aluminium-Knet- oder -GuBlegierungen der wirtschaftlichen Art der Formgebung wegen anderen Werkstoffen vorgezogen. Die sehr gute Umform- oder GieBbarkeit der Aluminiumlegierungen gestattet die Herstellung auch komplizierter Profile oder GuBteile in guter Oberflachenqualitat, so daR Zerspanungsarbeiten stark eingeschrankt werden konnen. Der Anteil der durch GieBen verarbeiteten Aluminiumlegierungen betragt etwa 1/4 bis I h des Gesamtverbrauchs. Dieses Verhaltnis ist jedoch auf den einzelnen Nutzungsgebieten
3.2
Leichtmetallegierungen
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recht unterschiedlich. So ist z. B. die Masse der in Personenkraftwagen eingebauten GuBlegierungen um ein Mehrfaches hoher als die der Knetlegierungen. Im Zuge des sich abzeichnenden zunehmenden Einsatzes von Magnesium-GuBlegierungen und der Verwendung von Aluminium-Knetlegierungen im Karosseriebereich wird es dort zu Verschiebungen kommen. Dadurch, daB Gehauseteile fur Motor und Getriebe aus LeichtmetallguB hergestellt werden, wird gegenuber grauem GuBeisen eine mehr als 50 Yoige Masseeinsparung erzielt. Wenn nicht die gute Korrosionsbestandigkeit mafigebend ist (Abschn. 7.3), erstreckt sich der Einsatz von Aluminiumwerkstoffen im Maschinenbau vor allem auf solche Bauteile, bei denen durch Verminderung der Masse die Massenkrafte verringert oder bei der Herstellung und Bearbeitung wirtschaftliche Vorteile erreicht werden konnen. Beispiele hierfur sind Laufrader fur Verdichter und Geblase, Gehause jeglicher Art, Behalter fur Lagerung und Transport, Riemenscheiben, Beschlage, Verbindungen oder Bedienungselemente.
3.2.1.1 Aluminium-Knetlegierungen
Wichtigste Vertreter der Knetlegierungen sind die nicht aushartbaren Legierungen mit etwa 1 bis 5 YOMg sowie die aushartbaren Al-Mg-Si, Al-Cu-Mg- und AlZn-Mg-Legierungen. Die Festigkeit dieser Werkstoffe ist im weichen (gegluhten) Zustand relativ gering. Sie wird bei den Al-Mg-Legierungen durch Kaltverformung verbessert, so daB diese aul3er im weichen auch in verschiedenen Festigkeitsstufen angeboten werden. So konnen beispielsweise fur die Legierung AlMg3 (ENAW-5754) (Bleche bis 6mm Dicke) Zugfestigkeiten von 190 bis 210 MPa fur den weichgegluhten Zustand und bis zu 305 MPa nach dem KaltwalZen eingestellt werden. Die Bruchdehnung nimmt in der gleichen Abfolge von 17 auf 3 Yo ab. Bei Rohren und Stangen erfolgt die Kaltverformung durch Pressen oder Ziehen. Die aushartbaren Legierungen werden im walzharten, weichen oder ausgeharteten Zustand geliefert. Wahrend sich die Zugfestigkeit der weichen Legierungen nicht wesentlich von denen der naturharten unterscheidet (AlCuMg2 (EN AW-2024) z. B. 5 220 MPa fur Bleche bis 12 mm Dicke), ubertrifft sie im ausgeharteten Zustand merklich die durch Kaltverformung erzielbaren maximalen Festigkeiten der nicht aushartbaren Legierungen; die Zugfestigkeit der kaltausgeharteten Legierung AlCuMg2 (Bleche bis 12 mm Dicke) betragt mindestens 440 MPa. Noch groBere Festigkeiten werden durch Warmausharten der Zn-haltigen Legierungen erreicht, so hat z. B. AlZnMgCu1,S (EN AW-7075) eine maximale Zugfestigkeit von 530 MPa bei einer Bruchdehnung von 3 (Blechdicken von 12 bis 50 mm) bis 8 YO (Blechdicke bis 12 mm). Eine vorrangige technische Bedeutung haben die A1-Mg-Si-Legierungen mittlerer Festigkeit erlangt. Sie sind sehr gut warmformbar und eignen sich deshalb besonders fur die Herstellung stranggepreBter Profile. Bei der Legierung AlMgSi0,S (EN AW-6060) kann die Verformungswarme sogleich fur das Losungsgluhen und im folgenden zur Aushartung genutzt werden, wenn die Abkuhlung der Profile hinter der Strangpresse schnell genug erfolgt (bis 5 mm Wanddicke reicht sogar Luftabkuhlung aus). AnschlieBend wird lediglich noch bei etwa 170 bis 185°C ausgelagert. Auf diese Weise werden Festigkeiten bis 245MPa und eine Bruchdehnung von 10% erreicht. Die Legierung AlMgSil (EN AW-6082) dagegen mu13 in der Regel gesondert losungsgegluht werden (warmausgehartet 310 MPa Zugfestigkeit und 10 % Bruchdehnung).
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Das Verhalten der Aluminiumlegierungen bei schwingender Beanspruchung unterscheidet sich von dem der Eisenwerkstoffe: Auch nach sehr hohen Lastwechselzahlen fallt die ertragbare Belastung im allgerneinen weiter ab, der horizontale Abschnitt der Wohlerkurve fehlt. Aluminiumwerkstoffe sollten deshalb bis 100. loh Lastwechsel gepruft werden. Da der Aufwand hierfur aber sehr hoch ist, begnugt man sich meist mit 50.106 Lastwechseln. Fur ausgehartete Legierungen ist der Abfall der Schwingfestigkeit im Gebiet hoher Lastwechselzahlen ausgepragter (Bild 3.49) als bei den mischkristallverfestigten (z. B. Al-Mg). Auch die Herstellung ist von EinfluB: Die Dauerfestigkeit von stranggepreflten Profilen ist meist hoher als die von gewalzten oder geschmiedeten.
Lastspielzahl N Bild 3.49 WOhlcrkurven einer ausgehiirtetcn ( I ) und einer nicht ausgeharteten Alurniniurnlegierung ( 2 ) (nach Forresr)
3.2.1.2 Aluminium-GuOlegierungen
Alurninium-Gul3legierungen werden zum Teil aus Schrott und Abfallen hergestellt (Sekundarlegierungen). Sie enthalten daher einen erhohten Verunreinigungsanteil, der die allgemeine Verwendbarkeit jedoch kaum beeintrachtigt. Wenn erhohte Anforderungen hinsichtlich des Korrosionsverhaltens oder der Dauerfestigkeit gestellt werden, erschmilzt man sie aus Huttenaluminium (Prirnarlegierungen). Die Herstellung der GuBteile geschieht im Sand-, Kokillen-, Druck- oder Feingul3. Smtigzrfl weist, bedingt durch die langsame Abkuhlung bei der Erstarrung, ein grobes Korn auf. Die mechanischen Eigenschaften sind wanddickenabhangig und liegen an getrennt gegossenen Probestaben meist uber den Werten im GuBstuck. Da die Oberflache haufig rauh und die MaBgenauigkeit gering ist, mussen grofiere Bearbeitungszugaben vorgesehen werden. SandguB wird vor allem bei kleinen Stuckzahlen, grol3en GuBteilen mit verwickelten Hohlraumen oder Hinterschneidungen angewendet. Die Mindestwanddicke betragt etwa 3 his 5 mm.
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Leichtmetallegierungen
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Dem SandguB bereits bei mittleren Stuckzahlen wirtschaftlich uberlegen ist der Kokillengub in Dauerformen aus Stahl oder GuDeisen. Das Gefuge ist feinkorniger, und die GuBstucke haben eine hohere Festigkeit und Dichte sowie bessere MaBgenauigkeit und Oberflachenqualitat. Infolgedessen kann GieDmaterial eingespart und die Nacharbeit verringert werden. Die Mindestwanddicke betragt 2,5 bis 3 mm. Nachteilig ist die erhohte WarmriBgefahr, die durch Unnachgiebigkeit der Form wahrend der Schrumpfung des GuBstuckes bedingt ist. Fur hohe Stuckzahlen ist der Druckgup am wirtschaftlichsten. Bei hochster Produktivitat erfordert er geringste Bearbeitungszugaben und ist auch fur sehr dunne GuBstucke (ab 1mm Wanddicke) geeignet. Das Metal1 wird unter Druck in die Formen gespritzt. Dabei reagiert es mit der Luft, so daB die GuBstucke Oxid- und Lufteinschlusse enthalten. Trotzdem ist die Festigkeit wegen der raschen Erstarrung hoch. Die sich an der Oberflache als Flecken oder Schlieren abzeichnenden Oxide verbieten eine dekorative anodische Oxidation. Da sich die eingeschlossenen Luftblasen beim Erwarmen ausdehnen, sind DruckguBteile auch zur Warmebehandlung wenig geeignet. Beim Feingub (Wachsausschmelzverfahren) konnen kleinste Wanddicken von 0,s bis 1,5 mrn und Bohrungsdurchmesser bis 2,5 mm gegossen werden. Das Verfahren ermoglicht auch Hinterschneidungen an den GuBstucken. Von Vorteil ist, daB durch eine gesteuerte Abkuhlung das Gefuge und damit Festigkeitseigenschaften gezielt eingestellt werden konnen. Es ist auffallig, daB der EinfluB der chemischen Zusammensetzung und der Warmebehandlung auf die Dauerfestigkeit der Al-GuBlegierungen insgesamt recht gering ist. Die Dauer- und Zeitschwingfestigkeit hangen bei gleicher GuBstuckgeornetrie vom Gefuge und der Oberflachengute ab. GroBe und Gestalt der Gefugebestandteile sowie der Gehalt und die Verteilung von Poren und Lunkern werden durch die Erstarrungsbedingungen bestimmt. Durch rasche Erstarrung ist wegen des sich einstellenden feinen GuBgefuges eine deutliche Erhohung der Dauerfestigkeit zu erzielen. Fur den Maschinen-, Anlagen- und Apparatebau wichtige Aluminium-GuBwerkstoffe sind die Kokillengufllegierung GK-AlMg3 und GK-AlMg5 wegen ihrer guten Korrosionsbestandigkeit, auch gegen Meerwasser (Gerate- und Apparateteile fur Schiffsaufbauten, hygienisch unbedenkliche Teile fur die Nahrungsmittel- und Haushaltgerateindustrie), die DruckguBlegierung GD-AlMg9 auf Grund ihrer hohen Festigkeit und guten Polierbarkeit (Anwendung ahnlich AlMg3 und AlMg5, auch fur dunnwandige Teile in der Buromaschinen- und optischen Industrie) sowie die Legierung AlSi9Cu3 fur SandguB und KokillenguB (Kurbel- und Getriebegehause, Zylinder, Zylinderkopfe, Einspritzpurnpen, Bremsbacken, Riemenscheiben). Als DruckguBlegierung findet die Legierung GD-AlSi9Cu3 breiteste Anwendung im Automobilbau, Maschinen- und Apparatebau sowie auch in der Elektroindustrie (Getriebegehause und andere Getriebteile, Deckel, Motorenteile sowie Lenkungsteile). Werden hohe Schwingfestigkeit und eine gute Korrosionsbestandigkeit gefordert, dann erweist sich die Sorte AlSilOMg als vorteilhaft, die fur Sand-, Kokillen- und DruckguB gleichermanen geeignet ist. In den erstgenannten Verarbeitungszustanden kann die Legierung warmausgehartet werden. Sie erreicht dabei durchschnittlich Festigkeiten von 200 bzw. 220 MPa bei moglichen Hochstwerten von 320 MPa, als DruckguB (ohne Warmebehandlung) 220 bis 300 MPa. Die Werte der Streckgrenze betragen in der gleichen Abfolge 170, 190 und 140 bis 200MPa. Die Legierung AlSilOMg findet vorzugsweise fur komplizierte grol3e GuBstucke, wie
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Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Getriebegehause und DruckgefaBe, fur vibrierende Maschinen- und Motorenteile wie auch fur Teile in der optischen und chemischen Industrie Anwendung. Die Legierung G-AlSi7Mg hat als warmaushartbare Legierung insbesondere fur den FeinguB grol3e Bedeutung erlangt und wird im Luftfahrzeugbau und Automobilbau auch fur sehr diinnwandige GuBstucke verwendet. Zur Herstellung von Kolben fur Verbrennungsmotoren werden meist naheeutektische oder iibereutektische Al-Si-Legierungen eingesetzt, die Zusatze von Cu, Mg und Ni enthalten und somit aushartbar sind (z. B. GK-A1Sil2CuNiMg, nicht genormte Sonderlegierungen). Im allgemeinen ist die Erstarrungsgeschwindigkeit bei groljeren Teilen doch so gering, daB eine Entartung des Al-SiEutektikums eintritt, d. h., dalj Silicium erstarrt in der Al-Grundmasse iiberwiegend in Form nadel- oder wurfelartiger Kristalle. In solchen Fallen kann ein weitgehend normales eutektisches Gefuge eingestellt werden, indem die Schmelze kurz vor dern VergieBen mit metallischem Natrium oder NatriumsalZen behandelt wird (Veredelung).
3.2.2 Magnesiumlegierungen Magnesium hat von allen Gebrauchsmetallen die geringste Dichte (1,74 g cm-3). Es ist nach dem Aluminium und Eisen das dritthaufigste Metal1 in der Erdoberflache. Trotz dieser und weiterer Vorzuge ist es als allgemeiner Konstruktionswerkstoff wenig verbreitet (nur etwa 20 % des erzeugten Magnesiums). Griinde hierfur sind der durch die energieaufwendige Herstellung bedingte hohe Preis wie auch die erforderlichen Vorsichtsmaljnahmen beim Gieljen und bei der spanenden Bearbeitung (groBe Affinitat zu Sauerstoff) sowie die Korrosionsanfalligkeit (s. Abschn. 7.4). Nachdem Magnesium 1938 bereits im Automobilbau insbesondere als GuBwerkstoff (Motorblock) Einsatz gefunden hatte, ist in letzter Zeit wieder ein verstarktes Interesse vorhanden, Magnesium als Leichtbauwerkstoff zu nutzen. Dazu hat auch die Entwicklung neuerer hochreiner Legierungen mit einem verbesserten Korrosionsverhalten beigetragen. Da die Festigkeit des reinen Magnesiums gering ist (gegossen etwa 110 MPa, stranggepreBt etwa 200 MPa), kommen als Konstruktionswerkstoffe ausschlieBlich Legierungen in Betracht. Diese sind den Aluminiumlegierungen hinsichtlich der Festigkeit und unter atmospharischen Bedingungen auch im Korrosionsverhalten allgemein unterlegen. Die wichtigsten Legierungselemente sind Aluminium und Zink sowie Mangan. Fur Sonderzwecke, insbesondere fur Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt, gibt es Legierungen mit Zirconium, seltenen Erdmetallen und anderen Elementen, die beim Gieljen ein feines Korn bewirken und das Verhalten bei erhohten Temperaturen deutlich verbessern. Festigkeit und Dehnung des Magnesiums nehmen infolge des Aluminium- und Zinkzusatzes zu. Magnesium-Knetlegierungen enthalten 2,s bis 9 YO A1 sowie etwa 1 % Zn. Die Zugfestigkeit der Halbzeuge (Stangen, gepreljt) betragt mindestens 240 MPa (MgA13ZnF24) bis 310 MPa (MgAlSZnF31). Die StreckgrenZen liegen je nach Querschnitt zwischen 145 und 215 MPa und die Dehnungen im Bereich von 6 bis 10 Yo.Auserdem gibt es noch die Magnesiumlegierung mit bis zu 2 % Mangan, die Festigkeiten bis 220 MPa erreicht und noch relativ gut verformbar ist. Auf Grund seines hdP-Gitters ist das Magnesium aber schlecht kaltverformbar. Kalt zu walzende Halbzeuge, wie Bleche, mussen deshalb ofter zwischengegluht werden. Erst oberhalb 200°C wird die Umformbarkeit wesentlich
3.2
Leichtmetallegierungen
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besser, so daB das Schmieden irn Gesenk wenig Schwierigkeiten bereitet. Halbzeuge, vor allem Stangen, werden hauptsachlich durch Strangpressen hergestellt. Der Anteil der Halbzeuge am Gesamtmagnesiumverbrauch ist gering. Hauptsachlich kommen GuBlegierungen zur Anwendung. Sie sind rnit durchschnittlich 6 bis 9 o/o A1 und 0,5 bis 4 o/o Zn legiert. Mg-Al-Si-Legierungen rnit 4 'YO A1 und 1 % Si haben ein gutes Kriechverhalten bis 150"C, sind aber weniger gut giel3bar. An gegossenen Mg-Al-Zn-Legierungen (SandguB) werden im unbehandelten Zustand Zugfestigkeiten von 160 bis 220MPa bei Dehnungen von 2 bis 5 'YO (G-MgA19Znl) erzielt. Im Fall von Sand- und KokillenguBlegierungen lassen sich die Festigkeit und Dehnung uber ein Homogenisierungsgluhen noch erheblich verbessern (die Zugfestigkeit auf etwa 23.5 MPa, die Bruchdehnung auf 6 bis 8 Yo). Dabei wird, um Anschmelzungen zu vermeiden und die Auflosung der aluminiumreichen Phase zu beschleunigen, die Gluhtemperatur allmahlich gesteigert (Dreistufengluhung: je 8 Stunden bei 380,400 und 410°C). Nach Luftabkuhlung kann ein Warmauslagern von 4 bis 16 Stunden bei 170 bis 215°C zur weiteren Festigkeitssteigerung, Zugfestigkeit bis 300 MPa, erfolgen. Nicht ganz so hoch ist die Festigkeit der im DruckguB hergestellten Teile. Wie bei den Aluminiumlegierungen sind diese fur die Warmebehandlung ungeeignet. Magnesiumlegierungen sind gut gieBbar. Sie werden uberwiegend in Sandformen oder Kokillen vergossen; DruckguB ist seltener. Da die Schmelze sehr oxidationsfreudig ist und bei Sauerstoffzutritt verbrennt, wird sie rnit einer fliissigen Salzschicht abgedeckt. Beim GieBen wird um den GieBstrahl und in der Form, die rnit Schwefelpulver bestreut wird, eine S02-Schutzatmosphareerzeugt. Den Sandformen wird ebenfalls Schwefel zugemischt. Diese MaBnahmen wiederum erfordern wirksame Abzugsvorrichtungen und im Interesse der Reinerhaltung der Atmosphare die Moglichkeit, das SO, abbinden zu konnen. Die Zerspanbarkeit der Magnesiumlegierungen ist besser als die aller anderen Gebrauchsmetalle. Im Vergleich zu Eisenwerkstoffen lassen sich hohere Schnittgeschwindigkeiten, Spantiefen und Vorschiibe anwenden, ohne daB dadurch die Standzeit der Werkzeuge verkurzt wird. Die Zerspanung geschieht trocken. Da die spezifischen Schnittdrucke klein sind, bleibt die Warmeentwicklung an der Schneide noch wesentlich unterhalb der fur eine Selbstentzundung notigen Temperatur. Nur bei stumpfen Werkzeugen und sehr dunnen Spanquerschnitten besteht die Gefahr von Spanbranden. Beim Schleifen sind jedoch besondere MaBnahmen notwendig. Da der Magnesiumstaub explosionsartig verbrennen kann, mussen spezielle Absaugvorrichtungen und Staubabscheider angebracht werden. Magnesiumlegierungen konnen nach verschiedenen Verfahren geschweil3t werden. Die SchweiBverbindungen neigen aber zur Warmrissigkeit und Bildung von Mikrolunkern. Besonders bei groBeren Teilen ist eine Vorwarmung erforderlich. U m die Oxidhaute zu losen und den Luftsauerstoff fernzuhalten, wendet man FluBmittel an. Da sie stark korrodierend wirken, mussen Reste nach dem SchweiBen sorgfaltig entfernt werden. Gunstiger ist es, wie bei Aluminium, unter Schutzgas zu schweiBen. Der Elastizitatsmodul der Magnesiumwerkstoffe ist lastabhangig und nimmt mit zunehmender Belastung von 45 GPa auf Werte um 40 GPa ab. Es ist daher in belasteten Konstruktionsteilen rnit einer erhohten elastischen Verformung zu rechnen. Der Warmeausdehnungskoeffizient ist groBer als der von Stahl. Bei Verschraubungen von Magnesiumbauteilen rnit Stahlschrauben, die hoheren
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3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Temperaturen ausgesetzt sind, nimmt deshalb die Spannung zu, wodurch wiederum das Kriechen des Magnesiumwerkstoffes gefordert wird. Magnesiumwerkstoffe sind wenig stoflempfindlich. Bis zu Temperaturen von -80 C verandern sich die mechanischen Eigenschaften der GuBlegierungen praktisch nicht, wahrend die Festigkeit der Knetlegierungen unter gleichzeitigem Ruckgang der Plastizitat ansteigt. Temperaturerhohungen uber 120 " C bedingen bei fast allen Legierungen einen raschen Festigkeitsabfall, was die obere Einsatztemperatur fur ubliche Legierungen auf etwa 150 " C beschrankt. Ausgenommen davon sind die warmfesten Legierungen, die neben Zirconium und seltenen Erdmetallen Silber oder Yttrium enthalten und je nach Zusammensetzung bis 330 "C einsetzbar sind. Bemerkenswert ist, daB die Magnesiumlegierungen im Gegensatz zu den Aluminiumwerkstoffen eine ausgepragte Dauerfestigkeit haben, die nach etwa lo6 Lastwechseln erreicht wird. Fur MagnesiumguBstucke ist auch bei chromatierter Oberflache bereits bei langerer Lagerung fur den Korrosionsschutz (s. Abschn. 7.4) ein Anstrich, z.B. Kunstharzversiegelung, erforderlich. Im Maschinenbau erstreckt sich der Einsatz der Magnesiumlegierungen vor allem auf solche Bauteile, bei denen ein gegeniiber Aluminiumwerkstoffen noch geringeres Gewicht angestrebt wird (z. B. sich schnell bewegende Elemente in Textilmaschinen, Gehause fur Roboter) oder wo die gute Zerspanbarkeit Vorteile bietet. Zunehmend werden Magnesiumwerkstoffe im Automobilbau eingesetzt. Das betrifft Teile in der Fahrgastzelle (geringere Korrosionsbelastung) wie Sitzrahmen und Instrumententafeltrager, aber auch GuBteile im Motorraum, z. B. Gehause von Olpumpen und Getrieben sowie Zylinderkopfhauben. Hier sind in den nachsten Jahren weitere Anwendungen zu erwarten. Der groBte Teil des Verbrauches von Magnesiumlegierungen entfallt gegenwartig auf den aktiven Korrosionsschutz (Opferanoden, s. a. Abschn. 7.4) und die Herstellung von GuBeisen mit Kugelgraphit (s. Abschn. 3.1.12.1).
3.2.3 Titan und Titanlegierungen Die industrielle Herstellung von Titan, das in oxidischer Form als vierthaufigstes Metall in der Erdrinde vorkommt, begann erst Ende der40iger Jahre dieses Jahrhunderts. Der Grund dafur ist die schwierige und aufwendige Reduktion des Oxides zum Metall. Die Eigenschaften des Titans und seiner Legierungen lassen es auch als Konstruktionswerkstoff, insbesondere fur den Leichtbau, interessant erscheinen. Titan hat eine Dichte von 4,51 gcm-3 und ist damit das schwerste Leichtmetall. Neben einer hervorragenden Korrosionsbestandigkeit (Abschn. 7.2) zeichnen sich Titan und Titanlegierungen durch eine hohe spezifische Festigkeit (Verhaltnis Festigkeit/Dichte) aus. Daraus erklart sich auch die Anwendung zunachst vorwiegend im Flugzeugbau, spater im Chemieanlagenbau, in der Raumfahrt und gegenwartig eine zunehmende Verwendung im Maschinen- und Anlagenbau, im Sport (Fahrradrahmen, Golfschlager) und in der Medizintechnik (Implantatwerkstoff). Einem umfangreicheren Einsatz von Titanwerkstoffen steht vor allem der durch die aufwendige Herstellung sowie zum Teil teure Legierungselemente bedingte relativ hohe Preis entgegen. Weitere fur die Anwendung oder Verarbeitung wichtige Eigenschaften des Titans sind ein geringer E-Modul von etwa 100 (Reintitan) bis 120GPa bei
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Leichtmetallegierungen
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Ti-Legierungen, eine geringe elektrische und thermische Leitfahigkeit sowie eine geringe Warmeausdehnung. Z u beachten ist auch die grol3e Affinitat zu Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff. Titan weist bei Raumtemperatur ein hexagonal dichtest gepacktes Gitter auf. Bei 882°C erfolgt die Umwandlung des hexagonalen a-Ti in das kubisch raumzentrierte Gitter des p-Ti. Durch Legierungselemente kann die a-p-Umwandlung zu hoheren oder tieferen Temperaturen verschoben werden. Legierungselemente, die den Existenzbereich der aPhase erweitern, sind z. B. Al, 0, N und C , p-stabilisierende Elemente sind u. a. V, Mo, Nb, Cr, Fe, Mo, Ta und Mn. Durch Zulegieren von Sn und Z r zum Titan wird die Umwandlungstemperatur nicht verandert. Man teilt demnach die Legierungen in a-,(a+@-und p-Legierungen ein. Zu den a-Legierungen, die nur astabilisierende Legierungselemente enthalten, zahlt man auch das Reintitan. Die am haufigsten angewendete Legierungsgruppe sind die (a+P)-Legierungen mit einem P-Volumenanteil von 5 bis 40 % . Wichtige Eigenschaften der a-Legierungen sind eine erschwerte plastische Verformbarkeit, eine geringe Duktilitat, anisotrope mechanische und physikalische Eigenschaften und ein hoherer Kriechwiderstand. Da die a-Legierungen mit A1 legiert sind, weisen sie geringere Dichten auf als Reintitan und die p-Legierungen, denen grol3ere Mengen an schweren Elementen wie Mo oder V zulegiert werden. Die a-Legierungen haben nur maBige Festigkeiten; (a+p)-Legierungen und die metastabilen PLegierungen erreichen durch eine Aushartung hohe bzw. sehr hohe Festigkeiten. Die Duktilitat und die Bruchzahigkeit werden durch die Gefugeausbildung und den Aushartungszustand in starkem MaBe beeinflufit. Allgemein weisen lamellare Ti-Gefuge eine hohere Bruchzahigkeit als feine globulare Gefuge auf. Begrundet wird dies durch die RiBablenkung zwischen den unterschiedlich orientierten Lamellenpaketen, wodurch ein zerkluftetes Ril3frontprofil entsteht. Auf Grund der im hexagonalen Gitter erschwerten Diffusion und der eingeschrankten plastischen Verformbarkeit haben a-Legierungen eine hohe Kriechfestigkeit. Mit zunehmendem Volumenanteil der PPhase verschlechtert sich das Kriechverhalten. Die maximale Einsatztemperatur ist nicht durch eine zu geringe Festigkeit begrenzt, sondern durch die bei erhohten Temperaturen auftretende Oxidation des Titans, wobei die a-Phase weniger anfallig ist. Unter Vakuumbedingungen sind deshalb hohere Einsatztemperaturen moglich. Andererseits fuhrt die sich schon an Luft und bereits bei Raumtemperatur bildende dunne, aber sehr dichte Oxidschicht zu dem ausgezeichneten Korrosionsverhalten von Titan und Titanlegierungen. Die mechanischen Eigenschaften von Reintitun werden uber geringe Gehalte an Sauerstoff eingestellt (max. 0,12 % bei Ti1 his zu max. 0,35 YO bei Ti4). Die geringste Festigkeit weist Reintitan Ti1 mit einer 0,2% -Dehngrenze im Bereich von 180 bis 200 MPa und einer Harte von 120 H B auf, Ti4 erreicht demgegenuber 390 bis 410 MPa bzw. 200 HB. Reintitan mit geringem Sauerstoffgehalt ist gut kaltformbar und eignet sich zum Tiefziehen. Mit zunehmendem Gehalt an O2 tritt eine Verschlechterung ein, so daB bei Ti4 die Warmformgebung uberwiegt. Die Reintitansorte Ti1 wird fur Teile eingesetzt, wenn hohe Forderungen an die Korrosionsbestandigkeit und geringe an die Festigkeit bestehen, z. B. Auskleidungen von Stahlreaktoren in der chemischen Industrie und Verfahrenstechnik sowie Plattenwarmetauscher. Reintitan hoherer Festigkeit findet fur Schmiedestucke in Pumpen oder Armaturen Verwendung.
120
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Die a-Titanlegierungen mit geringem P-Anteil (,,Near-a-Legierungen") sind Hochtemperaturlegierungen mit relativ hoher Warmfestigkeit und werden bei Temperaturen bis etwa 500 "C eingesetzt. Neuere Titan-Hochtemperaturlegierungen enthalten zur Verbesserung des Kriechverhaltens Si-Zusatze bis 0,5 % . Die a-Legierungen sind schweiBbar, lassen sich aber schwerer kaltumformen als unlegiertes Titan. Die P- Titanlegierungen haben bei groBerer Dichte als die ubrigen Titanlegierungen die hochsten Festigkeiten. Durch geeignete und sorgfaltige thermomechanische Behandlung lafit sich eine optimale Kombination von Festigkeit, Zahigkeit und Dauerfestigkeit einstellen. Einige Legierungen weisen eine geringere Korrosionsbestandigkeit auf. Der Anwendungsumfang der P-Legierungen ist bisher u. a. auch wegen des hohen Preises (teure Legierungselemente) und der eingeengten Verarbeitungsbedingungen sehr gering und im wesentlichen auf den Bereich der Luftfahrt beschrankt. Die (a+P)-Titanlegierungen weisen Festigkeiten von 900 MPa auf, wobei durch Aushartung bei kleineren Querschnitten eine Steigerung auf 1300 MPa moglich ist. Die mechanischen Eigenschaften werden bei groBeren Querschnitten im allgemeinen uber eine thermomechanische Behandlung bzw. Gluhen eingestellt. Die Eigenschaften sind abhangig vom Anteil, der GroBe und Anordnung der aund PPhase. Beim Abkuhlen aus dem P-Gebiet entsteht ein lamellares Gefuge, das Rekristallisationsgefuge ist dagegen globular. Durch schnelles Abschrecken aus dem 0-Gebiet kommt es zur martensitischen Umwandlung der P-Phase, wobei aber nur ein geringer Harteanstieg zu verzeichnen ist. Wegen der schlechten Warmeleitfahigkeit von Titan wird eine fur das Ausscheidungsharten ausreichende Abkuhlgeschwindigkeit nur fur Durchmesser bis etwa 25 mm erreicht, so daB hauptsachlich Kleinteile wie Verbindungselemente ausgehartet werden. Die gebrauchlichste Legierung ist TiA16V4 mit 6 % A1 und 4 % V. Mehr als die Halfte aller Titanlegierungen haben diese Zusammensetzung. Die Legierung wird sowohl fur Schmiedeteile und Bleche als auch fur GuBteile (FeingulS) sowohl in der Luft- und Raumfahrt als auch in anderen Bereichen der Technik verwendet. Fur die Anwendung dieser Legierung ist neben der guten Korrosionsbestandigkeit das hohe Verhaltnis von Festigkeit zu Masse, eine hohe Bruchzahigkeit und ein gunstiges RiBfortschrittsverhalten im gegluhten Zustand sowie eine gute Warm- und Kriechfestigkeit bis etwa 450 "C maBgebend. Von Vorteil kann auBerdem sein, daB sich die Festigkeitseigenschaften zwischen -200 und +400"C nur relativ wenig verandern. Bei hohen Temperaturen ist die Legierung TiA16V4 gut verformbar, schlecht dagegen bei Raumtemperatur, da auf Grund des hohen Streckgrenzenverhaltnisses eine starkere Riickfederung auftritt. Bei Konstruktionen ist zu beachten, dal3 die Beulfestigkeit und Steifigkeit wegen des niedrigen E-Moduls (110 GPa bei Raumtemperatur) gering ist. Anwendung finden die (a+P)-Titanlegierungen fur Maschinenteile, die hohen Beschleunigungskraften ausgesetzt sind. Dazu gehoren neben Ventilatorflugeln oder Rotoren in Hochgeschwindigkeitszentrifugen vor allem Laufschaufeln in Dampfturbinen, aber auch schnell bewegte Spezialteile in Druck- und Webmaschinen. Der hauptsachliche Einsatz fur Titanlegierungen liegt jedoch nach wie vor in der Luft- und Raumfahrt sowohl im Bereich des Triebwerkes (Verdichter) als auch im Zellenbau. Titan und Titanlegierungen werden durch Umformen (Schmieden, Walzen, Pressen, Ziehen) oder auch durch GielSen zu Halbzeugen oder fertigen Bauteilen verarbeitet. Die Verarbeitungstemperaturen sind abhangig von der Legierungs-
3.3
Zinklegierungen
121
zusammensetzung. Bei jedem Erwarmen (Warmumformung oder Warmebehandlung) ist durch eine neutrale oder leicht oxidierende Atmosphare sicherzustellen, daB keine wesentliche Aufnahme von Wasserstoff, Stickstoff oder Sauerstoff erfolgt. Wasserstoff diffundiert sehr schnell in das Werkstoffinnere ein und fuhrt iiber die Bildung von Titanhydrid zu einer Versprodung des Werkstoffes. Durch ein Gluhen im Hochvakuum kann der Wasserstoffgehalt herabgesetzt werden. Durch Sauerstoffaufnahme entsteht eine Oxidschicht, unter der sich noch eine mit Sauerstoff angereicherte Diffusionsschicht befindet. Diese Oberflachenschicht mu13 nach der Warmumformung mechanisch oder chemisch entfernt werden. Ublicherweise erfolgt nach samtlichen Umformvorgangen ein Weichgluhen im Temperaturbereich von 650 bis 850 "C. Bei tieferen Temperaturen (unlegiertes Titan bei 450 bis 550"C, Titanlegierungen bei 500 bis 650°C) kann ein Spannungsarmgliihen vorgenommen werden. Vor jedem Erwarmen sind die Teile von anhaftenden Stoffen zu reinigen, damit Zersetzungsprodukte nicht in den Werkstoff diffundieren. Die Blechumformung bei Raumtemperatur ist im allgemeinen nur bei Reintitan geringer Festigkeit durchfuhrbar. Bei hoheren Umformgraden miissen alle Titanwerkstoffe auf 150 bis 500"C erwarmt werden. Fur kompliziert geformte Bauteile aus (a+P)-Legierungen wird insbesondere in der Luft- und Raumfahrtindustrie die superplastische Umformung angewendet. Bei der spanabhebenden Bearbeitung ist zu beachten, daB Titan dazu neigt, rnit dem Werkzeug zu verschweiBen. Auf Grund des geringen E-Moduls gibt der Titanwerkstoff dem Druck des Schneidwerkzeuges nach. Die Werkzeugschneide wird wegen der geringen Warmeleitfahigkeit von Titan thermisch hoch beansprucht. Titanwerkstucke mussen deshalb starr eingespannt und mit geringer Schnittgeschwindigkeit, relativ groaem Vorschub und guter Kuhlung zerspant werden. Als Werkzeugwerkstoffe kommen Co-haltige Schnellarbeitsstahle und Hartmetalle zur Anwendung. Fur das SchweiBen konnen nur Verfahren mit einer Schutzgasatmosphare oder Vakuum (ElektronenstrahlschweiBen) herangezogen werden. Der SchweiBnahtbereich ist zuvor grundlich zu reinigen, um SchweiBfehler und eine unzulassige Hartesteigerung zu vermeiden. Fur Titanwerkstoffe ist das DiffusionsschweiBen, bei dem die zu verbindenden Teile im Vakuum oder Schutzgas unter Druck ohne lokales Aufschmelzen miteinander verbunden werden, anwendbar. Es kann mit einer superplastischen Umformung kombiniert werden. Fur Anwendungsfalle, bei denen durch Gleiten oder Reiben (Titan neigt sehr stark zum Fressen) VerschleiBprobleme entstehen, wird eine Verbesserung durch Oberflachenbehandlung erreicht. In Betracht kommen u. a. das Nitrieren, PVD- und CVD-Verfahren oder auch das Gaslegieren mittels Laserstrahl.
3.3 Zinklegierungen Als vorwiegend mechanisch beanspruchte allgemeine Konstruktionswerkstoffe werden Nichteisen-Schwermetalle nur in Sonderfallen eingesetzt. Eine Ausnahme bilden die Zinklegierungen. Kupfer, Nickel, Blei und andere werden als reine Metalle oder Legierungen nur dann genutzt, wenn sie z.B. wegen ihrer Korrosionsbestandigkeit, ihrer Gleiteigenschaften oder ihres gunstigen Verhaltens bei tiefen und hohen Temperaturen schwerlich durch andere Werkstoffe
122
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
ersetzt werden konnen. Solche Anwendungsgebiete werden in den nachfolgenden Kapiteln behandelt. Die Bedeutung der Zinklegierungen beruht auf ihrer ausgezeichneten GieBbarkeit und dem guten Formfullungsvermogen. Wenn sie auch als Sand- und Kokillengul3 weitgehend von Aluminiumlegierungen verdrangt wurden, haben sie doch im DruckguBverfahren entscheidende Vorzuge, die ihnen hier eine sogar zunehmende Nutzung gesichert haben. Solche Vorteile sind, daB die Mindestwanddicke bei kleineren Teilen nur etwa 0,6 mm betragt, bei SollmaBen bis 15 mm Genauigkeiten von k 0,02 mm erreicht und Bohrungen ab 1mm Durchmesser eingegossen werden konnen. Infolge des niedrigen Schmelzpunktes ist die Abnutzung der Formen sehr gering, so daB in einer einzigen Form mehrere hundertausend Abgusse moglich sind. AuBerdem lassen sich aus Zinklegierungen im DruckguBverfahren auch komplizierte Teile mit vielen Aussparungen und Bohrungen herstellen. Wenn solche GuBstucke in groBeren Stuckzahlen anfallen, z. B. Vergasergehause, ist der DruckguB allen anderen Fertigungsverfahren wirtschaftlich uberlegen. Als Richtwert fur die Wirtschaftlichkeitsgrenze gelten etwa 1000 Stuck. Bei kleineren Stuckzahlen ist, bedingt durch die hohen Kosten fur die DruckguBformen, die mechanische Fertigung billiger. Die Fest ig kei t der fur Druc kguD verwendeten Feinzinklegierungen GD-Zn A14 und GD-ZnA14Cu1 belaufen sich auf 2.50 bzw. 270MPa bei Dehnungen von 1,5 und 2 YO.Die kupferfreie Legierung zeichnet sich durch eine bessere MaBbestandigkeit aus. Zinklegierungen neigen bereits bei Raumtemperatur zum Kriechen. Man rechnet im allgemeinen mit einer Dauerstandfestigkeit von nur 30 bis SO MPa. Sie kann durch kunstliches Altern etwas verbessert werden. Die Dauerbiegefestigkeit fur 20.10h Lastwechsel liegt zwischen 70 und 90 MPa. Mit steigender Temperatur nimmt die Festigkeit schnell ab, so daB eine Verwendung oberhalb 8 0 ° C in der Regel nicht in Betracht kommt. D a Zink und Zinklegierungen sich bereits bei maBig tiefen Temperaturen sehr sprode verhalten, liegt die untere Anwendungsgrenze, besonders fur schlag- und stoBbeanspruchte Werkstucke, um 0°C. 2ink-DrirckgiclBleb.ieriingen unterliegen im Verlaufe Iangerer Zeitraume einer geringen MaDanderung und einem leichten Festigkeitsabfall; Dehnung und Zahigkeit steigen dafur etwas an. Man bezeichnet diese Erscheinung haufig auch als Alterung. Sie ist dadurch verursacht, daB in den Al- und Cu-haltigen Legierungen auch bei langsamer Abkuhlung ein ubersattigter Zn-Mischkristall entsteht, aus dern sich bei Raumtemperatur allmahlich Al- und Cu-reiche Phasen ausscheiden. Dieser Vorgang ist mit einer Volumenabnahme verbunden. Die Schrumpfung betragt nach Sjahriger Lagerung bei GD-ZnA14 etwa 0,075 YOund bei GD-ZnA14Cu etwa 0,135 %. Durch eine kunstliche Alterung, z. B. 10 bis 20 Stunden bei 70°C oder 3 bis 6 Stunden bei lOO"C, werden die Vorgange so beschleunigt, daB die weitere Schrumpfung nach 2 Jahren 0,03 % bzw. 0,04 YO nicht uberschreitet. Wird die kunstliche Alterung bei 100°C auf 20 Stunden ausgedehnt, dann werden die kupferfreien Legierungen nahezu vollig volumenbestandig, wohingegen kupferhaltige Legierungen nach langerer Haltezeit sogar eine Volumenzunahme erfahren konnen. Sie ist auf die Bildung einer ternaren Phase (T-Phase) mit etwa 55 % Cu, 30 YO A1 und 15 % Zn zuruckzufuhren. Wegen der langen Haltezeiten macht man bei den kupferhaltigen Legierungen von dieser Moglichkeit jedoch technisch kaum Gebrauch. Beim Einsatz von Zinklegierungen ist zu beachten, daB sie zwar an der Atmosphare und in Leitungswasser festhaftende und dichte Schutzschichten bilden
3.4
Polymerwerkstoffe
123
konnen (s. a. Abschn. 7.9.1), in Sauren, starken Laugen, Warmwasser, Seewasser und anderen Losungen aber mehr oder weniger stark angegriffen werden. In diesen Fallen ist unbedingt ein Oberflachenschutz erforderlich. Teile, die mit Lebensmitteln in Beriihrung kommen, diirfen nicht aus Zink hergestellt werden. Zink-DruckguBteile finden in groBem Umfang in Kraftfahrzeugen, in Haushaltsund Kuchengeraten, in Buromaschinen, in Spielzeugen und in feinrnechanischen Geraten Verwendung. Meist handelt es sich um kleine bis mittlere Teile mit einer Masse von wenigen Gramm bis etwa 1kg; die Herstellung grol3erer Stucke ist jedoch moglich.
3.4 Polymerwerkstoffe Von den erzeugten Polymeren wird ein standig zunehmender Teil als Konstruktionswerkstoffe eingesetzt. Ihre Kennwerte sind durch Anderung der stofflichen Zusammensetzung und zweckmaBige Verarbeitung in weiten Grenzen variierbar, wobei eine bestimmte Eigenschaft optimiert werden kann. Sie konnen vielfach durch Urformen in groBen Stuckzahlen wirtschaftlich gefertigt werden, ohne daB eine spanende Nacharbeit erforderlich ware. Die Oberflachengute urgeformter Teile ist fur die meisten Anwendungsfalle ausreichend, so daB Schleifen und Polieren entfallen; wegen der guten Bestandigkeit gegeniiber Atmospharilien ist auch kein Oberflachenschutz notig. Bei der Anwendung von Polymeren als Konstruktionswerkstoffe mu6 allerdings auf eine Reihe von Besonderheiten, die durch den strukturellen Aufbau bedingt sind, aufmerksam gemacht werden. Die gegeniiber den metallischen Werkstoffen wesentlich geringeren Festigkeiten (Bild 3.50) konnen trotz der niedrigeren Dichte der Polymeren nicht in allen Fallen durch eine groljere Dimensionierung kompensiert werden. Die unter Last schon bei relativ niedrigen Temperaturen 600
MPa 500
400
300
Bild 3.50 Spannungs-Dehnungs-Kurven verschiedener polymerer und metallischer Werkstoffe 100
1 2 3 4
0
0
2,s
5
Dehnung
so 70
100
Polyethylen hoher Dichte Polycarbonat PreRstoff. holzrnehlgefullt glasfaserverstarkte Polyester (60 M-% Gld\fd\cr) 5 GK-AISiMglO 6 GGG-50 7 c45v
3
I24
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
zu beobachtenden zeitunabhangigen (rein elastischen, energieelastischen) und zeitabhangigen (reversibel entropieelastischen und irreversibel viskosen) Verformungsanteile, die sich je nach Temperatur andern, fuhren zu vielfaltigen Abhangigkeiten der Werkstoffestigkeit (und auch anderer Eigenschaften) von Art, GroBe, Zeit und Geschwindigkeit der Belastung sowie der Umgebungstemperatur.
740 MPa 700 Bild 3.51 Abhangigkeit der Zugfestigkeit von der Temperatur fur verschiedene Polymere (nach K. Oherhach) 1 2 3 4 5
20
6
7
- 40
rzo
40 Temperatur
oc
200
X 9 10
11
PE-LD PS-SB PVC-u PTFE (25% GF) PC PPS PI POM (30% GF) PPOiPS (30% GF) PA ( S O Y : GF) UP (25% GF, Matte)
Die Festigkeit von Polymerwerkstoffen wird im Vergleich zu anderen Werkstoffen vie1 starker von der Umgebungstemperatur beeinflufit (Bild 3.51). Polyethylen, Polystyrol und PVC-U zeigen bereits unterhalb 100°C einen starken Abfall der Zugfestigkeit, demzufolge sie als Konstruktionswerkstoffe in der Regel ausscheiden. Der Einsatz von Polymeren im Maschinenbau konzentriert sich deshalb vorwiegend auf spezielle Thermoplaste, wie Polyphenylensulfid, Polyimide, Polyphenylenoxid-Polystyrol-Mischpolymerisateund Polyamide, deren Anwendungstemperaturbereich teilweise bis 250°C reicht, sowie auf glasfaserverstarkte Thermoplaste und Duromere mit generell erhohter Festigkeit. Die Anwendungsbereiche polymerer Werkstoffe lassen sich durch Aufnahme von Schubmodulkurven (Bild 3.52) ermitteln. Der Abfall des Schubmoduls legt die jeweiligen Anwendungsgrenzen fest. Bei amorphen Thermoplasten (Polystyrol- Acrylnitril-Copolymere, Polycarbonat) folgt mit einer Temperaturerhohung dem zunachst geringeren Ruckgang des Schubmoduls im Glaszustand bis zur Einfriertemperatur ein steiler Abfall im Zustand unterkuhlter Schmelze durch zunehmende Erweichung (Bild 3.52, Kurve a), ebenso bei teilkristallinen Thermoplasten. wenn die amorphen bzw. teilkristallinen Bereiche aufschmelzen (Bild 3.52, Kurve b). Vernetzte Polymere (Duromere) gehen nach der Erweichung (Abfall des Schubmoduls) in den gummiartig-elastischen Zustand iiber, fur den aber dann bei weiterer Temperaturerhohung kein Absinken des Schubmoduls mehr beobachtet wird (Bild 3.52, Kurve c), sondern eine thermische Zersetzung des makromolekularen Netzwerkes beginnt.
3.4
125
Polymerwerkstoffe
-100 0
100
200
300
Tempemfur in "C Bild 3.52 Schubmodul in Abhangigkeit von der Temperatur fur a ) amorphe Polymere b) teilkristalline Polymere c) vernetzte Polymere
EP (68%GF; Gewebe)
UPf5.?% GF Malte)
102 -
AES
PS I
70-l 10'
lo7 702 YO3 10'h lo5
Befastungsdauer
Bild 3.53 Zeitstandfestigkeit von verschiedenen Thermoplasten und Duromeren (nach K . Oberbach)
Das Verhalten unter langzeitiger Belastung wird durch die Zeitstandfestigkeit gekennzeichnet. Dieser Werkstoffkennwert dient der Beurteilung der Lebensdauer von Teilen bei statischer Beanspruchung und gibt AufschluB uber das Kriechverhalten des Werkstoffes. Aus Bild 3.53 ist ersichtlich. daB auch in diesem
3
126
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
80 MPa
70 60
EP (50% GF:Gewebe)
UP(60 % GF Gewebe)
t
. \
PA 66(30% Gf l PA 6/30% GF) PA 6. lrocken POM PA 6, iuftfeucht
70
’
70
705 70 70 B r u c k hwingspie/zabl N
Bild 3.54 Wtihlerkurven (Zugschwellbeanspruchung) von verschiedenen Polymeren (Untcrspannung 1 MPa) (nach K. Oherhach)
Fall sich die glasfaserverstarkten Duromere und Thermoplaste am gunstigsten erweisen. Unter Dauerschwingbeanspruchung zeigen Polymere einige Besonderheiten (Bild 3.54). Infolge der hohen inneren Dampfung wird bei Schwingspielfrequenzen uber 20Hz der Werkstoff so weit erwarmt, daB sich die Festigkeit zunehmend verringert. Zwischen Zug- und Dauerschwingfestigkeit besteht zwar kein eindeutiger Zusammenhang, doch kann als Richtwert angenommen werden, daB die Dauerschwingfestigkeit 20 bis 30% der Zugfestigkeit betragt. Obwohl die Wohlerkurve im Bereich von 106 bis l o 7 Schwingspielen in einen flachen Bereich ubergeht, existiert die durch einen waagerechten Verlauf der Wohlerlinie gekennzeichnete Dauerfestigkeit bei Polymeren nicht. Es treten auch bei Schwingspielzahlen > 107 noch Bruche auf. lnfolge der bei Polymeren gegenuber Metallen etwa 10- bis 20fach hoheren Warmedehnung sowie einer moglichen MaBanderung durch Feuchtigkeitsaufnahme sollten Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit im Anwendungsbereich nur geringfugig schwanken. Bei konstanten Umgebungsbedingungen lassen sich dann bei spanlos geformten Teilen die MaBabweichungen bis auf 0,Ol mm, bei spanend bearbeiteten bis auf einige pm einschranken. Die Tabellen 3.15 und 3.16 geben einen Uberblick uber die wichtigsten mechanischen und thermischen Eigenschaften von technisch bedeutsamen Polymerwerkstoffen. Weitere Kennwerte enthalten [3.32] bis [3.35].
3.4
Tabelle 3.15 Mechanische Eigenschaften von Polymerwerkstoffen Zug-EModul GPa
Schlagzahigkeit kJ/m*
0.2 . . . 0,3 0.75 . . . 1,2S 0,6 . . . 0,Y
o.B.5) 0.B. 0.B.
> so 4 . . . 15 2,s . . . 3 I
1,s . . . 1,6S 0,75 . . . 1,4 3,8 . . . 4,7 6,2 . . . 7
60 . . . 80 0.B. 12 ... 17 22
3,1 . . . 3.3 1.4.. . 2.1 3,7 . . . 3.9 12 2,2 . . . 3 6 2.2 . . . 2.6
11 ... 16 60 . . . 0.B. 16 . . . 20 10 0.B. 14 . . . 20 0.B.
-
0.B. 70 ... 0.B. 0.B.
MPa
550 . . . 800 400.. . 1000 350 . . . 550
X . . . 13
PE-HD
PP-Copol. PP-GF30
21 . . . 32 l9..,26 30 . . . 34 18 . . . 30 32 . . . 34 80
I
PS PS-HI) SAN SAN-GF35 ABS ABS-GF17 ASA
42 . . . 62 IS . . . 30 72 . . , 82 36 . . . 65 7s . . . 80 43 . . . 56
1,s . . . 3 40 . . . SO 3...s 2 IS . . . 30 2 3 . . . 3.3 I
PVC-P PVC-u PVC-SZ4)
16 . . . 34 60 4s . . . 50
300 . . . 380 20 . . . 30 3s . . . 100 I
110
I
PA6 trocken luftfeucht PA6-GF30 trocken luftfeucht PA66 trocken luftfetccht PA610 trocken Iuftfeucht PA12 trocken luftfeucht
75 . . . 80 SO . . . 60
> so > 50
1x0 110
3 8
70 . . . YO SO . . . 65
5,s . . . 1s 2 . . . 2,s 4 6...35 s ...7 6 . . . IS 1
i y:.
2 ...4 0.B.
1
16 20
20 . . . so > 50
3 . . . 3.4 1.2 _ . .1.7
0.B. 0.B.
4...6 0.B.
60 SO
> so > 50
2.4 1,s
0.B. 0.B.
7 37
40 . . . SO 38 . . . 47
> so > 50
1,4 . . . 1,6 1,2 . , . 1,35
0.B. 0.B.
-
2,3 . . . 2,4 10,s 2.5 . . . 2.7 10
0.B. 40 32 70 ... 0.B. 56
6.5 . . . 95 12 10 4 . . . 6,s 11
3.3 3,1 0.7.5
13 0.B. 0.B.
iqh..
10.4 4 2.9 . . . 3,4 15
39 0.B. 0.B. 4s
35
60 . . . 70 72
I 1)
2
65 70
2.6 > so 60 1,s . . . 1.8
xs . . . 110
2,
2,s . . . 4 s...20 2...3 6...7 1
5.5
156 104
PPS-GF40
2,s . . . 3s
s ... 10
4,s . . . 5,s so . . . 80 10 350 . . ,400 I PMMA POM PTFE
3 2.2 . . . 2,6
I-
Kerbschlagzahigkeit kJ/m?
0.B. 0.B.
63 PC 90 . . . 125 I35 PC-GF35 3.5 175 PET-GF30 2 53 . . . 56 PBT 1 s . . . >so PBT-GF30 140 2,6 I
I
127
Polymerwerkstoffe
170.. . 190
X: vernetzt TF: mit Talkum gefiillt
3) 4,
HI: high impact SZ: schlagzah
3,0 . . . 3,2 1,s 10
11
5)
0.B.
s... 8
14
s . . . 1s 6...8 -
0.B. ohne Bruch (Fortsetzung nachste Seite)
128
3
Allgerneine Konstruktionswerkstoffe
Tabelle 3. 15 Mechanische Eigenschaften von Polyrnerwerkstoffen (Fortsetzung)
Werkstoff
Zugspannung a n Strcckgrenze M Pa
ReiBdehnung %
UP U P (65% GF-Gewehe)
30 . . . 85 300
-
EP
60
>3
PF rnit Fullstoff Mineralfaser Holzrnehl Gewebeschnitzel
so . . . 70 so . . . 70
MF-Zellstoft’
Zug-E~ ; ~ u l
1
Schlagzahigkcit kJ/m’
Kcrbschlagzahigkeit kJ/m’
9 . . . 12 6 ...8 7 . . . 10
4,s . . . 10 5 ...8 11
1.5 . . . 3 1.4 . . . 2 I
8 . . . 10
8 . . . 10
1.5 . . . 2
2...6
4s
55 . . . 80
I
~
3.4.1 Verarbeitung von Polymerwerkstoffen Fur die Verarbeitung von Polymeren existieren zahlreiche Verfahren, die teils gewisse Parallelen zur Metallverarbeitung aufweisen, teils auf Grund der strukturellen Besonderheiten der Polymeren aber auch vollig davon abweichen (s. Tab. 3.17). Von den Urformverfahren sind Extrudieren und SpritzgieBen diejenigen, nach denen uber die Halfte der polymeren Werkstoffe verarbeitet wird. Das beruht darauf, dalj diese Verfahren fur fast alle Polymeren einsetzbar und vielfaltig abwandelbar sind. So konnen rnit Hilfe des Extruders und entsprechender Folgeeinrichtungen Voll- und Hohlprofile, Rohre, Platten und Folien oder auch Ummantelungen gefertigt werden. Im SpritzgieBverfahren werden unterschiedlich geformte Teile, bei denen hohe Stuckzahlen benotigt werden, preisgunstig gefertigt. Daruber hinaus konnen die Polymeren mittels Form- und Spritzpressens sowie - bei minimalem Aufwand an Formen - durch (druckloses) GieBen urgeformt werden. Letzteres wird fur Duromere und Thermoplaste angewendet. Zur Herstellung von Rohren und Hohlkorpern allgemein wird es auch in Form des Rotations- und SchleudergieBens genutzt. Ausgangsmaterial fur die Urformung sind Pulver, Granulate oder Pasten. Das Umformen von Polymeren wird im Zustand der unterkuhlten Schmelze vorgenommen und ist somit auf Thermoplaste beschrankt. Es geht von Halbzeugen aus und wird vorwiegend dort herangezogen, wo die Urformverfahren wegen niedriger Stuckzahlen unwirtschaftlich oder wie bei groBflachigen Teilen nicht mehr einsetzbar sind. Handwerkliche Verfahren der Umformung sind das Dehnen, Aufweiten und Biegen, vor allem von Rohren. Industriell durchgefuhrt wird das Biegen von Tafeln, die zu groljeren Aggregaten der Galvanotechnik, der chemischen Industrie und in Verbindung rnit dem Korrosionsschutz zusammengeschweiBt werden. Durch Tiefziehen lassen sich auch Formteile aus Halbzeugen herstellen. Die Formungsdrucke sind sehr gering (beim Arbeiten mit Unterdruck 0,l MPa, bei Uberdruck bis 0,4 MPa). Wie das Umformen ist auch das SchweiBen (s.a. Abschn. 115.4)nur fur unvernetzte Polymere, also Thermoplaste anwendbar. Bei Erwarmung erweichen sie
3.4
129
Polymerwerkstoffe
Tahelle 3.16 Thermische Eigenschaften von Polyrnerwerkstoffen Werkstoff
Obere Anwendungstemperatur ohne mechanische Beanspruchung kurzzeitig
1la;gdauernd
')C ~~
PE-LD PE-HD PE-X
95
PP PP-Copol. PP-TF40 PP-GF3O
140 140
110
120
h e a r e r War- Warmeleitrneausdehzahl nungskoeffizient W/(rn. K)
')C
0,30 . . . 0,33 0,36 . . . 0,45 0,38
88 . . . 98') 65 . . . 82
0,22 0,22 0,45 . . . 0,s 0.3
80 . . . 95 50 . . . 75 98 . . . 100
0.16 . . . 0.17 0.17 0,17 0.19 0.17 0.19 0.17
84 . . . 100 80 . . . 90 106
1.5 . . , 2,l 10,7 0.7 . . . 0.8
0.13
42 77 ... 83 81 . . . 82
K-1
1
x
104
75
0:;
110 110
Vicat-Erweichungsternperatur (Verfahren B)
13
-
-
-
1,s 0.8
-
-
0,7
PS PS-HI SAN SAN-GF35 ABS ABS-GF17 ASA
70 . . , 80 60 . . , 70 85 95 75 . . . 95
50 . . . 70
0,s
-
80
1 0.7
-
-
100
-
0,s ... 1.1 0,35 . . . 0.5
80 . . . 90
70 . . . 75
0,9
PVC-P PVC-u PVC-sz
55 . . . 65 70 . . . 80
50 . . . 55 1:;...70
PA6 PA6-GF30 PA66 PA610 PA12
160 . . . 180 210 170.. . 200 160.. . 180 140 ... 150
80 ... 100 120.. . 130 80 ... 100 8 0 . . . 100 70 ...90
0,7 . . . 1 0,2 . . . 0,3 0,7 . . , 1 0,s . . , I 1.2 . . . 1.4
0.25 0.24 0.27 0,27 0.27
PC PC-GF35 PET-GF30 PBT PBT-GF30
I 50 150 200 200 200
125 . . . 130 125.. . 130 140 130.. . 140 140
0.7 0,25 0.3 0.8 0,3
0.2 0,23 0,28 0.25 0,28
220
PMMA POM PTFE
85 , . . 100 1 1 0 . . . 140 300
65 . . . 90 90 ... 110 260
0,7 1.22 1.2
0,19 0,37 0.35
8 4 . . . 108 174') 110
LCP
240
220
-
145
PAEK PEI PPS-GF40
> 300
> 250 170 200
4 0 3 (Iangs) 0,66 (quer) 0.41 0,4 . . . 056 0.17
0,22 0,22 0.26 . . . 0,27
> 240
UP EP
200
150 130
1 . . . 1,s 0.75
0,lS . . . 0,2
150 140 110
0,2 . . . 0.3 0,3 . . . 0,4 0,15 . . . 0.3
0,6 0,36 0.3
70
210 240 180
PF rnit Fullstoff 200 Mineralfaser 180 Holzrnehl Gewebeschnit- 140 zel MF-Zellstoff *)
Verfahren A
160
1135
10.3 . . . 0.4
0.15 0.15
-
0.36
130
109
87 . . . 108 105 . . . 115 90 . . . 102
210 . . . 220 -
230 . . ,250 205 . . ,215 140 . . . I50 1 4 5 . . . 148 149
260 155
-
. . . 175
130
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Tabcllc 3.17 CJbersicht von wichtigen. fur ausgewiihltc Polymerc angewendeten Verarhcitungsvcrfahrcn (nach Curlowirz)
Verarheitungsverfahren Urfhrt t i i ~I t G i c Re n Sintern Spritzgielkn
Verarbeitbare Wcrkstolfe
HohlkOrpcrblasen Walic n
PMMA. PA6. PVC-P. LIP. EP. UF. P U R PE. PP. PVC-U, PTFE. PA Alle Thcrmoplaste, Duromere mit feinkornigen Fullstoffen und Elastomerc UP, E P Allc Duromcrc Duromerc mit pulvrigcn oder schnitzelfiirmigcn Fullstoffen Alle Thermoplastc, P F und MF mit pulvrigen odcr schnitzelftirmigen Fullstoffen PE. PP, PVC-U. PC. PA6 ABS. PVC-P. PVC-IJ. Elastomere
Utt 1 f o n t ii'ti Biegen Ziehl'ormen Streck formen
PE. PP. PS-SB. ABS. PVC. PMMA. PC. C A PE. PP. PS-SB. ABS. PVC. PMMA. PC. C A PE. PP. PS-SB. ABS. PVC. PMMA. PC, C A
Trcrit icti Schnciden St ii nzc n Spancn
Thermoplastc. Elaxtomerc Hp, PVC-IJ Alle Thcrmoplastc und Duromcrc
Niederdruckpressen Hochdruckpresscn Spritzpressen Extrudiercn
Fi'iigcvi
Schweilkn Klchen Vi~ri~tielri Bedrucken
Mctallisiercn
PCV-P. PVC-IJ. PE, PP. PMMA. PA Alle Thermoplastc und Duromcre. zum Teil nur nach hcsondcrcr Vorbehandlung Alle Thermoplaste und Duromerc. zum Teil nur nach bcsondcrcr Vorbehandlung ABS. PMMA. PVC-U. P C
so weit, da13 die Makromolekule infolge der Warmebewegung innig verfilzen (,,verschmelzen") und bei sachgemaoer Ausfuhrung in der SchweiBverbindung Festigkeiten von 75 bis 100% der Grundfestigkeit der miteinander verschweisten Werkstoffe erzielt werden. Amorphe Thermoplaste, wie Polystyrol und PVC, zeichnen sich durch einen breiten Bereich optimaler SchweiBbarkeit aus, der sich oberhalb der Einfriertemperatur uber einen groRen Teil des Zustandes der unterkuhlten Schmelze bis in den Erweichungsbereich erstreckt. Teilkristalline Thermoplaste dagegen, wie das Polyethylen und die Polyamide, sind lediglich in einem schmalen Bereich um den Kristallitschmelzpunkt herum bei genauer Einhaltung der SchweiBbedingungen schweisbar. Das Fugen teilkristalliner Thermoplastteile wird auBerdem durch die niedrige Schmelzeviskositat erschwert. Von grol3erer Bedeutung ist die Verarbeitung zu glasfaserverstarkten Polymeren, mit der wesentliche Festigkeitssteigerungen erzielt werden konnen. Bci Duromeren werden Glasfasern durch Tranken in eine polymere Matrix eingebettet und anschlieBend in einem Werkzeug urgeformt. Die Verarbeitung kennt sowohl stoff- als auch verfahrensseitig zahlreiche Variationsmoglichkeiten. Als
3.4
Polymerwerkstoffe
131
Harzbasis wird vorwiegend ungesattigtes Polyesterharz, fur besonders hohe mechanische Beanspruchung Epoxidharz eingesetzt. Zur Armierung der Harzmatrix eignen sich Fasern aus alkalifreiem Glas am besten. In Anpassung an die Erfordernisse konnen die Glasfasern als Garne und Zwirne, als Rovings (ungezwirnter Strang) oder als Matten und Gewebe zur Anwendung kommen. Die Glasfaserverstarkung von Thermoplasten erfolgt im ExtrusionsprozeB. Auf Grund der wachsenden Anforderungen hinsichtlich der Leichtbauweise fuhren sich polymere Faserverbundwerkstoffe immer starker besonders im Fahrzeug- und Maschinenbau ein. In die Polymermatrix eingebettete, lastabhangig orientierte Lang- oder Endlosfasern bzw. Gewebe rnit einem Faservolumenanteil von uber 50% erlauben die Herstellung hochbelastbarer Strukturen, die bisher den hochfesten Metallen vorbehalten blieben, wobei 40 bis 80% Masse eingespart werden konnen. Zuerst hatten diese Werkstoffe die Branchen Luftfahrt und Sportgerate erobert. Dabei gestatten die neuen HT-UP-Harze Dauergebrauchstemperaturen bis 240 "C, kohlenstoffaserverstarkte Epoxidharze die Herstellung hochfester Zugkabel, z. B. fur Spannbetonbrucken, und glasfaserverstarkte Kunststoffe (GFK) inzwischen auch die Herstellung von Blattfedern fur den Fahrzeugbau.
3.4.2 Thermoplaste Polyethylen (PE), Handelsnamen: Lupolen, Hostalen, Vestolen, Mirathen, Starnylan. Als Vorprodukte dienen Ethin oder Ethen, die aus Kokereigas oder durch Cracken von Erdgas bzw. Erdol gewonnen werden. Das Monomere wird durch Niederdruck- oder Hochdruckverfahren polymerisiert und steht dann als Polyethylen hoher Dichte (PE-HD,0,941bis 0,965 g (311-3) oder als Polyethylen niederer Dichte (PE-LD, 0,914 bis 0,925 g cm-3) zur Verfugung. Molmasse, Kristallinitat, Struktur und damit die Eigenschaften des P E hangen in hohem Mane vom Polymerisationsverfahren ab. Neben der Dichte werden die zahlreichen PE-Typen durch die Angabe der Schmelze-FlieBrate MFR, die in reziproker Beziehung zur Molmasse steht, unterschieden. Je niedriger die MFR ist, desto hoher ist die Molmasse und desto besser sind z. B. auch die mechanischen Eigenschaften. Polyethylen zeichnet sich im Vergleich zu anderen Polymeren durch eine besonders niedrige Dichte aus. Es ist hochelastisch und auch bei tieferen Temperaturen sehr schlagfest. Weitere Vorteile sind die geringe Wasseraufnahme, die ausgezeichneten elektrischen Eigenschaften, die hohe chemische Bestandigkeit und die vielseitige Verarbeitbarkeit. Auch der niedrige Preis begunstigt den Einsatz auf vielen Gebieten. Als nachteilig erweisen sich die geringe UV-Bestandigkeit der unstabilisierten Typen sowie die Neigung zum Kriechen (kalter Flub) und zur SpannungsriBkorrosion. Wichtige Verwendungsgebiete fur PE-LD sind Verpackungsfolien, Platten, Profile, Rohre, Hohlkorper und SpritzgieBteile mit geringen Anspruchen an die mechanischen Eigenschaften und Oberflachenharte sowie Anwendungsfalle, bei denen die Gefahr der Spannungsriljkorrosion nicht besteht. PE-HD wird vorzugsweise fur Druckrohre, Plattenmaterial im Apparatebau, Profile, Halbzeuge zum Umformen und Hohlkorper (Behalter) aller Art sowie fur technische SpritzgieBartikel, die hoherer mechanischer Belastung unterliegen, eingesetzt.
132
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Polypropylen (PP), Handelsnamen: Hostalen PP, Daplen, Moplen, Novolen. Die Herstellung geschieht aus Propen (Erdol, Erdgas) mittels Normaldruckpolymerisation. Uber die Wahl der Katalysatoren kann die Isotaktizitat, d.h. die Stellung der CH,-Gruppen an der Polymerenkette, beliebig variiert werden. Den hochsten Ordnungsgrad weist das isotaktische PP (alle CH,-Gruppen auf einer Seite), den niedrigsten das ataktische PP (regellose Anordnung) auf. RegelmaBig aufgebautes PP erreicht einen hohen Kristallinitatsgrad (> 90%). Daraus folgen hohe Festigkeit und gute thermische Bestandigkeit. Bei ataktisch aufgebautem Material ist wegen des unregelmafiigen Kettenaufbaues die Kristallinitat geringer, und demzufolge sind die mechanische Festigkeit und thermische Bestandigkeit schlechter. Polypropylen hat von allen polymeren Werkstoffen die niedrigste Dichte (0,906 g cm-3). Wie beim PE sind die mechanischen Eigenschaften durch die Einstellbarkeit von Molekulstruktur, Molmasseverteilung, Kristallinitat und Spharolithstruktur im Polymerisationsprozefi in weiten Grenzen variierbar. Gegenuber Polyethylen zeigt Polypropylen eine hohere Festigkeit und Oberflachenharte (Kratzfestigkeit), eine wesentlich geringere Neigung zur Spannungsrifikorrosion und eine verbesserte thermische Bestandigkeit. Die mechanischen Eigenschaften des PP erleiden bis zum Erweichungsbereich nur einen geringen Abfall. PP ist dauerwarmebestandig bis 100" C (kochfest) und ohne mechanische Belastung sogar bis 140°C einsetzbar. Es nimmt kein Wasser auf. Das ist besonders fur die dielektrischen Eigenschaften des Materials von Bedeutung, die weder durch Feuchtigkeit noch durch die Temperatur (bis zum Erweichungsbereich) beeinfluljt werden. Auf Grund seines paraffinartigen Aufbaus zeigt auch das PP eine gute chemische Bestandigkeit, die nur gegenuber Oxidationsmitteln (hohe Oxidationsempfindlichkeit) nicht gegeben ist. Nachteilig ist die Neigung des PP zur Versprodung bei Temperaturen unterhalb 0 "C. Daher werden von fast allen PPHerstellern neben Homopolymerisaten auch PP-Copolymerisate oder Blends mit anderen Polymeren, die ein deutlich verbessertes Schlagzahigkeitsverhalten bei tiefen Temperaturen aufweisen, angeboten. Die mechanischen Eigenschaften lassen sich durch Verstarkung mit Glasfasern wesentlich verbessern: Zugfestigkeit und Kerbschlagzahigkeit steigen auf fast das Doppelte, der E-Modul wird verfunffacht. Durch Compoundierung von PP mit Fullstoffen, wie Talkum oder Kreide, lassen sich Steifigkeit, Dimensionsstabilitat und Warmestandfestigkeit verbessern. Verwendet wird Polypropylen fur Folien, Platten, Profile, Rohre, Hohlkorper und Ummantelungen, hochwertige technische Spritzgiefiteile, Gehause, Scharniere, Haushaltsgerateteile, Waschmaschinenzubehor und vor allem fur PKWZube horteile. Polystyrol (Polystyren, PS) und Polystyrol-Copolymere, Handelsnamen: Vestyron, Styrodur, Diarex, Hitanol, Novodur, Terluran, Lustran. Seine Herstellung geschieht durch Block-, Suspensions- oder Emulsionspolymerisation des aus Benzen und Ethen gewonnenen Styrens. Reinpolymerisate enthalten aul3er Polystyrol keine weiteren thermoplastischen Komponenten. Sie werden nach den genannten Polymerisationsverfahren unterschieden, wobei die durch Blockpolymerisation hergestellten Typen infolge des Fehlens von Zusatzstoffen (Katalysatoren, Emulgatoren) besonders rein sind und die besten optischen sowie elektrischen Eigenschaftswerte zeigen. Polystyrol-Homopolymerisate sind steif und hart, aber sprode. Sie besitzen einen hohen Oberflachenglanz.
3.4
Polymerwerkstoffe
133
Die VerschleilJ- und Abriebfestigkeit ist gering, und sie sind gegen Spannungsrifikorrosion stark anfallig. Zur Modifizierung bestimmter Eigenschaften, wie z. B. der Warmestandfestigkeit, der Schlagzahigkeit und der chemischen Bestandigkeit, und auch zur Anpassung an spezifische Anforderungen wurde eine Vielzahl von Copolymerisaten entwickelt. Durch Zusatz von Butadien und Acrylnitril werden diese Typen zaher als Reinpolystyrole, neigen aber infolge des Butadiengehaltes (Doppelbindung) zu Vergilbung und hoherer Wasseraufnahme. Die Acrylnitrilkomponente erhoht die Chemikalienbestandigkeit. Styrol-Acrylnitril(SAN) und Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymerisate(ABS) heben sich durch besonders gute Oberflacheneigenschaften (Harte und Kratzfestigkeit) hervor. Bei Variation der Acrylnitril- und Butadienanteile konnen Harte, Steifigkeit und Schlagzahigkeit den Anforderungen entsprechend eingestellt werden. Formteile aus ABS sind durch matte bis hochglanzende Oberflachen, hohe Schlagzahigkeit auch bei niedrigen Temperaturen, ausgezeichnete akustische Dampfungseigenschaften und Unempfindlichkeit gegen SpannungsriBkorrosion gekennzeichnet. Wahrend die Alterungsbestandigkeit bei normalen Typen in Innenraumen gut ist, konnen fur freibewitterte Teile nur stabilisierte Typen eingesetzt werden. ABS-Teile werden in groBem Umfang metallisiert. Polystyrol-Copolymerisate werden umfangreich als Blend-Komponenten fur andere Thermoplaste verwendet [3.33].Ziel ist dabei das Erreichen eines Eigenschaftsniveaus, das mehr als dem Mischungsverhaltnis der Partner entsprechend angehoben ist. ZielgroBen sind neben Preisreduzierung die Verbesserung mechanischer Eigenschaften, der Verarbeitbarkeit, des Brandverhaltens oder der Transparenz. Reinpolystyrol findet seine Anwendungsgebiete vorrangig im Verpackungsbereich. Polystyrol-Copolymerisate wie ABS und SAN finden in hoherwertigen Einsatzgebieten Verwendung. Beispiele dafur sind Formteile und Gehause fur Rundfunk- und Fernsehgerate, Telefone, Rechner, Haushaltsgerate, Verkleidungen fur Kuhlschranke, Armaturentafeln, Ventilationssysteme und Batteriekasten im KFZ-Bereich sowie Gartenmobel. Polyvinylchlorid (PVC), Handelsnamen: Decelith, Trovidur, Vestolit, Norvinyl, Vinnolit, Scovinyl. Das durch Anlagerung von Chlor an Ethylen gewonnene Vinylchlorid wird durch Suspensions-, Emulsions- oder Massepolymerisation polymerisiert. Es entstehen Produkte mit unterschiedlichen Molmassen und Kornstrukturen. Mit steigender Molmasse verbessern sich die mechanischen und elektrischen Eigenschaften bei gleichzeitiger Verschlechterung des Verarbeitungsverhaltens. PVC ist auf Grund seines niedrigen Preises, der gunstigen Rohstoffgrundlage und weitgehender Moglichkeiten der Eigenschaftsmodifizierung und der Anpassung an verschiedene Verarbeitungsverfahren einer der verbreitetsten Polymerwerkstoffe. Typische Eigenschaften fur unplastifiziertes PVC (PVC-U bzw. PVC-Hart) sind hohe Steifigkeit, Schwerentflammbarkeit, hohe chemische Bestandigkeit und gute mechanische Bearbeitbarkeit. Angemerkt werden mu13, daB im Brandfall Salzsaure frei wird, die zu erheblichen Korrosionsschaden fuhren kann. Ferner mu13 auf die Gefahr der Dioxin-Bildung im Brandfall hingewiesen werden. PVCHart ist gut kleb- und verschweiBbar.
134
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Durch Mischen mit anderen Polymeren (z. B. Acrylate, chloriertes Polyethylen oder Ethylenvinylacetat) wird der nachteiligen Versprodung bei Temperaturen unter -5 " C entgegengewirkt und gleichzeitig die Zahigkeit im gesamten Temperaturbereich erhoht. Durch Zusatz von Stabilisatoren kann modifiziertes PVCHart zu witterungsbestandigen, langzeitschlagzahen und kaltebestandigen Produkten verarbeitet werden. Mit Hilfe von Zusatzen monomerer und/oder polymerer Weichmacher (,,auBere Weichmachung") konnen die mechanischen Eigenschaften des PVC in weiten Grenzen verandert werden. Das ursprunglich harte und sprode Material wird weich und dehnbar. Herkommliche Weichmacher neigen teilweise zum Ausschwitzen. Dies kann bei Weichmachern rnit Dipolwirkung vermieden werden oder es werden Kettenglieder mit niedriger Glastemperatur copolymerisiert (,,innere Weichmachung"). Uber die Art des Weichmachers und die Abstufung seines Anteils konnen gewunschte Hartegrade eingestellt werden. Erzeugnisse aus PVC-Weich (PVC-P) vermitteln einen gummiahnlichen Eindruck, werden jedoch in der Kalte sprode. Spezielle kaltefeste Weichmacher vermindern diese den Einsatz einschrankende Erscheinung. Weiterhin ist anzumerken, daB Olbestandigkeit nur durch den Einsatz polymerer Weichmacher erzielt werden kann. Die wichtigsten Einsatzgebiete fur PVC-Hart liegen im Bereich des Bauwesens. Aus PVC werden z. B. Trink- und Abwasserleitungen, Fensterrahmen, Dachentwasserungen, Kabelkanale und Rolladen gefertigt. Die groBten Anwendungsbereiche fur PVC-Weich sind Kabelummantelungen, Kunstleder sowie Schlauche und Profile. Polymethylmethhncrylat (PMMA), Handelsnamen: Plexiglas, Lucryl, Vestiform, Acrylite. PMMA wird aus Ethin und Blausaure iiber verschiedene Zwischenstufen durch Blockpolymerisation hergestellt. Es findet als Halbzeug (Platten, Rohre) und als SpritzgieBmasse Verwendung. Kennzeichnend sind die hervorragenden optischen Eigenschaften, die gute mechanische Festigkeit (Steifigkeit, Oberflachenharte) sowie ausgezeichnete Alterungs- und Witterungsbestandigkeit. Allerdings neigt das PMMA zur SpannungsriRkorrosion. Es kann Temperaturen bis 100°C ausgesetzt werden und ist auch ausreichend kaltebestandig. Das PMMA wird dort eingesetzt, wo gleichzeitig mit allen anderen Vorzugen die ausgezeichneten optischen Eigenschaften genutzt werden, so als Verglasungen in Verkehrsmitteln, fur durchsichtige Funktionsmodelle von Motoren und Getrieben, fur Leuchtdecken, Lichtbander und StraBenleuchten, Blink- und Signalleuchten sowie als Lichtleiter.
Polyamid (PA), Handelsnamen: Miramid, Ultramid, Vestamid, Durethan, Rilsan. Die Herstellung geschieht aus Dicarbonsaure und Diaminen mittels Polykondensation oder aus r-Aminosauren durch Polykondensation. Die Kennzeichnung der Polyamide basiert auf der Anzahl der C-Atome in den Grundbausteinen. So enthalt das aus E- Aminocaprolactam gewonnene Polyamid 6 sechs C-Atome oder die Polyamide 11 und 12, die aus Aminoundecansaure bzw. Laurinlactam gewonnen werden, elf bzw. zwolf C-Atome im Grundbaustein. Beim Polyamid 66 werden vom Diamin (Hexamethylendiamin) sechs C-Atome und von der Dicarbonsaure (Adipinsaure) die gleiche Anzahl geliefert. Entsprechendes gilt fur das Polyamid 610, das aus Hexamethylendiamin und Sebacinsaure hergestellt wird.
3.4
Polymerwerkstoffe
135
Die Zusammensetzung ubt einen bedeutenden EinfluB auf die Eigenschaften der Polyamide aus. Besonders die Wasseraufnahme ist davon stark betroffen. Je mehr CH,-Gruppen auf jede CONH-Gruppe kommen, desto geringer ist die Wasseraufnahme und um so besser wird die MaBhaltigkeit (1% Feuchtigkeitsaufnahme bedeutet eine Langenanderung von 0,3%). Polyamide sind Konstruktionswerkstoffe, die bevorzugt fur mechanisch belastete und maBhaltige Teile, wie Zahnrader, Ritzel oder Schrauben, verwendet werden. Ihre mechanischen Eigenschaften sind stark vom Feuchtigkeitsgehalt und Kristallisationsgrad abhangig. Infolge des teilkristallinen Gefuges und hohen Schmelzbereiches sind Polyamide auch bei hoheren Temperaturen einsetzbar. Allerdings tritt oberhalb 100°C in Anwesenheit von Sauerstoff eine Schadigung durch Oxidation ein. Fur den Einsatz an der Atmosphare sind deshalb nur stabilisierte Typen geeignet. Die guten Gleit- und Verschleiljeigenschaften der Polyamide konnen mit Hilfe von Graphit- und Molybdansulfidzusatzen noch verbessert werden, demzufolge sie im Maschinenbau und in der Feinwerktechnik fur wartungsfreie Lager und Kupplungsteile genutzt werden. SchlieBlich lassen sich Festigkeit und Warmebestandigkeit durch das Zumischen von kurzen Glasfasern noch merklich steigern. AuBerdem wird dadurch der bei ungefullten Polyamiden vielfach storende ,,kalte Flup'' verringert. Neben den bereits genannten Anwendungen werden Polyamide fur die Herstellung von Gehausen, Verkleidungen, Ventilatoren, Pumpenteilen, von Teilen fur Haushalts- und Verbrauchsguter sowie auch von Halbzeugen (Drahte, Stabe, Rohre, Profile) verwendet.
Polycarbonat (PC), Handelsnamen: Makrolon, Lexan, Sinvet. Polycarbonate werden durch Kondensation von Bisphenol A mit Phosgen gewonnen. Sie sind durch Eigenschaftskombinationen gekennzeichnet, die sie fur den technischen Einsatz besonders geeignet erscheinen lassen: hohe mechanische Festigkeit, auch bei erhohter Temperatur, Schlagzahigkeit, auch bei sehr tiefen Temperaturen, hohe Warmeformbestandigkeit, weitgehende Konstanz der elektrischen und dielektrischen Werte bis 140 " C und geringe Wasseraufnahme, wodurch die Unveranderlichkeit der Eigenschaften - einschliefilich der Mane - auch bei wechselnder Luftfeuchtigkeit gewahrleistet wird. Mit Hilfe der Glasfaserverstarkung konnen die mechanischen und thermischen Werte noch verbessert werden. Polycarbonate sind schwer entflammbar und bei entsprechender Stabilisierung UV-bestandig. Der Einsatz der Polycarbonate ist dem der Polyamide ahnlich. Im Vordergrund stehen technische Prazisionsteile (Zahnrader, Zahnkranze, Ritzel), Formteile und Gehause fur die Elektrotechnik, Elektronik, optische Datenspeicher sowie sterilisierbare medizinische Gerate. Polyethylen- (PET) und Polybutylenterephthalat (PBT), Handelsnamen: Arnite, Orastin, Selar, Ultradur. Beide sehr ahnliche Werkstoffe entstehen durch Kondensation von Terephthalsaure und Ethylenglykol bzw. 1.4-Butandiol. Die mechanischen Eigenschaften hangen insbesondere beim PET sehr stark vom Kristallinitatsgrad der meist spritzgegossenen Formteile ab, der durch die Verarbeitungsparameter (Werkzeugtemperatur) beeinfluBbar ist. So lassen sich teilkristalline Teile mit hoher Festigkeit und Steifigkeit und geringer Kriechneigung unter Last ebenso herstellen wie amorphe Produkte mit hoher Transparenz, Zahigkeit und Dimensionsstabilitat. Verstarkte PET-Typen sind bis zu 250 'C formstandfest.
136
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
Bei PBT sind Festigkeit und Steifigkeit etwas geringer als bei PET, dafur ist die Zahigkeit bei tiefen Temperaturen und die HeiBwasserbestandigkeit besser. Beide Typen besitzen gute elektrische Eigenschaften, sind jedoch ohne spezielle Flammschutzausrustung brennbar. PET und PBT werden fur verschleiBfeste Teile wie Gleitlager, Rollenlager, Ventilteile, Fuhrungen und Kupplungen eingesetzt. PET wird vielfach im Folienbereich angewendet, PBT fur Formteile und Gehause im Haushaltsgeratebereich. Polyurethan (PUR), Handelsnamen: Desmopan, Elastolen, Elastopan. Polyurethane sind in chemisch-struktureller Hinsicht grundsatzlich gemischte Polymere. Durch Variationsmoglichkeiten bei Ausgangsstoffen (Polyisocyanate, Polyole, Hilfsstoffe) und Reaktionsbedingungen der Polyaddition ist eine fur eine Kunststoffgruppe einmalige Eigenschaftsvielfalt erzeugbar. Daher sind Polyurethane als Schaumstoffe, Elastomere, Lacke, Anstrichstoffe, Klebstoffe, Beschichtungsmaterialen und Fasern bekannt. Als massive PUR-Werkstoffe (GieBsysteme, thermoplastische Polyurethanelastomere) schliel3en sie in bezug auf den Elastizitatsmodul die Lucke zwischen den Elastomeren (Gummi) und den Thermoplasten. Wegen ihrer hohen Abriebfestigkeit, guten Gleiteigenschaften sowie Schwingungsdampfung werden sie fur Lager, Zahnrader, Dampfungselemente, Anschlage, Kupplungen, Rollen, Kabelummantelungen u.a. eingesetzt. Polyoximerhylen (POM), Handelsnamen: Hostaform, Delrin. Polyoximethylen (auch als Polyformaldehyd bzw. Polyacetal bezeichnet) entsteht uber die Polymerisation von Formaldehyd bzw. Trioxan (Homopolymerisat) oder durch Copolymerisation von Formaldehyd bzw. Trioxan mit Ethylenoxid. Es hat einen ausgepragt teilkristallinen Aufbau, der im wesentlichen die hohe Biegesteifigkeit, Harte und Schlagzahigkeit (auch bei tiefen Temperaturen) bestimmt und der auch die gute Losungsmittelbestandigkeit bedingt. POM ist unempfindlich gegen Feuchtigkeitseinflusse und auch bei hoheren Temperaturen maBhaltig und dimensionsstabil. Bei kleinem Reibungskoeffizienten weist das POM eine gute Abriebfestigkeit auf. Die guten Isolationswerte und dielektrischen Eigenschaften sind wenig temperatur- und frequenzabhangig. POMCopolymere weisen gegenuber den Homopolymeren eine hohere HeilJwasserbestandigkeit auf. Einsatzgebiete sind Zahnrader, Ritzel, Nockenwellen, Gleitstucke, Gleitbahnbelage sowie heifiwasser- und kraftstoffuhrende Pumpenteile. Fur den Einsatz an der Atmosphare mussen POM-Teile stabilisiert werden. da sonst ein oxidativer Abbau eintreten kann. Fluorpolymere: Polytetrafluorethylen (PTFE), Polychlortrifluorethylen (PCTFE); Handelsnamen fur PTFE: Teflon, Hostaflon, Polyflon, Fluon; fur PCTFE: Hostaflon C, Edifren, Kel-F. Das uber die Polymerisation von Tetrafluorethylen gewonnene Polytetrafluorethylen ist einer der teuersten polymeren Werkstoffe. Er sollte deshalb nur dort eingesetzt werden, wo seine hochwertigen Eigenschaften voll genutzt werden. PTFE ist gegen alle aggressiven Chemikalien bestandig und wird nur von Natriummetall und flussigem Ammoniak angegriffen. Es ist antiadhasiv, so da13 auch klebrige oder teigige Massen nicht haften und das PTFE als Werkstoff fur Formen und Forderbander in der Lebensmittelindustrie vielfaltig herangezogen wird. Im Kontakt mit Stahl wird ein sehr kleiner Reibungskoeffizient (bei Trok-
3.4
Polymerwerkstoffe
137
ken- und NaBlauf) beobachtet, demzufolge das PTFE als Speziallagerwerkstoff (s. Abschn. 9.2.5.2) Verwendung findet. Nachteilig ist die mangelhafte Dimensionsstabilitat (kalter Flub), die besondere konstruktive MaBnahmen erforderlich macht. Die mechanischen Werte des PTFE liegen bei Raumtemperatur unter denen der meisten Thermoplaste; bei hoheren Temperaturen hingegen ubertreffen sie in fast allen Fallen die der anderen Polymeren. Das PTFEzeigt keinen plastischen Erweichungsbereich, so daB es nicht mit den ublichen Thermoplastverarbeitungsverfahren (SpritzgieBen, Extrudieren) geformt werden kann; es wird kalt geprel3t und anschlieBend gesintert. Aus Halbzeugen werden die gewunschten Teile durch spanabhebende Verfahren (Drehen, Frasen) hergestellt. Das PCTFE ist ein echter Thermoplast und kann auch durch SpritzgieBen verarbeitet werden. Bei gleichem antiadhasivem Verhalten unterscheiden sich seine mechanischen Eigenschaften nur wenig vom PTFE; es ist harter und sproder. Ebenso sind die Reibungswerte etwas ungunstiger. Wegen des fehlenden Kaltflusses ist die Maljstabilitat besser als beim PTFE. Rohre und Schlauche sowie thermisch und chemisch hoher beanspruchte Formteile sind die Haupterzeugnisse.
Flussigkristalline Polymere (LCP); Handelsnamen: Vectra, Xydar. Flussigkristalline Polymere, chemisch insbesondere auf hocharomatischen Polyestern basierend, bestehen aus starren, stabformigen Makromolekulen, die sich in der Schmelze parallelisieren und sogenannte flussigkristalline Strukturen erzeugen. Beim VerarbeitungsprozeB orientieren sich diese Strukturen in den Scher- und Dehnstromungen, so daB in Orientierungsrichtung eine hohe Selbstverstarkung, aber im Formteil insgesamt eine starke Anisotropie der Eigenschaften erzeugt wird. In Orientierungsrichtung zeichnen sich LCP durch auljergewohnlich hohe Zahigkeit und Festigkeit, einen hohen Elastizitatsmodul sowie einen sehr geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten aus. Sie besitzen eine sehr gute Chemikalien- und Oxidationsbestandigkeit und sind ohne spezielle Zusatze flammwidrig. Durch die gute FlieBfahigkeit der Schmelze lassen sich im SpritzgieBprozeB in kurzen Zyklen filigrane, dimensionsstabile und gratfreie Formteile fertigen. Damit erfolgt die Anwendung von LCP vorwiegend fur Kleinstteile, die im Einsatz aggressiven Umweltbedingungen ausgesetzt sind, sowie in der Elektrotechnik/Elektronik fur Stecker, Steckerleisten, Chip-Umhullungen, Leiterplatten, in Bereichen der Faseroptik, im Fahrzeugbau und im Apparatebau. Fur spezielle Anwendungen, z. B. hohe Anforderungen nach Dauergebrauchstemperaturen oder extreme Bestandigkeitsforderungen, stehen eine Reihe thermoplastischer Hochleistungswerkstoffe zur Verfugung, deren breite Nutzung insbesondere aus Preisgrunden eingeschrankt ist. Zu nennen sind hier z. B. Polyimide (PI), Polyphenylensulfide (PPS), Polysulfone (PSU) oder Polyaryletherketone (PAEK). Ebenso besitzt die Stoffgruppe der thermoplastischen Elastomere (TPE) steigende Bedeutung. Detaillierte Beschreibungen dieser Werkstoffe sind in [3.33] enthalten. 3.4.3 Duromere Phenol-Formaldehyd-Harze(PF); Handelsnamen: Bakelite, Alkydal, Lacros. Phenol-Formaldehyd-Harze gewinnt man durch Polykondensation von Phenol und seinen Homologen Kresol und Xylenol mit Formaldehyd. Je nach der Art
138
3
Allgemcinc Konstruktionswerkstoffe
der Katalyse und dcs Mol-Verhaltnisses Phenol/Formaldehyd werden Polymere rnit unterschiedlichen Eigenschaften erhalten: Novolake bei UnterschuB von Formaldehyd und Saurekatalyse, Resole durch Basenkatalyse und FormaldehyduberschuB. Novolake konnen nur durch Hartungsmittel und Warmezufuhr in den unloslichen, unschmelzbaren Zustand uberfuhrt werden; Resole vernetzen ohne Zusatze bei erhohter Temperatur. Fullstofffreie Phenol-Formaldehyd-Harze werden nur in geringem MaBe als GieBharze fur technische Zwecke genutzt. Vie1 umfassender ist der Einsatz in Form von PreBmassen (mit pulvrigen oder schnitzelformigen Fullstoffen vermischten Harzen), aus denen Formteile oder Halbzeuge (Schichtprel3stoffe)gefertigt werden. Wahrend das chemische und thermische Verhalten uberwiegend von der Harzbasis gepragt wird, bestimmen Menge und Art des Fullstoffes (Tab. 3 . IS) in starkerem MaBe die mechanischen und elektrischen Eigenschaften sowie die Verarbeitbarkeit und Wasseraufnahme der Formmasse. Auf Grund der Vernetzung sind der Elastizitatsmodul und die Warmeformbestandigkeit der PF-Werkstoffe hoher als fur die meisten Thermoplaste. Beachtliche Vorteile weisen die PF-Werkstoffe hinsichtlich ihrer thermischen Eigenschaften auf, vor allem dann, wenn mineralische Fullstoffe zugemischt wurden. Mineralisch gefullte Formstoffe sind auch bei Feuchtigkeitseinwirkung gunstiger; bei organischen Fullstoffen (Quellbarkeit) mu13 rnit MaBanderungen gerechnet werden. Eine der wichtigsten Eigenschaften der PF-Harze ist die Brandsicherheit, verbunden mit der Vermeidung toxischer Rauchgase im Brandfall. Zur Herstellung von SchichtpreOstoffen (Hartpapier, Hartgewebe, PreBholz) werden bahnenf6rmige Fullstoffe rnit Phenol- oder Kresolharzen impragniert und verpreBt. lhre Eigenschaften hangen weitgehend von der Art des Fullstoffes sowie des Gewebes ab. AuBer tafelformigen Halbzeugen konnen aus SchichtpreBstoffen auch Rohrc und Profile (Rundstabe, Flachstabe, Vierkantstabe, Sechskantstabe) gefertigt werden. Uber den Schichtaufbau laBt sich die Festigkeit der SchichtpreBstoffe den in unterschiedlichen Richtungen verschiedenen Beanspruchungen anpassen. Wegen ihrer Eigenfarbe und der Neigung zum Nachdunkeln werden Phenol- und Kresolharzprodukte als dunkelgelbliche bis braune bzw. dunkle, eingefarbte Formteile und Halbzeuge angeboten. Der Eigengeruch der Phenol- und Kresolharze verbietet, daB daraus hergestellte Erzeugnisse rnit Lebensmitteln in Beruhrung kommen. Wahrend die mineralstoffgefullten Typen vorwiegend der Herstellung elektrischer Installationsteile, von denen eine gesteigerte thermische Bestandigkeit und MaBhaltigkeit gefordert werden, vorbehalten sind, stellen die holzmehlgefullten Typen typische duromere Massenwerkstoffe fur normale mechanische und thermische Belastung dar (Teile rnit hohem Oberflachenglanz, z. B. Fernsprechgerate, Apparategehause; Bedienteile aller Art). Bei geforderter erhohter Gebrauchsfestigkeit kommen vielfach die Typen rnit Fasern oder Gewebeschnitzeln als Fullstoff (Handgriffe, Zahnrader, Schneckenrader, Laufrollen. Lager, schlagfeste Gehause) zur Anwendung. MelLiniin-F~)rmulr~chyrt-H~irze (MF); Handelsnamen: Madurit, Melan, Cymel. Uber die Polykondensation von Melamin und Formaldehyd werden farblose Harze erhalten, die mit Fullstoffen zu hellfarbigen Formmassen verarbeitet werden. Weil es moglich ist, helle, lichtbestandige Formteile, die auBerdem geschmacks- und geruchsfrei sowie physiologisch unbedenklich sind, herzustel-
3.4
Polymerwerkstoffe
139
len, werden MF-Werkstoffe vielfach als Verpackungsmittel sowie fur Teile, die mit Nahrungs- und GenuBmitteln in Beruhrung kommen, eingesetzt. Die mechanischen Eigenschaften von Formteilen aus Melaminharz sind von der Art des Fullstoffes abhangig und liegen in der gleichen GroBenordnung wie die von entsprechenden PF-Formmassen; das thermische Verhalten der Melaminharze ist jedoch ungunstiger. Weiterhin nachteilig ist, insbesondere bei komplizierten Formteilen, daB sie zur Nachschwindung und damit RiBbildung neigen. Ungesattigte Polyesterharze (UP); Handelsnamen: Aropol, Durapol, Keripol, Palatal, Uromix. Durch Polykondensation von Dicarbonsauren mit zweiwertigen Alkoholen, Losen der Polyester in Styren und Vernetzung mit Hilfe von Peroxidhartern werden ungesattigte Polyester gewonnen, die als GieB- und Laminierharze sowie PreBmassen zur Verarbeitung kommen. Die technisch hochwertigen ungesattigten PolyesterpreBmassen enthalten als Fiillstoff Glasfasern unterschiedlicher Lange (2 bis 3 bzw. 6 bis 8 mm). Sie konnen durch Formpressen verarbeitet werden. Im Vergleich zu Pheno- und Aminoplasten benotigen sie wesentlich niedrigere PreBdrucke, so daB UP-Materialien auch als groBflachige Formteile gefertigt werden konnen. Infolge Glasfaserverstarkung zeigen die Polyester sehr gute mechanische Festigkeiten, die sich vor allem in einer erhohten Schlagbiegeund Kerbschlagzahigkeit ausdrucken. Sie sind temperaturbestandig bis 250 "C. UP-Harze sind brennbar. Durch entsprechende Zusatze konnen sie aber selbstverloschend eingestellt werden. Die gute Festigkeit wie auch die Moglichkeit der Fertigung groaflachiger Teile machen die UP-Werkstoffe besonders fur die Herstellung von Platten, Rohren und Profilen, Behaltern und Behalterauskleidungen, von groBflachigen PreBteilen fur Gehause, Abdeckungen und Karosserien, von Booten sowie Flugzeug- und Raketenteilen geeignet. Epoxidharze (EP); Handelsnamen: Epikote, Araldit, Blendur, Eurepox, Lekutherm, Rutapox, Stycast. Epoxidharze werden durch Hartung von Vorkondensaten (Dioxidiphenylalkane, Epichlorhydrin) mittels aliphatischer mehrwertiger Amine (Kalthartung) oder Dicarbonsaureanhydriden bzw. aromatischer Amine (HeiBhartung) hergestellt. Uber die Variation der Ausgangsstoffe, der Harz-Harter-Kombination und des Harz-Harter-Verhaltnisses lassen sich die Eigenschaften des ausgeharteten Formstoffes in weitem Umfang modifizieren. Daruber hinaus konnen durch Fullstoffzusatze (Quarz-, Schiefer- und Kreidemehl, Kohlenstoff- und Glasfasern, Metallpulver, Graphit, Molybdandisulfid) Festigkeit, thermische Bestandigkeit und Schwindung starker beeinflufit werden. In jedem Falle bringt die HeiBhartung das bessere mechanische, thermische und chemische Verhalten. Die mechanischen Werte der Epoxidharz-Fullstoff-Kombinationenreichen bei Glasfaser- bzw. Kohlenstoffaserverstarkung an die metallischer Werkstoffe heran. Ebenso wie bei den UP-Harzen kann die Brennbarkeit der Epoxidharze durch bestimmte Zusatze stark vermindert werden. Epoxidharze nehmen nur sehr wenig Wasser auf, so daB sie eine ausgezeichnete MaBhaltigkeit wie auch Konstanz der elektrischen Eigenschaften zeigen. Das thermische Verhalten der heiljhartenden Epoxidharze ist sehr gunstig. Die mit der Hartung verbundene Volumenschwindung betragt je nach Fullstoffgehalt nur 0,3 bis 2%. Damit wird das EingieRen von kompakten Metallteilen sowie empfindlichen Bauelementen moglich. AuBerdem zeichnen sich die Epoxid-
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3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
harze durch ein hervorragendes Haftvermogen an metallischen und keramischen Oberflachen, das wesentlich zur Entwicklung der Metallklebetechnik (Abschnitt 1 1.3) beitrug, aus. Auf Grund dieser Eigenschaften sind die Epoxidharze in besonderem Mal3 fur die Herstellung von Verbundwerkstoffen und -konstruktionen (Wabenbauweise; Verbinden gleichartiger, nicht schweil3barer oder verschiedenartiger Werkstoffe; Blechkonstruktionen im Leichtbau) geeignet. Als Laminierharze werden sie aul3erdem fur hochbeanspruchte Schichtstoffe im Bootsbau sowie in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt.
3.4.4 Elastomere D i m - Elustomere Synthetische Kautschuke im engeren Sinne werden als Dien-Elastomere bezeichnet. Als Rohstoff dient Butadien, das als Homopolymerisat oder durch Mischpolymerisation mit Styren und Acrylnitril zu verschiedenen Kautschuksorten verarbeitet wird. Die stereospezifische Polymerisation des Isoprens fuhrt zu einem isotaktischen Polymerisat, dessen Struktur der des Naturkautschuks entspricht. Die reinen Butadien-Elastomeren haben heute ihre ursprungliche Bedeutung verloren und werden nur noch in geringem Umfang, z. B. fur Hartgummiartikel und Behalterauskleidungen sowie fur Brems- und Kupplungsbelage, verwendet. Wesentlich bedeutsamer sind die Mischpolymerisate mit Styren (Styrol-Butadien-Kautschuk, SBR) und Acrylnitril (Nitrilkautschuk, NBR). Erstere werden als Allzweckkautschuke, letztere als 01- und benzinbestandige Spezialsorten eingesetzt. Mit PVC modifizierter Butadien-Acrylnitril-Kautschuknimmt wegen seiner guten Ozonbestandigkeit eine Sonderstellung ein. Uber die Polymerisation von 2-Chlorbutadien gewonnenes Polychlorbutadien (Chloropren, Neoprene) zeichnet sich durch Schwerentflammbarkeit, 01- und Alterungsbestandigkeit sowie VerschleiBfestigkeit aus. Mechanische und thermische Eigenschaften verschiedener, fur technische Zwecke eingesetzter Kautschuksorten enthalt Tabelle 3.18. Wichtige Anwendungsgebiete fur SBR sind die Reifenindustrie, Form- und Spritzartikel, Transportbander, Gewebegummierungen, Brems- und Kupplungsbelage, Sondermassen fur helle und farbige Gummiartikel der Lebensmittelindustrie; fur NBR 81- und benzinbestandige Dichtungen, Schlauche, Auskleidungen, Keilriemen und Forderbander; und fur Polychlorbutadien quellfeste und warmebestandige Dichtungen, Transportbander und Treibriemen.
Tahelle 3.18 Mechanische und thermische Eigenschaften von Elastomeren Elastomer
SBR NBR Chloropren Fluorcarhonkautschuk Siliconkautschuk
Shoreharte
50 . . . 92 56 . . . 70 50 . . . 92 68 . . . 74 30 . . . YO
ReiUfestigkcit
Bruchdehnung
MPa
Yo
18 . . . 22
550 . . . 600 450 . . . 500 200 . . . 500 320 . . . 460 90 . . . 800
20 . . . 23 7 . . . 1s 1s 4...8
DauergebrauchsTemperaturhereich "C
-25 bis +75 -25 bis +75
+ 100 4 0 his +200 -100 bis +I80
3.4
Polyrnerwerkstoffe
141
Elastomere auf Siliconbasis Siliconelastomere haben eine nur mail3ige mechanische Festigkeit, sind aber hochelastisch und bis zu hoheren Temperaturen (kurzfristig bis 325 "C, langfristig bis 180"C) bestandig. Ebenso ist die Kaltefestigkeit ausgezeichnet (bis -100 " C). Siliconkautschuke sind resistent gegen Alterung und Ozon, bestandig gegen Mineralole, Alkohole und Ketone. Nur in chlorierten und Benzolkohlenwasserstoffen sind sie quellbar. Dementsprechend konzentriert sich ihre technische Verwendung auf Dichtungen, Isolierungen, Kabelmantel, Transportbander u.a., die auch bei hoheren und tieferen Temperaturen funktionsfahig sein mussen.
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142
3
Allgemeine Konstruktionswerkstoffe
[3.16] Nicoll, R. : Minimierung des Energieeinsatzes beim Ringwalzen. Thermomechanische Behandlung von ubereutektoiden Walzlagerstahlen. Umformtechnische Schriften Band 44. Dusseldorf: Verl. Stahleisen 1993 [3.17] Peters, A . und R. Kaspar: Verbesserung der Werkstoffeigenschaften hochfester Federstahle durch Mikrolegierung und thermomechanische Behandlung. In: Werkstoffwoche '96 Stuttgart, Symposium 2: Werkstoffe fur die Verkehrstechnik, Herausg.: Koch, U., DGM Informationsgesellschaft mbH 1997, S. 165-170 [3.18] Dufert, K.-R9 G. Zouhur, R. Kost, A. Donuth und B. Donut: Berechnung der Gefugeentwicklung und der mechanischen Eigenschaften beim Warmwalzen. Stahl und Eisen 112 (l992), 10, S. Y3-98 [3.19] Zouhar, G., R. Kost, R. Blusner, M . Burlrich und J . Bathch: Computersimulation der Gefugeentwicklung fur Erzeugnisse aus DunnbrammengieB- und -walzanlagen. Stahl und Eisen 1 15 (1995), 1, S.65-67 [3.20] Proceedings International Symposium on Mathematical Modelling of Hot Rolling of Steel, Hamilton, Ontario, Canada, August 1990, Herausgeber: Yur, S., The Canadian Institute of Mining and Metallurgy [3.21] Liesenberg, 0. und D. Wittekopf: StahlguB- und Gul3eisenlegierungen. Lcipzig. Stuttgart: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie lY92 [3.22] Schritt, W (Hrsg.): Pulvermetallurgie, Sinter- und Verbundwcrkstoffe. 3. Aufl. Leipzig: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1988 [3.23] Schatt, W und K.-P Wieters (Hrsg.): Pulvermetallurgie - Technologien und Werkstoffe. Dusseldorf: VDI-Verlag GmbH 1994 [3.24] ZapJ G. : In: Handbuch der Fertigungstechnik Bd. 1 : Urformen. Hrsg. G. Spur. Munchen: Hanser Verl. 1981 [3.25] Salak, A . : Ferrous Powder Metallurgy, Cambridge lnternational Scicncc Publishing, 1995 [3.26] Whittoker, D.: Powd. Metall. 35( 1YY2) 1, S. 35 [3.27] Bergmann, W : Werkstofftechnik. Munchen. Wien: Carl Hanser Verl.. Teil 1 (Grundlagen) 1984, Teil 2 (Anwendung) 1987 [3.28] Aluminium-Taschenbuch 15. Aufl./ Hrsg.: Aluminium-Zcntrale. Dusseldorf: Aluminium-Verl. Band 1 (Grundlagen und Werkstoffe) 1995; Band 2 (Umformen) 1996 [3.29] Aluminium-Taschenbuch 14. Aufl.; Dusseldorf: Aluminium-Verl. 1988 [3.30] Altenpohl, D. : Aluminium von innen. 5 . Aufl.; Dusseldorf Aluminium-Verl. 1994 [3.31] Peters, M., C. Leyens und J. Kiimpfert: Titan und Titanlegierungen. DGM Informationsgesellschaft mbH 1996 [3.32] Curlowitz, B. : Kunststoff-Tabellen. 4. Aufl.: Munchen. Wien: Carl Hanser Verl. 1995 [3.33] Suechtling, H.-J. : Kunststoff-Taschenbuch. 26. Ausgabe: Munchen. Wien: Carl Hanser Verl. 1995 [3.34] Hellerich, W , G. Hrirsch und S. Hrienle: Werkstoff-Fuhrer Kunststoffe. 7. Aufl.: Munchen, Wien: Carl Hanser Verl. 1996 [3.35] Erhrrrd, G. : Konstruieren mit Kunststoffen. Munchen, Wien: Carl Hanser Verl. 1993 [3.36] DIN EN 573: Aluminium und Aluminiumlegierungen 1994 [3.37] DIN EN 10016: Walzdraht aus unlegiertem Stahl zum Ziehen undiodcr Kaltwalzen 1995 [3.38] DIN EN 10 025: Warmgewalzte Erzeugnisse aus unlegierten Baustahlen 1Y94 [3.39] DIN EN 10028: Flacherzeugnisse aus Druckbehalterstahlen 1993 [3.40] DIN EN 10 052: Begriffe der Warmebehandlung von Eisenwerkstoffen 1904 [3.41] DIN EN 10083: Vergutungsstahle 1991
3.4
Polymerwerkstoffe
143
[3.42] DIN EN 10 113: Warmgewalzte Erzeugnisse aus schweiflgeeigneten Feinkornbaustahlen 1993 [3.43] DIN EN 10 130: Kaltgewalzte Flacherzeugnisse aus weichen Stahlen zum Kaltumformen 1991 [3.44] DIN EN 10 137: Blech und Breitflachstahl aus Baustahlen mit hoherer Streckgrenze im verguteten oder im ausscheidungsgeharteten Zustand 1995 [3.45] DIN EN 10 115: Wetterfeste Baustahle 1993 [3.46] DIN EN 10 149: Warmgewalzte Flacherzeugnisse aus Stahlen mit hoher Streckgrenze zum Kaltumformen 199.5 [3.47] DIN EN 10 209: Kaltgewalzte Flacherzeugnisse aus weichen Stahlen zum Emaillieren 1996 [3.48] DIN 1651: Automatenstahle 1970 [3.49] DIN 1681: StahlguB fur allgemeine Verwendungszwecke 1985 [3.50] DIN 1691: GuBeisen mit Lamellengraphit (GrauguR) 1985 [3.51] DIN 1692: TemperguB 1982 [3.52] DIN 1693: GuBeisen mit Kugelgraphit 1973 [3.53] DIN 1694: Austenitisches GuBeisen 1981 [3.54] DIN 169.5: VerschleiBbestandiges legiertes GuBeisen 1981 [3.55] DIN 1725-2: Aluminiumlegierungen, GuBlegierungen 1986 [3.56] DIN 1729: Magnesiumlegierungen; Teil 1: Knetlegierungen 1982; Teil 2: GuBlegierungen, SandguB, KokillenguB, DruckguB 1973 [3.57] DIN 1743: Feinzink-GuBlegierungen, Teil2: GuBstucke aus Druck-, Sand- und KokillenguB 1987 [3.58] DIN 17 210: Einsatzstahle 1986 [3.59] DIN 17 211: Nitrierstahle 1987 [3.60] DIN 17 212: Stahle fur Flamm- und Induktionsharten 1972 [3.61] DIN 17 850: Titan 1990 [3.62] DIN 17 851: Titanlegierungen 1990
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
Werkzeuge, die zum Be- oder Verarbeiten von Werkstoffen und anderen Materialien, zum Handhaben und Messen von Werkstucken oder in der Recyclingtechnik benotigt werden, sind in der Regel starken und komplex wirkenden Beanspruchungen ausgesetzt. Um die Leistungsfahigkeit und Zuverlassigkeit der Werkzeuge zu gewahrleisten, mussen die hierfur verwendeten Werkstoffe hohen Anspruchen genugen. Die Vielfalt der zu bearbeitenden Materialien und die daraus resultierenden Unterschiede in den geforderten Eigenschaften haben zu einem breiten Sortiment an metallischen und nichtmetallischen Werkzeugwerkstoffen gefiihrt. Es sollen deshalb zunachst die allgemeinen Anforderungen an die Eigenschaften der Werkzeuge dargelegt und eine Ubersicht der dafiir in Frage kommenden Werkstoffe gegeben werden.
4.1 Anforderungen und Werkstoff ubersicht Von einem Werkzeug wird in den meisten Fallen verlangt, daB es das zu bearbeitende Material in der Harte ubertrifft und einen hohen Verschleifiwiderstand aufweist. Daher zeichnen sich die hierfur verwendeten Werkstoffe, von wenigen Ausnahmen abgesehen, durch eine moglichst hohe Harte und Festigkeit bei einer dem jeweiligen Verwendungszweck angepal3ten Zahigkeit aus. Einen Vergleich verschiedener Werkzeugwerkstoffe hinsichtlich ihrer Harte und Biegebruchfestigkeit mit der angestrebten Entwicklungstendenz zeigt Bild 4.1.
10 000
5
2000 0,
5
z
Bild 4.1 H a r k und Biegebruchfestigkeit verschiedener Werkzeugwerkstoffe I 2 3 4
1000
0
1000
2000
MPa
Biegebruchfestigkeit
4( 10
Kaltarheitsstahl Stellit Schnellarheitsstahl Hartmetall (unheschichtet) 5 Hartmetall (heschichtet) 6 Schneidkeramik 7 Diamant und hochharte Schneidstofle (die Pfeile charakterisieren die weitere Entwicklung)
4.1
Anforderungen und Werkstoffubersicht
145
Besonders wichtig ist eine hohe Harte fur Trenn- und Schneidwerkzeuge, wahrend bei Werkzeugen der Ur- und Umformtechnik, die starkeren schlag- oder stoBartigen Beanspruchungen ausgesetzt sind, zugunsten der Bruchsicherheit auf die erreichbare Hochstharte verzichtet werden muB. Es gibt deshalb auch kein Prufverfahren, mit dem das Gebrauchsverhalten von Werkzeugen - bei Zerspanungswerkzeugen wird die Standzeit, bei Schneid-, Ur- und Umformwerkzeugen die Standmenge als Kriterium fur den wirtschaftlichen Einsatz gewahlt eindeutig bewertet werden kann. Die Harte als wichtigste Kenngrolje zur Charakterisierung eines Werkzeugwerkstoffes wird zumeist nach dem Rockwell- bzw. Vickersverfahren bestimmt. Fur sehr harte Werkstoffe findet die Hartemessung nach Knoop Anwendung. In den Fallen, wo an der Oberflache kein Harteeindruck zuruckbleiben darf (z. B. Kaltwalzen), benutzt man die Rucksprungharte. Obwohl bei den metallischen Werkzeugwerkstoffen auch die im Zugversuch ermittelten Werte der Streck- bzw. Dehngrenze, Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Brucheinschnurung als Bewertungskriterien fur das Festigkeits- und Verformungsverhalten herangezogen werden, ist die Eignung dieser KenngroBen fur Werkstoffe, die bis zum Bruch nur geringe plastische Formanderungen erfahren, gering. Eine etwas bessere Differenzierung der mechanischen Eigenschaften gestatten die im statischen Biegeversuch ermittelten 0,1% -Biegegrenze bzw. Biegebruchfestigkeit sowie die elastische und plastische Formanderungsarbeit. Auch Torsions- bzw. Schlagtorsionsversuche sind geeignet, die Werkstoffe fur Werkzeuge unter praxisnahen Bedingungen zu prufen. Da Werkzeuge haufig zyklischen Beanspruchungen ausgesetzt werden, stellen auch die RiBwachstumsgeschwindigkeit da/dN und der Schwellenwert fur den Beginn des RiBwachstums AKo als bruchmechanische Parameter wichtige KenngroBen dar. Dabei ist zu beachten, daB rnit steigender Harte die Kerbempfindlichkeit zunimmt und die Schwingbruche einen hohen Gewaltbruchanteil aufweisen. Problematisch sind aussagefahige KenngroBen fur die Zahigkeit, obwohl die Lebensdauer eines Werkzeuges haufig vom RiB- bzw. Bruchwiderstand bestimmt wird. Das Zahigkeitsverhalten von Werkstoffen hoher Harte wurde in der Vergangenheit vorrangig rnit dem Schlagbiege- bzw. statischen Biegeversuch an ungekerbten oder gekerbten Proben gepruft. Inzwischen hat jedoch die Bruchzahigkeit K,, erheblich an Bedeutung gewonnen. Damit laljt sich - ausgehend von der Definition dieser WerkstoffkenngroBe als Widerstand gegenuber instabiler RiBausbreitung - auch ein Zusammenhang mit dem VerschleiBverhalten herstellen. Von grundlegender Bedeutung fur das Verhalten eines Werkzeuges sind die tribologischen Vorgange an der Kontaktstelle zwischen Werkzeug und dem zu bearbeitenden Material (s.a. Abschn. 8.1). Eine Ubersicht zum VerschleiB am DrehmeiBel (Bild 4.2) gibt Tabelle 4.1. Der Anteil der verschiedenen VerschleiJ3erscheinungen hangt von den Bearbeitungsparametern (Schnittgeschwindigkeit, Vorschub u.a.) ab. Beim KantenverschleiB, der vorwiegend bei unlegierten und niedriglegierten Werkzeugstahlen auftritt, wird die scharfe Schnittkante abgerundet. Der FreiflachenverschleiB ist durch Entstehen einer Verschleiljflache, die in ihrer Breite als VerschleiBmarke bezeichnet wird, charakterisiert. Seltener ist der SpanflachenverschleiB rnit Ausbildung einer Verschleiljmarke auf der Spanflache. Diese VerschleiBform geht vor allem bei Werkzeugen aus Schnellarbeitsstahlen und Hartmetallen in den KolkverschleiB uber. Dabei entstehen in der Nahe der Schneide kleine flache Krater, die sich rnit fortschreitender Schnitt-
146
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
Bild 4.2 VerschleiBkenngroBen am DrehmeiBel B VerschleiBmarkenbreile auf der Freiflache K T Kolktiefc auf dcr Spanfliichc KM Abstand von der Kolkmittc zur Schncidkmtc (x Freiwinkel y Spanwinkel
Tabelle 4.1 Ubersicht zum Verschleil3 bei der spanenden Bearbeitung Werkzeugbeanspruchung
Schadigungsvorgange
VerschleiRerscheinung am Werkzeug
Wechselwirkung zwischcn dem ablaufenden Span und derwerkzeugoberflache
Stoffauftrag oder -abtrag durch Diffusion
KolkverschleiB
Abtrennen von Teilchen
KantenverschleiB
Adhasion
Abscheren von PreBschweiMstellen
FreifliichenverschleiR
thermische Ermudung
Temperaturschwankungen in der Oberflachenzone fiihren zu Spannungen. die eine Riabildung zur Folge haben
RiRbildung (Kammrisse)
tribochemische Reaktion
Luftsauerstoff kommt mit der Oxidation heiBen Schneide in Beruhrung
mechanische oder thermische Beanspruchung
plastische Verformung, RiBbildung und -ausbreitung
Verformung der Schneide. Ausbrockeln bzw. Schneidenbruch
zeit vertiefen und in Richtung der Schneidkante verschieben, so dal3 diese rasch stumpf wird. Als Verschleil3kenngrolen werden die Verschleifimarkenbreite B auf der Freiflache, die Kolktiefe KT sowie der Kolkmittenabstand von der Schneidkante KM im Verschleil3standzeitversuch in Abhangigkeit von der Schnittzeit oder dem Schnittweg bestimmt. Die zulassige Verschleifimarkenbreite hangt vom Werkstoff, der Art des Werkzeuges sowie den Anforderungen an die Schneidhaltigkeit ab. Mit Zerteilwerkzeugen werden Schnittversuche durchgefiihrt, um den Stirn- bzw. Mantelflachenverschleifl des Werkzeuges bzw. die Grathohe am Schnitteil in Abhangigkeit von der Standmenge (Anzahl der Schnitte) zu ermitteln. Der Stirnflachenverschleifl wird stark von der Werkzeuggeometrie sowie dem Schneidspalt beeinflufit. Urn den unterschiedlichen Schadigungsmechanismen beim Verschleilj entgegenzuwirken, sind an Werkstoffe fur Trenn- und Zerspanwerkzeuge folgende Anforderungen zu stellen:
4. I 0
0 0 0 0
Anforderungen und Werkstoffubersicht
147
hoher Abrasionswiderstand an den Kontaktzonen durch ein moglichst feinkorniges, gleichmaBig ausgebildetes Gefuge mit hoher Korngrenzenfestigkeit hinreichende Zahigkeit, gute Warmharte und -festigkeit hohe thermische Stabilitat der Gefugekomponenten keine Zugeigenspannungen geringe Adhasionsneigung zwischen Werkzeugwerkstoff und dem zu bearbeitenden Material.
Werkzeuge, mit denen Werkstoffe ur- und umgeformt werden, mussen neben dem Widerstand gegenuber abrasivem Abrieb und Adhasion eine ausreichende Festigkeit bei guter Zahigkeit aufweisen. Fur das Bearbeiten bei erhohten Temperaturen werden auBer hoher Warmharte und Warmfestigkeit auch noch Zunder- und Temperaturwechselbestandigkeit gefordert. Bei standigen Temperaturwechseln, z. B. bei DruckgieBformen oder Gesenken, konnen die elastisch-plastischen Wechselverformungen netzformig verlaufende Oberflachenrisse (Brandrisse) verursachen. Zusatzlich treten besonders bei Werkzeugen mit tiefen Gravuren an Querschnittsubergangen oder Innenkanten auch die tiefer in das Werkzeug eindringenden Warmrisse auf. Entscheidend fur die RiBempfindlichkeit sind neben der Bruchzahigkeit und Warmstreckgrenze die Warmeleitfahigkeit und der Ausdehnungskoeffizient des Werkstoffes. Eine gute Warmeleitfahigkeit verringert auch die SchleifriBempfindlichkeit und ermoglicht kurze Taktzeiten durch intensives Kuhlen des Werkzeuges. Bei den Werkstoffen fur MeJ3werkzeuge wird besonderer Wert auf eine hohe MaBbestandigkeit gelegt. Es sind hierbei sowohl die unvermeidbaren MaBanderungen, die durch Warmespannungen und Volumenanderungen infolge Phasenumwandlungen bedingt sind, als auch der Verzug infolge unsachgemaBer Warmebehandlung zu berucksichtigen. Die MaBanderungen hangen in komplexer Weise vom Legierungsgehalt, der Warmebehandlung und den Werkzeugabmessungen ab. Fur viele MeBwerkzeuge sind auch die Schleif- bzw. Polierbarkeit wichtige Verarbeitungseigenschaften. Tabelle 4.2 enthalt eine Ubersicht der fur Werkzeuge in Betracht kommenden Werkstoffgruppen. Die grol3te Bedeutung haben die Werkzeug- oder Arbeitsstahle, deren Eigenschaften durch das Erschmelzen, Legieren und Warmebehandeln in weiten Grenzen variiert und damit den unterschiedlichsten Anforderungen zweckmal3ig angeparjt werden konnen. Neben den Werkstoffen in Tabelle 4.2 kommen hochlegierte EisenguBwerkstoffe, z. B. weiljerstarrtes Chrom-GuBeisen in der Zerkleinerungs- oder Recyclingtechnik, zum Einsatz. WeiBes bzw. meliertes GuBeisen ist auch ein wichtiger Werkstoff fur Walzen in Druckerei-, Papier- oder Textilmaschinen. Von erheblicher Bedeutung sind weiterhin Hartlegierungen, gesinterte Hartmetalle und keramische Werkstoffe, Diamant sowie synthetische Hartstoffe. Nichteisenmetalle bzw. deren Legierungen sind dagegen nur speziellen Anwendungen vorbehalten, z. B. Nickelbasislegierungen fur Warmscherenmesser und StrangpreBwerkzeuge, ZinkguBlegierungen fur Formen der Polymerverarbeitung oder Cu-Be-Legierungen fur funkensichere Werkzeuge. Aushartbare Polymere, vor allem Epoxidharz sowie Polymerbeton sind fur den Rapid-Prototyping-Werkzeugbau (z. B. SpritzgieBformen fur Kleinserien) von Bedeutung.
148
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
Tabelle 4.2 Ubersicht uber die Werkstoffe fur Werkzeuge metallische Werkstoffe Werkstoffgruppe
Werkzeug- oder Arbeitsstihle
Zink-Legierungen und Bronze
Hartlegierungen
Einteilung
Kaltarbeitsstahl, Warmarbeitsstahl, Schnellarbeitsstahl
Zamak. Beryllium-Bronze
Stellit
Herstellung und Verarbeitung
Walz- und SchmiedeGieBen stahl, in geringem MaBe StahlguR. Warmebehandlung vorwiegend durch Harten und Anlassen bzw. Vergiiten
GieRen, Auftragschweisen, thermisches Spritzen
Vorwiegende Anwendung
alle BearbeitungsverWerkzeuge zur Polyfahren rnit Ausnahme merverarbeitung sehr harter und sproder Werkstoffe
Panzerungen
nichtmetallische Werkstoffe Hartmetalle
Keramische Werkstoffe
Diamant und Hartstoffe
Pol ymerwerkstoffe
WolframcarbidCobalt-Hartmetall. Mischcarbid-CobaltHartmetalle
Oxidkeramik
natiirliche und synthetische Diamanten. synthetische Hartstoffe (Boride. Nitride)
Epoxidharzc Polyurethane Silicon-KautschukGieBmassen
Sintern. Beschichten
Sintern
Sintern. Hochdrucksynthese
GieRen mit Vernetzungsreaktionen
Abtrennwerkzeuge, stark auf VerschleiR beanspruchte Umform- und Zerteilwerkzeuge
Abtrennwerkzeuge
Abtrennwerkzeuge fur schwer zerspanbare Werkstoffe, Ziehwerkzeuge
Prototypenbau
Oxid-Carbid-Keramik
4.2 Werkzeugstahle Die Werkzeugstahle sind die historisch alteste Stahlgruppe, und ihre Verfugbarkeit hat entscheidend zur Entwicklung von Handwerk, Landwirtschaft und Militartechnik in der menschlichen Zivilisation beigetragen. Werkzeugstahle sind Edelstahle, die dem Verwendungszweck angepaljte Anforderungen an Festigkeit, Harte, Verschleiljwiderstand und Bruchzahigkeit erfullen mussen. Dazu kommen die fertigungstechnischen Aspekte wie gute Zerspanbarkeit sowie geringer Maljverzug beim Warmebehandeln. Folgende Einteilung ist ublich: 0
0 0 0
unlegierte Kaltarbeitsstahle legierte Kaltarbeitsstahle Warmarbeitsstahle Schnellarbeitsstahle
4.2
Werkzeugstahle
149
Es sei darauf hingewiesen, daB es hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung keine eindeutige Grenze zwischen Konstruktions- und Werkzeugstahlen gibt. So konnen z. B. aus den gleichen chromlegierten Stahlen Kugellager (Kap. 9) oder Kaltwalzen hergestellt werden, Warmarbeitsstahle finden als hochfeste Konstruktionsstahle im Flugzeugbau Anwendung, und die bereits im Kapitel 3 behandelten Einsatzstahle sind die wichtigste Werkstoffgruppe fur Werkzeuge zum Verarbeiten von Polymeren.
4.2.1 Erschmelzen und Formgeben Werkzeugstahle werden grundsatzlich als Edelstahle erschmolzen, wobei durch sekundarmetallurgische MaBnahmen erhebliche Verbesserungen im Hinblick auf die Gefugeausbildung erreicht werden konnen. Zunehmend werden auch das Vakuumschmelzen sowie das Umschmelzen unter Schlacke ( E S U ) zum Herstellen hochwertiger Werkzeugstahle herangezogen. Wahrend die Qualitatsverbesserung beim Vakuumschmelzen vor allem durch Entgasen und das gleichzeitige Erstarren in einem wassergekuhlten Kristallisator erreicht wird, erfolgt dies beim ESU-Verfahren uber die Raffination des durch eine reaktionsfahige Schlackenschicht hindurchtropfenden Stahles. Die so erzeugten hochreinen Stahle zeichnen sich gegenuber den herkommlichen Edelstahlen durch ein Erstarrungsgefuge aus, das frei von Lunkern, Blasen, Poren und Kernauflockerungen ist und als Folge der geringen Seigerungsneigung eine bessere chemische Homogenitat und Isotropie der mechanischen Eigenschaften aufweist. Die guten Kerneigenschaften sind besonders fur Werkzeuge groBer Abmessungen vorteilhaft. Ein weiterer Vorzug der umgeschmolzenen Stahle ist ihr erheblich verringerter Gasgehalt, was zusammen mit dem niedrigen Schwefelgehalt zu weniger nichtmetallischen Einschlussen und damit zu einem besseren mikroskopischen Reinheitsgrad fuhrt. Beim Schmelzen unter Vakuum werden leichtfluchtige Spurenelemente wie Pb, Bi, Sb und As, die die Warmumformbarkeit und Warmzahigkeit vermindern, weitgehend aus dem Stahl entfernt. SchlieBlich werden die Polierbarkeit (Werkzeuge fur die Polymerverarbeitung und Kaltwalzen) und der WarmverschleiBwiderstand verbessert sowie die AnlaBsprodigkeit vermindert. Nach dem StrangguB werden die Stahle durch Walzen oder Schmieden weiterverarbeitet. Dabei ist auf das genaue Einhalten der Warmformgebungstemperatur zu achten, da sich in hochgekohlten Stahlen beim Uberhitzen ein Zementitnetzwerk ausbilden kann oder bei zu niedrigen Temperaturen die Gefahr des Schwarzbruches besteht. Werkzeuge aus Stuhlgufl werden nur im beschrankten Umfang gefertigt, obwohl sich z. B. fur das Herstellen von Gesenken mit Vorgravur, die noch eine Bearbeitungszugabe von 1 bis 5 mm aufweisen, fertigungstechnische Vorteile ergeben. AuBerdem ist eine bessere Isotropie der mechanischen Eigenschaften zu erzielen. Fur Schnellarbeitsstahle hat die pulvermetallurgische Herstellung eine gewisse Bedeutung erlangt. Das SchweiBen von Werkzeugstahlen wird im wesentlichen mit zwei Zielstellungen durchgefuhrt:
0
Ausbessern verschlissener Werkzeugoberflachen mit einem an den Grundwerkstoff weitgehend angepaBten SchweiBzusatz Auftragen einer verschleiflbestandigen Funktionsschicht, z. B. Stellit (Abschn. 4.3)
150
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
In beiden Fallen ist der Warmefuhrung beim SchweiBen besondere Beachtung zu schenken, um Aufhartungen oder RiBbildung zu verhindern.
4.2.2 Chemische Zusammensetzung und Gefuge Durch Legieren konnen die Eigenschaften der Werkzeugstahle in vielfaltiger Weise verandert werden. Die entweder im Eisengitter gelosten oder Sondercarhide bildenden Legierungselemente verbessern die Harte, Festigkeit und Zahigkeit sowie den VerschleiBwiderstand in unterschiedlichem MaBe. Im einzelnen auBert sich die spezifische Wirkung der wichtigsten Legierungselemente wie folgt: Kohlensfoff ermoglicht das Abschreckharten, wobei sich in unlegierten Stahlen Einhartungstiefen von 1 bis 4mm erzielen lassen. Oberhalb 1% C bleibt die erreichbare Hochstharte etwa konstant, jedoch kann durch den zunehmenden Carbidgehalt der VerschleiBwiderstand weiter erhoht werden. Mangan verbessert infolge herabgesetzter Umwandlungsgeschwindigkeit die Hartbarkeit und damit das Durchverguten groBer Querschnitte, begunstigt jedoch auch die Kornvergroberung und wirkt anlaBversprodend. Hochmanganhaltige austenitische Stahle haben eine ausgepragte Neigung zur Kaltverfestigung, die den VerschleiBwiderstand bei Schlag- und Druckbeanspruchung verstarkt. Siliciiim erhoht die Zunderbestandigkeit, fordert aber gleichzeitig die Neigung zur Entkohlung. Wegen ihrer erhohten Elastizitatsgrenze werden siliciumlegierte Stahle fur Werkzeuge mit guten Federungseigenschaften verwendet. In Warmarbeitsstahlen wird durch einen Si-Gehalt von 1% die Klebneigung herabgesetzt. Chrom erniedrigt die kritische Abkuhlgeschwindigkeit und verbessert damit die Hartbarkeit; Sondercarbide erhohen den VerschleiBwiderstand. Wolfram wirkt kornfeinend und verringert damit die Uberhitzungsempfindlichkeit. Es bildet harte Sondercarbide, wodurch der VerschleiBwiderstand, die Warmfestigkeit und die AnlaBbestandigkeit verbessert werden. Ein Nachteil ist die geringere Warmeleitfahigkeit und die damit verbundene Neigung zur RiBbildung. Molybdiin verhindert die AnlaBsprodigkeit und steigert als starker Sondercarhidbildner die Harte, den VerschleiBwiderstand und die AnlaBbestandigkeit. Vanadium hemmt durch die schwer loslichen Sondercarbide das Kornwachstum bei hoheren Austenitisiertemperaturen und verstarkt den VerschleiBwiderstand. GroBere Vanadiumgehalte verschlechtern die Schleifbarkeit. Cobalt vergroBert die Losungsfahigkeit des Austenits fur die carbidbildenden Elemente und wirkt sich aul3erdem gunstig auf die Warmfestigkeit, Warmharte, AnlaRbestandigkeit und Warmeleitfahigkeit aus. Nickel verbessert das Durchharten und wirkt kornfeinend. Nickelzusatze sind vor allem fur eine bessere Bruchzahigkeit von schlag- und stonartig beanspruchten Werkzeugen wichtig. Die angefuhrten Legierungselemente sind meist miteinander kombiniert, so daB beim Bewerten der Eigenschaften ihr komplexes Wirken zu beachten ist. Nach dem Erstarren besteht das Gefuge der unlegierten bzw. legierten Kaltarbeitsstahle (mit Ausnahme der Stahle mit = 12% Chrom) sowie Warmarbeitsstahle aus Ferrit und Sekundarcarbiden. Die Gefugebestandteile der Kaltarbeitsstahle
4.2
Werkzeugstahle
151
rnit = 12% Chrom und der Schnellarbeitsstahle sind Ferrit, Sekundarcarbide sowie eutektische Carbide rnit dem Eutektikum Ledeburit, das in Abhangigkeit vom Verformungsgrad zeilen- oder netzformig angeordnet ist. Die mikroskopische Bewertung der Carbidausbildung und -verteilung erfolgt anhand von Richtreihen.
4.2.3 Warme- und Randschichtbehandeln Entscheidend fur die Lebensdauer und Leistung eines Werkzeuges ist eine dem Verwendungszweck optimal angepaljte Warmebehandlung, da erst durch sie die geforderten Eigenschaften gewahrleistet werden konnen. Die Halbzeuge der Werkzeugstahle werden in der Regel im weichgegluhten Zustand geliefert. Durch das Weichgliihen im AnschluB an die Warmformgebung wird ein fur das Zerspanen oder Kaltumformen gunstiger Gefugezustand erzielt. Bei legierten Stahlen kann zum Beseitigen von Kristallseigerungen ein DifficsionsglLihen des vorverformten Halbzeuges durchgefuhrt werden. Besonders bei unregelmaBig geformten Werkzeugen ist zum Abbau von Bearbeitungsspannungen ein Spannungsarmgliihen rnit Abkuhlen im Ofen zu empfehlen (s.a. Abschn. 3.1.4). Die wichtigste Warmebehandlung fur Werkzeugstahle ist das Hiirten. Es besteht aus den ProzeBstufen Erwarmen auf Hartetemperatur, Austenitisieren, Abschrecken und Anlassen. U m bei komplizierten Werkzeugformen, insbesondere aus legierten Stahlen, einen durchgreifenden Temperaturausgleich zu erreichen, sind mindestens zwei Vorwarmstufen mit hinreichender Ausgleichszeit erforderlich. Fur eine ausreichende Carbidauflosung sol1 die Austenitisiertemperatur mindestens 40 K uber der Umwandlungstemperatur Ac, fur untereutektoidische bzw. Ac, fur ubereutektoidische Stahle liegen. Beim Vorhandensein von Sondercarhiden (z. B. Wolfram- oder Vanadiumcarbide) mu13 die Hartetemperatur bis zu 300 K uber die Umwandlungstemperatur erhoht werden. D a andererseits die im Hartegefuge vorhandenen Carbide die AnlaBbestandigkeit und Warmharte entscheidend bestimmen, durfen nur soviel Carbide in Losung gebracht werden, wie zum Erzielen der angestrebten Harte erforderlich ist. Dazu bedarf es einer genauen Abstimmung von Austenitisiertemperatur und -dauer bei Beachtung der Zeit-Temperatur-Auflosungs( ZTA)-Schaubilder. Das Abschrecken erfolgt in Wasser oder 01; riB- oder verzugsempfindliche Werkzeuge werden haufig im Warmbad gehartet. Das bei Werkzeugen aus legierten Kaltarbeitsstahlen, Warmarbeitsstahlen und Schnellarbeitsstahlen fruher ubliche Austenitisieren in Salzbadern wurde weitgehend durch automatisch gesteuerte Schutzgas- oder Vakuumofen mit 01- bzw. Uberdruck-GasAbschrecken abgelost. Das Anlassen erfolgt in mit Inertgas gefullten AnlaBofen. Neben einer spurbar besseren Qualitat und GleichmaBigkeit des Warmebehandlungsergebnisses lassen sich dadurch auch eine grol3ere Sauberkeit der Werkzeugoberflache und ein besserer Umweltschutz erreichen. Unmittelbar nach dem Abschrecken ist ein Anlassen erforderlich, um durch den Ausgleich der Hartespannungen eine nachtragliche RiBbildung zu verhindern und die Zahigkeit zu erhohen. Neben dem Spannungsausgleich sol1 durch das Anlassen auch das Umwandeln des nach dem Harten im Gefiige verbliebenen Restaustenits, die Abnahme der Versetzungsdichte sowie das Ausscheiden von
4
152
Werkstoffe fur Werkzeuge
hiirtesteigernden Carbiden erreicht werden. Fur die Wahl der AnlaBtemperatur gilt der Grundsatz. daB die Werkzeuge bei einer vom Verwendungszweck geforderten Arbeitsharte eine maximale Zahigkeit aufweisen sollen. Bei Warmarbeitswerkzeugen muB die AnlaBtemperatur 30 K uber der spateren Arbeitstemperatur liegen. Hochlegierte Werkzeugstahle sollen mindestens zweifach angelassen werden, wobei das zweite Anlassen bei 20 bis 30K unterhalb der ersten Anlaljtemperatur durchzufuhren ist. Der bei Raumtemperatur noch verbleibende Restaustenit kann durch ein nachfolgendes Tiefkuhlen verringert werden.
2
--_ 50
20
300
400 500 Anlanfemperafur
600 "C700
20
100
200 300 Anlafltemperatur
400 "C 500
Bild 4.3 Ausgiingshiirte und AnlalJbcstiindigkcit vcrschicdcner Wcrkzeugstlhle
Bild 4.4 Anlaljschaubild fur unlegiertc Kaltarheitsstlhle mit unterschiedlichcm Kohlen-
I unlcgicrlcr K;ilt;irhcils\lahl 2 Icgicrtcr K;ilt;irhcits\tahl 3 Wariii;irhcit\\t;ilil J Sclincll;irlicit~\t;lhl
stollgehall
Bild 4.3 zeigt den prinzipiellen Verlauf der Rockwellharte nach Harten und Anlassen fur die vier Werkzeugstahlgruppen. Derartigen AnlaBkurven kann die fur eine bestimmte Arbeitsharte notwendige Anlaljtemperatur entnommen werden (Bild 4.4). Die Technologie der Warmebehandlung wird durch Temperatur-Zeit-Folgen, die auf die jeweilige Stahlgruppe abgestimmt sind, vorgeschrieben (Bild 4.5). Die beim Harten entstehenden Eigenspannungen und die dadurch verursachten MalJanderungen oder Harterisse konnen durch geeignete konstruktive Mafinahmen reduziert werden. Hierzu gehoren das Vermeiden schroffer Querschnittsubergange durch Abrunden oder Abschragen und eine gunstige Masseverteilung, z. B. durch Anbringen von Zusatzbohrungen oder Aussparungen. Zur weiteren Leistungssteigerung von Werkzeugen werden verschiedene Verfahren des Rannschichtbehandelns angewendet. Das vorwiegend fur Maschinenbaustahle benutzte Einsatzharten hat sich auch bei Werkzeugstahlen bewahrt, u.a. fur DruckgieBwerkzeuge und Werkzeuge fur die Kunststoffverarbeitung. Ein Einsatzharten ist jedoch nur dann moglich, wenn die Werkzeuge anschlieBend nachgeschliffen werden konnen. AuBerdem durfen die Temperaturen des nach dem Einsatzharten erforderlichen Anlassens nicht uberschritten werden. Nitrieren bzw. Carbonitrieren (Abschn. 3.1.4.4) in gasformigen oder flussigen Medien fuhrt ebenfalls zu einem hoheren Verschleiljwiderstand. Es verbessert daruber hinaus die Gleiteigenschaften und verhindert das Kleben in GieBformen
4.2
+ Erwarmen
E P
n
Austenitisieren
3. Vorwifrmstufe lmidmm
-
90%
Abkiihlen
-M
-
Anlassen
temperatur
p,,
I 2.Anlassen 1MOmm
6OObis65O'C
I?!
I
langsame, Ofenabkiihlung
153
Werkzeugstahle
temperatur
-
400'C
Luft L
Bild 4.5 Temperatur-Zeit-Folge fur die Warmebehandlung eines Warmarbeitsstahles (nach Beiblatt 1 zu DIN 17350)
sowie das AufschweiBen in der Kontaktzone. Allerdings ist zu beachten, da13 durch Nitrieren die Oberflache versprodet, so darj bei schlagartigen Beanspruchungen oder plotzlichen Temperaturwechseln Risse bzw. Ausbrocklungen auftreten konnen. Fur Polymerverarbeitungswerkzeuge und Gesenke wird bevorzugt das Plasmanitrieren (Nitrieren mit Glimmentladung) genutzt. Durch kurzzeitiges Eintauchen in Metallphosphatbader (Phosphatieren) entsteht auf der Werkzeugoberflache eine festhaftende Phosphatschicht, wodurch die Gleiteigenschaft verbessert und damit der VerschleiB herabgesetzt wird. Ein haufig angewandtes Verfahren zum Oberflachenveredeln ist das als Hartverchromen bezeichnete elektrolytische Abscheiden einer harten Chromschicht, die den VerschleiBwiderstand, besonders gegeniiber gleitender Reibung, wesentlich erhoht. Um zu verhindern, daB die dunnen Chromschichten bei starken Druckoder Schlagbeanspruchungen eingedruckt werden, mussen die Werkzeuge vor dem Hartverchromen sorgfaltig gehartet und angelassen werden, wobei die Harte etwa 2 bis 4 H R C unter den Werten nichtverchromter Stahle liegen soil. Zum Entfernen des beim Chromabscheiden aufgenommenen Wasserstoffes mussen die Werkzeuge unmittelbar nach dem Verchromen bei 270 "C gegluht werden. Da die Badtemperatur beim Hartverchromen nur etwa 50 "C betragt, besteht keine Verzugsgefahr. Die Chromschicht, fur deren Harte 65 bis 70 H R C angestrebt werden, erweicht bei etwa 350°C und bleibt auch nach Abkuhlen auf Raumtemperatur weich. Deshalb ist das Hartverchromen von schneidenden Werkzeugen nur dann sinnvoll, wenn die Arbeitstemperaturen nicht uber 350 "C hinausgehen. Bei hartverchromten Gesenken ist das Erweichen von geringerer Bedeutung, da die guten Gleiteigenschaften erhalten bleiben. Durch Hartverchromen kann die Leistung von Werkzeugen fur das spanende Bearbeiten von Stahl auf das 2- bis 3fache und bei Holzsagen auf das 6fache gegenuber unverchromten Werkzeugen gesteigert werden. Extrem hohe Randschichtharten konnen durch das Borieren, d.h. die Eindiffusion von Bor in die Randschicht, erzielt werden (s. Abschn. 3.1.4.4). Weitere
154
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
Moglichkeiten des Randschichtbehandelns lassen sich mit dem funkenerosiven Bearbeiten verbinden, wobei andererseits aber leicht Risse an der Oberflache entstehen konnen. Ein zusatzlicher VerschleiBschutz, z. B. bei Tiefziehwerkzeugen. kann durch Metallspritzen oder Laserauftragschweifien mit Hartlegierungen erreicht werden. Zunehmende Bedeutung hat das Abscheiden dunner Schichten aus der Gasphasc erlangt. Dabei ist zwischen den chemischen (CVD = Chemical Vapour Deposition) und den physikalischen (PVD = Physical Vapour Deposition) Methoden zu unterscheiden. Die CVD-Technik hat sich besonders bei Hartmetallen bewahrt und wird im Abschn. 4.3.1 naher beschrieben. Nach dem Beschichten ist ein erneutes Warmebehandeln im Vakuum oder unter Schutzgas moglich. Mit beschichteten Werkzeugen sind Leistungssteigerungen um das 2bis 1 Ofache erreichbar. AuBerdem kann bei spanenden Werkzeugen die Oberflachenqualitat des bearbeiteten Werkstuckes verbessert werden. Die PVD-Verfahren haben zu einer beachtlichen Gebrauchswertsteigerung von Polymerverarbeitungs- und DruckguB-Werkzeugen gefuhrt.
4.2.4 Unlegierte Kaltarbeitsstahle Kaltarbeitsstahle sind auf solche Verwendungszwecke beschrankt, bei denen die Arbeitstemperatur 200 " C nicht uberschreitet. Die unlegierten Kaltarbeitsstahle zeichnen sich durch hohe Reinheit und GleichmaBigkeit des Gefuges aus. CJber abgestufte Gehalte an Kohlenstoff und Beimengungen kann die Einhartungstiefe variiert werden. Nach dem Anlassen (AnlaBtemperatur 180"C) wird eine H a r k von 52 his 60 H R C erreicht. Trotz der steigenden Anforderungen an die Werkzeuge, die in vielen Fallen den Einsatz legierter Stahle erfordern, werden die unlegierten Kaltarbeitsstahle vor allem fur Handwerkzeuge, die sich beim Gebrauch nicht wesentlich erwarmen, Tabcllc 4.3 IJnlcgiertc Kaltarbeitsstihle (nach DIN 17 350) ~
~~
~
Stahlsortc
Hauptsachlichcr Verwendungszweck
Kurznaiue
Werkstoff-Nr.
