Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte (Ärzte-ZV, Zahnärzte-ZV)
Stefan Bäune · Andreas Meschke · Sven Rothfuß
Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte (Ärzte-ZV, Zahnärzte-ZV)
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Dr. Stefan Bäune Haumannplatz 28/30 45130 Essen
[email protected]
Sven Rothfuß Venloer Straße 2 50672 Köln
[email protected]
Dr. Andreas Meschke Pfeifferstraße 6 40625 Düsseldorf
[email protected]
ISBN 978-3-540-48702-9
e-ISBN 978-3-540-48704-3
DOI 10.1007/978-3-540-48704-3 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Herstellung: le-tex pubishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de
V
Vorwort Die Zulassungsverordnungen für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) sind für die Aufnahme und Ausübung der ambulanten ärztlichen/zahnärztlichen Tätigkeit bei gesetzlich krankenversicherten Patienten gemeinsam mit dem SGB V und den Bundesmantelverträgen die maßgebenden Regelwerke. Ihnen kommt erhebliche praktische Bedeutung zu. Unser Bestreben war es, die Materie des Zulassungsrechts aus der Sicht des Praktikers umfassend aufzuarbeiten. Dabei haben wir ein besonderes Augenmerk auf die Behandlung der in der täglichen praktischen Arbeit häufig auftretenden Probleme und Fragestellungen gelegt. Wir haben bewusst darauf verzichtet, die in der Kommentierung zu diesen Problemen und Fragestellungen vertretenen Rechtsansichten untereinander – gleichsam als mehrheitsfähigen Konsens – abzustimmen. Die dargestellten Rechtsansichten geben daher ausschließlich die Meinung des jeweiligen Verfassers wieder. Die Kommentierung richtet sich auf Grund ihrer praxisbezogenen Ausrichtung vorrangig an im Bereich des Medizinrechts tätige Rechtsanwälte, Sozialrichter, im Zulassungswesen tätige Arzt-/Zahnarztfunktionäre und Verwaltungsjuristen der Kassenärztlichen/Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Sie soll Hilfsmittel in der täglichen Arbeit sein. Hinweise aus der Praxis über zusätzliche Problemstellungen, Informationen über (unveröffentlichte) Gerichtsentscheidungen oder die Spruchpraxis der Zulassungsgremien sind ebenso wie sonstige Anregungen und Kritik ausdrücklich erbeten und werden von uns gerne aufgenommen. Essen/Düsseldorf/Köln, im November 2007 Dr. iur. Stefan Bäune
Dr. iur. Andreas Meschke
Sven Rothfuß
Inhaltsverzeichnis
VII
Inhaltsverzeichnis Vorwort V Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) . . . . . . . . . . . . 18
Abschnitt I
Arztregister
(§§1–10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Abschnitt II
Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke
(§ 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Abschnitt III
Bedarfsplanung
(§§ 12–14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Abschnitt IV
Unterversorgung
(§§ 15, 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Abschnitt IVa
Überversorgung
(§§ 16a, 16b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
(§§ 17, 18, Anhang zu § 18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
(§§ 19, 19a, 20–25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Abschnitt VII
Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
(§§ 26–30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Abschnitt VIII Ermächtigung (§§ 31, 31a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Abschnitt IX
Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte und Berufsausübungsgemeinschaft
(§§ 32, 32a, 32b, 33) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366
VIII
Abschnitt X
Inhaltsverzeichnis
Zulassungs- und Berufungsausschüsse
(§§ 34, 35) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungsund Berufungsausschüssen
1. Zulassungsausschuss für Ärzte (§§ 36–43) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 2. Berufungsausschuss für Ärzte (Widerspruchsverfahren) (§§ 44, 45) . . . . . . . 517 Abschnitt XII
Gebühren
(§ 46) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 Abschnitt XIII Übergangs- und Schlussbestimmungen (§§ 47–56) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539
Abkürzungsverzeichnis
IX
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. a.E. a.F. ABl. EG abgedr. Abs. ÄApprO AG AG Medizinrecht AGG AktG Allg. Best. Alt. AnwBl. AöR Art. ArztR Aufl. AusR AZR BÄO BAnz. Bayer. BayObLG Bd. BDSG Beschl. BFH BFH/NV BGB BGBl. BGH BGHZ BMV-Ä BMV-Z BO BR-Drucks.
anderer Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften abgedruckt Absatz Approbationsordnung für Ärzte Aktiengesellschaft Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im deutschen Anwaltsverein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Aktiengesetz Allgemeine Bestimmungen Alternative Anwaltsblatt Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Arztrecht Auflage Der Arzt und sein Recht Arzt Zahnarzt Recht Bundesärzteordnung Bundesanzeiger Bayerisches Bayerisches Oberstes Landesgericht Band Bundesdatenschutzgesetz Beschluss Bundesfinanzhof Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bundesmantelvertrag-Ärzte Bundesmantelvertrag-Zahnärzte Berufsordnung Bundesratsdrucksachen
X
Abkürzungsverzeichnis
bspw. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BZRG bzw.
beispielsweise Bundestagsdrucksachen Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BVerfG Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BVerwG Bundeszentralregistergesetz beziehungsweise
d.h. DÄBl. DAV ders. dies. DMW DÖV DStR DVBl.
das heißt Deutsches Ärzteblatt Deutscher Anwaltsverein derselbe dieselben Deutsche Medizinische Wochenschrift Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Steuerrecht Deutsches Verwaltungsblatt
e.V. ebd. EBM EFG EKV EKVZ E-LSG etc. EU EuGH EuGRZ EuZW evtl. EWG EWiR
eingetragener Verein ebenda Einheitlicher Bewertungsmaßstab Entscheidungen der Finanzgerichte Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag Zahnarzt-/Ersatzkassen-Vertrag Entscheidungssammlung der Landessozialgerichte et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Grundrechte Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht
f&w f. ff. FG Fn. FS
führen und wirtschaften im Krankenhaus folgende (Seite) folgende (Seiten) Finanzgericht Fußnote Festschrift
GbR gem. GesR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß GesundheitsRecht
Abkürzungsverzeichnis
GewArch GG ggf. GKG GKV GKV-NOG GKV-SolG GKV-WSG GmbH GmbHG GMG GOÄ GO NW GRUR GSG
Gewerbearchiv Grundgesetz gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Gesetzliche Krankenversicherung GKV-Neuordnungsgesetz Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GKV-Modernisierungsgesetz Gebührenordnung für Ärzte Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung
h.M. HeilberG Hess. HGB Hrsg. Hs.
herrschende Meinung Heilberufegesetz Hessisches Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz
i.d.F. i.E. i.S. i.S.d. i.V.m. insb.
in der Fassung im Ergebnis im Sinne im Sinne des in Verbindung mit insbesondere
JuS
Juristische Schulung
Kap. KBV KHEntgG KHuR KG KG KRS KV
Kapitel Kassenärztliche Bundesvereinigung Krankenhausentgeltgesetz Krankenhaus & Recht Kammergericht Kommanditgesellschaft Krankenhausrechtsprechung Kassenärztliche Vereinigung
XI
XII
LG Ls. LSG m.Anm. m.w.N. MBO-Ärzte MBO-Z MDR MedR MVZ NJW NJW-RR NotBZ
Abkürzungsverzeichnis
Landgericht Leitsatz Landessozialgericht mit Anmerkung mit weiteren Nachweisen Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte Musterberufsordnung für die deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzte Monatsschrift für Deutsches Recht Medizinrecht Medizinisches Versorgungszentrum
NW NZS
Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Nummer Nummern Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-RechtsprechungsReport Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Sozialrecht
o.ä. OHG OLG OVG
oder ähnliches offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht
PartGG PFB PsychR PsychThG
Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Praxis Feiberufler-Beratung Psychotherapie und Recht Psychotherapeutengesetz
RG RhÄBl. Rspr. RVG RVO Rz.
Reichsgericht Rheinisches Ärzteblatt Rechtsprechung Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Reichsversicherungsordnung Randzeichen
S. s.o. SchwbG SG
Seite siehe oben Schwerbehindertengesetz Sozialgericht
Nr. Nrn. NVwZ NVwZ-RR
Abkürzungsverzeichnis
SGb SGB SGG sog. SozSich SozR
XIII
StGB StPO str. st. Rspr.
Sozialgerichtsbarkeit Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz sogenannt Soziale Sicherheit Sozialrecht, Rspr. und Schrifttum, bearbeitet von den Richtern des BSG Strafgesetzbuch Strafprozessordnung streitig ständige Rechtsprechung
u. u.a. u.U. unstr. Urt. USK usw.
und unter anderem unter Umständen unstreitig Urteil Urteilssammlung für die gesetzliche Krankenversicherung und so weiter
v. VÄG VÄndG VerfGH VG VGH vgl. Vorb. VSSR VwGO VwVfG
vom Vertragsarztrechtsänderungsgesetz Vertragsarztrechtsänderungsgesetz Verfassungsgerichtshof Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vorbemerkung Vierteljahresschrift für Sozialrecht Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz
WBO
Weiterbildungsordnung
z.B. ZfS
zum Beispiel Das Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung Zahnheilkundegesetz zitiert Zeitschrift für das gesamte Medizin- und Gesundheitsrecht Zivilprozessordnung
ZHG zit. ZMGR ZPO
XV
Literatur Andreas/Debong/Bruns, Handbuch Arztrecht in der Praxis, 2001 Aye, Die Bundeszulassungsordnungen für Kassenärzte und Kassenzahnärzte, 1957 Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 32. Auflage 2006 Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, 2004 Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 5. Auflage 2003 Ehlers, Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, 2001 Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 2. Auflage 2001 Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht (Loseblattsammlung) Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen (Loseblattsammlung) Hauck, Sozialgesetzbuch SGB V (Loseblattsammlung) Hoppe/Uechtritz, Handbuch kommunale Unternehmen, 2004 Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht – Schutzanspruch und Rechtsschutz bei Lenkungs- und Verteilungsentscheidungen der öffentlichen Verwaltung, 1991 Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band VI: Freiheitsrechte, 1989 Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 2003 Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Kommentar, 8. Auflage 2006 Jörg, Das neue Kassenarztrecht, 1993 Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis – Unter Berücksichtigung des Nachbesetzungsverfahrens in gesperrten Gebieten, 3. Auflage 2006 Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2005 Kraus u.a., Sozietätsrecht, 2000 Krauskopf, Soziale Krankenversicherung – Pflegeversicherung (Loseblattsammlung) Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage 2002 Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, 5. Auflage (Loseblattsammlung) Luxenburger, Geschäftsführender Ausschuss der ARGE Medizinrecht im DAV, Psychotherapeutengesetz – Ärztliche Kooperationsformen Bd. 2, 2000 Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Kommentar zum Grundgesetz (Loseblattsammlung) Meschke, Der einfachgesetzliche Ausgleich zwischen kommunaler und privater Wirtschaftsbetätigung, 2003 Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar SGG, 8. Auflage 2005 Narr, Ärztliches Berufsrecht, 2. Auflage (Loseblattsammlung) Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – Chancen und Risiken, 2007 Orlowski/Wasem, Gesundheitsreform 2004, 2004 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage 2007 Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 19. Auflage (Loseblattsammlung) Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, 2. Auflage 2000
XVI
Literatur
Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2005 Ratzel/Lippert, Kommentar zur MBO-Ä, 4. Auflage 2006 Rieger, Lexikon des Arztrechts, 2. Auflage (Loseblattsammlung) Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis (Heidelberger Musterverträge), 7. Auflage 2002 Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, 5. Auflage 2004 Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 5. Auflage 2007 Sievers, Handbuch des Kassenarztrechts, Bd. II, Das Zulassungsrecht, 1958 Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 2006 Schmid-Domin, Bewertung von Arztpraxen und Kaufpreisfindung, 2. Auflage 2007 Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts – Das gesamte Kassenarztrecht, 2. Auflage 2006 Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, 1994 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung – Kommentar (Loseblattsammlung) Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, 2005 Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Auflage 1998 Tröndle/Fischer, Kommentar zum StGB, 53. Auflage 2006 Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft, 4. Auflage 2004 (Sonderausgabe aus Band 5 des Münchener Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch) Umbach/Clemens, Grundgesetz, 2002 Venter, Handbuch des Kassenarztrechts, Bd. II Z, Zulassungsrecht für Kassenzahnärzte, 1958 Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 2007 von Wulffen/Krasney, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004 von Wulffen, SGB X – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – Kommentar, 5. Auflage 2005 Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Auflage 2007 Zwingel/Preißler, Das Medizinische Versorgungszentrum, 2005
XV
Vorbemerkung Die Zulassungsverordnungen für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) bilden gemeinsam mit dem SGB V und den Bundesmantelverträgen den Kernbereich des Vertrags(zahn)arztrechts. Sie treffen neben Regelungen zum (Zahn-)Arztregister, zu den Zulassungsbezirken, zur Bedarfsplanung, zu den Kriterien der Über- und Unterversorgung, zur Einrichtung der Zulassungs- und Berufungsausschüsse insbesondere Vorgaben für die Erteilung, die Ausübung und die Beendigung der vertrags(zahn)ärztlichen Zulassung sowie der Ermächtigung unter Einschluss der Möglichkeiten zur Beschäftigung angestellter (Zahn-)Ärzte und zur gemeinsamen Berufsausübung mit anderen Leistungserbringern. Der Erlass der Zulassungsverordnungen (seinerzeit noch: Zulassungsordnung) mit Ausfertigung vom 28.05.19571 beruhte seinerzeit auf § 368c Abs. 1 RVO. Mittlerweile schreibt § 98 Abs. 1 SGB V vor: Die Zulassungsverordnungen regeln das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung (§ 99) und die Beschränkung von Zulassungen. Sie werden vom Bundesministerium für Gesundheit mit Zustimmung des Bundesrates als Rechtsverordnung erlassen.
Entgegen dieser gesetzlichen Regelung werden die Zulassungsverordnungen vom Bundessozialgericht als formelle Gesetze angesehen2, was eine gewisse Bedeutung bei der Frage erlangt, ob die in ihr niedergelegten Grundrechtseingriffe verfassungsgemäß sind. Das Bundessozialgericht hat dies in seinem Urteil vom 16.07.2003 damit begründet, dass „die Vorschriften der Ärzte-ZV … im formellen Gesetzgebungsverfahren erlassen worden sind“ und „der Gesetzgeber … anlässlich des Erlasses des SGB V zum 1. Januar 1989 und seiner Umgestaltung durch das GSG zum 1. Januar 1993 das Zulassungsrecht insgesamt neu geregelt“ habe.
1 2
BGBl. 1957 I, 572, 608. BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 49/02 R, MedR 2004, 114.
Meschke
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)
1
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) vom 28.5.1957 (BGBl. I S. 572, ber. S. 608), zuletzt geändert durch Art. 39 G vom 02.12.2007 (BGBl. I S. 2686)
Abschnitt I Arztregister §1 (1) Für jeden Zulassungsbezirk führt die Kassenärztliche Vereinigung neben dem Arztregister die Registerakten. (2) Das Arztregister erfasst a) die zugelassenen Ärzte und Psychotherapeuten, b) Ärzte, die die Voraussetzungen des § 3 und Psychotherapeuten, die die Voraussetzungen des § 95c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen und ihre Eintragung nach § 4 beantragt haben. (3) Diese Verordnung gilt für 1. die Psychotherapeuten und die dort angestellten Psychotherapeuten, 2. die medizinischen Versorgungszentren und die dort angestellten Ärzte und Psychotherapeuten sowie 3. die bei Vertragsärzten angestellten Ärzte und Psychotherapeuten entsprechend. §2 (1) Das Arztregister muss die Angaben über die Person und die berufliche Tätigkeit des Arztes enthalten, die für die Zulassung von Bedeutung sind. (2) Das Arztregister ist nach dem Muster der Anlage zu führen.
§3 (1) Die Eintragung in das Arztregister ist bei der nach § 4 zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu beantragen. (2) Voraussetzungen für die Eintragung sind a) die Approbation als Arzt, b) der erfolgreiche Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder der Nachweis einer Qualifikation, die gemäß § 95a Abs. 4 und 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt ist. (3) Eine allgemeinmedizinische Weiterbildung im Sinne von Absatz 2 Buchstabe b ist nachgewiesen, wenn der Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin berechtigt ist und diese Berechtigung nach einer mindestens fünfjährigen erfolgreichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin bei zur Weiterbildung ermächtigten Ärzten und in dafür zugelassenen Einrichtungen erworben hat. (4) Die allgemeinmedizinische Weiterbildung muss unbeschadet ihrer mindestens fünfjährigen Dauer inhaltlich mindestens den Anforderungen nach Artikel 28 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 225 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) entsprechen und mit dem Erwerb der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin abschließen. Sie hat insbesondere folgende Tätigkeiten einzuschließen:
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Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)
a) mindestens sechs Monate in der Praxis eines zur Weiterbildung in der Allgemeinmedizin ermächtigten niedergelassenen Arztes, b) mindestens sechs Monate in zugelassenen Krankenhäusern, c) höchstens sechs Monate in anderen zugelassenen Einrichtungen oder Diensten des Gesundheitswesens, die sich mit Allgemeinmedizin befassen, soweit der Arzt mit einer patientenbezogenen Tätigkeit betraut ist. (5) Soweit die Tätigkeit als Arzt im Praktikum a) im Krankenhaus in den Gebieten Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinderheilkunde oder Nervenheilkunde oder b) in der Praxis eines niedergelassenen Arztes abgeleistet worden ist, wird diese auf die Weiterbildung nach Absatz 2 Buchstabe b bis zur Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten angerechnet.
§4 (1) Der Arzt ist in das Arztregister des Zulassungsbezirks einzutragen, in dem er seinen Wohnort hat. Sofern er keinen Wohnort im Geltungsbereich dieser Verordnung hat, steht ihm die Wahl des Arztregisters frei. (2) Der Antrag muss die zur Eintragung erforderlichen Angaben enthalten. Die Angaben sind nachzuweisen, insbesondere sind beizufügen a) die Geburtsurkunde, b) die Urkunde über die Approbation als Arzt, c) der Nachweis über die ärztliche Tätigkeit nach bestandener ärztlicher Prüfung. (3) An Stelle von Urschriften können ausnahmsweise amtlich beglaubigte Abschriften beigefügt werden. (4) Können die in Absatz 2 bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt werden, sind die nachzuweisenden Tatsachen glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung der Approbation als Arzt und der ärztlichen Tätigkeit (Abs. 2 Buchstaben b und c) genügt eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellers allein nicht.
§5 (1) Verzieht ein im Arztregister eingetragener nicht zugelassener Arzt aus dem bisherigen Zulassungsbezirk, so wird er auf seinen Antrag in das für den neuen Wohnort zuständig Arztregister umgeschrieben. (2) Wird ein Arzt zugelassen, so wird er von Amts wegen in das Arztregister umgeschrieben, das für den Vertragsarztsitz geführt wird. (3) Die bisher registerführende Stelle hat einen Registerauszug und die Registerakten des Arztes der zuständigen registerführenden Stelle zu übersenden.
§6 (1) Die Zulassung eines Arztes ist im Arztregister kenntlich zu machen. (2) Tatsachen, die für die Zulassung, ihr Ruhen, ihren Entzug oder ihr Ende von Bedeutung sind, werden von Amts wegen oder auf Antrag des Arztes, einer Kassenärztlichen Vereinigung, einer Krankenkasse, eines Landesverbandes der Krankenkassen oder der Verbände der Ersatzkassen in den Registerakten eingetragen. Der Arzt ist zu dem Antrag auf Eintragung zu hören, falls er die Eintragung nicht selbst beantragt hat. (3) Unanfechtbar gewordene Beschlüsse in Disziplinarangelegenheiten (§ 81 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), mit Ausnahme der Verwarnung, sind zu den Registerakten zu nehmen; sie sind nach Ablauf von fünf Jahren, nachdem der Beschluss unanfechtbar geworden ist, aus den Registerakten zu entfernen und zu vernichten.
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)
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§7 Der Arzt wird im Arztregister gestrichen, wenn a) er es beantragt, b) er gestorben ist, c) die Voraussetzungen für seine Eintragung nach § 3 Abs. 2 Buchstabe a nicht oder nicht mehr gegeben sind, d) die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Buchstabe b auf Grund falscher Angaben des Arztes irrtümlich als gegeben angenommen worden sind.
§8 (1) Über Eintragungen und Streichungen im Arztregister und in den Registerakten beschließt der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung oder die durch die Satzung bestimmte Stelle. (2) Der Arzt erhält über die seine Person betreffenden Eintragungen und Streichungen sowie über die Ablehnung seiner Anträge auf Eintragung oder Streichung einen schriftlichen Bescheid. §9 (1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können das Arztregister und bei Darlegung eines berechtigten Interesses die Registerakten einsehen. (2) Der Arzt kann selbst oder durch einen Bevollmächtigten bei berechtigtem Interesse das Arztregister und die seine Person betreffenden Registerakten einsehen. (3) Den Zulassungs- und Berufungsausschüssen sind die Registerakten der am Zulassungsverfahren beteiligten Ärzte auf Anfordern zur Einsicht zu überlassen.
§ 10 (1) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung führt das Bundesarztregister nach dem Muster der Anlage. (2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen teilen Eintragungen und Veränderungen in den Arztregistern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unverzüglich mit. (3) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung teilt Tatsachen, die für das Arztregister von Bedeutung sind, der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung unverzüglich mit.
Abschnitt II Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke § 11 (1) Die Zulassungsbezirke werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam gebildet und abgegrenzt. (2) Werden Zulassungsbezirke für Teile des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung gebildet, so sind bei der Abgrenzung in der Regel die Grenzen der Stadt- und Landkreise zu berücksichtigen. (3) Die Kassenärztliche Vereinigung hat die Zulassungsbezirke unverzüglich in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen zuständigen Blättern bekannt zu geben.
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Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)
Abschnitt III Bedarfsplanung § 12 (1) Durch die den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen obliegende Bedarfsplanung sollen zum Zwecke einer auch mittel- und langfristig wirksamen Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und als Grundlage für Sicherstellungsmaßnahmen umfassende und vergleichbare Übersichten über den Stand der vertragsärztlichen Versorgung und die absehbare Entwicklung des Bedarfs vermittelt werden. (2) Der Bedarfsplan ist für den Bereich einer Kassenärztlichen Vereinigung aufzustellen und der Entwicklung anzupassen. Für die Bereiche mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen kann mit Zustimmung der beteiligten für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden auch ein gemeinschaftlicher Bedarfsplan aufgestellt werden, wenn besondere Verhältnisse dies geboten erscheinen lassen. (3) Der Bedarfsplan hat nach Maßgabe der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und unter Beachtung der Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung auf der Grundlage einer regionalen Untergliederung des Planungsbereichs nach Absatz 2 Feststellungen zu enthalten insbesondere über – die ärztliche Versorgung auch unter Berücksichtigung der Arztgruppen, – Einrichtungen der Krankenhausversorgung sowie der sonstigen medizinischen Versorgung, soweit sie Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen und erbringen können, – Bevölkerungsdichte und -struktur, – Umfang und Art der Nachfrage nach vertragsärztlichen Leistungen, ihre Deckung sowie ihre räumliche Zuordnung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, – für die vertragsärztliche Versorgung bedeutsame Verkehrsverbindungen. Bei der Abgrenzung der regionalen Planungsbereiche sollen die Grenzen den Stadt- und Landkreisen entsprechen; Abweichungen für einzelne Arztgruppen sind zulässig. (4) Der Bedarfsplan bildet auch die Grundlage für die Beratung von Ärzten, die zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bereit sind. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen darauf hinwirken, dass die Ärzte bei der Wahl ihres Vertragsarztsitzes auf die sich aus den Bedarfsplänen ergebenden Versorgungsbedürfnisse Rücksicht nehmen.
§ 13 (1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben andere Träger der Krankenversicherung und die kommunalen Verbände, soweit deren Belange durch die Bedarfsplanung berührt werden, zu unterrichten und bei der Aufstellung und Fortentwicklung der Bedarfspläne rechtzeitig hinzuzuziehen. Auch andere Sozialversicherungsträger und die Krankenhausgesellschaften sind zu unterrichten; sie können bei der Bedarfsplanung hinzugezogen werden. (2) Die Bedarfspläne sind im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden aufzustellen und fortzuentwickeln; sie sind deshalb so rechtzeitig zu unterrichten, dass ihre Anregungen in die Beratungen einbezogen werden können. (3) Die aufgestellten oder fortentwickelten Bedarfspläne sind den Landesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen und den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden zuzuleiten. (4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sollen die Erfahrungen aus der Anwendung der Bedarfspläne im Abstand von drei Jahren auswerten, das Ergebnis gemeinsam beraten und die in Absatz 3
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genannten Stellen von der Auswertung und dem Beratungsergebnis unterrichten. (5) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen unterstützen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sollen die Ergebnisse nach Absatz 4 auswerten, gemeinsam beraten sowie den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen und das Bundesministerium für Gesundheit von der Auswertung und dem Beratungsergebnis unterrichten.
§ 14 (1) Kommt das Einvernehmen bei der Aufstellung und Fortentwicklung des Bedarfsplanes zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung, den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen nicht zustande, hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach Anrufung durch einen der Beteiligten unverzüglich darüber zu beraten und zu entscheiden. Soweit die Hinzuziehung weiterer Beteiligter notwendig ist, gilt § 13 Abs. 1 und 2 entsprechend. (2) Der Landesausschuss hat die für die Sozialversicherung zuständige oberste Landesbehörde über das Ergebnis der Beratung zu unterrichten.
Abschnitt IV Unterversorgung § 15 Weist der Bedarfsplan einen Bedarf an Vertragsärzten für einen bestimmten Versorgungsbereich aus und werden über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten Vertragsarztsitze dort nicht besetzt, so hat die Kassenärztliche Vereinigung spätestens nach Ablauf dieses Zeitraums Vertragsarztsitze in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern auszuschreiben.
§ 16 (1) Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Unterversorgung besteht oder droht. Die Prüfung ist nach den tatsächlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung des Zieles der Sicherstellung und auf der Grundlage des Bedarfsplans vorzunehmen; die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Beurteilung einer Unterversorgung vorgesehenen einheitlichen und vergleichbaren Grundlagen, Maßstäbe und Verfahren sind zu berücksichtigen. (2) Stellt der Landesausschuss eine bestehende oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung fest, so hat er der Kassenärztlichen Vereinigung aufzugeben, binnen einer von ihm zu bestimmenden angemessenen Frist die Unterversorgung zu beseitigen. Der Landesausschuss kann bestimmte Maßnahmen empfehlen. (3) Dauert die bestehende oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung auch nach Ablauf der Frist an, hat der Landesausschuss festzustellen, ob die in § 100 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestimmten Voraussetzungen für Zulassungsbeschränkungen gegeben sind und zur Beseitigung der bestehenden oder in absehbarer Zeit drohenden Unterversorgung mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsausschüsse Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Die betroffenen Zulassungsausschüsse sind vor der Anordnung zu hören. (4) Für die Dauer der bestehenden oder in absehbarer Zeit drohenden Unterversorgung sind als Beschränkungen zulässig: a) Ablehnung von Zulassungen in Gebieten von Zulassungsbezirken, die außerhalb der vom Landesausschuss als unterversorgt festgestellten Gebiete liegen;
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b) Ablehnung von Zulassungen für bestimmte Arztgruppen in den in Buchstabe a bezeichneten Gebieten. (5) Der Zulassungsausschuss kann im Einzelfall eine Ausnahme von einer Zulassungsbeschränkung zulassen, wenn die Ablehnung der Zulassung für den Arzt eine unbillige Härte bedeuten würde. (6) Der Landesausschuss hat spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbestehen. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. (7) Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen.
Abschnitt IVa Überversorgung § 16a (aufgehoben)
§ 16b (1) Der Landesausschuss hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Überversorgung vorliegt. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Hierbei sind die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zu berücksichtigen. (2) Stellt der Landesausschuss fest, dass eine Überversorgung vorliegt, so hat er mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsausschüsse nach Maßgabe des § 103 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. (3) Der Landesausschuss hat spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbestehen. Entfallen die Voraussetzungen, so hat der Landesausschuss mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. (4) Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen.
§ 16c (aufgehoben)
Abschnitt V Voraussetzungen für die Zulassung § 17 (aufgehoben)
§ 18 (1) Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. In dem Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung die Zulassung beantragt wird. Dem Antrag sind beizufügen a) ein Auszug aus dem Arztregister, aus dem der Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das Arztregister und gegebenenfalls der Tag der Anerkennung des Rechts zum
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Führen einer bestimmten Facharzt-, Schwerpunkte- oder Zusatzbezeichnung hervorgehen müssen, b) Bescheinigungen über die seit der Approbation ausgeübten ärztlichen Tätigkeiten, c) gegebenenfalls eine Erklärung nach § 19a Abs. 2 Satz 1, mit der der aus der Zulassung folgende Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt wird. (2) Ferner sind beizufügen a) ein Lebenslauf, b) ein polizeiliches Führungszeugnis, c) Bescheinigungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, in deren Bereich der Arzt bisher niedergelassen oder zur Kassenpraxis zugelassen war, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen Niederlassung oder Zulassung und der Grund einer etwaigen Beendigung ergeben, d) eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse unter Angabe des frühestmöglichen Endes des Beschäftigungsverhältnisses, e) eine Erklärung des Arztes, ob er rauschgiftsüchtig ist oder innerhalb der letzten fünf Jahre gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Trunksucht oder Rauschgiftsucht unterzogen hat und dass gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des ärztlichen Berufs nicht entgegenstehen. (3) An Stelle von Urschriften können amtlich beglaubigte Abschriften beigefügt werden. (4) Können die in Absatz 1 Buchstabe b und in Absatz 2 Buchstabe c bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt glaubhaft zu machen. (5) (aufgehoben)
Abschnitt VI Zulassung und Vertragsarztsitz § 19 (1) Über den Antrag befindet der Zulassungsausschuss durch Beschluss. Wegen Zulassungsbeschränkungen kann ein Antrag nur dann abgelehnt werden, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren. (2) Wird der Arzt zugelassen, so ist in dem Beschluss der Zeitpunkt festzusetzen, bis zu dem die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen ist. Liegen wichtige Gründe vor, so kann der Zulassungsausschuss auf Antrag des Arztes nachträglich einen späteren Zeitpunkt festsetzen. (3) Wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, endet die Zulassung.
§ 19a (1) Die Zulassung verpflichtet den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. (2) Der Arzt ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte des Versorgungsauftrages nach Absatz 1 zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrages wird entweder im Rahmen eines Beschlusses nach § 19 Abs. 1 oder durch gesonderten Beschluss festgestellt. (3) Auf Antrag des Arztes kann eine Beschränkung des Versorgungsauftrages nach Absatz 2 Satz 2 durch Beschluss aufgehoben werden. Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Es gelten die Vorschriften dieses Abschnitts.
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§ 20 (1) Für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Arzt, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maß zur Verfügung steht. Ein Arzt steht auch dann für die Versorgung der Versicherten in erforderlichem Maße zur Verfügung, wenn er neben seiner vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen eines Vertrages nach den §§ 73b, 73c oder 140b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch tätig wird. (2) Für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Arzt, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar. (3) Ein Arzt, bei dem Hinderungsgründe nach den Absätzen 1 oder 2 vorliegen, kann unter der Bedingung zugelassen werden, dass der seiner Eignung entgegenstehende Grund spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt beseitigt wird, in dem die Entscheidung über die Zulassung unanfechtbar geworden ist.
§ 21 Ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis ist ein Arzt mit geistigen oder sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Mängeln, insbesondere ein Arzt, der innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war. § 22 (aufgehoben)
§ 23 (aufgehoben)
§ 24 (1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). (2) Der Vertragsarzt muss am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten. Er hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht. Liegt der Vertragsarztsitz in einem unterversorgten Gebiet, gilt die Pflicht bei der Wohnungswahl nach Satz 2 nicht. (3) Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung. Sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirks seiner Kassenärztlichen Vereinigung liegen, hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er seinen Vertragsarztsitz hat, sowie die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen sind vor der Beschlussfassung anzuhören. Der nach Satz 3 ermächtigte Vertragsarzt kann die für die Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz angestellten Ärzte auch im Rahmen seiner Tätigkeit an dem weiteren Ort beschäftigen. Er kann außerdem Ärzte für die Tätigkeit an dem weiteren Ort nach Maßgabe der Vorschriften anstellen, die für ihn als Vertragsarzt gelten würden, wenn er an dem
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weiteren Ort zugelassen wäre. Zuständig für die Genehmigung der Anstellung nach Satz 6 ist der für die Erteilung der Ermächtigung nach Satz 3 zuständige Zulassungsausschuss. Keiner Genehmigung bedarf die Tätigkeit eines Vertragsarztes an einem der anderen Vertragsarztsitze eines Mitglieds der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2, der er angehört. (4) Die Genehmigung und die Ermächtigung zur Aufnahme weiterer vertragsärztlicher Tätigkeiten nach Absatz 3 können mit Nebenbestimmungen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz und an den weiteren Orten unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte erforderlich ist. Das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln. (5) Erbringt der Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (ausgelagerte Praxisräume), hat er Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit seiner Kassenärztlichen Vereinigung unverzüglich anzuzeigen. (6) Ein Vertragsarzt darf die Facharztbezeichnung, mit der er zugelassen ist, nur mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses wechseln. (7) Der Zulassungsausschuss hat den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen.
§ 25 (aufgehoben)
Abschnitt VII Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung § 26 (1) Der Zulassungsausschuss hat das vollständige oder hälftige Ruhen der Zulassung eines Vertragsarztes zu beschließen, wenn die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllt sind und Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. (2) Tatsachen, die das Ruhen der Zulassung bedingen können, haben der Vertragsarzt, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen dem Zulassungsausschuss mitzuteilen. (3) In dem Beschluss ist die Ruhenszeit festzusetzen. (4) Über die ruhenden Zulassungen führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.
§ 27 Der Zulassungsausschuss hat von Amts wegen über die vollständige oder hälftige Entziehung der Zulassung zu beschließen, wenn die Voraussetzungen nach § 95 Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gegeben sind. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen können die Entziehung der Zulassung beim Zulassungsausschuss unter Angabe der Gründe beantragen. § 28 (1) Der Verzicht auf die Zulassung wird mit dem Ende des auf den Zugang der Verzichtserklärung des Vertragsarztes beim Zulassungsausschuss folgenden Kalendervierteljahres wirksam. Diese Frist kann verkürzt werden, wenn der Vertragsarzt nachweist, dass für ihn die weitere Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit für die gesamte Dauer oder einen Teil der Frist unzumutbar ist. Endet die Zulassung aus anderen Gründen (§ 95d Abs. 3 und 5 und § 95 Abs. 7 des
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Fünften Buches Sozialgesetzbuch), so ist der Zeitpunkt ihres Endes durch Beschluss des Zulassungsausschusses festzustellen. (2) Tatsachen, die das Ende der Zulassung bedingen, haben die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen dem Zulassungsausschuss mitzuteilen.