<'45 w
1.1730
Handwerkzeugc und landwirtschaftliche Werkzeuge iillcr Art, Aufbautcilc fur Werkzeuge. Zangen
('hOW
I . 1740
Handwerkzcugc und landwirtschaftliche Werkzcugc allcr Art, Schaftc und Knrper von Schnellarbcitsstahl- oder Hartmetall-Vcrbundwerkzcugcn, ungehartete WarmsiigcHatter. Aufhauteilc fur Werkzeuee
1
c70w2
I1.1620
Druckluftcinsteckwerkzeu~eim Berg- und StraBcnbau
CHOW 1
1.1525
Gesenke mit flachen Gravuren, Kaltschlagmatrizen. Messcr. HandmeiRel. Spitzeisen
cx5W
I . 1830
Gatter- und Kreissiigen sowie Bandsagen fur die Holzvcrarbeitung. Handsagen fur die Forstwirtschaft. Mihmaschinenmcsscr
c105w 1
1.1545
Gewindcschncidwerkzeuge. Kaltschlagmatrizen. FlicOprcI.3und Prigewerkzcugc. EndmaRe
4.2
Werkzeugstahle
155
noch verbreitet genutzt (Tab. 4.3). Eine wichtige Anforderung an Handwerkzeuge ist der Erhalt der Schneidfahigkeit uber eine langere Nutzungsdauer ohne Nachschliff. Bei der Warmebehandlung, speziell beim Harten, ist die vorgeschriebene Temperatur unbedingt einzuhalten und zu gewahrleisten, daB die Erwarmung langsam und gleichmal3ig geschieht. Fur Werkzeuge mit komplizierter Form bzw. grofieren Abmessungen empfiehlt sich, um Harterisse zu vermeiden, eine gebrochene Hartung in Wasser und anschlieBend in 01. Bereits geringfiigige Uberhitzungen haben RiBbildung, Ausbrocklungen sowie Verzug und zu niedrige Hartetemperaturen eine geringere Harteannahme zur Folge. Durch oberflachliche Entkohlung oder durch die Bildung eines Dampfpolsters zwischen Werkzeug und Abschreckmittel kann an der Oberflache eine Weichhaut oder Weichfleckigkeit auftreten. Um Rirjbildung zu verhindern, ist es zweckmaaig, die dem Abschreckbad entnommenen und noch warmen Werkzeuge sofort anzulassen. Die AnlaBtemperaturen liegen je nach der gewunschten Arbeitsharte zwischen 100 und 300°C. Nach dem Anlassen wird an Luft abgekuhlt. Beispiele von Anlarjkurven fur unlegierte Werkzeugstahle mit unterschiedlichem Kohlenstoffgehalt enthalt Bild 4.4.
4.2.5 Legierte Kaltarbeitsstahle Die legierten Kaltarbeitsstahle sind durch Weiterentwicklung der unlegierten Kaltarbeitsstahle entstanden. Ihre Einsatzgebiete sind vor allem Werkzeuge zum spanlosen und spanenden Formgeben sowie zum Zerteilen bzw. Zerkleinern von Materialien bei maximalen Oberflachentemperaturen der Werkzeuge von 200°C. Weiterhin dienen sie zum Herstellen von MeBwerkzeugen. Durch Zulegieren der Carbidbildner V, Mo, W, Cr und eine entsprechende Warmebehandlung werden neben der Festigkeit (ublich sind 0,2% -Dehngrenzen von 1000 bis 2000 MPa) vor allem die Harte und damit der VerschleiBwiderstand erhoht. Dies macht folgender Vergleich der Knoop-Harte deutlich: Martensit 700, Eisencarbid (Fe3C) 1100, Chromcarbid (Cr&) 1800, Molybdan- oder Wolframcarbid (Mo2C oder WC) 2000 bis 2400 und Vanadiumcarbid (VC) 2700 bis 3000. Der Gehalt an Kohlenstoff kann bei den legierten Kaltarbeitsstahlen zwischen 0,3 und 2,5% variieren und fur die hochlegierten ledeburitischen Stahle sogar bis 3% betragen. Bei 1% Kohlenstoff ist der Anteil an Carbiden im Gefuge der niedriglegierten Stahle etwa 5 % , wahrend er in den hochlegierten Stahlen mit mehr als 2% Kohlenstoff auf 10 bis 30% ansteigt. Durch Laserlegieren mit TIC oder VC kann der Carbidanteil in der Randschicht weiter erhoht werden. Das umfangreiche Sortiment an legierten Kaltarbeitsstahlen sol1 in drei Anwendungsgruppen zusammengefarjt werden; eine Auswahl von Stahlen nach ihrem hauptsachlichen Verwendungszweck enthalt Tabelle 4.4. 4.2.5.1 Werkzeuge fur die Polymerverarbeitung
Von den Werkzeugen fur das Verarbeiten thermo- und duroplastischer Polymere (SpritzgieB-, PreB- und SpritzpreBformen sowie Extruderwerkzeuge) werden gute Bearbeitbarkeit, insbesondere Polierbarkeit bzw. Fotoatzbarkeit, Verzugsfreiheit beim Warmebehandeln, hoher Verschleirjwiderstand und ausreichende Korrosionsbestandigkeit gefordert. Um ein rasches Abkuhlen des Polymers in
4
156
Wcrkstoffe fur Werkzeuge
Tabelle 4.4 Legicrtc Kaltarbcitsstahle (nach DIN 17 350) S t a h I sor t c
Kuriname
Hauptsachlicher Verwendungszweck
Wcrkstoff-Nr.
X21OCrW 12
1.2436
Schnittwerkzeuge. Scherenmesser zum Schneidcn von Stahlblcch his rund 3 mm Dicke und zum Schneiden von gehartetcm Bandstahl. Raumnadeln. hochbeanspruchte Holzbearbeitungswcrk7cuFe bei nicht 7.u hoher Zahigkeitsbeanspruchung. Profilier- und Biirdelrollcn. Mcsser fur die Drahtstiftcnerzeugung, Gewindewaliwcrkicuge. Ticfziehwerkzeuge. PreBwerkzcugc fur die keramischc und pharmazeutische Industrie. Ziehkonen fur Drahtzug. Flicl3prel.lwerkzcugc und Fuhrungsleistcn, Sandstrahldisen
X210Cr 12
I .20XO
Gleicher Verwcndungszweck wie Stahl 1.2436 bci vcrminderter Hiirtbarkeit
XI 65CrMoV I2
1.2601
Gleicher Verwendungszweck wie Stahl 1.2370
XlSSCrVMo12- I
1.2370
MaBbcstiindiger Hochleistungsschnittstahl. bruchempfindlichc Schnitte, Metallsagen, Schlagsaume, Bicgcstanzcn. Scherenmcsscr fur Blechdicken his 6 mm, Kaltscherenmesser. Abgratmatrizcn, Gcwindewalzwerkzeuge. hochbeanspruchte Holzbcarbcitungswerkzcugc, Einsen kpfaffen, FlieBpreflwerkzeuge. Allgemein: Verwendungszweck ahnlich wie St;ihlc 1.2436 und I .20XO bci hiiherer Zahigkeitsbeanspruchung ~
1 l5CrV3
1.2210
~~
Gewindebohrer. Auswerfer. Stempel. Senker. Zahnbohrcr. Stemmeisen. AusstoBer (wird vorzugsweise in Silberstahlausfuhrung vcrwcndct)
100Cr6
1.2067
Lehren. Dorne. Kaltwalzen. Holzbearbeitungswcrk~eugc.Bordclrollen. Stempel. Rohraufwalzdorne. Ziehdorne
145v33
I .2X3X
Kaltscblagwerkzeuge mit hohcm VcrschleilJwiderstand. Schlagsaumc
21MnCr5
1.2162
Werkzeuge fur die Kunststoffverarbeitung. die spancnd bcarbeitet und einsat~gehartetwerden
YOMnCrVX
I .2X42
StanLen. Schnitte. TiefziehwerkLeugc. Schncidwerkzeuge. Kunststoffformen. Schnittplatten und Stempel. Industricmcsser. MclJwcrkicugc
I05WCr6
1.2410
Schneideisen. Fraser, Reibahlen, Lehren. Schnittplattcn und Stempel. Feinstformmesser, Holzbearbeitungswerkzcugc. klcinere Kunststoffformen, Prufdorne, Papierschneidmesser. Mefiwcrkxugc, Gewindestrehler, Schneidbacken. Kluppenschneidbackcn
60WCrV7
I .2550
Schnitte fur dickeres Metall (fur Stahlblech von 6 his ISmm). Rundund Langscherenmesser, Stempel zum Kaltlochcn von Schiencn und Blechen, Holzbearbeitungswerkzeuge, Industriemcsser. ZLhnc f u ~ Kettensagen, Massivprlgewerkzeuge. Abgratmatrizcn. Kaltloch- und Stauchstempel. Auswerfer
X4SNiCrMo4
1.2767
Hiichstbeanspruchte Massivpragewerkzeuge hochster Zahigkcit. Werkzeuge fur schwere Kaltverformung. hochstbcanspruchtc Besteckstanzen. Bijouteriegesenke. Einsenkpfaffcn. Schcrcnmcsscr fur dickstes Schneidgut
X 1 0N iCrMo4
1.2164
Lufthartcndcr Einsatzstahl fur Kunststofformen
X36CrMol7
1.2316
Werkzeuge fur die Verarbeitung von chemisch angrcifcndcn Thermoplasten
X40CrMnMoSX-6
1.2312
Werkzeuge f i r die Kunststoffverarbeitung. Formrahmcn
~~
4.2
Werkzeugstahle
157
der Form zu erreichen, ist auch eine gute Warmeleitfahigkeit erwunscht. Hierfur haben sich Einsatz- bzw. Vergutungsstahle bewahrt. Vorteilhaft ist die Kombination eines relativ weichen Kerns mit einer harten, durch Einsatzharten oder Nitrieren erzeugten Randschicht. Die Lebensdauer von Plastifizienverkzeugen wird maBgeblich von der Qualitat der Schnecken- bzw. Zylinderwerkstoffe bestimmt. Diese mussen einen hohen Widerstand gegen abrasiven VerschleiB aufweisen, damit keine Metallpartikel in das zu verarbeitende Material gelangen. In der Praxis kommen dafur hauptsachlich die Nitrierstahle 34CrAlNi7 und 31CrMoV9, bei denen durch Bad- oder Gasnitrieren Harten von 1000 bis 1100 H V erreicht werden, in Frage. Bei den Einsatzstahlen (X6CrMo4,21MnCrS, X19NiCrMo4) wird eine Einsatzhartungstiefe von 0,6 bis 1 mm und eine Randharte von 58 bis 62 H R C angestrebt. Der Stahl X6CrMo4 weist im weichgegluhten Zustand eine sehr niedrige Harte und ein feines Ferritkorn auf, so daB durch Kalteinsenken auch tiefe Gravuren ohne Zwischengluhen hergestellt werden konnen. Allerdings ist bei diesem Stahl die erreichbare Kernfestigkeit von 800 bis 1000 MPa relativ niedrig. Vergutungsstahle werden mit Zugfestigkeitswerten von 1000 MPa eingesetzt. Dies hat den Vorteil, daB nach dem Bearbeiten kein Warmebehandeln notwendig ist und somit MaBanderungen vermieden werden. Sie werden tiefentschwefelt, um ein isotropes mechanisches Verhalten und eine gleichmaBige Struktur beim fotochemischen Atzen zu gewahrleisten. Fur komplizierte Gravuren ist der besser zerspanbare Stahl40CrMnMoS8-6 gut geeignet. Beim Verarbeiten bestimmter Polymere, z. B. PVC, ist die Werkzeugoberflache einem Korrosionsangriff ausgesetzt. In diesem Fall ist entweder ein Korrosionsschutz durch Vernickeln bzw. Verchromen oder aber der Einsatz korrosionsbestandiger Stahle erforderlich. Eine gute Kombination von VerschleiBwiderstand und Korrosionsbestandigkeit gewahrleisten die martensitischen Stahle X42Cr13 und X36CrMo17. Die martensitaushartbaren (Maraging-)Stiihle haben sich fur Werkzeuge mit besonders komplizierten Gravuren bewahrt. Der Stahl X3NiCoMoTi18-9-5 ist im losungsgegluhten Zustand (Zugfestigkeit ca. 1000 MPa) gut bearbeitbar, und durch anschlieBendes Ausharten bei 480 bis 490 " C kann die Zugfestigkeit auf 2000 MPa gesteigert werden. An dieser Stelle sol1 auf die Erganzung der Werkzeugstahle durch andere metallische Werkstoffe verwiesen werden. Im Blasformen- und SpritzguBwerkzeugbau werden Aluminium-Legierungen, z. B. AlZnMgCuO,S, (EN AW-7022) eingesetzt. Fur die Null- bzw. Vorserien der sehr teuren Formwerkzeuge haben sich Zinklegierungen bewahrt. Mit der gunstigen Kombination von hohem VerschleiBwiderstand und einer um das 4- bis Sfach hoheren Warmeleitfahigkeit gegenuber Stahlen finden auch Bronzen, z. B. CuBe2, Anwendung. 4.2.5.2 Werkzeuge zum Zerteilen
Beim Schneiden oder Stanzen von Formteilen aus Eisen- und Nichteisenmetallen sowie auch beim Verarbeiten von Papier und Pappe, Leder und Gummi werden die Schneidkanten auf Druck und Abscheren beansprucht. Daraus ergibt sich die Forderung nach ausreichender Druckfestigkeit, guter Widerstandsfahigkeit gegen ReibverschleiB und geringer KaltschweiBneigung. Fur die Werkstoffauswahl ist neben der Schneidengeometrie die Art und Starke des zu schneidenden Materials bestimmend. Beispielsweise stellt die Papierher-
158
4
Werkstoffe fur Werkzcuge
stellung aus Recyclingmaterial wegen der darin enthaltenen Fremdstoffe wesentlich hohere Anforderungen an den abrasiven VerschleiBwiderstand. Das Werkstoffspektrum urnfaat sowohl niedrig- als auch hochlegierte Stahle, wobei rnit steigendem Gehalt an Kohlenstoff und Legierungselementen Harte und VerSchleiBwiderstand ansteigen, die Zahigkeit dagegen abnimmt. Im Bereich von 54 bis 62 H R C sinkt die Bruchzahigkeit K,, nahezu linear von 30 auf 20 MPa m"' ab. Im groflen Umfang werden die ledehrrritischen Chromsrahle rnit etwa 1,s bis 2 5 % C und 12 bis 13% Cr (X210Cr12) eingesetzt. Beim Erstarren dieser Stahle bildet sich ein Ledeburiteutektikum mit chromreichen Mischcarbiden, und bei weiterem Abkiihlen scheiden sich aus den y-Mischkristallen Sekundarcarhide aus. Das Mischcarbid M,C, rnit einer Harte von etwa 1700 H V ist der Trager des hohen VerschleiBwiderstandes. Die nach dem Harten zu beobachtenden anisotropen MaBanderungen werden auf die in einer Vorzugsrichtung gestreckten Carbide zuruckgefuhrt. Wegen des im Vergleich zur Grundmasse um etwa l / i niedrigeren Warmeausdehnungskoeffizienten der Carbide entsteht beim Abkuhlen eine ,,Carbidsperrwirkung". Neben dem Carbidanteil hat auch die Gefugematrix der ledeburitischen Stahle groflen EinfluB auf den VerschleiBwiderstand. Da sich der nach dem Harten verbliebene Restaustenit unter Druck in Martensit umwandeln kann, wirkt sich ein erhohter Restaustenitgehalt gunstig auf das ReibverschleiBverhalten aus. Nach dem ESU-Verfahren hergestellte ledeburitische Chromstahle rnit Kohlenstoffgehalten bis 3% schlieBen die Lucke zu den hochchromlegierten Sondergukisensorten. Da in diesen Stahlen der Carbidanteil erhoht ist (im Stahl X29OCr12 auf etwa 30 Vol-% gegenuber 22 Vol-YOim Stahl X21OCr12), wird bei einer Harte von 66 bis 70 H R C ein ausgezeichneter VerschleiBwiderstand erzielt. Die mittellegierten Stahle rnit etwa 1 Yo C zeigen einen niedrigeren Verschleiflwiderstand, dafur aber eine hohere Zahigkeit und bessere Bearbeitbarkeit. Von ihnen werden beispielsweise die Stahle 90MnCrV8 und 105WCr6 bevorzugt fur das Zerteilen von Polymerwerkstoffen benutzt. Maschinenmesser zur Holz-, Zellulose- und Papierverarbeitung werden auch als Verbundstahlmesser hergestellt, indem die Schneidkante, die aus einem Stahl rnit gutem Verschleiflwiderstand besteht, durch WalzschweiBen rnit einem kohlenstoffarmen Stahl verbunden wird. Die Vorteile solcher Verbundwerkzeuge bestehen sowohl in ihrer hohen Bruchsicherheit als auch in der Moglichkeit, enge Toleranzen einhalten zu konnen. Eine bewahrte Werkstoffkombination ist 16MnCrYX 16SCrMoV12. Der hohen Druck- und StoBbeanspruchung bei Druckluftwerkzeugen wird am besten durch einen mittleren Kohlenstoffgehalt in Verbindung rnit carbidbildenden Legierungselementen entsprochen, z. B. in Form der Stahle 4SWCrV7 und 60WCrV7. Bergbauwerkzeuge werden zur Erhohung des VerschleiBwiderstandes haufig mit Hartmetall oder Diamant (s. Abschn. 4.3) bestuckt.
4.2.5.3 Werkzeuge zum Kaltumformen und Messen
Beim Kaltumformen metallischer Werkstoffe durch Walzen, Tiefziehen oder FlieBpressen verursacht die Temperaturerhohung am Werkzeug noch keine AnlaBwirkung, so daB Harte- bzw. Gefugeanderungen nicht auftreten. Die Werkzeuge unterliegen aber starken Druck- und Verschleiflbeanspruchungen. AuBerdem mussen sie eine hohe Bruchsicherheit aufweisen.
4.2
Werkzeugstahle
159
Fur Tiefziehwerkzeuge zum Verarbeiten von kaltgewalztem oder oberflachenveredeltem Feinblech kommen vorzugsweise die Stahle X210Crl2 oder X155CrVMo12-1 zur Anwendung. Bei hohen Anspruchen an die Oberflachenqualitat, z. B. beim Umformen austenitischer CrNi-Stahle, kann das Werkzeug noch mit einer Aluminium-Mehrstoff-Bronze armiert werden. Besonderen Anforderungen haben auch Kaltwalzen, die vorwiegend zum Herstellen dunner Bleche und Bander dienen, zu genugen. Von den Arbeitswalzen, die mit dem zu walzenden Material direkt in Beruhrung kommen, werden eine sehr hohe Randharte, eine grol3e Einhartungstiefe und ein zaher Kern gefordert, wahrend fur die zum Abstutzen der Arbeitswalzen dienenden Stutzwalzen eine mittlere Harte bei hoher Kernfestigkeit verlangt wird. Weitere Forderungen sind eine einwandfreie Oberflachengute und ausreichende Widerstandsfahigkeit gegen Schalenausbruche, die auf die an nichtmetallischen Einschlussen entstehenden Ermudungsrisse zuruckzufuhren sind. Da diese Eigenschaften hauptsachlich vom Reinheitsgrad und der Neigung zu Mikroseigerungen abhangen, werden die Stahle fur Kaltwalzen vorwiegend nach dem ESU- Vcrfahrm erschmolzen bzw. vakuumbehandelt. Es besteht auch die Moglichkeit, die Walzenrohlinge mit einem harten Stahl (z. B. ledeburitischem Chromstahl oder Schnellarbeitsstahl) aufzupanzern, so daB ein Verbundwalzenkorper aus einem zahen Kern mit harter Randschicht entsteht. Charakteristische Werkstoffe fur Arbeits- und Stutzwalzen zum Kaltwalzen von Stahl und NE-Metallen sind die Stahle 85CrMo7-2 und 80CrMoV7-5. Geschmiedete Warmwalzen werden ebenfalls aus Kaltarbeitsstahlen hergestellt, da die Arbeitstemperaturen durch intensives Kuhlen niedrig gehalten werden konnen. Fur PreB- und Pragewerkzeuge, die storjartig auf Druck und Verschleilj beansprucht sind, z. B. Munz- und Medaillenstempel, wird der nickellegierte Stahl 5ONiCrl3 bevorzugt. Ein kostengunstiges Herstellungsverfahren fur Massenteile rnit guter MaBgenauigkeit ist das KaltflieBpressen. Der hierzu - neben Hartmetallen - bevorzugt verwendete Werkzeugstahl ist X155CrVMo12-1. MeBwerkzeuge mussen gut bearbeitbar und hartbar sein, wobei nur geringe und moglichst gleichmaBige MaBanderungen auftreten durfen. Ublich sind die Stahle 100Cr6, lOOV1 und X210Cr12. Zur Verbesserung des Verschleifiwiderstandes werden die Oberflachen der MeBwerkzeuge haufig hartverchromt. Ein typischer Werkstoff fur Walzen in Druckerei-, Mullerei-, Papier-, Gummiund Textilmaschinen ist auch das als WalzenguB (Hartgufi) bezeichnete weiBe GuBeisen. Sein Gefuge besteht in der weiB erstarrten Zone aus Perlit, Sekundarzementit und Ledeburit. Hochlegiertes weiljes ChromguBeisen (z. B. GX300CrMo15-3) wird fur die auf abrasiven VerschleiB beanspruchten Aktivkomponenten in Prallbrechern eingesetzt.
4.2.6 Warmarbeitsstahle Warmarbeitsstahle dienen zum Herstellen von Werkzeugen fur das Ur- und Umformen von Stahlen, NE-Metallen, Glasern und keramischen Werkstoffen bei Arbeitstemperaturen oberhalb 200°C. Wichtigste Anwendungen sind DruckguBformen, StrangpreBwerkzeuge sowie Schmiedegesenke (Tab. 4.5). Da die Temperaturen in Abhangigkeit von dem zu verarbeitenden Material und den technologisch bedingten Kontaktzeiten 300 bis 1000“ C betragen konnen, unterliegen diese Stahle sehr hohen mechanischen und thermischen Beanspruchun-
160
4
Werkstoffe f u r Werkzeuge
Tabelle 4.5 Warmarheitsstiihlc (nach DIN 17 350) Stahlsorte
Hauptsachlicher Vcrwcndungszweck
Kurznamc
We r kst o ff-N r.
55NiCrMoV6
1.2713
Hammergesenke fur mittlere und kleinere Abmessungen
56NiCrMoV7
1.2714
Hammergesenke his zu groRten Abmessungen. besonders auch bei schwierigcn Gravuren: TeilpreBgesenke. Matrizenhalter: PreRstempel fur Strangpressen
X3HCrMoV5-1
1.2343
Gesenke und Gcsenkeinsatze. Werkzeuge fur Schmiedemaschinen; DruckgieUformen fur Leichtmetalle: hochbcanspruchte Werkzeugc zum Strangpressen von Leichtmetall wie Innenbuchsen, Prefhatrizen. PreRstempel
X40CrMoVS- 1
1.2344
Gesenke und Gesenkeinsatze. Werkzeuge fur Schmicdcmaschinen; DruckgieRformen fur Leichtmetallc; hochheanspruchte Werkzeuge fur das Strangpressen von Lcichtmetallen. vor allen Dingen RohrpreRdorne, TeilpreBficscnkc
X32CrMoV3-3
1.2365
Gesenkeinsatze. Werkzeuge fur die Schrauben- und Nietenfertigung, Werkzeuge fur Schmiedemaschinen. hochbeanspruchte Werkzeuge fur das Strangpressen zur Verarheitung von Kupferlegierungen (Innenbuchsen, P r e h a t r i z e n ) sowie von Leichtmetall (Bruckenwerkzeugc, PrcBdorne); DruckgieRformen fur Messing und Leichtmetall
~~
gen, die haufig auch stoBartig bzw. als Thermoschock auftreten. AuRerdem ist ein korrosiver Angriff durch den zu verarbeitenden Werkstoff oder Hochtemperaturkorrosion moglich. Ursachen fur den vorzeitigen Ausfall der Warmarbeitswerkzeuge sind demnach plastische Formanderungen, Warmrisse, Bruch, Verschleil3 und Korrosion. Weiterhin kann das in die Werkzeugoberflache eindringende Verarbeitungsmaterial zum Versproden oder zum Verkleben der Werkstucke an der Arbeitsflache des Werkzeuges fuhren. Werkstoffe fur Warmarbeitswerkzeuge mussen sich durch hohe Warmfestigkeit (Warmstreckgrenze), gute Anlafibestandigkeit, einen hohen Warmverschleifiwiderstand, hinreichende Zahigkeit und gute Thermoschockbestandigkeit auszeichnen. Derartig komplexe Forderungen konnen nur durch eine sorgfaltig aufeinander abgestimmte Legierungs- und Warmebehandlungstechnik erfullt werden. Deshalb enthalten die Warmarbeitsstahle neben den einen hohen Verschleifiwiderstand gewahrleistenden Carbidbildnern Cr, Mo und V haufig noch Nickel und Cobalt: der Kohlenstoffgehalt liegt mit wenigen Ausnahmen nur zwischen 0,2 und 0,6%. Ein groBer Anteil der Warmarbeitsstahle wird im ESU-Verfuhren erschmolzen, um den erforderlichen Reinheitsgrad, eine verbesserte Zahigkeit und ein homogenes Gefuge zu erzielen. Die zum Erreichen hoher Standmengen von den Warmarbeitsstahlen geforderten Eigenschaften setzen eine qualifizierte Warmebehandlung voraus (s. Bild 4.5). Dabei ist ein feinkorniges Gefuge ohne Korngrenzenbelegungen anzustreben. Beim Anlassen auf 500 bis 600°C scheiden sich Sondercurbide vom Typ MC bzw. M,C aus, die mit der Matrix koharent verbunden sind und durch die Gitterverzerrung zum Sekitnnarhurteeffekt fuhren. Zum Vermeiden von Rissen oder Verzug infolge der beim Bearbeiten entstandenen Eigenspannungen sollen die Formteile nach dem Grobzerspanen spannungsarm gegluht werden.
4.2
Werkzeugstahle
161
Fur kompliziert gestaltete DruckguBformen mit tiefer Gravur hat sich der Maraging-Stahf X3NiCoMoTil8-9-5 bewahrt. Dieser Stahl wird nach dem Losungsgluhen durch Warmauslagern bei 480°C auf eine Einbauharte von 50 bis 55 H R C ausgehartet. Dadurch ist die MaBanderung sehr gering und die Oberflache nahezu frei von Oxidation. Hinzu kommen gute Zahigkeit, SchweiBbarkeit, Einsenkbarkeit und Temperaturwechselbestandigkeit. Fur mittlere und grolje Schmiedegesenke werden Stahle rnit guter Zahigkeit wie 55NiCrMoV6 oder 56NiCrMoV7 benotigt. Schmiedesattel fur grolje hydraulische Schmiedepressen werden aus hochwarmfesten Stahlen rnit austenitischem Gefuge hergestellt. Rohr- und Strangpreljwerkzeuge erfordern Warmarbeitsstahle, die einen hohen Widerstand gegen ReibverschleiB aufweisen (X32CrMoV3-3, 30WCrV15). Mechanisch und thermisch hochbeanspruchte Preljmatritzen und -stempel fur das Verarbeiten von Schwermetallen werden aus dem ausscheidungshartbaren austenitischen Warmarbeitsstahl X45CrNi WMoVCo9-9, der nach dem Ausscheidungsharten bei 850°C eine Zugfestigkeit von etwa 1400 MPa erreicht, gefertigt. Neben den Warmarbeitsstahlen kommen auch Molybdanlegierungen rnit Titanund Zirconiumzusatzen sowie Legierungen auf Nickelbasis (NiCrl9CoMo) zum Einsatz (s.a. Abschn. 6.1). Zum Regenerieren verschlissener Werkzeuge ist ein konturnahes Laserauftragschweiljen rnit Zusatzwerkstoffen auf Nickel- oder Cobaltbasis moglich.
4.2.7 Schnellarbeitsstahle
Die hochlegierten Schnellarbeitsstahle wurden rnit dem Ziel, die Schnittgeschwindigkeit spanender Werkzeuge zu erhohen, entwickelt. Obwohl sie darin inzwischen von anderen Schneidstoffen wie Hartmetall oder Keramik ubertroffen wurden, werden sie noch immer im erheblichen Umfang fur Werkzeuge in der Zerspanungs- und Umformtechnik eingesetzt. Ihr Vorteil ist die bessere Zahigkeit bei guter VerschleiBbestandigkeit;die hohe Warmharte und AnlaBbestandigkeit ermoglichen einen Einsatz bis zu Temperaturen von 600°C. Diese Eigenschaften beruhen auf dem durch Warmebehandeln erzeugten Gefuge aus einer anlaljbestandigen Matrix rnit darin eingelagerten legierungsreichen Sondercarbiden. Bei Kohlenstoffgehalten von 0,8 bis 1,4% sind als Legierungselemente W, Cr, Mo, V und Co in folgenden Kombinationen anzutreffen: 0 0 0 0
18%ige Wolframstahle 12%ige Wolframstahle rnit etwa 4% V Wolfram-Molybdan-Stahle rnit etwa 6% W und 5% Mo Molybdan-Wolfram-Stahle rnit etwa 9% Mo und 2% W
Alle vier Gruppen enthalten etwa 4% Cr und konnen rnit 5 bis 10% Co legiert sein. Das in den zuerst entwickelten Schnellarbeitsstahlen als Hauptlegierungselement auftretende W wurde spater teilweise durch Mo und V ersetzt. Die wolframarmeren Stahle haben zwar ahnliche Schneideigenschaften wie die rnit 18% W, sind jedoch uberhitzungsempfindlicher und neigen starker zur Randentkohlung. Andererseits zeichnen sie sich durch eine niedrigere Dichte und eine bessere Warmeleitfahigkeit aus. Der erhohte Molybdangehalt fordert aul3erdem das Entstehen feiner Primarcarbide, wodurch die Zahigkeit verbessert wird.
4
162
Werkstoffe fur Werkzeuge
Von EinfluB auf die Eigenschaften der Schnellarbeitsstahle ist die Verteilung der Legierungselemente auf die Matrix und die Carbide. Die Elemente W, Mo und V bilden Carbide, Cr verteilt sich gleichmaBig auf die Carbide und die Matrix, wahrend Co fast ausschlieBlich in der Matrix gelost bleibt, d.h. mit dem Eisen einen Austauschmischkristall bildet. Der Carbidgehalt der Schnellarbeitsstahle laBt sich uberschlagig bestimmen nach der Beziehung
K
=
W
+ 1,9 Mo + 6,3 V
in Masse-Yo
(4.1)
d.h., er betragt bei 6% W, 5% Mo und 2% V annahernd 30%. 1800 OC
1600
I
I
II
0
~
0,4
~=sc:e F = Ferrit A = Austenit
0,8
~
1,2 Masse-% 2,O
Bild 4.6 Temperatur-Konzentrations-Schnitt einer Fe-W-CrC-Legierung bei 18% W und 4% Cr
Kohlenstoffgehalt
Die Schnellarbeitsstahle gehoren zu den ledehuritischen Stahlen. In Bild 4.6 ist ein Zustandsdiagramm als Temperatur-Konzentrations-Schnitt einer Fe-W-CrC-Legierung bei 18% W und 4% Cr dargestellt. Nach Unterschreiten der Liquiduslinie scheidet sich aus der Schmelze ein kohlenstoffarmer, aber legierungsreicher Ferrit aus. Mit weiterem Abkuhlen kristallisiert ein kohlenstoffreicher Austenit saumartig an die Ferritdendriten an. Bei einer Temperatur von 1345 " C setzt die peritektische Phasenumwandlung S+F+A+K (44 ein (S = Schmelze, F = Ferrit, A = Austenit, K = Carbid). Diese Reaktion Iauft wahrend des Erstarrens jedoch nur unvollstandig ab, so daB sich die verbleibende Restschmelze uber eine eutektische Reaktion in das aus Austenit und Carbiden bestehende Ledeburit-Eutektikum, das entlang den Primarkorngrenzen ein Netzwerk bildet, umwandelt. Obwohl die Temperaturen fur diese Phasenumwandlungen bei den einzelnen Legierungstypen erheblich voneinander abweichen, bleibt die Reihenfolge der
4.2
Werkzeugstahle
163
im Erstarrungsbereich ablaufenden Vorgange gleich. Die Breite des Erstarrungsintervalls von etwa 200 K und der komplizierte Erstarrungsablauf fuhren neben Kristallseigerungen auch zu Unterschieden in der Verteilung des Ledeburits zwischen Rand- und Kernbereich. Durch Sonderschmelzverfahren kann die Carbidverteilung und damit die Homogenitat des Gefuges verbessert werden. Beim anschlieBenden Warmumformen wird das Ledeburitnetzwerk zerstort, und es bilden sich in Verformungsrichtung gestreckte Carbidzeilen aus. Infolge der geringeren Abkuhlgeschwindigkeit ist die Curbidzeiligkeit im Kern starker ausgepragt als in der Randzone. Mit zunehmendem Umformgrad wird die Carbidverteilung gunstiger und die maximale Carbidteilchengrofie verringert. Kristallseigerungen lassen sich weitestgehend durch Diffusionsgluhen beseitigen. Sowohl die beim Erstarren gebildeten Primiircarbide als auch die aus festen Phasen ausgeschiedenen Sekundarcarbide sind Mischcarbide, deren Zusammensetzung in Abhangigkeit vom Legierungsgehalt mit M6C, M2,C6, M2C und MC angegeben werden kann. Dabei steht der Buchstabe M fur die jeweils auftretenden carbidbildenden metallischen Legierungselemente. Das Carbid M6C wird auch als Schnellstahlcarbid bezeichnet. Es hat ein kfz-Gitter und kann in wolframreichen Stahlen die Zusammensetzung Fe4W,C bis Fe4W6Cund in molybdanreichen Stahlen Fe4Mo,C bis Fe,Mo,C annehmen. In Stahlen mit niedrigem W- und hohem V-Gehalt uberwiegen die Carbidarten M2C und MC. Das Mischcarbid M,,C, existiert in den Schnellarbeitsstahlen mit wechselnden Gehalten an Cr, W, V und Fe. Da es sich beim Austenitisieren vollstandig auflost, liefert es den zur Martensitbildung in der Matrix erforderlichen Kohlenstoff. Art, Menge, GroBe und Verteilung der Primar- und Sekundarcarbide sind fur die Eigenschaften der Schnellarbeitsstahle von entscheidender Bedeutung, so daB diese Merkmale einer standigen metallographischen Prufung unterliegen. In Bild 4.7 sind die Carbidverteilungen fur einen unterschiedlich umgeformten sowie einen pulvermetallurgisch hergestellten Schnellarbeitsstahl dargestellt. Die volle Leistungsfahigkeit des Schnellarbeitsstahles ist nur nach einer sorgfaltigen Warmebehandlung, bei der es vor allem auf eine optimale Verteilung der Legierungselemente in den Carbiden und in der Matrix ankommt, gewahrleistet. Da sich die in den Schnellarbeitsstahlen enthaltenen Sondercarbide erst bei hohen Temperaturen im merklichen Umfang auflosen, ist fur eine ausreichende Harteannahme eine wesentlich hohere Austenitisiertemperatur als bei den unlegierten bzw. niedriglegierten Stahlen erforderlich. Sie liegt je nach Stahlmarke zwischen 1180 und 1280°C und muB, um das Aufschmelzen des Eutektikums zu vermeiden, genau eingehalten und kontrolliert werden. Diesen Forderungen wird mit Salzbadern, die sich durch eine gleichmaBige Temperaturverteilung auszeichnen und die Einhaltung enger Temperaturgrenzen gestatten, entsprochen. Zunehmend finden Schutzgas- bzw. Vakuumharteanlagen Anwendung. Einfach gestaltete Werkzeuge werden meist im Luftumwalzofen auf 550 bis 650°C vorgewarmt, danach in einem Salzbad auf 800 his 900°C erwarmt und anschlieBend im Hochtemperatursalzbad auf Austenitisiertemperatur gebracht. Fur kompliziertere Werkzeuge kann noch eine weitere Vorwarmstufe eingeschaltet werden. Von besonderer Bedeutung ist das Halten auf Austenitisiertemperatur. In der Praxis wird anstelle der Haltedauer meist die Verweildauer, d.h. die Zeit vom Uberfuhren des Werkzeuges aus der letzten Vorwarmstufe bis zum Herausnehmen aus dem Hochtemperaturbad, angegeben. Die Verweildauer muB so bemessen sein, daB zwar ein ausreichendes Auflosen der Carbide mog-
4
164
Werkstoffe fur Werkzeuge
Bild 4.7 Carbidverteilung im Schnellarheitsstahl HS6-5-2 (nach H. Spies) a ) schwach umgeformt h) stark umgcformt c) pulvermetallurgisch hergestellt
lich ist, andererseits aber Kornvergroberungen, Randentkohlungen und Korngrenzenanschmelzungen verhindert werden. GemaR der Beziehung PH =
(37 + Igt)
(4.3) konnen sich bis zu Verweildauern von 150 s Austenitisiertemperatur und Verweildauer gegenseitig kompensieren (PH= Harteparameter, T A = Austenitisiertemperatur, t = Verweildauer in Sekunden). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Zahigkeitsanforderungen gilt fur die Wahl der Austenitisiertemperatur folgende Regel: Einfache Werkzeuge, die ein gleichmafliges Durchwarmen auf Austenitisiertemperatur innerhalb kurzer Zeit ermoglichen, werden an der oberen Temperaturgrenze, kompliziert geformte Werkzeuge dagegen werden unter Verzicht auf hochste Warmharte und AnlaRbestandigkeit an der unteren Temperaturgrenze gehartet. Die niedrige kritische Abkiihlgeschwindigkeit der Schnellarbeitsstahle von etwa 2 Ks-l wird schon durch Abschrecken in 01 oder Preljluft erreicht. Am zuverlassigsten ist jedoch das Abkuhlen im Warmbad bei 500 bis 550°C und nach dem Temperaturausgleich (10 bis 20 Minuten) weiter an ruhender Luft. Da sich der Martensit erst wahrend des Abkiihlens an Luft bildet. TA
4.2
Werkzeugstahle
165
entstehen keine Harterisse, und der Verzug ist geringer. Das Anlassen erfolgt unter Schutzgas. Das Gefuge eines geharteten Schnellarbeitsstahles besteht aus etwa 60 bis 70% Martensit mit 0,s bis 0,6% C, 20 bis 30% Restaustenit und 10 bis 15% nicht in Losung gegangener Primarcarbide. Wegen des relativ hohen Restaustenitgehaltes betragt die Harte nur etwa 61 bis 63 HRC. Erst durch Anlassen auf Temperaturen zwischen 520 und 600°C wird die Harte auf 63 bis 67 H R C (Maximalharte) angehoben (s. Bild 4.3). Ursache dieses Sekundarhiirteeffekts sind verschiedene Carbidreaktionen, die sich teilweise uberschneiden und wegen der geringen GroBe der dabei gebildeten AnlaBcarbide nur schwer nachweisbar sind. Bei AnlaBtemperaturen < 450 " C bildet sich zunachst das E-Carbid Fe2C,das sich rnit steigender Temperatur wieder auflost und dem bis 600°C hochwolfram-, -molybdan- und -vanadiumhaltige M2C-Sondercarbidefolgen. Diese sind mit dem Martensitgitter teilkoharent, wodurch iiber Anpassungsversetzungen eine zusatzliche Hartesteigerung erreicht wird. Bei noch hoheren AnlaBtemperaturen, die schon im Bereich der Weichgluhtemperatur liegen, wandelt sich bei Abnahme der Harte M,C groBtenteils in M& um, auBerdem entsteht M6C. Der infolge von Carbidausscheidungen wahrend des Anlassens in seiner Zusammensetzung veranderte Restaustenit wandelt beim Abkuhlen in Martensit um. Letzterer ist jedoch gegenuber dem durch Abschrecken gebildeten und nachfolgend angelassenen Martensit noch starker tetragonal verzerrt. Zum Abbau der dadurch bedingten Spannungen ist ein 3- bis 4maliges Anlassen erforderlich. Die Wahl der AnlaBtemperatur richtet sich nach dem Verwendungszweck des Werkzeuges. Wird ein hoher VerschleiBwiderstand gefordert, so mu13 bei der Temperatur des Sekundarhartemaximums angelassen werden. Um eine ausreichende Zahigkeit zu gewahrleisten, werden die AnlaBtemperaturen jedoch meist so gewahlt, daB sie den Temperaturen des abfallenden Teils der AnlaBkurve nach dem Hartemaximum entsprechen (s. Bild 4.3). Die erhohte AnlaBbestandigkeit und Warmharte der Co-legierten Schnellarbeitsstahle kann rnit der erschwerten Koagulationsfahigkeit der Carbide infolge der herabgesetzten Diffusionsgeschwindigkeit des Kohlenstoffs und der Legierungselemente erklart werden. Dadurch sind hohere Schnittgeschwindigkeiten und das Bearbeiten schwer zerspanbarer Werkstoffe moglich. Allerdings ist rnit zunehmendem Co-Gehalt eine Abnahme der Zahigkeit zu beobachten, was sich auf Eigenspannungen infolge des Ausscheidens der intermetallischen Phase Co7W6zuriickfuhren laBt. Zur Leistungssteigerung von Schnellarbeitsstahlwerkzeugen wurden verschiedene Oberflachenbehandlungsverfahren vorgeschlagen, von denen das Nitrieren und das Dampfanlassen groBere Bedeutung erlangt haben. Beim Nitrieren ist das Ausbilden der Verbindungszone zu vermeiden, da sonst die Gefahr des Abplatzens der Diffusionsschicht besteht. Das Dampfanlassen erfolgt in Luftumwalzofen unter Zufuhrung von Wasserdampf bei Temperaturen, die unter der letzten AnlaBtemperatur liegen. Eine dunne Oxidschicht verringert die Klebund KaltschweiBneigung. Durch ein PVD-Beschichten rnit TIN kann die Liicke in den Bearbeitungsparametern zum Hartmetall verringert und die Qualitat der goldgelb gefarbten Oberflache verbessert werden. Erhebliche Steigerungen der Schnittgeschwindigkeiten wurden bei beschichteten Spiralbohrern erreicht; positive Erfahrungen liegen auch bei Gewindebohrern, Reibahlen, Frasern und Stanzwerkzeugen vor.
166
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
Tabelle 4.6 Schnellarbeitsst~hle(Auswahl)
Stahlmarke
Anwendung
HS3-3-2
wirtschaftlich legierter Schnellarbeitsstahl fur Handwerkzcugc. x . B. Handsiigehlatter
HS6-5-2
Schnellarbeitsstahl mit guter Zahigkeit und hohem Verschleil~widerstand: Spiralbohrer, Frliscr. Gewindewerkzeuge. Mctallsageblattcr. verwendbar, wenn eine mittlere Leistung gefordert wird und die Zugfestigkcit dcs zu bcarbcitenden Werkstoffes unter 800 MPa lierrt
HS6-5-2-5
Hochleistungsschnell~irbeitsstahlfur Friiscr. Bohrer. Gewinde- und Rliumwerkzeuge: besondcrs geeignet fur das Zerspanen von austenitischcn Stiih len und Titanlegierungen
HS12-1-45
Prel3- und Trennwerkzcuge fur die Glasverarbcitung
Bevorzugte Anwendung fur Metallbearbeitungswerkzeuge (Tab. 4.6) findet der Stahl HS6-5-2. Die Co-legierten Stahlmarken kommen nur bei schwer zerspanbaren Werkstoffen (austenitische Stahle oder Sonderwerkstoffe) zum Einsatz. Durch Einfuhrung der Varianten mit hoherem Kohlenstoffgehalt ( 1 , l . . . 1,5%) konnte die Leistungsfahigkeit weiter verbessert werden. Schnellarbeitsstahle sind besonders bei mehrschneidigen Werkzeugen (Spiralbohrer, Fraser, Gewindeschneider) und hohen Zahigkeitsanspruchen (z. B. bei schweren Hobelarbeiten) vorteilhaft. Werkzeuge grol3erer Abmessungen werden in Verbundbauweise mit Schneiden aus Schnellarbeitsstahl bestuckt. Bei Spiralbohrern kann das Schneidteil an einen Schaft aus Stahl angeschweiBt werden, wobei die Harte des Schaftwerkstoffes mindestens 170 HV30 betragen mul3, aber die Harte des Schneidteils nicht uberschreiten soll. In der Umform- und Zerteiltechnik finden Schnellarbeitsstahle Anwendung als Schneidmatrizen, Schneidstempel und FlieBdruckdorne. Inzwischen ist der gesinterte Schnellarbeitsstahl zur Produktionsreife gebracht worden. Mit einem durch Inertgasverdusen gewonnenen sauerstoffarmen Pulver werden Makroseigerungen verhindert und Mikroseigerungen auf ein unbedeutendes MaB reduziert. Das Gefuge des Sinterschnellarbeitsstahles ist feinkornig, und die Carbide sind sehr fein und gleichmafiig verteilt (Bild 4 . 7 ~ ) Demzufolge . sind die Harte hoher und die Zahigkeit, Abriebfestigkeit und Kantenstabilitat besser als die des schmelzmetallurgisch hergestellten Stahles. Durch superplastische Formgebung der feinkornigen Pulver lassen sich noch bei Carbidanteilen bis 45% endformnahe Werkzeuge mit komplizierter Geometrie herstellen.
4.3 Hartmetalle Da der Verschleifiwiderstand der Werkzeugstahle wesentlich von den harten Carbiden abhangt, war der Gedanke einer weiteren Leistungssteigerung durch einen hoheren Hartphasenanteil (Carbide, Boride, Silicide) in einer Matrix aus hochschmelzenden Metallen (Cr, W, Mo) naheliegend. Der erste Schritt in dieser Richtung wurde mit der Entwicklung von Co-Cr-W-C-Hartlegierungen getan, die unter der Bezeichnung Stellit bekannt geworden sind. Sie konnen auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung nicht umgeformt, sondern lediglich durch
4.3
Hartmetalle
167
GieBen, SchweiBen oder thermisches Spritzen verarbeitet werden. Da die mit ihnen erreichbaren Schnittgeschwindigkeiten aber nicht wesentlich hoher sind als bei den Schnellarbeitsstahlen, werden sie fur Zerspanungswerkzeuge nicht mehr eingesetzt. Sie finden jedoch Anwendung zum Panzern von Werkzeugen der Umform- und Zerkleinerungstechnik. GuBlegierungen sind z. B. Stellit 6 (1940 C, 26% Cr, 5% W, Rest Co) mit den carbidischen Hartphasen M,C, und M6C sowie Stellit 21 (0,25%0C, 28% Cr, 5% Mo, Rest Co). Die Harte betragt 40 bis 45 H R C fur Stellit 6 bzw. 25 bis 28 H R C fur Stellit 21. Der mischkristallbasierende Stellit 21, der beim Einsatz durch Kaltverfestigung der Randschicht noch eine deutliche Hartesteigerung bis 40 H R C erfahren kann, zeichnet sich durch eine gute Thermoschockbestandigkeit aus. Aus Stellit 21 werden Warmschermesser zum HeiBschnitt von Stahlen gefertigt, die eine sehr gute Schnittqualitat bis zu 300.000 Arbeitsgangen ermoglichen, und mit den im FormmaskenguB aus Stellit 12 (1,8% C, 28% Cr, 9% W, Rest Co) hergestellten Werkzeugen fur die Produktion von Hohlglasern ist die IOfache Standzeit gegenuber Stahlwerkzeugen erreichbar. Ein breites Anwendungsspektrum in der spangebenden und spanlosen Fertigung haben sich dagegen die Hartmetalle gesichert. Im Jahr 1927 stellte die Firma Krupp auf der Leipziger Messe ein neues Hochleistungswerkzeugmetall fur die Stahlzerspanung mit der Bezeichnung Widia (wie Diamant) vor. Inzwischen hat das Hartmetall in seinen vielfaltigen Kombinationen einen Anteil von uber 50% an den Werkstoffen fur Zerspanungswerkzeuge erreicht und damit die Schnellarbeitsstahle ubertroffen.
4.3.1 Aufbau und Eigenschaften Hartmetalle sind Verbundwerkstoffe, die aus Hartstoffen und einem Bindernetall durch Sintern hergestellt werden. Bei der Mehrzahl der handelsublichen Hartmetalle bildet der Hartstoff WC den Hauptbestandteil. Daneben haben auch TIC und TaC groBe Bedeutung. Als Bindemetall dient in der Regel Co, seltener Ni. Die Carbide sind Trager der hohen Harte und des VerschleiBwiderstandes, wahrend das Bindemetall, das den Zwischenraum zwischen den Carbidkornern porenfrei ausfullt, dem Gefuge den notwendigen Zusammenhang verleiht und damit das Zahigkeitsverhalten des Hartmetalls bestimmt. Einige Eigenschaften der wichtigsten Bestandteile von Hartmetallen sind in Tabelle 4.7 zusammengestellt. Tabelle 4.7 Eigenschaften der Bestandteile von Hartmetallen Eigenschaft
co
wc
Ti C
TaC
NbC
Kristallstruktur
hex./kfz
hex.
kfz
kfz
kfz
Dichte in g cm-l
69
15,7
4.9
14.5
7.8
Harte HV 10 HV 0.05
80 . . . 250 2000
3000
1800
2000
E-Modul in GPa
210
696
45 1
285
338
Schmelzpunkt in "C
1493
2775
3070
3985
3615
Warmeausdehnungskoeffizient in 10 hK-I
12,s
5,9
7.7
6.3
6,6
WC-l2%c0
14.2
580
5,9
168
4
Werkstoffe f u r Werkzeuge
organische Flussigkeit
pizziq
-
Mischen und Mahlen '
I
I
Trocknen und Granulieren
L
isostatisches Heiflverdichten
I
r
- 1
r-
gesinterte Wendeschneidplatte
I Oberflachenbearbeitung
I
I
Beschichten
I
i i
1
r
Kontrolle
Bild 4.8 Vereinfachter Ahlauf der Herstellung von Hartmetall
Um unerwunschte metallurgische Veranderungen beim Schmelzen zu verhindern und ein feinkorniges Gefuge zu gewahrleisten, mussen die Hartmetalle pulvermetallurgisch hergestellt werden (Bild 4.8). Das nal3gemahlene und zu einem feindispersen Gemenge gemischte Carbid- und Cobaltpulver wird nach dem Spruhtrocknen zu Formkorpern verprel3t. Dabei konnen die Formkorper gleich auf die Endform gebracht oder aus grol3eren PrelJplatten mechanisch herausgearbeitet werden. Um diesen die erforderliche Festigkeit zu verleihen, werden sie in Durchlaufofen bei Temperaturen zwischen 800 bis 1000°C vorgesintert. Danach werden die geprefiten bzw. vorgesinterten und bearbeiteten Formkorper bei 1300 bis 1500°C unter Schutzgas oder im Vakuum fertig gesintert. Wenn letzte Reste an Porositat beseitigt und die mechanischen Eigenschaften nochmals merklich verbessert werden sollen, werden die Sinterkorper noch isostatisch heiB nachverdichtet (HIP-Verfahren) [4.5]. Mit Hilfe des isostatischen Kaltpressens ist es moglich, auch grol3formatige Teile aus Hartmetall, insbesondere Werkzeuge zum Kaltumformen, zu fertigen. So haben sich fur das Blech- und Drahtwalzen Prazisions-Kaltwalzen durchgesetzt, deren Lebensdauer das 50- bis lO0fache der Stahlwalzen betragt und deren her-
4.3
Hartmetalle
169
vorragende Oberflachenpolitur sich auf das Walzgut ubertragt, wodurch Nacharbeit eingespart wird. Das Sintern der Hartmetalle ist mit dem Auftreten einer schmelzflussigen Phase verbunden, in der sich die feste Carbidphase teilweise lost. Die wahrend des Sinterns ablaufenden und fur die Eigenschaften der Hartmetalle entscheidenden Vorgange sollen am Beispiel des quasibinaren Schnittes WC-Co durch das ternare Zustandsschaubild W-C-Co einer WC-Co-Legierung mit 6% Co naher erortert werden (Bild 4.9). Beim Erwarmen des PreBlings auf die Sintertemperatur beginnt das Co oberhalb 600°C freien Kohlenstoff und WC im festen Zustand aufzunehmen. Bei 1000°C konnen schon 0,5% C und 2% WC im Co gelost werden. Mit Uberschreiten der Temperatur des WC-Co-Eutektikums (1280 "C) wird durch die fortgesetzte Aufnahme von Wolframcarbid der Schmelzpunkt des Co (1493°C) schrittweise erniedrigt, bis bei 1400°C die gesamte Bindephase schmelzflussig ist. Mit fortschreitendem Sintern wird weiteres W C gelost (etwa 52% WC im Gleichgewichtszustand). Die flussige Phase benetzt die Carbide und dringt, indem sie die zwischen den Carbidteilchen gebildeten Brucken auflost, in alle Poren und Kapillaren ein. Wahrend der nachfolgenden Abkuhlung scheidet sich das im Co geloste WC wieder aus. Es lagert sich an die WC-Kristallite an, so daB normalerweise kein eutektisches Gefuge entsteht. Bei raschem Abkuhlen verlauft die Ausscheidung unvollstandig, und die Bindemetallphase enthalt beim Erstarren noch etwa 4% WC. Mit sinkender Temperatur nimmt die Loslichkeit weiter ab, so darj bei Raumtemperatur eine y-Phase, in der weniger als 1% WC gelost ist, vorliegt. Wesentlich komplizierter sind die Vorgange beim Sintern von Hartmetallen, die auBer WC noch T i c und gegebenenfalls TaC enthalten. In diesem Fall bildet sich ein aus WC, TIC und TaC bestehendes Mischcarbid, dessen genaue Zusammensetzung u.a. von der Sintertemperatur und den Abkuhlbedingungen abhangt.
Cobalt - Gehalt
Bild 4.9 Quasibinarer Schnitt WC-Co durch das Zustandsdiagramm W-C-Co (nach S. Takeda)
Das Gefuge von Hartmetallen mit unterschiedlicher Korngrorje ist in Bild 4.10 dargestellt. 1st der Cobaltgehalt kleiner als lo%, sind die WC-Kristallite so dicht gelagert, daB sie einander an vielen Stellen beruhren bzw. durch eine wenige
4
170
Werkstoffe fur Werkzeuge
b) Bild 4.10 Gefiige v o n WC-Co-Hartmetallen mit unterschiedlicher KorngrciRe (nach [ 5 . S ] ) a ) Fcinstkornhartmetall mit 6% Co b ) (;robkornhartmetall mit (9.5% C o 21)
Atomlagen dicke Cobaltschicht getrennt sind und nur die Lucken zwischen dem Carbidskelett durch die y-Phase ausgefullt werden. A b etwa 12% Co sind die WC-Kristallite zum groBten Teil voneinander isoliert in die zusammenhangende Bindemetall-Matrix eingebettet. Zur quantitativen Beschreibung des skelettartigen Gefugeaufbaus verwendet man den Skelettbildungsgrad (auch als Kontiguitat bezeichnet). Darunter ist das Verhaltnis der Korngrenzenflachen zwischcn ancinanderstoBenden Carbiden zur gesamten Korngrenzenflache zu verstehen. Die Biegefestigkeit, Bruchzahigkeit und der VerschleiBwiderstand lassen sich den jeweiligen Anforderungen entsprechend uber die KorngroBe des WC und den Co-Gehalt in einem gr6Reren Bereich variieren. Fur die konventionellen WC-Co-Hartmetalle mit Co-Gehalten von 3 bis 30% und der mittleren WCKorngroBe von 0.5 bis 20 pm liegt die Bruchzahigkeit K,, zwischen 7 und 30 MPa m”’. Die Entwicklung von Feinstkorn- (CarbidkorngroBe < 1 p m ) bzw. Ultrafeinstkorn- (CarbidkorngroBe < 300 nm) Hartmetallen hat zu eincr verbesserten Harte und Bruchzahigkeit gefuhrt. Die Biegefestigkeit weist in Abhangigkeit von der Dicke der Co-Schicht ein Maximum auf. Dieses Maximum ist dadurch bedingt, da13 zunachst mit steigendem Cobaltgehalt und damit verminderter Kontiguitat der WC-Teilchen die RiBausbreitung erschwert wird, wahrend sich bei hohen Cobaltgehalten die geringere Festigkeit der Matrix zunehmend auf die Gesamtfestigkeit der Legierung auswirkt. I n Bild 4.1 1 ist der EinfluR der Hartmetallbestandteile auf die Eigenschaften zusammengefafit.
wc
u
VerschleiflWiderstand
Tic, TaC
Bruchzahigkeiff Biegefestigkeit
co
Bild 4.I 1 EintluR dcr Bcstandteilc von Hartmetallen a u l die Eigenscha ft cn (schema tisc h )
4.3
Hartmetalle
171
4.3.2 Hartmetallgruppen 4.3.2.1 WC-Co-Hartmetalle
Die herausragende Bedeutung des Hartstoffs WC resultiert aus dem sehr guten Benetzungsverhalten gegenuber Co, dem hohen Elastizitatsmodul und der guten Warmeleitfahigkeit. WC-Co-Legierungen weisen gegeniiber den Mehrcarbidlegierungen eine starkere Oxidations- und Schweiljneigung auf, was sich besonders bei langspanenden Werkstoffen, wie Stahlen, negativ bemerkbar macht und ihren Einsatz auf Arbeitstemperaturen unterhalb der Dunkelrotgrenze einschrankt. Sie werden deshalb nur bei kurzspanenden Werkstoffen, wie Guljeisen, Kunststoffen, Glas und Porzellan sowie fur verschleiflbeanspruchte Umformwerkzeuge verwendet. Wichtigstes Anwendungsgebiet der Feinstkornhartmetalle ist das Bohren von Leiterplatten aus Cu-beschichtetem glasfaserverstarktem Epoxidharz. 4.3.2.2 W(Ti,Ta,Nb)C-Co-Hartmetalle
Durch Zulegieren von Titan- sowie Tantal-(Niob)Carbid zu den WC-Co-Legierungen werden Harte, Warmfestigkeit und Oxidationsbestandigkeit sowie der Kolkverschleiljwiderstand wesentlich erhoht. In Verbindung mit einer verringerten Warmeleitfahigkeit und SchweiBneigung sind damit die Voraussetzungen fur das spanende Bearbeiten von Stahlen, bei dem an der Werkzeugschneide Temperaturen von uber 1000"C auftreten konnen, gegeben. Bei kleinem Tic-Gehalt konnen diese Hartmetalle auch fur kurzspanende Werkstoffe eingesetzt werden. Man spricht dann von einem Mehrzweckhartmetall. Allerdings wird durch Zulegieren von TIC infolge des zunehmend kovalenten Bindungscharakters und der ungunstigeren Grenzflachenenergieverhaltnissezwischen Tic und Co die Bruchzahigkeit herabgesetzt. TaC-haltige WC-Co-Legierungen sind zaher und kantenfester als WC-Tic-CoLegierungen. Infolge der gegenuber Tic niedrigeren Harte des TaC sind die rnit ihnen erzielbaren Schneidleistungen jedoch geringer. 4.3.2.3 Cermets
Dieser Begriff ist aus den Anfangsteilen von ceramics und metals zusammengesetzt. Er diente urspriinglich zur Bezeichnung von Metall-Oxid-Verbundwerkstoffen. Cermets der heutigen Generation enthalten auch noch andere Hartstoffe, so daB zwischen Hartmetallen und Cermets nicht mehr scharf unterschieden werden kann. Fur Zwecke der Zerspanung fuhrten unter Nutzung einer Mischungsliicke in den Hartstoffsystemen (Ti, Mo) (C, N) erst die Titanbasishartstoffe zum breiten Einsatz. Dabei bestehen die harten Phasen aus einem titannitridreichen Kern und einer molybdancarbidreichen Hulle, wodurch das Benetzungsverhalten der Hartstoffphase durch den metallischen Binder verbessert und durch Losung von Molybdan im Bindemetall die Warmfestigkeit sowie die Kriechbestandigkeit erhoht werden. Zusatze weiterer Carbide, wie WC und TaC, und modifizierte Binderzusammensetzungen mit Ni, Co, Fe und Al als Bestandteile, bewirken weitere Eigenschaftsoptimierungen, so dalj handelsubliche Sorten eine z.T. sehr kompliziert wirkende Summenformel mit unter-
4
172
Werkstoffe fur Werkzeuge
schiedlichen Anteilen der Komponenten im System (Ti, Mo, W, Ta)(C, N)(Ni, Co, Fe, Al) aufweisen. Je nach Hersteller geht man von den einzelnen Carbiden und Nitriden, von Titancarbonitrid oder von vorgebildeten Hartstoffen (Ti,Mo)(C,N) aus. Hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften bei Raumtemperatur stehen die Carbonitridcermets den konventionellen Hartmetallsorten nicht nach. Die bei grol3en Zerspanungsquerschnitten auftretenden hohen Schneidentemperaturen fuhren jedoch wegen der geringeren Kriechbestandigkeit eher zum Versagen. Deshalb werden die Anwendungsempfehlungen fur die Bereiche P01-P20 und K01-K15 ausgesprochen (s. Tab. 4.8), wo durch die fur kleine Spanquerschnitte erforderliche scharfkantige Schneide auch Vorteile gegenuber beschichteten Schneidwerkzeugen bestehen. Wahrend der Anteil der Cermets an den Schneidstoffen fur Japan mit ca. 25% angegeben wird, liegen die Zahlen fur Europa noch weit darunter, weisen aber ebenfalls eine steigende Tendenz aus [4.S]. 4.3.2.4 Beschichtete Hartmetalle
Eine deutliche Zunahme des VerschleiBwiderstandes ist durch das Beschichten rnit Hartstoffen zu erreichen. Dadurch wird vor allem der KolkverschleiB erheblich reduziert. Beschichtete Wendeschneidplatten werden vorrangig zum Drehen, Bohren oder Frasen von Stahlen und EisenguBwerkstoffen eingesetzt; die Standzeiterhohung betragt im Vergleich zu den nichtbeschichteten Hartmetallen mehrere 100%. Als Beschichtungsstoffe mit besonders hohem Verschleifiwiderstand kommen hauptsachlich die Hartstoffe TIC, TIN, Ti(CN), WC oder A1,03 in Frage. Da wegen ihres hohen Schmelzpunktes schmelzmetallurgische Auftragverfahren ausscheiden, erfolgt das Beschichten vorwiegend durch eine rnit chemischen Reaktionen verbundene Abscheidung aus gasformigen Verbindungen ( C V D Verfuhren) entsprechend der Reaktion MeX X
=
c + Y + H2>1000 -
Halogenid,
'I
Y
=
MeY
+ HX
(4.4)
Metalloiddonator (CH,, N,, NH, u.a.)
Beispiele: TiCI, + CH, -+ TIC + 4HC1 TiCI, + ' h N 2 + 2Hz + TIN + 4HC1 2AlC13 + 3 C 0 , + 3H, 4AIZO, + 3CO + 6HCI Dazu wird der gasformige Titanspender TiCI, zusammen mit Wasserstoff als Tragergas und einem Metalloiddonator im Reaktor uber den Substratwerkstoff geleitet. Die Abscheidetemperaturen von 900 bis 1100°C sind fur das Verdampfen der entstehenden Eisenchloride, die sonst als flussige Phase an der Oberflache die Reaktion verhindern, notwendig. Eine wichtige Voraussetzung fur das Abscheiden einwandfreier Schichten ist ferner die Verwendung reiner und trokkener Gase. Aus Grunden des Korrosions- und Umweltschutzes sind die Cl-haltigen Abgase zu neutralisieren. Um ein Abscheiden bei niedrigeren Temperaturen zu ermoglichen, wurden Verfahren entwickelt, bei denen entweder reaktionsfreudigere Ausgangsverbindungen (meist metallorganisch, deshalb MOCVD) eingesetzt oder nichtthermische
4.3
Hartmetalle
173
Energie durch Laser bzw. Elektronenstrahl zugefuhrt wird. Das plasmaaktivierte CVD (PACVD) ermoglicht rnit den durch eine Glimmentladung angeregten Reaktionen im thermodynamischen Ungleichgewicht das Abscheiden feinkorniger Hartstoffschichten bereits unterhalb 500 "C. Es hat sich besonders bei Wendeschneidplatten zum Zerspanen hochfester Stahle im unterbrochenen Schnitt bewahrt. Beim CVD-Verfahren entstehen Schichten von 5 bis 10,um Dicke, die uber einen schmalen Mischcarbidsaum rnit der Hartmetallunterlage verbunden sind. Bei der Reaktionsfuhrung ist darauf zu achten, daB dem Hartmetallsubstrat kein Kohlenstoff entzogen wird, da sonst eine sehr sprode unterkohlte Zone, die sog. q-Phase, entsteht. Das Optirnieren der beschichteten Hartmetalle fuhrte zur Multilagenheschichtung. Dabei bilden sich bis zu 10 Einzelschichten aus Tic, TiN oder Ti(C,N) rnit AI2O3,die dunner als 0,2,um sein konnen. Bild 4.12 zeigt den Schichtaufbau eines mehrfach beschichteten Hartmetalls.
Bild 4.12 Hartmetall mit Multilagenbeschichtung Hartmetalltyp WC-Tic-TaNbC-Co, Schichtaufbau TiC-A1,03-TiN, mischcarbidfreie Zone ca. 35 pm (Werkfoto TRIBO Hartmetall GmbH)
Neben den CVD-Verfahren finden auch die PVD-Techniken, bei denen das zur Schichtbildung benotigte Material entweder durch Verdampfen oder Katodenzerstaubung (Sputtern) erhalten wird, zunehmend Eingang in die HartmetallBeschichtung. Ein wesentlicher Unterschied beider Verfahren liegt in der zum Abscheiden der Hartstoffschichten erforderlichen Temperatur. Gegenuber dem ublichen CVD-Verfahren haben die PVD-Verfahren rnit Abscheidungstemperaturen von 200 bis 500°C deutliche Vorteile hinsichtlich des Verzugs, was z. B. bei Wendeschneidplatten fur Fein- und Frasarbeiten wichtig ist. AuSerdem konnen bei den niedrigen Temperaturen keine Sprodphasen entstehen. PVD-Beschichtungen rnit den 4 Komponenten Ti, Al, C, N verbinden den guten VerschleiBwiderstand von TiCN-Schichten rnit den guten thermischen Eigenschaften und der Oxidationsbestandigkeit des Ti AlN. Derartige Beschichtungen sind besonders fur Fraswerkzeuge geeignet. Das PVD-Beschichten rnit Hartstoffen wird zunehmend mit dern Aufbringen einer Weichstoffschicht, z. B. auf MoS2-Basis, kornbiniert. Durch die Gleitschicht wird eine Dauerschmierwirkung gewahrleistet, so daB Kuhlmittel eingespart und der Spanetransport aus einer Nut oder Bohrung erleichtert werden.
174
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
Fur Einsatzzwecke, bei denen keine stofiartigen Belastungen auftreten und der VerschleiB unter einem gleichmaBig auf die Werkzeugoberflache ausgeubten Druck entsteht - wie das vor allem bei Ziehsteinen, aber auch anderen Werkzeugen der spanlosen Umformung der Fall ist - hat sich das Borieren (s. Abschn. 3.1.4.4) der WC-Co-Hartmetalle bewahrt. Bei Ziehsteinen fur den Draht- und Stangenzug werden dadurch Standzeitverlangerungen von 300 his 400% erreicht. Das verschlissene Werkzeug kann nach Aufarbeiten (Schleifen) erneut boriert und mit entsprechend groRerem Ziehdurchmesser wieder eingesetzt werden.
4.3.3 Einsatz der Hartmetalle Der Einsatz der Hartmetalle richtet sich in erster Linie nach den beiden gegenlaufigen Eigenschaften VerschleiBwiderstand und Zahigkeit. Grundsatzlich sind fur das Bearbeiten langspanender Werkstoffe Hartmetalle mit hohem und fur kurzspanende Werkstoffe solche mit niedrigem Gehalt an Mischcarbiden einzusetzen. Die Hartmetalle einschliefllich der harten Schneidstoffe (Abschn. 4.4) sind entsprechend ihrer Anwendung in drei Zerspanungshauptgruppen mit den Kennbuchstaben P, M und K eingeteilt. Jede Hauptanwendungsgruppe ist in Anwendungsgruppen untergliedert, die durch Zahlen von 01 bis SO in Zehner- bzw. Funferabstanden gekennzeichnet sind. Mit zunehmender Zahl steigt die Zahigkeit an. der VerschleiRwiderstand nimmt dagegen ah. Beschichtete Hartmetalle kommen in allen Anwendungsgruppen zum Einsatz. Eine Ubersicht uber die Einteilung und Anwendung harter Schneidstoffe enthalt Tabelle 4.8. Der Bezeichnung nach Anwendungsgruppen werden noch die Kennbuchstaben H W fur unbeschichtetes Hartmetall, H T fur Cermets oder H C fur beschichtetes Hartmetall vorangestellt, also z. B. HC-K20. In der Mehrzahl der Falle erfolgt der Einsatz der Hartmetalle in Form von Schneidplatten. mil denen die aus unlegiertem Werkzeugstahl bzw. Schnellarbeitsstahl hergestellten Werkzeuge bestuckt werden (Bild 4.13). An Stelle der fruher ausschliefilich ublichen festen Verbindung durch Hartloten mil einem Kupfer- oder Messinglot verwendet man heute prazisionsgeschliffene Wendeschneidplatten, die aufgeschraubt oder mit einem Hebelspannsystem auf dem Werkzeug befestigt und nach dem Abarbeiten einer Kante gedreht werden konnen. Neben dem Wegfall des Nachschleifens besteht ein weiterer Vorteil der Wendeschneidplatten darin, daB Warmeeigenspannungen infolge des Auflotens vermieden werden. Aus den zahen Feinstpulverhartmetallen werden in geringem Umfang auch Vollhartmetallwerkzeuge. z. B. als Bohrer, Schaft- oder Fingerfraser hergestellt. Die standig steigenden Anforderungen an die Hartmetalle werden durch den Trend zum Hochgeschwindigkeits- und Trockenzerspanen sowie zur genaueren Rohteilbearbeitung (near-net-shape) bestimmt. In der Umformtechnik werden Hartmetalle zum Bestucken von KaltpreB-, Stanz- und Tiefziehwerkzeugen, als Ziehsteine fur den Draht-, Rohr- und Stangenzug sowie als Walzen fur Folienwalzwerke eingesetzt. AuBerdem werden Hartmetalle fur Bergbauwerkzeuge (Bohrkronen) und Prazisionswerkzeuge verwendet. AulSerhalb der Anwendung als Werkzeugwerkstoff liegen verschleiflbestandige Bauteile in der Hochdrucktechnik oder die Kugeln in Kugelschreibern.
4.3
Hartmetalle
175
Tabelle 4.8 Anwendung der Hartmetalle und harten Schneidstoffe (Auswahl). Es bedeuten P = fur langspanende Eisenwerkstoffe; M = Mehrzweckhartmetalle fur lang- oder kurzspanende Eisenwerkstoffe sowie NE-Metalle; K = fur kurzspanende metallische und nichtmetallische Werkstoffe Anwendungsgruppe
Ungefahre Zusammensetzung in %
Anwendungsbeispiele
WC
TiC+TaC
P 01
51
43
6
Feindrehen und Feinbohren
P 10
63
28
Y
Drehen und Kopierdrehen. Gewindeschneiden und Frasen
P 30
82
8
10
Drehen, Frasen und Hobeln bei rnittleren bis niedrigen Schnittgeschwindigkeiten
P so
62
15
17
Grobbearbeiten von Stahl und StahlguR bei niedrigsten Schnittgeschwindigkeiten und ungunstigsten Bedingungen
M 10
84
10
6
Drehen und Frasen von Stahl und GuRcisen bei mittleren bis hohen Schnittgeschwindigkeiten
M 40
80
6
14
Drehen. Forrndrehen und Abstechen. besonders auf Automaten
K 01
91
4
5
Feinbearbeiten von GuReisen hoher Harte (Zylinderlaufbuchsen)
K 10
92
2
6
Bearbeiten von GuDeisen, Si-haltigen Al-Lcgierungen. Kunststoffen. Hartpapier, keramischen Werkstoffen
K 30
89
2
Y
Grobbearbeiten von GuBeisen niedriger Harte und Schichtholzern
K 40
88
~
Co
12
Bearbeiten von Weich- und Hartholzern im Naturzustand sowie von Nichteisenmetallen
Bild 4.13 Wendeschneidplatten a ) einfache Forrnen b) Anbringen am DrchmeiBel
176
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
4.4 Nichtmetallische Hartstoffe Zu den fur Werkzeuge nutzbaren nichtmetallischen Hartstoffen mit einer weit uber 1000 H V liegenden Harte zahlt man Diamant, kubisches Bornitrid BN, Borcarbid B4C, Siliciumcarbid S i c und Korund A1,0,. Dazu kommt im begrenzten Umfang Siliciumnitrid Si,N4 sowie die aus den Komponenten Si3N4, AIN und A1203aufgebauten Sialone. Der Anteil dieser Werkstoffe an den Schneidstoffen betragt nur ca. 5 % , ist aber dennoch als wichtige Erganzung zu beachten. Sie werden als Werkzeuge mit nicht definierter Schneide (Schleifkorper) und mit definierter Schneide verwendet. Sieht man von wenigen Sonderfallen (Einkorndiamantwerkzeuge zum Drehen oder Bohren bei der Uhrenanfertigung, Diamantziehsteine) ab, so geschieht der Einsatz von Hartstoffen als Sinterformteile. Die Griinde hierfur liegen in den hohen Schmelztemperaturen, die dem Herstellen grofler und gleichzeitig feinkorniger polykristalliner Korper auf dem Weg uber die Schmelze entgegenstehen. Siliciumcarbid (Carborundum) sowie A1,0, konnen rnit einer Bindematrix zu Trenn- oder Schleifscheiben verarbeitet werden.
4.4.1 Schneidkeramik Seit Mitte der 50er Jahre sind die als Schneidkeramik bezeichneten keramischen Werkstoffe auf dem Markt. Sie lassen sich wie folgt einteilen, wobei dcn Kennbuchstaben wieder die Bezeichnungen nach Anwendungsgruppen (Tab. 4.8) beizufugen sind:
Oxirfkeramik CA, die entweder aus A1203oder einer Mischung aus A1,0, und ZrO, besteht. In reiner Form wird A120, auch als Sinterkorund oder Tonerde als Schleif- oder Poliermittel eingesetzt. Mischkeramik M als Verbundwerkstoff aus A1,0,, Z r 0 , und Ti (C,N). Nifridkeramik CN, vorwiegend aus Si,N4 bzw. Sialone, die durch Mischkristallbildung zwischen Si,N, und A1203entstehen. Beschichtete Schneidkeramik wird mit CC bezeichnet. Das Verarbeiten zu Wendeschneidplatten erfolgt durch Sintern, wobei zum Vermeiden von Restporositaten heiflisostatisch nachverdichtet wird (HIP-ProzeB). In Tabelle 4.9 sind ausgewahlte Eigenschaften von Schneidkeramik zusammengefal3t. Dabei ist jedoch zu beachten, daB diese Eigenschaften im starken Mane von den Herstellungsbedingungen abhangen. Bei den mechanischen Kennwerten sind wegen der groflen Streuungen statistische Methoden heranzuziehen. Die Oxidkerumik zeigt beim Zerspanen infolge ihrer hohen Warmharte (Bild 4.14) und der geringen Reaktionsneigung ein sehr gutes Verschleiflverhalten. Nachteilig sind die geringe Temperaturwechselbestandigkeitund die hohe Sprodigkeit. Eine graduelle Verbesserung dieser ungiinstigen Eigenschaften konnte durch die Mischkeramik erreicht werden. Der Vorteil der Sialone besteht in der erhohten Bruchzahigkeit und dem wegen des niedrigen Warmeausdehnungskoeffizienten wesentlich besseren Thermoschockverhaltens. In der Zerspanungspraxis bedeutet dies die problemlose Anwendung von Kuhlmitteln. Zum Herstellen dieser Werkstoffe sind Zusatze von Sinteradditiven wie MgO oder Y,O, erforderlich. Die dabei entstehende Glasphase wirkt sich nachteilig auf die Hochtemperaturbestandigkeit aus, auBer-
4.4
Nichtmetallische Hartstoffe
177
Tabelle 4.9 Ausgewahlte Eigenschaften von Schneidkeramik Eigenschaft
Oxidkeramik
Mischkeramik
Nitridkeramik
whiskerverstarkte Keramiken
Dichte in gcm-3
4
4,25
3.2
3.9
Harte HV 30
1700
1900
1600
1800
Biegefestigkeit in MPa
700
600
900
lo00
Druckfestigkeit in MPa
5000
4800
5000
5000
E-Modul in GPa
410
400
280
400
Bruchzahigkeit in MPa m1'2
5
4
7s
7
Warmeausdehnungskoeffizient in 10°K-I
82
7,8
3
8
Warmeleitfahipkeit in W/mK
16
15
30
16
3200 I
I
I
I
I
I
Bild 4.14 Warmharte verschiedener Schneidstoffe
RT
400
800 "C
Temperatur
1200
a h c d e f
Kaltarbeitsstahl Schnellarheitsstahl Stellit Hartmetall Oxidkeramik Mischkeramik
dem ist die Reaktionsneigung gegeniiber Eisenwerkstoffen deutlich groBer als bei der Oxidkeramik. Die Schneidkeramik ist fur das Drehen von Stahlen und EisenguBwerkstoffen unterschiedlicher Festigkeit sowie Ni-Basis-Legierungen geeignet und unter bestimmten Bedingungen dem Hartmetall iiberlegen (Bild 4.15). Die positiven Eigenschaften der Schneidkeramik lassen sich aber nur dann nutzen, wenn der nicht vorhandenen Fahigkeit, Spannungsspitzen durch plastische Verformungen abzubauen, Rechnung getragen und neben der Schneidgeometrie auch die Werkzeugmaschine darauf abgestimmt wird. Diese muB eine hohe Steifigkeit aufweisen und eine grol3e Antriebsleistung, kurze Schalt- und
178
4
n
Werkstofle fur Werkzeuge
Kerarnik
I
l
0,l
l
1
0,2 0,3
0,4
I
0,s 0,s
I
I
I
0,7 0,s rnrn Vonchub
I
1,O
~
Bild 4.15 Anwendungshereiche von Hartmetall und Schneidkeramik
Positionszeiten, gunstige Werkzeuganordnung sowie einen sicheren Spaneschutz gewahrleisten. Ein weiteres Anwendungsgebiet ergibt sich aus der Formgebung metallischer Werkstoffe im teilerstarrten Zustand (Thixogiekn bzw. schmieden), da die hierbei zu verarbeitenden Fest-Flussig-Gemenge eine extrem hohe VerschleiBund Korrosionsbestandigkeit der Werkzeugwerkstoffe erfordern. Das Ausweiten des Einsatzes der Schneidkeramik hangt davon ab, inwieweit es gelingt, ihre Zahigkeit zu verbessern. Eine interessante, auf den mikroskopischen Vorstellungen zum Bruchvorgang basierende Losungsvariante stellt die Al,O?-Di.spersionskerarlzik dar (Bild 4.16). Die in der Al,O,-Matrix feindispers eingelagerten Zr0,-Teilchen erfahren bei der Abkuhlung von Sintertemperatur eine Umwandlung von der tetragonalen in die monokline Modifikation. Die Gittertransformation ist mit einer Volumenzunahme verbunden. die in der beim
1
1
1 Bild 4.16 Mechanismen L u t Ziihigkeitssteigerung von Schneid kerami k I Kil3ahlenkung a n cingclagerten F;iwrn o d e r Plittchcn 2 KiUvcrrweigung durch MikroriMnet/wcrk 3 Uchinderung der Ril.(iiu+rcitung durch D r u c k e i g c n \ p i i n n u n ~ c n
4.4
Nichtmetallische Hartstoffe
179
Sintern auf die Zr02-Teilchen aufgeschrumpften A1203-Matrix Druckspannungszonen ( 3 ) bzw. ein Mikrorihetzwerk (2) erzeugt, das bei aufierer Beanspruchung die normalerweise fur das instabile Ausbreiten eines einzelnen Anrisses erforderliche Bruchenergie auf eine grol3ere Anzahl von Mikrorissen verteilt (energiedissipativer Bruchvorgang). Die Bruchzahigkeit K,, erhoht sich bei annahernd gleichbleibender Festigkeit um 300%. Eine ahnliche Wirkung erreicht man durch Einlagern von Sic-Whiskern in die A1203-Matrix. Diese Whisker sind einkristalline Fasern mit < 3pm Durchmesser und Langen von 5 bis 100pm. Um den gesundheitlichen Gefahren (Verdacht auf Krebserregung) bei der whiskerverstarkten Schneidkeramik entgegenzuwirken, wurde auch versucht, Sic-Plattchen als Verstarkungsmaterial zu verwenden. Durch Ablenken und Verzweigen von Mikrorissen entlang der Grenzflachen zwischen den eingelagerten Komponenten und der Matrix wird ebenfalls die instabile Rifiausbreitung erschwert. Aus Elektrokorund (95 bis 97% A120,) oder Siliciumcarbid werden Schleifkorper zum Bearbeiten (Schruppen, Putzen, Trennen) langspanender Werkstoffe hergestellt. In der Werkstoffbezeichnung folgen dem A fur Elektrokorund und C fur Siliciumcarbid noch Angaben zur Kornung, dem Hartegrad und Gefuge. Weiterhin wird nach der Art der Bindung unterschieden zwischen V = keramische Bindung, R = Gummibindung (RF = faserverstarkt), B = Kunstharzbindung (BF = faserverstarkt), E = Schellackbindung, Mg = Magnesitbindung. WaBrige Suspensionen von Aluminiumoxid (Poliertonerde) sind fur die Feinbearbeitung metallischer Oberflachen (z. B. bei der Herstellung metallographischer Schliffe) im Gebrauch.
4.4.2 Hochharte Schneidstoffe Der Begriff hochharte Schneidstoffe umfaBt naturliche und synthetische Diamanten sowie das synthetisch hergestellte Bornitrid. Sie werden fur Schleifkorper sowie Schneidwerkzeuge mit definierter Schneide, im Fall von Diamantpulver auch als Schleif- und Polierpasten, eingesetzt. Eine Zusammenstellung wichtiger Kenngrokn enthalt Tabelle 4.10. Der Nutiirrliumant ist das harteste naturlich vorkommende Material. Bedingt durch die Anisotropie der Harte und Spaltbarkeit ist der monokristalline DiaTabelle 4.10 Eigenschaften hochharter Schneidstoffe Dichte
Harte HV
Biegefestigkeit MPa
Obere Grenze der Temperaturbestandigkeit '>C
gkm3
Naturdiamant
3,01 . . . 3,56
10060
210 . . ,490
600 , . . 850
Synthetischer Diamant monokristallin polykristallin
3.48 . . . 3.54 3.3 . . . 4.0
8600 . . . 11000 8000.. . 11000
= 500 250.. ,300
850 700
Bornitrid monokristallin pol ykristallin
3,44 . . . 3.49 3.3 . . . 3.4
9000 . . .9500 7000 . . ,8000
500 250 . . ,300
1200 1400
=
180
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
mant richtungsempfindlich und anfallig gegen wechselnde Beanspruchungen. Diese Nachteile konnten durch den synthetisch hergestellten polykristallinen Diamant (Kennbuchstabe DP) uberwunden werden. Durch die Diamantsynthese entsteht ein Schneidstoff mit nahezu isotropem Verhalten bei nur geringfugig verminderter Harte, jedoch wesentlich verbesserter Bruchzahigkeit. Die industrielle Herstellung des synthetischen Diamant- und Bornitridpulvers erfolgt durch Hochdrucksynthese (Drucke 1 bis 10 GPa, Temperaturen > 1000°C). Die in den Phasendiagrammen fur Kohlenstoff (Bild 4.17a) und Bornitrid (Bild 4.17b) kreuzschraffierten Druck-Temperatur-Gebiete markieren die Zustandsbereiche, in denen die Synthese ablauft. 16
\
GPa
1; 1G
LlQUlDUS
4
I
Temperatuc
1000
2000
3000
4000 ' C 5000
Temperafur
b) Bild 4.17 Druck-Temperatur-Phasendiagramm fur Kohlenstoff (a) und Bornitrid (b) (nach F P Blind?) a) Kohlenstoff-Phasendiagramm b) Bornitrid-Phasendiagramm
Das katalytische Umwandeln des hexagonalen Graphits in den kubischen Diamant geschieht bei Anwesenheit eines geschmolzenen Schwermetalls (KatalysatorLosungsmittel). Man nimmt an, daB sich der Graphit in der Metallschmelze (Co, Ni u.a.) auflost und bei Uberschreiten der Sattigungsgrenze die thermodynamisch stabile Diamantkristallisation einsetzt. Die Synthesetechnologie ist soweit entwickelt, daB nicht nur die GroBe der Kristalle, sondern auch die kristallographische Morphologie und damit Harte und Festigkeit dem jeweiligen Anwendungsgebiet weitgehend angepaBt werden konnen. Das Diamantpulver wird zu polykristallinen Schneidwerkstoffen mit definierter Schneide, haufiger jedoch zu Schleifkorpern, bei denen die Diamantkorper in eine Bindephase eingebettet sind, verarbeitet. Auch das in der Natur nicht vorkommende kubische Bornitrid wird uber eine katalytische Umwandlung gewonnen. Es wird zu Schleifkorpern mit monokristallinen Kornern oder zu polykristallinen Schneidwerkstoffen (Kennbuchstabe BN) verarbeitet.
4.4
Nichtmetallische Hartstoffe
181
Der Naturdiamant findet vorwiegend Anwendung in Abrichtwerkzeugen fur Schleifscheiben sowie als aufgelotete Schneide auf einer Hartmetall-Wendeschneidplatte fur die Feinstbearbeitung (Hochglanzdrehen). Wegen des sehr niedrigen Reibungskoeffizienten ist die Adhasionsneigung sehr gering. Wesentliche Einsatzgebiete von D P und BN sind das spanende Bearbeiten von Cu- und Al-Legierungen, faserverstarkten Verbundwerkstoffen, Hartmetallen und Keramik. Das Zerspanen von Stahl ist dagegen wegen der Eindiffusion von Kohlenstoff in die Werkstuckoberflache nicht zu empfehlen. Z u den altesten Anwendungen gehort auch das Bohren von hartem Gestein, wobei als Bohrkronen sowohl naturliche als auch synthetische Diamanten Verwendung finden. Bohrkronen rnit grol3en Naturdiamanten sind fur Bohrarbeiten im Bergbau sowie bei geologischen Erkundungen geeignet, wahrend rnit kleinen Diamanten besetzte Bohrkronen im Hoch- und Tiefbau zum Bohren von Stein, Beton u.a. Materialien bevorzugt werden. Diamantimpragnierte Sageblatter werden zum Trennen von Stahlbeton, feuerfesten Baustoffen oder zum Einbringen von Gleitrillen in Auto- und Flugplatzlandebahnen genutzt. Durch Abscheiden von Kohlenstoffschichfen rnit einer diamantartigen Struktur auf Hartmetallen oder Schneidkeramik wird der Weg zu einer neuen Generation von superharten Randschichten beschritten. In einer Niederdrucksynthese von Gasgemischen aus Kohlenwasserstoffen und Wasserstoff oberhalb 1000“ C konnen geschlossene Schichten von einigen pm bis einigen mm Dicke auch bei komplexer Schneidengeometrie erzeugt werden. Ein Problem dabei ist der im Vergleich zum Hartmetall wesentlich niedrigere Warmeausdehnungskoeffizient, wodurch es an der Grenzflache zu Eigenspannungen und damit zum Abplatzen der Schicht kommen kann. Einsatzmoglichkeiten fur diamantbeschichtete Werkzeuge zeichnen sich ab beim Bearbeiten vorgesinterter Teile, CFK und GFK sowie Aluminiumlegierungen mit hohem Si-Gehalt. Das Abscheiden von amorphen Kohlenstoff-Schichten sowie des metastabilen kubischen BN ist auch rnit dem plasmaaktivierten CVDVerfahren moglich. Fur Schleifkorper mit Schleifbelag werden die hochharten Stoffe rnit polymerer, keramischer oder metallischer Bindephase zu Verbundwerkstoffen verarbeitet. Beim kubischen BN herrschen organische und keramische Binder vor, wohingegen fur Hochleistungs-Schleifkorper rnit Diamant eine metallische Bindematrix bevorzugt wird. In der Regel wird von Pulvermischungen ausgegangen, die meist durch Druck geformt und rnit Hilfe einer Temperaturbehandlung (Vernetzen bei Kunststoff-, Sintern bei Keramik- und Metallbindung) endverdichtet werden. Diamantschleifkorper hoher Abriebfestigkeit werden erhalten, wenn als Bindephase Metalle gewahlt werden, die als Carbidbildner den Diamant gut benetzen, wie Fe, Ti, V, Nb, Mo oder W, sie werden als Pulvermischungen heiBgepreBt (Drucksintern). Bei niedriger schmelzenden Metallbindern (Bronze, Co, Ni) kann der Porenraum eines aus Hartstoff- und Metallpulver vorgepreBten Skelettkorpers rnit der Metallschmelze getrankt werden. SchlieBlich besteht die Moglichkeit, das Bindemetall auf eine hartstoffpulverbedeckte Trageroberflache galvanisch abzuscheiden (galvanische Metallbindung). Diamantschleifkorper werden hauptsachlich fur das Bearbeiten von Hartmetall, aber auch von Glas, Keramik, Beton, Gestein und NE-Metallegierungen verwendet. Die Oktaederflachen der Diamantkristalle wirken als scharfe Schneiden, die beim Abbrechen standig neue Schneidkanten freigeben.
182
4
Werkstoffe fur Werkzeuge
Um gute Standzeiten und Schneidleistungen zu erzielen, ist die zweckmaljige Kombination von Bindemittel und Diamantkornung von groBer Bedeutung. Fur Kunststoffbinder bevorzugt man ein Korn mit unregelmaniger Form und rauher, gezackter Oberflache, so daB die Korner fest in der Matrix haften und bei starker Schleifbeanspruchung nur kleine Kristallteilchen abbrechen konnen. Derartige Schleifscheiben zeichnen sich durch hohe Schneidleistungen und gutc Eigenschaften beim Freischneiden aus: ihr VerschleiBwiderstand ist aber relativ niedrig. Schleifkornungen fur Metallbinder bestehen aus blockigen, moglichst regelmaBig geformten Diamantkristallen, die meist ausgepragte Ecken und Kanten aufweisen. Damit wird in Verbindung mit der gegenuber dem Kunststoff festeren metallischcn Matrix auf Kosten der Schneidleistung ein hoherer VerschleiBwiderstand sowic eine sehr gute Oberflachengute des bearbeiteten Werkstoffes gcwahrleistet. Fur Honwerkzeuge verwendet man vorwiegend pulvcrmetallurgisch oder galvanisch hergestellte Diamantbelage von 0,s bis 1 mm Dicke. Auch zum Durchbohren von Emailschichten benutzt man Bohrer mit galvanisch ge bun d e n e m D i a m a n t be 1ag . Die technischen Anwendungsgrenzen der Diamantwerkzeuge werdcn hauptsachlich durch deren Temperaturbestandigkeit bestimmt. Die maximal moglichen Arbeitstemperaturen betragen etwa 800°C. Bei hoheren Tcmperaturen beginnt sich der Diamant zunachst in Graphit umzuwandeln, der dann zu CO bzw. CO, oxidiert. Dabei dringt der entstehende atomare Kohlenstoff teilweise in den bearbeiteten Werkstoff ein, was zu starken Verschleikrscheinungen fuhrt. Die Schleifkiirper aus kirhischrni Bortiitrzd ermoglichen das Schleifen von Stahlen hoher Hirte. wie Schnellarbeitsstahle und andere hochlegierte Stahle. Das BN hat gegenuber Diamant den Vorteil der Zerfalls- und Oxidationsbestandigk e i t a uc h be i h oh e n Temperat u re n : seine c h e m i sc h e Best and i g k e i t i st j e d och geringer. Es zersetzt sich, besonders bei gleichzeitiger Einwirkung von Druck, bis zu einem gewissen Grad bereits im Wasser, so daB beim Schleifen spezielle Kuhlflussigkeiten benutzt werden mussen. Dennoch sind Schleifscheiben aus kubischem Bornitrid sehr leistungsfahig, vor allem bei der Werkzeug- oder Kugellagerfertigung.
Literaturhinweise Blirnirnrrrrcr, /I. (Hrsg.): Wcrkstoffprufung. 6. Aufl.
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4.4
Nichtmetallische Hartstoffe
183
[4.8] Becker, H.J., E. Haberling und K. Rusche: Warmarbeits- und Kunststofformen - Stihle HTM 43( l988)3, 156 [4.9] Wrher, T E und H . Sparscheck: Einsatz von gegossenen Cobalthartlegierungen als Warmschermesser zum Zuschneiden von Stahlen. Stahl 3( 1995) S. 3 7 4 0 [4.10] Schedler. W : Hartmetall fur den Praktiker. Dusseldorf: VDI-Verl. 1988 [4.1I ] Koluska, H . : Die wirtschaftliche Bedeutung der Hartmetalle und ihre Einsatigebiete. Metall 46(1992)3, 256 [4.12] Beschichten rnit Hartstoffen. Dusseldorf: VDI-Verl. 1992 [4.13] Kolusku, H. und K. Dreyer: Hartmetalle, Cermets und Keramiken als verSchleiRbestandige Werkstoffe. Metall 45( I99 1)4, 380 [4.14] Kolusku, H. und D. Kassel: Schneidkeramik - Einsatzgebiete und Marktdaten. Metall 45( 1991)4,380 [4.15] Ehhrrink, J. und J. Guhring: Diarnantbeschichtung fur Zerspanwerkzeugc. VDI-Ber. 917, Bd. 2 Dusseldorf: VDI-Verl. 1992 [4.16] Knotek, 0. und F: Loffler: Moglichkeiten der Hartstoffbeschichtung fur Werkzeuge. Metall 45( 1991)3,236 [4.17] DIN 17 350: Werkzeugstahle rnit Beiblatt 1: Erganzende Angaben zur Warmebehandlung 1980 [4.18] DIN 17022 Teil2: Verfahren der Warmebehandlung; Harten und Anlassen von Werkzeugen 1986 (4.191 DIN I S 0 513: Anwendung der harten Schneidstoffe zur Zerspanung; Bezeichnung der Zerspanungs-Hauptgruppen und der Anwendungsgruppen 1992 [4.20] DIN 69 100: Schleifkorper aus gebundenem Schleifmittel 1988 [4.21] DIN 69 800: Schleifkorper mit Schleifbelag aus Diamant oder Bornitrid 1980 14.221 VDI-Richtlinie 3186: Werkstoffe fur KaltflieRprel3werkzeuge - Werkstofflisten I995 [4.23] VDI-Richtlinie3198: Beschichten von Werkzeugen der Kaltmassivumformung 1992 [4.24] VDI-Richtlinie 3388: Werkstoffe fur Stanzwerkzeuge 1983 [4.25] Stahl-Eisen-Prufblatt 1520: Mikroskopische Prufung der Carbidausbildung in Stahlen rnit Bildreihen 1987 [4.26) Stahl-Eisen-Prufblatt 1615: Mikroskopische und makroskopische Prufung von Schnellarbeitsstahlen auf ihre Carbidverteilung rnit Bildreihen 1975 [4.27] Stahl-Eisen-Prufblatt 1320: Statischer Biegeversuch an Stahlen geringen Verformungsvermogens
5
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
Der Einsatz von Konstruktionswerkstoffen bei tiefen Temperaturen erfolgt vor allem im Bereich von -10 bis -200 "C. Wichtige Anwendungsfalle sind Stahlbaukonstruktionen. F6rderanlagen, Schiffe und Schienenfahrzeuge fur arktische Bedingungen, die Luft- und Raumfahrt sowie die Kaltetechnik. Das kalte Recycling, u.a. bei Autoreifen sowie zum Trennen von Werkstoffverbunden oder Beschichtungen genutzt, erfordert tieftemperaturbestandige Werkzeuge. Von erheblicher Bedeutung sind auch die Apparate und Anlagen zur Verflussigung von Luft, Wasserstoff, Edelgasen und naturlicher bzw. synthetischer Kohlenwasserstoffe einschlieljlich der Transport- und Lagerbehalter. Fur spezielle Anwendungen, z. B. bei der technischen Nutzung der Supraleitfahigkeit, werden Werkstoffe benotigt, die bis zur Siedetemperatur des Heliums (-269°C) einsetzbar sind. Eine Zusammenstellung der Siedetemperaturen wichtiger technischer Gase mit der Zuordnung der dafur verwendbaren metallischen Werkstoffe enthalt Tabelle 5.1 Tab. 5.1 Siedepunktc technischer Gase rnit Zuordnung rnetallischcr Konstruktionswerkstoffe Siedepunkte technischer Gase H1 -269 -253 He I
I -273
1 1
-250
N2 0 2 CH4 -196 -184 -162
c1H4
coz
-104
-79
I I
-200
NH, -33
I
I
I
-150
-100
I I
-50
Temperatur in "C FeinkombausMhle (kaltzdlhe Sondergijten) niedriglegiette Vergiitu stdlhle
Stahle mi 3 , 5 und 9 % Ni A/-Legierungen Cu und Cu- Legiemngen
7
/
austenitische Cr Ni- Stahle Ni-Legiemngen Ti- Legiemngen TiefsttemperaturTechnik
i
TieflemperaturTechnik
Kdlltetechnik
SO, -1O'C i *O
5.I
Werkstoffverhalten bei tiefen Temperaturen
185
Da der Einsatz der Konstruktionswerkstoffe bei tiefen Temperaturen in erster Linie von der Sprodbruchsicherheit bestimmt wird, kommen fur diese Zwecke hauptsachlich metallische Werkstoffe rnit guter Kaltzahigkeit in Betracht. Mit der Entwicklung schlagzaher Polymerwerkstoffe und Verbundwerkstoffe haben sich aber auch Moglichkeiten zum Einsatz dieser Werkstoffgruppen bei Temperaturen unterhalb 0 "C ergeben. Nichtmetallische Werkstoffe, fur deren Verwendung bei tiefen Temperaturen andere Eigenschaften bestimmend sind (z. B. ausreichende Druckfestigkeit bei Beton und Keramik, optische Eigenschaften von Glas, Warmeisolationsvermogen polymerer Schaumstoffe), werden in diesem Kapitel nicht behandelt, da hinsichtlich ihres mechanischen Verhaltens im Tieftemperaturbereich im wesentlichen keine anderen Einschrankungen als auch bei Raumtemperatur gelten.
5.1 Werkstoffverhalten bei tiefen Temperaturen Die Auswahl geeigneter Werkstoffe fur den Tieftemperaturbereich erfordert die Kenntnis der mechanischen Eigenschaften, insbesondere der Zahigkeit, in Abhangigkeit von der Temperatur. Bei metallischen Werkstoffen steigt rnit sinkender Temperatur die Festigkeit an, d.h. die Kennwerte Streckgrenze und Zugfestigkeit werden erhoht. In den meisten Fallen ist auch ein Anstieg der Harte, der Dauerschwingfestigkeit sowie des Elastizitatsmoduls zu beobachten. Allerdings ist bei krz oder hexagonalen Kristallstrukturen infolge der zunehmend sproden RiBausbreitung ein Abfall der Dauerschwingfestigkeit moglich. Das AusmaB der Veranderungen im Festigkeitsverhalten wird hauptsachlich von der Gitterstruktur und dem Gefuge der Werkstoffe bestimmt. Wahrend Metalle rnit kubisch-flachenzentriertem Gitter nur eine geringe Abhangigkeit der fur das Eintreten plastischer Verformungen erforderlichen FlieBspannung von der Temperatur, dafur aber erhebliche Unterschiede im Verfestigungsvermogen zeigen, ist bei kubisch-raumzentriertem Gitter die FlieBspannung in starkem MaBe von der Temperatur abhangig, wogegen das Verfestigungsvermogen annahernd konstant bleibt. Metalle mit hexagonaler Struktur zeigen einen mit abnehmender Temperatur mittleren Anstieg der FlieBspannung und Verfestigung [5.1]. Von besonderer Bedeutung fur das Werkstoffverhalten im Tieftemperaturbereich ist die Kaltzahigkeit. Hierunter sol1 die Fahigkeit eines Werkstoffes verstanden werden, das instabile Ausbreiten von Rissen zu verhindern und damit dem Eintreten eines verformungsarmen Sprodbruchs entgegenzuwirken. Da ein solcher Bruch ohne Vorankundigung, z. B. durch Verformung oder RiBbildung, in Erscheinung tritt und dabei die in der Konstruktion gespeicherte Energie u.U. explosionsartig freigesetzt wird, ist das Gewahrleisten ausreichender Spriidbruchsicherheit das entscheidende Kriterium fur die Werkstoffauswahl. Nach dem EinfluB der Temperatur auf die Zahigkeit lassen sich gema0 Bild 5.1 die Werkstoffe in drei Gruppen einteilen: Kurve 1: Die Zahigkeitshochlage fallt rnit sinkender Temperatur nicht oder nur geringfugig ab, so daB die Moglichkeit zum Abbau von Spannungsspitzen durch eine plastische Verformung auch bei tiefen Temperaturen noch in ausreichendem MaBe gegeben ist. Ein merklicher Zahigkeitsverlust kann in diesem Fall nur bei besonderen Umgebungseinflussen, z. B. beim Einwirken korrosiver Medien oder nach langzeitiger Neutronenbestrahlung, auftreten. Zu dieser Gruppe
5
186
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
l-.
-
2
.-
e,
Y
Zahigkeitshochlage
.a, N
Steilabfall
Zahigkeitstieflage
&3
I ~~
Temperatur
Bild 5.1 EinlluD der Tempcratur a u i die Zahigkcit (schematisch)
gehoren alle Werkstoffe rnit kubisch-flachenzentriertem Gitter (Al, Cu, austenitische Stahle), da in dieser Struktur auch bei tiefen Temperaturen ausreichend viele Gleitsysteme zur Verfugung stehen. Kurve 2: Mit absinkender Temperatur erfolgt ein mehr oder weniger steiler Ubergang von der Hoch- zur Tieflage der Zahigkeit, d.h. vom zahen zum sproden Bruchverhalten. Dieser Steilabfall ist typisch fur metallische Werkstoffe rnit kubisch-raumzentriertem (z. B. ferritische bzw. ferritisch-perlitische Stahle) sowie hexagonalem Gitter (Mg, Zn); er wird aber auch bei thermoplastischen Polymeren beobachtet. Kurve 3: Die Zahigkeit zeigt nur eine geringe Abhangigkeit von der Tempcratur und verbleibt in der Tieflage. Dieser Verlauf ist typisch fur Werkstoffe rnit kovalenter oder ionischer Bindung (Glas, Keramik), er tritt auljerdem bei hochfesten oder oberflachengeharteten Stahlen rnit martensitischem Gefuge sowie duroplastischen Polymeren auf. Bei der Charakterisierung des Zahigkeitsverhaltens mulj grundsatzlich zwischen den mikroskopischen Bruchmechanismen Spaltbruch bzw. Gleitbruch und den makroskopischen Erscheinungen des sproden bzw. zahen Bruchs unterschieden werden. Der zum verformungsarmen Sprodbruch fuhrende Bruchmechanismus ist der Sptr(fhnrch.In Werkstoffen rnit kristalliner Struktur ist er die Folge einer instabilen Riflausbreitung an niedrig indizierten Netzebenen (transkristalliner Spaltbruch) oder entlang von Korngrenzen mit reduzierter Kohasionsfestigkeit (interkristalliner Spaltbruch). Eingeleitet wird der Spaltbruch durch lokale Spannungskonzcntrationen. die u.a. bei einem Aufstau von Versetzungen an Korngrenzen oder Einschlussen entstehen konnen. Die entscheidende Voraussetzung fur das instabile Ausbreiten eines submikroskopischen Spaltrisses ist, daB die einwirkende Normalspannung uber eine kritische Distanz vor der RiBspitze gr6Ber ist als die Spaltbruchfestigkeit. Der im Kurvenverlauf 2 des Bildes 5.1 zum Ausdruck kommende Wechsel zwischen Zah- und Sprodbruch kann rnit charakteristischen Temperaturen beschrieben werden. die sich sowohl aus dem mikroskopischen Bruchmechanismus als auch aus dem makroskopischen Proben- bzw. Bauteilverhalten ableiten lassen (Bild 5.2).
5.1 //$ y
Werkstoffverhalten bei tiefen T e m p e r a t u r e n
187
Bruchrnechanisrnen Spaltbruch
v//--,-
Bild 5.2 Charakterisierung des temperaturabhingigen Zahigkeitsverhaltens im Mikro- und Makrobercich (nach W Dahl)
Nach der mikrofraktografischen Betrachtungsweise erfolgt der Ubergang vom Spaltbruch zum Glritbriich bei der Temperatur Ti (i steht fur Initiierung der stabilen RiBausbreitung). Oberhalb der Temperatur T, erfolgt der Bruch ausschliel3lich durch stabile RiBausbreitung, was an der zumeist wabenformig ausgebildeten Bruchflache zu erkennen ist. Geht man dagegen vom makroskopischen Verhalten einer Probe oder eines Bauteils mit RIB aus, so kommt es bei der Temperatur T,, (general yield) zur vollstandigen Plastifizierung des NettoTIClinear-elastisches Verhalten vorliegt, d.h. an querschnitts, wahrend bei T I der RiBspitze entsteht nur eine kleine plastische Zone. Damit sind die Voraussetzungen fur die Ermittlung gultiger KIc-Werte nach dem LEBM-Konzept (Abschn. 5.2) erfullt. Die Behinderung der plastischen Verformung bei tiefen Temperaturen wird noch verstarkt durch mehrachsige Spannungszustande und die an Kerben bzw. Rissen auftretenden Spannungskonzentrationen, so daB schon bei niedrigen Nennspannungen die Gefahr des Auftretens eines auch als Niedrigspannungsbruch bezeichneten verformungsarmen Sprodbruches besteht. In Tabelle 5.2 sind nochmals die sprodbruchfordernden Faktoren, die sowohl aus den auBeren Beanspruchungsbedingungen als auch ungunstigen Werkstoffzustanden resultieren konnen, zusammengefaBt. Es ist besonders darauf hinzuweisen, daB alle bei metallischen Werkstoffen bekannten Mechanismen der Festigkeitssteigerung - mit Ausnahme des feinkornigen Gefuges zu einem Zahigkeitsverlust fuhren und somit die Sprodbruchneigung erhohen. Die Ursache fur die bessere Zahigkeit feinkorniger Gefuge ist darin zu sehen, daB bei abnehmender KorngroBe die Spaltbruchfestigkeit starker ansteigt als die Streckgrenze.
188
5
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
Tabelle 5.2 SprAdbruchfordernde Bcdingungen 1. Konstruktivc Cicstaltung:
Dehnungsbehinderung an Kerben oder in dickwandigen Bauteilen
2. Fertigung:
Anrisse oder Zugeigcnspennungen nach S c h w e i k n . Warmebchandeln, Schleifen
3. Beanspruchungshedingungen:
schlagartige Krafteinwirkung. mehrachsiger Spannungszustand
4. Umgebungsbedingungen:
niedrige Temperatur, SpannungsriBkorrosion, Wasserstoffversprodung, Ncutronenbestrahlung
S. Werkstoff:
grobktirniges Gefugc. Korngrenzenausscheidungcn. hoher Gehalt an Verunreinigungcn oder nichtmetallischen Einschlussen
Das wichtigste Prufverfahren zur Charakterisierung der Werkstoffzahigkeit ist der Kerbschlagbiegeversuch [5.2]. Zur Ermittlung weiterer mechanischer bzw. bruchmechanischer Kennwerte bei tiefen Temperaturen werden spezielle Prufeinrichtungen mit Kryostaten verwendet. Aluminiumlegierungen werden vorwiegend mit dem Kerbzugversuch gepruft. Neben dem Festigkeits- und Zahigkeitsverhalten andern sich mit absinkender Temperatur auch die physikalischen Eigenschaften der Werkstoffe. Die spezifische Warmekapazitat, Warmeleitfahigkeit und der thermische Ausdehnungskoeffizient metallischer Werkstoffe nehmen kontinuierlich ab. Der spezifische elektrische Widerstand verringert sich ebenfalls allmahlich, um dann unterhalb der Sprungtemperatur der Supraleitung auf einen sehr kleinen Restwiderstand abzufallen. Da die Erzeugung und Anwendung starker Magnetfelder eine wichtige Aufgabe der Tieftemperaturtechnik ist, sind die magnetischen Eigenschaften von besonderem Interesse. Bei ferromagnetischen Werkstoffen erreicht die Sattigungspolarisation bei -273 " C ihren Hochstwert. Weil die Betrage der magnetischen Anisotropieenergien mit sinkender Temperatur in der Regel grol3er werden. nimmt die Permeabilitat ab, und gleichzeitig steigt die Koerzitivfeldstarke an.
5.2 Kriterien zur Bewertung der Werkstoff- und Bauteilzahigkeit Fur den Tieftemperatureinsatz von Konstruktionswerkstoffen ist, wie bereits erortert, das Gewahrleisten einer ausreichenden Spriidhritchsicherheir entscheidend. Es ist deshalb erforderlich, die Auswahl der Werkstoffe auf der Grundlage von Werkstoffkennwerten vorzunehmen, die eine dem realen Bauteilverhalten bei der jeweiligen Betriebstemperatur moglichst nahe kommende Charakterisierung des Ziihigkeitsverhaltens erlauben. Fur die Konstruktionsstahle ist ein Werkstoffgutenachweis unter Verwendung der im Kerbschlagbiegeversuch ermittelten Kennwerte eingefuhrt. Dieser Nachweis beruht auf der Annahme, daB es oberhalb eines bestimmten Mindestwertes der Kerbschlagarbeit nicht mehr zur instabilen RiBausbreitung kommt. Man bezeichnet die Temperatur, fur die diese Mindestwerte festgelegt werden, als
5.2
Kriterien zur Bewertung der Werkstoff- und Bauteilzahigkeit
189
UbergangstemperaturT,. Als Mindestwert wird i.a. die Kerbschlagarbeit von 27 J benutzt; fur hohe Anforderungen an die Sprodbruchsicherheit ist auch die Kerbschlagarbeit von 68 J ublich. Auf der Grundlage derartiger Kriterien wurden spezielle Vorschriften zur Stahlauswahl entwickelt. Obwohl sich diese Vorschriften in vielen Fallen bewahrt haben, ist doch zu beachten, darj die Ubergangstemperaturen zwar einen relativen Vergleich verschiedener Werkstoffe bzw. Behandlungszustande zulassen, aber nicht in Beziehung zur tatsachlichen Sprodbruchsicherheit eines Bauteils bei einer bestimmten Betriebstemperatur gebracht werden konnen. Die Erkenntnis, daB das Sprodbruchverhalten im starken Marje von der Form und Grorje eines Bauteils abhangt, hat zur Entwicklung von Prufverfahren gefuhrt, bei denen die Probenabmessungen und -formen dem realen Bauteil besser angeparjt sind bzw. die Proben scharfe Kerben oder Risse enthalten. Eine Zusammenstellung verschiedener Prufverfahren zur Ermittlung bauteilbezogener Grenztemperaturen enthalt Bild 5.3. Priifverfahren
Versuchsschema +Fallmasse
fallge wichtsversuch nach W. S. Pellini -.
ermitte'te Grenztemperatur
NDT
gekerbte Schweiflraupe
~
Fallgewichtsscherversuch
Fallmasse oder
eingepreflter V-Kerb
Verformungsbruch. flache)
Blechdrcke ?obendrcke !l Jder Rohrwanddicke ~~
Grofizugversuch an gekerbten oder gesch weinter Platten
b
'robendicke
4
+
Blechdicke
hgemeines ~ l i ~
~
Bild 5.3 Priifverfahren zur bauteilbezogener ~ Ermittlung ~ ) Grenztemperaturen
Im Gegensatz zu den im Kerbschlagbiegeversuch ermittelten Ubergangstemperaturen, die keine getrennte Bewertung des Werkstoffverhaltens bezuglich RiBeinleitung und RiBausbreitung erlauben, wird bei den Grenztemperatur-Konzepten zwischen der Sicherheit gegen RiBeinleitung und der Sicherheit gegen RiBausbreitung unterschieden. Im erstgenannten Fall besteht die Gewahr, daB kein instabiles Wachstum eines vorhandenen Risses bzw. rirjartiger Unganzen auftritt, wahrend Sicherheit gegen RiBausbreitung bedeutet, daB ein laufender RiB zum Stillstand kommt (Riaauffangvermogen). Welches dieser beiden Sicherheitskonzepte gewahlt wird, ist eine Frage des Risikos und der Kosten. In
190
5
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
der Regel fuhrt man den Zahigkeitsnachweis so, daB evtl. vorhandene Risse bei der vorgesehenen Betriebsbeanspruchung nicht instabil werden kiinnen (RiBeinleitung als Sicherheitskriterium). In Sonderfallen wird aber auch vom RiRauffangvermiigen als Sicherheitskriterium Gebrauch gemacht. Grenztemperaturen auf der Basis des Ri~einf~itun~.skonzeprs werden mit dem Fallgewichtsscherversuch DWTT (drop weight tear test, auch Fallgewichtsversuch nach Butelle) ermittelt. Eine Probe wird in einem Fallwerk oder von einem Pendelhammer zerschlagen und die dazu beniitigte Arbeit als Differenz der kinetischen Energien der Fallmasse vor und nach dem Schlag bestimmt. Als Grenztemperatur TjoCx, ist die Temperatur festgelegt, bei der entweder die Schlagarbeit 50% des Wertes in der Hochlage der Zahigkeit oder der nichtkristalline Bruchanteil 50% betragen. Der zur RiBeinleitung fuhrende AnriB kann durch einen rnit einem Hartmetallwerkzeug eingepreBten Kerb (Kerbradius < 0.025 mm) oder eine iirtliche Versprodung infolge ElektronenstrahlschweiBung rnit einer Ti-Elektrodc simuliert werden. Der Fallgewichtsscherversuch findet vor allem zur Bewertung des Zahigkeitsverhaltens von Rohren Anwendung. Das Ri~~Niishreitungsbzw. RiBstop-Konzept geht davon aus, daB die Werkstoffzahigkeit ausreichen mu& um einen sich mit hoher Geschwindigkeit ausbreitenden RIB aufzufangen. Hierzu wird der Fallgewichtsversuch nach W S . Pellini (Pellini-test, drop weight test - DWT) herangezogen. Dabei werden DreipunktBiegeproben mit einer auf der Zugseite in der Mitte der Probenoberflache aufgebrachten SchweiBraupe durch eine frei fallende Masse derart beansprucht, daB innerhalb einer vorgeschriebenen Gesamtdurchbiegung in der SchweiBraupe ein Sprodbruch ausgelost wird. Die Temperatur, bei der eine Probe noch bricht, wahrend bei 5 K hoherer Temperatur zwei weitere Proben nicht mehr brechen, wird als NDT (nil-ductility-transition)-Temperaturbezeichnet. Sie stellt einen Kennwert fur das RiBauffangverhalten unter den angegebenen Prufbedingungen dar. Mit dem Pellini-Test ist entwedcr a) der Nachweis zu fuhren, daB die NDT-Temperatur cines Werkstoffes niedriger oder hiichstens gleich einer vorgegebenen Grenztemperatur ist, oder es ist b) der genaue Wert der NDT-Temperatur zu ermitteln. Es ist allerdings zu beachten, da13 die Temperatur, bei der in einem Bauteil ein laufender RiB aufgefangen wird, von dessen Abmessungen, der Krafteinleitung und der Energieliefcrung wahrend der RiBausbreitung abhangt. Auf der Basis der Grenztemperatur NDT wurden unter Einbeziehung umfangre i ch e r B a u t e i 1ve r s u ch e S p r d h ri I ch sich erh eits- Sch u i I h ildrr mi t e i n e m ha 1bq u a n titativen Zusammenhang zwischen Nennspannung, RiRgriiBe und Temperatur aufgestellt (Bild 5.4). Als wesentliche Aussage ergibt sich daraus, daB oberhalb NDT + 35 K auch bei Nennspannungen in der Hiihe der Streckgrenze und vorhandenen griil3eren Rissen kein Spriidbruch auftreten kann. Von NDT + 35 K bis NDT + 70 K ist ein Bruch nur nach starker plastischer Verformung des gesamten Bauteils miiglich. Ein wesentlicher Fortschritt bei der yuantitativen Bewertung der Spriidbruchsicherheit wurde mit der Bruchmechanik erzielt [5.3].Sie geht von der Annahmc realer oder hypothetischer Risse bzw. riBahnlicher Unganzen aus, die sowohl wahrend der Fertigung (z. B. SchweiBrisse) als auch infolge der Betriebsbeanspruchung (Ermudung, Spannungsrifikorrosion) entstehen kiinnen. Auf der Grundlage verschiedener Bruchkriterien wurden KenngroBen fur die Widerstandsfahigkeit des Werkstoffes gegenuber einer weiteren RiBausbreitung einge-
5.2
Kriterien zur Bewertung der Werkstoff- und Bauteilzahigkeit
191
4
I_ _
Zugfestigkeit
Zugfestigkeit --__ ~
F 5 C C
m
Streckgrenze
_ _ _
I
% C C
z“ keine Rinausbreitung (Temperaturgrenze)
/
+
I
NDT
NDT+35K
NDT+70K
Temperafur
keine Rifl ausbreitung (Spannungsgrenze) Bild 5.4 Sprijdbruchsicherheits-Schaubild (nach W S . Pellini)
fuhrt, mit denen ein Zusammenhang zwischen Nennspannung, RiBgroBe und Werkstoffzahigkeit bei der jeweiligen Temperatur hergestellt werden kann. Unter den Bedingungen eines bis zum Bruch weitgehend elastischen Bauteilverhaltens hat das Konzept der linear-elastischen Bruchmechanik (LEBM) Gultigkeit. In diesem Fall besteht der Zusammenhang K, =
(3
(a . f)”’
(5.1)
K, ist der an der Spitze eines Risses auftretende Spannungsintensitatsfaktor fur den Bruchmodus I (die Normalspannungen wirken senkrecht zu den RiBufern), (3 die Nennspannung, a die RiBgroBe, und f stellt einen von der Bauteil- und RiBform abhangigen Geometriefaktor dar. Eine instabile RiBausbreitung, d.h. ein Sprodbruch, tritt nur dann auf, wenn der Spannungsintensitatsfaktor einen kritischen Wert K,, erreicht. Dieser K,,-Wert ist eine geometrieunabhangige WerkstoffkenngroBe und wird als Bruchzahigkeit bezeichnet. Die Ermittlung der Bruchzahigkeit erfolgt an speziellen Zug- oder Biegeproben, die zusatzlich zu einem mechanischen Kerb noch einen durch Schwingbeanspruchung erzeugten AnriB enthalten. Als Beispiel zeigt Bild 5.5 die Temperaturabhangigkeit der Bruchzahigkeit K,, zusammen mit den Kennwerten des Zugversuchs fur einen Druckbehalterstahl. Als sprodbruchsichere Grenztemperatur wird haufig die Temperatur gewahlt, bei der eine Bruchzahigkeit K,, = 100MPa m1’2 erreicht wird. Auf die erganzend zu der auf den Sprodbruchbereich begrenzten LEBM entwikkelten Bruchmechanik-Konzepte fur elastisch-plastisches Materialverhalten, die eine bruchmechanische Werkstoffbewertung auch im Bereich des sprod-duktilen Ubergangs sowie der Hochlage der Zahigkeit ermoglichen, sol1 an dieser Stellc nur hingewiesen werden.
192
5
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
700
-180
-100
-50
0 "C +50
Temperatur
keit des Druckbehalterstahls AS33B (20MnMo4-5) in Abhingigkeit von der Temperatur (nach Wc.ssc4)
5.3 Kaltzahe Stahle und EisenguBwerkstoffe 5.3.1 Kaltzahe Walz- und Schmiedestahle Kaltzahe Stahle sind Baustahle, die sich durch gutes Zahigkeitsverhalten bei Temperaturen unter -10 " C auszeichnen. Eine haufig erhobene Forderung ist die Gewahrleistung eines Mindestwertes der Kerbschlagarbeit von 27 Joule bei -60°C oder einer noch tieferen Temperatur. Das Zahigkeitsverhalten der kaltzahen Stahle 1aBt sich uber das Erschmelzen bzw. die sekundarmetallurgische Behandlung, durch Legieren (insbesondere mit Ni) oder Warmebehandeln (Verguten) sowie uber einen moglichst hohen und gleichmaBigen Umformgrad bei Schmiedestucken in weiten Grenzen verandern. Dadurch ist es moglich, fur unterschiedliche Betriebstemperaturen eine jeweils okonomisch gunstige Werkstoffvariante auszuwahlen (Tab. 5.3). In Bild 5.6 sind fur einige Stahle die Kerbschlagarbeit-Temperatur-Kurven in Verbindung mit dem Anstieg der Streckgrenze dargestellt. Nach ihrem Gefuge konnen bei den kaltzahen Stahlen die ferritischen (unlegierte und niedriglegierte Stahle sowie nickellegierte Stahle) und austenitischen Stahle (Chrom-Nickel-Stahle und Chrom-Mangan-Stahle) unterschieden werden. Die ferritischen Stahle weisen das beste Zahigkeitsverhalten im verguteten Zustand auf. Der normalgegluhte Zustand ergibt nur dann eine gute Kaltzahigkeit, wenn ein sehr feinkorniges Gefuge vorliegt. Ein grobkorniges Gefuge bzw. ein Mischgefuge, z. B. aus Ferrit und Bainit, verschlechtert die Zahigkeit. Fur die austenitischen Stahle bringt der Iosungsgegluhte Zustand die beste Zahigkeit. Beider Warmumformungoder beim SchweiBenohne nachtragliches Abschrekken aus dem Bereich der Losungsgluhtemperatur konnen sich Carbide oder intermetallische Phasen ausscheiden, wodurch die Zahigkeit vermindert wird.
5.3
193
Kaltzahe Stahle und EisenguBwerkstoffe
Tabelle 5.3 Kaltzahe Stahle (Auswahl) Stahlsorte
Warmebehandlungszustandl)
Zugfestigkeit bei RT in MPa
Temperatur in " C fur gewahrleistete Mindestwerte der Kerbschlagarbeit von 27 J (Probenrichtung querltangential)
26CrMo4
H+A
590 bis 740
-60
1IMnNi5-3
N oder N
+A
410 bis 530
-60
10Ni14
N oder N + A oder H + A
470 bis 640
-85 his -1002)
12NilY
N oder N + A oder H + A
510 his 710
-110 bis -1202)
X8NiY
N+N+A oder H + A
640 bis 840
-196
X2CrNiN 18-10
ldsungsgegliiht
500 bis 700
40 J bei -196°C (nur bei SchweiBverbindungen)
1)
-1
N = normalgegliiht. H dickenahhiinpip
=
gehbrtet. A = angelassen 1000
2
400
0)
X6CNi TI18-10
300
1
-160
-120 -80 Temperatur
-40 ' C
0
-200
-150 -100 Ternperatur
-50 "C 0
b) Bild 5.6 Temperaturabhangigkeit der Kerbschlagarbeit (a) und Streckgrenze (b) fur ausgcwahlte kaltzahe Stahle
Die nachstehende Erorterung einiger kaltzaher Stahle geschieht in der Abfolge ihrer Eignung fur tiefe Temperaturen. Fur unlegierte Baustiihle (z. B. S235J2G3) wird im Nenndickenbereich 10 . . . 150 mm nur bis -20°C die Mindestkerbschlagarbeit von 27 Joule gewahrleistet, wogegen bei den schweiflgeeigneten Feinkornbaustahlen sowie den Druckbehulterstiihlen im Streckgrenzenbereich von 275 bis 460 MPa als kaltzahe Sondergiiten NL (normalgegliiht) bzw. ML (thermomechanisch gewalzt) dieser Wert noch bei -50°C gefordert wird. Durch den erhohten Mn-Gehalt wird ein feineres Ferritkorn erzeugt und die Bildung von Zementitfilmen auf den Korngrenzen
194
5
Wcrkstoffe fur tiefe Tempcraturen
verhindcrt. so daR je 0.1% Mn die ijbergangstemperatur um S bis 6 K abgesenkt wird. Die Mikrolegierungselemente vcrstarken die kornfeinende Wirkung, und das thermomechanische Umformen fuhrt ebenfdk zu einem gunstigen Fcstigke i t s- Zii h i g ke i t s- Ve r h a1t n i s. Die se S t 2h 1e fi n de n be vorz ug t e An we n d u n g a Is GroBrohre fur Ferngasleitungen. im Schiffbau. fur Offshore-Konstruktionen sowie fur oberirdische Tankanlagen. Auch die hochfesten wasserverguteten Baustiihle auf der Legierungsbasis NiCrMo zeichnen sich noch durch eine gute Tieftemperaturzahigkeit aus. Bei den unlegierten und niedriglegierten kaltzahen Stahlen, die i. allg. durch SchweiBen verarbeitet werden, ist ein niedrigcs Kohlenstoffaquivalent erforderlich. AuBcrdem ist der Auswahl der SchweiBverfahren und Zusatzwerkstoffe besondere Beachtung zu schenken, damit im Bereich der SchweiBnaht nicht eine Verschlechterung der Zahigkeit eintritt. Die in den entsprechenden Richtlinien in Verbindung mit verschiedenen Blechdicken. Nahtformen, Streckenenergien und SchweiBverfahren festgelegten Vorwarrntemperaturen sind deshalb exakt einzuhalten. Fur Schmiedestiicke. Flansche. Schrauben. Muttern. Bolzen wird in der Tieltemperaturtcchnik bis -60°C haufig der Stahl 26CrMo4 eingesetzt. Dieser Stahl ist a 1Ic rdi ngs n i c h t fur Sch we i 13 kon st ru k t i o n e n gee i g n e t . Be i e i nsa t zge h 2r t e t e n bzw. carbonitrierten Einsnfzsfiihlen sind die minimalen Umgebungstemperaturen im Getriebebau auf -40°C begrenzt. Die Z2higkeit von VergiifungssfBhler? kann durch einen Nickelgehalt von 2 bis 10% erhcblich gesteigert werden, was auf die kornfeinende Wirkung des Ni sowie die Bildung eines zahen Eisen-Nickel-Martensits beim Verguten zuruckzufuhren ist. Wegen der starken Erweiterung desy-Feldes sowie der relativ kleinen Diffusionskonstanten kommt es zu ciner betrachtlichen Unterkuhlung dcr Austenitumwandlung. In Stahlen mit Ni-Gehalten > 3% ist keine Trennung zwischcn der Perlit- und Zwischenstufe mehr miiglich. da die Bildung des voreutektoidischen Ferrits gleichfalls als diffusionslose Umwandlung ablauft. Uberstcigt dcr Ni-Gehalt 6 bis 7%. erfolgt die Umwandlung durch einen diffusionslosen Schiebungsmechanismus in einen als kubischer Martensit bezeichneten ubersiittigten metastabilen Mischkristall. Erst bei einem Anlassen auf Temperaturen obcrhalb 400°C sind wieder Diffusionsvorgange, die zu Entmischungen im FeNi-Mischkristall fuhren, moglich. Der kubische Martensit weist gegenubcr dern tetragonalen Martensit eine wesentlich geringere Harte und damit eine hiihere Ziih i g ke i t a u f. Die nickcllegierren Sfiihle decken mit ihrem abgestuften Ni-Gehalt von I ,S: 3 5 : S und 9% den gesamten Temperaturbereich his -200°C ah. Sie werden vor allem fur C;asverflussigungsanlagen sowic Transport- und Lagerbehalter fur Flussiggase eingesetzt. Der Stahl mit 1,S% Ni (1SNiMn6) ist von untergeordncter Bedeutung. da er gegenuber den nickelfrcien Baustahlen nur im ungeschweil3ten Zustand eine verbesserte Zahigkeit aufweist. Der Stahl 12Ni14 wird bevorzugt in Verbindung mit verflussigtem 0, oder Ethylen verwendet. Fur den Tieftcmperatureinsatz im Bereich von -120 bis -200°C. z. B. als Standtanks fur LN2, LO? odcr LAr haben die Stahle 12Nil9 oder XXNiC) die griiBte Verbreitung gefunden. Diese Stiihle verbinden nach einer zumeist dreistufigen Vergutungsbehandlung (zweimaliges Harten X60"C/Wasser + 700"C/Wasser und Anlassen 620"C/Luft) eine hohe Spriidbruchsicherheit mit gutcn Festigkeitseigenschaften. Als wirtschaftliche Variante fur den Temperaturbereich von -160 bis -200°C wurden Stahle mit S his 6% Ni bei erhiihtem Mn- und Mo-Gehalt (X7NiMo6)
5.3
Kaltzahe Stahle und EisenguBwerkstoffe
195
entwickelt. Eine weitere Verbesserung der Tieftemperaturzahigkeit ist durch das sehr feine Vergutungsgefuge des Stahls X4NiVN, hervorgerufen durch Vanadiumnitrid-Ausscheidungen, moglich. Die statischen Festigkeitswerte der Nikkelstahle lassen sich durch Zulegieren von Co noch verbessern. Die nickellegierten Stahle sind kaltumformbar und kommen in der Zerspanbarkeit anderen Vergutungsstahlen derselben Festigkeit gleich. AuBerdem lassen sie sich einwandfrei schweiBen, vorausgesetzt, daB durch die Auswahl angemessener Schweiljbedingungen und geeigneter Zusatzwerkstoffe im SchweiBnahtbereich entsprechende Eigenschaften gewahrleistet werden. Eine Warmebehandlung nach dem SchweiBen ist nicht erforderlich, es besteht jedoch die Gefahr der Wasserstoffversprodung. Wegen seines niedrigen Warmeausdehnungskoeffizienten ist der Stahl X8Ni9 fur schockartige Tieftemperaturbeanspruchung,wie sie haufig in Fliissiggasleitungen auftritt, geeignet. Bei Verbundkonstruktionen ist allerdings zu beachten, daB sich die Warmeausdehnungskoeffizienten der 9% NiStahle und der austenitischen Cr-Ni-Stahle etwa wie l : 2 verhalten, was bei Temperaturschwankungen zu erheblichen Schrumpfspannungen fuhrt. Ausgehend von den nichtrostenden martensitischen Stahlen rnit 13 bis 17% Cr wurden kaltzahe Stahle, die bis -100°C einsetzbar sind, entwickelt. Sie enthalten neben 13% Cr noch 3,s bis 6% Ni, der Kohlenstoffgehalt wurde auf etwa 0,05% abgesenkt. Durch Austenitisieren und Abschrecken in 01bzw. Abkuhlen an der Luft und nachfolgendes Anlassen auf 500 bis 600°C entsteht ein weichmartensitisches Gefuge mit einer gunstigen Kombination von hoher Festigkeit und Zahigkeit. Bei einem Ni-Gehalt von 4% liegt die Ubergangstemperatur fur 27 J bei -11O"C, und sie sinkt bei 6% Ni auf -150°C ab. Der als GuB- oder Schmiedewerkstoff herstellbare Stahl GX3CrNi 13-4 bzw. X3CrNiMo13-4 verbindet gute Tieftemperaturzahigkeit mit hoher Festigkeit und Korrosionsbestandigkeit. Bei einer Zugfestigkeit von 700 bis 900 MPa ist noch eine ausreichende Sprodbruchsicherheit bis -120°C gegeben. Anwendungsgebiete fur diese Stahle sind der Armaturen-, Druckbehalter-, Schiff- sowie kaltetechnische Anlagenbau. Bei Temperaturen unterhalb -200 "C werden nahezu ausschliefilich Stahle rnit austenitischem Gefuge, die im Prinzip den korrosionsbesfiinnigen Cr-Ni-Stiihlen (s. Abschn. 7.10) entsprechen, eingesetzt. Diese Stahle haben auf Grund ihrer kfz-Gitterstruktur ein sehr gunstiges Zahigkeitsverhalten his zu Temperaturen in der Nahe des absoluten Nullpunktes. Die relativ niedrige statische Festigkeit der Stahle vom Typ CrNi18-8 (z.B. X6CrNiTilS-l0), die nur etwa 50% der der 9% igen Nickelstahle betragt, kann durch hohere Molybdan- sowie Stickstoffgehalte spurbar angehoben werden. Beispiel dafur ist der Stahl X1 CrNiMoN25-22-2. Ein wichtiges Anwendungsgebiet dieser Stahle sind Komponenten fur supraleitende Magnetsyssteme. Eine Voraussetzung fur das gute Zahigkeitsverhalten bis zu den Siedetemperaturen des Wasserstoffs und Heliums ist die Austenitstabilitat. In Stahlen mit 18% Cr und 8% Ni ist der Austenit bei tiefen Temperaturen nicht genugend stabil und neigt - besonders bei oder nach einer vorangegangenen Kaltverformung - zum diffusionslosen Umklappen in das tetragonal verzerrte krz-Gitter des a'-Martensits. Durch die Bildung von a'-Martensit verschlechtern sich aber die Zahigkeit und Korrosionsbestandigkeit. AuBerdem ist der ferromagnetische a'-Martensit in den Fallen storend, wo ein auBeres Magnetfeld durch den Werkstoff nicht beeinflufit werden darf, z. B. in supraleitenden Magnetsystemen. In Bild 5.7 sind die Existenzbereiche der a'-Phase, die entweder direkt aus dem Austenit oder
5
196
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
0
4
I
1
0
2
8 I
4
20
12 16 Chromgehalt I
I
6
8
1
% 24 I
10 % 12
Nickelgehalt Bild 5.7 Metastabile Phasen in Cr-Ni-Stahlen (nach H.
SC/?lltllU/l/7)
uber die metastabile hexagonale &-Phaseentsteht, in Abhangigkeit vom Chromund Nickelgehalt dargestellt. Ein Ma6 fur die Austenitstabilitat ist die Martensittemperatur M,. Der EinfluR der Legierungselemente auf die M,-Temperatur wird in der Literatur mit unterschiedlichen Regressionsgleichungen beschrieben, z. B. M, in "C = 1305-1 66S(%C+% N)-28(% Si)-33,5( YoMn)-41 .S( % Cr)-61(% Ni)
(5.2) Dabei ist noch zu beachten, daR ein metastabiles austenitisches Gefuge auch durch Kaltverforrnung in Martensit umgewandelt werden kann. Da der metastabile Zustand durch das Ausscheiden von Cr,,C,-Carbiden begunstigt wird, sol1 in den kaltzahen austenitischen Stahlen der Kohlenstoffgehalt auf so niedrige Werte eingestellt werden, daR auch bei langsamem Abkuhlen oder in der WarmeeinfluBzone einer SchweiBnaht keine Carbidausscheidung moglich ist. Durch hoheren Nickelgehalt sowie einen Stickstoffzusatz kann der Martensitpunkt soweit abgesenkt werden, daB auch bei -269°C noch keine Umwandlung auftritt. Neben einer verbesserten Austenitstabilitat weisen die sricksto,fflegirrten Stahle auch eine erhohte 0,2%-Grenze bei guter Bruchzahigkeit auf, allerdings verschlechtert sich die Warmumformbarkeit. Die austenitischen Chrom-NickelStahle sind mit allen elektrischen Verfahren unter Benutzung arteigener Zusatzwerkstoffe schweiBbar. Zur Einsparung von Nickel kommen anstelle der Chrom-Nickel-Stahle auch austenitische Mangun- bzw. Chrom-Mangan-Stiihle in Betracht. Gebrauchlich ist der Stahl X12MnCr18-12. E r zeichnet sich durch eine hohe Austenitstabilitat und gute Festigkeitseigenschaften aus; bei Temperaturen unter -1 00 "C fallt die Bruchdehnung jedoch deutlich ah. Wegen der infolge Carbidausscheidungen beim Anlassen schlechteren Zahigkeit ist eine Warmebehandlung nach dem
5.4
Nichteisenrnetalle und -1egierungen
197
SchweiBen nicht zulassig. Fur die Kaltformgebung ist die besonders starke Verfestigungsneigung infolge einer teilweisen Umwandlung des Austenits in a'- bzw. &-Martensit von Bedeutung. Bei der Anwendung austenitischer Stahle fur kryotechnische Apparate und Anlagen ist der groBe Warmeausdehnungskoeffizient - er liegt zwischen Raumtemperatur und -269°C in der GroBenordnung von 10-SK-' - zu beachten, da die mit der Abkuhlung verbundene starke Schrumpfung zu erheblichen Spannungen fuhren kann.
5.3.2 Kaltzahe EisenguOwerkstoffe Kaltzaher Stahlgub wird vor allem fur Armaturen, Ventile und andere Formteile in der Kaltetechnik benotigt. Unlegierter StahlguB (z. B. GC25E) ist im verguteten Zustand bis 4 0 " C einsetzbar. Fur tiefere Temperaturen, speziell im Druckbehalterbau sind zu verwenden (in Klammern ist jeweils die Temperatur angegeben, bei der im verguteten Zustand eine Kerbschlagarbeit von 27 Joule zu gewahrleisten ist): G17Mn5 ( 4 0 "C), G9NilO (-70 "C), G9Ni14 (-90 "C). Eine gute Tieftemperaturzahigkeit und SchweiBeignung ist bei dem weichmartensitischen StahlguB GX3CrNi13-4 gegeben. Ein Einsatz dieses Werkstoffes bis -120 " C ist unbedenklich. Aus ihm werden u.a. Laufrader fur Turbokompressoren in Kaltemaschinen gefertigt. Die austenitischen Stahlgubsorten GX2CrNil9-11 oder GX2CrNiMol9-11-2 konnen bis -270°C und damit z. B. fur Bauteile von supraleitenden Spulen eingesetzt werden. Generell ist bei StahlguB zu beachten, daB neben der chemischen Zusammensetzung (C-Gehalt begrenzt auf < 0,2%) und der Warmebehandlung (Verguten) auch der Schmelz- und GieBprozeB einen ausschlaggebenden EinfluB auf die Zahigkeit ausuben. Cubeisen mit Kugelgraphit findet zunehmend Anwendung im arktischen Temperaturbereich von 4 0 bis -6O"C, u.a. fur Spezialfahrzeuge oder Armaturen. Dabei sind die perlitfreien Sorten zu bevorzugen, denn mit zunehmendem Perlitgehalt sinkt die Zahigkeit der Hochlage ab, und die Ubergangstemperatur verschiebt sich bis zu Temperaturen oberhalb 0 "C. AuBerdem fallt bei perlitischem GGG auch die Zugfestigkeit mit sinkender Temperatur ab. Tempergub, der fur Fittings oder Einbauteile fur Fahrzeuge benotigt wird, zeigt ebenfalls bei Temperaturen unterhalb -60 " C einen deutlichen Zahigkeitsabfall. GuBeisen mit lamellarer Graphitausbildung ist fur konstruktive Anwendungen bei Minustemperaturen nicht zu empfehlen.
5.4 Nichteisenmetalle und -1egierungen Neuerdings hat das Interesse an Aluminium und Aluminiumknetlegierungen fur den Bau von Anlagen der Tieftemperaturtechnik erheblich zugenommen. Da A1 eine kubisch-flachenzentrierte Struktur hat, kann es bei Temperaturen bis zu -200 " C und darunter eingesetzt werden, ohne daB eine merkliche Versprodung eintritt. Bild 5.8 zeigt die statischen Festigkeitswerte fur Rein-A1 und zwei nichtaushartbare Al-Legierungen. Die Zugfestigkeit nimmt unterhalb -100°C starker zu als die Dehngrenze, so daB das Dehngrenzenverhaltnis abfallt. Die Bruchdeh-
5
1ox
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
AIMg4,5Mn
d 200
al
lu
C
9
2 d -c
-200
-100 "C
0 20
-200
-100 "C
0 20
-200
-100 "C
0 20
Temperafur Bild 5.8 Mechanische Kennwerte v o n Aluminium-Knetle~ierungen in Abhiingigkcit von der Tcniperatur (nach AIcorr)
nung und -einschnurung andern sich nur geringfiigig. Das gleiche Verhalten ist auch bei kaltverfestigten Werkstoffen und SchweiBverbindungen zu beobachten. Bei den aushartbaren, aber nicht schwciBbaren Legierungen, z. B. AICuMg2 (EN AW-2024) oder AIZnMgCul ,5 (EN AW-7075) kommt es zu einem Anstieg der 0,2'%-Dehngrenze um 25 bis 30% gegenuber Raumtemperatur, wahrend die Bruchdehnung um den Faktor 1,2 bis 2 erniedrigt wird. Die Kerbschlagarbeit verandert sich j e nach der Zusammensetzung der Legierung bis -200°C im Vergleich zu den Werten bei Raumtemperatur im ungunstigsten Fall um -30%. so daB auf ihre Ermittlung verzichtet werden kann. Es empfiehlt sich jedoch. die mit sinkender Temperatur zunehmende Kerbempfindlichkeit mit Hilfe des Kerbzugversuchs zu kontrollieren. Auf Grund ihrer gunstigen mechanischen und chemischen Eigenschaften sowie ihrer guten Verarbeitbarkeit und SchweiBbarkeit kommen fur den Tieftemperat u re i n sa t z n e be n Rein al umi n i um ha up t sach 1ic h A I um in ium kne t 1egi e r un ge n de s Typs AlMg bzw. AlMgMn in Frage. Der Werkstoff AlMg4,5Mn (EN AW-508.3) wird vor allem im DruckgefaB- und Sonderschiffbau eingesetzt; neben der gunstigen Kaltzahigkeit zeichnet er sich durch Korrosionsbestandigkeit sowie gute Umform- und SchweiBeignung aus. Allerdings zeigt diese Legierung bei Temperaturen unter -100°C sowohl im Bereich des Grundwerkstoffes als auch der SchweiBverbindung eine erhiihte Kerbempfindlichkeit, was bei der konstruktiven und schweifitechnischen Ausfuhrung zu beachten ist. Al-GuRlegierungen eignen sich wegen des zumeist grobkornigen Gefuges nur begrenzt fur den Tieftemperatureinsatz. Bis -100°C nehmen Zugfestigkeit und Streckgrenze gegenuber Raumtemperaturwerten um etwa 15% und bis -200°C um etwa 30%) zu; die Bruchdehnung sinkt nur unwesentlich ab. Eine Ausnahme bildet die Legierung GD-AIMg9, bei der alle mechanischen Werte geringfugig abnehmen. Nickel und Nickellegierungen zeichnen sich ebenfalls durch ein sehr gutes Zahigkeitsverhalten bei tiefen Temperaturen aus. So wird die aus der Feingeratetech-
5.5
199
Polymere u n d Verbundwerkstoffe
nik bekannte Eisen-Nickel-Legierung FeNi36 fur Tieftemperaturzwecke, z. B. fur Membrantanks in Flussiggasschiffen, herangezogen. Da diese Legierung im Bereich von +lo0 bis -250 " C einen sehr niedrigen Warmeausdehnungskoeffizienten aufweist, konnen die beim Fullen der Tanks auftretenden Warmedehnbewegungen erheblich reduziert werden. Die Zusammensetzung der Legierung FeNi36 (0,1%0C, P und S max. 0,02%0,Ni 35 his 37%) wurde so modifiziert, daB sie mit einem speziellen Zusatzwerkstoff, der etwa 3% Mn und 1% Ti enthalt, ria- und porenfrei schweil3bar ist. Die Legierung FeNi36 ist im Gegensatz zu den austenitischen Stahlen ferromagnetisch und deshalb fur den Einsatz in Magnetfeldern nicht geeignet. Cu-Zn-Legierungen (Messing) sowie Be-Bronzen (s. Abschn. 7.5) sind z. B. fur Federn oder Membranen ohne Einschrankung bei tiefen Temperaturen verwendbar. Titan bzw. Titanlegierungen (s. Abschn. 3.2.3) sind ebenfalls fur den Tieftemperaturbereich geeignet. Eine Zusammenstellung mechanischer Kennwerte verschiedener Ti-Werkstoffe enthalt Tabelle 5.4. Die Legierungen TiA16V4 und TiAlSSn2,S werden rnit besonders niedrigen Gehalten an Begleitelementen hergestellt. Die Legierung TiAlSSn2,S hat bei -269 "C noch eine Bruchzahigkeit von uber 60 MPa m"?. und eine weitere schadenstolerante Legierung ist TiA13V8Cr6Zr4Mo (Beta C). Tabelle 5.4 Mechanische Kennwerte von Titanwerkstoffcn bei tiefen Temperaturen (Auszug B U S DIN 17869) ~~~~
Werkstoff
Zugfestigkeit bei Temp. in " C MPa +20 -196 -269
Ti 1 : Ti 1 Pd Ti3: Ti3Pd TiAISSn2.5 TiA16V4
350 560 805 930
800
-
1000
-
1350
IS00
1430 IS90
0,2%-Dehngrenze bei Temp. in " C MPa +20 -196 -269 240 440 715 865
450 850 1160 1390
Bruchdehnungbei Temp. in"C Yo +20 -196 -269
1300
4s 25 16
IS30
13
-
SO
-
IS
-
16 13
7 6
5.5 Polymere und Verbundwerkstoffe Der Einsatz von Polymerwerkstoffen bei tiefen Temperaturen liegt vor allem im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik. Ausschlaggebend dafur sind die geringe Dichte, die niedrige Warmeleitfahigkeit, die guten elektrischen Isolationseigenschaften, das dielektrische Verhalten sowie die Korrosionsbestandigkeit. Die Einsatzgrenzen der Polymere werden von der Temperaturabhangigkeit der mechanischen Eigenschaften bestimmt. Dazu ist es ublich, den Schubmodul G uber der Temperatur aufzutragen (Bild 5.9). Der im Glasubergangsbereich definierte Kalterichtwert wird fur Thermoplaste und Duroplaste rnit TR > 0, fur Elastomere dagegen rnit T R < 0 angegeben. Im Gebrauchstemperaturbereich T < T, ist fur Thermo- und Duroplaste energieelastisches, fur Elastomere mit T > T, entropieelastisches Verhalten kennzeichnend. Der Ubergang in den energieelastischen Zustand ist rnit ansteigender Festigkeit und Harte bei sinkender Zahigkeit verbunden. Bei thermoplastischen Polymeren wird unterhalb 0 ° C haufig ein mehr oder weniger deutlich ausgepragter
5
200
Werkstoffe fur tiefe T e m p e r a t u r e n
Verhalfen
10'0' .aP 4
IOQ' 1
ubergangsbereich
bereich
elasfisches uberVerhalfen gangsbereich 10'0
__
------*-*---
A 109
,I
~
Pa
\
Gebrauchsfemperafurbereich
Hienbereich
VerhaMen
(3
B 4-
I
I Gebrauchsfemperafur1 bereich
108-
-...