§ 29 (aufgehoben)
§ 30 (aufgehoben)
Abschnitt VIII Ermächtigung § 31 (1) Die Zulassungsausschüsse können über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, sofern dies notwendig ist, um a) eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden oder b) einen begrenzten Personenkreis zu versorgen, beispielsweise Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder Beschäftigte eines abgelegenen oder vorübergehenden Betriebes. (2) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen können im Bundesmantelvertrag Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des Absatzes 1 hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen. (3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen können unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch Ärzte, die eine Approbation nach deutschen Rechtsvorschriften nicht besitzen, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit ihnen von der zuständigen deutschen Behörde eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs erteilt worden ist. (4) (aufgehoben) (5) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen haben im Bundesmantelvertrag Regelungen über die Ermächtigung von Ärzten zu treffen, die als Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, den ärztlichen Beruf im Inland zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Artikels 37 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausüben dürfen. (6) Der Antrag auf Ermächtigung ist schriftlich an den Zulassungsausschuss zu richten. Ihm sind die Approbationsurkunde sowie die in § 18 Abs. 2 Buchstabe e genannten Erklärungen beizufügen. § 18 Abs. 3 gilt entsprechend. (7) Die Ermächtigung ist zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen. In dem Ermächtigungsbeschluss ist auch auszusprechen, ob der ermächtigte Arzt unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. (8) Ein Arzt darf nicht ermächtigt werden, wenn die in § 21 genannten Gründe ihn für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet erscheinen lassen. Die Ermächtigung
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ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei ihrer Erteilung Versagungsgründe im Sinne des Satzes 1 vorgelegen haben. Sie ist zu widerrufen, wenn nachträglich durch einen in der Person des Arztes liegenden Grund der mit der Ermächtigung verfolgte Zweck nicht erreicht wird. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn ärztlich geleitete Einrichtungen ermächtigt werden. (9) (aufgehoben) (10) Über die Ermächtigungen führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.
§ 31a (1) Die Zulassungsausschüsse können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. (2) Der Antrag eines Krankenhausarztes auf Ermächtigung ist schriftlich an den Zulassungsausschuss zu richten, in dessen Bereich das Krankenhaus gelegen ist. Ihm sind die in § 31 Abs. 6 genannten Bescheinigungen und Erklärungen, die Urkunde, aus der sich die Berechtigung zum Führen einer Gebietsbezeichnung ergibt, sowie eine schriftliche Zustimmungserklärung des Krankenhausträgers beizufügen. § 18 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) § 31 Abs. 7 bis 10 gilt entsprechend.
Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte und Berufsausübungsgemeinschaft § 32 (1) Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Eine Vertragsärztin kann sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer Dauer von sechs Monaten vertreten lassen; die Vertretungszeiten dürfen zusammen mit den Vertretungszeiten nach Satz 2 innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten eine Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen. Der Vertragsarzt darf sich grundsätzlich nur durch einen anderen Vertragsarzt oder durch einen Arzt, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 erfüllt, vertreten lassen. Überschreitet innerhalb von zwölf Monaten die Dauer der Vertretung einen Monat, kann die Kassenärztliche Vereinigung beim Vertragsarzt oder beim Vertreter überprüfen, ob der Vertreter die Voraussetzungen nach Satz 5 erfüllt und keine Ungeeignetheit nach § 21 vorliegt. (2) Die Beschäftigung von Assistenten gemäß § 3 Abs. 3 bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Übrigen darf der Vertragsarzt einen Vertreter oder einen Assistenten nur beschäftigen, wenn dies im Rahmen der Aus- oder Weiterbildung oder aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt; die vorherige Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung ist erforderlich. Die Dauer der Beschäftigung ist zu befristen. Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten nicht mehr begründet ist; sie kann widerrufen werden, wenn in der Person des Vertreters oder Assistenten Gründe liegen, welche beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen können.
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(3) Die Beschäftigung eines Assistenten darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfanges dienen. (4) Der Vertragsarzt hat Vertreter und Assistenten zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten.
§ 32a Der ermächtigte Arzt hat die in dem Ermächtigungsbeschluss bestimmte vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Satz 2 gilt nicht für Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Buchstabe b.
§ 32b (1) Der Vertragsarzt kann Ärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 und 9a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen. In den Bundesmantelverträgen sind einheitliche Regelungen zu treffen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Ärzte unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht des anstellenden Vertragsarztes. (2) Die Anstellung bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für den Antrag gelten § 4 Abs. 2 bis 4 und § 18 Abs. 2 bis 4 entsprechend. § 21 gilt entsprechend. § 95d Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend. (3) Der Vertragsarzt hat den angestellten Arzt zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten. (4) Über die angestellten Ärzte führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.
§ 33 (1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren. (2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistung, ist zulässig, sofern diese Berufsausübungsgemeinschaft nicht zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet wird. (3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragsarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur
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Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.
Abschnitt X Zulassungs- und Berufungsausschüsse § 34 (1) Der Zulassungsausschuss besteht aus sechs Mitgliedern, und zwar aus je drei Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen sowie aus Stellvertretern in der nötigen Zahl. (2) Die Vertreter der Krankenkassen werden von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam bestellt. Kommt es nicht zu einer gemeinsamen Bestellung, so werden die Vertreter aus der Reihe der von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen vorgeschlagenen Personen ausgelost. (3) Die Amtsdauer der Mitglieder beträgt vier Jahre. (4) Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so erfolgt Neubestellung. Die Amtsdauer neu bestellter Mitglieder endet mit der Amtsdauer der übrigen Mitglieder nach Absatz 3. (5) Ein Mitglied kann aus einem wichtigen Grund durch die Stelle abberufen werden, von der es bestellt ist. Das Ehrenamt des nicht zugelassenen Arztes endet mit seiner Zulassung. (6) Die Niederlegung des Ehrenamtes hat gegenüber dem Zulassungsausschuss schriftlich zu erfolgen. (7) Die Mitglieder der Ausschüsse haben Anspruch auf Erstattung ihrer baren Auslagen und auf eine Entschädigung für Zeitverlust nach den für die Mitglieder der Organe der bestellenden Körperschaften geltenden Grundsätzen. Der Anspruch richtet sich gegen die bestellenden Körperschaften. (8) Die Kosten der Zulassungsausschüsse werden, soweit sie nicht durch Gebühren gedeckt sind, je zur Hälfte von der Kassenärztlichen Vereinigung einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen andererseits – von letzteren entsprechend der Anzahl der Versicherten ihrer Mitgliedskassen – getragen. (9) Für die Stellvertreter gelten die Vorschriften für die Mitglieder entsprechend. § 35 (1) Der Berufungsausschuss besteht aus einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richteramt und aus je drei Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen. Stellvertreter sind in der nötigen Zahl zu bestellen. (2) Die Vorschriften des § 34 gelten entsprechend. (3) Mitglieder eines Zulassungsausschusses können nicht gleichzeitig Beisitzer in dem für den Zulassungsausschuss zuständigen Berufungsausschuss sein.
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Abschnitt XI Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen 1. Zulassungsausschuss für Ärzte § 36 (1) Der Zulassungsausschuss beschließt in Sitzungen. Zu den Sitzungen lädt der Vorsitzende unter Angabe der Tagesordnung ein. (2) In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind die Patientenvertreterinnen und -vertreter unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung zu laden.
§ 37 (1) Über Zulassungen und über die Entziehung von Zulassungen beschließt der Zulassungsausschuss nach mündlicher Verhandlung. In allen anderen Fällen kann der Zulassungsausschuss eine mündliche Verhandlung anberaumen. (2) Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sowie die an dem Verfahren beteiligten Ärzte sind unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen zur mündlichen Verhandlung zu laden; die Ladung ist zuzustellen. Es kann auch in Abwesenheit Beteiligter verhandelt werden, falls in der Ladung darauf hingewiesen ist. § 38 Über gebührenpflichtige Anträge wird erst nach Entrichtung der nach § 46 zu zahlenden Gebühr verhandelt. Wird die Gebühr nach Anforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingezahlt, so gilt der Antrag als zurückgenommen, es sei denn, der Vorsitzende stundet die Gebühr. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken.
§ 39 (1) Der Zulassungsausschuss erhebt die ihm erforderlich erscheinenden Beweise. (2) Die vom Zulassungsausschuss herangezogenen Sachverständigen und Auskunftspersonen erhalten eine Vergütung oder Entschädigung entsprechend dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. § 40 Die Sitzung ist nicht öffentlich. Sie beginnt nach dem Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts durch den Vorsitzenden oder das von ihm als Berichterstatter bestellte Mitglied. Der Vorsitzende leitet die Verhandlung, Beratung und Abstimmung. Der Vorsitzende hat dahin zu wirken, dass der Sachverhalt ausreichend geklärt wird. Jedes Mitglied des Zulassungsausschusses kann sachdienliche Fragen und Anträge stellen. § 41 (1) Beratung und Beschlussfassung erfolgen in Abwesenheit der am Verfahren Beteiligten. Die Anwesenheit eines von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellten Schriftführers für den Zulassungsausschuss ist zulässig. In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nehmen die Patientenvertreterinnen und -vertreter mit beratender Stimme an den Sitzungen teil; sie haben ein Recht auf Anwesenheit bei der Beschlussfassung. (2) Beschlüsse können nur bei vollständiger Besetzung des Zulassungsausschusses gefasst werden. Stimmenthaltung ist unzulässig. (3) Über den Hergang der Beratungen und über das Stimmenverhältnis ist Stillschweigen zu bewahren. (4) Das Ergebnis des Verfahrens ist in einem Beschluss niederzulegen. In dem Beschluss sind die Bezeichnung des Zulassungsausschusses, die an der Beschlussfassung beteiligten Mitglie-
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der und der Tag der Beschlussfassung anzugeben. Der Beschluss ist mit Gründen zu versehen und vom Vorsitzenden und je einem Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen zu unterzeichnen. Dem Beschluss ist eine Belehrung über die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Berufungsausschusses beizufügen. (5) Den Beteiligten wird alsbald je eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt; eine weitere Ausfertigung erhält die Kassenärztliche Vereinigung für die Registerakten. In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erhalten die Patientenvertreterinnen und -vertreter eine Abschrift des Beschlusses. Der Zulassungsausschuss kann beschließen, dass auch andere Stellen Abschriften des Beschlusses erhalten, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen. (6) (aufgehoben) § 42 Über jede Sitzung ist eine Niederschrift anzufertigen. Sie soll die Namen der Sitzungsteilnehmer, die Anträge und wesentlichen Erklärungen der Beteiligten, das Ergebnis der Beweiserhebung und die Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen. Die Patientenvertreterinnen und -vertreter erhalten eine Niederschrift über die Tagesordnungspunkte der Sitzung, die sie gemäß § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch mitberaten haben.
§ 43 Die Akten des Zulassungsausschusses sind fünf Jahre, Niederschriften und Urschriften von Beschlüssen 20 Jahre aufzubewahren.
2. Berufungsausschuss für Ärzte (Widerspruchsverfahren) § 44 Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Berufungsausschusses beim Berufungsausschuss einzulegen. Er muss den Beschluss bezeichnen, gegen den er sich richtet.
§ 45 (1) Der Widerspruch gilt als zurückgenommen, wenn die Gebühr nach § 46 nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken. (2) Der Widerspruch kann ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden, wenn der Berufungsausschuss die Zurückweisung einstimmig beschließt. (3) Die Vorschriften der §§ 36 bis 43 gelten entsprechend.
Abschnitt XII Gebühren § 46 (1) Für das Verfahren werden nachstehende Gebühren erhoben: a) bei Antrag auf Eintragung des Arztes in das Arztregister 100 Euro b) bei Antrag des Arztes oder des medizinischen Versorgungszentrums auf Zulassung 100 Euro c) bei sonstigen Anträgen, mit denen der Arzt, das medizinische Versorgungszentrum oder die sonstige ärztlich geleitete Einrichtung die Beschlussfassung des Zulassungsausschusses anstrebt 120 Euro
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d) bei Einlegung eines Widerspruchs, durch den der Arzt, das medizinische Versorgungszentrum oder die sonstige ärztlich geleitete Einrichtung die Änderung eines Verwaltungsaktes anstrebt 200 Euro Die Gebühren sind mit der Stellung des Antrages oder Einlegung des Widerspruchs fällig. Wird einem Widerspruch ganz oder teilweise stattgegeben, so wird die nach Buchstabe d entrichtete Gebühr zurückgezahlt. (2) Außer der Gebühr nach Absatz 1 werden als Verwaltungsgebühren erhoben: a) nach unanfechtbar gewordener Zulassung 400 Euro b) nach erfolgter Eintragung einer auf § 31 Abs. 1 bis 3 oder § 31a Abs. 1 beruhenden Ermächtigung in das Verzeichnis nach § 31 Abs. 10 400 Euro c) nach erfolgter Genehmigung der Anstellung eines Arztes bei einem Vertragsarzt, in einem medizinischen Versorgungszentrum nach § 95 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder einer Einrichtung nach § 311 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch 400 Euro d) nach erfolgter Eintragung einer auf § 32b Abs. 2 beruhenden Genehmigung in das Verzeichnis nach § 32b Abs. 4 400 Euro. (3) Es sind zu zahlen a) die Gebühren nach Absatz 1 Buchstabe a an die Kassenärztliche Vereinigung, b) die Gebühren nach Absatz 1 Buchstaben b und c und Absatz 2 Buchstaben a und b an die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses, c) die Gebühr nach Absatz 1 Buchstabe d an die Geschäftsstelle des Berufungsausschusses.
Abschnitt XIII Übergangs- und Schlussbestimmungen § 47 (1) Diese Zulassungsordnung tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. (2) Die §§ 25 und 31 Abs. 9 gelten erst für Anträge von Psychotherapeuten, die nach dem 31. Dezember 1998 gestellt werden. § 48 (gegenstandslos)
§ 49 (gegenstandslos)
§ 50 (gegenstandslos)
§ 51 (gegenstandslos)
§ 52 (gegenstandslos)
§ 53 (1) Nach dem Inkrafttreten dieser Zulassungsordnung sind Arztregister nach dem in § 2 vorgeschriebenen Muster anzulegen. (2) bis (4) (gegenstandslos) § 54 (aufgehoben)
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§ 55 (1) Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (BGBl. I S. 1) in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht auch im Land Berlin mit folgender Besonderheit: . . . (2) (gegenstandslos)
Anlage (zu § 2 Abs. 2) Muster für das Arztregister Das Arztregister hat folgende Angaben zu enthalten: 1. Laufende Nummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Name und Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wohnort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Geburtsdatum und -ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. a) Wohnungsanschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Praxisanschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Fremdsprachenkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Datum des Staatsexamens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Datum der Approbation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Datum der Promotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Datum der Facharztanerkennung und Fachgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Niederlassung als prakt. Arzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzt für . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Ausübung sonstiger ärztlicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Eingetragen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Zugelassen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Zulassung beendet am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18. Zulassung ruht seit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Zulassung entzogen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Approbation entzogen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21. Approbation ruht seit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Verhängung eines Berufsverbots am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23. Im Arztregister gestrichen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24. Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV)
Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) vom 28.5.1957 (BGBl. I S. 582), zuletzt geändert durch Art. 40 G vom 02.12.2007 (BGBl. I S. 2686)
Abschnitt I Zahnarztregister §1 (1) Für jeden Zulassungsbezirk führt die Kassenzahnärztliche Vereinigung neben dem Zahnarztregister die Registerakten. (2) Das Zahnarztregister erfasst a) die zugelassenen Zahnärzte, b) Zahnärzte, die die Voraussetzungen des § 3 erfüllen und ihre Eintragung nach § 4 beantragt haben. (3) Diese Verordnung gilt für medizinische Versorgungszentren und die dort und bei Vertragszahnärzten angestellten Zahnärzte entsprechend.
§2 (1) Das Zahnarztregister muss die Angaben über die Person und die berufliche Tätigkeit des Zahnarztes enthalten, die für die Zulassung von Bedeutung sind. (2) Das Zahnarztregister ist nach dem Muster der Anlage zu führen. §3 (1) Die Eintragung in das Zahnarztregister ist bei der nach § 4 zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung zu beantragen. (2) Voraussetzungen für die Eintragung sind a) die Approbation als Zahnarzt, b) die Ableistung einer mindestens zweijährigen Vorbereitungszeit. (3) Die Vorbereitung muss eine mindestens sechsmonatige Tätigkeit als Assistent oder Vertreter eines oder mehrerer Vertragszahnärzte umfassen; eine Tätigkeit als Vertreter darf nur anerkannt werden, wenn der Zahnarzt eine vorausgegangene mindestens einjährige Tätigkeit in unselbstständiger Stellung als Assistent eines Vertragszahnarztes oder in Einrichtungen nach Satz 2 nachweisen kann. Für die übrige Zeit kann die Vorbereitung durch Tätigkeiten in unselbstständiger Stellung in Universitätszahnkliniken, Zahnstationen eines Krankenhauses oder des öffentlichen Gesundheitsdienstes oder der Bundeswehr oder in Zahnkliniken abgeleistet werden. Bis zu drei Monaten der Vorbereitung nach Satz 1 können durch eine Tätigkeit von gleicher Dauer in einer Universitätszahnklinik ersetzt werden. Tätigkeiten nach den Sätzen 1 bis 3 können nicht angerechnet werden, wenn sie in kürzeren Zeitabschnitten als drei Wochen oder bei gleichzeitiger Ausübung einer eigenen Praxis abgeleistet werden. (4) Absatz 2 Buchstabe b gilt nicht für Zahnärzte, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, einen nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften anerkannten Ausbildungsnachweis erworben haben und zur Berufsausübung zugelassen sind. (5) (weggefallen)
Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV)
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§4 (1) Der Zahnarzt ist in das Zahnarztregister des Zulassungsbezirks einzutragen, in dem er seinen Wohnort hat. Sofern er keinen Wohnort im Geltungsbereich dieser Verordnung hat, steht ihm die Wahl des Zahnarztregisters frei. (2) Der Antrag muss die zur Eintragung erforderlichen Angaben enthalten. Die Angaben sind nachzuweisen, insbesondere sind beizufügen a) die Geburtsurkunde, b) die Urkunde über die Approbation als Zahnarzt, c) der Nachweis über die zahnärztliche Tätigkeit nach der Approbation. (3) An Stelle von Urschriften können ausnahmsweise amtlich beglaubigte Abschriften beigefügt werden. (4) Können die in Absatz 2 bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt werden, sind die nachzuweisenden Tatsachen glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung der Approbation als Zahnarzt und der zahnärztlichen Tätigkeit (Absatz 2 Buchstaben b und c) genügt eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellers allein nicht.
§5 (1) Verzieht ein im Zahnarztregister eingetragener nicht zugelassener Zahnarzt aus dem bisherigen Zulassungsbezirk, so wird er auf seinen Antrag in das für den neuen Wohnort zuständige Zahnarztregister umgeschrieben. (2) Wird ein Zahnarzt zugelassen, so wird er von Amts wegen in das Zahnarztregister umgeschrieben, das für den Vertragszahnarztsitz geführt wird. (3) Die bisher registerführende Stelle hat einen Registerauszug und die Registerakten des Zahnarztes der zuständigen registerführenden Stelle zu übersenden.
§6 (1) Die Zulassung eines Zahnarztes ist als solche im Zahnarztregister kenntlich zu machen. (2) Tatsachen, die für die Zulassung, ihr Ruhen, ihren Entzug oder ihr Ende von Bedeutung sind, werden von Amts wegen oder auf Antrag des Zahnarztes, einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung, einer Krankenkasse, eines Landesverbandes der Krankenkassen oder der Verbände der Ersatzkassen in den Registerakten eingetragen. Der Zahnarzt ist zu dem Antrag auf Eintragung zu hören, falls er die Eintragung nicht selbst beantragt hat. (3) Unanfechtbar gewordene Beschlüsse in Disziplinarangelegenheiten (§ 81 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), mit Ausnahme der Verwarnung, sind zu den Registerakten zu nehmen; sie sind nach Ablauf von fünf Jahren, nachdem der Beschluss unanfechtbar geworden ist, aus den Registerakten zu entfernen und zu vernichten.
§7 Der Zahnarzt wird im Zahnarztregister gestrichen, wenn a) er es beantragt, b) er gestorben ist, c) die Voraussetzungen für seine Eintragung nach § 3 Abs. 2 Buchstabe a nicht oder nicht mehr gegeben sind, d) die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Buchstabe b auf Grund falscher Angaben des Zahnarztes irrtümlich als, gegeben angenommen worden sind. §8 (1) Über Eintragungen und Streichungen im Zahnarztregister und in den Registerakten beschließt der Vorstand der Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder die durch die Satzung bestimmte Stelle.
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Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV)
(2) Der Zahnarzt erhält über die seine Person betreffenden Eintragungen und Streichungen sowie über die Ablehnung seiner Anträge auf Eintragung oder Streichung einen schriftlichen Bescheid.
§9 (1) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können das Zahnarztregister und bei Darlegung eines berechtigten Interesses die Registerakten einsehen. (2) Der Zahnarzt kann selbst oder durch einen Bevollmächtigten bei berechtigtem Interesse das Zahnarztregister und die seine Person betreffenden Registerakten einsehen. (3) Den Zulassungs- und Berufungsausschüssen sind die Registerakten der am Zulassungsverfahren beteiligten Zahnärzte auf Anfordern zur Einsicht zu überlassen.
§ 10 (1) Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung führt das Bundeszahnarztregister nach dem Muster der Anlage. (2) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen teilen, Eintragungen und Veränderungen in den Zahnarztregistern, der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung unverzüglich mit. (3) Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung teilt Tatsachen, die für das Zahnarztregister von Bedeutung sind, der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung unverzüglich mit.
Abschnitt II Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke § 11 (1) Die Zulassungsbezirke werden von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam gebildet und abgegrenzt. (2) Werden Zulassungsbezirke für Teile des Bezirks einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung gebildet, so sind bei der Abgrenzung in der Regel die Grenzen der Stadt- und Landkreise zu berücksichtigen. (3) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung hat die Zulassungsbezirke unverzüglich in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen zuständigen Blättern bekannt zu geben.
Abschnitt III Bedarfsplanung § 12 (1) Durch die den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen obliegende Bedarfsplanung sollen zum Zwecke einer auch mittel- und langfristig wirksamen Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung und als Grundlage für Sicherstellungsmaßnahmen umfassende und vergleichbare Übersichten über den Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung und die absehbare Entwicklung des Bedarfs vermittelt werden. (2) Der Bedarfsplan ist für den Bereich einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung aufzustellen und der Entwicklung anzupassen. Für die Bereiche mehrerer Kassenzahnärztlicher Vereinigungen kann mit Zustimmung der beteiligten für die Sozialversicherung zuständigen obersten Lan-
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desbehörden auch ein gemeinschaftlicher Bedarfsplan aufgestellt werden, wenn besondere Verhältnisse dies geboten erscheinen lassen. (3) Der Bedarfsplan hat nach Maßgabe der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und unter Beachtung der Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung auf der Grundlage einer regionalen Untergliederung des Planungsbereichs nach Absatz 2 Feststellungen zu enthalten insbesondere über – die allgemeine zahnärztliche Versorgung, – die fachzahnärztliche Versorgung, – Einrichtungen der Krankenhausversorgung sowie der sonstigen zahnmedizinischen Versorgung, soweit sie Leistungen der vertragszahnärztlichen Versorgung erbringen und erbringen können, – Bevölkerungsdichte und -struktur, – Umfang und Art der Nachfrage nach vertragszahnärztlichen Leistungen, ihre Deckung sowie ihre räumliche Zuordnung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung, – für die vertragszahnärztliche Versorgung bedeutsame Verkehrsverbindungen. Bei der Abgrenzung der regionalen Planungsbereiche sollen die Grenzen den Stadt- und Landkreisen entsprechen; Abweichungen sind zulässig. (4) Der Bedarfsplan bildet auch die Grundlage für die Beratung von Zahnärzten, die zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung bereit sind. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sollen darauf hinwirken, dass die Zahnärzte bei der Wahl ihres Vertragszahnarztsitzes auf die sich aus den Bedarfsplänen ergebenden Versorgungsbedürfnisse Rücksicht nehmen.
§ 13 (1) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen haben andere Träger der Krankenversicherung und die kommunalen Verbände, soweit deren Belange durch die Bedarfsplanung berührt werden, zu unterrichten und bei der Aufstellung und Fortentwicklung der Bedarfspläne rechtzeitig hinzuzuziehen. Auch andere Sozialversicherungsträger und die Krankenhausgesellschaften sind zu unterrichten; sie können bei der Bedarfsplanung hinzugezogen werden. (2) Die Bedarfspläne sind im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden aufzustellen und fortzuentwickeln. Sie sind deshalb so rechtzeitig zu unterrichten, dass ihre Anregungen in die Beratungen einbezogen werden können. (3) Die aufgestellten oder fortentwickelten Bedarfspläne sind den Landesausschüssen der Zahnärzte und Krankenkassen und den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden zuzuleiten. (4) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, die Ländesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sollen die Erfahrungen aus der Anwendung der Bedarfspläne im Abstand von drei Jahren auswerten, das Ergebnis gemeinsam beraten und die in Absatz 3 genannten Stellen von der Auswertung und dem Beratungsergebnis unterrichten. (5) Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen sollen die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen unterstützen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Bundesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sollen die Ergebnisse nach Absatz 4 auswerten, gemeinsam beraten sowie den Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen und das Bundesministerium für Gesundheit von der Auswertung und dem Beratungsergebnis unterrichten. § 14 (1) Kommt das Einvernehmen bei der Aufstellung und Fortentwicklung des Bedarfsplans zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen nicht zustande, hat der Landesausschuss der Zahnärzte und
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Krankenkassen nach Anrufung durch einen der Beteiligten unverzüglich darüber zu beraten und zu entscheiden. Soweit die Hinzuziehung weiterer Beteiligter notwendig ist, gilt § 13 Abs. 1 und 2 entsprechend. (2) Der Landesausschuss hat die für die Sozialversicherung zuständige oberste Landesbehörde über das Ergebnis der Beratungen zu unterrichten.
Abschnitt IV Unterversorgung § 15 Weist der Bedarfsplan einen Bedarf an Vertragszahnärzten für einen bestimmten Versorgungsbereich aus und werden für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten Vertragszahnarztsitze dort nicht besetzt, so hat die Kassenzahnärztliche Vereinigung spätestens nach Ablauf dieses Zeitraums Vertragszahnarztsitze in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern auszuschreiben.
§ 16 (1) Der Landesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Unterversorgung besteht oder droht. Die Prüfung ist nach den tatsächlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung des Zieles der Sicherstellung und auf der Grundlage des Bedarfsplanes vorzunehmen; die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen zur Beurteilung einer Unterversorgung vorgesehenen einheitlichen und vergleichbaren Grundlagen, Maßstäbe und Verfahren sind zu berücksichtigen. (2) Stellt der Landesausschuss eine bestehende oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung fest, so hat er der Kassenzahnärztlichen Vereinigung aufzugeben, binnen einer von ihm zu bestimmenden angemessenen Frist die Unterversorgung zu beseitigen. Der Landesausschuss kann bestimmte Maßnahmen empfehlen. (3) bis (7) (aufgehoben)
Abschnitt IVa §§ 16a bis 16c (aufgehoben)
Abschnitt V Voraussetzungen für die Zulassung § 17 (aufgehoben)
§ 18 (1) Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. In dem Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragszahnarztsitz und gegebenenfalls unter welcher Gebietsbezeichnung die Zulassung beantragt wird. Dem Antrag sind beizufügen a) ein Auszug aus dem Zahnarztregister, aus dem der Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das Zahnarztregister und gegebenenfalls der Tag der Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten Gebietsbezeichnung hervorgehen müssen, b) Bescheinigungen über die seit der Approbation ausgeübten zahnärztlichen Tätigkeiten,
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c) gegebenenfalls eine Erklärung nach § 19a Abs. 2 Satz 1, mit der der aus der Zulassung folgende Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt wird. (2) Ferner sind beizufügen a) ein Lebenslauf, b) ein polizeiliches Führungszeugnis, c) Bescheinigungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, in deren Bereich der Zahnarzt bisher niedergelassen oder zur Kassenpraxis zugelassen war, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen Niederlassung oder Zulassung und der Grund einer etwaigen Beendigung ergeben, d) eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse unter Angabe des frühestmöglichen Endes des Beschäftigungsverhältnisses, e) eine Erklärung des Zahnarztes, ob er rauschgiftsüchtig ist oder innerhalb der letzten fünf Jahre gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Trunksucht oder Rauschgiftsucht unterzogen hat und dass gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des zahnärztlichen Berufs nicht entgegenstehen. (3) An Stelle von Urschriften können amtlich beglaubigte Abschriften beigefügt werden. (4) Können die in Absatz 1 Buchstabe b und in Absatz 2 Buchstabe c bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt glaubhaft zu machen.
Abschnitt VI Zulassung und Vertragszahnarztsitz § 19 (1) Über den Antrag befindet der Zulassungsausschuss durch Beschluss. (2) Wird der Zahnarzt zugelassen, so ist im Beschluss auch der Zeitpunkt festzusetzen, bis zu dem die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzunehmen ist. Liegen wichtige Gründe vor, so kann der Zulassungsausschuss auf Antrag des Zahnarztes nachträglich einen späteren Zeitpunkt festsetzen. (3) (aufgehoben)
§ 19a (1) Die Zulassung verpflichtet den Zahnarzt, die vertragszahnärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. (2) Der Zahnarzt ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte des Versorgungsauftrages nach Absatz 1 zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrages wird entweder im Rahmen eines Beschlusses nach § 19 Abs. 1 oder durch gesonderten Beschluss festgestellt. (3) Auf Antrag des Zahnarztes kann eine Beschränkung des Versorgungsauftrages nach Absatz 2 Satz 2 durch Beschluss aufgehoben werden. Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Es gelten die Vorschriften dieses Abschnitts.
§ 20 (1) Für die Ausübung vertragszahnärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Zahnarzt, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in dem erforderlichen Maß zur Verfügung steht. Ein Zahnarzt steht auch dann für die Versorgung der Versicherten in erforderlichem Maße zur Verfügung, wenn er neben seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit im Rahmen eines Vertrages nach § 73c oder § 140b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch tätig wird.
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(2) Für die Ausübung vertragszahnärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Zahnarzt, der eine zahnärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragszahnarztes am Vertragszahnarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist mit der Tätigkeit des Vertragszahnarztes vereinbar. (3) Ein Zahnarzt, bei dem Hinderungsgründe nach den Absätzen 1 oder 2 vorliegen, kann unter der Bedingung zugelassen werden, dass der seiner Eignung entgegenstehende Grund spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt beseitigt wird, in dem die Entscheidung über die Zulassung unanfechtbar geworden ist.
§ 21 Ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis ist ein Zahnarzt mit geistigen oder sonstigen in seiner Person liegenden schwerwiegenden Mängeln, insbesondere ein Zahnarzt, der innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war.
§ 22 (aufgehoben)
§ 23 (aufgehoben)
§ 24 (1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Zahnarzt (Vertragszahnarztsitz). (2) Der Vertragszahnarzt muss am Vertragszahnarztsitz seine Sprechstunde halten. Er hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die zahnärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragszahnarztsitz zur Verfügung steht. (3) Vertragszahnärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragszahnarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragszahnarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenzahnärztliche Vereinigung. Sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirks seiner Kassenzahnärztlichen Vereinigung liegen, hat der Vertragszahnarzt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er seinen Vertragszahnarztsitz hat, sowie die beteiligten Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sind vor der Beschlussfassung anzuhören. Der nach Satz 3 ermächtigte Vertragszahnarzt kann die für die Tätigkeit an seinem Vertragszahnarztsitz angestellten Zahnärzte auch im Rahmen seiner Tätigkeit an dem weiteren Ort beschäftigen. Er kann außerdem Zahnärzte für die Tätigkeit an dem weiteren Ort nach Maßgabe der Vorschriften anstellen, die für ihn als Vertragszahnarzt gelten würden, wenn er an dem weiteren Ort zugelassen wäre. Zuständig für die Genehmigung der Anstellung nach Satz 6 ist der für die Erteilung der Ermächtigung nach Satz 3 zuständige Zulassungsausschuss. Keiner Genehmigung bedarf die Tätigkeit eines Vertragszahnarztes an einem der anderen Vertragszahnarztsitze eines Mitglieds der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2, der er angehört. (4) Die Genehmigung und die Ermächtigung zur Aufnahme weiterer vertragszahnärztlicher Tätigkeiten nach Absatz 3 können mit Nebenbestimmungen erteilt werden, wenn dies zur
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Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragszahnarztes am Vertragszahnarztsitz und an den weiteren Orten unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Zahnärzte erforderlich ist. Das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln. (5) Erbringt der Vertragszahnarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragszahnarztsitz (ausgelagerte Praxisräume), hat er Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit seiner Kassenzahnärztlichen Vereinigung unverzüglich anzuzeigen. (6) Ein Vertragszahnarzt darf die Gebietsbezeichnung, unter welcher er zugelassen ist, nur mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses wechseln. (7) Der Zulassungsausschuss hat den Antrag eines Vertragszahnarztes auf Verlegung seines Vertragszahnarztsitzes zu genehmigen, wenn Gründe der vertragszahnärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen.
§ 25 (aufgehoben)
Abschnitt VII Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung § 26 (1) Der Zulassungsausschuss hat das vollständige oder hälftige Ruhen der Zulassung eines Vertragszahnarztes zu beschließen, wenn die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllt sind und Gründe der Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. (2) Tatsachen, die das Ruhen der Zulassung bedingen können, haben der Vertragszahnarzt, die Kassenzahnärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen dem Zulassungsausschuss mitzuteilen. (3) In dem Beschluss ist die Ruhenszeit festzusetzen. (4) Über die ruhenden Zulassungen führt die Kassenzahnärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.
§ 27 Der Zulassungsausschuss hat von Amts wegen über die vollständige oder hälftige Entziehung der Zulassung zu beschließen, wenn die Voraussetzungen nach § 95 Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gegeben sind. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen können die Entziehung der Zulassung beim Zulassungsausschuss unter Angabe der Gründe beantragen.
§ 28 (1) Der Verzicht auf die Zulassung wird mit dem Ende des auf den Zugang der Verzichtserklärung des Vertragszahnarztes beim Zulassungsausschuss folgenden Kalendervierteljahres wirksam. Diese Frist kann verkürzt werden, wenn der Vertragszahnarzt nachweist, dass für ihn die weitere Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit für die gesamte Dauer oder einen Teil der Frist unzumutbar ist. Endet die Zulassung aus anderen Gründen (§ 95d Abs. 3 und 5 und § 95 Abs. 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), so ist der Zeitpunkt ihres Endes durch Beschluss des Zulassungsausschusses festzustellen. (2) Tatsachen, die das Ende der Zulassung bedingen, haben die Kassenzahnärztliche Vereinigung, die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen dem Zulassungsausschuss mitzuteilen.
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Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV)
§ 29 (aufgehoben)
§ 30 (aufgehoben)
Abschnitt VIII Ermächtigung § 31 (1) Die Zulassungsausschüsse können über den Kreis der zugelassenen Zahnärzte hinaus weitere Zahnärzte oder in besonderen Fällen zahnärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung ermächtigen, sofern dies notwendig ist, um a) eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden oder b) einen begrenzten Personenkreis zu versorgen, beispielsweise Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder Beschäftigte eines abgelegenen oder vorübergehenden Betriebes. (2) Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen können im Bundesmantelvertrag Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des Absatzes 1 hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter zahnärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung vorsehen. (3) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen können unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch Zahnärzte, die eine Approbation nach deutschen Rechtsvorschriften nicht besitzen, zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit ihnen von der zuständigen deutschen Behörde eine Erlaubnis zur Ausübung der Zahnheilkunde erteilt worden ist. (4) (aufgehoben) (5) Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen haben im Bundesmantelvertrag Regelungen über die Ermächtigung von Zahnärzten zu treffen, die als Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, den zahnärztlichen Beruf im Inland zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Artikels 37 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausüben dürfen. (6) Der Antrag auf Ermächtigung ist schriftlich an den Zulassungsausschuss zu richten. Ihm sind die Approbationsurkunde sowie die in § 18 Abs. 2 Buchstabe e genannten Erklärungen beizufügen. § 18 Abs. 3 gilt entsprechend. (7) Die Ermächtigung ist zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen. Im Ermächtigungsbeschluss ist auch auszusprechen, ob der ermächtigte Zahnarzt unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. (8) Ein Zahnarzt darf nicht ermächtigt werden, wenn die in § 21 genannten Gründe ihn für die Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung ungeeignet erscheinen lassen. Die Ermächtigung ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei ihrer Erteilung Versagungsgründe im Sinne des Satzes 1 vorgelegen haben. Sie ist zu widerrufen, wenn nachträglich durch einen in der Person des Zahnarztes liegenden Grund der mit der Ermächtigung verfolgte Zweck nicht erreicht wird. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn zahnärztlich geleitete Einrichtungen ermächtigt werden. (9) (aufgehoben)
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(10) Über die Ermächtigungen führt die Kassenzahnärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.
§ 31a (1) Die Zulassungsausschüsse können Krankenhauszahnärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende zahnärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhauszahnärzten nicht sichergestellt wird. (2) Der Antrag eines Krankenhauszahnarztes auf Ermächtigung ist schriftlich an den Zulassungsausschuss zu richten, in dessen Bereich das Krankenhaus gelegen ist. Ihm sind die in § 31 Abs. 6 genannten Bescheinigungen und Erklärungen, die Urkunde, aus der sich die Berechtigung zum Führen einer Gebietsbezeichnung ergibt, sowie eine schriftliche Zustimmungserklärung des Krankenhausträgers beizufügen. § 18 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) § 31 Abs. 7 bis 10 gilt entsprechend.
Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Zahnärzte und Berufsausübungsgemeinschaft § 32 (1) Der Vertragszahnarzt hat die vertragszahnärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an zahnärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Eine Vertragszahnärztin kann sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer Dauer von sechs Monaten vertreten lassen; die Vertretungszeiten dürfen zusammen mit den Vertretungszeiten nach Satz 2 innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten eine Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der Kassenzahnärztlichen Vereinigung mitzuteilen. Der Vertragszahnarzt darf sich nur durch einen Vertragszahnarzt oder einen Zahnarzt vertreten lassen, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz nachweisen kann. § 3 Abs. 4 gilt. Überschreitet innerhalb von zwölf Monaten die Dauer der Vertretung einen Monat, kann die Kassenzahnärztliche Vereinigung beim Vertragszahnarzt oder beim Vertreter überprüfen, ob der Vertreter die Voraussetzungen nach Satz 5 erfüllt und keine Ungeeignetheit nach § 21 vorliegt. (2) Die Beschäftigung eines Assistenten nach § 3 Abs. 3 bedarf der Genehmigung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Im Übrigen darf der Vertragszahnarzt aus Gründen der Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung einen Vertreter oder einen Assistenten nur mit vorheriger Genehmigung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung beschäftigen. Die Dauer der Beschäftigung ist zu befristen. Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten nicht mehr begründet ist; sie kann widerrufen werden, wenn in der Person des Vertreters oder Assistenten Gründe liegen, welche beim Vertragszahnarzt zur Entziehung der Zulassung führen können. (3) Die Beschäftigung eines Assistenten darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfanges dienen. (4) Der Vertragszahnarzt hat Vertreter und Assistenten zur Erfüllung der vertragszahnärztlichen Pflichten anzuhalten.
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§ 32a Der ermächtigte Zahnarzt hat die in dem Ermächtigungsbeschluss bestimmte vertragszahnärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an zahnärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Satz 2 gilt nicht für Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Buchstabe b.
§ 32b (1) Der Vertragszahnarzt kann Zahnärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen. In den Bundesmantelverträgen sind einheitliche Regelungen zu treffen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Zahnärzte unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht des anstellenden Vertragszahnarztes. (2) Die Anstellung bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für den Antrag gelten § 4 Abs. 2 bis 4 und § 18 Abs. 2 bis 4 entsprechend. § 21 gilt entsprechend. § 95d Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend. (3) Der Vertragszahnarzt hat den angestellten Arzt zur Erfüllung der vertragszahnärztlichen Pflichten anzuhalten. (4) Über die angestellten Zahnärzte führt die Kassenzahnärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.
§ 33 (1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Vertragszahnärzte ist zulässig. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Zahnärzten und Ärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren. (2) Die gemeinsame Ausübung vertragszahnärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragszahnarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragszahnarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragszahnarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Zahnärzte in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Zahnärzte an den Vertragszahnarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistung, ist zulässig, sofern diese Berufsausübungsgemeinschaft nicht zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet wird. (3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragszahnarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragszahnarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der
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Anforderunen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.
Abschnitt X Zulassungs- und Berufungsausschüsse § 34 (1) Der Zulassungsausschuss besteht aus sechs Mitgliedern, und zwar aus je drei Vertretern der Zahnärzte und der Krankenkassen sowie aus Stellvertretern in der nötigen Zahl. (2) Die Vertreter der Krankenkassen werden von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam bestellt. Kommt es nicht zu einer gemeinsamen Bestellung, so werden die Vertreter aus der Reihe der von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen vorgeschlagenen Personen ausgelost. (3) Die Amtsdauer der Mitglieder beträgt vier Jahre. (4) Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so erfolgt Neubestellung. Die Amtsdauer neu bestellter Mitglieder endet mit der Amtsdauer der übrigen Mitglieder nach Absatz 3. (5) Ein Mitglied kann aus einem wichtigen Grund durch die Stelle abberufen werden, von der es bestellt ist. Das Ehrenamt des nichtzugelassenen Zahnarztes endet mit seiner Zulassung. (6) Die Niederlegung des Ehrenamtes hat gegenüber dem Zulassungsausschuss schriftlich zu erfolgen. (7) Die Mitglieder der Ausschüsse haben Anspruch auf Erstattung ihrer baren Auslagen und auf eine Entschädigung für Zeitverlust nach den für die Mitglieder der Organe der bestellenden Körperschaften geltenden Grundsätzen. Der Anspruch richtet sich gegen die bestellenden Körperschaften. (8) Die Kosten der Zulassungsausschüsse werden, soweit sie nicht durch Gebühren gedeckt sind, je zur Hälfte von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen andererseits – von letzteren entsprechend der Anzahl der Versicherten ihrer Mitgliedskassen – getragen. (9) Für die Stellvertreter gelten die Vorschriften für die Mitglieder entsprechend.
§ 35 (1) Der Berufungsausschuss besteht aus einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richteramt und aus je drei Vertretern der Zahnärzte und der Krankenkassen. Stellvertreter sind in der nötigen Zahl zu bestellen. (2) Die Vorschriften des § 34 gelten entsprechend. (3) Mitglieder, eines Zulassungsausschusses können nicht gleichzeitig Beisitzer in dem für den Zulassungsausschuss zuständigen Berufungsausschuss sein.
Abschnitt XI Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen 1. Zulassungsausschuss für Zahnärzte § 36 (1) Der Zulassungsausschuss beschließt in Sitzungen. Zu den Sitzungen lädt der Vorsitzende unter Angabe der Tagesordnung ein.
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(2) In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind die Patientenvertreterinnen und -vertreter unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung zu laden.
§ 37 (1) Über Zulassungen und über die Entziehung von Zulassungen beschließt der Zulassungsausschuss nach mündlicher Verhandlung. In allen anderen Fällen kann der Zulassungsausschuss eine mündliche Verhandlung anberaumen. (2) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sowie die an dem Verfahren beteiligten Zahnärzte sind unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen zur mündlichen Verhandlung zu laden; die Ladung ist zuzustellen. Es kann auch in Abwesenheit Beteiligter verhandelt werden, falls in der Ladung darauf hingewiesen ist.
§ 38 Über gebührenpflichtige Anträge wird erst nach Entrichtung der nach § 46 zu zahlenden Gebühr verhandelt. Wird die Gebühr nach Anforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingezahlt, so gilt der Antrag als zurückgenommen, es sei denn, der Vorsitzende stundet die Gebühr. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken. § 39 (1) Der Zulassungsausschuss erhebt die ihm erforderlich erscheinenden Beweise. (2) Die vom Zulassungsausschuss herangezogenen Sachverständigen und Auskunftspersonen erhalten eine Vergütung oder Entschädigung entsprechend dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. § 40 Die Sitzung ist nicht öffentlich. Sie beginnt nach dem Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts durch den Vorsitzenden oder das von ihm als Berichterstatter bestellte Mitglied. Der Vorsitzende leitet die Verhandlung, Beratung und Abstimmung. Der Vorsitzende hat dahin zu wirken, dass der Sachverhalt ausreichend geklärt wird. Jedes Mitglied des Zulassungsausschusses kann sachdienliche Fragen und Anträge stellen. § 41 (1) Beratung und Beschlussfassung erfolgen in Abwesenheit der am Verfahren Beteiligten. Die Anwesenheit eines von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gestellten Schriftführers für den Zulassungsausschuss ist zulässig. In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nehmen die Patientenvertreterinnen und -vertreter mit beratender Stimme an den Sitzungen teil; sie haben ein Recht auf Anwesenheit bei der Beschlussfassung. (2) Beschlüsse können nur bei vollständiger Besetzung des Zulassungsausschusses gefasst werden. Stimmenthaltung ist unzulässig. (3) Über den Hergang der Beratungen und über das Stimmenverhältnis ist Stillschweigen zu bewahren. (4) Das Ergebnis des Verfahrens ist in einem Beschluss niederzulegen. In dem Beschluss sind die Bezeichnung des Zulassungsausschusses, die an der Beschlussfassung beteiligten Mitglieder und der Tag der Beschlussfassung anzugeben. Der Beschluss ist mit Gründen zu versehen und vom Vorsitzenden und je einem Vertreter der Zahnärzte und der Krankenkassen zu unterzeichnen. Dem Beschluss ist eine Belehrung über die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Berufungsausschusses beizufügen. (5) Den Beteiligten wird alsbald je eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt; eine weitere Ausfertigung erhält die Kassenzahnärztliche Vereinigung für die Registerakten. In den Fällen
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des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erhalten die Patientenvertreterinnen und -vertreter eine Abschrift des Beschlusses. Der Zulassungsausschuss kann beschließen, dass auch andere Stellen Abschriften des Beschlusses erhalten, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen. (6) (aufgehoben)
§ 42 Über jede Sitzung ist eine Niederschrift anzufertigen. Sie soll die Namen der Sitzungsteilnehmer, die Anträge und wesentlichen Erklärungen der Beteiligten, das Ergebnis der Beweiserhebung und die Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen. Die Patientenvertreterinnen und -vertreter erhalten eine Niederschrift über die Tagesordnungspunkte der Sitzung, die sie gemäß § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch mitberaten haben.
§ 43 Die Akten des Zulassungsausschusses sind fünf Jahre, Niederschriften und Urschriften von Beschlüssen 20 Jahre aufzubewahren.
2. Berufungsausschuss für Zahnärzte (Widerspruchsverfahren) § 44 Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Berufungsausschusses beim Berufungsausschuss einzulegen. Er muss den Beschluss bezeichnen, gegen den er sich richtet.
§ 45 (1) Der Widerspruch gilt als zurückgenommen, wenn die Gebühr nach § 46 nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken. (2) Der Widerspruch kann ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden, wenn der Berufungsausschuss die Zurückweisung einstimmig beschließt. (3) Die Vorschriften der §§ 36 bis 43 gelten entsprechend.
Abschnitt XII Gebühren § 46 (1) Für das Verfahren werden nachstehende Gebühren erhoben: a) bei Antrag auf Eintragung des Zahnarztes in das Zahnarztregister 100 Euro b) bei Antrag des Zahnarztes oder des medizinischen Versorgungszentrums auf Zulassung 100 Euro c) bei sonstigen Anträgen, mit denen der Zahnarzt, das medizinische Versorgungszentrum oder die sonstige zahnärztlich geleitete Einrichtung die Beschlussfassung des Zulassungsausschusses anstrebt 120 Euro d) bei Einlegung eines Widerspruchs, durch den der Zahnarzt, das medizinische Versorgungszentrum oder die sonstige zahnärztlich geleitete Einrichtung die Änderung eines Verwaltungsaktes anstrebt 200 Euro.
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Die Gebühren sind mit der Stellung des Antrages oder der Einlegung des Widerspruchs fällig. Wird einem Widerspruch ganz oder teilweise stattgegeben, so wird die nach Buchstabe d entrichtete Gebühr zurückgezahlt. (2) Außer der Gebühr nach Absatz 1 werden als Verwaltungsgebühren erhoben: a) nach unanfechtbar gewordener Zulassung 400 Euro b) nach erfolgter Eintragung einer auf § 31 Abs. 1 bis 3 oder § 31a Abs. 1 beruhenden Ermächtigung in das Verzeichnis nach § 31 Abs. 10 400 Euro c) nach erfolgter Genehmigung der Anstellung eines Zahnarztes bei einem Vertragszahnarzt oder in einem medizinischen Versorgungszentrum nach § 95 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch 400 Euro d) nach erfolgter Eintragung einer auf § 32b Abs. 2 beruhenden Genehmigung in das Verzeichnis nach § 32b Abs. 4 400 Euro. (3) Es sind zu zahlen a) die Gebühren nach Absatz 1 Buchstabe a an die Kassenzahnärztliche Vereinigung, b) die Gebühren nach Absatz 1 Buchstaben b und c und Absatz 2 Buchstaben a und b an die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses, c) die Gebühr nach Absatz 1 Buchstabe d an die Geschäftsstelle des Berufungsausschusses.
Abschnitt XIII Übergangs- und Schlussbestimmungen § 47 Diese Zulassungsordnung tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.
§ 48–52 (gegenstandslos)
§ 53 (1) Nach dem Inkrafttreten dieser Zulassungsordnung sind Zahnarztregister nach dem in § 2 vorgeschriebenen Muster anzulegen. (2)–(4) (gegenstandslos) § 54 (gegenstandslos)
§ 55 Für die nach §§ 8 und 9 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde vom 31. März 1952 (BGBl. I S. 221) bestallten Zahnärzte gilt als Datum der Bestallung im Sinne dieser Zulassungsordnung das Datum der staatlichen Anerkennung als Dentist. § 55a Bei Fachzahnärzten für Kieferorthopädie, die bis zum 1. Juli 1976 den Antrag auf Eintragung in das Zahnarztregister stellen, entfällt das Erfordernis des § 3 Abs. 3 Satz l, zweiter Halbsatz.
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Anlage (zu § 2 Abs. 2) Muster für das Zahnarztregister Das Zahnarztregister hat folgende Angaben zu enthalten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Laufende Nummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Name und Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geburtsdatum und -ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wohnungsanschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Praxisanschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fremdsprachenkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datum des Staatsexamens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datum der Approbation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11. Datum der Promotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Niedergelassen ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Ausübung sonstiger zahnärztlicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.
Eingetragen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugelassen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulassung beendet am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulassung ruht seit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulassung entzogen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Approbation entzogen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Approbation ruht seit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhängung eines Berufsverbots am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Im Zahnarztregister gestrichen am . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§1
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Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) Abschnitt I Arztregister
§1 (1) Für jeden Zulassungsbezirk führt die Kassenärztliche Vereinigung neben dem Arztregister die Registerakten. (2) Das Arztregister erfasst: a) die zugelassenen Ärzte und Psychotherapeuten, b) Ärzte, die die Voraussetzungen des § 3 und Psychotherapeuten, die die Voraussetzungen des § 95c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen und ihre Eintragung nach § 4 beantragt haben. (3) Diese Verordnung gilt für 1. die Psychotherapeuten und die dort angestellten Psychotherapeuten, 2. die medizinischen Versorgungszentren und die dort angestellten Ärzte und Psychotherapeuten sowie 3. die bei Vertragsärzten angestellten Ärzte und Psychotherapeuten entsprechend. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Arztregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 III. Registerakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 IV. Eintragungsfähige Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 V. Unmittelbare Rechtsfolgen der Eintragung in das Arztregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 VI. Entsprechende Anwendung der Ärzte-ZV gemäß § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . 18 VII. Bundesarztregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Literatur Schirmer, Eingliederung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung, MedR 1998, 435.
I. Allgemeines § 1 Ärzte-ZV regelt die Führung des Arztregisters und der Registerakten. Er beruht auf den §§ 95 Abs. 2, 98 Abs. 2 Nrn. 5, 6 SGB V. Dabei legt § 95 Abs. 2 S. 1 SGB V fest, dass ein Arztregister zu führen ist; Satz 2 erklärt die Kassenärztlichen Vereinigungen für zuständig und bezieht das Arztregister auf einen Zulassungsbezirk. Dieser ist in § 96 Abs. 1 SGB V legaldefiniert als das Zuständigkeitsgebiet eines Zulassungsausschusses1. 1
Vgl. hierzu § 34 Rz. 1ff.
Meschke
1
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Abschnitt I
Arztregister
Zulassungsbezirke werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassenverbänden, die jeweils betroffen sind, im Zusammenhang mit der Errichtung der Zulassungsausschüsse festgelegt. Ein Zulassungsbezirk kann deckungsgleich sein mit dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung oder ein Teil dieses Bezirks sein. Im Zuständigkeitsbereich der meisten Kassenärztlichen Vereinigungen sind mehrere Zulassungsausschüsse/-bezirke errichtet und werden demgemäß mehrere Arztregister geführt. 2
Als Grundlage der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung – für welchen Zulassungsbezirk auch immer – stehen sich alle Arztregister gleich2.
II. Arztregister 3
Das Arztregister ist das Register über die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte3. Sinn und Zweck des nach dem Muster gemäß der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV zu führenden Arztregisters ist die Abbildung und ständige Erfassung der für die Erlaubnis (Zulassung, Ermächtigung) zur vertragsärztlichen Tätigkeit relevanten leistungserbringerbezogenen Informationen (vgl. § 2 Abs. 1 Ärzte-ZV) in Kurzform. Das Arztregister besteht dabei primär zu Gunsten der mit der Erlaubniserteilung und ihrem Bestand befassten oder hiervon betroffenen Behörden, namentlich der Zulassungsausschüsse, Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen(verbände)4. Von besonderer Bedeutung sind die Informationen, die einer vertragsärztlichen Tätigkeit entgegenstehen können (vgl. die Nrn. 17ff. des Musters für das Arztregister gemäß der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV). Damit ermöglicht das Arztregister hinsichtlich noch nicht zugelassener Ärzte eine „Vorabprüfung“5 von Zulassungsvoraussetzungen, die im eigentlichen Zulassungsverfahren nicht mehr zeitaufwendig ermittelt und hinterfragt werden müssen.
4
Darüber hinaus kommt dem Arztregister auf Grund objektiver Zulassungsvoraussetzungen im System der vertragsärztlichen Versorgung, namentlich der häufig bestehenden Zulassungsbeschränkungen i.S. von § 103 Abs. 1 SGB V6 und dem daran anknüpfenden Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V7, eine – auch historisch fundierte – „Sichtungsfunktion“ hinsichtlich noch nicht zugelassener Ärzte zu8: Nur der im Arztregister eingetragene Arzt ist zur Bewerbung um einen Vertragssarztsitz (§ 95 Abs. 2 S. 1 SGB V) oder eine Ermächtigung berechtigt oder 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. § 4 Rz. 3. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 1. Vgl. hierzu § 9 Rz. 1ff. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 803, der allerdings die Sichtungsfunktion (dazu sogleich Rz. 4) in den Vordergrund stellt. Hierzu ausführlich § 16b Rz. 6ff. Hierzu ausführlich § 16b Rz. 42ff. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 802, 804, unter Berücksichtigung des alten kassenärztlichen Systems der Zulassung mittels der Verhältniszahl. Ebenso Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 7.
Meschke
§1
37
kann als Angestellter eines medizinischen Versorgungszentrums oder eines Vertragsarztes tätig werden. Der Zeitpunkt der Eintragung im Arztregister kann im Nachbesetzungsverfahren zudem mitentscheidend sein, da – dem Grundsatz der Priorität entsprechend – früher eingetragene Ärzte gegenüber später eingetragenen Ärzten einen Vorteil genießen9 (in der Praxis kommt es allerdings selten hierauf an10). Liegen die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister vor, besteht auf sie ein Anspruch; die Eintragung ist ein gebundener Verwaltungsakt ohne jegliches Ermessen für die registerführende Behörde11.
5
Auf Grund ihrer Bedeutung für die Erlaubnis, vertragsärztlich tätig zu werden, ist die Eintragung in das Arztregister jedem auch nur entfernt niederlassungswilligen (Zahn-)Arzt oder Psychotherapeuten frühzeitig – möglichst unmittelbar nach Erlangung der Facharztbezeichnung – anzuraten12. Der Eintritt in ein Zulassungs- oder Ermächtigungsverfahren kann aus mehreren Gründen kurzfristig erforderlich werden und Zeitdruck mit sich bringen. Beispielhaft zu nennen sind die kurzzeitige Aufhebung oder die alsbald drohende Anordnung von Zulassungsbeschränkungen für einen Planungsbereich (letzteres insbesondere relevant bei Krankenhausärzten in ausgliederungsgeeigneten Krankenhausabteilungen) und die bereits länger andauernde Vakanz eines Vertragsarztsitzes in Folge des Todes des bisherigen Praxisinhabers mit drohendem Verfall des Vertragsarztsitzes13.
6
III. Registerakten Die Registerakten bestehen vornehmlich aus den Unterlagen (Urschriften oder beglaubigte Abschriften), die den Nachweis über die Richtigkeit der Angaben, die in das Arztregister eingetragen werden, erbringen; hierzu verhalten sich die §§ 2 und 4 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV14. Für fünf Jahre kommen gemäß § 6 Abs. 3 Ärzte-ZV – mit Ausnahme der Verwarnung – die unanfechtbar gewordenen Disziplinarentscheidungen i.S. von § 81 Abs. 5 SGB V i.V.m. den Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen hinzu15.
7
Nr. 24 des Musters für das Arztregister gemäß der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV ermöglicht die Eintragung von „Bemerkungen“ in das Arztregister, welche in praxi überwiegend auf § 6 Abs. 2 Ärzte-ZV16 beruhen werden. Danach können Tatsachen,
8
9 10 11 12 13 14 15 16
Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 807, und Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 7, sprechen von einer „Anwartschaft“. Vgl. § 16b Rz. 115. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 806; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 4. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 16. Vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 70/97 R, MedR 1999, 382, und § 16b Rz. 66. Vgl. § 2 Rz. 1 und § 4 Rz. 5. Disziplinarentscheidungen aus berufsgerichtlichen Verfahren gemäß den Heilberufsgesetzen/Heilberufs- und Kammergesetzen der Länder gehören nicht hierzu. Vgl. § 6 Rz. 4f.
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Abschnitt I
Arztregister
die für die Zulassung, ihr Ruhen, ihren Entzug oder ihr Ende von Bedeutung sind, auf Antrag des Vertragsarztes, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Verbände der Krankenkassen in das Arztregister eingetragen werden. In die Registerakten können die diesen Tatsachen zu Grunde liegenden Unterlagen aufgenommen werden. 9
Im Zusammenhang mit einem (freiwilligen) Verzicht auf die Zulassung z.B. im Rahmen eines Zulassungsentziehungsverfahrens, um dessen für den Vertragsarzt negativen Ausgang zuvor zu kommen17, dürfte die Möglichkeit zur Aufnahme von „Tatsachen, die für das ... Ende (der Zulassung) von Bedeutung sind“ eine Grundlage bieten, in die Registerakten auch (Auszüge aus den) Unterlagen aus dem Zulassungsentziehungsverfahren aufzunehmen18. Zu beachten ist aber das Anhörungsrecht aus § 6 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV19.
10
Auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Ärzte-ZV können weitere Unterlagen zu den Registerakten genommen werden, z.B. hinsichtlich eines Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 20 Ärzte-ZV, über die Ungeeignetheit i.S. von § 21 Ärzte-ZV und in Form von Genehmigungen des Zulassungsausschusses gemäß den §§ 32ff. ÄrzteZV (Job-Sharing-Anstellung, [Job-Sharing-]Berufsausübungsgemeinschaft).
11
Nicht zu den Registerakten, die den Befugnissen und Maßnahmen der Zulassungsausschüsse dienen sollen, gehören Unterlagen, die allein Kompetenzen der Kassenärztlichen Vereinigungen betreffen, wie z.B. die Assistenten- und Vertretergenehmigungen (vgl. § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV) und Anzeigen von Praxisgemeinschaften (§ 33 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV)20.
IV. Eintragungsfähige Personen 12
In das Arztregister werden gemäß § 1 Abs. 2 Ärzte-ZV zugelassene Ärzte und Psychotherapeuten sowie i.S. von § 3 Ärzte-ZV zulassungsfähige Ärzte und i.S. von § 95c SGB V zulassungsfähige Psychotherapeuten, die einen entsprechenden erfolgreichen Antrag gestellt haben, eingetragen. Ermächtigte Ärzte werden gemäß § 31 Abs. 10 Ärzte-ZV in ein gesondertes Verzeichnis eingetragen.
13
Potenzielle Träger von medizinischen Versorgungszentren können nicht in das Arztregister eingetragen werden. Die Eintragung eines solchen Trägers erfolgt erst mit dessen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung21. Dies ergibt sich aus der für medizinische Versorgungszentren entsprechenden Anwendung von § 1 Abs. 2 Ärzte-ZV gemäß § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV; zu berücksichtigen sind insoweit Sinn und Zweck des Arztregisters, die relevanten leistungserbringerbezogenen Informationen für die Erlaubnis zur vertragsärztlichen Tätigkeit abzubilden22, sowie die nach § 1 17 18 19 20 21 22
Vgl. § 27 Rz. 54. BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 40/71, NJW 1973, 2261. Hierzu § 6 Rz. 2. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 24, 26. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 19. Rz. 3.
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§1
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Abs. 3 Ärzte-ZV gleichzeitige Geltung der Ärzte-ZV für medizinische Versorgungszentren und die dort angestellten Ärzte. Dabei bleiben auch nach der Eintragung eines zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums in das Arztregister die dort angestellten Ärzte zwingend selbst eingetragen (vgl. § 95 Abs. 2 S. 4 SGB V). Es kommen sowohl eine gemeinsame Eintragung in ein Registerblatt wie auch die Führung unterschiedlicher Registerblätter mit wechselseitigen Verweisungen unter Nr. 24 des Musters für das Arztregister gemäß der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV in Betracht. Ggf. ist dies bei einem Antrag auf Registerakteneinsichtnahme gemäß § 9 Ärzte-ZV23 zu berücksichtigen. Die Eintragungsfähigkeit bzw. -beständigkeit knüpft nicht an die Altersgrenze in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 95 Abs. 7 S. 2 SGB V (Zulassungsende der Zulassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres24) an. Aus Altersgründen aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschiedene oder aus Altersgründen prinzipiell nicht mehr zulassungsfähige Ärzte verbleiben im Arztregister bzw. sind (pflichtig) einzutragen.
14
Für alle eintragungsfähigen Leistungserbringergruppen werden keine unterschiedlichen, sondern nur ein einheitliches Arztregister geführt25.
15
V. Unmittelbare Rechtsfolgen der Eintragung in das Arztregister Bis zum In-Kraft-Treten des GMG wurde gemäß § 77 Abs. 3 S. 2 SGB V a.F. ein nicht zugelassener Arzt durch die Eintragung in das Arztregister außerordentliches Mitglied der für die Führung des Arztregisters zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung; hiermit hatten die nicht zugelassenen Ärzte insbesondere die Möglichkeit, schon vor der Zulassung in den Organen der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuwirken (vgl. § 80 Abs. 1 SGB V a.F.)26. Seit dem 01.01.2005 bewirkt die Eintragung in das Arztregister diese Rechtsfolge nicht mehr. Sie wirkt sich hinsichtlich einer Mitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung mit allen damit einhergehenden Rechten und Pflichten ausschließlich erst nach Abschluss des Zulassungsverfahrens aus; Mitglieder einer Kassenärztlichen Vereinigung sind gemäß § 77 Abs. 3 SGB V nur27
23 24 25 26 27
Vgl. § 9 Rz. 4ff. Hierzu § 28 Rz. 19ff. Die Verwendung des Begriffs „Psychotherapeutenregister“ (Schirmer, MedR 1998, 435, 438) ist irreführend. Schiller in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5, Rz. 56, Fn. 46; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 2. Vor der Streichung des § 311 Abs. 4a Nr. 2 SGB V waren auch die im Beitrittsgebiet in Polikliniken, Ambulatorien und anderen Einrichtungen beschäftigten Fach- und Gebietsärzte ordentliche Mitglieder; vgl. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 1.
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• die zugelassenen Ärzte, • die in den zugelassenen medizinischen Versorgungszentren tätigen angestellten Ärzte, sofern sie mindestens halbtags beschäftigt sind, • die bei Vertragsärzten nach § 95 Abs. 9 und Abs. 9a SGB V28 angestellten Ärzte, sofern sie mindestens halbtags beschäftigt sind, und • die ermächtigten Ärzte. Keine Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen sind die Träger medizinischer Versorgungszentren. 17
Ganz ohne unmittelbare Rechtsfolge ist die Arztregisteintragung, wie manche meinen29, jedoch nicht. Tatsächlich berechtigt sie den Arzt, in die sog. Warteliste aufgenommen zu werden. Diese wird gemäß § 103 Abs. 5 S. 1 SGB V von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Planungsbereich (nicht Zulassungsbezirk!) eingerichtet. In die Warteliste werden in das Arztregister eingetragene Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben (wollen), auf Antrag aufgenommen. Die Dauer der Eintragung in die Warteliste ist gemäß § 103 Abs. 5 S. 3 SGB V ein Kriterium bei der Bewerberauswahl im Nachbesetzungsverfahren30. Ferner gestattet die eigene Arztregistereintragung bei einem berechtigten Interesse gemäß § 9 Abs. 2 Ärzte-ZV die Einsichtnahme in das gesamte Arztregister und die eigenen Registerakten31.
VI. Entsprechende Anwendung der Ärzte-ZV gemäß § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV 18
§ 1 Abs. 3 Ärzte-ZV verlässt die Regelungsmaterie des Arztregisters. Er schreibt die entsprechende Anwendung der gesamten Ärzte-ZV auf Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und die dort angestellten Ärzte vor; für die Zahnärzte gilt eine eigenständige Zulassungsverordnung. Im Einzelfall ist anhand der üblichen Auslegungskriterien (Wortsinn, Bedeutungszusammenhang, Regelungsabsicht des Verordnungsgebers, objektiver Sinn und Zweck, ggf. verfassungsrechtliche Gebote)32 zu prüfen, ob, in welchem Umfang und in welcher Weise eine Regelung über (Vertrags-)Ärzte auf die anderen Leistungserbringer anwendbar ist; besondere Bedeutung kommt dabei den Vorgaben des SGB V zu.
28
29 30 31 32
Angestellte, mit denen eine eigene Abrechnungsmöglichkeit einhergeht (weil keine Zulassungsbeschränkungen bestehen oder die Zulassung gemäß § 103 Abs. 4b SGB V in eine Angestelltengenehmigung umgewandelt wurde), sog. Job-Sharing-Angestellte und angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder deren wissenschaftliche Mitarbeiter. Z.B. Schmidtbauer in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 3, Rz. 38. Vgl. § 16b Rz. 114. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 16; s. auch § 9, Rz. 4ff. Vgl. nur Larenz, Methodenlehre, 319ff. m.w.N.
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§1
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VII. Bundesarztregister § 98 Abs. 2 Nr. 5 SGB V schreibt der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Führung des Bundesarztregisters vor. § 10 Ärzte-ZV regelt hierzu Näheres.
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§2 (1) Das Arztregister muss die Angaben über die Person und die berufliche Tätigkeit des Arztes enthalten, die für die Zulassung von Bedeutung sind. (2) Das Arztregister ist nach dem Muster der Anlage zu führen. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Medizinische Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
I. Allgemeines 1
§ 2 Abs. 1 Ärzte-ZV umschreibt den Grundsatz, dass die Führung des Arztregisters die für die Erlaubnis zur vertragsärztlichen Tätigkeit relevanten leistungserbringerbezogenen Informationen abbilden muss. Zur Konkretisierung verweist § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV auf das Muster der Anlage. Die hierin aufgeführten Angaben lassen sich sämtlich aus den Vorschriften des SGB V über die vertragsärztliche Tätigkeit und Zulassung hierzu ableiten1.
II. Medizinische Versorgungszentren 2
Der vorbeschriebene Grundsatz ermöglicht es – solange keine Berichtigung des Musters stattfindet –, die Angaben und Unterlagen, welche im Fall der Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in das Arztregister und in die Registerakten aufzunehmen sind, zu ermitteln. Da § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV nur die entsprechende Anwendung von § 2 Ärzte-ZV auf medizinische Versorgungszentren vorschreibt, kann das Muster um Angaben bereinigt (letztlich finden sich diese Angaben dann bei den Arztregistereintragungen der angestellten Ärzte) oder erweitert werden. Für medizinische Versorgungszentren sind für die Erweiterung insbesondere von Bedeutung hinsichtlich des Arztregisters
3
• Träger, Trägerrechtsform, Trägerbezeichnung, • ggf. Eintragung des Trägers in amtliche Register wie z.B. im Fall der GmbH in das Handelsregister (Registerbezeichnung und -nummer), • Gesellschafter des Trägers und deren Rechtsform sowie Informationen aus amtlichen Registern, • Leistungserbringereigenschaft des Trägers bzw. seiner Gesellschafter, • ergänzende Daten im Zusammenhang mit den selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärungen der Gesellschafter des Trägers, wenn dieser als juristische Person des Privatrechts geführt wird (vgl. § 95 Abs. 2 S. 5 SGB V)2.
1 2
Zu möglichen Angaben über das Muster hinaus sowie den Inhalt der Registerakten vgl. § 1 Rz. 10. Hierzu Anhang zu § 18, Rz. 75ff.
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§2
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Hinsichtlich der Registerakten können • Auszüge aus amtlichen Registern, die die vorgenannten und sonstigen Angaben im Arztregister verifizieren (gemäß § 4 Abs. 3 Ärzte-ZV: Urschriften oder beglaubigte Abschriften), • im Fall einer Trägergesellschaft: deren Satzung/Gesellschaftsvertrag, • Nachweise über die Leistungserbringereigenschaft des Trägers bzw. seiner Gesellschafter, d.h. ggf. wiederum Abschriften von Arztregistern, Feststellungsbescheiden über die Aufnahme in den Krankenhausplan, Versorgungsverträgen, Verträgen über die Berechtigung zur Erbringung von Heil- oder Hilfsmitteln etc., • Verträge mit den angestellten Ärzten, • (Sonder-)Verträge mit dem/den ärztlichen Leiter(n) und • bei Trägern, die als juristische Personen des Privatrechts organisiert sind: die selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärungen der Gesellschafter gemäß § 95 Abs. 2 S. 5 SGB V3 von Bedeutung sein.
3
Hierzu Anhang zu § 18, Rz. 75ff.