$107-
F
Kalferichtwert TR
105 61s lo8 Pa
I I
Q
2 10
t
I
6-
I I
' Kalferichfwert 10
TR
I
10 Temperafur
Ternperatur
a) b) Bild 5.9 Schematische Darstellung der Temperaturabhangigkeit des Schubmoduls v o n amorphen Thermoplastcn ( a ) und thermoplastischen Elastomeren ( b ) (nach DIN 7724)
Steilabfall der Zahigkeit (Kurve 2 in Bild 5.1) beobachtet. Mit den schlagzah modifizierten Polymerlegierungen, z. B. den PC-ABS- oder PC-PET-Blends, konnte dieser Ubergang vom zahen zum sproden Bruchverhalten zu wesentlich tieferen Temperaturen verschoben werden. Das teilkristalline PTFE zeigt noch bei -200 " C einen ausgepragten Zahbruch. Einige Richtwerte fur den Tieftemperatureinsatz thermoplastischer Polymere enthalt Tabelle 5.5. Tabelle 5.S Anwendung thermoplastischer Polymere bei tiefcn Temperaturcn (nnch [ 5 . 7 ] ) Polymer
Kurzzeichen
Dichte g cm-3
minimale Einsatztcmperatur "C (Langzcit)
Polyethylen-LD Polyethylen-HD Polyamid 1 I Pol yvin y lcarbazol Pol yearbonat Polysulfon Pol yimid Polytetrafluorethylen
PE-LD PE-HD PA1 1 PVK
0.9 14/0,928 0,940/0,960 1.04 1.19 1.20 1.24 1.43
-so
PC
PSU PI PTFE
2.15l2.20
-50 -70 - 100 - 100 - 100
-200 -200
Die wesentlich sproderen Duromere sind fur eine Anwendung unterhalb 0 ° C nicht geeignet. Fur die meisten Elastomere liegt die untere Grenztemperatur bei -55 bis -60°C. Mit abnehmender Temperatur nimmt die Steifigkeit zu, und es erfolgt der in diesem Fall nicht erwunschte Ubergang vom entropie- zum energieelastischen Zustand. Durch Verwendung von speziellen Weichmacher-Typen kann das Verharten oder Versproden der Elastomere reduziert und damit die Kaltebestandigkeit verbessert werden. Eine gute Kaltebestandigkeit bei Temperaturen bis -100 " C zeigt Silicon-Kautschuk, der im Gegensatz zu den anderen Elastomeren in der Makromolekulkette anstelle des Kohlenstoffs alternierend Silicium und Sauerstoff enthalt. Er wird z. B. fur Dichtungen eingesetzt, wenn die Anforderungen den hohen Preis rechtfertigen. Die Eignung glas- oder kohlenstoffverstarkter Polymere fur den Tieftemperatureinsatz wird vor allem durch das Auftreten von Delaminationen infolge zuneh-
5.6
Vorschriften zur Werkstoffauswahl fur tiefe Temperaturen
201
mender Steifigkeit der Matrix begrenzt. Zum Vermeiden dieser Schadigungen wird die Verwendung hochzaher thermoplastischer Matrixsysteme wie Polyetheretherketon (PEEK) empfohlen. Besonderer konstruktiver MaBnahmen bedarf es, um bei der Paarung von Polymeren oder Verbundwerkstoffen mit anderen Werkstoffen, vor allem mit Metallen, unzulassig hohe innere Spannungen wegen der groBen Unterschiede zwischen den Ausdehnungskoeffizienten zu vermeiden.
5.6 Vorschriften zur Werkstoffauswahl fur tiefe Temperaturen Unter Verwendung der im Abschnitt 5.2 dargelegten Zahigkeitsnachweise wurden fur den Tieftemperatureinsatz spezielle Vorschriften entwickelt, deren vorrangiges Ziel darin besteht, eine ausreichende Sicherheit gegen Sprodbruch zu gewahrleisten. In Deutschland hat das von der Arbeitsgemeinschaft Druckbehalter aufgestellte AD-Merkblatt W10 besondere Bedeutung erlangt. Darin sind die sicherheitstechnischen Anforderungen fixiert, die an Eisenwerkstoffe zu stellen sind, wenn diese zum Bau von Druckbehaltern mit innerem oder auBerem Uberdruck fur Temperaturen des Beschickungsmittels unter -10 "C verwendet werden. Es erganzt andere AD-Merkblatter, z. B. der Reihen B und S rnit den Berechnungsregeln fur drucktragende Bauteile. Die tiefste zulassige Anwendungstemperatur wird werkstoffspezifisch angegeben und mit Angaben zur groBten zulassigen Wanddicke verknupft. Tabelle 5.6 Anwendung von Stahlen und StahlguB fur Druckbehalter bei tiefen Ternperaturen (nach AD-Merkblatt WIO) Stahlart
Tiefste Anwendungsternperatur in "C bei Beanspruchungsfall 1 I1 111
schweifigeeignete Feinkornbaustahle. norrnalgegluh t :
-60
-1 10
-140
60
-65
-1 15
-105
-120 -200
-155 -170 -255
-145 -1 85 -200 -270
70 70 50 70
-200 -270
-255 -270
-210 -210
I5
austenitischer StahlguB: -200 GX2CrNilY-I 1
-255
-210
30
kaltzahe Stahle: 26CrMo4 10Ni14 12NilY X8NiY austenitische Stahle: XSCrNi18-10 X2CrNiMoN17-11-2
GroBte zulassige Dicke (bei Rohren Wanddicke) in rnrn bei der tiefsten Anwendungsternperatur
Tabelle 5.6 enthalt einen Auszug aus den Angaben zur tiefsten Anwendungstemperatur fur Stahle und StahlguB. Dabei werden drei Beanspruchungsfalle unterschieden:
202
5
Wcrkstoffe fur tiefc Tcmperaturen
Beanspruc h ungs fall I : Die Fes t ig kei t swert e der angege bene n We r ks t offe kiin ne n mit den im AD-Merkblatt B O genannten Sicherheitsbciwerten voll ausgenutzt werden (Tab. 5.7). Beanspruchungsfall 11: Die Festigkeitswerte konnen nur zu 75% ausgenutzt werden. Durch geeignete Gestaltung und Herstellung mussen Spannungsspitzen weitgehend vermieden werden, und beim Betrieb ist das Entstehen v o n Anrissen nicht zu erwarten. Beanspruchungsfall I I I: Die Festigkeitswerte konnen nur zu 25% ausgenutzt werden. Tahclle 5.7 Sicticrhcitsheiwcrte gcgcn die Streck- bzw. Dehngrenze ( A u s ~ u gaus All-Mcrkhlatt BO) Wcrkstoll
Sicherheitsbeiwert S fur den Wcrk- Siclicrticilshciwcrt S' stofl bei Berechnungstemperatur bcim Pruldruck
Wol;l- und Schrnicdcstiihle
I ,5
I,1
st ah Ig u 0
2.0
I ,5
G u fk i sc n mit K ugc Igi-aphit
2.4
I .2
I .s
1.1
GC;(;-40.3
A I u mi n i u ni u nd A I u mi 11iu in-K nc t we r k a t ollc
G u Be i se n m it K ug e I gra p h i t un d aust e n it isc he s G u Be ise n mi t Lame 11e n gr a p h i t sind beim Beanspruchungsfall I1 im warmebehandelten Zustand bis zu -60" einsetzbar. Da viele Lagergutcr, speziell in der petrochemischen Industrie. leichter als Wasser sind. tritt die griiBtc Beanspruchung der Lagerbehiilter bei der Druckwasserprobe auf. Um dabei das Eintreten eines Sprodbruchs zu verhindern, mu13 sie bei Temperaturen durchgefuhrt werden, die - abhangig von der mechanischcn Beanspruchung - um 5 bis 15 K uber der Auslegungstemperatur liegen. Wahrend sich die Festlegungen im deutschen Regelwerk ADWIO im wesentlichcn auf qualitiitssichernde Mafinahmen bei der Herstellung und Prufung (u.a. wird speziell fur Schweiherbindungen ein erhohter Priifumfang und cine verstarkte Anwendung der zerstijrungsfreien Prufung bei Einsatzteinperaturen unter -1 0 ° C gefordert) sowie Erfahrungen mit dem Einsatz bci tielen Temperaturen stutzen. haben europaische Regelwerke bereits die Ergebnisse umfangreicher (Jntersuchungen an bauteilahnlichen Proben sowie bruchmechanische Bewertungen berucksichtigt. So wurden in der britischen Norm BSSOOO fur schweiBgeeignete C- bzw. C-Mn-Stahle sog. Auslegungsreferenz-Temperaturen (Design Reference Temperature) aus Versuchen an GroBplatten abgeleitet und mit den im Kerbschlagbiegeversuch zu bestimmenden Ubergangstemperaturen TU7,(R,,, < 450 MPa) bzw. TLI4,, (R,,, > 450 MPa) korreliert (Bild 5.10). Die Auslegungsreferenz-Temperatur ergibt sich aus der niedrigsten Betriebstemperatur. die wiihrend des Betriebs oder bei der Druckprobe auftritt. und einem Temperaturzuschlag. der vom Grad der Ausnutzung der zulassigen Spannungen bestimmt wird. Ein einheitliches europaisches Sprodbruchbewertungskonzept wird mil dem ANNEX C zum E I J R O C O D E 3 zur Bemessung und Konstruktion von Stahl-
5.6
203
Vorschriften zur Werkstoffauswahl fur tiefe Temperaturen
I
Referenzdicke
60 mm 50 mm 40 mm 30 mm 20 mrn
-80P /
700
l -
-60
-50
1
-40 -30 -20 -70 0 Ubergangstemperatur TU2,
"C
20
Referenzdicke ? 40 mm
$8 2: 25 mm
"C
20 mm 15 mm >_ l Om m
8 mm 6 mm 4 mm 2mm
-60
-50
-40 -30 -20 -70 Ubergangstemperatur To,,
0
"C
20
Bild 5.10 Zusamrnenhang zwischen Auslegungsreferenz-Temperatur und Ubergangstcmperetur (nach BSSOOO)
bauten angestrebt. Hiernach wird die tiefste Einsatztemperatur T R d ( R = Resistance, d = design) wie folgt festgelegt: = TKIoO + ATo
+ AT; + ATyc
(5.3) die Temperatur fur eine Bruchzahigkeit von 100 MPa m1'2. Hierin bedeutet TK1,)() Da diese Temperatur nur durch bruchmechanische Prufung bestimmt werden kann, finden folgende Korrelationen mit den Ubergangstemperaturen des Kerbschlagbiegeversuchs Anwendung:
TRd
TKI(K) = 1,4TU27 bzw. TKI(H) = TuZ7- 18°C
(5.4) Die weiteren Bestandteile von GI. (5.3) beriicksichtigen den EinfluB der Spannung und Beanspruchungsgeschwindigkeit; AT,, ist ein sich aus der statistischen Auswertung ergebendes Sicherheitsglied.
204
5
Werkstoffe fur tiefe Temperaturen
Literaturhinweise Schatt, W und H. Worch (Hrsg.): Werkstoffwissenschaft. Stuttgart: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1996 B1itrnenrriic.r. H. (Hrsg.): Werkstoffprufung. 6. Aufl. Leipzig, Stuttgart: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1994 Blitrnenriiter, H. und G. Pirsch: Technische Bruchmechanik. 3. Aufl. Leipzig, Stuttgart: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1993 Frey, H. und R.A. Haefer: Tieftemperaturtechnologie. Dusseldorf: VDI-Verl. G m b H 1981 Siefer, W : Mechanische Eigenschaften von unlegiertem GuBeisen mit Kugelgraphit und von TemperguB bei tiefen Temperaturen. GieBerei-Forschung 37(1985)1. 17 Aluminium-Taschenbuch IS. Aufl./ Hrsg.: Aluminium-Zentrale. Dusseldorf: Aluminium-Verl. Band 1 (Grundlagen und Werkstoffe) 1995: Band 2 (Umformen) 1996 Oswrrlrl, T A . und G. Mrnges: Materials Science of Polymers for Engineers. Hanser Publishers I995 Pannkoke, K. : Mechanische Eigenschaften von undirektionalen, kohlenstofffaserverstarkten Polymeren bei tiefen Temperaturen. In: VDI-Ber. 1080. Dusseldorf: VDI-Verl. G m b H 1994 DIN 17 280: Kaltzahe Stahle 1985 is.161 DIN E N 10 213: Technische Liefcrbedingungen fur StahlguB fur Druckbehiilter; Teil 3: Stahlsorten fur die Verwendung bei tiefen Temperaturen 1996 [S. 1 11 Stahl-Eisen-Werkstoffblatt SEW 685: Kaltzaher StahlguB 1989 [S.12] DIN 1725: Aluminiumlegierungen; GuBlegierungen; Beiblatt 1 zu DIN 1725 Teil2 1986 [S.13) DIN 17 869: Werkstoffeigenschaften von Titan und Titanlegierungen, zusatzliche Angaben 1992 [S. 141 DIN 7224: Polymere Werkstoffe, Gruppierung polymerer Werkstoffe aufgrund ihres mechanischen Verhaltens 1993 [S. IS] Stahl-EisenPrufblatt 1325: Fallgewichtsversuch nach W S . Pellini 1982 (5.161 Stahl-Eisen-Prufblatt 1326: Fallgewichtsversuch nach Brrtelle 1983 [S. 171 AD-Merkblatt W10: Werkstoffe fur tiefe Temperaturen, Eisenwerkstoffe 1987 [S. 181 British Standard BS 5000: Specification for unfired fusion welded pressure wessels 1986 (5.19) Eurocode 3: Design of steel structures, Annex C: Design Against Brittle Fracture, EN V 1993-1 [S.20] DIN EN 1 0 028: Flacherzeugnisse aus Druckbehalterstahlen, Teil 4: Nickellegierte kaltzahe Stahle 1994
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
In der Energie- und Umwelttechnik, der chemischen, werkstoffherstellenden und -verarbeitenden Industrie werden Konstruktionswerkstoffe und Baustoffe in groBerem Umfang erhohten Temperaturen ausgesetzt. Die Wirtschaftlichkeit der betriebenen Aggregate hangt wesentlich von der Hohe der anwendbaren Arbeitstemperaturen ab. So sinkt beispielsweise der Warmeverbrauch einer Dampfkesselanlage von 13500 auf etwa 10600 kJ/kWh ab, wenn die Dampfeintrittstemperatur von 400°C auf 600 " C erhoht wird, oder die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion verdoppelt sich, wenn - wie eine Faustregel besagt die Betriebstemperaturen um 10 K gesteigert werden. Die insbesondere bei der Erzeugung elektrischen Stromes geforderten niedrigstmoglichen Umweltbelastungen und maximalen thermischen Wirkungsgrade der Aggregate haben zu bedeutsamen Werkstoffentwicklungen fur Dampf- und Gasturbinen sowie fur Gas-Dampf-Kombikraftwerke gefuhrt. Das betrifft vor allem neue Cr-Mo-V-Stahle mit 10 bis 12% Cr, austenitische Stahle und Ni-Cr-Mo-Stahle, darunter die superreinen Ni-Cr-Mo-V-Stahle rnit 3 bis 3 3 % Ni, sowie Ni-Basis-Superlegierungen. Auch bei aufwendiger Kuhlung und einkristalliner Bauweise stol3en die hochstbeanspruchten Teile in der Turbine, die Turbinenschaufeln, an EinsatzgrenZen, die derzeit durch die Zeitstandfestigkeit der Ni-Basis-Superlegierungen gegeben sind. Da mit der Anwendung vollkeramischer Schaufeln wegen der ungeniigenden Schadenstoleranz zur Zeit nicht zu rechnen ist, hat die Entwicklung geeigneter Warmedammschichten in Verbindung mit einer weiteren Steigerung der Arbeitstemperaturen erhebliche Bedeutung erlangt (Bild 6.1) [6.1]. Von den bei erhohten Temperaturen geforderten Eigenschaften stehen eine ausreichende Festigkeit (warm- und hochwarmfeste Legierungen) sowie mit zunehmenden Arbeitstemperaturen auch ein genugender Widerstand gegen HeiBgaskorrosion (zunderbestandige Stahle) oder die Chemikalienbestandigkeit (Glaswerkstoffe), eine hohe Schmelztemperatur sowie ausreichende Stand- und Temperaturwechselfestigkeit (feuerfeste Keramiken) im Vordergrund. Dem entspricht auch die Abfolge der in diesem Kapitel behandelten Werkstoffe. Polymerwerkstoffe scheiden aus den Betrachtungen aus, da die Arbeitstemperaturen der meisten Thermoplaste und Elastomere unter lOO"C, die der Mehrzahl der Duromere unter 200°C liegen. Nur in (nicht dem Maschinenwesen zugehorigen) Ausnahmefallen finden spezielle Polymere noch oberhalb 300 "C Verwendung (Bild 6.2). Schnell- und Warmarbeitsstahle, von denen auBer der Warmfestigkeit auch ein hoher VerschleiBwiderstand gefordert wird, wurden bereits in den Abschn. 4.2.6 und 4.2.7 erortert. Warmfeste Federstahle werden im Abschn. 10.2.2 behandelt. In Bild 6.3 ist fur verschiedene Werkstoffgruppen die 10' h-Zeitstandfestigkeit uber der Temperatur dargestellt. Folgt man der allgemein verbreiteten Meinung,
6
206
Werkstofle fur hohe Temperaturen
1300 P V D - B e s c h r c h i u n g e n ~ + plasmasprrizschrchtenlB e s c h i c h t u n g e n l modihzrerte Alummrde ahmrnrde-
"C 7200
7 100
Warmedamrnschrchten
7 000
genchtet ersiarrte Werkstoffe
900
konventronelle GuBwerksioffe
800
700 1940
7950
1960
1970
1980
1990
2000
2010
Jahr Bild 6.1 Anstieg dcr 'l'urhinencintrittstemperatur im Vcrlauf von 50 Jahren (nach D . S . liic~lic~rh\: 11.C'.
l>OlC,)
Neue Tbermoplaste
Superlegierungen
Siliciumcarbid Aluminiurnoxid
>2000 I 500
I
I
I
1000
1500
2000
Temperatur
Bild 6.2 Einsat/teiiiperatul.cn verschiedener PolynicrM ;I t ri x -. Me ta I I - M a t ri x - u nd
Kerarnik-Matrix-Vcrbund'C
werkstolfc. Angcgehen: Matrixwerkstollc (nach A./? Mrrjitli)
6. I
1
0
200
600
Warmfeste Stahle und Legierungen
, 600 800 7000 1200 l4OO0C 1600 An wendunqstemperatur
207
Bild 6.3 103h-Zeitstandfestigkeit verschiedener Werkstoffe in Abhangigkeit von der Ternperatur
dal3 als warmfeste Werkstoffe erst solche zu bezeichnen sind, deren Einsatztemperaturen > 400°C liegen, und berucksichtigt, dal3 die Verwendung der von der Herstellung und Verarbeitung her kostenaufwendigeren Titanlegierungen fur Hochtemperaturzwecke sowie fur Spezialfalle nur in Verbindung mit einer verbesserten Korrosionsbestandigkeit (s.a. Abschn. 7.2) gerechtfertigt ist, dann liegen an der unteren Grenze des Bereiches warmfester Werkstoffe un- und niedriglegierte Stahle sowie bestimmte StahlguBarten. Diese und die ihnen mit zunehmenden Arbeitstemperaturen folgenden hochlegierten ferritischen, martensitischen und austenitischen Stahle sowie die Superlegierungen auf Nickelund Cobaltbasis sind die bei weitem am haufigsten genutzten warm- und hochwarmfesten Konstruktionswerkstoffe. Sie verdanken ihre Warmfestigkeit einer gezielten Uberlagerung der Hartungsmechanismen [6.2]. Die fur noch hohere Temperaturen geeigneten hochschmelzenden Metalle sowie Verbundwerkstoffe auf Carbid- und Metallbasis sind - wiederum vorwiegend aus okonomischen Erwagungen - relativ wenigen Sonderfallen vorbehalten. Zur Dimensionierung und Auslegung warmebeanspruchter Bauteile aus metallischen Werkstoffen werden aus Kurzzeitversuchen bestimmte temperaturabhangige und aus Langzeitversuchen ermittelte temperatur- und zeitabhangige Werkstoffkennwerte, wie z. B. Zeitdehngrenze und Zeitstandfestigkeit, verwendet [6.3]. Der Nachweis der Betriebssicherheit erfolgt dann auf der Grundlage der Beanspruchungs- bzw. Spannungssicherheit, Temperatur- und Zeitsicherheit.
6.1 Warmfeste Stahle und Legierungen Warmfeste Stahle sind unlegierte und legierte Stahle, die in der Regel oberhalb 400°C zum Einsatz gelangen. Von allen warmfesten Werkstoffen sind die wurmfesten Stiihle am meisten erschlossen, sie haben die grol3te Anwendungsbreite und sind weitgehend genormt. Man kann die warmfesten Stahle in drei Gruppen, in unlegierte und niedriglegierte Stahle, in warmfeste Chromstahle und in hochwarmfeste austenitische Stahle einteilen, womit gleichzeitig der Legierungstyp zum Ausdruck gebracht wird.
208
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
6.1.1 Unlegierte und niedriglegierte Stahle Neben dem Kohlenstoff und den ublichen Eisenbegleitern der unlegierten Stiihle kommen in den niedriglegierten Stahlen als warmfestigkeitssteigernde Legierungselemente Chrom, Molybdan, Nickel, Vanadium, Wolfram und Niob vor. Insgesamt uberschreiten diese Elemente die Summe von etwa 6% kaum. Die Einsatztemperaturen der un- und niedriglegierten Stahle liegen im Bereich von 400 bis 580 "C, die Raumtemperatur-Zugfestigkeit zwischen 350 und 600 MPa. Das Festigkeitsverhalten der unlegierten ferritisch-perlitischen bzw. Kohlenstoffstahle wird hauptsachlich durch den Kohlenstoff (0,10 bis 0,30%) und das
Tabellc 6. I Angaben m r Vcrwcndung warmfester Stahle (nach [6.29], [6.30]. [6.31]) Bauteil
Wer ks t o f f
Anwendungsbereich "C
Uberhitzerrohre
I6Mo3 13CrMo4-5 lOCrMo9-I0 XXNiCrAITi3 1-20
his 530 500 . . . 550 520 . . . 580 600 . . . 950
Dampfleitungcn (Kessel)
St35.X
19Mn5 IhMo3 13CrMo4-S IOCrMoV-I0 X lOCrMoVNbN9-l (P91) X3CrNiMoN 17- 13
20 . . . 480 360 . . . 480 460 . . . 520 500 . . . 540 520 . . . 580 540 . . . 600 580 . . . 620
Schrauben
('35 24CrMoV.S-5 25CrMoVBh-11
bis 400 (450) 4 5 0 . . ,510 500 . . ,570
Turbinenschaufcln (u.a. Tcilc)
X20Cr13 24CrMoV5-5 X22CrMoV 12-1 X IOCrNiWVTa 18-9 XXCrNiMoNb 16-16
bis 470 450.. ,510 500 . . ,550 500 . . . 600 580 . . . 700
Turbinenwellen
2XCrMoNiV4-7 23CrNiMo7-4-7 26NiCrMoVI 1-5 (superrein) 26NiCrMoVl4-S (superrein) X12CrMoWVNbNIO-1-1 XI 2CrMoVNbN 10-1
bis 540 bis 540 350.. , 450 3 5 0 . . . 4.50 bis 600 his 600
GroRe Schmiedestucke (250 m m )
Ck35 (C35E) 24CrMo5 22CrMo4-4 24CrMoV5-5 21CrMoVS-11
bis 390 370 . . ,480 460 . . . 500 4 8 0 . . . 515 500 . . . 530
Gehause u.a. GulJteile GP240GH G17CrMo5-5 G17CrMoVS-10 GXI 7CrMoNiV12-1
bis 470 460 . . . 550 520.. ,550 540 . . . 580
6.1
Warmfeste Stahle und Legierungen
209
Mangan (0,3 bis l,6O%) sowie den Gehalt an ,,aktivem" (gelostem) Stickstoff bestimmt. Die Kriechgeschwindigkeit wird durch gelosten Stickstoff verringert. Das verbesserte Warmverhalten der niedriglegierten Stahle wird durch Carbide und Carbonitride der Elemente Chrom, Molybdan, Wolfram, Vanadium und Niob erreicht. Unterhalb 450°C lohnt die Verwendung von molybdanlegierten Stahlen im allgemeinen nicht, da dort die unlegierten Stahle ausreichende Eigenschaften aufweisen bzw. die gleiche Festigkeit wie die niedriglegierten zeigen. Sind jedoch bei bestimmten Bauteilen, die sich sehr lange im Betrieb befinden (> 105h), nur sehr geringe Formanderungen zulassig, dann werden auch unterhalb 450 " C molybdanlegierte Stahle eingesetzt. Die in der Regel oberhalb 450 " C verwendeten Mo-Stahle enthalten 0,3 bis 1,0% Mo. Ein bekannter Vertreter dieses Typs ist der Stahl 16Mo3. Eine weitere Steigerung des Mo-Gehaltes allein erhoht die Festigkeit nur unbedeutend. Die Kriechfestigkeit, Duktilitat und Oxidationsbestandigkeit werden verbessert, wenn dem Stahl aul3er Mo noch etwa 1% Cr, wie beim 13CrMo4-5, zugegeben oder die Molybdan- und Chromgehalte gemeinsam, wie beim Stahl 1OCrMo9-10, erhoht werden. Im ersten Fall wird beispielsweise gegenuber einem Stahl mit nur rund 0,5% Mo die Bruchdehnung fur 550°C und 1000h von etwa 5 auf 10% angehoben, und auch das Zunderverhalten wird gunstiger. Der Stahl 10CrMo9-10 weist ausgezeichnete Hochtemperatureigenschaften bis 580 "C auf. Er wird vorwiegend fur Hochtemperatur-Dampfleitungen und in chemischen Anlagen eingesetzt (Tab. 6.1), da der erhohte Cr-Gehalt von 2,25% den Stahl gleichzeitig wasserstoffbestandig macht.
400
MPa ,%
r - I
I
I
I
I
-10Sh-Zeitstandfestigkeif; Mittelwert
I
O,2%-Dehngfenze; Mindestwert
350
9)
a
9 * v,
$
300
2s
.= v)
4
250
E
5
200
B
C
3
8C s!
2
48 2
150
roo 50
0
Bild 6.4 0,2%-Dehngrenze und 10"-Zeitstandfestigkeit in Abhangigkeit von der Temperatur fur ver-
210
6
Werkstoffe f u r hohe T e m p e r a t u r e n
Durch die Zugabe von Vanadium zu den Mo- und Cr-Mo-Stahlen bis zu etwa 0,3% wird die Kriechfestigkeit weiter verbessert. Optimale Verhaltnisse bestehen dann, wenn diese Stahle normalisiert und angelassen werden. Das Anlassen sichert eine annehmbare Duktilitat, die jedoch die der Cr-Mo-Stahle nicht erreicht. Fur Niederdruck-Turbinenwellen haben sich andere Stahle, vorwiegend Ni-Cr-Mo-V-Stahle mit 3 bis 3,S% Ni, bewahrt. Durch Absenkung des Gehaltes an grenzflachenaktiven Spuren- und Begleitelementen, wie Phosphor und Antimon, sowie des Gehaltes der die Korngrenzenanreicherung dieser Fremdatome fiirdernden Legierungselemente Mangan und Silicium kann die bei Temperaturen oberhalb 300 “ C auftretende Langzeitversprodung dieser Stahle vermieden werden. Dadurch finden diese als superreine (super clean) Stahle bezeichneten Werkstoffe (s. Tab. 6.1) im Niederdruckbereich Verwendung, wenn auch dort infolge Erhohung der Dampftemperatur auf 600°C Wellentemperaturen uber 300 “ C auftreten. Analog den unlegierten und niedriglegierten Stahlen fur Bleche, Rohre und geschmiedete Teile werden auch wurmfeste GuJ3srahleetwa gleicher Zusammensetzung fur Gehause und andere GuBteile eingesetzt. Sie sind hinsichtlich der Warmfestigkeit den geschmiedeten Stahltypen aber leicht unterlegen (Bild 6.4, Tab. 6.1 ). 6.1.2 Warmfeste Chromstahle
Die warmjesten Chrovrzstiihle sind dem Typ nach 9 bis 12% -Chromstahle. Sie finden Anwendung in der Chemie-, Papier- und Erdolindustrie. Besonders verbreitet sind sie jedoch im Kraftwerksanlagenbau zur Fertigung von Turbinenlaufern und -schaufeln sowie Gehausen (s. Tab. 6.1). Durch Zulegieren von Wolfram, Niob, Stickstoff und Bor wird ihre Zeitstandfestigkeit erhoht, so daB die Dampfturbinen der heutigen Kraftwerksgeneration mit einer Dampftemperatur von ca. 600 “ C und einem Frischdampfdruck bis zu 300 bar betrieben werden konnen. Steigerungen des thermischen WirkungsgraTabelle 6.2 ZeitdchngrcnLen- und Zeitstandfestigkcitswcrte warmfester Chromstiihle (nach DIN 17 240)
Lcgicrungsbezeichnung
Tempe- 0,2%-Zeitdehngrenze 1%-Zeitdehngrenze Zeitstandfcstigkcit in MPa fur i n MPa fur ratur in MPa fur i n ” C 1OJh l0Sh 10Jh I05h 10Jh IO’h
X22CrMoV 12-1 vergutet auf 800 bis 900 MPa Zugfestigkcit
450 550 600
343 96 46
264 63 27
436 I65 79
373
X22CrMoV12-I vergutet auf 900 bis 1050 MPa Zugfestigkeit
450 550 600
359 109 47
273 70 27
475 1x9 87
X 19CrMoVNbN 1 I - I 450 550 600
442 170 69
373 98
500 250 133
-
480 21 1 103
432 137 59
403 I20 42
516 222 1ox
445 144 59
448 153
578 289 164
530 172 59
1ox
44
~
6.1
Warmfeste Stahle und Legierungen
21 1
des um ca. 6 bis 8% im Vergleich zu den in den 80er Jahren mit Dampfparametern von 540°C und 185 bar betriebenen Kraftwerken sind dadurch moglich geworden [6.30]. Auch bei Dampferzeugern hoherer Leistung werden fur Uberhitzerrohre und Dampfleitungen warmfeste Chromstahle herangezogen. Sie sind ausgezeichnet oxidationsbestandig und je nach Beanspruchung bis 6.50 " C einsetzbar. Dadurch konnen teilweise kostspieligere austenitische Stahle ersetzt werden. Die 9 bis 12%-Chromstahle schlieBen die Warmfestigkeitslucke zwischen den ferritisch-perlitischen und den austenitischen Stahlen. Mit einer Einsatztemperatur von 650 " C durfte fur ferritische Chromstahle auf Grund der ausgeschopften Korrosionseigenschaften und Festigkeitswerte eine Grenze erreicht sein, da oberhalb dieser Temperatur z. B. bei steinkohlebefeuerten Anlagen die Abtragrate wegen rauchgasseitiger Hochtemperaturkorrosion erheblich ansteigt [6.32]. Beispiele fur 0,2% - und 1%-Zeitdehngrenzenwerte sowie fur Zeitstandfestigkeitswerte warmfester Chromstahle enthalt Tabelle 6.2.
6.1.3 Hochwarmfeste austenitische Stahle Die Entwicklung der warmfesten austenitischen Stahle geht auf die bekannten nichtrostenden 18/8-Chrom-Nickelstahle zuruck. Chrom engt das Austenitgebiet ein, wahrend Nickel den entgegengesetzten EinfluB ausiibt. Die Phasenzusammensetzung der austenitischen Stahle 1aBt sich anhand des Schaeffler-DeLongDiagramms (Bild 6.5) ermitteln, wenn vorher unter Einbeziehung aller anderen Legierungselemente das Nickel- und Chromaquivalent bestimmt wurden. Der Stahl mit 18% Chrom und 8% Nickel erstarrt bei schneller Abkuhlung von etwa 1050 " C voll austenitisch, bei langsamer Abkuhlung weist er jedoch Anteile von GFerrit auf. Die infolge schneller Abkuhlung unterdruckte GFerrit-Aus-
Bild 6.5 Schaeffler-DeLongDiagramm F Ferrit A Austenit M Martensit
212
6
Werkstoffe f u r h o h e T e m p e r a t u r e n
scheidung kann durch Kaltumformung oder Abkuhlung auf sehr tiefe Temperaturen teilweise aufgehoben werden. Im Temperaturgebiet zwischen 600 und 700°C bildet sich die sprode tetragonale o-Phase (FeCr), die sowohl aus im Gefuge enthaltenen ferritischen wie auch austenitischen Bestandteilen entsteht. Infolge des mit der Beanspruchungsdauer zunehmenden o-Phasenanteiles verliert der Stahl an Zahigkeit (Bild 6.6).
,#mixhe Z i m m m n g in Muse - %
I
2
4 G 1iihdauer
6 Jabre
Bild 6.6 Kerbschlagarbeit austcnitischer niobstabilisierter Cr-NiStahle nach Langzeitgluhung bei 650°C (nach A.v.rl. Sieincrz)
Um einen bei Raumtemperatur vollaustenitischen Stahl zu gewahrleisten und die o-Phasen-Bildung einzuschranken, wird der Chromgehalt gesenkt und der Nickelanteil teilweise bis auf 16% gesteigert. In solchen austenitischen Stahlen bildet sich die o-Phase so spat, darj sie fur den Langzeiteinsatz dieser Stahle nahezu unbedeutend wird. Andererseits kann, wenn eine sehr hohe Zunder- und Korrosionsbestandigkeit gefordert wird, der Chromgehalt bis auf 20% erhoht werden (s. Tab. 6.10). In besonderen Fallen, z. B. bei grol3en Schmiedestucken sowie zur Verbesserung der SchweilJbarkeit, ist das Vorhandensein von geringen Mengen Ferrit sogar erwunscht. Bei den aiisfenitischen Sfiihlen ist die Spanne zwischen Zugfestigkeit und Streckgrenze sehr grol3, was in Verbindung mit der hoheren Rekristallisationstemperatur die Moglichkeit bietet, das Zeitstandverhalten durch eine vorangegangene
6. I 350,
Warmfeste Stahle und Legierungen
213
I
Kaltumformung
Bild 6.7 EinfluR einer Kaltumformung auf die 103h-Zeitstandfestigkeit eines austenitischen Stahls (18% Cr, 9% Ni, 1% W, 0,7% Ti, 0,1% C) fur verschiedene Temperaturen (nach G. Rassrnann und A. Merz)
Kaltverfestigung zu verbessern (Bild 6.7). Hiervon kann bei Einsatztemperaturen bis 650 " C Gebrauch gemacht werden. Austenitische Stahle haben grundsatzlich wegen ihres kubisch-flachenzentrierten Gitters und des damit verbundenen hoheren Diffusionswiderstandes eine im Vergleich zu Stahlen mit ferritischem Gefuge hohere Zeitstandfestigkeit (Bild 6.8 u. Tab. 6.3). Es besteht bei ihnen nicht, wie bei den ferritischen-perlitischen Stahlen, die Moglichkeit, die Festigkeit durch eine Umwandlungshartung anzuheben; das Abschrecken von Losungsgluhtemperatur erbringt in der Regel den weichesten Zustand. Durch Zusatz von Elementen wie Titan (mind. 4 x 'XOC)oder Niob (mind. 10 x YOC), die starkere Carbidbildner sind (Stabilisieren), wird bei entsprechenden Temperaturen der Kohlenstoff an diese und nicht an das Chrom gebunden, so daB eine Chromverarmung beispielsweise beim SchweiBen und eine damit mogliche Schadigung durch interkristalline Korrosion (s. Abschn. 7.10) verhindert wird. Die genannten Elemente steigern aber auch die Warmfestigkeit betrachtlich, da die durch sie gebddeten Carbide bis zu hoheren Temperaturen bestandiger sind als beispielsweise Chromcarbide. Fur ihre vollstandige Auflosung reichen deshalb auch 1050°C nicht aus, bei denen sich z. B. erst etwa 20% der NbCarbide in Losung befinden. Betragt die Losungsgluhtemperatur 12.50"C, dann sind mindestens 60% der Nb-Carbide gelost. Mit derartig hohen Temperaturen ist allerdings eine starke Zunahme der KorngroBe verbunden, die erst iiber eine mehrmalige Kaltumformung mit anschlieBender Gluhung bei 1050 " C wieder beseitigt werden konnte. In der Praxis wahlt man deshalb meist niedrigere Gluhtemperaturen und nimmt die nicht vollstandig aufgelosten Carbide in Kauf, um eine kleine KorngroBe und eine ausreichende Duktilitat zu sichern. Zur weiteren Verbesserung der Warmfestigkeit werden u.a. Bor, Molybdan, Vanadium und Cobalt zulegiert. Die Anwendungstemperaturen der austenitischen Stahle liegen auf Grund ihrer hoheren Warmfestigkeit und guten Zunderbestandigkeit im Bereich von 600 bis 750°C. Ihr Einsatz erfolgt vorwiegend im
214
6
Werkstoffe fur hohe T e m p e r a t u r e n
Bild 6.8 0,2%-Dehngrenze und l0'h-Zcitstandfestigkeit in Abhangigkeit von dcr Tcrnpcratur fur warmfeste Stihle und Legierungen
Tabelle 6.3 200.000 h-Zcitstandfestigkeit hochwarrnfester austenitischer Stahlc (nach DIN I7 4.59 und DIN I7 460) Lcgicrungsbczcichnung
Ternperatur "C
200.000 h-Zeitstandfestigkcit MPa
XXCrNiMoNblb-16 XXCrNiMoVNb16-13 XSNiCrAlTi3 1-20
600
130
600
145 10s
600
6.I
Warmfeste Stahle und Legierungen
21s
chemischen Apparatebau, in der Dampf-, Gasturbinen- und Kernkraftwerkstechnik sowie im Flugzeugbau.
6.1.4 Superlegierungen Unter Superlegirriingrn versteht man Mehrstoffsysteme auf der Grundlage von Eisen, Nickel oder Cobalt mit relativ hohen Gehalten an Chrom, denen in geringeren Mengen noch hochschmelzende Metalle (Mo, W) sowie Aluminium, Titan u.a.m. zugesetzt sind. Sie enthalten verschiedene Carbid- und intermetallische Phasen, die in feinverteilter Form in eine Mischkristallmatrix eingebettet sind. Sie werden im Temperaturbereich von 600 bis 1100°Ceingesetzt; die Gebrauchstemperaturen der besten Legierungen liegen bei 0,8 T,. Die Superlegierungen finden vor allem als Bauteile von Gasturbinen fur Flugzeuge, Schiffe, Lokomotiven und Kraftwerksanlagen sowie in Raketentriebwerken, in Erdolcrackanlagen und anderen Bereichen des Chemieanlagenbaues Verwendung. Laiifschaiifrln von Gasturbinen zahlen zu den am hochsten beanspruchten Bauteilen. Infolge der auftretenden Fliehkrafte mussen sie Zugspannungen bis zu 200 MPa bei Temperaturen bis 1000°C ertragen. Dabei wird der SchaufelfuR zwar nicht so hoch erhitzt (bis 700"C), jedoch kann die Beanspruchung hier Werte von SO0 MPa erreichen. Da die Laufschaufeln wahrend des Betriebes aul3erdem hohen Schwingungs- und wegen der auftretenden schroffen Temperaturwechsel auch thermischen Wechselbeanspruchungen ausgesetzt sind, mussen die Laufschaufelwerkstoffe neben einer hohen Zeitstandfestigkeit auch eine ausreichende Duktilitat und weitgehende Resistenz gegen thermische Ermudung aufweisen. SchlieBlich erfordern die heil3en Verbrennungsgase mit grol3eren Gehalten an Sauerstoff und anderen korrosiv einwirkenden Bestandteilen einen hohen Korrosionswiderstand der Schaufelwerkstoffe. In den Brennkammern ist die mechanische Beanspruchung zwar wesentlich geringer, dafur steigen aber die Temperaturen bis uber 1100°C an. Fur die in Tabelle 6.4 UngefBhre Grenzen der chcmischen Zusammensetzung von Ni- und Co-Legierungen (nach K. Biingnrtlt) Grenzgehalte in YO
Element
Ni Cr Fe CO Al Nb Ta Ti Mo W C andere Elemente
11
nur in Ein/cll;illcn
Nickcllcgierungen
Cobaltlegierungen
ctwa 47 . . . 79 etwa 6 . . . 25 bis etwa 22 etwa 10 . . . 2 x 3 bis etwa 6.5 bis etwa 6 his etwa X bis etwa 6 bis etwa 10 bis ctwa 12.5 bis etwa 0.27 geringe Mengen B. Zr, Hf, Mg. Re. La, Cc, Y
bis etwa 20 etwa 20 . . . 27.5 nur als unbcabsichtigte Beimengung etwa 44 . . . 68 his etwa 3.5') bis etwa 4 bis etwa 9 bis etwa 1 bis etwa 5.5 bis etwa 15 bis etwa 1 Z r bis etwa 2,25 B in geringen Mengen Yl), Re')
216
6
Werkstoff'e fur hohe Temperaturen
Betracht kommcnden Legierungen stehen deshalb die Korrosionsbestandigkeit und aus Fertigungsgrunden auch eine gute SchweiB- und Umformbarkeit im Vordergrund. Die Superlegierungen auf Eisenbasis sind auf Grund ihres hohen Nickelanteiles (bis 40Y0) sowie der Aluminium- und Titangehalte aushartbar und den Nickelbasislegierungen ahnlich. Ihre Festigkeitseigenschaften erreichen jedoch nicht die der eisenfreien Legierungen. so daB den Nickel- und Cobaltlegierungen fur die Herstellung von Bauteilen mit langerer Lebensdauer bei gleichzeitig hochster mechanischcr und thermischer Beanspruchung der Vorzug gegeben wird. In neuzeitlichen Flugtriebwerken betragt ihr Anteil bis zu 50% des Gesamtgewichts. Aber auch in stationaren Turbinen fur die Energieerzeugung sowie in Verbrennungsmotoren ist infolge der standig zunehmenden Betriebstemperaturen dieser Aggregate ihr Einsatz im Ansteigen begriffen. In Tabelle 6.4 sind die ungefahren chemischen Zusammensetzungen von Ni- und Co-Basis-Superlegierungen aufgefuhrt und in Bild 6.9 die 1000 h-zeitstandfestigkeit einiger ausgewahlter Superlegierungen in Abhangigkeit von der Temperatur dargestcllt.
und PM 2000 in Langsrichtung
700
800
900
7000
7700
1200
1300
"C
7500
Temperatur Bild 6.9 Vet-glcich der IO'li-Zeitstandfcstigkeit von Superlegierungen (nach I). Sporcr und 0. l m y )
6.1.4.1 Hochwarmfeste Nickellegierungen und ODS-Legierungen
Das ausgexichnete Festigkeitsverhalten der Nickellegierungen bei hohen Temperaturen ist durch das gemeinsame Auftreten von einer Mischkristallvcrfestigung und Ausscheidungshartung sowie einer weitgehenden Gefugestabilitat zu erklaren, zu denen die Legierungselemente in verschiedener Weise beitragen. Hinsichtlich der Warmfestigkeit werden die Knetlegierungen noch von einigen GuRlegierungen ubertroffen. die. ohne dal3 ihre Verarbeitbarkeit dadurch einge-
6.1
Warrnfeste Stahle und Legierungen
21 7
schrankt wird, einen erhohten Anteil solcher Elemente, die verformungserschwerende Phasen bilden, enthalten durfen. An der Mischkristallverfestigung sind vor allem die Elemente Mo, W, Cr und Co beteiligt, die in den nickelreichen Mischkristall eingehen und uber die Verlangsamung der Versetzungsreaktionen den Beginn der Rekristallisation hinauszogern. Daruber hinaus verbessert das als teilweiser Ersatz von Nickel zugefugte Cobalt die Duktilitat im Temperaturbereich der Warmumformung und das Chrom (wie auch La, Ce und Y) die Hochtemperaturkorrosionsbestandigkeit. AuBerdem bilden Molybdan und Chrom mit Kohlenstoff Carbide (M6Cund M&), die sich an den Korngrenzen ausscheiden und auf diese Weise dem tertiaren Kriechen (Korngrenzengleiten) entgegenwirken. Durch den Zusatz von Aluminium und Titan werden die Nickellegierungen aushartbar. Beim Zerfall der von der Temperatur des homogenen Mischkristalls (> 1100°C) abgekuhlten Legierung scheidet sich die intermetallische y’-Phase Ni,(AI,Ti) koharent aus. Geringe im Mischkristall verbleibende Al-Anteile tragen zur Verbesserung der Korrosionsbestandigkeit bei. Niob, Tantal und Vanadin treten, soweit sie nicht - wie auch Titan - zu Carbiden gebunden werden, gleichfalls in die y’-Phase ein und vergrol3ern so deren Volumenanteil in der Legierung. Die uber die Bildung der y’-Phase mogliche Ausscheidungshurrung tragt am starksten zur Erhohung der Zeitstandfestigkeit bei. Kleine Mengen von Bor, Zirconium und teilweise auch Magnesium und Hafnium verbessern das Verhalten der Korngrenzenbereiche. Sie erschweren die Diffusion anderer Elemente an die Korngrenze und hemmen so die Entstehung zusammenhangender Korngrenzencarbidfilme sowie die Bildung von an Legierungselementen verarmten Korngrenzensaumen. Auf diese Weise wird die Gefahr des Auftretens von Korngrenzenrissen und Sprodbruchen vermindert. Die Wirkung dieser Elemente auf die Erhohung der Lebensdauer der Bauteile kann betrachtlich sein. Fur das Festigkeitsverhalten unter Langzeitbeanspruchung ist die Stahilifut des Gefuges wichtig. Sie ist bei den Nickellegierungen im wesentlichen von der Uberalterung (ab 700 “ Cmerklich) und Wiederauflosung der y’-Phase abhangig. Die Neigungder y’-Teilchen zur iiheralteritng(Uberhartung, d. h. Wachstum, Abbruch der Koharenz) ist um so groBer, je hoher die Koharenzspannungen sind (hohes Ti/AIVerhaltnis im Teilchen). Infolge ihrer relativ geringen Diffusionsgeschwindigkeit wirken Niob und Tantal dem entgegen und verlangsamen mit zunehmendem Gehalt das Teilchenwachstum. Cobalt erhoht die Stabilitat der y’-Phase, indem es deren Loslichkeit im Anwendungstemperaturbereich verringert. Ein zunehmender Chromgehalt hingegen erniedrigt die Loslichkeitstemperatur fur die y’-Phase und verschlechtert dadurch auch die Warmfestigkeit der Legierung. Der EinfluB des Chromanteiles auf Warmfestigkeit und Korrosionsbestandigkei t ist also gegenlaufig. Je nachdem, o b die Warm- oder die Korrosionsfestigkeit im Vordergrund steht, ist der Chromzusatz niedriger oder hoher zu halten. SchlieBlich kann sich im Bereich von 650 bis 950°Cdie tetragonale o-Phase ausscheiden, die gleichfalls die Warmfestigkeit, aber auch die Zahigkeit der Legierung vermindert. Die chemische Zusammensetzung einiger wichtiger Nickelbasis-Superlegierungen einschliefilich typischer Anwendungen sind in Tabelle 6.5 zusammengestellt. Zeitdehngrenzen- und Zeitstandfestigkeitswerte dieser Legierungen zeigt Tabelle 6.6. Durch Veranderungen in der Warmebehandlung lassen sich Art und Menge der Ausscheidungen und damit auch das Warmfestigkeitsverhalten in gewissen
Ni
Rest
min. 70
Rest
Rest
min.45
Legierungsbezeichnung
NiCr20TiAl (alloy 80 A)
NiCrlSFe7TiAl (alloy X - 750)
NiCr25FeAIY (alloy 602 CA)
NiCr23Co12Mo (alloy 617)
NiCr2XFeSiCe (alloy 45 TM)
26-29
20-23
24-26
14-17
19-21
Cr
~
0.05-0,12
-
21-25 -
0.2-0,6
-
10-13
-
-
max. 2
Co
seltene Erden
-
0,6-1,5
0.05-0.1
8-10
max. 2
0.1-0.2
1.8-2.4
1.1-1.7
0.15-0,25
2-2.6
8-1 1
0.04-0.09
0.4-1
-
Chemische Zusammensetzung in Masse-% Mo C Ti Al
max. 0,08 2.25-2.75
5-9
max. 1
Fe
Gasturbinenkomponenten, Befestigungselemente fur Hochtemperaturbeanspruchungen, Federn. Schrauben u. Bolzen
Gasturbinenkomponenten. Schrauben u. Bolzen fur Dampfturbinen. AuslaRventile fur Dieselmotoren
Anwendungen
0.05-0, 15
2,5-3 Si
I
_
Mullverbrennung, Kohlevergasung, Raffinieriifen, Verarbeitung von Kohlenwasserstoff, speziell fur Hochtemperaturanwendungen mit extrem korrosiven Medien
Nichtrotierende Komponenten fur Gasturbinen (Durchfuhrungsauskleidungen. Brennkammern). Katalysatortrager bei der Salpetersaureherstellung
0.05-0,12 Y Strahlheizrohre, Transportrollen 0.01-0,IO Zr u. Muffeln fur Ofen. Abgassysteme, Komponenten fur Emailierofen, Warmetauscherrohre fur Wirbelbettverbrennungsanlagen
0.7-1,2 Nb
Sonstige
Tabelle 6.5 Chemische Zusammensetzung einiger Nickelbasis-Superlegierungen und typische Anwendungen (nach Krupp VDM GmbH, Druckschrift N5091 93-12, S . 113ff.)
p3
6.1
219
Warmfeste Stahle und Legierungen
Tabelle 6.6 Zeitdehngrenzen- und Zeitstandfestigkeitswerte einiger Nickelbasis-Superlegierungen (nach Krupp VDM GmbH, Druckschrift N 5091 93-12, S . 113ff.) Legierungsbezeichnung
Temperatur ')C
R,, ,"/lO4h MPa
R,/l 04h MPa
R,, ,&05h MPa
R,/lO'h MPa
NiCr20TiAI
700 800 900
235 98 14
246 105 21
155 58 10
165 62 13
NiCrl5Fe7TiAl
700 800
245 15
255 60
75 4
135 28
NiCr25FeAlY
700 800 900 1000 1100 12(m
42 20 9,4 4,3 22 1,O
700 900 1000
99 45 19 5 ,5
700 800 900 1000
22 11,9 5,9 3,1
NiCr23Co12Mo
800
NiCr28FeSiCe
56 31 17,4 10 5,7 32
28 12 56 2,7 12
41 22 11,9 6,4 3,5
-
-
10
66 28 10 1,o
95 43 16 4,5
40 19 9,s 5,9
16 72 3,5 1.9
28 13 5,9 3
123 65 30
Grenzen beeinflussen. Fur Gebrauchstemperaturen bis 650 "C kann die Festigkeit bis 25% gesteigert werden, wenn die Legierung im losungsgegluhten Zustand kaltverformt wird. Dann scheiden sich koharente Ni,(Al, Ti)-Teilchen in sehr feiner Verteilung auf Gleitebenen des Matrixmischkristalls aus. Bei hoheren Anwendungstemperaturen geht dieses gunstige Verhalten jedoch durch die einsetzende Erholung und Rekristallisation wieder verloren. Infolge der hohen Gehalte an Legierungselementen werden nicht nur Warmfestigkeit und Korrosionsbestandigkeit, sondern auch die Verarbeitungseigenschaften mafigeblich beeinflufit. Mit zunehmenden Legierungsanteilen werden die Grenzen der moglichen Schrniedetemperaturen immer mehr eingeengt, und die Umformbarkeit nimmt, insbesondere wegen der mit steigendem Al- und TiGehalt zunehmenden Menge an Ausscheidungen, stark ab. Legierungen mit hochsten Festigkeiten konnen schliefilich, wie auch Bild 6.9 zeigt, nur noch als Gufilegierungen verwendet werden. Die als gerichtet erstarrte Eutektika entwickelten Ni-Basis-Superlegierungen [6.12] haben sich wegen der aufwendigen Herstellungstechnologie und des im Vergleich dazu nur wenig verbesserten Zeitstandverhaltens industriell offenbar nicht eingefuhrt. Fur Spezialfalle haben sich hingegen pulvermetallurgisch hergestellte Superlegierungen aller Typen bewahrt. Die pulvermetallurgische Fertigung bringt nicht nur erhebliche Einsparungen von Material und Fertigungskosten mit sich, sondern liefert auch ein Material mit verbesserter Zug-, Kriechund Ermudungsfestigkeit [6.4], [6.5]. Im Fall der Ni-Basis-Superlegierungen lassen sich durch den Einsatz von Pulvern mit mikrokristallinem Gefiige und
6
220
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
metastabilen Phasen hohere Legierungsgehalte und damit auch mehr ausscheidungshartende y’-Partikel realisieren. Fur den Hochtemperaturbereich, wo sich die y’-Partikel vergrobern (uberaltern) und damit die Ausscheidungshartung verloren geht, werden die Sintersuperlegierungen mit einem thermodynamisch stabilen Oxid, meist Y,03, nach dem Verbundprinzip (mechanisches Legieren, s.a. Abschn. 6.1.6.1) dispersionsgehartet (ODS-Legierungen). Diese Legierungen zeigen von allen bekannten Superlegierungen die beste HochtemperaturKriechfestigkeit (s.a. Bild 6.9) [6.4], [6.28]. 10 I-
MPa c
’-
c C
-
Dl
3
0
2
-
-
-
I
o~’,o-lll
&5
I
1
10
1 10-6 s-’
10-5
Knechrate
Bild 6.10 Vergleich des Kriechverhaltens von Fe-Cr-Al-Werkstoffen. (Quelle: Metal Powder Report 47 (1992) 10,47) Material: Draht. 0 4 nim. Tcmperatur: I 1 0 0 und 1200°C. a Dispersionsgehiirtetc Sinterlegicrung Kanthal APM h Standard-Fe-Cr-Al
Gleichfalls zum ODs-Legierungstyp gehoren die warmfesten und oxidationsbestandigen Fe-Cr-Basis-Sinterlegier~ngen(Bild 6.10). Sic enthalten in der Regel 2 13 Masse-% Cr, 2 5 Masse-% A1 und gegebenenfalls nur geringe Mengen anderer Elemente. Die entsprechenden Gu13- und Knetlegierungen zeigen oberhalb 1250 “C einen starken Abfall der Warmfestigkeit, Kornwachstum und Versprodung sowie eine geringe Kriechfestigkeit. Durch eine Dispersionshartung kann dieses Verhalten zumindest partiell entscheidend verbessert werden. Fur die pulvermetallurgische Herstellung derartiger Materialien wird die Herstellungsvariante des mechanischen Legierens bevorzugt, wobei 0,s Masse-% YzO, als Dispersat in die Fe-Cr-Al-Basis eingebracht werden. Nach dem Intensivmahlen liegt das Oxid mit einer TeilchengroBe von 10 bis SO nm in der Matrix vor, deren Weiterverarbeitung in bekannter Weise durch HIP (heiflisostatisches Pressen), Strangpressen oder Warmschmieden (Platinen) erfolgt. Uber die Warmverdichtung und -umformung wird derart auf die Gefugeausbildung EinfluB genommen, da13 in der Regel ein feinkorniges Material anfallt, das in abgestimmter Folge von Warme und Umformgrad zu Blechen gewalzt wird, deren Dicke durch Walzen bei niedrigen Temperaturen bis auf 0,05 mm reduziert werden kann. Das mechanische Legieren verleiht den ODs-Legierungen auf Fe-Cr- Al-Basis cine ausgezeichnete Warmfestigkeit und Kriechbestandigkeit. Durch Rekristallisationsgluhen des zu Teilen verarbeiteten Werkstoffes kurz unterhalb der Schmelztemperatur (= 1470 “C) wird ein Grobkorngefuge eingestellt, das insbe-
6.1
Warmfeste Stahle und Legierungen
22 1
sondere bei dunnen Blechen eine sehr starke Anisotropie aufweist (Korndurchmesser zu Kornlange bis 1 zu SO), die dem Material die hohe Zeitstandfestigkeit verleiht. So werden Werte der 1000 h-Zeitstandfestigkeit genannt, die die der anderen Superlegierungen ubersteigen. Offenbar sind auch hohere Anwendungstemperaturen zulassig [6.5]. Von entscheidender Bedeutung beim Einsatz der dispersionsgeharteten Fe-CrAl-Basislegierungen in Brennern von Kleinturbinen oder Hochtemperaturwarmetauschern ist die Ausbildung einer festhaftenden und oxidationshemmenden Schutzschicht. Sie bildet sich an Luft und besteht aus feinen A1203-Kornern,die durch das Y203-Dispersatstabilisiert werden. So zeigen diese Sinterlegierungen beispielsweise bei 1150°C an Luft erst nach ca. 10000h eine Masseanderung von f4 mg/cm2, in mit C 0 2 und H 2 0 belasteten Abgasen nach 5000 h. Auch nimmt die Oxidationsbestandigkeit mit steigender Beanspruchung weniger kritisch ab als bei anderen Hochtemperaturwerkstoffen. 6.1.4.2 HochwarmfesteCobaltlegierungen
Grundlage der hochwarmfesten Cobaltlegierungen sind die Systeme Co-Cr oder Co-Cr-Ni. Cobaltknetlegierungen enthalten meist etwas weniger Chrom als entsprechende GuBlegierungen. Die Warmfestigkeit der Cobaltlegierungen beruht auf der Mischkristallverfestigung durch hochschmelzende Metalle, wie W, Mo, Ta und Nb, sowie auf der Ausscheidung stabiler Carbide. Ihre Zeitstandfestigkeit ist im allgemeinen direkt vom C-Gehalt und dem Anteil carbidbildender Elemente abhangig. Allerdings erreichen die Cobaltlegierungen erst bei hohen Beanspruchungstemperaturen (oberhalb etwa 1050 bis 1100°C) und langeren Beanspruchungszeiten das Zeitstandfestigkeitsniveau der Nickelbasislegierungen; teilweise konnen sie dieses dann sogar ubertreffen. Als Turbinenschaufelmaterial eignen sich Cobaltlegierungen nur bei relativ geringen Spannungsbeanspruchungen. Sie werden deshalb weniger fur rotierende Teile, wohl aber als Leitschaufelmaterial insbesondere fur Industriegasturbinen eingesetzt, da sie korrosionsund ermudungsfest sowie gut giel3- und schweil3bar sind. Tabelle 6.7 enthalt als Beispiele die chemische Zusammensetzung sowie typische Anwendungen und
0' 700
I
I
800
900
Tempemur
C'
1000
Bild 6.11 l0'h-Zeitstandfestigkeit verschiedener Cobaltbasislegierungen (USA)
27.5
0,35
GuR
CoCrNi
FSX414 10
10
2s
0,s
GuR
CoCrNi
X-40
3
27
0.2s
GLIB
CoCr
HS-21
-
21,s
1.o
GuR
CoCr
MAR-M322
-
21.5
0,85
GuB
CoCr
MAR-M302
10
21,s
0.6
GuB
CoCrNi
MAR-MS09
20
20
10
Ni
Cr
20
0.38
C
0,lS
CoCrNi
HS-25 (alloy 25)
Knet
Art der Legierung
Knet
CoCrNi
s-816
Legierungsbezeich- Legienung rungstyp
2
-
-
54
so
5
62
1 1.5
-
-
61
58
-
-
-
1
54
-
5s
-
4.0
44
3
Mo
Co
Fe
7
7.5
-
9
~
0,7S
-
10
~
-
-
-
-
-
0,2
Nb
4.0
Ti -
7
1s
4.0
W
Chemische Zusammensetzung in Masse-%
Tabelle 6.7 Chemische Zusammensetzung einiger Cobaltbasislegierungen (USA)
~
4.5
9,O
3,s
-
Ta
~
~
2.2s
0.15
0.005
-
0.4
-
Zr
0.010
-
B
Leitschaufeln
GasturbinenTeile
GasturbinenTeile
desgl.
GasturbinenLauf- und Leitschaufeln
Lauf- und Leitschaufeln (Flugtriebwerke)
Leitschaufeln, Nachbrenner
GasturbinenLaufrader und Schaufeln
Typische Anwendungcn
6.1
Warmfeste Stahle und Legierungen
223
Bild 6.11 die 1000-h-Zeitstandfestigkeit einiger haufig verwendeter amerikanischer Cobaltbasislegierungen (s.a. Bild 6.9).
6.1.5 Hochschmelzende Metalle und Legierungen Allein auf Grund der hohen Schmelzternperatur (W 3410"C, Ta 2996"C, Mo 2610"C, Nb 2468°C) und Rekristallisationstemperatur (W = 1400"C, Ta = 1300"C, Mo -- 1200"C, Nb = 900°C) weisen Wolfram, Tantaf, Molybdun und Niob oberhalb 900 bis 1000" C bessere Festigkeitseigenschaften als die niedriger schmelzenden Ni- und Co-Superlegierungen auf (Bild 6.12). Nachteilig stehen der Verwendung als Hochtemperaturwerkstoffe neben einer hoheren Dichte und bei Ta und Nb auch einer ausgepragten Gasloslichkeit vor allem die starke Oxidationsneigung oberhalb 400 " C entgegen. Dern Mange1 an Oxidationsbestandigkeit kann bis zu einem gewissen Grade durch Legieren sowie temporar wirksarne MoSi,-Schichten oder auch Schutzschichten auf der Basis Al-Si, Si-CrFe und Si-B-C begegnet werden. Diese Bemuhungen haben jedoch bislang noch zu keinem durchschlagenden Erfolg gefuhrt, so dalj fur langerzeitige Anwendungen an Luft nach wie vor die Nickel- und Cobalt-Basislegierungen im Hochtemperaturbereich dominieren. 800 M Pa
600
200
Terngeracur Bild 6.12 Festigkeit der hochschmelzenden Metalle in Abhangigkeit von der Temperatur im Vergleich zu anderen warmfesten Legierungen (nach [6.7])
Infolgedessen kornmen die W- und Mo-Werkstoffe nur fur solche Hochtemperatur-Anwendungsfalle in Betracht, wo eine Gas-Metall-Reaktion ausgeschlossen oder die Beanspruchung unter oxidierenden Bedingungen (bei ausreichender Dirnensionierung der Bauteile) zeitlich begrenzt ist. Derartige Betriebsbedingungen sind vorzugsweise in der Raketen-, Luft- und Raumfahrttechnik, die auch die Hauptnutzer von Konstruktionsteilen aus W-, Mo- und Ta-Werkstoffen sind, anzutreffen (s.a. Tab. 6.8). So werden beispielsweise aus 10 bis 12mm dicken gewalzten W-Grobblechen Ronden bis zu 500 mm Durchmesser herausgearbeitet und durch Flieljdrucken zu Raketendusen geforrnt. Wahrend der
6
224
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
Tabelle 6.8 Anwendungsfalle fur hochschmelzende Metalle und Legierungen Werkstoff
Anwendung
W, Mo. Mo-W, W-2OAg
Diisen fur Feststoffraketen
Ta- 1OW, Ta-l OW- IOHf
Brennkammern fur Steuerdiisen
Nb-Hf-W
Expansionskammern fur Steuerdusen
Nh
Diisen fur Raketenmotoren: Fliigel, Kanten und Spitzen von Raketen
W-gedopt, W-ThO?. W-25Re. W-3 Re (Tho,)
Gliihlampen- und Rohrenindustrie; Drehanoden in RontgenrShren
Mo-O,5 Ti-0,l Zr-O,5 C, Mo-12Ti-0,3 Zr-O,15 C, hochwarmfeste Bauteile, MetallguB-, -spritzund -formtechnik, Glasindustrie Mo-3OW, Ta-IOW-2.5 Hf-O,Ol C, Nb-IOW-I Zr-0.1 C I'a, Mo, W. Mo-3OW
chemische Industrie
W. Mo, Nb, Ta
Elektrotechnik, Ofenbau, Heizleiterdrahte. -bleche, Strahlungsbleche
Umformung wird der Werkstoff im Knallgasgeblase auf Temperaturen zwischen 1700 und 1800°C gehalten. Uber das Sinterschmieden hergestellte Schaufeln und andere Teile aus Mo sind fur heliumbetriebene Gasturbinen entwickelt worden. Obwohl mit Hilfe von Legierungszusatzen die Zeitstandfestigkeit der hochschmelzenden Metalle z.T. weiter erheblich verbessert werden konnte (Bild 6.13), ist ihre Verbrauchsrate als Konstruktionsmaterialien immer noch gering. So werden ungefahr 50% der Weltproduktion von W in der Hartmetallindustrie
El
Cr
I
Nb
01000% '200OC
Legierungen, 1OOOh
I
I
N b l O W I Z r 0 , l C (0-43)
&§ss3
TalOW
1 -
TalOW2.5HM.OIC (T-222)
= I $R\\\\\\m\\\\\\\\\\x
3
100
200
300
Mo0.5TiO.08ZrO. 0 15C (TZM)
1
MOO,1Nb0.5TiO.08Zr0.015C (Nb-TZM)
400
500
Zeitstandfestigkeit in MPa
600
Bild 6.13 Zeitstandfestig<eit von hochschmelzenien Metallen und Legie.-ungen (nach E. Geb700 hardt. E. Fromm und ?I Beneso vksy )
6.1
Warmfeste Stahle und Legierungen
225
(WC) und etwa 20% als Legierungselement fur die Stahlerzeugung eingesetzt. Im Falle des Mo gehen sogar etwa 80% der Weltproduktion in die entsprechend legierten Stahle. Die Zugfestigkeit des hochreinen verformten und anschlieaend gegluhten W betragt fur 1800°C etwa 200 MPa, bei 2200°C 100MPa. Das wesentlich niedriger schmelzende Molybdan erreicht bei Temperaturen um 1400" C immerhin noch Zugfestigkeitswerte von 200 MPa. Die im Dauerbetrieb nutzbaren Warmfestigkeiten werden jedoch durch Kriechvorgange beeintrachtigt, die im Falle des W je nach Gefugezustand und Reinheitsgrad - bis ungefahr 1600°C weniger, beim Reinmolybdan aber schon bei 850°C in Erscheinung treten. Warmfestigkeit und Zeitstandverhalten werden von den Rekristallisationsvorgangen, die in reinem W oberhalb 1200 bis 1300°C und im Mo ab 1000°C einsetzen, entscheidend beeinflufit. GegenmaBnahmen sind der Einsatz des uber die Gasphasenreaktion aus W-Hexafluorid gewonnenen feinkornigen W-Pulvers, das ein Sintermetall mit besonders hoher Rekristallisationstemperatur liefert, und die Zugabe von Oxiden. Insbesondere durch Th02-Zusatze, die das Kornwachstum hemmen und die Ausbildung eines feinkornigen Rekristallisationsgefuges bewirken, wird eine betrachtliche Verbesserung des Rekristallisationsverhaltens erzielt. Das T h o 2 Dispersat wird in der Regel uber eine gemeinsame Fallung der Oxide und anschlierjende Reduktion des W-Trioxids in das W-Pulver eingebracht. Auch das Legieren von W rnit 25% Re bewirkt eine beachtliche Steigerung der Warmfestigkeit (1500°C: Zugfestigkeit 900 MPa, Bruchdehnung 8 bis l o % ) , die Zeitstandfestigkeit bleibt davon aber unbeeinfluBt (Bild 6.13). Wahrend die NbMaterialien ausschliel3lich im Elektronenstrahlschmelzofen gewonnen werden (auch fur Ta und Mo deutet sich eine verstarkte Tendenz zur Erschrnelzung an), herrscht fur die Herstellung der W-, Mo- und Ta-Werkstoffe das pulvermetallurgische Verfahren wegen des erzielbaren feineren Gefiiges und besseren mechanischen Verhaltens vor. Die Bemuhungen, das Warmfestigkeitsgebiet oberhalb des der Superlegierungen zu erschlierjen, haben sich hauptsachlich auf Mo-Werkstoffe konzentriert. Besonders hervorstechend sind die hohen Zeitstandfestigkeitswerte des rnit Titan, Zirconium und Niob legierten schwachkohlenstoffhaltigen Molybdans (s. Bild 6.13). Die genannten Elemente erhohen die Rekristallisationstemperatur des Molybdans wesentlich und verbessern uber die Bildung von Mischkristallen, insbesondere aber durch die Ausscheidung feindisperser Carbidphasen, seine Warrnfestigkrit stark. Die optimale Wirkung tritt bei etwa 0,5% Titanzusatz und einem bestimmten Ti/C-Verhaltnis auf. Eine weitere interessante Gruppe stellen die Molyhdiin- und Wolfrarnlegierungenmit Zusatzen von Hf (0,s bis 0,8%) und C (0,02 bis 0,03%) bzw. Hf, B (0,03%) und C dar, die bei 1500°C noch Spitzenwerte von 600 bis 700 MPa Zugfestigkeit (Bild 6.14) erreichen. Eingedenk ihrer guten Umformbarkeit und SchweiBbarkeit zahlen diese Legierungstypen zu den aussichtsreichsten Entwicklungen auf dem Gebiet der hochschmelzenden Hochtemperaturwerkstoffe. Einsatzbeispiele sind Kern- und Halterdrahte, Werkzeuge und Kerneinsatze fur den MessingdruckguB, StrangpreBmatrizen fur die Umformung bei Ternperaturen bis 1200°Csowie Gluhbehalter und Formteile bis 1700°C im Dauerbetrieb. Eine gleichfalls hohe Warmfestigkeit (1500°C: 900 MPa Zugfestigkeit, 8 bis 10% Bruchdehnung), aber mittlere Zeitstandfestigkeit zeigen Wolfrarnlegierungen rnit 25 bis 30% Rhenium, das vor allem die Bildsamkeit verbessert, so daB sich die Legierungen zwischen 800 und 1000°C ausgezeichnet walzen lassen. Legie-
226
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
ZOO
500
1000
1500
Tempera tur
c'
2000
Bild 6.14 Zuglcsligkcit von hochschmclzcndcn Mctallcn und Lcgicrungcn ( n x h E. (;c.bhard(. 1;. Frotiitti und I:' H c v i t w v k s ~ ~ )
rungen init hiiheren Rheniumanteilen enthalten schon erhebliche Anteile an 0Phase und sind dcmzufolgc nicht mehr umformbar. Bei geringerer Warmfestigkeit (Bild 6.14) haben Nioh und Trrritrrl und in noch stiirkerem MaDe deren Legierungen ein gegenuber den W- und Mo-Legierungcn erheblich verbessertes Oxidationsverhalten. In beiden Fallen erhlihen Zusiitze an Wolfram und Hafnium. die im Niob und Tantal liislich sind. und im Falle dcs Niobs auch Molybdiin die Wnrr?zfr.srigkeit,wahrend kleinere Ti- und Zr-Zugaben die 0xi da t ion s be s t ii n d ig ke i t sow i e die Ve rarbe i t bar ke i t de r N i o hlcgirrrrt~gc~n durch bildsame Fornigebung verbessern. Bei Ternperaturen urn 1000°Cerreicht beispielsweise die Legicrung Ta- 1 OW nahezu die Festigkeit des Wolframs. ist aber leichter umlormbar und neigt weniger zur Rekristallisation; die Legierung Ta-1OHf-SW weist im kaltverformten Zustand bei 1200°CSO0 MPa Zugfestigkeit und 28% Dehnung auf und rekristallisiert 445 MPa Zugfestigkeit und 6% Dehnung. Erwiihnt seien auch die thermisch besonders bestandigen Wolfram-SchwitzkuhILegierungen, die speziell fur Raketendusen Anwendung finden. Hicrbei wird vorgesintertes portises W mit etwa 12 bis 15 Masse-% Ag oder Cu infiltriert. Wiihrend der Bcanspruchung der Dusen (Temperaturen um 3000 "C) wird das infiltrierte Metall flussig, schwitzt aus den Poren des W-Skclettkiirpers aus und vcrdampft teilweise, wodurch eine Eigenkuhlung bewirkt wird. Unter dcn Tantalwcrkstoffen sind Legierungen mit W sowie Hf und C als hochwarmfcste Materialien im Gebrauch (Bild 6.14). Ihr Warmfestigkeitsvcrhalten ist mit dem des W und ciniger Mo-Legierungen vergleichbar. sie lassen sich jedoch wesentlich leichter verarbeiten als diese.
6.1.6 Warmfeste Verbundwerkstoffe Die viele Jahre gehegten und durch Ergebnisse im LabormaRstab immer wieder geniihrten Hoffnungen. durch Teilchen- oder Faserverbunde sowie HartstoffMet a 11-Ver bu n d wc r ks t of fe ( Cermrts ) in bre i t em Ma Be e i nse t z bare H och t e m pe -
6.1
Warrnfeste Stahle und Legierungen
227
ratur-Konstruktionswerkstoffe gewinnen zu konnen, haben sich nicht bestatigt. Die rnit den entwickelten Verbundwerkstoffen erschlossenen Anwendungen blieben eng begrenzt, wofur bei den Teilchenverbunden in erster Linie der durch Besonderheiten der Herstellung verursachte hohe Preis, bei den Cermets die immer noch betrachtliche Sprodigkeit und bei den Faserverbunden der sich gleichfalls auf den Preis auswirkende grolje Aufwand fur die Herstellung hochfester Fasern und die Verbundtechnologie selbst verantwortlich sind. Angesichts dessen sind von den Verbundwerkstoffen nur zwei Typen, das TD-Nickel (Teilchenverbund) und warmfestes Hartmetall (Cermet) in nennenswertem Umfang in der Technik anzutreffen und hier zu erortern. Von den Cermefs im engeren Sinn (Metall-Oxid-Sinterverbundwerkstoffe) haben lediglich das Zr02-Mo (optimale Zusammensetzung 40 Vol% ZrO,) sowie in geringerem MaBe A1,03-Mo und Cr203-Cr eine begrenzte Nutzung gefunden. Wegen ihrer weitgehenden Resistenz gegen den korrosiven Angriff von Stahlschmelzen und ihrer hohen Thermoschockbestandigkeit werden sie bei einer Haltbarkeit von mehreren hundert Stunden vorwiegend als Thermoelementschutzrohre beispielsweise fur die Temperaturkontrolle beim LD-Verfahren eingesetzt. Des weiteren finden sie Anwendung zum Schutz von Thermofuhlern in Zinkschmelzen und Bariumchlorid-Salzbadern, als Kokillenmaterial fur den StrangguB von Stahl und Hartgulj, als Matrizen zum Strangpressen von Kupferlegierungen und Fuhrungsbuchsen fur die Kupferdrahtherstellung sowie als Lager, die hohen Temperaturen und aggressiven Medien ausgesetzt sind. 6.1.6.1 Sinternickel (TD-Nickel)
Die Dispersionsverfestigung des Sinternickels wird uber die Einbettung artfremder Oxide, meist Thoriumoxid, verwirklicht. Zur Gewahrleistung eines hohen Dispersitatsgrades wird aus der waljrigen Losung eines Nickelsalzes, die kolloidales T h o , enthalt, Nickelhydroxid ausgefallt. Die Tho2-Teilchen dienen bei der Fallung als Keime. Das nach der Trocknung und Reaktion etwa 2% T h o z enthaltende Nickelpulver wird uber Pressen und Sintern zu einem kompakten Werkstoff ( TD-Nickel)weiterverarbeitet. Auch das mechanische Mischen von Metallund Oxidpulver fuhrt zu guten Ergebnissen, wenn dabei das Metallpulver zerteilt und nachfolgend unter Einschlulj der Oxidpartikeln wieder verschweiljt wird; man spricht in diesem Fall auch vom rnechanischen Legieren. Wie Bild 6.15 veranschaulicht, ist die Warmfestigkeit des TD-Nickels bei niedrigeren Temperaturen gering, ab etwa 1050°C aher der der aushartbaren Nickelund Cobaltsuperlegierungen uberlegen. Al,O,-Dispersionen sind, gleich nach welchem Verfahren hergestellt, generell ungunstiger als solche aus Thoriurnoxid. In der Weiterentwicklung wurde zur Verbesserung der Oxidationsbestandigkeit die Nickelmatrix zunachst mit Chrom (z. B. TD-Ni-Cr: 78% Ni, 20% Cr, 2% Tho,) bzw. mit Chrom und Wolfram legiert, so dalj fur die Warmfestigkeit Dispersions- und Mischkristallverfestigung wirksam sind. Spater wurden, urn die Legierung noch ausscheidungshartbar und ihre Warmfestigkeit auch fur niedrigere Temperaturen ansprechend zu machen, als weitere Legierungselemente Aluminium und Titan zugegeben. Wie bei den Nickelsuperlegierungen schon dargelegt wurde, wird damit die Bildung der stark verfestigend wirkenden y'Phase moglich. Als Beispiel eines derartigen hochgezuchteten Sinterwerkstoffes sei die Legierung IN853 angefuhrt, die 75% Ni, 20% Cr, 1,5% A1 und 2 3 % Ti sowie 1 ,.?Yo Y 2 0 3als dispersionsverfestigende Phase enthalt.
6
228
Werkstoffe fur hohe T e m p e r a t u r e n
600 MPa
500
..*
a, -k
9 5
5
400
m *
+
f
300
-c
-
b
200
100
0 700
800
1000
900
"C
1100
Ternperatur
BilJ 6. IS IO'h-Zeitstandfcstigkeit von dispersionsgch~rtetemNickel im Vergleich zu dcr v o n ausscheidungsgeh~irtetenund warmumgeformten Cobalt- und Nickellegierungen (nach H. W(,imlititi, K . Mtrrrwr und P Kassner)
Wie die hochschmelzenden Metalle und Legierungen finden Werkstoffe vom TD-Nickel-Typ nur in Sonderfallen in der Raumfahrt und Raketentechnik, insbesondere im strategischen Bereich, Anwendung. 6.1.6.2 Warmfestes Hartmetall
Der Wunsch. den hohen Verformungswiderstand der Hartstoffe zu nutzen. gleichzeitig aber ihre Warmeleitfahigkeit, Bearbeitbarkeit und z.T. unzureichcnde Temperaturwechselbestandigkeit zu vcrbessern sowie ihre Spriidigkeit zu mindern, hat zur Entwicklung verschiedener Typen von Cermets gefuhrt, von denen die Carbid-Metallverbundwerkstoffe (Hartmetalle) am weitesten verbreitet sind. Soweit Harte und VerschleiBwiderstand im Vordergrund stehen, wurden sie bereits im Abschn. 4.3 sowie im Abschnitt 8.25 naher erortert. Auf Hartstoffmaterialien allein wird nachfolgend im Abschn. 6.6.3 eingegangen. Freilich besteht zwischen dem als Hochleistungsschneidwerkstoff benutzten Hartmetall und einem warm- und zunderfesten Hartmetall kein grundsatzlicher Untcrschied. da gerade beim Zerspanen eine gute Warmfestigkeit unerlaljlich ist. Es sollen deshalb die ausfuhrlichen Darlegungen des Abschn. 4.3 nur insoweit erganzt werden, als es die Verbesserung der Warm- und Zunderfestigkeit betrifft. Warmfeste und oxidationsbestandige Hartlegierungen sind auf Tic-Basis aufgebaut, da das TIC bis 1200°C wesentlich weniger verformbar bleibt als das WC. Zur Erhiihung der Zunderfestigkeit werden NbC und TaC, die mit Tic ternare Mischkristalle bilden, zugesetzt. Bild 6.16 demonstriert den stark oxidationsvermindernden EinfluB von 10 bis 30% ternarer Mischkristalle. Auch Zugaben von Cr,C2 und ZrC kommen zur Anwendung. Um die Warmfestigkeit der Bindephase zu verbessern, werden dem klassischen Bindemetall Cobalt, Ni, Cr oder
6. I
229
Warmfeste Stahle und Legierungen
0,30 mm 0,25
0,05
10
0
30
20
40
50
60
80 % 90
70
NbC-JaC-J/C-Mischkrrsta//
Bild 6.16 EinfluR des NbCTaC-Tic-Mischkristallgehaltes auf das Zunderverhalten von TiC-Co-Hartmetallen (nach J.C. Redrnond und E.N. Smith)
Mo zulegiert, oder das Cobalt wird vollig durch Nickel bzw. warmfeste Ni-Cr, NiCr-Co und Ni-Mo-Legierungen ersetzt (Tab. 6.9). Das Zeitstandverhalten einiger Vertreter warmfester Hartmetalle ist in Bild 6.17 wiedergegeben. Tabelle 6.9 Zusamrnensetzung warmfester Hartrnetalle auf Tic-Basis (nach G. Rassmann und A . Merz sowie R. Kiefer und H. Braun) Bezeichnung
TIC Yo
TaC Yo
NbC
Ni Yo
Co Yo
Cr Yo
CRV TZ1 TZ2 WZ12a wz12c wz3 K152B K162K K17SB3 FS8 FS26 FS12
-
-
40 28 75 50 50 64,6 64.6 34 61.6 55.1 33.6
10
-
IS
-
10
-
7
-
50 6.5 5
%
7 -
-
15
-
-
-
10
30 32 30 25 40.5 22.2 40 39
0.3 0.3
5.1 5.1 6
-
-
-
-
-
-
Mo Yo
%
Cr3C2 WC % Yo
-
-
83
-
-
-
-
-
-
-
5 15.25 1.4
1.4 -
13
2
-
5 10 8
10
Al
-
7.4 4.9 13
-
1.4
500 MPa
$
300
C
C
m
3
200
Y ru 10
20
40
60 80 100
200
400 600 h 1000
Zeit
Bild 6.17 Verglcich der Zeitstandfestigkeit von Hartmetallen auf Tic-Basis rnit der Nickelbasislegierung El617 fur 800°C (nach Agte und Blum)
230
6
Werkstoffe fur h o h e Temperaturen
Trotz vieler Bemuhungen konnte die Duktilitat dieser Werkstoffgruppe nicht soweit gesteigert werden, dafi beispielsweise, wic ursprunglich angestrebt, aus ihnen Laufschaufeln fur Gasturbinen hergestellt werden konnen. Sie werden heute vielmehr als hochtemperaturbeanspruchte Werkzeuge, wie StrangprcBund Warmschmiedematrizen, Werkzeuge zum Warmdrucken, Extrudieren und Warmpressen oder als Halterungen fur Festigkeitsuntersuchungen bei hohen Temperaturen und als Ambosse elektrischer Widerstandsstauchmaschinen sowie als Hochtemperaturventile, Brennspritzen in Emaillieriifen oder als Glasformwerkzeuge eingesetzt [6.27].
6.2 Zunderbestandige Stahle Hirze- irnd ziiridrrhrstiiritlj~rSriihle werden fur Bauteile eingesetzt, bci denen cs neben einer ausreichenden Festigkeit vor allem auf eine hohe Oxidationsbestandigkeit ankommt. Bis etwa 550°C sind die warmfesten Baustahle ausreichend zunderbestandig. Daruber ist es jedoch notwendig. speziclle legierte ferritische und austenitische Stahle heranzuziehen. Heizleiter sollen nicht bctrachtct werden, zunderbestandiges legiertes GuReisen wird in Abschn. 7.1 1 eriirtert. Ein Stahl gilt bis zu einer bestimmten Temperatur als zunderbestiindig. wenn die verzunderte Metallmenge bei dieser Temperatur etwa 1 gm-2 h-1 und bei einer um 50 K hoheren Temperatur 2 g m-2 h-1 nach 120 h Beanspruchungsdaucr rnit 4 Zwischenabkuhlungen nicht uberschreitet. Die Hochtemperaturoxidation der Metalle und Legierungen unterliegt jedoch Gesetzen, denen rnit der erwiihnten Kurzzeitdefinition nur annahernd Rechnung getragen wird. Eine ausreichende Zunderbestandigkeit von Eisenbasiswerkstoffen wird in erster Linie rnit Hilfe der Legierungselementc Chrom, Silicium und Aluminium erreicht. Wegen ihrer gegenuber Eisen hijheren Affinitat zum Sauerstoff reichern sie sich in der Zunderschicht an, wodurch diese der Ionendiffusion (Schichtwachstum) einen hiiheren Widerstand als die nur mit Eisen gebildetc Oxidschicht entgegensetzt und somit im Wachstum gehemmt wird. Die hitze- und zunderbestandigen Stahle werden als Walz- und GuBstahle verwendet und entsprechend ihrer Zusammensetzung und Gefugeausbildung in ferritische sowie ferritisch-austenitische Stahle unterglicdert. Die Stiihle rnit Cr-. Siund Al-Zusatz weisen ein ferritisches Gefuge. die zusatzlich zur Erhohung der Warmfestigkeit rnit Ni legierten Stahle ein ferritisch-austenitisches oder rein austenitisches Gefuge auf. Tab. 6.10enthalt Angaben zur 0.uirirrfionshesriindiRkc.it.Bearbeitbarkeit sowie Bestandigkeit gegen Ofengase und Tab. 6.1 1 zum Zeitstandverhalten gebrauchlicher hitze- und zunderbestandiger Stahle. Ferritische Stahle sind tiefziehfahig, kalt umformbar und im allgemeinen schlechter schweiBbar als austenitische. I n schwefelhaltigen Gasen verhalten sie sich gunstiger, in stickstoffhaltigen und aufkohlenden Gasen ungunstiger als die austenitischen Stahle. Wahrend der Langzeitbeanspruchung kiinnen sowohl in den ferritischen als auch a u st e n i t i sche n S t a h 1en inner h a 1b best i m m t e r Tempe rat u r be re i c h e G e f u ge vc r ii n derungen auftreten, die sich auf das Plastizitatsverhalten nachteilig auswirken. Ferritische Stahle rnit mehr als 13% Cr versproden zwischen 450 und 525°C (475”-Versprodung). wodurch Zugfestigkeit, Streckgrenze und H a r k eine Zunahme, die Zahigkeit hingegen eine Abnahme erfahren. Die Verspriidung kann durch Gluhen oberhalb 600°C wieder ruckgangig gemacht werden.
800 950 1050 1200 1100 800 1050 1200
c
Zunderbestandigkeit in Luft
sehr gut sehr gut sehr gut sehr gut mittel mittel gering gering
XlOCrA17 XlOCrA113 XlOCrA118 X10CrA124 X20CrNiSi2S-4 X6CrNiTil8- 10 XlSCrNiSi20- 12 XlSCrNiSi25-20
Stahlrnarke
90 90 90 90 120 120 130 130
0,2%Dehngrenze
30 30 30 30 30 120 120 120
1s 1s 80 80 80
1s
1s 1s
104 h-Zeit- 10s h-Zeitstandfe- standfestigkeit stigkeit
')
600 C
30 30 30 30 60 100 110 110
0,2%Dehngrenze 10 10 10 10 30 80 90 90
8 8 8 8 8 45 40 40
4 4 4 4 4 25 20 20
0,2%Dehngrenze
700 '' C 104 h-Zeit- 10'h-Zeitstandfe- standfestigkeit stigkeit
Festigkeit in MPa bei
gering gering gering gering mittel sehr gut sehr gut sehr gut
Tiefzieh'."iigkeit ran
3 3 3 3 3 18 18 18
1,s 1.5 13 8 8 8
1,s
1,5
104h-Zeit- 10'h-Zeitstandfe- standfestigkeit stigkeit
800 C
mittel mittel mittel mittel gut sehr gut sehr gut sehr gut
mittel mittel mittel gut gut mittel gering gering
gering gering gering gering mittel gut gut gut
KalturnIorm. . . stickstoffhaltig barkeit e Gase
schwefelhaltig
Bestandigkeit gegen Ofenatmosphare
Tabelle 6.11 Zeitstandfestigkeitswerte von zunderbestandigen Stahlen
XlOCrA17 X10Cr All 3 X 10CrA118 X10CrA124 X20CrNiSi2S-4 X6CrNiTil8- 10 X1 SCrNiSi20-12 XlSCrNiSi25-20
Stahlmarke
Tabelle 6.10 Eigenschaften zunderbestandiger Stahle
70 70
1s
0,2%Dehngrenze
900 'C
gering gering gering gering gut sehr gut sehr gut sehr gut
SchweiBbarkeit
7 7
1,s 1,s 13
3 3
0,7 0,7 0,7
10'h-Zeit- 10'h-Zeitstandfe- standfestigkeit stigkeit
Zerspanbarkeit
232
6
Werkstoffe fur h o h e Temperaturen
Eine weitere Vtrspriirliingstcscheiniing tritt im Gebiet von etwa 550 bis 800 "C auf, hier allerdings auch bei austenitischen Stahlen. Ursache ist die Ausscheidung der sproden o-Phase (FeCr). Praktische Auswirkungen sind damit jedoch erst oberhalb eines aquivalenten Cr-Gehaltes von mehr als 15% verbunden. Auch hier kann die Versprodung mit Hilfe einer Gluhung (850 bis 900°C) beseitigt werden. Die Bildung der o-Phase ist nicht auf Eisenlegierungen beschrankt. Sie kann auch, wie bei den Superlegierungen bereits erwahnt (Abschn. 6.1.4), in eisenfreien Systemen auftreten (z. B. als CrMn, CrCo oder MoMn). Die o-Phase tritt in groBerer Vielfalt auf. gemeinsam sind jedoch die tetragonale Struktur und der Aufbau aus Ubergangsmetallen. SchlieBlich neigen die ferritischen Chromstahle noch oberhalb 950 "C zur Vtrspriidiing, da bei diesen Temperaturen ein starkeres, zu Grobkorn fuhrendes Kornwachstum einsetzt, das durch keine Warmebehandlung ruckgangig gemacht werden kann. Zunder- und hitzebestandige Stahle kommen vor allem dort zur Anwendung, wo sie vorwiegend keramische Werkstoffe ersetzen konnen und wegen ihrer besseren Formgebung Vorteile bringen. Sie zeichnen sich gegenuber der Keramik durch eine groljere Warmeleitfahigkeit sowie Thermoschockbestandigkeit aus und sind wesentlich unernpfindlicher gegen schlagartige Beanspruchungen. Hauptanwendungsgebiete sind die industrielle Warmetechnik und der chemische Apparatebau.
6.3 Gerate- und Quarzglas Glaswerkstoffe werden vorwiegend wegen ihrer guten chemischen Bestandigkeit und ihrer Durchsichtigkeit verwendet. Auch bei hoheren Temperaturen (Geriiteglus bis mindestens 400 "C, Quarzglus bis 1050" C ) sind Glaser formbestandig. Auf Grund dessen werden Gluserzeiignisse in der Chemieindustrie, der pharmazeutischen Industrie, in der Lebensmittelindustrie und vielen anderen Zweigen als Anlagen oder Anlagenteile eingesetzt. Einer breiten Anwendung als Konstruktionswerkstoff, z. B. fur Rohrleitungen, stehen die geringe Zugfestigkeit, das Sprodbruchverhalten und die haufig zu geringe Temperaturwechselbestandigkeit gegenuber. Das Festigkeitsverhalten der Glaser hangt sehr stark von der Form und der Art der Belastung ab, so daB es noch keine verbindlichen Werkstoffkennzahlen und Richtlinien fur die Konstruktion von Anlagen aus Glas gibt. Bei der Errichtung von Anlagen wird von Erfahrungen ausgegangen, die sich die Hersteller angeeignet haben.
6.3.1 Eigenschaften der Glaser Hauptbestandteil der technischen Glaser ist SiO?, dessen charakteristische Eigenschaften das Verhalten der Glaser bestimmen. Quarzglas besteht aus reiner Kieselsaure. Es wird durch Schmelzen von Quarz bei Temperaturen uber 1800"C gewonnen. Beim Abkuhlen zeigt die Si0,-Schmelze eine sehr geringe Neigung zur Kristallisation und erstarrt glasig. Die hohe Schmelztemperatur und die Zahigkeit der Schmelze erschweren jedoch die Herstellung von Quarzglaserzeugnissen.
6.3
Gerate- und Quarzglas
233
Zur Verbesserung der Schmelzbarkeit werden vor allem Alkalioxide zugegeben. Damit verschlechtert sich allerdings eine Reihe physikalischer und chemischer Eigenschaften, vor allem sinkt die Wasserbestandigkeit mit steigendem Alkaligehalt ( Wasserglas). Zur Stabilisierung konnen Erdalkalioxide zugesetzt werden, so daB man dann von Alkali-Kalk-Glasern spricht, da meist CaO als Erdalkalioxid eingefuhrt wird. Wird dieser Glastyp fur Gerateglas herangezogen, kann ein Teil des CaO durch MgO ersetzt und zusatzlich konnen noch geringe Mengen anderer Oxide beigegeben werden. Der Zusatz von Alkalioxid, Erdalkalioxid, Tonerde u.a. hat jedoch den Nachteil, daB die Warmedehnung stark erhoht und damit die Verwendung des AlkaliKalk-Glases fur hohe Temperaturen beeintrachtigt wird. Von entscheidender Bedeutung fur die Entwicklung der Gerateglaser war deshalb die Verwendung von Borsaure durch Otto Schott. Borsaure (B203) erstarrt ebenfalls glasig und hat die Eigenschaft, mit Alkalioxid Alkalihoratglaser zu bilden, die einen niedrigen Ausdehnungskoeffizienten haben. Im Gegensatz zu den Alkali-Kalk-Glasern sinkt der Ausdehnungskoeffizient bei Boratglasern (Borsaureanomalie) mit steigendem Alkaligehalt (bis 16 Mol-% Na20). Unter Ausnutzung der schmelzbeschleunigenden Wirkung von Alkalioxid und Borsaure konnen Borosilicatgliiser erschmolzen werden, die eine gute Temperaturwechselbestandigkeit aufweisen und es gestatten, auch Glasbauteile groBerer Abmessungen fur technische Anlagen herzustellen. Die meisten physikalischen Eigenschaften der Glaser lassen sich durch einfache Additionsregeln mit Hilfe empirisch ermittelter Faktoren aus der chemischen Analyse naherungsweise berechnen. Die einzelnen Faktoren sind tabelliert [6.8], gelten aber in der Regel nur fur bestimmte ahnliche Zusammensetzungen, da es bisher noch nicht gelungen ist, die Struktur der unterschiedlichen glasbildenden Systeme einzubeziehen. Uber die Veranderung der chemischen Zusammensetzung konnen besonders die chemische Bestandigkeit, die Erweichungstemperatur, der Ausdehnungskoeffizient und die Verarbeitungseigenschaften in relativ weiten Grenzen beeinflufit werden. Die Festigkeit, die Warmeleitfahigkeit und andere Eigenschaften sind nur wenig von der Zusammensetzung abhangig. Glaser sind bei Normaltemperatur feste, sprode Korper. Erhitzt man sie, so gehen sie nicht wie ein Metal1 bei einer definierten Temperatur in den flussigen Zustand uber, sondern erweichen in einem Gebiet, dem sogenannten Tronsforrnarionsgehiet. Die Viskositat nimmt mit steigender Temperatur weiter stark ah. Im Bild 6.18 ist eine Temperatur-Viskositats-Kurve wiedergegeben. Das Transformationsgebiet wird durch die obere ( T a n )und untere (T,,,) Entspannungstemperatur eingegrenzt. In diesem Bereich konnen Spannungen ausgeglichen werden, ohne daB sich der Glasgegenstand merklich defomiert. Der Sprodbereich des Glases reicht his zur unteren Entspannungstemperatur, die als die Temperatur definiert ist, bei der Spannungen im Verlauf einer Haltezeit von 15 h his auf eine Restspannung von 10% abgebaut werden. Die Transformationstemperarur T , liegt bei einer Viskositat von 10'2.5 P a . s und wird durch Ausdehnungsmessungen indirekt bestimmt. Bei der oberen Entspannungstemperatur werden Spannungen im Glas in 15 Minuten abgebaut. Allgemein gilt, daB Glaser bis auf 100 K unterT, erhitzt werden konnen, ohne daB auch bei Dauerbelastung eine Deformation eintritt. Diese Temperatur, his zu der das Glas sprode bleibt, ist zugleich auch die obere Temperaturgrenze seiner Anwendung. Eine Erwarmung der Glaser uber T , hinaus fuhrt unter Belastung zur Deformation. Wird
6
234
Werkstolfc fur hohe Temperaturen
10l3 Pa .s 10"
70
5 lo7 '= Y
P
3 a
705 10 10
Bild 6.18 Viskositbt von Cilas i n Abhiingigkeit von der Tcmperatur (scheniatisch) T,,, untere Entspannunpstcrnpei-~itur T, Transiormationslcnipcr~it ur obcre Entspannunpstcrnpcratur T,,,,, Erweicliungstcrnpcr~itur Ve ra rhe it ungste m pc rat u I' T,, o, 1. T,,, Liquidustenipcratur Bereich I sprijdcr Kiirper Bereich I 1 viskoscr Bcrcich (Fornigchung) Bereich I l l Schinclzhcrcich
r,,,
' r-
beim Abkuhlcn der Transformationsbereich zu schnell uberfahrcn, so entstehen Spannungen. die die Festigkeit negativ beeinflussen. Lediglich dann. wcnn sie definiert crzeugt werden, kiinnen sie die Festigkeit erh6hen. Die Kenntnis des Transformationsgebietes ist fur die Anwendung des Glases bci hijheren Tempcraturen und fur die Verarbeitung durch SchweiBen. Verschmelzen oder Bicgcn besonders wichtig. Auch die Warmeausdchnung ist mitbestimmend dafur. ob Gliiscr bei hiiheren Tempcraturen eingcsetzt werden konnen oder nicht. Der lineare Ausdehnungskoeffizient von Glas steigt mit zunehmender Temperatur wenig mehr als linear an. so da13 stets cin mittlerer Ausdehnungskoeffizient fur einen bestimnitcn Temper a t u rb e re i c h a n gc ge b e n wi r d . We ge n d e r ge r i n ge n W 2r m e 1e it fa h i g k e i t d e s Glases nimmt dcr Warmeausdehnungskoeffizient auch auf die Temperaturwechselbestiindigkeit entschcidend EinfluB. Der lineare Ausdehnungskoeffizient von Quarzglas bctriigt 0.5 . 10-(lK I und der von Gerateglasern 3 bis I 0 . 10 OK I . wobei die Borosilicatgliiser mit 3 bis 6 . 10-hK-1 irn unteren Teil dieses Bereichcs liegen. Borosilicatgliiser konnen deshalb bei hoheren Temperaturen zum Einsatz kommcn und schneller aufgeheizt bzw. abgekuhlt werden als borfrcic Gcrategliiser. Besonders stark wird der Ausdehnungskoeffizient durch Alkali- und Erdalkalioxide erh6ht. Der Zusatz dieser Oxide ist jedoch aus schrnelztechnischen G r u n de n n o t wc n d i g. D i e fivnpctwti i rwcc.ii.sclbcstiinriigkeit ( TW B ) c h ara k t e r i si e r t d as Ve r m tigc n des We r ks t o f fes, p I iit zl i c h e Te m pe ra t ur3 nde ru nge n inner h al b des Sp r (id i g k c i t s be re i ches ohne Bruch auszuhalten. An definierten Glasproben (Stiibchen) wird durch Abschrecken dic Temperturdifferenz bestimmt, die die Glasprobe ohnc Zcrstiirung ubcrstcht. Nach dcr Schott-Winkelmannschen Gleichung ist diese
wobei oIjdie Zugfcstigkeit. E der E-Modul. &die lineare Warmedehnung. h die W~irmelcitlilhigl
6.3
235
Gerate- und Quarzglas
tor W von groBem EinfluB. Aus den nach (6.4) bestimmten TWB-Werten lassen sich deshalb nicht, ohne dal3 noch weitere Untersuchungen durchgefuhrt werden, die zulassigen Temperaturschockwerte fur Glaserzeugnisse ableiten. Die Unterschiede in der Wiirrneleiffuhigkeit der einzelnen Glassorten sind gering. Fur Quarzglas betragt sie bei 20°C 1,3W . m-1 . K-1 und fur Gerateglaser liegt sie zwischen 0,7 und 1,3 W . m-1 . K-1, wobei die borhaltigen die hochsten Werte erqeichen. Mit steigender Temperatur nimmt die Warmeleitfahigkit zu (Bild 6.19). Die im Vergleich zu Metallen sehr geringen Werte haben zur Folge, da13 beim Erwarmen und Abkuhlen des Glases ortlich grol3e Temperatur- und Ausdehnungsunterschiede auftreten, die die Ursache fur die Entstehung von Spannungen beim Ubergang vom zahplastischen in den sprodplastischen Zustand und fur die Zerstorung von Gerateglas durch Temperaturschocks sind.
Bild 6.lY WBrmeleitfahigkeit i n Abhiingigkeit von der Temperatur (nach W Espe)
0
-200
-100
0 100 Temperatur
200°C 300
1 2 3 4
Ouar/pla\ I3oroailicatglas Alkali-Kalk-Glas Rleiglaa (40% PbO)
Die Festigkeir tler Gliiser hangt von vielerlei Faktoren ab und laRt sich schwer festlegen. Die theoretische, aus den Kraften der Si-0-Bindungen berechnete Festigkeit ist etwa um den Faktor 1000 groBer als die tatsachlich beobachtete Festigkeit. Die groBen Unterschiede zwischen theoretischer und effektiver Festigkeit werden auf die Wirkung von Oberflachenfehlern zuruckgefuhrt, deren EinfluB starker ist als der der chemischen Zusammensetzung. Die Druckfestigkeit ist etwa zehnmal groBer als die Zugfestigkeit. Fur unterschiedliche Beanspruchungen bestehen etwa folgende Relationen: onruck
(T[31cgu"g
ozug
oSchlag
=
10 : 2 : 1 : < 1
(6.5)
Die Festigkeitsprufung ergibt stark streuende Werte, so dal3 fur eine befriedigende Mittelwertbildung eine groBere Anzahl von Proben erforderlich ist. Bei Normaltemperatur ist Glas ein elastischer Korper, der dem Hookeschen GesetL gehorcht und nahezu keine plastische Deformation zeigt. Mit steigender Temperatur sinkt die Festigkeit des Glases allmahlich ah und verringert sich bis zur Anwendungsgrenze um 20 his 30% (Bild 6.20). Bei Normaltemperatur sind Glaser gute Isolatoren, lediglich einige Spezialglaser weisen Halbleitereigenschaften auf. Der spezifische Widerstand betragt bei Raumtemperatur loy his lo1' Q . m. Quarzglas hat die besten Isolationseigenschaften. Glas ist ein elektrolytischer Leiter. Trager des Stromes bis zur Transformationstemperatur sind fast ausschliel3lich Alkaliionen, vor allem Na+. Mit s k i gender Temperatur nimmt die Beweglichkeit der Ionen zu, und der spezifische Widerstand nimmt ab. Im Schmelzzustand ist das Glas elektrisch leitend. was zur
236
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
saJ s4
Bild 6.20 Temperaturabhiingigkeit der Festigkcit v o n Glas (nach [6.6])
40
0
200
400 600 800 K 1000 Temperatur
I reales Glas. the(iretischc Fcsligkeit 2 rcalos Glaa. lechniachc Fcstigkcit 3 thcorrtisclic Fcsligkcil v o i i Glas mi quasiamorphen Zu\c;ind
direktcn elektrischen Erwarmung beirn Schmelzen ausgenutzt wird. Zur Charakterisierung der Anwendbarkeit von Glas als Isolator bei hoheren Temperaturen wird meist die Temperatur T,,,,,, angegeben, bei der die Leitfahigkeit x = 100 . 10sS . m-l bzw. der spezifische Widerstand e = 1 MR . m betragt. Alkalifreie Glaser haben hohe T,,,,,,-Werte. Eine der hervorragendsten Eigenschaften von Glas gegenuber anderen Werkstoffen ist die Lichtdurchlussigkeit im sichtbaren sowie im infraroten und ultravioletten Bereich des Spektrums. Glaser ohne Verunreinigung durch Schwermetalloxide oder fremde Phasen sind durchsichtig und lassen das Licht im gesamten Bereich des sichtbaren Spektrums gleichmafiig durch. Diese Eigenschaft gestattet es, die Vorgange in Reaktoren oder Rohrleitungen visuell zu verfolgen. Einige technische Glaser neigen jedoch dazu, bei intensiver Bestrahlung, vor allem mittels harter Strahler, mit der Zeit einen Teil ihrer Lichtdurchlassigkeit einzubufien. Haufig ist es auch notwendig, Licht bestimmter Wellenlange. z. B. ultraviolettc Strahlung. von Chemikalien fernzuhalten. Dafur lassen sich durch Zusatz farbender Schwermetalloxide, z. B. Fe,03, Cr,O,, COO und MnO, gelblichbraune bis tiefblaue Glaser herstellen, wahrend durch die Einlagerung v o n kolloidal verteiltem Gold, Kupfer oder CdSe rote his gelbe Glaser entstehen [6.9]. Uber die Kombination verschiedener Oxide konnen Glaser dem geforderten Verwendungszweck angepal3t werden. Die Farbungen des Glases sind bis zum Transformationsbereich und darubcr hinaus thermisch stabil. Lediglich die roten Glaser beginnen sich im Transformationsgebiet zu truben. Farbund Filterglaser haben in vielen Bereichen der Technik, besonders in der Signal- und Sicherungstechnik sowie fur die Verpackung von Chemik a I'ien eine groBe Bedeutung. Gcrateglas und Quarzglas sind gegeniiber SBuren (aufier FluBsaure und konzentrierter Phosphorsaure) und Wasser sehr bestandig. Die Bestandigkeit gcgcnuber alkalischen Lijsungen ist weniger gut. Die beste chemische Bestandigkeit weist Quarzglas auf (s.a. Abschn. 7.14). Die optischen, elektrischen und chcmischen Eigenschaften der Glaser lassen sich durch dunne Metall-, Halbleiter- und Oxidschichten auf der Oberflache erheblich verandern. z. B. werden IR-rcflektierende Schichten fur Warmeschutzglaser und leitfahige Schichten fur heizbarc Fahrzeugscheiben genutzt.
6.3
Gerate- und Quarzglas
237
6.3.2 Ausgewahlte Glaswerkstoffe und deren Anwendung Quarzglas und Quarzgui Quarzglas besteht zu mehr als 99,7% aus SO2,ist blasenfrei und durchsichtig. Dazu werden sehr reine SO,-Korner, in der Regel Bergkristall, entweder in elektrisch beheizten Tiegeln aus Molybdan oder in der Knallgasflamme auf rotierende Quarzglasposten aufgeschmolzen. Hochreines Quarzglas, z. B. fur SchmelzgefaBe und Anlagen zur Herstellung von Halbleitersilicium, kann aus SiCl, durch Hydrolyse in der Knallgasflamme bzw. Abscheidung an heiljen Flachen unter Zusatz von Sauerstoff und anschlieBender Dichtsinterung hergestellt werden. Quarzgut dagegen ist mit zahlreichen Blasen durchsetzt, milchig triib und hat einen groljeren Anteil an Verunreinigungen. Wichtige Eigenschaften beider Werkstoffe sind in Tab. 6.12 gegenubergestellt. Tabelle 6.12 Eigenschaften von Quarzglas und Quarzgut (nach [6.6]) Eigenschaften
Einheit
Quarzglas
Quarzgut
Dichte Mohssche Harte Poissonsche Zahl E-Modul Zugfestigkeit Druckfestigkeit lin. thermischer Ausdehnungskoeffizient untere Entspannungstemperatur obere Entspannungstemperatur spezifischer Widerstand 20°C 800 C
g cm-?
2.203 6...7 0,16 72 50 2000 0.54 . 10" 1050 1210 10" 0.2
2.05 . . . 2.09 6...7 0.16
'I
GPa MPa MPa K-' "C '! C MRcm
-
45 350 0,54 . lo-' 1050 1210 20
Quarzgut wird durch Schmelzen von Quarzsand im Lichtbogen oder nach dem Kohlestabverfahren hergestellt. Dabei werden Kohlestabe in Quarzsand eingebettet und elektrisch bis auf 1900°C erhitzt. In der Nahe der Kohlestabe sintert und schmilzt der Sand, und es entsteht ein blasiges Glas. Die hervorragenden Eigenschaften von Quarzglas und Quarzgut, die hohe Temperaturbestandigkeit, der extrem niedrige Ausdehnungskoeffizient und die ausgezeichnete chemische Bestandigkeit werden vorzugsweise fur hochbeanspruchte Laborgerate und Anlagen der Chemie sowie feuerfestes Material fur Tiegel und Schmelzofen genutzt. Auf Grund der fur das Schmelzen und die Verarbeitung erforderlichen hohen Temperaturen ist die Herstellung groljer Bauteile jedoch schwierig und aufwendig. Der Einsatz als Massenwerkstoff ist okonomisch nicht vertretbar. Quarzglas und Quarzgut lassen sich bei 2000°C glasblaserisch verarbeiten.
Gerateglas Die wichtigsten Typen der Gerateglaser sind die Alkali-Kalk-Glaser und die Borosilicatglaser. Beispiele ihrer Zusammensetzung und Eigenschaften enthalten die Tab. 6.13 und 6.14. Ein dritter Typ sind die Bleiglaser, die uberwiegend in der Elektrotechnik - Elektronik wegen der guten elektrischen und Verarbeitungseigenschaften eingesetzt werden. Es gibt aber auch technische Glaser, die zwischen diesen Haupttypen stehen.
238
6
Werkstoffe fur hohc Temperaturen
'l.ahcllc 6.13 Chemische Zusammensctzung einiger Glaser
Glassorte
SiO,
Na,O
Borosilicat 3.3 Alumohorosilicat 13orosilicat G 20 Alkali-Kalk-Cilas Fcnstcrglas
79.9 56.8 74.6 70.0 71 .O
4.1
1.3 6.5 12.5 16.0
K,O
CaO
0.7
3.8
0.2 4.5 0.8 9.8
-
x.0
-
BaO -
MgO
AI,Ol
B,03
0.1 7.8
2.7 22.0 5.5 3.0 1.5
12.6
6.6 3.7
-
-
-
-
3.3
Anphcn in M;i\\c-'%,. Wenn die Sunimc. < I00 kt. \ i d noch weitere Oxide
in
6.6 8.6 -
pcrin$cn K~in/ciitr;iti~inc~i \wrhandcn.
Tahclle 6.14 Physikalische Eipcnschaltcn ausgcwahlter Glaser
E igc nsch a It e n Dichte E-Modul Zuglcstigkeit
lin. thcrniischer Ausclchnungskocffizient Tc m pc ra t urwec hse Ihcstiiridigkcit TI T, Tr ;I t i sform a t i o n stempcrtur
Alkali-Kalk- Fensterglas
Borosilicat Alumoboro- Borosilicat 3.3 silicat G 20
Cil:1s
gcm GPa MPa 10PK-l
2.24 63 125 3.3
2.50 66 I20 Y.4
2.47
130 3.9
2.40 75 150 4.9
K
250
220
1YO
1 I0
I00
"C
525
738
558
570
540
c'
22 I
510
213
I60
Einheit
2.5 1 00
6(1
120 9.0
-
7;
I////
"
Alkrrli-Krrlk-Gliisrr fur Glasgeriite enthalten etwa 70 bis 75% SiO,, X bis 15% Na,O und K,O, 8 bis 15% CaO und MgO sowie bis 5% Al,03. Sie lassen sich relativ leicht schmelzen und verarbeiten. Auf Grund ihres groRen linearen Ausdehnungskoeffizienten von 8 bis 10 . 10-(lK-l ist ihre Temperaturwechselbestandigkeit jcdoch gering. Deshalb kiinnen nur dunnwandige Glasgerate in technisch vertretbarcn Zeiten erwiirmt und abgekuhlt werden. Die Hauptanwendungsgebiete sind Laborgerate, Gluhlampen, Thermometer, Verpackungen sowie Bauglas. Roro.silictrfgliiser enthalten 70 his 80% SiO,, 5 bis 20% B 2 0 3und bis 10% Alkalioxid. Vcm besonderer Bedeutung im Anlagenbau ist das Borosilicatglas 3.3, das auch unter den Handelsnamen Pyrex. Duran. Rasotherm oder Simax bekannt ist. Es werden daraus Rohre. Formstucke, Warmetauscher. Rundkolben und Glockenbdden bis zu Ncnnweiten (NW) 500 und darubcr hinaus Absperrorgane. Kreiselpumpen und andere Teile gefertigt. Bereits Wandstarken von 5 bis 8 mm verleihen den Bauteilen cine genugende mechanische Fcstigkeit. Bei Rohrleitungen aus Glas liegen die Druckanwendungsbereiche fur NW 15 bis 80 bei 0,4 MPa und fur NW 100 bis 200 bei 0,2 MPa. Die Berstdruckfestigkeit ist wescntlich hiiher; von Leitungen aus Bundrohr beispielsweise im Mittcl um den Faktor X bis 10. Wegen dcr starken Schwankung der Festigkeit des Glases und dcr moglichen Verspannung bei der Montage machen sich aber derartig hohe Sicherh c i t sfa k t ore n e rforde r I i ch . Obwohl die Warmeleitfahigkeit dcs Glases relativ niedrig ist, werden Rohrwarmetauscher auch aus Glas gefertigt. Hier wirken sich die feuerpolierte, porenfreie Oberflache und die gute chemische Bestiindigkeit des Geriiteglases beson-
6.3
Gerate- und Quarzglas
239
ders gunstig aus. Wahrend sich bei Stahlrohren im Verlaufe der Zeit durch Ansatzbildung der Warmeubergang verschlechtert, bleiben Glasrohre frei und erbringen deshalb standig gleiche Warmeaustauschleistungen. Von groBerer Bedeutung fur thermisch hochbelastete Bauteile sind weiterhin Glaser rnit hoherem Al,O,-Gehalt und rnit geringerem Alkaligehalt. Die Transformationstemperatur liegt dann uber 700"C, so daB diese Glaser bis uber 600°C verwendet werden konnen. Haupteinsatzgebiete sind Flussigkeitsthermometer fur hohere Temperaturen, hochbelastete Kolben fur Lichtwurflampen, Senderohren und Laborgerate. Gegeniiber Borosilicatglasern haben sie eine hohere Schmelztemperatur und schlechtere Verarbeitungseigenschaften. Gerateglaser konnen im heiBen Zustand verformt und verschmolzen bzw. verschweiljt werden. Dabei mu13 die geringe TWB beachtet und die zu bearbeitende Stelle langsam erwarmt werden. Je gro13er die Wandstarke ist, um so langsamer muB das Aufheizen geschehen und um so groBer mu13 die Umgebungszone, die mit zu erwarmen ist, sein. AuBerdem darf die Haltezeit auf hoher Temperatur nicht zu grol3 sein, da sonst Kristallisation eintreten kann. Beim Abkuhlen muB analog verfahren werden, damit nicht ein ortlich rascher Temperaturruckgang unzulassig hohe Spannungen verursacht. Beim Verschmelzen und SchweiBen ist weiterhin darauf zu achten, daB die zu verbindenden Teile sich im linearen Ausdehnungskoeffizienten nicht mehr als 0,7 . 10-hK-l unterscheiden. Mechanisch kann Glas durch Schleifen rnit losem oder gebundenem Korn sowie rnit Hilfe von Diamantwerkzeugen bearbeitet und getrennt werden. Fuserverstarkte Gluswerkstoffe Durch das Einbringen von Fasern und Partikeln konnen die mechanischen Eigenschaften von Glasern und Glaskeramiken deutlich verbessert werden, wobei die gute chemische Bestandigkeit und die geringe Warmedehnung erhalten bleiben. Das Einbringen der Fasern in die Glasmatrix, im Anteil von 15 his 40%, erfolgt, indem die Fasern rnit feinem Glaspulver beschichtet und vorgeformt werden. Der Verbund entsteht dann durch HeiBpressen. Als Fasern [6.33] eignen sich vor allem Langfasern aus C und SIC, da die Haftfestigkeit zwischen diesen Fasern und der Glasmatrix nicht sehr grol3 ist, so daB nach dem Bruch der Matrix die Risse entlang der Fasern weiterlaufen und somit die Faserfestigkeit voll zur Wirkung kommt. Durch eine entsprechende Faserorientierung ist es moglich, die Verstarkung in die Hauptbelastungsrichtung zu legen. Die Biegezugfestigkeit kann his uber 1000 MPa gesteigert werden, ebenso erhoht sich die Brucharbeit. Die maximale Dehnung steigt auf 0,4% gegenuber 0,l YO bei den Glasern. Es ist kein glastypischer Sprodbruch, sondern quasi-duktiles Verhalten festzustellen. Die Anwendungstemperatur hangt vom Fasertyp, C-Fasern sind in oxidierender Atmosphare his 450 "C, Sic-Fasern his 1200°C bestandig, und vom Erweichungsverhalten der Glaser bzw. der Glaskeramik ab. Wegen der hohen Festigkeit und der geringen Warmedehnung sind die Werkstoffe auch ausgezeichnet bestandig gegenuber Temperaturschocks. Vor allem die rnit CFasern verstarkten Werkstoffe haben auch geringe Reibungsbeiwerte im Kontakt rnit Stahl und anderen Werkstoffen. Tabelle 6.15 zeigt einige Werkstoffeigenschaften. Sehr positive Erfahrungen gibt es im Maschinenbau, z. B. beim Einsatz im HeiBglashandling. Werden Fasern oder Partikel eingebracht, die eine gute Haftung rnit dem Matrixglas eingehen, kann auch eine Verfestigung erzielt werden, jedoch bleibt dann der sprode Charakter der Werkstoffe erhalten.
240
6
Wcrkstoffe fur hohe Temperaturen
Tabellc h. IS Eigenschaften langfascrvcrstarkter Glaser der Firma Schott. Mainzl, Eigcnschaft
Einheit
g cm-I Dichte Bicgezugfestigkcit MPa E-Mod u I G Pa We i bul I -Modul lin. thermischer Ausdehnungskoeffizient I O ~ h KI Thermoschockbest. K Anwendungstempcratur in Luft c Warmeleitfiihigkcit W m-1K-I ‘I
‘I
FaseriMatrix-Kombination CiDuran SiCiSupremax
1 .Y-2.2 700- 1300 150-300 2G30 0-1 > 500 < 450 1-15
2.3-2.5 600-1 100 120-1 so 20-30 2 4 > SO0 < 700 1,s-3
nach W H i w n Schi)lt~iiili,rtn;ition73119YS: S. 3 -6
6.4 Glaskeramik Eine besondere Gruppe von Werkstoffen stellt die Glaskeramik, auch als Vitrokeranzik oder Pyroceram (USA) bezeichnet, dar. Der HerstellungsprozeB ist einschliefilich der Formgebung mit dem der Glaser identisch. Es kann aber auch von Glaspulver ausgegangen werden, das durch Pressen geformt und anschlieBend gesintert wird. Nach der Formgebung werden die Erzeugnisse einer definierten Warmebehandlung im Temperaturbereich ausreichender Keimbildung und Kristallisation unterzogen. Dabei findet eine mehr oder weniger vollstandige Umwandlung in einen kristallinen Formkorper statt, und die Eigenschaften werden dann zunehmend von der Art, der Menge und der Gro13e der gebildeten Kristalle bestimmt. Die Werkstoffe konnen transparent oder opak sein und haben gegenuber keramischen Werkstoffen den Vorteil, daB sie porenfrei sind. Die Kristallisationsprozesse sind kompliziert, und nur selten entsteht die gewunschte kristalline Phase allein. Durch die Wahl der Zusammensetzung, der Keimbildner und der Warmebehandlung konnen Werkstoffe mit besonderen Eigenschaften. wie niedrige Warmedehnung, hohe mechanische Festigkeit oder verbesserte mechanische Bearbeitbarkeit, hergestellt werden. Es ist auch moglich, die elektrischen, magnetischen oder chemischen Eigenschaften gezielt zu beeinflussen. Die moglichen Zusammensetzungen sind sehr vielfaltig. Fur einige Erzeugnisse sind in der Tabelle 6.16 die Eigenschaften angegeben. Glaskeranzikeri mit grringer Warnzeriehnring gehoren dem System Li,O-MgOA120,-Si0, an; als Keimbildner dient TiOl. Die sich bildenden wichtigsten Kristallphasen sind p-Spodumen, p-Eukryptit und Cordierit, deren thermischer Ausdehnungskoeffizient niedrig bzw. bei Eukryptit negativ ist. Durch die Wahl der Zusammensetzung und der Warmebehandlung lassen sich deshalb Werkstoffe mit schwach positiver, schwach negativer oder ohne Warmedehnung herstellen. Als Vertreter dieser Gruppe sollen Pyroceram 9606 und 9608 von Corning (USA) genannt werden. Ihre hervorragendsten Eigenschaften sind eine hohe Temperaturwechselbestandigkeit, Anwendungstemperaturen bis 700”C, eine hohe Oberflachenharte und Festigkeit und eine ausgezeichnete chemische Bestandigkeit. Als Anwendungsbeispiele sind bekannt geworden: Gehause fur Radarantennen, Flugzeugteile, Raketenspitzen, Turbinenflugel fur Kompressoren, Kolben. Astrospiegel und Herdplatten sowie warmfestes Geschirr. Die Festigkeit der Glaskeramiken hangt vor allem von der GroBe der ausgeschiedenen Kristalle ab. Sie wird gegenuber den Ausgangsglasern erhoht, wenn
6.4
241
Glaskeramik
Tabelle 6. I6 Eigenschaften von Glaskeramik-Erzeugnissen (nach [6.34] und Herstellerangaben) Einheit Technische Produkte* Dichte Ausdehnungskoeffizient E-Modul Druckfestigkeit Biegezugfestigkeit Poissonsche Zahl bezogene Schlagbiegebrucharbeit max. Anwendungstemperatur
*
g cm-3 lk7K-l
GPa MPa MPa kJm-2 c>
C
9606
2,4-5,8 2,6 -50 ... +300 56
9608
9659
Robax Zerodur
2,s 4 . . . 11
-
2,s 0
2,53
60
92 -
92 -
-
-
93 450.. ,550 9 0 . . . 130
0,24
0,24
-
75 ... 140
120
87,s
-
-
-
50 . . . 500 0,15 . . . 0.25 3...6
200 0,24
114 0,25
150 . . . 1000 400
97
~
225 0,24
0
Schlakkensitall 2,6 . . . 2.8 65 . . . 85
4,4 . . . 5,9 -
800
680
600
700
technisch erreichbare Eipenschaflen, 9606.9608 und 9659 (bearbeitbare Glaskeramik) von Corning (USA). Robax (durchsichtige Glaskeramik) und Zerodur von Schott, Mainz, Schlackensitall aus der GUS
die KristallitgroBe im Bereich < 1,um liegt. Durch die eingebrachten Phasengrenzen wird die Riaausbreitung gehemmt. GroBe Kristalle dagegen konnen die Festigkeit erheblich herabsetzen. Die Festigkeit 1aBt sich auch dann wesentlich anheben, wenn Kristallphasen ausgeschieden werden, die einen bedeutend hoheren Ausdehnungskoeffizienten als das Matrixglas haben. Dadurch wird das Matrixglas verspannt und der RiBausbreitungswiderstand erhoht (s. Abschn. 4.4.1). Hochfeste Glaskeramiken enthalten als Kristallphasen vorzugsweise extrem kleine Kristalle von Tiefquarz, Spinellen u.a., deren Ausdehnungskoeffizient etwa 100.10-7K-’ gegenuber 30 bis 40. 10-7K-’ des Grundglases betragt. Es werden Biegebruchfestigkeiten von 250 bis 300 MPa, als Spitzenwerte 500 bis 800 MPa erreicht. Die hochsten Werte erzielt man, indem die oberflachennahe Zone durch eine begiinstigte Kristallausscheidung zusatzlich noch stark druckverspannt wird. Durch die Ausscheidung regellos orientierter, leicht spaltbarer Schichtsilicate, wie fluorhaltiger Glimmer, erhalt man aus speziellen Glasern Glaskeramiken, die sich ahnlich wie Metalle durch Bohren, Drehen und Frasen mit ublichen Werkzeugen bearbeiten lassen. Dank der verschiedenen Orientierung der Kristalle und der hohen Bruchgeschwindigkeit in Schichtrichtung laufen die vom Werkzeug eingetragenen Risse nicht durch das ganze Werkstuck hindurch, sondern werden abgelenkt und erreichen schnell wieder die Oberflache. Es entstehen feine, krumelige Spane. Zur Gewahrleistung einer guten Bearbeitbarkeit sind eine gleichmaflige KristallitgroBe und ein Kristallanteil uber 40 bis 60% erforderlich.Vertreter dieser Gruppe sind Ilmavit 40 und der Corning Werkstoff 9659. Als Hauptanwendungen werden fur bearbeitbare Glaskeramiken Prazisionsbauteile fur Maschinen und Gerate, Lagerschalen und Buchsen (auch in korrosiven Medien) genannt. Z u den Glaskeramiken sind auch Werkstoffe zu zahlen, die aus metallurgischen Schlacken oder Gesteinsschmelzen (z. B. Schmelzbasalt) unter Zusatz von Mineralisatoren durch gesteuerte Kristallisation hergestellt werden. Vor allem in der GUS sind sie unter dem Begriff Schlackensitall bekannt und werden wegen der hervorragenden chemischen Bestandigkeit und Abriebfestigkeit fur die Auskleidung von Behaltern, in Rohrleitungen, Kanalen und fur FuBboden in der chemischen Industrie und im Bauwesen eingesetzt.
242
6
Wcrkstoffe fur hohc Temperaturcn
6.5 Hochtemperatur-Schutzschichten In einer Reihe von Fallen bestcht die Notwendigkeit. warmfeste. aber weniger oxidationsbestandige metallische Werkstoffe mit Hilfe von Oberflachenschichten vor Verzunderung zu schutzen und so die Lebensdauer der daraus hergestellten Bauteile zu erhohen. Aber auch andere Werkstoffe konnen durch Schutzschichten in ihrem Verhalten bei hohen Temperaturen verbessert oder uberhaupt erst - wenn die Zunderbestandigkeit im Vordergrund steht - fur Hochtemperaturzwecke eingesetzt werden. Derartige Schutzschichten mussen thermisch bestandig und moglichst dicht sein, damit Sauerstoff und andere Gase oder Diimpfe nicht an das Grundmetall gclangen konnen. AuRerdem werden ausreichende Haftfestigkeit und gute Temperaturwechselbestandigkeit gefordert. Hierzu mu13 die Schicht in der Warmedchnung an den Grundwerkstoff angepaRt sein. A Is Sch ich t st offe komme n met a I1 i sche M ate ri a I i e n , Hartst off e u n d H artst of fgemische, kristalline Oxide und Oxidverbindungen sowie vor allem Emails in Frage [6.10].
6.5.1 Metallische Schutzschichten Ein verbreitetes Verfahren zum Schutz von Mctallen, insbesondere von Stahl, vor Oxidation ist die Aluminiumbeschichtung. Die Al-Schicht wird durch Feueraluminicren, Aufspritzen oder Aufdampfen aufgebracht (s. a. Abschn. 7.9.3). Die sich auf der Schichtoberflache bildende Al,O,-Haut bringt eine Zunderbestandigkeit bis etwa 800°C. Schalldampfer fur PKW, Paletten zum Gluhen von Metallteilcn, Teile von Elektrowarmegeraten. Blechschornsteine und viele andere Erzeugnisse lassen sich damit wirkungsvoll schutzen. Bedeutung habcn auch auf Stahl erzeugte Chromdiffusionsschichten, die bis etwa 800 "C Schutz bieten (Chromieren. s. a. Abschn. 8.2.4). Die Wirkung ist um so besser. i e hiiher der Kohlenstoffgehalt des Stahles ist. Fur legierte Stahle werden Diffusionsschichten mit AI-Ni. A1-Fc, Cr-Al-Ti oder A1 (Alitirrrri) empfohlen. Zur Verminderung der Heifigaskorrosion in Gasturbinen haben sowohl Diffusionsschichten als auch Auflageschichten Bedeutung erlangt. Chromier- bzw. Alitierschichten werden dabei meist im Pulverpackverfahren, Auflageschichten vom Typ MCrAlY durch Plasmaspritzen oder mittcls PVD-Verfahren aufgebracht.
6.5.2 Hochtemperaturemails Silicatische Glaser sind fur Gase bei Raumtemperatur undurchlassig. Bei hoheren Temperaturcn und sinkender Viskositat mu13 allerdings mit einer gewissen Durchlassigkeit gerechnet werden. Aus diesem Grunde lassen sich herkommliche Emails (s. Abschn. 7.16.1). die bei 830°C eingebrannt werden. zum Oxidationsschutz von Stahlblech bis zu Einsatztemperaturen von hochstens 450°C benutzen. Fur einen wirksamen Oxidations- und Korrosionsschutz der Stahloberflache bei Arbeitstemperaturen > 500°C mussen spezielle HochremperarziremLii1.s aufgebracht werden. Ihnen werden aul3er SiOz noch andere hochschmelzende Sub-
6.5
Hochtemperatur-Schutzschichten
243
stanzen, wie A1,0,, Z r 0 2 , Cr,O,, TiO, oder die Minerale Zircon, Mullit oder Chromit in unterschiedlichen Mengen zugemahlen [6.10]. Ein verringerter Alkaligehalt bei erhohtem BaO-Gehalt verbessert den Oxidationsschutz. Cr,O3Zusatz verbessert die Temperaturwechselbestandigkeit des Uberzugs und verringert die Verdampfung bestimmter Bestandteile bei hohen Temperaturen. Die Schichten werden meist in Dicken von 50 bis 100pm aufgetragen und bei 1000 bis 1100°C eingebrannt. Auch glaskristalline Emails (s. Abschn. 7.16.1), deren Zusammensetzung so gewahlt wird, daB sich wahrend einer langeren Temperung unterhalb der Einbrenntemperatur Kristallite ausscheiden, sind zum Hochtemperaturschutz geeignet, da sie erst bei 800°C erweichen. Sie zeigen gleichzeitig noch den Vorteil groBerer Abriebfestigkeit. Hochtemperaturemails haben sich fur stehende Bauteile in Gasturbinen und Strahltriebwerken, fur den Schutz von Abgasleitungen, Heizkorpern und Ofenteilen oder fur Brennkammern und Rekuperatoren von Hochtemperaturofen gut bewahrt. Der Einsatz in Auspuffelementen von Kraftfahrzeugen hat sich infolge der Temperaturwechsel- und Schwingungsbelastung der sproden Emailschicht nicht allgemein durchgesetzt.
6.5.3 Keramische Schutzschichten Fur das Aufspritzen keramischer Schichten finden vor allem die Oxide A1,0,, ZrO,, ZrSiO,, MgA1,0,, Cr,O, und SiO,, aber auch Carbide, Boride, Silicide, Nitride und Silicate Anwendung. Bei dem am meisten angewendeten Verfahren, dem Flammspritzen werden die kontinuierlich einem Sauerstoff- Acetylen-Brenner zugefuhrten pulver-, draht- oder stabformigen Spritzmaterialien geschmolzen und auf die zu schutzende Oberflache geschleudert. Die maximal erzielbaren Temperaturen liegen bei 3200 "C.Beim aufwendigeren Plasmaspritzen hingegen werden miihelos Temperaturen von SO00 bis 8000°C erreicht, die auch fur das Spritzen hochschmelzender Stoffe, wie Zirconiumdioxid oder Wolframcarbid, ausreichend sind. Die Teilchen treffen im flussigen bis plastischen Zustand mit Geschwindigkeiten von 60 bis 250 ms-1 auf die Werkstoffoberflache auf, wo sie schnell erstarren. Um mit dem Flammspritzen abdichtende Uberzuge zu erhalten, mussen meist niedrigschmelzende Stoffe zugesetzt werden, die zum Teil glasig erstarren. Mit dem Plasmaspritzverfahren lassen sich jedoch unter geeigneten technologischen Bedingungen auch bei einem Korundspritzauftrag Porositaten von Null erzielen [6.11]. Die Haftfestigkeit plasmagespritzter Al2O3-Uberzuge liegt bei 30 bis 100 MPa. Sie kann durch Aufrauhen des Grundwerkstoffs (Sandstrahlen) oder Vorspritzen mit einem leicht anlegierenden Material, z. B. einer Cr-Ni-Legierung, noch verbessert werden. Oxidkeramische Spritzschichten weisen wegen ihrer niedrigen Warmeleitfahigkeit und ihres hohen Reflexionsvermogens fur Warmestrahlung gute Warmedammeigenschaften auf, wodurch auch noch porose Deckschichten die Verzunderungsneigung des Tragermetalls herabsetzen. Vorteilhaft sind auBerdem die thermische und chemische Bestandigkeit sowie die beachtliche Harte, auf Grund der die oxidkeramischen Uberzuge auch in Verbindung mit einer VerschleiBbeanspruchung Verwendung finden (s. a. Abschn. 8.2.4). Keramische Spritzschichten werden vor allem im Triebwerkbau bei Raketen und Flugzeugen sowie bei Brennern, Pyrometerrohren und Induktionsspulen im
244
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
Industrieofenbau zum Schutz der metallischen Tragerwerkstoffe eingesetzt. Sie werden auBerdem zum Oxidationsschutz von Sic-Erzeugnissen, die mit einem glasgebundenen Si-Sic-Uberzug beschichtet werden, und von Graphitelektroden fur die Aluminiumelektrolyse, wo A1,03-Schichten den Abbrand verringern, herangezogen.
6.6 Feuerfeste Werkstoffe Feuerfeste Werkstoffe werden in der Technik uberall dort benotigt, wo Iangere Zeit Temperaturen uber 1000°C auftreten und metallische Werkstoffe versagen oder zu teuer waren. Sie bestehen vorwiegend aus Oxiden, die entweder aus kunstlichen Rohstoffen hergestellte Einstoffsysteme darstellen oder aus naturlichen Rohstoffen erzeugt werden und mehr oder weniger verunreinigt sind (feuerfeste Baustoffe). Es gibt jedoch auch feuerfeste Werkstoffe auf der Basis von Carbiden (Sic) und Nitriden. Feuerfeste Werkstoffe werden vorwiegend eingesetzt in Feuerungs- und Dampferzeugeranlagen, in Gaserzeugern, als Feuer- und Brandschutzkonstruktionen in Schiffen, in Gluh- und Induktionsschmelzofen, in Ofen der Metallurgie und Silicatindustrie, als Tiegelmaterial zum Schmelzen von Metallen und Glasern sowie zum Schutz von Thermoelementen und als Trager und Isoliermaterial von elektrischen Heizelementen. Feuerfest ist ein Werkstoff definitionsgemal3 dann, wenn unter festgelegten Versuchsbedingungen sein Segerkegel-Fallpunkt mindestens bei 1 500 " C liegt. Als hochfeuerfest bezeichnet man Werkstoffe mit einem Segerkegelfallpunkt 2 1800°C. Die Falltemperatur darf nicht mit der maximalen Verwendungstemperatur des feuerfesten Werkstoffes, der im Einsatz meist unter Belastung steht und nicht deformieren darf, gleichgesetzt werden. Die Kenntnis des Erweichungsverhaltens der feuerfesten Werkstoffe unter Belastung ist daher von ausschlaggebender Bedeutung fur deren richtigen Einsatz. 6.6.1 Werkstoffverhalten und -beurteilung An der Verformung keramischer Werkstoffe bei hohen Temperaturen sind meist mehrere Vorgange beteiligt. Bei oxidischen, einphasigen polykristallinen Werkstoffen treten bei hohen Temperaturen, niedrigen Belastungen und kleinen Korngroljen meist Diffusion (Volumendiffusion, Nabarro-Herring-Kriechen) und Korngrenzengleiten auf, wahrend bei niedrigeren Temperaturen, hoheren Spannungen und groberem Korn Versetzungsbewegungen und Korngrenzengleiten beobachtet werden. Die Verformungsgeschwindigkeit hangt von den Einsatzbedingungen, den wirkenden Kraften und der Zusammensetzung des Werkstoffes sowie seiner KorngroBe und Porositat ab. Poren bedingen eine inhomogene Spannungsverteilung im Gefuge, verursachen ortliche Spannungsspitzen und erhohen dadurch die Verformungsgeschwindigkeit (Bild 6.21). Fur keramische Werkstoffe, die aus mehreren Phasen bestehen, kommen weitere, zur Deformation beitragende Vorgange in Betracht. Bei den technisch interessierenden feuerfesten Baustoffen erweicht bei hoheren Temperaturen die in mehr oder weniger grol3en Anteilen vorhandene amorphe Phase (Glasphase) allmahlich (Schamottesteine z. B. haben bei Raumtemperatur 30 bis 60% Glas-
6.6
100
Feuerfeste Werkstoffe
245
lo-'
MPa
8 i
s
70
3
* .P
P
7
Bild 6.21 EinfluR der Porositat auf das Kriechen von polykristallinem A1,03 (nach W D . Kingery)
phase, Silicasteine dagegen nur wenige Prozente), oder es schmelzen weniger feuerfeste Verbindungen, beispielsweise im Magnesitstein. Schmelzphasen, deren Menge durch Losung noch zunehmen kann und deren Viskositat mit steigender Temperatur sinkt, beeinflussen das Verformungsverhalten der mehrphasigen Werkstoffe in vielen Fallen marjgeblich. Zur Orientierung sind in Tabelle 6.17 fur einige feuerfeste Werkstoffe Kriechgeschwindigkeifen zusammengestellt. Zur Beschreibung des Verformungsverhaltens der feuerfesten Baustoffe unter Belastung wird die Druckfeuerbestandigkeit (DFB) ermittelt. Dabei werden zylindrische Prufkorper zwischen Graphitstempeln mit 0,2 MPa belastet. Die
Tabelle 6.17 Kriechgeschwindigkeit feuerfester Materialien unter Biegebeanspruchung (nach W D . Kingery u.a.) Material
Ternperatur "C
Beanspruchung MPa
Kriechgeschwindigkeit 1@2% h-'
A W 3 (10 m )
1600 1700 1800
0,6 0,6
8 30 87
A W 3 (120 pm)
1700
0,6
06
Sic
2000
38,O
2.50
MgO
1500
20,o
64
Silica
14.50
0s
0,03.. .10
Schamotte
1300 1350
0,s 0s
20 ...160 120 ...1 ooo
Magnesit
14.50
OS
0,3.. .2,5
Oh
6
246
mmlo
Werkstoffe fur h o h e T e m p e r a t u r e n
1
Ternpemfur Bild 6.22 Druckerwrichungskurven einiger feuerfester Baustoffe
Deformation der Prufkorper wird in Abhangigkeit von der Temperatur gemessen (Bild 6.22). Zur Charakterisierung des Werkstoffes werden den Kurven verschiedene kennzeichnende Temperaturen entnommen: To.,, bei der der Prufkorper um 0,6 % vom Punkt groBter Ausdehnung zusammengedruckt ist. T7,),bei der eine Stauchung von 20 % vorliegt. Die fur feuerfeste Baustoffe zulassige Einsatztemperatur ist nicht mit der Temperatur T,,,, identisch, denn meist werden Steine im Mauerwerk nur einseitig temperaturbeansprucht, so daR durchaus hohere Temperaturen zulassig sind. Andererseits bleibt man bei Teilen von Konstruktionen, an denen keine Verformungen auftreten durfen. sicherheitshalber unter To,, AuBerdem hangt die zulassige Einsatztemperatur in hohem MaRe vom chemischen Angriff ab. der in jedem Fall mit berucksichtigt werden muB. Um den EinfluB der Zeit auf das Verformungsgeschehen reproduzierbar zu erfassen, wird verstarkt das Dritck,fliefien (DF) zur Bewertung feuerfester Baustoffe eingesetzt. Dabei wird ein zylindrischer Probekorper konstant mit 0,2 MPa belastet, bis zur Pruftemperatur aufgeheizt und die Hohenanderung wahrend 24 h bestimmt. Da feuerfestc Werkstoffe nicht auf Zug belastet werden sollen, wird die Zugfestigkeit nur in Ausnahmefallen ermittelt. Zur Charakterisierung der Bindematrix und dem EinfluB des Gefiiges (Porositat, Kornform und -groBe) bestimmt man die Hei~~hiegefestigkeit an prismatischen Prufkorpern unter 3-Punkt-Belastung. Die Kaltririickfi.stiRkeit (KDF) feuerfester Materialien wird stark von der Textur und dem Porenanteil des Gefuges beeinfluRt. Mit steigender Menge an Glasphase wird die Festigkeit in der Regel erhoht. Die ublicherweise erzielten Druckfestigkeiten (Tab. 6.18) reichen fur den Einsatz im Ofenbau vollig aus. Eine Festigkeit von mindestens 3 MPa ist erforderlich, um Verluste beim Transport zu vermeiden. AuBerdem ist die Kaltdruckfestigkeit in gewissem Umfang auch ein MaB fur die Abriehfestigkeit, die beispielsweise dann von Bedeutung ist,
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
247
Tabelle 6.18 Eigenschaften einiger feuerfester Werkstoffe (nach [6.14], [6.15] und [6.16]) Kaltdruckfestigkeit MPa
..so
E-Modul GPa
Rohdichte gcm-3 13 , ..2.2 1.8...2.4 2.4.. .3,2 2.8.. 3.3
Silicastein Schamottestein hochtonerdehaltige Steine Magnesiasteine Magnesia-Chrornerzsteine feuerfeste Warmedammsteine
15. 12 . . .60 30.. .80 SO.. ,100 30.. .70 2.. .15
11 . . .25 24 ...50 30 ..A0 110...140 56 ...61
A1201
1960...3000 780.. ,1600 510 ...630 480. .,600
240 ...410 270.. ,340 175 ...300 240.. ,440
ZrOz S&N4 Sic
6...9
3,o.. .3,3 0.6.. .I .4 3.3.. .3,Y 2.1 . ..3,2 2.6.. 3.2
wenn feuerfeste Steine zur Auskleidung eines Drehrohr- oder StoBofens dienen sollen. In erster Naherung gehen mechanische Festigkeit und Abriebfestigkeit bis etwa 1000°C konform. Daruber verringert sich die Heinabriebfestigkeit rnit steigender Menge an Glasphase. Die Druckfestigkeiten der nach der feinkeramischen Technologie hergestellten feuerfesten Oxide und Verbindungen liegen auf Grund der Feinkornigkeit und des geringen Porenanteils dieser Werkstoffe wesentlich hoher (s. Tab. 6.18). Zur Charakterisierung der mechanischen Festigkeit wird hier die Biegefestigkeit meist stranggepreker, runder Stabe benutzt. In vielen Fallen haben die feuerfesten Werkstoffe die Aufgabe, Reaktionsraume mit hohen Temperaturen nach auBen abzuschirmen oder umgekehrt Warme vom Heizmedium ins Ofeninnere zu ubertragen, z. B. bei Muffelofen. Um den warmetechnisch gunstigsten Werkstoff auswahlen zu konnen, muB deshalb das Warmeleitvermogen bekannt sein. Die Warmeleitfahigkeit der oxidischen Werkstoffe ist geringer als die der Metalle, da auf Grund der Kovalenz- oder Ionenbindung keine Elektronen zum Warmetransport zur Verfugung stehen. Die Warmeleitung erfolgt durch die gegenseitige Beeinflussung anharmonisch schwingender Gitterbausteine. Die Warmeleitfahigkeit oxidischer Werkstoffe nimmt deshalb in der Regel rnit steigender Temperatur ab (Bild 6.23). Fur Glaser und Kieselglas wird auf Grund der fehlenden Fernordnung ihrer Struktur die Temperaturabhangigkeit der Warmeleitfahigkeit nur durch die spezifische Warme bestimmt, so daR die Warmeleitfahigkeit rnit der Temperatur zunimmt. Dieses Verhalten kommt auch bei feuerfesten Werkstoffen rnit Glasphase, je nach deren Anteil, mehr oder weniger zum Ausdruck. Erzeugnisse rnit vielen und groBen Poren, z. B. Feuerleichtsteine, zeigen einen Anstieg der Warmeleitfahigkeit, der durch die Beteiligung der Porenwande am Strahlungsaustausch hervorgerufen wird. Die Warmedehnung feuerfester Baustoffe hat beim Ofenbau grol3e Bedeutung. Das Wachsen des Mauerwerks mu6 durch Dehnungsfugen abgefangen und damit verhindert werden, daB infolge zu hoher Spannungen Schaden auftreten. AuBerdem nimmt die Warmedehnung EinfluB auf die Temperaturwechselfestigkeit der keramischen Werkstoffe. Die Warmedehnung ist in der Regel reversibel und stetig (Bild 6.24); quarzhaltige Werkstoffe, wie der Silicastein,
6
248
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
Q7
0 ZOO 400 600 800 1000 I200
OC
7600
r'ernperatur
Bild 6.23 Warmeleitfahigkeit feuerfester Baustoffe in Abhangigkeit von der Temperatur
75
%
I.4
7.3
72 1,7 1.0 0.9
!$
oa
3
0.'