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Abschnitt I
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§3 (1) Die Eintragung in das Arztregister ist bei der nach § 4 zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu beantragen. (2) Voraussetzungen für die Eintragung sind a) die Approbation als Arzt, b) der erfolgreiche Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder der Nachweis einer Qualifikation, die gemäß § 95a Abs. 4 und 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt ist. (3) Eine allgemeinmedizinische Weiterbildung im Sinne von Absatz 2 Buchstabe b ist nachgewiesen, wenn der Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin berechtigt ist und diese Berechtigung nach einer mindestens fünfjährigen erfolgreichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin bei zur Weiterbildung ermächtigten Ärzten und in dafür zugelassenen Einrichtungen erworben hat. (4) Die allgemeinmedizinische Weiterbildung muss unbeschadet ihrer mindestens fünfjährigen Dauer inhaltlich mindestens den Anforderungen nach Artikel 28 der Richtlinie 2005/36EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) entsprechen und mit dem Erwerb der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin abschließen. Sie hat insbesondere folgende Tätigkeiten einzuschließen: a) mindestens sechs Monate in der Praxis eines zur Weiterbildung in der Allgemeinmedizin ermächtigten niedergelassenen Arztes, b) mindestens sechs Monate in zugelassenen Krankenhäusern, c) höchstens sechs Monate in anderen zugelassenen Einrichtungen oder Diensten des Gesundheitswesens, die sich mit Allgemeinmedizin befassen, soweit der Arzt mit einer patientenbezogenen Tätigkeit betraut ist. (5) Soweit die Tätigkeit als Arzt im Praktikum a) im Krankenhaus in den Gebieten Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinderheilkunde oder Nervenheilkunde oder b) in der Praxis eines niedergelassenen Arztes abgeleistet worden ist, wird diese auf die Weiterbildung nach Absatz 2 Buchstabe b bis zur Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten angerechnet. Übersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Absatz 1 – Eintragung nur auf Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Absatz 2 – Voraussetzungen der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Approbation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fachgebietsweiterbildung/andere Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fachgebietsweiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Qualifikation gemäß § 95a Abs. 4 und 5 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Absätze 3 bis 5 – Nachweis der allgemeinmedizinischen Weiterbildung; Anrechnung V. Besonderheiten für Psychologische Psychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. 1 2 4 5 10 10 11 14 17
§3
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I. Einleitung § 3 Ärzte-ZV knüpft an § 95a SGB V an, welcher unter der gleichnamigen Überschrift die „Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister für Vertragsärzte“ regelt. § 95a SGB V geht allerdings über § 3 Ärzte-ZV hinaus, denn in Absatz 2 Sätze 2 und 3 legt er an Stelle der in § 3 Abs. 3 und 4 Ärzte-ZV geforderten fünfjährigen Weiterbildung fest, dass in Ausnahmefällen bis zum 31.12.2008 eine dreijährige Weiterbildung ausreichend ist1.
1
II. Absatz 1 – Eintragung nur auf Antrag Die Eintragung in das Arztregister erfolgt nicht automatisch, z.B. mit Erteilung der Facharztbezeichnung durch die hierfür zuständige Ärztekammer im Wege der Weiterleitung des Vorgangs. Sie setzt einen gesonderten Antrag des Arztes bei der Registerbehörde, d.h. der Kassenärztliche Vereinigung2, voraus, und zwar derjenigen des Wohnsitzes (§ 4 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV) oder – bei keinem Wohnsitz in Deutschland – einer nach freier Wahl (§ 4 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV). Wird der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, erfolgt ggf. die Umschreibung in das/die Arztregister des/der Vertragsarztsitze(s)3 (§ 5 Abs. 2 Ärzte-ZV).
2
Der Antrag ist – es gilt der allgemeine Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens gemäß § 9 SGB X – schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde zu stellen. Es empfiehlt sich, hierfür vorgesehene Formulare zu verwenden, um mit Sicherheit sämtliche notwendigen Informationen mitzuteilen. Formgebunden sind die dem Antrag gemäß § 4 Abs. 2 Ärzte-ZV beizufügenden Nachweise; § 4 Abs. 3 Ärzte-ZV fordert Urschriften oder – ausnahmsweise – beglaubigte Abschriften.
3
III. Absatz 2 – Voraussetzungen der Eintragung Die Eintragung setzt gemäß Absatz 2 die Approbation und entweder eine erfolgreiche Fachgebietsweiterbildung im Bereich der Allgemeinmedizin oder in einem anderen Fachgebiet oder eine Qualifikation, die gemäß § 95a Abs. 4 und 5 SGB V anerkannt ist, voraus.
4
1. Approbation Die Approbation ist die Grundvoraussetzung für die Ausübung des ärztlichen Berufes/der Heilkunde in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 2 Abs. 1, 5 BÄO). Sie wird als förmliche Erlaubnis im Wege eines Verwaltungsaktes von der gemäß § 12 BÄO zuständigen Behörde des Landes erteilt, in dem der Antragsteller die ärztliche 1 2 3
Hierzu Rz. 15. Hierzu § 1 Rz. 1. Zu mehreren Teilzulassungen vgl. etwa § 16b Rz. 54.
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Prüfung abgelegt hat (beispielsweise in Nordrhein-Westfalen sind zuständige Behörden die Bezirksregierungen). 6
Die Voraussetzungen für die Approbation4 ergeben sich aus § 3 BÄO. Ausgangspunkt ist § 3 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 – 4 BÄO. Hiernach ist die Approbation zu erteilen, wenn der Antragsteller (im Wortlaut verkürzt) • • • •
Deutscher, EU-Ausländer oder heimatloser Ausländer ist (Nr. 1), nicht unwürdig oder unzuverlässig zur Ausübung des ärztlichen Berufs ist (Nr. 2), gesundheitlich geeignet ist (Nr. 3), ein medizinisches Hochschulstudium von mindestens sechs Jahren mit einer praktischen Ausbildung von mindestens acht, höchstens zwölf Monaten in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung absolviert hat (Nr. 4) und • die ärztliche Prüfung (Staatsexamen) in der Bundesrepublik Deutschland bestanden hat (Nr. 4)5. 7
Von den einzelnen Voraussetzungen dieses Grundsatzes gibt es Ausnahmen. Sie sind in § 3 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BÄO geregelt. Die größte Praxisrelevanz kommt der Ausnahme von dem Erfordernis des Bestehens der ärztlichen Prüfung in der Bundesrepublik Deutschland zu (§ 3 Abs. 2 BÄO). Hiernach kann ein in einem anderen Land (auch EU-Ausland!) erworbener Abschluss der medizinischen Ausbildung anerkannt werden, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist.
8
Als wichtigste „Merksätze“ für die Praxis können gelten: • Nicht-EU-Angehörige, solange sie nicht heimat-/staatenlos sind, erhalten keine Approbation und können demgemäß nicht in das Arztregister eingetragen werden, • ohne Approbation und ohne Arztregistereintragung kann keine vertragsärztliche Zulassung erteilt werden.
9
Unklarheiten über das Verhältnis von Approbation und Arztregistereintragung – und damit letztlich über die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung – konnten auf Grund der jeweils zuständigen, unterschiedlichen Behörden nicht ausbleiben. Das Bundessozialgericht hat hierzu festgestellt: • Die Zulassungsgremien (und mithin auch die Kassenärztlichen Vereinigungen im Vorfeld) sind an die durch die Approbationsbehörde erteilte Approbation grundsätzlich gebunden, unabhängig davon, ob die Erteilung möglicherweise fehlerhaft erfolgt ist; eine Ausnahme gilt ausschließlich bei einer nichtigen Approbationserteilung6, 4 5 6
Ausführlich zur Approbation Haage in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Approbation“. Das Erfordernis einer achtzehnmonatigen Praxisphase als Arzt im Praktikum (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BÄO a.F.) ist mittlerweile entfallen. BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 42/02 R, GesR 2003, 288 (Fortführung der Urteile vom 13.02.2000, B 6 KA 26/00 R, SozR 3-2500 § 95a SGB V Nr. 2, und v. 06.11.2002, B 6 KA 37/01 R, GesR 2003, 112 m. Anm. Peikert; Beschl. v. 28.04.2004, B 6 KA 125/03 B.
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§3
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• die Approbation muss nicht nur bestandskräftig erteilt worden sein, sondern muss im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung/Registereintragung bestandssicher sein; hieran fehlt es, wenn die Approbationsbehörde einen Rücknahmebescheid erlassen hat7 (für einen Widerrufsbescheid dürfte gleiches gelten), • die Zulassungsgremien (und mithin auch die Kassenärztlichen Vereinigungen) können (nur) prüfen, ob für die Arztregistereintragung über die Approbationserteilung hinausgehende Voraussetzungen bestehen und erfüllt sind8. 2. Fachgebietsweiterbildung/andere Qualifikation a) Fachgebietsweiterbildung Die Fachgebietsweiterbildung muss bestehen entweder für die Allgemeinmedizin oder ein anderes Fachgebiet. Maßgeblich sind die Weiterbildungsordnungen der (Landes-)Ärztekammern.
10
b) Qualifikation gemäß § 95a Abs. 4 und 5 SGB V An Stelle der Fachgebietsweiterbildung in der Allgemeinmedizin oder einem anderen Fachgebiet genügt auch eine gemäß § 95a Abs. 4 und 5 SGB V anerkannte Qualifikation.
11
§ 95a Abs. 4 SGB V regelt:
12
(4) Die Voraussetzungen zur Eintragung sind auch erfüllt, wenn der Arzt auf Grund von landesrechtlichen Vorschriften zur Ausführung der Richtlinie des Rates der EG vom 15. September 1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) bis zum 31. Dezember 1995 die Bezeichnung „Praktischer Arzt“ erworben hat.
Weiterhin sind also Praktische Ärzte eintragungsfähig, sofern sie diese Bezeichnung vor dem 31. Dezember 1995 „erworben haben“. Abzustellen ist auf die Verleihung durch den formalen Erwerb des urkundlichen Nachweises9. § 95a Abs. 5 SGB bestimmt:
13
(5) Einzutragen sind auf ihren Antrag auch im Inland zur Berufsausübung zugelassene Ärzte, wenn sie Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen sind, die in Ausführung des Artikels 1 der Richtlinie des Rates der EG vom 15. September 1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) ausgestellt worden oder nach Artikel 6 dieser Richtlinie den in Artikel 1 geregelten Nachweisen gleichgestellt sind. Einzutragen sind auch Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen des Facharztes, die nach Artikel 4 der Richtlinie des Rates der EG vom 16. Juni 1975 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnach7 8
9
BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 42/02 R, GesR 2003, 288. Vgl. – allesamt für Psychologische Psychotherapeuten – BSG, Urt. v. 31.08.2005, B 6 KA 27/ 04 R, SGb 2005, 581 (kein von der KBV anerkanntes Ausbildungsinstitut); B 6 KA 59/04 R, SGb 2005, 580 (postgraduelle theoretische Zusatzausbildung); B 6 KA 68/04 R, SozR 4-2500 § 95c SGB V Nr. 1 (Zeitumfang der postgraduellen theoretischen Ausbildung). LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.02.1997, L 5 Ka 313/97, MedR 1997, 328; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 62.
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weise des Arztes und für die Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (75/362/EWG) anzuerkennen sind oder wenn sie, sofern sie die Eintragung bis zum 31. Dezember 1994 beantragen, Inhaber von nach Artikel 3 dieser Richtlinie anerkannten, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen des Arztes sind.
Begünstigt sind hiermit Ärzte, die auf Grund ihrer Ausbildung außerhalb Deutschlands eine allgemeinmedizinische Qualifikation erworben haben.
IV. Absätze 3 bis 5 – Nachweis der allgemeinmedizinischen Weiterbildung; Anrechnung 14
Der Nachweis der von § 3 Abs. 2 lit. b) Ärzte-ZV geforderten allgemeinmedizinischen Weiterbildung besteht gemäß § 3 Abs. 3 Ärzte-ZV einerseits aus der Facharzturkunde der (Landes-)Ärztekammer und andererseits aus dem Nachweis der vorhergehenden Ausbildungsdauer von fünf Jahren bei weiterbildungsermächtigten Ärzten und in dafür zugelassenen Einrichtungen entsprechend den weiteren Anforderungen gemäß § 3 Abs. 4 Ärzte-ZV (Anforderungen der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, Abschluss mit Facharztbezeichnung Allgemeinmedizin, mindestens sechs Monate Ausbildung sowohl bei einem ausbildungsberechtigten niedergelassenen Arzt als auch in einem zugelassenen Krankenhaus sowie höchstens sechs Monate in anderen Einrichtungen).
15
Abweichend von der fünfjährigen Ausbildungszeit bestimmt § 95a Abs. 2 S. 2 SGB V zu Gunsten von bei der Kindererziehung von der neuen Rechtslage10 „überholten“ Ärzten: Bis zum 31. Dezember 2008 ist eine dem Satz 1 entsprechende mindestens dreijährige Weiterbildung ausnahmsweise ausreichend, wenn nach den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften eine begonnene Weiterbildung in der Allgemeinmedizin, für die eine Dauer von mindestens drei Jahren vorgeschrieben war, wegen der Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren, für das dem Arzt die Personensorge zustand und mit dem er in einem Haushalt gelebt hat, die Weiterbildung unterbrochen worden ist und nach den landesrechtlichen Vorschriften als mindestens dreijährige Weiterbildung fortgesetzt werden darf. Satz 2 gilt entsprechend, wenn aus den dort genannten Gründen der Kindererziehung die Aufnahme einer vertragsärztlichen Tätigkeit in der Allgemeinmedizin vor dem 1. Januar 2006 nicht möglich war und ein entsprechender Antrag auf Eintragung in das Arztregister auf der Grundlage einer abgeschlossenen mindestens dreijährigen Weiterbildung bis zum 31. Dezember 2008 gestellt wird.
16
Gemäß § 3 Abs. 5 Ärzte-ZV sind Zeiten während der – mittlerweile abgeschafften – Ausbildungszeit „Arzt im Praktikum“, die vor der Approbationserteilung zu absolvieren war, auf die fünfjährige Weiterbildungszeit während der der Approbationserteilung nachfolgenden Facharztausbildung in gewissem Umfang anrechenbar. 10
Ursprünglich war eine dreijährige Ausbildungszeit ausreichend.
Meschke
§3
49
V. Besonderheiten für Psychologische Psychotherapeuten Für Psychologische Psychotherapeuten regelt § 95c SGB V die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister:
17
Bei Psychotherapeuten setzt die Eintragung in das Arztregister voraus: 1. die Approbation als Psychotherapeut nach § 2 oder 12 des Psychotherapeutengesetzes und 2. den Fachkundenachweis. Der Fachkundenachweis setzt voraus 1. für den nach § 2 Abs. 1 des Psychotherapeutengesetzes approbierten Psychotherapeuten, dass der Psychotherapeut die vertiefte Ausbildung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 des Psychotherapeutengesetzes in einem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 6a anerkannten Behandlungsverfahren erfolgreich abgeschlossen hat; 2. für den nach § 2 Abs. 2 und Abs. 3 des Psychotherapeutengesetzes approbierten Psychotherapeuten, dass die der Approbation zu Grunde liegende Ausbildung und Prüfung in einem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 6a anerkannten Behandlungsverfahren abgeschlossen wurden; 3. für den nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes approbierten Psychotherapeuten, dass er die für eine Approbation geforderte Qualifikation, Weiterbildung oder Behandlungsstunden, Behandlungsfälle und die theoretische Ausbildung in einem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 anerkannten Behandlungsverfahren nachweist.
Unterschiede bestehen/bestanden mithin für die einerseits nach § 2 und andererseits nach § 12 PsychThG approbierten Psychologischen Psychotherapeuten – auch hinsichtlich des Fachkundenachweises11.
11
Vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 67ff., und die in den Fn. 7, 8 genannten Urteile.
Meschke
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Abschnitt I
Arztregister
§ 3 Zahnärzte-ZV (1) Die Eintragung in das Zahnarztregister ist bei der nach § 4 zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung zu beantragen. (2) Voraussetzungen für die Eintragung sind a) die Approbation als Zahnarzt, b) die Ableistung einer mindestens zweijährigen Vorbereitungszeit. (3) Die Vorbereitung muss eine mindestens sechsmonatige Tätigkeit als Assistent oder Vertreter eines oder mehrerer Vertragszahnärzte umfassen; eine Tätigkeit als Vertreter darf nur anerkannt werden, wenn der Zahnarzt eine vorausgegangene mindestens einjährige Tätigkeit in unselbstständiger Stellung als Assistent eines Vertragszahnarztes oder in Einrichtungen nach Satz 2 nachweisen kann. Für die übrige Zeit kann die Vorbereitung durch Tätigkeiten in unselbstständiger Stellung in Universitätszahnkliniken, Zahnstationen eines Krankenhauses oder des öffentlichen Gesundheitsdienstes oder der Bundeswehr oder in Zahnkliniken abgeleistet werden. Bis zu drei Monate der Vorbereitung nach Satz 1 können durch eine Tätigkeit von gleicher Dauer in einer Universitätszahnklinik ersetzt werden. Tätigkeiten nach den Sätzen 1 bis 3 können nicht angerechnet werden, wenn sie in kürzeren Zeitabschnitten als drei Wochen oder bei gleichzeitiger Ausübung einer eigenen Praxis abgeleistet werden. (4) Absatz 2 Buchstabe b gilt nicht für Zahnärzte, die in einem Mitgliedsaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, einen nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften anerkannten Ausbildungsnachweis erworben haben und zur Berufsausübung zugelassen sind. (5) (aufgehoben) Übersicht Rz. I. Absätze 1 und 2 – Antrag und Voraussetzungen der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Approbation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Vorbereitungszeit (unter Berücksichtigung von Absatz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Anforderungen an die Vorbereitungszeit gemäß Absatz 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
I. Absätze 1 und 2 – Antrag und Voraussetzungen der Eintragung 19
Der nach den bereits erläuterten Grundsätzen12 gemäß § 3 Abs. 1 Zahnärzte-ZV bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung als registerführender Behörde zu stellende Antrag auf Eintragung in das Zahnarztregister setzt gemäß § 3 Abs. 2 Zahnärzte-ZV die „Approbation als Zahnarzt“ und die „Ableistung einer mindestens zweijährigen Vorbereitungszeit“ voraus. 12
S. Rz. 2f.
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§ 3 Zahnärzte-ZV
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1. Approbation Die Approbation ist die Grundvoraussetzung für die Ausübung des zahnärztlichen Berufes/der Zahnheilkunde in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 ZHG). Die Anforderungen an ihre Erteilung gemäß § 2 ZHG ähneln denjenigen der ärztlichen Approbation13. Ärzte sind nicht (mehr) per se berechtigt, Zahnheilkunde auszuüben14.
20
2. Vorbereitungszeit (unter Berücksichtigung von Absatz 4) Für Zahnärzte ist gemäß § 3 Abs. 2 lit. b) Zahnärzte-ZV grundsätzlich eine spezielle vertragszahnärztliche Vorbereitungszeit obligat. Ausnahmen ergeben sich aus § 3 Abs. 4 und 5 Zahnärzte-ZV. Durch die Vorbereitungszeit soll sichergestellt werden, dass Zahnärzte die Bedingungen und Erfordernisse der Erbringung vertragszahnärztlicher Leistungen in der Praxis kennenlernen, ehe sie selbst zugelassen werden15.
21
Die zweijährige Vorbereitungszeit haben solche Zahnärzte, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates i.S. von § 3 Abs. 4 Zahnärzte-ZV einen nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften anerkannten Ausbildungsnachweis erworben haben und zur Berufsausübung zugelassen sind, nicht abzuleisten. Dies gilt auch zu Gunsten Deutscher, die ein solches ausländisches Diplom erworben haben, was keine berufsfreiheitswidrige Benachteiligung in Deutschland ausgebildeter Zahnärzte darstellt16.
22
II. Anforderungen an die Vorbereitungszeit gemäß Absatz 3 Die Vorbereitungszeit setzt zunächst als Ausschlusskriterien voraus, dass daneben keine eigene (Privat-)Praxis betrieben wird und kein Ausbildungsabschnitt kürzer als drei Wochen ist (§ 3 Abs. 3 S. 4 Zahnärzte-ZV). Ansonsten können die Ausbildungsabschnitte in dem nachfolgend jeweils dargestellten zeitlichen Gesamtrahmen frei zusammengestellt werden17. Denkbar ist z.B. eine gleichzeitige Halbtagstätigkeit in zwei Ausbildungsstätten. Werden Teile eines Ausbildungsabschnitts nur halbtags absolviert – eine Halbtagstätigkeit (20 Stunden/Woche) ist im übrigen nach deren Sinn und Zweck als Mindestmaß der Vorbereitungszeit zu verlangen18 –, verlängert sich dieser Ausbildungsabschnitt entsprechend. Unterbrechungen auf Grund von Erholungsurlaub und Krankheit führen nicht zur Verlängerung. Sonderurlaub und sonstige Fehlzeiten (auch wegen Schwangerschaft) sind eine (nachzuholende) Unterbrechung der Vorbereitungszeit. 13 14
15 16 17 18
Hierzu Rz. 5ff. Anders der frühere § 1 Abs. 1 S. 1 ZHG, den der EuGH für europarechtswidrig hielt (Beschl. v. 17.10.2003, C-35/02, ABl. EG C 2004, 17 = DÄBl. 2004, A-2199; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.01.2003, 3 C 39.03, GesR 2004, 239). BSG, Urt. v. 08.05.1996, 6 RKa 29/95, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr. 10. BSG, Urt. v. 18.05.1989, 6 RKa 6/88, BSGE 65, 89 = MedR 1989, 259. Hier und im Folgenden Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 79f. So ausdrücklich SG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2005, S 2 KA 242/04. S. auch § 32 Rz. 68.
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Abschnitt I
Arztregister
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Die von dem Vertragszahnarzt, der den Assistenten während der Vorbereitungszeit beschäftigt, hierfür einzuholende Genehmigung gemäß § 32 Abs. 2 ZahnärzteZV19 ist für die Anerkennung der Vorbereitungszeit nicht statusbegründend20. Hierfür findet sich kein Anhalt im Wortlaut des § 3 Zahnärzte-ZV. Ungeachtet dessen empfiehlt es sich für den Assistenten, auf dem Nachweis der Genehmigung zu bestehen, allein um später problemlos die Absolvierung der Vorbereitungszeit beweisen zu können. Der ausbildende Vertragszahnarzt sieht sich zudem ggf. disziplinarrechtlichen Konsequenzen sowie Honorarrückforderungen ausgesetzt.
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Im Einzelnen ist die Vorbereitungszeit wie folgt zu verbringen: Jedenfalls • 18 Monate in unselbstständiger Stellung, d.h. als Assistent, bei einem Vertragszahnarzt21, in Universitätszahnkliniken, Zahnstationen eines Krankenhauses, Zahnstationen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Zahnstationen der Bundeswehr oder in Zahnkliniken sowie • sechs Monate als Assistent bei einem Vertragszahnarzt oder drei Monate als Assistent bei einem Vertragszahnarzt und drei Monate als Assistent in einer Universitätszahnklinik oder sechs Monate als Vertreter eines Vertragszahnarztes, was allerdings voraussetzt, dass zuvor mindestens ein Jahr als Assistent entsprechend dem Vorstehenden gearbeitet wurde.
19 20 21
Hierzu ausführlich – u.a. auch zur Möglichkeit, mehrere Vorbereitungsassistenten gleichzeitig zu beschäftigen – § 32 Rz. 71. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 81. Denkbar ist auch die Tätigkeit bei einem ermächtigten Zahnarzt oder als ermächtigter Zahnarzt, sofern die Tätigkeit vergleichbar ist mit der Assistententätigkeit; vgl. BSG, Urt. v. 08.05.1996, 6 RKa 29/95, MedR 1997, 88, sowie Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 75f.
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§4
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§4 (1) Der Arzt ist in das Arztregister des Zulassungsbezirks einzutragen, in dem er seinen Wohnort hat. Sofern er keinen Wohnort im Geltungsbereich dieser Verordnung hat, steht ihm die Wahl des Arztregisters frei. (2) Der Antrag muss die zur Eintragung erforderlichen Angaben enthalten. Die Angaben sind nachzuweisen, insbesondere sind beizufügen a) die Geburtsurkunde, b) die Urkunde über die Approbation als Arzt, c) der Nachweis über die ärztliche Tätigkeit nach bestandener ärztlicher Prüfung. (3) An Stelle von Urschriften können ausnahmsweise amtlich beglaubigte Abschriften beigefügt werden. (4) Können die in Absatz 2 bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt werden, sind die nachzuweisenden Tatsachen glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung der Approbation als Arzt und der ärztlichen Tätigkeit (Absatz 2 Buchstaben b und c) genügt eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellers allein nicht. Übersicht I. II. III. IV.
Rz.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Registerzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 5 6
Literatur Schiller/Pavlovic, Teilzulassung – neue Gestaltungsmöglichkeiten ohne praktische Bedeutung?, MedR 2007, 86.
I. Allgemeines § 4 Ärzte-ZV regelt die Registerzuständigkeit, den Antrag und die notwendigen Antragsunterlagen.
1
II. Registerzuständigkeit Arztregister werden gemäß § 1 Abs. 1 Ärzte-ZV von jeder Kassenärztlichen Vereinigung für jeden Zulassungsbezirk1, der in ihrem Zuständigkeitsgebiet besteht, geführt.
2
Es gibt kein deutschlandweites Arztregister. Notwendig ist daher – solange ein Arzt nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist (dann ist gemäß § 5 Abs. 2 Ärzte-ZV der Vertragsarztsitz maßgeblich) – eine zu einem bestimmten Arztregister
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1
S. § 1, Rz. 1.
Meschke
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Abschnitt I
Arztregister
führende Zuständigkeitsregelung, die § 4 Abs. 1 Ärzte-ZV enthält. Maßgeblich ist danach der Wohnort. Dessen Bestimmung – ein Unterschied zum dortigen Begriff „Wohnsitz“ besteht nicht – richtet sich nach § 7 BGB: 1. Wer sich an einem Ort ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz. 2. Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. 3. Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.
Bestehen gemäß § 7 Abs. 2 BGB mehrere Wohnsitze, kann zwischen den entsprechenden Arztregistern frei gewählt werden. 4
Nachdem das VÄndG § 4 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV a.F.2 zum 01.01.2007 gestrichen hat, kann ein Arzt in mehrere Arztregister eingetragen werden. Den Sinn der Streichung erklärt die Gesetzesbegründung mit dem Ziel, einen Vertragsarzt, der in Bezirken verschiedener Kassenärztlicher Vereinigungen sog. Teilzulassungen3 inne hat, auch in zwei Arztregister eintragen zu können4. Diese Begründung ist einerseits hilfreich bei der Feststellung, dass es Teilzulassungen in mehreren Zulassungsbezirken geben kann5. Andererseits ist sie aber – weil weiterhin für die Arztregistereintragung gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zunächst einmal der Wohnsitz maßgeblich ist – nur verständlich im Zusammenhang mit § 5 Abs. 2 Ärzte-ZV, wonach ein Arzt nach der Zulassung von Amts wegen in das Arztregister umgeschrieben wird, das für den Vertragsarztsitz geführt wird. Bei Teilzulassungen in mehreren Zulassungsbezirken erfolgt daher die Umschreibung bzw. zusätzliche Eintragung in zumindest ein weiteres Arztregister. Besteht kein Wohnsitz in Deutschland, kann das Arztregister frei gewählt werden. Spätestens nach der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung würde von Amts wegen die Eintragung in dasjenige Arztregister veranlasst werden, das für den Zulassungsbezirk des Vertragsarztsitzes geführt wird (Umschreibung gemäß § 5 Abs. 2 Ärzte-ZV).
III. Antrag 5
Für den Antrag auf Eintragung in das Arztregister sind bei den meisten Kassenärztlichen Vereinigungen Formblätter vorhanden; regelmäßig sind sie über die je-
2 3
4
5
„Die Eintragung in ein weiteres Arztregister ist nicht zulässig.“ Dies sind Zulassungen, die gemäß § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV mit einem auf die Hälfte einer Vollzeittätigkeit beschränkten Versorgungsauftrag („halber Versorgungsauftrag“) verbunden sind; vgl. § 19a Rz. 7. Sie sind als solche und auch aus einer „Vollzulassung“ heraus kommend, d.h. beantragt durch den (vormals) vollzugelassenen Vertragsarzt, gemäß § 103 Abs. 4 SGB V nachbesetzungsfähig; § 16b Rz. 53f. A.A. Bäune, § 19a Rz. 13ff. Die Streichung erfolgte im Hinblick auf den Ursprungsentwurf des VÄndG (BT-Drucks. 16/ 2474, 10) mit dieser Begründung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mit dem Änderungsantrag Nr. 8 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 24.10.2006. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 87; Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89 (mit Zweifeln an zwei Teilzulassungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung). Vgl. auch § 16b Rz. 55.
Meschke
§4
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weilige Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung6 zu erlangen. Es ist zu empfehlen, diese Formblätter – obwohl der Antrag grundsätzlich formlos gestellt werden kann – zu verwenden, da damit die Vollständigkeit der Angaben gewährleistet ist. Diese lassen sich ansonsten aus den §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 Ärzte-ZV ableiten und sind zunächst • • • •
die persönlichen Daten aus der Geburtsurkunde, die Umstände der Approbation als Arzt, die Umstände der Weiterbildung (i.S. von § 3 Abs. 2 lit. b) Ärzte-ZV), die Einzelheiten der ärztlichen Tätigkeit seit der ärztlichen Prüfung.
Notwendige weitere Unterlagen können diejenigen sein, die Einfluss auf die vorgenannten Angaben haben, z.B. die Heiratsurkunde wegen des Einflusses auf den Namen und bei geborenen Ausländern die Einbürgerungsurkunde zum Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit, oder Unterlagen, die ansonsten für die Zulassung von Bedeutung sind, z.B. Weiterbildungsnachweise für Schwerpunktbezeichnungen und Zusatzqualifikationen.
IV. Antragsunterlagen Die notwendigen Angaben im Antrag sind durch Nachweise zu belegen. Der Nachweis ist gemäß § 4 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV grundsätzlich durch Urschriften, d.h. durch die Originale, zu führen, wenngleich (bei entsprechender Begründung) amtlich beglaubige Abschriften ausnahmsweise ausreichend sind. Wer die Beglaubigung vornehmen darf, ergibt sich aus § 29 Abs. 1 S. 1 SGB X; hervorzuheben ist insbesondere die die Urkunde ausstellende Behörde.
6
Von den Antragsunterlagen fertigt die Registerstelle für ihre Zwecke Ablichtungen und reicht die eingereichten (Original-)Unterlagen an den Arzt zurück. § 4 Abs. 4 Ärzte-ZV sieht als Alternative zu Urschriften und zu amtlich beglaubigten Abschriften für den notwendigen Nachweis die Glaubhaftmachung vor. Diese ist in § 294 Abs. 1 ZPO legal definiert: Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden.
Alle Beweismittel in diesem Sinne sind – neben der Versicherung an Eides Statt – gemäß §§ 371ff. ZPO der Augenschein, Zeugen, Sachverständige, Urkunden und die Vernehmung des Antragstellers (vgl. §§ 371ff. ZPO).
6
Eine Liste der Homepages aller Kassenärztlichen Vereinigungen findet sich auf der Homepage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (www.kbv.de).
Meschke
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Abschnitt I
Arztregister
§5 (1) Verzieht ein im Arztregister eingetragener nicht zugelassener Arzt aus dem bisherigen Zulassungsbezirk, so wird er auf seinen Antrag in das für den neuen Wohnort zuständige Arztregister umgeschrieben. (2) Wird ein Arzt zugelassen, so wird er von Amts wegen in das Arztregister umgeschrieben, das für den Vertragsarztsitz geführt wird. (3) Die bisher registerführende Stelle hat einen Registerauszug und die Registerakten des Arztes der zuständigen registerführenden Stelle zu übersenden. Übersicht
Rz.
I. Wohnortwechsel des nicht zugelassenen Arztes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umschreibung der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Registerauszug und Registerakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Wohnortwechsel des nicht zugelassenen Arztes 1
Verlegt ein im Arztregister eingetragener, nicht zugelassener Arzt seinen Wohnort in einen anderen Zulassungsbezirk, so erfolgt auf seinen Antrag eine Umschreibung in das für den neuen Wohnort zuständige Arztregister.
2
Verlegt der Arzt seinen Wohnort in den Bezirk einer anderen Ärztekammer und darf die von ihm geführte Facharztbezeichnung in diesem Kammerbezirk nicht geführt werden, so hat dennoch auf Antrag des Arztes eine Arztregisterumschreibung stattzufinden. Ein erstmaliger Eintrag in das im neuen Kammerbezirk geführte Arztregister wäre allerdings nicht möglich, da ein Ersteintrag nach § 3 Abs. 2 lit. b) Ärzte-ZV die Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung voraussetzt1. Bei einer Umschreibung kommt es hingegen ausschließlich darauf an, dass der Arzt zuvor bereits in ein Arztregister eingetragen war. Ob er die Arztbezeichnung auch im neuen Kammerbezirk führen darf, ist insoweit unbeachtlich2.
3
Der Antrag auf Umschreibung ist an die für den neuen Wohnort zuständige Kassenärztliche Vereinigung zu richten. Eine Gebühr für die Umschreibung ist in § 46 Ärzte-ZV nicht vorgesehen, so dass eine solche von der Kassenärztlichen Vereinigung mangels Rechtsgrundlage nicht erhoben werden kann.
4
Im Rahmen eines Praxisnachfolgeverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V und der in diesem Verfahren von den Zulassungsgremien zu treffenden Auswahlentscheidung ist eine Arztregisterumschreibung hinsichtlich des Eignungskriteriums „Arztregistereintragung“ unbeachtlich. Maßgeblich ist allein der Zeitpunkt der ersten Eintragung in ein beliebiges Arztregister.
1 2
S. dazu § 3, Rz. 10. So auch Bedei in: Der Arzt in der vertragsärztlichen Versorgung, 16.
Bäune
§5
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II. Umschreibung bei Zulassung Ab dem Zeitpunkt der Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung ist nicht mehr der Wohnort des Arztes für die Eintragung in das Arztregister entscheidend, sondern ausschließlich der Vertragsarztsitz. Hat der Arzt seinen Vertragsarztsitz in einem anderen Zulassungsbezirk als sein Wohnort gelegen ist, so wird von Amts wegen durch die für den Vertragsarztsitz zuständige Kassenärztliche Vereinigung eine Umschreibung in das für den Zulassungsbezirk des Vertragsarztsitzes geführte Arztregister vorgenommen.
5
III. Registerauszug und Registerakten Nach § 5 Abs. 3 Ärzte-ZV hat die bisher registerführende Stelle der neuen registerführenden Stelle einen Registerauszug und die vollständigen Registerakten des Arztes zu übersenden.
Bäune
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Abschnitt I
Arztregister
§6 (1) Die Zulassung eines Arztes ist im Arztregister kenntlich zu machen. (2) Tatsachen, die für die Zulassung, ihr Ruhen, ihren Entzug oder ihr Ende von Bedeutung sind, werden von Amts wegen oder auf Antrag des Arztes, einer Kassenärztlichen Vereinigung, einer Krankenkasse, eines Landesverbandes der Krankenkassen oder der Verbände der Ersatzkassen in den Registerakten eingetragen. Der Arzt ist zu dem Antrag auf Eintragung zu hören, falls er die Eintragung nicht selbst beantragt hat. (3) Unanfechtbar gewordene Beschlüsse in Disziplinarangelegenheiten (§ 81 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), mit Ausnahme der Verwarnung, sind zu den Registerakten zu nehmen; sie sind nach Ablauf von fünf Jahren, nachdem der Beschluss unanfechtbar geworden ist, aus den Registerakten zu entfernen und zu vernichten. Übersicht
Rz.