.E
46
i"
05
0.4
$ 0.3 0.2
07
0
ZW
Coo
600
dl00
Ternpemtur
7000
7200
7WOoc 7600
Bild 6.24 Warmedehnung feuerfester Baustoffe
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
249
bilden Ausnahmen. Irreversible Warmedehnungen, d. h. Effekte des Nachschwindens oder Nachwachsens sind unerwunscht. Die mittlere lineare Warmedehnung der feuerfesten Baustoffe liegt im Bereich von 20 bis 1200°C zwischen 0,5 und 1,7 % ; das entspricht einem Ausdehnungskoeffizienten von 40. bis 140 . 10-7 K-1. Quarzreiche Schamottesteine und Silicasteine zeigen bei 230 " C und 570 "C sprunghafte Anderungen in ihrer thermischen Dehnung, die durch Umwandlungen der enthaltenen Si02-Modifikationen (s. Abschn. 6.6.2.1) hervorgerufen werden. Sie sind daher in diesem Temperaturbereich gegenuber schroffen Temperaturwechseln besonders gefahrdet. Die Temperaturwechselbestandigkeit(TWB) ist eine wichtige Eigenschaft feuerfester Erzeugnisse. Aufheizen und Abkuhlen oder Temperaturschwankungen wahrend des Betriebes fuhren zu Temperaturunterschieden zwischen der Oberflache und dem Innern des Materials, die infolge der Warmedehnung Spannungen verursachen. Beim allseitigen Abkuhlen eines Korpers entstehen beispielsweise Zugspannungen entlang der Oberflache, wahrend die Mitte unter Druck steht. Solche Warmespannungen lockern oder zerstoren das Gefuge, und es entstehen Risse oder Abplatzungen, wenn sie die Festigkeit des Materials uberschreiten. Ein Spannungsabbau uber FlieI3en ist nur bei hohen Einsatztemperaturen moglich, z. B. oberhalb der Transformationstemperatur der Glasphase (s. Abschn. 6.3.1) eines Schamottesteins, die bei etwa 950°C liegt. Bei niedrigeren Temperaturen verhalten sich die feuerfesten Materialien sprode; sie sind deshalb unter 900 bis 1100 " C gegen Temperaturwechsel empfindlich. In Tabelle 6.19 sind einige Angaben zur TWB von feuerfesten Baustoffen gemacht. Silicasteine sind bei 200°C sehr empfindlich und halten hochstens 1 bis 2 Abschreckungen in Wasser aus, wahrend sie sich oberhalb 600°C als nahezu unempfindlich gegenuber schroffen Temperaturwechseln zeigen. Die Ursache liegt im Warmedehnungsverhalten (s. Bild 6.24) dieses Werkstoffes begrundet. Tabelle 6.19 Temperaturwechselfestigkeit feuerfester Baustoffe nach dem Norrnalsteinverfahren Zahl der Abschreckungen Silicastein Schamottestein Korund-Schamottesteine Mullit-Schamottesteine Magnesiasteine Siliciumcarbidsteine
1 ... 2 10 . . . 50 7 . . . 10
10 . . . 25 1 ... 5 > 30
Magnesitsteine zeigen, da sie ein starres Gefuge aufweisen, eine schlechte TWB. Sie kann dadurch verbessert werden, daI3 A1,0, zugegeben wird und beim Brand Spinell (Mg0.A1203) entsteht. Siliciumcarbidsteine sind wegen ihrer groBen Warmeleitfahigkeit besonders temperaturwechselfest. Sinterkorund ist trotz seiner hohen mechanischen Festigkeit gegen Temperaturwechsel empfindlich, da sein Ausdehnungskoeffizient grol3 (s. Tab. 6.24) und das Gefuge feinkornig und dicht sind, so daI3 auftretende Risse sofort den Korper durchlaufen und zur Zerstorung fuhren. Die Zerstorung feuerfester Baustoffe geschieht in den meisten Fallen uber den Angriff von Schmelzflussen, wie Schlacken-, Salz- und Glasschmelzen (Ver-
250
6
Werkstoffe fur h o h e T e m p e r a t u r e n
schlackung) oder durch Flugaschen. Das AusmaB der Reaktionen wird um so geringer sein, je ahnlicher die chemische Zusammensetzung von Feuerfestmaterial und SchmelzfluB sind, da dann die chemische Potentialdifferenz gegen Null geht. Daher gilt als Faustregel, daB bei sauren Schlacken saure Baustoffe und bei basischen Schlacken basische Baustoffe zu verwenden sind. Der saure oder basische Charakter des Materials ist durch seine oxidische Zusammensetzung gegeben und kann nach dem Verhalten der Oxide (Tab. 6.20) bestimmt werden. Tdbelle 6.20 Verhalten einiger Oxide
basisch Na20 K20 MgO CaO
Fe 0 MnO PbO
amnhoter
saucr
AI2O; Fc,O, Cr,O,
SiO,
B20,
Allgemeingultige GesetzmaBigkeiten zur Bestandigkeit gegenuber Schmelzflussen und Aschen lassen sich wegen der Kompliziertheit der Vorgange, der Vielfalt der Angriffsmedien und Steineigenheiten nicht aufstellen. Die Bestandigkeit mu8 daher in jedem Fall experimentell bestimmt werden. Dazu dient die TicTgelrnerhode, bei der eine Bohrung im feuerfesten Material mit Asche, Schlackenoder Glasschmelze gefullt und 2 Stunden der entsprechenden Versuchstemperatur ausgesetzt wird. Nach dem Abkuhlen werden die Proben getrennt und die Korrosions- und Trankungsflachen ermittelt (Bild 6.25). Bei dem Stabtest wird ein aus dem Werkstoff ausgeschnittener Stab in einer Schmelze oder Schlacke geruhrt und ahnlich bewertet. Bei der Ubertragung der Ergebnisse dieser Prufmethoden auf die praktischen Verhaltnisse ist jedoch Vorsicht geboten. Sichere Ergebnisse erhalt man nur im GroRversuch, z. B. durch Einbau verschiedener Steinqualitaten an unterschiedlich beanspruchten Stellen des Ofens.
Bild 6.25 Korrosions- und Triinkungszonc nach Schlackcnanpriff ( S k i u e )
Da die Ofen oft aus verschiedenartigen Steinmaterialien hergestellt werden, sind des weiteren bei hohen Temperaturen mogliche Kontaktreaktionen in Betracht zu ziehen (Bild 6.26), die vor allen Dingen dann verheerende AusmaRe annehmen konnen. wenn sich an den Beruhrungsflachen eutektische Schmelzen bilden. So durfen z. B. Schamottesteine nicht direkt mit Magnesitsteinen vermauert werden, da der Schmelzpunkt des am niedrigsten schmelzenden Eutektikums im System A1,0,-Mg0-Si02 bei 1345°C liegt und ab 1400°C starkere zerstorende Reaktionen auftreten.
6.6 430
7 2 3
UgO Omen
7
2
3
2s 1
Feuerfeste Werkstoffe
Hodrmnerdeholtig 1 2 3
SlicO
Sdromottc
1
2
3
1 2 3 .
-
MgO Enmgnism
Schomotte Erzeugniw
0
keine Reaktion
1
1500°C
geringe Reaktion
-7
1600°C
E
maRige Reaktion
3
1700°C
1
zerstorende Reaktion
3+
1650°C
total zerstorende Reaktion Bild 6.26 Reaktionen zwischen verschiedenen feuerfesten Baustoffen in oxidierender Atmosphare (nach [6.14])
6.6.2 Feuerfeste Baustoffe Zu den feuerfesten Baustoffen zahlen alle feuerfesten Materialien, die in der Eisen- und Stahlindustrie, in Kraftwerken, Kokereien und Gaserzeugungsanlagen, in der metallverarbeitenden Industrie, in Anlagen zur Mullverbrennung sowie in der Keramik-, Glas- und Zementindustrie als Ofenbaustoffe verwendet werden. Sie schlieBen alle Steinformate wie auch Gemenge und Massen ein. Ihre Qualitat und Haltbarkeit beeinflussen in starkem MaBe die Technologie und die Leistung der Aggregate sowie vielfach auch den Gebrauchswert der darin erzeugten Produkte. Feuerfeste Steine werden vorwiegend grobkeramisch gefertigt, d. h., grobere Korner zwischen 0,s und S mm KorngroBe werden, meist unter Zusatz eines Bindemittels, geformt und gebrannt. Die zerkleinerten Hartbestandteile, wie Rohschamotte, Sintermagnesit oder Quarzit, werden mit Bindeton oder einem anderen geeigneten Bindemittel in einem bestimmten Verhaltnis gemischt, um eine gewunschte Packungsdichte und damit Struktur des gebrannten Scherbens zu gewahrleisten.
252
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
Die Formgebung der Massen geschieht durch Trockenpressen in Stahlmatrizen (Feuchtigkeitsgehalt 4 bis 8 Yo),durch plastische Formgebung (15 bis 25 Yo Wassergehalt) auf Schneckenpressen oder von Hand sowie, aber seltener, durch GieBen einer Suspension in Gipsformen. Fur grol3e Stuckzahlen und einfache prismatische Formate wird in groaem MaBe das Trockenpressen eingesetzt. Es verbessert die MaBhaltigkeit der Erzeugnisse, da infolge des kleineren Anteiles an Bindemittel (bei Schamottemassen z. B. 15 bis 25 % gegenuber 40 bis 50 YO Ton fur die plastische Formgebung) und geringeren Wassergehaltes die Trockenund Brennschwindung niedriger liegen. Die spezifischen PreBdrucke betragen 30 bis 100 MPa. Zunehmender PreBdruck vermindert die Porositat (auf minimal 14 bis 18 YO)der gebrannten feuerfesten Erzeugnisse und erhoht deren Kaltdruckfestigkeit sowie den Verschlackungswiderstand. Dem Trocknen der Rohlinge, bei dem das Anmachewasser entfernt wird, folgt das Brennen, das vorwiegend in Tunnelofen geschieht. Dabei werden zuerst die fluchtigen Bestandteile, wie Kristallwasser oder C 0 2 , ausgetrieben und danach die Formkorper durch Sintern verdichtet und verfestigt. Das Sintern verlauft meist unter Anwesenheit einer Schmelzphase. Je nach der chemischen Zusammensetzung des Systems lost die Schmelze mehr oder weniger kristalline Phase auf oder bildet neue Verbindungen, die sich ausscheiden. Damit konnen uber die Brenntemperatur und -dauer die physikalischen Eigenschaften und die Phasenzusammensetzung des Endproduktes beeinflufit werden. In manchen Fallen werden Formlinge auch ungebrannt verwendet. Sie mussen jedoch eine genugende Grunfestigkeit aufweisen, die z. B. durch eine besondere chemische Bindung erreicht wird, und durfen beim Einsatz nur wenig schwinden. Dichte AI,03- und Zr0,-haltige Steine konnen auch uber das Schmelzen im Lichtbogenofen und GieBen in Graphitformen hergestellt werden. Der Einsatz von ungeformfen feuerfesren Baitstoffen nirnrnt an Bedeutung immer mehr zu. Sie bestehen aus kornigen feuerfesten Rohstoffen rnit definiertem Kornaufbau und Bindemittel und werden durch Stampfen, Spritzen oder Schleudern weiterverarbeitet.
6.6.2.1 Silicaerzeugnisse
Silicasteine bestehen uberwiegend aus SiO, (92 bis 98 YO),das in mehreren Modifikationen auftritt und damit die Herstellung und Eigenschaften des Materials entscheidend beeinfluat. SiO, kommt in der Natur meist als Tiefquarz (PQuarz) vor, der bei 573 " C unter sprunghafter Volurnenzunahme in die hexagonale Hochtemperaturform (a-Quarz) umwandelt. Bei weiterem nicht zu schnellem Erhitzen geht diese in den a-Cristobalit uber (Bild 6.27). Diese Urnwandlung ist mit einer 15 %igen Volumenzunahme verbunden. Sie verlauft trager, und ihre Temperatur hangt von der KorngroBe des Quarzes ab (Quarzsande wandeln oberhalb 1400"C, auf < 10pm gernahlener Quarz bereits bei 1000°C um). Bei 1723"C schliealich schmilzt der a-Cristobalit. Wird die Schmelze abgekuhlt, so erstarrt sie stets als Kieselglas, das aber durch Tempern oberhalb 1200°C unter Bildung von a-Cristobalit zur Entglasung gebracht werden kann. Im Verlaufe einer nachfolgenden Abkuhlung wandelt dieser dann entweder bei 230°C spontan unter Volumenkontraktion (rund 2,8 Yo) in den p-Cristobalit (Dichte 2,33 gcm-3) oder bei Iangerem Verweilen im Gebiet von 870 bis 1470°C in eine neue Phase, den a-Tridymit, um. Letzterer ist in diesem Temperaturbereich
\
573°C 4.8 '10 Volumenanderung
zunahme
5.3 Yo Volumenandcrung
Volumenanderung
Bild 6.27 Modifikationen der Kieselsaure. Die Volumenanderungen gelten von der Raumtemperatur bis zur jeweiligen Umwandlungstemperatur
stabil, so dafi Silicasteine, die lange Zeit bei solchen Temperaturen in Betrieb waren, tridymitisiert sind. Vom Tridymit sind drei Modifikationen bekannt, die alle spontan und reversibel umwandeln, wahrend die Umwandlungen von Quarz, Tridymit und Cristobalit untereinander nur teilweise reversibel sind und langsam verlaufen. Silicasteine werden aus Quarziten hergestellt. Der Brennvorgang (bis > 1450 "C) wird so ausgefuhrt, daf3 sich aus dem PQuarz a-Cristobalit bildet, der beim Abkuhlen in PCristobalit ubergeht. Der Stein erfahrt beim Brand eine Volumenzunahme von 14,3 YO. Silicasteine, die nach dem Brand unvollstandig umgewandelt sind und noch Quarz enthalten, wachsen im Betrieb durch Bildung von Cristobalit nach und konnen das Mauenverk zerstoren. Deshalb soll fur die Verwendung als Koksofenstein kein und als Gewolbestein nur wenig freier Quarz enthalten sein. Silicasteine werden wegen ihrer sehr guten Feuerfestigkeit verwendet. Ihre Farbe ist weifi bis elfenbeinweifi mit braunen Flecken. Charakteristisch ist die hohe Druckfeuerbestandigkeit bis kurz uber den Schmelzpunkt (Bild 6.22). Die Hohe des T,,.,-Wertes hangt im wesentlichen vom Al,O,-Gehalt der Rohstoffe ab. Er soll fur hochwertige Erzeugnisse weniger als 1 YObetragen und fur Spitzenqualitaten unter 0,5% (bei gleichzeitigem Alkaligehalt < 0,3%) liegen, da sich im System SiO2-CaO-Al2O3bei 1165" C bzw. 1345 " C ternare eutektische SchmelZen bilden. Die Temperaturwechselbestandigkeit des Silicasteins ist bis etwa 300°C schlecht, wegen der Pa-Umwandlung des Cristobalits, die mit einer sprunghaften Volumenanderung von 2,8 % verbunden ist. Oberhalb 700°C dehnt sich das Silicamaterial fast nicht mehr aus, so daf3 die TWB vorzuglich ist. Der Silicastein hat sauren Charakter, d. h., er darf nicht dort eingesetzt werden, wo er mit basischen Schlacken oder Schmelzen in Beruhrung kommt. Das gilt besonders fur den Angriff von Soda, Alkalidampfen oder eisen- und kalkreichen
254
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
Schlacken. wahrend Alkalisilicatschmelzen (Glaser) nur wenig angreifen. I n die offenen Poren des Silicasteins konnen dunnflussige Schmelzen leicht eindringcn. Man verwendet ihn deshalb vor allem beim Bau von Gewolben. z. B. in Glasschmelzwannen. Auch die Kammerwande der Koksofen werden mit Silicasteinen zugestellt, da sie keine Nachschwindung zeigen und die Wande somit ri13frei und gasdicht bleiben. In Tabelle 6.21 sind wichtige Eigenschaftswerte von Silicasteinen zusammengcstellt. Der CaO-Gehalt ist fur die mechanische Festigkeit der Steine erforderlich. T:thcllc 6.2 1 Eigenschaften von Silicasteinen
Zusammensctzung SiO, (min.) A1,O; ( m a s . ) CaO ( m a s . ) Alkalien ( m a s . ) T,,.,,mind. R o hdic h t e o l l e ne Porositiit Kaltdrucklestigkeit
Yo % %
Yo 'I
C
g em-; Yo
MPa
fur Glaswannen
fur Koks(it'en
95 0.9
93 2 .o 3.0
2.5 0.2 I 690 2.37 22 30
1 640 2.39 24 25
6.6.2.2 Schamotteerzeugnisse
Von den feuerfesten Erzeugnissen haben die Schumotteerzeugnisse die gr6Bte Verbreitung. Sie machen etwa 60 YOder Gesamtmenge der Feuerfestmaterialien aus und werden in Ofen der Metallurgie und der Metallverarbeitung, der Keramik-. Glas- und Bindebaustoffindustrie, im Gitterwerk von Regeneratoren und als Hintermauerstein fur VerschleiBzonen in Kesselanlagen und als billigstes Produkt in Hausbrandofen verwendet. Nur an Stellen hoher Beanspruchung werden Silicasteine, hochtonerdehaltige oder basische Steine eingesetzt. Schamotte wird unter Verwendung roher und gebrannter feuerfester Tone hergestellt. Schamotteerzeugnisse konnen je nach Rohstoffbasis und Herstellungstechnologie in ihren Eigenschaften stark voneinander abweichen. Hauptbestandteil der meisten Feuerfesttone ist der Kaolinit (46,6% SiO?,39,5% AIZ03,13,9% HzO). Alle anderen Tonminerale weisen niedrigere A120,-Gehalte auf. Die fur die Herstellung von Schamotte in Betracht kommenden Feuerfesttone sollen einen hohen Al,O,-Anteil bei moglichst niedrigem Alkali- und Erdalkaligehalt haben. Ihre Zusammensetzung betragt etwa: 32 bis 38% Alz03, 1 bis 3% Fe,Oi, 0,s bis 2% TiO,, 0,2 bis 0,8% CaO, 0,l bis 0,8% MgO, 0,s bis 2 "/o Alkalien, Rest SO2.Es werden jedoch zum Teil auch Magertone mit geringem Al,O&ehalt, z. B. nur 17 %, verwendet, die bis zu 75% S i 0 2 enthalten. Auch Kaoline werden nach Aufbereitung verwendet und sind geringer verunreinigt als Tone. Sie brennen daher wein. Wegen ihrer KorngroBe von etwa 2 bis 5 pm gegenuber < 0.5 pm bei Tonen sind Kaoline jedoch weniger plastisch und erfordern hohere Sintertemperaturen. Deshalb und auch aus Preisgrunden werden sie zur Produktion von Sonderqualitaten eingesetzt. Beim Erhitzen der Tone tritt bei 500 bis 700°C das Kristallwasser aus, und es entsteht durch den Zusammenbruch des Kaolinitgitters der sehr reaktionsfahige Metakaolinit (A1,0, . 2 Si02),der sich oberhalb 960°C uber eine Spinellphase in
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
255
Mullit (3 A1203. 2 SiO,) umbildet. Die dabei frei werdende Kieselsaure ist sehr reaktionsfahig und wandelt sich bei sehr reinen Tonen zum Teil in Cristobalit um oder reagiert mit Verunreinigungen zu einer Si0,-reichen Schmelze. Oberhalb 1000°C nimmt die Schwindung bis zur Dichtbrandtemperatur, die je nach Art und Menge der Verunreinigungen zwischen 1400 und 1500°C liegt, starker zu. Da die Brennschwindung recht beachtlich ist - sie kann bis zu 17 YObetragen -, lassen sich groBe Stucke nicht ohne Risse oder Formanderungen herstellen. Daher wird der Ton bei der Verarbeitung zu Schamottesteinen mit SO bis 80 Y grobkornigen Magerungsmitteln, in der Regel gebranntem Ton (Rohschamotte), versetzt. Die Rohschamotte wird durch Brennen von Ton in Schacht- oder Drehrohrofen gewonnen. Sollen chemisch widerstandsfahige und auch abriebfeste Qualitaten erzielt werden, verwendet man feinkornigere Magerungsmittel, mu13 dann allerdings Zugestandnisse hinsichtlich der Temperaturwechselfestigkeit machen. Die Feuerfestigkeit der Schamotte wird im wesentlichen vom Verhaltnis A1,03/ SiO, und den Verunreinigungen bestimmt. Mit der Erhohung des Al,03-Gehaltes der Feuerfesttone nehmen der Schmelzpunkt und der Mullitanteil zu. Andererseits bilden die in den Rohstoffen vorhandenen Alkali- und Erdalkalioxide mit S i 0 2Glasphase (bei 1000°C etwa 10 bis 30Y0, bei 1400°C 40 bis 60%), die im Gebiet von 900 bis 1000°C erweicht, so da13 der Schamottestein bei diesen Temperaturen nach langerer Haltezeit die ersten Flieljerscheinungen zeigt. Charakteristisch fur den Schamottestein ist sein breites Erweichungsintervall (s. Bild 6.22), das sich in einem groBen Unterschied der T,),6-und T,,-Werte ausdruckt und auf den hohen Anteil an Glasphase zuruckzufuhren ist. Die Feuerfestigkeit wird auch verbessert, wenn durch hohere Brenntemperaturen oder langere Brennzeiten das Wachstum des nadelformigen Muffits, der das Gefuge regellos durchdringt, gefordert wird. Ein Uberbrennen wiederum ist schadlich, wed dann der Habitus des Mullits kubisch wird, der Gehalt an Schmelze steigt und die Erzeugnisse sich wahrend des Brandes deformieren. Die Kaltdruckfestigkeit (KDF) plastisch geformter Schamottesteine liegt bei 15 bis 30MPa, die von trockengeprefiten Steinen bei 25 bis 40MPa. Man kann jedoch durch den Einsatz schwachgebrannter Rohschamotte auch Porositaten von 10 bis 15 YO und Kaltdruckfestigkeiten von 60 bis l00MPa erreichen. Die Temperaturwechselfestigkeit wird durch diese MaBnahme allerdings verschlechtert. Die Heiafestigkeit der Schamotte erreicht bei 1000°C ein Maximum, da bis dahin die durch Warmedehnungsunterschiede von Mullit, Quarz und Glasphase hervorgerufenen Gefugespannungen infolge des Erweichens der Glasphase abgebaut wurden. Die Schamotte neigt bei Einsatztemperatur stets zur Nachschwindung. Die einer Nachschwindung von 1 bis 1,SYOentsprechende Temperatur wird als oberste Grenze der Verwendungstemperatur angesehen. Die relativ gute Temperaturwechselfestigkeit der Schamotte kann durch MgO-Zusatz weiter verbessert werden. Das MgO bildet im Brand Cordierit, der die Warmedehnung verringert. Dieser Effekt wird bei der Herstellung von Kapselmaterial fur die feinkeramische Industrie genutzt. Allerdings sinkt die Feuerfestigkeit. Die chemische Bestandigkeit gegenuber basischen Oxiden ist nicht grol3, da sich an der Kontaktstelle niedrigschmelzende Eutektika bilden, die je nach der Viskositat mehr oder weniger stark korrodieren. Besonders gilt das fur MnO, FeO, CaO und MgO. An Silicate gebundene Alkalien, z. B. in Glasschmelzen, greifen Schamotte im Vergleich dazu weniger an. Bei fast allen Reaktionen bildet sich zwischen der Schmelze und dem Schamottestein eine Reaktionsschicht aus, an
256
6
Werkstoffe fur hohe Ternperaturen
deren Grenze infolge Ubersattigung der Glasphase mit A1,03 Mullitkristalle entstehen. Fur die Verwendung als Glaswannensrein sol1 die Schamotte feinkornig sein und das Schamottekorn sich gutartig, d.h. ohne Steinchen oder Al,O,Schlieren irn Glas zu bilden, auflosen. Hierfur ist Voraussetzung, dal3 Si0,-reiche Tone eingesetzt werden, deren Quarz moglichst fein ist. Werden Schamottesteine mit mittlerem Al,O,-Gehalt der Einwirkung von Alkalidampfen ausgesetzt, so bilden sich Reaktionsschichten, die Feldspatvertreter, wie Kaliophilit oder Carnegeit, enthalten und die den weiteren Angriff hemmen. Derartige mit Volumenvergrofierungen verbundene Mineralneubildungen konnen aber auch zum Abschalen der Reaktionsschicht (AIkalibursting) oder bei tieferem Eindringen zum Wachsen des Steins fuhren. Die Schamotte fur allgemeine Zwecke werden in 4 Klassen eingeteilt (Tab. 6.22). Daruber hinaus gibt es noch Kaolin-Schamotte-Steine, deren Kennwerte auf Grund der grol3eren Reinheit der Rohstoffe besser als die der Qualitat A 4 0 sind; das betrifft insbesondere das Verschleil3verhalten. Kieselsaurereiche Schamotteerzeugnisse (Quarzschamotte) enthalten dagegen 68 bis 85 Y SO,, das zum Teil als Quarzsand eingebracht wird. Dadurch schwinden sie nicht nach, da die Quarzumwandlung die Schwindung kompensiert. Saurebestandige Steine werden mit dichtsinternden Tonen und Porzellanbruch oder Quarzsand als Magerungsmittel hergestellt, wodurch ihre Wasseraufnahme unter 6 YOliegt. Sie sind jedoch nicht feuerfest. Tibelle 6.22 Schamottesteine fur alleemeine industrielle Einsatzzwecke (nach SEW 917) A120,
FezOi
Rohdichte mind.
offene Porositat max.
YO
%
g cm-I
%
Druckfestig- Druckfeuerbestankeit mind. digkeit mind. To, MPa "C
A 40 t A 40 h A 40 p
> 40
< 2.5
2,15 2,10 1,90
20 21 26
30 25 15
1450 1420 1380
A 35 t A 35 h A 35 p
<2,5
2,lO 2.05 1,YO
19
35 -40
20 25
30 25
1400 13x0
IS
1350
30 25 15
1370
35 30 20
1340 1320
Sorte
A 30 t
A 30 h A 30 p A 25 t A25 h A 25 p
30-35
<3.0
2.05 2,os 1.YO
4 0
< 3.0
2,05 2.05 1.90
p pln\ti\ch gcprt'Ut h halbtrockcn geprcljt
t
19
20 24 18
19 22
1350
I320
1300
trockcn geprcljt
Zusatze von Graphit (10 bis 60 YO) zu Schamottesteinen (Graphitscharnotre) erhohen deren Verschlackungsbestandigkeit, die Temperaturwechsel- und Druckfeuerbestandigkeit. Durch Ersatz der Schamottekornung teilweise oder vollstandig durch Sic-Kornung werden die Warmeleitfahigkeit (A. von 3,5 bis 10 Wm-'K-1) und Temperaturwechselbestandigkeiterhoht.
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
257
6.6.2.3 Tonerdereiche Erzeugnisse
Die zur Produktion von Schamotte eingesetzten feuerfesten Tone haben, bezogen auf die gegluhte Substanz, einen maximalen AI20,-Gehalt von 45 YO.Will man die Feuerfestigkeit der Schamotteerzeugnisse, die bestenfalls bis 1450 " C einsetzbar sind, verbessern, so mu13 der Tonerdegehalt durch den Zusatz geeigneter Rohstoffe erhoht werden. Uber 71,8 Yo A1203tritt im System AI2O3-SiO2 bis 1810°C keine Schmelzphase auf, so da13 bei Verwendung reiner Rohstoffe hohe Feuerfestigkeiten zu erzielen sind. Hierfur gelangen die Aluminiumsilicate Sillimanit, Andalusit und Cyanit der Formel AI2O3.S O 2 , ,,weiher" Bauxit, synthetischer Sinter- oder Schmelzmullit (3 A1,03.2Si02) sowie Tonerde und Schmelzkorund zum Einsatz. Die vielfaltigen Kombinationsmoglichkeiten fuhren naturgema13 zu zahlreichen Qualitaten. Zur Erhohung des Al,,O,-Gehaltes auf etwa 50% setzt man dem Schamotte-Tongemisch calcinierte Tonerde (a-Al,O,) zu, wodurch beim Brand eine starkere Mullitisierung und weniger Schmelzphase auftritt. Die Feuerfestigkeit wird auf 1450 bis 1500" C angehoben und auch die Schlackenbestandigkeit erhoht. Jedoch sind die erreichten Qualitatsverbesserungen meist noch zu gering, so da13 bevorzugt Steine mit Gehalten von 60 bis 75 Y Al2O? hergestellt werden. Geschieht dies uber die Zugabe der obengenannten Aluminiumsilicate, so gelangt man zu Silfimaniterzeugnissen. Sillimanit, Andalusit und Cyanit bilden beim Brand Mullit und Cristobalit bzw. Glasphase. Ihre Kaltdruckfestigkeit ist mit 60 bis 100 MPa beachtlich hoch. Wegen des nadligen, verzahnten Gefuges des regellos gewachsenen Mullits ist auch die Temperaturwechselfestigkeit gut. Sillimanitsteine haben eine DFB-To,6bis 1700" C und zeichnen sich durch eine hohe Temperaturwechselbestandigkeit aus. Sie uberstehen 30 Abschreckungen von 1200°C in kaltem Wasser. Ein weiterer Vorteil ist ihre sehr gute Volumenbestandigkeit. Sie zeigen auch bei hohen Temperaturen eine gute bis sehr gute Bestandigkeit gegeniiber sauren oder basischen Schmelzen und Schlacken. Sie werden an hochbeanspruchten Stellen, z. B. als Brennersteine oder in der Sinterzone von Zementdrehofen, eingesetzt. Fuhrt man als Magerungsmittel anstelle der Aluminiumsilicate kornigen Schmelzkorund zu, so erhalt man Korundschamotte, deren Al,O,-Gehalt 60 bis 70 YO betragt. Die To,6-Temperatur liegt je nach Korundgehalt und Gute der Bindung zwischen 1450 und 1500°C. Sie ist geringer als bei Sillimanitsteinen, kann jedoch auch bei Verwendung von teurerem Edelkorund 1600" Cubersteigen. Die Korundschamotte weist eine sehr gute Resistenz gegenuber sauren und basischen Schlakken bei hoher mechanischer Festigkeit und Abriebfestigkeit auf. Ihre Temperaturwechselfestigkeit ist wegen der gegenuber dem Mullit (45.lWK-1) nahezu doppelt K-l) geringer. so grol3en Warmedehnung des Korunds (87 . Noch bessere Eigenschaften werden erzielt, wenn man aus Kaolin und Tonerde bei 1750°C Sintermullit erzeugt und diese Kornung mit der gleichen Rohmischung bindet und nach der Formgebung bei gleicher Temperatur sintert. Durch das homogene Gefuge sind DFB-T,,,6-Werte bis 1700"C erzielbar (Mulfitschamotte). Indem man den Al,O,-Gehalt durch Einsatz von Edelkorund und Schmelz- oder Sintermullit auf > 8 5 % erhoht, hoch verpre13t und bei uber 1700"C brennt, erhalt man Korunderzeugnisse mit T,,-Temperaturen von 1700 bis 1800" C und hoher Korrosionsbestandigkeit. Fur spezielle Anwendungen in der Stahlindustrie werden kohlenstoffhaltige ( 5 bis 30% C), hochtonerdehaltige Erzeugnisse hergestellt. Sie enthalten Natur-
258
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
graphit, RUB und als Binde- und Trankungsmittel Teere und polymere Harze. Teilweise werden metallisches Silicium oder Ferrosilicium zugesetzt. um durch die Bildung von SIC, Si,N4 und SiOz eine zusatzliche Verfestigung zu erreichen. Diese Werkstoffe mussen in reduzierender Atmosphare gebrannt werden. Sie weisen eine sehr hohe Temperaturwechsel- und Verschleiflbestandigkeit auf und werden als GieRstrahlschutzrohre, Schieberverschlusse und Tauchausgusse beim StrangguBverfahren eingesetzt. Um die mit einer grobkeramischen Fertigung immer verbundene starke Porositat der Werkstoffe nahezu auszuschlieBen und damit ihre chemische Bestandigkeit entscheidend zu verbessern, werden hochtonerdehaltige und zirconiumhaltige Baustoffe auch aus dem SchmelzfluB hergestellt. Dazu wird Tonerde, teilweise unter Zusatz von Zirconiumsilicat, SiO? (um eine Mullitausscheidung zu erzielen) oder Na,O-haltigen Verbindungen (um den leichter zu bearbeitenden P-Korund zu erhalten) im Lichtbogenofen bei Temperaturen > 2000" C geschmolzen und danach in Formen aus Quarzsand oder Graphit gegossen. Beim Abkuhlen der Schmelze besteht die Gefahr der Lunkerbildung. der man durch das Prinzip des GieRens mit ,,verlorenem Kopf" entgegenwirkt. Die Porositat der schmelzflussig gegossenen Erzeugnisse liegt, abgesehen von mehr oder weniger vorhandenen Lunkern, meist unter 3 YO,offene Poren sind nicht mehr vorhanden. Die Kaltdruckfestigkeit von mehr als 200 MPa gewahrleistet hohe Abriebfestigkeiten, der To,,-Wert von uber 1700°C eine hohe Feuerfestigkeit. Die Korrosionsbestandigkeit ist hervorragend. Trotz dieser vorzuglichen Eigenschaften finden die schmelzjliissig gegossenen Steine keine breite Anwendung. Ihr hoher Preis und die schlechte Temperaturwechselfestigkeit stehen dem entgegen. Sie werden vor allem fur die Zustellung von Glasschmelzofen, metallurgischen Ofen und Mullverbrennungsanlagen eingesetzt.
6.6.2.4 Basische Erzeugnisse
Unter der Bezeichnung basischr feiierfestr Erzeiignisse werden Steine und Massen zusammengefaBt, die uberwiegend aus MgO. CaO undhder Cr,O, bestehen. Dazu gehoren Magnesitsteine, Chrommagnesitsteine und Sinterdolomitsteine (CaO . MgO). Sie werden in grol3em Umfang in der Schwarzmetallurgie und in der Zementindustrie eingesetzt, da sie besonders widerstandsfahig gegen basische Schlacken sind. Infolge ihrer hohen Temperaturbelastbarkeit helfen sie, die Schmelzleistung der Ofenaggregate entscheidend zu verbessern. Die klassischen Magnesitsteine werden aus Sintermagnesia moglichst hoher Rohdichte (> 3,2 gcm-i) erzeugt. Dieser Sinter entsteht durch Brennen von naturlichem Magnesit (MgCOi) bei 1800°C oder synthetischer Seewassermagnesia bei 2000°C. Er wird zerkleinert. klassiert und zu Steinen gepreBt und bei Temperaturen oberhalb 1600°C gebrannt. Das Gefuge des Magnesitsteins besteht aus rundlichen Periklaskornern (MgO), die beim Sintern Eisenoxid aufgenommen haben. F e 2 0 7ist in Mengen von 4 bis 7 YO bereits im Rohstoff vorhanden oder wird zugesetzt. um das Sintern zu erleichtern. Die Farbe des Magnesitsteins ist daher dunkelbraun. Alle anderen Verunreinigungen, vor allem bei Verwendung von Naturmagnesiten, befinden sich in den Kornzwickeln oder zwischen den Periklaskornern und beeinflussen nach Art und Menge mal3geblich die HeiRfestigkeit des Steins. Die Phasenbeziehungen zwischen den Hauptkomponenten MgO, FezOi, CaO und Si0,sind im Bild 6.28 dargestellt. Von den moglichen
6.6
2.59
Feuerfeste Werkstoffe
Bild 6.28 Phasenbeziehungen zwischen MgO, SiOz. CaO und FezOz(nach Rankin und Greig)
Phasen verschlechtern die Feuerfestigkeit insbesondere die niedrigschmelzenden Silicate Monticellit - CaO . MgO . S i 0 2 (CMS)- und Merwinit - 3 CaO . MgO . 2 S i 0 2 (C,MS2) - mit einem Schmelzpunkt von 1495°C bzw. 1575°C. Damit der Magnesitstein nur wenig dieser Silicatphasen enthalt, mu13 der S O 2 Gehalt niedrig oder das Verhaltnis von CaO/SiO, grol3er als 1,8 sein, so dalj sich das feuerfestere Dicalciumsilicat C2S (Schmelzpunkt 2130 "C) bilden kann. Einige Eigenschaften der Magnesitsteine sind in Tabelle 6.23 aufgefuhrt. Magnesitsteine zeichnen sich durch ein breites Erweichungsintervall aus (Bild 6.22). Ihre Temperaturwechselfestigkeit ist gering, da der Ausdehnungskoeffizient zwiTabelle 6.23 Zusammensetzung und Eigenschaften basischer feuerfester Steine (Durchschnittswerte) (aus 16.161) Periklasstein
PeriklasSpinellStein
Dolomitstein gesintert
Dolomitstein teergebunden
DolomitMagnesiastein
38,2 59.2
52...63 34 ...45
03 0.8
37.. .41 56 ...61 0.7...1.0 0.7...0,8 0.4. . .0,8
normal
hochrein
92...96 1...3 0.5 ...2 0.5.. .3
96 ...98 0.7...2.5 0.3 . . .0.8 < 0.5 < 0.5
60...65 1...1.5 2...2.5 8...12 6...12 15...21
Gesamtporositat in %
16 ...22
14 ...22
18...22
15
8...14
10 ...13
Kaltdruckfestigkeit in MPa
40 ...60
45 ...75
30 ...70
70
30...60
60..,125
Ausdehnungskoeffizient von 20.. .I000 "C in K-1
120. l
130
110. 10-7
135 . 10-7
Zusammensetzung in % MgO CaO Si02 F 4 3 4
0
3
CrD,
k 7
I t 7
1.o
0.5 ... 1.6 0.5 ...1.6
0.2
260
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
schen 20 und 1500°C etwa 140.10-7K-' betragt. Sie kann durch entsprechenden Kornaufbau oder bis zu 12% AI2O3-oder Chromerz-Zugaben (Periklas-SpinellSteine) verbessert werden. Der Tonerdezusatz ermoglicht die Bildung von Spinell (MgO .AI,O,), dessen Ausdehnungskoeffizient (67.10-7 K-1) wesentlich niedriger ist. Zur Verbesserung der Feuerfestigkeit und Haltbarkeit geht man immer mehr dazu uber, synthetisch hergestellte Rohstoffe rnit MgO-Gehalten > 99% zu Magnesitsteinen zu verarbeiten (hochreiner Magnesit). Fur besondere Anforderungen wird auch Schmelzmagnesia verwendet. Die Bindung geschieht durch Zusatz von Pech, wobei nach dem Ausbrennen der fluchtigen Bestandteile der Restkohlenstoffgehalt bei mindestens 4 YO liegen soll. Magnesitsteine zeigen eine vorziigliche chemische Bestandigkeit gegeniiber Eisenoxid, basischen Schlacken und Alkalien. Durch Zugabe von feinkornigem Chromerz, das im wesentlichen aus Chromit (FeO . Cr203)besteht, erhalt man Erzeugnisse mit noch groljerer Schlackenbestandigkeit bei gleichzeitig verbesserter Temperaturwechselfestigkeit und guter Volumenbestandigkeit. Die Feuerfestigkeit, ausgedruckt durch den T,.,-Wert, liegt meist etwas niedriger, da das Chromerz gleichzeitig Verunreinigungen einbringt. In der Praxis haben sich vor allem Mugnesitchromerz-Erzeugnissernit einem Cr20,-Gehalt von 10 bis 20 % bewahrt. Eine weitere Qualitatsverbesserung wird durch die Verwendung von Mischsinter, d. h. gemeinsames Sintern hochreiner Magnesitrohstoffe rnit Chromspinell erzielt. Neben den gebrannten Magnesia-Erzeugnissen gibt es auch ungebrannte Steine, die ihre Festigkeit uber eine chemische Bindung mittels Magnesiumphosphat, Natriummetasilicat u. a. erhalten. Die chemisch gebundenen Steine weisen bei 900 " C ein Festigkeitsrninimum auf; daruber setzt dann die keramische Bindung ein. Die ungebrannten Erzeugnisse kommen zum Teil blechummantelt als Hangedeckensteine oder fur das mortelfreie Verlegen zur Verwendung. Der Blechmantel verzundert, und das Eisenoxid reagiert rnit dem Stein zu Magnesioferrit (Schrnelzpunkt 1750"C). Auf diese Weise entstehen monolithische Wande rnit grol3erer Schlackenbestandigkeit. Durch Zusatz von Naturgraphit und RUB,Teerpech und polymeren Harzen und eventuell Trankung rnit Teerpech u. a. zu hochreiner und hochdichter Sintermagnesia werden kohlenstoffhaltige MgO-Erzeugnisse produziert, die nach einer thermischen Vorbehandlung bei 300 bis 500°C erst bei der Erstaufheizung im Einsatz verkoken. Das stabile Koksgerust verbessert die VerschleiB- und Temperaturwechselfestigkeit entscheidend. Diese Erzeugnisse werden vor allem in der Schwarzmetallurgie, z. B. in Elektrolichtbogenofen und Sauerstoffkonvertern eingesetzt. Auljer dem MgO (T, = 2 640 "C) hat auch das Calciumoxid Feuerfesteigenschaften (T, = 2570°C). Jedoch hydratisiert Calciumoxid an der Atrnosphare sehr schnell und zerfallt unter Volumenzunahme, weshalb es kaum eingesetzt wird. Die Verbindung von CaO und MgO dagegen, die in der Natur als Rohdolomit CaMg(C03)2haufig vorkommt und in der reinen Form einen Schmelzpunkt von 2300 " C aufweist, wird in groRerern Urnfang technisch genutzt. Durch Entsauern und Sintern in Schacht- oder Drehrohrofen (1600 bis 1800°C) wird aus dem Rohdolomit Sinterdolomit gewonnen, der gebrochen ais Stampfmasse in Ofen und Konvertern eingesetzt wird. Urn den Sinterdolomit lagerfahig zu machen und zu verhindern, daR er langsam hydratisiert, wird er rnit wasserfreiem Teer angemacht (Teerdolomit), der das Dolomitkorn vor der Luftfeuchtigkeit schutzt und aul3erdem Bindung und Verarbeitbarkeit verbessert. Der wahrend des Ein-
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
26 1
satzes beim Verkoken entstehende Kohlenstoff verfestigt daruber hinaus das Erzeugnis und erhoht seine Verschlackungsbestandigkeit.Auch gebrannte Dolomitsteine konnen mit Teer getrankt und damit iiber Monate lagerfahig gehalten werden. Durch Zugabe von 10 bis 14% Si02 1aBt sich das freie CaO zu Tri- bzw. Dicalciumsilicat binden (stabilisierte Dolomitsteine) und die Hydratationsneigung verringern. Jedoch wird damit die Schlackenbestandigkeit und teilweise auch die Feuerfestigkeit verschlechtert. Zur Verbesserung der Haltbarkeit werden fur die Zustellung der LD-Konverter magnesiumreiche Dolomite [6.18] (MgO 54 bis 70%, CaO 46 bis 30%) als Stampfmassen oder fur Steine eingesetzt.
6.6.2.5 Feuerbeton
Im industriellen Ofenbau haben Feuerbetone [6.17] einen festen Platz eingenommen, und es existiert eine groBe Palette von Erzeugnissen rnit Anwendungsgrenztemperaturen von 700 " C bis 1500 " C. Feuerbeton besteht aus feuerfesten kornigen Stoffen, wie Schamotte, Korund oder Silica, wobei ein Teil davon feinstgemahlen (Mikrofuller) zur Erhohung der Kalt- und HeiBfestigkeit zugesetzt wird und einem Bindemittel, das chemisch oder hydraulisch erhartet. Die Mischung wird rnit Wasser angemacht und nach der Betontechnologie durch Stampfen, Rutteln oder GieBen zu Fertigbauteilen nach Art der GroBblockbauweise verarbeitet oder direkt in die Ofenschalung eingebracht. Die Vorteile dieser Technologie liegen in der Verkurzung der Bau- und Reparaturzeiten, in den geringeren Verarbeitungskosten sowie in einer groBeren Warmedammung infolge erhohter Porositat. Die Feuerfestigkeit des Feuerbetons wird vom Verhalten der Bindung bei hohen Temperaturen bestimmt. Als chemischer Binder kommt Natronwasserglas oder Phosphorsaure in Betracht. Als Beispiele seien genannt: Feuerbeton aus Schamottekornung rnit 15 bis 20% Wasserglas und 10 YONa2SiF, als Abbindebeschleuniger kann wegen des hohen Alkalianteils nur bis 900 "C zum Einsatz kommen. Mit 15 bis 30% Portlandzement hydraulisch gebundene Schamottekornung darf dagegen bis 1150 " C venvendet werden. Der auf Basis von Quarzit und Wasserglas hergestellte Silicatbeton ist auf Grund der starken Reaktion von Alkalien und Kieselsaure und der daraus resultierenden Verfestigung bis 1500 " C einsetzbar. Fur hohere Anwendungstemperaturen benutzt man Tonerdeschmelzzement als Bindemittel. Er wird hauptsachlich durch Schmelzen von Verbindungen des Aluminiumoxides und Calciumoxides im Lichtbogenofen hergestellt. Dabei bilden sich CaO . A1203,CaO . 2 Al,O, und a-Al,O,, von denen das Calciumaluminat hydraulische Eigenschaften hat sowie das Abbinden des Betons bewirkt und die anderen beiden Phasen die Feuerfestigkeit bedingen. Tonerdeschmelzzemente rnit 40% Al,O, sind bis etwa 1300°C und bei Einsatz hochwertiger Schamotte auch bis 1400 " C verwendbar. AuBerdem werden Tonerdeschmelzzemente rnit 70 bis 90% A1,0, erzeugt, deren Einsatztemperaturen unter Verwendung hochtonerdehaltiger Zuschlage (fur Edelkorund) bei 1550 bis 1800 "C liegen. Hydraulisch gebundene Feuerbetone haben eine Besonderheit, die es zu beachten gilt. Infolge der Entwasserung der Hydratphasen des Bindemittels beim Aufheizen sinkt die mechanische Festigkeit der erwarmten Zone des Steines ab (s. Bild 6.29); rnit dem Einsetzen der keramischen Bindung und Mineralneubildun-
262
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
Bild 6.29 Festigkeitsverlauf von Feuerbetonen mit unterschiedlicher thermischer Vorbehandlung (nach [6.161)
T mperotur
I Hciljfcstigkcit ungesintcrtcr Fcucrhetone 2 Festigkeit he] unterschicdlichen Tcmpcraturen vorpesinterter Feuerhetone. gepruft hci Raumtempcratur 3 HeiOfe\tigkeit von Feuerhetonen. die hei der Klaasifikation\teinpe~ilurvorge\intert wordcn sind
gen steigt sie jedoch wieder an, was fur zweiseitig befeuerte Feuerbetonelemente zu beachten ist. Feuerbetone haben eine gute Temperaturwechselfestigkeit (15 bis 25 Abschrekkungen und mehr). Gegen Schlackenangriff sind sie allein schon wegen der hohen Porositat von 29 bis 40% nicht besonders widerstandsfahig. Ihre Abriebfestigkeit ist ebenfalls schlecht. Durch Einsatz von Blahton, Leichtschamotte oder Huttenbims ist man auch in der Lage, warmedammende Feuerleichtbetone mit Rohdichten von 500 bis 1000 kg m-3 herzustellen. An dieser Stelle sollen noch die Stampfgemenge und Plustiks erwahnt werden. Das sind Massen aus Magerungsmitteln und feuerfestem Ton, die meist zu Reparaturzwecken eingesetzt und zur Verarbeitung mit Wasser angemacht werden oder bereits plastisch sind (Plastiks). Sie enthalten in der Regel kein chemisches oder hydraulisches Bindemittel, so daB die Festigkeit erst in der Nahe der Einsatztemperatur eine wesentliche Steigerung erfahrt.
6.6.3 Sonderkeramiken Von den Sonderkeramiken finden als Feuerfest- und Hochtemperaturwerkstoffe vorzugsweise die Oxidkeramik sowie die Siliciumcarbid- und Siliciumnitridkeramik technische Nutzung. Gegeniiber entsprechenden metallischen Werkstoffen haben die Sonderkeramiken den Vorteil einer geringeren Dichte sowie vor allem eines gunstigeren Hochtemperaturfestigkeits- und meist auch Hochtemperaturkorrosionsverhaltens. Von Nachteil sind ihre ausgepragte Sprodigkeit und das noch ungenugende Wissen uber die Zuverlassigkeit keramischer Bauteile. Will man jedoch die mit den Superlegierungen erreichte obere Arbeitstemperatur von etwa 1050 "C merklich uberschreiten, so besteht derzeit in einer Reihe von Fallen keine andere Alternative als der Einsatz von hochwarm- und zeitstandfesten Sonderkeramiken, der allerdings voraussetzt, da13 sich die Konstruktion den Nachteilen der Keramik anpant. Insgesamt gesehen werden fur komplizierter geformte Bauteile der Siliciumcarbid- und -nitridkeramik bzw. der SiC-Si,N,-Verbundkeramik
6.6
263
Feuerfeste Werkstoffe
die groBten Aussichten eingeraumt, z. B. auch als Konstruktionswerkstoff fur kleine Gasturbinen (Turbolader). 6.6.3.1 Oxidkeramik
Die Oxidkerumikerz gehoren zu den hochfeuerfesten Werkstoffen mit zum Teil bemerkenswerten Eigenschaften. Sie werden erreicht durch den Einsatz moglichst reiner Rohstoffe. Daher sind keramische Werkstoffe in der Regel nur aus einem Oxid aufgebaut. Die weitgehende Reinheit und der hohe Schmelzpunkt der Oxide (Tabelle 6.24) stellen an die Herstellung, insbesondere das Sintern, oxidkeramischer Erzeugnisse besondere Anforderungen. Tabelle 6.24 Eigenschaften einiger warmfester Oxide Schmelz- Mittlerer tempeAusdehnungsratur koeffizient zwischen 2 0 . . . 1500°C "C 10-7I(-'
SnOz > 1900 A1202 2050 Cr20., 2340 CaO 2560 Be0 2570 Zr02 2690 MgO 2800 HfOz 2840 Tho? 3300
40 82
Elastizitatsrnodul
Biegefestigkeit
GPa
MPa
MPa
240 300 ... 410
270.. . 300 140 . . . 180 110.. .3SO
110 . . . 140 35 ... 60 140 110.. ,270 160 . . . 180 160
-
-
7.00 2000 ... 4000 3.95 5.12 3.36 800.. . 1800 3.01 780 . . . 1600 5.56 840 . . _1400 358 9.68 10.00
100
-
138 98
-
~
IS0 71 101
140 ... 250
Druckfestigkeit
Dichte
Darnpfdruck bei 2000 c "
56 ... 110
g ~ r n - ~Pa -
3 ' 10-2 -
1 ' 10" 1 . 10-1 9 . lo-' 1 I&' 3 10 5 ' 10-1 I
Es werden synthetische Rohstoffe, die durch thermische Zersetzung von Carbonaten, definierte Fallung von Hydroxiden oder Fallung aus waBrigen alkoholischen Salzlosungen mit groBer spezifischer Oberflache und geringem Agglomeratgehalt erhalten werden, verwendet, da nur mechanisch zerkleinerte Pulver bei zu hohen Temperaturen sintern. Um porenfreie oxidkeramische Werkstoffe herstellen zu konnen, mu13 man in Wasserstoffatmosphare, im Vakuum oder bei gleichzeitiger Druckanwendung (HeiBpressen) sintern bzw. isostatisch heiB nachpressen. Sinterkorund 16.261 ist der verbreitetste oxidkeramische Werkstoff, der allein aus a-Korund besteht und daher keine Umwandlungen bei Temperaturerhohung zeigt. Sein To.,-Wert liegt bei 186O"C, so daB Sinterkorund bis 1800°C eingesetzt werden kann. Allerdings zeigt sich dann bereits deutliches Hochtemperaturkriechen, weshalb hier ein grobkristalliner Werkstoff (etwa 10pm KorngroBe) vorteilhafter ist. Bemerkenswert sind die hohe Harte ( s . a. Abschn. 4.4.1) sowie die grolje VerschleiB- und Druckfestigkeit (Tab. 6.24), die auch fur hohere Temperaturen noch beachtlich sind; z. B. betragt die Druckfestigkeit bei 1400°C noch 250 MPa. Sie laBt sich weiter verbessern, wenn durch Verwendung sehr reiner Rohstoffe und Zugabe von MgO das diskontinuierliche Kornwachstum beim Sintern unterdruckt wird und das Gefuge feinkristallin bleibt. Fur eine Kristallitgrolje von 1 bis 3 pm sind fur Raumtemperatur Spitzenwerte der Druckfestigkeit
264
6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
von 5000 MPa erreicht worden. Die Temperaturwechselfestigkeit des Sinterkorunds lafit jedoch trotz der relativ guten Warmeleitfahigkeit (bei 20 "C 30 Wm-1K-* und bei 1000" C 7,5 Wm-1K-1) zu wunschen ubrig. Der Grund hierfur ist der grofie Ausdehnungskoeffizient von 82 . 10-7 K-1. Uber die feindisperse Einlagerung von ZrO, (oder anderen geeigneten Nichtmetallen) in die Al,O,-Grundmasse laf3t sich die Festigkeit und noch mehr die Bruchzahigkeit der Sintertonerde wesentlich steigern. Dies ist darauf zuruckzufuhren, daB im Verlaufe der Abkuhlung von Sintertemperatur das tetragonale in das volumenreichere monokline Z r 0 , umwandelt, wodurch in unmittelbarer Umgebung der Zr0,-Teilchen zahlreiche energieabsorbierende Mikrorisse entstehen (s. a. Abschn. 4.4.1). Zum anderen bilden sich bei der Umwandlung in der Al,O,-Matrix um die Zr02-Partikeln Druckspannungszonen aus, die die Festigkeit erhohen [6.16], [6.17]. Welcher Mechanismus dominiert, hangt von der Zr02-TeilchengroRe ab. Der spezifische elektrische Widerstand betragt bei 1000°C etwa 106 R m und fur 1700°C noch l o 4 Rm. Diese Werten werden nur vom Berylliumoxid ubertroffen. Daher wird Sinterkorund auch zur elektrischen Isolierung bei hoheren Temperaturen (Heizleitertrager, Zundkerzen) benutzt. Die chemische Bestandigkeit ist sehr gut; Korund gehort zu den stabilsten Oxiden. Sodaschmelzen, Glas- und Schlackenflusse greifen den Sinterkorund bei hoheren Temperaturen nur langsam an. Er wird von Wasserstoff, Metallen oder Kohlenstoff nicht reduziert und eignet sich daher ausgezeichnet als Tiegelmaterial zum Schmelzen reiner Metalle. Die verbesserten mechanischen Eigenschaften und die hohe Verschleififestigkeit (s. a. Abschn. 8.2.5.) haben den Sinterkorundmaterialien (nicht nur im Hochtemperaturbereich) weitere Einsatzgebiete erschlossen. So werden Dosierventile, PreRdusen und spezielle Lagerschalen (Luftfahrt) oder Pumpenkolben aus ihnen hergestellt. Ihre Eignung als Huftgelenkersatz ist erprobt. Fur Brennerrohre in Na-Dampflampen findet transparente Tonerdekeramik Verwendung. Sie entsteht, wenn als Rohstoff hochreine Tonerde in Wasserstoffatmosphare zu einem porenarmen Korper mit moglichst grobem Korn gesintert wird. Magnesirtmoxid hat einen noch hoheren Schmelzpunkt als A1203. Nichtsdestoweniger gelingt es, das MgO schon ab 1400°C dicht zu sintern. Es wird ahnlich wie Korund zur Elektroisolation bei hohen Temperaturen (spez. elektrischer Widerstand bei 1700°C noch 4 . 102 Qm) sowie als Tiegelmaterial fur basische Schmelzen eingesetzt. Wegen des hohen Ausdehnungskoeffizienten ist die Temperaturwechselfestigkeit dieses Werkstoffes niedrig. Formlinge aus Sinterspinell (MgO .A1,0,) erreichen ahnliche mechanische Eigenschaften wie Sinterkorund. Da er basischer als Tonerde ist, hat der Scherben gegen basische Stoffe vielfach eine grofiere Widerstandsfahigkeit. Zirconiumoxid kommt in den Modifikationen monoklin, tetragonal und kubisch vor. Bei Raumtemperatur und daruber ist der monokline Baddeleyit existent, der sich reversibel bei 1100°C unter Volumenabnahme (etwa 8%) in die tetragonale Modifikation umwandelt. Uber 2300°C entsteht in reinem ZrO, die kubische Form. Um eine Zermurbung des Gefuges infolge der Volumenzunahme bei der Abkuhlung zu verhindern, gibt man Zusatze von 10 bis 20 Mol-% CaO oder MgO bei, die die kubische Form mit Anionenleerstellen bilden und diese stabilisieren. Dieser vollstabilisierte Werkstoff (FSZ) weist jedoch ein grobkorniges Gefuge und damit geringere mechanische Festigkeit auf. Seine Temperaturwechselfestigkeit ist deutlich besser als die des Sinterkorunds. Die Feuerfestigkeit ist
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
265
so gut, daB Einsatztemperaturen bis 2300°C in Betracht kommen. Da ZrOz gegen saure Schlacken und Metallschmelzen bis zu hochsten Temperaturen bestandig ist, wird es fur Tauchthermoelemente, Schutzrohre und als Tiegelmaterial verwendet. Durch eine Teilstabilisierung (PSZ) mit MgO oder Y z 0 3 scheiden sich beim Abkuhlen aus einer kubischen Matrix tetragonale Zr0,-Teilchen aus, die bis zur Raumtemperatur stabil bleiben und sich erst bei mechanischer Belastung lokal an RiBspitzen in die monokline Form umwandeln. Sie vergrol3ern dabei ihr Volumen und hemmen dadurch den RiBfortschritt. Derartige Werkstoffe sind feinkristallin und haben eine gute RiBzahigkeit und hohere Festigkeit: Biegefestigkeit 600 MPa (durch heifiisostatisches Nachpressen bis 2400 MPa), Bruchzahigkeit K,, bis 16 MPa m"2, Weibullzahl > 20. Die praktische Nutzung derartiger Erzeugnisse ist infolge hoher Rohstoffkosten und komplizierter Technologie nur in Sonderfallen gegeben. Thoriurnoxid mit einem Schmelzpunkt von 3300°C ist hochfeuerfest und 1aBt sich durch Zusatz von CaF, sintern. Wegen des grol3en Ausdehnungskoeffizienten (siehe Tabelle 6.24) ist es gegen Temperaturwechsel sehr empfindlich. Es wird in oxidierender Atmosphare oder im Vakuum als Tiegelwerkstoff zum Schmelzen hochschmelzender Metalle benutzt.
6.6.3.2 Siliciumcarbid
Die im Vergleich zu anderen Sonderkeramiken hervorstechende Eigenschaft des S i c ist seine gute Warmeleitfahigkeit (Tab. 6.25). Damit ist das SIC imstande, einen Teil der bei Temperaturschockbehandlung ausgelosten Spannungen durch WarmefluB auszugleichen. Allerdings ist sein Warmeausdehnungskoeffizient relativ grol3, ca. 45 . 10-7 K-1, so daB die TWB zwar weitaus besser als die der Sintertonerde, aber schlechter als die des Siliciumnitrids ist. Das Siliciumcarbid schmilzt bei 2830°C inkongruent; ab 2000°C kann man jedoch bereits Dissoziation beobachten. Das handelsubliche SIC (Carborundum) ist die hexagonale Modifikation (a-Sic), die durch Verunreinigung grun bis schwarz gefarbt ist. Siliciumcarbid beginnt bereits oberhalb 800°C zu oxidieren, wobei sich eine Si0,-Schutzschicht bildet, die die weitere Oxidation hemmt. Wird diese zerstort, indem z. B. Fe20,-reiche oder basische Schmelzen das S i 0 2auflosen, dann tritt starker Abbrand ein, der sich aber durch Einbinden des Korns mit Ton verringern 1aBt. Das Erzeugnis darf dann jedoch keiner reduzierenden Atmosphare ausgesetzt werden, da sonst die SO,-Schutzschicht reduziert wird. Der SiCGehalt solcher tongebundener, grobkorniger Siliciumcarbidwerkstoffe liegt zwischen 50 und 90 % . Die gute Warmeleitfahigkeit des SiC-Korns verleiht ihnen auch eine ausreichende Temperaturwechselbestandigkeit. Sie werden fur die Herstellung von Muffeln sowie als Tiegelmaterial, Brennhilfsmittel und Steinmaterial fur Kesselfeuerungen genutzt. Die Anwendungsgrenze liegt je nach dem SiC-Gehalt zwischen 1500 und 1700"C, die Warmeleitfahigkeit in diesem Temperaturgebiet zwischen 4 und 12 Wm-I K-1; 90%ige SiC-Erzeugnisse weisen Druckfestigkeiten von 80 bis 100 MPa auf und sind sehr abriebfest. Porenarme bis praktisch porenfreie Teile kann man durch HeiBpressen herstellen. Fur feindisperses S i c (< 0,2 pm) benotigt man 1400°C und erhalt 98% der theoretischen Dichte. Grobere Pulver (1 pm) konnen nur durch sinterfordernde Zusatze, wie Al, B und/oder deren Kohlenstoff- bzw. Stickstoffverbindungen oder durch hohere HeiBpreBtemperaturen zur gleichen Dichte gebracht werden.
6
266
Werkstoffe f u r h o h e Tempcraturcn
Beim weniger aufwendigen drucklosen Sintern wird die Verdichtung und Verfestigung durch eine sog. Selbstbindung erreicht, indem man Teer oder Kohlenstoff und Silicium zur Sic-Kornung zumischt und in CO-Atmosphare bei 2000°C sintert. Dabei bildet sich sekundares S i c (Rc.aktionssinrern), was die Verfestigung bewirkt (Biegefestigkeit etwa 450 MPa). Eine weitere Steigerung kann durch Tranken mit Si oder durch Si-Dampfbehandlung erfolgen. ReLrktionsgesintertes S i c verliert ah 1300°C deutlich an Festigkeit, wahrend das sog. rekristallisierte S i c bis 1500°C keinen Festigkeitsverlust erleidet. Letzteres wird durch langes Sintern bei 2300°C erhalten. Es findet als Brennhilfsmittel in der Porzellanindustrie Verwendung und dient z. B. zum Aufhangen der Langstabilisatoren auf den1 Brennwagen. Bild 6.30 informiert uber das Festigkeitsverhalten und Tabelle 6.25 uber weitere Eigenschaften verschiedener Sic-Typen. Die porosen Arten sind fur sehr hohe Temperaturen von Interesse, da sie dort ein gunstigeres mechanisches Verhalten zeigen. Ahnliche Festigkeitseigcnschaf-
&OOl MPa mm4
I'
\
0
ZOO LOO 600 800 1000 1200"clWO Tmperatur
Temperator
h) Bild 6.30 Bicgehruchlestigkeit a ) und Bruchziihigkeit h ) vcrschiedener Sonderkcramikcn (nach (6.121 u n d Firmenschriften Rosenthal Technik AO)
a)
I hcil3pcprcl3te\ Si,N, 7 heiKpeprcl3tc\ Sic' 3 sclhs~!chundciics St('
4 reahti~in\pe\intcrte..Si;N, 5 rekri\talli\im-tc\ SIC'
Tabcllc 6.25 Eigenschaften von Siliciumcarbid- und Siliciumnitridkeramiken (nach 16.211 und 16.221) Dichte
Biegchruch-
E-Modul
lcst igk ci t
gem?
MPa
G Pa
Oxidgebundcncs S i c Nitridgcbundencs S i c
2.4 2.4
30 (10)
50
50 ( 6 0 )
150
Rckristallisicrtes S i c Si I ici umi n fil t rier t es Si C
2.6 3.1 3.15
100 ( 130)
210
300 ( 3 5 0 )
350 400 440 80 . . . 200 260 . .. 310 290 . . . 32s
Drucklos gcsintertes S i c
450 (450)
600 ( 6 0 0 ) HeiBgeprcl3tcs Sic 3.2 Re~iktionsgcsintertcsSI;N, 2.3 _ . 2.8 150 . . . 300 Gcsintcrtcs Si3N, 3.2 ... 3.3 400 . .. 7.50
HciOgeprcl3tcs Si,N4 Wcrtc
in
Kliimmcrn lur 1 0 0 0 ° C
3,l ... 3.3 600 . . . 850
Warmeleitfiihigkeit W (mK)-l
max. Einsatztcmperotur
5 5 . . .10 25 (20) 150 (40)
1450 . . . 1550
"C
I500 1600
1350 . . . I400
100 (40)
1650
100 (40)
1650
4...13
30 '.. 40 30 . . . 40
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
267
ten und eine verbesserte TWB sowie Oxidationsbestandigkeit haben Sic-Si,N,Verbundkeramiken, bei denen das Siliciumnitrid als Bindephase vorliegt. Dazu wird Si zugemischt, gepreBt und im Stickstoffstrom bei 1500°C gesintert, wobei das Si in Si,N, ubergeht. Die Siliciumcarbidverbundkeramik wird als Futter fur Verbrennungskammern und Warmetauscher, fur Brennerdusen, fur AuslaBkegel von Raketentriebwerken oder in anderen Fallen extremer Hochtemperaturbeanspruchung eingesetzt. Bei vergleichbaren mechanischen Eigenschaften (Bild 6.30) zeichnet sich die Siliciumnitricikeramik gegenuber dem Siliciumcarbid durch einen niedrigen Warmeausdehnungskoeffizienten (30 bis 32.10-7 K-') und deshalb durch eine bessere TWB (s. Tab. 6.25), vor allem jedoch durch eine weitergehende Korrosionsbestandigkeit aus. Sie findet deshalb vorzugsweise als korrosionsbestandiger Hochtemprraturwerkstoff technische Anwendung.
6.6.3.3 Siliciumnitrid Siliciumnitrid wird von zahlreichen Metallschmelzen, zumindest im Vakuum oder Schutzgas, nicht angegriffen; Schmelzen der Ubergangsmetalle (Fe, Co, Ni, Cr) zerstoren es unter Bildung von Siliciden und Stickstoff. Es ist resistent gegen Sauren, ausgenommen FluBsaure, sowie gegen viele Salzschmelzen. In reinem Stickstoff und in Edelgasatmosphare ist Si,N, annahernd bis zur Dissoziationstemperatur von 1900 "C bestandig. Unter oxidierender Atmosphare bildet sich eine Si0,-Schicht, die das Si,N, vor weiterer Oxidation weitgehend schutzt. Die Massezunahme betragt z.B. nach lOOh bei 1100°C nur 1 mgcm-2. Selbst bei 1600 " C kann noch von einer sehr guten Oxidationsbestandigkeit gesprochen werden. Bestimmend fur das Oxidationsverhalten ist die mit der Temperatur zunehmende Geschwindigkeit der Sauerstoffdiffusion durch die Schicht. Das Kriechverhalten der Siliciumcarbidkeramik wird, wie Bild 6.31 fur ein allerdings weniger dichtes, reaktionsgesintertes Si,N, zeigt, von den Oxidationsvorgangen offensichtlich schon bei niedrigerer Temperatur spurbar beeinflufit. Die Siliciumnitridkeramik kommt heiBgepreBt oder im reaktionsgesinterten (reaktionsgebundenen) Zustand zur Anwendung. Im letztgenannten Fall wird das - je nach Anwendungszweck - mit Hilfe verschiedener Verfahren zu Formteilen verdichtete Siliciumpulver (Tabelle 6.26) bei etwa 1400°C im N2- oder NH,-Strom gesintert und dabei in Siliciumnitrid uberfuhrt. Dabei wachsen die Poren ohne starkere Anderung der auBeren Abmessungen des Formteiles zu, da das spezifische Volumen von Si,N, groBer als das von Si ist. In einem Zwischenstadium der Nitrierung ist das Material noch spanabhebend bearbeitbar, so daR daraus auch Prazisionsteile mit Toleranzen bis 0,l % gefertigt werden konnen. Werkstoffe mit hoherer Oxidations- und Korrosionsbestandigkeit gegenuber Sauren, Laugen und Schlacken werden durch Zusatz von A1,0, erhalten, wodurch in das Si,O,-Gitter teilweise Al und 0 eingebaut werden ( S A L O N Keramik). Die Siliciumnitridkeramik kann Dauertemperaturen bis 1300°C ausgesetzt werden. Deshalb ist sie als Konstruktionswerkstoff fur Bauteile der Aluminium-, Messing-, Blei-Zinn-, Zink- und Magnesium-GieBereitechnik pradestiniert. Als solche kommen uber die in Tab. 6.26 genannten Beispiele hinaus in Betracht: Steigrohre, GieRrinnen und Schmelzwannenauskleidungen, Schwimmer, GieBstopfen, Dosierventile, GieljpfannenverschluBsysteme, Schmelztiegel, Bauteile
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Werkstoffe fur hohe Temperaturen
Zeit
7300"C
0
60
720
180 Zeit
min 300
0
0
60
720
180 min
Zeit
300
Bild 6.31 Kriechverhalten von reaktionsgesintertem Siliciumnitrid nicht zu hoher Dichte (mcist 2.1 1 bis 2,26 g em-?) in Luft (durchgezogen) und im Vakuum (gc'strichelt) bei verschicdencn Tempcraturen (nach G. Grnthwohl und 15 Thiimmler)
Tabelle 6.26 Methoden der Formgebung von Siliciumpulvern und Moglichkeiten des Einsatzcs dcr daraus gefertigten Siliciumnitridbauteile (nach 16.231) Formgebungsverfahren fur Siliciumpulver
Einsatzmiiglichkeiten fur Siliciumnitridkeramik
Strangpressen zur Herstellung von Rohren in eincm wciten Bereich von Wandstiirke. Durchmcsser und LBnge
Gaseinleitungsrohre fur die Aluminiumindustrie. Thermoelementschutzrohre. Warmetauschermodule
Isostatisches Pressen mit evtl. Nachbcarbeitung in vornitriertcm Zustand bei Prizisionsteilen Pressen von Massenformteilen in Matrizcn mit Obcr- und [Jnterstempel
Brennkammerrohre, Zubehorteile von Gasturbinen. HcilJgaslager. HeiBpreBmatrizen Giel3dusen. Ventilsitze. Isolierteile. Stranggul3dusen, Gasbrennerdusen
SpritzguB zur Herstellung kompliziert geform- Turbinenschaufeln, Dichtungen. Vcntilc f u r Siiurepumpen, SchweiRdusen ter Bautcilc in groRen Stuckzahlen
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
269
fur SpritzguB, Kokilleneinsatze u. a. Als weitere Anwendungsfalle werden Rekuperatoren fur die Warmeruckgewinnung aus Gasen und Flussigkeiten bis uber 1000°C sowie Mischer fur Gas und Flussigkeiten genannt [6.24]. Gleitringdichtungen fur Saurepumpen werden mit Erfolg eingesetzt. Daruber hinaus wird ein breiter Einsatz im Motorenbau, z. B. fur Ventile oder Kolbenringe, angestrebt.
6.6.4 Kohlenstofferzeugnisse Werkstoffe aus Kohlenstoff haben wegen ihrer hohen Temperaturbestandigkeit, der bemerkenswerten elektrischen, thermomechanischen und chemischen Eigenschaften sowie nicht zuletzt aus Grunden der Materialokonomie vielfaches technisches Interesse gefunden (s.a. Abschn. 7.17). Ihren Eigenschaften nach nehmen sie eine Zwischenstellung zwischen den Metallen und Nichtmetallen ein. Haufig werden sie deshalb dort eingesetzt, wo diesen Stoffgruppen eigene Eigenschaften in einem Material gefordert werden. Die Hauptmenge der Kohlenstoffwerkstoffe wird in Anlehnung an die keramische Technologie aus Koksen und Naturgraphit hergestellt. Fur spezielle Zwecke werden Sonderkohlenstoffwerkstoffe, wie glasartiger Kohlenstoff, Pyrographit und Kohlenstoffasern durch Pyrolyse ausgewahlter Kohlenwasserstoffe oder durch Sinterung reiner Graphite erzeugt. In der Natur sind zwei kristalline Modifikationen des Kohlenstoffs bekannt: der kubische Diamant und der hexagonale Graphit. Die stabilste Modifikation ist Graphit. Diamant zerfallt bei etwa 2000°C in Graphit. Graphit hat ein ausgesprochenes Schichtgitter, in dem die Atome innerhalb der einzelnen Schichten starker, von Schicht zu Schicht jedoch schwacher aneinander gebunden sind, woraus die leichte Spaltbarkeit sowie die guten Gleiteigenschaften des Graphits und seine Verwendung als Hochtemperatur-Schmiermittel resultieren. AuBerdem spricht man von amorphem Kohlenstoff, der eigentlich nicht amorph ist, sondern aus einigen ,urn-groBen Kristalliten mit Graphitstruktur besteht. Beim Erwarmen uber 2000 "C wachsen die Kristallite, die Schichten glatten sich, und es entsteht Graphit. Dieser ProzeB wird Gruphitierung genannt. Die thermische Ausdehnung aller Kohlenstoffwerkstoffe ist gering. Sie liegt unter 4 . 10-6K-1. Mit steigender Temperatur erhoht sich der Ausdehnungskoeffizient nur wenig. Beim Erwarmen von Steinen aus amorphem Kohlenstoff uber die Brenntemperatur hinaus treten Schwindungserscheinungen auf, die die thermische Dehnung bei weitem kompensieren konnen. Die Schwindung ist auf die Umwandlung in Graphit zuruckzufuhren (Dichte steigt von 1,88 auf 2,07 gcm-3). Stark graphitierte Materialien zeigen keine Nachschwindung. Dank der guten Warmeleitfahigkeit, des relativ niedrigen Ausdehnungskoeffizienten und des kleinen E-Moduls (Tab. 6.27) ist auch die TWB der Kohlenstofferzeugnisse gut. Die thermische Bestandigkeit von Kohlenstoffen ist an sich sehr hoch. Sie wird aber durch das umgebende Medium, vor allem den Sauerstoff der Atmosphare, und andere oxidierende Stoffe stark herabgesetzt (s.a. Abschn. 7.17). Die Schmelztemperatur von Graphit ist nicht genau bekannt. E r sublimiert bei normalem Druck ab etwa 3500°C. Die Festigkeit nimmt mit steigender Temperatur zu, jedoch beginnen Graphiterzeugnisse ab 2500°C und nichtgraphitierte Kohlenstofferzeugnisse ab 1900"C unter Belastung zu flieBen. Die Kohlenstoffwerkstoffherstellunggeht von auf unterschiedliche Kornungen gemahlenem Koks, unter Umstanden mit Graphit- und Anthrazitzusatz, aus, der
270
6
Werkstoffe fur hohe T e m p e r a t u r e n
Tabelle 6.27 Eigenschaften von Kohlenstoffwerkstoffen (nach [ 6 . 2 5 ] ) Eigenschaft
GroRkohlenFormkBrpergraphit stoffst ranggesen kisosta tisch erzeugnisse gcpreRt gepreBt gepreI3
KBrnung. max. Durchmesser in mm Rohdichte in gem Druckfestigkeit in MPa Biegebruchfcstigkcit in MPa E-Modul in GPa Wirmeleitflhigkcit in W m-l K I Spez. elektr. Widerstand in 10-6 Qm Therm. Ausdchnungskoeffizient in 10 ‘lK-1
20 1-55 . . . I ,X3 20 . . . 85 5 . . . 40 4 . . . 6,s
60 . . . 175 1 0 . . . 24
1.8 . . . 3.2
0.7 I .70 40 . . . 37 IS . _ _25 5 . . . 15 I I h _ . .209 5 . . . 12 1.0.. . 2.9
0.1 1.xo 72 . . . 80 32 _ _ _ 40 7 . . . 10 75 _ _ _ 93 14 . . . 18 2.4 . . . 2.X
0.1 I .x3 X4 35 x.5 X7 15 2.5
mit einem Bindemittel (meist Steinkohlenteerpech) vermischt und plastifiziert sowie durch Pressen geformt wird. Danach werden die Rohlinge bei maximal 1400°C gebrannt. Wahrend des Brennens geht das hochkohlenstoffhaltige Bindemittel in den festen Zustand uber und bindet die Ausgangsfeststoffkomponenten ein (Pyrolyse). Bei bestimmten Qualitaten, die einen hohen Graphitanteil aufweisen sollen, werden die Formkorper anschlieknd noch im direkten Stromdurchgang auf maximal 3000°C erhitzt (Gruphitierwzg). Als Folge dessen werden die elektrische sowie die thermische Leitfahigkeit verbessert, die Harte jedoch nimmt ab. Kohlenstofferzeugnisse werden sowohl als kompakte Formteile wie auch als Stampfmassen verarbeitet. Hervorzuheben ist, da13 sich gebrannte und noch besser die weniger harten graphitierten Erzeugnisse spanabhebend bearbeiten lassen. Beispielsweise konnen mit so endbearbeiteten Blocken Ofen und Behalter ausgebaut werden, ohne daB groBe Fugen entstehen und Mortel verwendet werden mul3. Im Maschinen- und Anlagenbau werden vor allem gruphitierte Kohleristofferzeugnisse z. B. als Elektroden fur Lichtbogenofen und Elektrolyseanlagen, als Warmetauscher, Rohrleitungs- und Behalterauskleidungen in der chemischen Industrie, als feuerfeste Baustoffe fur Herde von metallurgischen Ofen sowie als Reflektor- und Moderatorwerkstoff in Kernreaktoren eingesetzt. Nutzungsbeispiele fur Fomzkorprrgruphit sind Bursten in rotierenden Elektromaschinen, Dichtungen, Lager (s.a. Abschn. 9.2), Matrizen fur das HeiBpressen (Drucksintern) und Kokillen zum StranggieBen. Die Eigenschaften der Erzeugnisse hangen in hohem MalSe von der Reinheit, der physikalischen Beschaffenheit und der Kornung der Ausgangssstoffe sowie von den Verarbeitungsbedingungen, insbesondere vom Formgebungsverfahren ab (Tab. 6.27). Die meistens angewendete Formgebung durch Strangpressen oder Gesenkpressen bedingt eine Gefugetextur und damit eine Anisotropie der mechanischen Eigenschaften, derzufolge die Eigenschaftswerte in Abhangigkeit von der Lage der Beanspruchungsrichtung zur vorzugsweisen Kornorientierung uber einen g r o k r e n Bereich streuen. Vielfach trifft man noch - neben anderen - eine Einteilung in C r o p -und Kleinkohlensto~i.rzeugnisse an, die sich auf die Abmessungen und die Kornung (max. Kornung 20 mm bzw. etwa 1 mm) bezieht. Mit der Einfuhrung des isostatischen Pressens wurden jedoch die abmessungsbedingten Schranken fur feinkornige Kohlenstofferzeugnisse aufgehoben. Beim isostatischen Pressen wird auch die Texturbildung vermieden.
6.6
Feuerfeste Werkstoffe
27 1
Die Herstellung von Sonderkohlenstoffwerkstoffen geht von Kohlenwasserstoffen aus, die thermisch zersetzt werden (Pyrolyse). So lassen sich durch Pyrolyse spezieller Cellulose- oder anderer organischer Fasern Kohlenstoffasern gewinnen, die eine Festigkeit von 1200 bis 2800MPa bei einem E-Modul von 175 bis 400 GPa aufweisen. Sie werden zur Verstarkung von Polymeren, Glas und Keramik sowie fur Gewebe und Filze verwendet. Glasarriger Kohlenstoff kann durch die Pyrolyse von Duromeren erhalten werden. Die Bezeichnung glasartig charakterisiert das Aussehen, die Dichtheit und die Sprodigkeit des Werkstoffes, nicht aber seine Struktur. Wird der bei der Pyrolyse gasformiger Kohlenwasserstoffe gebildete Kohlenstoff auf heiBen Flachen niedergeschlagen, so entsteht Pyrokohlenstoff (bei 1500 bis 1700°C) oder Pyrographir (uber 2000°C). Durch die Ausscheidung von Pyrokohlenstoff bzw. -graphit auf konventionelle Kohlenstofferzeugnisse laBt sich deren Oxidationsbestandigkeit verbessern. Die Sonderkohlenstoffmaterialien werden vor allem in der Kern- und Raumfahrttechnik, in der Halbleiterindustrie und als Hochtemperaturwerkstoffe eingesetzt. Die ausgezeichnete chemische Bestandigkeit des Graphits gegenuber Metallschmelzen und Schlacken wird zur Herstellung tongebundener Graphiftiegelund -steine genutzt. Zu diesem Zweck wird grobflinziger Naturgraphit mit 40 bis 60% feuerfestem Ton gemischt, mit Wasser plastifiziert, geformt und bei 1400°C gebrannt. Im Einsatz schutzt die Schamotte den Graphit vor der Oxidation durch den Sauerstoff der Ofenatmosphare, wahrend der Graphit den Angriff der Schamotte durch die Schlackenschmelze hemmt. Graphittiegel werden z. B. in der GieBereiindustrie verwendet.
Literaturhinweise
[6.9] [6.10] [6.1 I ]
[6.12]
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6
Werkstoffe fur hohe Temperaturen
[6.13] Kieffer, R., G. Jangg und P Ettmayer: Sonderrnetalle. Wien, New York: Springer-Verl. 1971 [6.14] Konopcky, K. : Feuerfeste Baustoffe. Dusseldorf: Verl. Stahleisen 1957 [6.15] Safmang, H . und H. Scholze: Kerarnik - Teil2, Kerarnische Werkstoffe. Berlin: Springer-Verl 1983 [6.16] Schuffe, W : Feuerfeste Werkstoffe. Leipzig: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1990 [6.17] Petzofd, A . und J . Ulhricht: Feuerbeton. Leipzig, Stuttgart: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1994 [6.18] CRC Material Science and Engineering, Handbook / ed. Shackelford, J . E : CRC Press London 1994 [6.19] Dworak, U., H . Olepanskyk und G. Thamerus: Festigkeitssteigerung von rnehrphasigen kerarnischen Werkstoffen am Beispiel der Systerne ZrOZ-ZrO2/Al20,Zr02/A1203TiC.Ber. DKG 54(1977)2,416; 55( 1978)2,98 [6.20] Claussen, N . und J. Jahn: Umwandlungsverhalten von Zr0,-Teilchen in ciner keramischen Matrix. Ber. DKG 5(1978)11,487 [6.21] Berroth, K . : Hochternperaturkerarnik - Kerarnische Werkstoffe, Integrationskonzept, Anwendungen. Keram. Zeitschr. 46( 1994)1, 19 [6.22] Kriegesmann, J. : Technische Keramische Werkstoffe. Deutscher Wirtschaftsdienst. J. von Freyend GrnbH, Koln, Grundwerk 1989 [6.23] Siliciumnitrid, der Werkstoff for Ingenieure. Rosenthal Advanced Materials Engineering GrnbH, Selb, BRD [6.24] Furster, S., B. Sack und P Quell: Kerarnische Rekuperator-Brenner-Elemente. Kernforschungsanlage Julich GmbH, Julich, BRD, April 1979 [6.25] Winnacker, K. und L. Kiichler: Chemische Technologie, Band I. Munchen: Carl Hanser Verl. 1970 [6.26] Petzofd, A . und J. Ulhricht: Aluminiurnoxid. Leipzig: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1991 [6.27] Schedfer, W : Hartrnetall fur den Praktiker. Dusseldorf: VDI-Verl. 1988 [6.28] Arzt, E. und G. Grahle: Z. Metallkd. 87(1996)8, 74 [6.29] Warmfeste Werkstoffe fur Kraftwerksanlagen. Berlin, Dresden: VEB Kombinat Kraftwerksanlagenbau 1985 [6.30] Mayer, K.H., C. Berger, 7: Kern und R.B. Scarlin: Werkstofftechnische Entwicklungen fur Darnpfturbinen mit hohern thermischen Wirkungsgrad. I n : - Werkstoffe fur die Energietechnik: Symposium 3, Werkstoffwoche ‘96 / Hrsg. H. W Griinling; Frankfurt: DGM Inforrnationsgesellschaft mbH 1997, S. 49-55 [6.31] Potthast, E., K.H. Schiinfefd und G. Stein: Schmiedestucke fur den Energiernaschinenbau. In: - Werkstoffe fur die Energietechnik: Symposium 3, Werkstoffwoche ‘96 / Hrsg. H. W Griinling: Frankfurt; DGM Informationsgesellschaft rnbH 1997, S. 71-79 [6.32] Hardt, R.: Werkstoffe fur Dampferzeuger rnit hiichsten Dampfiustanden. In: Werkstoffe fur die Energietechnik: Symposium 3, Werkstoffwoche ‘96 / Hrsg. H. W Griinling; Frankfurt; DGM Informationsgesellschaft rnbH 1997, S. 35-41 [6.33] Beier, W , J. Heinz und W Pannhorst: Langfaserverstarkte Glaser und Glaskeramiken - eine neue Klasse von Konstruktionswerkstoffen. VDI Berichte Nr. 1021, 1993 S. 255-267 [6.34] Pavluskin, N . M.: Vitrokerarnik. Leipzig: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1986
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Nach Schatzungen liegen die durch Korrosion verursachten volkswirtschaftlichen Verluste in der GroBenordnung von mehreren Prozent des Bruttosozialproduktes. In sie gehen nicht nur die direkten Schaden - Zerstorung von Maschinen, Apparaten, Rohrleitungen u. a. -, sondern auch Folgeschaden, wie sie durch Betriebsstillegungen infolge des Ausfalls von Aggregaten eintreten, sowie die Kosten fur vorbeugende KorrosionsschutzmaBnahmen,wie Anstriche, Anstricherneuerungen usw., mit ein. Uber Ursachen von Schadigungen sowie ablaufende Mechanismen existiert ein umfangreiches Wissen [7.1]. Eine genaue Voraussage jedoch, wie sich ein unbekannter Werkstoff in einem gegebenen Medium verhalt, ist bis heute nicht moglich. Aus diesem Grund konnen verlaBliche Daten nur im Laboratorium oder unter betrieblichen bzw. betriebsnahen Bedingungen ermittelt werden [7.2] bis [7.17]. Diesem Sachverhalt Rechnung tragend, werden im folgenden fur den Einsatz in korrosiven Medien in Betracht kommende polymere, metallische und silicattechnische Werkstoffe behandelt und ihr Korrosionsverhalten, wie es sich im einzelnen, speziellen Fall darstellt, beschrieben. Eine Ubertragung auf andere oder ahnlich gelagerte Falle ist nur bedingt moglich. Die Darlegung geschieht sowohl vom Standpunkt des aktiven (Werkstoffwahl, Anderung der Werkstoffzusammensetzung) als auch des passiven Korrosionsschutzes (Anwendung von Schutzschichten). Wetterfeste Stahle (Abschn. 3.1.6) sowie warmfeste und oxidationsbestandige Werkstoffe (Abschn. 6.2) sowie Federstahle fur korrosive Beanspruchung (Abschn. 10.2.3) werden an anderer Stelle erortert.
7.1 Polymerwerkstoffe Die Bestandigkeit eines Polymeren gegenuber korrosiv wirkenden Medien hangt in entscheidendem MaBe vom chemischen Aufbau der Makromolekule und ihrer Struktur sowie in bestimmtem Umfang auch von den in fast allen technischen Polymeren enthaltenen Zusatzstoffen (Full- und Verstarkungsstoffe, Weichmacher, Farbstoffe, Stabilisatoren) ab. In noch ausgepragterer Weise als fur metallische Werkstoffe gilt bei Polymeren die Erfahrung, daB fur die Eignung unter gegebener korrosiver Beanspruchung zwar quantitative Schlusse gezogen, aber wegen der Vielzahl der EinfluBgroBen keine Verallgemeinerungen getroffen werden konnen. Deshalb ist es im Einzelfall immer angeraten, die von den Werkstoffherstellern angegebenen Kennwerte, die meist in Bestandigkeitstabellen mit Angabe von Konzentration und Temperatur der einwirkenden Medien zusammengefaBt sind, heranzuziehen. Im allgemeinen beeinflufit bei Polymerwerkstoffen das Eindiffundieren von Medien die Eigenschaften weitaus starker
7
274
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
als bei metallischen Werkstoffen, da bei diesen die Wirkung gewohnlich auf den oberflachennahen Bereich beschrankt bleibt.
7.1.1 Wichtige Korrosionserscheinungen Eine grofiere Anzahl von Polymerwerkstoffen hat die als Qitellrn bezeichnete unangenehme Eigenheit. durch Aufnahme von Dampfen oder Flussigkeiten das Volumen zu vergrofiern (Bild 7.1). Der Quellvorgang kann, wenn infolge einer Entmischung ein gequollenes Gel mit einer Losung im Gleichgewicht steht, begrenzt oder. wenn der Festkorper schliefilich in eine homogene Losung ubergeht, unbegrenzt sein. I n jedem Falle ist er mit einer Anderung der Polymerenstruktur verbunden. Im Gegensatz zu solchen (inaktiven) Medien, die nur in dem Mafie, wie es die Porositat und die spezifische Oberflache erlauben, sorbiert werden und die keine Quellungen sowie Strukturveranderung verursachen, werden diejenigen, deren Einwirkung zu einer Volumenzunahme fuhrt, als aktive Mittel bezeichnet.
PolYethYlen.PolYisobutylen, Polystyren. Polypropylen. Polytetrafluorethylen: unquellb
I ID'
2
I
I I IIIII
I
4
2
6
8 10'
I
I I IIIII 6 B lo3
4
I 2
1
1 4
6mgB loo6
Wasseraufnahme
Bild 7.1 Richtwerte fur die Wasscraufnahrne verschiedcner Polyrnerwerkstoffe. heyogen nuf gleiche Prufkiirper. nach 4 Tagen bei 20°C
Bei genugend langer Einwirkung des Quellmittels kommt es zur Sattigung. Sie wird um so eher erreicht, je grofier der Diffusionskoeffizient des Werkstoffes fur das eindiffundierende Medium, je groRer das Oberflachen-Volumen-Verhaltnis des Formteiles und j e hoher die Temperatur ist. Die Eigenschaftsanderungen, wie Mafianderungen, Verschlechterung der physikalischen Eigenschaften u.a.. haben zur Folge, dafi zur Quellung neigende Werkstoffe fur viele praktische Anwendungen unbrauchbar sind. Nur in wenigen Fallen la& sich die Quellung ohne bleibende Werkstoffschadigung ruckgangig machen (,,Austrocknung").
7. I
Polymerwerkstoffe
275
Das gleichzeitige Einwirken von aktiven oder inaktiven Mitteln und auBerer mechanischer Beanspruchung bzw. inneren Spannungen kann auBerdem zu Spannungsri~korrosionfuhren. Der Grad der Quellung und damit der Eigenschaftsanderung hangt von der Polaritat des Polymeren und des Mediums ab. Wahrend unpolare Polymere, wie Polyethylen oder Polystyren, in nichtpolaren Medien (Benzin, Benzen) quellen oder sogar gelost werden, sind sie gegen polare Medien (Alkohole, Wasser) resistent. Dagegen werden Polymere mit polaren Gruppen (z. B. Polyamide) umgekehrt von polaren Medien gequollen oder gelost, nicht aber von unpolaren. Von der Quellung sind wegen der unvernetzten Struktur alle Thermoplaste und auch die nur schwach vernetzten Elastomere betroffen. Auf Grund ihrer groneren Ordnung und der dadurch bedingten starkeren zwischenmolekularen Wechselwirkungen quellen kristalline Bereiche langsamer und schwacher. Infolgedessen konnen Bauteile, die amorphe Randschichten und ein weitgehend kristallines Inneres aufweisen (beispielsweise nach rascher Abkuhlung von SpritzgieBtemperatur), erheblichen Verzug erleiden. Bei Duromeren quellen vorwiegend die Zusatzstoffe, z. B. Holzmehl. Oft zeigt sich dabei infolge der in bestimmten Richtungen bevorzugt angeordneten Fullstoffe eine Anisotropie. Die Quellung von Polyamiden im Kontakt rnit Feuchtigkeit wird nicht als unerwunschter Vorgang gewertet, da durch die Wasseraufnahme (bei PA6 max. 10%) die Zahigkeit der sonst sproden Werkstoffe merklich verbessert wird. Die MaBveranderungen der Bauteile werden in Kauf genommen und bei der Konstruktion und BemaBung berucksichtigt. Wie bereits erwahnt, ist die Quellung oftmals die Vorstufe einer Liisung (unbegrenzte Quellung), in deren Verlauf der feste Zusammenhalt der Makromolekule untereinander verlorengeht und der polymere Werkstoff schlieljlich rnit dem Losungsmittel eine homogene Losung bildet. Damit gehen alle fur die Anwendung wichtigen Eigenschaften des Festkorpers verloren. Amorphe Strukturen werden leichter gelost, wahrend kristalline Bereiche dem Eindringen des Losungsmittels sich solange widersetzen, wie sie noch nicht ,,aufgeschmolzen" sind. Erhohte Konzentration und Temperaturen des Losungsmittels beschleunigen den Losungsvorgang, so daB sich ein Werkstoff gegenuber dem gleichen Losungsmitteltyp recht unterschiedlich verhalten kann. Da das Losen eine unvernetzte Struktur voraussetzt, ist es nur bei Thermoplasten anzutreffen. Es wird bewurjt genutzt beim Verkleben von Thermoplasten sowie zur Herstellung von Klebgrundstoffen (s.a. Abschn. 11.3). Eine Vielzahl von Medien wirkt aggressiv auf Polymere, indem sie nicht zu Quellung oder Losung, sondern zu irreversihlen Veranderungen des chemischen Aufh u e s der Makromolekiile durch Oxidation, Hydrolyse, Dehydratation, Abbau oder Vernetzung fuhren. Zu diesen Medien zahlen starke und vor allem oxidierende Sauren sowie starke Laugen. Die Widerstandsfahigkeit der verschiedenen Gruppen von Polymeren gegenuber derartigen Veranderungen, die stets rnit einer Verschlechterung der Werkstoffeigenschaften verbunden sind, hangt weitgehend von der chemischen Struktur der Makromolekule, insbesondere von der Reaktionsfahigkeit der Seiten- und Endgruppen mit dem korrodierenden Mittel ab. Es ist deshalb auch verstandlich, darj bereits geringfugige Veranderungen im chemischen Aufbau, wie sie durch Copolymerisation rnit anderen Komponenten oder Substitution von Seitengruppen (z. B. Nachchlorierung von PVC, Ionenaustausch bei Polyvinylverbindungen) erzielt werden, einen starken EinfluB auf die chemische Bestandigkeit ausuben konnen. So sind unpolare Polymere gegen
276
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
chemisch aggressive Medien gut bestandig. Nach der Einfiihrung polarer funktioneller Gruppen bzw. Substituenten in die Kohlenwasserstoffkette verringert sich die Chemikalienresistenz. Wird dagegen der Wasserstoff durch Fluor substituiert, resultiert eine extreme Bestandigkeit gegen nahezu alle Chemikalien. Im folgenden sollen an technisch wichtigen Werkstoffen das Verhalten sowie die Anwendung von Polymeren unter korrosiven Einfliissen uber das in Abschn. 3.4 bereits Gesagte hinausgehend charakterisiert werden. Zu der in Tab. 7.1 gegebenen Ubersicht ist zu bemerken, dafi sie lediglich eine grobe Einschatzung des Werkstoffverhaltens gegeniiber ganzen Gruppen von Medien darstellt. Es kommt in ihr weder der EinfluB der Einwirkungszeit und -temperatur des Mediums noch der von Modifizierungen des Werkstoffes im einzelnen zum Ausdruck.
7.1.2 Thermoplaste Polyethylen (PE) besteht aus unpolaren, gesattigten Kohlenwasserstoffketten. Es weist daher, wie die Paraffine, nur eine geringe Neigung zur Losung und zu chemischen Reaktionen auf. Die Absorption von Wasser ist sehr gering. Stark polare Losungsmittel konnen bei Raumtemperatur hochstens den amorphen Anteil angreifen. Erst bei hoheren Temperaturen lost sich P E in geeigneten Mitteln auf. Aliphatische, aromatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe wirken zwar bereits bei Raumtemperatur quellend, der Vorgang ist aber vollig reversibel. Leider ist das Polyethylen im Kontakt mit zahlreichen Medien anfallig gegen Spunnungsriflkorrosion, wodurch seine Anwendung starker eingeschrankt wird. Dazu zahlen aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ester, Ketone, Ether, organische Sauren, Ole und Fette, Metallseifen, NaOH und KOH. Gegenuber nicht oxidierenden Sauren jeder Konzentration, wie HCI, HF, H3P04,und auch verdunnter H2S0, und HNO, ist Polyethylen bestandig; konzentrierte H,S04 und HNO, hingegen zerstoren die Makromolekule rasch. Bei Einwirken von F, Br und C1 werden H-Atome substituiert; auch eine Chlorsulfonierung ist moglich. Im letzten Fall wird sogar das Korrosionsverhalten, vor allem in Kontakt mit konzentrierter H,SO, und H,CrO, wie auch gegenuber HzOzund CaCl(OC1) sowie anderen stark oxidierenden Mitteln verbessert. Das PE hat dank seiner vielseitigen Verwendbarkeit fur die Beschichtung (s. Tab. 7.2) von Metallen sowie die Herstellung korrosionsbestandiger Formteile und Halbzeuge (Rohre, Rohrauskleidungen) eine grolje Bedeutung erlangt. Wegen des ahnlichen chemischen Aufbaues weist auch das Polypropylen (PP) eine gute Bestandigkeit auf und neigt aufierdem weniger zur SpannungsriBkorrosion. Gegen Oxidationsmittel und O2ist es jedoch nicht widerstandsfahig. Polyisobiitylen (PIB) ist wie P E aus gesattigten Kohlenwasserstoffen aufgebaut und diesem auch in seinem chemischen Verhalten nahestehend. In niedrigen Alkoholen, Ketonen und Estern ist es unloslich und gegen die meisten Sauren und Laugen sowie wanrigen Salzlosungen resistent. Starke Oxidationsmittel, aliphatische, aromatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe aber sowie Ole und Fette greifen das PIB an. Hauptanwendungsgebiet von Polyisobutylen ist die Beschichtung von Metallen (s. Tab. 7.2) sowie die Auskleidung von Behaltern aus metallischen und nichtmetallischen Werkstoffen (z. B. Beton). Im Polystyren (PS) ist innerhalb der monomeren Einheit ein Wasserstoffatom durch eine Phenylgruppe C & - ersetzt. Dadurch werden die bei Phenylgruppen
7. I
Polymerwerkstoffe
277
moglichen Reaktionen, wie Hydrierung, Chlorierung, Sulfonierung oder Nitrierung, auch auf das PS ubertragen. Sie fuhren zum Abbau, teilweise auch zur Vernetzung der Makromolekule. Auf Grund des unpolaren Charakters erweist sich PS im Kontakt mit Wasser und wasrigen Losungen nicht oxidierender, anorganischer Verbindungen einschlieBlich schwacher HCI, H2S04 und H 3 P 0 4 sowie Laugen als sehr widerstandsfahig. Von Chlorkohlenwasserstoffen hingegen und Benzen, Xylen, Ketonen oder Estern wird es bereits bei geringen Konzentrationen gelost. Eine Reihe nicht losender (inaktiver) Mittel, wie Pentan, Hexan oder hohere Alkohole, bewirken starke Spannungsriokorrosion, die durch Copolymerisation rnit Acrylnitril (SAN) oderhnd Butadien (SB, ABS) eingeschrankt bzw. beseitigt werden kann. Dadurch wird auch das Verhalten gegenuber Losungsmitteln und anderen Chemikalien verandert (s. Tab. 7.1). Die ausgezeichnete Bestandigkeit des Polyvinylchlorids (PVC) in Sauren, Laugen, Salzlosungen und unpolaren Losungsmitteln gilt nur fur den weichmacherfreien und nicht schon thermisch geschadigten (Entstehung von Doppelbindungen) Werkstoff. Im Kontakt rnit Wasser quillt das PVC; bei Raumtemperatur noch reversibel (Sattigungswert etwa 1%), bei T > 40 " C starker und mit erheblicher FestigkeitseinbuBe. In anderen Medien (aromatischen Kohlenwasserstoffen und Chlorkohlenwasserstoffen, Ketonen und Estern) wird PVC durch Quellen oder Losen angegriffen. Da viele Reaktionen rnit aggressiven Stoffen dank der geringen Diffusionsmoglichkeit auf die Oberflache beschrankt bleiben, werden die mechanischen Eigenschaften nur unwesentlich verandert. Aus diesem Grunde zahlt das PVC zu den bestandigsten und am haufigsten fur korrosiv beanspruchte Bauteile oder als Beschichtungsmaterial (Pumpen, Rohre, Behalter, Rohr- und Behalterauskleidungen) eingesetzten Polymeren. Das gunstige Verhalten des Polymethylmethacrylats (PMMA) gegenuber schwachen Sauren, Laugen und waBrigen Losungen anorganischer Salze wird in Verbindung rnit seiner Durchsichtigkeit vor allem im chemischen Apparatebau benutzt. Polare Losungsmittel, wie Ketone, Ester und Chlorkohlenwasserstoffe, quellen oder losen das PMMA und fuhren zur Spannungsriflkorrosion. Polyamide (PA) nehmen wegen der sehr festen Wasserstoffbruckenbindung hinsichtlich der chemischen Bestandigkeit eine Sonderstellung ein. Sie werden von den meisten Losungsmitteln nicht angegriffen und nur von solchen gelost, die die Wasserstoffbruckenbindungen zu spalten vermogen (Wasser rnit Phenol, Kresol, Ameisensaure, Eisessig). Gegen starke anorganische Sauren sind Polyamide nicht bestandig. Sie werden haufig fur Apparateteile im Kontakt mit Laugen und organischen Losungsmitteln wie als Beschichtungsmaterial herangezogen. Den Polyamiden vergleichbar sind die linearen Polyurethane (PUR), die in starken Sauren korrosionsfester, in einigen Losungsmitteln hingegen weniger resistent als PA sind. Hochsten Anspruchen an das Korrosionsverhalten werden die Polyjluorcarbone (PTFE, PCTFE) gerecht. PTFE wird nur von Natriummetall und flussigem Ammoniak angegriffen und PCTFE daruber hinaus von Estern und Chlorkohlenwasserstoffen angequollen. Wegen der Schwierigkeiten bei der Verarbeitung und des hohen Preises werden sie als Halbzeuge (Rohrleitungen, Folien) und Formteile (Kolbenringe, Dichtungen, Lager, Pumpen und Ventile) sowie zur Beschichtung in Beruhrung rnit korrodierenden Medien nur dort eingesetzt, wo andere Werkstoffe versagen.
Kurzzcichen
PE-ND PE-HD PP PIB Ethylen-Vinylacetat-Copoly- EVA merisat Polyvinylchlorid-Hart PVC-u Polyvinylchlorid-Weich PVC-P Polytetrafluorethylen PTFE PCTFE Polychlortrifluorethylen Polystyren-Homopolymerisat PS SB Polystyren. schlagzah SAN Styrol-AcrylnitrilCopolymerisat Acrylnitril-Butadien-Stvren ABS Copolymerisat PMMA Polymethylmethacrylat PA Pol yamide PETP Polyethylenterephthalat Pol ycarbonat PC POM Pol yoximethylen CN Cellulosenitrat
Thermoplaste Polyethylen niedercr Dichte Polyethylen hoher Dichte Polypropylen Polyisobutylen
Werkstoff
+ + -
c
3
+ 1
+
I)
+
1
-
+
I)
I
+
J
+
+ +
+ +
+ + + +
+ + + + +
+
+
+ + + + + +
+ + + + +
3
+ I
+ + +
-
1
-
+
I)
-
-
+
+ I
-
+
-
+ +
+ +
+ + \I)
+
im Kontakt mit
+ J
+ 3
Alko- Kctonen Estern CKW holen
(I)
+ +
3
+
+ +
\I)
+ +
schwa- starken schwa- starken chen Siuren chen Laugen Sauren Laugen
Tabelle 7.1 Bestandigkeit von Polymeren (ausgewahlte Beispielc)
+ +
+ +
aliphat. aromat. KW KW
+
+
+
i
+
+
0
+
+
+
+
3
+
-
+ +
I)
Spannungsriflkorrosion
0
I)
I)
Olen + Fetten
~
~~~~
Zeichenerklarung: + bestandig. unloslich ~
+ + +
+ +
0 0
-
-
+
+
NBR
SI
+
+
+
unbestandig. loslich
-
+ + -
+ 0
+
+
0 -
0
0
3
-
-
-
3
+
+
3
0
0
0
o
+ 0
-
-
+ +
-
0
-
-
-
0
+
+ +
+
+ + +
0
+
0
0 0
0 0 0
+ +
-
0
-
-
-
3
+
-
0
+ +
-
-
-
-
-
-
Alko- Ketonen Estern CKW holen
Im Kontakt mit
3
+
-
-
+ + +
+ +
+
+
3
3
0
-
+
-
-
0
0 0
+ +
-
-
-
-
0
aliphat aromat. KW KW
KW Kohlenwasserstoffe CKW Chlorirrte Kohlenwasser\toffe
-
-
-
-
0
+
-
+
-
SBR
BR
+ + +
0
-
+
3 bedingt bestindig. quellbar
Elastomere Polybutadien Butadien-StyrenCopolymerisat Butadien-AcrylnitrilCopolymerisat Siliconkautschuk
EP UP PUR
-
0
+
-
-
-
0
CP 0 PPO + PPX + PSU.PES +
PF UF,MF
_________
-
Cellulosepropionat Polyphen ylenoxid Poly-p-xylylen Polysulfone
Duromere Phenol-Formaldehyd-Harze Harnstoff-, MelaminFormaldehyd-Harze Epoxidharze Ungesattigte Polyesterharze Vernetzte Polyurethane
~~
schwa- starken schwa- starken chen Sauren chen Laugen Sauren Laugen
~
CA CAB
Kurzzeichen
Thermoplaste (Fortsetzung) Celluloseacetat Celluloseacetobutyrat
Werkstoff
~~
Tabelle 7.1 Bestandigkeit von Polymeren (ausgewahlte Beispiele) (Fortsetzung)
+
t
3
3
t
t
-
t
+
t
+ + + +
Olen + Fetten
t
+ + +
SpannungsriBkorrosion
Polyethylen Polypropylen Polyisobut ylen Polyvinylchlorid-Hart Polyvinylchlorid-Weich Vinylchlorid-VinylacetatCopolymerisat und Mischpolymerisate des Vinylchlorids Polyvinylacetat Polyvinylacetale (-formal, -butyral) Pol yvin ylidenchlorid Pol yvin ylfluorid Pol yvin ylidenfluorid Polytetrafluorethylen Polychlrotrifluorethylen Polytetrafluorethylenperfluorpropylen Polystyren Pol ymeth ylmethacrylat Polyarnide (PA6, PA6.6, PA11)
Thermoplaste
Werkstoff
PS PMMA PA
PVAC PVFO, PVB PVDC PVF PVDF PTFE PCTFE FEP
PE PP PIB PVC-u PVC-P
Kurzzeichen
+ + +
+
+
A
+
+
+
+ + +
Anwendungsform
+
+
+
+
+
+ + +
+
+
+ + +
+ +
-
+ +
Disper- Spachtel- Folie Folie Pulver sion masse mit ohne Kleber Kleber
+
+ +
Plastisol Organosol
+
+
+
+
+
LackiLosung Paste{ (ZweikomponentenSvstern)
Tabelle 7.2 Fur Beschichtungen verwendete Polymere und Anwendungsformen
+
+ +
+
Granu- Gute Haflati tung auf Agglo- Metallen rnerat
+ +
+
Grundierung notwendig
0
co
h,
+ +
+ + + + + + +
+ +
+
+
+
Lack/Losung Paste{ (ZweikomponentenSystem)
Plastisol Organosol
t
+
+ + + + +
+
+')
+')
+ +
+
+
+
+
+
+ +
-
Disper- Spachtel- Folie Folie Pulver sion masse rnit ohne Kleber Kleber
Anwendungsform
+
+ +
+
+
+
Granu- Cute Haflat/ tung auf Agglo- Metallen merat
Grundierung notwendig
Zeichenerkliirung: + moglich bzw. ublich - unmoglich bzw. nicht ublich. I ) Graphit-PF- bzw. EP-Bahnen. doubliert mit Blauasbest. Oft werden nicht oder nicht nur die reinen polymeren Werkstoffe angewendet, sondern auch Modifizierungen (z. B. mil Fullstoffen, Weichmachern)
Elastomere Chlorkautschuk (Polychlorbutadien) Kautschuk-Hydrochlorid Polvsulfid- und Butadienkautschuk
UP PUR SI
PF MF EP
Duromere Phenol-Formaldehyd-Harze Melamin-Formaldehyd-Harze Epoxidharz und Epoxidester
Ungesattigte Polyester Vernetzte Polyurethane Siliconharze Alkydharze
CN CA CAB
PC PUR
PETP
Kurzzeichen
Terephthalat-IsophthalatMischpolyester Polycarbonat lineare Polyurethane Chlorierter Polyether Cellulosenitrat Celluloseacetat Celluloseacetobutyrat
Thermoplaste (Fortsetzung) Mischpolymerisate PA6/PA6.6 Polyethylenterephthalat
Werkstoff
Tabelle 7.2 Fur Beschichtungen venvendete Polymere und Anwendungsformen (Fortsetzung)
282
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
7.1.3 Duromere Der Einsatz von Duromeren - meist mit Full- oder Verstarkungsstoffen versehen erfolgt vorwiegend fur mechanisch und thermisch hoher beanspruchte Teile, die gleichzeitig korrosiven Einflussen unterliegen. Als Beispiele sind Werkstoffe und Beschichtungsmaterialien fur Rohrleitungen, Behalter, Pumpen, Gehause und Lager oder witterungsbestandige Bauteile zu nennen. Durch die hohe Bestandigkeit gegenuber allen Losungsmitteln zeichnen sich Phenol-Formaldehyd-Harze (PF), gegenuber schwachen Sauren und Laugen hingegen die Epoxidharze (EP) aus. In starken Sauren und Laugen werden die Phenol-Formaldehyd- Harze uber den Abbau des vernetzten Harzes zerstort. Epoxidharze werden von Ketonen und chlorierten Kohlenwasserstoffen angegriffen. Harnstoff- und Melamin-Formuldehyd-Harze(UF, MF) sind selbst in schwachen Sauren und Laugen nur unter Einschrankung einsetzbar. Hierbei uben auch die Fullstoffe, insbesondere im Kontakt mit wanrigen Medien, einen EinfluB aus; organische Fullstoffe verhalten sich ungunstiger als anorganische. Ahnlich weisen iingesattigte Polyesterharze (UP) im Vergleich zu anderen Duromeren ein weniger gutes Korrosionsverhalten auf. Normaltypen sind in schwachen Sauren und Alkoholen nur bedingt bestandig. Sie werden hingegen von aliphatischen Kohlenwasserstoffen und spezielle Typen auch durch Sauren und Laugen nicht geschadigt. Bei den verstarkten Duromeren (z. B. glasfaserverstarktem E P oder UP) ist die Bestandigkeit der adhasiven Bindung zwischen dem Bindemittel (Harz) und der Matrix (Verstarkung) fur den Widerstand gegen korrosive Medien ausschlaggebend.
-
7.1.4 Elastomere Unterschiedlichste Kautschuktypen auf der Basis von ungesattigten Kohlenwasserstoffen werden vorwiegend als Auskleidungsmaterial fur Behalter und Rohrleitungen sowie wegen der differenzierten Bestandigkeit gegenuber Olen und Treibstoffen als Dichtungen, Membranen, Schlauche u.a. eingesetzt. Durch spezielle Abmischungen kann das Korrosionsverhalten vom Verarbeiter in recht weiten Grenzen variiert werden. In besonderem Mal3e vielseitig verwendbar ist Siliconkautschuk. Seine Bestandigkeit erstreckt sich auf schwache Sauren und Laugen, auch bei erhohten Temperaturen, sowie Alkohole, Ketone, Ester, aliphatische Kohlenwasserstoffe und Mineralole. Aromatische Kohlenwasserstoffe und Chlorkohlenwasserstoffe wirken quellend. Von konzentrierten Sauren und Laugen wird Siliconkautschuk zerstort.
7.1.5 Beschichtung mit Polymeren Je nach der Form, in der das Polymere fur die Beschichtung zum Einsatz kommt, werden unterschiedliche Beschichtungsverfahren angewendet. Lacke, Losungen, Dispersionen und Pasten (Spachtelmassen) werden zweckmal3ig durch Lakkieren (Spritzen, Streichen) oder Tauchen auf die zu schutzende Oberflache aufgebracht. Folien werden meist mit oder ohne Kleber in Walzwerken auf Bleche
7.2
Titan- und Titanlegierungen
283
und Tafeln kaschiert. Die Beschichtung mit Pulvern geschieht bei Blechen und Bandern durch Bestreuen und anschlieBendes Sintern zwischen Walzen, bei anderen Halbzeugen und Formteilen durch Wirbelsintern, elektrostatisches Pulverspritzen oder Flammspritzen. Granulate und Agglomerate werden zur Ummantelung von Halbzeugen mittels Extrusion aufgebracht. Fur eine gute Haftung auf dem metallischen Grundwerkstoff mu13 dessen Oberflache schmutzund fettfrei sein und eine moglichst gleichmafiige Rauhigkeit, wie sie z. B. durch Beizen erzielt wird, aufweisen. In einigen Fallen sind spezielle Grundierungen (Grundlacke) oder Haftvermittler (Phosphatieren) erforderlich. Die fur einen ausreichenden Korrosionsschutz erforderlichen Schichtdicken liegen je nach Polymertyp, Anwendungsform und Beschichtungsverfahren zwischen 20 und 2000 pm. Tab. 7.2 bringt eine Zusammenstellung der fur Beschichtungszwecke am haufigsten genutzten Polymeren sowie deren Anwendungsformen.
7.2 Titan und Titanlegierungen Die interessanten Eigenschaften des Titans und seiner Legierungen sind die geringe Dichte (Ti: 4,51 g cm-3) und geringe Warmeleitfahigkeit, die relativ hohe Festigkeit, eine Warmfestigkeit bis zu ca. 500 "C, ausgezeichnete Tieftemperatureigenschaften, ein niedriger Ausdehnungskoeffizient, die SchweiBbarkeit, die hervorragende Biovertraglichkeit und ausgezeichnete Korrosionsbestandigkeit. Letztere ist vor allem in oxidierenden und chloridhaltigen Medien gegeben. Titan gehort mit seinem Standardpotential von -1,63 V/SHE zu den unedlen Metallen. Seine Korrosionsbestandigkeit verdankt es einer Ti0,-Passivschicht. Sie weist trotz einer relativ groBen Bandlucke von ca. 3,5 eV n-halbleitende Eigenschaften auf und ist amphoter [7.8]. Vergleichbar mit Aluminium ist Titan anodisch oxidierbar [7.19]. Nach Heusler [7.20] wachst die Schichtdicke mit d = 1/ log i. Die aufgefuhrten Eigenschaften eroffnen Titan Anwendungen fur massesparende hochbeanspruchte Konstruktionen, vor allem in der Luft- und Raumfahrt, in der etwa 65% der Gesamtproduktion verarbeitet werden. In Anbetracht des vergleichbar hohen Materialpreises hat sich in einer Reihe von Fallen die pulvermetallurgische Teileherstellung durchgesetzt, weil durch sie gegenuber der konventionellen Metallurgie erhebliche Einsparungen an Maschinenarbeit (50 bis 80%) und Material (Reduzierung der Materialverluste um 70 bis 80%) erreichbar sind [7.16]. Die auf Titanbasis hergestellten Sinterformteile haben ein gleichmaBiges und feinkorniges Gefuge. Ihre statischen Festigkeitswerte erreichen oder ubertreffen die des gewalzten oder geschmiedeten Materials. Sie zeichnen sich gegenuber gegossenen Formstucken durch geringere RiBanfalligkeit aus. Ihre Duktilitatswerte sind jedoch leicht erniedrigt. Das Titan wird in der chemischen Industrie in der Regel als Reintitan fur Anlagen der Gewinnung und Verarbeitung von schwefel- und salzhaltigen Erdolen, von Chlorcalcium und Flussigchlor, bei der Meerwasseraufbereitung, in der Galvanotechnik, in der Nahrungsmittelindustrie und in der Medizintechnik eingesetzt. In letzterer dient es vorrangig als Implantatwerkstoff. Die auf Titan aufwachsenden Passivschichten haben eine hohe Widerstandsfahigkeit gegenuber Halogenidionen. LochfraBkorrosion tritt in der Regel nicht auf. Bei Anwesenheit von Halogenidionen und gleichzeitigem Auftreten von
284
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Tabelle 7.3 Bestandigkeit von Titan in Flussigkeiten (nach 17.211) Angriffsmittel
Konzentration Masse-%
Eth ylalkohol Ammoniak, gasformig Bariumchlorid Calciumchlorid Calciumhypochlorid Essigsaure Magnesiumsulfat Natriumcarbonat Salpetersaure. rot rauchend mit 20% NO?. < 2 % HZO Quecksilber( 11)-chlorid Kupfer( 1)chlorid Kupfer( 1l)chlorid
Y5 100
5 , 20 5 , 10, 25.28 2.6 5,25. 50 gesattigt 20
gesattigt
so 1,20
Temperatur s = siedend "C
Abtragungsgeschwindigkeit
S
20
A A A' A' A A A A Explosionsgefahr
100 90 100
A A' A'
40 100 100 100 S
20.60 S
A Ahtragungsgeschwindigkeit his 0.12.5 mmiJahr. hestandig A ' Spannungsriljkorrosionsgefahr in Gegenwart von Halogenidionen (CT, Br J )
.
Tabelle 7.4 Nichtbestandigkeit von Titan in Flussigkeiten (nach [7.21]) Angriffsmittel
Konzentration Masse-%
FluDsaure Brom Oxalsaure Phosphorsaure Salzsaure, nicht beluftet Schwefelsaure, beluftet Schwefelsaure, nicht beluftet B B'
1
flussig gasformig 0.5 10 1
25, 40, 50. 96, 5 78
Temperatur s = siedend "C
Abtragungsgeschwindigkeit
20 30 20 60 80
B B B B B BI B B
S
35 20
Ahtragungsgeschwindigkeit griiBer als 1.25 mmiJahr Gefahr von Spannungsriflkorrosion in Gegenwart von Halogenidionen (0. Br-. J )
inneren und/oder aul3eren Zugspannungen besteht jedoch SpannungsriSkorrosionsgefahr (Tab. 7.3 und 7.4). In nichtoxidierenden Sauren, wie Salz-, Schwefel-, Phosphor- und FluBsaure, kann der passive Zustand nicht aufrechterhalten werden. In diesen Medien wird es im aktiven Zustand unter Wasserstoffentwicklung aufgelost. In Tab. 7.4 sind Korrosionsmedien aufgefuhrt, in denen Titan nur eine geringe Bestandigkeit aufweist. Besondere Anfalligkeit besteht in Gegenwart trockener Chloride. Bereits bei Raumtemperatur kann es pyrophor reagieren. Die Korrosion in waBrigen Medien kann uber das Anlegen eines auBeren Stromes (anodischer Schutz) oder auch den Zusatz von Oxidationsmitteln, z. B. Fe3+, CrOS-, Cu*+,stark eingeschrankt werden. So wird beispielsweise durch Zugabe von 0,l Mol/l CrOi- zu 30% iger siedender H2S04die Korrosionsgeschwindigkeit von 300 mm/Jahr auf 0,l mm/Jahr vermindert. Titan-Knet- iind -Gu@legierungen (wie TiA16V4, TiAlSSn2,S, G-TiA16V4, G-TiMol l,SZr6Sn4,5) wurden in der Vergangenheit wegen ihrer gunstigen
7.2
Titan und Titanlegierungen
285
Festigkeitseigenschaften und geringen Masse vonviegend in der Luft- und Raumfahrttechnik verwendet. Heute ist auch im chemischen Apparatebau ein zunehmender Einsatz zu verzeichnen, insbesondere dann, wenn Betriebstemperaturen uber 250 "Cvorliegen und die Bestandigkeit des Titans unter reduzierenden Bedingungen durch Legierungselemente verbessert werden kann. Hierfur
Potential
-
a)
.2 Ti
Zr
Hf
V
Nb
Ta
Cr
Ti - 70Atom-% legierungse/emenl
b)
Mo
W
Bild 7.2 (nach [7.21]) a) EinfluB von Legierungselernenten auf die schernatische Strorn-Spannungs-Kurve des Titans (Doppelpfeil: besseres Korrosionsverhalten, Einfachpfeil: ungiinstigeres Korrosionsverhalten) b) Korrosionsverhalten binarer Titanlegierungen
286
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
kommen vor allem das Zirconium und das Hafnium in Betracht, die sowohl in der hexagonalen a-Phase als auch in der kubisch raumzentrierten P-Phasc vollkommen loslich sind. In ahnlicher Weise vorteilhaft wirken sich Vanadium, Molybdan, Niob und Tantal aus. Sie sind in der P-Phase vollstandig und in der a Phase begrenzt loslich. Die in der a - und P-Phase ausschliel3lich begrenzt loslichen Elemente hingegen, wie Chrom, Eisen, Cobalt, Kupfer oder Nickel, verstarken den Angriff unter reduzierenden Bedingungen (Bild 7.2) [7.21]. Eine Verbesserung der Korrosionsbestandigkeit des Titans ist auch durch Zulegieren geringer Mengen katodisch wirksamer Edelmetalle gegeben. Den starksten EinfluB zeigen wegen ihrer geringen Wasserstoffuberspannung Platin, Palladium, Rhodium und Ruthenium. Titan-Palladium-Legierungen mit 0,lS bis 0,25% Pd werden fur Sonderkorrosionsbeanspruchungen herangezogen. Bei Gehalten von I 0 , 1 5 % Pd erniedrigt sich z. B. in S%iger siedender Salzsaure die Korrosionsgeschwindigkeit um eine Zehnerpotenz und in Schwefelsaure um zwei. Fur die Chlor-Alkali-Elektrolyse werden Titununoden verwendet, die mit einer Rutheniumschicht versehen sind. Sie zeichnen sich gegenuber den herkommlichen Graphitelektroden durch eine grofiere Mafihaltigkeit und niedrigere Chloruberspannung aus, was eine erheblich verbesserte Wirtschaftlichkeit des Chlorgewinnungsverfahrens zur Folge hat. Titan ist bei Temperaturen unter etwa 300°C gegenuber Luft, Ammoniak, Wasserstoff, Wasserdampf und Kohlenwasserstoffen recht bestandig. Bei hiiheren Temperaturen wird jedoch eine zum Teil starke Korrosion beobachtet. Dabei bilden sich nicht nur oberflachliche Titanverbindungen, sondern die Metalloide diffundieren wegen ihrer grolJen Loslichkeit in das Metallinnere, wodurch das Material stark verspredet. Eine Reinigung des Titans, das durch die Aufnahme von 02,N, oder C versprodet ist, ist auch uber eine nachfolgende Vakuumgluhung nicht moglich. Titan mufi daher bei der Warmverarbeitung vor dem Zutritt dieser Medien geschutzt werden (s. a. Abschn. 3.2.3).
7.3 Aluminium und Aluminiumlegierungen Im Verein mit anderen gunstigen Eigenschaften, wie niedrige Dichte, hohe Leitfahigkeit fur Elektrizitat und Warme sowie gute Festigkeit und Verarbeitbarkeit (s. a. Abschn. 3.2.1) werden Aliiminiumwerkstc~fjevielfaltig unter den verschiedensten korrosiven Beunspriichungen eingesetzt (Tab. 7.5). Entscheidend fur die Korrosionsbestandigkeit ist die Reinheit des Materials, die fur Zwecke der chemischen Technik nicht unter 99,S% A1 liegen sollte. Aber auch dann, wenn zur Verbesserung des Festigkeitsverhaltens das Aluminium legiert werden muB, zeigt es sich meist noch widerstandsfahig, ist aber dem Reinaluminium in der Regel unterlegen. Nur in Ausnahmefallen, wie Al-Mg-Legierungen in Meerwasser, ist die Korrosionsbestandigkeit der Legierung besser.
7.3.1 Grundsatzliches zum Korrosionsverhalten Aluminium ist in bezug auf sein Standardpotential (-1,66 V) ein unedles Metall. Die gegenuber einer Vielzahl von Korrosionsmedien zu beobachtende Bestandigkeit verdankt es - wie das Titan - einer diinnen Oberflachenoxidschicht (etwa 0.7pm), die sich schon bei der Lagerung bildet. J e nach den vorliegenden Bedin-
7.3
Aluminium und Aluminiumlegierungen
287
Tabelle 7.5 Beispiele zum Korrosionsverhalten von Aluminiumwerkstoffen in verschiedenen Medien (nach B. Beyer) Einwirkender Stoff Ethylalkohol, wasserhaltig -,vollig entwassert Acetylen. trocken Ammoniak, trocken. fliissig Ethan Atmosphare. Industrie-,SeeBaustoffe. Beton. feucht Gips Benzen Benzin -, verbleit, wasserhaltig Destilliertes Wasser Freon (Kiihlmittel) Eis Fleisch, Fleischwaren Genuljmittel Meerwasser Waschmittel
AIYY.5
AlMg
AlCuMg
Verwendung
2...3
3 3...5
Druckflaschen Kiihlelemente Druckflaschen Bauwesen. Verkehr Schiffsbau
1
Behalter. Apparaturen
1 ...2
5 1 1 ...2
I 2...3 1...2 3...6 1 ...2 I 1 3...6 1...2 1
1 ...2 1 3...2 1
1 1
1 ...3
1...2
1
1 1
2
1 1 2. . . 3
1 ...2
3...5
Kaltemaschinen Kiihlanlagen Transportbehalter Folienpackungen
=2
I gut hestindig 2 hestandig 3 wcnig hcslXndig 4 noch vcrwendbar 5 hedingt verwendhar 6 unbestandig
gungen besteht sie aus amorphem und/oder kristallinem Alurniniurnoxid: An der Atmosphare gebildete Filme sind uberwiegend amorph, in Wasser und Wasserdampf gebildete meist kristallin. Unter sonst gleichen Bedingungen ist das Korrosionsverhalten um so besser, je dichter und homogener die Schicht ist. Die Homogenitat der Passivschicht ist in erster Linie vom Reinheitsgrad des Metalles abhangig (Bild 7.2). Verunreinigungen, Beimengungen und Legierungsbestandteile, die im ungelosten Zustand vorliegen, konnen die Ausbildung einer kontinuierlichen Schicht storen und damit spater Lokalelementtatigkeit auslosen. Elemente in fester Losung bedeuten eine geringe Korrosionsgefahr, weshalb dieser Zustand oft uber eine geeignete Warmebehandlung (Homogenisieren) angestrebt wird. Besonders ungunstig wirken sich die haufig im Aluminium auftretenden Kupfer- und Eisenbeimengungen aus. Eisen ist im Aluminium nahezu unloslich (0,003% bei Raumtemperatur) und liegt meist in Form der intermetallischen Verbindung FeAl, vor, die auch durch eine homogenisierende Warmebehandlung nicht beseitigt werden kann. Kupfer wirkt wegen seines erheblichen Potentialunterschiedes zum Aluminium in jedem Falle, besonders aber im ungelosten Zustand, korrosionsfordernd. Wenig beeinflufit wird das Korrosionsverhalten des Aluminiums durch Silicium, solange es sich in Losung befindet, und durch Zink, wenn sein Gehalt unterhalb der in Aluminium zulassigen Grenze bleibt. Magnesium verbessert das Korrosionsverhalten in alkalischen und kochsalzhaltigen Losungen (Seewasser), da es sich an der Oxidschichtbildung beteiligt. Titan erhoht die Bestandigkeit gegenuber Salzsaure, verschlechtert sie aber in Sodalosungen. Besonders ungunstig wirken sich edle Fremdmetallteilchen an der Aluminiumoberflache aus, weil sie in Anwesenheit eines Elektrolyten mit Aluminium Korrosionselemente bilden. Solche Metallteilchen konnen z. B. beim Walzen oder
7
288
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Ziehen mechanisch in die Oberflache eingepreljt oder auf dieser auszementiert sein. Alle Mittel, die die Oxidhaut aufzulosen vermogen, greifen die Aluminiumwerkstoffe an. In starken Sauren, wie den Halogenwasserstoffsauren, ist dies der Fall. Die Korrosionsgeschwindigkeit ist in Fluljsaure am grofiten und nimmt in der Reihenfolge Salzsaure, Bromwasserstoffsaure, Jodwasserstoffsaure ab. Auch Phosphor- und Perchlorsaure greifen Aluminium stark an. Organische Sauren sind weniger aggressiv. Der Angriff hangt im wesentlichen vom pH-Wert ab. In verdunnten organischen Sauren ist Aluminium wie auch in Salpetersaure bei Raumtemperatur bestandig. Besonders empfindlich sind Aluminium und seine Legierungen gegen Alkalien. Die Korrosionsgeschwindigkeit nimmt mit der Laugenkonzentration zu. Ausgesprochene Unbestandigkeit liegt in Natron- und Alkalilauge, in Ammoniak, Calcium- und Bariumhydroxid vor. Von neutralen Salzlosungen wird Aluminium wenig angegriffen. Die Auflosungsgeschwindigkeit nimmt jedoch zu, wenn die Losungen durch Dissoziation basisch oder sauer werden. Die ungiinstigste Wirkung haben in dieser Hinsicht Chloridionen. An der Atmosphare sind Aluminiumwerkstoffe recht bestandig. Bild 7.3 gibt die Ergebnisse einer langjahrigen Bewitterung von Reinaluminium und einigen Aluminiumlegierungen im Vergleich mit Baustahl wieder. Selbst nach 30 Jahren korrosiver Einwirkungen in Industrieatmosphare (SO2, Rulj, Staub) und Seeklima betragt der Festigkeitsverlust fur die Aluminiumwerkstoffe nur etwa 9 bis 13%. I
Landklina
16 0
70 20 Korrosonszeit
Jahre
30
Bild 7.3 Ergebnisse von vergleichenden Bewitterungsuntersuchungen an Aluminiumwerkstoffen und Baustahl (nach B. Beyer)
Die Art der Korrosion ist bei den Aluminiumwerkstoffen unterschiedlich. Der Angriff geschieht ebenmaRig, wenn, wie dies bevorzugt bei der Einwirkung von Sauren und Laugen der Fall ist, die Oxidschicht gleichformig abgetragen wird. Lochfrab wird in halogenidionenhaltigen Elektrolyten, insbesondere in Anwesenheit von Chloridionen beobachtet. Ein ortlicher Angriff tritt auch dann auf, wenn die Oxidschicht unvollstandig ausgebildet ist oder Poren aufweist. Interkristalline Korrosion ist hauptsachlich bei ausscheidungsfahigen Legierungen zu finden. Die in den Korngrenzen angelagerten Ausscheidungen haben in bezug auf die Kornflache meist ein unedleres Potential und werden deshalb bevorzugt herausgelost. Bei Aluminium-Kupfer-Legierungen, deren Ausscheidungen edler als die Matrix sind, wird die interkristalline Korrosion auf eine Kupferverarmung der korngrenzennahen Zone des Mischkristalls zuruckgefuhrt. Der negative Einflulj der Ausscheidungen ist geringer, wenn durch geeignete Verformung und Warmebehandlung ihr Zusammenhang unterbrochen wird. Wie die interkristalline Korrosion tritt auch die Spannungsriljkorrosion bevorzugt bei ausschei-
7.3
Aluminium und Aluminiumlegierungen
289
dungsfahigen Legierungen, z. B. Al-Zn-Mg-, AI-Mg- und Al-Cu-Mg-Legierungen auf. Das Korrosionsverhalten der Aluminiumwerkstoffe laBt sich durch anodische (elektrolytische) Oxidation (Anoxieren, Eloxieren), bei der die naturliche schutzende Oxidhaut in der Regel auf 10 bis 30pm verstarkt wird, verbessern [7.22]. Hierfur werden die zu eloxierenden Teile meist in einem Schwefelsaureelektrolyten unter Gleichstrom behandelt. Der an dem als Anode geschalteten Teil entstehende Sauerstoff reagiert mit dem Aluminium und bildet eine Oxidschicht, die noch porig ist und nachfolgend durch Auskochen in Wasser oder in einer 2bis 370igen Natriumsilicatlosung verdichtet werden muB. Das Anoxieren verbessert nicht nur die chemische Bestandigkeit, sondern wegen der hohen Harte der Oxidschicht auch den VerschleiBwiderstand. AuBerdem stellt die Schicht einen ausgezeichneten Haftgrund fur Schutzanstriche bzw. in Verbindung mit dekorativen Effekten fur das Farben dar.
7.3.2 Rein- und Reinstaluminium Durch Schmelzfluljelektrolyse aus Aluminiumoxid gewonnenes Reinaluminium (Huttenaluminium, z. B. A199,5) sowie aus Hutten- oder Riicklaufaluminium mittels Dreischichtenelektrolyse raffiniertes Reinstaluminium (z. B. A199,99R) ist gegen Witterungseinflusse und viele Produkte der chemischen sowie der Nahrungs- und GenuBmittelindustrie sehr bestandig. Wichtigste Verunreinigungselemente sind das Eisen und das Silicium. In der Lebensmittelindustrie werden Aluminiumbander aus A199,5 (EN AW-1050A) fur Konservendosen sowie Folien (A199,5) fur Milchflaschenverschlusse und zur Verpackung von Gutern, bei denen durch das Verpackungsmaterial keine organoleptisch, chemisch oder mikrobiologisch nachweisbaren Veranderungen auftreten durfen, in groBem Umfang eingesetzt. Aluminium (A199,5) eignet sich zur Lagerung von konzentrierter Salpetersaure und weist auch nach langer Einwirkungszeit keinerlei Angriff auf. In der Erdolindustrie wird es vor allem in Rektifizierkolonnen eingesetzt.
7.3.3 Aluminium-Magnesium-Legierungen Die wichtigsten Vertreter der naturharten (nicht aushartenden) Aluminiumwerkstoffe sind die Al-Mg-Legierungen. Sie haben eine dem Reinaluminium (A199,5 - EN AW-1050A) vergleichbare Korrosionsbestandigkeit. In alkalischen und salzhaltigen Korrosionsmedien (Meerwasser) sind sie dem reinen Metal1 sogar uberlegen (s. Tab. 7 3 , jedoch nicht in jedem Falle korrosionsfest (Bild 7.4). Mit steigendem Mg-Gehalt nimmt die Neigung zu interkristalliner Korrosion und Spannungsri~korrosionzu. Besonders anfallig hierfur sind Legierungen mit mehr als 5% Mg, weshalb die obere Grenze des Magnesiumgehaltes der technischen Legierungen heute 5 5 % (AIMg5 - EN AW-5019) betragt. Ursache der interkristallinen Korrosion sind A18Mg,-Korngrenzenausscheidungen ( p Phase) [7.22]. Sie konnen durch Zugabe von Mn (his 1 % ) bei gesenktem MgGehalt unterbunden werden. Solche Legierungen, wie AlMg4,5Mn (EN AW5083), haben sich vor allem als Schiffbauwerkstoffe und insbesondere fur Deckaufbauten international eingefuhrt. Infolge des Mn-Zusatzes wird nicht nur die
290
7
Werkstoffe fur korrosive B e a n s p r u c h u n g
c---------------l
Bild 7.4 Korrosion an AIM@ in alkalischer Natriumseife (pH > 10) (nach G. Miillcv)
Bestandigkeit der Legierungen gegen chloridionenhaltige Medien, sondern auch die Festigkeit verbessert. Weitere Einsatzgebiete der Al-Mg-Legierungen sind der Fahrzeugbau, die Nahrungsmittelindustrie, der Apparatebau oder die optische Industrie.
7.3.4 Aluminium-Mangan-Legierungen Auch die Al-Mn-Legierungen gehoren zu den naturharten Aluminiumwerkstoffen. Mit Mangangehalten von 0,s bis 1,5% haben sie eine gleich gute Korrosionsbestandigkeit und auch Verarbeitbarkeit wie Reinaluminium, jedoch etwas hohere Festigkeiten. Mangan verbessert die Korrosionsbestandigkeit des Aluminiums vor allem dann, wenn dieses Fe-Verunreinigungen ( 5 0.5%) enthalt (Bildung von Fe-Mn-Verbindungen). Ferner fordert das Mangan die Deckschichtbildung. Der sehr starken Neigung zur Grobkornbildung beim Weichgliihen kann durch kurze Gliihzeiten sowie durch Zugaben von Ti (= O , l % ) und Mg (bis 0,3%) begegnet werden.
7.3.5 Aluminium-Kupfer-Magnesium-Legierungen Die klassischen Vertreter der uitshartbaren Legierungen sind die Al-Cit-MgLegierungen (223 his 4,8% Cu, 0,4 bis l,8% Mg), die hauptsachlich wegen ihrer hohen Festigkeit (s. a. Abschn. 3.2.1.1) vorwiegend im Fahrzeug- und Flugzeugbau eingesetzt werden. Hinsichtlich ihrer Korrosionsbestandigkeit sind sie den vorgenannten Aluminiumwerkstoffen unterlegen (s. Tab. 7.5); Bestandigkeit gegen Seewasser wird nicht gewahrleistet. Ihr Korrosionsverhalten ist dann annehmbar, wenn sie von Homogenisierungstemperatur rasch abgeschreckt (> 400 Ks-1) und nachfolgend kalt ausgelagert werden. Langsamere Abkuhlung und Warmausharten fuhren zu Ausscheidungen, die interkristalline Korrosion und Spanniingsri~~korrosion verursachen konnen.
7.3
Aluminium und Aluminiumlegierungen
29 1
7.3.6 Aluminium-Magnesium-Silicium-Legierungen Die mittelfesten, aushartbaren Al-Mg-Si-Legierungen (0,4 bis 3,5% Mg, 0,3 bis 1,5% Si) haben wegen ihrer guten Warmformbarkeit und anderer technologischer Vorteile eine starke Entwicklung genommen. Im Vergleich zu den Al-CuMg-Legierungen ist ihre Bestandigkeit im warmausgeharteten Zustand, insbesondere gegeniiber interkristalliner Korrosion, besser. Die Seewnsserbestiindigkeit wird als gut bis sehr gut beurteilt. Aurjer im Schiffbau finden sie in der Textilund Nahrungsmittelindustrie, im Apparatebau u. a. m. Verwendung. Fe- und CuGehalte wirken sich schon in geringen Mengen korrosionsfordernd aus, weshalb sie im allgemeinen 0,5 bzw. 0,1% nicht uberschreiten diirfen. Fur Qualitaten, deren Einsatz mit Forderungen an eine dekorative Wirkung verbunden ist, sollen die Cu-Gehalte nicht uber 0,02 bis 0,05% hinausgehen. Durch Zugabe von Mn oder Cr kann die negative Wirkung des Fe und Cu vermindert werden. Legierungen mit Zusammensetzungen von 0,6 bis 1,0% Si, 0,8 bis 1,2% Mg, 0,4 bis 1,lYo Cu sowie Gehalten an Mn, Fe, Zn und Ti gewinnen in der Luftfahrtindustrie zunehmend an Bedeutung. Sie gehoren zu den hochfesten, schweirjbaren Legierungen. Ihr Korrosionsverhalten ist vom Warmebehandlungszustand abhangig. Insbesondere in bezug auf die SchwingungsriBkorrosion weisen derartige Legierungen, wie Bild 7.5 im Vergleich zum Verhalten an Luft zeigt, eine Besonderheit auf. In chloridhaltigen Losungen (Atmosphare uber Meerwasser) tritt in der da/dN-AK-Kurve frequenzabhangig eine Beschleunigung der RiRausbreitung (bei relativ hohen Frequenzen) auf. Ein derartiges Verhalten wurde auch bei Al-Mg-Zn-Legierungen beobachtet und mit einer spezifischen Emp-
+
rnrn Lastspiel
+
lo-'
3 D
+ O
0
0
0
o
. + O
8
$0
x
+
%O
POHz/Lufi 2OHz/NaCI SHz/NaCI 25mHz/NaCI
0
lo-' MPa m1'2
10'
1 o2
AK Bild 7.5 daidN iiber AK-Diagramm einer Al-Mg-Si-Legierung (a RiBIange, N Lastspielzahl, AK Schwingbreite des Spannungsintensitatsfaktors)
292
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Bild 7.6 SchwingungsriBkorrosion an einer Al-Mg-Si-Legierung
findlichkeit gegenuber SpannungsriRkorrosion gedeutet [7.10]. Bei Al-Mg-SiLegierungen ist eine Anfalligkeit hinsichtlich Spannungsrirjkorrosion jedoch nicht zu beobachten. Vielmehr deuten eine Reihe von Versuchsergebnissen darauf hin, daR im Zuge des Ermiidungsvorganges, wie Bild 7.6 verdeutlicht, Nebenrisse gebildet werden, die Angriffsstellen fur die Korrosion (Spaltkorrosion) sind. Daneben scheint auch der im katodischen Teilprozerj sich bildende Wasserstoff zusatzlich von Bedeutung zu sein.
7.3.7 Aluminium-Zink-Magnesium-Legierungen Gleichfalls mittelfeste und aushartbare Konstruktionswerkstoffe sind die Al-ZnMg-Legierungen; z. B. mit 4,2 bis 5,5% Zn und 0,7 bis 1,7% Mg oder 3 bis 4% Zn und 2 bis 3% Mg. Sie weisen gegenuber Al-Cu-Mg-Legierungen eine verbesserte Korrosionsbestandigkeit auf, sind aber den AI-Mg- und Al-Mg-Si-Legierungen unterlegen. Unter atmospharischen Bedingungen bilden sich schwarze Deckschichten aus, die die Legierung schutzen. In Gegenwart von Schwitzwasser sind Al-Zn-Mg-Legierungen jedoch stark korrosionsanfallig. Ebenfalls neigen sie zu Spannungsriflkorrosion. Die Empfindlichkeit nimmt mit steigendem Mg- und ZnGehalt zu. Im allgemeinen kann die Spannungsrirjkorrosion weitgehend vermieden werden, wenn der Gesamtlegierungsgehalt 5 bis 6% nicht uberschreitet und das Abschrecken nach dem Losungsgliihen verzogert sowie die Aushartung durch Warmauslagern vorgenommen wird. Bei hoheren Legierungsgehalten wirken Zusatze von Chrom (0,l bis 0,lS% ) spannungsriflkorrosionsvermindernd.
7.3.8 Aluminium-Zink-Magnesium-Kupfer-Legierungen Diese hochfesten, aushartbaren Legierungen (3,8 bis 5,2 YO Zn, 2,4 bis 3,8% Mg, 1 bis 1,S% Cu, 0,l bis O,6% Mn) sind wie die Al-Cu-Mg-Legierungen in erster
7.4
Magnesiumlegierungen
293
Linie wegen ihrer guten mechanischen Eigenschaften interessant (Bergbau, Flugzeug- und Maschinenbau). Im warmausgeharteten Zustand erreichen sie Festigkeitswerte bis 500 MPa und mehr. Ihr Korrosionsverhalten ist dem der AlCu-Mg-Legierungen vergleichbar, wird jedoch in geringerem Mafie von der Abschreckgeschwindigkeit beeinflufit. Ebenso wie bei den Al-Zn-Mg-Legierungen vermindern Zusatze von Chrom (0,l bis 0,3%) die Anfalligkeit gegen Spannungsrifikorrosion.
7.3.9 Aluminium-Lithium-Legierungen Angesichts der Konkurrenz, die von kohlefaserverstarkten Polymeren in der Luftfahrtindustrie ausgeht, wurde bei Aluminiumlegierungen nach Wegen zur Massereduzierung gesucht. A m wirksamsten ist dies mit dem Legierungselement Lithium gelungen. Es war das gemeinsame Ziel aller Hersteller, die konventionellen Al-Cu-Mg- und Al-Zn-Mg-Cu-Standard-Luftfahrt-Legierungen ( A A 2024 und A A 7075) bei gleichen Eigenschaften durch Al-Li-Legierungen zu ersetzen, wobei diese jedoch im Vergleich eine 10% geringere Dichte und einen 10% hoheren Elastizitatsmodul haben. U m dieses Ziel zu erreichen, wurden im wesentlichen die quaternaren Al-Li-Cu-Mg-Legierungen A A 8090 sowie eine ternare Al-Li-Cu-Legierung A A 2090 entwickelt. Die Li-Gehalte bei diesen Legierungen liegen zwischen 1,7 und 2,7%. In Meerwasser wurde festgestellt, dafi insbesondere Al-Li-Mg-Cu-Legierungen in der Spritzwasserzone zu interkristalliner Korrosion und zum Teil auch zu Lochkorrosion neigen. Gegeniiber lithiumfreien Legierungen ist der Korrosionsangriff tiefgreifender. Spannungsrifikorrosionsuntersuchungen unter zeitlich konstanter Zugbeanspruchung ergaben im nicht vollstandig warmausgeharteten Zustand, dafi eine Anfalligkeit gegeben ist, wobei sowohl anodische Korrosions- als auch katodische Wasserstoffversprodungsteilreaktionen beteiligt sind [7.23].
7.4 Magnesiumlegierungen Magnesium ist im Vergleich zu Aluminium unedler (Standardpotential -2,38 V) und im allgemeinen auch weniger korrosionsbestandig als dieses. Ebenso wie bei Aluminium bildet sich auf Magnesium schon bei Lagerung an Luft eine oxidische Deckschicht, die jedoch auf Grund ihrer Porigkeit einen geringeren Schutzwert hat. Magnesium wird als Konstruktionswerkstoff ausschliel3lich in Form seiner Legierungen venvendet, da die Festigkeit des reinen Metalls zu niedrig ist (s. a. Abschn. 3.2.2). Magnesium mit hexagonalem Gitter kann nur sehr schlecht zu Blechen und Profilen plastisch umgeformt werden. Aus diesem Grund werden in der Mehrzahl der Falle Magnesium-Gufilegierungen verwendet. Wegen ihrer geringen Masse sowie der guten Prefi- und Zerspanbarkeit werden die Legierungen vorrangig im Automobilbau sowie in der Luftfahrt eingesetzt. Dariiber hinaus kommen Magnesiumwerkstoffe in Kombination mit Stahl vielfach als Opferanode (katodischer Korrosionsschutz) zur Anwendung. Das Korrosionsverhalten des Magnesiums wird durch die Legierungselemente entscheidend beeinflufit. Die hauptsachlichen legierungsbildenden Elemente
294
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
sind Mangan (bis 2 % ) , Aluminium (bis 9 % ) und Zink (bis 4%), die (besonders das Mn) in Abhangigkeit von ihrem Gehalt und der Warmebehandlung die Bestandigkeit des Magnesiums erhohen, wahrend die als Verunreinigungen meistens enthaltenen Elemente Fe, C u und Ni das Korrosionsverhalten verschlechtern. Magnesiumlegierungen werden im Gegensatz zu Aluminium in alkalischen Losungen nicht oder nur wenig angegriffen; hohere Laugenkonzentrationen und Temperaturen vermindern allerdings die Bestandigkeit. Mineralsauren greifen unter Wasserstoffentwicklung mit Ausnahme der FluBsaure an, bei deren Einwirkung eine schutzende dichte Magnesiumfluoridschicht entsteht. Auch gegenuber Chromsaure liegt Bestandigkeit vor. In verdunnten Sauren und Salzlosungen werden Magnesiumlegierungen angegriffen. Die Korrosionsgeschwindigkeit hangt vom Charakter sowie von der Aciditat bzw. der Basizitat der Losung ab. Dabei haben Chloridionen die starkste Wirkung, so daB der Angriff in Meerwasser rasch fortschreitet. Lediglich Legierungen mit hohen Mangangehalten sind bestandiger. Wahrend in reinem Wasser (Bildung einer Schutzschicht) kein Angriff stattfindet, ist in naturlichen Wassern die Bestandigkeit in starkem MaBe von den in ihnen gelosten Stoffen abhangig. Nachteilig wirkt sich vor allem Kohlendioxid durch die damit verbundene Aciditat aus. Unter atmospharischen Bedingungen sind Magnesiumlegierungen im allgemeinen bestandig, d a das sich bildende Magnesiumhydroxid einen ausreichenden Schutz bietet. Bei Umwandlung in basisches Magnesiumcarbonat oder -sulfat (Industrieluft) wird der Schutzwert noch erhoht. Auch mit Hilfe kunstlich gewonnener Schutzschichten, wie elektrochemisch erzeugter Fluorid- und chemisch hergestellter Bichromatschichten. 1aBt sich die Korrosionsbestandigkeit der Magnesiumwerkstoffe wesentlich verbessern. Die Schichten stellen auljerdem einen guten Haftgrund fur Schutzanstriche dar.