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eintragungsrelevante Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines 1
§ 6 Ärzte-ZV regelt im Wesentlichen die Erfassung von Tatsachen, die für den Bestand der Zulassung von Bedeutung sind, weil sie bei der Zulassungserteilung berücksichtigt worden wären. Diese Tatsachen sind in das Arztregister einzutragen, um ggf. zu einem späteren Zeitpunkt allein oder im Zusammenhang mit anderen Daten verwertet werden zu können.
2
Die Eintragung erfolgt von der Registerstelle, d.h. von der für den betroffenen Arzt zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (vgl. § 1 Abs. 1 Ärzte-ZV), von Amts wegen, wenn Kenntnis besteht, oder alternativ auf Antrag des betroffenen Arztes, einer – nicht zwingend der für den Arzt zuständigen – Kassenärztlichen Vereinigung, einer Krankenkasse, eines Landesverbandes der Krankenkassen oder der Verbände der Ersatzkassen. Gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV ist dem Arzt, wenn er den Antrag nicht selbst gestellt hat, vor der Eintragung rechtliches Gehör zu gewähren.
3
Die Entscheidung über die Eintragung ist grundsätzlich Verwaltungsakt i.S. von § 31 S. 1 SGB X1. Er kann in der üblichen Form angefochten werden. Keine Verwaltungsakte sind hingegen die – dem Arzt nicht mitzuteilenden – Ergänzungen der Registerakten gemäß • § 6 Abs. 3 Ärzte-ZV um unanfechtbare Beschlüsse in Disziplinarangelegenheiten, sofern es sich nicht lediglich um eine Verwarnung handelt, • § 41 Abs. 5 S. 1 und § 45 Abs. 3 i.V.m. § 41 Abs. 5 S. 1 Ärzte-ZV um (jegliche) – analog § 6 Abs. 3 Hs. 1 Ärzte-ZV – unanfechtbare Beschlüsse des Zulassungs1
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 103.
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§6
59
und des Berufungsausschusses; nicht rechtskräftige oder aufgehobene Beschlüsse sind, soweit sie zu den Akten gelangt sind, wieder zu entfernen2.
II. Eintragungsrelevante Tatsachen Zunächst ist im Arztregister zu vermerken, dass ein Arzt den Status „zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt“ besitzt (§ 6 Abs. 1 Ärzte-ZV) und wann er diesen Status erlangt hat; relevant sind die Nrn. 13 und 16 der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV (Muster für das Arztregister).
4
Als weitere Tatsachen werden gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV diejenigen in die Registerakten eingetragen, „die für die Zulassung, ihr Ruhen, ihren Entzug oder ihr Ende von Bedeutung sind.“ Zunächst sind dies das Ruhen, der Entzug und das Zulassungsende selbst (Nrn. 17 – 19 der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV). Ferner das Approbationsruhen und der Approbationsentzug (Nrn. 20 und 21 der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV) sowie ein strafrechtliches Berufsverbot (Nr. 22 der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV). Unter Bemerkungen (Nr. 24 der Anlage zu § 2 Abs. 2 Ärzte-ZV) kann weiteres eingetragen werden, was von Bedeutung für die Zulassung sein kann (z.B. rechtskräftige Strafurteile mit Bezug zur vertragsärztlichen Tätigkeit [Betrug, Körperverletzung, Tötungsdelikte, Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse], rechtskräftige Zivilurteile mit Bezug zur vertragsärztlichen Tätigkeit [Behandlungsfehlerverfahren]3). Unterlagen, die die vorgenannten Eintragungen belegen, werden ergänzend zu den Registerakten genommen.
5
III. Entfernung Bei den Registerakten befindliche Disziplinarbeschlüsse sind fünf Jahre nach ihrer Bestandskraft zu entfernen und zu vernichten (§ 6 Abs. 3 Hs. 2 Ärzte-ZV). Nach Sinn und Zweck der Vorschrift gilt dies ebenso für alle anderen Eintragungen und Unterlagen, die Disziplinarangelegenheiten betreffen4. Unberührt hiervon bleiben Eintragungen und Unterlagen, die Zulassungsangelegenheiten betreffen; für sie gilt keine feste, sondern eine unbegrenzte Aufbewahrungszeit5.
2 3 4 5
Vgl. BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 40/71, NJW 1973, 2261; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 104. Vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 101. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 106. Vgl. BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 40/71, NJW 1973, 2261.
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Abschnitt I
Arztregister
§7 Der Arzt wird im Arztregister gestrichen, wenn a) er es beantragt, b) er gestorben ist, c) die Voraussetzungen für seine Eintragung nach § 3 Abs. 2 Buchstabe a nicht oder nicht mehr gegeben sind, d) die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Buchstabe b auf Grund falscher Angaben des Arztes irrtümlich als gegeben angenommen worden sind. Übersicht Rz. I. Streichung im Arztregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 III. Widerspruch und Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
I. Streichung im Arztregister 1
Wird die Streichung im Arztregister durch den Arzt beantragt, verstirbt der Arzt, liegen die Eintragungsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 2 lit. a) Ärzte-ZV nicht mehr vor oder sind die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 lit. b) Ärzte-ZV auf Grund von falschen Angaben des Arztes irrtümlich angenommen worden, so ist der Arzt durch die Kassenärztliche Vereinigung1 im Arztregister zu streichen. Da die Arztregistereintragung ein auf die Begründung eines Statusverhältnisses gerichteter begünstigender Verwaltungsakt ist, stellt die Streichung als actus contrarius gleichfalls einen Verwaltungsakt dar.
2
Die mit der Registereintragung erworbene Rechtsposition ist insofern besonders geschützt, als sie nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 7 Ärzte-ZV beseitigt werden kann2. Dabei steht der Kassenärztlichen Vereinigung kein Ermessensspielraum zu. Auch die §§ 44ff. SGB X kommen nicht zur Anwendung, da § 7 Ärzte-ZV insoweit lex specialis ist3. Der betroffene Arzt kann sich daher in den Fällen der Arztregisterstreichung nach § 7 lit. c) und d) Ärzte-ZV auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.
3
Da die Arztregistereintragung im Rahmen der Zulassungsentscheidung durch die Zulassungsgremien nicht mehr überprüft werden kann4, bietet eine einmal erfolgte Eintragung in das Arztregister einen hohen Schutz für den begünstigten Arzt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als § 7 Ärzte-ZV eine Streichung durch die Kassenärztliche Vereinigung nur dann vorsieht, wenn keine Approbation (mehr) vorliegt oder der Arzt zum erfolgreichen Abschluss der Facharztweiterbildung falsche Angaben gemacht hat, auf Grund derer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 1 2 3 4
Zur Zuständigkeit innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung s. § 8. BSG, Urt. v. 13.12.2000, B 6 KA 26/00, SozR 3 – 2500 § 95a SGB V Nr. 2. BSG, Urt. v. 13.12.2000, B 6 KA 26/00 SozR 3 – 2500 § 95a SGB V Nr. 2; Schallen, Zulassungsverordnung, 4. Aufl. 2004, Rz. 100. Vgl. dazu § 3, Rz. 9.
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§7
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lit. b) Ärzte-ZV irrtümlich als gegeben angenommen worden sind. Auch eine Nichtigkeit der Registereintragung i.S. des § 40 SGB X wird nur in absoluten Ausnahmefällen denkbar sein, so z.B. wenn eine Eintragung in das Arztregister erfolgt wäre, ohne dass die Ärztekammer überhaupt über eine Anerkennung der Weiterbildung entschieden hätte5. Im Gegensatz zur Rücknahme oder zum Widerruf der Approbation führt die bloße Anordnung des Ruhens der Approbation nicht zur Streichung aus dem Arztregister, da die Registereintragung nach § 3 Abs. 2 lit. a) Ärzte-ZV ausschließlich an die Approbation anknüpft und der Status als approbierter Arzt durch die Ruhensanordnung nicht berührt wird6.
4
II. Rechtsfolgen Die Streichung im Arztregister hat nach § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V i.V.m. § 27 S. 1 Ärzte-ZV bei Vertragsärzten zwingend die Entziehung der Zulassung zur Folge, da die Eintragung im Arztregister gemäß § 95 Abs. 2 SGB V Zulassungsvoraussetzung ist.
5
III. Widerspruch und Rechtsweg Der Widerspruch gegen die Streichung hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Über den Widerspruch hat die nach § 8 Ärzte-ZV zuständige Stelle der Kassenärztlichen Vereinigung zu entscheiden. Hat das Widerspruchsverfahren keinen Erfolg, so kann der betroffene Arzt gegen die Kassenärztliche Vereinigung Klage erheben. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist der Sozialrechtsweg gegeben. Dies gilt auch, wenn der betroffene Arzt zum Zeitpunkt der Streichung noch nicht zugelassen ist, da die Arztregistereintragung eine „Vorstufe“ zur Zulassung darstellt. Auch in diesen Fällen handelt es sich mithin um Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung.
5 6
BSG, Urt. v. 13.12.2000, B 6 KA 26/00, SozR 3 – 2500 § 95a SGB V Nr. 2. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 113.
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Abschnitt I
Arztregister
§8 (1) Über Eintragungen und Streichungen im Arztregister und in den Registerakten beschließt der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung oder die durch die Satzung bestimmte Stelle. (2) Der Arzt erhält über die seine Person betreffenden Eintragungen und Streichungen sowie über die Ablehnung seiner Anträge auf Eintragung oder Streichung einen schriftlichen Bescheid. Übersicht
Rz.
I. Zuständige Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eintragungen und Streichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bescheiderteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Widerspruch und Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Zuständige Stelle 1
Soweit die Satzung einer Kassenärztlichen Vereinigung keine Sonderregelung enthält, entscheidet der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung über Eintragungen und Streichungen im Arztregister. Gleiches gilt für Entscheidungen im Widerspruchsverfahren. In den meisten Kassenärztlichen Vereinigungen ist die Zuständigkeit durch Satzung auf Bezirksstellen übertragen1.
II. Eintragungen und Streichungen 2
Die Vorschrift erfasst sämtliche Eintragungen und Streichungen im Arztregister und den Registerakten. Die Eintragungen und Streichungen sind von Amts wegen oder auf Antrag des betroffenen Arztes, einer Kassenärztlichen Vereinigung einer Krankenkasse oder eines Landesverbandes der Krankenkassen vorzunehmen. Dabei handelt es sich um gebundene Entscheidungen der zuständigen Stelle. Auch die Entscheidungen der Zulassungsinstanzen sind einzutragen. Derartige Entscheidungen können erst dann wieder entfernt werden, wenn sie rechtskräftig aufgehoben worden sind.
III. Bescheiderteilung 3
Über jede Eintragung und Streichung im Arztregister erhält der betroffene Arzt von der Kassenärztlichen Vereinigung einen schriftlichen Bescheid. Dies gilt ebenso, wenn ein von ihm gestellter Antrag durch die zuständige Stelle der Kassenärztlichen Vereinigung abgelehnt wird. Der Bescheid stellt einen Verwaltungsakt dar, für dessen Erlass die allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen gelten. 1
S. z.B. § 14 Abs. 3 lit. b) aa) der Satzung der KV Nordrhein i.d.F. v. 28.02.2004.
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§8
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1. Anhörung Vor der Vornahme von von Amts wegen beabsichtigten Eintragungen und Streichungen ist der Arzt gemäß § 24 Abs. 1 SGB X anzuhören. Für den Fall, dass zulassungsrelevante Tatsachen nach § 6 Abs. 2 Ärzte-ZV auf Antrag einer Kassenärztlichen Vereinigung, einer Krankenkasse oder eines Landesverbandes der Krankenkassen in die Registerakten eingetragen werden sollen, ist in § 6 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV ausdrücklich eine Pflicht zur vorherigen Anhörung statuiert. Die Anhörungsverpflichtung nach § 6 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV geht nicht weiter als die in § 24 Abs. 1 SGB X statuierte Verpflichtung. Insbesondere ist auch in diesen Fällen bei unterbliebener Anhörung eine nachträgliche Heilung durch Nachholung der Anhörung möglich2. Der Regelung in § 6 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV kommt daher keine eigenständige Bedeutung zu.
4
2. Begründung Der Bescheid über Eintragungen oder Streichungen im Arztregister ist gemäß § 35 Abs. 1 SGB X zu begründen. Eine Begründung ist nach § 35 Abs. 2 Nr. 1 SGB X nicht erforderlich, wenn dem Antrag des Arztes entsprochen wird.
5
IV. Widerspruch und Rechtsweg Der Arzt kann gegen einen ihn belastenden Bescheid Widerspruch einlegen. Auch den Kassenärztlichen Vereinigungen, den Krankenkassen und den Landesverbänden der Krankenkassen steht im Falle einer Ablehnung eines von ihnen nach § 6 Abs. 2 Ärzte-ZV gestellten Antrages ein Widerspruchsrecht zu. Über den Widerspruch entscheidet jeweils die nach § 85 Abs. 2 S. 2 SGG von der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung benannte Stelle. Die benannte Stelle kann mit der nach § 8 Ärzte-ZV für Eintragungen und Streichungen zuständigen Stelle identisch sein. Der Widerspruch des Arztes gegen Eintragungen und Streichungen im Arztregister hat nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Wird der Widerspruch zurückgewiesen, so ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet3.
2 3
Vgl. allgemein zur Heilung einer unterbliebenen Anhörung Steinwedel in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 41 SGB X, Rz. 15ff. Vgl. dazu § 7, Rz. 6.
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Abschnitt I
Arztregister
§9 (1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können das Arztregister und bei Darlegung eines berechtigten Interesses die Registerakten einsehen. (2) Der Arzt kann selbst oder durch einen Bevollmächtigten bei berechtigtem Interesse das Arztregister und die seine Person betreffenden Registerakten einsehen. (3) Den Zulassungs- und Berufungsausschüssen sind die Registerakten der am Zulassungsverfahren beteiligten Ärzte auf Anfordern zur Einsicht zu überlassen. Übersicht
Rz.
I.
Einsichtnahme durch Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen oder Krankenkassenverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einsichtnahme durch den Arzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einsichtnahme durch Zulassungs- und Berufungsausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 4 7
I. Einsichtnahme durch Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen oder Krankenkassenverbände 1
Das Arztregister kann jederzeit durch die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und die Landesverbände der Krankenkassen eingesehen werden. Der Darlegung eines berechtigten Interesses bedarf es dazu nicht. Ein Anspruch auf Einsicht in die Registerakten ist hingegen nur bei berechtigtem Interesse gegeben. Ein solches berechtigtes Interesse von Krankenkassenverbänden wird z.B. regelmäßig im Rahmen von laufenden Zulassungsentziehungsverfahren gegeben sein, da die Wahrnehmung der aus der Beteiligtenstellung der Krankenkassenverbände herrührenden Rechte vollständige Kenntnis über die zulassungsrelevanten Tatsachen voraussetzt. Mit der Vorbereitung eines Zulassungsentziehungsantrags kann ein Einsichtsbegehren in die Registerakten durch eine Krankenkasse oder einen Krankenkassenverband dagegen nicht ohne weiteres begründet werden. In solchen Fällen ist zunächst durch die Krankenkasse bzw. den Krankenkassenverband substanziiert darzulegen, welche Pflichtverletzung dem Vertragsarzt vorzuwerfen ist und dass diese eine Zulassungsentziehung rechtfertigen kann1.
2
Die Regelung in § 9 Abs. 1 Ärzte-ZV gilt ausdrücklich auch für die Kassenärztlichen Vereinigungen. Dabei ist das Recht auf Einsichtnahme nicht auf die Kassenärztliche Vereinigung beschränkt, die das Arztregister für den jeweiligen Arzt führt2. Auch andere Kassenärztliche Vereinigungen können jederzeit Einsicht in die bei anderen Kassenärztlichen Vereinigungen geführten Arztregister nehmen. Die Ein1 2
A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 122, der offenbar bereits die bloße Vorbereitung eines Zulassungsentziehungsantrags genügen lassen will. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 124.
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§9
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sichtnahme in die Registerakten setzt allerdings ein berechtigtes Interesse voraus, das z.B. bei einer durch die einsichtsbegehrende Kassenärztliche Vereinigung von Amts wegen oder auf Antrag vorzunehmenden Umschreibung gegeben sein kann. Die das Arztregister führende Kassenärztliche Vereinigung hat für eine Einsichtnahme in die Registerakten allerdings kein berechtigtes Interesse nachzuweisen. Schließlich ist ihr der Inhalt der Registerakten als registerführende Stelle ohnehin bekannt.
3
II. Einsichtnahme durch den Arzt Auch ein Arzt kann Einsicht in das Arztregister und die seine Person betreffenden Registerakten nehmen. Der Arzt hat in beiden Fällen ein berechtigtes Interesse darzulegen. An die Darlegung des berechtigten Interesses sind jedoch lediglich geringe Anforderungen zu stellen, da dem Arzt grundsätzlich das Recht zukommt, Kenntnis über die über ihn gespeicherten Daten zu erlangen.
4
Die Einsichtnahme eines Arztes in das Arztregister setzt nicht voraus, dass dieser selbst in das Arztregister eingetragen ist. Ein berechtigtes Interesse kann vielmehr auch vor der eigenen Eintragung in das Arztregister bestehen, so z.B. zur Vorbereitung eines Zulassungsantrags, der bei fehlender Arztregistereintragung freilich mit einem Antrag auf Eintragung in das Arztregister verbunden werden müsste, da die Eintragung im Arztregister nach § 95 Abs. 2 SGB V Zulassungsvoraussetzung ist.
5
Die Einsichtnahme in das Arztregister und die den Arzt betreffenden Registerakten kann auch durch einen Bevollmächtigten des Arztes erfolgen. Dabei muss es sich nicht um einen Rechtsanwalt handeln. Die Vollmacht ist zur eigenen Sicherheit des Arztes gegenüber der registerführenden Kassenärztlichen Vereinigung nachzuweisen. Da das Einsichtsbegehren kein Verwaltungsverfahren begründet3, ist die Vollmacht nicht in der für Verwaltungsverfahren in § 13 Abs. 1 S. 3 SGB X vorgeschriebenen Schriftform nachzuweisen. Es genügt z.B. auch die persönliche (telefonische) Ankündigung durch den Arzt.
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III. Einsichtnahme durch Zulassungs- und Berufungsausschüsse Nach § 9 Abs. 3 Ärzte-ZV sind den Zulassungs- und Berufungsausschüssen die Registerakten der am Zulassungsverfahren beteiligten Ärzte auf Anfordern zur Einsicht zu überlassen. Dies gilt auch bei beantragten Ermächtigungen und erfasst ebenfalls die Registerakten von widerspruchsführenden Ärzten.
3
Vgl. dazu allgemein Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB X, Rz. 7.
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Abschnitt I
Arztregister
§ 10 (1) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung führt das Bundesarztregister nach dem Muster der Anlage. (2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen teilen Eintragungen und Veränderungen in den Arztregistern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unverzüglich mit. (3) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung teilt Tatsachen, die für das Arztregister von Bedeutung sind, der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung unverzüglich mit. Übersicht
Rz.
I. Inhalt des Bundesarztregisters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mitteilung von Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Inhalt des Bundesarztregisters 1
Neben den von den Kassenärztlichen Vereinigungen geführten Arztregistern wird von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ein Bundesarztregister geführt. Das Bundesarztregister ist entsprechend dem Muster der Anlage für das Arztregister zu führen. Es enthält damit den Inhalt sämtlicher Arztregister. Registerakten sind nicht zu führen.
II. Mitteilung von Änderungen 2
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sämtliche Änderungen des Inhalts des Arztregisters unverzüglich mitzuteilen. Ist gegen eine vorgenommene Änderung ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung eingelegt, so ist die Änderung auf Grund der aufschiebenden Wirkung noch nicht mitzuteilen. Ist die Änderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bereits vor Einlegung des Rechtsmittels mitgeteilt worden, ist die Kassenärztliche Bundesvereinigung bereits im Interesse des Arztes unverzüglich von der Rechtsmitteleinlegung und der aufschiebenden Wirkung zu unterrichten.
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§ 11
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Abschnitt II Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke
§ 11 (1) Die Zulassungsbezirke werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam gebildet und abgegrenzt. (2) Werden Zulassungsbezirke für Teile des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung gebildet, so sind bei der Abgrenzung in der Regel die Grenzen der Stadt- und Landkreise zu berücksichtigen. (3) Die Kassenärztliche Vereinigung hat die Zulassungsbezirke unverzüglich in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen zuständigen Blättern bekannt zu geben. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Begriff des Zulassungsbezirks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Bedeutung des Zulassungsbezirks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 IV. Bildung eines Zulassungsbezirks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 V. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
I. Allgemeines Ermächtigungsgrundlage für § 11 Ärzte-ZV ist § 98 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 SGB V. Die Zulassungsverordnungen müssen Vorschriften über die Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke enthalten. § 11 Abs. 1 Ärzte-ZV weist die Aufgabe der Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam zu. Die Zulassungsbezirke einer Kassenärztlichen Vereinigung sind im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Kranken- und Ersatzkassen festzulegen.
1
II. Begriff des Zulassungsbezirks Der Begriff des Zulassungsbezirks ist in § 96 Abs. 1 SGB V als Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung oder als Teil des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung legal definiert1. Die Zulassungsbezirke können, müssen sich aber nicht mit den in der Anlage 3.1 Bedarfsplanungs-Richtlinie festgelegten Planungsbereichen de-
1
Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V, Rz. 7.
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2
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Abschnitt II
Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke
cken. Insofern dürfen die Begriffe Zulassungsbezirk und Planungsbereich auch nicht synonym verwendet werden2.
III. Bedeutung des Zulassungsbezirks 3
Die Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke hat Bedeutung für die Eintragung oder Umschreibung in die Arztregister der Kassenärztlichen Vereinigungen (§ 95 Abs. 2 S. 2 SGB V i.V.m. § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Ärzte-ZV) und für die Zahl der nach § 96 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 34 Ärzte-ZV zu bildenden Zulassungsausschüsse und deren Zuständigkeiten3. Die Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke hat keine Bedeutung für „den Wirkungsbereich von Zulassungsbeschränkungen bei Unter- und Überversorgung“4. Sie hat auch keine Bedeutung für die Beendigung der Zulassung eines Vertragsarztes zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Falle des Wegzugs „aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes“; mit dieser gesetzlichen Formulierung in § 95 Abs. 7 S. 1 SGB V kann nur der Wegzug aus einem regionalen Planungsbereich gemeint sein5, denn die Bedarfsplanung ist an Planungsbereichen und nicht an Zulassungsbezirken ausgerichtet. Nur innerhalb eines Planungsbereichs, nicht jedoch innerhalb eines Zulassungsbezirks kann ein Vertragsarzt nach Maßgabe des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV seinen Vertragsarztsitz verlegen6, anderenfalls handelt es sich um eine Neuzulassung unter Verzicht auf die bisherige Zulassung7.
IV. Bildung eines Zulassungsbezirks 4
Die Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke einer Kassenärztlichen Vereinigung kann dergestalt erfolgen, dass der gesamte Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung als Zulassungsbezirk definiert wird. Es besteht keine Verpflichtung, für 2
3 4
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Diese Differenzierung findet sich u.a. in § 72a Abs. 1 SGB V, aber auch in den §§ 100, 104 SGB V, die von „Gebieten eines Zulassungsbezirks“ – gemeint sind die in einem Zulassungsbezirk gelegenen regionalen Planungsbereiche – sprechen; s. hierzu auch Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 72a SGB V, Rz. 4 und 5, § 100 SGB V, Rz. 2 und § 104 SGB V, Rz. 2. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 11. So aber Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 11; die §§ 16, 16b Ärzte-ZV nehmen nach ihrem Wortlaut Bezug auf die regionalen Planungsbereiche und gerade nicht auf die Zulassungsbezirke. So auch Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 33; A.A. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V, Rz. 7 und § 95 SGB V, Rz. 95, der den „Bezirk seines Vertragsarztsitzes“ in § 95 Abs. 7 S. 1 SGB V als Verweis auf den Zulassungsbezirk versteht; so auch Bäune, § 24, Rz. 5. Dies kann für einen Vertragsarzt, der einer Arztgruppe angehört, für die eine Bedarfsplanung nicht vorgesehen ist, ausnahmsweise auch anders gesehen und praktiziert werden; vgl. dazu § 24, Rz. 5. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 721 und 723f., der allerdings in Rz. 721 fälschlicherweise den Begriff „Zulassungsbezirk“ verwendet, wohl aber Planungsbereich meint; vgl. dazu auch § 24, Rz. 6.
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§ 11
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den Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung mehrere Zulassungsbezirke zu bilden8. Dies folgt im Umkehrschluss aus § 11 Abs. 2 Ärzte-ZV. Soweit sich eine Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Kranken- und Ersatzkassen zur Bildung mehrerer Zulassungsbezirke entschließen, soll sich deren räumliche Abgrenzung an den Grenzen der Stadt- und Landkreise orientieren9. Insofern soll die Bildung und Abgrenzung mehrerer Zulassungsbezirke in einer Kassenärztlichen Vereinigung nach der Vorstellung des Verordnungsgebers regelmäßig der Bildung und Abgrenzung der regionalen Planungsbereiche nach Anlage 3.1 Bedarfsplanungs-Richtlinie folgen; Planungsbereiche können abweichend hiervon aber auch nach Kreisregionen in der Zuordnung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung gebildet werden, was für die Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke nach § 11 Abs. 2 Ärzte-ZV nicht vorgesehen ist. In der Praxis erstrecken sich Zulassungsbezirke regelmäßig auf mehrere Planungsbereiche10.
V. Sonstiges Nach Bildung und Abgrenzung der Zulassungsbezirke sind die Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 11 Abs. 3 Ärzte-ZV verpflichtet, die Zulassungsbezirke in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen zuständigen Blättern zu veröffentlichen. Die Bekanntmachung der Zulassungsbezirke ist Voraussetzung für die Wirksamkeit ihrer Bildung und Abgrenzung; sie wirkt sich damit mittelbar auf die Zuständigkeiten der Arztregister und der Zulassungsausschüsse aus. Das Verfahren amtlicher Bekanntmachungen ist in den Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen festgelegt11.
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Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 129. Durch den Zusatz „in der Regel“ in § 11 Abs. 2 Ärzte-ZV kann hiervon auch abgewichen werden. Dies ist eine Folge der gesetzlichen Verpflichtung nach § 96 Abs. 1 SGB V, für jeden Zulassungsbezirk einen Zulassungsausschuss bilden zu müssen. § 81 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SGB V.
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Abschnitt III
Bedarfsplanung
Abschnitt III Bedarfsplanung
§ 12 (1) Durch die den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen obliegende Bedarfsplanung sollen zum Zwecke einer auch mittel- und langfristig wirksamen Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und als Grundlage für Sicherstellungsmaßnahmen umfassende und vergleichbare Übersichten über den Stand der vertragsärztlichen Versorgung und die absehbare Entwicklung des Bedarfs vermittelt werden. (2) Der Bedarfsplan ist für den Bereich einer Kassenärztlichen Vereinigung aufzustellen und der Entwicklung anzupassen. Für die Bereiche mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen kann mit Zustimmung der beteiligten für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden auch ein gemeinschaftlicher Bedarfsplan aufgestellt werden, wenn besondere Verhältnisse dies geboten erscheinen lassen. (3) Der Bedarfsplan hat nach Maßgabe der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und unter Beachtung der Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung auf der Grundlage einer regionalen Untergliederung des Planungsbereichs nach Absatz 2 Feststellungen zu enthalten insbesondere über – die ärztliche Versorgung auch unter Berücksichtigung der Arztgruppen, – Einrichtungen der Krankenhausversorgung sowie der sonstigen medizinischen Versorgung, soweit sie Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen und erbringen können, – Bevölkerungsdichte und -struktur, – Umfang und Art der Nachfrage nach vertragsärztlichen Leistungen, ihre Deckung sowie ihre räumliche Zuordnung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, – für die vertragsärztliche Versorgung bedeutsame Verkehrsverbindungen. Bei der Abgrenzung der regionalen Planungsbereiche sollen die Grenzen den Stadt- und Landkreisen entsprechen; Abweichungen für einzelne Arztgruppen sind zulässig. (4) Der Bedarfsplan bildet auch die Grundlage für die Beratung von Ärzten, die zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bereit sind. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen darauf hinwirken, dass die Ärzte bei der Wahl ihres Vertragsarztsitzes auf die sich aus den Bedarfsplänen ergebenden Versorgungsbedürfnisse Rücksicht nehmen.
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§ 12 Übersicht
71 Rz.
I. Begriff und Zweck der Bedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entwicklung der Bedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedarfsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufstellungsverfahren und rechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anpassung des Bedarfplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Niederlassungsberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur Boecken, Vertragsärztliche Bedarfsplanung aus rechtlicher Sicht, NZS 1999, 417; Broglie, Flexibilisierung der Bedarfsplanung nach dem 2. NOG, MedR 1998, 82; Bürck, Verfassungsrechtliche Probleme der Zulassung als Kassenarzt, MedR 1989, 63; Dahm, Gesetzliche Grundlagen der Honorarverteilung – Verhältnis zur Bedarfsplanung, MedR 1996, 184; Haage, Bedarfsplanung in der GKV-Gesundheitsreform 2000, MedR 2000, 262; HerweckBehnsen, Die Legitimation der Zulassungsbeschränkungen des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte durch das Grundgesetz, NZS 1995, 211; Hufen, Inhalt und Einschränkbarkeit vertragsärztlicher Grundrechte, MedR 1996, 394; Igl, Mengensteuerung im Gesundheitswesen durch Begrenzungen des Zugangs für die Leistungserbringer am Beispiel der ambulanten und stationären „Bedarfsplanung“, MedR 2000, 157; Reiter, Haus- und fachärztliche Versorgung – Statusfragen und Rechtsprobleme der Bedarfsplanung, MedR 2001, 163; Scheuffler, Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über Zulassungsbeschränkungen für Vertragsärzte, MedR 1997, 78; Stober, Kassenärztliche Bedarfsplanung und Freiheit der Berufsausübung, MedR 1990, 10; Wannagatt, Zulassungsbeschränkungen im Kassenarztbereich aus rechtlicher Sicht, MedR 1986, 1; Zimmerling/ Jung, Verfassungsrechtliche Probleme der kassenärztlichen Bedarfsplanung, NJW 1988, 2934; Zipperer, Wichtige strukturelle Änderungen für Ärzte, Zahnärzte und Versicherte im Gesundheitsstrukturgesetz, NZS 1993, 53.
I. Begriff und Zweck der Bedarfsplanung Die Bedarfsplanung dient der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Durch die Bedarfsplanung soll ein bedarfsgerechtes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage geschaffen werden1. Darüber hinaus sollen die Vorschriften der Bedarfsplanung zur Sicherung der finanziellen Stabilität und Funktionssicherung der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen2. Bedarfsplanung stellt damit den Versuch dar, mit Hilfe eines behördlichen Ordnungsinstrumentariums entsprechend den Zielvorgaben der gesetzlichen Krankenversicherung die medizinische Grundversorgung unter Berücksichtigung der Morbiditätsentwicklung und der Versichertenzahlen einerseits und der hierzu bereit gestellten finanziellen Mittel andererseits durch Vorgaben für Art und Anzahl der hieran mitwirkenden Ärzte zu gewährleisten3.
1 2 3
Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 364; Flint in: Hauck (Hrsg.), Sozialgesetzbuch SGB V, § 99, Rz. 4. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 81/03 R, MedR 2005, 666, 669. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 1.
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Abschnitt III
Bedarfsplanung
II. Entwicklung der Bedarfsplanung4 2
Mit dem Gesetz über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.08.19555 wurden zunächst Verhältniszahlen eingeführt. Nach § 12 Ärzte-ZV a.F. hatten die Zulassungsausschüsse festzustellen, auf wie viele Kassenmitglieder im Zulassungsbezirk ein Kassenarzt entfiel6. Diese Zulassung nach Verhältniszahlen ist durch das sog. „Kassenarzturteil“ des Bundesverfassungsgerichts für nichtig erklärt worden7. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Zulassung nach Verhältniszahlen eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG gesehen. Die Zulassung nach Verhältniszahlen komme in ihren Auswirkungen einer objektiven Zulassungsvoraussetzung in Gestalt einer Bedürfnisklausel gleich. Eine solche Einschränkung sei nur dann gerechtfertigt, wenn sie durch besonders wichtige Interessen der Allgemeinheit gefordert werde. Derartige schutzbedürftige Interessen hat das Bundesverfassungsgericht verneint, da insbesondere eine einschneidende Mehrbelastung der Krankenkassen wegen der Wirkungen der Gesamtvergütung nicht zu befürchten sei. Auf Grund der Auswirkungen der Gesamtvergütung blieben die Krankenkassen theoretisch von einer vermehrten Zulassung von Kassenärzten unberührt. Auch die angestrebte Steuerung der Neuzulassungen in unterversorgte Gebiete konnte die Zulassung nach Verhältniszahlen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht rechtfertigen, da derartige einschneidende Regelungen erst dann greifen könnten, wenn zuvor andere Steuerungsmechanismen gesucht worden seien8. Nach der Aufhebung der Zulassung nach Verhältniszahlen durch das Bundesverfassungsgericht kam zunächst jedem Arzt, der die persönlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllte, ein Zulassungsanspruch zu.
3
Erst durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechts (KVWG) vom 28.12.19769 wurden wieder bedarfsplanerische Regelungen eingeführt. Danach war die Bedarfsplanung von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen zu regeln. Zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung wurde u.a. die Möglichkeit geschaffen, überversorgte Gebiete für die weitere Zulassung von Kassenärzten zu sperren, um dadurch Neuzulassungen in unterversorgten Gebieten zu fördern.
4
Die durch das KVWG in § 368 Abs. 4 RVO eingeführten Vorgaben zur Bedarfsplanung wurden durch die Erste Verordnung zur Änderung der Zulassungsordnung für Kassenärzte vom 20.07.197710 auch in die damalige Zulassungsordnung aufgenommen. 4 5 6
7 8 9 10
S. dazu auch ausführlich Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 1ff. BGBl. 1955 I, 513. Vgl. dazu Aye, Die Bundeszulassungsordnungen für Kassenärzte und Kassenzahnärzte, 1957, § 12 ZO-Ärzte; Sievers, Handbuch des Kassenarztrechts, Band II, Das Zulassungsrecht, § 12 ZO; Venter, Handbuch des Kassenarztrechts, Band II Z, Zulassungsrecht für Kassenzahnärzte, 1958, § 12 ZO-Zahnärzte. BVerfG, Urt. v. 23.03.1960, 1 BvR 216/51, NJW 1960, 715. BVerfG, Urt. v. 23.03.1960, 1 BvR 216/51, NJW 1960, 715, 716f. BGBl. 1976 I, 3871. BGBl. 1977 I, 1332.
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§ 12
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Eine weitere Fortentwicklung der Bedarfsplanung erfolgte durch das Gesetz zur Verbesserung der kassenärztlichen Bedarfsplanung vom 19.12.198611 und durch das Gesundheitsreform-Gesetz (GRG) vom 20.12.198812.
5
Mit dem Gesundheitsstruktur-Gesetz (GSG) vom 21.12.199213 wurde nochmals verstärkt in die Niederlassungsfreiheit eingegriffen, indem der zur Annahme einer Überversorgung notwendige Versorgungsgrad auf 110% abgesenkt wurde, ohne dass bei deren Feststellung noch ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand. Zugleich wurde in § 102 SGB V festgelegt, dass ab dem 01.01.1999 eine Bedarfszulassung auf der Grundlage von Verhältniszahlen erfolgen sollte. Damit sollte eine bundesweite Sperrung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung legitimiert werden.
6
Weitere bedarfsplanungsrelevante Änderungen wurden durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23.06.199714 und das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.199915 vorgenommen. Da die durch das GSG vorgesehene Zulassung nach Verhältniszahlen bis dahin nicht umgesetzt worden war, wurde das Datum für den Beginn der Zulassung nach Verhältniszahlen durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 auf den 01.01.2003 fortgeschrieben16.
7
Durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) vom 22.12.200617 ist § 102 SGB V nunmehr wieder aufgehoben worden, ohne dass die dort vorgesehenen Verhältniszahlen jemals eingeführt worden wären. Die Aufhebung ist damit begründet worden, dass der Anstieg der Überversorgung auch ohne die Einführung einer Zulassung nach Verhältniszahlen nahezu zum Stillstand gekommen sei18.
8
Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.200719 hat im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung die Zulassungsbeschränkungen aufgehoben. Nach § 103 Abs. 8 SGB V gelten die Regelungen des § 103 Abs. 1-7 SGB V nicht für Zahnärzte. Die Bedarfsplanung selbst ist durch diese Neuregelung jedoch nicht aufgehoben worden. Den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen obliegt daher weiterhin die Bedarfsplanung nach § 99 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 12 Abs. 1 Zahnärzte-ZV.
9
Im vertragsärztlichen Bereich bestehen die Zulassungsbeschränkungen fort. Nach der Neuregelung des § 87 Abs. 7 SGB V hat der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit allerdings bis zum 31.03.2012 über die Steuerungswirkung der durch das GKV-WSG eingeführten Orientierungswerte auf das Niederlassungsverhalten der Ärzte zu berichten. Auf der Grundlage dieser Berichterstattung berichtet das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag bis zum
10
11 12 13 14 15 16 17 18 19
BGBl. 1986 I, 2593. BGBl. 1988 I, 2477. BGBl. 1992 I, 2266. BGBl. 1997 I, 1520. BGBl. 1999 I, 2626. S. dazu ausführlich Haage, MedR 2000, 262. BGBl. 2006 I, 3439. BT-Drucks. 16/2474, S. 25. BGBl. 2007 I, 378.
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Abschnitt III
Bedarfsplanung
30.06.2012, ob auch für den ärztlichen Bereich auf die Steuerung des Niederlassungsverhaltens durch Zulassungsbeschränkungen verzichtet werden kann.
III. Bedarfsplan 1. Begriff 11
Der Bedarfsplan ist die Summe der Feststellungen und Beurteilung der räumlichen Ist- und Sollverteilung der Anbieter von ambulanten ärztlichen Leistungen auf der Basis von zielorientierten, nach definierten individuellen Kriterien ermittelten Feststellungen über das bedarfsgerechte Verhältnis von Angebot und Nachfrage nach diesen Leistungen20. 2. Aufstellungsverfahren und rechtliche Vorgaben
12
Nach § 99 SGB V i.V.m. § 12 Ärzte-ZV haben die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs.1 S. 2 Nr. 9 SGB V erlassenen Richtlinien (Bedarfsplanungs-Richtlinie) auf Landesebene einen Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung aufzustellen. Kommt das erforderliche Einvernehmen zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und den jeweiligen Landesverbänden der Krankenkassen bzw. den Ersatzkassen nicht zustande, kann jeder der Beteiligten nach § 99 Abs. 2 SGB V den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anrufen.
13
Die Aufstellung des Bedarfsplans hat nach § 99 Abs. 1 S. 1 SGB V auf Landesebene zu erfolgen. Daraus wird teilweise gefolgert, dass in Ländern mit mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen ebenfalls nur ein Bedarfsplan aufzustellen sei; die Planungsinitiative soll dann gemeinschaftlich bei den beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen liegen21. Dagegen spricht jedoch die Regelung in § 12 Abs. 2 Ärzte-ZV, wonach der Bedarfsplan jeweils für den Bereich einer Kassenärztlichen Vereinigung aufzustellen ist. Zudem obliegt die Aufstellung des Bedarfsplans originär den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen; eine gemeinschaftliche Aufstellung stellt nach § 12 Abs. 2 Ärzte-ZV einen zustimmungspflichtigen Sonderfall dar. Jede Kassenärztliche Vereinigung hat daher grundsätzlich ihren eigenen Bedarfsplan aufzustellen22. Nur mit Zustimmung der beteiligten, für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden kann für mehrere Kassenärztliche Vereinigungen ein gemeinschaftlicher Bedarfsplan erstellt werden (§ 12 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV).
14
Die Aufstellung des Bedarfsplans hat nach § 99 Abs. 1 S. 1 SGB V nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 SGB V be20 21 22
Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 367. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 379ff. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 24; Flint in: Hauck (Hrsg.), Sozialgesetzbuch SGB V, § 99, Rz. 48.
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§ 12
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schlossenen Bedarfsplanungs-Richtlinien23 zu erfolgen. Bei den BedarfsplanungsRichtlinien handelt es sich nach der Rechtsprechung um untergesetzliche Normen eigener Art24. In der Literatur wird eine Normqualität der vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien überwiegend abgelehnt. Nach herrschender Ansicht in der Literatur stellen die Richtlinien lediglich Anhaltspunkte für die Gestaltung der vertragsärztlichen Rechtsverhältnisse bzw. Erläuterungen für die Ermessensausübung dar25. Die Bedarfsplanungs-Richtlinien haben nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung zu enthalten. Diese Vorgaben sind bei der Erstellung des Bedarfsplans zu beachten.
15
Mit der Erstellung des Bedarfsplans und dem Zustandekommen des Einvernehmens wird das Planungsverfahren abgeschlossen. Der Bedarfsplan ist sodann in geeigneter Weise zu veröffentlichen (§ 99 Abs. 1 S. 3 SGB V). Die Veröffentlichungspflicht umfasst nicht die für die einzelnen Planungsbereiche erstellten Planungsblätter26.
16
3. Inhalt Nach § 12 Abs. 3 Ärzte-ZV hat der Bedarfsplan u.a. Feststellungen über die ärztliche Versorgung, die Einrichtungen der Krankenhausversorgung sowie die Einrichtungen der sonstigen medizinischen Versorgung, soweit sie Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen, über Bevölkerungsdichte und -struktur, Umfang und Art der Nachfrage sowie deren Deckung und über bedeutsame Verkehrsverbindungen zu enthalten. Dabei ist eine regionale Untergliederung vorzunehmen, die den Grenzen der Stadt- und Landkreise entsprechen soll (§ 12 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV). In § 2 Abs. 3 S. 1 der Bedarfsplanungs-Richtlinie ist dies dahin konkretisiert, dass räumliche Grundlage die kreisfreie Stadt, der Landkreis oder die Kreisregion in der Zuordnung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung sind (Planungsbereich). Die einzelnen Planungsbereiche sind in Anlage 3.1 der BedarfsplanungsRichtlinie aufgeführt. Diese Feststellung der Planungsbereiche durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ist abschließend, da nur durch die Feststellung der Planungsbereiche durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der innere Zusammen23
24 25 26
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie in der Neufassung vom 15.02.2007, veröffentlicht im BAnz. 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 01.04.2007, sowie die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung in der vertragszahnärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie Zahnärzte) in der Neufassung vom 14.08.2007, BAnz. Nr. 185 v. 02.10.2007, S. 7673. BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 43/96, SozR 3-2500 § 101 SGB V Nr. 1 S. 3; BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 27/99 R, MedR 2001, 265, 268. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 640; dazu auch Wimmer MedR 1997, 225f.; a.A. Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 99 SGB V, Rz. 19. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 99 SGB V, Rz. 7; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 155; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 395.
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Abschnitt III
Bedarfsplanung
hang der Bereichseinteilung mit der Festlegung der anderen Grundlagen der Bedarfsplanung – wie z.B. den Verhältniszahlen – gewährleistet wird27. 18
Im Ausnahmefall können nach § 12 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 Ärzte-ZV für einzelne Arztgruppen Abweichungen festgelegt werden. Derartige Abweichungen können gerechtfertigt sein, wenn spezielle Leistungen in Frage stehen, die von einer zahlenmäßig kleinen Arztgruppe erbracht werden, so dass ein wohnortnahes Angebot nicht zu erwarten und eine planungsbereichsübergreifende Inanspruchnahme der Ärzte üblich ist28.
19
Der Bedarfsplan weist für jeden Planungsbereich die Zahl der zugelassenen Vertragsärzte innerhalb der verschiedenen Fachgruppen aus. Darüber hinaus wird im Bedarfsplan im Fall der Unterversorgung der zusätzliche Bedarf an Ärzten und im Fall der Überversorgung der Grad der Überversorgung ausgewiesen. 4. Anpassung des Bedarfsplans
20
Nach § 99 Abs. 1 S. 1 SGB V ist der Bedarfsplan der Entwicklung anzupassen. Die Anpassung hat nach § 2 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie in einem Zeitabstand von jeweils drei Jahren zu erfolgen. 5. Rechtsnatur
21
Der Bedarfsplan dient der Versorgungsplanung und hat keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung gegenüber zugelassenen und zulassungswilligen Ärzten. Der Bedarfsplan ist weder Rechtsnorm noch Verwaltungsakt. Als verwaltungsinterne Analyse und Planung kommt ihm lediglich verwaltungsinterne Bindungswirkung zu29.
IV. Niederlassungsberatung 22
Der Bedarfsplan bildet nach § 12 Abs. 4 Ärzte-ZV die Grundlage der Niederlassungsberatung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen darauf hinwirken, dass die niederlassungswilligen Ärzte auf die sich aus dem Bedarfsplan ergebenden Versorgungsbedürfnisse Rücksicht nehmen. Dieser Soll-Vorschrift kommt in der Praxis regelmäßig keine Bedeutung zu, da die Entscheidung über den Praxisstandort im Wesentlichen nicht durch planerische Gegebenheiten beeinflusst wird, sondern von persönlichen und wirtschaftlichen Überlegungen der Ärzte abhängig ist.
27 28 29
BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 27/99 R, MedR 2001, 265, 267f. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 24. Flint in: Hauck (Hrsg.), Sozialgesetzbuch SGB V, § 99, Rz. 58; Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 99 SGB V, Rz. 3.
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§ 13
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§ 13 (1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben andere Träger der Krankenversicherung und die kommunalen Verbände, soweit deren Belange durch die Bedarfsplanung berührt werden, zu unterrichten und bei der Aufstellung und Fortentwicklung der Bedarfspläne rechtzeitig hinzuzuziehen. Auch andere Sozialversicherungsträger und die Krankenhausgesellschaften sind zu unterrichten; sie können bei der Bedarfsplanung hinzugezogen werden. (2) Die Bedarfspläne sind im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden aufzustellen und fortzuentwickeln; sie sind deshalb so rechtzeitig zu unterrichten, dass ihre Anregungen in die Beratungen einbezogen werden können. (3) Die aufgestellten oder fortentwickelten Bedarfspläne sind den Landesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen und den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden zuzuleiten. (4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sollen die Erfahrungen aus der Anwendung der Bedarfspläne im Abstand von drei Jahren auswerten, das Ergebnis gemeinsam beraten und die in Absatz 3 genannten Stellen von der Auswertung und dem Beratungsergebnis unterrichten. (5) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen unterstützen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sollen die Ergebnisse nach Absatz 4 auswerten, gemeinsam beraten sowie den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen und das Bundesministerium für Gesundheit von der Auswertung und dem Beratungsergebnis unterrichten. Übersicht Rz. I. Unterrichtungspflichten und Hinzuziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Benehmensherstellung mit den zuständigen Landesbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 III. Zuleitung des Bedarfsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 IV. Erfahrungsauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
I. Unterrichtungspflichten und Hinzuziehung Krankenversicherungsträger, die nicht zu den gesetzlichen Krankenkassen gehören, sowie kommunale Verbände sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen über die Aufstellung und Fortentwicklung des Bedarfsplans zu unterrichten und zur Planung rechtzeitig hinzuzuziehen, soweit deren Interessen durch die Bedarfsplanung berührt werden. Andere Sozialversicherungsträger und die betroffenen Krankenhausgesellschaften sind ebenfalls zu unterrichten. Diese können von den Kassenärztlichen Vereinigungen in freier Entscheidung hinzugezogen werden.
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Abschnitt III
Bedarfsplanung
Unter die zu unterrichtenden kommunalen Verbände fallen u.a. der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund1. Gemeinden und Landkreise sind hingegen nicht zu unterrichten2. Als andere Sozialversicherungsträger sind u.a. die Verbände der Unfallversicherungsträger und Rentenversicherungsträger zu unterrichten3.
II. Benehmensherstellung mit den zuständigen Landesbehörden 3
Nach § 13 Abs. 2 Ärzte-ZV sind die Bedarfspläne im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden aufzustellen und fortzuentwickeln. Damit sind die Landesministerien gemeint, die für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung und die Landesplanung zuständig sind4. Unter der Herstellung des Benehmens ist der ernsthafte Versuch zu verstehen, etwaige bestehende Differenzen auszuräumen5. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen die Einwendungen der zuständigen Landesbehörden mithin objektiv prüfen und in die Überlegungen einbeziehen. Einvernehmen ist jedoch nicht erforderlich.
III. Zuleitung des Bedarfsplans 4
Nach § 13 Abs. 3 Ärzte-ZV sind die aufgestellten bzw. fortentwickelten Bedarfspläne den Landesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen und den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden zuzuleiten. Werden von den Landesausschüssen oder den obersten Landesbehörden im Anschluss daran Einwendungen erhoben, kann dies nicht mehr zur Änderung des Bedarfsplans führen, da das Aufstellungsverfahren bereits abgeschlossen ist6.
IV. Erfahrungsauswertung 5
Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen sollen nach § 13 Abs. 4 Ärzte-ZV mit Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen (ab dem 01.07.2008 Spitzenverband Bund) die Erfahrungen aus der Anwendung der Bedarfspläne im Abstand von drei Jahren auswerten und beraten. Die Landesaus1
2 3 4 5 6
Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 13 Ärzte-ZV, Rz. 2; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 375; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 39. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 13 Ärzte-ZV, Rz. 2. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 13 Ärzte-ZV, Rz. 3; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 376. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 13 Ärzte-ZV, Rz. 4. BSG, Urt. v. 21.01.1969, 6 RKa 27/67, BSGE 29, 111, 113; Flint in: Hauck (Hrsg.), Sozialgesetzbuch SGB V, § 99, Rz. 44. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 13 Ärzte-ZV, Rz. 5.
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§ 13
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schüsse der Ärzte und Krankenkassen sowie die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden sind von der Auswertung und dem Beratungsergebnis zu unterrichten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen haben den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sowie das Bundesministerium für Gesundheit von der Auswertung und über das Beratungsergebnis zu unterrichten.
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Abschnitt III
Bedarfsplanung
§ 14 (1) Kommt das Einvernehmen bei der Aufstellung und Fortentwicklung des Bedarfsplanes zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung, den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen nicht zustande, hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach Anrufung durch einen der Beteiligten unverzüglich darüber zu beraten und zu entscheiden. Soweit die Hinzuziehung weiterer Beteiligter notwendig ist, gilt § 13 Absatz 1 und 2 entsprechend. (2) Der Landesausschuss hat die für die Sozialversicherung zuständige oberste Landesbehörde über das Ergebnis der Beratungen zu unterrichten. Übersicht
Rz.
I. Anrufung des Landesausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterrichtungspflichten des Landesausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 4
I. Anrufung des Landesausschusses 1
Kommt das für die Aufstellung und Fortentwicklung des Bedarfsplans notwendige Einvernehmen zwischen Kassenärztlicher Vereinigung einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen andererseits nicht zustande, so können die Kassenärztliche Vereinigung, der Landesverband der Krankenkassen und/oder die Verbände der Ersatzkassen nach § 99 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 14 Abs. 1 Ärzte-ZV den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anrufen. Der Landesausschuss kann ausschließlich auf Anrufung durch einen der Beteiligten tätig werden; ein Tätigwerden von Amts wegen ist ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn trotz fehlenden Einvernehmens eine Anrufung des Landesausschusses nicht erfolgt. In diesen Fällen kann lediglich die für die Kassenärztliche Vereinigung zuständige Aufsichtsbehörde gegen die Kassenärztliche Vereinigung vorgehen und diese aufsichtsrechtlich anhalten, den Landesausschuss anzurufen1.
2
Im Falle seiner Anrufung entscheidet der Landesausschuss ausschließlich über den strittigen Punkt, über den unter den Beteiligten kein Einvernehmen erzielt werden konnte. Die Entscheidung des Landesausschusses ersetzt insoweit das fehlende Einvernehmen der Beteiligten2. Nach der Entscheidung des Landesausschusses liegt das Verfahren wieder in den Händen der Beteiligten3.
3
Die Entscheidung des Landesausschusses ist für die Beteiligten bindend. Sie haben allerdings die Möglichkeit, gegen die vom Landesausschuss getroffene Entscheidung im Klagewege vorzugehen4. 1 2 3 4
Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 14 Ärzte-ZV, Rz. 2; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 412; Flint in: Hauck (Hrsg.), Sozialgesetzbuch SGB V, § 99, Rz. 63. Flint in: Hauck (Hrsg.), Sozialgesetzbuch SGB V, § 99, Rz. 64. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 415; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 14 Ärzte-ZV, Rz. 4. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 415; Flint in: Hauck (Hrsg.), Sozialgesetzbuch SGB V, § 99, Rz. 66.
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II. Unterrichtungspflichten des Landesausschusses Nach § 14 Abs. 2 Ärzte-ZV hat der Landesausschuss die für die Sozialversicherung oberste Landesbehörde über das Ergebnis seiner Beratungen zu unterrichten. Damit ist ausschließlich die vom Landesausschuss getroffene Entscheidung gemeint. Über die Beratung selbst hat er die oberste Landesbehörde nicht zu unterrichten.
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Abschnitt IV
Untersversorgung
Abschnitt IV Unterversorgung
§ 15 Weist der Bedarfsplan einen Bedarf an Vertragsärzten für einen bestimmten Versorgungsbereich aus und werden über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten Vertragsarztsitze dort nicht besetzt, so hat die Kassenärztliche Vereinigung spätestens nach Ablauf dieses Zeitraumes Vertragsarztsitze in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern auszuschreiben. Übersicht
Rz.
I. Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2
I. Bedarf 1
§ 15 Ärzte-ZV regelt die erste der den Kassenärztlichen Vereinigungen zukommenden Maßnahmen gegen eine (drohende) Unterversorgung, wobei die Unterversorgung noch nicht vorliegen muss. Der „Bedarf an Vertragsärzten“ i.S. von § 15 ÄrzteZV ist mit dem Begriff der Unterversorgung gemäß § 16 Ärzte-ZV1 nicht gleichzusetzen. Der Bedarf besteht bereits dann, wenn der geplante Bedarf gemäß dem Bedarfsplan2 auch nur mit einem einzigen Arzt nicht erreicht bzw. unterschritten wird.
II. Ausschreibung 2
Die Ausschreibung von „freien“ Vertragsarztsitzen (Zulassungen) erfolgt in den für die amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern3 der Kassenärztlichen Vereinigungen. Zu nennen sind dabei das Fachgebiet und der Planungsbereich.
3
Die Ausschreibung kann bereits mit dem ersten Tag eines bestehenden Bedarfs erfolgen. Sie muss spätestens nach einem Zeitraum von sechs Monaten, in dem ein Bedarf ununterbrochen bestand, erfolgen. Maßgeblich ist der Bedarf, nicht dessen mutmaßliche Erfüllung, so dass vor Ablauf des Sechs-Monats-Zeitraums eingehende Anträge auf Zulassungen, die den Bedarf beseitigen könnten, aber erst nach der Ausschreibung beschieden werden, die Ausschreibungspflicht nicht aufheben; zu berücksichtigen ist die Gefahr der Antragsablehnung.
1 2 3
Vgl. § 16 Rz. 2. Hierzu § 12 Rz. 11. Rheinisches Ärzteblatt, Westfälisches Ärzteblatt usw.
Meschke
§ 16
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§ 16 (1) Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Unterversorgung besteht oder droht. Die Prüfung ist nach den tatsächlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung des Zieles der Sicherstellung und auf der Grundlage des Bedarfsplanes vorzunehmen; die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Beurteilung einer Unterversorgung vorgesehenen einheitlichen und vergleichbaren Grundlagen, Maßstäbe und Verfahren sind zu berücksichtigen. (2) Stellt der Landesausschuss eine bestehende oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung fest, so hat er der Kassenärztlichen Vereinigung aufzugeben, binnen einer von ihm zu bestimmenden angemessenen Frist die Unterversorgung zu beseitigen. Der Landesausschuss kann bestimmte Maßnahmen empfehlen. (3) Dauert die bestehende oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung auch nach Ablauf der Frist an, hat der Landesausschuss festzustellen, ob die in § 100 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestimmten Voraussetzungen für Zulassungsbeschränkungen gegeben sind und zur Beseitigung der bestehenden oder in absehbarer Zeit drohenden Unterversorgung mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsauschüsse Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Die betroffenen Zulassungsausschüsse sind vor der Anordnung zu hören. (4) Für die Dauer der bestehenden oder in absehbarer Zeit drohenden Unterversorgung sind als Beschränkungen zulässig: a) Ablehnung von Zulassungen in Gebieten von Zulassungsbezirken, die außerhalb der vom Landesausschuss als unterversorgt festgestellten Gebiete liegen; b) Ablehnung von Zulassungen für bestimmte Arztgruppen in den in Buchstabe a bezeichneten Gebieten. (5) Der Zulassungsausschuss kann im Einzelfall eine Ausnahme von einer Zulassungsbeschränkung zulassen, wenn die Ablehnung der Zulassung für den Arzt eine unbillige Härte bedeuten würde. (6) Der Landesausschuss hat spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbestehen; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. (7) Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Unterversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Rechtsfolge der Unterversorgung: Aufhebung der Höchstaltersgrenze . . . . . . . . . . . . 7
Meschke
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Abschnitt IV
Untersversorgung
IV. Maßnahmen gegen die Unterversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufgabe an die Kassenärztliche Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Krankenhausermächtigungen durch den Zulassungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . V. Sonderfall lokale Unterversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Besonderheiten für Zahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 9 10 15 18 20
I. Allgemeines 1
§ 16 Ärzte-ZV regelt die Feststellung einer (drohenden) „Unterversorgung“ und die Maßnahmen zu deren Beseitigung, bezogen auf eine bedarfsplanungsrelevante Arztgruppe innerhalb eines Planungsbereichs1. Die Zuständigkeit für die Feststellung der Unterversorgung liegt bei dem Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen2. Gemäß § 32 Bedarfsplanungs-Richtlinie3 können aber auch die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassenverbände prüfen, ob eine Unterversorgung vorliegt; sie haben sodann den Landesausschuss zu benachrichtigen und ihn detailliert über die Gründe mit den maßgeblichen Tatsachen und Unterlagen zu unterrichten. Der Landesausschuss wird im Anschluss innerhalb von drei Monaten prüfen, ob die Unterversorgung tatsächlich vorliegt. Danach ist die Beseitigung der Unterversorgung erforderlich. Dies ist eine gemeinsame Aufgabe von Landesausschuss und Kassenärztlicher Vereinigung.
II. Unterversorgung 2
Unterversorgung wird definiert als „regional begrenzter, zeitlich nicht absehbarer (vertragsärztlicher) Versorgungsmangel, der eine so spürbare Angebotslücke für die betroffene Bevölkerung bedeutet, dass er im Vergleich zum ermittelten Bedarf und unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände nicht mehr hingenommen werden kann“4.
3
Gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV sind die tatsächlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Zieles der Sicherstellung auf der Grundlage des Bedarfsplanes maß1 2
3
4
Zum Planungsbereich § 12 Rz. 11. Die Landesausschüsse sind daneben verantwortlich für die Beratung der Bedarfspläne zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 99 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 SGB V), die Aufstellung und Fortentwicklung des Bedarfsplanes, wenn eine Einigung zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassenverbänden nicht zustande kommt (§ 99 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB V) und die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen im Fall von Überversorgung (vgl. hierzu § 16b Rz. 6ff.); zur Geschichte vgl. Schimmelpfeng-Schütte in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 7, Rz. 65ff. Richtlinie über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung v. 15.02.2007 (BAnz. 2007, 3491); abrufbar in der jeweils aktuellen Fassung unter www.kbv.de oder www.g-ba.de. Vgl. zur Bedarfsplanungs-Richtlinie § 12 Rz. 14, sowie Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 19. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 433 m.w.N.; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 352; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 45 m.w.N.
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§ 16
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geblich; „zu berücksichtigen“ ist die Bedarfsplanungs-Richtlinie mit ihren einheitlichen und vergleichbaren Grundlagen, Maßstäben und Verfahren. § 16 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV gibt somit vor, dass die Annahme der Unterversorgung keinen starren Vorgaben folgt, d.h. nicht allein auf Grund einer numerischen Bilanz (entsprechend der Bedarfsplanungs-Richtlinie) zu bemessen ist, sondern „normativ flexibel“ zu erfolgen hat5. Eine Unterversorgung geht aber in jedem Fall über den über sechs Monate (lediglich) nicht gedeckten Bedarf gemäß § 15 Ärzte-ZV hinaus (so auch § 29 Bedarfsplanungs-Richtlinie). In der Praxis ist – ungeachtet der „Flexibilität“ des § 16 Abs. 1 Ärzte-ZV – die Bedarfsplanungs-Richtlinie entscheidend. § 28 Bedarfsplanungs-Richtlinie regelt unter dem amtlichen Titel „Definition der Unterversorgung“:
4
Eine Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten liegt vor, wenn in bestimmten Planungsbereichen Vertragsarztsitze, die im Bedarfsplan für eine bedarfsgerechte Versorgung vorgesehen sind, nicht nur vorübergehend nicht besetzt werden können und dadurch eine unzumutbare Erschwernis in der Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen eintritt, die auch durch Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen nicht behoben werden kann.
Darüber hinaus gibt § 29 Bedarfsplanungs-Richtlinie als „Definition von zu vermutender oder drohender Unterversorgung“ vor:
5
Das Vorliegen einer Unterversorgung ist zu vermuten, wenn der Stand der hausärztlichen Versorgung den in den Planungsblättern ausgewiesenen Bedarf um mehr als 25 v.H. und der Stand der fachärztlichen Versorgung den ausgewiesenen Bedarf um mehr als 50 v.H. unterschreitet. Eine Unterversorgung droht, wenn insbesondere auf Grund der Altersstruktur der Ärzte eine Verminderung der Zahl von Vertragsärzten in einem Umfang zu erwarten ist, der zum Eintritt einer Unterversorgung nach den in S. 1 genannten Kriterien führen würde.
Bemerkenswert ist insoweit der Unterschied zwischen einer Unterversorgung in der hausärztlichen Versorgung (Bedarfsunterschreitung um mehr als 25 %) und einer Unterversorgung in der fachärztlichen Versorgung (Bedarfsunterschreitung um mehr als 50 %).
6
III. Rechtsfolge der Unterversorgung: Aufhebung der Höchstaltersgrenze Unmittelbare Folge der Feststellung einer Unterversorgung oder einer in absehbarer Zeit drohenden Unterversorgung ist gemäß § 95 Abs. 7 S. 8 SGB V, dass § 95 Abs. 7 S. 2 SGB V nicht greift, d.h. die Zulassung des Vertragsarztes nicht am Ende des Quartals, in dem er das 68. Lebensjahr vollendet, automatisch endet6. Statt dessen gilt sie ohne Weiteres fort und endet spätestens erst ein Jahr nach der Aufhebung der Feststellung der Unterversorgung.
5 6
Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 435; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 47. Zur Höchstaltersgrenze § 28 Rz. 19.
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Abschnitt IV
Untersversorgung
IV. Maßnahmen gegen die Unterversorgung 8
Mögliche Maßnahmen gegen die Unterversorgung ergeben sich ausschließlich aus dem SGB V und der Ärzte-ZV (§ 34 Bedarfsplanungs-Richtlinie). In Betracht kommen – in der Reihenfolge der Nennung im Gesetz, die Verhältnismäßigkeitsgründen folgt und daher in der Umsetzung einzuhalten ist –: 1. Aufgabe an die Kassenärztliche Vereinigung
9
Der Landesausschuss gibt der Kassenärztlichen Vereinigung als erstes auf, die Unterversorgung zu beseitigen (§ 16 Abs. 2 Ärzte-ZV), wobei er selbst bestimmte Maßnahmen/Vorgehensweisen empfehlen kann und eine angemessene Frist setzen muss. Denkbare Maßnahmen sind vor allem besondere finanzielle Förderungen7. 2. Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss
10
Besteht die Unterversorgung nach Ablauf der Frist weiterhin, muss der Landesausschuss – nach Anhörung der zuständigen Zulassungsausschüsse – gemäß § 100 Abs. 2 SGB V Zulassungsbeschränkungen in anderen, bislang nicht gesperrten Planungsbereichen anordnen (§ 16 Abs. 3 Ärzte-ZV). Die Zulassungsbeschränkungen sind in § 16 Abs. 4 Ärzte-ZV beschrieben: Denkbar ist • die generelle Ablehnung von Zulassungen (jeder Arztgruppe) oder • die Ablehnung von Zulassungen (nur) für bestimmte Arztgruppen8.
11
In jedem Fall können gemäß § 16 Abs. 5 Ärzte-ZV von den Zulassungsbeschränkungen Ausnahmen zugelassen werden, wenn die Ablehnung für den antragstellenden Arzt eine „unbillige Härte“ bedeuten würde. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist9. Sie kann im Zusammenhang mit § 16 Ärzte-ZV z.B. vorliegen, wenn ein Arzt im Hinblick auf eine als sicher angenommene Zulassung, weil eindeutig keine Zulassungsbeschränkungen zu erwarten standen, unumkehrbare rechtlich nachteilige, insbesondere finanzielle Dispositionen getroffen hat (Praxiskaufvertrag, Mietvertrag usw.)10.
12
Unberührt von Zulassungsbeschränkungen bleiben die allgemeinen Niederlassungsmöglichkeiten wie sie im Rahmen „regelhafter“ Zulassungsbeschränkungen bei Überversorgung bestehen11: Sonderbedarfszulassungen gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V (i.V.m. §§ 24ff. Bedarfsplanungs-Richtlinie), Job-Sharing-Zulassungen gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V und Zulassungen nach Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 Abs. 4 SGB V12.
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Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 169. Vgl. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 442. BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 36/92, MedR 1994, 494. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 172. Vgl. hierzu § 16b. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 173.
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§ 16
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Gemäß § 16 Abs. 6 Ärzte-ZV hat der Landesausschuss spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen noch fortbestehen. Wenn nicht, sind sie aufzuheben. Erneut sind die zuständigen Zulassungsausschüsse vor der Entscheidung zu hören.
13
Gemäß § 16 Abs. 7 Ärzte-ZV ist sowohl die Anordnung als auch die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in dem für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehenen (Ärzte-)Blatt zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Maßgeblich ist ausschließlich der Zeitpunkt der Anordnung, denn Adressat der Anordnung ist der Zulassungsausschuss, und die Veröffentlichung dient nur der Information künftiger Bewerber13.
14
3. Krankenhausermächtigungen durch den Zulassungsausschuss Reaktiv, d.h. nach entsprechenden Anträgen, kann der Zulassungsausschuss gemäß § 116a SGB V mit Ermächtigungen von Krankenhäusern einer Unterversorgung begegnen. Auch er ist allerdings zwingend darauf angewiesen, dass zuvor der Landesausschuss die Unterversorgung festgestellt hat.
15
Die Ermächtigungsmöglichkeit nach § 116a SGB V besteht nur für zugelassene Krankenhäuser i.S. von § 108 Nrn. 1 – 3 SGB V. Sie gilt für das unterversorgte Fachgebiet in den entsprechenden Planungsbereichen, „soweit und solange dies zur Dekkung der Unterversorgung erforderlich ist“. Grundsätzlich gelten die allgemeinen Regeln für Ermächtigungen14 auch hier. Insbesondere besteht – so der Wortlaut des § 116a SGB V – kein Rechtsanspruch auf die Ermächtigung15. Ein solcher kann im Ausnahmefall nur bei einer sog. Ermessensreduzierung auf Null gegeben sein. Ansonsten ist im Rahmen der Entscheidung zwischen dem Entschließungsermessen und dem Auswahlermessen zu unterscheiden. Das Entschließungsermessen betrifft die Entscheidung, ob (irgend)einem Krankenhausträger die Ermächtigung erteilt wird. Bei einer Unterversorgung wird diese Entscheidung regelmäßig auf Null reduziert sein, weil nur dieses Ergebnis ermessensfehlerfrei ist. Eine Ausnahme hiervon ist – nach den allgemeinen Grundsätzen der Ermächtigung – gegeben, wenn eine oder mehrere persönliche Ermächtigungen von Krankenhausärzten oder sonstigen Ärzten gemäß § 31 Ärzte-ZV erteilt werden können16.
16
Das Auswahlermessen betrifft die Entscheidung, welchem der antragstellenden Krankenhäusern die Ermächtigung erteilt wird. Maßgeblich ist, welches Krankenhaus unter Berücksichtigung aller Umstände als das Geeignetste anzusehen ist.
17
13 14 15 16
BSG, Urt. v. 02.01.1996, 6 RKa 52/95, MedR 1997, 282; ebenso Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 55 m.w.N. Vgl. hierzu § 31. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 174. Vgl. BSG, Urt. v. 18.06.1997, 6 RKa 45/96, SozR 3-5520 § 31 Nr. 6; Urt. v. 01.07.1998, B 6 KA 11/98 R, MedR 2000, 146; Schnath in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5 B, Rz. 26; sowie § 31 Rz. 4ff.
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Abschnitt IV
Untersversorgung
V. Sonderfall lokale Unterversorgung 18
Dem Landesausschuss obliegt es seit dem 01.01.2007 auf Grund des VÄndG, gemäß § 100 Abs. 3 SGB V nach Maßgabe der Bedarfsplanungs-Richtlinie festzustellen, ob auch in einem nicht unterversorgten Planungsbereich zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf besteht. Die Gesetzesbegründung zieht hierfür die Erkenntnis heran, dass in einzelnen Planungsbereichen die auf einer Gesamtbetrachtung beruhenden örtlichen Verhältniszahlen die Versorgungssituation vor Ort nicht immer sachgerecht abbilden. Dies gelte insbesondere für großräumige Landkreise, die eigentlich überversorgt seien, in denen an einzelnen Orten aber eine Unterversorgungssituation gegeben sei17. Anders als in § 16 Abs. 1 Ärzte-ZV ist die Bedarfsplanungs-Richtlinie bei der Feststellung eines lokalen Versorgungsbedarfs nicht nur zu berücksichtigen. Sie hat vielmehr die entscheidenden Kriterien für eine „lokale Unterversorgung“ zu enthalten. Ohne solche Kriterien, und dies ist derzeit der Fall, kann die lokale Unterversorgung nicht festgestellt und aus ihr nichts abgeleitet werden.