7.5 Kupferwerkstoffe Kupfer weist entsprechend seiner Stellung in der Spannungsreihe (Standardpotential Cu/Cu+ = 0.34 V ) eine gute Korrosionsbestandigkeit auf, die sich auch den hoherkupferhaltigen Legierungen (Messing, Bronze) mitteilt. Der hohe Korrosionswiderstand der Kupferwerkstoffe gegen atmospharische Einwirkungen sowie im Kontakt mit Wassern wird in Verbindung mit der guten Warmeleitfahigkeit und teilweise hohen Festigkeit fur viele Zwecke der Warmeubertragung, wie in Kondensatoren, Warmeaustauschern und Vorwarmern sowie Eindampfapparaten und Kuhlern der Essigsaure-, Garungs- und Fettsaureindustrie oder fur GefaBe, Armaturen und Apparaturen der chemischen Technik viclfaltig genutzt. Zweifellos wird der Einsatz der Kupferwerkstoffe durch die gute Verformbarkeit bei Raumtemperatur und in der Warme, die die Herstellung von Halbzeugen aller benotigten Formen und Abmessungen gestattet. sehr begunstigt.
7.5.1 Kupfer Kiipfrr (bis 1 % Beimengungen) wird auf Grund seines im Vergleich zum Wasserstoff edleren Standardpotentials in verdunnten Sauren nicht unter H,-Entwick-
7.5
Kupferwerkstoffe
295
lung angegriffen. Dieser gunstigen Wirkung steht sowohl bei Kupferlegierungen als auch beim Lot fur Kupferrohrverbindungen eine durch den Bleianteil hervorgerufene toxische Wirkung gegenuber. Aus diesem Grund wurde bei diesen Legierungen der Bleianteil auf 0,8% Pb abgesenkt [7.24]. Daneben gibt es erfolgreiche Entwicklungen, in denen das Blei durch Wismut ersetzt wird. In allen Fallen konnen jedoch auch Nebenreaktionen, wie Depolarisation des im Elektrolyten gelosten Sauerstoffs oder Komplexbildung, auftreten, die die Korrosionsbestandigkeit des Kupfers erheblich verschlechtern: So ist das Korrosionsverhalten in belufteten, anorganischen und organischen Sauren in starkem MaBe vom Sauerstoffgehalt (Bild 7.7) wie uberhaupt von der Anwesenheit eines Oxidationsmittels abhangig, bei erhohter Temperatur wirkt die Schwefelsaure oxidierend und lost das Kupfer unter SO,-Entwicklung; in cyanidhaltigen Elektrolyten wird infolge Komplexbildung das Ruhepotential des Kupfers unedler als das des Zinks.
0
70 % 20
Bild 7.7 Korrosionsverhalten von Kupfer in anorganischen und organischen Sauren unterschiedlichen Sauerstoffgehaltes (nach E Tiidr)
OZ-Geha/tder h& d;efikUfy PerfefldenGQsm;j.Chuny0 z . k
In sauren wal3rigen Elektrolytlosungen (pH < 5 ) ist Kupfer weniger bestandig. Unter diesen Bedingungen bildet sich ein kubisch kristallisierendes, poriges Cu,O-Korrosionsprodukt [7.24] auf der Oberflache. Gegen alkalische Losungen ist Kupfer - wie das Potential-pH-Diagramm (Bild 7.8) fur chloridhaltige Medien ausweist [7.25] - uberwiegend bestandig. In derartigen Medien formiert
o
-0.6 -0,4 0
2
4
PH
6
8
Bild 7.8 Potential-pH-Diagramm fur Kupfer in chloridhaltigen Medien
296
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
sich auf der Werkstoffoberflache ein monokliner dichter CuO-Film. Eine Ausnahme bilden ammoniakhaltige Medien, in denen das Kupfer vor allem bei Luftzutritt unter Bildung von leicht loslichen Komplexsalzen angegriffen wird. Auch gegen Schwefel und dessen Verbindungen ist Kupfer nicht resistent. In oxidierender Atmosphare verschlechtern bereits geringe Schwefelgehalte (z. B. in Rauchgasen) die Oxidationsbestandigkeit merklich. Beim Gluhen in Wasserstoff oder wasserstoffabspaltenden Gasen kann im Verein mit dem von der Gewinnung her noch im Kupfer enthaltenen oder durch Sauerstoffdiffusion beim Zundern entlang den Korngrenzen gebildeten Kupferoxidul Cu,O eine Fehlererscheinung auftreten, die als Wasserstoffkrankheit bezeichnet wird. Der in das Kupfer eindiffundierende Wasserstoff reduziert das C u 2 0 und bildet Wasserdampf, dessen grofie Molekule nicht entweichen konnen. Die unter hohem Druck stehenden Wasserdampfblaschen fuhren in Oberflachennahe zum Aufplatzen des Metalls oder zu Innenrissen, denen zufolge sich das Kupfer bei Verformung sprode verhalt. Oxidulhaltiges Kupfer darf deshalb nicht in reduzierender Atmosphare gegluht werden. Auch beim SchweiRen mit Wasserstoff- oder Acetylenflamme muR mit dem Auftreten der Wasserstoffkrankheit gerechnet werden. An der Atmosphare bildet sich im Laufe der Zeit ein hellgruner Uberzug (Patina, Edelrost), der aus einem Gemisch von basischem Kupfersulfat, -carbonat und -chlorid besteht; in Industrieluft herrscht das Sulfat (CuSO, . Cu(OH),), in Meeresnahe das Chlorid (CuCl, . 3Cu(OH),) vor. Bei Einwirkung von Essigsaure und Luftzutritt entsteht auf dem Kupfer Griinspan (basisches Kupfer( 11)acetat), der sehr giftig ist; deshalb durfen Kupferbehalter in der Lebensmittelindustrie nicht mit Essigsaure zusammengebracht werden. Im allgemeinen wird Kupfer bei ausreichender Beluftung ebenmanig angegriffen. Ortliche Korrosion tritt dann auf, wenn die Beluftung unterschiedlich ist, z. B. bei Wassertropfen und an der Wasserlinie, oder wenn die Metalloberflache Ansammlungen von festen Korrosionsprodukten und Fremdkorpern aufweist.
7.5.2 Kupfer-Zink-Legierungen
Krtpfer-Zink-Legierungen (Messinge) haben wesentlich bessere mechanische Eigenschaften als Kupfer. Sie kommen fur Kupfergehalte von 60 bis 90% dem Korrosionsverhalten des Kupfers sehr nahe; dabei ist der Gefugezustand der Legierung (Bild 7.9) von groRerer Bedeutung. a-Messinge mit geringeren Zinkgehalten haben nahezu das gleiche Korrosionsverhalten wie Kupfer, wahrend die heterogenen Legierungen, in denen die a - und @Phase nebeneinander liegen, nicht so korrosionsbestandig sind, da sich der zinkreichere p-Mischkristall in einer Reihe von Elektrolyten unedler als der a-Mischkristallverhalt. Wegen ihres gunstigen Korrosionsverhaltens in Atmosphare und Wasser werden Messinge vor allem eingesetzt als Armaturen, in Warmetauschern, fur Kondensatorrohre und Siederohre (CuZn30) sowie als Instrumenten- und Schlauchrohre (CuZn20). Gegen Laugen, ausgenommen ammoniakalische Medien, erweist sich Messing als widerstandsfahig. In Atzalkalien werden Abtragungen zwischen 0,2 und 12 gm-, je Tag gemessen. Beluftung und Temperaturzunahme erhohen den Abtrag. Weniger bestandig ist Messing in anorganischen und organischen Sauren. Salzsaure, Salpetersaure sowie Essig- und Zitronensaure greifen Messing an. Auch hier wird durch Beluftung die Korrosion erheblich verstarkt.
7.5
Kupferwerkstoffe
297
Bild 7.9 Kupferseite des Cu-Zn-Zustandsdiagramms
zn
Bild 7.10 Entzinkung einer zweiphasigen CuZn 37Pb-Legierung am Gewinde eines Ventils (nach [7.26])
Eine besondere Korrosionsform des Messings, die sowohl bei einphasigen (215% Zn) als auch bei zweiphasigen Legierungen auftritt, ist die Entzinkung. Sie wird vorwiegend in unbelufteten, chloridhaltigen Losungen (Meerwasser, FluBwasser, Leitungswasser) beobachtet und beginnt oftmals unter schon gebildeten Deckschichten. Die Entzinkung verlauft nach dem sogenannten Wiederabscheidungsmechanismus, d. h. einer Auflosung des Mischkristalls und einer nachfolgenden Abscheidung der Kupferionen aus der Losung. Bild 7.10 zeigt die Entzinkung einer zweiphasigen Messinglegierung am Gewinde eines Ventils. Die Pfropfenentzinkung ist ortlich begrenzt, schreitet schneller in die Tiefe fort und
298
7
Wcrkstoffc fur korrosivc Bcanspruchung
ist daher gefahrlicher als die Lagenentzinkung. Durch Zusatze von Arsen (bis 0,04%), Antimon, Phosphor oder Zinn (bis 1 YO) kann der Entzinkung entgegengewirkt werden. Weiterhin sind Cu-Zn-Legierungen in ammoniakalischer Atmosphare oder Losung empfindlich gegen Spannungsri~korrosion,die in diesem Fall auch als ,,AufreiBen" bezeichnet wird. Sie ist an innere (Kaltverformung) oder aul3ere Spannungen, die in den Randzonen Zugkrafte hervorrufen, gebunden [7.27]. Das AufreiBen 1aBt sich vermeiden, wenn gleich nach dem Kaltverformen bei 250°C spannungsarm gegluht wird. Die Anfalligkeit fur SpannungsriBkorrosion laBt sich leicht uberprufen, wenn Materialproben in einem den Einsatzbedingungen entsprechenden Verarbeitungszustand (z. B. gezogen, gebogen oder geschweiBt) 60 min bei Raumtemperatur in eine 1,S%ige Quecksilbernitratlosung (HgNO,) getaucht werden (Prufung wird auch fur Aluminiumbronze angewendet). Zeigen sich danach keine Risse, so ist der Werkstoff als ausrcichend spannungsfrei anzusehen. Messinge, die auBer Kupfer und Zink noch weitere Legierungselemente enthalten, werden als Sondernzessinge bezeichnet. Mit Zusatzen von Aluminium (bis 2,5%), Mangan (bis 2,5%), Nickel (bis 3 % ) . Silicium (bis 0.7%), Zinn (bis 1 3 % ) und Arsen (his 0,03%0)wird in verschiedenen Korrosionsmedien eine erhohte Korrosionsbestandigkeit erzielt. Im allgemeinen liegt der Gesamtgehalt von veredelnden Zusatzen nicht hoher als 6%. Von den genannten Elementen hat Aluminium die starkste Wirkung, da schon bei kleinen Gehalten (< 3%) oxidische Deckschichten mit grol3er Haftfestigkcit und Stabilitat gebildet werden. Der Manganzusatz verbessert die Seewmserheverrinstandigkeit, wahrend Silicium die Neigung zur Spannirngsri~~korrosion gert. Nickel erhoht die Bestandigkeit in Wiissern und alkalischen Losungen. Arsen verhindert den Entzinkungsvorgang. Sondermessinge werden bevorzugt eingesetzt zur Herstellung von Armaturen und witterungsbestandigen Konstruktionsteilen (CuZn40Al1, CuZn28Sn), als seewasserbestandige und hoherfeste Konstruktionswerkstoffe (CuZn40A12Fe1, CuZn3SAll Ni). fur korrosions- und ermudungsbestandige Federn (s. Abschn. 10.3) sowie als Rohre fur Kondensatoren und Warmeubertrager (CuZn21 A12).
7.5.3 Kupfer-Aluminium-Legierungen Kupfer-Aluminium-Lcgierungen (Alitniiniiinzhrorizeti) zahlen zu den korrosionsbestandigsten Kupferwerkstoffen. Die gegenuber unlegiertem Kupfer erhohte Bestandigkeit verdanken sie dem Aluminium, das die Bildung einer Schutzschicht, deren AllO,-Anteil mit dem Aluminiumgehalt der Legierung zunimmt, fordert. Am bestandigsten sind die homogenen a-Legierungen (Bild 7.1 1 ) mit Aluminiumanteilen von 4% und mchr. Weniger korrosionsbestandig sind die zweiphasigen (a-und PPhase) Aluminiumbronzen. In den technischen Legierungen tritt der PMischkristall ab Aluminiumgehalten von etwa 7,8% auf. Er ist, wenn die Schutzschicht abgetragen ist, unedler als der kupferreichere aMischkristall. In Legierungen mit 10 bis 12% Al bildet sich beim Abschrecken aus dem bGebiet - wie bei C-Stahlen - ein martensitisches Gefuge, das mit hohen Festigkeiten (700 bis 900 MPa). aber geringer Duktilitat verbunden ist. Letztere laRt sich erheblich verbessern, wenn im ( a + P)-Gebiet bei etwa 650°C angelassen
7.5 1200
Kupferwerkstoffe
299
I
OC
7000 L 5
2 800 $ R 600
400
0 cu
5
10
75 Yo i AJ
Bild 7.11 Kupferseite des Cu-Al-Zustandsdiagramms
wird; aus dern Abschreckgefuge entstehen feine a-Kristallite. Durch diese dem Verguten des Stahls analoge Warmebehandlung werden die Dehnungs- und Einschnurungswerte beachtlich angehoben, ohne daB die Festigkeit wesentlich abnimmt. Aluminiumbronzen (7 bis 10% Al) werden weniger von verdunnter Salzsaure ( I n HCl - 4gm-2 je Tag), starker jedoch von Salpetersaure (23g m-2 je Tag) angegriffen. Sie sind bestandig gegenuber Alkalihydroxiden. In Ammoniaklosungen oder -gasen sind sie wie das Messing spannungsriflkorrosionsgefahrdet. Vergleichbar mit der Entzinkung von Messing findet bei Cu-Al-Legierungen in einigen Korrosionsmedien (z. B. unverdunnter H2S04) eine Entuluminisierung unter Abscheidung von schwammformigem Kupfer statt. Aluminiumbronzen finden Anwendung in der chemischen Industrie, im Bergbau, in der Kaliindustrie, in Salinen und fur Kondensatorrohre (wie CuAlSAs) sowie fur Heiflarmaturen oder Steuerteile der Hydraulik (z. B. CuAllOFe3Mnl). Die letztgenannte Legierung gehort schon zu den Aluminiummehrsto~~ronzen. deren Bestandigkeit, insbesondere gegen Sauren, durch Zusatze von Nickel (bis 6%), Mangan (bis 3%) und Eisen (bis 3%) (z. B. CuA19Ni2Fe2) erheblich verbessert ist. Schiffsschrauben aus nickelhaltiger Mehrstoffbronze (etwa 10% Al. 5% Ni, 4% Fe, 3% Mn, Rest Cu) z. B. sind seewasserbestandiger als Messing und Zinnbronzen.
7.5.4 Kupfer-Nickel-Legierungen Kupfer und Nickel bilden eine ununterbrochene Mischkristallreihe; samtliche Cu-Ni-Legierungen kristallisieren kfz. Im allgemeinen verwendet man sie dort, wo hohere Anspruche an Korrosionsbestandigkeit und Warmfestigkeit gestellt werden, so im Kraftwerksanlagenbau fur Kuhler und als Kondensatorrohre. Wegen der hohen Korrosionsbestandigkeit gegen Meer- und Brackwasser werden sie auch im Schiffsbau, fur Meerwasserleitungen und -entsalzungsanlagen und in Anlagen zur Gewinnung von Trinkwasser sowie in der Erdolindustrie eingesetzt. Durch den Nickelzusatz ist die Ausbildung einer schutzenden Pussivschicht gegeben. Technische Legierungen fur Korrosionszwecke enthalten 5 bis 30% Nickel und vielfach zur Erhohung der Festigkeit und Bestandigkeit in stromendem Meerwasser noch Zusatze von Fe und Mn. Haufig eingesetzte Legierungen sind CuNilOFelMn und CuNi30MnlFe mit etwa 0,4 bis 1,8% Fe und
300
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
0,s bis 1,0% Mn sowie CuNi30Fe2Mn2. Sie sind unempfindlich gegenuber Spannungsrifikorrosion. Ebenso wie andere Kupferwerkstoffe werden auch die Kupfer-Nickel-Legierungen von Sauren angegriffen. Die Grofie des Abtrages ist von der Beluftung und Temperatur abhangig. Anorganische Sauren greifen starker an als organische. Wahrend fur Salzsaure je nach Konzentration und Beluftung Abtragungen zwischen 7 und 150 g m-2 je Tag gemessen werden, belaufen sie sich bei Essigsaure nur auf 0,s bis 15 gm-2 je Tag. Die Einwirkung belufteter FluBsaure fuhrte in einigen Fallen zur Entnickelung der Legierung. Alkalische Losungen greifen kaum an. In S%iger NaOH treten Abtragungen zwischen 0,005 und 0,Olg m-2 je Tag auf. Dagegen wird erhebliche Korrosion in Gegenwart von Ammoniumhydroxiden festgestellt. Die gute Bestandigkeit gegen Halogene geht bei Feuchtigkeit und Temperaturerhohung merklich zuruck. Durch hohen Widerstand gegen chemische Einflusse zeichnen sich auch Cu-NiZn-Legierungen (Neusilber) aus. Das Kupfer (etwa 5.5 bis 65%) verleiht den Legierungen eine gute Kaltumformbarkeit, Nickel (etwa 10 bis 30%) den hohen Korrosionswiderstand und das Zink (Rest) die gute GieBbarkeit; hohere Zinkgehalte sind aber zu vermeiden, da sie das Korrosions- und Festigkeitsverhalten verschlechtern. Pb-Gehalte von 1 bis 2,5% verbessern wie bei den Cu-Ni-Legierungen die Zerspanbarkeit. Neusilberlegierungen werden wegen ihrer hohen Anlaufbestandigkeit (CuNi2SZn17Pb) fur Schanktische und Vitrinen (CuNi25Zn15), in der Feinmechanik und Optik (CuNil8Zn19Pb) sowie fur Tafelgeschirr und Bestecke (CuNil8Zn20) u. a. m. vielfaltig verwendet. 7.5.5 Kupfer-Zinn-Legierungen Von technischem Interesse sind die unter dem Namen Zinnbronzen (s. a. Abschn. 9.2.2) bekannten Cu-Sn-Werkstoffe als Knetlegierungen bis etwa 9% und als GuBlegierungen bis 14% Zinn. Wegen der Tragheit der 6- bzw. &-Phasenausscheidung (Bild 7.12) sind diese Legierungen bei Raumtemperatur homogen und allein aus a-Mischkristallen aufgebaut. Das Korrosionsverhalten der Zinnbronzen ist mit dem des reinen Kupfers vergleichbar, wobei ein zunehmender Zinngehalt die Bestandigkeit erhoht. Die bei einigen Legierungen anzutreffenden Zinkgehalte (< 10%) verschlechtern das Korrosionsverhalten wenig. Von den Sauren greift Salzsaure die Zinnbronzen am starksten an. In 10%iger HCl werden bei Legierungen mit 8% Zinn Abtragungen von 80g m-2 je Tag gemessen. Weniger stark ist der Angriff in verdunnter Schwefelsaure (0,s bis 2 g m-2 je Tag). Gegenuber alkalischen Losungen hingegen sind die Zinnbronzen bestandiger als reines Kupfer, korrodieren jedoch in Ammoniumhydroxid. In Salzlosungen sind ohne Beluftung nur geringe Abtragungen zu erwarten (0,l g m-2 je Tag). Ein selektiver Angriff in Form einer Entzinnung wird nicht beobachtet. Die Knetlegierungen dienen vorwiegend der Herstellung von Schrauben, Bandern fur Metallschlauche, Federn (CuSn2), Drahtgewebe (CuSn3) und Rohren fur DruckmeBgerate (CuSn6, CuSn4Zn3) sowie allgemein von Teilen fur die chemische Industrie (CuSn4, CuSn6). Die Festigkeit der Legierungen hangt vom Zinngehalt und Kaltumformgrad ab. Sie betragt fur eine Legierung mit 8% Sn beispielsweise 370 MPa im weichen und 720 MPa im federharten Zustand. Der groBte Teil der Cu-Sn-Werkstoffe wird jedoch durch GieBen verarbeitet.
7.6
Blei- und Bleilegierungen
301
-
100 0
cu
70
20 %
3
f
sn
Bild 7.12 Kupferseite des Cu-Sn-Zustandsdiagramms
Hauptanwendungen fur GuBzinnbronzen sind korrosionsbestandige Maschinenteile, die auch Gleitbeanspruchungen ausgesetzt sind, wie Spurlager, Schrauben-, Schnecken- und Zahnrader (G-CuSnlOPl), Gehause, Leit- und Laufrader fur Pumpen und Turbinen sowie saurebestandige Armaturen (G-CuSnlO). Ein nicht geringer Teil der Zinnbronze wird auch als Metallpulver (MP CuSnlO) fur die Herstellung korrosionsbestandiger Sinterfilter zur Filterung von Flussigkeiten und Gasen, zur Kuhlung und Trocknung von Schuttgutern oder fur die Trennung von nicht miteinander mischbaren Flussigkeiten benotigt.
7.6 Blei und Bleilegierungen Das Blei (Standardpotential -0,126 V) verdankt seine gute Korrosionsbestandigkeit der Fahigkeit, dichte und festhaftende Schichten aus Bleiverbindungen bilden zu konnen, wie Sulfate in H,S04, Oxide an Luft oder Carbonat in Wasser, die solange einen hinreichenden Schutz gewahren, wie sie im umgebenden Medium nicht oder wenig loslich sind. In grol3em Umfang technisch eingesetzt wird das Blei seit dem Aufkommen der Schwefelsaureproduktion, und auch heute noch ist es wegen seiner weitgehenden Bestandigkeit im Kontakt mit Schwefelsaure (bei Raumtemperatur bis zu einer H2S04-Konzentrationvon 80%) in der chemischen Industrie weitverbreitet. Mit zunehmender Temperatur und Konzentration der Saure (Bild 7.13) nimmt der Widerstand gegen den H2S04-Angriff jedoch ab; in gleicher Weise negativ wirkt von den im Blei vorkommenden Beimengungen vor allem das Wismut. Ahnlich gunstige Verhaltnisse bestehen im Kontakt mit FluBsaure, gegen die das Blei bei Raumtemperatur bis zu Konzentrationen von 60% bestandig ist; hohere Temperaturen verstarken den Angriff.
7
302
"
0
Werkstoffe f u r korrosive Beanspruchung
20 40 60 80%100 HzSOk- Konzentrarion
Bild 7.13 Korrosionsverhalten von Blei in Schwefelsaure unterschiedlicher Temperatur und Konzentration (nach H.H. Uhlig)
u 7 2 3 4 5 6 7 8 9 70 77 12 13 Anfangs - p H Bild 7.14 pH-Wert-Abhingigkeit des Korrosionsverhaltens von Blei in waBrigen LGsungen (nach H. H. Uhlig)
In waBrigen Losungen ist das Korrosionsverhalten des Bleis in starkem MaBe vom pH-Wert, vergleichbar mit Zink, abhangig. Wie Bild 7.14 zeigt, liegt bei pH-Wert 6 bis 9 die grof3te Bestandigkeit vor. Hingegen kann in stark sauren wie auch alkalischen Losungen ein erhohter Angriff stattfinden. In Wassern ist Blei bestandig. Enthaltene Sulfate und Carbonate (Hartebildner) beteiligen sich an der Bildung der Schicht und erhohen deren Schutzwert. Gleiches gilt fur das Verhalten in der Atmosphare, an der das Blei oxidiert oder bei Einwirkung von Feuchtigkeit und C 0 2eine Schutzschicht aus basischem Carbonat bildet. Entstehen leicht losliche Korrosionsprodukte, so werden die Bleiwerkstoffe ebenmal3ig abgetragen. In anderen Fallen wird interkristalline (Bild 7.15) und Lochfrapkorrosion beobachtet. Interkristalliner Angriff findet bevorzugt in Verbindung mit Salz- und Essigsaure oder auch Atzkalk statt. Ortliche Korrosion wird vielfach an Stellen unterschiedlicher Beliiftung, z. B. unter Schmutzablagerungen in AbfluBleitungen oder an erdverlegten verbleiten Kabeln festgestellt. Die gebrauchlichen Bleisorten unterscheiden sich in erster Linie im Wismutgehalt, dessen korrosionsschadliche Wirkung durch entsprechende Kupferanteile teilweise aufgehoben wird. Zur Verbesserung der Festigkeit und Erhohung der Rekristallisationstemperatur (reines Blei rekristallisiert bereits bei Raumtemperatur) wird das Blei vorzugsweise mit Antimon legiert und bei Sb-Gehalten von 0,5 bis 13% als Hartblei bezeichnet. Hartblei wird technisch vielseitig verwendet fur Akkumulatorenplatten (PbSb9), unlosliche Anoden in galvanischen Badern (PbSblO, PbSbl2), Kabelummantelungen (K PbSbO,l, K PbSbO,S), Rohre und chemische Apparate sowie als Auskleidungsmaterial (s. Abschn. 7.9.8).
7.7
303
Nickel und Nickellegierungen
140 -
720 -
3
700
:cl
c
5 80 .r c
Q
60 kn I"
47
I
I
1
I 1
-- 6D°C
10
700 h 7000
Auslag erzeit Bild 7.15 Interkristalline SpannungsriBkorrosion an Pb99,985 nach Zug-DruckWechselbeanspruchung
Bild 7.16 Anderung der Harte von Pb-Sb-Legierungen, die nach dem Homogenisieren in Wasser abgeschreckt und bei 20 bzw. 60°C ausgelagert wurden (nach B. Beyer)
Die Korrosionsbestandigkeit von Bfei-Antimon-Legierungen lafit sich durch geringe Zusatze von As und Se wesentlich verbessern. So ist die Legierung PbSb4,OAs0,06Se0,02 auch in siedender 50% iger H,SO, ausreichend widerstandsfahig. Ihre Bestandigkeit wird bei erhohten Temperaturen noch von einer Feinkornbleilegierung PbCu0,042Sn0,05Pd0,03Se ubertroffen [7.28]. Auf Grund dessen, daB die Loslichkeit des Bleis fur Antimon von rund 3% bei der eutektischen Temperatur (247 "C) auf 0,24Y0 bei 25 "C zuruckgeht, lassen sich PbSb-Legierungen ausharten, wodurch die mechanischen Eigenschaften betrachtlich verbessert werden (Bild 7.16). Eine andere Moglichkeit, die mechanischen Eigenschaften des Bleis zu verbessern, ist die Dispersionshartung. Hierzu werden durch Verdusen einer Schmelze hergestellte Bleipulver, die nichtlosliche Metalle (Cu, Ni, Co) oder artfremde bzw. arteigene Oxide in feindisperser Form enthalten, geprefit bzw. gleich zu Formteilen (Strangpressen, Walzen) weiter verarbeitet. Mit Hilfe der Dispersionshartung lassen sich vor allem die Kriech- und Wechselfestigkeit des Bleis wesentlich erhohen. Z u den speziellen Bleiwerkstoffen zahlen auch die Schrijtmetulle. Das sind Dreistofflegierungen aus Blei, Zinn und Antimon, die wegen ihrer ausgezeichneten GieBfahigkeit und ihres hohen Verschleifiwiderstandes im graphischen Gewerbe zum Giefien einzelner Buchstaben oder zur Herstellung von KomplettguBschriften eingesetzt werden. Auf eine andere, technisch bedeutsame Gruppe von Bleibasislegierungen (Weifimetalle), die als Gleitlager Verwendung finden, wird in Abschn. 9.2.1 ausfuhrlicher eingegangen.
7.7 Nickel und Nickellegierungen Der Hauptanteil des produzierten Nickels wird als Legierungselement fur Stahle, und nur etwa 10 bis 20% werden zur Herstellung von Nickelwerkstoffen eingesetzt. Nickefwerkstoffe sind im allgemeinen recht korrosionsbestandig und
304
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
zeichnen sich z. T. durch hervorragende mechanische Eigenschaften aus. Sie werden haufig dort eingesetzt, wo beide Eigenschaften gefordert werden, wie fur Kuhler, ReaktionsgefaDe und Pumpen in Anlagen der chemischen und petrochemischen Industrie. Wegen ihrer hohen Zunder- und Warmfestigkeit finden sie in Form der Superlegierungen (s. Abschn. 6.1.4.1) aufierdem im Kraftwerksanlagen-, Turbinen- und Ofenbau Anwendung. Nickel steht mit einem Standardpotential von -0,27 V zwischen Eisen und Wasserstoff. Es ist gegen nichtoxidierende und nicht zu starke Sauren bestandig. Dies beruht teils auf der hohen Uberspannung fur die Wasserstoffabscheidung, teils auf Passivierung. Passivschichten formieren sich bereits unter atmospharischen Bedingungen. Nickel ist in kalter, verdunnter FluDsaure bis zu Konzentrationen von 60% und in Schwefelsaure bis zu Konzentrationen von 70% (Abtrag 3 g m-2 je Tag), gegen Wasser und Seewasser sowie in besonderem MaBe in alkalischen Losungen und Schmelzen bestandig. In seiner Bestandigkeit gegen Atznatron wird es nur noch vom Silber ubertroffen. Aus diesem Grund wird es fur die Herstellung und Lagerung von Natronlauge als Voll- oder Plattiermaterial eingesetzt. Auch neutrale und saure Salze (Chloride, Sulfate, Nitrate) sowie die meisten organischen Sauren und Salzsaure in waBriger Konzentration greifen Nickel nur wenig an, so daB es im Kontakt mit chlorierten Losungsmitteln und Chemikalien (Trichlorethylen, Hexachlorethan, Phosphoroxichlorid) verwendet wird. Stark wird das Nickel dagegen in oxidierenden Sauren aufgelost. In heiBer Salpetersaure z. B. werden Abtragungen bis 8 900 g m-2 je Tag gemessen. Auch gegen Phosphorsaure liegt wenig Bestandigkeit vor; in reiner Phosphorsaure werden Abtragungen von 10 bis 20 g m-2 je Tag beobachtet. Nachteilig ist die grol3e Empfindlichkeit des Nickels gegen schwefelhaltige Case (Rauchgase). Dieses Verhalten iibertragt sich auch auf Nickellegierungen. Schwefel ist im Nickel bei Raumtemperatur unloslich; man trifft ihn deshalb als Nickelsulfid an den Korngrenzen an, wodurch das Nickel kalt- und rotbriichig wird. Nickel und seine Legierungen durfen deshalb nicht in schwefelhaltigen Gasen eingesetzt werden.
7.7.1 Nickel-Kupfer- Legierungen Durch Kupferzusatze wird die Bestandigkeit des Nickels gegeniiber Chloridund Fluoridionen sowie Flu& und Schwefelsaure erhoht. Wie Bild 7.17 verdeutlicht, sind bei etwa 30% Cu die Masseverluste in Meerwasser am geringsten. In lufthaltiger und -freier Schwefelsaure konnen die Legierungen bei Raumtemperatur bis zu einer Saurekonzentration von 80% eingesetzt werden (Bild 7.18). FluBsaure greift, sofern sie nicht beliiftet ist, Ni-Cu-Legierungen selbst bei hohen Konzentrationen und Temperaturen nicht an. Gegenuber Salzsaure sind Ni-CuLegierungen bestandig, wenn der Cu-Gehalt 10% nicht iiberschreitet; Beliiftung und hohere Temperaturen steigern die Abtraggeschwindigkeit. Wahrend reine konzentrierte Phosphorsaure unter LuftabschluD wenig angreift (6 g m-2 je Tag), ist der Abtrag in technischen Sauren wesentlich hoher (400gm-2 je Tag). In schwefliger Saure ist die Bestandigkeit nur gering. Sehr widerstandsfahig sind Ni-Cu-Legierungen gegeniiber trocknen, gasformigen Halogenen, im Kontakt mit Chlorwasserstoffen sowie in alkalischen Losungen.
7.7
Nickel-Gehalt
Nickel und Nickellegierungen
305
Bild 7.17 Korrosionsverhalten von Ni-Cu-Legierungen unterschiedlicher Zusammensetzung in Meerwasser (nach E To&)
94
0
7
Bild 7.18 Korrosionsverhalten von NiCuSOFe (Monel) in Schwefelsaure unterschiedlicher Konzentration (nach J. Biinger)
Technische Bedeutung haben die Legierungen NiCu30Fe (alloy 400) mit mindestens 63% Ni, 28 bis 34% Cu sowie 1 bis 2 3 % Fe und die durch Zusatz von A1 und Ti aushartbare Legierung NiCu30Al (alloy K-SOO), die auch als Monel bekannt sind. Wegen ihrer Bestandigkeit gegenuber Chlorwasserstoffen werden sie in Destillationsturmen der Roholverarbeitung eingesetzt. Weiterhin finden sie Verwendung fur Siebe, Zentrifugenkorbe und Rohrleitungen bei der Herstellung von Ammonsalzen, fur Trommelfilter der Kaliindustrie, fur Kessel der Fettverseifung u. a. m. Ni-Cu-Legierungen werden im allgemeinen ebenmaBig abgetragen. In lufthaltiger FluBsaure tritt gelegentlich Entnickelung, eine der Entzinkung von Messing vergleichbare Korrosionserscheinung, auf. Lochkorrosion wird vornehmlich unter Fremdkorperablagerungen beobachtet.
7.7.2 Nickel-Molybdan-Legierungen Durch Zulegieren von Molybdan wird die Bestandigkeit des Nickels, vor allem gegen reduzierende Korrosionsmedien, verbessert. Die bekannteste Legierung
306
7
Werkstoffe f u r korrosive Beanspruchung
0 5 70 15 20 25Mm%35 Mo- Gehalt
Bild 7.19 Korrosionsverhalten von Ni-Mo-Lcgierungen in Salzsaure (nach W Karz)
Bild 7.20 Korrosionsverhalten von NiMo30Fe in Salzsaurelosungen in Abhangigkeit von der Temperatur (nach H . Wiggin)
ist NiMo28 (alloy B-2) mit 26 bis 30% Mo und 1,5 bis 2% Fe. Neuere Entwicklungen enthalten 3 bis 5% Fe und bis zu 1,5% Cr. Wahrend durch den hohen MoAnteil die ausgezeichnete Bestandigkeit gegenuber reduzierenden Sauren gewahrleistet wird, fuhrt der Fe-Zusatz zu einer verbesserten Duktilitat und damit Herstell- und Verarbeitbarkeit. Nickel-Molybdun-Legierungensind gegenuber einer groBen Zahl von Sauren bestandig. Besonders ausfiihrliche Ergebnisse liegen uber das Korrosionsverhalten in Salzsaure vor. Schon geringe MoGehalte ( 5 bis 7%) setzen die Korrosionsgeschwindigkeit stark herab (Bild 7.19). A b etwa 15% Mo wird der Abtrag weiter reduziert, so dalS er fur die 30%ige Legierung nur noch unbedeutend ist. Mit Bild 7.20 wird unter Einbeziehung des Einflusses von Saurekonzentration und Temperatur das Bild vom Korrosionsverhalten in HCl weiter vervollstandigt. Die Legierung mit 30% Mo wird
7.7
I
0
70
23
I I I I 30 40 50 60 H2 SO4- Konzentmtion
I
70
Nickel und Nickellegierungen
I
I
I
8OMaue-% 100
307
Bild 7.21 Korrosionsverhalten von NiMoSOFe in Schwefelsaure unterschiedlicher Konzentration und Temperatur (nach H. Wiggin)
hinsichtlich des Korrosionswiderstandes gegen unbeluftete Salzsaure nur noch von Ag, Ta und Pt ubertroffen. Auch gegenuber Schwefelsaure zeigt sich die Legierung bei Raumtemperatur bestandig; der Angriff nimmt jedoch mit Temperatur und Saurekonzentration zu (Bild 7.21). Die gute Bestandigkeit ist nur unter der Voraussetzung gegeben, dalj eindeutig reduzierende Bedingungen vorliegen. Eine Beluftung oder die Anwesenheit von Sauerstoff und Schwermetallionen wirken sich korrosionsbeschleunigend aus. Phosphorsaure ist bei Raumtemperatur gleichfalls unbedenklich; bei Siedetemperatur betragt der Abtrag fur NiMo30Fe nur 2,4 g m-2 je Tag. Keine Korrosionserscheinungen werden schlieljlich auch unter Einwirkung von FluBsaure (alle Konzentrationen und Temperaturen), von organischen Sauren (Essig- und Ameisensaure) sowie Wassern und Dampfen beobachtet. Dagegen verursachen schwefelhaltige Gase - wie bei den anderen Nickellegierungen - sowie konzentrierte Salpeter- und Chromsaure starke Korrosion. Nickel-Molybdan- wie auch Nickel-Chrom-Molybdan-Legierungen (Abschn. 7.7.4) erleiden gelegentlich interkristalline Korrosion, die durch die Entstehung molybdanverarmter Bereiche infolge der Ausscheidung von intermetallischen Phasen gegeben ist. Im Falle von Ni-Mo-Legierungen handelt es sich um die sprode intermetallische Phase Ni,Mo (zwischen 600 und 900°C) und in Ni-MoCr-Legierungen um Ni3M03Cr und Ni2M04Cr, die bei Temperaturen uber 1200 " C entstehen. Die interkristalline Korrosion der Nickel-Molybdan-Legierungen laljt sich durch Vanadiumzusatze sowie spezifischem Losungsgluhen verhindern.
7.7.3 Nickel-Chrom-Legierungen Die Nickel-Chrom-Legierungen zeichnen sich durch eine erhohte Zunder- und Warmfestigkeit sowie Bestandigkeit bei reduzierender und oxidierender Bean-
308
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
spruchung aus. Insbesondere die Nickel-Chrom-Eisen-Legierungen kommen fur den Einsatz in korrosiven Gasen bei hohen Temperaturen unter oxidierenden Bedingungen in Betracht. In der Tabelle 7.6 sind zwei technisch interessante und eingefuhrte Vertreter naher beschrieben. Die weitgehende Bestandigkeit der NiCr-Legierungen gegen oxidierenden Angriff beruht auf der Ausbildung festhaftender, dichter Schutzschichten, die aus NiCr,04-Spinellen sowie vor allem Cr,O, bestehen. Tabelle 7.6 Angaben zurn Korrosionsverhalten und zur Verwendung von Ni-Cr-Legierungen Bezeichnung
Zusammensetzung
Kennzeichnende Eigenschaften
Einsatzbereiche
%
NiCr8020
> 76 Ni 19 . . .21 Cr
hoher elektrischer Widerstand mit klei- Heizleiter, Widernern Temperaturkoeffizienten, zunderbe- stande, Strahlrohre, standig an Luft bis 12SO"C, in schwefel- oxidierende Medien und halogenhaltiger Atmosphare bis 350°C
NiCrlSFe
> 72 Ni 14.. .17 Cr 6 . ..10 Fe
hohere Warmfestigkeit, Zeitdehngrenzen und Warmeschockbestandigkeit als NiCr8020; hohe Korrosionsbestandigkeit gegen nitrierende und aufkohlende Ofenatmosphare; hohe Bestandigkeit gegen SpannungsriRkorrosion und Versprodung; zunderbestandig an Luft bis 1100"C, in reduzierender S-haltiger Atmospare (H,S) his 550"C, in oxidierender S-haltiger Atmosphare (SO,) his 800°C
chemische Apparate, hitze- und zunderbestandige Bauteile, Auspuffanlagen. Einsatzkasten, Nitrierbehalter, Retorten, Gliihtopfe. petrochernische Anlagen
7.7.4 Nickel-Chrom-Molybdan-Legierungen Legierungen auf Nickelbasis mit den Hauptlegierungselementen Chrom und Molybdan werden als korrosionsbestandige Werkstoffe sowohl in oxidierenden als auch reduzierenden Korrosionsmedien dort verwendet, wo die Bestandigkeit von Chrom-Nickel-Stahlen nicht mehr ausreicht. Vergleichbar mit diesen Stahlen bilden sich in sauren Elektrolytlosungen stabile Passivschichten aus, die vorrangig aus Chromoxid und kleinen Anteilen von Molybdanoxid bestehen [7.30]. Eine Grundvoraussetzung fur die geforderte Bestandigkeit ist ein homogenes Gefuge. Ausscheidungen an den Korngrenzen in Form von intermetallischen Phasen (meist Carbide) konnen zu Chromverarmung fuhren und damit AnlaB zu interkristalliner Korrosion geben [7.29]. Die Drei- und Mehrstofflegierungen weisen Chromgehalte zwischen 15 und 24% und Molybdangehalte zwischen 3 und 18% auf. In einigen ausgewahlten Legierungen sind noch zusatzliche Elemente wie Eisen, Aluminium, Titan und Niob enthalten. Die Eisengehalte schwanken zwischen 1,5 und 30%, wobei einige Legierungen auch molybdanfrei sind. Die bekanntesten Legierungen dieser Gruppe sind NiMol6Cr16Ti (alloy C-4), NiCr23Mo16Al (alloy 59) und NiMo16CrlSW (alloy C-276). Die molybdanhaltigen Werkstoffe haben eine ausgezeichnete Bestandigkeit gegen Oxidation in
7.8
Edle Metalle
309
Verbindung mit Chloridangriff und Aufkohlung sowie eine hervorragende Hochtemperaturfestigkeit. Sie sind gegenuber Sauren, auch in FluBsaure und organischen Sauren, bestandig. Anwendung findet die Legierung alloy C-4 in Anlagen zur Herstellung anorganischer Chemikalien, Dungemitteln und Essigsaure. Typische Einsatzgebiete der beiden anderen Legierungen sind in der Meerestechnik, in Offshore-Anlagen, in der Rauchgasentschwefelung, bei der Abwasseraufbereitung, aber auch unter den aggressiven Bedingungen der Sauergasforderung gegeben. Weiterhin ist die Nb-stabilisierte Legierung NiCr22Mo7Cu (alloy G-3) zu nennen, die eine ausgezeichnete Bestandigkeit gegen Loch-, Spalt- und Spannungsril3korrosion aufweist. Sie ist bestandig gegenuber extrem korrosiven, chlorid- und fluoridverunreinigten Schwefel- und Phosphorsauren. Die Ausscheidung von M2&-Carbiden ist stark vermindert, so daB auch keine Korrosion in der WarmeeinfluBzone von SchweiBnahten beobachtet wird. Der Einsatz erfolgt in chemischen und petrochemischen Anlagen sowie zur Dungemittel- und Essigsaureherstellung.
7.8 Edle Metalle Von den Edelmetallen Gold, Silber und Platin finden wegen ihres hohen Preises nur das Silber in grol3erem und das Platin in geringerem Umfang vor allem im chemischen Apparatebau und in der chemischen Industrie Verwendung. Meist kommen sie nicht als kompakte Werkstoffe, sondern als dunne galvanisch abgeschiedene Schichten oder als Plattierungen in Betracht. Da das Tantal und das Zirconium ein ahnlich gutes Korrosionsverhalten wie Edelmetalle haben, sollen sie in diesem Kapitel mitbehandelt werden.
7.8.1 Silber Silber wird auf Grund seiner hohen Bestandigkeit gegen Luft, Wasser, organische Sauren und Alkalien vor allem in der Labortechnik, fur Apparate und Gerate der chemischen und pharmazeutischen Industrie, als Uberzugs- und Auskleidungsmaterial sowie als Hartlot (s. Abschn. 11.4.2) eingesetzt. Das Korrosionsverhalten des Silbers wird in starkem MaBe von der Ausbildung schutzender Deckschichten bestimmt. Bis zu hohen Temperaturen Schutz bietende Deckschichten entstehen in Phosphorsaure unterschiedlicher Konzentration und Temperatur. In Verbindung mit Salzsaure ist das Korrosionsverhalten von der Konzentration, der Temperatur und der Anwesenheit von Sauerstoff abhangig. Kalte, verdunnte HC1 vermag, ebenso wie verdunnte H2S04, das Silber nicht anzugreifen. Ahnlich bestandig ist Silber in Flul3saure unterschiedlicher Konzentration, obwohl Silberfluorid wasserloslich ist. Dagegen findet in Salpetersaure uber die Bildung von Stickoxiden und in konzentrierter Schwefelsaure, die vorhandene Deckschichten unter Silbersulfatbildung lost, ein starker Abtrag statt. Beliiftung verstarkt die Auflosung noch. Silber ist gegen Alkalihydroxidlosungen und Schmelzen bis 700 " C bestandig. Dagegen greifen es Ammoniumhydroxidlosungen an. An der Luft entsteht eine Deckschicht, die aus Oxid und Sulfid bzw. in stark S02-haltiger Atmosphare aus Sulfat besteht. Mit gasformigen Halogenen bildet das Silber Anlaufschichten, die
310
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
den weiteren Angriff hemmen. Wichtigstes Legierungselement des Silbers zur Erhohung von Harte und VerschleiBwiderstand ist das Kupfer (bis 20%). Bei galvanisch abgeschiedenen Silberschichten wird durch Zusatz von Blei, Wismut, Antimon, Arsen und Zinn das sogenannte Hartsilher erzeugt, das bei guter Korrosionsbestandigkeit Harten bis zu etwa 160 HV erreicht.
7.8.2 Platin Platin wird nicht nur wegen seiner hervorragenden Korrosionsbestandigkeit, sondern auch auf Grund seines hohen Schmelzpunktes (1773 "C) und niedrigen Dampfdruckes sowie der guten Verarbeitbarkeit zur Herstellung von Laborgeraten u. a. m. herangezogen. In der chemischen Industrie dient Platin als Anodenmetull, so fur die Gewinnung von Perchlorat und Natriumhydroxid. Spinndusen aus Platin kommen im Xanthogenat-Celluloseverfahren, wo in Sauren versponnen wird, zur Anwendung. Zur Verbesserung der Festigkeit wird das Platin vor allem mit Iridium bis 10% (Anoden fur die Chlorherstellung) sowie Rhodium oder Gold legiert. In der Glasindustrie werden zum Schmelzen hochwertiger Glaser Pt-Rh-Legierungen mit bis zu 10% Rh eingesetzt. Platin ist saurebestandig. Flul3-, Salpeter- und Schwefelsaure greifen es nicht, Salzsaure erst bei hoheren Temperaturen und in Anwesenheit von Sauerstoff an. Wie Gold wird es in Konigswasser gelost. An Luft ist Platin auch bei hoheren Temperaturen bestandig, so dal3 es fur starker beanspruchte Schaltkontakte einsetzbar ist. Auch Fluor vermag nicht einzuwirken. Dagegen greifen gasformiges Chlor und Brom schon bei Raumtemperatur an.
7.8.3 Zirconium Handelsubliches Zirconium enthalt meist 2 bis 2,5% Hafnium, das die hervorragende Korrosionsbestandigkeit nur unwesentlich beeinflufit. In Salzsaure jeder Konzentration und Temperatur wird es nicht, von Schwefelsaure (bei Konzentrationen bis zu 75%) und Phosphorsaure nur wenig angegriffen. Es ist widerstandsfahiger als Titan und wird fur spezielle Zwecke der chemischen Industrie sowie in Form von Legierungen als Hiillenwerkstoff in Kernreaktoren verwendet. Auch gegenuber 10 bis 70Y0iger Salpetersaure ist es bei Raumtemperatur bestandig. Mischungen von Salpeter- und Salzsaure wie auch FluBsaure fuhren dagegen zu einem betrachtlichen Abtrag. In alkalischen Losungen und zum Teil auch in Schmelzen wird bis zu hoheren Temperaturen kein nennenswerter Angriff beobachtet. Gegen Gase ist das Zirconium bei hoheren Temperaturen (400 bis 1100°C) nicht bestandig. So bilden sich bei Einwirkung von Wasserstoff Hydride, die zur Versprodung des Metalls fuhren, und in Gegenwart von Sauerstoff bzw. Stickstoff deren Verbindungen. Die groBe Affinitat des Zirconiums zu Sauerstoff und Stickstoff wird fur die Reinigung von Gasen sowie zur Aufrechterhaltung hoher Vakua genutzt (Getterwirkung). Gegen Chloride ist Zirconium im allgemeinen bestandig. Eine Ausnahme bilden FeCl, und CuCl,, die zu LochfraB fuhren. Zirconium bildet die Matrix der sogenannten Inoue-Legierungen. Es handelt sich dabei um Mehrstofflegierungen mit einem niedrig schmelzenden Eutektikum. Mit Zusammensetzungen von ZrssCr30Al,~NislaBt sich relativ einfach
7.9
Metallische Uberzugswerkstoffe
311
durch erhohte Abschreckgeschwindigkeit (1 bis 10 K/s) der amorphe Zustand erreichen. Im Vergleich zu anderen Verfahren liegt danach ein kompakter Werkstoff vor. Die Korrosionsbestandigkeit von derartigen Legierungen ist in einem weiten pH-Bereich (pH 2 bis 13) gegeben [7.31].
7.8.4 Tantal Wegen seiner hervorragenden Verformungsfahigkeit (bis 80% Verformung praktisch keine Kaltverfestigung), seiner guten Warmfestigkeit (Schmelztemperatur 2850 "C) und Warmeleitfahigkeit sowie der ausgezeichneten, der der Edelmetalle nahekommenden Korrosionsbestandigkeit in Sauren wird das Tuntul vorwiegend im chemischen Apparatebau, z. B. fur Vorwarmer, Kuhler und Kondensatoren, eingesetzt. Ein anderer bekannter Verwendungszweck fur Tantal sind Spinndusen in der Kunstseidenindustrie, wo es das Platin ersetzt. Ein umfangreicher Einsatz von monolithischem Tantal verbietet sich allerdings auf Grund seines Preises. In Form von Werkstoffverbunden erscheint es jedoch moglich, die mit Tantal verbundenen spezifischen Kosten zu reduzieren [7.32]. Tantal ist gegen Salz- und Salpetersaure jeder Konzentration und Temperatur bestandig. Auch Schwefelsaure niederer Konzentration greift es nicht an. In konzentrierter, warmer oder rauchender Schwefelsaure ist jedoch die Bestandigkeit nicht mehr gegeben. Ebenfalls wirkt Phosphorsaure bei hoheren Konzentrationen und Temperaturen, Flufisaure hingegen in jeder Konzentration korrodierend. Organische Sauren, gleich welcher Konzentration, greifen Tantal nicht an. In alkalischen Losungen nimmt der Abtrag mit der Konzentration und Temperatur zu. Im Kontakt mit weniger edlen Metallen kann Wasserstoffversprodung auftreten [7.32]. An Luft, auch in Industrieatmosphare ist Tantal bestandig. Chlorgase greifen das Tantal nicht an. In Wasserstoffatmosphare bilden sich Hydride, die zur Versprodung fuhren. Deshalb mulj beispielsweise die Tantalherstellung durch Sintern bzw. Lichtbogenschmelzen im Hochvakuum erfolgen.
7.9 Metallische Uberzugswerkstoffe Um nicht oder weniger bestandige und vielfach auch billigere Werkstoffe bestimmten korrosiven Beanspruchungen aussetzen zu konnen, werden sie mit geeigneten Uberzugsmetullen beschichtet [7.33]. Der Uberzug mu8 dicht sein, damit die Trennung von Grundwerkstoff und angreifendem Mittel auf langere Zeit gewahrleistet ist, fest haften und meist auch gegen mechanische Beanspruchung genugend widerstandsfahig sein. Fur die Beschichtung kommen sowohl Metalle in Betracht, die als ,,selbstandige" Konstruktionswerkstoffe eine Rolle spielen und bereits erortert wurden, z. B. Nickel oder Aluminium, wie auch solche, die wegen anderer mangelnder Eigenschaften ausschliefilich als ,,Hilfsmaterialien" Verwendung finden, beispielsweise Zinn [7.12]. Die wichtigsten Methoden der Beschichtung sind das elektrolytische Abscheiden, das Schmelztauchen, das Spritzen (s. a. Abschn. 8.2.4.2) und das Eindiffundieren (s. a. Abschn. 8.2.4.4).
7
312
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
7.9.1 Zinkuberzuge Zink (Standardpotential -0,76 V) gehort zu den unedlen Metallen. Dank der Bildung dichter Schichten aus basischen Zinkverbindungen, besonders Carbonaten, und der hohen Wasserstoffuberspannung ist es an der Atmosphare und in weniger aggressiven Wassern ausreichend bestandig; beste Bestandigkeit wird bei pH-Werten von 7 bis 12 (Bild 7.22) beobachtet. \
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Bild 7.22 Korrosion von Zink in waisrigen Losungen bei unterschiedlichem pH-Wert
Von den fur die Herstellung metallischer Uberzuge auf Blechen, Bandern, Rohren, Drahten, Hohlkorpern und Konstruktionsteilen aus Stahl bekannten Verfahren steht das Verzinken an erster Stelle. Die Bandbreite des praktischen Einsatzes von verzinktem Stahl ist kaurn vollstandig darstellbar. Im Baubereich sind es Stahlskelettkonstruktionen, Feuertreppen, Balkonanlagen, Zaune, Gelander, Blitzschutz- und Antennenanlagen, Vordacher sowie Pavillons. Im stadtischen Bereich sind es vor allem Verkehrseinrichtungen wie Schilderbrukken, Ampelanlagen, Lichtmasten, Sicherheitsketten, Freiraumiiberdachungen usw. SchlieBlich sei mit einem erheblichen Volumen die verzinkte Automobilkarosserie genannt. Eine vergleichbar positive Entwicklung vollzog sich auch beim gewalzten (legierten) Zink. Der Nachfolger des Walzzinks in Form des ,,Titanzinks", das sowohl als massives Blech als auch in walzplattierter Form eingesetzt wird, hat sich als metallische Wetterhaut und gleichzeitig gestaltendes Element im Baubereich durchgesetzt [7.34]. Im Gegensatz zu Zinn durfen Zinkuberzuge nicht auf Gegenstande aufgebracht werden, die mit Lebensmitteln in Beruhrung kommen, da bei der Zinkkorrosion gesundheitsschadliche Verbindungen entstehen. Bei Trinkwasserkonstruktionen sind an geschweiBten, verzinkten Stahlrohren gehauft Korrosionsschaden an SchweiBnahten aufgetreten. Ihrer Erscheinungsform nach werden sie als Grubenkorrosion bezeichnet. Sie wird durch schwefelhaltige Blockseigerungen (Schwefelgehalte > 0,008% ) im Bandstahl verursacht [7.35]. Derartige Schaden lieBen sich zwar durch metallurgische MaBnahmen verhindern, sind aber sehr teuer. Auf Stahl ubt das Zink auch dann noch eine gewisse Schutzwirkung (Fernwirkung) aus, wenn die Schicht beschadigt ist und das Eisen stellenweise freiliegt: Das gegenuber dem Eisen unedlere Zink geht, insbesondere in Wassern rnit erhohter Leitfahigkeit (Meerwasser) anodisch in Losung und lenkt so den Korrosionsangriff auf sich. Dieses Verhalten wird auch bei der Verwendung des
7.9
Metallische Uberzugswerkstoffe
313
Zinks fur den katodischen Korrosionsschutz, beispielsweise als ,,Opferanoden " in Stahlbehaltern genutzt. Das Aufbringen der Zinkschichten geschieht in der Mehrzahl der Falle durch Feuerverzinken, bei dem das zu verzinkende Teil in eine Zinkschmelze eingetaucht wird. Je nach Temperatur der Schmelze und Tauchdauer entsteht zwischen Grundwerkstoff und au13erer Zone aus Reinzink ein mehr oder weniger dicker Ubergangsbereich, der an intermetallische Phasen des Zinks mit Eisen angereichert, sehr sprode und deshalb unerwunscht ist. Den Qualitatsanspruchen genugende, aber wesentlich dunnere Zinkschichten (Materialeinsparung), die auch keine sprode Zwischenschicht aufweisen, werden auf galvanischem Wege gewonnen. In sauren Badern verlauft bei fast 100%iger Stromausbeute die Zinkabscheidung rascher. Die in alkalisch-cyanidischen Badern bei geringerer Stromausbeute erzeugten Zinkuberzuge sind dagegen glatter, feinkorniger und glanzend. Nachteilig ist, da13 der in cyanidischen Badern mit abgeschiedene Wasserstoff vom Stahl aufgenommen wird und zur Wasserstoffsprodigkeit fuhren kann [7.36]. Nach dem Diffusionsverfahren (Sherardisieren) hergestellte Oberflachenschichten bestehen aus einer Eisen-Zink-Legierung, deren Zinkgehalt von aul3en nach innen abnimmt. Sie haften gut auf dem Grundwerkstoff. Ihre rauhe Oberflache bietet einen ausgezeichneten Haftgrund fur Anstriche. Das Verfahren wird (uberwiegend) fur Kleinteile, die in grol3en Stuckzahlen anfallen, eingesetzt. Das Spritzverzinken mittels Spritzpistole (thermisches Spritzen) ist im wesentlichen der Beschichtung von gro13eren Fertigteilen (Behaltern) oder bereits montierten Konstruktionen bzw. deren Teilen (Schiffbauteilen) vorbehalten. Die aufgebrachten Schichten haften rein mechanisch und sind porig. Es ist deshalb zweckmaflig, sie durch Anstrich abzudichten.
7.9.2 Chromuberzuge Das Chrom, nach seiner Stellung in der Spannungsreihe gleichfalls unedler als Eisen, verdankt seine Verwendung als Uberzugsmetall der starken Neigung, passivierende Deckschichten zu bilden, die ihm hohe Bestandigkeit gegen eine Reihe von Gasen sowie gegenuber Wasser und Sauren verleihen. Ausnahmen bilden heil3e Schwefelsaure und Halogenwasserstoffsauren, Halogensalze und Alkalien. Die Verchromung findet (wenn man von der Hartverchromung zur Herstellung verschleiflfester Niederschlage, s. Abschn. 4.2.3 und 8.2.4.1, absieht) fur Korrosionsschutz und dekorative Zwecke als Glanzverchromung Anwendung. Korrosionsbestandige Uberzuge werden uberwiegend auf galvanischem Wege aus Chromsaurelosungen abgeschieden. Damit die Uberzuge porenfrei sind, waren Schichtdicken von 20 bis 30 pm und eine Abscheidungsdauer von einigen Stunden erforderlich. Aus wirtschaftlichen Grunden wird deshalb die zu uberziehende Stahloberflache zunachst mit Nickel oder Kupfer-Nickel beschichtet und abschliel3end nur mit einer sehr dunnen Chromschicht (0,3 bis l p m ) versehen. Mit Chrom angereicherte Stahloberflachenschichten lassen sich nach dem Diffusionsverfahren (Chromieren) herstellen (s. a. Abschn. 8.2.4.4). Es bilden sich uber den Austausch von Chromatomen eines Reaktionsgases mit Eisenatomen der Stahloberflache Fe-Cr-Mischkristalle, deren Chromgehalte bis etwa 30% reichen. Sofern der Stahl keine anderen starken Carbidbildner enthalt, mu13 sein
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7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Kohlenstoffgehalt moglichst niedrig sein, da sich sonst Chromcarbide bilden, die einen Teil des eindiffundierenden Chroms binden und so das Korrosionsverhalten verschlechtern. Sind die Chromierschichten porenfrei, kann man die gleiche Korrosionsbestandigkeit wie von Chrom-Stahlen erwarten. Der bei der Anwendung der Chromierung erzielten Chromeinsparung stehen die hoheren Kosten des Verfahrens (hohe Temperaturen, lange Reaktionszeiten) sowie die Gefahr, daB sich groBere Teile verziehen, gegenuber. Als Beispiel fur eine technische Anwendung sei die Chromierung von Gasturbinenschaufeln genannt. Hochbeanspruchte Schaufeln stationarer Gasturbinen werden zum Schutz gegen Alkalisulfate, die von Schwefelverbindungen in Brennstoffen herruhren, haufig aus Nickelbasiswerkstoffen hergestellt (s. a. Abschn. 7.7.4). Die Lebensdauer sowohl aus mechanischer als auch korrosiver Sicht konnte durch Chromierschichten mit Anteilen bis zu 80% Chrom in oberflachennahen Bereichen deutlich erhoht werden.
7.9.3 Aluminiumuberziige Mit Aluminium beschichtete Werkstoffe sind auch uber langere Zeiten an der Atmosphare korrosionsbestandig, wenn die Schichten genugend dick und dicht sind. Befinden sich im Uberzug Poren, dann geht - wenn die Unterlage aus Stahl besteht - nicht oxidbedecktes Aluminium anodisch in Losung (Fernwirkung). Fur die Herstellung von Aluminiumuberzugen (Alitieren, Aluminieren) dominiert die Feueraluminierung, die bei etwa 675 " C durchgefuhrt wird und im Falle der Alitierung von Stahl mit der Bildung sproder intermetallischer Phasen (A15Fe2, Al,Fe, A1,Fe) verbunden ist. MaBgeblich fur die Haftfestigkeit der Uberzuge ist die unmittelbar auf der Stahloberflache gebildete Eisen-Aluminium-Mischkristallzone; die genannten intermetallischen Phasen befinden sich daruber, wobei die Al,Fe,-Phase auf Grund der grol3en Wachstumsgeschwindigkeit dominierender Bestandteil ist. Die aul3ere Zone der Schicht besteht aus Reinaluminium mit Restanteilen von A1,Fe bzw. A1,Fe. Man kann das Auftreten der sproden Phasen vermindern oder verhindern, wenn Legierungszusatze zum Al-Bad (z. B. bis zu 10% Si) gegeben werden oder vor dem Tauchen ein Hilfsuberzug aus Kupfer, Zinn, Zink bzw. Cadmium niedergeschlagen wird. Eine weitere Moglichkeit besteht darin, Aluminiumschichten durch thermisches Spritzen aufzutragen. Sowohl das Tauch- als auch das Spritzverfahren werden dazu genutzt, unlegierten Stahl vor Verzunderung zu schutzen. Beim Spritzen mussen die Teile zuvor auf hohere Temperatur erhitzt werden, damit sich die Legierungsschicht bilden kann. Auf Grund ihres hohen Al-Gehaltes und der auf der Oberflache bestehenden dichten Oxidhaut weist die Schicht eine gute Zunderbestandigkeit auf, die jedoch bei Temperaturen oberhalb 800"C, wo das Aluminium schnell in den Stahl diffundiert, verlorengeht. Die Erfahrung zeigt, daB Aluminiumbeschichtungen in Industrieatmosphare Zinkuberzugen uberlegen sind. Ihren groBten Schutzwert haben sie bei pH-Werten kleiner 3,9. Eine breitere Anwendung haben Alitierschichten bei Beanspruchungen im Hochtemperaturbereich (1000 "C) fur Turbinenschaufeln aus Nickelbasiswerkstoffen (s. a. Abschn. 7.7.4) gefunden. Sie schutzen vor allem vor einer Sulfidierung der Oberflache. Alitierschichten werden auch auf Chromstahlen aufgebracht, insbesondere auf Schaufeln in Verdichtern von Entschwefelungsanlagen.
7.9
Metallische Uberzugswerkstoffe
315
Neben Chromieren und Aluminieren findet auch das Chromaluminieren praktische Anwendung. Zur Erzeugung von Chromalitierschichten werden die Bauteile zunachst chromiert und anschlieflend alitiert. Es ist auch eine gleichzeitige Eindiffusion moglich. Entsprechend der Ausfuhrungen im vorangegangenen Abschnitt werden derartige Schichten hauptsachlich auf Nickelbasiswerkstoffen erzeugt.
7.9.4 Zinnuberzuge Zinn (Standardpotential -0,136 V) ist wegen seiner hohen Wasserstoffuberspannung (sie betragt in 0,2 n Schwefelsaure 0,55 V) und der Fahigkeit, unlosliche Deckschichten aus Zinn(I1)- und Zinn(1V)oxid zu bilden, an der Atmosphare und in waBrigen Losungen sehr bestandig. Auch verdunnte Sauren wirken nur langsam ein, konzentrierte Schwefelsaure und heil3e Laugen hingegen rasch. Zinn wird uberwiegend fur Uberzuge auf Eisen, insbesondere fur die Herstellung von We$blech (Konservendosen), zunehmend aber auch fur Bander aus Kupfer- und Kupferlegierungen fur Bauteile in der Elektrotechnik und Elektronik eingesetzt. Kommt das Zinn mit Lebensmitteln in Beruhrung, so darf der Bleigehalt 1 % nicht ubersteigen. Ansonsten konnen auch untereutektische Sn-Pb-Legierungen als Uberzugsmaterial verwendet werden. Wegen des betrachtlichen Potentialunterschiedes zwischen dem unedlen Eisen und dem edleren Zinn ist der Korrosionsschutz nur gegeben, wenn der Zinnuberzug porenfrei ist. In Fruchtsaften und verdunnten organischen Sauren wird jedoch eine Potentialumkehr beobachtet, so daB das Zinn bei schadhafter Schicht anodisch in Losung geht. Das alteste Verfahren zur Erzeugung von Zinndeckschichten ist die Feuerverzinnung, die z. B. am Stahlband im kontinuierlichen Betrieb durchgefuhrt wird, allerdings nur fur bestimmte Anwendungen Bedeutung erlangt hat. Bei Stahl bildet sich im Kontakt mit der Zinnschmelze (280 bis 325 "C) an der Grenzflache eine Legierungszwischenschicht aus FeSn,, die auch die Haftung zum Grundwerkstoff ubernimmt. Da der Kohlenstoff die Haftung verschlechtert, eignen sich fur die Verzinnung vor allem Stahle, deren C-Gehalt kleiner als 0,3% ist. Auch bei Kupfer und Messing wird die Haftung durch Legierungsbildung bewirkt. Durch galvanisches Verzinnen im Durchlaufverfahren werden heute uber 90% des WeiBbleches hergestellt, wobei sowohl saure (kalte) als auch alkalische (heiBe) Bader benutzt werden. Die Zinnschichtdicke betragt nur 0,3 bis 1,5 pm. Sind die Uberzuge matt, konnen sie durch Aufschmelzen in heiBem 01 glanzend gemacht werden. Es entsteht dann wieder die FeSn,-Zwischenschicht. GroBere Behalter werden nach dem Streuverfahren verzinnt, indem das gepulverte Zinn aufgestreut und auf den uber die Schmelztemperatur erhitzten Flachen verrieben wird. Das Ansieden (Sudverzinnen), bei dem das Zinn aus einer Salzlosung durch das unedlere eingetauchte Grundmetall ausgefallt wird, ist der Verzinnung von kleinen Massenteilen (Stecknadeln, Osen, Kettenglieder) vorbehalten. Die stromlos niedergeschlagenen Schichten haften genugend fest, sind aber sehr dunn.
7.9.5 Kupferuberzuge Kupferuberzuge allein werden fur den Oberflachenschutz nur sehr selten (Schmuckwaren) eingesetzt. Sie dienen hauptsachlich als Zwischenschichten fur
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7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
einen weiteren Uberzug (Chrom, Nickel). Kupfer lal3t sich ohne Schwierigkeiten auf fast alle Gebrauchsmetalle bei hoher katodischer Stromdichte aufbringen. Im allgemeinen ist die Oberflachenqualitat so gut, dal3 eine weitere Nachbearbeitung unnotig ist.
7.9.6 Nickeluberzuge Nickeluberzuge werden sowohl fur den Korrosionsschutz als auch fur dekorative Zwecke herangezogen. Hauptanwender ist wegen der guten Bestandigkeit des Nickels gegen atmospharische Beanspruchungen der Fahrzeugbau. Nickeliiberziige werden in der Praxis fast ausschliel3lich auf galvanischem Weg aus sauren Badern niedergeschlagen. Die Schichten sind matt und grau. Um zu hochglanzenden Uberzugen zu gelangen, mussen diese mechanisch poliert oder dem galvanischen Bad Glanzbildner zugegeben werden. Die Vernickelung wird vor allem an Eisen- und Kupferwerkstoffen, weniger bei Zink und Aluminium vorgenommen. Meistens werden Eisenteile vorher noch verkupfert. In vielen Fallen, wie im Fahrzeugbau, dient die Nickelschicht auch als Unterlage fur die verschleil3festere Chromauflage. Da das Nickel in der Spannungsreihe zwischen dem Wasserstoff und dem Eisen steht, ist ein ausreichender Oberflachenschutz in Verbindung mit Stahl nur dann gegeben, wenn die Schicht porenfrei bzw. genugend dick ist. Reine Nickeluberzuge sollen deshalb in Landluft 12,5pm, in Seeluft 25pm und in Industrieluft 50pm dick sein. Um aber Nickel einzusparen, wird dieses nicht direkt auf der Stahloberflache, sondern auf einer Kupferunterlage abgeschieden. Auf diese Weise konnen bei gleichzeitiger Verstarkung der Schutzwirkung die Nickelschichtdicken um 50% und mehr reduziert werden. Fur den Korrosionsschutz sind auch durch Plattieren hergestellte Nickeluberzuge von grol3erem Interesse. Da Nickel jedoch ein relativ teures Metal1 ist, bleibt sein Einsatz nur dann gerechtfertigt, wenn andere, billigere Plattierwerkstoffe nicht in Frage kommen. Auf Stahl walzplattiertes Nickel hat eine Haftfestigkeit von mehr als 240 MPa, wodurch eine mechanische Nachbearbeitung oder Weiterverarbeitung durch Warmpressen ohne weiteres moglich ist.
7.9.7 Cadmiumuberzuge Das Cadmium ahnelt in seinem Korrosionsverhalten weitgehend dem Zink, ist aber in der Spannungsreihe geringfugig edler als Eisen. Unter praktischen Einsatzbedingungen verhalt es sich jedoch anodisch und ergibt damit eine gute Schutzwirkung gegenuber Eisenwerkstoffen. Unter atmospharischen Bedingungen bildet Cadmium auf der Oberflache eine porenarme Schutzschicht aus Oxiden und basischen Salzen aus. Sauren losen diese Schicht jedoch an. Die loslichen Cadmiumverbindungen sind sehr giftig, so da13 Cadmium nicht mit Lebensmitteln in Beruhrung kommen darf. Gegenuber Zinkuberzugen auf Stahl weisen Cadmiumuberzuge im Falle von Schwitzwasserbeanspruchung fur den Einsatz in tropischer und vor allem Seewasseratmosphare hohere Bestandigkeit auf. Cadmium gilt jedoch als stark toxischer, die Umwelt belastender Stoff. Deshalb sollte Cadmium nur im Ausnahmefall angewendet, besser ganz vermieden werden. Alternativen sind in den meisten Anwendungsfallen Zink und Zinklegierungen.
7.10
Rost- und saurebestandige Stahle
317
7.9.8 Bleiuberzuge Auf Grund der mangelnden Festigkeit laBt sich das gute Korrosionsverhalten der Bleiwerkstoffe (s. Abschn. 7.6) in einer Reihe von Fallen (Behalter, Ruhrwerke, Reaktionskammern) nur dann nutzen, wenn sie, vom Grundwerkstoff Stahl gestutzt, als Uberzuge aufgebracht werden. Da sich das Blei nicht rnit Eisen legiert, bereitet das Feuerverbleien Schwierigkeiten. Man umgeht sie, indem nicht reines Blei, sondern Pb-Sn- oder Pb-SbLegierungen verwendet werden oder der zu verbleiende Eisenwerkstoff vorher verzinnt wird (Homogenverbleiung). Es sind Zinnauflagen von 10 bis 20pm ublich. AnschlieBend werden mit einem Brenner eine oder mehrere Lagen Blei aufgeschmolzen. Dabei bildet sich eine Legierungszwischenschicht. Es mu13 jedoch darauf geachtet werden, daB das Zinn im Zuge der Legierungsbildung nicht bis an die Oberflache gelangt, da sonst deren Korrosionsbestandigkeit verschlechtert wurde.
7.10 Rost- und saurebestandige Stahle Unlegierte und niedriglegierte Stahle rosten unter dem EinfluB der Atmosphare oder erleiden bei Einwirkung entsprechender Medien anderweitigen Angriff. Um Bauteile aus diesen Werkstoffen vor Zerstorung zu bewahren, sind zusatzliche MaBnahmen, wie z. B. Schutzanstriche, erforderlich. Es gibt jedoch auch technisch wichtige Bereiche, wo MaBnahmen des passiven Korrosionsschutzes nicht ausreichend bzw. rnit anderen Bedingungen des Werkstoffeinsatzes nicht vertraglich sind. In solchen Fallen lassen sich haufig rost- und saurebestandige Stahle mit Vorteil einsetzen. Ihre Bezeichnung sagt nicht, dal3 sie unter jedweden Bedingungen widerstandsfahig sind. Sie werden als korrosionsbestandig angesehen, wenn der durch Korrosion verursachte Masseverlust kleiner als 2,4 g m-2 je Tag ist. Die Hauptmenge der im Apparatebau, etwa 90%, genutzten korrosionsbestandigen Stahle entfallt auf die bekannten Standardtypen. Wie bei den hitze- und zunderbestandigen Stahlen (s. Abschn. 6.2) - der Stahl X6CrNiTil8-10 ist beispielsweise sowohl als hitze- und zunder- wie auch als rostund saurebestandiger Werkstoff weit verbreitet - treten als Hauptlegierungselemente Cr und Ni sowie rnit kleineren Gehalten Mo, Ti, Cu, Si und A1 auf. Hinsichtlich des im Anwendungszustand bestehenden Gefuges lassen sich die rostund saurebestandigen Stahle in ferritische, perlitisch-martensitische und austenitische Stahle einteilen. Ungeachtet dessen zeigen sie ein im Grunde einheitliches Korrosionsverhalten, das durch die auf der Stahloberflache befindliche Passivschicht (Oxidschicht) gepragt ist. Die Stabilitat dieser Schicht ist weitgehend vom Cr,O,-Gehalt und ihrer Kristallinitat abhangig. Anders als fruher angenommen, sind kristalline Schichten bestandiger als amorphe; eine Erkenntnis, die gut in Ubereinstimmung rnit der Thermodynamik steht. Daruber hinaus ist die Homogenitat des Grundwerkstoffes von EinfluB. Anhaufungen von Fremdatomen sowie eingelagerte intermetallische Phasen in der Stahloberflache beeinflussen das Korrosionsverhalten nachteilig. Deshalb wurden in den Edelstahlwerken umfangreiche MaBnahmen zur Verbesserung der Homogenitat getroffen. Es sind dies Umschmelzverfahren nach dem Prinzip des wachsenden Blokkes rnit gerichteter Erstarrung, die Elektro-Schlacke-Umschmelzung und das Argon-Sauerstoff-Frischen. Der groBtechnische Einsatz des erstgenannten Ver-
7
318
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
fahrens ermoglicht die Herstellung nahezu innenfehlerfreier Blocke mit weitgehend homogenem Gefugeaufbau und geringen Gehalten an nichtmetallischen Einschlussen. Zur Absenkung des Gehaltes des zur Carbidbildung neigenden Kohlenstoffes wird das Argon-Sauerstoff-Frischen und VOD-Verfahren angewendet. Mit Hilfe dieses Verfahrens lassen sich Gehalte bis zu einem hundertstel Prozent Kohlenstoff groBtechnisch einstellen. Die dem Absenken des C-Gehaltes einhergehende Verminderung der Festigkeit wird bei den austenitischen Stahlen durch Zulegieren von einigen Zehntel bis einem Prozent Stickstoff ausgeglichen und damit zugleich das austenitische Gefuge stabilisiert.
7.10.1 Chromstahle Die nichfrostenden Chrornstiihle enthalten im allgemeinen 13 his 17%, einige StahlguBsorten bis 30% Chrom. Die maximalen C- und Si-Gehalte liegen bei den GuBstahlen verstandlicherweise hoher als bei den Walzstahlen. Je nach dem Chrom- und Kohlenstoffgehalt unterscheidet man ferritische Stahle und Stahle mit Umwandlungsgefuge. Das Chrom gehort zu jenen Legierungselementen, die das y-Gebiet abschnuren; reine Fe-Cr-Legierungen sind oberhalb etwa 1 2 5 % Cr ferritisch und lassen sich nicht mehr umwandeln. Der Kohlenstoff wirkt dem entgegen (Bild 7.23), d. h. mit steigendem C-Anteil dehnt sich das Austenitfeld aus, so da13 unter den technischen Cr-Stahlen bei entsprechendem C- und Cr-Gehalt auch umwandlungsfahige (hart- und vergutbare) Legierungen anzutreffen sind. In Abhangigkeit von der vorangegangenen Warmebehandlung weisen diese Stahle ein Gefuge auf, in dem neben dem Ferrit oder allein Perlit (Sorbit, Troostit) bzw. nach dem Weichgluhen (Einformen des Zementits) Carbid oder nach schneller Abkuhlung auch Martensit auftreten. I
I
I
i
7400 7300 7200
.5 5 7100 ?t
R
7000
900
Bild 7.23 Schcmatischc Darstellung der Erweiterung dcs y-Gcbictes im Svstcm Fe-Cr durch Kohlenstolfinach E.G. Brriri)
1
8oo 700 0
5
70
75
20
25
30 % 35
Chromgehait
Die Chromstahle sind vielseitig verwendbar. Die Tabellen 7.7 und 7.8 geben einen Uberblick uber Zusammensetzung, Gefuge und Verwendung von Walzund GuBstahlen. Ihre Korrosionsbestandigkeit wird in erster Linie vom Chromgehalt bestimmt. Sie steigt gegenuber vielen Medien beim Uberschreiten von 1 2 5 % sprunghaft an: der Stahl wird passiv. Der Kohlenstoffgehalt sol1 moglichst gering sein, da Kohlenstoff durch Carbidbildung Chrom abbindet und der Grundmasse entzieht. Fur hochkorrosionsbestandige Stahle ist erwunscht, daB sie rein ferritisch sind und auch das bildungsfahige Chromcarbid gelost ist.
7.10
Rost- und saurebestandige Stahle
319
Tabelle 7.7 Angaben zu den rost- und saurebestandigen Chromstahlen Stahlmarke
Warme- Gefuge nach behand- Warmebelungszu- handlung stand')
Bestandigkeit gegen interkristalline Korrosion2)
Betriebs- Verwendungsgebiete temperaturen "C
X7Cr14
V
Ferrit, Perlit
-
-
EBbestecke, Haushaltsgerate, Medizintechnik
X IOCr13
G, V
Ferrit, Perlit
-
I 500
Konstruktionsteile fur Wasser und Dampf (Ventile, Rohre, Turbinenschaufeln)
X20Cr I3
G, V
Ferrit, Perlit
-
I500
hoherfeste Konstruktionsteile fur Wasser, Dampf und medizinische Gerate
X38Crl3
G, H
Perlit, Martensit
-
I 200
VerschleiBteile, Schneidwaren, medizinische Gerate, Walzlager, Kunstharzformen, Kolbenstangen, Federn
X6Cr 13
Z
Ferrit
I300
Haushaltsgerate, Architektur, Nahrungsmittel- und Salpetersaureindustrie, Fahrzeugbau
X6CrTil7
Z
Ferrit
+
I 300
Einsatz fur geschweiBte Teile wie X6Cr13
X2CrMoTi18-2 Z
Ferrit
+
5 300
fur geschweiRte und ungeschweiBte Teile in der Textilund Fettsaureindustrie bei Angriff von organischen Sauren
X12CrMoS17
G, V
Ferrit, Perlit
-
I
300
Automatenstahl, gut zerspanbar, fur Schrauben, Zahnrader, Wellen, Armaturen, Medizintechnik, mechanisch hochbeanspruchte Teile in Molkereien, Hefe-, Starkeund Papierindustrie, Pumpenteile, Ventile
X20CrNi17-2
V
Troostit, Sorbit
-
I 500
mechanisch hochbeanspruchte Teile in Molkereien, Hefe-, Starke- und Papierindustrie, Pumpenteile, Ventile
X35CrMo17
V
Troostit, Sorbit
-
I 300
Wellen, Ventile und Spindeln, warmfeste Teile bei Angriff von Salpetersaure und organischen Sauren
X90CrMoV18
G, H
Perlit, Martensit
-
I 200
Schneidwaren, Walzlager, Lochscheiben von Fleischmaschinen
I)
2,
G wcichgcgliiht; V vcrgiitct; Z zahgegluht: + bcstandig; - unbcstandig
H gehartet
7
320
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Tabelle 7.8 Angaben zu rost- und saurebestandigem StahlguB Stahlmarke
Gefuge nach Verwendungsgebiete der Warmebehandlung
GXlOCrl3
Ferrit
bei Forderung hoher Bestandigkeit gegen atrnospharische Korrosion, Teile mit erhohter Plastizitat, die einer Schlagbeanspruchung ausgesetzt sind (Turbinenschaufeln, Ventile fur hydraulische Pressen, Cracking-Anlagen, Haushaltsgegenstande sowie Erzeugnisse, die relativ schwachen aggressiven Mitteln ausgesetzt sind (z. B. atmospharischen Niederschlagen, waBrigen Losungen von Salzen organischer Sauren bei Raumtemperatur)
GXlSCrMoS
Ferrit
fur Teile mit starker mechanischer Beanspruchung, wie Wellen, Spindeln, Ventile, Kolbenstangen usw.
~
~
~
GX20Crl4
Ferrit, Perlit. Carbid
vergutbare nichtrostende GuRstucke rnit guten Festigkeitseigenschaften, besonders fur Wasser- und Dampfturbinen, Armaturen fur Wasser und Dampf, Ventile und Pumpenteile, Formen fur die Glasindustrie
GX22CrNi17
Ferrit, Perlit, Carbid
vergutbare GuBstucke mit hoherer Korrosionsbestandigkeit, z. B. fur Teile in Beruhrung rnit sauren Grubenwassern und Seewasser. Molkereizubehor
GX40CrSi29
Ferrit, Carbid Ferrit, Carbid Ferrit, Carbid
gut vergieRbare StahlguRmarken rnit hoher Korrosionsbestandigkeit. VerhaltnismaRig niedrige Harte und gute Bearbeitbarkeit, fur Teile in der Molkerei-, Nahrungsmittel- und chemischen Industrie sowie im Bergbau; auch bei Angriffen von schwefliger Saure. Mit steigendem Kohlenstoffgehalt wird die VerschleiBfestigkeit groBer, die Bearbeitbarkeit, Korrosionsbestandigkeit und SchweiRbarkeit geringer
GX70CrMo29-2
Ferrit, Carbid
hochkorrosionsbestandige GuBstucke fur chemische Industrie und den Kalibergbau sowie bei Angriff von schwefliger Saure und Chloriden. Fur Teile wie bei GX40CrSi29, aber hoherer Beanspruchung
GXl20CrMo29-2
Ferrit, Cabid hochkorrosionsbestandige GuBstucke fur chemische Industrie, Kalibergbau, Aufbereitungsanlagen und bei Angriff von schwefliger Saure und Chloriden. VerschleiRfester. iedoch schwieriger bearbeitbar als GX70CrMo29-2
GX70Cr29 GX130CrSi29
Ebenso ist das Korrosionsverhalten der umwandlungsfahigen Stahle besser, wenn der Kohlenstoff gelost vorliegt, d. h. der Stahl ein martensitisches Gefuge hat. Versprodungserscheinungen, wie sie bei den zunderbestandigen Chromstahlen zu beachten sind (s. Abschn. 6.2), haben fur das Korrosionsverhalten der rost- und saurebestandigen Cr-Stahle wenig Bedeutung, da die dafiir erforderlichen Temperaturen im Gebrauch dieser Stahle kaum auftreten. Es sei nur erwahnt, da13 die 475 " C-Versprodung eine Verstarkung des korrosiven Angriffs mit sich bringt. Die durch den erhohten Chromgehalt hervorgerufene Pussivitat der Chromstahle sichert deren Widerstandsfahigkeit gegen oxidierende Angriffsmittel, nicht aber gegenuber reduzierenden. Als oxidierende Medien kommen haupt-
7.10
HN03-Konzentrafion
Rost- und saurebestandige Stahle
321
Bild 7.24 Korrosion eines 13%igen Chrornstahles in Salpetersaure bei Siedetemperatur (nach J. Bunger)
sachlich Salpetersaure und salpetrige Saure, als reduzierende Salz- und Flu& saure in Betracht. Die recht gute Bestandigkeit in HNO, ist von deren Konzentration sowie vom Kohlenstoffgehalt des Stahles abhangig (Bild 7.24). In Schwefelsaure ist die Bestandigkeit nur wenig besser als fur unlegierte Stahle. Gegenuber Salzsaure und Chloridlosungen sind die Chromstahle ausgesprochen unbestandig, wenn nicht durch eine Erhohung des Chromgehaltes (24 bis 26%) und uber Hinzulegieren von 3 bis 5% Ni, 4% Mo und 0,3 bis O,6% Ti bei Stickstoffgehalten bis 0,025% der Korrosionswiderstand in diesen Medien wesentlich verbessert wurde. 1st dies der Fall, dann konnen diese Stahle fur Kondensatoren im Kraftwerksbau mit Meerwasserkuhlung im Austausch fur Chrom-Nickel-Stahle und Titan, ferner fur Gaswascher oder Niedertemperaturkessel bei moglicher SO,-Kondensation eingesetzt werden. Verdunnte alkalische Losungen greifen Stahle mit 17% Cr nur wenig an, jedoch nimmt der Abtrag mit steigender Laugenkonzentration und Temperatur zu. Fur die Verbesserung der spangebenden Bearbeitung (s. a. Abschn. 3.1.9) werden Schwefelgehalte von 0,15 bis 0,25% (z. B. X12CrMoS17) zugelassen, die aber das Korrosionsverhalten verschlechtern. Ferritische rost- und saurebestandige Chromstahle sind fur interkristaffineKorrosion anfallig (sensibilisiert). Diese wird auf selektiv korrodierende Chromcarbide zuruckgefuhrt, die sich entlang den Korngrenzen wahrend der Abkuhlung von Temperaturen oberhalb 750 "C ausscheiden. Bei ferritischen Stahlen (krz Gitter) ist die Diffusionsgeschwindigkeit des Kohlenstoffs so hoch, da(3 auch durch Abschrecken von den genannten Temperaturen eine Carbidbildung nicht vermeidbar ist. Der Neigung zum interkristallinen Zerfall kann uber Zugaben von Stabilisatoren (Ti, Nb, Ta), die starkere Carbidbildner als Chrom sind, oder durch ein ,,stabilisierendes" Gluhen bei etwa 750 "C vorgebeugt werden [7.15]. Im Verlaufe der Gluhbehandlung formen sich die Carbide ein, so darj das vorher bestandene, zusammenhangende Carbidnetzwerk unterbrochen wird. Die nichtrostenden ferritischen Cr-Stahle unterscheiden sich in ihrer Empfindlichkeit gegenuber Spannungsri~korrosion deutlich von den austenitischen
7
322
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Cr-Ni-Stahlen. Im Gegensatz zu diesen sind sie in wal3rigen Chloridlosungen und Alkalien bei Chromgehalten zwischen 13 und 17% wenig anfallig. Erst bei extrem hohen aul3eren oder inneren Zugspannungen und geringen Cu- oder NiGehalten ist eine Schadigung moglich. Chromstahle konnen in halogenidhaltigen Elektrolyten, vor allem bei hoheren Temperaturen, Lochfraflkorrosion erleiden. Im Falle einer Korrosionsbeanspruchung in hochchloridhaltigen, aggressiven Medien, wie z. B. in Brack- und Meerwasser, 1aBt sich die Bestandigkeit gegen LochfraB- und Spaltkorrosion mit Hilfe hoherer Gehalte an Cr (bis 30%) verbessern. Es ist insbesondere bei den Chromstahlen darauf hinzuweisen, daB deren Korrosionsverhalten nicht allein vom Legierungsgehalt bestimmt, sondern auch durch die Oberflachenbeschaffenheit merklich beeinfluBt wird. Je kleiner der Rauhigkeitsgrad ist, um so mehr wird die geschlossene Passivierung der Oberflache begunstigt. Die Stahle sollen deshalb feinstgeschliffen, besser noch poliert zum Einsatz kommen. Wesentlich ist auch die Entfernung von Zunderschichten und Anlauffarben. In diesen Fallen ist das Beizen das gceignetste Verfahren [7.37].
7.10.2 Chrom-Nickel-Stahle Neben meist 13 bis 21% Cr und 0,02 bis 0,16% C bewegt sich der Nickelgehalt der korrosionshestiincligm Cr-Ni-Stiihle zwischen 5 und 20%. Durch Zulegieren von Nickel, das in den Fe-Cr-Mischkristall eingeht, werden die Stahle leichter und stabiler passivierbar. Das Nickel vergroRert den Existenzbereich des kfzAustenits soweit, daB. wie Bild 7.25 in Verbindung mit Tab. 7.9 verdeutlicht. die rost- und saurebestandigen Cr-Ni-Stahle austenitisch sind. Sie werden im abgeschreckten Zustand, in dem sie weich, zah und gut kalturnformbar sind. benutzt. Festigkeit und Harte lassen sich nur uber eine Kaltumformung steigern. Die austenitischen Stahle sind kaltzah und bis zu etwa -200°C einsetzbar (s. a. Abschn. 5.3). Aktiv- und Durchbruchspotential der austenitischen Cr-Ni-Stahle liegen bei etwa den gleichen Werten wie fur die ferritischen Cr-Stahle. so daR sich die Bestandigkeit gegenuber HNOi fur beide Gruppen in ahnlichen Grenzen halt. Bis zu Konzentrationen von 65% betragt der Abtrag beim austenitischen Stahl etwa 0,s mm/Jahr. bei hoheren Salpetersaurekonzentrationen bis 5 mm/Jahr. Eine wesentlich hohere Bestandigkeit gegenuber Salpetersaure wurde durch die Entwicklung eines knetbaren, austenitischen Nickel-Chrom-Silicium-Stahles 24 %
20 16 3
b
p 12
,s
3z 8 4 0 0
2
4
6
8
70 72 74 Chromgehalt
76
78 20 %
24
Bild 7.25 (ietuge von Cr-Ni-Stiihlen mit etwa 0.2% C nach dem Ahschreckcn von 1000°C in Wasscr
7.10
Rost- und saurebestandige Stahle
323
Tabelle 7.9 Angaben zu rost- und saurebestandigen Cr-Ni-Stahlen und hochlegiertem StahlguR Stahlmarke
Bestandigkeit gegen interkristall. Korrosion
Verwendungsgebiete
X10CrNilX-8 XSCrNi 18-1 0 X6CrNiTilX-10
-
Milcherhitzer, medizinische Gerate, Teile in der Salpetersaure-, Sulfitzellstoff- und Fettsaureindustrie, Lebensmittelverarbeitungsmaschinen und -gerate im Kontakt mit organischen und Fruchtsauren XSCrNilX-10 fur geschweiRte Teile
XSCrNiMo 17-12-2 X6CrNiMoTil7-12-2
+ +
hohere Bestandigkeit als Cr-Ni-Stahle, insbesondere in CI-haltigen Medien, pharmazeutische Industrie, saurebestandige (auch geschweiflte) Teile der Sulfitzellstoff-, Textil-, Farben-, Fettsaure-, Gummi- und Treibstoffindustrie, bei Angriff von HNO3-H2SO,-Gemischen, Phosphorsaure, Medizintechnik
X2CrNiMoN17-13-5
+
organische Sauren hoher Temperatur und Konzentration, nichtoxidierende anorganische Sauren, chlorit- und hypochlorithaltige Medien (Bleichlauge)
XSCrNiMoCuTi20-18
+
nichtoxidierende anorganische Sauren, Spinnbadlosungen, schwefelsaure Beizbader
GXl2CrNil8-11
-
bestimmte saurebestandige Teile in der Salpeter- und Fettsaureindustrie, Gerate fur Lebensmittelverarbeitung bei Angriff organischer Sauren und Fruchtsauren; fur Teile von hoher Zahigkeit, besonders fur Pumpen und Ventile der chemischen Industrie. Nicht fur Teile mit SchweiBungen ohne nachfolgende Warmebehandlung, da nicht bestandig gegen interkristalline Korrosion
GXSCrNiMol9-11
+
wie bei GXl2CrNilX-11, jedoch fur Teile, an denen nach der SchweiBung keine Warmebehandlung notwendig ist
-
unbeqtandig
+ +
+ batandig
1.0
g/n?-h
0.8
0.2
0
" 5
7
9 Chmm
%
11
Bild 7.26 Korrosionsabtrag von NickelChrom-Silicium-Stahlen mit 22 Masse-% Nickel in 9X%iger Salpetersaure bei 100°Cals Funktion ihres Chrom- und Silicium-Gehaltes (nach [7.39])
324
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
erreicht [7.39]. E r enthalt etwa 25% Nickel, 9% Chrom, 7% Silicium sowie etwas Mangan (1,5%). Sowohl in hochkonzentrierter Schwefelsaure (> 90 Y O )als auch, wie Bild 7.26 verdeutlicht, in 98 %iger Salpetersaure ist dieser Stahl bei 100°C bestandig. Ferner ist er schweiBbar. Seine Korrosionsbestandigkeit verdankt der Nickel-Chrom-Silicium-Stahl einer aus Cr,03 und SiOz bestehenden Passivschicht. Die Bestandigkeit der austenitischen Stahle kann durch weitere Legierungselemente, vor allem durch Molybdan und Kupfer (XSCrNiMol8-10, X5CrNiMoCuTi20-18) noch bedeutend erhoht werden (Bild 7.27).
Bild 7.27 Angriff verschiedener Cr-Ni-Stahle in Schwefelsaure (nach W Kutz). Die schraffierten Flachen entsprechen Bereichen, in denen der Angriff unter 0,l mm pro Jahr bleibt
Austenitische Cr-Ni-Stahle sind gegenuber interkristulliner Korrosion (Kornzerfall) bestandig, wenn die Bildung Cr-reicher Carbide und damit einer Cr-verarmten Grundmasse ( 5 12% Cr) in unmittelbarer Nahe der Korngrenzen (Sensibilisierung) vereitelt wird. Dies ist durch niedrig gehaltene C-Anteile oder uber das Zulegieren von starken Carbidbildnern (Stubilisatoren; Ti, Ta, Nb) moglich [7.15]. Um der Gefahr interkristallinen Angriffs aus dem Wege zu gehen, werden heute ausschlieBlich C-arme oder stubilisierte Stiihle (meist mit Ti legiert) verwendet (Tab. 7.9). In halogenidhaltigen Losungen oder bei unterschiedlicher Beluftung kann an den rost- und saurebestandigen Stahlen Lochkorrosion (Bild 7.28) auftreten. Die Legierungselemente Chrom und Molybdan sowie Stickstoff in Verbindung mit Molybdan haben auf die Lochkorrosion einen vermindernden EinfluB. Stickstoff stabilisiert den Austenit und kompensiert damit die ferritbildende Wirkung des
7.1 0
Rost- und saurebestandige Stahle
325
Bild 7.28 Lochkorrosion an einem Rlohr aus X6CrNiTil8-10 (nach K. Mummerr)
Molybdans. Einen ungunstigen EinfluB auf die Bestandigkeit wird den Legierungselementen Schwefel, Kohlenstoff, Cer und Tantal zugeschrieben. Titan kann sowohl korrosionsfordernd (TiN) als auch mindernd wirken [7.40]. Es ist immer wieder versucht worden, iiber Wirksummen die Lochkorrosionsbestandigkeit zu beschreiben. Die empirisch erarbeitete Abhangigkeit stellt sich aber nicht eindeutig dar. Mehrere Formeln stehen gleichberechtigt nebeneinander. Besser laflt sich der EinfluB der lochkorrosionsrelevanten Legierungsbestandteile mit Hilfe der die kritische Lochkorrosionstemperatur CPT kennzeichnenden Gleichung [7.40] CPT( "C) = -41,O + 2,5 x Yo Cr
+ 7,6 x % Mo + 31,9 x Yo N
(7.1)
beschreiben. In Anwesenheit innerer und auBerer Zugspannungen sind austenitische Stahle gegenuber SpannungsriJ3korrosion anfallig (Bild 7.29). Transkristalline Spannungsrifikorrosion wird beobachtet, wenn sowohl die Wasserstoffionen- als auch die Chloridionenkonzentration der Elektrolytlosungen etwa 1mol/l uberschreiten oder wenn sehr hohe Chloridkonzentrationen vorliegen [7.41]. Weiterhin kann durch eine mechanisch bedingte Gefugeanderung durch Ausbildung von Martensit die Bestandigkeit deutlich vermindert werden. Kritische Chloridkonzentrationen konnen sich auch im Zuge einer vorangegangenen Lochkorrosion entwickeln, weshalb Lochkorrosion und Spannungsriflkorrosion haufig gemeinSam auftreten (Bild 7.30). Fur extreme Angriffsbedingungen, wie sie bei der Herstellung von Phosphorsaure im NaBverfahren, der Meerwasserentsalzung oder der Gewinnung von Schwefel- und Ameisensaure vorliegen, sind Stahle mit hoheren Nickel- und Chromgehalten erforderlich, deren Widerstandsfahigkeit noch durch Kupfer verbessert wird, z. B. XlNiCrMoCu31-27-4 [7.44]. Die Standardlegierungen sind in Laugen niedrigerer Konzentration bestandig; NaOH beispielsweise vermag erst ab Konzentrationen > 10 Yo anzugreifen. In stark alkalischen Losungen wird, wenn gleichzeitig hohere Temperaturen und Spannungen vorliegen, Spannungsriflkorrosion beobachtet. Ausreichende Widerstandsfahigkeit beweisen austenitische Cr-Ni-Stahle im Kontakt mit der Atmosphare, Dampf und Wasser, Phosphor-, Essig-, Blau-,
7
326
Werkstoffe f u r korrosive Beanspruchung
Bild 7.29 Transkristalline SpannungsriRkorrosion an einem austenitischen Stahl X6CrNil'i 18-10 in chloridhaltiger Elektrolytliisung von 2SO"C, Querschliff eines Rohrabschnittes (nach [7.42])
I-
t '9
f
200 p m
c
* Bild 7.30 Loch- und SpannungsriRkorrosion an einem Stahl X6( IrNiTil8-10 in chloridhaltiger Elektrolytlosung, Querschliff eines Rohrabschnittes (nach [7.43])
7.1 1
GuR- und SonderguReisen
327
Milch- und Fruchtsaure sowie chloridhaltigen Losungen. Tab. 7.9 gibt einen Uberblick der vielfaltigen Anwendungsmoglichkeiten.
7.10.3 Chrom-Mangan-Stahle Austenitische Chrom-Mangan-Stahle konnen in einer Reihe von Fallen die Chrom-Nickel-Stahle ersetzen. Durch das Zulegieren von Stickstoff wurden die mechanischen Eigenschaften deutlich verbessert. Mit Gehalten bis zu 1 % N sind beispielsweise mit dem Stahl XSCrMnN18-18 erhebliche Steigerungen sowohl der Streckgrenze als auch der Bruchzahigkeit erreicht worden [7.38]. Fur Anwendungen in der chemischen Industrie im Kontakt rnit organischen Sauren, fur Haushaltsgerate und im Fahrzeugbau sind die Legierungen X12CrMnNiN17-7-5, X12CrMnNiN 18-9-5 sowie eine kohlenstoffarmere Variante der Zusammensetzung X2CrMnNiN 17-7-5 geeignet. Letztere ist im Vergleich zu fruheren Zusammensetzungen, die hohere Kohlenstoffgehalte aufwiesen, ausreichend bestandig gegenuber interkristalliner Korrosion. Allgemein gilt jedoch, daB die ChromMangan-Stahle nicht im gleichen Ma13 korrosionsbestandig sind, wie ChromNickel-Stahle.
7.10.4 Mehrphasige Stahle Stahle rnit mehrphasigem Gefuge sind in vielen Fallen den einphasigen hinsichtlich ihres Widerstandes gegen interkristalline, LochfraB-, SpannungsriB- und Spaltkorrosion uberlegen [7.45], [7.46]. Stahle mit austenitisch-ferritischem Gefuge (XI CrNiMoN25-22-2) gelten als loch- und spaltkorrosionsbestandig. Interkristalline Korrosion wird an ihnen auch nach dem SchweiBen nicht beobachtet [7.47], so daB sie fur Innen- und AuBenmantel von Entsalzungsanlagen und Rohre fur saure Case und Ole sowie im Kontakt rnit heiBen Solen und oxidierenden Medien verwendet werden. Stahle rnit martensitisch-austenitischem Gefuge (X4CrNiMo16-5-1) haben gute Festigkeiten (600 MPa) und sind auBerordentlich korrosionsbestandig. Einsatzgebiete sind Druckkessel, Wasserturbinen sowie GefaBe zur Polymerisation von Monomeren. Geschmiedete Stahle rnit martensitisch-ferritisch-austenitischem Gefuge sind auf Grund ihrer Festigkeit fur Druckbehalter bei Temperaturen zwischen -200°C und 350°C und, da sie in Schwefelwasserstoff nicht spannungsriBkorrosionsanfallig sind, auch fur Leitungen und Behalter rnit Sauergas geeignet. Sie werden dariiber hinaus als Teile von Kernreaktoren, in der Erdgas- und Erdolindustrie sowie fur Pumpen und Turbinen eingesetzt.
7.1 1 GuB- und SonderguBeisen Gruues Gufleisen (s. a. Abschn. 3.1.12) wird seit langem rnit Erfolg fur Bauteile verwendet, die Korrosionseinflussen ausgesetzt sind, z. B. Wasserleitungsrohre. Der Graphit ubt keinen nachteiligen EinfluB auf das Korrosionsverhalten aus, vielmehr rostet das GuBeisen gleichmaBiger als Stahl und neigt nicht zu ortlichen Anfressungen. Eine spezielle Korrosionsform des GuBeisens ist das Graphitieren (Spongiose), bei dem sich infolge der Oxidation von Eisen ein poriges, wei-
328
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
ches Korrosionsprodukt bildet, das aus Oxidhydraten und eingelagerten Graphitteilchen besteht. Das Graphitieren tritt haufig bei Lagerung im feuchten Erdboden - oder wenn Graues GuBeisen rnit anderen Stoffen unter Anwesenheit von Feuchtigkeit in Beruhrung steht - auf. Fur starkere korrosive Beanspruchungen mu13 das GuBeisen insbesondere rnit Si, Al, Cr und Ni legiert werden (SondergiiJJeisen) . Austenitisches GuBeisen sowohl rnit Lamellen- als auch Kugelgraphit hat vor allem hohere Gehalte an Nickel, Silicium und Chrom (z. B. GGL-NiSiCr 20 5 3 bzw. GGG-NiSiCr 30 5 5 ) . Diese Gunsorten zeigen sehr gute Bestandigkeit in schwefelsauren Losungen. Werden GuBteile erosiv und korrosiv beansprucht, z. B. in Form von Lagern, als Laufbuchsen in Ruhrwerken, Mischern und Tauchpumpen. dann bieten sich hoherkohlenstoffhaltige verschleiBfeste legierte CUBeisen (z. B. G-X300 CrNiSi 9 5 2) an. StahlguB rnit dem Legierungselement Silicium wird als hitzebestandiger Werkstoff (GX40CrSi13, GX160CrSi29) im Fahrzeugbau, fur Sinter- und Gluhtopfe, als Glasformen, Rekuperatorrohre u. a. genutzt. Auch aluminiumlegierter Sondergii/3 ist gegen Verzunderung sehr bestandig und deshalb in einer Reihe von Fallen im Austausch gegen ChromstahlguB oder hochlegiertes GuBeisen einsetzbar. Bei ungefahr 2% C und 5% Si betragt der Aluminiumanteil etwa 7%. Im Korrosionsverhalten dem mit Ni und Cr legierten StahlguB ahnlich (Tab. 7.8 und 7.9) sind hochlegierte Gufieisensorten, die bei 2 bis 3,5% C und 1 bis 5% Si einen hoheren Ni-Anteil (13 bis 20%) und teilweise 3 bis 7% Cu und um 1 % Cr aufweisen. Sie sind vor allem gegen oxidierende, anorganische Sauren sowie Verzunderung bestandig und werden in der chemischen und Erdolindustrie, im Fahrzeug- und Schiffsbau sowie - wenn sie kupferfrei sind - in der Nahrungsmittelindustrie oder auch als hitze- und zunderbestandiger Werkstoff fur Auspuffsammelleitungen, Turboladergehause, Dampfleitungen oder Gasturbinengehause verwendet. Als Beispiele seien die Marken GGL-NiCuCr 15 6 3, GGG-NiCr 30 3 , GGG-NiSiCr 20 5 2 genannt.
7.12 Steinzeug Steinzeug ist ein keramischer Werkstoff mit dichtem oder nahezu dichtem. farbigem Scherben, der meist mit einer Glasur uberzogen ist. (Ein keramischer Werkstoff ist dicht, wenn seine Wasseraufnahme < 0,l YObetragt.) Zu seiner Herstellung werden fruhsinternde Tone, die zwischen 1200°Cund 1300°Cdichtbrennen und besonders feinkornig sind, benutzt. Um die Sinterung zu verbessern, werden auch FluBmittel, Feldspat oder Basaltmehl zugegeben. Die Schwindung wirddurch Zusatzvon Magerungsmitteln (Sand. Schamotte oder Steinzeugscherben) verringert. Man unterscheidet zwischen Grob- und Feinsteinzeug. Gegenuber dem Grobsteinzeug, wie Klinkern oder Kanalisationssteinzeugrohren, weist das Feinsteinzeug infolge der intensiveren NaBaufbereitung einen homogeneren Scherben und eine geringere Porositat auf. Der Steinzeugscherben enthalt nach dem Brand bis zu 40% Mullit, 20 bis 50% Quarz, geringe Mengen Cristobalit und 30 bis 50% Glasphase, deren Anteil vom Versatz und dem Brennregime abhangen. Die Eigenschaften des Steinzeuges lassen sich durch spezielle Zusatze in gewissen Grenzen variieren (Tab. 7.10). Die Schlagbiegezahigkeit ist wie bei allen keramischen Werkstoffen gering (s. a. Abschn. 6.6.1).
7.13
Porzellan
329
Tabelle 7.10 Eigenschaften von Feinsteinzeug Wasseraufnahme Zugfestigkeit, glasiert Druckfestigkeit, glasiert Biegebruchfestigkeit, unglasiert Schlagbiegezahigkeit Ausdehungskoeffizient zwischen 20 und 200°C Warmeleitfahigkeit Temperaturwechselbestandigkeit
Yo MPa MPa MPa J cm -2 10-7 K-1
0.8.. .4,0 10.. .30 280.. .SO0 37.. .90 0,12.. .0,22 40.. .60
W (mK)-' K
1,l . . .4,1 130..,250
Die Korrosionsbestandigkeit des Steinzeuges wird stark von der Porositat und vom Mineralaufbau beeinflufit. Gutes chemisches Steinzeug ist gegen alle Sauren widerstandsfahig aufler gegen FluBsaure und bis 30 " C auch gegenuber konzentrierter Natron- und Kalilauge bestandig. Von heiBer konzentrierter Schwefelsaure wird es starker angegriffen. Zum Beispiel liegt die Losungsgeschwindigkeit in siedender 70% iger H2S04fur unglasierte Platten bei 0,6 bis 1,2 mgcm-2 je Tag. In 10%iger heiBer (90°C) Natronlauge, die standig geruhrt wird, betragt der Abtrag etwa 180mgcm-2je Tag. Die Saureloslichkeit wird an definierten Kornungen durch Kochen in Schwefelsaure oder an stuckigem Material mit Salzsaure bestimmt. Verwendungsfalle von Steinzeug sind StandgefaBe bis 3200 1 fur die chemische Industrie und im Abwasserbereich, SauretransportgefaBe fur die Eisenbahn, Muffen- und Flanschrohre, Absperrorgane, Kreiselpumpen fur aggressive Flussigkeiten mit Forderleistungen bis 120 m3 h-1, Axiallufter, Ruhrwerke, Kuhlschlangen, Kondensations-, Absorptions- und Kuhlturme sowie Raschigringe.
7.13 Porzellan Porzellan zahlt zu den feinkeramischen Erzeugnissen. Sein Scherben ist dicht, weilj und in dunnen Querschnitten transparent. Als Rohstoffe dienen weiflbrennende Kaoline, Feldspat, Feldspatsande und Quarz. Die Formgebung geschieht durch NaBpressen, Strangpressen, Drehen oder GieBen. Der Brand wird ab 1000" C bis zur Scharfbrandtemperatur von 1400" C reduzierend gefuhrt, um das als Verunreinigung vorliegende Fe203zu FeO zu reduzieren. Fe,03 wurde das Porzellan gelb verfarben und auBerdem durch Reaktion mit Kieselsaure bei hohen Temperaturen Sauerstoff abspalten, der den Porzellanscherben aufblaht, Pocken verursacht und die mechanische Festigkeit entscheidend verringert. Die Zusammensetzung der Masse schwankt je nach den verlangten Eigenschaften des Werkstoffes innerhalb weiter Bereiche um die Normalzusammensetzung von 50% Tonsubstanz (entspricht dem Mineral Kaolinit), 25% Quarz und 25% Kalifeldspat. Beim Brand entsteht aus dem Kaolinit feinkristalliner Muffit (Schuppenmullit); der Feldspat bildet Glasphase, aus der sich infolge der Diffusion von Alkali in die Kaolinitrelikte Nadelmullit abscheidet (Bild 7.31). Der Quarz reagiert mit der Feldspatschmelze und geht teilweise in Losung. Die Restquarzmenge hangt von der KorngroBe des Quarzes, dem Alkaligehalt und dem Temperatur-Zeit-Verlauf des Brandes ab.
330
7
Werkstoffe f u r korrosive Beanspruchung
Bild 7.31 Gefiigc von Porzellan, HF-Atzung Tabellc 7.1 1 Eigcnschaften von Porzellan Normalporzellan
Quarzporzellan
Toncrdcporzellan
Zugfcstigkcit.
glasiert unglasiert
MPa
30 25
55 45
85 7s
Druckfestigkeit,
glasiert unglasiert
MPa
450 450
550 550
1000 1000
MPa
60
100
190
40
80
180
Biegebruchfestigkeit, glasiert unglasiert Schlagbiegezahigkeit, unglasiert
J cm
0.18
0.22
0.30
Elastizitatsmodul
G Pa
5 5 . . .80
55 . . .loo
80.. ,120
Ausdehnungskoeffizient zwischen 20 und 100°C 20 und 600°C
10-7 K-'
3s...ss
40.. .85
20.. .45
40.. .60
40.. .85
40.. .60
Warmeleitfahigkeit zwischen 20 und 100°C
W (mK)-' I,1 . . .2,9
l , l . . .2.6
2.0.. .4,6
Temperaturwechselbest~lndigkeit
K
1so
160
160
Die mechanischen Eigenschaften werden weitgehend vom Gefugeaufbau bestimmt. Porzellan der Normalzusammensetzung weist eine Biegebruchfestigkeit bis 60 MPa (Tab. 7.1 1) auf. Infolge Erhohung des Quarzanteils und einer Feinmahlung auf etwa 30pm steigt sie auf etwa 100MPa (Quarzporzellan) an. Eine abermalige Festigkeitssteigerung ist mit erhohtem Mullitanteil und feinem Nadelmullit gegeben; durch Tonerdezusatz sind Biegebruchfestigkeiten bis zu 200 MPa erreichbar (Tonerdeporzellan). Wie Tab. 7.1 1 weiterhin ausweist, erhoht auch die Glasurschicht die mechanische Festigkeit des Porzellans, vorausgesetzt, da13 sie uber entsprechende Wahl der Zusammensetzung mit Druckspan-
7.14
Technisches Glas
331
nung auf dem Scherben sitzt und damit die schadliche Wirkung der Oberflachenfehler verringert. Die Bestandigkeit des Porzellans in aggressiven Medien wird vorwiegend von der chemischen Zusammensetzung der Glasphase bestimmt. Eine Si0,-reiche oder Al,O,-haltige Glasphase, die durch sehr fein gemahlene Hartstoffe, insbesondere Quarz, und hohere Brenntemperatur erzielt wird, verbessert die Resistenz im Kontakt mit Sauren, vor allem jedoch gegenuber Laugen. So betragt die Korrosionsgeschwindigkeit des unglasierten Scherbens in 70%iger Schwefelsaure bei Siedetemperatur fur Quarzporzellan etwa 0,04 und fur Tonerdeporzellan 0,06mgcm-'je Tag; in lO%iger heiBer (90°C) Natronlauge (Ruhrtest) im Mittel 80 bzw. 5 mg cm-2 je Tag. Porzellan ist gegen alle Sauren auBer FluBsaure ausreichend bestandig. Chemisch-technisches Porzellan wird wie das Steinzeug fur Rohre und Armaturen, Pumpen, Reaktionskessel und Vakuumapparaturen sowie fur Mahlkorper, zur Auskleidung von Kugelmuhlen und als Laborporzellan verwendet. Es hat jedoch bei besseren Gebrauchseigenschaften auch einen hoheren Preis.
7.14 Technisches Glas Die Korrosionsbestandigkeit ist neben der Durchsichtigkeit die hervorstechendste Eigenschaft der meisten technischen Glaser (s. a. Abschn. 6.3). Von Wasser, organischen Losungsmitteln und Sauren (aul3er Flufi- und heiBer, konzentrierter Phosphorsaure) wird das Glas kaum angegriffen. Gegenuber alkalischen Losungen ist die Bestandigkeit weniger gut. Bei Einwirkung von Wasser und sauren wafirigen Losungen auf Gerateglas laufen Hydrolysereaktionen ab, im Zuge derer Alkali- und Erdalkaliionen des Netzwerkes gegen H+-Ionen der Losung ausgetauscht werden. An der Oberflache bildet sich eine Gelschicht, die uberwiegend aus SiOzbesteht und das Glas vor weiterem Angriff schutzt. Der Korrosionswiderstand ist urn so grofier, je weniger die ,,ausgelaugten" Komponenten im korrosiven Medium loslich sind. So ist der Saureangriff nicht starker als der Wasserangriff, wenn die Loslichkeit von Alkali- und Erdalkalihydroxid in den Sauren gering ist. Die Bestandigkeit der Glaser wird in starkem MaBe von der chemischen Zusammensetzung beeinflufit. Gegenuber Wasser und Sauren nimmt sie mit steigendem Alkaligehalt ab, wohingegen SiOz den Korrosionswiderstand erhoht; reines Quarzglas zeigt das beste Korrosionsverhalten (Tab. 7.12). Aber auch die ubrigen Bestandteile, wie CaO, A1,03, B,03 und ZnO, sind von Bedeutung und konnen die Bestandigkeit z. T. noch starker als aquivalente Mengen SiOzverbessern. Besonders gilt dies fur Borsaure und Alz03,die das Alkalioxid fest in das Netzwerk einbinden. Dieses positive Verhalten ist jedoch an ein bestimmtes Verhaltnis von Alkalioxid und B 2 0 3bzw. A1203gebunden. Wird der Al,O,-Gehalt daruber hinaus erhoht, z. B. im Alumoborosilicatglas, wird die Saurebestandigkeit wieder schlechter. Die Unbestandigkeit gegenuber FluBsaure ist durch die Tatsache gegeben, daB diese das SO2,den Hauptbestandteil der Glaser, zu Iosen vermag. Auch bei alkalischem Angriff reagiert das SiO, und bildet mit den Alkalien losliche Silicate. Eine Schutzschicht bildet sich nicht. Der Laugenangriff ist etwa um den Faktor 100 groner als der Saureangriff (nicht in FluBsaure!). Am starksten werden Anlagen korrodiert, wenn saurer und alkalischer Angriff standig abwech-
332
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
Tabelle 7.12 Angaben zur Bestandigkeit technischer Glaser Glasart
Borosilicat 3.3 Alumoborosilicat Borosilicat G 20 Alkalikalkglas Fensterglas Quarzglas
Wasserbestandigkeit
Saurebestandigkeit
Hydrol. Klasse
Ausgelaugte Menge Na,O mg . g-1
SaureKlasse
Masseverlust mg (100 cm*)-1
Laugen- MasseKlasse verlust mg (100 c d - 1
1 2 3 4 5 1 1 1 3 4...5
bis 0,03 0,03 . . . 0.06 0,06 . . . 0,26 0.26 . . . 0,62 0,62 . . . 1,OS 0,012 0,0 13 0,010 0.19
1 2 3
bis 0,7 0,7 . . . 1,5 I ,5
1 2 3
bis 75 75 . . . 100 150
1 3 1 1 3
03 1,75 0.2 0,4
2 3 2 2 2
120 196
-
- 0,02
Laugenbestandigkeit
YO
95 40
seln. Das Verhalten gegenuber Laugen kann durch die Einfuhrung von Zirconiumdioxid und solchen Oxiden, die das Netzwerk des Glases verfestigen (wie MgO, CaO, ZnO,Al2O3),verbessert werden. Die Laugenbestandigkeit nimmt vom Gerateglas uber Quarzgut bis zum Quarzglas zu (s. Tab. 7.12). Die gute Laugenfestigkeit des Quarzglases ist auf seine feste Struktur (Vernetzung der SO2-Tetraeder) zuruckzufuhren. Quarzgut verhalt sich ungunstiger als Quarzglas, da es verunreinigt ist und ein geringeres Raumgewicht hat. Die Korrosionsbestandigkeit der Glaser wird, wie Tab. 7.12 wiedergibt, durch die Angabe der einer bestimmten Klassifizierung entsprechenden Wasser-, Saureund Laugenbestandigkeit charakterisiert. Zur Bestimmung der Wasserbestandigkeit wird eine bestimmte Menge GlasgrieB bei 98°C mit Wasser ausgelaugt und die herausgeloste Alkalioxidmenge durch Titration rnit Salzsaure ermittelt. Saurebestandigkeit und Laugenbestandigkeit werden mit Hilfe des Masseverlustes, der nach dreistundigem Kochen in 20%iger Salzsaure bzw. in einem 1n Laugengemisch (0,5 n NaOH + 0,5 n Na2C03) eintritt, gekennzeichnet. Der Masseverlust der Proben wird auf die Oberflache bezogen. Um einen meBbaren Angriff zu erhalten, mu6 die Oberflache beim Sauretest etwa 40cm2 und beim Laugentest 10 bis 20 cm2 betragen. Aus den Prufbedingungen geht hervor, daB Gerateglaser und vor allem Quarzglas auch bei hoheren Temperaturen gegenuber Sauren, Wasser und Wasserdampf sehr bestandig sind. Daraus resultiert ihre vielseitige Anwendung in der chemischen, pharmazeutischen und Lebensmittelindustrie sowohl fur GroBapparaturen als auch Kleingerate.
7.15 Betone In der chemischen Industrie, aber auch in Brauereien, Leder- und Textilfabriken oder Milchverarbeitungsbetrieben kommen Behalter aus Beton mit Medien in Beruhrung, die an die Widerstandsfahigkeit des Betons erhohte Anforderungen
7.15
Betone
333
stellen. Auf Betone fur den Einsatz bei hohen Temperaturen war bereits im Abschn. 6.6.2.5 eingegangen worden. Betone auf der Basis von Portlandzement (s. Abschn. 11.6.2) sind gegenuber Mineralsauren und organischen Sauren nicht bestandig. Das sich beim Abbindevorgang bildende Ca( OH), wird durch die Sauren angegriffen und herausgelost. Kohlensaurehaltige Wasser fuhren zur Carbonatisierung und Kalkauslaugung, die den Beton zermurben. Das Korrosionsverhalten wird jedoch gunstiger, wenn der Gesamtgehalt an CaO zuruckgeht: Portlandzement 60 bis 65%, Eisenportlandzement 54 bis 6O%, Hochofenzement 43 bis 55%, Sulfathuttenzement 36 bis 46% und Tonerdezement 37 bis 42% Gesamtkalkgehalt. Fur den Behalter- und Bunkerbau in der chemischen Industrie wird deshalb Tonerdezement verwendet. E r ist gegenuber Magnesiumsulfat und aggressiver Kohlensaure widerstandsfahiger; bedingt bestandig gegen Alkalisulfate und -carbonate, jedoch auf die Dauer nicht gegenuber Salz-, Essig- und Milchsaure. Zemente, die Tricalciumaluminat enthalten, neigen infolge der Bildung von Calciumaluminatsulfathydrat zum Sulfattreiben. Betone auf der Basis der oben genannten Zemente sind nicht bestandig gegenuber Schwefelsaure, schwefliger Saure und Sulfiten, Salpeterund Ameisensaure, tierischen Fetten und Olen sowie zahlreichen Salzen. Schwach basische Stoffe greifen Beton auf der Basis von Portlandzement nicht, auf der Basis von Tonerdezement leicht an, bei starken Basen ist immer Vorsicht geboten. Bei Verwendung einer hoheren Zementdosis und eines Zuschlagstoffes mit optimalem Kornaufbau werden die Betone dichter, und ihre chemische Resistenz wird besser. Auch Zusatze von Aluminium- oder Calciumstearat erhohen die Dichtigkeit. Weiterhin kann durch Zugabe von Fluorsilicaten oder ein Nachbehandeln der Betonoberflache (Fluatieren) das Ca(OH)* in bestandiges Calciumfluorid uberfuhrt werden. In allen Fallen wird das Korrosionsverhalten gunstiger, die Betone werden aber nicht saureresistent. Fur Behalter, die mit schwachen Sauren in Beruhrung kommen, wie z. B. in der Brauerei oder bei der Futtermittelherstellung, kann Beton mit einem 5 bis 20% igen Zusatz (bezogen auf den Zementanteil) von polymeren Stoffen Verwendung finden. Als solche kommen Polyvinylacetatdispersionen oder Latex mit Vulkanisationsmitteln in Betracht. Dieser auch als Gummizement bezeichnete Beton hat eine gute Haftfestigkeit und wird zur Auskleidung von Behaltern benutzt. Die abdichtende Wirkung bituminoser Anstrichschichten sowie Schichten aus Polyester-, Epoxid- oder Polyurethanharz werden ebenfalls zur Verhinderung der Betonkorrosion genutzt. Ausgesprochen saurebestandige Betone konnen jedoch allein auf der Basis der normalerweise zur Anwendung kommenden Komponenten nicht hergestellt werden. Fur sie benutzt man Portlandzement, dem Wasserglas und Natriumsilicofluorid als Abbindebeschleuniger sowie Quarz, Asbest und Graphit als Zuschlagstoffe zugegeben wurden. Oder man ersetzt den Zementleim ganz durch Polymere, z. B. Epoxid- oder Polyesterharze einschliefilich der Harter und benutzt Sand oder Elektrokorund als Zuschlagstoffe (Plustbetone).Sie sind relativ teuer, gewahrleisten jedoch einen guten Saureschutz. Wegen der Bestandigkeit von Beton gegen Seewasser und der hinreichenden Festigkeit (bei B 55 immerhin 55 MPa Druckfestigkeit) stellt man seit einiger Zeit kleinere Kusten- und FluBschiffe aus Stahlbeton her.
334
7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
7.16 Glasige und keramische Uberzugsstoffe Analog der Verwendung metallischer Uberzuge (s. Abschn.7.9) geschieht die Beschichtung metallischer Werkstoffe mit silicuttechnischen Stuffen, um weniger bestandige, aber billigere Materialien fur bestimmte korrosive Beanspruchungen einsetzen und damit teurere oder schwerer beschaffbare Werkstoffe einsparen zu konnen; z. B. Behalter der chemischen Industrie aus emailliertem Stahlblech an Stelle von solchen aus Blech des legierungsaufwendigen rost- und saurebestandigen Stahles X2CrNi18-9.
7.16.1 Email Unter Emuil [7.48] versteht man eine durch Schmelzen entstandene, glasig erstarrte Masse, die zerkleinert auf Metalle aufgetragen und zu einer dichten und fest haftenden Schicht eingebrannt wird. Nach seiner Zusammensetzung, die in relativ weiten Grenzen schwanken kann, ist das Email ein im wesentlichen aus Kieselsaure, Alkalioxiden, Tonerde, FluOspat und Borsaure aufgebautes Glas. Es enthalt haufig kristalline Bestandteile, beispielsweise TiOz zur Trubung, oder Quarzrelikte und Gasblasen. Wie bei allen Glasern besteht seine Struktur aus einem unregelmarjigen Netzwerk von SO,-Tetraedern, das aber durch eine groOere Menge basischer Oxide teilweise gesprengt ist, so dal3 die Erweichungstemperatur niedrig liegt und die Emails bei 800 bis 900°C eingebrannt werden konnen. Wegen der guten Korrosionsbestandigkeit emaillierter Erzeugnisse werden sie aul3er im Haushalt in der chemischen Industrie (Ruhrkessel, Autoklaven, Ruhrer), im Bauwesen (Fassadenelemente und Tunnelauskleidungen), im Verkehrswesen (Guterwagen, Tankstelleneinrichtungen, Auspuffsysteme) und in der Triebwerks- und Raketentechnik (s. Abschn. 6.5.2) eingesetzt. Speziellere Emails zeichnen sich durch hohe Saurebestandigkeit gegenuber Salz-, Salpeter- und Schwefelsaure aus. Sie lehnen sich in ihrer Zusammensetzung an das Gerateglas an, enthalten also 3 bis 6% A120,, 10 bis 20% N a 2 0 + K 2 0 , 1 bis 5% Borsaure sowie CaO, Ti02und ZrO, und 56 bis 67% SiO,. Gegenuber Laugen sind Emails nicht bestandig, wenn man von waschlaugenresistenten Emails mit Zirconiumdioxidzusatz absieht. Die zu einem Schlicker aufbereiteten Rohstoffe werden durch Tauchen, Spritzen oder elektrophoretische Beschichtung auf die zu emaillierende gereinigte -3berflache aufgetragen. Bei ApparateguB wird das Deckemail als Pulver auf den gluhenden Gegenstand aufgepudert. Das nachfolgende Einbrennen geschieht in oxidierender Atmosphare im Kammer- oder Durchlaufofen. Als Triigerwerkstoffe fiir Emuils dienen uberwiegend Stahlblech, GrauguB und Aluminiumwerkstoffe. Im ersten Fall verwendet man vorzugsweise kaltgewalzte Stahlbleche der Tiefzieh- und Sondertiefziehgute (s. a. Abschn. 3.1S ) . Der Kohlenstoffgehalt soll unter 0,08% liegen, um Fehler, die infolge der Oxidation des Kohlenstoffs beim Einbrennen durch Blasenbildung entstehen, zu vermeiden. Die Wasserstoffaufnahme des Stahlbleches soll grol3 sein, damit der beim Emaillieren in das Blech diffundierte Wasserstoff dort verbleibt und nicht wahrend des Einbrennens (Schaumbildung) oder nach der Abkuhlung der Ware austritt. Im letzteren Falle springt die Emailschicht durch hohen Gasdruck in kleinen Teilchen ab (Fischschuppen).
7.16
Glasige und keramische Uberzugsstoffe
335
Fur Einschichtemaillieriingen werden kohlenstoffarme Bleche rnit einem Kohlenstoffgehalt <0,005% eingesetzt. Einschichtemaillierungen zeichnen sich durch eine hohere Schlagfestigkeit und groBere Deformationsfahigkeit aus. Apparate und Behalter werden jedoch immer rnit mindestens zwei Schichten versehen: dem Griindemail, das die Haftung rnit dem Metall bewirkt, und dem Deckemail, das den Korrosionsschutz und die Farbgebung ubernimmt. Zur Verbesserung des VerschleiBwiderstandes, der Schlagfestigkeit und der Temperaturwechselbestandigkeit setzt man fur Behalter und Apparate auch Emails rnit gesteuerter Kristallisation ein. Hierbei scheiden sich wie bei den Vitrokeramerzeugnissen in einer gesteuerten Warmebehandlung Li-, Na- oder Ca-Alumosilicate feinkristallin aus. Emaillierfahiger GrauguB hat einen Kohlenstoffgehalt von 3,2 bis 3,7%, davon sollen 2,4 bis 3,2% als moglichst homogen verteilter Graphit vorliegen. Wahrend die Haftung des Emails auf GuBeisen und Aluminium relativ unproblematisch ist, da die Verzahnung des Emails in der rauhen GuBoberflache und beim Aluminium die Bildung von Sauerstoffbrucken bereits fur eine gute Haftfestigkeit sorgen, sind bei der Stahlblechemaillierung hierfur Haftoxide, Cobalt- und Nikkeloxid, die dem Grundemail in Mengen von 0,5 bis 1 3 % zugegeben werden, notwendig. Beim Aufbrennen der Emailschicht scheiden sie sich aus der Schmelzphase auf der Blechoberflache metallisch ab, z. B. COO + Fe -+ FeO + Co, und bilden dort Lokalelemente, so daB sich unedleres Eisen in der Emailschmelze losen kann. Auf diese Weise entsteht eine mikroskopisch fein aufgerauhte Oberflache rnit guten Verankerungsmoglichkeiten. Die Haftfestigkeit 1aBt sich durch Art und Menge der Haftoxide sowie uber die Einbrenntemperatur und -dauer beeinflussen; sie betragt 50 bis 90 MPa. Zu hohe Temperaturen und Verweilzeiten beim Brennen haben jedoch zur Folge, daB sich in Verbindung rnit der Auflosung von Eisen in der Emailschicht Magnetit (Fe,O,) und Hamatit (Fe,O,) ausscheiden (Uberbrennen).
7.16.2 Keramische Spritzschichten Oxide, vor allem A1,03, ZrOZund Ti02, aber auch Carbide, Boride, Silicide, Nitride und Silicate konnen durch thermisches Spritzen (s. Abschn. 6.5) auf oxidischen und metallischen Werkstoffen aufgebracht werden. Da die im flussigen oder plastischen Zustand auf der Werkstoffoberflache auftreffenden Teilchen rasch erstarren, entstehen keine dichten Schichten. Obwohl die Schichtsubstanz selbst chemisch recht bestandig ist, schutzen die Spritzschichten den Tragerwerkstoff nicht ausreichend vor Korrosion. Deshalb muB die Oberflache nachtraglich durch Tranken rnit Kunstharz versiegelt werden, oder es werden dem Spritzmaterial leichtschmelzende Zusatze zugegeben, die die Oberflache abdichten. In der Glasindustrie haben sich rnit einem Zirconiumdioxidspritzauftrag versehene Stahlplunger gegenuber dem Angriff von flussigem Glas gut bewahrt [7.40]. Brennkammern von Triebwerken im Flugzeugbau werden rnit keramischen Spritzschichten vor Korrosion geschutzt. Keramische Spritzschichten werden wegen ihrer groBeren Harte auch fur den VerschleiBschutz (s. Abschn. 8.2.4.2) benutzt [7.50].
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7
Werkstoffe fur korrosive Beanspruchung
7.17 Kohlenstoffwerkstoffe Kohlenstofferzeugnisse sind auch bei erhohter Temperatur gegen nahezu alle gasformigen und flussigen Stoffe bestandig, lediglich von stark oxidierenden Medien werden sie zerstort. Allgemein gilt, daB die Bestandigkeit der Kohlenstofferzeugnisse mit steigendem Graphitanteil zunimmt. Von groBem EinfluB ist die Reinheit, da Verunreinigungen als Katalysator fur die Oxidation wirken konnen. Eine Beschichtung mit hochreinem Pyrokohlenstoff oder Pyrographit verbessert die Bestandigkeit. Paren konnen rnit Kunstharz getrankt und vollig geschlossen werden, wodurch allerdings die Anwendungstemperatur wesentlich erniedrigt wird. In der Regel sind Kohlenstoffwerkstoffe bereits bei Porositaten < 15% gegenuber Flussigkeiten dicht, da sie nicht benetzt werden und daher die Flussigkeit nicht eindringen kann. Tabelle 7.13 enthalt Angaben, die die Bestandigkeit von Graphit im Kontakt rnit verschiedenen Agenzien verdeutlichen. Auf Herstellung und Eigenschaften der Kohlenstofferzeugnisse wurde schon in Abschnitt 6.6.4 eingegangen. Tabelle 7.13 Verhalten von Graphit gegeniiber verschiedenen Medien (nach Th. Hause) Luft 0 2
H, HzO H,O-Dampf H,SO, (96%ig) HCI HNO3 HF Tetrachlorkohlenstoff Trichlorethylen Metalle
bei 450 '' C bei 700°C bei 1100.. . 1500°C bis 100°C bei 1000°C bis 80°C bis Siedepunkt bis Siedepunkt
oberhalb der Schmelztemperatur
Oxidationsbeginn Entziindung Bildung von CH, keine Reaktion Umwandlung in CO + H, keine Reaktion keine Reaktion Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion Carbidbildung moglich
In der Technik wird der hohe Korrosionswiderstand der Kohlenstoffwerkstoffe sowohl in Verbindung mit ihren gunstigen Hochtemperatureigenschaften als auch der guten Warmeleitfahigkeit genutzt. Nicht zuletzt wird ihr Einsatz durch die Moglichkeit, sie in vielen Formaten und relativ engen Toleranzen herstellen zu konnen, gefordert. Als Anwendungsfalle sind zu nennen: Baumaterial fur metallurgische Ofen, Tiegelmaterial fur Oxidschmelzen und die Halbleiterherstellung, Behalter, Rohrleitungen, Ventile u. a. in der chemischen Industrie sowie Material fur Warrnetauscher der Phosphorsaure-, Salzsaure- und Kohlenwasserstoffherstellung und -verarbeitung. Ein wichtiges Einsatzgebiet hat der Graphit auch im Kernreaktorbau als Moderator- und Reflektormaterial gefunden. Literaturhinweise [7.1] Mansfdd, E (Ed.): Corrosion mechanism. N e w York, Basel: Marcel D e k k e r Inc. 1987 [7.2] Shreir, L.L. (Ed.): Corrosion, Vol. 1 Metall/Environment Reactions, Vol. 2 Corrosion Control. Lo n d o n . Boston: B u t t er worth 1976
7.17
Kohlenstoffwerkstoffe
337
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Wcrkstoffe fur korrosivc Bcanspruchung
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Kohlenstoffwerkstoffe
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8
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung und Reibwerkstoffe
Eine groBe Zahl von Bauteilen und Werkzeugen ist einer reibenden oder gleitenden Beanspruchung ausgesetzt. Der dabei entstehende VerschleiB begrenzt die Lebensdauer und Zuverlassigkeit der Erzeugnisse, die Reibung fuhrt mit Ausnahme der Reibwerkstoffe zu unerwunschter Umwandlung von mechanischer Energie in Warme. In entwickelten Industriestaaten treten als Folge davon jahrlich Schaden in Milliardenhohe auf. Der zweckdienliche Einsatz von Werkstoffen einschlieljlich MaBnahmen zur VerschleiBminderung hat deshalb groBe volkswirtschaftliche Bedeutung und tragt wesentlich zur effektiven Nutzung von Werkstoffen bei [8.1]. Reibung und VerschleiB sind komplexe Erscheinungen, auf die eine Vielzahl von EinfluBgroBen einwirken. Das Wissensgebiet, das sich mit der Gesamtheit der Vorgange in diesem Bereich beschaftigt, wird als Tribofogiebezeichnet.
8.1 Grundlegende Betrachtungen zu Reibung und VerschleiB Im Gegensatz zur Werkstoffbeanspruchung durch statische und dynamische Krafte oder Spannungen, die stets ein bestimmtes Materialvolumen erfassen, sind tribologische Vorgange auf oberflachennahe Bereiche der im Eingriff befindlichen Werkstoffpartner konzentriert. J e nach Art der Paarung finden Oberflachenkontakte und Relativbewegungen durch Gleiten, Rollen, Bohren, Prallen, Oszillieren, Stromen u.a. statt. Dabei entstehen durch Reibungskrafte, die die Bewegungen hemmen, VerschleiB- und Energieverluste. Ein Trihosystem (Bild 8.1) setzt sich aus den Elementen Grundkorper, Gegenkorper, Zwischenstoff und Umgebungsmedium zusammen, welche mit ihren Eigenschaften und Wechselwirkungen den Aufbau des Systems charakterisieren. Dieses wird in Abweichung von anderen technischen Systemen infolge der auftretenden Energie- und VerschleiBverluste zeitlich standig verandert. Deshalb ist es einer quantitativen Bewertung nur begrenzt zuganglich. Die als Folge der Reibung ausgelosten VerschleiBvorgange konnen nach Uberschreiten einer bestimmten Lebensdauer schlieolich zum Erliegen der technischen Funktion fuhren. Der VerschleiB wird als fortschreitender Materialverlust aus der Oberflache eines festen Korpers durch tribologische Beanspruchung definiert [8.2]. Dabei kommen unterschiedliche VerschleiBarten wie Gleit-, Roll-, Schwingungs-, StrahlverschleiB u.a. in Betracht. Zudem sind bei jedem VerschleiBvorgang jeweils andere VerschleiBmechanismen moglich, die je nach Beanspruchungsbe-
8.1
Grundlegende Betrachtungen zu Reibung und Verschleirj
11
\
EingangsgrMen
\
/
/
Struktur des Tribosystems
341
11
L
(Beanspwchunga
&o//eMiv)
r
8) Evenschaffen der Elemenle C) Wechselwirkung zwschen den Elementen
M Verlustgrtiden
Bild 8.1 Schematische Darstellung eines Tribosystems (nach K.-H. Zum Gahr)
dingungen sowohl einzeln als auch in Kombination auftreten konnen. Grundsatzlich werden folgende VerschfeiJ?mechanismenunterschieden:
Adhasiver Verschfeqist durch die Ausbildung und Trennung von Grenzflachen-Haftverbindungen gekennzeichnet. Er wird an hochbeanspruchten Oberflachenbereichen, meist nach vorangegangener Energiekonzentration durch plastische Deformation beobachtet. Dabei werden schutzende Oberflachenschichten (s. Bild 8.2) durchbrochen und uber Adhasions-, Diffusionsund Mikroschmelzprozesse MikroschweiB- und Sinterbrucken gebildet. Durch die Relativbewegung von Grund- und Gegenkorper kommt es zu einer Trennung dieser Verbindungen. Da die Trennflache nicht immer den vorherigen Beruhrungsflachen entspricht, treten als Folge Materialubertrag und -auftrag auf. Werden im Verlauf des VerschleiBvorganges die vorhandenen und neu gebildeten Rauhigkeitsspitzen wiederholt oder starker beansprucht, fallen durch Bruchvorgange VerschleiBpartikel an. Im Extremfall kann der Reibungsvorgang vollig blockiert werden (,,Fressen"). Abrasiver Verschfeib liegt vor, wenn Rauhigkeitshugel des harteren Partners oder lose harte Teilchen in den weicheren eindringen und bei gleichzeitiger Tangentialbewegung durch Ritzung (Mikrospanen) oder bei sproden Materialien durch Mikrobrechen VerschleiBteilchen abtrennen. Bei sehr duktilen Werkstoffen wird auch Furchen- oder Riefenbildung ohne das Auftreten von Abrieb beobachtet (Mikropflugen). Tribochemische Reaktionen fuhren zur Entstehung von Reaktionsprodukten, die durch die Wirkung von tribologischer Beanspruchung bei chemischer Reaktion der Paarungspartner untereinander sowie mit der Umgebung und dem Zwischenstoff auftreten. Durch Triboreaktionen werden die Eigenschaften der Oberflachenbereiche verandert, wobei sich die VerschleiBintensitat sowohl erhohen (Bildung loser Schichten) als auch erniedrigen (Bildung verschleiBfester und gut haftender Schichten) kann.
8
342 0
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung und Reibwerkstoffe
Oberfl~i'chenzerriirrun~ (Ermudungsverschleil) ist die Folge von tribologischen Wechselbeanspruchungen, die zu elastischen und plastischen Verformungsvorgangen in Oberflachenbereichen fuhren. Die entstehenden Versetzungsanhaufungen und kritischen Spannungszustande haben die Bildung von Mikrorissen zur Folge. Im Verlauf der weiteren Ausbreitung und Vereinigung der Risse losen sich VerschleiBteilchen ah (z. B. ,,Grubchenbildung").
In den Grenzen der genannten VerschleiBmechanismen konnen vor allem in Verbindung mit starker Beanspruchung unterschiedliche Erscheinungsformen des VerschleiBes verursacht sein. Treten beispielsweise im Bereich der Eingriffsflachen Erweichungs- oder Schmelzerscheinungen auf, dann fuhrt dies zum FlieBverschleil3. Bei sehr groBen Energiekonzentrationen, wie sie im Verein mit Erosions- und StoBreibungsvorgangen vorkommen konnen, wird SublimationsverschleiB (z. B. das Verdampfen von Hitzeschilden bei Raumflugkorpern) beobachtet. Da hierbei thermische Energie abgefuhrt wird, halt sich die Werkstoffzerstorung in Grenzen. BewuBt macht man beispielsweise von solchen endothermen Prozessen Gebrauch, um von hochbeanspruchten Friktionswerkstoffen Reibungswarme abzufuhren. Da tribologische Prozesse an oberflachennahe Volumina gebunden sind, ist der Autbau und die geometrische Beschaffenheit technischer Oberflachen von groler Bedeutung. Die Eigenschaften der Oberflachenbereiche von Festkorpern konnen erheblich von denen im Inneren des Materials abweichen. Bild 8.2 zeigt schematisch den Aufbau des Oberflachenbereiches eines metallischen Werkstoffes. Einer dunnen Schicht adsorbierter Gase und Dampfe folgt eine Oxidschicht und eine, je nach BearbeitungsprozeB, verschieden dicke deformierte Zone, die allmahlich in den Grundwerkstoff ubergeht.
-.anm
T
-a,,,,,I
,
Verunreinigung Adsorptionsschl'cht Oxidschicht verformte Schichf Grundwerkstoff
Bild 8.2 Schematische Darstellung des Grenzschichtbereiches einer metallischen Oberflachc (nach H. Czic~lzos)
Technische Werkstoffoberflachen stellen dreidimensionale Aneinanderreihungen von Oberflachenrauhigkeiten dar, die eine Ansammlung von Rauhigkeitshugeln und -talern bilden. Den Rauhigkeiten sind meist Welligkeiten uberlagert, deren Abstande bis zu einigen Millimetern betragen konnen. Zwei aufeinanderliegende Oberflachen beruhren sich deshalb nur an wenigen Kontaktstellen. Selbst bei sehr hohen Flachenpressungen (1 his 2 MPa) liegt die tatsachliche Kontaktflache noch weit unter 1 % der Gesamtflache. Bei geringer Belastung
8.1
Grundlegende Betrachtungen zu Reibung und VerschleiB
343
werden die Kontakte lediglich elastisch verformt. Mit zunehmendem Druck werden die Beruhrungspunkte plastisch verformt und neue Kontaktstellen geschaffen, wobei ihre Anzahl schneller wachst als ihre GroBe. Zahl und GroBe der Kontakte nehmen auch zu, wenn die Oberflachen eine tangentiale Bewegung ausfuhren. Dann wandern die Oberflachenkontakte in stetem Wechsel uber die im Eingriff befindlichen Oberflachen, indem sie deformiert, abgeschert bzw. durch Folgeprozesse verandert werden. Bei stationaren Vorgangen stellt sich hierbei ein Gleichgewichtszustand ein, dem eine bestimmte Oberflachenrauhigkeit entspricht. Der Beginn, der Ablauf oder das Beenden einer Relativbewegung ist mit dem Auftreten von Reibung verbunden. Fur viele tribologischen Systeme z. B. Autoreifen/StraRe, Bremsbelag/Bremsscheibe usw. ist das Vorhandensein von Reibung eine Notwendigkeit. Andererseits ist die Reibung vielfach unerwunscht, weil sie zu zusatzlichem Energieaufwand fuhrt. Ahnlich wie beim VerschleiB werden hinsichtlich der Reibung verschiedene Arten unterschieden, beispielsweise Gleitreibung, Rollreibung, Walzreibung usw., die sich ebenfalls uberlagern konnen. AuBerdem wird zwischen Ruhereibung und Bewegungsreibung differenziert. Fur technische Vorgange sind besonders die Reihungszustunde von Bedeutung. Diese lassen sich in ubersichtlicher Weise im erweiterten Striheck-Diagrarnrn darstellen, in dem die Reibungszahl p bzw. die Dicke der Zwischenschicht zwischen den Reibungspartnern uber dem Produkt v . q/p (v Gleitgeschwindigkeit, q Zahigkeit des Zwischenstoffes, p Flachenpressung) aufgetragen ist (Bild 8.3). Reibungszahlen uber 1, wie sie dem Bereich IV entsprechen, kommen nur in Sonderfallen vor und zwar dann, wenn im Hochvakuum oder Weltraum hochreine, fremdschichtarme Festkorperoberflachen ohne Zwischenstoffe vorliegen. Die adhasiven Krafte sind dann sehr hoch, und es besteht eine sehr starke Neigung zur Bildung von SchweiBbrucken, die sehr hohe Reibungszahlen bis hin zu flachigem Verschweiljen zur Folge haben. Auch im normalen technischen Bereich kann z. B. bei Ausfall der Schmierung von Lagerstellen ein ,,Festfressen" beobachtet werden. Der Bereich III entspricht der Festkorperreibung unter Normalbedingungen. Infolge Bedeckung der Oberflache mit adsorbierten Gasund Dampfschichten werden die adhasiven Krafte verringert. Es stellen sich die bei Festkorperreibung unter technischen Voraussetzungen beobachteten Reibungszahlen von 0,2 bis 1,O ein. Bei v = 0 ist der Zustand der Ruhereibung gegeben. Grenz- oder Mischreibung tritt im Bereich II links vom Minimum der Kurve auf. In diesem Fall erfolgt die Schmierung durch ein flussiges Schmiermittel. Der Schmiermittelfilm ist jedoch nicht dick genug. Er wird von Oberflachenrauhigkeiten durchbrochen, so dal3 Festkorperkontakte entstehen, wie sie bei Mangelschmierung, bei An- und Auslaufvorgangen oder bei Richtungsumkehr der Bewegung (z. B. Paarung Kolben/Zylinder) vorkommen. Der rechts vom Minimum aufsteigende Kurvenast entspricht der Fortsetzung der vom Bereich I ausgehenden hydrodynamischen Schmierung, bei der die Reiboberflachen vollkommen durch einen Flussigkeitsfilm voneinander getrennt sind. Die Umsetzung der mechanischen Energie geschieht in der Schmiermittelschicht. Mit wachsender Gleitgeschwindigkeit vergroBert sich der Energieumsatz und damit auch die Reibungszahl. Die Eigenschaften der Paarungswerkstoffe spielen bei hydrodynamischer Flussigkeitsschmierung nur noch eine untergeordnete Rolle. Das tribologische Verhalten ist hauptsachlich von den rheologischen Eigenschaften der Schmiermittelschicht abhangig, und der VerschleiB ist aul3erst gering oder gleich
344
8
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung und Reibwerkstoffe
v7p-' Bild 8.3 Reibungszustinde im schernatisch dargestellten Stribeck-Diagrarnrn (nach H. Uerz) 1 reine Flussigkeitsreibung Fliissigkeitsreibung I1 Mischreibung fliissig - fest
1
111 Haftschichtreibung (Case. Darnpfe) IV reinc Festkorperreibung
Festk(jrperreibung
R<,.R,,: Oberflachenrauhigkeiten
Null. Bei technischen Tribosystemen 1aBt sich jedoch die tragende Fliissigkeitsschicht nicht in allen Beanspruchungsbereichen aufrechterhalten (z. B. An- und Auslauf), so daB dann Mischreibung entsteht, die wieder von den Eigenschaften der Paarungswerkstoffe mitbestimmt wird.