19
Rechtsfolge der lokalen Unterversorgung wäre es, dass die Kassenärztliche Vereinigung mit Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen an Vertragsärzte zu veranlassen hätte (§ 105 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 SGB V).
VI. Besonderheiten für Zahnärzte 20
Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz18 hat § 16 Abs. 3 – 7 Zahnärzte-ZV zum 01.04.2007 aufgehoben. Zulassungsbeschränkungen zur Bekämpfung einer Unterversorgung sind damit ausgeschlossen.
17 18
Vgl. BT-Drucks. 16/2474, 24 (zur Änderung von § 101 SGB V). S. ferner Orlowski, VSSR 2007, 154, 171. BGBl. 2007 I, 376.
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§ 16a Ärzte-ZV
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Abschnitt IVa Überversorgung
§ 16a Ärzte-ZV (aufgehoben)
§ 16b Ärzte-ZV (1) Der Landesausschuss hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Überversorgung vorliegt. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Hierbei sind die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zu berücksichtigen. (2) Stellt der Landesausschuss fest, dass eine Überversorgung vorliegt, so hat er mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsausschüsse nach Maßgabe des § 103 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. (3) Der Landesausschuss hat spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbestehen. Entfallen die Voraussetzungen, so hat der Landesausschuss mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend 1. (4) Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen. Übersicht I. II.
1
Rz.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich und Tatbestand von § 16b Ärzte-ZV – Überversorgung und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überversorgung (§ 16b Abs. 1 Ärzte-ZV) – Definition und Feststellung . . . . . . . . 2. Anordnung von Zulassungsbeschränkungen (§ 16b Abs. 2 Ärzte-ZV) . . . . . . . . . . a) Definition und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überprüfung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen (§ 16b Abs. 3 Ärzte-ZV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulassung in (partiell) entsperrten Planungsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Veröffentlichung der Anordnung/Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen (§ 16b Abs. 4 Ärzte-ZV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 4 4 6 7 9 10 12 12 15 18
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Abschnitt IVa
Überversorgung
III. Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen als Rechtsfolge der Überversorgung . . 1. Sonderbedarfszulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines, Fallgruppen, generelle Voraussetzungen und Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Lokaler Versorgungsbedarf gemäß § 24 lit. a) Bedarfsplanungs-Richtlinie . . . . c) Besonderer/Qualitativer Versorgungsbedarf gemäß § 24 lit. b) Bedarfsplanungs-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft mit spezialistischen Versorgungsaufgaben gemäß § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie . . . . . . . . e) Förderung ambulanter Operationen gemäß § 24 lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Sicherstellung wohnortnaher Dialyseversorgung gemäß § 24 lit. e) Bedarfsplanungs-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Rechtsfolge der Sonderbedarfszulassung, Status des Zugelassenen und Nachbesetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Mehrere Bewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Konkurrentenklage niedergelassener Vertragsärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zulassung im Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzeswortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfassungsrechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Konsequenzen für die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens (und die Vertragsgestaltung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen des Nachbesetzungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestehen einer nachbesetzungsfähigen Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ende der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fortführung der Praxis durch einen Nachfolger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschreibungsantrag, -berechtigung und -inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bewerberliste und Vorgehen bis zur Sitzung des Zulassungsausschusses . . d) Entscheidung des Zulassungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sitzungsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ablauf der Ausschusssitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen und besondere Auswahlkriterien in der Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nachbesetzung und Berufsausübungsgemeinschaft (§ 103 Abs. 6 SGB V) ee) Wirtschaftliche Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes (§ 103 Abs. 4 S. 6 SGB V) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Nachbesetzung von hausärztlichen Zulassungen (§ 103 Abs. 4 S. 5 SGB V) gg) „Persönlich-qualitative“ Auswahlkriterien (§ 103 Abs. 4 S. 3 SGB V) . . . . hh) Gesetzlich nicht genannte Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Abwägung der Nachbesetzungskriterien und Nachbesetzungs-/ Zulassungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zulassungsbeschluss und Rechtsschutz der Verfahrensbeteiligten . . . . . . . . . . 3. Belegarztzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestand des § 103 Abs. 7 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsschutz/Konkurrentenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anzahl von Belegärzten je Krankenhausabteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Nachbesetzungsfähigkeit i.S. des § 103 Abs. 4 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besonderheiten für Zahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Besonderheiten für Psychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Besonderheiten für medizinische Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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19 20 20 26 29 32 34 35 36 38 39 42 42 43 44 47 53 54 58 63 71 72 79 85 86 90 92 96 97 106 107 115 116 121 126 126 131 135 136 137 139 140 141
§ 16b Ärzte-ZV
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Literatur Arnold, Die Auswirkungen des GKV-WSG-Gesetzentwurfs, des VÄG und des AGG auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Altersgrenze im Vertrags(zahn)arztrecht, MedR 2007, 143; Bartels, Rechtsfolgen des GSG ´93 – Bestandsaufnahme im Zulassungswesen, MedR 1995, 232; Bauer, Altes und Neues zur Schutznormtheorie, AöR 1988 (Bd. 113), 582; Beeretz, Konkurrenzschutz bei Zulassungen, ZMGR 2005, 311; Boecken, Die Altersgrenze von 68 Jahren für Vertragsärzte aus EG-rechtlicher Sicht, NZS 2005, 393; Boos, Bewertung von Arztpraxen, ärztepost Rhein-Ruhr 2006, IV; Bracher, Zur aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Zulassung und Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen, MedR 2001, 452; Braun/Richter, Vertragsärztliche Berufsausübungsgemeinschaft: zivil-, steuer- und sozialrechtliche Aspekte der Nachfolge von Todes wegen, MedR 2005, 446; Cramer, Praxiswert und Praxisbewertung heute – Entwicklung, Bestandsaufnahme und Tendenzen der Rechtsprechung und Bewertungspraxis, MedR 1992, 313; Cramer/Henkel, Was ist meine Praxis wert? – Grundsätze der Bewertung von Radiologenpraxen nach dem Ertragswertverfahren, Der Radiologe 1997, M 94, M 123; Cramer/Meier, Praxisübergabe und Praxiswert, MedR 2002, 549; Dahm, Fortführung der Arztpraxis nach GSG – Praktische Umsetzung der Fortführungsregelung des § 103 SGB V aus der Sicht des Praxisübernehmers, MedR 1994, 224; Dahm, Rechtliche Möglichkeiten bei der Veräußerung einer Kassenzulassung, AusR 2000, 85; Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG, MedR 2006, 555; Engel, Eigentumsschutz für Unternehmen, AöR 118 (1993), 169; Engelmann, Die Gemeinschaftspraxis im Vertragsarztrecht, ZMGR 2004, 3; Engelmann, Kooperative Berufsausübung von Ärzten und Vertragsarztrecht, in: von Wulffen/Krasney (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, 429; Fiedler/Weber, Medizinische Versorgungszentren, NZS 2004, 358; Goette, Mindestanforderungen an die Gesellschafterstellung in der BGBGesellschaft, MedR 2002, 1; Großbölting/Jaklin, Formen ärztlicher Tätigkeit im Vertragsarztrecht, Zulassung und Konkurrentenstreit, NZS 2002, 131; Gummert/Meier, Nullbeteiligungsgesellschaften, MedR 2007, 1; Haack, Die Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis – Einlage, Kauf oder Nullbeteiligung?, MedR 2005, 631; Kamps, Das Ruhen der Zulassung gemäß § 95 Abs. 5 SGB V iVm § 26 Ärzte-ZV; Karst, Der Verzicht im Nachbesetzungsverfahren (§ 103 SGB V), MedR 1996, 554; Küntzel, Bewertung von Arztpraxen, DStR 2000, 1103; Langguth, Anmerkung zum BSG-Urteil v. 18.03.1998, DStR 2000, 650; Möller, Auswirkungen des VÄndG auf Medizinische Versorgungszentren, MedR 2007, 263; Orlowski, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – Überblick zu Neuregelungen –, VSSR 2007, 157; Plagemann, Sonderbedarfszulassung – Ein kritische Bestandsaufnahme zur Handhabung der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte und –Zahnärzte, MedR 1998, 85; Reiter, Die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen und ihre Rechtsfolgen, MedR 2001, 624; Schiller/Pavlovic, Teilzulassung – neue Gestaltungsmöglichkeiten ohne praktische Bedeutung?, MedR 2007, 86; Seer, Einschränkung der Veräußerbarkeit von freiberuflichen Arzt- und Zahnarztpraxen durch das Sozialrecht, DStR 1995, 377; v. Stackelberg/Kleinert/Wolff, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – Bewertung der Liberalisierung aus Sicht der Krankenkassen am Beispiel des Belegarztwesens –, VSSR 2007, 177; Steinhilper, Fortführung der Arztpraxis nach GSG – Praxisnachfolge in gesperrten Gebieten, MedR 1994, 227; Steinhilper, Anmerkung zu BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00 (MedR 2004, 680), MedR 2004, 682; Ruland, Anmerkung zum BSG-Urteil v. 18.03.1998, JuS 2000, 509; Schirmer, Das Kassenarztrecht im 2. GKV-Neuordnungsgesetz – BGBl. 1997, I S. 1520, MedR 1997, 431; Schöbener/Schöbener, Rechtsfragen bei der Zulassung als Vertragsarzt in überversorgten Gebieten (§ 103 IV – VI SGB V) – Auswahlkriterien und Rechtsschutzmöglichkeiten unterlegener Bewerber –, SGb 1994, 214; Szabados, Wettbewerb auf regulierten Märkten: Konkurrentenklagen im Gesundheitsrecht, GesR 2007, 97; Wagener, Die Sonderzulassung für Belegärzte gemäß § 103 Abs. 7 SGB V, MedR 1998, 410; Wertenbruch, Veräußerung und Vererbung des Anteils an einer vertragsärztlichen Berufsausübungsgesellschaft (Partnerschaft und BGB-Gesellschaft),
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Abschnitt IVa
Überversorgung
MedR 1996, 485; Wigge/Frehse, Bedarfsunabhängige Kooperation zwischen Ärzten und Krankenhäusern, MedR 2001, 549.
I. Einleitung 1
§ 16b Ärzte-ZV regelt die Voraussetzungen für die Feststellung und die Rechtsfolgen der „Überversorgung“. Die Zuständigkeit für die Feststellung der Überversorgung liegt (von Amts wegen) bei dem Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (§ 16b Abs. 1 Ärzte-ZV)2.
2
Dass die Feststellung einer Überversorgung – mehr noch als die der Unterversorgung gemäß § 16 Ärzte-ZV – notwendig ist und sich hieran Rechtsfolgen knüpfen, ist Ergebnis der Bedarfsplanung3. Sie ist, gesetzlich vorgegeben durch die §§ 99ff. SGB V, 12ff. Ärzte-ZV, der Versuch, mit Hilfe eines Ordnungsinstrumentariums entsprechend den Zielvorgaben der gesetzlichen Krankenversicherung die medizinische Grundversorgung unter Berücksichtigung der Morbiditätsentwicklung einerseits und der hierzu bereitgestellten finanziellen Mittel andererseits durch Vorgaben für Art und Anzahl der hieran mitwirkenden Ärzte zu gewährleisten4. Konsequentestes Ordnungsinstrumentarium sind insoweit die durch § 16b Abs. 2 Ärzte-ZV ermöglichten Zulassungsbeschränkungen.
3
Im Zusammenhang mit Zulassungsbeschränkungen kann nicht allein § 16b Ärzte-ZV kommentiert werden. Denn die Zulassungsverordnung enthält selbst – abgesehen von der Ermächtigung gemäß §§ 31, 31a Ärzte-ZV – keine Regelungen zu den Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen. Diese Ausnahmen sind gesetzlich in • § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. §§ 24–26 Bedarfsplanungs-Richtlinie (Sonderbedarfszulassung), • § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. § 23a Bedarfsplanungs-Richtlinie (JobSharing-Berufsausübungsgemeinschaft; Job-Sharing-Anstellung im medizinischen Versorgungszentrum und ähnlichen Einrichtungen5), • § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. §§ 23i – 23m Bedarfsplanungs-Richtlinie (Job-Sharing-Anstellung bei einem Vertragsarzt), • § 103 Abs. 4 SGB V (Zulassung im Nachbesetzungsverfahren),
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3 4 5
Die Landesausschüsse sind daneben verantwortlich für die Beratung der Bedarfspläne zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 99 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 SGB V), die Aufstellung und Fortentwicklung des Bedarfsplanes, wenn eine Einigung zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassenverbänden nicht zustande kommt (§ 99 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB V) und die Maßnahmen zur Bekämpfung einer (drohenden) Unterversorgung; zur Geschichte vgl. Schimmelpfeng-Schütte in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, § 7 Rz. 65ff. Hierzu §§ 12 Rz. 1ff.; sowie ausführlich zur geschichtlichen Entwicklung Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 1ff. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 364; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 1. Gesundheitseinrichtungen und Einrichtungen des Betriebsgesundheitswesens im Beitrittsgebiet gemäß § 311 Abs. 2 S. 1 SGB V (Polikliniken, Ambulatorien, Arztpraxen).
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§ 16b Ärzte-ZV
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• § 103 Abs. 4a SGB V (Wiederzulassung nach fünfjähriger, vor dem 01.01.2007 begonnener Angestelltentätigkeit im medizinischen Versorgungszentrum bei vorherigem Zulassungsverzicht) und • § 103 Abs. 7 (Belegarztzulassung) vorgegeben. Da die Kommentierung nicht anderweitig erfolgt, werden im Folgenden auch die Sonderbedarfszulassung, das Nachbesetzungsverfahren und die Belegarztzulassung erläutert6. Zu § 16b Ärzte-ZV selbst aber zunächst Folgendes:
II. Anwendungsbereich und Tatbestand von § 16b Ärzte-ZV – Überversorgung und Rechtsfolgen 1. Überversorgung (§ 16b Abs. 1 Ärzte-ZV) – Definition und Feststellung Überversorgung wird definiert als „zeitlich nicht absehbares Überangebot von Vertragsärzten gegenüber dem allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad“7. Gemäß § 16b Abs. 1 Ärzte-ZV liegt Überversorgung vor, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10% überschritten ist. Anders als bei der Feststellung der Unterversorgung gemäß § 16 Abs. 1 Ärzte-ZV gibt es daher bei der Feststellung einer Überversorgung keine Flexibilität, auch wenn „die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen8 vorgesehenen Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zu berücksichtigen“ sind (§ 16b Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV). Hiernach gilt:
4
Überversorgung ist die „Überschreitung der Allgemeinen Verhältniszahl durch einen ggf. korrigierten örtlichen Versorgungsgrad als örtlicher Verhältniszahl um zehn Prozent“ (§ 18 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Nach § 9 Nr. 3 BedarfsplanungsRichtlinie wird eine Allgemeine Verhältniszahl, die den „allgemeinen Versorgungsgrad als Ausgangsrelation für die Feststellung von Überversorgung“ (vgl. § 8 Bedarfsplanungs-Richtlinie), d.h. die „Soll-Größe“ beschreibt, mit der „örtlichen (planungsbereichsbezogenen) Verhältniszahl“, d.h. der „Ist-Größe“, verglichen. Maßgeblich für die örtliche Verhältniszahl/Ist-Größe ist die „Wohnbevölkerung nach dem letzten amtlichen Stand“ (§ 10 Abs. 1 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Korrekturfaktoren sind ggf. zu berücksichtigen (§ 9 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Sie ergeben sich aus den §§ 14–17 Bedarfsplanungs-Richtlinie. Hiernach nimmt der internistische Versorgungsgrad Einfluss auf den allgemeinmedizinischen Versorgungsgrad (§ 14 Bedarfsplanungs-Richtlinie i.V.m. Nr. 16 Bedarfsplanungs-
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Zur Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft s. § 33 Rz. 59ff.; zur Job-Sharing-Anstellung bei einem Vertragsarzt s. § 32b Rz. 8ff.; zur Wiederzulassung nach fünfjähriger Tätigkeit im medizinischen Versorgungszentrum Anhang zu § 18, Rz. 94ff. Grundlegend Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 450; sich anschließend Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 49. Richtlinie über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) v. 15.02.2007 (BAnz. 2007, 3491); abrufbar in der jeweils aktuellen Fassung unter www.kbv.de oder www.g-ba.de. Zur Bedarfsplanungs-Richtlinie s. auch § 12 Rz. 14; sowie Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 19.
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Überversorgung
Richtlinie a.F.). Umgekehrt (§ 14 Bedarfsplanungs-Richtlinie i.V.m. Nr. 17 Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F.) ist der hausärztliche Versorgungsgrad auf Grund psychotherapeutischer oder fachärztlicher Tätigkeiten der Hausärzte zu bereinigen (§ 15 Abs. 2, 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Ferner ist der Versorgungsgrad grundsätzlich jeder Arztgruppe auf Grund überwiegend psychotherapeutischer Tätigkeit von einzelnen Ärzten zu bereinigen (§ 16 Bedarfsplanungs-Richtlinie) und sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrads jeder Arztgruppe nicht vollzeitig tätige – auch angestellte – Ärzte nur entsprechend vermindert zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1–3 Bedarfsplanungs-Richtlinie). 2. Anordnung von Zulassungsbeschränkungen (§ 16b Abs. 2 Ärzte-ZV) 6
Im Anschluss an seine Feststellung einer Überversorgung ordnet der Landesausschuss Zulassungsbeschränkungen an. a) Definition und Rechtsschutz
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Die Bedarfsplanungs-Richtlinie definiert Zulassungsbeschränkungen nicht. Sie sind – anknüpfend an § 103 Abs. 2 SGB V und § 16 Abs. 4b Ärzte-ZV – generelle, antragsunabhängige Ablehnungen/Verbote von vertragsärztlichen Zulassungen für bestimmte Arztgruppen (Fachgebiete) in einem räumlich begrenzten Gebiet; sie können sich auf einen oder mehrere Planungsbereiche9 (im Gebiet) einer Kassenärztlichen Vereinigung beziehen. Eine generelle, sämtliche Arztgruppen pauschal erfassende Zulassungsbeschränkung ist – anders als bei Unterversorgung (vgl. § 16 Abs. 4a Ärzte-ZV) – unzulässig10.
8
Rechtsschutz gegen Zulassungsbeschränkungen, mithin die gerichtliche Überprüfung ihres formell und materiell rechtmäßigen Zustandekommens, kann von betroffenen Ärzten nur inzident mit Rechtsmitteln gegen abgelehnte Zulassungsanträge in Anspruch genommen werden11. Rechtswidrig zu Stande gekommene Zulassungsbeschränkungen sind unbeachtlich. Der Antragsteller hat dann einen Anspruch auf Zulassung (bereits in dem Gerichtsverfahren, so dass grundsätzlich kein Bescheidungsurteil in Betracht kommt); es besteht keine „Nachbesserungsbefugnis“ des Landesausschusses12.
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Zum Begriff s. § 12 Rz. 17 (in der Regel greift man auf die Grenzen der Stadt- und Landkreise zurück). Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 468. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 33, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 26.03.1981, 3 C 134.79, BVerwGE 62, 86, zur vergleichbaren Rechtslage bei Klagen von Krankenhäusern gegen die Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan. Ebenso Plagemann, MedR 1998, 85, 86; a.A. wohl LSG Hessen, Urt. v. 17.07.1996, L 7 KA 989/95, E-LSG Ka 042, und BSG, Urt. v. 03.12.1997, 6 RKA 64/96, BSGE 81, 207 = MedR 1998, 340.
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b) Verfassungsmäßigkeit 1988 führte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.1989 durch das GesundheitsReformgesetz (GRG)13 die Bedarfsplanung in das SGB V und mit ihr die Zulassungsbeschränkungen in das System der vertragsärztlichen Versorgung ein. Sowohl das Bundessozialgericht als auch das Bundesverfassungsgericht haben dies nicht beanstandet. Das Bundessozialgericht hat zweifach festgestellt: Zulassungsbeschränkungen in übersorgten Planungsbereichen sind verfassungsrechtlich unbedenklich; namentlich verstoßen sie nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG14. Das Bundesverfassungsgericht hat dies durch einen Kammer-Beschluss vom 27.04.2001 mit einer recht knappen Begründung bestätigt: Der Gesetzgeber kann im Interesse der finanziellen Stabilisierung der GKV Regelungen zur Bekämpfung einer Überversorgung aufstellen, um der angebotsinduzierten Nachfrage im Gesundheitswesen zu begegnen; ihm stehe ein sozialpolitischer Gestaltungsspielraum (Einschätzungsprärogative) zu15. Damit ist fortan jede Diskussion16 über eine eventuelle Verfassungswidrigkeit von Zulassungsbeschränkungen allein von theoretischer Natur. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber seine Linie insbesondere durch die Öffnung der Krankenhäuser für die vor- und nachstationäre Behandlung, die Zulassung zum ambulanten Operieren (§§ 39, 115a, 115b SGB V) und für die Erbringung hochspezialisierter Leistungen und Behandlung seltener Erkrankungen (§ 116b SGB V) nicht eingehalten hat17. Da der Gesetzgeber die Zulassungsbeschränkungen jedoch maßgeblich auf Grund seiner Einschätzungsprärogative18 gestalten konnte, stünde als Folge von deren Überschreitung die Wahl, die Zulassungsbeschränkungen aufzuheben oder die Zulassungsbeschränkungen beizubehalten und nur die Ausnahmen zu streichen bzw. enger zu fassen. Die generelle Unzulässigkeit von Zulassungsbeschränkungen kann nicht mehr in Rede stehen. Einzig im Einzelfall ihrer Anordnung ist auf Grund der berufsfreiheitsbeschränkenden Wirkung (Art. 12 Abs. 1 GG) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, d.h. über den überversorgten Planungsbereich hinaus sind – anders als bei Unterversorgung gemäß § 16 Abs. 4 Ärzte-ZV – Zulassungsbeschränkungen unzulässig, und bei Wegfall der Überversorgung ist zeitnah die Aufhebung anzuordnen19.
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BGBl. 1988 I, 2477; zur Vorgeschichte ausführlich § 12 Rz. 2ff., und Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 1ff. Vgl. auch Kamps, VSSR 2002, 341, 343, anschaulich zu den praktischen Konsequenzen unmittelbar im Anschluss an die Einführung von Zulassungsbeschränkungen. BSG, Urt. v. 18.02.1998, B 6 KA 37/96 R, BSGE 82, 41 = MedR 1999, 232 (zustimmend Langguth, DStR 2000, 650, und Ruland, JuS 2000, 509); Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 52/02 R, SozR 4-2500 § 117 SGB V Nr. 2. BVerfG, Beschl. v. 27.04.2001, 1 BvR 1282/99, MedR 2001, 639; vgl. auch Schnath in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5 C Rz. 4. Einen Überblick über die Diskussion und die erschienene Literatur gibt Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 83ff., insb. Fn. 115. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 92. Vgl. BSG, Urt. v. 18.02.1998, B 6 KA 37/96 R, BSGE 82, 41 = MedR 1999, 232, sowie die Anmerkungen von Langguth, DStR 2000, 650, und Ruland, JuS 2000, 509. So schon Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 468.
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c) Zukunft 10
Der Bundestag hat am 26.03.2007 mit Wirkung zum 01.04.2007 das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz)20 – eine weitere sog. Gesundheitsreform – beschlossen. Hierin sieht Art. 1 Nr. 57 einen neuen Absatz 7 von § 87 SGB V vor, wonach – im Anschluss an einen Bericht des Bewertungsausschusses an das Bundesministerium für Gesundheit über die Steuerungswirkung vereinbarter Punktwerte im vertragsärztlichen Vergütungssystem – … das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2012 (berichtet), ob auch21 für den Bereich der ärztlichen Versorgung auf die Steuerung des Niederlassungsverhaltens durch Zulassungsbeschränkungen verzichtet werden kann.
Der dauerhafte Verbleib der Zulassungsbeschränkungen im System der gesetzlichen ambulanten Krankenversorgung ist damit in Frage gestellt22. Dies verwundert angesichts der – vom Bundesverfassungsgericht akzeptierten23 – bisherigen gesetzgeberischen Begründung, wonach die angebotsinduzierte Nachfrage im Gesundheitswesen (kurz: „mehr Ärzte führen zu mehr Leistungen führen zu mehr abzugeltenden Abrechnungspunkten führen zu einem Verfall der Abrechnungspunktwerte24 führen zu geringen Honoraren, die ein Überleben der Ärzte und damit die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gefährden“) Zulassungsbeschränkungen erfordere. Andererseits sattelt ihre mögliche Abschaffung auf einer (neuen) Vergütungsmodalität auf, die ggf. ausreicht, dem Problem der angebotsinduzierten Nachfrage zu begegnen. Vertraglich vereinbarte Direktvergütungen außerhalb der Gesamtverträge könnten ihr übriges tun. 11
Dass der Gesetzgeber bereits 2007 eine mögliche Abschaffung der Zulassungsbeschränkungen 2012 oder später als Möglichkeit vorgesehen hat, dürfte grundrechtlich motiviert sein. Mutmaßlich wollte man dem Eigentumsschutz von Vertragsärzten, die eine relativ sichere Praxisveräußerung und bestimmte Werte im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 Abs. 4 SGB V25 erwarten, Rechnung tragen.
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BGBl. 2007 I, 378; vgl. auch BT-Drucks. 16/3100 und BR-Drucks. 75/07. Zur Aufhebung der Anordnungsmöglichkeit von Zulassungsbeschränkungen für Zahnärzte s. Rz. 139. Vgl. auch § 12 Rz. 10. S. Fn. 15. Zur Gefahr des sog. floatenden Punktwerts vgl. nur BSG, Urt. v. 09.09.1998, B 6 KA 55/97 R, BSGE 83, 1, 4f.; Clemens, MedR 2000, 17, 19. Hierzu Rz. 42ff.
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3. Überprüfung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen (§ 16b Abs. 3 Ärzte-ZV) a) Allgemeines Alle sechs Monate muss der Landesausschuss für die Planungsbereiche prüfen, ob die jeweiligen Zulassungsbeschränkungen noch gerechtfertigt sind. Hierbei bedient er sich Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung über die (zwischenzeitlich) vom Zulassungsausschuss ausgesprochenen Zulassungen (§ 20 BedarfsplanungsRichtlinie). Sind die Voraussetzungen entfallen, hebt der Landesausschuss die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich auf. Die Zulassungsausschüsse sind an die Aufhebung gebunden.
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Die Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen erfolgt von vornherein nur bedingt und begrenzt in Form einer „partiellen Teilöffnung“ des Planungsbereichs26. Denn gemäß § 23 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist „der Aufhebungsbeschluss hinsichtlich der Zulassungsbeschränkungen mit der Auflage zu versehen, dass Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist.“ So wird verhindert, dass bis zur nächsten Sitzung des Landesausschusses, in der Zulassungsbeschränkungen wieder beschlossen werden könnten, unbegrenzt Zulassungen erteilt werden.
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Der Verweis in § 16b Abs. 3 Ärzte-ZV auf „Absatz 2 Satz 2“ läuft mittlerweile leer.
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b) Zulassung in (partiell) entsperrten Planungsbereichen Die partielle Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen bewirkt zunächst, dass für „Ärzte, die gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V in beschränkter Zulassung zur gemeinsamen Berufsausübung (mit einem anderen Arzt) zugelassen sind“ (sog. JobSharing-Zulassungen)27, „die Beschränkung der Zulassung und die Leistungsbegrenzung für die Berufsausübungsgemeinschaft“ endet, „und zwar in der Reihenfolge der jeweils längsten Dauer der gemeinsamen Berufsausübung“ (§ 23 Abs. 2 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Mit anderen Worten: Job-Sharing-Zulassungen erstarken zur „echten“ Zulassung; die Anzahl richtet sich in der Reihenfolge der Zulassungsdaten nach dem Umfang, der bis zur Überversorgung erforderlich ist. Wenn im Anschluss dieser Umfang noch nicht erreicht ist, enden nach dem gleichen Prinzip bei nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V angestellten Ärzten (sog. Job-SharingAngestellte) die ebenfalls bis dahin bestehenden Leistungsbeschränkungen (§ 23 Abs. 2a Bedarfsplanungs-Richtlinie): Job-Sharing-Angestellte werden zu „echten“ Angestellten; die Anzahl richtet sich in der Reihenfolge der Anstellungsdaten nach dem Umfang, der bis zur Überversorgung erforderlich ist.
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Die nur partielle Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen wirft Probleme auf, wenn nach dem Erstarken der Job-Sharing-Zulassungen und -Anstellungen mehr Ärzte (weitere) Zulassungen beantragen als tatsächlich „frei“ sind. Man könnte der
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Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 183. Hierzu § 33 Rz. 59ff.
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Einfachheit halber die Auffassung vertreten, dass der Zeitpunkt des Eingangs des Zulassungsantrags entscheidet. Dieses sog. Windhundprinzip28 hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 23.02.2005 wegen der damit verbundenen Zufälligkeiten als rechtswidrig eingestuft29. Im Anschluss hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Bedarfsplanungs-Richtlinie geändert. § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2–3 Bedarfsplanungs-Richtlinie sieht nunmehr vor, dass • die Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen in den amtlichen Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung30 zu veröffentlichen ist und • die Entscheidungskriterien sowie die Bewerbungsfrist (von sechs bis acht Wochen), in der die Anträge und Zulassungsunterlagen gemäß § 18 Ärzte-ZV einzureichen sind (Ausschlussfrist31), bekannt zu machen sind. 17
Die Entscheidungskriterien für (Neu-)Zulassungen sind in Anlehnung an § 103 Abs. 4 SGB V: • • • •
die berufliche Eignung, die Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, das Approbationsalter und die Dauer der Eintragung in die Warteliste gemäß § 103 Abs. 5 S. 1 SGB V32.
Bei der Auswahl unter mehreren nach dem Vorstehenden gleich geeigneten Bewerbern soll die räumliche Wahl des (beantragten) Vertragsarztsitzes und ihre Beurteilung im Hinblick auf die bestmögliche Versorgung der Versicherten berücksichtigt werden (§ 23 Abs. 3 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). 4. Veröffentlichung der Anordnung/Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen (§ 16b Abs. 4 Ärzte-ZV) 18
Gemäß § 16b Abs. 4 Ärzte-ZV ist sowohl die Anordnung als auch die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in dem für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehenen (Ärzte-)Blatt zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Maßgeblich ist ausschließlich der Zeitpunkt der Anordnung, denn Adressat der Anordnung ist der Zulassungsausschuss, und die Veröffentlichung dient nur der Information künftiger Bewerber; Zulassungsbeschränkungen sind nur verwaltungsinterne Akte gegenüber den Zulassungsgremien33. Hieraus ergibt sich im übrigen – und dies ist in § 19 Abs. 1 S. 2 28
29 30 31 32 33
Zur Situation vor der Entscheidung des Bundessozialgerichts vgl. nur Reiter, MedR 2001, 624, 626 m.w.N.; aus der Rspr. beispielhaft LSG Thüringen, Urt. v. 26.02.2003, L 4 KA 406/ 01, MedR 2003, 702; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 05.11.2003, L 3 KA 101/01, MedR 2004, 339. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 81/03 R, BSGE 94, 181 = MedR 2005, 666. Rheinisches Ärzteblatt, Westfälisches Ärzteblatt usw. Gemäß § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie darf der Zulassungsausschuss nur bis zum Fristablauf vorliegende vollständige Anträge berücksichtigen. Zur Anwendung der Kriterien Rz. 107ff., 116. BSG, Urt. v. 02.10.1996, 6 RKa 52/95, BSGE 79, 152 = MedR 1997, 282 m.w.N.; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 55 m.w.N.; Hess in: Kasseler Kommentar – Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 10.
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Ärzte-ZV auch ausdrücklich geregelt –, dass vor der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen gestellte Anträge auf Erteilung einer Zulassung nicht abgelehnt werden dürfen.
III. Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen als Rechtsfolge der Überversorgung Die Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen als Rechtsfolge der Überversorgung sind34 die Sonderbedarfszulassung, die Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft, die Job-Sharing-Anstellung im medizinischen Versorgungszentrum und ähnlichen Einrichtungen, die Job-Sharing-Anstellung bei einem Vertragsarzt, die Zulassung im Nachbesetzungsverfahren, die Wiederzulassung nach fünfjähriger, vor dem 01.01.2007 begonnener Angestelltentätigkeit im medizinischen Versorgungszentrum bei vorherigem Zulassungsverzicht und die Belegarztzulassung. Derartige Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen vorzusehen, ist sowohl verfassungsrechtlich aus Verhältnismäßigkeitsgründen notwendig als auch einfachgesetzlich gemäß § 72 Abs. 2 SGB V zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung geboten35. Zur Sonderbedarfszulassung, Zulassung im Nachbesetzungsverfahren und Belegarztzulassung Folgendes36:
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1. Sonderbedarfszulassung a) Allgemeines, Fallgruppen, generelle Voraussetzungen und Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien Auf der Grundlage von § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V regeln die §§ 24 – 26 Bedarfsplanungs-Richtlinie unter der amtlichen Überschrift „Maßstäbe für qualitätsbezogene Sonderbedarfsfeststellungen“ – bis auf die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen, die ebenfalls erfüllt sein müssen37 – abschließend die Voraussetzungen der sog. Sonderbedarfszulassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss38 hat sich dabei in § 24 lit. a) – e) Bedarfsplanungs-Richtlinie einer Fallgruppensystematik bedient. Zu unterscheiden ist zwischen der Sonderbedarfszulassung auf Grund • eines nachweislich lokalen Versorgungsbedarfs in Teilen eines großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises (§ 24 lit. a) Bedarfsplanungs-Richtlinie), • eines besonderen/qualitativen Versorgungsbedarfs, wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist (§ 24 lit. b) Bedarfsplanungs-Richtlinie), 34 35 36 37 38
Vgl. Rz. 3. Vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 193. Zu den anderen Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen s. Rz. 3. BSG, Urt. v. 11.09.2002, B 6 KA 23/01 R, SozR 3-5520 § 20 Ärzte-ZV Nr. 4 = MedR 2002, 639. Zur Rechtmäßigkeit seiner Befugnis, die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung zu gestalten, vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242.
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• der Ermöglichung der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft mit spezialistischen Versorgungsaufgaben (z. B. kardiologische oder onkologische Schwerpunktpraxen) (§ 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie), • des nicht ausreichenden Angebots von ambulanten Operationen in einem Fachgebiet, das nach seiner Gebietsbeschreibung auch ambulante Operationen einschließt, wobei – ebenfalls (vgl. § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie) – eine Berufsausübungsgemeinschaftsbildung mit dem Schwerpunkt ambulante Operationen als Grund ausreichen kann (§ 24 lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie) und • der Sicherstellung der wohnortnahen Dialyseversorgung, wenn die Kassenärztliche Vereinigung einem Vertragsarzt oder auf Grund der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren gemäß § 135 Abs. 2 SGB V einem weiteren Arzt in der Dialysepraxis (vgl. § 7 Abs. 1 und 2 der Anlage 9.1 der Bundesmantelverträge) die Genehmigung zur Durchführung eines Versorgungsauftrags für die nephrologische Versorgung der von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffenen Patienten mit Dialyseleistungen gemäß § 2 Abs. 7 der Bundesmantelverträge erteilen will (§ 24 lit. e) Bedarfsplanungs-Richtlinie). 21
Gemäß § 24 lit. e) S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie setzt jede Sonderbedarfszulassung ferner voraus, dass der Versorgungsbedarf dauerhaft erscheint. Bei nur vorübergehendem Bedarf ist gemäß § 24 lit. e) S. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie von der Ermächtigung Gebrauch zu machen39.