8.2 Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung Wie bereits festgestellt, ist das tribologische Verhalten einer Werkstoffpaarung durch die Gesamtheit der Beanspruchungs- und SystemgroBen gekennzeichnet. Dabei spielen Werkstoffeigenschaften wie Harte, Festigkeit, Bruchzahigkeit, Elastizitat oder Warmeleitfahigkeit selbstverstandlich eine Rolle, aber stets in Zusammenwirken mit den Elementen des Tribosystems. In Bild 8.4 wird dies
8.2
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung
345
Adho~ion
Pibooxtdation
Abrmon
Oberflocbenzerruttung
Jri f r/Scheibe,
Sti ft/Scheibe, Lufc p =SO% b=MY v-QIm/s. s = fkm
Jchieif telleg Korundpopier F , - N N < n-125min'~
AmJleC O/ SAE 10, T==1S0C n,- ZOOmin-! nz = 182min'~ p = lo%, Jrdfrequenz (Abheben und Au/pro//en), 4 ffz, Anzahl der Lfberrollungen 3 lo5
Vokuum IO-'bor
& -fON, s = Ikm
v-QIrn,h,
f
-
6min
-
Bild 8.4 Widerstand von Stahlen unterschiedlicher Warmebehandlung gegen verschiedene Verschlei8rnechanisrnen (nach [8.3]) F,: Belastung; n: Drehzahl; s: Prufstrecke; t : Prufdauer: v: Gleitgeschwindigkeit. 9:Schlupl
veranschaulicht. Es ist erkennbar, daB eine Paarung gleicher Werkstoffe je nach vorliegendem VerschleiBmechanismus einen deutlich unterschiedlichen Verschleirjwiderstand aufweist. Bestimmte Zuordnungen lassen sich nur innerhalb der VerschleiBmechanismen treffen. Die uberschaubarsten Verhaltnisse liegen bei abrasivem VerschleiB vor, fur den eine sogenannte Tieflage-Hochlage-Charakteristik besteht. Sind die angreifenden Teilchen weicher als der Grundwerkstoff, ist der VerschleiB gering. Mit zunehmender Harte steigt der VerschleiB rasch an und bleibt in einer Hochlage. Als Faustformel gilt, daB sich die VerschleiBrate dann in der Hochlage befindet, wenn die Harte der abrasiven Teilchen das 1,2fache der Werkstoffharte ubersteigt. In der Praxis, wie bei Erdarbeiten, in der Landwirtschaft, beim Aufbereiten von Baustoffen oder Erzen wird deshalb in der Regel die Hochlage erreicht. Bei harten Keramiken erfolgt, sofern das Material noch ausreichende Bruchzahigkeit aufweist, der abrasive VerschleiB durch anteiliges Mikrospanen. Als vorherrschend treten jedoch Mikrobruchvorgange infolge der Oberflachenermiidung auf, wobei durch die Bildung und Ausbreitung von trans- und interkristallinen Rissen in Mikrobereichen das Material ausbricht. Im Kapitel 4 wurden bereits Werkstoffgruppen und Beschichtungsverfahren behandelt, die fur spanabhebende Werkzeuge sowie Werkzeuge der Umformund Zerteiltechnik mit dem Ziel, hohen Anforderungen an das VerschleiBverhalten zu genugen, eingesetzt werden. Da bei ihnen die Werkzeugfunktion im Vordergrund steht, werden sie in den folgenden Betrachtungen nur kurz gestreift bzw. nicht mehr berucksichtigt, sondern lediglich durch solche erganzt, die fur andere Zwecke, bei denen ein erhohter VerschleiBwiderstand gefordert wird, Verwendung finden.
346
8
Wc r ks t offe fur Vc rsc h le i Rhe a nsp ruc h u ng u n d Re i bw e r kst ottc
8.2.1 Unlegierte und niedriglegierte Stahle Unlcgicrrc Sriilzle (s. a. Kapitel 3 ) mit niedrigen bis mittlercn Kohlenstoffgehalten sind nur fur geringe Beanspruchungen geeignet. I n manchen Fiillen allerdings werden sie aus iikonomischen Uberlegungen fur Panzerungen bei Mineral-Glcirvrrsclileifl eingcsctzt. wenn ein leichtes Auswechseln der Teile nach Abnutzung gegehen ist. Ein Vorteil der niedriggekohlten Stahle (10,4% C) ist ihre gute Verformungsfah i g k e i t u n d Za h i g k e i t . B ei Srrrrzl lve rschle(/lh ennsp rii ch 1I ng m i t gr o 13e n A n st r a h I winkeln (nahezu senkrechter StoB) verhalten sie sich im Vergleich zu hartercn Werkstoffen sehr gunstig. Auch gegenuber GleitverschleiB mit mineralischem Zwischenstoff sind oft weichere Werkstoffe vorteilhaft, da sich harte Teilchen leicht in die Oberflache einbetten und dann verschleiBhemmend wirken.
300
400
500
!
i
600
700
800
MPa
1000
Zugfestigkeit 0,1
0,4
%
0,7
Kohlenstoffgehalt Bild 8.5 VerschleiB in Ahhiingigkcit v o n Zugfestigkeit bzw. Kolilcnstoffgeh~iltunlcgiertcr Stiihlc bei trockener Gleitrcibung (nach /i. M q ~ , runcl . /.,' N o h / )
8.2
Werkstoffe fur Verschleifibeanspruchung
347
Stahle mit mittleren Kohlenstoffgehalten weisen bereits ein verbessertes Verschleifiverhalten bei guter Festigkeit und Zahigkeit auf. Im allgemeinen nimmt die VerschleiBfestigkeit rnit wachsendem Kohlenstoffgehalt zu, gleichzeitig sinkt die Zahigkeit. Einen fur viele Falle recht akzeptablen VerschleiBwiderstand zeigen Stahle rnit Kohlenstoffgehalten zwischen 0,7 und 1,O%, wobei insbesondere die Gefugeausbildung zusatzlich eine wichtige Rolle spielt (Bild 8.5). Dichtstreifiger Perlit (Sorbit, Troostit) ist dabei grobkornigeren Gefugen und globularem Zementit deutlich uberlegen. Die VerschleiBfestigkeit von Stahlen kann durch Warmebehandlung (Verguten) weiter verbessert werden. Der Warmebehandlungsprozefl ist dabei so zu fuhren, daB moglichst feinstrukturierte, spannungsarme martensitische Gefuge entstehen. Auftretender Restaustenit erhoht den VerschleiB [8.5]. Beim Reibungsvorgang werden in Abhangigkeit von der Belastung in oberflachennahen Bereichen Deformationen und Gefugeanderungen hervorgerufen. Bei austenitischen Stahlen fuhrt dies bei ausreichend hoher Beanspruchung zu einer starken Oberflachenverfestigung rnit wesentlich erhohtem VerschleiBwiderstand. Durch kurzzeitiges Erwarmen und Abkuhlen kann es dabei zu einer oberflachlichen Martensitbildung kommen (vielfach als ,,Reibmartensit" oder ,,weiBe Schicht" bezeichnet), z. B. an Brems- und Kupplungsscheiben. Als Folge Ianger einwirkender Reibungsvorgange und durch intensives Umformen lassen sich je nach Werkstoffzusammensetzung an der Oberflache Schichten mit metastabilen Gefugen und besonderen Deformationsstrukturen beobachten. Beispiele hierfur enthalt Bild 8.6 an GrauguB, Stahl E335 (St 60) und einem hochkohlenstoffhaltigen Sinterwerkstoff rnit der charakteristischen ,,weiBen Schicht".
GrauguR
Stahl E335 (St60)
Eisen-Graphit-Sinterwerkstoff
Beanspruchung
348
8
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung und Reibwerkstoffe
Mit Hilfe von Legierungszusatzen laBt sich der Verschleifiwiderstand in weiten Grenzen erhohen. Stahle mit hoher Verschleiljfestigkeit enthalten vorzugsweise Mn, Cr, Si und Mo, allein und in Kombination miteinander. Dabei wird meist schon im walzharten Zustand ein vergroljerter VerschleiBwiderstand erreicht, der sich aber durch Warmebehandlung noch weiter ausbauen laljt. Vorteilhaft wirkt sich auch die gute AnlaBbestandigkeit legierter Stahle aus. Auch niedriglegierte Einsatzstahle rnit <0,20% C und 1 bis 2% Mn, Mn-Si und Mn-Cr (z. B. 16MnCrS) sind fur VerschleiBanforderungen geeignet und haben sich fur mittlere Beanspruchungen im Maschinen- und Fahrzeugbau (Wellen, Bolzen, Schnecken) bewahrt. Durch Einsatzharten oder anderweitige Oberflachenbehandlungen (z. B. Nitrieren, Borieren, usw.) wird eine zusatzliche Verbesserung erreicht. Vergutungsstahle mit 0,3 bis O,6% C und Zusatzen von Mn, Si, Cr und Mo von I bis 2% (z. B. 38MnSi4, 42CrMo4) sind fur hohere Beanspruchungen geeignet. Sie werden hauptsachlich im Kraftfahrzeug- und Maschinenbau fur Achsen, Getriebeteile, Bolzen, Schienen- und Kettenrader, Radbandagen und Kettenglieder, aber auch fur Eimermesser, Muhlenauskleidungen u.a. im walzharten und verguteten Zustand verwendet. Auch die Nitrierstahle (z. B. 34CrAIMoS), die einer besonderen Oberflachenbehandlung (Nitrocarburieren, Gas- oder Plasmanitrieren) unterzogen werden, gehoren in diese Gruppe. Durch hohere Kohlenstoffgehalte, verbunden rnit den bereits genannten Legierungselementen 1aBt sich die Harte und VerschleiBfestigkeit infolge der wachsenden Carbidanteile weiter steigern, wobei insbesondere der Widerstand gegen abrasiven VerschleiBangriff deutlich verbessert wird. Beispiele sind die Werkzeugstahle 90Mn4,100Cr6 oder der ledeburitische Stahl X210Cr12, der eine sehr hohe VerschleiBfestigkeit aufweist. Er enthalt 18 Vol-YO sehr harter Carbidanteile vom Typ M,C3. Eine Zusammenstellung charakteristischer Stahle rnit hohem VerschleiBwiderstand enthalt Tabelle 8.1. Die darin aufgefuhrten Werkstoffe wurden als typische Vertreter ausgewahlt [8.4]. Sie werden sowohl im walz- oder schmiedeharten Zustand als auch vergutet eingesetzt. Die unlegierten und niedriglegierten Sorten finden fur geringere Anforderungen oder dann Verwendung, wenn das VerschleiBteil leicht zu wechseln ist. Neben dem austenitischen Werkstoff X120Mn12 (Hartmanganstahl) wurden auch zwei nichtrostende Stahle rnit hohem VerschleiBwiderstand (X46Cr13 und XlOSCrMo17) in die Tabelle einbezogen.
8.2.2 Austenitische Stahle Austenitische Manganstahle rnit 12 bis 20% Mn und einem Verhaltnis C: Mn wie 1:10 sind als hochverschleiBfeste Werkstoffe seit langem bekannt. Das Gefuge ist nach dem Abschrecken von 950 bis 1000°C carbidfrei. Bei zu kleiner Abkuhlgeschwindigkeit entstehen Carbidausscheidungen, die den Verschleinwiderstand vermindern. Es ist fur die Hartmanganstiihle charakteristisch, dalj sie durch Kaltverformung sehr stark verfestigt werden. Die Harte kann auf den dreifachen Wert ansteigen. Als Ursache hierfur gilt eine niedrige Stapelfehlerenergie und die Bildung einer geringen Menge feinverteilten &-Martensits in den Gleitebenen. Austenitische Manganstahfe erreichen nur dann einen hohen VerschleiBwiderstand, wenn die Beanspruchung so groB ist, daB eine verfestigte Oberflache
- 1,0
- 0,7
<0,30
1.8734
1.5120
1.7225
1.5121 0.42/ 0,SO
28MnCr4-3
38MnSi4
42CrMo4
46MnSi4
0,46/ 0,54
0,341 0,42
< 2.0
< 0,7
1.8706 < 0,25
21MnCr7-5
< 0,030
< 0,035
< 0,035
< 0,035
< 0,40 0,50/ 0,80
0.70/ 0.90
0,90/ 1.20
< 0,030
< 0,035
0,90/ 1,20
0,70/ 0,90
< 0,025
< 0,035
<0,025
< 0,035
< 0,035
< 0,035
< 1,6
< 0,7
< 0,24
1.8701
20MnCr5-3
< 0,025
< 0,030
0,60/ 1.30
< 0,SO
0,10/ 0.20
1.3421
15NiMoCrB4-5
< 0,050
< 0,050
0,70/ 0,90
0,15/ 0,35
0,801 0,90
< 0,050
< 0,050
C85 (85Mn3) 1.0647
< 0,040
< 0,040
0,80/ 1.25
0,50/ 0.80
S
P Mo
Ni
< 0,007 N
Sonst.
> 0,1
< 0,3
0,90/1,20 0,15/ 0,30
- 0,8
0,8/1,6
0,05/1,2 < 0,6 Cu, Nb+Ti+V < 0.2
0,40/1,10 0,40/ 0,70/1,00 0,03/0,08V 0.60 > 0.0005 B
Cr
Zusammensetzung in Masse-%
Mn
0,20/ 0.40
0,051 0,35
Si
C64 (64Mn3) 1.0640 0,60/ 0.68
1.0521 0,0401 0,060
StSch 700
C
Werkstoff Nr.
Kurzname
Tabelle 8.1 Auswahl von Stahlen mit hohem VerschleiBwiderstand
DIN EN 10083-1
DIN 536
Eigenschaftsaneaben
Verwendungszweck
verschleiBfester Stahl
VerschleiBteile. Mahlkugeln
Getriebe, Ventile, Fahrzeuge
Getriebe, Schaken, Reifizahne
Getriebe, Fahrzeuge, Ventile
(Fortsetzung nachste Seite)
verschleiafest
vergutbar
verschleiljfest
verschleiBfest, Baumaschinen mind. 450 HB
verschleiBfest Baumaschimind. 320 HB nen, Mahlbleche
verschleiBfest, Baumaschinen mind. 180 HB
verschleiafest
VerschleiBteile
Kran-, Rillenschienen
R, >680 MPa Schienen;
Merkmale
1.5085
5 1Mn7
55Si7
N
a
< 0.025
<0.040
< 0.030
< 0.030
< 0.100
< 0.030
0.251 0.45
12.01 13.0
0.151 0.45
< 1.0
< 1.0
0.9O/I.O5 0.151 0.35
1.111.3
1.9012.20 0.101 0.40
0.3210.50 < I.o
0.9511.20 < 1.0
1.3505
1.3301
1.2OSO
1.4034
1.4125
100Cr6
X120Mn12
X21OCr12
X46Cr I3
X105CrMo17
0.301 0.50
0.50
< 0.030
0.0.30
0.045 < 0.045
<
<
< o.o35
0.901 1.10
n.m
o.8mc15
I , I 819
90Mn-l
< 0,030
< 0.030
0.901 1.20
0.5SiO.66 0.901
1.2 1 0 1
62SiMnCr.1
Mo
16.011X.O 0.0401 0.80
12.5114.5
I1.0112.0
< 1.5
1.3511.65
0.4010.70
J ilr
1.20
< I).O45
< 0.045
0.5210.60 1.501 1.80
1.5026
0.701 1 .oo
< 0,035
0.50
l.612J) < 0.035
-
- 0.60
< 0.035
E
< 0.035
3 r
0.901 1.20
<‘r
< 0.30
Ni
< 0.30 Cu
> 0.025 Al
Sonst.
vergiitbar verschleiDlcst
vcrschleil3lest
Merkmalc
verschleiBfest
Landwirtschaft. Eggen. Drill-. Kollerscheiben
Messcr. Werkze uge
Federn. Verschleil3teile
Rutxhen. Siehhlcchc
Zughaken. Schalcnrnufftln
Verwcndungs-
c
I0 08s
SEW 400 DIN EN
DIN 17440
I0 OX8
DIN E N
hiirtbar. vcrschleiRfcst. n i c h t ros t e n d
Verschlcil3fcst nichtrostend
DIN I7 350 verschleiBfcst
vcrschleil3fest
Messer. Duscn. Instrumente
Messer. Fahrzeupe. Apparate. Pumpen
Werkzeuge. Dusen. Messer
hochbelastete Verse h Ie i St e ile . BaggerL2hne. Brechcrteile
D I N 17230 Walzlagerstahl Kugeln. Rollen. Ringe
DIN 17350
DIN 17222 kaltgewalyt
angaben
schafts-
Eipen-
v h
‘A
8
1.oo
0.4510.53 0.701
2
S
I
P
2
1 .5 I3 I
Mn
.-r =I,
50MnSi4
Si
Zusarnrncnsetzunp i n Masse-Y,
5
C
stoff
Werk-
g
N r.
Kurzname
Tabelle 8.1 Auswahl v o n Stiihlen mit hohem VersehleiRwidcrst~Ind(Fortsetzung)
350
Werkstofic fur VerschlciBbeanspruchung und Reihwerkstolic
8.2
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung
3s 1
entsteht. In Fallen mit geringen Belastungen oder bei sehr weichen Zwischenstoffen werden austenitische Stahle hingegen stark angegriffen. Dann ist es zweckmaBig, bis 3% Cr zuzusetzen. Die dadurch entstehenden Cr-Carbide erhohen den VerschleiBwiderstand zusatzlich (z. B. Stahl X120MnCrl2-2). Als hochverschleiJ?fester Stuhl dieser Gruppe ist insbesondere X120Mn 12 zu nennen. Er ist spanabhebend nur schwer bearbeitbar. Formteile aus X120Mnl2 sollten deshalb durch GieBen, Schmieden oder Brennschneiden hergestellt werden. Schweil3en ist moglich. Allerdings ist dann zur Einstellung der ursprunglichen Zahigkeit ein erneutes Abschrecken von Austenitisiertemperatur notwendig. Hauptanwendungsgebiete sind schwere Beanspruchungen bei schlagender, druckender, rollender und gleitender Belastung, z. B. fur Brechbacken, -walzen, -kegel, -ringe, Schlager in Schlagwerken, Baggerzahne, Messer fur Planierraupen usw. Siebe aus kaltgezogenem Draht finden zur Fraktionierung harter Stoffe Verwendung. Gut geeignet ist X120Mn12 auch zur Herstellung von Stahlhelmen, die durch die Kaltverfestigung beim Tiefziehen eine gute Durchschulj- und Splittersicherheit aufweisen. Wegen seiner schweren Bearbeitbarkeit und hohen Zahigkeit wird dieser Stahl auch fur Panzerplatten an Geldschranken oder fur Gitterstabe eingesetzt. Bei Erwarmung auf 400°C fallt die Zahigkeit von X120Mn12 rasch ab, und es treten Carbidausscheidungen an den Korngrenzen und Gleitebenen sowie Martensitbildung auf. Bei noch hoheren Temperaturen bildet sich Perlit, und der VerschleiBwiderstand sinkt. Durch Zulegieren von Ni und Cr bis 4% bleibt die gute VerschleiBfestigkeit bis 600 "C erhalten. Als Beispiel hierfur sei der Stahl XSSMnCr18-4 genannt. Wie Mn-Stahle lassen sich auch die anderen austenitischen Stahle stark kaltverfestigen. Die rnit Ni und Cr legierten Sorten sind infolge der geringeren Stabilitat des Austenits jedoch sproder und neigen leichter zu Ausbrockelungen. Sie sind auljerdem weitaus teurer und rechtfertigen den Einsatz nur fur Sonderzwecke. So werden aiistenitische Cr-Ni-Srlihle mit 18 bis 20% Cr und 8 bis 10% Ni (z. B. X9CrNi18-8) fur Verschleif3beanspruchungen nur dann herangezogen, wenn gleichzeitig eine hohe Korrosionsbestandigkeit gefordert wird (s. Abschn. 7.10.2). Auch die metastahilen aiistenitischen Stahle, bei denen durch mechanische Beanspruchung eine martensitische Umwandlung stattfindet, haben sich fur Verschleifibeanspruchungen als geeignet erwiesen. Beim tribologischen Einsatz wird an der Oberflache verformungsinduzierter Martensit gebildet, der sich wahrend des Abrasivabtrages wieder regeneriert. Dabei werden sehr niedrige Reibungszahlen gemessen. Beispiele solcher Stahle sind niedriggekohlte Mn- und Nilegierte Stahlqualitaten mit 15 bis 20% Mn und 2 bis 4% Ni. Neben gewalzten und geschmiedeten Stahlen werden auch austenitische StahlguR- und Gurjeisensorten fur hochbeanspruchte Verschleiljteile eingesetzt.
8.2.3 GuOwerkstoffe Grrrires GiiJi'eisen (s. Abschn. 3.1.12.1) hat sich wegen seines heterogenen Gefuges fur gleitende und reibende Beanspruchung in weitem Umfang durchgesetzt [8.7]. Das gunstigste VerschleiRverhalten erreicht man mit feinstreifiger perliti-
352
8
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung und Reibwerkstoffe
scher Grundmasse und einem moglichst geringen Ferritanteil. Grobe Zementitausscheidungen sind zu vermeiden; sie fuhren oft zur Verschleiljerhohung. Besondere Bedeutung kommt der GroBe und Verteilung der Graphitlamellen zu. Sie mussen groB genug sein, um beim Reibungsvorgang feinste Graphitteilchen freizusetzen, die antiadhasiv wirken und einen verschleiBmindernden Oberflachenfilm aufbauen, der dem GuBeisen die guten Notlaufeigenschaften verleiht. Bei Mischreibung dienen die hierdurch an den Graphiteinlagerungen entstandenen Grubchen als Olspeicher. Graphitlamellen mittlerer GroBe mit einer gleichmaBigen Verteilung im Gefuge erfiillen diese Forderung am besten. Da die Gefuge- und Graphitausbildung im GuBeisen durch Legierungszusatze in starkem MaBe beeinflufit wird (s. Abschn. 3.1.12.1), ist auch das VerschleiBverhalten hiervon abhangig. Silicium vermindert den Carbidanteil zugunsten des freien Graphits und hat eine Vergroberung der Graphiteinlagerungen zur Folge, die zusammen mit der Mischkristallbildung in den meisten Fallen den VerschleiBwiderstand besonders bei rollender Reibung erhohen. Bei Gleitverschleilj liegen die gunstigsten Ergebnisse bei 2% Si-Zusatz. Phosphor verbessert allgemein die VerschleiBfestigkeit. Der gunstigste Gehalt ist von der VerschleiBart und dem Paarungswerkstoff abhangig. Bei gleitender Reibung auf GuBeisen sol1 der P-Gehalt 0,7% nicht ubersteigen, da die harten Phosphide die Gegenoberflache angreifen. 1st der Gegenwerkstoff legierter Stahl, kann der P-Zusatz auf 0,85% gesteigert werden. Hiervon wird insbesondere bei GuBeisenbremsklotzen Gebrauch gemacht (s. Abschn. 8.3.2). Selbst im Mischreibungsgebiet sind P-Zusatze von Vorteil, da das beim VerschleiBvorgang als Relief stehenbleibende Phosphidnetz die Haftung des Olfilms verbessert. Bei Mineral-GleitverschleiB wird die Abriebfestigkeit bis 1,2% P erhoht, was in den Fallen von Bedeutung ist, wo die durch den hohen P-Gehalt verminderte Zahigkeit und erhohte Kerbempfindlichkeit nur eine untergeordnete Rolle spielen. Eine gunstige Wirkung auf den VerschleiBwiderstand haben auch Mn-Zusatze sowie einige andere metallische Legierungselemente. Bei Bremsklotzen liegen die gunstigsten Mangangehalte um 1,5%. Fur spezielle Zwecke wird der MnAnteil bis auf 12% gesteigert (austenitisches Gefuge). Schwefel verschlechtert das VerschleiBverhalten, so daB die Gehalte niedrig bleiben sollten. Hauptanwendungszwecke fur GuBeisen sind Fuhrungen, Lagerschalen (s. a. Abschn. 9.2.6) und Gleitschienen, die nur unregelmaBig geschrniert werden und deshalb oft unter Mischreibung arbeiten. Hierfur werden bevorzugt GuBeisensorten mit perlitischem Gefuge und folgender Richtanalyse eingesetzt : 2,5 bis 3,5% C; 1 3 bis 2,5% Si; 0,6 bis 0,8% Mn; 0,3 bis 0 5 % P; 0,l Yo S; bis 0,5% Cr; bis 0,2% Ni. Als Gegenwerkstoffe kommen meist GuBeisen und Stahl in Betracht, wobei sich die Harten von Grund- und Gegenkorper um 25% unterscheiden sollen. Sehr gut eignen sich als Gegenwerkstoff auch Bronze, RotguB und einige Polymerwerkstoffe (Polyamid, Phenolharzgewebe). Durch Harten, Verguten und Nitrieren kann das VerschleiBverhalten von GuBeisen in vielen Fallen wesentlich verbessert werden. Fur hohere VerschleiBbelastungen wird in zunehmendem MaBe auch unlegiertes und legiertes Crc/3eism mil krigelfirmigem Craphit verwendet. Analog anderen Eigenschaften liegt auch sein VerschleiBverhalten zwischen herkommlichem GrauguB und Stahl. Tempergu/3 weist bei vergleichbarer Zusammensetzung und Harte ahnliche VerschleiBeigenschaften wie GuBeisen auf. Auch hier ist je nach Anwendungsfall ein perlitisches oder martensitisches bzw. bainitisches Gefuge gunstig. Fur hohe VerschleiBbeanspruchung, insbesondere Mineral-GleitverschleiB, wird vielfach
8.2
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung
353
weibes Cubeisen, bei dem der Kohlenstoff als Carbid vorliegt, als Vollhartgurj oder, wenn nur der Oberflachenbereich weiB erstarrt ist, als SchalenhartguB eingesetzt (s. Abschn. 3.1.12). Eine grorje Rolle bei der Herstellung von verschleirjbeanspruchten Bauteilen spielen gegossene Stahlwerkstoffe, weil das GieBen bei den oft schwer oder kaum bearbeitbaren Werkstoffen eine preisgunstige Fertigungsmethode darstellt. Neben unlegierten Materialien sind auch die bereits genannten Mn-, MnSi-, Cr-Mo-Stahlsorten rnit hoher Verschleirjfestigkeit als entsprechende Stahlgurjsorte verfugbar (z. B. G42CrMo4, G38MnSi4). Sie werden sowohl im Gurjzustand als auch normalgegluht und vergutet angeboten. Besonders hohe Verschleirjfestigkeiten weisen ledeburititsche GuBwerkstoffe rnit hoheren Anteilen an Cr, Si und Mo auf. Sie sind in DIN 1995 erfarjt und enthalten neben 2,5 bis 3,6% C oft sehr hohe Cr-Anteile bei mittleren Ni- und Mo-Gehalten. Typische Vertreter sind die Werkstoffsorten G-X330NiCr4 2 (Ni-Hard 1) und G-X260Cr27 rnit max. 28% Cr. Eine Auswahl von Gurjwerkstoffen fur Verschleirjteile zeigt Tabelle 8.2. In Bild 8.7 ist das VerschleiBverhalten von Werkstoffen unterschiedlicher Zusammensetzung und Warmebehandlung beim Brechen von Flurjkies in
0
1
2
3
%
4
Kohlenstoffgehalt
Bild 8.7 VerschleiRverhalten von Stahl- und GuRwerkstoffen beim Brechen von FluBkies (nach K. Riihrig) 1: Manganhartstahl mil 12% Mn 2: perlitischer, legierter StahlguB 3: vergiitete Walzstahle 4: verguteter CrMo-StahlguD 5: Manganstahl6% Mn, 1 % M o 6 : GuReisen (gehartet) rnit 15% Cr. 1-3% Mo
7: GuReisen (GuDzustand) mit 12-209: Cr. I-3% Mo 8: GuDeisen (gehartet) mit 26% Cr 9: rnartensitisches GuDeisen mit 4 % Ni. 2 % Cr 10: GuDeisen rnit 6% Ni, 9 % Cr 1 1 : perlitisches GuDeisen rnit 1 5 % C r 12: perlitischer HartguD 1.8% Cr
0.7070
ciG G -7()
HartguB
GH-300
GH-200
3.3
0.7
0.5
300
520
600
> 700
> 600
3501450
1.0558 210
>440
> -3xo
22012Y0
1801250 2501350
15
I8
112
-2
0.810.3
0.810.3
Festigkeit Dehnunc MPa 'Y"
1.0552
0.6
StahlguR
Ni
HB
Hiirte
GS-60
0.4
0.6
M0
Kugelgraphit
0.611.0
1 .xi12
0.4
unlegiert
Cr
Lamellcngraphit
0.610.9
Mn
I .Y11.3
SI
Zusammensctzung in M a s s - %
cis-52
0.45
3.8
0.7060
GGG-60
~
2.901 3.10
0.6035
GG-35
~
3. I51 3.40
0.6025
GCi-25
c
Werkstoff Nr.
Werkstoff
Tabelle 8.2 Auswahl von GuRwerkstoffen mit hohem VerschleiBwiderstand
(Fortsctzung niichste Seite)
Mahlkugeln f. Zement- und Er/aulbcreitung
Zahn-, Kcttengetriebc- u. Kranriidcr. Gleithahnen. Ritzel
Exl-enter. Kranlaufrader. Kurbclwcllen. Hydraulikzylinder
Brcmstrommeln. x h e i b e n Zylinderlaulhuchsen, Kompressoren- u. Hochdruckzylinder
Anwendung
0.42
0.7
1.4085
0.9650
0.9610
0.9620
0.9630
GX70Cr2Y
GX260Cr27
GX300NiM 3 Mg
GX260NiCr4 2
G-X.iOOCrNiSi9 5 2
2.513.5
3.013.6
2,813.5
2.312.9
1.2
GXI 20MnCr 12-2
1,2
1.3401
1.7225
G42CrMo4
0,60
GXI 20Mn 12
1.3433
G60CrSi5
0.30
0.87
1.1165
G30Mn.5
C
GYOCrMn6-4
Werkstoff Nr.
Werkstoff
< 1.0
12
27130
rostbestandig
1.8
austenitisch
0.3
MO
1.512.2
0.210.8
2.012.6
0.511.5
1,412.4
0.310.7 8110
0.310.7
0.210.5
0.511.5 24128
his 0.5
4.5163
1.514.5 3.313.5
his 0.5
his 1.2
Ni
0.510.3
his 1.0
ledehuritisch. hochverschlcififest
< 2.0
0.5
12
0.5
hochleeierl
1.4
1.0
0.7 1.0
1.2
niedriglegierl
Cr
0.4
0.3
0.3
0.9
1,4
Mn
Zusarnrnensetzung in Maase-%,
0.60
Si
690
690
610
690
220
220
556
270
230
Harte HB
Tabelle 8.2 Auswahl von GuBwerkstoffen mit hohem VerschleiRwiderstand (Fortsetzung)
> 500
> 320
> 700
> 560
690
6YO
> 750
640
Festigkeit MPa
1-8
13
23
12
14
%
Dehnung
sehr hoher VerschleiRwiderstand. VerschleilSteile fur Zernent- u. Gesteinsrniihlen. Schlagplatten. Schaufelrader. G-X260Cr27 ist noch hearheitbar. G-X3(K)NiMo 3Mg hesitzt hohe Schlagzahigkeit. G-X3OOCrNiSi 9 5 2 hochste VerschleiRheanspruchung
Nahrungsrnittel- u. chem. Industrie. Kaliherghau. Purnpenteile. Ruhrcr. Wellen
VerschleilSvorgange rnit sehr hoher StolS- u. Druckhelastung, Brecherhacken. Baggcrzahne, Panzerketten. .. Kratzer, Schlagleisten
VerschleiRtcile f. Fordertechnik. Tagehau UIW. Schaken. Lauf- u. Kett e n d e r . Zahnkranze. Kettenglicder. Baggeru. ReiRzahne. Waken .. rnintcl, Mahlplatten fur Mincralvcrschleiflheanspruchung ohne Druck
Anwendung
356
8
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung und Reibwerkstoffe
einem Laborbackenbrecher gegeniibergestellt. Dabei wird der relative VerschleiB der Werkstoffe bezogen auf vergutetes Walzblech verglichen. Die hochlegierten Cr-haltigen GuBwerkstoffe weisen erwartungsgemal3 die hochste Verschleiljfestigkeit auf. Der VerschleiBwiderstand der verschleiljfesten Stahle wird von GuBlegierungen ubertroffen, die nur noch wenig oder kein Eisen und dafur Co als Hauptbestandteil enthalten. Sie werden als Stellite bezeichnet und wurden friiher vorwiegend zur spanabhebenden Bearbeitung verwendet. Heute sind sie auf diesem Gebiet weitgehend durch Sinterhartmetalle und Diamantwerkzeuge abgelost. Wegen ihrer hohen VerschleiB- und Warmfestigkeit sowie Bestandigkeit gegen Korrosion, Erosion und Verzunderung haben sie fur hochbeanspruchte Verschleifipanzerungen ihre Bedeutung behalten. Stellite werden im GuBzustand oder im geschmiedeten Zustand sowie als Auftragschweil3ung (s. Abschn. 8.2.4.2) verwendet. Ihre Zusammensetzung ist in Tabelle 8.4 aufgefuhrt. Fur AuftragschweiBungen liegen die C-Gehalte niedriger. Bei Ver1,5% bzw. I 10% sind sie schmiedbar. ringerung der C- und W-Gehalte auf I Die Stellite haben in der Mehrzahl ein austenitisches Gefiige mit einem hohen Anteil an Carbidphasen. Co ist dabei der Trager der Zahigkeit, wahrend das Wolframcarbid den VerschleiBwiderstand und die gute Warmharte bedingt. Cr verbessert die Zahigkeit und uber die Carbidphasen die Harte. Durch Zusatze von Mo, Ta, Nb, B u.a. lassen sich die Eigenschaften in bestimmter Richtung modifizieren. Neben den Stelliten haben auch gegossene Hartrnetalle eine gewisse Bedeutung erlangt. Der weitaus groBte Teil der Hartmetalle wird jedoch durch Sintern hergestellt (s. Abschn.4.3 und 8.2.5). Gegossene Hartmetalle enthalten um 4% C und 5 9 2 % W mit Zusatzen von Mo, Ta, Ti u.a. Das Wolfram liegt hauptsachlich in Form von WC vor. Infolge des hohen Schmelzpunktes der Carbide sowie einer Teilzersetzung des WC in W,C beim SchmelzprozeB sind die GuBlegierungen sprode und porig. Ihre Anwendung beschrankt sich daher auf Gebiete, bei denen insbesondere groBe Harte und VerschleiBfestigkeit, dagegen weniger Festigkeit und Zahigkeit eine Rolle spielen. Beispiele sind Fuhrungsbuchsen, Sandstrahldiisen, TiefbohrmeiBel und Drahtziehwerkzeuge. Ein anderer Nichteisenmetall-Hartgufi-Legierungstypmit dem Handelsnamen Tribaloy (USA) enthalt 50 bis 60% Co, 20 bis 35% Mo, 3 bis 10% Si und bis 17% Cr oder 50% Ni anstelle von Co (Tab. 8.3). E r zeichnet sich bei Gleitbeanspruchung durch einen sehr hohen Verschleiljwiderstand aus, auch wenn eine zusatzliche korrosive Einwirkung vorliegt. Im Gefiige befinden sich je nach Zusammensetzung zwischen 30 bis 70% einer sehr verschleififesten intermetallischen Phase (Laves Phase), beispielsweise CoMoSi oder Co,Mo,Si, die Harten zwischen 1000 bis 1300 HV aufweist. Die Werkstoffe sind bis zu Temperaturen von etwa 1000°C einsatzfahig [8.7]. Durch Einmischen von pulverformigen TribaloyLegierungen bei der Herstellung von Sinterwerkstoffen 1aBt sich deren VerschleiBwiderstand deutlich erhohen.
8.2.4 Oberflachenschichten zur Verbesserung des VerschleiBwiderstandes Bei der Verbesserung des VerschleiBwiderstandes von Werkstoffen durch eine Oberflachenbehandlung konnen gleichzeitig noch andere Gesichtspunkte wie
0.08
2.5
2S
1 ,I
28
Stellit 1
Stellit 3
Stellit 6
Stellit F
1
1
1
3
3
0.08
Tribaloy 700
Tribalov 800
1,8/2,2
2
1,1/1,4
G 125CoCrW226
0,2/0,6
0,08
2,012.4
G220CoCrW220
0.210.6
Tribaloy 400
2.612.9
G275CoCrW215
1,0/1,5
10
2,312.7
G250CoCrW190
2,0/2,9
Si
Tribaloy 100
1,6/1,8
C
G170CoCrW135
Legierung-
1
0,210.4
0,2/0,4
0.210.4
0,2/0,4
0,4/0,6
Mn
1
3
Fe
26
28
30
30
17
15
8
26/28
26/28
24/26
32/34
24/26
Cr
23
3
3
50
Ni
Zusarnrnensetzung in %
35
67
50
47.5
52
62
55
63/67
53/57
52/55
46/50
32/35
co
1
28
32
28
35
Mo
Tabelle 8.3 Zusamrnensetzung und Harte von gegossenen Hartlegierungen (Stellite; Tribaloylegierungen)
12
4
12
12
41.5
13/15
18/20
14/15
5,5/6,5
W
55
60
50
65
%
Laves Phase
40
53
62
48
53
42/54
51/54
56/60
58
45/52
Harte HRC bei RT
- 45 - 32
- 51
Warmharte HRC bei 600°C
358
8
Wcrkstoffe fur VcrschlciRbeanspruchung und Reibwel-kstoffc
die Erhiihung der Korrosionsbestandigkeit oder ein dekoratives Aussehen eine Rolle spielen. Wichtig ist jedoch, daB andere geforderte Werkstoffeigenschaften, insbesondere Zahigkeit und Dauerschwingfestigkeit, durch die verschleifimindernde Oberfliichenbehandlung nicht negativ beeinfluBt werden, bzw. die auftretenden Veranderungen mussen berucksichtigt und nach Moglichkeit durch zusatzliche Mafinahmen kompensiert werden. Als Beispiel sei das Kugelstrahlen genannt, bei dem Druckeigenspannungen im Oberflachenbereich erzeugt werden, die zu einer Erhohung der Dauerfestigkeit fuhren. Durch das Aufbringe n ve rs ch 1e i R f e st e r Be sch i ch t u n ge n k 6n n e n a u ch v e rsch 1i sse n e Te i 1e re ge n er i er t werden. Im folgendcn wird auf technisch bedeutsame Verschleifischutzschichten und deren Eigenschaften eingegangen (s.a. Abschn. 3.1.4). Die fur den VerschleiBschutz unter abrasiven Bedingungen im Vordergrund stehende Harte ist in Bild 8.8 fur wichtige Schichten zusammengestellt.
vc TIC-
Fe2B, FeB
-
TIN Ni-P-Darn
c;9
(2)
(3. 4) (1)
(I)
(1) Galvanische Verfahren
-
Mo
Ni-SIC-
(I)
(2)
(3)
-f5)
Ni-P-
wc-co
-
f 5)
(2) Thermochem Verfahren (3) CVD (4) PVD
(5)
(5) Plasmaspntzen
I
I
I
1
I
I
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
H&te HV Bild 8.8 Hiirte v o n VerschleiBschutz~cliichten(nach J . ( ; r o . ~ c ~ / ~ )
8.2.4.1 Galvanische Schichten
Eines der bekanntesten galvanischen Verfahren fur den Verschleifischutz ist das Hartverchromen (s. a. Abschn. 4.2.3). Die durch elektrochemische Abscheidung erzeugten Schichten vereinen hohe Harte (1 200 HV) mit niedrigen Reibungszahlen (0,25 bis 0,3 bei trockener Reibung gegen Gufieisen), geringer Frefinei-
8.2
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung
359
gung und guter Korrosionsbestandigkeit. Die hohe VerschleiBfestigkeit wird neben der Harte mal3geblich durch eine dichte und sehr festhaftende Oxidschicht bestimmt, die einen metallischen Kontakt auch bei starken Beanspruchungen verhindert. Beim Reibungsvorgang regeneriert sich die Oxidschicht standig, so dal3 der VerschleiB niedrig bleibt. Charakteristisch fur Hartchromschichten sind die durch Zugeigenspannungen verursachten Risse. Das Verschleinverhalten wird vielfach durch die Harte des Substratwerkstoffes mitbestimmt. Fur schlagende und druckende Beanspruchung ist daher der Einsatz von Grundwerkstoffen mit hoher Harte notwendig, um ein Durchdrucken der Hartchromschicht zu vermeiden. Meist sind fur Hartchromschichten auf Stahl keine Zwischenschichten erforderlich. Bei Forderungen nach zusatzlicher Korrosionsschutzwirkung sind jedoch zunachst Nickel- und Kupferschichten aufzubringen. Anwendungsfalle fur Hartchromschichten sind Werkzeuge fur Pressen und Tiefziehformen, Bohrer, Raumnadeln, Sageblatter, Reibahlen, Schneidwerkzeuge, Muhlenteile, MeBzeuge u. a. Dickere Schichten werden vorwiegend zur Regenerierung verschlissener Bauteile, wie Kurbelwellen, Motorenteile, Zylinder oder Walzen, aufgebracht. Als Grundwerkstoffe kommen unlegierte und legierte Stahle, StahlguB sowie GuBeisen in Betracht. Hartchromschichten sind schlecht benetzbar. Zur Verbesserung der Gleiteigenschaften geschmierter Paarungen werden die Abscheidungsbedingungen so gesteuert, dal3 die Mikrorisse feine Netzwerke bilden oder Poren entstehen, in denen Schmiermittel aufgenommen und so die Ausbildung des Schrnierfilms gefordert wird. Die Poren- oder RiBverchromung wird vorzugsweise fur Zylinder und Kolbenringe von Verbrennungsmotoren, Verdichter und Pumpen, StolJdampferteile und ahnliches angewendet. Technische Bedeutung hat auch das Hartverchromen von Leichtmerallen. Um eine gute Bindung zum Grundmetall zu erreichen, ist die Entfernung der Oxidhaut durch eine mechanische und chemische Vorbehandlung notwendig. Hartchromschichten auf Leichtmetallen werden erfolgreich bei PreBformen fur Polymere und Gurnmi, Zylinder und Kolben fur Flugzeug- und Kraftwagenmotoren, Lager oder Bremstromrneln eingesetzt. Als Grundwerkstoffe haben sich AI-Si-, Al-Cu-Ni-, Al-Si-Cu- und Al-Mg-Legierungen bewahrt. Eine geringere Verbreitung als Chromschichten haben galvanisch abgeschiedene Hartnickelschichten gefunden. Sie sind zaher, haben aber eine niedrigere Harte (bis 650 HV) und werden beispielsweise zur Regenerierung verschlissener Maschinenteile aufgebracht. Gegenuber Hartchrom sind ihre gute Bearbeitbarkeit, die festere Bindung zum Grundwerkstoff und die bessere Deckung hervorzuheben. Auch stromlos (chemisch) abgeschiedene Nickelschichten, die je nach dem verwendeten Reduktionsmittel immer Phosphor oder Bor enthalten, sind als VerschleiBschutz geeignet. Sie sind nach dem Abscheiden amorph und weisen Harten von 500 bis 700HV auf. Bei einer Warmebehandlung (Gluhen bei 400 "C) werden sie kristallin, wobei sich auBerdem Nickelphosphid oder Nickelboride ausscheiden. Dadurch steigt die Harte auf uber 1000 H V an. Neben weiteren binaren Legierungen (Fe-P, Co-P) konnen auch ternare Schichten, z. B. Ni-Co-P, Ni-W-P, sowie Vierkomponentenschichten wie Ni-Co-W-P erzeugt werden. Vielfaltige technische Nutzung finden galvanisch oder chemisch hergestellte Dispersionsschichren [8.11],[8.12], die in der Regel aus einem weicheren Grundmetal1 und einer eingelagerten Hartstoffphase bestehen. Die einzulagernde
360
8
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung und Reibwerkstoffe
Komponente wird in Pulverform im Elektrolyten stabil suspendiert. Die feindispersen Teilchen scheiden sich dann zusammen rnit dem Schichtmetall ab und werden in das entstehende Gefuge eingebaut. Als Matrixmetall kommen Ni, Fe, Cu, Cr, Zn, Pb oder Messing in Betracht, als disperse Zusatze Oxide (A1203, SiO,, ZrO,, TiO,), Carbide (WC, SIC, Tic, B4C, TaC), Nitride (a- und P-BN, Si3N4)und Diamant. Die zugesetzten dispersen Phasen weisen je nach Herstellungsverfahren TeilchengroBen zwischen 10 bis 0,001pm auf. In der Praxis wurde bisher den Dispersionsschichten auf Nickelbasis bei weitem der Vorzug gegeben. Ni-SiC-Dispersionsschichten sind sehr fest rnit dem Substrat verbunden und zeigen eine hohe Warmfestigkeit, Temperaturwechselfestigkeit und Harte (63HRC). Eine Schicht von 25pm Dicke verformt sich bei Schlagbeanspruchung mittels Kugel ohne zu brechen und weist auch nach mehrfachen Abschreckversuchen von 650°C in Wasser keine RiBbildung auf. So werden vor allem Ni-SiC-Schichten als Laufflachen fur den Kreiskolbenmotor (Paarungspartner Dichtleisten aus einem gesinterten Verbundwerkstoff rnit Stahlmatrix und eingelagertem Tic), fur den VerschleiBschutz von Zylinderbuchsen aus Al-Legierungen, fur Kolbenringe, Schneckenelemente, Dusen, Formwerkzeuge, Messerleisten u. a. mehr eingesetzt. Daneben haben auch NiAl,O,-Dispersionsschichten technisch Eingang gefunden. Ihre Temperaturwechselbestandigkeit soll die der Ni-SiC-Schichten noch iibertreffen. HochverschleiBfest sind Verbundschichten mit Diamant. Hierfiir eignet sich besonders synthetisches, durch Einwirkung von Schockwellen (Explosionsverfahren) aus Graphit hergestelltes Diamantpulver (s.a. Abschn. 4.4.2). Die Dispersionsschichten enthalten 20 bis 30 Vo1.-% Diamantfeinstpulver in einer Matrix aus Ni oder Ni-Legierungen. Ihre Schichtdicken betragen 2 bis 5 pm. Die VerschleiBfestigkeit soll weitaus hoher als die von Schichten aus Hartmetall oder Ni-SiC sein (Faktor 30 bis 200). Als Anwendungsgebiete werden Dichtungsflachen von Wellen fur hochbelastete Pumpen, Verschleiljteile von Papier- und Textilmaschinen, Schneidwerkzeuge aller Art, Werkzeuge der Kaltumformung, StrangpreBdiisen, Extruderschnecken und dgl. genannt. Eine weitere Variante verschleifimindernder Schichten sind solche auf Cu-Basis. Als Dispersionsschichten rnit A1,0,- oder SiC-Einlagerungen werden sie vor allem in der Elektrotechnik bei kombinierten Beanspruchungen durch elektrischen Strom und VerschleiB eingesetzt. Bei der Metallabscheidung konnen aber auch gleitfordernde Zusatze von MoS2, Graphit, PTFE u.a. verwendet werden, so dalj sich selbstschmierende Lager, Dichtringe oder Gleitflachen herstellen lassen.
8.2.4.2 AuftragschweiBungenund thermische Spritzschichten
Auftrugschweiflungen (s.a. Abschn. 1l S ) , die der VerschleiBminderung dienen, konnen rnit fast allen gebrauchlichen Schweiljverfahren vorgenommen werden. Oft kommen aber Spezialverfahren, wie das UnterpulverschweiBen, PlasmaschweiBen, Elektroschlacke-Auftragschweiljen oder Hochfrequenz-AuftragschweiBen, hierfur zum Einsatz. Besondere Bedeutung haben Verfahren rnit groBer Abschmelzleistung und hoher Einschaltdauer, die ein programmierbares teil- oder vollautomatisches Arbeiten ermoglichen. Die Auftragwerkstoffe werden in Form von speziellen SchweiBstaben und -elektroden, Pulvern und Pulvergemischen, Pasten, Fiilldrahten sowie durch Pulverwalzen hergestellten Sin-
8.2
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung
361
terbandern verwendet. Fur das AuftragschweiBen sind unlegierte und niedriglegierte Bau- und Vergutungsstahle sowie auch hoher legierte Stahle, die entsprechend ihrer Schweirjbarkeit vorgewarmt werden miissen, als Grundwerkstoffe geeignet (s. Abschn. 3.1). Die Schichtdicken betragen in der Regel zwischen 0,5 und 5 mm. Fur AuftragschweiBungen haben sich neben den in Abschnitt 11.5 genannten Schweipzusatz werkstoffen die in Tabelle 8.4 angegebenen Werkstoffgruppen der laufenden Nr.1 bis 11 fur hohe Verschleiflbeanspruchungen eingefuhrt. Es handelt sich dabei neben den bekannten VerschleiBbestandigen Stahlen (Nr. 1 bis 7) auch um speziell fur AuftragschweiBungen und Spritzschichten entwickelte Legierungstypen (Nr. 8, 9 und 11). In Fallen besonders hoher Verschleifibeanspruchung, z. B. in Verbindung mit gleitenden Mineralstoffen, werden Schichten aus Cr-C-B-Fe-Legierungen oder aus Hartmetallen auf WC-Co-Basis aufgetragen. Ni-Cr-B-Si-Legierungen sind niedrigschmelzend und selbstflierjend, so darj die Stahloberflache nur wenig angeschmolzen wird. Meist ist jedoch ein Aufschmelzen des Grundwerkstoffes im Oberflachenbereich erforderlich. Dabei ist eine Aufmischung des Auftragwerkstoffes mit dem Grundwerkstoff moglich, wodurch sich Anderungen in der Zusammensetzung und den Eigenschaften der Schicht ergeben konnen. Beim AuftragschweiBen ist zu beachten, daB ein groBer Temperaturgradient zwischen Werkstuck und Auftragschicht entsteht und es somit nach dem Auftragen zu einer raschen Abkuhlung kommt. Die dabei auftretenden Spannungen konnen dann so groB sein, darj in der Schicht Risse entstehen bzw. ein Verzug des Bauteils eintritt. Durch Vorwarmen des Werkstuckes laBt sich dies einschranken bzw. vermeiden. Anwendungsbeispiele fur das AuftragschweiBen sind: VerschleiBteile in Bodenbearbeitungs-, Bau- und Bergbaumaschinen wie Baggerzahne, Laufrader, Kettenglieder, Forderschnecken, Bohrkronen, weiterhin Walzen in der Hutten- und Stahlindustrie, Gichtglocken fur Hochofen, Hammermuhlenschlager, Warmschermesser, Schmiedesattel usw. AuBer dem AuftragschweiBen ist auch das Aufspritzen VerschleiBmindernder Schichten (thermisches Spritzen) nach verschiedenen Verfahren in der technischen Praxis anzutreffen. Das Verfahrensprinzip beruht darauf, daB das Schichtmaterial inner- oder aurjerhalb von Spritzgeraten an- oder aufgeschmolzen und auf die vorbereitete Oberflache von Werkstucken geschleudert wird. Das Aufschmelzen erfolgt je nach Verfahren durch eine Gasflamme (2500 "C), einen Lichtbogen (4000°C) oder einen Plasmastrahl (bis 12000°C bei Vakuumplasmaspritzen). Die Spritzteilchen werden durch Druckluft oder Gasstrahl (Plasmastrahl) zerstaubt und beschleunigt. Erfolgt das Spritzen an der Atmosphare, werden die Spritzteilchen teilweise oxidiert. Thermische Spritzschichten sind mikroporos, rnikrorissig, weisen Oxideinschlusse und eine rauhe Oberflache auf. Die Haftfestigkeit auf dem Substrat ist vergleichsweise gering. Als Schichtwerkstoffe kommen in Abhangigkeit von den geforderten Schichteigenschaften ahnliche Werkstoffe wie beim Auftragschweirjen fur den VerschleiBschutz zum Einsatz. So werden z. B. hochlegierte Stahle, Cr-C-Fe- und Ni-Cr-BSi-Legierungen oder Co-Basislegierungen sowie Hartstoffe (Tab. 8.4, Nr. 8,9 und 12) verwendet. Die Hartstoffe (Carbide, Nitride, Boride, Oxide: A120,, Z r 0 2 , ZrSi04, Cr,03 u.a.) konnen auch gemeinsam mit einem Metal1 oder einer Legierung verspritzt werden. Der aufzutragende Werkstoff wird vorzugsweise als Pulver oder Draht, aber auch in Form von Sinter- und Verbundstaben zugefiihrt. Im letztgenannten Fall
Wnrmarbcitsstahl mit
2
‘1
27 his 35
his 20
0
x
0 his
s
5 his
his 3
0
5 his 9
his 3
0
0
his .s
HRC 55 his 70
250
HB 200 his
HB’I 400 his 500
his 2
IS
HB 500 his 600
0
5 his
HB 500 his 600
65
2
IS
his 5
HRC 5 X bis
2
0 his 3
HRC 4X-52 58-62’J
30
5 0.25
0
18
0 10
I0
5 1.5 his
his
0 his
his
0 his 4
0 his
his 3
1.5 his 5
his 2 Si
Sonst.
400
0.15 his 1.5
V
I 1
W HB 200 his
Ni
his
0
Mo
0 his
11 his IS
0. 5 bis 3
Mn
(Fortsetzung nachste Seite)
hervorragend hei Mineral-Gleitbeanspruchung z. B. Forderschnecken. Brikettformen. Planierschilde
Schienenkreuzungen u. Weichen. Weichenzungen.Wasserturbinenteile
Teile fur hahere Schlag-. StoB- u. Druckbelastung. Brecherbacken. Baggerrahne. Prallplatten
Schermesser. Schnittplatten. Prelj-. Zieh- und Kaltdruckwerkzeuge, Plunger. Armaturensitze
Dichtflachen. Armaturen. Walzen. Schaufelrader
Drehmeilkl. Fraser. Rollscheren. Reihahlen. Warmlochwerkzeuge
Warmarheitswcrk7euge,Walzen. Gesenke, Scheren. Stempel. Matriren. Abgratwerkzeuge
geringere VerschleiRbeanspruchung; Schienen. Fuhrungen. Trommeln. Buchsen
Harte Anwendungsbeispiele (Richtwerte)
5 his
4 his 6
his 5
1
his 5
0
Cr
Richtzusammcnsct7ung in Masse-YO
0.5 bis 1 .2
0.2 his 2
0 his I5
Co
niich K;ilt\crlc\tipmg
10
Ledehuritische Cr-CFe-Legierungen (Co. Mo.W)
X
yharlc1
X
Cr-Ni-Mn-Austenitc
7
:I
7
Hartmnnganstnhl
6
nach DIIY
6
Chromstahl mit hoherem C-Gehalt
5
11
5
Chromstahl mit niedrigeni C-Gehalt
3
s 0.2
0.6 his 1.5
0.2 his 0.5
3
Schnellarheitsstahl mit 4 W. Cr. V (Co. M o )
z 0.4
2
Leg. CirupC pc”
3
W, Cr. (Mo. Ni. V. Co)
unlcg. od. nicdrig-leg. Stahl 50.4 C; max. 5 % Lcg.-Best.
I
Ifd , Werkstoffgruppc N r.
Tabelle 8.4 Auswahl v o n Werkstoffen zur Herstellung hochverschleil~festerAuftragschweiRungen und Spritzschichten (nach [S.40] bis [8.42])
ausgewahlte Metalle
Metalloxide
Metallcarbide
andere Metallverbindungen
gemischte Pulver
13
14
15
16
17
21
Ni-Cr-B-SiPulver
12
nach DIN 8555
Ni-Cr-BLegierungen
11
I)
Hartmetalle gesintert ; gegossen
10
pehartet
22
21
Stellite aufCo- 20 Basis
~~
Mn 0 bis 3
Mo 0 bis 3
Ni
25
3 bis
W
V
nach Kaltverfcstigung
Ni-Cr-B-Si + Mo; Ni-Cr-B-Si + W2C; AlzO, + NilAI: A1 + A1203: Ni + CrB,: Ni + Cr,O, + Cr,C,
Motoren-, Triebwerks-, Raketen-. Turbinenteile, Brennerdusen
Raketenteile, Strahltriebwerke, Ofenteile. Brennerdusen
HV 1500 bis 1650
TiN; ZrBz: CrB,; TiB2
WC (W,C); Cr,C,; Tic; WC-TIC; SIC
Ofenbau, Motoren- u. Getriebeteile, Synchronringe, Turbinenschaufeln
Glasformen, Plunger, Wellen, Kolbenstangen, BohrmeiBel, Forderschnecken
Pumpen. Gasturbinenteile, Walzen
HRC 35 bis 65
HV 1300 bis 2400
3.2 - 4,3 Si 1,8 3,s B 2 4.5 Fe
+ MgO; Cr203;Cr203+ TiO,;
Rest
Fadenfiihrer, Umlenkrollen, Diisen, Forderschnecken, Gleitringe
bis 2.3
Ventile, Glasformen, Nocken, Exzenter, PreBwerkzeuge bis 500°C. Turbinenschaufeln
HRC 40 bis 60
HV 850 bis 1300
2 0,3
bis 5B
pulverformige Spritzwerkstoffe
65 bis 85
PreRschnecken, Mahlringe, Bohrkronen, Gleitringdichtungen, Fadenfiihrungen, Teile f. MineralverschleiB
Ventilsitze, Warmschermesser, Pumpenwellen, Dampf- u. Saurearmaturen; bis 600°C einsetzbar
HV 1800 bis 2000
HRC 38 bis 58
A1,0,99,5; ALO, + T i 0 2 ;A1,0, ZrO, + MgO; ZrOz + Y 2 0 3
9 bis 17
8 bis 18
~
Rest Fe
Sonst.
Matrix Co, Ni, Mo. Fe bis 80 ?Lo Carbide auf Basis WC (W2C) Tic, Cr,C2
25 bis 33
Cr
Harte Anwendungsbeispiele (Richtwerte)
HV bis 350
bis 0,3
1 bis 1,s
30 bis 70
Co
Richtzusammensetzung in Masse-%
W 99; Mo 99; Ti 99; Cr 98,s
0.04 bis 0.8
bis 1
0,7 bis 3
Leg. GrupC pel)
9
~
Ifd . WerkstoffNr. gruppe
Tabelle 8.4 Auswahl von Werkstoffen zur Herstellung hochverschleiBfester AuftragschweiBungen und Spritzschichten (nach [8.40] bis [8.42]) (Fortsetzung)
364
8
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung und Reibwerkstoffe
kann beispielsweise so verfahren werden, dalj die verschleiljfeste Komponente in einer Polymermasse, die wahrend des Spritzens verdampft und eine Schutzgasatmosphare bildet (s.a. Abschn. 7.16.2), eingebettet ist. Da sich beim Spritzen der Grundwerkstoff nur wenig erwarmt, konnen auch relativ niedrigschmelzende Werkstoffe mit verschleiljbestandigen und hochschmelzenden Auftragspritzschichten, z. B. Stahl mit Molybdan (s. Tab. 8.4), das bei Gleitbeanspruchungen ein sehr gunstiges VerschleiBverhalten aufweist, versehen werden. Um eine gute Haftung zwischen Grund- und Schichtwerkstoff zu gewahrleisten, ist neben der Untergrundvorbehandlung, z. B. durch Strahlen, Einbringen von Nuten, Kerben oder Spritzen spezieller Haftgrundschichten, oft noch eine sich an den Spritzvorgang anschlieBende Warmebehandlung erforderlich. Bei Zugabe von schmelzpunkterniedrigenden und diffusionsaktiven Elementen, z. B. Bor und Silicium zu Nickel- und Cobaltlegierungen (selbstflieljende Legierungen) wird durch Gluhen bei 1000 bis 1150°C eine Schmelzverbindung hergestellt und damit die Porositat der Spritzschicht vermindert. Dabei kommt es gleichzeitig zu Diffusionsvorgangen zwischen Grundwerkstoff und Schicht, so daB die Schichthaftung verbessert wird. Bei den Verfahren des Hochgeschwindigkeitsspritzens sowie dem Vakuumplasmaspritzen und dem DetonationsspritZen werden durch die hohere Auftreffgeschwindigkeit der Spritzteilchen dichtere und haftfestere Spritzschichten erzielt. Das Vakuum bietet zudem den Vorteil, dalj das Spritzgut nicht oxidiert wird und somit keine Oxideinschlusse in den Schichten enthalten sind. Dichte und haftfeste Hartstoffschichten, z. B. auch WC-Co-Hartmetalle, werden mittels Vakuumplasma- oder Detonationsspritzen fur hochverschleiflbeanspruchte Bauteile, wie Schubdusen von Strahltriebwerken, Klauen und Spannvorrichtungen, Raumwerkzeuge, Bohrstangen oder Spindeln aufgebracht. Typische Anwendungen des thermischen Spritzens sind bei Trocken- und Kuhlzylindern, Leimauftragwalzen in der Papierindustrie, bei Verschleinteilen von Textilmaschinen (Fadenfuhrern), Schaltgabeln, Synchronringen, Extruderschnecken sowie zur Regenerierung von verschlissenen Lagerstellen gegeben.
8.2.4.3 Oberflachen-Harteschichten
Das Oherflaichenhartenwird zur Erzeugung verschleififester Schichten dann herangezogen, wenn der Werkstoff im Kern zah bleiben oder nur die beanspruchte Stelle des Werkstuckes einen erhohten Verschleiljschutz erhalten soll. Auch groBere und kompliziertere Teile konnen ohne Schwierigkeiten derart behandelt werden. Alle hartbaren Stahle, vorzugsweise Vergutungsstahle (s. Abschn. 3.1.8) sowie StahlguB und GuBeisen, sind hierfur geeignet. Die Oberflache wird durch Gasbrenner, Induktionserwarmung oder Tauchen in Salzbader erhitzt und abgeschreckt. Fur eine Flammen- oder Induktionshartung kommen sowohl unlegierte Stahle der Qualitat Cf35 bis Cf60 als auch bei stark beanspruchten Oberflachen und gleichzeitig geforderter hoher Kernfestigkeit Mn-, Mn-Si-, Cr-, CrMo- und Cr-V-legierte Stahle (z. B. 37MnSi5, 45Cr2, 41CrMo4, SOCrV4) in Betracht. Die erreichbaren Harten liegen zwischen 50 bis 60 HRC. Bei den Verfahren der Randschichthartung mit hoher Erwarmungsgeschwindigkeit werden dunne Oberflachenbereiche partiell auf sehr hohe Austenitisiertemperaturen erhitzt und durch Selbstabschreckung gehartet. Dabei werden kurz-
8.2
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung
365
zeitig (I100 ms) auf kleine Flachen Leistungsdichten bis zu einigen 100 W/mm* konzentriert. Es entstehen sehr feinkornige und strukturlos scheinende Martensitschichten mit einer Tiefe von 0,05 bis 0,5 mm. Die Impulshartung arbeitet mit HF-Impulsen, die wahrend 1 bis 100 ms auf das Werkstuck einwirken. Von den Strahlharteverfahren hat sich das Laserstrahlharten weitgehend durchgesetzt. Eine spezielle Optik formt den Laserstrahl zu einem Arbeitsfleck mit gleichmal3iger Intensitatsverteilung, unter dem das Werkstuck in Vorschubrichtung bewegt wird. Bei Verwendung eines Scanners wird der Laserstrahl rasterformig uber die zu behandelnde Oberflache gefuhrt. Zur Erhohung des Energieeintrages mu13 die Oberflache mit einer lichtabsorbierenden Schicht uberzogen werden [8.16]. In Bild 8.9 ist das aul3erst feinkornige und daher strukturlos scheinende Gefuge einer lasergeharteten Oberflache des Stahles C105W1 zu erkennen.
Bild 8.9 Gefiige einer lasergeharteten Oberflache des Stahles C105W1
Ahnliche Moglichkeiten bietet auch das Elektronenstrahlharten, wobei ein energiereicher Elektronenstrahl mittels eines magnetischen Wechselfeldes uber die zu hartende Oberflache gefuhrt wird; jedoch ist das Verfahren an das Vorhandensein eines Vakuums geknupft und dadurch in der Anwendung eingeschrankt. Fur alle Verfahren gilt, dal3 sie nahezu verzugsfrei arbeiten, sich die Werkstucke insgesamt nur wenig erwarmen und eine partielle Behandlung der durch Verschleil3 beanspruchten Oberflachenbereiche erfolgen kann. Von der Moglichkeit der Oberflachenhartung wird im Maschinenbau oft Gebrauch gemacht. Anwendungsbeispiele sind Kettenbolzen, Kurbelwellen, Zahnrader, Zylinderbuchsen, Nockenwellen, Zieh- und PreBgesenke, Gleitbahnen, Lagerringe und Kettenrader. 8.2.4.4 Diffusionsschichten
Verschleil3schutzschichten, die uber das Eindiffundieren von Atomen eines oder mehrerer Elemente in die Oberflachenzone von Werkstucken entstehen, sind in
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8
Wcrkstoffc fur VerschleiRbeanspruchung und Reibwerkstoffc
der Praxis sehr haufig anzutreffen [8.14], [8.15]. Bekannt und technisch oft genutzt sind das Aufkohlen rnit anschlieaendem Harten (Einsatzharten), das Nitrieren, Nitrocarburieren, Carbonitrieren, Borieren, Chromieren, Aluminieren, Silicieren und Vanadieren. Dabei wird das zu behandelnde Werkstuck bei hoheren Temperaturen uber Gasphasen oder in direktem Kontakt mit den zur Diffusion vorgesehenen Stoffen in Verbindung gebracht. Es entstehen Oberflachenschichten, die eine aul3erst feste Haftung zum Grundwerkstoff haben. Da die meisten dieser Verfahren bereits im Zusammenhang mit den fur eine thermochemische Oberflachenbehandlung in Frage kommenden Stahlen im Abschnitt 3.1.4.4 behandelt wurden, sollen im folgenden lediglich Erganzungen, die die Nutzung fur den VerschleiBschutz betreffen, gegeben werden. Beim Einsarzhiirten ist die der Aufkohlung folgende Warmebehandlung so zu fuhren. daB der Werkstuckkern eine hohe Festigkeit und gute Zahigkeit aufweist. Hierfur (s.a. Abschn. 3.1.7) kommen unlegierte sowie legierte Stahle zur Anwendung, z. B. Mn-Cr-, Mo-Cr-, Cr-Ni- oder Ni-Cr-Mo-Stahle mit einem niedrigen C-Gehalt (0,l bis 0,2% C) in Frage. Durch die Martensit- und bei lcgierten Stahlen auch Carbidbildung wird die VerschleiBfestigkeit der kohlenstoffangereicherten Oberflachenzone wesentlich erhoht. Das Einsatzharten ist im Maschinenbau fur Bolzen, Wellen, Zahnrader, Fuhrungen, PreBstempel u. a. weit vcrbreitet. Durch Chroriiieren erhalt man Diffusionsschichten. die zugleich korrosionsbestandig und verschleiBfest sind. Fur weniger beanspruchte Teile ist ein Stahl mit 0,l YO C und 0.6% Ti vorgesehen. Das Ti bindet den Kohlenstoff und verhindert beim Chromieren die Chromcarbidbildung, so daB Fe-Cr-Mischkristallschichten entstehen. Fur hochbeanspruchte VerschleiBteile werden hoher gekohlte Stahle eingesetzt. bei denen sich eine Chromcarbidschicht ausbildet. Dann sind Oberflachenmikroharten von 1600 bis 1800 HV erreichbar. Da die Cr-Diffusion durch C behindert wird, sind die bei diesen Stahlen erzielbaren Schichten dunner. Hauptanwendung findet das Chromieren fur Klein- und Massenteile von Textilmaschinen. Verpackungsautomaten und SchweiBmaschinen sowie fur Fuhrungsteile, Forderketten. Rollen, Bolzen und Stifte. Das Nitrieren wird an Stahlen (s.a. Abschn. 3.1.8) durchgefuhrt. die Al, Cr. Mo und V enthalten (Nitrierstahle), da diese Elemente sehr h a r k und verschleiBfeste Nitride bilden. sowie an einer Reihe von GuReisensorten, die bis 1.5% Aluminium bzw. 1.7% Chrom aufweisen. AuBerdem werden Sintereisen- und Stahlteile (s. Abschn. 3.1.1 1 ) rnit Erfolg gasnitriert. Auf Grund ihrer Porositat sind deren Nitrierschichten jedoch erheblich groBer. Die Oberflachenharten der gasnitrierten Stahle liegen zwischen 750 (30CrMoV9) und 900 HV (34CrA16). Fur das Badnitrieren (Nitrocarburieren bei Temperaturen von etwa 570 "C) werden bevorzugt unlegierte Stahle und GuBeisen herangezogen. Bei ihnen bildet sich an der Oberflache des Werkstoffes eine sehr dunne Verbindungsschicht, die aus einer Eisencarbonitrid- und sich anschliefiender Fe,N-Schicht besteht. Die Nitrierschichten haben einen sehr groBen VerschleiBwiderstand gegen gleitende Reibung und sind bis 500°C anlaflbestandig. Sie sind korrosionstriige, wegen ihrer geringen Dicke aber fur druckende und schlagende VerschleiBbeanspruchungen wenig geeignet. Die Anwendung des Nitrierens ist vielseitig und erstreckt sich auf Gleitbahnen, Fuhrungsteile, Exzenter, Kolben- und Pleuelstangen sowie Bolzen, Wellen, Dusen, Ventile. Spindeln, Walzen. MeBzeuge, Kleinteile in Automaten und PreBformen. Auch fur den VerschleiBschutz bei hoheren Temperaturen, wie bei
8.2
Werkstoffe fur VerschleiRbeanspruchung
361
Dampfleitungsschiebern und Zylindern, haben sich Nitrierschichten gut bewahrt. Das Carbonitrierharten findet wie das Einsatzharten fur die Verbesserung des VerschleiBverhaltens kohlenstoffarmer Stahle Anwendung. Dabei werden Stickstoff und Kohlenstoff gleichzeitig von der Oberflache aufgenommen und die Werkstucke nachfolgend gehartet. Besonders verschleififeste Schichten entstehen auf legierten Stahlen, wenn damit die Bildung von Sondernitriden verbunden ist. Nach dem Harten werden HRC-Werte von 49 bis 6.5 beobachtet. Da Stickstoff den Austenit stabilisiert, ist die Gefahr des Auftretens von Restaustenit, wodurch die VerschleiBfestigkeit vermindert wird, groB. Vorteilhaft ist die hohere AnlaBbestandigkeit carbonitrierter Schichten. Als eine Modifikation des Einsatzhartens wird das Carbonitrieren sowohl fur die dort genannten als auch fur speziellere Anwendungsfalle (Automobilteile, Zylinderbuchsen, Kupplungsscheiben) eingesetzt. Beim Borieren entstehen harte und sehr verschleiflfeste Boridschichten (s. Abschn. 3.1.4.4). Auf unlegierten Stahlen werden Mikrohartewerte zwischen 1600 und 1800 HV, auf legierten bis 2400 H V und auf Titanwerkstoffen von uber 4000 HV erhalten. Das Borieren wird fur solche Teile angewandt, die hohen adhasiven oder abrasiven VerschleiBbeanspruchungen unterliegen. Das sind z. B. Umformwerkzeuge, Lochstempel, Dusen, Gleitfuhrungen, Schnecken in Kunststoffverarbeitungsmaschinen, Olpumpenteile und Schraubentriebe. Dank ihrer hohen Warmebestandigkeit von 500 bis 600°C sind sie auch fur reibende Beanspruchungen bei hoheren Temperaturen gut geeignet. Durch Silicieren entstehen auf Eisen und Stahl Oberflachenschichten mit hoher Korrosions- und Zunderbestandigkeit, die auljerdem einen guten VerschleiBwiderstand aufweisen. Das bei der Warmebehandlung aus festen oder gasformigen Siliciumtragern eindiffundierende Silicium verdrangt den Kohlenstoff in das Werkstoffinnere, so daB die hochsiliciumhaltige Oberflachenschicht eine porige Struktur erhalt, die fur geschmierte Systeme infolge ihrer Olaufnahmefahigkeit vorteilhaft ist. Ihre Harte betragt 180 bis 240HB. Auf Grund der guten Korrosionsbestandigkeit der silicierten Oberflachen ist das Verfahren fur den Schutz von Reib- und Gleitpaarungen in der chemischen Industrie, fur Papierherstellungs- und -verarbeitungsmaschinen sowie in der Erdolindustrie pradestiniert. Sehr hohen VerschleiBwiderstand weisen durch Vanadieren erzeugte Oberflachenschichten auf, die sich mittels einer Warmebehandlung im Pulver oder Salzbad erzeugen lassen. Sie zeigen bei einer Dicke bis 20pm Harten von 1800 bis 2000 HV. Z u den neueren Methoden der Diffusionsbeschichtung gehoren die Verfahren der thermochernischen Behandlung im Plasma einer Glimmentladung. Als Anode dient die evakuierte Reaktionskammer, das zu behandelnde Werkstuck ist als Katode geschaltet. In die Reaktionskammer wird ein geeignetes Gas bzw. Gasgemisch, z. B. N2 oder Ammoniak beim Nitrieren, z. T. mit einem H,-Zusatz, bei einem Druck von 1 bis 10mPa geleitet. Durch Anlegen eines elektrischen Spannungsfeldes wird das Gas teilweise ionisiert und auf die Werkstuckoberflache hin beschleunigt. Die auftreffenden Gasteilchen reinigen, depassivieren und aktivieren die Oberflache, indem sie die Fehlstellendichte in der Randschicht erhohen. Gleichzeitig erwarmen die auftreffenden Ionen und mitgerissenen neutralen Partikel das Werkstuck auf Reaktionstemperatur. Die genannten Effekte und die hohe Konzentration des gewunschten Diffusionselementes an der Oberflache haben eine Senkung der Reaktionstemperaturen sowie eine Verkurzung
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8
Werkstoffe fur Verschleiljbeanspruchung und Reibwerkstoffe
der Diffusionsbehandlung gegenuber herkommlichen Verfahren zur Folge. Industriell bereits verbreitet ist das Plasmanitrieren (Ionitrieren) [8.191, [8.20]. Zu den Diffusionsverfahren im weitesten Sinne ist auch das Ionenimplantieren zu rechnen, bei dem hochbeschleunigte Ionen mit etwa 100 keV direkt in die Oberflache des Werkstuckes eingeschossen werden. Die erforderlichen Implantationsdosen liegen im Bereich von 2 1016 Ionedcm’, was beispielsweise im Falle von Stickstoffatomen einer maximalen Stickstoffkonzentration von 11 bis 12 Atom-% entspricht. Die primare Eindringtiefe bewegt sich allerdings nur zwischen 100 bis 300 nm. Bei einer tribologischen Beanspruchung wandern die teilweise noch metastabil gebundenen N-Atome, unterstutzt durch die erzeugte hohe Fehlstellendichte, weiter ins Werkstoffinnere, so daB ihre Wirkung auch nach VerschleiB der ursprunglichen Schicht weiter anhalt. Der besondere Vorteil dieses Verfahrens ist, daB die Behandlungstemperatur unter 200°C liegt und damit keinerlei Veranderungen der Geometrie und Oberflachenmorphologie eintritt. Das Ionenimplantieren mit Stickstoff geschieht bereits in Industrieanlagen [8.21]. AbschlieBend sei noch auf ein Sonderverfahren hingewiesen, bei dem durch einen konzentriert gefuhrten Laserstrahl eine dunne Oberflachenzone des zu veredelnden Werkstoffs aufgeschmolzen wird. In die Schmelzzone werden Zusatzstoffe wie fein pulverisierte Legierungselemente oder Hartstoffe. z. B. TIC oder WC eingeblasen, die die VerschleiBfestigkeit wesentlich verbessern konnen [8.171.
8.2.4.5 CVD- und PVD-Schichten
CVD- und PVD-Verfahren (s. Abschn. 3.1.4.5) werden in der Praxis zur Erzeugung sehr harter und verschleiBfester Schichten eingesetzt. Neben den klassischen TiN-, TiC- und Ti(C,N)-Hartstoffen werden auch Carbide und Nitride wie CrC, W,C, WC, Sic, TiAIN, TaN, Boride wie W,B und TiB, sowie Oxide, z. B. A1,0, und Z r 0 2 , oder harte Kohlenstoffschichten bzw. diamantahnliche Uberzuge einzeln oder in Kombination abgeschieden [8.23]. Die Harte dieser Schichten liegt bei 1000 bis 3500 HV. Carbid- oder Nitridschichten konnen sowohl nach dem CVD- als auch dem PVD-Verfahren hergestellt werden. Die verfahrenstypischen Unterschiede (z. B. niedrigere Beschichtungstemperaturen bei PVD, bessere Beschichtung kompliziert gestalteter Oberflachen durch CVD) fuhrten dazu, daB sich fur jedes Verfahren bestimmte Anwendungsgruppen erschlossen haben. D a die Schichtdicken wenige ,urn betragen - bei dickeren Schichten wachst die Gefahr des Abplatzens - ist eine ausreichende Harte des Substratwerkstoffes nach der Beschichtungsbehandlung von groBer Bedeutung, um ein Durchdrucken der Schicht zu verhindern. Hauptanwendungsgebiete sind Werkzeuge fur die spanende und spanlose Formgebung. Die Schichten dienen im allgemeinen dem VerschleiBschutz, insbesondere bei Mischreibung zur Verhinderung des KaltverschweiBens und der Verbesserung der Notlaufeigenschaften. Teilweise verringert sich auch die Reibungszahl deutlich. Beispiele sind Motoren-, Pumpen- und Getriebeteile, Plunger, Ventilkegel, Kolbenstangen, StoBdampfer u. a. Die uber PVD-Verfahren erzeugten goldfarbenen und sehr abriebfesten TiN-Schichten werden in groRem Umfang auch fur dekorative Zwecke, z. B. fur Gebrauchsartikel wie Uhrengehause, Brillengestelle, Feuerzeuge und Federhalter eingesetzt. Hier kommt es darauf an, durch die Einstellung geeigne-
8.2
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung
369
ter Verfahrensparameter den gewunschten Farbton auf der Goldfarbskala zu erreichen. Neuerdings werden auch andere Farbtone, z. B. schwarz oder grau durch entsprechende Hartstoffabscheidungen erzeugt.
8.2.5 Hartmetalle und Hartstoffe Gesinterte Hartmetalle haben fur die spanabhebende Bearbeitung eine herausragende Bedeutung (s. Abschn. 4.3), aber auch in anderen VerschleiBfallen werden sie nicht selten eingesetzt. Hartmetalle enthalten einen hohen Anteil carbidischer Hartstoffe, vor allem WC, TIC und TaC, sowie Bindemetalle der Eisengruppe, meist Cobalt. Von vielen VerschleiBbeanspruchten Teilen wird nicht nur eine hohe Harte, sondern auch eine ausreichende Festigkeit, Zahigkeit und Warmebestandigkeit verlangt. So ist, wenn schlagende und schwingende Belastungen auftreten, Hartmetall auf Grund seiner Festigkeit wesentlich harteren Stoffen, wie Borcarbid und Diamant, uberlegen. Die Hartmetallsorten mit geringem Co-Gehalt sowie die TiC- und TaC-haltigen Typen werden hauptsachlich als Schneidwerkzeuge genutzt, wahrend die mit hoherem Co-Gehalt (mehr als 8%) vorwiegend fur Verschleiflteile eingesetzt werden. Wie bei spanabhebenden Werkzeugen werden auch bei VerschleiBteilen die Hartmetalle meist auf Tragerkorper aufgelotet oder mechanisch befestigt (Hartmetallpanzerung). Eine Reihe von verschleiBbeanspruchten Formteilen - bei groBeren Abmessungen mit Hilfe isostatischen HeiBpressens - werden kompakt aus Hartmetall hergestellt. Der Einsatz von Hartmetallen, die im Vergleich zu entsprechenden Stahlteilen eine 40- bis 100-fach langere Standzeit haben, ist sehr vielseitig. Anwendungsbeispiele sind Dusen, Ventilsitze, Lager, Fuhrungen, Turbinenteile, Mahlkugeln und -behalter sowie verschiedene VerschleiBteile im Bergbau und bei der Erdbearbeitung. Die Bemuhungen, W und Co einzusparen, haben in Form der TiC-Basis-Hartmetulle mit Bindern aus Ni oder Ni-Legierungen sowie Stahl zu praktisch genutzten Ergebnissen gefuhrt (s.a. Abschn. 6.1.6.2). Werkstoffe mit Stahlbindern enthalten bis 50 Vol-YO Titancarbid und als Matrix unterschiedlich legierte Werkzeugstahle oder hochlegierte Stahle, beispielsweise Maraginglegierungen [8.38]. Im weichgegluhten Zustand (Harte zwischen 40 und 50 HRC) sind diese Werkstoffe noch spanabhebend bearbeitbar. Uber eine Abschreckhartung und AnlaBbehandlung lassen sie sich verzugsfrei auf Harten zwischen 68 und 71H R C bringen. Die Standzeit der TiC-Stahl-Verbundwerkstoffe (Handelsname: Ferrotic; FerroTitanit) belauft sich je nach Beanspruchungsbedingungen auf 60 bis 80% der von Hartmetallen. Der Einsatz erfolgt vorzugsweise als Umform- und PreBwerkzeuge, fur Ziehdusen, als Auskleidungen von Muhlen, als Mischerflugel und Mahlkorper, fur VerschleiB- und Gleitteile in Maschinen und Pumpen sowie als MeBzeuge. Bei einer zusatzlichen Einlagerung von feinstverteiltem Graphit lassen sich die TiC-Stahl-Verbunde auch fur Gleitfuhrungen, Lagerbuchsen und Druckscheiben, die eine niedrige Reibungszahl und gute Notlaufeigenschaften aufweisen mussen, verwenden. Von den Hartstoffen haben in dem hier zu erorternden Zusammenhang das Siliciumcarbid S i c und das Siliciumnitrid Si3N4Bedeutung, wozu nicht zuletzt die verbesserten technologischen Verfahren des HeiBverdichtens beigetragen haben. Durch isostatisches HeiBpressen lassen sich dichte, praktisch vollig
370
8
Werkstoffe fur Verschleil~beanspruchungund Reibwerkstoffe
porenfreie Werkstoffe herstellen, die sich durch eine hohe Korrosions-, Verschleifi- und Temperaturbestandigkeit auszeichnen. S i c wird ohne und mit verschiedenen Bindemitteln in Ventilen, Schiebcrn, als Pumpenteile und Muhlenauskleidungen im Kontakt mit korrosiven Medien verwendet. Das heifigepreBte Si3NJerreicht Biegebruchfestigkeiten von maximal 1000 MPa, wobei bis 1800°C nur ein geringer Festigkeitsabfall zu verzeichnen ist. Auch die Schlagfestigkeit ubertrifft die fast aller anderen keramischen Werkstoffe. Neben der Erprobung als Schaufeln von Gasturbinen sowie in Vcrbrennungskraftmaschinen, wird das Siliciumnitrid in geschmierten und trockenlaufenden Gleitlagern, fur Kugellager, Pumpenteile und andere verschleifibeanspruchte Teile eingesetzt. Im Vordergrund stehen seine hohe Harte, die g r o k Temperaturbestandigkeit sowie die gute Verschleififestigkeit bei relativ nicdriger Reibungszahl. Ein im Maschinen- und Apparatebau haufig anzutreffendcs hochverschleififestes Material ist die Sintertonerde, die sich auBerdem durch eine gute Temperaturund Korrosionsbestandigkeit auszeichnet (s.a. Abschn. 4.4.1 und 6.6.3.1). Mit Hilfe des isostatischen HeiBpressens feinkorniger Ausgangspulver und spezieller Zusatze (z. B. MgO. SiO,, Cr,03, ZrO,, TIC) konnten Festigkeit und Schlagzahigkeit wesentlich verbessert werden. Neuerdings ist die ZrOl-Keramik. die cine wesentlich bessere Biegebruchfestigkeit als A1,0, aufweist, in den Vordergrund geruckt. Anwendungsgebiete fur beide sind Kugeln fur Ventile, Pumpen- und Kugellager, Gleitringe. Kolben und Plunger fur Hochdruckpumpen. Dichtscheiben, Ventilkegel und -sitze, Dusen zum Sandstrahlen und Verspruhen. Llmforniwerkzeuge oder Ziehkonen [8.28], [8.29]. [8.39].
8.3 Reibwerkstoffe Die der technischen Entwicklung immanente Leistungssteigerung stcllt auch wachsende Anforderungen an die Werkstoffe fur Reibungskupplungen und Bremsen. Das Bestreben. einerseits Kupplungen und Bremsen miiglichst klein und leicht zu gestalten. andererseits aber die Gleitgeschwindigkeit und den Anprefidruck zu erhohen. bedingen eine vergronerte Werkstoffbeanspruchung. in einigen Fallen his zum Zehnfachen. Damit verbunden nimmt die Temperaturbeaufschlagung von Reibungspaarungen zu, bei Kraftfahrzeugschcibenbremsen bis 600°C und bei Flugzeugbremsen bis uber 1000°C. Die wichtigsten Anfordrriingen (in RrihwerkstofftJ sind eine genugend hohe und konstant bleibende Reibungszahl, niedriger VerschleiB. ausreichende Festigkeit sowie gegebenenfalls Korrosionsbestandigkeit. Bei trockenlaufenden Paarungen bewegen sich die Reibungszahlen zwischen 0.2 und 0.7; fur Ollauf zwischen 0.05 und 0.12. Insgesamt sol1 die Reibungszahl rniiglichst wenig von Gleitgeschwindigkeit, AnpreBdruck und Temperatur beeinflufit werden. Mit Zunahme der Gleitgeschwindigkeit nimmt jedoch die Reibungszahl der meisten Stoffe ab. Mit der Erhiihung der umgesetzten Leistung steigt die Temperatur an den Reibflachen. so daB infolge der Temperaturabhangigkeit der mechanischen und physikalischen Eigenschaften sowie der in verstarktem MaBe auftretenden tribochemischen Reaktionen das Reibungs- und Verschleifiverhalten betrachtlich verandert wird. Deshalb ist die Forderung nach einem sich wenig verandern-
8.3
Reibwerkstoffe
37 I
den Reibungsverlauf mit Einkomponenten-Reibwerkstoffen nicht zu verwirklichen. Erst durch den Einsatz von Verbundwerkstoffen, bei denen das unterschiedliche Verhalten der Komponenten additiv genutzt wird, kann die Abhangigkeit des Reibungsverlaufes von den Betriebsbedingungen in akzeptablen Grenzen gehalten werden. Der VerschleiB sol1 moglichst niedrig sein und sich hauptsachlich auf den Reibwerkstoff beschranken. Der zulassige Abrieb ist von der Konstruktion und Funktion des Reibelementes abhangig. 1st die Unterbringung eines hohen Verschleiljvolumens oder ein einfacher Belagwechsel moglich, dann konnen hohere Verschleiljwerte in Kauf genommen werden. In kupplungsgeschalteten Automaten hingegen kann der Arbeitsablauf durch einen hohen VerschleiB betrachtlich gestort werden, da haufige Stillstandszeiten durch Nachstellarbeiten erforderlich sind. Fur trockenlaufende Paarungen lassen sich folgende VerschleiB-Richtwerte angeben: 0 0 0
leichte Beanspruchung mittlere Beanspruchung schwere Beanspruchung
I 0,05 cmVkWh
I 0 , 4 cmVkWh I 1,2 cm-l/kWh
Bei Ollauf ist der VerschleiB nach dem Einlaufen auaerst gering und erst nach langer Betriebsdauer meljbar. Reihiingspaarungen sollen schnell einlaufen, um die volle Leistungsfahigkeit von Bremsen und Kupplungen nach kurzer Zeit zu gewahrleisten. Da Werkstoffe mit hohem VerschleiBwiderstand langsamer einlaufen, ist bei ihnen eine sorgfaltigere Oberflachenbearbeitung notwendig. Die Festigkeit des Reibwerkstoffes mu13 ausreichen, um die auftretenden Krafte, Schwingungen und Drucke aufnehmen zu konnen. Eine Verstarkung durch Stahltrager, Metallnapfchen, Einlagen von Drahtgeweben und dgl. macht jedoch den Einsatz auch weniger fester Werkstoffe moglich. SchlieBlich durfen bei Nasse keine Anrostungen auftreten, es mu13 eine geringe Abhangigkeit des Reibungsverhaltens von Luftfeuchtigkeit und Nasse, ein gunstiges Komfortverhalten, d. h. keine Gerausche, Geruche und Schwingungen, gewahrleistet und fur Kraftfahrzeugbremsen zum Schutz der warmeanfalligen Hydraulik eine geringe Warmeleitfahigkeit gegeben sein.
8.3.1 Werkstoffe mit Polymerbindung Polymergebundene Reibwerkstoffe bestehen oft aus einer groljen Zahl von Komponenten mit unterschiedlichen Funktionen. Man unterscheidet dabei zwischen Fasern (Festigkeitstragern), Reibungswandlerstoffen, Schmierstoffen, Fullstoffen und Bindemitteln. Im einzelnen konnen Reibwerkstoffe bis zu 15 verschiedene Komponenten enthalten, die folgenden Stoffgruppen angehoren: 20 bis 80 Yo 20 bis 40 %
10 bis 40 YO 10 bis 20%
20 bis 40 YO
mineralische Reibstoffe: Kreide, Schiefermehl, Schwerspat, Korund, Magnesiumoxid, Kaolin, Talkum Bindemittel: Spezialpolymere, z. B. Phenol- und Kresolformaldehyd, Natur- und Synthesekautschuk organische Reib- und Fullstoffe sowie Fertigungshilfen: z. B. Cellulose, Baumwolle, Kork, Ole, Textilien anorganische Reib- und Fullstoffe: Graphit, RUB, Schwefel, Zink-, Aluminium-, Magnesium-, Chrom- und Eisenoxid, Metallpulver und -fasern, Sulfide anorganische und/oder organische Fasern
372
8
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung und Reibwerkstoffe
Tabelle 8.5 Beispiel einer Rezeptur fur einen Scheibenbremsbelag (nach [8.30]) Rohstoffe
Stahlwolle Cu-Pulver
Art
MetallZusatz
A1203 Glimmermehl Schwerspat
Fullstoff
Eisenoxid Antimontrisulfid Graphit
Gleitmittel
Kokswlver
Aramidfaser Harzpulver Bindeharz
organischer Anteil
Anteil Masse-%
Val-%
20
8,2
16
5.8
1.2
1
6.5
8
9.5
I
10
6.8
6
4.2
4
5.6
16
25
1.4
3.2
4
11,6
5,4
13,6
Val-% (gesamt)
14.0
22.8
34.8
28.4
Organisch gebundene Verbundwerkstoffe, oft auch als Komposite bezeichnet, sind die grol3te Gruppe im Spektrum der Reibmaterialien. In Tabelle 8.5 ist das Beispiel einer Rezeptur fur einen Scheibenbremsbelag aufgefuhrt [8.30]. Um eine ausreichende Festigkeit zu erzielen, enthalten die Reibbelage in der Regel bis zu 30% Fasern; his vor wenigen Jahren vorzugsweise Asbest, der als temperaturbestandiger Festigkeitstrager und Reibungsmodifikator auch hinsichtlich seines Verarbeitungsverhaltens ein universeller Grundbestandteil war. Wegen seiner gesundheitsgefahrdenden Eigenschaften durch lungengangige Faseranteile teilweise weit unter 3 pm Durchmesser ist die Verwendung von Asbest verboten. Er wird heute durch verschiedene andere faserformige Stoffe ersetzt. So werden metallische Fasern (z. B. Stahlwolle, Messingspane), anorganische Fasern (Wollastonit, Glasfasern, Schlacken- und Gesteinswolle, Aluminiumsilicatfasern u.a.), naturliche und kunstliche organische Fasern wie Baumwolle-, Hanf-, Cellulosefasern, Polymerfasern wie PAN (Polyacrylnitril) und Aramide herangezogen. Letztere weisen bei einer Dichte von nur 1,4 g/cm' eine Festigkeit von 2000 - 2900 MPa und einen E-Modul von 60 - 120 GPa bei einer Temperaturbestandigkeit bis 400 " C auf. Ihr Preis liegt allerdings bedeutend hoher als der von Asbest [ 8.311 bis [8.35]. Fur extrem belastete Hochleistungsreibwerkstoffe (z. B. bei Formel-1-Rennwagen und in der Luftfahrt) werden auch Kohlenstoffasern, meist in einer Kohlenstoffmatrix angewendet [8.34]. Aus der Entwicklung asbestfreier Reibwerkstoffe gingen zwei Richtungen hervor, wobei einerseits Metallfasern und Metallpulver his zu 50% der Polymermasse zugesetzt wurden (sie werden Semimetallics genannt) und andererseits der Asbest durch eine Mischung verschiedener anorganischer und organischer Fasern ersetzt wurde, die als Faseraustausch- oder NAO-Belage (non asbestos organic) bezeichnet werden [8.33]. Semimetallics stehen in ihren Eigenschaften zwischen den NAO- und gesinterten Metallbelagen. Sie weisen einen geringen VerschleiB und einen harteren Ein-
8.3
Reibwerkstoffe
373
800
"C 700
600 500 400
300 200 100 0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24 min
Abfahneit
Bild 8.10 Temperaturentwicklungan Bremsen und Hydraulikflussigkeitbei Talfahrt eines PKW (Ope1 Ascona) im Praxistest (Fa. Allied-Signal-Bremsbelag, Glinde)
griff auf und haben wegen ihres hohen Metallanteils bereits eine hohe Warmeleitfahigkeit, die sich auf die hydraulischen Betatigungselemente der PKW-Fahrzeugbremsen nachteilig auswirken kann, wenn nicht zusatzliche Maljnahmen zur Warmeisolierung getroffen werden. Bild 8.10 laljt erkennen, wie hoch die Temperaturentwicklung an den Bremseinrichtungen eines PKWs der Mittelklasse bei einer Talfahrt von ca. 20 Minuten und der Verwendung von herkommlichen Bremsbelagen liegt. Deshalb werden Semimetallic-Belage vorzugsweise fur hohere Beanspruchungen wie bei Bremsen in LKWs, Erdbewegungsmaschinen, Fordergeraten u.a. eingesetzt. Dagegen sind die komplex zusammengesetzten Reibwerkstoffe mit Austauschfasern, die oft auch geringere metallische Anteile enthalten, fur die herkommlichen Anwendungsfalle wie PKW-Scheiben- und Trommelbremsen sowie diverse Industriebremsen in Gebrauch. Die hoheren Kosten dieser Belage werden z. T. durch langere Lebensdauer (bei PKW-Scheibenbremsen bis 30%) ausgeglichen (s.a. Bild 8.12). An Reibbelage werden entsprechend den Einsatzgebieten recht unterschiedliche Anforderungen gestellt, die sich nach folgenden Gesichtspunkten einteilen lassen: Scheibenbremsbelage f u r PKW Nutzfahrzeuge, Schienenfahrzeuge und Motorruder. Die schon hohen Anforderungen an diese Reibwerkstoffe sind weiter im Steigen begriffen. Das trifft insbesondere fur Schienenfahrzeuge zu, wo Geschwindigkeiten von 200 km/h und daruber keine Seltenheit mehr sind. Beim Bremsen treten AnpreBdrucke bis uber 10 MPa und Gleitgeschwindigkeiten uber 30 m/s auf, wodurch Temperaturen bis 800 "C entstehen. Demzufolge ist der Volumenverschleilj eines Scheibenbremsbelages erheblich hoher als der von Trommelbremsen. Im Kraftfahrzeugbereich rechnet man mit
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8
Werkstoffe fur VerschlciBbcanspruchung und Reibwerkstoffe
durchschnittlichen Lebensdauern von 30 000 bis 40 000 km, die Lebensdauer der Gegenscheibe ist 2 bis 3mal so hoch. Trommrlhremsheliige,fiir PKW, Nutzfahrzeuge und Motorriider. Der Trommelbremsbelag wird wegen seiner groBeren Flache und der damit verbundenen geringeren AnpreBkraft deutlich weniger belastet als der Scheibenbremsbelag. Die AnpreBdrucke liegen meist unter 2MPa, so daB durch die entstehende Warme allenfalls Temperaturen von 3 0 0 ° C kurzzeitig hochstens 450°C erreicht werden. Die Laufleistung betragt in PKWs etwa 100 000 km, in LKWs bei Fernfahrt maximal 200 000 km. Brenisklotzsohlen ,Fir Schienenfahrzeuge. Sie werden bis zu einer Geschwindigkeit von 120 km/h eingesetzt. Hierfur kommen noch in gronerem Umfang GuReisenbremsklotze in Frage. Zunehmend werden aber gesinterte Werkstoffe auf Eisenbasis und polymergebundene Bremsklotze, sogenannte KSohlen eingesetzt. Damit lassen sich nicht nur groBere Laufleistungen erzielen, sondern auch die Gerauschbildung beim Bremsen wird deutlich vermindert. Die K-Sohlen erreichen Laufleistungen bis 100 000 km. Fur Hochgeschwindigkeitszuge finden ausschlieBlich Scheibenbremsen mit gesinterten Hochleistungsbremsbelagen Verwendung Brenisheliige fiir den Incliistrieeinsatz. Sie sind in Form von Konen, Bandern, Ringen, Segmenten, Klotzchen usw. fur unterschiedliche Einsatzfiille im Maschinenbau, fur Bau- und Landmaschinen, fur Sonderfahrzeuge, in der Fordertechnik, fur Produktions- und Arbeitsmaschinen, fur Haushaltsgerate sowie in der Feinwerk- und Datentechnik in Anwendung. Die Anforderungen an die Reibwerkstoffe dieses heterogenen Bereichs sind sehr unterschiedlich, so daB keine durchgangige Anforderungscharakteristik formuliert werden kann. Oftmals sind fur spezielle Einsatzfalle gesonderte Entwicklungen notwendig. Kiipplungsheliige ,fur Fahrzeuge unrl den Industrieeinsatz. Hydraulisch oder mechanisch betatigte Einscheibentrockenkupplungen werden vorzugsweise im Kraftfahrzeugbereich verwendet. Sie haben im allgemeinen eine sehr hohe Lebensdauer (bis 100 000 km). Trockenlaufende Kupplungen kommen auch als Elektromagnetkupplungen, Konuskupplungen, Fliehkraftkupplungen und Uberlast-( Rutsch-)Kupplungen im Maschinen- und Anlagenbau, der Fordertechnik, im Landmaschinen- und Spezialgeratebau aber auch in der Feinwerkund Datenverarbeitungstechnik zum Einsatz. Fur automatisch geschaltete Getriebe im Fahrzeugbau und bei motorisierten Zweiradern befinden sich Lamellen- oder Mehrscheibenkupplungen im Olbad (s. Abschn. 8.3.4). In 01 laufende Kupplungen werden aber auch in groBerem Umfang im Maschinenund Anlagenbau, z. B. bei Werkzeug- und Arbeitsmaschinen eingesetzt. Aus der Vielfalt der moglichen Zusammensetzungen und der Breite der Einsatzgebiete resultieren unterschiedliche Herstellungsverfahren. Im Fall der aufwendigen textilen Verarbeitung werden Langfasern einzeln oder in Gemischen zu Garnen versponnen, verwebt oder gewickelt und mit Polymeren impragniert. Haufiger werden jedoch Kurzfaserschnitte mit den ubrigen Bestandteilen vermischt und anschlieBend durch Pressen zunachst kalt und danach warm verdichtet. Mitunter wird die Ausgangsmischung auch zu Bandern gewalzt, aus denen dann in weiteren Arbeitsschritten Belage hergestellt werden. Gewohnlich steht am Ende der Fertigung ein Aushartevorgang bei Temperaturen zwischen 150 bis 250°C (fur besondere Qualitaten bis 24 h), der infolge der Nachvernetzung und Stabilisierung der Polymeren das Reibungsverhalten verbessert.
8.3
375
Reibwerkstoffe
Die Warmeleitfahigkeit polymergebundener Belage ist gering und liegt zwischen 0,15 bis 1,0W/m.K. Deshalb wird nur ein geringer Betrag der Warme uber den Belag abgefuhrt. Die beim Reibungsvorgang entstehenden Temperaturen (bis etwa 800°C bei Scheibenbremsbelagen) bleiben daher auf einen relativ dunnen Bereich an der Eingriffsflache des Bremsbelages begrenzt und konnen die hydraulischen Druckubertragungssysteme der Bremsanlage nicht schadigen. 0.4 I
1
0 100
0
200
100
300 4OO0C500 Temperatur
200 300 400'C500 Temperatur
t 10
Bild 8.1 1 Reibungszahl und VerschleiRverhalten eines asbestfreien polymergebundenen Trommelbremsbelages fur LKW (nach K. Melcher) Ciegenmaterial: GG-25. AnpreBdruck: 2.27 MPa. Glcitgcschwindigkeit: 10.4 mis
0,o
200
300
400
500
"C
600
Trommeltemperafur Bild 8.12 VerschleiRverhalten in Abhangigkeit von der Temperatur der Bremstrommel fur verschiedene Bremsbelage (nach H . Uetz und J . Wiedemeyer)
376
8
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchungund Reibwerkstoffe
Der uberwiegende Teil der Reibungswarme wird uber den metallischen Gegenwerkstoff abtransportiert. Die Temperaturabhangigkeit des Reibungs- und Verschleiljverhaltens eines asbestfreien polymergebunden Belages zeigt Bild 8.11. Es handelt sich um einen Belag, der als Festigkeitstrager ein Gemisch von Stahl-, Glas- und Cellulosefasern enthalt. Das VerschleiBverhalten einiger anderer gebrauchlicher Bremsbelagwerkstoffe ist in Bild 8.12 gegenubergestellt. Als Gegenwerkstoffe fur polymergebundene Bremsbelage kommen meist unlegiertes graues GuBeisen mit lameliarem oder globularem Graphit, seltener CrMo-legierte GuBwerkstoffe in Betracht. Bei Motorradern wird mitunter auch StahlguB GX30CrSi6 verwendet. Fur Bremsscheiben in Flugzeugen und Hochgeschwindigkeitszugen scheidet GrauguB wegen der auftretenden hohen Fliehkrafte aus Festigkeitsgrunden aus. Hier ist vorzugsweise legierter StahlguB im Einsatz.
8.3.2 GuOeisen Ein Teil der Bremsklotze fur Schienenfahrzeuge rnit Fahrgeschwindigkeiten bis 120 km/h wird aus GuBeisen hergestellt. Ihr Gefuge ist perlitisch oder perlitischsorbitisch und sol1 keinen Ferrit aufweisen. Die hierfur verwendeten GuBeisenwerkstoffe enthalten 3 bis 3,.5% C, bis 1,4 YOMn, 1 bis 2% Si und relativ hohe PAnteile (bis 1,2%). Phosphor verbessert das VerschleiBverhalten deutlich. Die Wirkung wird auf die netz- und wabenformige Ausbildung des Steadits zuruckgefuhrt (s.a. Abschn. 8.2.3). Die Harte von GuBeisenbremsklotzen liegt meist zwischen 200 bis 300 HB.
8.3.3 Gesinterte Friktionswerkstoffe Metallbasis-Sinterwerkstoffe sind hoher temperaturbestandig und deshalb fur hochleistungsfahige Kupplungen und Bremsen geeignet. Als Basismetalle werden Kupfer und Kupferlegierungen, vorzugsweise mit Sn und Zn, sowie unlegiertes und legiertes Eisen rnit Zusatzen von Cu, Ni, Co, W, Mo, Cr u.a. verwendet. Zur Verbesserung des Verschleifiverhaltens sowie zur Stabilisierung und Modifizierung des Reibungsverlaufes enthalten sie weitere Komponenten (Tab. 8.6). Als gleitfordernde Zusatze dienen Graphit, Sulfide (Molybdandisulfid, Eisensulfid, Bleisulfid, Zinksulfid), Sulfate (z. B. Bariumsulfat) und niedrigschmelzende Metalle (Blei, Wismut, Cadmium, Antimon). Die grol3te Bedeutung hat Graphit, der bis 30% (mehr als SOVol-Yo) enthalten sein kann. Zu den stabilisierenden Anteilen gehoren Silicate, Oxide, Carbide und Nitride. Friktionswerkstoffe mit metallischer Bindung werden nach pulvermetallurgischen Verfahren hergestellt. Da die Bestandteile oft sehr unterschiedliche Dichten aufweisen, kommt der Art des Pulvermischverfahrens wie auch der Reihenfolge der Zugabe der Komponenten eine erhohte Bedeutung zu. Die Pulvermischungen werden meist mit Drucken von 200 bis 600 MPa kaltgepreBt und die PreBteile in Durchlauf- oder Haubenofen unter Schutzgas gesintert. Die Sintertemperatur betragt fur Werkstoffe auf Eisenbasis 9.50 bis 1200 " C und auf Bronzebasis 600 bis 900 "C; die Sinterdauer 1 bis 3 Stunden. Wahrend des Sintervorganges entsteht ein metallisches Skelett, in das die ubrigen darin nicht loslichen Bestandteile eingelagert sind. Bronze-Graphit-Lamellen werden aul3erdem
d
60
2
0
W
d
*
W 0
m
3
?
.
I
3
I d
r-
%
m
z
I
h
m
3
3.7
W
16
I
8
O W
7
P
I
d
m
W
W
21.4
0.5
m
19.1
s
0
0.83
7
54.4
bis 3
3 A1201
2,s
4,s 1,5
9
62
6
5.5
- 68 5
bis 4
3,3
1,s
68
3 A1201
6 4
3
6 6,s N. W
8
bis 4
m.
52
1,s-5
1- 10
15 Bi
m.
685
m
.-Dv1
67,8
I d
14
2
15
h
z
4,s
I
0,8
I
7,9
m
3 - 10
2
13
m I
Rest
I
12
0 P
5
m
5-10
I N
7s
2
3 - 12
a
11
I
2-7
0,8 P
3 A1201
3 - 10 Bi
5 Si; 7,s Bi; 20 Mullit
11 Bi; 14 Mullit
0
52.5
P
m
3-10
I
4-10
2-4
~~
W.
10
3
W
5-10 cf I
60 - 7.5
I
m
3-8 N
5-10
m
7-9
N
9
3
65 - 80
m
4-7
v1
bis 5
m
8
d O N
5
15 - 20
0.6
2
~~
BaSO,; Mineralfasern
Sonstiges
7
Bronze fur Trockenund Ollauf
ttI
m
70 - 90
N 0
0
7
I
8
N
13.4
2
3
bis 13
MoSz
I F,
4
SiOz
Pb
2
62
4
20 - 30
15
9
Graphit
m
6
5
Sn
Zusammensetzung in Masse-%
.-
80
60 - 77
16
bis 15
60 - 72
1
67.5
cu
Fe
Beispiel Nr.
Eisen 3 fur Trocken- 4 lauf 5
Basis
Tabelle 8.6 Zusammensetzung gesinterter Friktionswerkstoffe
8.3 Reibwerkstoffe
377
m
N
378
8
Werkstoffe fur Versehleil.lbt'ansprucliuii~und Rcihwcrkstol'l'c
durch Sintern von in Formen geschutteten oder auf Blcche aufgestreuten Mi sch u n ge n , die an sch 1ieBe n d d urc h Pre ssen ode r D ruc ksi n t e r n n ac h ve rd i ch t e t werden, hergestellt (Streusinterverfahren). Auch das Walzcn von Pulvermischungen zu Band sowie schrittweises Pressen grol3er Belage wird praktiziert. Kirppliin~.~lrrnzellenwerden meist auf Stahltrager aufgesintert, wahrend Segmente und Belage durch Nieten, Schrauben oder Klemmen befestigt werden. Bild 8.13 zeigt eine Auswahl von Eisen-Graphit-Belagen und cine geteilte Lamelle mit aufgenieteten Segmenten fur eine Baggerkupplung.
b) Bild 8.13 Reibbeligc aus Eiscn-Grnpliit-Friktionswerkstofl a ) Lamellen. Ringe u n d Segniente fur Kupplungcn und 13rcmsen b ) geteilte Kupplungslamclle mit aufgenieteten Beliigen f u i - Baggci a)
8.3.3.1 Friktionswerkstoffe auf Kupferbasis
Kirpftrhrrsis-F r i k t i o n s ~ ~ e r k s t c we ) , ~rde f ~ ~n in groBem U in fa ng fur t rocke n u nd in 01 laufende Reibelemente eingesetzt. Neben Zinnbronzc werden auch anderc Legierungen, z. B. Cu-Ti, Cu-Ni, Cu-Zn usw. verwendet. Friktionswerkstoffe auf Kupferbasis zeichnen sich durch weichen Eingriff und hohe Warmeleitfahigkeit aus. Der unmagnctische Belag ist auch fur Magnetschaltkupplungen geeignet. Die Eigenschaften hangen von dcr ZusammensetTehelle 8.7 Eigenschaften und Eiilsatj.grenj.cn v o n gesintertcn Friktionsuerkstoffen aul B r o w c basis
Anwcndungsbereich
5 MPa ( IOMPn) Anprel3druck p I (ileitgcschwindigkeit v 5 40 mis p . \' 5 1.5 kWicm'
_____
Reibungs7ahl p
0.15 bis 0.50
VerschleiR
0.5 cni'ikWh bei mittlei-en Bclastungen p . v = 0.8 his 1 .O kWicrn2
Temper a t u r be st ii n d i k e i t
I1a uc rt c ni pe r ii t u r I 4%1 C' Spitientempcratur 5 650°C
Dichte
5 bis 7 gicm'
War me I t ' it fa h i g k e it
6 his 35 Wirn . K
Hiirte H B
10 bis SO
"
8.3
Reibwerkstoffe
379
zung, dem Gefuge und der Dichte ah. In Tabelle 8.7 sind die AnwendungsgrenZen und Eigenschaften von Friktionswerkstoffen auf Bronzebasis und in Bild 8.14 das Reibungs- und Verschleiljverhalten eines Werkstoffes mit 17% Graphit, 5% Blei, 5% Mullit, 5% Zinn und Rest Kupfer wiedergegeben. Der Verlauf von Reibungszahl und VerschleiB ist eine Funktion der Gleitgeschwindigkeit und Temperatur. Die Kurven konnen nur bedingt Anhaltspunkte fur den praktischen Einsatz geben. Geeignete Gegenwerkstoffe sind Graugulj, unlegierte und niedriglegierte Vergutungsstahle.
500 -
05 -
48 -
0-
0-
0
0
I
I
2
4
I
I
I
1
1
I
I
12 74 ms-' 7 8 Gieitgeschwindbkeit
6
8
70
Bild 8.14 Reibungs- und VerschleiBverhalten eines gesinterten Bronze-Graphit-Friktionsw~rkstoffes ( 1 7 % C. 5 % Ph. 5 % Mullit. 5"% Sn. Re\[ Cu: Teilhclag-l.eislung~pru~ung: AnpreOdruck: 600 kPa. Pruldiiucr: I 11)
Der Einsatz von Bronze-Graphit-Friktionswerkstoffen erfolgt vorzugsweise in Traktoren, Erdbewegungs- und Straljenbaumaschinen, Lokomotiven, Kranen, Flugzeugen. Spezialfahrzeugen, Pressen, Kettenfahrzeugen, Hubstaplern, Hebezeugen, Werkzeugmaschinen und Bremsmotoren oder in Maschinen fur die spanlose Fertigung. 8.3.3.2 Friktionswerkstoffe auf Eisenbasis
Friktionswerksroffe auf Eisenbasis sind fur hohe Beanspruchungen geeignet und haben sich insbesondere fur trockenlaufende Kupplungen bewahrt. Gegenuber Materialien auf Bronzebasis sind sie billiger und zeigen einen hoheren Verschleiljwiderstand sowie eine grof3ere Temperaturbestandigkeit. Sie werden mit unterschiedlichen Zusammensetzungen (s. Tab. 8.6) fur bestimmte Anwendungsbereiche hergestellt. Das Reibungs- und Verschleiflverhalten wird durch die Gefugeausbildung der Eisenmatrix (Kohlenstoffgehalt) wesentlich beeinfluljt. Auljerdem konnen die Werkstoffeigenschaften durch Zusatze von Cu, Ni, Cr, Co, Mo u. a. sowie durch die Abkuhlgeschwindigkeit nach dem Sintern variiert werden. Das gunstigste Verschleiljverhalten wird mit einem feinstreifigcn perlitischen Gefuge erreicht. Sekundarer Zementit hat einen zu harten Eingriff
380
8
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung und Reibwerkstoffe
a) b) Bild 8.15 Gefiige von gesintertern Friktionswerkstoff auf Eisenbasis a) Eisen-Graphit-Friktionswerkstoff b) Cermet-Reibbelag rnit Eisenbindung
und groBeren VerschleiB des Gegenwerkstoffes, ferritisches Gefuge hingegen zwar einen weicheren Bremsvorgang aber hoheren BelagverschleiB zur Folge. Bild 8.15 zeigt die Gefuge von gesinterten Reibbelagen auf Eisenbasis, wobei Teilbild 8.15a einen Werkstoff rnit 17,5% Graphit ohne und Teilbild 8.15b mit hohem Anteil oxidkeramischer Zusatze wiedergibt. Im Verlauf des Reibungsvorganges entstehen durch Verformungen sowie Wechselwirkungen zwischen den Bestandteilen untereinander und rnit der Atmosphare an den Oberflachen der Paarungspartner komplex aufgebaute Schichten, die aus Metallbestandteilen, Oxiden, Carbiden, Graphit u. a. bestehen und den VerschleiBwiderstand beachtlich erhohen konnen. Die Werkstoffzusammensetzung wird deshalb so gewahlt, daB derartige Komplexschichten in einem weiten Beanspruchungsbereich bestandig sind bzw. sich stets nachbilden konnen. Allgemeine Angaben uber Eigenschaften und Einsatzgrenzen von Friktionswerkstoffen auf Eisenbasis sind in Tabelle 8.8 zusammengestellt. Mit der Verwendung leistungsfahigerer Eisenbasis-Friktionswerkstoffe werden jedoch auch an den Gegenwerkstoff hohere Anforderungen gestellt. Graues GuBeisen mit lamellarem oder globularem Graphit und perlitischem Matrixgefiige, legierter Gul3 und unlegierte Stahle rnit mindestens 500MPa ZugTabelle 8.8 Eigenschaften und Einsatzgrenzen von gesinterten Friktionswerkstoffen auf Eisenbasis Anwendungsbereich
AnpreRdruck p I 6 MPa (1OMPa) Gleitgeschwindigkeit v I 6 0 rn/s p . v I 3 kW/crn2
Reibungszahl ,u
0.25 bis 0,65
Verschleifi
0,s cmVkWh bei rnittleren Belastungen u . v = 1.5 bis 2 kWicm2
Ternperaturbestandigkeit
Dauerternperatur 600°C Spitzenternperatur 800 "C
Dichte
5 bis 7 g/cm3
Warmeleitfahigkeit
1 , 2 bis 35 W/m . K
Harte H B
15 bis 40
8.3
Reibwerkstoffe
381
festigkeit werden diesen im allgemeinen gerecht. Fur hohere Leistungen kommen legierte Vergutungsstahle und hartverchromte Werkstoffe in Betracht. Der Einsatz von Eisen-Graphit-Friktionswerkstoffen erstreckt sich auf Kupplungen und Bremsen von Erdbewegungsmaschinen, Baggern, Kranen, schweren Pressen, Werkzeugmaschinen, Textilmaschinen, Walzwerken und Landmaschinen, Wendegetriebekupplungen fur Schiffe, Fliehkraftreibungskupplungen fur Separatoren, Schalt- und Steuerkupplungen von Papier- und Verpackungsmaschinen, Sicherheitsrutsch- und Uberlastkupplungen fur Landmaschinen, Sonderfahrzeuge, Seilwinden und anderes mehr. 8.3.3.3 Friktionswerkstoffe mit hohem keramischen Anteil (CermetFriktionswerkstoffe)
Fur noch hohere Leistungen werden metallisch gebundene Friktionswerkstoffe mit grol3erem nichtmetallischen Anteil verwendet. Die metallischen Komponenten sind Kupferlegierungen oder Eisen und Eisenlegierungen, die nichtmetallischen vorzugsweise Oxide (SO2,A1,0,, MgO oder Mullit) bzw. Silicate. Als weitere Zusatze kommen neben niedrigschmelzenden Metallen, Sulfide, Sulfate, Carbide, Graphit sowie intermetallische Phasen in Betracht. Der nichtmetallische Anteil betragt 50 Vol-% und mehr. Metall-Keramik-Friktionswerkstoffe weisen Reibungszahlen zwischen 0,3 bis 0,7 auf. Sie konnen bis zu Arbeitstemperaturen von 1000" C eingesetzt werden. Wegen des hohen Gehalts an nichtmetallischen Komponenten sind sie sprode und von geringer Festigkeit, so dalj sie vielfach in flache Metallnapfchen eingeprel3t und auf den Belagtrager aufgenietet bzw. durch PunktschweiBen befestigt werden mussen. Die Herstellung dieser Werkstoffe kann ebenfalls durch Kaltpressen der Pulvermischung und Sintern erfolgen. Um eine ausreichende Verdichtung zu erzielen, ist es in Anbetracht des erhohten Nichtmetallanteils jedoch gunstiger, die Mischung heil3zupressen oder druckzusintern. Fur das Reibungs- und VerschleiBverhalten von Cermet-Friktionswerkstoffen ist die Bildung einer komplexen Schicht auf der Eingriffsflache von besonderer Bedeutung. Sie erhoht nicht nur den Verschleil3widerstand, sondern verhindert vor allem einen starkeren Angriff des Gegenwerkstoffes. Bild 8.16 zeigt als Bei-
Bild 8.16 Komplexschichtaufbau auf der Reibflache eines Cermet-Friktionsbelages mit hohern Mullitanteil und Eisenbindung
382
8
Wcrkstoffe fur VerschleiRbcanspruchung und Reibwerkstoffc
spiel das Gefuge und die wahrend des Reibvorganges an der Oberflache entstandene Konzplexschichf eines Eisenbasis-Werkstoffes mit hohem Mullitanteil. Die als Paarungspartner verwendeten Werkstoffe miissen verstandlicherweise hochtemperatur- und anlaBbestandig sein. Als solche werden legierte Stahle und GuBwerkstoffe eingesetzt. Auch mit hitzebestandigen Oberflachenschichten versehene Werkstoffe kommen in Betracht. Um den Gegenwerkstoff nicht zu uberlasten, sol1 das Uberdeckungsverhaltnis (Belagflache: Gegenwerkstoffflache) 51.2 sein. Metall-Keramik-Friktionswerkstoffe werden fur sehr hoch belastete Kupplungen und Bremsen herangezogen, insbesondere dann, wenn eine raum- und massesparende Bauweise gefordert wird. Beispiele fur die Anwendung sind Landebremsen von Flugzeugen, Kupplungen fur schwere Fahrzeuge, wie Erdbewegungsmaschinen und Kettenfahrzeuge.
8.3.4 Werkstoffe fur Ollauf Unter 01 laufende Reibungskupplungen finden zunehmende Verwendung. Ihr Reibungsverhalten wird aul3er von der Zusammensetzung des Werkstoffes maBgeblich auch von seiner Porigkeit, der Nutung bzw. Geometrie der Reibflache sowie der Olqualitat beeinfluat. Beim Schaltvorgang muR der Olfilm rasch durchbrochen werden, um das Gebiet der Mischreibung zu erreichen. Moglichkeiten hierzu bieten ein geeigneter Gefugeaufbau des Belagwerkstoffes sowie das Anbringen von Nuten und Rillen bzw. eine sinusformige Wellung der Lamelle. Rillen und Nuten fuhren aul3erdem zu einem standigen OlfluB durch das Lamellenpaket, der fur Kiihlung sorgt und 50 bis 70% der anfallenden Warme abfuhrt. Da beim Reibungsvorgang im Mikrobereich auftretende hohe Energiespitzen zu Zersetzungsprozessen im 01 fiihren konnen, ist es zur Steigerung der Leistungsfahigkeit von Ollauf-Kupplungen notwendig, die Temperaturbestandigkeit und Stabilitat des Oles durch geeignete Zusatze zu erhohen. 8.3.4.1 Stahllamellen
Stuhllumellen sind fur niedrige bis mittlere Leistungen einsetzbar. Die Leistungsgrenze liegt zwischen 0,23 bis 0,35 W/cm2. Bei hoherer Belastung tritt adhasiver VerschleiB bis hin zum Fressen auf. Die Reibungszahlen bewegen sich zwischen 0,02 bis 0,08. Stahllamellen werden aus Kohlenstoffstahlen, meist aus niedriglegierten verschleiBfesten Vergutungsstahlen (z. B. 0,6% C, ca. 0,7% Mn und ca. 0,4% Si) gefertigt. Durch Verguten werden Hartewerte von 42 bis 48 H R C eingestellt. Durch Verzug der Lamellen (groBe Flache bei geringer Dicke) konnen beim Reibungsvorgang leicht ortliche Uberlastungen und Temperaturspitzen auftreten, die zum Versagen der Kupplung fuhren. Stahllamellenkupplungen arbeiten deshalb nur bei ausreichender Olzufuhr befriedigend, sie haben keine Notlaufeigenschaften. 8.3.4.2 Papierwerkstoffe
Ausgangsprodukte von Papierreibwerkstoffen fur Ollauf sind Spezialpapiere, die aus naturlichen und kiinstlichen organischen Fasern (z. B. Baumwolle, Hanf,
8.3
Reibwerkstoffe
383
Cellulosefasern, Aramidfasern u. dgl.) sowie anorganischen Fasern (beispielsweise Glaswolle, Gesteins- und Schlackenwolle, Keramikfasern) hergestellt werden. Nach Einbringen von Fullstoffen und einer Kunstharztrankung werden sie mit Hilfe von Spezialklebern auf Stahltragerlamellen aufgeprel3t. Die notwendigen Nuten, Rillen oder Waffelmuster werden meist nachtraglich eingearbeitet. Papierreibwerkstoffe sind sehr poros und haben ein hohes Olaufnahmevermogen. Dadurch wird beim Schaltvorgang der hydrodynamische Olfilm rasch durchbrochen und eine relativ hohe Reibungszahl (0,12 bis 0,15) erreicht. Bei hoherem Anteil wirkt das 0 1 auBerdem als ,,Kuhlmittel", so daB kurzzeitige Temperaturspitzen bis 4.50 " C vom Werkstoff vertragen werden. Papierlamellen sind allerdings nicht fur hohe Leistungen geeignet. Die moglichen Flachenpressungen liegen zwischen 0,s bis 1,5MPa, und die Gleitgeschwindigkeiten konnen bis 1.5m/s betragen. Bei ausreichendem OlfluB und entsprechenden Leistungen vom 5 4 bis 6 W/cm* ist der VerschleiB, abgesehen vom Einlaufvorgang, auBerst gering. Er steigt betrachtlich an, wenn Dauertemperaturen uber 120 " C auftreten. Auf Grund der Faserstruktur werden Fremdkorper, besonders Stahlteilchen, die die Gegenlamelle angreifen wurden, in die Belagflache eingebettet. Papierwerkstoffe werden hauptsachlich in automatischen Getrieben fur Personenkraftwagen eingesetzt. 8.3.4.3 Faserwerkstoffe mit Polymerbindung
Diese Materialgruppe wurde bereits in Abschn. 8.3.1 behandelt. Polymergebundene Faserwerkstoffe sind auch fur hohere Leistungen einsetzbar und haben gute Notlaufeigenschaften. Wie von den trockenlaufenden Materialien werden auch von den unter 01 laufenden Spitzentemperaturen von 400°C vertragen. Der gunstigste Temperaturbereich ist jedoch 5 200 "C. Die Reibungszahlen bewegen sich zwischen 0,08 und 0,10. Faserwerkstoffe mit Polymerbindung werden meist als gewebte und gepreBte harzgebundene Erzeugnisse genutzt. 8.3.4.4 Graphit-Reibmaterial
Graphit-Reibmaterial besteht aus Graphit undloder speziellen Koksen, zusatzlichen Fullstoffen und synthetischen Harzen, vorzugsweise Phenolharzen als Bindemittel [8.32].Sie sind poros, aber nicht so elastisch wie Papierreibwerkstoffe. Die Fullstoffe entsprechen denen, die bei trockenlaufenden Kompositen angewendet werden. Ihre Herstellung erfolgt durch Mischen der Komponenten und Pressen zu Rohlingen. Diese werden bei Temperaturen bis 220°C auf Stahltrager gepreBt, wobei gleichzeitig das Harz aushartet. 8.3.4.5 Gesinterte Werkstoffe auf Kupferbasis
Fur hochbelastete Kupplungen haben sich Sinterbronzewerkstoffe, die ausschlieBlich auf Stahltrager aufgesintert werden, bewahrt. Sie weisen gute Notlaufeigenschaften und eine hohe Temperaturbestandigkeit auf. Die Leistungsgrenze wird vielfach nicht vom Werkstoff, sondern durch die Bestandigkeit des Oles bestimmt. Die Herstellung wurde in Abschnitt 8.3.3 beschrieben, wobei fur Ollaufreibwerkstoffe zur Erzielung einer hohen Porigkeit vorzugsweise das Streusinterverfahren angewendet wird. Gegenuber trockenlaufenden Paarungen
384
8
Werkstoffe fur VerschleiBbeanspruchung und Reibwerkstoffe
sind jedoch die Anteile an Feststoffschmiermitteln geringer. Durch Variation der Porigkeit konnen Olaufnahme, Kuhlung und Reibungsverhalten in weiten GrenZen verandert werden. Die Reibungszahlen liegen je nach Werkstoff, Ausfuhrung der Lamellen, Belastung und Olqualitat zwischen 0,05 und 0,15. Die Haltereibung ist meist 20 bis 30% hoher. Mit Hilfe besonderer Ausfuhrungsformen und von Spezialolen kann das Verhaltnis zwischen Halte- und Gleitreibung vergroBert oder verkleinert werden. Als Einsatzgrenzen werden AnprelSdrucke 5 3 MPa und Gleitgeschwindigkeiten bis maximal 100 m/s angegeben. Der VerschleiB von Sinterbronzelamellen ist nach dem Einlaufen (3000 bis 5000 Schaltungen) sehr gering. Die VerschleiBwerte liegen in der Regel unter 0,Ol cm”kWh. Wegen der Vorteile - sehr geringer VerschleiB, gute Warmeabfiihrung und weicher Schaltvorgang - hat der Gebrauch von Ollaufkupplungen mit Sinterbronzebelagen sehr zugenommen. Gegenwartige Einsatzgebiete sind Werkzeugmaschinen, Maschinen fur spanlose Formgebung, automatische Getriebe fur StraBenfahrzeuge, Triebwagen, Sonderfahrzeuge, Traktoren, Kupplungen fur Boote, Bagger und Erdbewegungsmaschinen sowie zahlreiche unter Last schaltbare Kupplungen. Olschaltkupplungen werden heute fur Drehmomente von 2,5 bis 15 kNm gebaut. Als Gegenwerkstoffe kommen unlegierte und legierte Vergutungsstahle sowie graues GuBeisen und StahlguB in Frage. Mit Erfolg wurden auch nitrierte Paarungswerkstoffe eingesetzt.
Literaturhinweise Zum Gahr, K.-H: Reibung und VerschleiB bei metallischen und nichtmetallischen Werkstoffen. Oberursel: DGM-Informationsgesellschaft Verlag 1990 DIN 50320: VerschleiB; Begriffe - Systemanalyse von VerschleiBvorgangen Gliederung des VerschleiBgebietes. 1979 Werkstoffkunde Stahl. Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo: Springer-Verl. und Dusseldorf: Verl. Stahleisen mbH, Band 1 (Grundlagen) 1984), Band 2 (Anwendung) 1985 Stahl-Eisen-Liste. VDEh. (Hrsg.), 9. Aufl. Dusseldorf Verlag Stahleisen mbH 1994 Pigors, 0.: Werkstoffe in der Tribotechnik. Leipzig, Stuttgart: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1993 Liesenberg, 0. und D. Wittekopt StahlguB und GuBeisen. Leipzig, Stuttgart: Dt. Verl. fur Grundstoffindustrie 1993 Glaeser, W A . : Materials for Tribology - Tribology Series 20. Amsterdam, London, New York, Tokyo: Elsevier-Verlag 1992 Steffens, H.-D. und W Brandel: Moderne Beschichtungsverfahren. Oberursel: DGM-Informationsgesellschaft Verlag 1992 Gerbig FA. und N. Krah: Maschinenmarkt (Wurzburg), 98 (1992), S. 119-123 [&lo] Pursche, G.: Oberflachenschutz vor VerschleiB. Berlin: Verlag Technik 1990 [8.11] Steinhauser, S., A . Heuber, G. Pursche und H. Resch: in Leonhardt, G. und G. Ondracek (Hrsg): Verbundwerkstoffe und Werkstoffverbunde. Oberursel: DGM Informationsgesellschaft Verlag 1993, S. 353-360 [8.12] Lukschandel, J.: in Leonhardt, G. und G. Ondracek (Hrsg.): Verbundwerkstoffe und Werkstoffverbunde. Oberursel: DGM Informationsgellschaft Verlag 1993, S. 391-398 [8.13] Lugscheider, E. und J. Wilden: in Reibung und VerschleiB bei metallischen und nichtmetallischen Werkstoffen. Oberursel: DGM-Informationsgesellschaft Verlag 1990, S. 227-238
8.3
Reibwerkstoffe
385
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9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
Lager- und Gleitelemente haben die Aufgabe, statisch oder dynamisch wirkende Krafte von einem bewegten, vielfach rotierenden Teil auf ein ruhendes Bauteil zu ubertragen und das bewegte Teil zu fuhren. Dabei sol1 die Bewegung moglichst reibungsarm erfolgen. Die Bewegung kann sowohl gleitend als auch abwalzend sein. Wenn auch eine scharfe Abgrenzung hinsichtlich der Bewegung im Lager nicht moglich ist. so unterscheidet man doch entsprechend diesen beiden Arten der Relativbewegung grundsiitzlich zwischen Gleitlagern und Walzlagern. Uber die Gestaltung von Lagern und die Art der Zwischenstoffe gibt Bild 9.1 Auskunft. Neben festen, flussigen und gasformigen Schmiermitteln besteht auch die Moglichkeit, die Paarungspartner durch ein Magnetfeld zu trennen, wobei, abgesehen von einer kurzen Anlaufphase, die Eigenschaften der Lagerwerkstoffe keine Rolle mehr spielen. a)
b)
abwalzen
schleifen
Wblzk6rper
ohne
gleiten
trockene
4
e)
0
gleiten
schwimmen
schweben
schmierende
fliissiger/ gasmmiger Schmierfilm
magnetisches
Grenzschicht W.4lzlager
Gleitlager
KrafffeM
Schwebe lager
Bild 9.1 Zwischcnstoffe und Kraftubertragung bei verschiedenen Lagersystemen (nach [9,l]) a ) uber Wdlzkiirper b) bei unmittelbarem Aufcinanderschleifen fester K(irper c) bcim Aufcinandergleiten fester, mit einer Grenzschicht uberzogencr Knrper d ) beim Gleiten auf eincr Grcnzschicht mit Schmiereigenschaften e ) beim Gleiten (Schwimmen) auf eincm flussigen oder gasfbrmigen Schmierfilm f ) beim Schwehen auf eincm magnetischen Kraftfeld
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
387
Bei Gleitlagern gleitet im allgemeinen die Mantelflache eines kreiszylindrisch rotierenden Zapfens in einem Hohlzylinder. Fur einen unendlich grol3 gedachten Zapfendurchmesser erhalt man ebene Lagerstellen rnit einer translatorischen Hin- und Herbewegung des beweglichen Elements (Geradfuhrung), z. B. bei Fuhrungsbahnen von Werkzeugmaschinen. Die Gleitflachen konnen aber auch als Zylinder mit zur Bewegungsrichtung paralleler Achse ausgebildet sein, wie beispielsweise bei Kolben. Bei den Walzlagern (Kugel- oder Rollenlager) werden Kugeln oder Rollen (kreiszylindrisch, konisch oder tonnenformig) auf ringformigen Laufbahnen abgewalzt (s.a. Bild 9.17). 1st der Rollendurchmesser im Vergleich zur Rollenlange sehr klein, so werden die Lager auch als Nadellager bezeichnet. Die Anspruchslosigkeit in Wartung und Schmierung, die kurze Einbaulange, die geringe Anlaufreibung und die gute Eignung auch fur kleine Drehzahlen sichern den Walzlagern ein weites Anwendungsfeld. Hinzu kommt, daB sie als fertige Elemente zu beziehen sind und ihre weitgehende Typisierung und Standardisierung die Anwendung und die Ersatzteilbeschaffung erleichtern. Es mu13 allerdings berucksichtigt werden, daB trotz der GroBserienfertigung Walzlager im allgemeinen teurer als Gleitlager sind. Der Preisunterschied nimmt mit der LagergroBe zu, so daB bei Lagern grol3er Abmessungen Gleitlager vorherrschen. Fur hohe Drehzahlen geht die Belastbarkeit der Walzlager zuruck, und auch die Laufruhe kann dann oft nicht in den geforderten Grenzen gehalten werden. Dem Vorzug der kurzen Baulange bei Walzlagern steht der Nachteil gegenuber, daB sie im Durchmesser weit mehr Platz beanspruchen und dal3 ihr Einbau als Mittellager oft auf Schwierigkeiten stoBt. Um einen weitgehend verschleiBarmen Betrieb bzw. eine lange Lebensdauer des Lagers zu gewahrleisten, sind Betriebszustande anzustreben, bei denen die Paarungswerkstoffe durch einen sich selbst aufbauenden hydrodynamischen Schmierfilm weitgehend voneinander getrennt sind. Dies ist in der Praxis jedoch nicht durchgangig moglich. So wird bei kleinen Geschwindigkeiten, wie sie beim An- und Auslaufen oder bei oszillierenden Bewegungen zwangslaufig auftreten, immer das Gebiet der Mischreibung durchlaufen, in dem Festkorperkontakte stattfinden. Uber das Betriebsverhalten olgeschmierter Lager gibt die StribeckKurve Auskunft (s. Bild 8.3). In Abhangigkeit von der Gleitgeschwindigkeit, der Lagerbelastung und der Olviskositat beobachtet man unterschiedliche Reibungszustande, die mit Grenzschichtreibung, Mischreibung und Flussigkeitsreibung bezeichnet werden. Beim hydrodynamischen Gleitlager wird durch Drehung der Welle im keilformigen Lagerspalt ein hydrodynamischer Schmierfilmdruck aufgebaut, der bei ausreichender Gleitgeschwindigkeit mit der auBeren Belastung im Gleichgewicht steht (Bild 9.2a). Der sich verengende Lagerspalt ist eine Folge der Durchmesserunterschiede von Welle und Lagerschale, und die exzentrische Versetzung der Welle ist durch die Lagerbelastung bedingt. Hydrodynamisch geschmierte Gleitlager lassen sich gut berechnen [9.2], [9.3]. Wahrend der keilformige Schmierspalt sich bei Radiallagern von selbst ergibt, mussen in anderen Fallen, z. B. Axiallagern, Gleitbahnen u. a., Moglichkeiten eines sich verengenden Lagerspalts konstruktiv geschaffen werden. Hydrostatische Lager, bei denen das unter Druck mittels einer Pumpe zugefuhrte Schmiermittel die Welle vom Lager abhebt (Bild 9.2b), erfordern einen groBeren Aufwand fur die externe Schmiermittelversorgung, weisen aber eine Reihe von Vorteilen auf. So hangt z. B. die Tragfahigkeit nicht von der Gleitge-
388
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
Bild 9.2 Schernatische Darstellung der Oldruckerzeugung bei Gleitlagern (nach W Jordan) a) Hydrodynamischer Druck p im Schmierkeil eines Gleitlagers b) Prinzipdarstellung der hydrostatischen Druckerzeugung
schwindigkeit ab. Wird die Schmiermittelpumpe, wie es oft der Fall ist, vom gleichen Aggregat angetrieben, z. B. bei Verbrennungsmotoren, bleiben die Mischreibungsprobleme im Anlauf jedoch bestehen.
9.1 Anforderungen an Gleitwerkstoffe Da Gleitlager in den meisten Fallen Betriebszustande durchlaufen, bei denen wiederholt Mischreibung, im Falle von Schmiermittelmangel auch Grenzreibung entsteht, mussen an die Lagerwerkstoffe besondere Anforderungen gestellt werden [9.4]: gutes Notlaufverhalten, hoher Verschleifiwiderstand, geringe Adhasionsneigung, hohe Belastbarkeit, gute Einbettfahigkeit und gunstiges Anpassungsverhalten, die notwendige Festigkeit und Harte, gute Warmeleitfahigkeit und gegebenenfalls Korrosionsbestandigkeit. Mit Notluufverhalten (Notluufeigenschuften)bezeichnet man die Fahigkeit eines Gleitwerkstoffes, beim Auftreten ungunstiger Schmierbedingungen bzw. Ausbleiben von Schmierstoff den Betriebszustand noch einen begrenzten Zeitraum aufrechtzuerhalten, bevor ein Ausfall der Lagerstelle eintritt. Das VerschleiBverhalten steht damit in unmittelbarem Zusammenhang. Es wird durch adhasive Prozesse mal3geblich beeinflufit. Die in Kontakt befindlichen Oberflachen beruhren sich auf Grund ihrer Rauhigkeiten nur an relativ wenigen punktformigen Stellen, so daB die Flachenpressung hier sehr hoch ist (s.a. Abschn. 8.1). Beim Bewegungsablauf treten an diesen Beruhrungspunkten standig wechselnde plastische Verformungsvorgange und hohe Energiekonzentrationen auf. Schutzende Oberflachenfilme werden durchbrochen, und es konnen bei entsprechender Beanspruchung SchweiB- oder Sinterbrucken entstehen, die zunachst durch die Bewegung wieder abgeschert werden. Oftmals wird dabei Material von einem Partner auf den anderen ubertragen; spater entstehen dann hieraus auch VerschleiBteilchen. Im Extremfall, z. B. bei hoher Uberbelastung oder Ausfall der Schmierung, erfolgen groBflachige VerschweiBungen, die das Lager blockieren; man spricht dann vom ,,Festfressen". Adhasiven VerschleiBvorgangen kann man neben ausreichender Schmierung wirksam durch eine hohe Oberflachengute der Paarungspartner, den Zusatz von Additiven zum Schmiermittel, die bei bestimmten BeanspruchungsgroBen wirksame Oberflachenschutzfilme bilden, durch vorheriges Aufbringen festhaftender Oberflachenschichten (s. Abschn.
9.1
Anforderungen an Gleitwerkstoffe
389
8.2.4) sowie Verwendung von Paarungswerkstoffen mit geringer adhasiver Neigung begegnen. Neben adhasivem VerschleiB tritt bei Gleitlagern ErmudungsverschleiB als Folge andauernder wechselnder Spannungen im Oberflachenbereich auf. E r auBert sich zunachst in der Bildung von Mikrorissen unter und spater auf der Oberflache, die sich allmahlich vergrol3ern und schliefllich zum Abtrennen von Partikeln aus dem Oberflachenbereich fuhren, wobei die bekannte ,,Griibchenbildung" entsteht. Zusatzlich ist Abrasion beim Eindringen von Staub und Schmutz (z. B. bei Ernte-, Erdbewegungs- und Bergbaumaschinen) in den Lagerspalt moglich, wenn die Lagerabdichtung nicht ordnungsgemal3 erfolgt oder im 01 selbst Verunreinigungen enthalten sind. Damit diese nicht immer vermeidbaren Umstande nicht nach kurzer Zeit zum Lagerausfall fuhren, sollte der Gleitwerkstoff eine gute Einbettungsfahigkeit aufweisen, d. h., die harten Fremdpartikel werden in die Laufschicht eingebaut und ihre Wirkung hierdurch deutlich abgeschwacht. Dringt Wasser oder eine aggressive Flussigkeit in nicht dafur vorgesehene Lager ein, so erfolgt VerschleiB durch Triboreaktionen, z. B. die Bildung von Eisenoxidschichten infolge Reiboxidation. Die Verwendung von Werkstoffpaarungen aus weniger korrosionsanfalligen Werkstoffen ist bei entsprechend gefahrdeten Lagern anzuraten. Unter Anpassungsfahigkeit eines Gleitwerkstoffes versteht man die Eigenschaft, Form- und Fluchtungsfehler vom fuhrenden und gefuhrten Teil, d. h. Fertigungsund/oder Montagefehler, durch plastische Verformung auszugleichen. Eine genugende plastische Nachgiebigkeit des Gleitwerkstoffes ist jedoch in der Regel mit einer geringeren Werkstoffestigkeit verbunden. Die Anpassungsfahigkeit des Lagerwerkstoffes ist deshalb um so geringer, je grol3er die vom fuhrenden und gefuhrten Teil aufzunehmende Belastung ist und je geringere Deformationen der einzelnen Elemente durch die Betriebsbeanspruchung auftreten durfen. Lagerwerkstoffe mit groaer Tragfahigkeit und fur hohe Belastungen, z. B. die Mehrzahl der Gleitwerkstoffe auf Kupferbasis, haben deshalb eine verminderte Anpassungsfahigkeit, derzufolge ihr Einsatz mit erhohten Anforderungen an die Steifigkeit der Konstruktion und die Prazision der Fertigung verbunden ist. Der Gleitwerkstoff muB nicht zuletzt eine ausreichende Harte und Festigkeit aufweisen, um die statischen und dynamischen Belastungen aufnehmen zu konnen. Weichere Gleitwerkstoffe sind dort eingefuhrt, wo es auf eine gute Einbettungsfahigkeit sowie eine ausreichende Duktilitat zum Abbau durch Kantenpressung bedingter Spannungen ankommt. Hartere Werkstoffe dagegen finden meist in den Fallen Verwendung, in denen hydrodynamische Schmierung nicht gewahrleistet ist und infolge der dadurch verursachten Reibung der Verschleil3widerstand starker im Vordergrund steht. Da Harte und Festigkeit mit steigender Temperatur abnehmen, sind bei der Berechnung diese Eigenschaftswerte nicht nur fur Raumtemperatur, sondern auch fur die zu erwartende Betriebstemperatur zu berucksichtigen. Weiterhin sollte der Gleitwerkstoff eine gute Warmeleitfahigkeit sowie - im Falle der Verbundlager - Haftfestigkeit und Warmeubergang zum Material der Stutzschale haben, damit die bei der Reibung entstehende Warme rasch abgefuhrt werden kann. Z u hohe Lagertemperaturen fuhren zur Verminderung der Viskositat des Schmiermittels und damit rasch zur Unterschreitung der notwendigen Schmierfilmdicke. Ein niedriger thermischer Ausdehnungskoeffizient des Gleitwerkstoffes gewahrleistet, daf3 sich bei Erwarmung das Lagerspiel nicht unzulassig vergroBert.
390
9
Gleit- und Lagerwerkstoffc
Als Wellenwerkstoffe kommen schon aus Festigkeitsgrunden vorzugsweise Stahle unterschiedlicher Zusammensetzung und Oberflachenbehandlung sowie GuBwerkstoffe in Frage, die eine geringe FreBneigung, eine hohe Adsorptionsfahigkeit fur Schmiermittel und einen guten VerschleiRwiderstand aufweisen sollten. Sie werden meist gehartet, unterschiedlich oberflachenbehandelt oder beschichtet. ErfahrungsgemaB ist die FreBneigung gering, wenn die Harte der Welle das Drei- bis Funffache der des Lagerwerkstoffes betragt. Ausschlaggebend ist auch die Art und Leistungsfahigkeit der verwendctcn Schmiermittel. Fur Lager kommen Schmierole, Schmierfette und Feststoffschmiermittel in Betracht. Schmierole haben dabei zumindest mengenmaBig die groBte Bedeutung und Verbreitung. Ihr Viskositats-Temperatur-Verhalten,die Alterungsbestandigkeit und die thermische Stabilitat bestimmen die Funktion und Lebensdauer der Lager entscheidend mit. Die Eigenschaften von Schmierolen lassen sich durch Zusatze von Additiven deutlich verbessern. Sie verringern beispielsweise die Viskositatsabnahme bei Temperaturerhohung, vermindern vorzeitiges Stocken bei tieferen Temperaturen, erniedrigen die Reibung und die Korrosion im Lager. erhiihen durch Blockierung der Oxidation von Schmiermittelbestandteilen die Alterungsbestandigkeit usw. Sogenannte Hochdruckadditive (EP-Zusatze) bilden bei ausreichender tribologischer Beanspruchung Reaktionsschichten auf der Oberflache und verhiiten so die Entstehung adhasiver Verb i ndu nge n .
9.2 Werkstoffe fur Gleitlager Der Einsatz und die Anwendung von Gleitlagern ist sehr vielfaltig. Ihre Abmessungen reichen von Durchmessern mit mehrercn Metern bis in Mikrobereiche bei sehr unterschiedlichen Beanspruchungs- und Betriebsbedingungen. Entsprechend vielfaltig sind auch die fur Lagerzwecke verwendeten Werkstoffe. Eine zusammenfassende Darstellung ist Bild 9.3 zu entnehmen. Nach ihrem Aufbau unterscheidet man zwischen Massiv-, Verbund-, und Sinterlagern. Lager. bei denen die gesamte Lagerschale aus massivem Lagerwerkstoff aufgebaut ist, sind zunehmend weniger und meist fur g r o k r e Durchmesser im Einsatz. Verbundlager bestehen aus einem Stahltrager, auf dem eine oder mchrere diinne Schichten Lagerwerkstoff. oft mit einer Zwischenschicht als Diffusionsbarriere und meist mit einer diinnen Einlaufschicht (Overlay), aufgebracht werden (Bild 9.4). Uber pulvermetallurgische Technologien hergestellte Sinterlager kommen sowohl als porose Materialien mit Hohlraumen zur Aufnahme und Speicherung flussiger und gegebenenfalls zur Zufuhr gasfiirmiger Schmierstoffe als auch in Form einer Vielzahl von Verbunden mit Feststoffschmiermitteln und antiadhasiv wirkenden Zusatzen zur Anwendung. Bild 9.5 gibt einen Uberblick uber die Spezifik von Lagerwerkstoffen sowie Richtlinien zur Auswahl. Bei den klassischen metallischen Lagerwcrkstoffen unterscheidet man drei Gefugetypen: harte Phasen in einer weichen Matrix (z. B. Pb-Sb-Sn-Legierungen), weichere Phasen in einer harteren Matrix (z. B. Cu-PbLegierungen) und einphasige Gefuge (z. B. Cu-Sn-Legierungen). Heterogene Gefuge aus weicheren und harteren Bestandteilen haben sich fur Lagerwerkstoffe als besonders vorteilhaft herausgestellt. Sie ergeben die sogenannte ,.Tragkristallstruktur". bei der die harteren Bestandteile aus der Gleitoberflache her-
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
39 1
L-J Lagerwerkstoffe
Nichtmetallische Werkstoffe
Metallische Werkstoffe
Eisenwerkstoffe
SWhk SinterWerkstofte GrauguL3 Sintereisen
NEWerkstoffe
Polymere
Keramik
Pb- u. SnLegierunpn Al-Legierungen Cu-Legierungen Cu-BasisSinterwefistoffe
Oxide Nitride
StahNNE-Verbund NWolymer- Verbund
BeBmnze 0.3.. 7,s mm Nideidamm qooi . .0,0015 mm
Terniin?LoufdiCnt QOZ . .GO25 mm
Bild 9.4 Mehrschichten-Vcrbundla~er: Stiitzschale aus Stahl. Bronze-Zwischenschicht. Nickelschicht und WeilJmetallLaufschicht (nach G. Mrrriri)
vorstehen und die Belastung aufnehmen, wahrend die weicheren Phasen zuruckstehen und Taschen zur Olaufnahme bilden, Fremdkorper einbetten und die Notlaufeigenschaften verbessern. Wichtig ist jedoch, dal3 die unterschiedlichen Bestandteile in moglichst feinverteilter Form vorliegen. In Bild 9.6 wird diese Tragkristallstruktur schematisch dargestellt.
392
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe Gleitlagenverkstoffe und ihre Eignung
.1
sehrgut
1 8 gut I@
ausreichend
le maBig 1 0rnangilhaft] -~
Bild Y 5 Richtlinie 7ur Aucwahl von Gleitlagerwerkstoffen (nach [Y.7])
horte ,Tmgkristaffe'
harte Grundmosse
Bild Y.6 Tragkristallstruktur v o n Gleitwerkstoffen (nach B. Beyer) a ) harte Tragkristalle in weicher Grundmasse b) weiche Gefugebestandteile in harterer Grundmasse
9.2.1 Lagerlegierungen auf Blei- und Zinnbasis WeiOmetalle) Unter WeiJJmefallenfaat man eine Reihe von Legierungen auf Blei- und Zinnbasis zusammen. Bleilegierungen enthalten zur Erhohung der Harte Zusatze von Zinn, Antimon und Kupfer, Zinnlegierungen solche von Kupfer und Antimon. Die wichtigsten WeiBmetall-Legierungen, ausgewahlte Eigenschaften und Hinweise zur Verwendung sind in Tabelle 9.1 aufgefuhrt. WeiBmetalle haben gute Gleiteigenschaften und konnen auch mit nicht geharteten Wellen (180 - 220 HB) kombiniert werden. Wegen ihrer relativ geringen Harte weisen sie ein hervorragendes Einbettverhalten auf, sind unempfindlich gegen Kantenpressung, haben
I)
2.3397 Rest -
PbIn7
-
1L
I?
-
-
3
12
8 -
-
1
0,7
8 -
5 7
0,7 1,s
0,7
0,7
Cu
0,7
1,O
-
-
-
-
-
-
0,25 0,1
-
0,3
0.1
0.1
Bi
-
0,3
0.6
12
0.8 -
As
-
-
-
-
0,7
-
0,3
-
-
Cd
Hauptbestandteile in YO
R,o,z = 0,2%-Dehngrenze, 2 ) al = Warrneausdehnungskoeffizient
-
2.3396 Rest
PbSnlO
-
2.3395 Rest
11
-
2.3393 Rest 9
PbSnlOCu2
PbSblOSn6
10
15
8
11
-
2.3392 Rest 13
PbSbl4Sn9CuAs
9
-
-
2.3391 Rest 14 16
1,7
15,5
PbSblSSnlO
-
-
Sn
2.3390 Rest 13,s 0,9
Sb
PbSblSSnAs
Pb
W.Nr.
Kurzzeichen
-
-
-
-
0,6
-
0,2
-
-
Ni
5-10
-
-
-
-
-
-
In
-
-
-
16
22
21
18
-
-
-
39
46
43
39
-
-
-
25,3
24,7
24
25
-
-
-
10,3
9.7
9,9
9,7
Y
Y
Y
I
(Fortsetzung nachste Seite)
I
Verwendung fur Gleitschichten (Overlays); cute Eienune bei Grenzreibune. u ,hohe Korrosionsbestandigkeit; weiche Legierung rnit guter Einlauffahigkeit; fur Overlays auf Pb-, Cu-, u. Al-Basis-Legierungen; fur Haupt- und Pleuellager
reine Gleitbeanspruchung bei geringer bis rnittl. Belastung im hydrodyn. Bereich; rnaiBige Schlagbeanspr., gut einbettfahig
gute Gleiteigensch. bis zu hoheren Gleitgeschwind. bei hydrodyn. u. Mischreibung; rnittl. Schlagbeanspr. Gleitlager f. Elektrornaschinen, Getriebe, Walzwerke, Pleuel
reine Gleitbeanspr., rnittl. Belastung u. Gleitgeschwind., geringe Schlagbelast., gut einbettfahig, Gleitlager f. Kreuzkopfe, Kegelbrecher, Gleitschuhe
reine Gleitbeanspr., geringe Belast., niedr. Gleitgeschwind. b. hydrodyn. Schrnierung; gute Einbettf. Gleitlager f. Nockenwellen, Getriebe, Hauptlager f. kleine Kolbenverdichter, gerollte Buchsen
HB Rp0,21) a,*) Dichte Verwendung MPa 1W/K gkm’
Tabelle 9.1 Zusamrnensetzung, Eigenschaften und Venvendungszweck von Lagerlegierungen auf Blei- und Zinnbasis (nach [9.8]; [9.9])
1)
13
8
-
2.3792 0.35 7
8
~
2.3791 0.35 7
~
11
Sb
Cu
Rest
4
~
3
4
-
Rest 3
7
-
Rest 5
Sn
0.1
0.1
0.1
As
0.08
0.08
0,08
Bi
~
1.2
0.8
~
~
Cd
Hauptbestandteile in YO
Rp,),?= 0,2%-Dehngrenze. 2 ) a, = Warmeausdehnungskoeffizient
SnSb8Cu4Cd
SnSb8Cu4
3
~
2. 3790 1
SnSbl2Cu6Pb
Pb
W.Nr.
Kurzzeichen
0.5
~
0.1
-
-
Ni
-
-
-
In
28
22
25
62
47
61
I
-
H B R,,,,’) MPa
23.9
23,Y
22.7
7.3
7.3
7.4
gute Gleiteigensch. f. hohe Gleitgeschwindigkeit, Belastungen u. Schlagbeanspruch. bei hoher Frequenz: unempfindl. gegen Kantenpressung u. Biegewechsel; Haupt- u. Pleuellager f. GroRkolbenmaschinen
gute Gleiteigensch.. hohe Zahigkeit, gute Einbettfahigkeit; fur hohe Gleitgeschwindigk. b. mittl. Belastungen; unempfindl. gegen Biegewechsel; fur hochbeanspruchte Walzwerkslager
gute Gleiteigensch. b. mittl. Belastungen u. bis zu hohen Gleitgeschwind.: empfindl. gegen Biegewechsel u. Kantenpressung: hoher VerschleiRwiderst. Gleitlager in Turbinen, Verdichtern. Getrieben
Dichte Verwendung IO-VK g/cm3
a,:)
Tabelle 9.1 Zusammensetzung. Eigenschaften und Verwendungszweck von Lagerlegierungen auf Blei- und Zinnbasis (nach [9.8]; [9.9]) (Fortsetzung)
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
395
ein gutes Notlaufverhalten, vertragen aber nur maBige StoBbelastung. Sie werden als Verbundlager bzw. als Schichtverbundwerkstoff eingesetzt und eignen sich bis zu Gleitgeschwindigkeiten von ca. 15m/s bei mittleren Belastungen sowie maximalen Betriebstemperaturen von 110°C. Einige besonders weiche Legierungen (z.B. PbSnlO und PbIn7) sind nur zur Verwendung als dunne Gleitschichten (Overlays) bis max. 0,02 mm Dicke vorgesehen und werden meist galvanisch auf hartere Lagerwerkstoffe aufgebracht. Infolge ihrer geringen Dicke sind sie hoch belastbar und verbessern die Gleitfahigkeit, das Einlaufverhalten und die Einbettfahigkeit fur die harteren Werkstoffe deutlich. Der Gefugeaufbau ist bei allen WeiDmetallen ahnlich. In eine eutektische Grundmasse sind hartere und sprode Kristalle einer intermetallischen Phase eingelagert, die primar oder sekundar ausgeschieden werden. Bei Legierungen auf Bleibasis liegt die Ausscheidungsgrenze bei 12 YOSb und 6 YOSn, bei Zinnlegierungen dagegen bei 7 % Sb und 3 YOCu [9.10]. Antimon, wie auch Cu fuhren nicht nur zur Entstehung intermetallischer Phasen, sondern tragen durch Mischkristallbildung zur Verfestigung des Bleis bei. Von den ubrigen in WeiBmetallen vorkommenden Bestandteilen erhoht Cd die Festigkeit und Warmharte direkt, wahrend Arsen uber seine kornfeinende Wirkung zur Festigkeitsverbesserung beitragt. Ni bildet mit Sb und Sn ebenfalls intermetallische Phasen. Die mechanisch-technologischen Eigenschaften der WeiBmetalle hangen stark von der Gefiigeausbildung ab, wobei feinkornige Gefuge mit gleichmaBiger Verteilung der intermetallischen Phasen die gunstigsten Voraussetzungen erbringen. Bei Raumtemperatur liegt die Harte im allgemeinen bei 18bis 30 HB. Sie fallt mit steigender Temperatur rasch ab, wie Bild 9.7 zu entnehmen ist. Die Mikroharte der ausgeschiedenen Sb-Sn- und Cu-SnPhasen bewegt sich zwischen 300 und 400 HV. Zur Erreichung der notwendigen Stabilitat sind Stutzschalen erforderlich, die meist aus unlegiertem Stahl mit 0,l YO C bestehen, wobei Bindungsfestigkeiten zwischen Lagermetall und Stahlkorper von 60 bis 70 MPa erreicht werden. 40
30
Lg
-4-
2 c
20
r"
10
Bild 9.7 Warmharte von Zinnund Bleibasislagerwerkstoffen (nach B. Beyer)
0
0
50
100
Prufternperatur
'C
150
a ) zinnarm ohne Zusatze b) zinnarm mit Zusatzen (Cd. As. N i ) c ) rinnreich o h n e Zus2tre d) mahartbares Lagermetall (PhCaNaMgBa)
396
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
9.2.2 Lagerlegierungen auf Kupferbasis Lagerlegierungen auf Cu-Basis (2 50 % Cu) werden durch Zulegieren von Zinn, Blei, Zink, Aluminium, Nickel, aber auch Phosphor und Mangan erhalten. Sie sind auf Grund ihrer groBeren Festigkeit und Harte hoher belastbar, weisen aber nur maBige Einlauf- und Notlaufeigenschaften auf. Da Einlauf und Notlauf insbesondere von der Grolje des Harteunterschiedes zwischen Lager- und Wellenwerkstoff abhangen, sind fur Kupferlegierungen vorzugsweise gehartete Wellen bzw. Lagerzapfen mit mindestens 55 H R C notwendig. Lediglich bei hochbleihaltigen Werkstoffen (z. B. CuPb9Sn, CuPb20Sn u. a.) kommen auch weiche Wellen mit Harten von 200 bis 250HB zum Einsatz [9.9], [9.11]. In Tabelle 9.2 sind gangige Kupferlegierungen fur Lagerzwecke einschlieljlich der Harte, Zugfestigkeit R,, des Warmeleitfahigkeitskoeffizienten h sowie Hinweise zur Anwendung zusammengestellt. Lagerlegierungen auf Cu-Basis werden hauptsachlich durch GieBverfahren (Sand-, Kokillen-, Schleuder- und Stranggieljen) hergestellt. Wegen der deutlich geringeren Harte- und Festigkeitswerte wird Sandund KokillenguB nur noch selten angewandt. Neben der Erzeugung feinkornigerer Gefuge und den damit verbundenen verbesserten mechanischen Eigenschaften ist Schleuder- bzw. StrangguB auch wesentlich produktiver. Das Gefuge der Kupferbasis-Gleitwerkstoffe besteht meist aus kupferreichen Mischkristallen, in die im Falle der zahlreichen mit Blei legierten Zusammensetzungen das im Kupfer unlosliche Blei in Form feiner Einschlusse eingelagert ist. Die kupferreiche Matrix gewahrleistet gute Harte, Festigkeit und Warmeleitfahigkeit, wahrend das weiche Blei das Gleitverhalten verbessert und den Einlauf fordert, indem anfanglich vorhandene Rauhigkeiten ausgeglichen werden. Wegen des Dichteunterschiedes von Cu und Pb (8,9 zu 11,3g/cm3) ist die Gefahr der Schwereseigerung, die durch das weite Erstarrungsintervall zusatzlich begunstigt wird, grolj. Z u ihrer Verhinderung sind besondere MaBnahmen bei der Verarbeitung erforderlich. Hierzu gehort schnelles Abkuhlen, wie es beim SchleuderguB auf Stutzschalen und beim StranggieBen erreicht wird, sowie die Reduzierung des Gasgehaltes (Wasserstoff, Stickstoff) der Schmelze. Der Zinnanteil verbessert die GieBeigenschaften der Legierung und erhoht durch die Mischkristallbildung die Festigkeit. Hochbleihaltige Legierungen (z. B. CuPb24Sn, CuPb30) werden vorteilhaft uber pulvermetallurgische Technologien hergestellt, wobei sehr feinkornige und teilweise porose Gefiige entstehen, die die Gleiteigenschaften durch Olspeicherung zusatzlich verbessern. Neben den GuBlegierungen sind eine Reihe von Knetlegierungen mit hoheren Festigkeiten und groBerem Verschleiljwiderstand im Einsatz. Sie eignen sich besonders fur hohere Belastungen, auch bei Schlag- und StoBbeanspruchung, aber nicht fur so hohe Gleitgeschwindigkeiten [9.8], [9.9]. Die Verwendung von Kupferlegierungen fur Gleitzwecke ist auf folgende Probleme konzentriert: 0
0
Massivlager, bei denen auf Grund der Abmessungen oder der Steifigkeit der Bauteile der Einsatz eines Verbundlagers unnotig teuer oder aus Festigkeitsgrunden unzweckmaBig ware, z. B. bei kleineren Abmessungen. Verbundlager, bestehend aus einem Stahlstutzkorper, der Kupferbasis-Gleitlegierung und meist einer diinnen Gleitschicht (Overlay) z. B. aus einer Bleioder Zinnlegierung. Diese Lager sind sehr leistungsfahig, vertragen hohe Belastungen sowie Gleitgeschwindigkeiten und sind oft auch fur Schlag- und
W.Nr.
Cu
Pb
0,OS
3
Zn
2-5
2.1817 Rest 13-17 7-9
2.1818 Rest 18-23 4-6
CuPblSSn8
CuPb20Sn5
'1
0,2
niedrige Werte fur SandguB: hohere fur KokillenguB:
CuAIlOFeSNi5 2.1819 Rest 0,l
9-11
2.1816
CuPblOSnlO
Rest 8-11
2.1815 Rest 8-10
CuPb9SnS
4-6
0,l
0,2
Fe
0,25
0,l 0,l
2
0,s
2)
3,5-6,5
Warmeleitfahigkeitskoeffizient
3.5-5.5
2
0,25
0,l
2 2,5
2
0.25
2
-
0,75
0,5
0,5
0,s
0,35
2
2
0,25
0,2
0,05
0,25
Sb
2,s
0,05
0.2
0,3
2
0,l
2,5
Ni
0.25
-
0,05
0,4
0,055 0,2
0,5-1
0,OS
P
0,l
2
GuBlegierungen fur Massiv- und Verbundlager
6-8
CuSn7Pb7Zn3 2.1820 Rest 5-8
4-6
11-13 2
4-6
Rest 1-2,5
1011,s
6-9
Sn
Hauptlegierungsbestandteile in Masse-%
CuPbSSnSZn5 2.1813 Rest 4-6
2.1812
2.1811 Rest 0,25
CuSnlOP
CuSnl2Pb2
2.1810 Rest 0,54
CuSn8Pb2
GuBlegierunEen fur Massivlager
Kurzzeichen
60-85 250-270 47
Wh.K
A2)
45-50
60-65
65-70
55-60
59
47
47
71
250-280 60
60-80
80-110
80-110
60-130
60-70 100-120 59
71
130-150 54
6 M 5 90-100
80-90
8-11 Al 140 3 Mn
-
-
-
-
-
-
-
0,5 Mn 70-95 220-360 SO
-
Sonst
Hartel) R,l) HB MPa
(Fortsetzung nachste Seite)
Konstruktionsteile fur Gleitbeanspruchung auch im Schiffsbau
fur mittlere bis hohere Beanspruchung, auch fur Wasserschmierung
fur mittl. Beanspruchung bei erhohtem Verschleifiwiderstand
weiche Legierung fur mittl. Beanspruchung
geringe bis mafiige Beanspruchung
fur problemlose Anwendungsfalle u. geringe Beanspruchung
hohe Belastung u. Gleitgeschwindigkeit, Schlag u. Stofibeanspruchung, gehartete Welle erforderlich (55 HRC)
geringe bis mafiige Beanspruchung
Verwendung
Tabelle 9.2 Zusammensetzung, Eigenschaften und Verwendungszweck von ausgewahlten Lagerlegierungen auf Kupferbasis (nach [9.8]; [9.9])
W.Nr.
Cu
Pb
Sn Zn
P
19-27 0.6-2
2.1833 Rest 0.2
CuAIYFe4Ni4
'1
2.1831 Rest
CuZn31Sil
0.2
-
7.5-9
niedrige Werte fur SandguB: htihere fur KokillenguB:
-
2.1830 Rest 0,05
CuSnXP
Knetlegierungen fur Massivlager
Rest 26-33 0.5
Rest
21
0,S -
-
-
-
0.1-0,4-
0.7
0.7
0.7
0,7
0.7
0.5
0,3
0.5
0,s
0,S
0,s
0.5
Sb
'1
-
-
-
100160
700
440-560
80-160 400-580
3045?)
55-80 40-603)
60-90 45-70')
60-YS
70-130 60-903 1
8-1 IAl. 160 3 Mn
0.7-1.3 Si
-
-
-
-
-
Sonst
Hartell R,,lJ HB MPa
pesintcrter Werkstoff
2.5-4.5 2,s-5
0.4
0.1
0.5
0.5
0.5
0,s
0,s
Ni
Warmeleitfahipkeitskoctfizient:
28.533.3
0,3
0.1
0.5
2.1826
CuPb30?,
0.1
0,s
2.1825
CuPb24Sn
0.1
2.1823 Rest 19-27 3 4 . 5 0,s
CuPb24Sn4
Rest 14-20 4-6 0,1
0.1
0.5
0.5
2.1822
9-11
CuPbl7SnS
Rest 9-11
2.1821
CuPblOSnlO
Fe
Hauptlegierungsbestandteile in Masse-Yo
GuB- u. Sinterwerkstoff fur dunnwandige Verbundlager
Kurzzeichen
27
67
59
-
-
-
h') Wim'K
Konstruktionsteile mit Gleitbeanspruchung auch im Schiffsbau
gehartete Welle (55HRC) erforderlich; hohe Belastung u. Gleitgeschwindigkeit bei Schlag- u. StoBbeanspruchung
mittlere Dauerfestigkeit; fur gerollte Buchsen
gute Dauerfestigkeit; fur Hauptu. Pleuellager mit galv. Gleitschicht
hohe Gleitgeschwindigkeit u. Schlagfestigkeit, auch fur oszillierende Bewegungen
sehr hohe Dauer- u. Schlagfestigkeit; gerollte Buchsen, hochbelastete Haupt- u. Pleuellager, Gleitscheiben
Verwendung
Tabelle 9.2 Zusammensetzung. Eigenschaften und Verwendungszweck von ausgewahlten Lagerlegierungen auf Kupferbasis (nach [Y.8]; [Y.Y]) (Fortsetzung)
9.2
0
Werkstoffe fur Gleitlager
399
StoBbeanspruchungen geeignet. Allerdings stellen solche Lager erhohte Anforderungen an die Oberflachengute und Harte der Welle sowie an die Fluchtungsgenauigkeit. Hauptanwendungsgebiete sind Haupt- und Pleuellager fur Verbrennungsmotoren, Lager fur Kolbenbolzen und Kipphebelbuchsen auch im Lokomotiv- und Schiffsbau. Konstruktionsteile rnit Gleitbeanspruchung (z. B. CuAllOFeSNiS, CuA19Fe4Ni4), wie Zahnrader, Schnecken, Maschinenteile rnit geringen Gleitgeschwindigkeiten. Sie eignen sich auch fur den Einsatz im Schiffsbau.
9.2.3 Lagerlegierungenauf Aluminiumbasis Insbesondere fur den Einsatz in Verbrennungsmotoren werden Gleitlegierungen gefordert, deren Harte zwei- bis dreimal hoher als die der WeiBmetalle ist. Auch besteht das Bestreben, die relativ teueren Metalle wie Kupfer, Zinn und Antimon wenigstens teilweise zu ersetzen. Aluminiumlegierungen haben eine Reihe von Vorteilen: sie sind leicht und bringen Masseersparnis, weisen eine gute Warmeleitfahigkeit und damit schnelle Warmeableitung auf und haben eine ausreichende Warmfestigkeit. Durch entsprechende Legierungszusatze ist die Ausbildung einer Tragkristallstruktur moglich, wobei sowohl harte (durch Mn, Fe, Ni, Si, Cr, Co) als auch weiche (durch Pb, Sn, Cd) Einlagerungen erzeugt werden konnen. Mischkristallbildende Zugaben (Zn, Mg, Cu) erhohen Festigkeit und Harte. Sehr gunstige Gleiteigenschaften weisen Al-Sn-Legierungen auf. Ihr Gefugeaufbau ahnelt, da das Zinn im Aluminium unloslich ist, den Bleibronzen. In Tabelle 9.3 sind Angaben uber Zusammensetzung, Harte und Verwendung von Lagerlegierungen auf Al-Basis aufgefuhrt. Sie werden rnit Ausnahme des Werkstoffes AISn6CuNi ausschliefllich als Verbundlager eingesetzt. Die Harte liegt zwischen 35 und 50 HB, die Dichte in der GroBe von 2,s bis 2,9 g/cm' steigt rnit dem Zinnzusatz an. Bemerkenswert ist, daB die sich zwischen 130 und 160 W/m.K bewegende Warmeleitfahigkeit niedriger als bei den meisten Lagerlegierungen auf CuBasis liegt. Die thermische Langenausdehnung weist mit 21 bis24.10-6 K-1 etwa den gleichen Wert wie die der zinnarmen WeiBmetalle auf. Mit Ausnahme der zinnreichen Legierung AlSn20Cu erfordern die Al-Basis-Lagerlegierungen Wellen rnit Mindestharten von 45 bis 50 HRC. Zur Erzeugung von Stahl-Aluminiumlegierung-Schichtverbundenhat sich das Walzplattieren als gunstigste Losung fur die Serienproduktion herausgestellt, wobei ein vorgefertigtes Al-Legierungsband auf einen Stahltrager aufgewalzt und nachfolgend diffusionsgegluht wird [9.12]. Zur Verbesserung der Haftung zwischen Stahl und Al-Legierung kann eine Al-Zwischenschicht in Form einer Folie vorher auf das Stahlband aufplattiert werden. Aus dem fertigen Verbundwerkstoff werden Teilstucke herausgeschnitten und auf die erforderliche Endform gebogen. Ein klassischer Vertreter dieser Werkstoffgruppe ist das Zweischichtverbundlager Stahl/AlSn20Cu. Uber die Leistungsfahigkeit derartiger Zweistoffverbunde gibt Tabelle 9.4 Auskunft [9.12]. Eine weitere Verbesserung, insbesondere hinsichtlich der Gleitgeschwindigkeit, ist bei Al-Legierungen rnit Dreischichtverbundlagern moglich. Dabei wird auf die mechanisch fertig bearbeitete Lagerschale durch ,,Mal3galvanisieren" eine zusatzliche Gleitschicht aufgebracht, die keine Nachbearbeitung erfordert. Als Gleitschichten finden dabei vorzugsweise Pb-Sn- und Pb-In-Legierungen (s.a. Tabelle 9.1) Verwendung. Diese Schichten haben eine hervorragende Anpas-
0,7-1.3
AISn6CuNi
Rest
0.8-1,2
AIZn5Sil.S 3 4220 Rest Cul Pbl Mg
-
0.8-1.3
3.2190 Rest
0.05-0,15
AlSillCu
3.2690 Rest
AlSi4Cd
0.7-1,3
0.7-1,3
3.0691 Rest
AISn6Cu
0.7-1.3
Cu
AICd3CuNi 3.0692 Rest
3.0690 Rest
AlSn20Cu
Al
W.Nr.
Kurzbezeichnung Ni
5.5-7
0,2
0,2
-
-
5.5-7
0.7-1.3
0.2
0.1
0.7-1.3
-
1,3
16,5-22.5 0.1
Sn
1-2
0.7
-
-
10-12
2.7-3.5 0,7
-
0,7
0.7
Fe
0,7
0,l
0,3
0.1
0.3
0.6
0,7
0.2
0.7
0.7
Mn
0.7
3.54,5 0,35
0.7
-
0,8-1.4
0.7
Si
-
Cd
Hauptlegierungsbestandteile in M a w - %
0.2
0,2
0.1
0,l
0,2
0.2
0,2
Ti
35-55
0.15
0.3
3 5 4 5 fur Einstofflager
hohe Dauerfestigkeit. fur harte und weiche Wellen, fur Lager mit galv Gleitschicht. Haupt- u Pleuellager
4 5 4 0 hohe Dauerfestigkeit gute Korrosionsbest.; fur Lager mit galv. Gleitschicht; Haupt- u. Pleuellager 0,7-1,3 Pb 45-70 4.4-5.5 Zn 0.6 Mg
0.3
3 M 0 mittl. his hohe Dauerfestigkeit. gute Korrosionsbest., fur harte Wellen (48HRC) Haupt- u. Pleuellager, gerollte Buchsen
0,2S
hohere Dauerfestigkeit. gute Korrosionsbest. fur Lager mit galv Gleitschicht: Haupt u. Pleuellager
3 5 4 5 mittl. his hohe Dauerfestigkeit, gute Korrosionsbest., ublich mit Gleitschicht; Haupt- u. Pleuellager, gerollte Buchsen
3 0 4 0 mittl. Dauerfestigkeit, gute Korrosionsbest., gute Eignung bei Grenzreibung. auch f. weiche Wellen: Haupt- u. Pleuellager. Gleitscheihen. gerollte Buchsen
0.5
0,s
Sonst.
Harte Verwendung HB
Tabelle 9.3 Zusammensetzung, Eigenschaften und Verwendungszweck von ausgewahlten Lagerlegierungen auf Aluminiumbasis (nach[9.9]; [9.13])
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
401
Tabelle 9.4 Belastbarkeit von Zweischicht-Verbundlagern auf Al-Basis (nach [Y.12]) Lagerwerkstoff
Harte HB
Belastbarkeit MPa
max. Gleitgeschwindigkeit mls
AISn20Cu
35
45
16
AINi2MnCu
60
70
10
AISnlONi2MnCu
50
65
16
sungsfahigkeit an den Gegenlaufer. Zur Verhinderung einer Diffusion der Bestandteile des Lagerwerkstoffes und der Gleitschicht ineinander sowie der Bildung intermetallischer Sprodphasen baut man zwischen die Legierungen eine nur wenige pm dicke Diffusionsbarriere z. B. eine Ni- oder NiCr-Schicht ein. Neuerdings werden Gleitschichten auch mit Hilfe von PVD-Verfahren (Katodenzerstauben) aufgebracht, wobei sich Kombinationen herstellen lassen, die mit elektrochemischen Verfahren nicht abscheidbar sind (z. B. eine AlSn20oder AlPb25-Gleitschicht). Ein besonders leistungsfahiges Lager, das nach dieser Technologie gefertigt wird, entspricht dem Aufbau Stahl/CuPb22Sn/NiCr/ AlSn20. Diese Kombination hat sich in Verbrennungsmotoren sehr gut bewahrt und erreicht teilweise bis zu 1Million Laufkilometer 19.121. Lager auf Al-Basis haben eine ausgezeichnete Korrosionsbestandigkeit; Olkorrosion, wie sie oft bei Cu-legierten Werkstoffen auftritt, ist nicht zu befurchten.
9.2.4 Sinterlager Wahrend bei den Lagern, die aus schmelzmetallurgisch gewonnenen Werkstoffen gefertigt werden, eine ausreichende Schmierung durch konstruktive MaBnahmen (Schmiernuten in der Lagerlaufflache und Querbohrungen, Schmierringe oder Dochte) gewahrleistet wird, konnen mit Hilfe des pulvermetallurgischen Verfahrens olgetrankte selbstschmierende und uber langere Zeitraume (Lebensdauer von 3000 bis 4000, maximal 10000 Betriebsstunden) wurtungsfreie Gleitlager und -elemente hergestellt werden. Mit Hilfe einer zusatzlichen VergroBerung des Olvorrats laBt sich die Nutzungsdauer auf das Vier- bis Funffache verlangern. Durch geeignete Wahl der PulverteilchengroBe und -groBenverteilung, des PreBdruckes und der Sinterbedingungen lassen sich Formteile fertigen, die einen in bestimmten Grenzen variierbaren Porenraum (20 bis 30%, von dem etwa zwei Drittel von auBen zugangig sind) aufweisen und der sich nachfolgend mit hochalterungsbestandigem 0 1 tranken laBt. Im Stillstand oder bei sehr geringen Gleitgeschwindigkeiten wird durch die Kapillarkraft so lange 01 aus dem Porenraum gefordert, bis die Kapillarkrafte von Poren und Lagerspalt im Gleichgewicht stehen (Bild 9.8a). Dadurch existiert von Beginn der Bewegung an ein dunner Olfilm zwischen Welle und Lager, der ein gutes Anlaufvermogen bewirkt. Wahrend des Laufes (Bild 9.8b) wird das 0 1 im Bereich der belasteten Zone in den Porenraum gedruckt und in der unbelasteten Zone aus den Poren gezogen, so daB dem Schmierspalt laufend 0 1 zugefuhrt und der Olkreislauf aufrecht erhalten werden kann. Nach dem Betrieb (Bild 9.8c), zieht sich das zwi-
402
9
Gleit- u n d Lagcrwcrkstoffe
poroses Sinterlaqer
Poren,mit O I gefii//! Bild 9.8 Schematische Darstellung des Olkreislaufes in einem porcisen, iilgetriinkten Sinterlager a ) Stillstand dcr Wcllc h ) Olkreislaul wiihrend des Betriebcs c) Olruckfuhrung bci Stillstand nach crfolgtcm Bctricb
schen Wellen- und Lagerlaufflache befindliche 01 durch die Kapillarwirkung zum gr6Rten Teil w i d e r in den Lagerkorper zuruck. Die weitaus groBte Bedeutung haben die Eisen- und Bronze-Sinterluger erlangt. Das zu Formteilen verpreBte Eisen- oder Bronzepulver wird bei Temperaturen von 950 bis 1150°C bzw. 750 bis 900°C in reduzierender Atmosphare gesintert. AbschlieBend werden die Sinterformteile zur Erhohung der MaBgenauigkeit kalibriert und mit dem Schmiermittel getrankt. Sinterlager werden als Buchsen ohne Bund. mit Bund. als Kalottenlager fur enge Lagerspiele und hohe Anforderungen an die Fluchtung der Bohrung oder als Halbrohlinge geliefert. Ihre Montage geschieht meist durch Einpressen in die Gehausebohrung rnit Hilfe eines EinpreBdornes, der genau in Richtung der Bohrungsachse gefuhrt wird. Eine Zusammenstellung der Standardwerkstoffe fur Sinterlager einschlieBlich ausgewahlter Eigenschaften ist Tabelle 9.5 zu entnehmen. Neben unlegiertem Sintereisen werden zusatzlich his 2,5% Cu enthaltende Sorten hergestellt, die aul3erdem noch his 2% C enthalten konnen. Auch die fur hohere Beanspruchung vorgesehene Sinterbronze (10% Sn) wird mit bis zu 2% Graphit-Zusatz gefertigt. Eine gesteigerte Leistungsfahigkeit bei gleichzeitig verbesserter Laufruhe im Bereich geringer Drehzahlen und bei Mangelschmierung lafit sich durch noch hohere Zusatze von Graphit und/oder Molybdandisulfid (bis ca. lOo/,) erreichen. Die Verwendung Cr- und Ni-legierter Stahlpulver bei der Lagerherstellung macht auch hohere Einsatztemperaturen bis 250°C und korrosive Beanspruchungen beherrschbar. In neueren Entwicklungen wird von der Moglichkeit Gebrauch gemacht, in die Grundmatrix (Eisen, Bronze, Al-Legierungen) harte und verschleiBfeste Teilchen einzusintern, wobei ein tragkristallartiges Gefuge entsteht. Die aus der Oberflache hervorstehenden harten Partikel bedingen zusiitzlich zur Porositat reliefartige Vertiefungen, so daB bei Anlauf eine vergroBerte Olmenge zur Verfugung steht und die Olzufuhr in den Lagerspalt deutlich verbessert wird. Solche Werkstoffe haben eine weitaus hohere Lebensdauer und konnen bis zu Gleitgeschwindigkeiten von 80 m/s und bei Belastungen bis zu 50 MPa verwendet werden [9.14]. Beim Einsatz von olgetrankten Sinterlagern spielen die Harte und die Oberflache der Welle eine groBe Rolle. Da der sich bildende Olfilm sehr dunn ist.
'1
'1
2'
'1
graphithaltigJ) 0.5
25 + 2.5 20 + 2.5 15 + 2.5
6.0 - 6.5 6.5 - 7.0 7.0- 7.5
A 51 B 51 C 51
C licgt vorwicpcnd als frcicr Graphit vor C licpt als freier Graphit Lor
~
< 0.2
25 + 2.5 20 + 2.5 15 + 2.5
6.4 - 6.8 6.8 - 7.2 7.2-1.1 2.0
- 2.0
A 50 B 50 C50
0.5
D e r Olgehalt hetragt mindcstcn\ 90% d c r offenen Porigkcit Gemessen an kalihricrtcn Lagern: Illilh mm Durchmesher und 10 mm Langc
SinterBronze
5.5
25 + 2.5 20 + 2.5
A 22 B 22
hoher Cu- u. C-haltig-;]
5.8 - 6.2 6,2 - 6.6
< 0.3
0,4 - 1.0
20 + 2,s
6,0 - 6.4 25 + 2.5 20 + 2,s
< 0,3
25 + 2.5 20 + 2,s 15 + 2.5
5.6 - 6.0 6.0 - 6,4 6.4- 6.8
- 6.0 6.0 - 6.5
A 20 B 20
hoher Cu-haltig
C-haltig
A 10 B 10 c 10
Cu-haltig
SinterStahl
~
5.6 - 6,0 6.0 6.4 6.4 - 6.8 < 0,3
%
C
~
Rest
Rest
15
25
15-25
1-5
1-5
< 0.1
CU
9-11
9-11
-
-
-
-
-
%
Sn
Porositat') Chernische Zusarnrnensetzung
25 + 2.5 20 + 2.5 15 + 2.5
g/cm7
Sint-
A00 B 00 c 00
Dichte p
Kurzzeichen
Sintereisen
Werkstoff
Tabelle Y.5 Sinterwerkstoffe fur Lager- und Forrnteile rnit Gleiteigcnschaften (nach [Y. IS])
-
-
Rest
Rest
Rest
Rest
Rest
Fe
<2
<2
<2
<2
<2
<2
<2
Sonst
> 100 > 150 > 170
> 120 > I70 > 200
> 120 > 140
> 180 > 200
> 270
> I69 > I90 > 230
> 150 > 180 > 220
>20 > 25 >30
> 25 >30 > 35
> 20 > 25
>30 >45
>70
> 35 > 40 > 55
>40
> 25 >30
Radiale Harte Bruchfestig- H B keit K?) MPa
20 26 32
27 32 37
30 37
41 41
28
36 37 42
37 43 48
Wameleitfahigkeit h W/rn K
404
9
Gleit- u n d Lagerwerkstoffe
L.+.L
L b.1
Bild 9.9 Beispiele fur den Einbau von Sinterlagern mit teilweise zusatzlicher Schmierung durch Depotfette oder olgetranktem Filz
kann es schon bei verhaltnismaljig kleinen Rauhigkeiten der Oberflache zu metallischen Kontakten mit dem Lagerwerkstoff kommen, die die Lebensdauer des Lagers herabsetzen. In der Regel mussen die Wellen gehartet und durch Feinschleifen, Lappen oder Polieren endbearbeitet sein. Auch das Lagerspiel zwischen Welle und Bohrung mu13 bei dieser Art von Lagern geringer gehalten werden als bei Massivlagern. Durch eine Zusatzschmierung in Form von Depotfetten oder olgetrankten Filzen (Bild 9.9) kann die Belastbarkeit der Sinterlager erhoht und die Lebensdauer bis zu einem Faktor von 4 vergrol3ert werden.
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
405
Der Hauptanwendungsbereich von olgetrankten Sinterlagern ohne Zusatzschmierung liegt bei Gleitgeschwindigkeiten bis 2 m/s (Sintereisen) bzw. 3 m/s (Sinterbronze). Durch Zusatzschmierung sind bei nicht zu hoher Belastung p Gleitgeschwindigkeiten v bis etwa 4 m/s, im Kurzzeitbetrieb im Fall von Sinterbronze und entsprechend niedriger Belastung von 6 bis 8 m/s moglich. Die Leistungsgrenze liegt unter gunstigsten Bedingungen bei einem p .v-Wert von 200 Wlcm2 (Bronzelager). Obgleich das Betriebsverhalten der Sinterbronze giinstiger ist, werden aus Preisgrunden in der Praxis vielfach Sintereisenlager eingesetzt. Zunehmend sind auch porose Sinterwerkstoffe auf Al-Basis (z. B. A1-CuLegierungen) im Einsatz. Ihr besonderer Vorteil liegt in der guten Korrosionsbestandigkeit, der hohen Warmeleitfahigkeit sowie der hoheren Anpassungs- und Einbettfahigkeit, die Belastbarkeit ist jedoch geringer. Die Uberlegenheit von Sinterlagern betrifft vonviegend den Bereich der kleineren Gleitgeschwindigkeiten oder pendelnder Bewegungen, wo beim Massivlager die Ausbildung des hydrodynamischen Schmierfilms nicht mehr gewahrleistet ist. Hauptkriterien sind die Forderung nach Wartungsfreiheit oder der Tatbestand, dal3 eine ordnungsgemal3e Schmierung nicht moglich ist bzw. keine Verunreinigung durch austropfendes 0 1 eintreten darf. Wegen ihrer Porositat und der dadurch geringeren Festigkeit sind Sinterlager empfindlich gegen Stone und Kantenpressungen. Die Leistungsfahigkeit der Sinterlager wird maogeblich auch von der Qualitat und Stabilitat der Trankole bestimmt, wobei wegen der grol3en Oberflachen des Porenraumes eine besonders geringe Oxidationsneigung und hohe Alterungsbestandigkeit notwendig sind. Bei Auswahl von 01geeigneter Viskositat lassen sich Arbeitstemperaturen bis 100 " C beherrschen, mit Spezialolen (z. B. Siliconolen) auch noch hohere Temperaturen. Olgetrankte Sinterlager werden auf fast allen Gebieten des Gerate-, Maschinen- und Anlagenbaues eingesetzt, insbesondere in der Kraftfahrzeugtechnik, in Haushalts- und Elektrogeraten sowie im Buro-, Textil-, Verpackungs-, Druck- und Landmaschinenbau. Bei sehr gleichmal3iger PorengroBe (100 bis 1000pm) und -verteilung kann als Gleitmittel auch Luft oder ein anderes Gas verwendet werden, das so durch die Poren gedruckt wird, dal3 die Welle darauf gleitet. Die gasgeschmierten Lager sind fur geringe Belastungen und hohe Drehzahlen geeignet. Neben den olgetrankten sind als eine weitere gro13ere Gruppe feststoffgeschmierte Sinterlager im Gebrauch, die in der Mehrzahl uber Pressen und Sintern von Gemischen aus einem Basispulver und pulverformigen schmierenden ZusatZen hergestellt werden. Hinsichtlich der Zusammensetzung kommen vorzugsweise Gleitwerkstoffe auf Eisen- oder Bronzebasis mit 4 bis 20 Masse-% Graphit als haufigstem gleitfordernden Bestandteil sowie Molybdandisulfid und Blei als Schmierzusatz in Betracht. Das Gefuge solcher Werkstoffe ist in Bild 9.10 zu erkennen. Die Schmierwirkung der Metall-Graphit-Verbundwerkstoffeberuht auf der Bildung eines Graphitfilms auf der Gleitflache. Die Einsatzgrenzen liegen bei Gleitgeschwindigkeiten von etwa 1 m/s und Belastungen von 3 bis 6 MPa. Fur hohere Beanspruchungen haben sich Eisenbasis-Gleitwerkstoffe bewahrt, denen neben Graphit vorwiegend MoS2 in Mengen bis zu 2% zugesetzt ist. Graphitgeschmierte Sinterlager werden dann eingesetzt, wenn durch Druck, aul3ere Bedingungen und korrosive Einfliisse eine Flussigkeitsschmierung Schwierigkeiten bereitet, oder hohere Arbeitstemperaturen, wie in Warmekraftmaschinen, Maschinen der Kunststoff- und Glasindustrie, Pressen, Walzwerken
406
il)
9
Glcit- u n d 1,agerwcrkstoffe
b)
I3 iI d Y. I( I ( ic luge \on Metal I-(irap hi t -(iI c it w e rkst (1 llc n ;I ) E isc 11- I3 I c i -G r;i ph i t -G Ici t u c r ksl o f f. u ngc ii tz t h ) Eisen-Rronze-Blei-(iraphit-
und Einrichtungcn der Gielkreiindustrie, zum Versagen der meisten Schmieriile fuhren. Sie sind bei solchen Temperaturen (Eisenbasiswerkstoffe bis 700"C, Kupfcrb~isiswerkstoffebis 450°C) auch den reinen Graphitlagern (s. Abschn. 9.2.6) uberlegen. deren nicdriger Ausdehnungskoeffizient und Sprodigkeit oft zu Komplikationen fuhren. Weitere Einsatzgebiete sind Lager fur tiefe Temperaturen, bei denen die Schmierole stocken und sich dcmzufolge kein Schmierfilm a us bi 1de n k an n . Fe st st of fg e sch m ie r t e Lager si nd gege n Ve r u n re i n ig u n gc n w e i t gehend unempfindlich. An die Oberflachengute der Wellen werden nur geringe Anforderungen gestellt [9. 141. Zu dc n am ha u fi gs t e n e i n ge set z t e n fe st st o f fge sch m i e r t e n Lage r n ge h iire n Ve rbundwerkstoffe, bei denen in ein poriises. auf einem Stahltriiger aufgesintertes Mctallgerust Polymere, insbesondere jedoch Polytetrafluorcthylen (PTFE) meist in Verbindung mit anderen festen Schmierstoffen (Blei. Graphit. MoS2 u. a.). eingebracht werden. PTFE hat gegenuber fast allen Metallen eine niedrigere Reibungszahl und weist starkes antiadhasives Verhalten (geringe Versch 1e i (3- u n d Fre I3ne i g u n g ) sow ie be ach t 1iche c he m i sche Resist e nz a u I. v e r b u n den rnit einer hohen Temperaturbestandigkeit (Erwcichungspunkt 327 "C) - sie I2Bt einen Einsatz von -200 bis zu 280°C zu - ist PTFE fur den tribologischen E i n s a t z pr iides t i n i e r t . Se i n e stark e FI i e l3 n e i g ung , d i c re1at i v grol3e W ii r m e a usdehnung und die geringe Warmeleitfahigkeit machcn die Verwendung von PTFE ohne Full- und Stutzstoffe fur Lagerzwecke nur in Form dunner Schichten moglich. Bei der Herstellung von Verbund-Gleitelcmenten wird in die auf ein Stahlband aufgesinterte porBse Schicht aus Zinnbronzepulver (40 bis 50% Porigkeit) eine Paste aus PTFE und weiteren Komponenten eingewalzt (z. B. Lager mit eincr Fullung aus 80% PTFE und 20% Bleipulver sind unter den Handelsnamen DULager bekannt). Die Lager werden mit einer Laufschichtdicke je nach Durchmesscr zwischen 0,3 und 3 mm gefertigt. Sie kiinnen ohne jegliches Schmiermittcl eingesetzt werden. wobei cine zusiitzliche Schmierung die Lebensdauer beachtlich vcrliingert. Ihre Belastbarkeit ist sehr hoch (maximalc statische Belastung 250 MPa), dagegen sind C;leitgeschwindigkeiten uber 2 m/s zu vermeiden. Mit der Belastung sinkt die Reibungszahl deutlich. sie betragt bei 30MPa p = 0,OX und bei 0.3 MPa p = 0,2 [0.16].
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
407
Bevorzugter Einsatz sind zeitweise betatigte, unter hoherer Belastung stehende Lagerstellen und Gleitmechanismen z. B. im Schwermaschinenbau und der Fordertechnik, in der Fahrzeugindustrie, im Flugzeugbau, bei Textil- und Erntemaschinen aber auch Lager und Gleitelemente in Kleingeraten, Haushaltsmaschinen sowie Pumpen und Fordereinrichtungen fur Flussigkeiten. In der Lebensmittelindustrie und der Medizintechnik sind bleifreie PTFE-Verbundlager im Einsatz, aber auch solche, die aus anderen Polymeren aufgebaut sind, wie beispielsweise aus Acetal-Copolymeren (POM).
9.2.5 Polymere Wegen ihres gunstigen tribologischen Verhaltens eignet sich eine Vielzahl von Polymeren als Lagerwerkstoff und fur Teile mit gleitender Beanspruchung. Sie unterscheiden sich in ihren Eigenschaften deutlich von den Metallen. Dazu gehoren vor allem der niedrige E-Modul, die geringe Dichte (0.9 bis 2,0g/cm3), die herausragende chemische Bestandigkeit. die relativ niedrige Harte und Festigkeit, die rnit steigender Temperatur meist rasch abnehmen, die hohe Schwingungsdampfung und auBerdem die geringe thermische und elektrische Leitfahigkeit sowie eine etwa IOfach groBere Warmeausdehnung im Vergleich zu Metallen. Niedrige zwischenmolekulare Bindungskrafte bewirken in vielen Fallen ein gunstiges antiadhasives Verhalten, d. h. geringe VerschleiB- und FreBneigung, bzw. verminderte Reibungskrafte. Einige Polymere konnen bei kleinen Beanspruchungen unverstarkt eingesetzt werden, meist ist aber zur Erreichung der fur Lager- und Gleitwerkstoffe geforderten Eigenschaften eine Verstarkung mit faserigen und pulverformigen Fullstoffen erforderlich. Grundsatzlich unterscheidet man bei Polymeren zwischen Thermoplasten, die aus kettenformigen eindimensional aufgebauten Makromolekulen bestehen. sowie Duroplasten und Elastomeren, die aus vernetzten dreidimensionalen Makromolekulen aufgebaut sind. Thermoplaste konnen durch Erwarmen uber ihren Schmelzpunkt aufgeschmolZen werden. Zu ihnen gehoren die folgenden, fur Gleitanwendungen wichtigen Stoffe: Polyacetal (Polyoximethylen, POM), Polyamid (PA), Polyethylen (PE), Polytetrafluorethylen (PTFE), thermoplastisches Polyimid (PI), Polyalkylenterephthalat (Polyethylenterephthalat PETP; Polybutylenterephthalat PBTP), Polycarbonat (PC), thermoplastisches Polyurethan (PUR) und Polyetheretherketone (PEEK). Duromere sind Polymere, die durch eine chemische Reaktion ihrer Komponenten nach der Formgebung ausharten und danach nicht wieder aufgeschmolzen werden kiinnen, sondern sich bei einer bestimmten Temperatur zersetzen. Hierzu gehoren: Phenolharze, Epoxidharze, Polyesterharze, duromere Polyurethane (PUR) und duromere Polyimide (PI). Bei den Elastomeren handelt es sich um Stoffe mit gummielastischem Verhalten. Wichtigste Vertreter sind Naturgummi, Butyl-, Neopren-, Silicon-, Nitril-Gummi usw. Lager aus Polymeren lassen sich in vielen Fallen wirtschaftlich durch Form- oder Strangpressen und SpritzgieBen herstellen. Durch exakte Einhaltung der Verarbeitungsbedingungen werden ein gleichmaBiges teilkristallines Gefuge und minimale MaBabweichungen der Formteile gewahrleistet. Lager aus DuromerenFormmassen rnit verschiedenen Fullstoffen werden durch Formpressen gefertigt.
408
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
Bei flachigen, meist textilen Verstarkungsmitteln wird das harzgetrankte Material auf einen Stahldorn gewickelt. Es hartet unter Warme aus, wobei durch Pressen nachverdichtet werden kann. Nach Entfernen des Dorns ist spanendes Bearbeiten leicht moglich. Die tribologische Anwendung von Polymeren ist durch einen weitgehend wartungsfreien Betrieb sowie die guten Notlaufeigenschaften gekennzeichnet, da Polymere im Kontakt mit metallischen Werkstoffen nur in geringem MaBe zum VerschleiBen neigen. Durch Festsetzen von Teilchen des polymeren Werkstoffs in die Rauhigkeiten der Welle wird deren Oberflache geglattet. Polymerlager sind gegenuber eindringenden Fremdkorpern und den Verunreinigungen des Schmiermittels unempfindlich. Grundsatzlich lassen sich, wie auch die Gegenuberstellung der Bilder 9.11 und 9.12 zeigt, Lager aus Duromeren auf Grund der Netzstruktur hoher belasten als solche aus Thermoplasten. Letztere werden deshalb auch haufig zu Verbundlagern verarbeitet, bei denen die guten Gleiteigenschaften des polymeren Werkstoffes mit der Stutzwirkung durch Fullstoffe und Stahllagerschale kombiniert sind.
9.2.5.1 Duromere
Fur Lagerzwecke und andere tribologische Beanspruchungen werden oft thermobestandige Phenolharzlaminate eingesetzt. Als Verstarkung kommen Baumwolle, Hartpapier, Glasmatten und -gewebe in Betracht, die auch mit Graphit, MoS, und Siliconfluids getrankt sein konnen. Beim Einsatz poroser Fasern ergibt sich ein oltrankbares, praktisch wartungfreies Lager [9.17]. Phenollaminate iibertreffen die meisten Polymere in der Schlagfestigkeit und den mechanischen Eigenschaften. Selbst bei 240°C weist der E-Modul noch einen Wert von 80% des bei Raumtemperatur gemessenen auf. Preflstofflager neigen unter der Einwirkung von Schmiermitteln (Wasser, Schmierol, Schmierfett) zum Quellen. Um unerwunschte MaBanderungen wahrend des Betriebes zu vermeiden, werden die Rohlinge bei erhohter Temperatur und Druck in 01getrankt und erst danach auf Ma13 bearbeitet. Dabei wird gleichzeitig die PreBhaut, die die Schmiermittelhaftung verschlechtert, entfernt. Weiterhin konnen im Betrieb unter der Einwirkung erhohter Temperaturen (> 50 bis 60°C) MaBanderungen durch Schrumpfen und Warmedehnung auftreten. Die Dehnungsverhaltnisse in PreBstofflagern sind insgesamt auljerordentlich komplex, zumal sie bei SchichtpreBstoffen von der Richtung der unterschiedlichen Schichtstrukturen abhangig sind. Neueingebaute PreBstofflager sollten daher im Einlauf sorgfaltig uberwacht werden. PreBstofflager sind im Vergleich zu metallischen Lagern gegenuber Belastungsanderungen, die zu Reibungs- und Temperaturspitzen fuhren, empfindlicher. Um thermische Schadigungen zu verhindern, sol1 die maximale Temperatur 120"C nicht iiberschreiten. Bei geteilten Lagern, wie sie z. B. bei der verhaltnismaaig groben Lagerung von Walzenzapfen oder Achsen bei Forderwagen verwendet werden, treten hingegenTemperaturspitzen selten auf. In Bild9.11 ist die Reibungszahlpin Abhangigkeit von Belastung und Gleitgeschwindigkeit am Beispiel einer Phenolharz-PreBstoffbuchse mit Fullstoff Textilgewebe dargestellt. PrerSstofflager haben bei einwandfreier Bearbeitung und in Kombination mit einer feingeschliffenen oder polierten Welle einen sehr geringen VerschleiB. Anwendungsbeispiele sind Lager in Walzgeriisten, Kalandern, Feldbahnen und Landmaschinen, Kugellagerkafige, Zahnund Schneckenrader, Nocken, Pumpenrotoren, Ventilplatten usw.
9.2
o
4
a
iz
16
20
24
ZB
409
Werkstoffe fur Gleitlager
32
36 40 MPO 48
Flodenpressung p Bild 9.11 Reibungsverlauf in Abhangigkeit von der Flachenpressung p und Gleitgeschwindigkeit v bei Buchsen aus PreBstoff auf Phenolharzbasis (Fullstoff Textilgewebeschnitzel) (nach R. Kiihnel) Welle: Stahl. poliert; Olschmierung 1 bis 0.5 m/s: 2 bis 6m/s; 3 bis lOm/s
Epoxidharze weisen ahnliche Eigenschaften wie Phenolformmassen auf, werden aber in geringerem Umfange als Gleitwerkstoffe genutzt, z. B. als Gleitfuhrungen in Werkzeugmaschinen, die sich durch GieBen herstellen lassen. Tabelle 9.6 Eigenschaften von verstarkten Duromeren (nach J.K . Lancaster) Eigenschaften
Einheit
Melamin- Phenolharz harz
+
+
Siliconharz
Epoxidharz
+
+
Cellulose
Cellulose
Mineralfaser
Cellulose
Polyester- Polyimide + harz + KohlenCellulose stofffaser
Dichte
g/cm3
1.4
1,35
1,75
12
1.25
16
Zugfestigkeit
MPa
104
76
62
90
69
450
Biegemodul GPa
6.9
8,3
14
3.5
43
40
Kerbschlag- J/cm2 zahigkeit
0,68
1,l
1.6
1.1
1,6
OS
Wasserabsorption in 24 h
%
1 s
1,s
0,8
1 ,5
1,s
2
max. Einsatztemperatur
"C
130
150
250
175
140
300
VerschleiR
l(k7mmVJ
3 bis SO mit Zusatz von Feststoffschmiermitteln
0,s
410
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
Einen Uberblick uber die Eigenschaften der fur tribologische Zwecke genutzten Duromere rnit den dafur typischen Fullstoffen gibt Tabelle 9.6. Polyimide, wie auch die Polyurethane lassen sich sowohl als Duromere wie auch thermoplastisch herstellen. 9.2.5.2 Thermoplaste
Polyamid ( P A ) Nach ihrem chemischen Aufbau unterscheidet man verschiedene Polyamidtypen. Die wichtigsten sind: PA 6, PA 66, PA 610, PA 612, PA 1 1 und PA 12 [9.18]. Wahrend sie sich in ihren mechanischen Eigenschaften nur wenig unterscheiden, ist z.B. die Wasseraufnahme und damit das Quellverhalten bei den Typen PA 610/612 und PA 11/12 deutlich geringer. Polyamide (z. B. bekannt unter dem Handelsnamen Nylon) haben sehr gute mechanische und tribologische Eigenschaften, sind leicht zu schmelzen und lassen sich z. B. rnit Glas-, Mineral-, Kohlenstoff- und Aramidfasern verstarken und rnit Gleitstoffen wie PTFE, Siliconol, Graphit, MoS, u. a. vermischen. Der Erweichungspunkt von 120°C begrenzt den Einsatz. Bei der Bemessung des Lagerspiels sind im Vergleich zu metallischen Werkstoffen die groBe Warmedehnung und die MaBanderung infolge Feuchtigkeitsaufnahme (Quellung) zu berucksichtigen. Die Lagerschalen sollen vor der Fertigstellung den Feuchtigkeitsgehalt aufweisen, der sich in der beim Betrieb vorhandenen Atmosphare einstellt. Lager, die in Wasser, Wasserdampf oder feuchter Atmosphare eingesetzt werden, mussen rnit Wasser gesattigt sein. Auch bei Trockenlauf oder Mischreibung sind die Gleiteigenschaften von Polyamiden in Paarung mit Stahl, wie auch rnit Polyamid selbst, sehr gut. Sie eignen sich daher besonders fur einen wartungsfreien Betrieb. Die Abhangigkeit der Gleitreibungszahl vom Flachendruck bei Trockenlauf gibt Bild 9.12 wieder. Sehr niedriger VerschleiB wird dann erreicht, wenn die Lagertemperatur 80°C nicht uberschreitet und die Stahlwelle geschliffen ist (Rauhtiefe 2 bis 3 pm). Bei Temperaturen uber 8 0 ° C reduziert sich die Lebensdauer des Lagers zunehmend. In den meisten Fallen ist die Belastung durch die infolge der geringen Warmeleitfahigkeit nicht mehr abzufuhrende Reibungswarme begrenzt. Die thermischen Verhaltnisse lassen sich deutlich verbessern, wenn nur dunne Polyamidschichten (0,l bis 0.3 mm) auf Stahlstutzschalen aufgebracht werden. Derartige Verbundlager zeichnen sich durch eine erhohte Tragfahigkeit aus. Um das bei reinem Polyamid auftretende stick-slip-Verhalten zu beseitigen, verwendet man oft Polyamid-Polyethylenmischungen im Verhaltnis 9 : 1, wobei sich deren Belastungsfahigkeit im Vergleich zu glasfasergefullten Polyamidlagern noch um das 4- bis Sfache erhoht, wenn kleine Bleikugeln in die Plasteoberflache eingearbeitet werden. Die gute Dampfungsfahigkeit von PA-Lagern sichert auch bei hoheren Gleitgeschwindigkeiten einen ruhigen Lauf, daher sind sie fur Einsatzfalle mit StoB- und Schwingungsbeanspruchung pradestiniert. Wegen der besonderen mechanischen Eigenschaften wird PA auch fur Zahnrader, Buchsen, Kettenglieder, Kettenrader sowie bewegte Bauteile in Buro- und Haushaltsmaschinen sowie in der Unterhaltungselektronik eingesetzt.
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
41 1
f Wchenpressung p Bild 9.12 Abhiingigkeit der Reibungszahl tlrrclinirrtin und E. Strickle)
,LJ
von dcr Flichenpressung p bei Polyamid (nach / I .
Polyoximetlzylen ( P O M ) Auf Grund der geringen Wasseraufnahme (< 0,06% bei Sattigung) und seiner Dimensionsstabilitat (MaBanderungen durch Quellen oder Schrumpfen sind nahezu ausgeschlossen) ist Polyoximethylen insbesondere fur maBhaltige Lager sehr geeignet. Die Verarbeitung im PrazisionsguB ermoglicht die Fertigung auch komplizierter, spanabhebend nur sehr schwer herstellbarer Formteile, die, falls notwendig, auch mit Metalleinpressungen versehen werden konnen. Zur Verminderung der Reibungszahl enthalten spezielle Lagerwerkstoffe aus Polyoximethylen Molybdandisulfidzusatze oder werden mit PTFE modifiziert. Zahigkeit und Druckfestigkeit lassen sich durch Verstarkung mit Glas, Kohlenstoff oder Aramidfasern sowie mineralischen Fullstoffen verbessern. Polyoximethylen eignet sich ahnlich wie Polyamid fur wartungsfreie Lager auch bei hoheren Belastungen. Mit der Gleitgeschwindigkeit nimmt die Reibungszahl etwas ab und liegt insgesamt niedriger als die von Polyamid. Von der Flachenpressung wird die Reibung dagegen nur wenig beeinflufit, wie aus Bild 9.13 hervorgeht. Der VerschleiB ist geringer als bei Lagern aus Phenolharzen. POM wird auch als Schichtverbund-Lager in der Kombination Stahlrucken/porose Bronze/POM-Laufschicht (z. B. DX-Lager) hergestellt. Mit einmaliger Fettschmierung konnen diese Lagerbis2,5 m/s Gleitgeschwindigkeit bei p . v-Werten von 70 W/cm’ eingesetzt werden. Typische Anwendungsgebiete fur POM sind Gleitlager in der Feinwerktechnik, der Elektromechanik und der Hausgeratetechnik, daneben auch Kugelgelenke, Kettenglieder sowie Lager und bewegte Teile im Automobilbau. Polytetrufliiorethylen (PTFE) Unter den Werkstoffen fur Gleitlager nimmt PTFE eine Sonderstellung ein, die durch die hochste chemische Bestandigkeit und die hervorragenden selbst-
I
I
0 -
0
0,5
1
1,5 MPa 2
25
3
Flachenpressung p Bild 9.13 Reibungszahl p verschiedener Polyoximethylentypen in Abhangigkeit von der Flachenpressung p (nach Firmenangaben) Welle: Stahl geschhffen: Rauhtiefc: 2 his 2.5 jm Gleitgeachwindigkeit: v = 10mimin
schmierenden Eigenschaften gekennzeichnet ist. Sein Schmelzpunkt liegt bei 327 "C; Erhitzen daruber hinaus fuhrt zur thermischen Zersetzung verbunden mit der Entwicklung giftiger Gase. PTFE hat eine niedrige Festigkeit und neigt schon bei sehr geringen Belastungen zum Kriechen. Es ist deshalb ohne Verstarkung durch Fullstoffe nicht anwendbar, mit Ausnahme in Form sehr dunner Schichten. Als Verstarkungskomponenten kommen eine Vielzahl von Stoffen in Betracht. Die wichtigsten sind Glas-, Metall-, Keramik-, Koks-, Graphit- und MoS2-Pulver sowie Metall-, Textil-, Glas-, Polymer- und Mineralfasern. Die Zusatze konnen bis 50% betragen, liegen aber in der Regel zwischen 15 bis 25%. Angaben zu den erreichbaren mechanischen Eigenschaften und zum tribologischen Verhalten sind Tabelle 9.7 zu entnehmen. Uber die Verschleiflfestigkeit in Abhangigkeit von den Verstarkungskomponenten gibt Bild 9.14 Auskunft. Wegen der extrem hohen Viskositat des PTFE ist auch bei hoheren Temperaturen eine Spritzguflverarbeitung nicht moglich. Zur Fertigung von Lagern und Formteilen bedient man sich des Sinterns kaltgepreflter Pulver in Inertgas oder im Vakuum. Mischungen mit nicht so hohen Fullstoffanteilen lassen sich uber spezielle Strangpreflverfahren zu Halbzeugen verarbeiten. Die aufwendigste und teuerste Technologie, das Heiflpressen mit Abkuhlung unter Druck, liefert die besten Ergebnisse hinsichtlich mechanischer Eigenschaften und Verschleiflwiderstand, ist aber wegen der Kosten nur in Sonderfallen praktikabel. Selbst bei hohen Anteilen an Fullstoffen sind die Festigkeitswerte im Vergleich zu anderen gefullten Polymeren relativ gering, weshalb PTFE auch selten als Kompaktwerkstoff fur Lagerzwecke eingesetzt wird. Die verbreitetste Anwendung liegt in der Herstellung dunnschichtiger Verbundwerkstoffe, wobei das PTFE-Gleitgemisch in pastoser Form in eine hochporose, auf Stahlstutzschalen aufgesinterte Sn-Bronze eingebracht wird (Abschn. 9.2.1). PTFE laflt sich auch zu Fasern ziehen, die mit Glas-, Polymer-, (Aramid, Polyamid)
9.2
413
Werkstoffe fur Gleitlager
Tabelle 9.7 Mechanische und tribologische Eigenschaften von PTFE in Abhangigkeit vom Fiillstoff (nach J . K . Lancaster) Eigenschaften
Einheit
Fiillstoffe in Masse-% ohne
15 Glas
12,5 Glas 15 12,5 MoS, Graphit
20 Kohle 5 Graphit
55 Bronze 5 MoS2
Dichte
g/cm3
2,2
2.19
2,3
2,12
2,1
3,9
Zugfestigkeit
MPa
9
17,5
13
9s
11,6
13
Dehnung
%
400
300
230
130
70
90
kontinuierlich
11
4
8,1
2.9
4.6
Deformation bei YO 14 MPa und 25 "C thermischer Ausdehnungskoeffizient
1WK
17
12,l
11
12,5
8,4
10,l
Warmeleitfahigkeit
W/m K
0.25
0,43
0,51
0,45
0,44
0,72
0,l
0,09
0.09
0,12
0,12
0,13
0,4 0,6 0,9
3,3 3,9 5,O
5,O 62 62
3.5 6,O 9s
5,3 5,3 42
4,4 4,4 4.4
Reibungszahl p p . v-Wert bei 0,05 m/s bei 0,5 m/s bei 5 m/s '1
W/cm2
gegen Stahl bei 0.01 mls Gleitgeschwindigkeit
-3
n
A
A
+
Bild 9. I4 Verschleiherhalten von PTFE-Verbundwerkstoffen beim Lauf gegen unlegierten Stahl (Rauhlgkeit - 0,15 pm) im Vergleich zu ungefulltem PTFE (nach D.C. Evans und J K . Lancasrer)
414
9
Gleit- und Lagerwcrkstoffc
oder anderen Fascrn verwebt auf einen Triigerwerkstoff (Stahlrucken, Glasfaseroder Epoxidharztriiger) aufgebracht, sehr leistungsfiihige und schmierungsfreie Lager ergeben. Solche Lager (Handelsname: GAR-MAX) sind bis 0.13 m/s Gleitgeschwindigkeit bei p . v-Werten bis 90 W/cm' einsetzbar. Bei Mischreibung (z. B. Fettschmierung) ist die Beanspruchbarkeit hiiher und die Reibungszahl sehr niedrig. Die miigliche groBe Belastung bis 200 MPa, der Einsatzbereich von -100 bis 160°C und die hohe Schlagfestigkeit lassen cine Anwendung auch bei sehr rauhern Betrieb zu. Beispiele hierfur sind: Baurnaschinen. Bagger, Landmaschinen, Achsschwing-, Achsschenkel- und Bolzenlager [9.16]. Polwtliylen ( P E ) Fur Gleitbeanspruchungen wird sowohl Hochdruckpolyethylen ( H D P E ) als auch Niederdruckpolyethylen mit ultrahohem Molekulargewicht ( U H M W P E ) zwischen 3 his 6Millionen angewendet [9.17]. H D P E hat nur eine geringe Dauerdruckbestandigkeit, ist jedoch mittelmaBig stofibeanspruchbar. P E nimrnt kein Wasser auf und wird daher fur Gleitlager in feuchten Bereichen bzw. direkt im Wasser (auch fur sandfuhrende Gewasser) eingesetzt. Anwendungsbeispiele sind Lager fur Maschinen der Lebensmittel- und pharmazeutischen Industrie, fur StraBen- und Landmaschinen, Pumpen und FGrdereinrichtungen sowie irn Chemieanlagen-Bereich. PE ist auch fur tiefe Temperaturen ei nse t z bar. Das wesentlich aufwendiger herzustellende und deshalb deutlich teurere UHMWPE hat sich besonders fur den Einsatz in Humanimplantaten bewahrt. Hier hat die Verwendung von UHMWPE zu einem Durchbruch in der Huft- und Kniegelenkprothetik gefuhrt. Bei 95% aller kunstlichen Huftgelenke wird UHMWPE auf der Pfannenseite verwendet, wobei die als Gegenpartner auftretenden Kugeln entweder aus Kcramik (A120,,Zr02)oder Metallcn (Ti- und CoCr-Mo-Legierungen. seltener noch Cr-Ni-Stahl) hergestellt werden [9.19]. Aus klinischen Erfahrungen geht hervor, daR der VerschleiB bei dcr Kombination Metall/ UHMWPE bis etwa 500,um/a betragen kann, wahrend bei A1203/ UHMWPE etwa 20 bis 100,umla ermittelt wurden [9.20]. UHMWPE wird durch HeiBpressen oder Strangpressen mit hohern Druck hergestellt. Es hat einen hohen Kristallisationsgrad, der fur den groBen RIB- und Durchdringungswiderstand sowie die extreme StoRbelastbarkeit rnitverantwortlich ist. Die VerschleiBfestigkeit ist hoch (der Abrasionswiderstand ist 1Ornal hoher als der von weichem Stahl), und die Reibungszahl bleibt auch bei unterschiedlichen Belastungen niedrig.
Polyimide fallen ,je nach Herstellungsverfahren sowohl als Thermoplaste, als auch als Duromere an. Sie sind hochtemperaturbestandig und konnen bis 260°C auf Dauer, kurzzeitig sogar bis 480°C beansprucht werden, lassen sich aber auch fur sehr tiefe Temperaturen einsetzen. Ihre Herstellung erfolgt durch HeiRprcssen zwischen 260 his 450°C oder durch Kaltpressen von Pulver und nachfolgendes Sintern. Als Fullstoffe kommen vorzugsweise Graphit und PTFE in Betracht. Polyimide kiinnen uber die Sintertechnik auch als poriise Materialien, ahnlich wie metallische Sinterwerkstoffe (Abschn. 9.2.4) gefertigt werden. Mit flussigen Schmiermitteln getrankt. erhalt man sehr leistungsfahige Lagerwerkstoffe. Hervorzuheben ist die hohe Ermudungsfestigkeit (bei RT l o 7 Zyklen bei einer Bela-
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
415
stung von SO MPa). Einsatzbeispiele sind Kolbenringe, Lager in Kopierern und Buromaschinen sowie gleitbeanspruchte Teile in der Raumfahrt. Zunehmend genutzt werden die hochfesten Aramidfasern, welche aus aromatischen Polyimiden bestehen. Sie haben eine niedrige Dichte, sehr hohe Zugfestigkeit, eine metallahnliche Zug-Druck-Charakteristik, gewisse gleitfordernde Eigenschaften und sind von -190 bis 200°C einsetzbar. Haufig werden sie als Verstarkungselemente fur polymere Lagerwerkstoffe, in Friktionswerkstoffen und in vielen tribologisch beanspruchten Bauteilen verwendet Polyetheretherketone ( P E E K ) PEEK ist fur die Anwendung bei relativ hohen Temperaturen geeignet. Der Schmelzpunkt liegt bei 335 " C und der Glasumwandlungspunkt bei 143°C. Die mechanischen Eigenschaften sind hoch und bewegen sich in der GroBenordnung von Bronze; mit Glas- oder Kohlefaserverstarkung konnen sie noch weiter angehoben werden. Der Werkstoff hat eine gute Strahlenresistenz, ist aber relativ leicht entflammbar. Mit 30% Kohlenstoffaser-Zusatz wird das Maximum der Steifigkeit erreicht, die mit der besten Tauglichkeit als Lagerwerkstoff verbunden ist. Zusatze von Schmiermitteln und/oder PTFE vermindern die Reibung und verbessern das Gleitverhalten deutlich [9.21]. PEEK 1aBt sich leicht auch zu komplex geformten Teilen gieBen. Vorzugsweise wird es fur Gleitteile in der Luftfahrt angewendet und ersetzt wegen seiner guten tribologischen Eigenschaften bei hoheren Temperaturen zunehmend Aluminium. Polyalkylenterephthalute (Polyethylenterephthalat PE TP; Polyhiitylenterephthulat P B T P )
Ihre Harte bewegt sich in der GroBenordnung von POM, fallt jedoch bei Temperaturen uber 70°C deutlich ab. Reibung und VerschleiB sind bis zu dieser Temperatur sehr niedrig und weitestgehend unabhangig von Gleitgeschwindigkeit und Belastung [9.22]. Die Feuchtigkeitsaufnahme ist sehr gering. PETP und PBTP werden als Gleitlager bis 7 0 ° C fur Trockenlauf und Mangelschmierung angewendet. Ihr Einsatz liegt in Lagern der Feinwerktechnik und in Unterwasseranlagen, als Fuhrungsbuchsen fur Gestange sowie Gleitlager fur oszillierende Bewegungen. Zusammenfassend wird in Tabelle 9.8 eine Ubersicht uber mechanische und physikalische Eigenschaften der in den vorstehenden Abschnitten behandelten Thermoplaste aufgefuhrt, wobei die angegebenen Fullstoffkomponenten im wesentlichen den handelsublich verwendeten Kombinationen entsprechen. Bild 9.15 zeigt das Reibungsverhalten von ungefullten Thermoplasten gepaart mit einer 100Cr6-Stahlscheibe (v = 0,l m/s; p = 130 N/cm2) nach Untersuchungen von Czichos und Feinle [9.10]. Die Leistungsfahigkeit von Polymeren mit Fullstoffen ist aus Bild 9.16 anhand der p . v-Werte ersichtlich [9.17]. Die Werte entstammen verschiedenen Quellen, bzw. variierenden Versuchsbedingungen, so dal3 sie nur einen vergleichenden Charakter haben. Elastomere Das gummielastische Verhalten der bereits eingangs dieses Kapitels genannten Elastomere und die damit verbundene sehr hohe Dampfung und StoBbelastbarkeit, die gute chemische Bestandigkeit sowie die im nassen Zustand verhaltnis-
+ Graphit
'1
Zersetzungstemperatur
Ararnidfaser (PI)
PEEK
UHMWPE
Faser
gepreRt
-
-
gesintert
+ 40% Graphit
PI
PI + Kohlenstoff und Graphit
gesintert
+ 15% Graphit
PI
40
-
24.1 2.58
120
0,69
10,34
4,14
3.45
2.76
207
41
57
so
62
35
83
62
-
50
20
gegossen
PA 66
2.07
159
15
gegossen
34
PA 6
1.38
18
13.8
6,89
5
76
35
1.93
GPa
MPa
57
E-Modul
Zugfestigkeit
-
-
gepreRt
gegossen
geprel3t
Harte HV
gepreRt
+ Kerarnik
+ PTFE
Herstellung
PTFE faserverstarkt
PTFE
POM
POM
Material
13
1,43
9,60
1.52
1,38
1,38
1.11
1,38
2,49
1,90
1,46
1.40
g/cm'
Dichte
Tabelle 9.8 Mechanische und phvsikalische Eigenschaften von Polvmeren (nach 19.171)
0,21 0,21
0,35
-
5.71
5,71
0.35
0,35
-
0.35
0,67
-
W/rn. K
Warrneleitfahigkeit
2 4
7,02
6
2.34
63
9.3
9
2.34
1,234
3.9
-
-
334
135
365
3651)
365l)
260
220
-
-
175
170
therrnischer SchrnelzAusdehnungs- punkt koeffizient 1W/K "C
1.17
1.84
-
-
1
2.08
1,67
-
0,96
-
-
J/kg . K
Warrnekapazitat
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
417
o's
Bild 9.15 Reibungsverhalten von ungefullten Thermoplasten (nach H . Czichos u. G. Feinle) Polymertyp
225 200
-
175 wcm2
150
$
-
125-
5
;z
100-
75 5025 -
PES = polvethersulfon PUR =Fv&urethan PEEK = Po/yetheretherketon
Bild 9.16 Leistungsfahigkeit (p . v-Werte) von fiillstoffverstarkten Polymeren
418
9
Gleit- und Lagerwcrkstolfe
miil3ig iiiedrige Reibung lassen die Anwendung verschiedener Elastomere fur spezielle Lagerzwecke vorteilhaft erscheinen. Auf Grund der hohen Widerstandsfiihigkeit gegen den Einflul3 von Wasser. besonders auch gegen Seewasser. der guten Korrosionsbestandigkeit, des geringen VerschleiRes bei Wasserschmierung und der Fahigkeit, harte Verunreinigungen ohne wesentliche Wellenschadigungen durch das Lager zu fuhren, werden verschiedene Gummisorten in spezifischen Llnterwasseranlagcn als Gleitlagerwerkstoff benutzt. Das Auswcichen dcr Gummibuchse wird durch einen entsprechenden Einbau in Metall- oder Polymerhulsen bzw. uber haftfestes Aufvulkanisieren auf eine Stahlstutzschale vermieden. Besonders erwahnenswert ist in diesem Zusammenhang das Polyurethan (PUR), das als breite Produktpalette von Duromcrcn uber Thermoplaste bis zum weniger kreuzvernetzten Elastomer hergestellt werden kann. Die hohe Zahigkeit und das ausgezeichnete Abrasivverhalten sowie die beachtliche chemische Resistenz fuhren zur bevorzugten Anwendung fur stoBbeanspruchte Lager in verunreinigten Flussigkciten und Chemikalien.
9.2.6 Andere Gleitwerkstoffe GI $ciscw Fur Gleitzwecke und als Lagerwerkstoff hat sich fur bcstimmtc Einsatzgebiete GuBeisen mit Graphitcinlagcrungcn bcwahrt. Typische Beispiclc sind Cilcitbahncn f u r Werkzcugmaschinen oder Kolhenringe und Zylinderlaufbahncn fur Verbrennungsmotoren. Da die guten Gleiteigenschaften auf dcr Wirkung des eingeI age r t e n G rap h i t s be r u h e n k o m m e n f ur G 1ei t zwec ke G u Re i sc n sort e n mi t Gehalten v o n 3.2 his 3.8% C in Betracht. Der Graphit wird sehr fcinvertcilt auf die Gleitflachcn ubertragen und vermindert den adhasiven Kontakt zwischen den Partnern und vorzeitiges Fressen. Dabei oberflachlich ausgeriebene Graphiteinlagerungen lasscn feine Vcrticfungen zuruck, die als Olrcscrvoire dienen und bcsonders das Anlaufverhalten verbessern. Durch die im Gefuge eingelagerten Graphitlamellen weist GuBciscn auBcrdem eine gute Diimpfung auf. Neben dem Graphit spielt auch die Gefugeausbildung der Grundmasse cine Rolle. Ferritische und austenitische Gefugebestandteile eignen sich infolge der grCiUeren adhiisiven Ncigung weniger gut fur Gleitzwecke. Wesentlich leistungsfiihigcr und vcrschleiBfcster sind Qualitaten mit vorwiegend perlitischem Gefuge. Gunstig ist auch ein gewisser Phosphorgehalt. wodurch sich ein Phosphidnetzwerk ausbilde t . d a s e i ne t r ag k ri st a I1a r t i ge Wi r k u ng wi e be i den We i Om e t a I I - Lager we r k st of fen entfaltet (s.a. Abschn. 9.2.1 ). Neben dem vorzugsweise verwcndeten GuReisen mit Lamcllcngraphit ist auch dcr Einsatz von GuBeisen mit Kugelgraphit und im Falle der hochgekohlten Sorten. v o n TemperguU fur Gleitelcmcntc miiglich. Fur untergeordnete Zwecke wird GuBeisen fur Lagerschalen im Austausch gcgcn Bronze eingesetzt. Dabei ist zu beachten, daB GuBciscn cin schlechteres Einlaufverhalten aufweist, und daB hohe Kantenpressungcn vermieden werden mussen. Als oberste Grenze der Belastbarkeit werden bei guter Olschmierung Lagerdrucke bis 5 MPa, bci Fcttschmicrung bis 2 MPa angegeben. Die Gleitgeschwindigkeiten belaufen sich bis max. 3 m/s, wobei p . v-Werte v o n 750 W/cm2 nicht uberschritten werden durfen. Solchc GuBeisenlager werden hauptsachlich in (ifter unterbrochen laufende Maschinen eingesetzt. z.B. Kriine. Hcbezeuge und Transporteinrichtungen.
.
.
9.2
Werkstoffe fur Gleitlager
41Y
Kohlenstoff- itnd Graphitwerkstoffe Kohlenstoff- und Graphitwerkstoffe lassen sich hinsichtlich ihres tribologischen Verhaltens in weiten Bereichen modifizieren. Als Ausgangsmaterialien fur die Lagerherstellung kommen Graphite, Kokse und RuBe in Betracht. Sie werden mit Bindern (z. B. Pech, Kunstharzen) sowie Mineral- und Impragnierstoffen gemischt, gepreBt und einer Hochtemperaturbehandlung unterworfen, wodurch sich der gr6Rte Teil der anderen Kohlenstoffmodifikationen in Graphit umwandelt. Bei Verwendung vorwiegend graphitischer Ausgangsrohstoffe kommen auch HeiRpreBverfahren zur Lagerherstellung in Anwendung. Meist werden die poros hergestellten Rohlinge zur Verbesserung der Gleiteigenschaften mit Polymeren (PTFE, Duromerharzen), flussigen Metallen (WeiBmetalle, Zinn, Blei, Antimon) oder Festschmiermitteln (MoS,) getrankt. Je nach Herstellung der Rohlinge lassen sich bis zu 7% Polymere und bis zu 30% Metalle einbringen. Durch Impragnieren mit flussigem Silicium und die anschlieljende Umwandlung in S i c sind leistungsfahige Silicium-Graphit-Verbundwerkstoffemit hoher Verschleififestigkeit realisierbar. Kohlenstoff-Gleitwerkstoffe zeichnen sich durch folgende charakteristische Eigenschaften aus: 0
0
0
0 0
Hohe Temperaturbestandigkeit (an Luft von -180 bis SSO"C, in nichtoxidierender Atmosphare bis uber 1000°C) Kaum temperaturabhangige mechanische Eigenschaften und hohe Druckfestigkeit. Geringe thermische Ausdehnung bei Warmeleitfahigkeiten in der GroBenordnung von Metallen Sehr kleiner E-Modul. Ausgezeichnete Bestandigkeit gegen Chemikalien. Sauren und Laugen mit Ausnahme stark oxidierender Stoffe.
Die Kohlenstoff-Graphit-Werkstoffe werden in der Praxis in ahnlicher Weise wie selbstschmierende Metall-Graphit-Verbunde verwendet, z. B. als trockenlaufende Lager in Trocknungsanlagen, Ofen, Verdichtern, Forderbandern usw. Bevorzugten Einsatz finden sie in der chemischen Industrie fur Pumpenlager. Als Gegenwerkstoffe kommen in Flussigkeiten und aggressiven Medien vorzugsweise austenitische GuBwerkstoffe, Cr-Ni-Stahle, hartverchromte Stahle, Stellite, Keramiken oder Cermets in Frage. Die mittlere Rauhigkeit der Wellenwerkstoffe sol1 0.2 bis 0,4pm betragen. Kerarnische Werkstoffe Mit der Weiterentwicklung von keramischen Werkstoffen wird auch ein zunehmendes Anwendungspotential fur tribologisch beanspruchte Bauteile erschlossen. Besondere Vorzuge sind ihre geringe adhasive Neigung gegenuber metallischen Partnern, der hohe VerschleiBwiderstand, die beachtliche Temperaturbestandigkeit, die sehr gute chemische Resistenz in neutralen und oxidierenden Atmospharen auch bei hoheren Temperaturen, die relativ niedrige Dichte und ihre gute Verfugbarkeit. Als nachteilig ist die geringe Zahigkeit und oftmals eine noch zu groBe Streuung der Festigkeitseigenschaften zu nennen. Bevorzugte Einsatzbereiche fur Gleitbeanspruchung sind Gleitlager, Gleitringdichtungen, Kolben, Ventilteile, Plunger, Fuhrungselemente, Umlenkrollen u. a. in der chemischen Industrie, im Maschinen- und Anlagenbau, fur Gasturbinen, im Reaktorbau, in der Raketentechnologie und Raumfahrt, in der Textil-, Landmaschi-
420
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
nen-, und Drahtziehtechnik, im Industrieofenbau, fur Armaturen usw. Bei Verbrennungsmotoren werden keramische Materialien zunehmend fur Pleuellager, Ventilfuhrungen, Nocken, Kolbenringe, Fuhrungsbolzen u.a. verwendet. Besonders zu erwahnen ist auch der Einsatz von AI2O3-und Zr02-Kugeln in Huftgelenkimplantaten mit ultrahochmolekularem Polyethylen als Gegenwerkstoff (s.a. Abschn. 9.252). Die am haufigsten fur Gleitzwecke eingesetzten keramischen Werkstoffe sind auf Basis von Aluminiumoxid, Zirconiumdioxid, Siliciumcarbid und Siliciumnitrid hergestellt (nur fur untergeordnete Zwecke wird noch Hartporzellan verwendet). In Tabelle 9.9 sind die wichtigsten Eigenschaften ausgewahlter Werkstoffe zusammengestellt.
Tabelle 9.9 Eigenschaften von keramischen Werkstoffen (nach 19.171) Eigenschaft
Einheit
Harte H V
Werkstoff A1203
Quarzglas
Sic
Si,N,
ZrOz
1 500
-
2700
1300
1400
110
103
524
2399 -
Zugfestigkeit
MPa
262
E-Modul
GPa
372
72.4
397
310
Bruchzahigkeit
MPam”’
3
0.68
4,6
4
10
Dichte
dcm?
3,88
2.49
3.04
3.04
5.54
Warmeleitfahigkeit
W/m K
34.6
1.56
147,OS
30
502
thermischer Ausdehnungskoeffizient
10WK
7.1
-
2,3
8,1
10
Warmekapazitat
Jig K
0.13
1.26
1,05
0,85
-
1760
1644
1649
1482
-
max. Einsatztemperatur “ C
Im Trockenlauf werden keramische Werkstoffe fur Gleitzwecke nur selten angewendet (Ausnahmen Fuhrungselemente in der Textil- und Drahtziehtechnik). Bei Paarungen Keramik/Keramik oder Keramik/Metall sind sehr hohe Reibungszahlen zwischen p = 0,4 bis 0,s zu beobachten. Durch Schmierung mit Wasser, Sauren und Laugen sowie speziellen Olen erhalt man Reibungszahlen, die sich nicht wesentlich von denen metallischer Paarungen unterscheiden I9.51. Besonders gunstige Gleitverhaltnisse lassen sich mit den Kombinationen Z r 0 2 / Stahl und Dispersionskeramik (A120, mit Zusatzen von Z r 0 2 und TiC)/Stahl erreichen. So liegen die Reibungszahlen bei max. p = 0,OS im Gleitgeschwindigkeitsbereich bis 4m/s [9.23]. Vorteilhaft ist auch, dalj im Gegensatz zu metallischen Gleitpaarungen, bei denen sich im Falle der Uberbeanspruchung die Reibungszahlen durch Fressen sprungartig erhohen, bei kritischen Uberbelastungen keramischer Werkstoffe ein relativ langsames Ansteigen der Reibungszahlen beobachtet wird. Generell konnen mit keramischen Gleitpaarungen keine wesentlich hoheren Tragfahigkeiten gegenuber Metallwerkstoffen erzielt werden. Der VerschleiS von Gleitelementen der Paarungen Keramik/Stahl, Keramik/Keramik und Keramik/Polymer ist jedoch gegenuber den rein metallischen Varianten oft deutlich geringer.
9.3
Anforderungen an Walzlagerwerkstoffe
42 1
9.3 Anforderungen an Walzlagerwerkstoffe Wegen der ganzlich anders gearteten Belastung des Werkstoffes in einem Walzlager werden an Walzlagerwerkstoffe auch andere Anforderungen als an Gleitwerkstoffe gestellt. Beim Abwalzen der Kugeln, Rollen oder Nadeln auf den Innen- und AuBenringen des Walzlagers treten nur punkt- bzw. linienformige Beruhrungen auf (Bild 9.17), im Verlaufe derer der Werkstoff hohen Wechselbeanspruchungen ausgesetzt ist. Die Spannungsspitzen konnen Werte von 1000 bis 3000 MPa erreichen [9.27]. Daruber hinaus werden Walzkorper und Laufflachen auf Reibung und VerschleiB beansprucht. Bei entsprechender Betriebsdauer fuhren der millionenfache Lastwechsel und die Reibung zur Ermudung des Werkstoffes an den Beruhrungsflachen, die mit anschlieBender Zerstorung des Lagers durch Grubchen- und Pittingbildung oder Abblattern und Schalen an den Laufoberflachen verbunden ist.
Bild 9.17 Kugellager (links), Nadellager (Mitte), Rollenlager (rechts)
Damit auch bei auftretenden Spannungsspitzen die Laufflachen sich nur elastisch verformen, mu13 der Werkstoff eine ausreichend hohe Harte und eine sehr gleichmaBige Harteverteilung aufweisen. Einschlusse und Storstellen (nichtmetallische Teilchen, ungleichmanige Carbidverteilung, Poren), vor allem wenn sie in oder dicht unter der Oberflache der Laufbahn in der Zone der groBten Druck-, Zug-, oder Scherspannung liegen, bilden Ausgangspunkte fur Ermudungsbruche und fuhren zur schalenformigen Abtrennung von VerschleiBpartikeln. Besonderes Anliegen der Werkstofftechnik ist es, diese ,,inneren Kerben" in Anzahl und GroBe weitgehend zu reduzieren und ihre Verteilung so gunstig wie moglich zu gestalten. Dabei werden in erster Linie hohe Anforderungen an die Technologie der Stahlerzeugung gestellt. Wichtig ist auch, daB eine sorgfaltige Prufung von Walzlagerstahlen, insbesondere des mikroskopischen Reinheitsgrades auf Einschlusse (Sulfide, Oxide, Silicate u. a.; - siehe hierzu auch Stahl-Eisenprufblatt 1570/71 und DIN 50 602) erfolgt. Neben einer geeigneten chemischen Zusammensetzung und weitgehender EinschluBarmut der Walzlagerstahle sind die Art und Homogenitat des Gefuges, der Eigenspannungszustand und eine gute Bearbeitbarkeit von Bedeutung. Hohe Anspruche sind auch an die Weiterverarbeitung und Warmebehandlung zu stellen. Neben der gewunschten Harte und einer gleichmaljigen Harteverteilung ist der Erhalt einer bestimmten Restduktilitat erforderlich. Angestrebt wird der Aufbau gunstiger Druckeigenspannungen im Gefuge sowie die Vermeidung von Restaustenit, da dieser zur Verminderung der Lebensdauer und einer allmahlichen MaBveranderung fuhren kann. Walzlagerkafige haben die Aufgabe, die Beruhrung der Walzkorper untereinander zu verhindern; sie fungieren als Abstandshalter. Zusatzlich sollen sie die durch Geschwindigkeitsanderungen der Walzkorper hervorgerufenen StoBe aufnehmen. Als Kafigwerkstoffe werden Stahl, Kupferlegierungen, Leichtmetalle und Polymere eingesetzt.
422
9
Gleit- und Lagcrwerkstoffe
9.4 Werkstoffe fur Walzlager Fur die Herstellung von Walzlagern haben sich als Standardwerkstoffe niedriglegierte Chrom- und Chrom-Mangan-Stahle mit schwach iibereutektoidischem Kohlenstoffgehalt bewahrt. In Sonderfallen kommen korrosionsbestandige und warmharte Stahle (Schnellarbeitsstahle) mitunter auch Keramiken. vorzugsweise Si3N,, in Frage. AuBerdem sind legierte Einsatz- und Vergutungsstahle in Anwendung. Um den Schlackegehalt so niedrig wie moglich zu halten, erfolgt die Erschmelzung der Walzlagerstahle generell im Lichtbogenofen. Daran schlieBt sich ein Refining im Pfannenofen an, wodurch bereits gute Reinheitsgrade erreicht werden. die fur die allgemeinen Anwendungen ausreichen. Bei besonders hohen Anforderungen an Reinheit und GleichmaBigkeit des Stahles sind spezielle Technologien wie die Vakuumentgasung, Vakuumschmelzverfahren, Elektroschlacke-Umschmelzverfahren. das StranggieBen u. a. im Einsatz. Sauerstoffgehalte unter lOppm sind heute oft schon die Regel. Auch die fur eine vorzeitige Ermiidung und damit Lebensdauerbegrenzung hauptverantwortliche Menge an Einschlussen konnte kontinuierlich gesenkt werden, wie aus Bild 9.18 zu erkennen ist. In Tabelle 9.10 ist eine Auswahl der wichtigsten fur Walzlager verwendeten Stahle zusammengestellt.
f3ild 9.IX Entwicklung dcs Rcinheitsgrades
1980
1982
1984
1986
1988
I990
v o n durchhlirtendcn Wiilzlagerstihlen (nach [9.25])
9.4.1 Niedriglegierte durchhartende Cr- und Cr-Mn-Stahle Der niedriglegierte iibereutektoidische Cr-Stahl 100Cr6 (s. Tab. 9.10) wird seit seiner Einfiihrung um die Jahrhundertwende [9.30] in nahezu unveranderter chemischer Grundzusammensetzung als Standard-Kugellagerwerkstoff weltweit verwendet. Beziiglich der Reinheit, des Gasgehaltes und der nichtmetallischen
max.0.25
max.0,40
1.3533 0,15/0,20
1.3561 0,4210.48
1.3565 0,46/0.52
1.3541 0.42/0.50
1.3543 0,95/1.10
1.355 1 0,7710.85
1.3553 0.7810.86
17NiCrMo14
4402
48CrMo4
X45Cr 13
X102CrMo17
80MoCrV42-I6
X82WMoCrV6-5-4
GKZ gcgluht
max.1,00
1.3521 0,1410.1Y
17MnCr5
21
max.0.40
1.3537 0,9011 .05
100CrMo7
Anhaltsangahcn
max.0,40
1.3520 0,90/1.05
100CrMn6
I)
0.1 510,35
1.3505 0.90/1.05
100Cr6
max.l.OO
max.0.04
max.0.04
0.2010.40
0,5010.70
0.1510.35
1.3501 0.90/1,05
Si
100Cr2
C
W.-Nr.
Werkstoff
max.0.40
max.0,35
max.1.00
max.1.00
0.50/0,80
0,40/0,70
0,4010.70
1,0/1,30
0,25/0,45
1.0/1,20
0.2510.45
0.2510.45
Mn
Tabelle Y.10 Auswahl von Walzlagerstahlen fnach 19.371)
S max.
Cr
0.04
0,04
0.04
0.04
0,03
0.03
0.03
0,02
0.03
0,02
Warmharte Stahle
0,04
0,04
3.814.5
3,7514.25
16,0118,O
12.5/14.5
0.90/1.20
0.4010.60
1.30/1,60
0.80/1,10
1,6511 ,Y5
1.4011.65
1,35/1,65
0,40/0,60
Nichtrostende Stahle
0.03
0,03
Vergiitungsstahle
0.04
0,04
0,03
0,03 Einsatzstahle
0.03
0,03
0.03
0.03
0,03
0.03
Durchhartende Stahle
P max.
4.7/5.2
4.0/4.5
0,35/0.70
-
0.15/0,30
-
0.15/0,25
-
0,15/0,25
-
-
-
Mo
Chemische Zusammensetzung in Masse-%
-
max. 0.50
max. 1.00
-
-
3,2513.75
-
max. 0,30
1.70/2,00 V 6.00/6,70 W
0.9011,lO V
max. 0.30 Cu
248
248
255
248
255
rnax. 0,30 Cu
rnax. 0.30 Cu
255
241
max. 0.30 Cu
rnax. 0.30 Cu
170
2 1721
rnax. 0,30 Cu
rnax. 0,30 Cu
2172'
max. 0.30 Cu
2072,
max. 0,30 Cu
max. 0.30 max. 0.30
20721
max. 0.30 C u
Sonst.
max. 0.30
Ni
Harte HBIj gegliiht
424
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
Einschlusse wurden jedoch groBe Fortschritte erzielt, wodurch die Lebensdauer der Walzlager auf ein Vielfaches angehoben werden konnte. Der 100Cr6 zeichnet sich durch gute Gluhbarkeit und problemlose Hartbarkeit bei ausreichender Bearbeitbarkeit aus. Der Kohlenstoffgehalt von ca. 1 YO bewirkt zusammen rnit dem Cr-Zusatz die Ausbildung von sehr feinkornigen perlitischen Gefugen und die Ausscheidung von feinverteilten Restcarbiden. Ausgangspunkt fur alle Arbeitsprozesse, spanloses oder spanabhebendes Umformen sowie den nachfolgenden HarteprozeB bildet das voll auf kugeligen Zementit gegluhte Gefuge (GKZ-Gluhung). Es wird deshalb immer eingestellt, wobei die als Keime wirkenden Sekundarcarbide gemeinsam rnit dem Cr-Gehalt beim GluhprozeB das feinkornige Gefuge bedingen. Auch beim Erwarmen auf Austenitisiertemperatur entstehen daher feine und gleichmaBige Austenitkorner, die fur kurze Diffusionswege sorgen und bei der Abkuhlung zusammen rnit den durch Cr stabilisierten und deshalb nicht aufgelosten Carbiden wiederum feine martensitische Hartegefuge bedingen, welche auch bei voller Harte noch eine gewisse Zahigkeit und damit ein sehr gunstiges Walzermudungsverhalten aufweisen [9.31]. Fur den groBten Teil der Anwendungsfalle wird martensitisch gehartet, d. h. Erwarmen auf Austenitisiertemperatur (830-870°C) rnit nachfolgendem Abschrecken, vorzugsweise in 01,fur sehr dickwandige Stucke mitunter auch in Wasser. Fur Teile rnit groBeren Wanddicken kommen die besser durchhartenden Stahle 100CrMn6 oder 100CrMo7 (s. Tab. 9.10) zur Anwendung. Nach dem Harten enthalt das Gefuge des 100Cr6 noch zwischen 7 bis 15 Vol-% Restaustenit [9.31]. Wird der Werkstoff irn Walzlager Temperaturen uber 100°C ausgesetzt, entstehen temperatur- und zeitabhangige MaBanderungen durch Umwandlung der metastabilen Gefugeanteile, die zwischen 10 bis 100pm/100mm liegen konnen [9.32]. Deshalb ist ein Anlassen auf Temperaturen von 150 bis 180°C obligatorisch, urn den Restaustenitanteil zu vermindern und Spannungen abzubauen. Die zur Senkung des Anteils an Restaustenit oft propagierte Abkuhlung auf Temperaturen unter 0 ° C (Tiefkuhlung) verschlechtert beim 100Cr6 die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Zahigkeit und Ermudungsfestigkeit nachhaltig und wird deshalb nicht mehr angewendet [9.32]. Eine bereits praktizierte neue technologische Variante ist die Wassernachkuhlung, wobei nach der Austenitisierung die Teile zunachst in 01 abgeschreckt und unrnittelbar danach in Wasser (15-20°C) nachgekuhlt und normal angelassen werden. Bild 9.19 zeigt die verbesserte Mafistabilitat von mit Wasser nachgekuhlten und angelassenen Proben, die unterschiedlich lange bei 220°C ausgelagert wurden, gegenuber dem herkommlich geharteten Material. Neben der martensitischen Hartung wird zunehmend auch bainitisch vergutet, wobei nach der Austenitisierung ein Abschrecken im Warmbad (z. B. Salzbad) rnit einer Temperatur von 210 bis 250°C erfolgt. Das sich ergebende bainitische Gefuge enthalt praktisch keinen Restaustenit und weist deutlich gunstigere Zahigkeitswerte auf. Man erreicht eine um 30% hohere dynamische Bruchzahigkeit und einen betrachtlich vergroRerten Schwellenwert der Spannungsintensitat fur die RiBausbreitung. Verantwortlich hierfur sind die sehr feine Carbidverteilung, die sich im unteren Bainitgebiet einstellt, und die im Randbereich aufgebauten Druckeigenspannungen. Neben 100Cr6 werden vorzugsweise auch die hoherlegierten durchhartbaren Walzlagerstahle in der Bainitstufe umgewandelt. Bei Walzlagereinheiten, die gleichzeitig Bauteilfunktionen ubernehmen und
9.4
Werkstoffe fur Walzlager
425
+ I00
prn/l OOrni kon venbonelle HBrtebehandlung
+80
P,
c 3 +60
C E:
D 3 (D
.,
C
al
+40
m
4
Wassernachkuhlung
+20
+O
I
2
0
4
I
6
h
8
10
Auslagerungsdauer Bild 9.19 MaRanderungen des Stahles 100Cr6 beim Auslagern bei 220°C (nach [9.31])
T
36 MPa .n3" 34 .% al Y
. 9 E
3
s2
32-
Ul
co .Y
9)
30-
E
(D
5 D
28-
26
-
24 820
L
840 850 Austenitisierternperatur
830
860
OC
870
Bild 9.20 EinfluR von Austenitisiertemperatur und Vorverformung auf die Zahigkeit von martensitisch gehartetemstahl 100Cr6 (nach [9.36])
426
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
daher hohe Zahigkeit aufweisen mussen, ist das induktive Harten der Walzlager1a u fba hn an geze i gt . Die Harte wird je nach Anwendungsfall auf 58 bis 65 H R C eingestellt, wobei die hiichsten Harten nur bei idealen Schmierverhaltnissen und sehr hohen Flachenpressungen anzuwenden sind. Die Harte selbst beeinflul3t die Lebensdauer nicht signifikant, vielmehr bieten Werkstoffzustande mit hohem Widerstand gegen plastische Verformung die hochste Ermudungsfestigkeit. Beispielsweise kann durch eine Kaltverformung im weichgegluhten Zustand vor dem Harten eine deutliche Verbesserung der Zahigkeit erreicht werden, wie aus Bild 0.20 erkennbar ist. Die bei der zyklischen Wiilzbeanspruchung im Lager auftretenden hohen Spannungen (bis uber 3000 MPa) verursachen langzcitlich Gefugeanderungen im Werkstoff der Ringe und Walzkorper unterhalb der Laufbahn in der Zone maximaler Beanspruchung. Als Folge einer akkumulierten Mikroverformung bilden sich stark spannungsbehaftete Gefugeorientierungen (Texturen) innerhalb besagter Bereiche aus, die schlieBlich ihre Lebensdauergrenze erreichen und durch RiBausbreitung zu Ermudungsbruchen fuhren. Zusatzliche Stiirstellcn, wie Einschlusse verkurzen diesen Vorgang ganz erheblich. Fur sehr grolk Kugellager konnen durchgehartete Stahle wegen des Auftretens hoher tangentialer Zugspannungen nicht verwendet werden. Einsatzstahle, wie 17NiCrMol4 sind bei mittelgrofien und auch sehr groRen Lagern (z. B. bis 2 5 m und uber 10 m Durchmesser) in Anwendung, wobei bei sehr groBen Durchmessern geteilte Ringe Verwendung finden. Fur GroRlager, wie sie in Baggern, Kranen, Tunnelvortriebmaschinen, Erdolturmen usw. vorkommen. geht man auch von gewalzten Ringen aus Vergutungsstahlen, beispielsweise 48CrMo4 aus. die flammen- oder induktionsgehartet werden [9.33].
9.4.2 Nichtrostende Stahle Da die Korrosionsbestandigkeit der Stahlsorten 100Cr6 und 100CrMn6 relativ gering ist, mussen Lager, die einer starkeren Korrosionseinwirkung ausgesetzt sind, aus nichtrostenden Stahlen hergestellt werden. Hierzu kommen Stahlsorten wie X4SCr13, XX9CrMoV18-1 und X102CrMol7, der weltweit zu den am meisten verwendeten korrosionsbestandigen Walzlagerstahlen zahlt. in Betracht (s. Tabelle 9.10). Sie gehiiren zur Gruppe der perlitisch-martensitischen Stahle. Nach Abschrecken von Austenitisiertemperatur ( 1 020 bis 1080°C)in 01oder an Luft. bei der die vorher in Losung gebrachten Carbide an ihrer Ausscheidung gehindert werden. liegt ein rein martensitisches Gefuge vor. D a sich. bedingt durch den hoheren Kohlenstoffgehalt. bei langsamerer Abkuhlung Chromcarbide ausscheiden, die zur Chromverarmung des Mischkristalls und damit zur Verschlechterung des Korrosionsverhaltens fuhren, weisen diese Stahle allein im geharteten Zustand die notwendige Korrosionsbestandigkeit auf. Um die Ausscheidung v o n Chromcarbiden zu vermeiden, darf nur bis max. 200°C angelassen werden. Nach dieser Behandlung liegt die Harte zwischen 55 und 59 H R C und ist damit etwas geringer als bei den niedriglegierten Chromstahlen. Auch deren Ermudungsfestigkeit wird nicht erreicht. Wegen der Gefahr der Carbidausscheidungen und des damit verbundenen Ruckganges des Korrosionswiderstandes durfen die Walzlagcrbetriebstemperaturen 200°C nicht uberschreiten. Der Anwendungsbereich erstreckt sich von Pumpen fur Flussigkeiten
9.4
Werkstoffe fur Walzlager
427
uber Gerate und Anlagen in der Chemieindustrie bis hin zu Fahrzeugen und Maschinen, die standig im Bereich von Meeresluft eingesetzt werden. Es besteht jedoch keine Resistenz im direkten Kontakt mit Meereswasser. Vielversprechende Ergebnisse wurden auch mit dem pulvermetallurgisch erzeugten Stahl X30CrMoNlS-1, der 0,3% Stickstoff enthalt, erzielt [9.33]. Eine weitere neue Richtung sind die HNS- Stahle (High Nitrogen Steels), die hohe Korrosionsbestandigkeit mit verbessertem Lebensdauerpotential vereinen. Sie weisen bei Kohlenstoffgehalten von nur 0,15 bis 0,30% C und 15% Cr zusatzlich 0,3S bis 0,39% Stickstoff auf und erreichen Harten von 5 8 H R C bei sehr homogenen Gefugen mit feinverteilten Nitriden.
9.4.3 Warmharte Stahle Walzlager, die bei Betriebstemperaturen uber 300 "C laufen mussen, z. B. Lager in Flugzeugturbinen, Strahltriebwerken, Kalanderwalzen usw. werden aus warmharten Stahlen bzw. Schnellarbeitsstahlen hergestellt, die bis zu Temperaturen von nahezu SO0 " C ihre Harte und VerschleiBfestigkeit weitgehend behalten. Hierfur hat sich besonders der Stahl X82WMoCrV6-5-4 bewahrt (s. Tab. 9.10). Bei Erwarmen auf Hartetemperatur (1 180 bis 1230°C) losen sich die Primarcarbide teilweise auf. Nach dem Abschrecken besteht das Gefuge aus Martensit, einem hohen Anteil an Restaustenit (bis 30 Vol-YO)und noch verbliebenen Primarcarbiden (8 bis 13Vol-%). Sehr wichtig ist daher das Anlassen auf 500 bis 580"C, das meist mehrfach erfolgt (s. Bild 4.5 in Abschn. 4.2.7). Dabei tritt ein ausgepragtes Sekundarhartemaximum durch Ausscheidung feinster Sondercarbide auf, wobei gleichzeitig noch Restaustenit und Eigenspannungen im Gefuge abgebaut werden. Wie immer bei Lagerwerkstoffen sind Gefugezustande anzustreben, die hohe Bruchzahigkeit und gunstiges Ermudungsverhalten gewahrleisten. Besonders gute Ergebnisse wurden in dieser Hinsicht mit pulvermetallurgisch hergestellten Schnellarbeitsstahlen erreicht. Sie werden beispielsweise durch heifiisostatisches Pressen von schnellabgekuhltem, inertgasverdustem Legierungspulver hergestellt und weisen ein bedeutend feineres Gefuge mit sehr feinen und gleichmal3ig verteilten Carbiden auf [9.14].
9.4.4 Keramik Von den zum Einsatz fur Walzlager untersuchten keramischen Werkstoffen, Aluminiumoxid (A120,), Siliciumcarbid (Sic), Siliciumnitrid (Si3N4)und Zirconiumoxid (ZrO,) hat sich bisher nur das Siliciumnitrid durchsetzen konnen. Im Vergleich zu den Stahlen ergeben sich eine ganze Reihe von vorteilhaften Eigenschaften. Besonders zu nennen sind die deutlich hohere Warmfestigkeit (bis 800"C), die hohere Steifigkeit (E-Modul: 310 bis 320GPa), eine hohere Harte (1 300-2000 HV) und VerschleiBfestigkeit, eine niedrige Dichte (ca. 3,2 g/cm3), die zu geringeren Lagermassen und deutlich verminderten Fliehkraften bei hohen Umfangsgeschwindigkeiten fuhrt, eine niedrigere Reibungszahl, insbesondere bei Mangelschmierung, wodurch die Warmeentwicklung im Lager abgesenkt wird, eine sehr hohe Korrosionsbestandigkeit, keine magnetische Beeinflufibarkeit, ein hoher elektrischer Widerstand und schlieBlich eine antiadhasive Wirkung, die das Fressen und VerschweiBen bei Ausfall der Schmierung verhin-
428
9
Gleit- und Lagerwerkstoffe
dert. Als Nachteile stehen dem die hohere Sprodigkeit und der wesentlich groBere Herstellungsaufwand entgegen. Das Sintern von gepreljten Si3N,-Pulvern (SSN-Siliciumnitrid) ist nur mit Hilfe von A1203-, Y203- und MgO-Zusatzen, die wahrend des Sinterprozesses eine flussige Phase bilden, moglich. Gunstigere Eigenschaften weisen jedoch heil3geprel3tes (HPSN) und heifiisostatisch geprel3tes (HIPSN) Siliciumnitrid auf. Die geprel3ten Rohlinge mussen auf genaue Form- und Marjhaltigkeit bearbeitet werden, was wegen der grol3en Harte und Verschleil3festigkeit hohe Werkzeugund Bearbeitungskosten verursacht. Siliciumnitrid hat sich im Einsatz sowohl bei Vollkeramik- als auch in Hybridlagern (Keramikkugeln und Stahlringe) bewahrt. Wegen der geringeren Fliehkrafte der Keramikkugeln sind Hybridlager fur sehr hohe Drehzahlen geeignet. Bei gleicher Lagerabmessung ist im Vergleich zu entsprechenden Stahllagern eine Drehzahlsteigerung um 65% moglich, wobei sich zusatzlich die hohere Steifigkeit und die geringere Erwarmung vorteilhaft bemerkbar machen [9.27]. Anwendungsfalle liegen bei Spindellagerungen fur HochgeschwindigkeitsWerkzeugmaschinen, Lagern fur Turbomolekularpumpen, Flugzeugtriebwerken, Turbinen u. a. Vollkeramiklager sind in ihrer Bestandigkeit bei hohen Temperaturen und in aggressiven Medien (Sauren, Laugen, Seewasser) unubertroffen. Sie finden daher in der Chemieindustrie sowie als Lager fur Strahltriebwerke und in der Kernkrafttechnik Verwendung. Der Hochtemperatureinsatz wird allein durch die Bestandigkeit der eingesetzten Feststoffschmiermittel (z. B. Graphit, MoS,) begrenzt, die im Walzlagerkafig deponiert werden.
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Werkstoffe fur Walzlager
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9
Gleit- und Lagerwcrkstoffe
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10
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung
Alle festen Korper haben eine bestimmte, durch die GroBe des Elastizitatsmoduls ausgedruckte Elastizitat, d. h. das Bestreben, nach Verformung unter Einwirkung auBerer Krafte wieder ihre ursprungliche Gestalt anzunehmen. In dieser Eigenschaft liegt das Wesen der Feder begrundet. Als Federn im engeren Sinne sind Konstruktionselemente anzusehen, die durch entsprechende Formgebung und Eigenschaften der eingesetzten Werkstoffe in der Lage sind, Formanderungen auszufuhren und dabei mechanische Arbeit in potentielle Energie umzuformen und wieder in mechanische Arbeit zuruckzuverwandeln. Diese Eigenschaften lassen den Einsatz von Federn zu als Energiespeicher, zur Milderung von StoBen, als Schwingungselemente, fur kraftschlussige Verbindungen, als Sicherungselemente, zur Abfederung oder Steuerung bewegter Massen sowie (wegen der durch das Hookesche Gesetz gegebenen linearen Abhangigkeit von Kraft- und Formanderung) zur Kraftmessung. Weitere Einsatzmoglichkeiten ergeben sich aus dem Dampfungsvermogen, d. h. der Fahigkeit, einen bestimmten Anteil der aufgebrachten mechanischen Arbeit durch Reibungsprozesse irreversibel in Warme zu verwandeln und damit zu vernichten. Dabei unterscheidet man zwischen einer auf den Werkstoffeigenschaften beruhenden Dampfung (Werkstoffdampfung) und einer konstruktiv bedingten auBeren Dampfung infolge Reibung der Federwindungen aneinander bzw. an angrenzenden Bauteilen (Reibungsdampfung). Federn mit grol3erer Dampfung werden vorzugsweise in dynamisch beanspruchten Konstruktionen zur Schwingungs- und StoBdampfung eingesetzt. Die Einteilung der Federn geschieht nach verschiedenen Gesichtspunkten, z. B. nach der Gestalt (Schraubenfeder, Blattfeder), nach der Beanspruchung (z. B. Zug-, Druckfeder), nach dem Verwendungszweck (z. B. Tragfeder) oder nach dem Werkstoff bzw. Stoff (metallische Feder, Holz-, Gummi-, Gasfeder). Im allgemeinen unterscheidet man hinsichtlich Beanspruchung des Werkstoffes und Konstruktion drei groBere Gruppen (Bild 10.1): Zug- und druckbeanspruchte, biegebeanspruchte und torsionsbeanspruchte Federn, wobei darauf hinzuweisen ist, daB nur bei der Ringfeder eine reine Zug-Druck-Beanspruchung des Werkstoffes vorliegt. Um den Federwerkstoff besser ausnutzen zu konnen, wurden auf der Basis der genannten Grundformen weitere Federtypen entwickelt, die bei gleicher Federkraft eine kleinere Masse und ein geringeres Einbauvolumen aufweisen. Beispiele hierfur sind Federn mit parabolisch ausgewalzten Enden (Parabelfedern), die an Stelle der wesentlich schwereren mehrlagigen Blattfedern eingesetzt werden, oder tonnenformige, kegelstumpfformige sowie hyperbolische Schraubenfedern mit unterschiedlichen Windungsdurchmessern und -ahtanden, die, da sich die Windungen z. T. ineinander legen, extrem niedrige Bauhohen gestatten [10.2].
10
432
_____
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung
_____
~~
I
Elaslfsche Federn ~-
F/ussigkerlsGasledern ledern nur Druckbeanspruchungde; Fedenverksloffes moglich
Feslkorpededem
-Zug.Druckslableder
gerade Bregeledem
gewundene Bregeledem
scherbenfomrge PolymerBiegeiedem Biegeslabieder
e t-
Blallleder
i
Drehslableder
Sondedederarlen
Spiralleder
--t
zylrndrische Schrauben Druckleder Zugieder
Drehschub Scherbenleder
Yegeklumpl ‘eder
Tonnen leder
Tadlen leder
Bild 10.1 Einteilung elastischer Federn (nach (10.1])
Neben diesen in der Regel aus Metallen hergestellten Federn, deren Federung hauptsachlich uber eine bestimmte Form erwirkt wird (Formfederung), gibt es nichtmetallische Werkstoffe, vor allem Elastomere, bei denen der Werkstoff selbst eine groBe Federwirkung (Stoffederung) ausubt. Wahrend metallische Federn nur im Bereich bis zur 0,01% -Dehngrenze elastische Eigenschaften aufweisen, wird bei den Elastomeren noch weit im nichtlinearen Verformungsbereich eine nahezu vollkommene reversible Formanderung beobachtet. Wirkt auf eine Langsfeder eine Last F, so verlagert sich der Angriffspunkt der Last um den Federweg s, und zwar so lange, bis zwischen der angreifenden Kraft und der inneren Reaktionskraft der Feder Gleichgewicht besteht. Die Abhangigkeit der Kraft F vom Federweg s ist in Bild 10.2 dargestellt. Man bezeichnet diesen Zusammenhang als Federkennlinie oder Federcharakteristik. Entsprechend stellt die Federkennlinie der Drehfeder den Zusammenhang zwischen dem auBerem Moment M und dem Verdrehwinkel cp dar. Wie Bild 10.2 auBerdem erkennen laBt, unterscheidet man lineare, progressive und degressive Federkennlinien sowie deren Kombination. Der Anstieg der Kennlinie AF/As bzw. AMlAcp wird Federrate R (auch Federsteife) genannt und zur Charakterisierung der Feder herangezogen. Die meisten Federn haben eine lineare oder annahernd lineare Kennlinie, weshalb die Federrate auch Federkonstunte c genannt wird. Decken sich die Kennlinien bei Be- und Entlastung nicht, so wird ein Teil der aufgenommenen Arbeit in Reibungswarme umgewandelt und als Dampfungsarbeit WD (schraffierte Flache in Bild 10.3) bezeichnet. Meist wird fur die Berechnung eine lineare Federkennlinie angenommen, weil dadurch jede Zusatzbelastung unabhangig von einer bereits einwirkenden Vorbelastung betrachtet werden darf. Angenahert lineare Kennlinien haben beispielsweise zylindrische Schraubenfedern. Progressive Kennlinien, wie bei Gummifedern, gewahrleisten die Begrenzung der Deformation bei plotzlichen Belastungssprun-
10.1
Anforderungen an Federwerkstoffe
433
F
s; cp
Bild 10.2 Federsymbole und Federkennlinie a) Langsfeder b) Drehfeder
1 lineare Kennlinie 2 progressive Kennlinie 3 degressive Kennlinie
gen, wahrend bei degressiven Kennlinien (z. B. einige Bauarten von Tellerfedern) die Krafte gegeniiber ungewollt hohen Verformungswegen begrenzt werden. Fur bestimmte Zwecke werden auch Gas- und Flussigkeitsfedern eingesetzt, bei denen die Kompressibilitat von Gasen, Olen oder anderen Flussigkeiten fur die Fedenvirkung ausgenutzt wird. Problematisch ist freilich, die vollkommene Abdichtung des Stempels uber eine grol3e Anzahl von Abfederungen zu gewahrleisten. Diese Schwierigkeit wird umgangen, wenn als Kompressionsmedium ein Elastomer verwendet wird [10.3].
10.1 Anforderungen an Fedenverkstoffe Eine gute Feder sol1 eine groBe Federkraft (bzw. ein grol3es Drehmoment), eine moglichst lange Lebensdauer und eine hohe Sicherheit gegen Bruch bei eventueller Uberlastung aufweisen. Daruber hinaus sollen die Eigenschaften von Feder zu Feder so gleich wie moglich sein. Die letztgenannte Forderung bedingt enge Toleranzen in der Zusammensetzung des Werkstoffes, den Abmessungen, der Oberflachengute und der Festigkeit. GroBe Federkrafte bzw. groBe Drehmomente erfordern vom Werkstoff eine hohe Elastizitatsgrenze (0,01% -Dehngrenze). Die Formanderung im elastischen Bereich hangt von der GroBe des Elastizitatsmoduls ab, der bei gegebenem Grundwerkstoff nur wenig durch LegierungsmaBnahmen und Warmebehand-
434
10
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung
Tabcllc 10. I Elastizitatsmoduln von Fcdcrwcrkstoffen bei Reumtcmpcratur (nach DIN 2088) E-Modul in GPa
Werkstofl Federstahldraht (patentiert-gezogcn) nach DIN 17 223 Teil I Federstahldraht (vergutctcr Federdraht und verguteter Ventillcdcrdraht) nach DIN 17223 Teil 2 Nichtrostcndc Stahle nach DIN 17 224 X12CrNi 17-7 X7CrNiAI 17-7 XSCrNiMo 18-10 Kupfer-Knctlegierung CuSn6FC)S nach DIN 17 682 federhart gczogen Kupler-Zink-Legierung CuZn36F70 nach DIN I7 682 federhart gezogen Kupfcr-t3eryllium-Legierung CuBc2 nach DIN 17 682 Kupfcr-Cohalt-Beryllium-Lc~icrungCuCoRe nach DIN 176x2
206 200
190
107 1x5 I15 I10 I20 I30
Bild 10.4 Abhiingigkcit dcs E-Moduls von der Tempcratur fur Metalle und Keramik ( n x h E. Houri-
lung beeinflufit werden kann. Tabelle 10.1 enthalt die E-Moduln fur typische Federwerkstoffe bei Raumtemperatur. Bei der Berechnung von Federn, die hoheren Temperaturen ausgesetzt sind, ist zu berucksichtigen, daR der Elasti% tatsmodul bei allen Werkstoffen mit zunehmender Temperatur abnimmt. Fur einige Mctalle sowie Keramik ist dies in Bild 10.4 dargestellt. Besonders zu beachten ist, daB sich bei Polymeren der E-Modul in einem sehr kleinen Temperaturbereich um eine GriiRenordnung andern kann. Der Vo1irmennutzwc)rt q v ( 10.1)
q A - Artnutzwert
gibt das Verhaltnis von Federarbeit W und erfordcrlichem Federvolumen V an und kennzeichnet somit die vom Werkstoff aufnehmbare elastische Energie je Volumeneinheit. Die Werkstoffentwicklung ist auf die Verbesserung des Volumennutzwertes gerichtet. In der Regel geschieht dies uber die Erhiihung der 0.01 % - bzw. 0,2%-Dehngrenze.
10.1
Anforderungen a n Federwerkstoffe
435
Andererseits konnen gemalJ G1. (10.1) Werkstoffe mit erheblich niedrigeren EModuln als Stahl, z.B. die Legierung CuCoBe2 (E-Modul =130 GPa) oder Titanlegierungen (E-Modul = 113GPa) ahnliche Volumennutzwerte erreichen wie hochfeste Stahle, auch wenn ihre Dehngrenzen geringer als die von Stahl sind (Bild 10.5).
1
10
100
1000 MPa 10000
Dehngrenze
-
Bild 10.5 Werkstoffschaubild zur Auswahl von Werkstoffen fur Federn (nach M. Ashhy) Stahl, kaltgewalzt und vergiitet Titanlegierung. ausgehartet x CuBe2. ausgehartet
Hohe Elastizitatsgrenzen konnen bei allen metallischen Werkstoffen uber eine Kaltverfestigung oder bei Stahlen und NE-Metallen geeigneter Zusammensetzung auch mit Hilfe einer entsprechenden Warmebehandlung erreicht werden. Bei stark kaltverformten Stahlen ist eine weitere Erhohung der Festigkeit und insbesondere der Elastizitatsgrenze durch eine Alterungsbehandlung (s. a. Abschn. 3.1.1), in der Literatur oft als Anlassen bezeichnet, moglich. Mit ihr kann in gunstigen Fallen die 0,01%-Dehngrenze um 150 bis 350MPa angehoben werden, was allerdings mit einer Abnahme der Zahigkeitseigenschaften verbunden ist [ 10.41. Durch nachfolgendes Richten oder Winden nimmt die Festigkeit wieder ab, so da13 die beste Elastizitat durch eine abschliel3ende Warmebehandlung erreicht wird [10.1]. Federn konnen im Betrieb hoher belastet werden, wenn durch eine Vorbelastung uber den elastischen Bereich hinaus - das Vorsetzen - am Ende des Herstellungsprozesses eine gunstige Eigenspannungsverteilung eingestellt wird. Dazu werden die Federn entweder mit einer bestimmten Kraft (Setzkraft) oder auf eine bestimmte Lange (SetzmalJ) mehrmals kurzzeitig oder uber eine langere Zeitdauer bei Raumtemperatur vorbelastet. Setzrichtung und Beanspruchungsrichtung miissen dabei gleich sein [10.5], [10.6], [10.7].
436
10
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung
Fur alle festigkeitssteigernden MaBnahmen gilt, daB der Werkstoff auch danach noch eine bestimmte Zahigkeit, d. h. Verformungsreserve, aufweisen muB, um dennoch uber die Elastizitatsgrenze hinausgehende Belastungen durch eine plastische Verformung abbauen zu konnen und somit ausreichende Sicherheit gegen Bruch zu gewahrleisten. Die in dynamisch belasteten Federn hochstzulassige Beanspruchung wird durch die Dauerfestigkeit begrenzt. Alle Ursachen, die einen vorzeitigen Bruch hervorrufen konnen, mussen durch eine entsprechende Kontrolle und EinfluBnahme ausgeschaltet werden. Nicht vollstandig zu vermeiden sind Oberflachenfehler, die bei der Warmformgebung entstehen, wie Riefen, Risse, Verzunderung, eingewalzter Zunder sowie die Entkohlung der Oberflache. In ausgekohlten oder entkohlten Oberflachen kann beim Verguten keine Festigkeitserhohung erreicht werden, so daB der Bruch bereits bei niedrigen Beanspruchungen erfolgt. Es kann dabei zu Dauerfestigkeitsminderungen von bis zu 40% kommen [10.8]. Mit Silicium legierte Federstahle weisen eine starke Neigung zur Randentkohlung auf. Bei verguteten Federn mit einer Zugfestigkeit uber 1200 MPa wirken sich nichtmetallische Einschlusse im Stahl, insbesondere scharfkantige in der Nahe der Oberflache, negativ auf die Dauerfestigkeit aus, indem sie die RiBbildung begunstigen. Gleiches gilt fur scharfe Kantenubergange (z. B. durch Stanzen hervorgerufen). Sie konnen durch Trommeln beseitigt werden. Noch gunstiger ist es, die Kanten mittels Anpragens oder einer spanenden Bearbeitung zu runden [10.9]. Uber eine Verringerung der Oberflachenrauhigkeit ist eine merkliche Steigerung der Dauerfestigkeit zu erzielen. Als in dieser Hinsicht sehr wirksam und praktikabel hat sich das Ziehschalen von Federdraht, mit dem der groBte Teil der von der Herstellung herruhrenden Oberflachenfehler (z. B. Zundernarben) beseitigt wird, erwiesen [ 10.101. Auch mit Hilfe einer Oberflachenverfestigung durch Krigelstrahlen oder thermochemische Oberflachenbehandlung, wie Nitrieren, laBt sich dank der dabei in der Oberflache entstehenden Druckspannungen die Dauerfestigkeit wesentlich verbessern. Eine unter optimalen Bedingungen durchgefuhrte Kugelstrahlbehandlung fiihrt, abhangig von der Federart und -herstellung sowie vom Werkstoff und Oberflachenzustand der Feder, zu einer Dauerfestigkeitserhohung um 30 bis 70%. Mit dem sogenannten Spunnungsstruhlen, bei dem die Feder wahrend des Kugelstrahlens belastet, d. h. gespannt wird, ist eine nochmalige Verbesserung um 10% moglich [10.10]. Da die Dauerfestigkeit auch durch Korrosion beeintrachtigt wird, sind bei nichtkorrosionsbestandigen Werkstoffen entsprechende Korrosionsschutzmafinahmen vorzusehen. Des weiteren ist zu beachten, dalj Federn aus Grunden der Bruchsicherheit grundsatzlich nicht geschweiat werden durfen. Da Federn im Betrieb besonderen Beanspruchungen unterliegen, gibt es neben den ublichen Werkstoffprufungen fur Federwerkstoffe spezielle technologische Prufverfahren, mit deren Hilfe die Qualitat der gefertigten Federn gesichert werden soll. Im Hinblick auf den weiteren Fertigungsprozea werden in Drahtform angelieferte Federwerkstoffe im Wickelversuch, im Hin- und Herbiegeversuch sowie im Verwindeversuch und in Bandform angelieferte Federwerkstoffe, insbesondere bei hoheren Anforderungen an die Umformbarkeit, im Hin- und Herbiegeversuch und im Tiefungsversuch nach Erichsen gepruft. Als weitere technologische Prufungen werden auch die Prufung auf Ruckfederung und der Abkantversuch herangezogen.
10.2
Federstahle
437
Um zu vermeiden, daB im Anlieferungszustand mit Rissen behaftetes Material zu Federn weiterverarbeitet wird, kommt der RiBprufung wie der Oberflachenpriifung iiberhaupt groBere Bedeutung zu. Daruber hinaus werden Prufungen an Federn vorgenommen, wie die Ermittlung der Federkennlinie und der Federkonstanten sowie Dauerschwingversuche.
10.2 Federstahle Die einleitend beschriebenen Anforderungen an Federwerkstoffe werden in hervorragendem MaBe von Stahlen erfullt, so daB der weitaus groBte Teil aller Federn aus diesem Werkstoff hergestellt wird. Durch die Wahl der Zusammensetzung sowie geeigneter Umformungs- und/oder Warmebehandlungsverfahren ist es moglich, die Eigenschaften des Stahles in weitem Umfang den jeweiligen Anforderungen im praktischen Einsatz anzupassen. Federstahle werden hauptsachlich in Form von Stabstahl, Draht oder Band angeliefert und je nach der Stahlsorte, der Federform und den -abmessungen warm oder kalt geformt. Federn kleinerer Abmessungen (hauptsachlich aus Drahten von 0,07 bis 20 mm Durchmesser oder Bandern) werden im patentiert gezogenen und kaltverfestigten Zustand gefertigt, fur Federn mit groBeren Querschnitten erfolgt uberwiegend eine Vergutung. Geschieht die Federherstellung (Formung) bei Normaltemperatur, so entstehen in dem bereits hoch verfestigten Material vorwiegend Biegeeigenspannungen, die die Elastizitatseigenschaften merklich verschlechtern. Aus diesem Grund werden kaltgeformte Federn nach der mechanischen Fertigung bei verhaltnismaBig niedrigen Temperaturen (zwischen 190 und 250"C, in einigen Sonderfallen bis 400°C) spannungsarm gegluht. Der federharte Werkstoffzustand bleibt dabei weitgehend erhalten. Wahrend bei ferritisch-perlitischen Stahlen die fur die Belastbarkeit der Federn erforderliche Festigkeit durch das Verguten erreicht werden kann, ist dies bei den austenitischen Stahlen nur uber eine Kaltumformung (Kaltverfestigung) moglich; Bander durch Kaltwalzen, Drahte durch Kaltziehen. Federn, die korrosiven Einflussen ausgesetzt sind, konnen aus unlegierten oder niedriglegierten Federstahlen hergestellt und anschlieBend mit schutzenden Uberzugen versehen werden (s. Abschn. 7.1.5 und 7.9). Dauerhaftere Losungen werden hingegen erzielt, wenn fur die Federn rost- und saurebestandige Stahle (s. Abschn. 7.10) venvendet werden. Da Arbeitstemperaturen oberhalb 200 " C bereits zu AnlaBvorgangen fiihren, die die Festigkeit erheblich herabsetzen konnen, mussen in diesen Fallen warmfeste Stahle (s. Abschn. 6.1) eingesetzt werden. Fur sehr tiefe Anwendungstemperaturen (unter -35°C) sind die austenitischen Stahle (s. Abschn. 5.3) auf Grund ihrer auch bei tiefen Temperaturen vorhandenen Sprodbruchunempfindlichkeit geeignet. Im Hinblick auf die Einsatzmoglichkeiten erscheint es zweckmaBig, die Federstahle in Stahle fur Federn, die unter Normalbedingungen (im Arbeitstemperaturbereich von -35 bis SO"C), bei hoheren bzw. bei tieferen Temperaturen und in stark korrosiven Medien beansprucht werden, zu unterteilen.
438
10
Werkstoffe f u r f e d e r n d e Beanspruchung
10.2.1 Federstahle fur Normalbeanspruchung Fur Federn, die aus Draht gefertigt werden, kommt in groBem Umfang Federsrrrhldrrrhf aus unlegierten Stahlen, der patentiert (Warmebehandlung, die zu besonders dichtstreifigem Perlit fuhrt, s. Abschn. 3.1.4. I ) und nachfolgend gezogen (kaltverfestigt) wird, in verschiedenen Festigkeitsklassen zur Anwendung. Aus ihm werden im allgemeinen Schraubenfedern (Zug-. Druck und Drehfedern), Federringe und sonstige Drahtfedern hergestellt. Die Wahl der Stahlsorte liegt im Ermessen des Drahtherstellers. J e nach Festigkeitsklasse (Federstahldrahtsorten A, B, C und D) gelangen Kohlenstoffstahle mit 0,4 bis 1,0% C zum Einsatz. Fur die Drahtsorten sind mechanische und technologische Eigenschaften, fur die Drahtsorte D daruber hinaus besondere Gutewerte fur die Oberflachenbeschaffenheit festgelegt. Tabelle 10.2 gibt einen Uberblick uber die vom Durchmesser abhangigen Festigkeitswerte der einzelnen Drahtsorten. Der Draht wird in verschiedenen Oberflachenausfuhrungen, z. B. trockenblank phosphatiert gezogen, naBblank grau gezogen, geliefert. Fur oberflachenveredelte Drahte (verzinkt, verzinnt) sind die mechanischen und technologischen Eigenschaften, MaBgenauigkeit und Oberflachengute gesondert zu vereinbaren. Trrbcllc 10.2 Festigkeitswerte von patentiert-gezogencm Fedcrstahldraht der Drahtsortcn A. R. C und D (nach DIN 17223. Teil 1 (Auszug)) Drahtdurehmesser in mm 0.07
Zugfcstigkeit in MPa f u r dic Drahtsorten
A ~
B
C
D 2800 his 3100
~
1
I720 his I970
1980 his 2220
-
2230 his 2470
2
1520 his 1750
1760 his 1970
1980 his 2200
1980 his 2200
4
1320 his 1520
1530 his 1730
1740 his 1930
1740 his 1930
7
I160 his 1340
1350 his 1530
1540 his 1710
1540 his 1710
I0
1060 his 1230
I240 his 1400
1410 his 1570
1414 his 1570
I090 his 1230
1240 his 1390
1240 his 1390
1020 his 1 150
I160 his 1300
1160 his 1300
16
20
~
~
Fur Federn, die im endgeformten Zustand einer vergutenden Warmebehandlung unterzogen werden. kommen vornehmlich vergiithrrre Sriihle (s. Abschn. 3.1.8) in Betracht. Durch Kohlenstoffgehalte zwischen 0,35 und 0,60% wird beim Verguten die erforderliche hohe Harte und Elastizitatsgrenze und durch Legierungselemente. insbesondere durch Chrom und Molybdan, die notwendige Durchhartung erreicht. In Tabelle 10.3 sind fur unterschiedlich legicrte Federstahle Grenzabmessungen angegebcn, bei denen nach dem Harten im gesamten Querschnitt ein martensitisches Gefuge vorliegt. Dieses ist Voraussetzung dafur, daB die angestrebten Festigkeits- und Zahigkeitswerte nach dem Anlassen uber den Querschnitt gleichmaBig sind und damit eine lange Lebensdauer der Feder erzielbar ist. Bei niedrigen Beanspruchungen. z. B. fur vergutete Fahrzcugfedern. konnen unlegierte Stahle mit mittleren Kohlenstoffgehalten eingesetzt werden. Mit Silicium und Mangan legierte Stahle werden fur biegebeanspruchte Federn, beson-
10.2
439
Federstahle
Tabelle 10.3 Grenzabmessungen fur die Hartbarkeit der Stahle (nach DIN 17 221 (Auszug)) GroRte MaRe bei Mindestwert der Flacherzeug- Rundstahl Harte im Kern nach nissen (Durchmesser)
PS
HI
PS
91
Harten
sz sz
Stahlsorte
LJ3!S09
098 S!q OEH
I 0
E”SS
098 S!q OE8
I0
ders im Fahrzeugbau verwendet. Von den allgemeinen Vergutungsstahlen wurden die hoher siliciumlegierten Stahle, wie SlSi7 und 6SSi7, in der Vergangenheit oft als die typischen Federstahle bezeichnet und auch in grorjeren Mengen eingesetzt. Sie weisen nach dem Verguten ein hohes Streckgrenzenverhaltnis auf, neigen aber stark zur Randentkohlung. Ursache fur die bevorzugte Anwendung dieser Stahle war neben dem etwas niedrigeren Preis im Vergleich zu anderen legierten Vergutungsstahlen die Ansicht, daB mit dem fur diese Stahlsorten typischen, fasersehnigen Gefuge eine bessere Dauerwechselfestigkeit verbunden sei. Es hat sich jedoch gezeigt, darj diese Auffassung unbegrundet ist. Deshalb und wegen des Problems der Randentkohlung kommen gegenwartig, insbesondere fur hochbeanspruchte Federn, vornehmlich mit Chrom bzw. Chrom und Vanadium legierte Vergutungsstahle zum Einsatz, wie z. B. die Stahle 5SCr3 und SOCrV4. Sie sind fur dauerschwing- und torsionsbeanspruchte Schrauben- und Drehstabfedern sowie fur hochbeanspruchte Blatt- und Spiralfedern geeignet. Durch Chrom wird die Durchhartbarkeit verbessert, bei groljeren Querschnitten ist der zusatzlich mit Molybdan legierte Stahl SICrMoV4 zu verwenden (s. Tab. 10.3). Daruber hinaus weisen diese Stahle eine groljere AnlaSbestandigkeit und Warmfestigkeit auf. Si-Cr- und Cr-V-legierte Stahle sind bis 300 “ C anlarjbestandig. Sie konnen deshalb auch bei hoheren Betriebstemperaturen eingesetzt werden. Der Stahl 50CrV4 zeichnet sich durch einen geringen Gehalt an nichtmetallischen Einschlussen aus und ist beim Harten wenig verzugsempfindlich. Zur Herstellung von Blattfedern, Flachformfedern und Spiralfedern kommen kaltgewalzte Stahlbander bis zu S mm Dicke aus unlegierten Stahlen mit Kohlenstoffgehalten zwischen O,S5 und 1,0% sowie niedriglegierten Stahlen, z. B. 50CrV4, zur Anwendung. Sie zeichnen sich durch eine hohe Oberflachengute und Marjgenauigkeit aus. Durch Kaltwalzen und nachfolgendes Harten und Anlassen (Zustand H + A) konnen hohe Werte der Harte, Elastizitatsgrenze und Zugfestigkeit erzielt werden. Die erreichbaren Zugfestigkeitswerte sind abhangig von der Stahlsorte und der Dicke der Stahlbander (Tab. 10.4). Im Hinblick auf den groBen EinfluB, den die Oberflachenbeschaffenheit auf die Dauerfestigkeit ausubt, sollten Federn fur hochste Anspruche moglichst eine polierte Oberflache aufweisen.
440
10
Werkstoffe f u r f e d e r n d e Beanspruchung
Tabelle 10.4 Zugfestigkeit und HLrte von Stahlbandern fur Federn im kaltgewalzten ten + angelassenen Zustand ( H + A ) (nach DIN 17 222 (Auszug))
+ gehirte-
Stahlsorte
Zugfestigkeit MPa
Harte H V
Banddicke hochstens mm
c55 C55E (Ck5.5)
1150 his 1650
340 his 490
2.0
C67 C67E (Ck67)
1230 his 1770
365 bis 525
2.5
c75 C75E (Ck75)
1320 bis 1870
390 bis 555
2.5
ClOlE (CklOl)
I 500 bir 2 100
445 bis 620
2.0
55Si7
1300 his 1800
385 bis 535
2.0
71Si7
1500 his 2200
445 his 650
3,o
67SiCr5
1500 bis 2200
445 bis 650
3.0
50CrV4
1400 bis 2000
415 his 590
3,o
Tabelle 10.5 Zugfestigkeit von (ilschlulJvergiitetem Federstahldraht (nach D I N 17 223 Teil 2 (Auszug)) Zugfestigkeit fur die Drahtsorten
Draht-Nenndurchmesscr mm
MPa VD
VDCrV
VDSiCr
FD
FDCrV
FDSiCr
0.50-0.80
1850-2000
191Ob2060
2080-2230
l900-2lOO
2000-2200
2100-2300
> 0.80-1 ,00
1850- I950
1910-2060
2080-2230
1860b2060
1960-2 160
2 100-2300
> 1.60-2.00
1670-1770
177(b1920
2010-2160
1720-1890
179Ob1970
2000-2180
> 2.70-3.00
1600-1700
1670-1810
1910-2010
1620-1 770
1700-1850
1930-2100
>3.50-4.00
ISSO-l650
1620-1720
1860-1960
1550-1700
162Ob1770
1870-2030
> 4.70bS.00
1540- I640
1570-1 670
1810-1 910
1500- I650
1560-17 10
1830-1 980
> 7.00-8.00
1420-1 520
1420-1520
I7 10-18 10
1400- I550
1480-1 630
1710-1860
> 8.50-10.00
1390-1490
1.390-1490
1670-1770
136Ok15 10
1450-1 600
1660b1X10
> 12.00-14.00
-
-
-
1280-1430
1420-1570
1580b1730
> 15.00-17.00
-
-
-
1250b1400
1400-1 550
1550-1 700
OlschluBverguteter Federstahldraht aus unlegierten oder legierten Stahlen wird fur Federn eingesetzt. die hauptsachlich auf Torsion beansprucht werden (Druck- und Zugfedern). Der Draht wird nach dem Ziehen im Durchlaufverfahren aus dem Austenitbereich in 01 abgeschreckt und unmittelbar danach angelassen. Dadurch erhalt er ein feines Vergutungsgefuge mit hoher Festigkeit (Tab. 10.5). OlschluBvergutete Federstahldrahte werden unterteilt in die Drahtsorten Ventilfederstahldraht (VD) und Federstahldraht (FD), die entweder unlegiert oder mit Chrom und Vanadium (CrV) bzw. mit Chrom und Silicium (SiCr)
10.2
Federstahle
44 1
legiert sind. Wahrend die FD-Drahtsorten bei statischer Beanspruchung einzusetzen sind, werden die unlegierte VD-Drahtsorte bei hoher dynamischer Torsionsbeanspruchung und die legierten VD-Drahtsorten bei sehr hoher dynamischer Torsionsbeanspruchung verwendet. Durch vorheriges Warmsetzen konnen VD-Drahtsorten, insbesondere V D CrV und V D SiCr, bei Temperaturen bis 200°C beansprucht werden. Die Ventilfederstahldrahte haben gegenuber den Federstahldrahten eine hohere Reinheit (geringere Gehalte an P, S und Cu) und bessere Oberflachenbeschaffenheit. Fur letztere erfolgt eine kontinuierliche zerstorungsfreie Oberflachenprufung, bei der Fehlstellen > 40 pm Tiefe farblich gekennzeichnet werden. Eine in der Praxis noch nicht allgemein ausgeschopfte Moglichkeit, die Qualitat des Federstahles uber das ubliche Niveau hinaus zu steigern, bietet die thermomechanische Behandlung (TMB, s. Abschn. 3.1.4.6). Untersuchungen an den Stahlen 55SiMn7 (vorzugsweise fur Kraftfahrzeugfedern) und 50CrV4 haben gezeigt, dal3 sich mit Hilfe einer TMB zum Teil erhebliche Verbesserungen der fur Federn wichtigen Kennwerte erzielen lassen [10.9]: Uber eine Erhohung der Streckgrenze und des E-Moduls (bedingt durch Anisotropieeffekte) wurden bei gleichzeitiger Verbesserung der Kerbschlagarbeit um 60% der Volumennutzwert um etwa 15% angehoben und die Bruchzahigkeit gesteigert.
10.2.2 Federstahle fur Beanspruchungen bei hohen Temperaturen Nicht selten sind Federn in Geraten, Anlagen oder Maschinen erhohten Betriebstemperaturen ausgesetzt. In diesen Fallen mussen warmfeste Stahle (s. a. Abschnitt 6.1) zum Einsatz gebracht werden. Als gunstigstes Legierungselement hat sich hierfur Chrom erwiesen. Chrom bildet zusammen mit Eisen und Kohlenstoff Mischcarbide, die die Warmfestigkeit erhohen. Gleichfalls carbidbildend sind die in diesen Stahlen enthaltenen Legierungselemente Vanadium und Molybdan. Bei noch hoheren Anforderungen an die Warmfestigkeit kommt als weiteres Legierungselement Wolfram in Betracht. Als warmfeste Stahle werden vorwiegend Chrom-Vanadium-, Silicium-Chromund Chrom-Molybdan-Vanadium-Stahlegenutzt. Si-Cr- und Cr-V-Stahle, deren obere Betriebstemperaturen bei 300 " C liegen, finden vorwiegend fur die Herstellung von Ringfedern, von Drehstabfedern bis 40 mm Durchmesser, von Tragfedern fur Lokomotiven und von warmfesten Ventilfedern Verwendung. Durch hohere Legierungsgehalte, z. B. beim Stahl 21CrMoV5-11, wird eine groljere AnlaBbestandigkeit und Warmfestigkeit erreicht. Die Hauptanwendungsgebiete sind warmgeformte Federn fur Betriebstemperaturen bis zu 500 "C, wie Ventilfedern von Motoren, Dichtungs- und Rucklaufventilfedern in Lokomotiven oder HeiBdampfschieberfedern. Weitere Anwendungen sind in Dampfturbinen und Triebwerken gegeben. Bei der Werkstoffauswahl ist zu beachten, daB die Streckgrenze und Zugfestigkeit sowie der E-Modul und der Schubmodul mit zunehmender Temperatur geringer werden, die Neigung der Federn zum Setzen groBer wird. Tabelle 10.6 gibt einen Uberblick uber das mechanische Verhalten in dem fur diese Stahle in Betracht kommenden Arbeitstemperaturbereich. Bei gleichzeitiger Temperatur- und Korrosionsbeanspruchung werden korrosionsbestandige Stahle, auf die im folgenden Abschnitt noch naher eingegangen wird, bis zu Temperaturen von 300 " C eingesetzt. Bei noch hoheren Arbeitstem-
1375
1520
2ICrMoVS-11
X12CrNi17-7Il
1180 930
930
830
830
690
1100 1030 930
1180 1180 1170 1150 1050 780
1180 1030 930
500
176
206
206
206
172
202
202
202
100
Kennwerte be1 Kaunircmperatur im kiiltgcropencn und \pannunpsarm pepluhten Z u t a n d
1375
'1
1320
45CrMoV6-7
400
I65
196
196
196
200
158
181
189
189
300 400
500
172
177 162
71.5
78.5
78,s
78.5
20
70
76.5
76.5
76.5
100
67
74.5
74.5
74.5
200
64
69.5
68
71.5
300
20
300
20
200
G Pa
GPa
mind.
mind.
100
Schubmodul hei "C
Elastizitatsmodul bei " C
Fcstigkeitswcrte im vergiitetcn Zustand
5OCrV4
Stahl
'Iabelle 10.6 Eigenschaften warnifester Federstiihle in Abhiingigkeit von der Temperatur
65.5
68
400
62
500
-1 80...300
-35...500
-35.. .400
-35.. ,300
'>
c
Betriebstemperatur (Richtwert)
10.2
Federstahle
443
peraturen (> 450°C) mu13 auf Superlegierungen (Nickel- bzw. Cobaltbasislegierungen s. Abschn. 6.1.4), z. B. NiCr20TiA1, zuruckgegriffen werden.
10.2.3 Federstahle fur stark korrosive Beanspruchung Bietet die Beschichtung der Oberflache keinen ausreichenden Korrosionsschutz, dann mussen hochlegierte rost- und saurebestandige Stahle (s. a. Abschn. 7.10) als Federwerkstoffe herangezogen werden. Die hierfur hauptsachlich verwendeten Stahle lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen, die vergutbaren (X30Cr13, X35CrMo17) und die austenitischen, nur durch Kaltverformung zu verfestigenden Stahle (X12CrNi17-7, XSCrNiMol8-10). Die letztgenannten Stahle sind nicht magnetisierbar. Lediglich beim Stahl X12CrNi17-7 ist nach starker Kaltverformung infolge der Bildung von Verformungsmartensit eine mehr oder weniger grofie Magnetisierbarkeit zu beobachten. Die austenitischen Stahle haben gegenuber den vergutbaren nichtrostenden Stahlen eine groBere Korrosionsbestandigkeit, erreichen aber deren Festigkeitswerte bei auljerdem geringeren Elastizitats- und Schubmoduln nicht. Die groljte technische Bedeutung kommt den Stahlen X12CrNi7-7 und XSCrNiMol8-10 zu. Auf Grund des hoheren Legierungsgehaltes ist der Mo-haltige Stahl korrosionsbestandiger auch bei hoheren Temperaturen. Der niedrige Kohlenstoffgehalt macht ihn gegen interkristalline Korrosion unempfindlich. Der Stahl X7CrNiA117-7 ist aushartbar, so dalj bei guter Kaltumformbarkeit eine zusatzliche Festigkeitsteigerung durch Ausscheidungsharten moglich ist. Die austenitischen Federstahle weisen eine gute Tieftemperaturzahigkeit auf (s. Abschn. 5.3) und sind bis -200°C einsetzbar. Andererseits sind sie soweit warmfest, dalj Federn aus diesen Werkstoffen Betriebstemperaturen bis zu 300 “ C unterworfen werden konnen (Tab. 10.6). Federdraht und Federband aus austenitischen nichtrostenden Stahlen werden kalt verfestigt oder kaltverfestigt und angelassen ausgeliefert und beim Federhersteller durch Biegen oder Wickeln zu Federn verarbeitet. Dabei ist zu berucksichtigen, dafi der Umformgrad im federharten Zustand begrenzt ist. Zur Verbesserung der mechanisch-technologischen Werte (Abbau von Biegeigenspannungen) werden die Federn abschlieljend bei relativ niedrigen Temperaturen angelassen; hohere Temperaturen hatten einen nicht vertretbaren Festigkeitsabfall zur Folge. In Tabelle 10.7 sind wesentliche Eigenschaften dieser Stahle zusammengefafit. Werden von korrosionsbestandigen Federn noch hohere Festigkeiten und insbesondere eine bessere Dauerfestigkeit gefordert, so sind Maraging-Stiihlr einzusetzen. Tabelle 10.8 enthalt die mechanischen Eigenschaftswerte eines derartigen martensitaushartenden Stahles. Er wird als Draht mit Durchmessern bis zu 4,5 mm geliefert. Die aushartende Warmebehandlung geschieht nach der Formgebung beim Federhersteller, indem der Stahl 1 h auf 450 bis 480°C angelassen und anschlieljend an Luft abgekuhlt wird. Dabei scheiden sich in der weichen martensitischen (Ni-Martensit) Grundmasse feindisperse, meist koharente intermetallische Phasen aus, die die starke Festigkeitszunahme bedingen. Aus der Gruppe der rost- und saurebestandigen Stahle ist der Stahl X12CrNi17-7 am weitesten verbreitet. Federn aus diesem Stahl werden vor allem in der chemischen Industrie und in der Nahrungsmittelindustrie (Milcherhitzer, Getrankeabfullmaschinen, Brotroster) eingesetzt. Federn, die mit aggressiven Medien wie
444
10
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung
Tabelle 10.7 Eigenschaften v o n Federdraht aus nichtrostenden Stahlen irn federhartgezogenen Zustand ( K ) bzw. irn liisungsgegliihten Zustand (nach DIN 17224 (Auszug)) Stahlsortc
Lieferzustand
E-Modul
Schubrnodul
Zugfestigkeit bei einern Durchmesser in rnrn bis 0.2
1 bis 1.5
4 bis 6
G Pa
G Pa
K
1x5
70
2200 bis 2450 1800 bis 2050 1400 bis 1650
XSCrNiMol8-I0 K
180
68
1650 bis 1900 1400 bis 1650 1100 bis 1350
K
195
73
2000 bis 2250 1700 bis 1950 1300 bis 1550
X12CrNi17-7
X7CrNiAI 17-7
MPa
losungsgegliiht
800 bis 1000
Tabelle 10.8 Festigkeitseigensehaften eines rnartensitaushartenden Stahles rnit 0.09% C. 17% Cr. 7% Ni und 1 % Al Zugfestigkeit M Pa Durchrnesser
rnm
1 bis
1,s
Elastizitatsrnodul Schubmodul GPa GPa 4 bis 4,s
1700 bis 1770
1420 bis 1470
nach Warmebehandlung 2060 bis 2160
1720 bis 1770
Anlieferzustand
198
75.5
Waschmittel, Treibstoff, in Beruhrung kommen, mussen aus dem hoher legierten Stahl XSCrNiMol8-10 gefertigt werden. Der Einsatz von martensitaushartenden Stahlen bleibt Sonderfallen vorbehalten, wie in Waagen chemischer Labors oder Ventilen von Hochdruckbehaltern.
10.3 Nichteisenmetall-Legierungen Wegen der guten Korrosionsbestandigkeit werden auch Nichteisenmetall-Werkstoffe, wie Bronze, Messing und Neusilber (s. a. Abschn. 7.5.5,7.5.2 und 7.5.4) zu Federn verarbeitet. Dabei ist jedoch zu bedenken, daB deren Festigkeit wie auch die Elastizitats- und Schubmoduln generell niedriger liegen, so daB, um die gleiche Federkonstante wie bei der Stahlfeder zu erzielen, die NE-Metallfeder in groBerer Abmessung mit entsprechend groBerem Einbauraum und Materialeinsatz hergestellt werden muB. Des weiteren ist der Bereich der nutzbaren Arbeitstemperaturen fur NE-Metallfedern mit -35 " C bis 60°C eng. Die meisten der in Frage kommenden NE-Metallegierungen konnen, wie die austenitischen Federstahle, nur uber eine Kaltumformung verfestigt und in den federharten Zustand gebracht werden. Lediglich die warmaushartbaren Berylliumbronzen zeichnen sich durch eine hohere Festigkeit aus (Tab. 10.9). Federn aus Kupferwerkstoffen werden als Spiral- und Schraubenfedern, besonders aber als Blattfedern in der Elektrotechnik in Schaltern, Relais oder Steckverbindern in groBerem Umfang verwendet. Von ihnen wird neben der Feder-
10.3
Nichteisenmetall-Legierungen
445
Tabelle 10.9 Eigenschaften ausgewahlter NE-Metallfederwerkstoffe (nach DIN 1770 und DIN 17682) Kurzzeichen
E-Modul
Harte HV
GPa
0,2%-Dehngrenze MPa mindestens
Zugfestigkeitl) Elektrische Leitfahigkeit MPa 1oh Sm-1
Kaltverfestigte Legierungen (nicht angelassener Zustand) CuSn6HV180 (Band) 115 CuSn6F95 (Draht)
180 bis 210
9 lo00 bis 1180 9
115
CuSn8HV190 (Band) 115 CuSn8F95 (Draht)
510
190 bis 220
520
7 1OOObis 1180 9
115
CuZn30HV150 (Band) 110
150 bis 180
430
17
CuZn37HV150 (Band) 110
150 bis 180
430
15
CuZn36F70 (Draht)
110
CuNi18Zn20HV160 (Band)
135
CuNi18Zn20F83 (Draht)
135
750 bis930
160 bis 190
430
1.5
3 860 bis 1040
3
Aushartbare Legierungen (ausgeharteter Zustand) CuBe2FB530 (Band)
135
CuBe2F140 (Draht)
135
CuCoBeFSO (Draht) I)
11
260 bis 310
138
1400 bis 1550
12
800 bis 1000 25
Federdraht Durchmesser 0.3 bis 0.8 mm
wirkung, die einen hohen Kontaktdruck und damit eine geringe Temperaturbelastung der Kontakte gewahrleistet, in erster Linie eine gute elektrische Leitfahigkeit verlangt, da sie gleichzeitig als Stromleiter dienen. Eine gute Warmeleitfahigkeit des Federwerkstoffes sorgt auBerdem dafur, da13 im Kontaktbereich eine ausreichende Warmeabfuhr erfolgt. Um den nicht unerheblichen Verbrauch von Kupfer und Zinn fur Federn der Elektrotechnik reduzieren zu konnen, wurden Stahl-Kupfer-Schichtverbundmaterialienentwickelt, bei denen der Stahl die Federeigenschaften gewahrleistet und das Kupfer, dessen Anteil nur noch 20 bis 30% betragt, die Leitung des elektrischen Stromes ubernimmt [10.11]. Der Haupteinsatz der in Tabelle 10.9 aufgefuhrten Legierungen liegt auf anderem Gebiet. Auf sie wurde in Abschnitt 7.5 bereits ausfuhrlicher eingegangen. Die Berylliumbronzen haben mit 17 * 106 S . m-1 die beste Leitfahigkeit und zugleich auch die hochste Festigkeit. Sie finden deshalb vielfach fur Federn in Kontakten und Relais, aber auch dort, wo von der Feder ein nichtferromagnetisches Verhalten gefordert wird, wie in bestimmten Uhren, Anwendung. Ansonsten sind Berylliumbronzen in starkerem MaBe fur die Herstellung funkensicherer Werkzeuge in Gebrauch (s. Abschn. 4.1). Die warmaushartbaren Legierungen CuBe2, CuCoBe2 und CuNi20Mn20 werden bei der Aushartungsbehandlung zunachst losungsgegluht und nachfol-
446
10
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung
gend an Luft oder in Wasser abgeschreckt. In diesem noch relativ weichen Zustand kann der Werkstoff kalt zu Federn geformt werden. AnschlieBend erfolgt das Warmauslagern ( Anlassen auf hohere Temperatur). Da die elektrische Leitfahigkeit der Legierung CuNi20Mn20 mit 2 . 10hS . m-l jedoch sehr niedrig ist, kommt sie fur elektrotechnische Anwendungen nicht in Betracht; sie hat sich vielmehr in gewissen Umfang fur hochbeanspruchte Blattfedern, Spiralfedern und Federn, die bei erhohten Temperaturen eingesetzt werden, eingefuhrt. Neben traditionellen Bronzen werden Legierungen auf der Basis Cu-Ni-Sn angeboten. In diesen ternaren Legierungen mit mehr als 4% Sn bilden sich wahrend eines kontinuierlich verlaufenden Diffusionsprozesses ohne ausgepragte Keimbildung aus einer Phase zwei unterschiedliche Phasen (spinodaler Zerfall). Die hohe Festigkeit dieser Legierungsgruppe nach der spinodalen Entmischung wird der gleichmafiigen Verteilung einer Sn-reichen Phase in einer Cu-reichen Matrix zugeschrieben. Es konnen Festigkeiten in der GroBenordnung der Cu-Be-Legierungen erzielt werden. Die Cu-Ni-Sn Legierungen weisen eine wesentlich bessere Seewasserkorrosionsbestandigkeitauf als die Cu-Be-Bronzen, und mit ihrer Herstellung und Verarbeitung sind nicht die toxikologischen Risiken und Schwierigkeiten, wie sie bei den Cu-Be-Bronzen bestehen, verbunden [ 10.121. Da sich bei konventioneller Fertigung Seigerungen, die sich nachteilig auswirken. kaum vermeiden lassen, wird z. B. die Legierung CuNilSSn8 (Handelsname Pfinodal) auf pulvermetallurgischem Wege hergestellt und zu Band verarbeitet. Ein Anwendungsbeispiel sind neuartige Steckverbinder mit erhohter Temperaturbestandigkeit [ 10.131. Andere Federlegierungen auf Nickelbasis (hochkorrosionsfest, hochwarmebestandig) sowie auf Cobaltbasis (mit Zugfestigkeiten bis zu 3200 MPa) und Edelmetallbasis (Au, Ag. Pt) sind Sonderfallen vorbehalten [ 10.141. Das Gleiche gilt fur Federn aus FeNi42Cr5, die sich durch eine besonders geringe Temperaturabhangigkeit der elastischen Kennwerte, vor allem des E-Moduls auszeichnen (Invar-Lrgirrirngrn).
10.4 Polymerwerkstoffe Auch polymere Werkstoffe (s. a. Abschn. 3.4) finden als Feder- und Dampfungselemente Anwendung. Uber eine geeignete Werkstoffauswahl und -modifikation kann ihr elastisches oder schwingungsdampfendes Verhalten variiert werden. Besonders gutc elastische Eigenschaften zeigen glrrs~uservrrstarkteEP- und UPHarze (Abschn. 3.4.3), wobei erstere fur hohe Beanspruchungen besser geeignet sind. Federn aus derartigen Werkstoffen (s. Abschn. 3.4.1) sind durch eine der Beanspruchungsrichtung angepal3te Anordnung der Glasfasern gekennzeichnet. Der Glasgehalt liegt bei 65 bis 70Y0, wodurch Biegefestigkeiten von 1000 MPa und E-Modulwerte von l00GPa erreicht werden konnen. Allerdings ist zu beachten, daB Festigkeit und E-Modul wenig oberhalb der Raumtemperatur bereits stark abnehmen (Bild 10.6). Blattfedern aus glasfaserverstarkten Polymeren werden wegen ihrer Korrosionsbestandigkeit und Wartungsfreiheit in groBerem Umfang in der Papiertechnik (Siebmaschinen, Entwasserungstrommeln) und, da sie Isolatoren und unmagnetisch sind, in der Elektrotechnik eingesetzt. Vernetzre Polyiirefhane weisen eine hohe Dauerelastizitat bei gleichzeitiger starker Schwingungsdampfung auf. Sie werden sowohl im kompakten Zustand als
10.4
Polymerwerkstoffe
447
Bild 10.6 Mechanische Fcstigkeiten und E-Moduln von Blattfedern aus Epoxidharz/Glasgewebe: Glasgehalt 68% (nach K.E Schradrr)
auch mit zelliger Struktur (Schaumstoff) fur Fundamentplatten oder Aufhangungen genutzt. Gegenuber dem fur ahnliche Zwecke eingesetzten Gummi haben diese Werkstoffe den Vorteil einer hohen Alterungsbestandigkeit sowie der Unempfindlichkeit im Kontakt mit Olen, Fetten und Benzin. AuBerdem ist mit der Verwendung von Polyurethanen im Vergleich zu Gummi eine Masseersparnis verbunden. Die Federcharakteristik der vernetzten Polyurethane ist, vor allem fur zellige Strukturen, nicht linear. Die Luftbewegung in den Zellen bewirkt bei hohen Belastungen eine Versteifung des als Feder fungierenden Werkstoffes. Im Temperaturbereich von 40 bis 120°Cverlauft die Dampfung nahezu linear, so daB sich auch bei wechselnden Temperaturen ein konstantes dynamisches Verhalten ergibt. Die konstruktive Ausfuhrung von Federn aus polymeren Werkstoffen weicht meist stark von der metallischer Federn a b (s.a. Bild 10.1). So werden z.B. Schraubenfedern durch zylindrische Formstucke mit tiefen Einschnurungen, bei denen die Gefahr des Ausknickens stark vermindert ist, simuliert. AuBer den genannten Beispielen werden auch Butadien-Elastomere, Siliconkautschuk (s. Abschn. 3.4.4) und PVC-Weich (s. Abschn. 3.4.2) als Dampfungswerkstoffe eingesetzt.
Literaturhinweise [ 10.11 Meissner, M. und K. Wanke: Handbuch Federn. Berechnung und Gestaltung im Maschinen- und Geratebau. 2. Aufl. Berlin, Munchen: Verl. Technik 1993 [10.2] Hoesch-Federn in alle Welt. Estel-News, (1978) 6. S. 1 [10.3] Schrarler, K . : Kompressibilitatsfedern - neuartige Bauelemente. Maschinentechnik 29 (1980) 7, S. 306
448
10
Werkstoffe fur federnde Beanspruchung
[ 10.41 Persson, G . : Federstahle und ihre Eigenschaften. Sandvik, Lecture No 62-16 Ty FSI, August 1979 [ 10.51 Wanke, K.: MuB man Eigenspannungen 1. Art bei Federn beachten? Draht 20 (1969) 3, S. 125-129 [ 10.61 Gratzer, J.: Das Setzen von Schraubendruckfedern aus patentiert und federhart gezogenem Rundstahldraht bei Raumtemperatur. Draht 23 (1972) 4. S. 168 und 255 [10.7] Meissner, M . und H.-J. Schorcht: Metallfedern: Grundlagen, Werkstoffe, Berechnung und Gestaltung. Berlin, Heidelberg: Springer-Verl. 1997 [ 10.81 Linhart, K : IFL-Mitt. 7 (1968) S. 268-276 [ 10.91 Schreiher, D.: Untersuchungen uber die Biegewechselfestigkeit und Zugschwellfestigkeit von verguteten, kaltgewalzten Bandern aus Federstahlen unterschiedlicher Oberflachenbeschaffenheit. Estel-Berichte 10 (1975) 3 [10.10] Heinke, G.: Beitrag zum EinfluB der Werkstoffrandzone auf die Dauerfestigkeit kaltgeformter Druckfedern. Kolloquium ,,Werkstoffprufung im technologischen ProzeB". Zwickau: IHS Nov. 1980 [ 10.111 Paul, H . , D. Vetter, W Schiifherger und I? Weher: Schichtverbundwerkstoffe fur elektrische Bauelemente auf der Basis Kupfer-Stahl. Neue Hutte 25 (1980), S. 241 [ 10.121 Louzon, T-J.: Spinodale Legierungen Cu-Ni-Sn: Eigenschaften und Anwendungen. Zinn und seine Verwendung 137 (1983) [10.13] Karpel, S . : Entwicklung spinodaler Kupfer-Nickel-Zinn-Legierungen. Zinn und seine Verwendung 153 (1987) [10.14] Pastuchova, Z.P, und A. G . Rachftadt: Federlegierungen aus NE-Metallen. Leipzig: Dt. Verl. fur Grundstoffind. 1986 [10.15] Werkstoffkunde Stahl. Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo: Springer-Verl. und Dusseldorf Verl. Stahleisen mbH Band 2 (Anwendung) 1985 [ 10.161 DIN 2088: Zvlindrische Schraubenfedern aus runden Drahten und Staben. kaltgeformte Drehfedern (Schenkelfedern); Berechnung und Konstruktion 1992 [10.17] DIN 1777: Federbander aus Kupfer-Knetlegierungen 1986 [10.18] DIN 17 221:Warmgewalzte Stahle fur vergutbare Federn 1988 [10.19] DIN 17 222: Kaltgewalzte Stahlbander fur Federn 1979 [ 10.201 DIN 17 223: Runder Federstahldraht Teil 1 : Patentiert-gezogener Federdraht aus unlegierten Stahlen 1984, Teil 2: OlschluBverguteter Federstahldraht aus unlegierten und legierten Stahlen 1990 [ 10.211 DIN 17 224: Federdraht und Federband aus nichtrostenden Stahlen 1982 [ 10.221 DIN 17 682: Runde Federdrahte aus Kupfer-Knetlegierungen; Festigkeitseigenschaften 1979
11
Werkstoffe fur Verbindungen
Werkstoffe fur Verbindungen haben die Aufgabe, Bauteile in einer Weise zusammenzuhalten, die die Ubertragung von Kraften sowohl hinsichtlich der erforderlichen Zeitdauer als auch der Beanspruchungshohe gewahrleistet. Haufig sind damit noch weitere Anforderungen verbunden, wie die Dichtigkeit der Verbindungsstelle gegenuber Flussigkeiten oder Gasen, keine negative Beeinflussung des Korrosionsverhaltens der Bauteile in der Umgebung der Verbindung u.a.m. Es ist ublich, die Verbindungen in losbare und unlosbare einzuteilen, d.h. solche, die ohne Zerstorung des Verbindungselements zu beliebiger Zeit wieder aufgehoben werden konnen, und solche, deren Unterbrechung nur uber die Zerstorung von Teilen der durch sie verbundenen Bauteile moglich ist. Die wichtigsten Vertreter der ersten Gruppe und zugleich am haufigsten genutzten Verbindungselemente sind die Schrauben und Muttern. Zur zweiten Gruppe zahlen die Niete, die Kleb-, Lot- und Schweiljverbindungen sowie Mortel und Zement zum Verbinden silicattechnischer Werkstoffe.
11.1 Werkstoffe fur Schrauben und Muttern Von den Werkstoffen fur Schrauben und Muttern werden vor allem eine gute Umformbarkeit und Bearbeitbarkeit sowie eine ausreichende statische und dynamische Festigkeit verlangt. Die Bearbeitbarkeit erstreckt sich sowohl auf die spangebende (Drehen, Gewindeschneiden) wie auch spanlose Formgebung (Pressen, Stauchen, Gewinderollen). Die gute Umformbarkeit ist auch deshalb notig, damit beim Anziehen der Schraube im Gewindeteil auftretende plastische Verformungen ohne Werkstoffschadigung aufgenommen werden konnen. Um zu vermeiden, dalj sich Schraube und Mutter festfressen, sollen sie aus Werkstoffen der gleichen Art, aber unterschiedlicher Festigkeit gefertigt sein. Schlieljlich werden, je nach dem Einsatzfall, speziellere Eigenschaften, wie Rost- und Saurebestandigkeit, Warmfestigkeit, Kaltzahigkeit u.a.m. gefordert. Dies macht auch erklarlich, weshalb fur die Fertigung von Schrauben und Muttern vorwiegend legierte und unlegierte Stahle zur Anwendung kommen.
11.1.1 Metallische Schrauben- und Mutternwerkstoffe Fur die Herstellung von Schrauben und Muttern ist das Kaltstauchen am meisten verbreitet. Als Kriterium fur das dabei erforderliche hohe Formanderungsvermogen wird die Brucheinschnurung herangezogen; Stahle mit Werten von mindestens 60% zeigen das beste Kaltumformungsverhalten. Beispiele von Kulrstauch- und Kaltfliepprepstahlen, die hauptsachlich zur Herstellung von Haft-
450
11
Werkstoffe fur Verbindungen
Tahclle 1 I . I Kaltstauch-, KaltflicBpreR- und Automatenstahlc fur Schrauhen und Muttern (nach DIN 17 I I I . 1651. 1654)
S t a h Imar ke
Schrauben. Mindestwertc MPa Zugfestigkcit
Strcckgrenze h/w. 0.2% -Dehngrcnze
CIIGIC C7RG 1
420
320
C14GIC C3SC
SO0
300
I lSMn30 I ISMnPh30
600
4x0
IYMnR4
XOO
640
32Cr2 34CrS4
1040
040
X4CrNi I X- I2 X4CrNiMol7- 12-2 X2CrNiMoN 17-13-3
SO0
700
210 450
XOO
600
und Kraftschrauben der unterschiedlichsten Kopfformcn herangezogen werden, sind in Tabelle 11.1 aufgefuhrt. Zur Fertigung von Muttern werden auch W~irtm und Kaltl'rc.J3rniirter.~fuhlreingesetzt. Der schwefellegierte KaltpreBmutterstahl C7RG 1 mit Schwefelgehalten zwischen 0.08 und 0,15% gewahrleistet glatte Schlusselfliichen und hohere Standzeiten der Zerspanungswerkzeuge. Die phosphorlegierten Warrnprepniiittersruhle sind besonders zum Warmpressen und Warmstanzen geeignet. Der Phosphorzusatz verbessert die FlieBeigenschaften oberhalb 1000"C wesentlich. Da bei der Warmverarbeitung im Temperaturbereich zwischen etwa 850 und 1050°C Grobkornbildung eintritt. sind die WarmpreBstahle vor der Verarbeitung auf etwa 1200°C zu erwarmen und bei 1150°C beginnend zu verformen. Die Pressung mu13 bei 1000°C beendet sein. AuBerdem wirkt Phosphor dem ,,Schmieren" bei der spanabhebenden Bearbeitung dieser an sich weichen Stahle en t gegen . Die gleichfalls zur Herstellung von Schrauben und Muttern verwendeten Autotizntrnsriihle (s. Abschn. 3.1.9) zeichnen sich durch eine wirtschaftliche spanabhebende Bearbeitbarkeit aus. Wahrend der Stahl 1 lSMn30 fur Teile rnit groBer Kernzerspanung, z. B. Muttern, Anwendung findet, werden die Automatenvergutungsstiihle 46SPb20 und 60S22 fur Schrauben und Muttern eingesetzt. Die nach dcm Verguten erreichbaren Zahigkeitswerte sind geringer als die der entsprechenden unlegierten Vergutungsstahle. Es muB darauf hingewiesen werden. daB bei den Schrauben und Muttern aus Automatenstahlen lediglich ein bestirnmter Festigkeitswert garantiert wird und mit ihrem Einsatz keine daruber hinausgehenden Anforderungen verknupft werden kiinnen. Auf Grund ihrer niedrigen Warmstreckgrenzenwerte sollen die Betriebstemperaturen fur Automatenstiihle in der Regel 100°C nicht uberschreiten. Bei hiiheren Ternperaturen einzusetzende Schrauben und Muttern werden aus warmfesten Stahlen hergestellt (s.a. Abschn. 6.1). Tabelle 11.2 enthalt empfoh-
11.1
Werkstoffe fur Schrauben und M u t t e r n
45 1
Tabelle 11.2 ZweckmaOige Werkstoffpaarungen warmfester Schrauben und Muttern (nach DIN 267) Stahlrnarke Schraube
Mutter
Anhalt fur hochste Betriebstemperatur, "C
C3SE
C3SE. 3SB2
350
24CrMo5
3SB2.24CrMoS
400
40CrMoV4-7
2 1CrMoVS-7
500
X22CrMoV12-1 X 1 YCrMoVNbN11-1
X22CrMoVl2- 1
580
XSNiCrTiMoV26-15
XSNiCrTiMoV26- 15
650
lene Verbindungspaarungen warmfester Stahle fur Betriebstemperaturen von 350 bis 650°C. Bei Betriebstemperaturen oberhalb 600°C werden die Verbindungselemente aus zunderbestandigen Stahlen gefertigt. Der aus der Gruppe der korrosionsbestandigen Stahle (Abschn. 7.10) vielfach genutzte X20CrNi17-2 beispielsweise, dessen Festigkeit im verguteten Zustand 780 bis 930 MPa betragt, ist hoch beanspruchbar und wird fur Schrauben, die in Molkereien, Hefe-, Starkeund Papierfabriken im Kontakt mit Wasser, Dampf und oxidierenden Sauren bestandig sein mussen. verwendet. Eine ahnlich gute Festigkeit und Korrosionsbestandigkeit gegen Wasser, Dampf und schwach alkalische Losungen, aber wesentlich verbesserte Zerspanbarkeit weist der mit 0,lS bis 0,25% Schwefel legierte Stahl X12CrMoS17 auf. Grundvoraussetzung fur die Eignung einer Verbindung unter korrosiver Beanspruchung ist, daB Verbindungselemente und zu verbindende Bauteile moglichst aus dem gleichen oder zumindest aus ahnlichen Werkstoffen (geringer Potentialunterschied) bestehen. Aus diesem Grunde werden im Fahrzeug-, Schiff- und Flugzeugbau, im Bergbau, in der Nahrungsmittel- und Textilindustrie, in denen Aluminium- und Kupferwerkstoffe in vielfaltiger Weise Verwendung finden, auch Schrauben und Muttern aus Aluminium- und Kupferlegierungen in groBerem Umfang eingesetzt. Im ersten Fall verwendet man Legierungen rnit hoherer Festigkeit im kaltgezogenen oder ausgeharteten Zustand, wie AlMgS, AlMgSil und AlCuMgl, von denen die mit Mg bzw. Mg und Si legierten Aluminiumwerkstoffe allgemein fur Schrauben in Leichtmetalltragwerken genutzt werden und Schrauben aus AlCuMgl lediglich zur Verbindung schwermetallhaltiger Aluminiumegierungen dienen. Von den Kupferwerkstoffen finden fur Schrauben vor allem die Messinge CuZn39Pb3, CuZn40MnPb und CuZn37 Verwendung. Sie sind bei hoher Festigkeit gut kaltumformbar und mit Bleizusatz - allerdings unter Einschrankung der Kaltformbarkeit - auch fur alle spanabhebenden Bearbeitungsverfahren gut geeignet. Fur tiefe Temperaturen werden neben Aluminiumwerkstoffen, Messing, Sonderbronzen und Nickellegierungen (s.a. Abschn. 5.4) vor allem Stahle, wie sie bereits eingehender im Kapitel S behandelt wurden, als Verbindungselemente eingesetzt. Als Beispiele gibt Tabelle 11.3 derart geeignete Schrauben- und Mutternstahle wieder.
452
11
Werkstoffe f u r Verbindungen
Tabelle 1 1.3 Werkstoffauswahl von Schrauben fur Tieftemperatureinsatz (nach DIN 267) Anhalt fur ubliche untere Stahlrnarke Grenze der Anwendungstemperatur im Dauerbetrieb 'I
Ausfuhrungsform
c
-60
26CrMo4 X4CrNiMol7- 12-2 X6CrNiMoTi17-12-2
-120
X12Ni
-200
X4CrNi18-10 X4CrNi18- 12 X4CrNiMol7-12-2 X6CrNiMoTi 17-12-2
mit Kopf mit Kopf
ohne Kopf ohne Kopf
11.1.2 Schraubverbindungen an polymeren Werkstoffen Bauteile aus Polymerwerkstoffen werden zumeist durch SchweiBen oder Kleben miteinander verbunden. Wenn diese Verfahren nicht geeignet sind oder losbare Verbindungen bzw. Verbindungen mit Metallteilen gefordert werden, kommen Schraubverbindungen in Betracht. Hierfur ist die Metallschraube das bedeutendste Verbindungselement. 1st die mechanische Beanspruchung gering und werden korrosionsbestandige oder elektrisch isolierende Verbindungen gewunscht, kommen Schrauben aus Polymeren zum Einsatz. Dafur werden fast nur Thermoplaste, vor allem schlagzahe Typen (s.a. Abschn. 3.4.2), die z.T. noch mit Glasfasern verstarkt sind, verwendet, z. B. Hochdruckpolyethylen, Polypropylen, schlagzahe Polystyrene, Polyamide, modifiziertes PVC, Polycarbonat und Polyoximethylen. Schrauben aus Duromeren sind selten. Sie werden durch Spritzpressen oder SpritzgieBen aus gefulltem Phenolformaldehydharz (PF) oder Melaminformaldehydharz (MF) hergestellt. Muttern aus Polymeren sind wenig gebrauchlich. Meist wird das fur eine Verbindung benotigte Innengewinde (Mutterngewinde) direkt in das polymere Teil geformt. Die Herstellung der AuBen- und Innengewinde erfolgt beim Urformen des Materials (Formpressen, Spritzpressen, SpritzgieBen oder Blasformen) mit Hilfe von formgebenden Gewindestiften, -kernen, -ringen oder -backen oder durch nachtragliches Gewindeschneiden. Auf Grund der gegenuber Metallen geringeren Festigkeit und hoheren Kerbempfindlichkeit sowie der groljeren MaBungenauigkeit der Gewinde werden Schraubverbindungen, bei denen sowohl das AuBen- als auch das Innengewinde im polymeren Werkstoff liegt, seltener und nur dann angewendet, wenn nicht zu grolje Krafte aufzunehmen sind und die Haufigkeit des Losens und Wiederanziehens der Verbindung gering ist. Meist ist eines der beiden Gewinde in Metal1 ausgefuhrt. Dazu wird entweder ein metallischer Schraubenbolzen oder eine metallische Gewindemutter wahrend des Urformens in das polymere Formteil eingebettet oder danach eingeklebt bzw. als selbstschneidendes Element eingeschraubt. Auch das Einspritzen von Spezialgewindemuttern (Inserts) in vorgeformte Locher oder das Einbringen und VerschweiBen von Einlegeteilen mittels Ultraschalls ist gegeben.
11.2
Werkstoffe fur Niete
453
Oftmals sind bei Polymeren andere losbare Verbindungsarten, die Klemmverbindungen (Haften durch Reibung) und Schnappverbindungen (Haften durch elastische Deformation und Hinterschneidungen), einer Schraubverbindung vorzuziehen.
11.2 Werkstoffe fur Niete Obwohl Nietverbindungen mit der Entwicklung der SchweiBverfahren generell an Bedeutung verloren haben, spielen sie auf Einzelgebieten, wie in der Kraftfahrzeug- und Elektroindustrie sowie im Flugzeugbau, noch immer eine wichtige Rolle. Zum Einsatz gelangen vorwiegend Niete kleinerer Abmessungen, die durch Kaltstauchen aus Draht hergestellt werden. Nietstahle Als Nietstahle kommen hauptsachlich unberuhigt und beruhigt vergossene Stahle in Betracht. In Tabelle 11.4 sind die mechanischen Eigenschaften von Nietstahlen zusammengestellt. Daruber hinaus konnen auch Kaltstauchstahle (s. Abschn. 11.1.l) fur die Nietherstellung herangezogen werden. Die Prufung des Ausgangsmaterials auf Oberflachenfehler geschieht durch den Falt- sowie Warm- oder Kaltstauchversuch (s. Tab. 11.4). Tabelle 11.4 Kohlenstoffarme unlegierte Stahle fur Niete (nach DIN 17 111)
Stahlmarke Zugfestigkeit MPa
Mindestwert Streckgrenze MPa
Bruchdehnung Yo
Stauchversuch bei C
CllGl c1l G l C C11G2
330 bis 430
205
30
900 20 YO0
C14GI C14G2 C14G1C
370 bis 460
225
25
900 20 YO0
'I
Leichtmetallniete Fur mechanisch hoher beanspruchte Verbindungen im Leichtmetallbau hat sich das Nieten noch immer als ein zuverlassiges Fugeverfahren bewahrt. Es findet hier haufiger Anwendung, da es die Festigkeit der zu verbindenden ausgeharteten oder kaltverfestigten Aluminiumlegierungen nicht nachteilig beeinflufit, wie das beim SchweiBen oder Loten infolge der im Bereich der Verbindungszone auftretenden Werkstofferwarmung der Fall ist. Tabelle 11.5 enthalt eine Zusammenstellung von Aluminiumbasis-Nietlegierungen sowie Angaben uber deren Anwendung. Bei Nietverbindungen, die aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehen, richtet sich die Wahl des Nietwerkstoffes in der Regel nach dem Bauteilwerkstoff mit der geringsten Festigkeit. Wie schon bei den Schraubenverbindungen gefordert, sollen auch Niet- und Fugeteil moglichst aus dem gleichen Werkstoff bestehen bzw. ein ahnliches elektrochemisches Potential haben, um Korrosionsvorgange
454
11
Werkstoffe fur Verbindungen
Tahelle 1 1.5 Alurniniurnwerkstoffc. Reispiele fur Zuordnung von Niet- und Fiigcteilwerkstoff (nach [11.1]) Nietwerkstoll
Werkstoff der Fiigeteile
AIY9.5 AlMn AIM@ AIMgS AlMgSiI', AICuMgl')
A1YY.S u. hohere Reinheitsgrade AlY9, AlMn AIMg3, AIMg5, A14.SMn. AlMgSiO.5 AIMgS. A14,SMn. AIMgSil. AIZn4.SMgl AIMgSi0.7. AlMgSiI. AIZn4,SMgl AlCuMgl , AICuMg2, AIZnMgCuO.5
'
1
21
W;irrnau\l;igern d e r genietetcn Konstruktion i u r ErTiclung d e r erfiirderlichen Schcrlc\tigkeit N ~ c rmu13 inncrhalh 4 Stuiidcn nach I.o\ung\$luhung und Ahschrcckung geschlagen werden
einzuschranken. LaBt sich dies bei Nietkonstruktionen aus verschiedenartigen Werkstoffen nicht realisieren. so mussen zur Vermeidung der Kontaktkorrosion besondere MaBnahmen ergriffen werden. Uberwiegt der Anteil der Leichtmetallkomponente in der Verbindung, so sollten Leichtmetallniete verwendet werden, die vorher mit einem Schutzuberzug versehen wurden. Werden keine verzinkten oder vercadmeten Stahlniete benutzt, so ist bei einer Stahl-Leichtmetall-Verbindung der SchlieBkopf grundsatzlich auf die Stahlseite zu setzen und zwischen Leichtmetall- und Setzkopf eine verzinkte oder cadmierte Unterlegscheibe einzufugen. Vollig unzulassig ist es, Leichtmetalle durch Kupfer- oder Messingniete zu verbinden. Wie auch aus Tabelle 11.5 hervorgeht, mussen Niete aus aushartbaren Aluminiumlegierungen nach dem Abschrecken von Homogenisierungstemperatur, also im weichen Zustand, und bevor die Kaltaushartung einsetzt, geschlagen werden. Niete irnd Stifte ciir.s Polynieren
Fur Niet- und Stiftverbindungen von polymeren Werkstoffen untereinander oder mit anderen Werkstoffen werden meist Aluminium-, Kupfer- und Messingniete, vor allem jedoch Stahlhohlniete und Metallkerbstifte verwendet. Durch Unterlegscheiben wird eine Uberbeanspruchung der polymeren Werkstoffe beim Nieten vermieden. Niete und Stifte aus Polymeren werden seltener eingesetzt. Hierfur kommen besonders schlagzahe Thermoplaste, wie sie bereits fur Schrauben (s. Abschn. 11. I .2) genannt wurden, in Betracht. Ihre Verwendung konzentriert sich auf solche Falle, in denen bei geringer mechanischer und thermischer Beanspruchung eine hohe Korrosionsbestandigkeit gefordert wird oder okonom i sch e Vor t e i I e en t st e he n . Nietschlage mussen hinsichtlich Masse ma1 Geschwindigkeit der RiBempfindlichkeit des Polymerwerkstoffes angepaBt werden. Um der Verbindung die notwendige Festigkeit zu geben, wird der Nietkopf kalt gestaucht. Da ein langer Nietschaft so stark federt, daR der SchlieBkopf nicht angeschlagen werden kann. sollte die Nietschaftlange z. B. fur Polypropylen 4d bis 5d (d Nietschaftdurchmesser), fur Polyethylen (hart) 3d bis 4,Sd und bei Polyethylen (weich) Id sein. Wird eine Nietverbindung unter Anwendungsbedingungen thermisch beansprucht. mu13 der Nietschaft vor dem Anstauchen auf eine 20 bis 30 K uber der spateren Anwendungstemperatur liegende Temperatur erwarmt werden. Die
11.3
Klebstoffe
455
Verbindung ist bis zum volligen Erkalten durch einen Niederhalter zu belasten. Warm angestauchte Nietkopfe ergeben spannungsarme und geringer temperaturempfindliche Verbindungen. Fur das Anstauchen von Nietkopfen wird vorteilhaft Ultraschall eingesetzt. Unter Schmelznieten versteht man die viskose Verformung beider Enden eines thermoplastischen Bolzens, die nach Einfuhrung in die Verbindungsbohrungen mit einem Lotkolben erweicht werden. Manchmal wird der Bolzen auch gleich am Formteil bei der Urformung angespitzt und dient so zur einfachen Befestigung von Kleinteilen aus Metall (Kontaktstucke, Federn, Distanzringe u.a.).
11.3 Klebstoffe Klebstoffe sind nichtmetallische Stoffe, die Fugeteile durch Flachenhaftung und innere Festigkeit (Adhasion und Kohasion) verbinden konnen. Die Bindekrafte zwischen einem Fugeteil und der Klebschicht beruhen auf Adhasion. Die molekularen Bindekrafte innerhalb der Klebschicht werden als Kohasion bezeichnet. Im Vergleich zu den anderen Fugeverfahren hat das Kleben in den letzten Jahrzehnten erheblich an Bedeutung gewonnen. Der optimale Einsatz der Klebtechnik setzt die Kenntnis der Vor- und Nachteile dieses Verfahrens gegenuber anderen Techniken (z. B. Loten, SchweiBen, Nieten, Schrauben) voraus. Wesentliche, fur das Kleben vorteilhafte Gesichtspunkte sind eine gleichmaBige Spannungsverteilung uber die gesamte Klebflache, die Verbindungsmoglichkeit von Fugeteilen geringer Wandstarke und die geringe thermische Beanspruchung der Fugeteile. Im allgemeinen konnen relativ hohe dynamische Festigkeiten und Schwingungsdampfung erreicht werden. Die Einsatzmoglichkeiten der Klebstoffe sind sehr vielfaltig. Wichtige Beispiele sind: Verbinden gleichartiger, meist nicht schweirjbarer Werkstoffe (Duromere, glasfaserverstarkte Polymere, Elastomere, Glas, Keramik, ZinkdruckguB, Leichtmetallegierungen); Verbinden von Teilen aus gleichartigen schweiBbaren Werkstoffen, die aus konstruktiven oder fertigungstechnischen Grunden nicht durch Schweirjen gefugt werden konnen (Thermoplast- und Metallteile kleiner Abmessungen, Gehause, Verkleidungen); Verbinden verschiedenartiger oder gleichartiger Werkstoffe zur Realisierung neuer Anwendungsfalle oder aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten (Metall Glas, Metall - Polymer, Leichtbauplatten, Metallklebetechnik zur Durchsetzung der Leichtbauweise). Als nachteilig sind der zeitlich hohere Verfahrensaufwand (vor allem bei Reaktivklebstoffen), die teilweise aufwendige Oberflachenvorbehandlung der Fugeteile, die geringere thermische Belastbarkeit und verminderte Alterungsbestandigkeit der Verbindung sowie die kostspielige Uberprufung und Berechnung der Klebung zu erwahnen. Je nach Klebgrundstoff enthalten die Klebstoffe eine Reihe von Zusatzen (Klehstoffudditiven), denen unterschiedliche Funktionen zukommen. Durch abgestimmte Veranderung der Anteile lassen sich die Eigenschaften und Anwendungsmoglichkeiten der Klebstoffe in weiten Grenzen variieren. Hierzu zahlen
456
11
Werkstoffe fur Verbindungen
vor allem Losemittel, Harter, Vernetzer, Beschleuniger und Katalysatoren, Weichmacher, Fullstoffe, Pigmente, Haftvermittler (Primer), Netzmittel und Stabilisatore n. Die Einteilung der Klebstoffe kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen. Bei einer Einteilung nach der chemischen Basis des Klebgrundstoffes in anorganische (Wasserglaskitte, Borate usw.) und organische Verbindungen (naturliche und synthetische Produkte) zeigt sich, dal3 die Mehrzahl der gegenwartigen Klebstoffe den synthetischen und organischen Klebgrundstoffen (Polymere: thermoplastische Klebstoffe, Elastomer- und Duroplastklebstoffe) zuzuordnen sind. Naturliche Produkte (Leime, Dextrine, Starke) finden wegen ihrer geringen Alterungs- und Feuchtigkeitsbestandigkeit sowie der niedrigen Festigkeiten im Hochleistungsbereich nahezu keine Einsatzmoglichkeiten. Ihre Anwendungen liegen mit noch erheblichen Marktanteilen vor allem beim Kleben von Holz, Pappe, Papier und anderen porosen Werkstoffen. Haufiger wird nach dem Abbindemechunismus eingeteilt. Hierbei spiegeln sich auch verarbeitungs- und anwendungsspezifische Aspekte wider. Grundsatzlich werden physikalisch und chemisch abbindende Klebstoffe unterschieden. Zu den physikalisch abbindenden Klebstoffen zahlen die meisten Schmelzklebstoffe, Losungsmittel- und Dispersionsklebstoffe sowie die Haft- und Kontaktklebstoffe. Vielfaltiger ist die Gruppe der chemisch abbindenden Klebstoffe. Hier unterscheiden wir nach der dem Abbindemechanismus zugrunde liegenden chemischen Reaktion wahrend des Polymeraufbaus bzw. der Vernetzung der Klebstoffe: Polymerisationsklebstoffe (z. B. Cyan- und Methacrylatklebstoffe, anaerobe Klebstoffe) Polyadditionsklebstoffe (z. B. Epoxidharz- und Polyurethanklebstoffe) Polykondensationsklebstoffe (z. B. Formaldehydharzklebstoffe) Zusatzlich werden Unterteilungen in kalt-, warm- bzw. heishartende sowie in Ein- und Zweikomponentenklebstoffe vorgenommen. Ausfuhrlicher sol1 auf die Einteilung nach der anwendungsspezifischen Klebstoffart eingegangen werden:
Reukti~)ri~sklebst~ffe binden nach den Prinzipien der Polymerisation, Polyaddition oder Polykondensation ab. Sehr oft fuhren die ausgeharteten Klebstoffe zu unloslichen und vernetzten, nicht schmelzbaren Produkten mit erhohter thermischer Bestandigkeit. Entscheidende Parameter wahrend der Verarbeitung sind Temperatur, Zeit, Druck und Konzentration. Typische Vertreter sind die bekannten Sekundenkleber (Cyanacrylate) sowie Acrylate, Epoxidharze und Polyurethanklebstoffe. In der Regel erzielen die Reaktionsklebstoffe sehr gute Festigkeiten. Methacrylester, die unter AusschluB von Sauerstoff und Anwesenheit von Metallionen ausharten, finden als anaerobe Klebstoffe breite Anwendung bei Metallklebungen. Mit Reaktionsklebstoffen werden die bisher hochsten Klebfestigkeiten erzielt. Auf Grund der ablaufenden chemischen Reaktion bestehen vielfaltige Reaktionsmoglichkeiten mit den zu verbindenden Teilen. Im allgemeinen werden diese Klebstoffe unverdunnt eingesetzt. Viskositatserniedrigende Zusatze werden meist in den Polymeraufbau integriert. Dispersionsklebstoffe sind uberwiegend in Wasser dispergierte Polymere. Nach Applikation des Klebstoffes auf der Oberflache der zu verbindenden Teile erfolgt die Klebstoffschichtausbildung nach dem Abdunsten (Verdampfen) des
11.3
Klebstoffe
457
Dispersionsmittels (Wasser). Die Vorteile dieser Klebstoffe liegen in der Verwendung von Wasser als billiges, nicht brennbares und okologisch unbedenkliches Dispergiermittel. Daraus resultieren gleichzeitig auch die eingeschrankten Anwendungen (verminderte Feuchtigkeitsbestandigkeit, Wasserunempfindlichkeit der Fugepartner). Wichtigste Polymere sind Polyvinylacetate, Polyacrylate und Kautschuke. Hauptanwendungsgebiete sind grofiflachige, flexible Verbindungen. Schmelzklebstoffe sind losungsmittelfreie und feste, vorrangig physikalisch abbindende Klebstoffe, die im geschmolzenen Zustand appliziert werden. Polymergrundstoffe bilden vor allem Polyamide, Polyester und Ethylen-VinylacetatCopolymere. Diese bestimmen wesentlich die erreichbaren Klebstoffeigenschaften. Zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften werden weitere Zusatze wie klebrigmachende Harze, Fullstoffe, Stabilisatoren, Farbstoffe usw. zugegeben. In Kombination mit chemisch reagierenden Stoffen (z. B. Epoxidharzen) spricht man von reaktiven Schmelzklebstoffen. Der Einsatz der Schmelzklebstoffe erfolgt nahezu in allen Industriezweigen. Huftklebstoffe basieren auf einer Vielzahl von polymeren Klebgrundstoffen und verschiedensten Zusatzen, um die Klebschicht dauerhaft klebrig zu gestalten. Diese wichtige Eigenschaft der Haftklebstoffe wird ,,Tack" (Klebrigkeit) genannt. Ihr Haupteinsatzgebiet sind Klebebander (ein- und doppelseitig klebend) und Klebeetiketten rnit teilweise recht hohen Festigkeiten. Die Applikation der Klebstoffe auf die Tragermaterialien erfolgt aus organischen Losungsmitteln, waf3rigen Dispersionen oder Schmelzen. Kontuktklebstoffe beruhen vorwiegend auf Kautschuktypen rnit klebrigmachenden Zusatzen. Die scheinbar trockenen Klebstoffilme werden unter Druck vereinigt. Ihre Auftragung auf die zu verklebenden Fugepartner erfolgt meist aus Losungen (Schlauchreparatur mit einer ,,Gummilosung"). Die rnit Kontaktklebstoffen erzielbaren Klebfestigkeiten sind gewohnlich hoher als bei Haftklebstoffen. Losungsmittelklebstoffe sind in organischen Losungsmitteln geloste Polymere. Die Anwesenheit des Losungsmittels erfordert eine ausreichende Trocknungszeit bzw. -temperatur. Das Losungsmittel ermoglicht bei Polymerwerkstoffen eine Anlosung bzw. Quellung der Fugeteiloberflache, wodurch im allgemeinen eine Verbesserung der Haftung erreicht wird. Okologische Zwange fuhren zu einer Verdrangung dieser Klebstoffklasse. Ein vollstandiger Ersatz des Losungsmittelklebstoffes durch z. B. wal3rige Klebstoffdispersionen ist aber nur bedingt moglich. In der weiteren Klassifizierung der Klebstoffe lassen sich Spezialklebstoffe (hochtemperaturbestandige Klebstoffe, leitfahige Klebstoffe) sowie spezielle Klebstoffolien und -bander auffuhren. Kein Klebstoff ist fur alle Fugeteilpaarungen bzw. Werkstoffe oder Anwendungsfalle umfassend geeignet. Immer sind optimale Bedingungen hinsichtlich Eigenschaften, Verarbeitung und Anwendung zu finden. Durch gezielte Vorversuche sind die Klebstoffe auszuwahlen. Tabelle 11.6 zeigt eine Auswahl klebtechnischer Losungen fur unterschiedliche Fugeteile. Fur Fugungen mit zwei verschiedenen Werkstoffen konnen aus der letzten Spalte der Tabelle die Klebstoffe ausgewahlt werden, die fur beide Fugeteile geeignet sind. Klebstoffhersteller
458
11
Werkstoffe f u r Verbindungen
Tabelle 1 I .6 Klebtechnische Losungen fur unterschiedliche Fiigeteile Fiigeteil
Kurzzeichen
Oberflachcnvorbehandlung
Klebstoffe
Polyethylcn
PE
Entfetten. Belien. Beflammen. Plasma. Corona
Haftklebstoffe, Kontaktkleb\toiie. Epoxidharze. Polyurethane
Polypropylen
PP
Entfetten. Beizen, Beflammen, Plasma, Corona
Haftklebstoffe. Kontaktklebstoffe. Epoxidharze, Polyurethane
Polystyren
PS
Schleifen, Schmirgeln, Entfetten
LGsungsmittelklebstoffe, Epoxidharze, Polyurethane. Methacrylate, Cvanacrvlate
Polycarbonat
PC
Schleifen. Schmirgeln. Entfetten
Epoxidharze. Methacrylate
AcrylnitrilStyren-
ABS
Schleifen. Schmirgeln. Entfetten
Haftklebstoffe. Kontaktklebstoffe. Epoxidharze. Polyurethane. Cyanacrylate
Polymethylmeth- PMMA acrylat
Schleifen. Schmirgeln. Entfetten
Methacrylate. EpoxidharLe
Po I ya m i d
PA
Schleifen, Schmirgeln. Entfetten
Epoxidharze. Polyurethane. Mcthacrylate. Cyanacrylate
Faserverstiirkte Polyester
UP (GFK, CFK)
Schleifen, Schmirgeln, Entfetten
Haftklebstoffe. Kontaktklebstoffe. Epoxidharze. Polyurethane, ungesattigte Polyester
Faserverstiirkte EpoxidharLe
EP (GFK. CFK)
Schleifen. Schmirgeln. Entfetten
Epoxidharze, Polyurethane. ungesattigte Polyester
Cilas
Entfetten
Epoxidharze. Polyurethane. ungesattigte Polyester. Silikonharze
M e t al Ie
Schleifcn. Schmirgeln. Sand- Epoxidharze. Polyurethane. anaestrahlen. Entfetten. Bcizen. robe Klebstoffe Silicatisieren
Holz
Schleifen
Copolymer
Naturklebstoffe. Dispersionsklebstoffe. Kontaktklebstoffe, Schmelzklebstoffe. Reaktivklebstoffe
bieten fur unterschiedliche Anwendungsfalle und Werkstoffpaarungen Klebstoffauswahltabellen an. Eine wichtige Voraussetzung fur die Eignung des Klebstoffes ist die Benetzung bzw. Berirtzhcirkrit der zu verbindenden Fugeteiloberflachen. Die Oberflachenspannung des Klebstoffes muB kleiner oder gleich derjenigen des zu benetzenden Fugeteils sein. Die Benetzbarkeit allein liefert aber noch keine hinreichende Aussage fur die erreichbare Hu,ftfestigkrit. Diese wird ausschliefllich durch die zwischen Klebstoff und Fugeteil wirkenden Wechselwirkungen bestimmt. Hierbei wird zwischen chemischer Hauptvalenzbindung und zwischenmolekularer Bindung unterschieden. Die Bindungen uber Hauptvalenzen erzielen griil3ere Haftfestigkeiten. Im allgemeinen sind umfangreiche Oberflachenvorbehandlungen erforderlich. Dazu zahlen nicht nur eine mechanische Sauberung oder Entfettung, sondern auch chemische, thermische oder elektrische Vorbehandlungen,
11.4
Zusatzwerkstoffe fur das Loten
459
Tabelle 11.7 Ubersicht zu den wichtigsten Vor- und Nachbehandlungsmoglichkeiten fur zu verklebende Fugeteiloberflachen
I Nachbehandlungen
Vorbehandlungen mechanische
Schmirgeln Schleifen Bursten Sandstrahlen
chemische
Beizen Anodisieren Fluorieren
thermische
Beflammen Plasmabogen Silicoater
elektrische
Coronaentladung Niederdruckplasma
Grundieren Phosphatieren/Chromatieren Haftvermittleranwendung
I
die die Fugeteiloberflache gezielt verandern. Weitere nachgeschaltete Behandlungen sollen die Oberflachenaktivitat unterstutzen bzw. erhohen. In Tabelle 11.7 sind verschiedene Behandlungen zusammengestellt.
11.4 Zusatzwerkstoffe fur das Loten Lotverbindungen werden mit Hilfe eines als Lot bezeichneten Zusatzwerkstoffes hergestellt. Seine Schmelztemperatur liegt niedriger als die der zu verbindenden Werkstoffe, so daB diese beim Loten vom schmelzflussigen Lot benetzt, selbst aber nicht aufgeschmolzen werden. Eine gute Benetzung des Grundwerkstoffes ist fur die Qualitat der Verbindung von entscheidender Bedeutung, da diese hauptsachlich uber Diffusionsprozesse entsteht (Bild 11.1). Damit das Lot nicht am Flieljen gehindert wird, ist eine entsprechende Oberflachenvorbereitung vonnoten. Dazu werden nach dem Saubern der Oberflache sog. FluJj’mittelaufgebracht, die entweder dem Lot beigegeben oder vor dem Loten auf dem Grundwerkstoff aufgebracht werden. Von diesen werden auf der Oberflache verbliebene Oxidschichten reduziert sowie deren Neubildung auf Lot und Grundwerkstoff wahrend des Lotens verhindert. Als Folge der erwahnten Diffusionsvorgange vollzieht sich in der Grenzflache Lot/Grundwerkstoff eine Legierungsbildung, die schon ausreicht, wenn sie sich auf eine Schicht von nur wenigen Atomgitterabstanden erstreckt. Die Tiefe der im Zuge der wechselseitigen Diffusionsreaktion entstehenden Legierungszone ist sowohl von der jeweiligen Lot-Grundwerkstoff-Kombination als auch von der angewendeten Lottechnologie abhangig. Geschieht die Eindiffusion der Lotbestandteile bevorzugt entlang der Korngrenzen des Grundmetalls (Bild 1 1.2), so kann Liitbruchigkeit auftreten, die noch durch lange Lotzeiten, erhohte Lottemperaturen und groBe Lotmengen begunstigt wird. Entsprechend kann ihr uber eine Erniedrigung der Arbeitstemperatur (Verminderung der Diffusionsgeschwindigkeit) und eine Warmebehandlung des Grundwerkstoffes (Abbau der Eigenspannungen) entgegengewirkt werden.
460
11
Werkstoffe fur Verbindungen
Bild 11.1
Bild 11.2
Bild 11.1 AgSnOJn,03-Kontakt (oben) rnit anplattierter Feinsilber- und B-Cu8OAgP-Schicht, durch Widerstandscrwarmung auf Kontakttrager aus CuZn3O (unten) aufgelotet. Urn eine ausreichende Lot-Bindung zwischen dem Kontakt und dern Kontakttrager zu gewahrleisten. rnuR eine Feinsilberzwischenschicht angebracht wcrden. Bild 11.2 Hartlotvcrbindung von X4CrNiMo17-12-2 (links) mit 12SMnPb30 (rechts). Lotwerkstoff B-CuYY. Durch Uberhitzung Eindiffusion des Cu in die Korngrenzen des Autornatenstahles (LotriRbildung). REM-Aufnahme. Ruckstreuelektronen-Ordnungszahlkontrast
Von groBem EinfluB auf den Lotvorgang und die Gute der Lotverbindung ist, wie aus dem Vorhergesagten schon geschluljfolgert werden kann, die Wahl einer optimalen Arbeitstemperatur. Sie ist die Temperatur, die mindestens an der Beruhrungsflache von Lot und Grundwerkstoff herrschen muB. Sie liegt oberhalb der Solidustemperatur des Lots und kann mit dessen Liquidustemperatur ubereinstimmen. In Abhangigkeit von der Arbeitstemperatur T A unterscheidet man Weichfote(TA < 450°C) und Hurtfote (TA > 450°C). Die in der Praxis angewendeten Lottemperaturen liegen in den meisten Fallen oberhalb der Arbeitstemperatur. Wird die hochstzulassige Lottemperatur uberschritten, kann sowohl eine Schadigung des Lots (Verdampfen von Legierungselementen), des FluBmittels (nachlassende Wirkung durch Absattigung und Zersetzung) als auch des Grundwerkstoffes (Grobkornbildung) die Folge sein.
11.4.1 Weichlote Weichlote fur Schwermetafle sind meist Blei-Zinn-Legierungen, die teilweise noch geringe Zusatze an anderen Metallen enthalten. Das binare Zustandsdiagramm Blei-Zinn weist ein bei 183°C schmelzendes Eutektikum mit 61,9% Sn und 38,1% Pb auf. Als Lote kommen hauptsachlich Legierungen mit Pb-Anteilen von mehr als 38,1% in Betracht. Einige Sonderweichlote sind allein auf Bleibzw. Zinnbasis aufgebaut. In Tabelle 11.8 sind charakteristische Eigenschaften sowie Beispiele der Verwendung von Weichloten zusammengefafit. Fur spezielle Anwendungsfalle, wie Schmelz-, Kessel- und Verzogerungssicherungen, warmeempfindliche Teile oder Lotungen, bei denen die angrenzenden Werkstoffe nicht beschadigt werden durfen (Isolierungen, Gewebe u.a.), verwendet man Lote mit Solidustemperturen unterhalb 183"C. Zur Anwendung kommen hier die unter der Bezeichnung Woodmerufl (50% Bi, 12,5% Cd, 12,5% Sn, 25% Pb, Schmelzpunkt 60"C), Roses Metull (52% Bi, 32% Pb, 16% Sn, Schmelzpunkt 96°C und Nrwronmeraff (53% Bi, 21% Cd, 26% Sn, Schmelz-
11.4
Zusatzwerkstoffe fur das Loten
46 1
Tabelle 11.8 Weichlote fur Schwermetalle. Anwendungsbeispiele und Eigenschaften (nach DIN E N I S 0 3677, DIN EN 29453, [11.2]) Lot
Anwendungbeispiel
Eigenschaft
S-Pb69Sn30Sb1
Kuhlerbau, Schinierlot
S-Pb58Sn40Sb2
Klempnerlot, Kuhlerbau
S-Sn60Pb40Sb
Feinblechpackung, Klempnerarbeiten
Lote mit hoheren Sn-Gehalten zeichnen sich durch gutes FlieBverhalten und kurze Erstarrungszeiten aus
S-Pb70Sn30 S-Pb60Sn40 S-Sn60Pb40Sb
Zinkblechlotungen Zinkblechlotungen, Verzinnungen Industrie-Feinlotungen
Durch Verminderung des SbAnteils wird die Benetzbarkeit des Lotwerkstoffs verbessert
S-Pb92Sn8
FeinblechDackungen
S-Sn60Pb40
Elektroindustrie, Redruckte Schaltungen
S-Sn63Pb37
gedruckte Schaltungen, Verzinnung
Verwendung von Sb-armen Loten, wenn die Bildung intermetallischer Phasen wahrend des Lotprozesses vermieden werden muR
S-Sn96Ag4
Warmwasserinstallation, Kaltetechnik, Feingerate- u. Medizintechnik
Lot hoherer Festigkeit, haufiger Einsatz als Reparaturlot
S-Pb98Ag2
Elektromotorenbau, Kaltetechnik
S-Sn95Sb5
Kaltetechnik, Zinnwaren
Fur niedrige Betriebstemperaturen geeignet
S-Sn50Pb32Cd18
Elektrotechnik, Elektronik, Lotungen an temperaturempfindlichen Bauteilen
~
~~
niedrige Solidustemperatur, dunne Silberauflagen werden beim Loten weniger angegriffen, hohere mechanische Festigkeit als die einfachen SnPb-Lote
punkt 103°C) bekannten Legierungen. Zu dieser Gruppe zahlt auch die in Tabelle 11.8 angefuhrte Legierung S-Sn50Pb32Cd18, die hauptsachlich in der Kondensatorenfertigung eingesetzt wird. Als Weichlote fur Aluminium und Aluminiumlegierungen kommen Lote auf der Basis Cadmium-Zink (S-Cd80Zn) bzw. Zinn-Zink (S-Sn90Zn, S-Sn60Zn) bei vorzugsweiser Verwendung fur Reiblotung in Betrachtung. Die Solidustemperaturen liegen in etwa denselben Bereichen wie die der Weichlote fur Schwermetalle, die Liquidustemperaturen im Mittel jedoch hoher. Bekannt sind fur Aluminiumwerkstoffe weiterhin Lote aus Zink-Aluminium (S-Zn95A1, Schmelztemperatur 385 "C) und das in Tabelle 11.8 angefuhrte Lot S-Sn50Pb32Cd18 mit einer Schmelztemperatur von 145 C.
11.4.2 Hartlote Wie schon erwahnt, sind Hartlote Lotwerkstoffe, deren Arbeitstemperaturen oberhalb 450°C liegen. Als solche kommen Kupferbasislegierungen sowie Silberlote und Aluminiumhartlote zum Einsatz. In Tabelle 11.9 sind Vertreter der Hartlote auf Kupferbasis aufgefuhrt. Um das Ausdampfen des Zinks und eine durch Eindiffusion von Wasserstoff verursachte Porositat der Lotnaht zu verhindern, enthalten die Messinglote einige Zehntel Prozent Silicium. Auch bei silberhaltigen Messingloten, in denen 5%
462
11
Werkstoffe f u r Verbindungen
Tabclle 1 1.Y Hartlote auf Kupferbasis. Arbeitstemperaturen und zu lotende Cirundwerkstoffc (nach D I N E N I S O 3677. DIN 8.513, [11.2])
Lot
Arbeitstemperatur in "C
Fur folgende Grundwerkstoffe geeignet
B-CuhOZn
YO0
Stahl. TemperguR, Kupfer, Kupfer-Knctlegierungen mit Solidustemperaturcn >YSO"C, Nickel und Nickel-Knctlcgierungen
B-CUYY (CU> 99%)
I100
unlegierter Stahl
B-CUY~P
710
Kupfcr. Messing
(59 . . . 62% Cu; 0.1 . . . 0.3% Si; Rest Zn)
(7,.5-8,S% P)
Kupfer durch Silber ersetzt werden, ist der Zinkabbrand eingeschrankt. Werden an die Lotstelle hinsichtlich Festigkeit und Korrosionswiderstand hohere Anforderungen gestellt, bieten sich Neusilberlote (46 his 50% Cu: 8 his 11% Ni: 0 , l bis 0 3 % Si, Rest Zink) an. Mit dem Lot B-Cu92P konnen an Kupferwerkstoffen fluBmittelfreie Lolungen vorgenommen werden. Das Lot hat ein gutes FlieBvermogen und zeichnet sich, auBer gegenuber schwefelhaltigen Medien, durch eine gute Korrosionsbestandigkeit aus. Wegen der Bildung sproder Phasen ist es fur das Loten von Eisenwerkstoffen sowie Nickel und Nickellegierungen aber nicht geeignel. Die Silberlote weisen gegenuber den Kupferbasisloten eine Reihe von Vorteilen auf, wie wenig oder gar kein Nacharbeiten, relativ niedrige Arbeitstemperaturen, universelle und leichte Anwendbarkeit, hohe Festigkeit der Lotverbindung bei ausreichender Verformbarkeit sowie gute Korrosionsbestandigkeit und Benetzbarkeit, denen zufolge sie insbesondere in Verbindung mit der Automatisierung des Lotvorganges bei Massenlotungen groBere Bedeutung erlangt haben. Silberlote sind Silber-Kupfer-Legierungen, deren Silbergehalt mindestens 12%, in der Mehrzahl der Falle aber 20 his SO% betragt. In diesem Legierungsbereich fallen die Kupferanteile von SO% auf 24% ah. AuBerdem enthalten die Silberlote noch Zink sowie Cadmium, Mangan oder Nickel. Eine Ausnahme bildet das zinkfreie Lot B-Cu80AgP mit 1SYo Silber, 5% Phosphor und 80% Kupfer (Tabelle 1 1.10). Lotwerkstoffe auf Basis Silber-Kupfer-Zink haben eine erhohte Zeitstandfestigkeit, auf Grund der sie bis zu Betriebstemperaturen von etwa 300°C eingesetzt werden konnen. Durch den Zusatz von Cadmium wird die Arbeitstemperatur erniedrigt. Nickel und Mangan verbessern die Benetzbarkeit beim Loten hochlegierter Stahle. Bevorzugte Anwendungsgebiete von Silberloten sind in Tabelle 1 1.10 zusammengestellt. Fur Betriebstemperaturen oberhalb 400°C werden Lote verwendet, die auch als Hochtemperaturlote bezeichnet werden. Zu ihnen gehoren Lote auf der Basis Silber-Mangan (85% Ag, 15% Mn) und Silber-Kupfer (92,5% Ag, 7,5% Cu), die his zu Temperaturen von 600°C ausreichende Festigkeit haben. Durch den Zusatz von Palladium konnen die Eigenschaften dieser Lote noch wesentlich vcrbessert werden. Der niedrige Dampfdruck der Silber-Palladium-Kupfer-Lote macht sie auch fur Lotverbindungen, die unter Vakuum stehen, besonders geeignet, man bezeichnet sie deshalb auch als Vakiiiinzlote. Hurrlote f i r Aluminiitnz und Aluminiumlegierungen sind auf Aluminiumbasis, wie B-A188Si, aufgebaut. Die Arbeitstemperaturen liegen zwischen 500 und
11.4
Zusatzwerkstoffe fur das Loten
463
Tabelle 11.10 Silerlote, zu lotende Grundwerkstoffe und Anwendungsbeispiele (nach D I N E N I S 0 3677, DIN 8513, [11.2]) Lot
Fur folgende Grundwerkstoffe geeignet
B-Cu5OZn AgCd TA= 800°C
Stahle, TemperguR, Kupfer, Kupferlegierungen, Nickel, Nickellegierungen
B-Cu40ZnAgCd TA= 750°C
Stahle, TemperguB, Kupfer, Kupferlegierungen, Nickel, Nickellegierungen, auch Kombinationen
B-Ag30CuZnCd TA= 680 " C
Stahle, TemperguR, Kupfer, Kupferlegierungen, Nickel, Nickellegierungen
Werkstiicke rnit engem Lotspalt
B-Ag40ZnCdCu TA= 610°C
Kupfer, Kupferlegierungen, Gold-, Platinlegierungen, Dublee, Silberplattierungen, chemisch bestandige Stahle
Werkstiicke mit engem Lotspalt, Massenfertigung erhitzungsempfindlicher Werkstiicke
B-Ag49ZnCuMnNi TA= 690°C
Hartmetalle, chemisch bestandige Stahle, Wolfram- und Molybdan-Werkstoffe
groBe und kleine Lotungen
B-Ag44CuZn TA= 730°C B-Cu41ZnAg TA= 780°C B-Cu55ZnAg
Hauptanwendungsgebiete
Werkstiicke rnit breitem Lotspalt
Bandsagenlotungen Stahle, TemperguB, Kupfer, Kupferlegierungen, Nickel, Nickellegierungen
groRe Lotungen
B-Cu38ZnAg TA= 750°C
Hartmetalle, chemisch bestandige Stahle
groRe und kleine Lotungen
B-Cu80AgP TA= 710°C
ohne FluRmittel: Kupfer und Kupferlegierungen rnit FluBmittel: Messing. Bronze. RotauR
kleine Lotungen (sprode Lotnaht) Ro hrverbindungen
B-AgSOCdZnCu TA= 640°C
Kupfer und Kupferlegierungen, Lotungen kleiner Teile Silber und Silberlegierungen (Kontaktnetze, Messerhefte)
600 "C. Die Aluminium-Silicium-Lote zeichnen sich durch eine gute Korrosionsbestandigkeit aus. Sie werden in Verbindung mit Schwermetallzusatzen auch fur Reparaturlotungen an GuBstucken verwendet. 11.4.3 Lote fur Werkstoffverbunde Die ErschlieBung neuer Anwendungsgebiete fur nichtmetallische Werkstoffe und die Nutzung bestimmter Eigenschaften von Glas, Keramik- oder Kohlenstofferzeugnissen macht es haufig erforderlich, die der speziellen Verwendung nicht genugende Festigkeit, Zahigkeit oder Bearbeitbarkeit dieser Materialien
11
464
Werkstoffe fur Verbindungen
Tabelle 1 1 . I 1 Lote zum Verbinden verschiedenartiger Werkstoffe (nach DIN EN I S 0 3677, EN 29453, DIN 8513. r11.21) Werkstoffkombination Metall
-
Lot
Hartmetall B-Ag4YZnCuMnNi
Eigenschaft
Verwendung
geringe Arbeitstempe- Bohrer, Drehratur, gute Benetzungs- meiBel, Fraser fahigkeit, hohe Festigkeit, fur alle Hartmetalle geeignet
Ag(87%)-Mn(lO%)Co(3%)
fur mechanisch und thermisch hoch beanspruchte Werkzeuge
Bu-Cu99
fur zahere Hartmetalle
B-Cu38ZnAg Metall - Keramik
Silberlote
gute Verbindung rnit molybdanbeschichteten Keramikoberflachen
Elektronik, luftdichte Stromeinfiihrungen in metallische Gehause
Pb-Sn-Lote
gute Verbindung mit eisenbeschichteten Keramikoberflachen
S-SnSOPb32Cd18
gute Verbindung mit silberbeschichteten Metalloberflachen
Metall - Glas
ln(50%)-Sn(S%)-Lot, In-Lote, Bi(S4%)-Sn(26%)-Cd(20%)Lot, Bi(50%)-Pb(31,3%)Sn(18,7%)-Lot Sn-Pb-Lote
Lote mit hoher Duktili- Elektronik, tat auf metallisierte Geratetechnik Glasoberflachen
Metall - Graphit
Ti(48”/,)-Zr(48’/,)-B(4%)-Lot
hoher Korrosionswider- Lotverbindunstand gegeniiber fliissi- gen in der Reakgen Metallen tortechnik
Pd-Ni-Cr-Lote Ni-Cr-B-Lote Au-Ni-Cr-Lote
Neigung zur Carbidbildung, verbunden rnit guter Benetzung
Mo-Lot
WarmeausdehnungsHerstellung riRkoeffizient wie Graphit freier Verbindungen
Beanspruchung bei hohen Temperaturen
durch einen Verbund rnit metallischen Werkstoffen auszugleichen. In diesen Fallen hat sich neben dem Kleben (s. Abschn. 11.3) das Loten als Fugeverfahren vielfach bewahrt. In Tabelle 11.11 sind metallische Lotwerkstoffe fur Kombinationen von Metall rnit Hartmetall, Keramik, Glas oder Graphit sowie Hinweise zu Eigenschaften und Anwendung zusammengestellt. 1st die Benetzung der nichtmetallischen Verbindungsteile durch das Lot mangelhaft, konnen auf diese vorher geeignete Metalluberzuge aufgebracht werden.
11.5
Zusatzwerkstoffe fur das Schweiljen
465
Bei der Auswahl von Loten zur Verbindung verschiedenartiger Werkstoffe ist fur die Gewahrleistung ausreichender Korrosionsbestandigkeit der voneinander abweichende elektrochemische Charakter sowie zur Vermeidung hoherer Eigenspannungen (Lotbruchigkeit) die unterschiedliche Warmeausdehnung der in die Verbindung eingehenden Werkstoffe zu beachten. Auch uber eine gunstigere konstruktive Gestaltung der Verbindung sowie durch niedrige Lottemperaturen und die Wahl eines Lotes mit groBem Verformungsvermogen (Spannungsabbau) kann dem Auftreten von Eigenspannungen entgegengewirkt werden.
11.4.4 Glaslote Fur das Verbinden von Glas mit Metal1 und Keramik sowie dieser Stoffe untereinander werden in zunehmendem MaBe auch Glaslote verwendet. Die geforderte Erweichungs- bzw. Lottemperatur richtet sich nach der Temperaturbestandigkeit und der Anwendungstemperatur der Bauteile. Die Lotglasschmelze sol1 die zu fugenden Teile gut benetzen, aber moglichst nicht durch Kontaktreaktionen verandern. Die Viskositat bei der Lottemperatur betragt 10' bis 10' Pas. Das Warmeausdehnungsverhalten mu13 angepal3t sein, A a I 7 . 10-7 K-1. Die niedrigsten Lottemperaturen, 400 bis SOO"C, erreicht man mit bleireichen Glasern des Systems PbO - Z n O - B203,dem man zur Verbesserung der Bestandigkeit noch S i 0 2und A1203zusetzen kann. Diese Lotglaser haben einen relativ hohen Ausdehnungskoeffizienten von 8 bis 14.104 K-1. Benotigt man eine niedrigere Warmedehnung, so kann man bis zu 40% feingemahlenen Inertstoff mit geringer Warmedehnung, wie PEukryptit oder Cordierit zusetzen, und man erhalt Compositlote. Erniedrigend wirkt auch eine gezielte Kristallisation zinkoxidreicherer Bleizinkboratglaser. Die Kristallisation erfolgt wahrend der Warmebehandlung beim Fugen. Die Erweichungstemperatur ist dann hoher als beim Basislot, so da13 die Verbindung bei einem zweiten Lotvorgang aufrecht erhalten wird. Lotglaser werden nach dem Schmelzen in Wasser abgeschreckt, fein gemahlen und mit Olen und Losungsmittel zu einer Paste verarbeitet, die auf die zu fugenden Teile aufgetragen wird. Der Lotvorgang erfolgt meist in einem elektrisch beheizten Durchlaufofen. Hauptanwendungsgebiete sind die Vakuumtechnik die Halbleiterverkapselung und das Verbinden von Prazisionsteilen.
11.5 Zusatzwerkstoffe fur das SchweiRen Zur Herstellung unloslicher Verbindungen zwischen metallischen oder nichtmetallischen Konstruktionsteilen wie auch zum Aufbringen von Oberflachenschichten (s.a. Abschn. 8.2.4.2) durch SchweiBen werden je nach dem angewendeten SchweiBverfahren geeignete Zusatzwerkstoffe benotigt, die in Form von Drahten und Pulvern eingesetzt werden. SchweiBdraht findet als Zusatzwerkstoff oder Elektrodenkerndraht fur das Verbindungs- und AuftragschweiBen sowie zum Aufbringen von Spritzschichten Verwendung. Seine mechanischen und physikalischen Eigenschaften sind im allgemeinen von untergeordneter Bedeutung, da das Material beim SchweiBen umgeschmolzen oder in den teigigen Zustand (Polymere) gebracht wird. Lediglich von den Unterpulver- und SchutzgasschweiBdrahten mussen zur Gewahrleistung eines einwandfreien Drahtvorschu-
466
11
Werkstoffe fur Verbindungen
bes bestimmte Festigkeitswerte erreicht werden. Von groBer Wichtigkeit ist dagegen die chemische Zusammensetzung sowie ein moglichst geringer Gehalt an Verunreinigungen. Grundsatzlich gilt, daB die chemische Zusammensetzung des Zusatzwerkstoffes der des zu schweiflenden Grundwerkstoffs soweit entsprechen soll, daB im SchweiBgut die fur den Einsatzfall geforderten Eigenschaften erreicht werden. Bekanntlich wird die SchweiBbarkeit von Stahl mit steigenden Kohlenstoffgehalten schlechter (s.a. Abschn. 3.1.5). Der Kohlenstoff begunstigt im SchweiBgut die Entstehung von Harte- und Warmrissen und verringert die Zahigkeit. Deshalb liegt die obere Grenze des Kohlenstoffgehaltes von Schweiljstahldraht in den meisten Fallen bei 0,lO bis 0,12%0.Silicium wird vor allem als Desoxidationsmittel zugesetzt, erhoht aber auBerdem die Festigkeit und verringert die kritische Abkiihlgeschwindigkeit. An der oberen Grenze liegende Siliciumgehalte (bis 1,4%) befinden sich - wegen der Reaktion des Schutzgases C 0 2 im Lichtbogen - in Zusatzdrahten fur das Metall-Aktivgas-SchweiBen (MAG-SchweiBen) beispielsweise von unberuhigten Stahlen zur Absicherung der Desoxidation und der Verhinderung der Porenbildung im SchweiBgut. MAG-Drahte fur wetterfeste Stahle sind zusatzlich mit Kupfer und Nickel legiert. Macht sich zur Verhinderung der Bildung von Poren eine sehr intensive Desoxidation erforderlich, wie das z. B. beim SchweiBen rostbehafteter Stahle der Fall ist, mussen aluminiumund titanlegierte Zusatzwerkstoffe verwendet werden. Mangan erhoht vor allem die Festigkeit der Schweiherbindung und verringert die kritische Abkuhlgeschwindigkeit. Beim Elektroschlackeschweifien (ES-SchweiBen) ist der Mangangehalt der SchweiBdrahte im allgemeinen hoher als im Grundwerkstoff, bei SchweiBdrahten fur das MAG-SchweiBen liegt er zwischen 1 und 2%. AuBer der Festigkeit verbessern Zusatze von Chrom den VerschleiBwiderstand der Schweiherbindung und setzen ebenso wie Nickel in Zusatzwerkstoffen fur das GasschweiBen (G-SchweiBen) die Uberhitzungsempfindlichkeit des SchweiBgutes herab. Daruber hinaus wirkt das Nickel kornfeinend und zahigkeitserhohend, so daB die mit nickellegierten Drahten geschweinten Nahte auch tiefen Temperaturen ausgesetzt werden konnen. Durch Molybdanzugaben wird neben der Kornfeinung und der Erhohung der Warmfestigkeit hauptsachlich eine Verbesserung der Korrosionsbestandigkeitder Verbindungszone beim SchweiBen von austenitischen Chrom-Nickel-Stahlen angestrebt. SchweiBdrahte (Elektrodenkerndraht) fur das LichtbogenschweiBen (E-SchweiBen) haben aul3erdem eine Umhullung, die wichtige Funktionen zu ubernehmen hat, wie die leichte Ziindung und Stabilisierung des Lichtbogens, das Auflegieren der SchweiBnaht sowie die Bildung eines Schutzgasmantels und einer Schlakkendecke, die das SchweiBbad vor dem Luftzutritt schiitzen. Die gleiche Aufgabe wie die Elektrodenumhullung haben beim Unterpulverschweinen (UP-SchweiRen) und ES-SchweiBen die SchweiJlpulver, die gemeinsam mit entsprechenden SchweiBdrahten zum Einsatz kommen. SchweiBpulver sind Mischungen auf Basis SO2,MnO oder A1203mit Zusatzen weiterer Oxide und gegebenenfalls auch metallischer Anteile, die sowohl fur das Verbindungsals auch AuftragschweiBen verwendet werden konnen. Bei der Kombination von SchweiBdraht und -pulver ist davon auszugehen, daB die Giite der SchweiBnaht metallurgisch gesichert ist; zu diesem Zweck konnen hochlegierte Pulver mit unlegiertem Draht und umgekehrt verschweiBt werden. Auch beim SchweiBen von polymeren Werkstoffen, das in den meisten Fallen als HeiBgasschweiBen geschieht, hat der Zusatzwerkstoff im Prinzip die Zusammen-
11.5
467
Zusatzwerkstoffe fur das SchweiRen
setzung des Grundwerkstoffes, enthalt aber in einigen Fallen, wie z.B. PVCSchweiBdraht, mehr Weichmacher. Der erhohte Weichmacheranteil verbessert die Plastizitat des Zusatzwerkstoffes soweit, daB der bis zum teigigen Zustand erwarmte SchweiBdraht ohne Schwierigkeiten in die SchweiBfuge gedruckt werden kann. 11.5.1 Zusatzwerkstoffe fur das SchweiOen von Stahl Zum SchweiBen von Allgemeinen Baustahlen sowie der schweirjgeeigneten Feinkornhaustahle (s.a. Abschn. 3.1.5 und 3.1.6) werden niedriggekohlte Drahte (C 5 0,2%) von Elektro- und Konverterstahlguten gehobener Reinheit (P, S 5 0,03%) verwendet, die legierungstechnisch dem SchweiBverfahren und dem zu schweiBenden Grundwerkstoff angepaBt sind. Als wichtige Beispiele aus dieser Gruppe seien genannt fur G-SchweiBen: E-SchweiBen: UP-SchweiBen: ES-SchweiBen:
C8G2W, 9MnNi4,17MnNi4 CSElW, ClOWSi, 11MnSi6 ClOW, ClOWSi, 11MnSi6,11Mn4Al 11Mn4Al
Tabelle 11.I2 Chemische Zusarnmensetzung von SchweiRzusatzwerkstoffen fur Allgemeine Baustahle und schweiRgeeignete Feinkornbaustahle (nach DIN 17 145) Stahlsorte
Chemische Zusammensetzung. Masse% Bereich oder Hochstwert C
Si
Mn
P
S
Al,,,
Cr
Mo Ni
1 IMn4AI
0.07-0.1s
0.15
0,80-1,20
0.030
omo
0.04
0.15
-
0.15
10MnSiS
o.om.12
n,so-o,m
i,no-i,30
0,025
0.025
0,02
n,is
0.15
o,is
11MnSi6
n,07-0,14
0,7o-i.n0
1.30-1,60
n,m
0.02s
0.02
o,is
0.15 0.15
10MnSi7
n,07-0,14
0,80-1,20
I,~O-I,YO 0,025 0.02s
0.03
n,is
n,is
0.15
9MnNi4
n,ns-n,is
o,os-0,20
n,~s-i,2s
n,m
0.020
0,03
0,20
-
0.35-0.60
17MnNi4
0,14-0,2s
0.10-0,3s
0,80-1,20
n,m
0.02s
0,03
0.20
-
O,~S-O,YO
13Mn12
n.m-0.16
ws-0.x
2,7s-3,25
0.025
0.025
0.03
0.15
-
0.1s
1 INiMn5-4 0.07-0,IS
0.15
0.80-1.20
0.015
0.01s
0.03
0.20
-
1.10-1-60
11NiMnY-4 0.07-0.1s
0.15
0,80-1,20
0.01s
wis
n,m
0,20
-
2.00-2.sn
468
11
Werkstoffe fur Verbindungen
Angaben uber die chemische Zusammensetzung der angefuhrten sowie weiterer haufig genutzter Zusatzwerkstoffe fur die genannten Stahlgruppen enthalt Tabelle 11.12. Grundsatzlich ist zu beachten, daB die chemische Zusammensetzung des SchweiBgutes durch Wechselwirkung des SchweiBstabes oder -drahtes mit der aus Umhullung oder Pulver entstehenden Schlacke und dem gegebenenfalls im Schutzgas vorhandenen Sauerstoff modifiziert wird. Beim SchutzgasschweiBen (MAG/Metallaktivgas/-, MIG/Metallinertgas/- und WIG/Wolframinertgas/-SchweiBen)ist zur Sicherung der abschirmenden Wirkung des stromenden Gases Luftzug, z. B. durch Umhausung der SchweiBstelle, zu vermeiden. Andernfalls entstehen in der entsprechenden Lage Poren, wie in Bild 11.3 am Beispiel einer MAG-SchweiBung gezeigt. In Bild 11.4 ist das typische GuBgefuge des fehlerfreien SchweiBgutes der darunterliegenden Lage und das gegenuber dem Grundwerkstoff durch den thermischen Zyklus des Prozesses modifizierte Gefuge der nahtnahen WarmeeinfluBzone wiedergegeben.
Bild 11.3 Makroaufnahme MAG-SchweiBung. V-Naht, 12-mm-Blech, unlegierter Baustahl O.lS”/o C. Porenbildung in Mittellage durch Zugluft. Nahtnahe WarmeeinfluRzone (WEZ) erkennbar. Atzung 5% alk. H N 0 3
Bild 11.4 Gefuge der SchweiRverbindung a ) Ubergang vom SchweiBgut mit Widmannstattenschem Gefuge zurn uberhitzten Grobkornbereich der W E Z b) Ubergang vom Grobkorn- zum Feinkornbereich der W E Z c) Ubergang vom Feinkornbereich der W E Z zurn unbeeinfluBten Grundwerkstoff
11.5
Zusatzwerkstoffe fur das SchweiBen
469
Fur das SchweiRen der wetterfesten Baustahle sind die Zusatzwerkstoffe der Feinkornstahle des gleichen Streckgrenzenniveaus geeignet. Um die Farbnuancen des Rostes von Naht und Grundwerkstoff anzupassen, konnen zum SchweiBen der Decklage artahnliche Zusatzwerkstoffe venvendet werden. Zum SchweiRen thermomechanisch behandelter sowie wasservergiiteter Stahle mit angehobener Streckgrenze, der Stahle mit gewahrleisteter Tieftemperaturzahigkeit oder Warmfestigkeit stehen gleichfalls spezifische Zusatzwerkstoffe als Stabelektroden, Massiv- oder Fulldrahte zur Verfugung. Als Beispiel sind in Tabelle 11.13 im Falle der warmfesten Stahle die Zusammensetzung der
Tabelle 11.13 Chemische Zusammensetzung der SchweiRstabe, SchweiBdrahte und Drahtelektroden zum SchutznasschweiRen von warmfesten Stahlen (nach DIN 8575, 111.31) Chemische Zusammensetzung, Masse% (Bereich oder Hochstwert)
Kurzname
S
Cr
Mo
V
andere
0,90- 0,02 1,30
0,02
-
0,400,60
-
-
0,02
0,02
0,300.60
0,5G 0,201.00 0.40
0,500,SO
0,8O- 0,02 1,20
0,02
1,OO- 0,401,30 0,60
-
-
0,5& 0,80
0,SO- 0,02 1,20
0,02
2,303,OO
0,901,20
-
-
0,10
SG CrMo 5
0,030,lO
0,300,60
0,300,70
0,02
0,02
5,506,50
0,500,80
-
-
SG CrMo 9
0,030,lO
0,4O- 0,400,SO 0,80
0,02
0,02
8,5010,o
0,801,20
-
-
0,200.60
0,02
0,02
10,512.0
0,801,20
0,200.40
Ni <0,8 W = 0,4-0,6
C
Si
Mn
0,080,12
0,500,80
SG MoV
0,060.15
0,400.70
0.701.10
SG CrMo 1
0,OS0,14
0,03-
SG Mo
P
~
SG CrMo 2
SG CrMoWV 1 2 0,170.24
0,401.00
-
Tabelle 11.14 Zuordnung der SchweiRzusatze zu warmfesten Stahlen (nach DIN 8575. [11.3]) Grundwerkstoffe Kurzname
Kurzname Stabelektroden
SG-Zusatz
UP-Zusatz
17Mn4 19Mn6 15Mo3
E Mo
SG Mo
UP S2 Mo UP S3 Mo UP S4 Mo
13CrMo4-4
E CrMo 1
SG CrMo 1
UP S2 CrMo 1 UP S4 CrMol
10CrMo9-10
E CrMo2
SG CrMo 2
UP S1 CrMo 2
12CrMo19-5
E CrMo5
SG CrMo5
UP SlCrMo 5
X12CrMo9-1
E CrMo 9
SG CrMo 9
-
14MoV6-3 X20CrMoVI 2-1
E MoV E CrMoWV 1 2
SG MoV SG CrMoWV 1 2
UP S2 MoV UP S2CrMoWV 1 2
11
470
Werkstoffe fur Verbindungen
SchweiBzusatzmaterialien fur das E- und SchutzgasschweiBen und in Tabelle 11.14 deren Zuordnung zu den entsprechenden Grundwerkstoffen aufgefuhrt. Beim Schweiljen korrosionsbestandiger Stahle (s.a. Abschn. 7.10) mu13 die Korrosionsbestandigkeit des Zusatzwerkstoffes der des Grundmaterials entsprechen. Technologisch sollte beim E-, MAG- und MIG-SchweiBen auf eine niedrige Strekkenenergie (Strichraupen, kurzer Lichtbogen) orientiert werden. Dadurch wird eine Uberhitzung des Schmelzbades vermieden, die bei ferritischen Stahlen Grobkorn und bei austenitischen Warmriljbildung zur Folge hat. Tabelle 11.15 enthalt Angaben uber Zusatzwerkstoffe zum Schweiljen der korrosionsbestandigen Stahle. Bei ferritischen Stahlen und auch dem halbferritischen XlOCrl3 werden meist austenitische Zusatzwerkstoffe eingesetzt, um eine erhohte Zahigkeit und Korrosionsbestandigkeit des SchweiBgutes zu gewahrleisten. Ferritische Zusatzwerkstoffe kommen aber dann zur Anwendung, wenn zwischen ferritischem Grundwerkstoff und SchweiBnaht keinerlei Farbunterschiede auftreten durfen oder im Zusammenhang mit haufiger Temperaturwechselbeanspruchung Verbindungs- und verbundener Werkstoff einen gleichen Warmeausdehnungskoeffizienten aufweisen mussen. Der Einsatz ferritischer Zusatzwerkstoffeist stets mit einem Abfall der Schweiljnahtzahigkeit verbunden. Bei austenitischen Stahlen muB, um die Gefahr der WarmriBbildung herabzusetzen, ein Mindestgehalt an GFerrit im SchweiBgut garantiert werden. E r darf mit Rucksicht auf die o-Phasenversprddung beim Einsatz im Temperaturbereich bis 350°C 2 bis 8% und bei Temperaturen uber 350°C 2 bis 5% GFerrit nicht uberTabelle 1 I . 15 Chemische Zusammensetzung von SchweiBzusatzwerkstoffen fur das Schutzgasund UntcrpulverschweilJen korrosionsbestandiger Stahle (nach DIN 8556, [ I 1.31) -
Kur7name
Chemische Zusammensetzung, Masse% (Bereich oder Hochstwert) C
Si
Mn P
X8Cr I4 X3CrNi 13-4 X8CrTi 18
0,10
1,0
1,s 0,030 0,025 1,s 0,030 0,025 I ,5 0.030 0.025
X 1CrNi19-9 XSCrNiNb 19-9
0,025 1.5 2.0 0.07 1.5 2.0
X2CrNiMol9-12 XSCrNiMoNbl9-12
0.025 1.5 0.07 1.5
0.04 1.0 0.10 I .0
2.0 2.0
S
Cr
Mo
Ni
12.0-15.0 12,0-15.0 16.0-19.0
-
1.0
0.5-2.0 3.0-5,0
-
-
0,030 0,025 0,030 0,025
18,5-21.0 18,5-21,5
-
9,0-11,0 8,5-10,5
0,030 0,025 0,030 0,025
18,O-20,O 2.5-3,0 10,0-13.0 18,5-21,0 2.5-3.0 10.0-13,O
0,025 1.5 2,5- 0,030 0.025 5,0 X2CrNiMnMoN20-16 0.025 1 .5 5.0- 0.035 0,025 9.0 X2CrNiMoIX-14
XISCrNiMn18-8
0,20 1.5
-
Ti 0.3-0.7 -
Nb = 12xC -
Nb
2,5-3.5 13.0-16.0
-
19.0-22,O
2.5-3,s 15,0-18,0
N
X2CrNiNb24- 12 XIOCrNi30-9
17.0-20.0 8,0 0.025 1.5 2.5 0.030 0.025 22.0-25.0 0,15 1.5 2.5 0.035 0,025 27.0-31,O
XXCr30 X12CrN126-5 X 12CrN122-12 X 12CrN125-20
0.10 0.15 0.15 0.15
0,035 0,030 0.030 0.030
-
17.0-19.0
5,O- 0,035 0,025
2,O 2,O 2,O 2,O 2,O 2,O 2.0 2.05 ,o
-
sonst.
0,025 28,5-31,5 0,025 24,55272 0.025 24,s-27.5 0,025 20.0-27.0
=
12xC
-
7.0-10.0
-
-
11,0-15,0 8.0-1 2,0
Nb = 12xC
2,O 4.0-6,O
-
-
10,0-13,0 19,0-22,0
-
-
11.5
Zusatzwerkstoffe fur das SchweiBen
47 1
schreiten. Anhand der chemischen Zusammensetzung des Zusatzwerkstoffes und der entsprechenden Ni- und Cr-Aquivalente IaBt sich rnit Hilfe des Schaeffler-DeLong-Diagramms (s. Bild 6.5) das zu erwartende Gefiige bestimmen. Um die Ausscheidung von Chromcarbiden und eine damit mogliche Schadigung durch interkristalline Korrosion (s. Abschn. 7.10) zu verhindern, ist bei den Zusatzwerkstoffen der C-Gehalt abgesenkt, oder sie sind rnit Niob stabilisiert. Fur SchweiBverbindungen zwischen rost- und saurebestandigen Stahlen einerseits und unlegierten Stahlen andererseits werden hochlegierte Zusatzwerkstoffe vom Typ X2CrNi24-12 und XSCrNiNb24-12 eingesetzt. Andere hoherlegierte korrosionsbestandige Zusatzwerkstoffe finden Anwendung bei der Schweioplattierung von Blechen, z. B. mit dem Auftragswerkstoff XSCrNiMoNbl9-12. Analog auf den hochlegierten Grundwerkstoff abgestimmte Zusatzwerkstoffe werden auch fur das SchweiBen von hitze- und zunderbestandigen Stahlen (s.a. Abschn. 6.2) herangezogen. Fur die ferritischen Vertreter dieser Stahlgruppe (XlOCrA17, XlOCrA113, XlOCrAIlS), die vorteilhaft rnit dem WIG- bzw. E-Verfahren geschweiBt werden, kommen, wenn hohe SchweiBnahtzahigkeiten gefordert werden, austenitische (X12CrNi25-4, X12CrNi22-12), ansonsten ferritische (X8Cr14, X8Cr30) Zusatzwerkstoffe zum Einsatz. 1st im Verlauf der betrieblichen Nutzung der SchweiBkonstruktion rnit der Einwirkung schwefelhaltiger Gase zu rechnen, dann werden die Fullungen rnit austenitischen, die Decklagen hingegen mit ferritischen Zusatzwerkstoffen aufgebracht. In Verbindung rnit einem ferritischen Grundwerkstoff muB bei Materialdicken groBer 3 mm vor dem SchweiBen auf 100 bis 200°C vorgewarmt und bei 750 bis 800°C spannungsarm gegluht werden. Austenitische zunderbestandige Stahle, wie X15CrNiSi20-12 und X15CrNiSi25-20, werden mit austenitischen Zusatzwerkstoffen (X12CrNi22-12, X12CrNi25-20) ohne Warmebehandlung geschweiBt. Ausgehend von den rnit der ReparaturschweiBung gebrauchter Werkzeuge erzielten Erfolge ist man in vielen Fallen auch dazu ubergegangen, Werkzeuge fur die Warm- und Kaltbearbeitung in der Weise herzustellen, daB der legierungsaufwendige Arbeitsstahl als Auftragschweioung auf einen billigeren Grundwerkstoff aufgebracht wird (s. Kap. 8). Die fur das AuftragschweiBen zu verwendenden Werkstoffe entsprechen in ihrer Zusammensetzung den ublichen Schnellarbeits-, Warmarbeits- oder legierten Kaltarbeitsstahlen (s. a. Kap. 4). Weiterhin sind als Zusatzwerkstoffe fur AuftragschweiBungen bei un- und niedriglegierten Stahlen hochchromhaltige zunderbestandige Stahle sowie Werkstoffe vom Typ der Mn- und CrNiMn-Austenite, wenn Schlagbeanspruchung und hohe Flachenpressung auftreten, im Gebrauch. Des weiteren werden Co- und Ni-Basislegierungen rnit Cr-, B- und W-Carbiden (Stellite, Hartmetalle) u.a. fur Werkzeuge der Gesteinsbearbeitung sowie Cu-Basislegierungen zum AufschweiBen von Lagerschalen oder korrosionsbestandigen Oberflachenschichten eingesetzt. Sie stehen als Stabelektroden sowie als Massiv- und Pulverdrahte fur die Schutzgasund UP-SchweiBung zur Verfugung. Mit dem UP-Verfahren kann auch bandformiger Zusatzwerkstoff verschweil3t werden. Zur Erzeugung verschleio- und korrosionsbestandiger Auftraglegierungen wird das Band durch Pulverwalzen und Sintern z. B. von Gemischen druckverduster Pulverfraktionen hergestellt. Eine direkte Auftragung riesel- bzw. im Gasstrom forderfahiger Pulver ist mit dem Plasmaauftragschweinen moglich. Extrem dunne Schichten lassen sich durch Oberflachenlegieren mittels Elektronen- oder Laserstrahl erzeugen. Das Auftragen von metallischen Schichten kann auch rnit Hilfe des thermischen Spritzens geschehen. In Tabelle 11.16 sind Drahtqualitaten fur das Aufspritzen
472
11
Werkstoffe fur Verbindungen
Tabelle 11.16 Beispiele fur Anwendung und Eigenschaften von Zusatzen fur das thermische Spritzen; Massivdrahte, Flammspritzen (nach DIN 8566) Kurzzeichen
Spritzschicht, Anwendung und Eigenschaften
Empfohlene Bearbeitung'l 1 2 3 4
Unlegierte und niedriglegierte Stahle Sd-C8Gl W Sd-llOMnCrTi8 Sd-10SCr4
Hochlegierte Stahle Sd-X3SCr14 Sd-XSCrNiMoNbl9-12 Sd-X12CrNi2S-20
weiche Spritzschichten harte Spritzschichten sehr harte, verschleiRfeste Spritzschichten
x
x x x
x x x
verschleiRfeste Schichten mit geringer Schrumpfneigung, Ausspritzen v. Bohrungen VerschleiBschutz in korrosiv. Umgebung x x hitze- und zunderbestandige Schichten
x
x
x x
x x
Aluminium und Aluminiumlegierungen Sd-A199,S Korrosionsschutz Sd-AIMg3 Korrosionsschutz, seewasserbest. Schichten Kupfer und Kupferlegierungen Sd-E-CuS7 elektrisch leitende Schichten Sd-CuZn37 dekorative i h e r z u g e und Gleitlagerflachen Sd -Cu A I8 Gleitlagerflachen Blei- und Zinnlegierungen Sd-Sn9Y,9S korr.-best. Schichten Nahrungsmittelindust. Kontaktieren elektr. leitender Teile Sd-PbSbSnlO Gleitlagerflachen, Kontakte elektr. leitender Teile Zink Sd-Zn99,99 I)
x
X X
x x x
x x
x
x x x X
x
x
Korrosionsschutz
x
X
1 Frasen, Hoheln. Bohren, StoDen 2 Schleifen. Feinschleifen 3 Polieren, Bursten 4 Versiegeln
von Schichten aus NE-Metallen und Stahl zusammengestellt. Die angefuhrten Anwendungsbeispiele bringen zum Ausdruck, daB diese Methode hauptsachlich fur den Korrosionsschutz (s. a. Abschn. 7.9) und die Erhohung des VerschleiBwiderstandes (s.a. Abschn. 8.2.4.2) herangezogen wird. Als Auftragverfahren kommen vor allem das Flamm-, Lichtbogen- und Plasmaspritzen in Betracht.
115.2 Zusatzwerkstoffe fur das SchweiOen von GuOeisen Um artgleiche Zusatzwerkstoffe beim SchweiBen von TemperguR sowie GuBeisen mit lamellarem oder globularem Graphit verwenden und dabei gewahrleisten zu konnen, daB wichtige Eigenschaften der SchweiBung (Zugfestigkeit, Harte, Bearbeitbarkeit) denen des Grundwerkstoffes entsprechen, muB das Werkstuck auf 450 bis 650°C vorgewarmt werden. Die Silicium- und Kohlenstoffgehalte der Zusatzmaterialien sind so weit angehoben, daR eingedenk der thermischen Vor- und einer gegebenenfalls notwendigen Nachbehandlung sich
11.5
Zusatzwerkstoffe fur das SchweiRen
473
im SchweiBgut ein Gefuge mit grundwerkstoffahnlicher Graphitausbildung einstellt. Es kommen das G-, E-, MAG-, MIG- und WIG-SchweiBverfahren in Betracht, wobei gegossene SchweiBstabe mit und ohne Umhiillung, hullenlegierte Stabelektroden, Fulldrahte oder Fiilldrahtelektroden benutzt werden. 1st eine Vorwarmung nicht moglich, so sind auf Grund von RiBgefahr und SchweiBgutharte gut verformbare artfremde Zusatzwerkstoffe der Typen Ni, NiCu und NiFe. aber auch Aluminium- und Zinnbronzen einzusetzen. 115 3 Zusatzwerkstoffe fur das SchweiOen von NE-Metallen
Zum SchweiBen von Nichteisenmetallen werden das MIG-, WIG-, Gas- und Lichtbogenverfahren herangezogen. Auch hier gilt, daB die Zusatzwerkstoffe auf den Grundwerkstoff abzustimmen sind. Fur Aluminiumwerkstoffe (s.a. Tabelle 11.I7 Zusatzwerkstoffe zum SchweiRen von Aluminium u. Aluminiumlegierungen (nach D I N 1732, [11.1], 111.31) Grundwerkstoff
SchweiBzusatz (Kurzzeichen)
Walzwerkstoff
A199.8; A199.7 A199.S; A199 AIMn0,6; AIMnl; AlMnCu AlMnMgl AIMgl; AIMg2 AIMg3 AIMgS AIMg2Mn0,8; AIMg2.7Mn AIMg4Mn AIMgSi0,S; AlMgSi0.7; AlMglSiCu AIZn4,SMgl
SG-A199,8 SG-A199.5 SG-AIMnl SG-AIMg2Mn0,8; SG-AIMg2MnO,8Zr SG-AIMg3 SG-AIMg3; SG-AIMgS; SG-A12,7Mn; SG-AIMg2,7MnZr SG-AIMgS; SG-AIMg4,SMn: SG-AIMg4.SMnZr SG-AIMg2Mn0,8; SG-AlMg2Mn0,SZr; SG-AIMg2,7Mn; SG-AIMg2,7MnZr SG-AIMg4,SMn; SG-AIMg4,SMnZr SG-AIMgS; SG-AISiS; SG-AIMg4,SMn; SG-AIMg4,SMnZr SG-AIMgS; SG-AIMg4,SMn; SG-AIMg4,SMnZr
GuBwerkstoffe
G-AISil2; G-AISil2(Cu): G-AISiI 1. G-AISi8Cu3
SG-AISil2
G-AISilOMg; G-AISi IOMg(Cu); G-AISiSMg; G-AISi7Mg; G-AISi9Mg G-AISi6Cu4 G-AIMgS
SG-AISi10Mg
G- AIMgSSi G-AIMg3 G-AIMg3Si
SG-AISiS SG-AIMgS; SG-AIMg4,SMn; SG-AIMg4,SMnZr SG-AIMg3; SG-AIMgS; SG-AIMg4.SMn; SG-AIMg4,SMnZr SG-AIMg3; SG-A1MgS SG-AIMgS; SG-AISil2
474
11
WerkstoFfc fur Verbindungen
Abschn. 3.2.1) enthiilt Tabelle 1 I .I7 die interessierenden Angaben: bei Leichtmetalltragwerken werden die SchweiBdrahte SG-AIMgS und SG-AISiS bevorzugt. Fur Kupferwerkstoffe werden SchweiBzusatze verwendet, die a n den Legierungsgrundtyp (Reinkupfer, Messinge, Sn-. SnPb-, Al- und Ni-Bronzen) angepafit sind. So werden z.B. alle CuZn-Legierungen mit mehr als 60% Cu mit SG-CuZn40Si. die Zinnbronzen und RotguB mit SG-CuSn6 und SG-CuSnl2 und Reinkupfer mit SG-CuSn und SG-CuSi3 verschweiflt.
115 . 4 SchweiBen von Polymerwerkstoffen Von den polymeren Werkstoffen lassen sich nur unvernetzte, also Thermoplaste (s.a. Abschn. 3.4.2) schweiBen, weil der jeweilige Werkstoff in der Fugezone durch Warmezufuhr in den schmelzflussigen Zustand uberfuhrt werden muB. Das Zusammenfugen der Teile erfolgt unter Druck. Dabei sol1 eine Verkniiuelung der Makromolekule in der Grenzschicht erreicht werden. Temperatur, Druck und SchweiBzeit mussen fur jeden Fall optimiert werden. Soweit Zusatzwerkstoffe erforderlich sind, sind sie vom gleichen Werkstofftyp wie die zu verbindenden Teile. Tabelle 1 1.18 gibt eine Auswahl schweijjharer Thermoplristr und die fur sic zur Anwendung kommenden SchweiBverfahren. Die erforderliche Warme wird durch Reibung, Konvektion, Warmeleitung, Induktion oder Strahlung erzeugt bzw. ubertragen. Die Art des SchweiBverfahrens wird anhand Tabcllc I I . I X Auswahl \chwcil.lbarer Thermoplaste und der zur Anwendung kommcnden Schweil3verl'ahrcn Wcr ks t o f f
KurLzci- Kcibungs- HeiRgas- WBrmeHochfre- LJltr2iquenzschallchen schweilkn s c h w e i k n kontaktschweiBen schweiBen schweilkn
Polyethylen Polypropylen Polyvinylchlorid Po lvvi n y l icle nch lor id Polyvinylalkohol Polychlortrifluorethylcn Polystvren Styren-Acrylnitril-('p. Acr y lnit ri I - R u t adie n Styren-Cp. Polymethylniet hacrylat Pol yam iclc Pol yet h y le nt e I-cp h t ha I a t Pol ycarhonat Polyoximcthylcn Celluloseacetat Ce I I uloscacc tob u t vra t
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11.5
Zusatzwerkstoffe fur das SchweiRen
475
der Wirtschaftlichkeit und der SchweiBnahtgute bestimmt. Ein VerschweiBen verschiedener Thermoplaste ist moglich, wenn sich ihre Schmelztemperaturen und -viskositaten nicht sehr unterscheiden. Das zum Fugen von Halbzeugen am meisten genutzte Verfahren ist das He@gusschweiben, bei dem die Beruhrungsflachen der zu verbindenden Teile und der Zusatzwerkstoff von einem maximal 450°C heiBen Gas (z. B. Luft, Stickstoff, Kohlendioxid) erwarmt und unter Druck, gewohnlich in mehreren aufeinanderfolgenden Arbeitsgangen, verschweiBt werden. Es wird meist von Hand ausgefuhrt und eignet sich gut fur Reparaturen und schlecht schweiBbare sowie schlecht zugangliche SchweiBnahte. Das HeiBgasschweiBen kann auch ohne Zusatzwerkstoff vorgenommen werden. Bei einer Abart, dem Schwemmschweijlen, wird ein Zusatzstoff verwendet, dessen Schmelzpunkt niedriger als der der zu verbindenden Teile ist. Es geschieht drucklos und wird vor allem fur das SchweiBen teilkristalliner Thermoplaste mit sehr kleinem Schmelzintervall, beispielsweise Polyamid 6, herangezogen; es kommt dem Loten nahe. Thermoplaste, die Feuchtigkeit aufnehmen konnen, wie Polyamide, mussen, um die Qualitat der SchweiBnaht nicht durch die Bildung von Wasserdampfblasen zu beeintrachtigen, vor dem SchweiBen getrocknet werden. Gleichfalls mit oder ohne Zusatzwerkstoff arbeitet das Warmekontaktverfahren (Heizelementschweifien). Die in der Regel durch elektrische Heizelemente erwarmten Teile (und Zusatzwerkstoffe) werden unter Druck verschweil3t. Das Verfahren wird vorwiegend zur Verbindung von Folien sowie Rohren ,,vor Ort" eingesetzt. Eine ebenfalls fur Folien und Tafeln (bis 4 mm) pradestinierte Methode ist das HochfreqitenzschweiJ3en, bei dem das Material nicht durch einc aul3ere Warmequelle, sondern infolge der dielektrischen Verluste im Werkstoffinneren erhitzt wird. Die gleichmaBige und sehr schnelle Erwarmung ermoglicht extrem kurze SchweiBzeiten, so daB die Gefahr einer thermischen Schadigung der Makromolekule, die bei den vorgenannten Verfahren immer besteht, vermieden wird. Es ist nur fur polare Polymere geeignet. Auch fur modifizierte Polymere, vor allem Copolymere und Polymergemische (Polymerblends) aus zwei und mehr Komponenten, die verschlechterte dielektrische Eigenschaften (d.h. erhohte dielektrische Verluste) aufweisen, wird immer haufiger das HFSchweiBen angewendet. Reihungsschweiben und UltraschallschweiJ3en werden in der Regel als zusatzwerkstofflose Verfahren betrieben. Die zum VerschweiBen erforderliche Warme wird durch mechanische Energie als Reibungswarme erzeugt. Voraussetzung fur eine gute Verbindung ist, daB die zu verbindenden Werkstoffe eine annahernd gleiche Erweichungstemperatur und einen ahnlichen molekularen Aufbau haben. Wegen der sehr kurzen SchweiBzeiten (meist unter 1 s) und der Moglichkeit, auch verschiedenartige polymere Werkstoffe bleibend miteinander verbinden zu konnen (z. B. ABS oder PC mit PMMA), wird das UltraschallschweiBen vor allem in der Elektrotechnik/Elektronik und in der Feingeratetechnik eingesetzt. Mit dem VerschweiBen konnen gleichzeitig Metalleinlegeteile (z. B. Gewindestifte oder -buchsen) in die Formteile eingebettet werden. Die benotigten Frequenzen liegen im Bereich von 20 bis 40 kHz.
476
11
Werkstoffe fur Verbindungen
11.6 Silicattechnische Verbindungswerkstoffe Z u den silicattechnischen Verbindungswerkstoffen gehoren die feuerfesten Mortel, die hydraulisch erhartenden Zemente, die Glaslote (s. Abschn. 11.4.4) sowie Wasserglas und einige Kitte. AuBerdem konnen silicattechnische Werkstoffe durch polymere Kleber (s. Abschn. 11.3) verbunden werden. Wasserglas verklebt die zu verbindenden Teile dadurch, da13 das Wasser verdunstet und Natriumund Kaliumsilicate erharten. Kitte sind solche Stoffe, die durch Verdunsten von Losungsmitteln erharten oder uber langere Zeit zahplastisch bleiben.
11.6.1 Mortel fur feuerfeste Baustoffe Beim Bau von Ofen der Metallurgie, Reaktoren der chemischen Industrie und Abzugsanlagen werden noch feuerfeste Steine (s. Abschn. 6.6.2) von Hand vermauert, obwohl sich auch hier die Zustellung mit GroBelementen immer weiter einfuhrt. Der Mortel hat dabei die Aufgabe, die einzelnen Steine oder Blocke dauerhaft zu verbinden. Die Fugen sollen moglichst eng sein, da sie die schwachste Stelle des Mauerwerks darstellen. Der Mortel darf keine Bestandteile enthalten, die den Schmelzpunkt des Systems wesentlich herabsetzen, sol1 aber die Steine durch Sintern verbinden. Aus diesen Grunden muB der Mortel dem feuerfesten Material in der chemischen Zusammensetzung angepaBt und auBerdem fur die Verarbeitung plastisch und flieafahig sein. E r darf nicht zu stark schwinden und muB nach dem Trocknen und Sintern genugende Festigkeit haben. Fur jede Art von Feuerfestmaterialien wurden Mortel, z. B. gemahlene Schamotte mit einem Zusatz von feuerfestem Ton, entwickelt, die diesen Anforderungen genugen. Mussen aus technischen oder okonomischen Grunden unterschiedliche Materialien vermauert werden, so sind Zwischenschichten einzubringen, die einen Kontakt miteinander reagierender Steine und die Bildung tiefschmelzender Eutektika verhindern. Ein Werkstoff, der die Reaktion von ,,saurem" (Silica, Schamotte) mit ,,basischem" (Magnesit) Material verhindert, ist z. B. der Chromitstein. Auch der Mortel mu13 dann darauf eingestellt werden. Weiterhin gibt es eine Reihe von Gemengen, die es gestatten, Reparaturen bei hohen Temperaturen durchzufuhren bzw. komplizierte Ofenteile beim Aufbau auszustampfen. Solche Plastiks oder Torkretiergernenge enthalten hydraulische oder chemisch bindende Bestandteile (z. B. Aluminiumsulfat, -phosphat). Im Trockenzustand weisen sie bereits Druckfestigkeiten von S bis 8MPa auf und erreichen in der Hitze eine ahnliche Festigkeit wie feuerfeste Steine.
11.6.2 Zemente Zum Verbinden von Keramikbauteilen untereinander und mit anderen Werkstoffen konnen Zemente eingesetzt werden. Sie werden mit Zuschlagstoffen, z. B. Quarzsand und Wasser, zu Zernentrnortel angemacht, der dann mehr oder weniger schnell erhartet (s.a. Abschn. 7.15) und dabei Druckfestigkeiten von 10 bis SO MPa erreicht. Zugfestigkeit und Haftfestigkeit sind jedoch gering. Die konstruktive Gestaltung der zu verbindenden Teile mu13 deshalb so geschehen, da13 die Mortelfuge moglichst nur auf Druck beansprucht wird. Daraus folgt auch, da13 nur formschlussige Verbindungen hergestellt werden konnen.
11.6
Silicattechnische Verbindungswerkstoffe
477
Beim Einsatz von Zement fiir Verbindungen ist es wichtig, dalj beim Erharten des Mortels keine Schwindungs- oder Treiberscheinungen auftreten. Schwindung fuhrt zur Lockerung der Verbindung; die Dichtheit, z. B. bei Abwasserleitungen, ware dann nicht mehr gegeben. Treiben wahrend oder nach der Erhartung kann zu unzulassig hohen Druck- oder Scherspannungen fuhren. Es gibt eine grolje Anzahl von Zementsorten, die sich in der Erhartungsgeschwindigkeit, in der chemischen Bestandigkeit u.a. Eigenschaften unterscheiden. Die groBte Bedeutung hat der Portlundzement. Er besteht uberwiegend aus Tricalciumsilicat (C3S), Dicalciumsilicat (C2S), Tricalciumaluminat (C,A) und Brownmillerit (C,AF). Es bedeuten: C - CaO, A - A1,03, S - SO,, F - Fe203. Beim Anmachen mit Wasser bilden sich Hydratationsprodukte, die erharten. Die Bestandteile des Portlandzements uben dabei unterschiedlichen EinfluB aus: C3S - schnelle Erhartung des Zementes, hohe Festigkeit; C,S - langsame Erhartung, hohe Endfestigkeit; C,A - schnelle Erhartung, geringe Endfestigkeit, anfallig gegen Sulfatwasser; C4AF - langsame Erhartung, hohe Nacherhartung, widerstandsfahig gegen Sulfatwasser. Weiter wurde eine Reihe von Spezialzementen entwickelt, die bestimmte Eigenschaften des Portlandzementes besonders verbessern und das Anwendungsgebiet erweitern: Ferrozement: Zur Verbesserung der Sulfatbestandigkeit wird A1,0, herausgelassen und teilweise durch Fe304ersetzt. Ferrozement bindet in der Regel sehr trage ab. Quellzement: Um die Schwindung des normalen Portlandzementes auszugleichen, werden ,,quellende" Bestandteile (z. B. Gips-Tonerde oder gebrannter Dolomit) zugemahlen, so dal3 schwindungsfreie bzw. quellende Zemente entstehen. Strontium-, Bariumzement: Bei teilweisem Ersatz von CaO durch SrO oder BaO wird die chemische Bestandigkeit verbessert. Fruhhochfeste Zemente: Durch erhohten C3S- und C,A-Anteil sowie sehr feine Kornung durch Mahlen wird schon nach 1 bis 3 Tagen eine hohe Festigkeit erreicht. Tonerdeschmelzzement: E r besteht aus 40% CaO, 40% AI2O3, 10% S i 0 2 und 10% Fe,O,, hat eine gute Sulfatbestandigkeit und erhartet sehr schnell. Er ist auch bei hoheren Temperaturen anwendbar (s. a. Abschn. 6.6.2.5). Literaturhinweise [l 1.l] Aluminium-Taschenbuch 15. Aufl./Hrsg.: Aluminium-Zentrale. Dusseldorf: Aluminium-Verl. Band 1 (Grundlagen und Werkstoffe) 1995; Band 2 (Umfor-
men) 1996 [11.2] Miilfer, W und J.-U. Miilfer: Lottechnik: Leitfaden fur die Praxis; Fachbuchreihe SchweiBtechnik Bd. 127. Dusseldorf: Dt. Verl. fur SchweiBtechnik 1995 [ 11.31 Anik, S. und L. Dorn: SchweiBeignung metallischer Werkstoffe; Fachbuchreihe SchweiBtechnik Bd. 122. Dusseldorf 1995
Sachwo rterverzeichnis
A Abbindemechanismus 456 Abriebfestigkeit 246 Abschrecken 11 1 Abschreckmittel49 AFP-Stahle 64 Alitieren 242, 314 Alkaliboratglaser 233 Alkalibursting 256 Alkali-Kalk-Glaser 233, 238 Allgemeine Baustahle 35, 67 Allgemeine Konstruktionswerkstoffe 33 Al-Cu-Mg-Legierungen 290 Al-Mg-Legierungen 289 Al-Mg-Si-Legierungen 29 I Al-Mn-Legierungen 290 Al-Zn-Mg-Legierungen 292 a-Cristobalit 252 cx-Titanlegierungen 120 (a+p)-Titanlegierungen 120 Alterung 36 Aluminieren 3 14 Aluminium 110 - bronzen 298 - -GuBlegierungcn I 14 - -Knetlegierungen 113 - -Kupfer-Magnesium-Lcgierungen 290 - legierungen 110,450 - -Magnesium-Legierungcn 289 - -Magnesium-Silicium-Legierungen 29 1 - -Mangan-Legierungen 290 - mehrstoffbronzen 299 oxid 287 - oxid-Dispcrsionskeramik 178 - uberzuge 314 - werkstoffe 286,288 - Zink-Magnesium-KupferLegierungen 292 - Zink-Magnesium-Legierungen 292 Aluminiumwerkstoffe, Oberflacheiibehandlung 112 AnlaBsprodigkeit 52 ~
Anodenmetall310 Anodisieren 112 Anpassungsfahigkeit 389 Aufhartung 48 Aufkohlen 54 Aufkohlungstiefe 55 AuftragschweiRung 360,471 Ausforming 66 Aushartung 110 Auslagern 111 Ausscheidungshartung 21 7 Austenitformharten 66 Austenitstabilitat 195 Automatenstahle 84.450 -, einsatzhartbare 78
B Badnitrocarburieren 56 Bainitisieren 42, 53 Bariumzement 477 basische feuerfeste Erzeugnisse 258 Baustahle 193 -, Allgemeine 35,67,467 -, wetterfeste 469 Baustoffe, ungeformte feuerfeste 252 Beanspruchung, korrosive 286 Benetzbarkeit 458 Berylliumbronzen 445 Beschichten 42 Bestandigkeit eines Polymeren 273 P-Cristobalit 252 P-Titanlegierungen 120 P-Quarz 252 Betone, saurebestandige 333 Bezeichnung nach der chemischen Zusammensetzung 23 Bezeichnungssystem, numerisches 22 Bindemetall 167 Blei 301 - -Antimon-Legierungen 303 - basislegierungen 392 Blockseigerung 36, 39 Borieren 58, 174, 367
Sachworterverzeichnis Bornitrid 180 kubisches I82 Borosilicatglaser 233. 238 Brandrisse 147 Bremsbelage 374 Bremsklotzsohlcn 374 Bronze 444 Bronze-Sinterlager 402 Bruchmechanik, linear-elastische 191 Bruchzahigkeit 191 Butadien-Elastomere 447 BY-Behandlung 64 -,
C Carbidbildner 155 Carbidzeiligkeit I63 Carbonitrieren 58 Carbonitrierharten 58, 367 Carborundum 176 Cermets 226, 227 Chemical Vapour Deposition 60 Chrom 150 Chromaluminieren 315 Chromieren 242,3 13,366 Chrom-Mangan-Stahle 196 niedriglegierte 422 Chrom-Nickel-Stahle, austenitische 351 korrosionsbestandige 195, 322 Chromstahle, ledeburitische 158 -, nichtrostende 318 -, niedriglegierte 422 -, warmfeste 210 Cobalt 150 Compositlote 465 Cu-Ni-Legierungen 2Y9 CVD-Verfahren 60. 172
-.
-?
D Dampfungsvermiigen 102 Dampfungswerkstoffe 447 Deckemail 335 GFerrit 470 Denitrierung 39 Desoxidation 39 Diamant 180 Dien-Elastomere 140 Diffusionsgliihen 47, 151 Diffusionslegieren 87 Dispersionskeramik 178 Dispersionsklebstoffe 456 Dispersionsschichten 359 Doppelpreljsintertechnik 90 Dopplungen 40
479
Draht, gewalzter 72 -, gezogener 72
Druckbehalterstahle 193 Druckfeuerbestandigkeit 245 DruckflieBen 246 DruckguB 115 Durchhartung 48 Duromere 25, 275
E Einbettungsfahigkeit 389 Einhartungstiefe 82 Einsatzharten 54, 78, 366 Einsatzhartungstiefe 55 Einsatzstahle 35, 78, 194 Einschichtemaillierungen 335 Einschliisse, nichtmetallische 39 Eisen-Graphit-Friktionswerkstoff380, 381 Eisen-Kohlenstoff-Diagramm 34 Eisen-Sinterlager 402 Eisenwerkstoffe 33 Elastomere 25,29.275,4 15 - auf Siliconbasis 141 Elektronenstrahlharten 365 Elektro-Schlacke-Umschmelzen 38 Email 334 Emails, glaskristalline 243 Entaluminisierung 299 Entnickelung 300,305 Entspannungstemperatur 233 Entzinkung 297 EP-Harze, glasfaserverstarkte 446 Epoxidharze 139,282 -, glasfaserverstarkte 446 Erzeugnisse, basische feuerfeste 258 ESU 149 ESU-Verfahren 158, 159, 160
F Fallgewichtsversuch 190 Fe-Cr-Basis-Sinterlegierungen 220 Federkennlinie 432 Federkonstante 432 Federn 431 Federstahldraht 438 Federstahle 437 -, unlegierte 437 -, niedriglegierte 437 -, warmfeste 441 Feinbleche 71 Feingulj 115
4x0
Sachworterverzeichnis
Feinkornbaustahle 193. 467 hiiherfeste. schweingeeignete 73 Feinkornstahle 73 alterungsbestandige 67 Feinsteinzeug 328 Feinzinklegierungen 122 Ferrozement 477 Festigkeit der Glascr 23.5 Feueraluminierung 314 Fcuerbeton 261 feuerfeste Baustoffe 251 feuerfeste Steine 251 fe uerfeste We rkstoffe 244 Feuerfestigkeit 2.53 Feuerfesttone 254 Feuerverzinken 3 13 Feuerverzinnung 315 Fischschuppen 334 Flammenharten 50 Flammenhartung 364 Flammspritzen 243 Fluorpolymere 136 FluB, kalter 131, 135, 137 FluBmittel 459 Formfederung 432 Formkarpergraphit 270 FreiflachenverschleiB 145 Friktionswerkstoffe. auf Eisenbasis 379 -, auf Kupferbasis 378 gesinterte 376 - mit metallischer Bindung 376 -,
-.
-.
G Gasnitricren 55 Gasnitrocarburieren 57 Gegenwerkstoff 384 Gcrateglas 232.237 GieBen, endabmessungsnahes 40 Glas 232 - erzeugnisse 232 - keramiken 240 - -, bearbeitbare 241 - -, hochfeste 241 - -, geringer Warmedehnung 240 - lotc 465 - wannenstein 256 - werkstoffe, faserverstarkte 239 Glaser 232 -, Festigkeit 235 -, Korrosionsbestandigkeit 332 -, technische 331 Gleitbruch 187
Gleitlager 387 aus Polymeren 407 wartungsfreie 401 Gleitwerkstoffe 386 -, Anforderungen 388 Gluhen auf kugelige Carbide 44 Gluhverfahren 42 Grabenkorrosion 312 Graphi t 269 -Reibmaterial 383 - schamotte 256 - steine 271 - tiegel 271 werkstoffe 419 Graphitierung 269, 270 Graues GuBeisen 97, 327 Grobbleche 71 Grobkorngluhen 47 Grobsteinzeug 328 GroBkohlenstofferzeugnisse 270 Grundemail335 Grunspan 296 Gummizement 333 GuBeisen 418 -, graphithaltiges 98 -, graues 97,327,351 - mit Kugelgraphit 106, 197, 352 - mit Lamellengraphit 105 - sorten, hochlegierte 328 weiBes 97, 353 GuBstahle. warmfeste 210 GuBwerkstoffe fur VerschleiBbeanspruchungen 351 -, kaltzahe 197 -,
-.
-
-.
-.
H Haftfestigkeit 458 Haftklebstoffe 457 Haftoxide 335 Harnstoff-Formaldehyd-Harze 282 Hartblei 302 Hartchromschichten 359 Harten 47. 151 Hartgul!, 159 Hartlote 460 - auf Kupferbasis 461 - fur Aluminium 462 - fur Aluminiumlegierungen 462 Hartmanganstahle 348 Hartmetalle 167 - Anwendung 175 auf TiC-Basis 369 -, beschichtete 172 -
Sachworterverzeichnis -, gegossene, 356 -, warmfeste 228 Hartmetallpanzerung 369 Hartnickelschichten 359 Hartsilber 310 Hartstoffe 167, 369 Hartverchromen 153 - von Leichtmetallen 359 Heiljbiegefestigkeit 246 Heiljdampfbehandlung 93 HeiljgasschweiBen 475 Hochfrequenzschweiljen 475 Hochgluhen 47 Hochtemperaturemails 242 Hochtemperaturlote 462 Hochtemperatur-Thermomechanische Behandlung 63 Hochtemperat urwerkstoffe, korrosionsbestandige 267 hoherfeste schweiljgeeignete Feinkornstahle 73 Homogenisieren 111 Homogenverbleiung 317 Homopolymere 24 HTMB 64
I Induktionsharten 50 Induktionshartung 364 Inserts 452 Ionenimplantieren 368 Ionenplattieren 61 Isoforming 66 Invar-Legierungen 446 K Kalibrieren 90 Kaltarbeitsstahle, legierte 155 Kaltbander 7 1 Kaltdruckfestigkeit 246, 255 Kaltflieljpreljstahle 449 Kaltflulj 137 Kaltpressen, isostatisches 168 Kaltpreljmutternstahle 450 Kaltstauchstahle 449 Kaltverfestigung 213 Kaltwalzen 159 Kantenverschleilj 145 Kaoline 254 Katodenzerstauben 61 Kautschuktypen 282 Kennzeichnung
- durch Kurzzeichen 24 -
nach der Festigkeit 8
- nach der chemischen
Zusammensetzung 12 -, zusatzliche 25 Kieselglas 252 Kitte 476 Klebgrundstoff 455 Klebstoffadditive 455 Klebstoffe 455 Kleinkohlenstofferzeugnisse 270 Kohlenstoff 150 - aquivalent 69 - erzeugnisse 336 - -, graphitierte 270 - fasern271 -, glasartiger 271 - schichten 181 - werkstoffe 269,419 KokillenguB 115 Komplexschicht 382 Konstruktionswerkstoffe -, allgemeine 33 -, aushartbare 292 Kontaktklebstoffe 457 Korngrenzengleiten 217 Korrosion 273 - bei Aluminiumwerkstoffen 288 -, interkristalline 289, 290, 307, 321, 324 Korrosionsbestandigkeit der Glaser 332 Korunderzeugnisse 257 Korundschamotte 257 Kriechgeschwindigkeit 245 Kriechverhalten 125 Kristallseigerung 37 Kugellager 387 Kugelstrahlen 436 Kupfer 294 - -Aluminium-Legierungen 298 - basislegierungen 396 - basis-Friktionswerkstoffe 378 - -Nickel-Legierungen 299 - uberzuge 315 - werkstoffe 294 - -Zink-Legierungen 296 - -Zinn-Legierungen 300 Kupplungsbelage 374 Kupplungslamellen 378 Kurznamen 7 Kurzzeichen 24 Kurzzeitgasnitrieren 56
48 1
482
Sachwiirterverzeichnis
L Lager 386.387 - aus polymeren Werkstoffen 407 -, gasgeschmierte 405 -, hydrostatische 387 -, stoBbeanspruchte 418 werkstoffe 386 Laserstrahlharten 365 Laufschaufeln 2 15 LD-Verfahren 38 Ledeburit 97 Ledeburiteutektikum 158 Legieren, mechanisches 227 Legierungen, aushartbare 290,292 -, hochschmelzende 223 -, warmfeste 207 Leichtmetallegierungen 109 Leichtmetallniete 453 Lichtdurchlassigkeit 236 LochfraB 288 LochfraBkorrosion 302, 322 Lochkorrosion 324 Liisung 275 Losungsgluhen 11 1 Liisungsmittelklebstoffe 457 Liitbruchigkeit 459 Liiten, Zusatzwerkstoffe 459 Lote fur Werkstoffverbunde 463 Luftharter 50 -
M Magnesit 260 - chromerz-Erzeugnisse 260 -, hochrciner 260 - steine 258 Magnesium 116,293 - legicrungcn 116,293 - oxid 264 Makromolekule, irreversible Veranderung des chemischen Aufbaus 275 Manganstahle 196 austenitische 348 Mangan 150 Maraging-Stahle 157, 161,443 MaBbestandigkeit 147 Master-Alloy-Technik 88 Mehrzweckhartmetall 171 Melamin-Formaldehyd-Harze 138, 282 Messinge 296,444 Mcssinglote 461 MeRwerkzeuge 147
-.
Metalle, hochschmelzende 223 -, unlegierte 21 Metall-Keramik-Friktionswerkstoffe 381 MgO-Erzeugnisse. kohlenstoffhaltige 260 Mineral-Gleitverschlei13 346 Mischcarbide 163 Mischkeramik 176 Mischkristallverfestigung 217, 221 Mischlegieren 87 Molybdan 150, 223 - legierungen 225 Miirtel476 Mullit 255, 329 - schamotte 257 Multilagenbeschichtung 173 Muttern 449 - aus Aluminiumlegierungen 451 - aus Kupferlegierungen 451 Mutternwerkstoffe, metallische 449
N Nadellager 387 Naturdiamant 179 NDT-Temperatur 190 Near-a-Legierungen 120 NE-Metallegierungen 21 Neusilber 300,444 - lote 462 Newtonmetall 460 Nichteisenlegierungen 197 Nichteisenmetalle 197 Nichteisenmetall-Legierungen 444 Nickel 150,304 - -Chrom-Legierungen 307 -Kupfer-Legierungen 304 - legierungen 303 - -, hochwarmfeste 216 -Molybdan-Legierungen 306 - uberzuge 316 - werkstoffe 303 Niedertemperatur-Thermomechanische Behandlung 66 Niete aus Polymeren 454 Nietstahle 453 Nietverbindungen 453 Niob 223,226 - legierungen 226 Nitridkeramik 176 Nitrieren 55 Nitrierstahle 82 Nitrocarburieren 56 Normalgluhen 43 -
-
Sachworterverzeichnis Notlaufeigenschaft 388 Notlaufverhalten 388 NTMB 66
0 Oberflachenbe handlung -, der Aluminiumwerkstoffe 112 -, thermochemische 53 -, - im Plasma 367 Oberflachenharte 82 Oberflachenharten 364 Oberflachen-Harteschichten 364 Oberflachenhartung 92,364 Oberflachenkontakte 343 Oberflachenrauhigkeit 342 Oberflachenzerruttung 342 ODs-Legierungen 220 Ollauf-Kupplungen 382 Olharter SO Opferanoden 313 Oxidation, anodische 289 Oxidationsbestandigkeit 230 Oxidkeramik 176,263 Oxinitrieren 56 P Papierreibwerkstoffe 382 Passivierung 304 Passivitat 320 Passivschicht 299 Patentieren 43 Patina 296 Pellini-Test 190 Periglas-Spinell-Steine 260 Perlitgluhen 43 Perlitzeilen 37 Pfannenmetallurgie 38 Phenol-Formaldehyd-Harze 137,282 Phosphatieren 153 Phosphor 36 Physikal Vapour Deposition 61 Plasmaspritzverfahren 243 Plastbetone 333 Plastiks 262. 476 Platin 310 Polierpaste 179 Polyalkylenterephthalate 415 Polyamid 27, 134,277 -, Gleiteigenschaften 410 Polybutylenterephthalat 135, 415 Polycarbonat 135 Polychlortrifluorethylen 136 Polyesterharze, ungesattigte 139, 282
Polyetheretherketone 41 5 Polyethylen 131, 276, 414 Polyethylen-Typen 27 Polyethylenterephthalat 135, 4 15 Polyfluorcarbone 277 Polyimide 414 Polyisobutylen 276 Pol ymere -, glasfaserverstarkte 200 -, flussigkristalline 137 -, kohlenstoffverstarkte 200 Polymethylmethacrylat 134,277 Polyoximethylen 136 - lager 41 1 Polypropylen 132, 276 Polystyren 276 -Typen 27 Polystyrol 132 Polystyrol-Copolymere 132 Polytetrafluorethylen 41 1 Polyurethane 136 -, lineare 277 -, vernetzte 446 Polyvinylchlorid 27, 133. 277 Portlandzement 477 Porzellan 329 Pragewerkzeuge 1 5Y PreBstofflager 408 PreOwerkzeuge 159 Primarcarbide 163 PVD-Verfahren 61 Pyroceram 240 Pyrographit 271 Pyrokohlenstoff 271 Pyrolyse 270,271
Q
Quarzglas 232, 237,332 Quarzgut 237 Quarzschamotte 256 Quellen 274 Quellzement 477
R Randschichtbehandeln 152 Randschichthartung 50 RCR-ProzeO 64 Reaktionen, tribochemische 341 Reaktionsklebstoffe 456 Reaktionssintern 266 Reckalterung 36,69 recrystallization controlled rolling 64 Reibbelage 372
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Sachworterverzeichnis
Reibungspaarungen 371 Reibungsschweinen 475 Reibungszustande 343 Reibwerkstoffe 340, 370 -, Anforderungen 370 Reinaluminium 289 Reinstaluminium 289 Reintitan 119 Rekristallisationsgluhen 46 Rifiausbreitungskonzept 190 RiBeinleitungskonzept 190 Rohre, nahtlose 70 RohrpreBwerkzeuge 161 Rollenlager 387 Roses Metall 460 Rotbruch 37
S Sattigungsgrad 100 Sandgulj 114 Sauerstoffaufblasverfahren 38 Schaeffler-DeLong-Diagramm 211,471 Schalenhartung 48 Schamotte 254 - erzeugnisse 254 -, Feuerfestigkeit 255 - steine 246 Scheibenbremsbelage 373 Schichten, galvanische 355 Schlackensitall 241 Schleifkorper 181 Schleifpasten 179 Schmelzklebstoffe 457 Schmelznieten 455 Schmiedgesenke 161 Schneidkeramik 176 Schneidstoffe, hochharte 179 Schnellarbeitsstahle 14, 161 -, gesinterte 166 Schrauben 449 - aus Aluminiumlegierungen 451 - aus Automatenstahlen 450 - aus polymeren Werkstoffen 452 - aus Kupferlegierungen 451 - werkstoffe, metallische 449 Schriftmetalle 303 Schubmodul 124 Schutzschichten 242 -, keramische 243 -, metallische 242 Schwamrneisenpulver 87 Schwarzer TemperguR 108 Schwefel37
SchweiBbarkeit 466 SchweiBen - von GuBeisen, Zusatzwerkstoffe 472 - von hitze- und zunderbestandigen Stahlen 471 - von NE-Metallen. Zusatzwerkstoffe 473 -, Zusatzwerkstoffe 465 SchweiBplattierungen 471 SchweiBpulver 466 Schweiazusatzwerkstoffe 361 SchwemrnschweiBen 475 Seewasserbestandigkeit 291,298 Sekundarcarbide 158,163 Sekundarharteeffekt 160, 165 Semimetallics 372 Sherardisieren 313 Sialone 176 Sialon-Keramik 267 Sic, reaktionsgesintertes 266 o-Phasenversprodung 470 Silber 309 - lote 462 Silicia - erzeugnisse 252 - steine 252,253 Silicieren 367 Silicium 1.50 Siliciumcarbid 176,265 Siliciumnitrid 176, 267 - keramik 267 Siliconelastomere 141 Siliconkautschuk 282,447 Sillimaniterzeugnisse 257 Sinterbronzewerkstoffe 383 Sinterdolomit 260 Sinterkorund 263 Sinterlager 401 -, feinstoffgeschmierte 405 -, olgetrankte 405 Sinternickel 227 Sintern von Hartmetallen 169 Sinterspinell264 Sinterstahl 87 -, Eigenschaften 88 - formteile, geschrniedete 94 Sondercarbide 150, 151, 160, 161, 163 Sondercarbidbildner 150 SonderguB, aluminiumlegierter 328 SonderguBeisen 328 Sonderkeramiken 262
Sachworterverzeichnis Sondermessinge 298 Sondernitride 82 Spaltbruch 186 Spanflachenverschleifl 145 Spannungsarmgluhen 45,151 Spannungsriflkorrosion 275,276,277, 289,290,292,298,321,325 Spannungsstrahlen 436 Spongiose 327 Spritzen, thermisches 361,471 Spritzschichten 362 - keramische 335 Spritzverzinken 313 Sprodbruch 186 - empfindlichkeit 69 - neigung73 - sicherheit 185, 188 - sicherheits-Schaubilder 190 Sputtern 61 Stabilisatoren 321, 324 Stabilitat des Gefuges 217 Stahle, austenitische 212 -, austenitische metastabile 351 -, beruhigte 40 -, ferritische 192 - fur das Randschichtharten 81 - fur grofle Schmiedestucke 83 -, hitze- und zunderbestandige 230, 47 1 -, hochlegierte 14 -, hochverschleiflfeste 351 -, kaltzahe 192 -, korrosionsbestandige 470 -, ledeburitische 162 -, legierte 13 -, mehrphasige 327 -, metastabile austenitische 351 -, mikrolegierte 73 -, nichtrostende 426 -, nickellegierte 194 -, niedriglegierte 209 -, rost- und saurebestandige 317 -, stabilisierte 324 -, stickstofflegierte 196 -, unberuhigte 39 -, unlegierte 13, 208, 346 -, vergutbare 438 -, warmfeste 207 -, warmfeste, austenitische 21 1 -, Warmebehandlung 41 -, wetterfeste 466 -, zunderbestandige 230.471 Stahlgewinnungsverfahren 38
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Stahlgufl 149 -, kaltzaher 197 -, unlegierter 197 Stahlguflsorten, austenitische 197 Stahllamellen 382 Stampfgemenge 262 Steine, feuerfeste 251 -, chemisch gebundene 260 -, schmelzfliissig gegossene 258 Steinzeug 328 Stellit 166, 356 Stickstoff 35 Stifte aus Polymeren 454 Stoffederung 432 Stoffe, silicattechnische 334 Strahlverschleiflbeanspruchung 346 StrangpreRwerkzeuge 161 Streuverfahren 315 Stribeck-Diagramm 343 Strontiumzement 477 Sudverzinnen 315 Sulfidformkontrolle 37, 38, 65 Superlegierungen 215 Synthese-Kautschuk 29 T Tantal223,226,311 TD-Nickel227 Tauchharten 50 Temperaturwechselbestandigkeit 234. 249 TemperguR 197,352 -, schwarzer 108 -, weifler 108 Temperkohle 97 Thermochemische Behandlung im Plasma 367 Thermomechanische Behandlung 61,441 Thermoplaste 275,276 -, schweiflbare 474 Thermoschockbestandigkeit 160 Thoriumoxid 265 TiC-Basis-Hartmetalle 369 TiC-Stahl-Verbundwerkstoffe369 Tieftemperatur-Thermomechanische Behandlung 66 Tiefziehwerkzeuge 159 Tiegelmethode 250 Titan 199,283 - anoden286 -, Gufllegierungen 284 -, Knetlegierungen 284 - legierungen 120, 199
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Sachworterverzeichnis
TMB 61 tonerdereichc Erzeugnisse 257 Tonerdeschmelzzement 261,477 Tonerdezement 333 Torkretiergemenge 476 Tragerwerkstoffe fur Emails 334 Tragkristallstruktur 391 Transformationsgebiet 233 Transformationstemperatur 233 Tribologie 340 Tribosystem 340 Trid y m i t 253 Trommelbremsbelage 374 Typisierung 26
U Uberalterung 217 Ubergangstemperatur 189 Uberzugsmetalle 31 1 Uberzugsstoffe, glasige 334 -, keramische 334 Uberzugswerkstoffe, metallische 31 1 UltraschallschweiRen 475 Umschmelzen unter Schlacke 149 UP-Harze, glasfaserverstarkte 446 V Vakuumaufdampfen 61 Vakuumlote 462 Vanadieren 367 Vanadium 150 Verarbeitung, polymerer Werkstoffe 128 Verbindungen. losbare 449 -. unlosbare 449 Verbindungswerkstoffe, silicattechnische 476 Verbundlager 391 Verbundschichten mit Diamant 360 Verbundwerkstoffe, warmfeste 226 Verchromung 3 13 Verduspulver 87 Veredelung 1 16 VergieBen, beruhigtes 39,40 unberuhigtes 39 Verguten 5 I Vergutungsstahle 35, 194 VerschleiB 340 -, abrasiver 341 -, adhasiver 341 - erscheinungen 145 - festigkeit von Stahlen 347 - k e n n g r o k n 146 - markenbreite 146
-.
mechanismen 341 schutzschichten 365 - widerstand, Verbesserung des 356 Versprodung 232 Verspriidungserscheinung 232 Verunreinigungen, nichtmetallische 35 Verzinken 312 Verzinnen, galvanisches 315 Vitrokeramik 240 Vollhartmetallwerkzeuge 174 Volumennutzwert 434 Vorgange. tribologische 145 -
w Walzen, ferritisches 66 kontrolliertes 64 -, rekristallisierendes 64 WalzenguR 159 Walzlager 387 - kafige 421 - stahle 422 werkstoffe, Anforderungen 421 Warmarbeitsstahle 159 Warmbadharten 50 Warmebehandlung, des GuBeisens 102 - fur Werkzeugstahle 15 1 Warmebehandlungsverfahren 41 Warmedehnung 247 Warmeleitfahigkeit 235. 247 Warmfestigkeit 225, 226 WarmpreRmutterstahle 450 Warmrisse 147 Wasserglas 233 Wasserharter 49 Wasserstoffkrankheit 296 WC-Co-Hartmetalle 171 Weicheisen 35, 71 Weichfleckigkeit 155 Weichgluhen 44. 151 Weichlote 460 fur Aluminium 461 - fur Aluminiumlegierungen 461 - fur Schwermetalle 460 WeiRblech 315 WeiBer Tempergulj 97, 108 WeiBes GuBeisen 97 WeiRmetalle 392 Wendeschneidplatten 174 Werkstoffaktoren 5 Werkstoffauswahl 1 , 4 - fur tiefe Temperaturen, Vorschriften 201 Werkstoffbeurteilung 244 -,
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Sachworterverzeichnis Werkstoffe, feuerfeste 244 -, keramische 419 Werkstoffe fur Federn 431 - - Gleitlager 390 - - hohe Temperaturen 205 - - korrosive Beanspruchung 273 - - Muttern 449 - - Niete 453 - - Ollauf 382 - - Schrauben 449 - - SpritzgieBwerkzeuge 155 - - tiefe Temperaturen 184 - - Verbindungen 449 - - Verschleifibeanspruchung 340,344 - - Walzlager 422 -, gesinterte auf Kupferbasis 383 -, keramische 427 Werkstoffgutenachweis 188 Werkstoffkennzeichnung 7 -, GuBeisen 16 -, Nichteisenwerkstoffe 20 -, Polymere 24 -, silicattechnische Werkstoffe 30 -, Stahle 8 Werkstoffnummern 7 - fur Stahl 15 Werkstoffoberflache 342 Werkstoffschaubilder 2 , 4 Werkstoffverhalten 244 - bei tiefen Temperaturen 185 Werkzeuge fur Warm- und Kaltbearbeitung 471
Werkzeuge zum Zerteilen 157 Werkzeuge zum Kaltumformen 158 Werkzeugstahle 148 -, unlegierte 154 Werkzeugwerkstoffe 144 wetterfeste Baustahle 76 Widerstand, spezifischer 235 Wolfram 150,223 - legierungen 225 Woodmetall 460
Z Zahbruch 186 Zahigkeitsverhalten 188 Zeitstandfestigkeit 125 Zement, fruhhochfester 477 - fur Verbindungen 477 Zementmortel476 Zerrolling 66 Zink-DruckguBlegierungen 122 Zinklegierungen 121 Zinkuberzuge 312 Zinnbasislegierungen 392 Zinnbronzen 300 Zinnuberzuge 315 Zirconium 310 - oxid 264 Zusatzschmierung 404 Zweifachsintertechnik 89, 90 Zwischenstufenverguten 53
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