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Daneben ist es die Auffassung des Bundessozialgerichts, dass der Bedarf einen Umfang erreichen müsse, der über einzelne spezielle Leistungen, die eine Vertragsarztpraxis in freier Niederlassung nicht sinnvoll ausfüllen könnten, hinausgehen müsse; sei dies nicht der Fall, komme nur eine Ermächtigung in Betracht40. Anders gewendet: Der Bedarf müsse den wirtschaftlichen Betrieb einer Vertragsarztpraxis ermöglichen. Diese Rechtsprechung ist allerdings bedenklich. Denn angesichts von Art. 12 Abs. 1 GG ist es allein Sache des Arztes, zu beurteilen, ob ihm die Sonderbedarfszulassung ein hinreichendes Auskommen – wieviel ist das? – sichert; ergänzend wird er Privatpatienten behandeln und ggf. an einem Krankenhaus arbeiten (etwa als Angestellter oder Konsiliararzt).
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Bei der Beurteilung des lokalen oder besonderen Versorgungsbedarfs, die unbestimmte Rechtsbegriffe sind, steht den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zu41. Dieser ist – nach allgemeinen Grundsätzen42 – gerichtlich nicht voll überprüfbar. Die Gerichte müssen aber – ebenfalls nach allgemeinen Grundsätzen – die Bedarfsprüfung der Zulassungsgremien darauf überprüfen, ob diese ihre Entscheidung auf einer adäquat ermittelten Tatsachengrundlage getroffen haben, ob sie die Auslegungsgrenzen des Erforderlichkeitsbegriffs eingehalten haben und ob sie die Beurteilungsmaßstäbe objektiv nachvollziehbar angewendet haben43. Die Zulas39 40 41 42 43
Hierzu § 31, Rz. 19ff. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242; vgl. auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 196; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 371. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242. Vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 54, Rz. 26ff. Vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21.02.1996, L 11 KA 143/95, E-LSG Ka 039.
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sungsgremien müssen dabei insbesondere geeignete Ermittlungen anstellen, wobei Nachfragen bei bereits niedergelassenen Vertragsärzten, d.h. potenziellen Konkurrenten des die Sonderbedarfszulassung begehrenden Arztes, seien sie unmittelbar von den Zulassungsgremien gestellt oder über die jeweilige Bezirks-/Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung eingeholt, allein nicht ausreichend sind44. Deren Auskünfte liefern allenfalls einen ersten Anhaltspunkt, der zu objektivieren ist, z.B. durch die Auswertung von Statistiken über die Auslastung im Vergleich zum Durchschnitt45 und Patientenbefragungen. Vom antragstellenden Arzt beigebrachte Statistiken und sonstige Informationen von Berufsverbänden, ärztlichen Fachgesellschaften, Gesundheitsbehörden usw. über z.B. notwendige Versorgungsdichten und neue Behandlungsmethoden sowie Patientenangaben über unzumutbare Wartezeiten sind ebenfalls zu berücksichtigen46. Kommen die Zulassungsgremien – oder Gerichte – zu dem Ergebnis, dass es „zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung unerlässlich“ (§ 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V) ist, eine zusätzliche Zulassung zu erteilen, besteht ein Anspruch auf die Sonderbedarfszulassung. Die Bedarfsplanungs-Richtlinie („darf“) eröffnet als unterrangige Regelung keinen Ermessensspielraum47.
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Die Regeln über die Sonderbedarfszulassung nach § 24 Bedarfsplanungs-Richtlinie gelten gemäß § 26 Bedarfsplanungs-Richtlinie entsprechend, wenn ein bereits zugelassener Vertragsarzt beantragt, das Fachgebiet, für das er zugelassen ist, in ein anderes Fachgebiet, für das (ebenfalls) Zulassungsbeschränkungen bestehen, zu ändern, um fortan Leistungen dieses Fachgebiets zu erbringen und abzurechnen.
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b) Lokaler Versorgungsbedarf gemäß § 24 lit. a) Bedarfsplanungs-Richtlinie § 24 lit. a) Bedarfsplanungs-Richtlinie stellt auf einen Bedarf für ein Fachgebiet „in Teilen eines großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises“ ab. Die Faktoren für die Annahme des Bedarfs (der Patienten) können im Einzelfall unterschiedlich sein. Zu berücksichtigen sind insbesondere48 • die Zahl und das Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte des Fachgebiets, • die Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur, d.h. insbesondere das örtlich gehäufte Auftreten bestimmter, ein entsprechendes ärztliches Fachgebiet bedürfender Krankheiten49 und • der Umfang und die räumliche Verteilung der Patientennachfrage auf Grund der vorhandenen Verkehrsverbindungen. 44 45
46 47 48 49
Vgl. dazu BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 42/93, MedR 1996, 236; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24.06.1997, L 6 Ka 25/96 (Pflicht zur sorgfältigen Auswertung der Stellungnahmen). BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242; Plagemann, MedR 1998, 85, 87; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 204. Zu den Grundsätzen der notwendigen Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen s. auch § 31a, Rz. 10f. Plagemann, MedR 1998, 85, 87. Plagemann, MedR 1998, 85, 87. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 197. Vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.01.1996, L 5 Ka 2261/94, MedR 1996, 380, 383.
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Je nach Fachgebiet kann die Zumutbarkeit unterschiedlich zu beurteilen sein. Hausärzte müssen z.B. eher und besser zeitnah erreichbar sein als Fachärzte50.
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Die Frage, ob bei der Beurteilung des Versorgungsbedarfs nur auf den Planungsbereich des gewünschten Niederlassungsortes oder auch auf angrenzende Planungsbereiche abzustellen ist, sofern die dortigen Vertragsärzte „mitversorgen“ können, wird nicht ganz einheitlich beantwortet. Die Rechtsprechung bejahte dies früher51; mittlerweile hat das Bundessozialgericht (für Ermächtigungen) festgestellt, dass Versorgungsangebote in anderen Planungsbereichen nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden können, etwa weil es sich um einen „atypisch zugeschnittenen Planungsbereich“ handelt oder der Planungsbereich „von nur geringer räumlicher Ausdehnung“ ist und die Versorgung „ersichtlich durch leicht und schnell erreichbare Versorgungsangebote der angrenzenden Planungsbereiche“ (mit-)gedeckt wird52. Die Literatur verneint die Berücksichtigung anderer Planungsbereiche53, und ihr ist auch zu folgen. Denn § 24 lit. a) Bedarfsplanungs-Richtlinie stellt (nur) auf den Bedarf im Planungsbereich oder Landkreis ab. Bedarfsplanung wird eben ausschließlich hierauf bezogen durchgeführt (so ausdrücklich § 16b Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV). Dies bei der Sonderbedarfszulassung zu durchbrechen, ist systemfremd. Wenn der Gesetzgeber sich einerseits – rechtmäßig – für eine die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG beschränkende streng flächenbezogene Pauschalierung zur Ermittlung des Bedarfs und für den Erlass von Zulassungsbeschränkungen entscheidet, kann dieses Prinzip bei aus Verhältnismäßigkeitsgründen gebotenen Ausnahmen nicht durchbrochen werden. Die Beschränkung der Berufsfreiheit darf keiner „Rosinentheorie“ folgen. Die Gesetze sind im Zweifel „grundrechtsfördernd“ anzuwenden54. c) Besonderer/Qualitativer Versorgungsbedarf gemäß § 24 lit. b) Bedarfsplanungs-Richtlinie
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§ 24 lit. b) Sätze 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie stellt auf einen Bedarf „in dem betreffenden Planungsbereich“ ab, der sich abbilden muss in fehlenden Leistungen eines/einer nach der jeweils vor Ort geltenden Weiterbildungsordnung (der [Landes-]Ärztekammer) definierten55 50
51
52 53 54 55
Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 367; Plagemann, MedR 1998, 85, 86. Vgl. auch SG Mainz, Urt. v. 15.11.1995, S 1 Ka 92/95, wonach Dialyse-Patienten die Bewältigung größerer Entfernungen zumutbar sei und nicht nur auf den Planungsbereich des gewünschten Niederlassungsortes, sondern auch auf angrenzende Planungsbereiche abzustellen sei. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242; SG Mainz, Urt. v. 15.11.1995, S 1 Ka 92/95; und wohl auch SG München, Urt. v. 26.09.1995, S 42 KA 739/93, zitiert nach Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 168. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 168; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 367. Plagemann, MedR 1998, 85. Vgl. zu Abweichungen, d.h. Sonderbedarfszulassung auch ohne besondere Qualifikation: LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21.02.1996, L 11 KA 143/95, E-LSG Ka 039 (zit. nach Plagemann, MedR 1998, 85, 88): Die Spezialisierung auf die Behandlung von HIV-Patienten reicht aus; sowie BVerfG, Beschl. v. 08.10.1996, 1 BvL 3/95, MedR 1997, 77 m. Anm. Scheuffler: Belegärztliche Tätigkeit reicht aus. A.A. SG Frankfurt/Main, Urt. v. 26.02.1997, S 27 Ka 2022/95, zit. nach Plagemann, a.a.O., Fn. 34: Spezialisierung auf Suchterkrankungen reicht nicht aus.
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• Schwerpunkts, • fakultativen Weiterbildung oder • besonderen Fachkunde. Die Leistungen müssen über die gesamte Breite dieser Qualifikationen fehlen oder nicht ausreichend vorhanden sein (§ 24 lit. b) S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Die Prüfung erfolgt über die Auswertung von Leistungsstatistiken, ob die vorhandenen Vertragsärzte bestimmte Gebührennummern abrechnen56. Gemäß § 24 lit. b) S. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie bleiben Leistungen „in Krankenhäusern“ außer Betracht; dies schließt Leistungen durch ermächtigte Krankenhausärzte mit ein57.
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Anwendungsprobleme können sich aus der Diskrepanz zwischen den Bezeichnungen ärztlicher Qualifikationen in den Weiterbildungsordnungen und den Anforderungen gemäß § 24 lit. b) Bedarfsplanungs-Richtlinie ergeben. Die Bedarfsplanungs-Richtlinie erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss. Die Weiterbildungsordnungen erlassen die (Landes-)Ärztekammern in Anlehnung an die Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer; Entwicklungen, auch begriffliche, kommen in den Weiterbildungsordnungen vor, ohne dass eine Abstimmung mit vertragsarztrechtlichen Regelungen erfolgt. So finden sich z.B. in der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein58 nicht (mehr) die Begriffe „Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung und besondere Fachkunde“, sondern die Begriffe „Schwerpunktkompetenz und Zusatz-Weiterbildung“. Allein auf Grund begrifflicher Unterschiede kann eine Sonderbedarfszulassung aber nicht abgelehnt werden. Dies gebieten Sinn und Zweck von § 24 lit. b) Bedarfsplanungs-Richtlinie vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Erlasskompetenzen der Bedarfsplanungs-Richtlinie und der Weiterbildungsordnungen59. Durch vergleichende Auslegung ist zu ermitteln, ob die Voraussetzungen früherer weiterbildungsrechtlicher Schwerpunkte, fakultativer Weiterbildungen und besonderer Fachkunden, die begrifflich von der Bedarfsplanungs-Richtlinie weiterhin gefordert werden, mit den Voraussetzungen der aktuellen weiterbildungsrechtlichen Qualifikationen übereinstimmen. Beispielhaft wird auf die Kinder-Pneumologie gemäß Nr. 20 Abschnitt C Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein verwiesen. Weiterbildungs-
31
56 57
58 59
Plagemann, MedR 1998, 85, 88. Sog. Präponderanz des niedergelassenen Arztes; Plagemann, MedR 1998, 85, 88. Ebenso BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242, zumindest soweit die beabsichtigte Praxis wirtschaftlich tragfähig sei. Aus diesem Grund haben Sonderbedarfszulassungen für Fachärzte auch Vorrang vor jeglichen Ausnahmegenehmigungen für Hausärzte, vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.07.2004, L 11 KA 21/04, GesR 2004, 526, für Ausnahmegenehmigungen gemäß § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V, und Urt. v. 03.03.2004, L 10 KA 41/03, MedR 2005, 315, für die sog. K.O.-Leistungen. I.d.F. ab dem 01.10.2005, www.aekno.de; vgl. Nawrot/Schäfer, RhÄBl. 10/2005, 10. Auf Zusatzbezeichnungen usw. aus anderen Regelwerken ist dies nicht übertragbar, da die Bedarfsplanungs-Richtlinie ausschließlich an die Weiterbildungsordnungen der (Landes)Ärztekammern anknüpft; vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.11.2000, L 11 KA 195/ 99, E-LSG Ka 071, zur „Zusatzbezeichnung Umweltmedizin“ nach einer befristeten Umweltmedizin-Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und einzelnen Krankenkassen bzw. -verbänden.
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rechtlich ist sie „Zusatz-Weiterbildung“60. Bedarfsplanungsrechtlich ist sie „fakultative Weiterbildung“. Denn die Anforderungen zu ihrer Erlangung sind den früheren Anforderungen an weiterbildungsrechtliche fakultative Weiterbildungen (insbesondere eine dreijährige Weiterbildungszeit, die Vermittlung, der Erwerb und der Nachweis besonderer Kenntnisse und Erfahrungen sowie das Bestehen einer Prüfung61) angenähert. d) Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft mit spezialistischen Versorgungsaufgaben gemäß § 24 lit. c) BedarfsplanungsRichtlinie 62 32
§ 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie zielt auf die Bildung von Berufsausübungsgemeinschaften, die durch eine spezielle ärztliche Tätigkeit geprägt werden. Beispielhaft genannt sind kardiologische oder onkologische Berufsausübungsgemeinschaften. Gemäß § 24 lit. c) S. 2 gilt lit. a) entsprechend, d.h. für eine Berufsausübungsgemeinschaft mit spezialistischen Versorgungsaufgaben muss in dem jeweiligen Planungsbereich ein lokaler Versorgungsbedarf bestehen. Zweckmäßigkeitserwägungen, insbesondere allein die Schaffung einer Berufsausübungsgemeinschaft als „Kompetenzzentrum“, reichen nicht aus, sofern nicht Qualitätsrichtlinien z.B. die ständige Präsenz eines Arztes vorsehen63.
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Die von § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie geforderte Ausübung spezieller ärztlicher Tätigkeiten durch den Antragsteller betrifft den Zulassungszeitpunkt, nicht die Zeit bis dahin; eine spezialistische Erfahrung ist, so sehr sie in der Praxis regelmäßig gegeben sein wird, von ihm nicht zu verlangen64. e) Förderung ambulanter Operationen gemäß § 24 lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie65
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§ 24 lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie betrifft die Förderung ambulant-operativ tätiger Fächer wie z.B. Gynäkologie, Orthopädie und Augenheilkunde. Die Sätze 1 (kein ausreichendes Angebot) und 2 (schwerpunktmäßige Ausübung ambulanter Operationen) der Vorschrift greifen auf Grundlagen aus § 24 lit. b) und lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie zurück. Gemäß § 24 lit. d) S. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie bleiben Leistungen „von zu ambulanten Operationen bereiten Krankenhäusern gemäß § 115b SGB V“ außer Betracht; dies schließt Leistungen durch ermächtigte Krankenhausärzte mit ein66. 60 61 62 63 64 65 66
In den Weiterbildungsordnungen etwa der Ärztekammern Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ist die Kinder-Pneumologie „Schwerpunkt“. Insbesondere auf die Prüfung abhebend LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 09.11.2000, L 11 KA 195/99, E-LSG Ka 071. Hierzu auch ausführlich § 33 Rz. 70ff. Plagemann, MedR 1998, 85, 89. Plagemann, MedR 1998, 85, 89. Hierzu auch ausführlich § 33 Rz. 70ff. Sog. Präponderanz des niedergelassenen Arztes; Plagemann, MedR 1998, 85, 88. Ebenso BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, BSGE 86, 242, zumindest soweit die beabsichtigte Praxis wirtschaftlich tragfähig sei.
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Sicherstellung wohnortnaher Dialyseversorgung gemäß § 24 lit. e) Bedarfsplanungs-Richtlinie67
§ 24 lit. e) Bedarfsplanungs-Richtlinie ist am einfachsten anzuwenden. Der Zulassungsausschuss reagiert in diesem Fall mit der Zulassungserteilung für einen Facharzt für Innere Medizin allein darauf, das die Kassenärztliche Vereinigung diesem Arzt die Genehmigung gemäß § 2 Abs. 7 BMV-Ä/EKV (Versorgungsauftrag für Dialyseleistungen bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz) erteilen will. Mehr darf der Zulassungsausschuss – abgesehen von den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen – nicht prüfen.
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g) Rechtsfolge der Sonderbedarfszulassung, Status des Zugelassenen und Nachbesetzungsverfahren § 25 Bedarfsplanungs-Richtlinie (i.V.m. dem Zulassungsbeschluss) definiert den Status des sonderbedarfszugelassenen Arztes. Er ist im Fall von § 24 lit. b) – d) Bedarfsplanungs-Richtlinie nur berechtigt, die im Zusammenhang mit dem jeweiligen Ausnahmetatbestand stehenden Leistungen zu erbringen und abzurechnen (§ 25 Abs. 1 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Entfallen die Zulassungsbeschränkungen, entfällt auch die Abrechnungsbeschränkung (§ 25 Abs. 1 S. 2 BedarfsplanungsRichtlinie). Im Fall von § 24 lit. e) Bedarfsplanungs-Richtlinie ist die Zulassung mit der Maßgabe zu erteilen, dass sie auf den definierten Versorgungsauftrag beschränkt ist und im Falle gemeinsamer Berufsausübung auf die Dauer der gemeinsamen Berufsausübung; diese Beschränkung endet, wenn Zulassungsbeschränkungen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten aufgehoben werden (§ 25 Abs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie).
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Eine Sonderbedarfszulassung ist gemäß § 25 Abs. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie im Rahmen des Verfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V68 nur nachbesetzungsfähig, wenn die Sonderbedarfsfeststellungen fortbestehen; die neue Zulassung ist mit einer erneuten Beschränkung zu versehen.
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h) Mehrere Bewerber Insbesondere in den Fällen des § 24 lit. a) und lit. b) Bedarfsplanungs-Richtlinie stellt sich bei einem tatsächlich bestehenden Versorgungsbedarf die Frage, wie mit den Anträgen mehrerer Ärzte zu verfahren ist, die bei dem Zulassungsausschuss eingehen, bevor eine zur Bedarfsdeckung notwendige Anzahl von Ärzten bestandskräftig zugelassen wurde. Denn naturgemäß wären diejenigen Ärzte, über deren Anträge bis zur Bedarfsdeckung als erstes entschieden wird, gegenüber den anderen Antragstellern bevorteilt. An einer ausdrücklichen Regelung in der BedarfsplanungsRichtlinie fehlt es. Diese Lücke sollte alsbald geschlossen werden. Die Leitlinie zur Lösung der Problematik gibt das Urteil des Bundessozialgerichts69 zum (rechtswidrigen) „Windhundprinzip“ bei der partiellen Aufhebung von Zulassungsbeschrän-
67 68 69
Hierzu auch ausführlich § 33 Rz. 70ff. Hierzu Rz. 42ff. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 81/03 R, BSGE 94, 181 = MedR 2005, 666.
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kungen70 vor. Hiernach kann kein Zweifel bestehen, dass es einem rechtsstaatlichen, insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz) i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) genügenden Verfahren nicht entspricht, wenn allein der Zeitpunkt des Eingangs über den/die zuerst zu bescheidenden Anträge entscheidet. Insofern allerdings der Zulassungsausschuss nur auf Antrag darüber entscheidet, ob ein Sonderbedarf besteht, der sich einer rein statistischen Ermittlung qua definitionem entzieht, ist es nicht erforderlich, für den Ausnahmefall „Sonderbedarfszulassung“ eine Ausschreibung durchzuführen. Es ist ausreichend, es statt dessen allein auf die Initiative der Antragsteller ankommen zu lassen. Zeigen allerdings mehrere Ärzte diese Initiative gleichzeitig, muss zwischen ihnen sachgerecht ausgewählt werden. § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie71 ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung analog anzuwenden. Auszuwählen ist zwischen den Antragstellern, deren ordnungsgemäße Anträge vor der maßgeblichen Sitzung, in der alle für die Sonderbedarfszulassung maßgeblichen Tatsachen bekannt sind, rechtzeitig genug vorliegen, um die zweiwöchige Ladungsfrist gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 ÄrzteZV zu wahren. Hat der Zulassungsausschuss daher z.B. auf den Antrag eines Arztes hin zunächst eine mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann Sachverhaltsermittlungen angestellt, ist ein weiterer Antragsteller bei späterem, aber nach Vorstehendem rechtzeitigen Antrag zur zweiten und entscheidenden mündlichen Verhandlung ebenfalls zu laden und ggf. auszuwählen. i)
Konkurrentenklage niedergelassener Vertragsärzte
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In der Praxis ist zu beobachten, dass Sonderbedarfszulassungen selten ohne Widerstand (Widerspruch, Klageverfahren) der Kassenärztlichen Vereinigung erteilt werden. Bereits dies ist für den Zugelassenen äußerst misslich, nicht zuletzt deswegen, weil es ihm – auch nach ggf. erfolgreichem Verfahrensabschluss – während des Verfahrens verwehrt ist, vertragsärztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen72.
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Niedergelassene Vertragsärzte (Konkurrenten) konnten in der Vergangenheit – abgesehen von dem Hinweis im Zulassungsverfahren auf entsprechende Nachfrage, es bestehe kein Bedarf – gegen Sonderbedarfszulassungen nichts unternehmen. Denn das Bundessozialgericht gewährte niedergelassenen Vertragsärzten keinen Rechtsschutz gegen Statusentscheidungen, mit denen die Zulassungsgremien neue Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zuließen73. Das Bundesverfassungsgericht hat dies durch einen Beschluss vom 17.08.200474 – ausdrücklich jedenfalls für Klagen gegen Ermächtigungen – korrigiert: Die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG könne eine defensive Konkurrentenklage nicht erst bei besonders schweren materiellen Begründungsmängeln zulassen. Vor dem Hintergrund restriktiver Bedarfsplanung und limitierter Gesamtvergütung komme dem gesetzlichen Vorrang der nie70 71 72 73 74
Vgl. hierzu Rz. 16. Vgl. Rz. 16f. BSG, Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 41/96 R, ArztR 1999, 158; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.03.1995, L 11 Ka 46/94, MedR 1995, 509. Vgl. auch Bracher, MedR 2001, 452. Vgl. BSG, Urt. v. 15.05.1991, 6 RKa 22/90, BSGE 68, 291. Zur Entwicklung der Rechtsprechung Steinhilper, MedR 2004, 682, Fn. 1; Szabados, GesR 2007, 97, 98, jeweils m.w.N. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680.
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dergelassenen Vertragsärzte vor ermächtigten Ärzten gemäß § 116 S. 2 SGB V i.V.m. § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV drittschützende Wirkung zu. Ob auf der Grundlage dieser Rechtsprechung für niedergelassene Vertragsärzte auch eine Klagebefugnis gegen Sonderbedarfszulassungen besteht, ist umstritten. Die Ablehnung der Klagebefugnis wird darauf gestützt, dass Sonderbedarfszulassungen kein aliud zu bedarfsunabhängigen Zulassungen und ihnen gegenüber nicht nachrangig seien75. Diese Argumentation verkennt jedoch, dass die Nachrangigkeit der Ermächtigung gemäß § 116 S. 2 SGB V, § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV dem Bundesverfassungsgericht nur Begründung für den notwendigen einfachgesetzlich niedergelegten Drittschutz76, bezogen auf Ermächtigungen, war. Unzweifelhaft lässt sich aber aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 dasjenige, was bereits für die Ermächtigung galt, auf die Sonderbedarfszulassung übertragen: Mit ihr verschlimmern sich eine restriktive Bedarfsplanung und eine limitierte Gesamtvergütung für die schon niedergelassenen Vertragsärzte, was für sie eine Beschränkungen ihrer Berufsfreiheit bedeutet77. Maßgeblich ist daher ausschließlich, ob die gesetzlichen Regelungen zur Sonderbedarfszulassung (auch) den Drittschutz der bereits niedergelassenen Vertragsärzte bezwecken (sog. Schutznormtheorie)78; allein eine faktische Betroffenheit genügt ebenso wenig wie es unschädlich ist, dass die fragliche Vorschrift (auch) Allgemeininteressen dient79. Insofern ist zu berücksichtigen, dass grundrechtlichen Vorgaben bei der Bewertung des einfachen Rechts besondere Bedeutung zukommt80. Die grundrechtlichen Vorgaben führen über ihre norminterne Wirkung81 zur – durch andere Auslegungskriterien widerleglichen – Vermutung eines klagefähigen Drittschutzes, wenn eben Grundrechte betroffen sind82. Bei Sonderbedarfszulassungen, die, wie ausgeführt, die Berufsfreiheit der bereits niedergelassenen Vertragsärzte beeinträchtigen, lässt sich der Drittschutz in § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V verankern. Denn Sonderbedarfszulassungen stellen – ausgehend von den bereits bestehenden Zulassungen – eine „ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze“ dar (und sind damit auch „nachrangig“). Mithin ist der Status, den die vorhandenen Vertragsärzte repräsentie-
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Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 206. Vgl. Wahl in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb. § 42 Abs. 2, Rz. 85, 92; Bauer, AöR 113 (1988), 582, 590f. Vgl. Szabados, GesR 2007, 97, 100. BVerfG, Beschl. v. 17.12.1969, 2 BvR 23/65, BVerfGE 27, 297, 307; BVerwG, Urt. v. 06.10.1989, 4 C 14.87, BVerwGE 82, 343, 344; Urt. v. 17.06.1993, 3 C 3.89, BVerwGE 92, 313, 317; Wahl in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb. § 42, Rz. 95 m.w.N.; Bauer, AöR 113 (1988), 582, 583f. Ausführlich Bauer, AöR 113 (1988), 582, 585f., Fn. 11ff. m.w.N. Bauer, AöR 113 (1988), 582, 591; Huber, Konkurrenzschutz, 284f.; Wahl/Schütz in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2, Rz. 56 m.w.N. Detailliert Wahl in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb. § 42, Rz. 98; Huber, Konkurrenzschutz, 113f., 285. BVerfG, Beschl. v. 05.02.1963, 2 BvR 21/60, BVerfGE 15, 275, 281f.; Beschl. v. 08.05,1979, 2 BvR 782/78, BVerfGE 51, 176, 186. Relativierend BVerwG, Urt. v. 14.06.1968, IV C 44.66, NJW 1968, 2393, 2394.
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Überversorgung
ren, entscheidend und folgt hieraus ihre Klagebefugnis gegen Sonderbedarfszulassungen83. 2. Die Zulassung im Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V a) Allgemeines 42
Die – neben Zulassungsbeschränkungen – pointierteste Konsequenz einer Überversorgung wäre ihr Abbau. Dies hätte bedeutet, gleichzeitig mit der Einführung der Zulassungsbeschränkungen durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG)84 sowohl bestehende Zulassungen zu entziehen als auch gemäß § 28 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V endende Zulassungen nicht erneut zu besetzen. Die Entziehung hätte für die auszuwählenden Betroffenen unzweifelhaft gegen deren Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 (Gleichheitsgrundsatz), Art. 12 Abs. 1 (Berufsfreiheit), Art. 14 Abs. 1 (Eigentumsschutz) GG85 verstoßen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen86 hat sich der Gesetzgeber auch gegen unterbleibende Neubesetzungen, sondern für die Einführung des sog. Nachbesetzungsverfahrens entschieden87. aa) Gesetzeswortlaut
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Maßgeblich für das Nachbesetzungsverfahren ist (allein) § 103 Abs. 4, 5 und 6 SGB V. Hierin ist geregelt: (4) 1Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. 2Dem Zulassungsausschuss sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. 3Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. 4Bei der Auswahl der Bewerber sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde. 5Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksich-
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I.E. ebenso Steinhilper, MedR 2004, 682, 683; ders. MedR 2007, 469, 473; Beeretz, ZMGR 2005, 317. S. auch § 33 Rz. 83. Zu den Auswirkungen auf die Tätigkeitsaufnahme angesichts der Drei-Monats-Frist gemäß § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV. s. § 20, Rz. 34. BGBl. 1988 I, 2477; zur Vorgeschichte ausführlich Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bedarfsplanung“, Rz. 1ff. Vgl. Schnapp in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 4 Rz. 49ff. Dazu Rz. 44ff. Das Nachbesetzungsverfahren steht in Teilbereichen in der Tradition von bzw. existiert in Parallele zu anderen „Verteilungsverfahren“ im Wirtschaftsverwaltungs- und öffentlichen Dienstrecht; vgl. Schöbener/Schöbener, SGb 1994, 211, 213.
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tigen. 6Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. (5) 1Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. 2In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. 3Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen. (6) 1Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. 2 Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.
bb) Verfassungsrechtlicher Hintergrund Das Nachbesetzungsverfahren fußt auf folgenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen, die bei der Anwendung von § 103 Abs. 4 – 6 SGB V stets zu vergegenwärtigen sind und auf die deshalb noch mehrfach zurückzukommen sein wird:
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Eine Arztpraxis ist die Gesamtheit der für eine ärztliche Tätigkeit notwendigen Ressourcen. Diese bestehen vornehmlich aus dem (gegenständlichen) Sachanlagevermögen (medizinisch-technische Geräte und sonstiges Inventar einschließlich der verkörperten Patientenkartei, ggf. auch nur in Form von elektronisch auf entsprechenden Trägern gespeicherten Daten) und dem Patientenstamm bzw. immateriellen Vermögen (sog. Goodwill)88. Sowohl das Sachanlagevermögen als auch der Patientenstamm einer Arztpraxis sind Eigentum i.S. von Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG89. Denn der Gesetzgeber hat beides – entsprechend der Vorgabe gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG – einfachgesetzlich inhaltlich bestimmt. Für das Sachanlagevermögen, bestehend aus beweglichen (teilweise auch aus unbeweglichen) Sachen, ergibt sich dies zwanglos aus §§ 903 S. 1, 873 BGB. Für das immaterielle Vermögen greift man auf das „sonstige Recht“ gemäß § 823 Abs. 1 BGB zurück90, welches u.a. das richterrechtlich ausgestaltete sog. Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb91 beinhaltet. Dieses bezieht sich entweder – neben gegenständlichen Betriebsmitteln, sonstigen geschäftlichen Verbindungen und Bezie-
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Vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.06.1977, 2 BvR 499/74, BVerfGE 45, 150, 155; BGH, Urt. v. 18.09.1986, III ZR 83/85, BGHZ 98, 341, 350; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 208. Unstr., vgl. BSG, Urt. v. 19.03.1957, 6 RKa 5/55, BSGE 5, 40; BGH, Urt. v. 04.06.1981, III ZR 31/80, NJW 1981, 2000; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 211; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 208ff.; Rieger, Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 27; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, 4.1; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 21, Fn. 45 m.w.N. Unter Fortsetzung der Rspr. des RG s. nur BGH, Urt. v. 26.10.1951, I ZR 8/51, BGHZ 3, 270, 278; Urt. v. 28.11.1952, I ZR 21/52, BGHZ 8, 142, 144f.; Urt. v. 28.01.1957, III ZR 141/55, BGHZ 23, 157, 163; Urt. v. 31.01.1966, III ZR 118/64, BGHZ 45, 83, 87; Urt. v. 08.02.1971, III ZR 33/68, BGHZ 55, 261, 263. S. ausführlich Meschke, Der einfachgesetzliche Ausgleich zwischen kommunaler und privater Wirtschaftsbetätigung, 173ff., 186ff.
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hungen – auch auf den Kunden-/Patientenstamm92 oder nur auf den Kunden-/Patientenstamm93, schützt ihn letztlich aber in jedem Fall. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG wiederum schützt das Eigentum als Institut und als Grundlage eines Freiheitsraums im vermögensrechtlichen Bereich zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung94, d.h. Eigentum nutzen, verwenden bzw. darüber verfügen zu können, ist essenzieller Schutzbestandteil95. Einmal bestehendes Eigentum kann der Gesetzgeber nicht ohne weiteres entziehen, wozu entsprechend dem Vorstehenden auch eine Beschränkung der Nutzungs-/Verfügungsbefugnis gehören würde. Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie bedarf einer gesetzlichen Grundlage und einer Entschädigung (Art. 14 Abs. 3 GG). Dabei ist die Enteignung ein sog. Grundrechtseingriff. Er wird seinem modernen Verständnis nach definiert als jede staatliche Handlung, die ein grundrechtlich geschütztes Verhalten ganz oder teilweise unmöglich macht96. Hierunter fallen auch mittelbare Einwirkungen, sofern sie sich äquivalent-kausal, dem Staat zurechenbar, final, vorhersehbar, in den einschlägigen grundrechtlichen Schutzzweck fallend und über Bagatellen hinausgehend freiheitsbeschränkend auswirken97. Ein Grundrechtseingriff (Enteignung) läge z.B. vor, wenn der Gesetzgeber einem (Vertrags-)Arzt die Verwertung seiner Arztpraxis (Anlage- und immaterielles Vermögen) ganz oder in wesentli92
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BGH, Urt. v. 28.01.1957, III ZR 141/55, BGHZ 23, 157, 163; Urt. v. 31.01.1966, III ZR 118/ 64, BGHZ 45, 83, 87; Urt. v. 08.02.1971, III ZR 33/68, BGHZ 55, 261, 263. Am Nutzen und Bestand des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zweifelnd BVerfG, Beschl. v. 22.5.1979, 1 BvL 9/75, BVerfGE 51, 193, 221f.; vgl. hierzu ferner Urt. v. 25.01.1984, 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116, 145; Beschl. v. 31.10.1984, 1 BvR 35/82, BVerfGE 68, 193, 222f.; Beschl. v. 23.01.1990, 1 BvR 306/86, BVerfGE 81, 208, 228. Vgl. BVerwG, Urt. v. 27.05.1981, VII C 34.77, BVerwGE 62, 224, 226; BGH, Urt. v. 28.01.1957, III ZR 141/55, BGHZ 23, 157, 163; Urt. v. 31.01.1966, III ZR 127/64, BGHZ 45, 83, 87; Urt. v. 08.02.1971, III ZR 33/68, BGHZ 55, 261, 263; Urt. v. 28.10.1982, III ZR 71/81, NJW 1983, 1663; OLG Nürnberg, Urt. v. 18.07.1995, 3 U 1166/95, GRUR 1996, 48; Engel, AöR 118 (1993), 169, 216, Fn. 231 m.w.N.; sowie Meschke, Der einfachgesetzliche Ausgleich zwischen kommunaler und privater Wirtschaftsbetätigung, 186ff. Das Bundesverfassungsgericht bezweifelt den Schutz des Kunden-/Patientenstamms, weil er lediglich eine „bloße (Umsatz- und Gewinn-)Chance“ oder eine „tatsächliche Gegebenheit“ sei (Beschl. v. 06.10.1987, 1 BvR 1086/82, BVerfGE 77, 84, 118). Dies verkennt aber, dass der Kunden-/ Patientenstamm ein handelbares Gut (geworden) ist, für das ein Markt existiert (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 15.04.1985, 2 U 127/84, MDR 1985, 1026; OLG Koblenz, Urt. v. 26.11.1992, 6 U 1354/92, NJW-RR 1993, 611, und § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB [Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters gegen den Unternehmer für geworbene Geschäftsverbindungen mit neuen Kunden] und die hierzu ergangene Rspr., z.B. LG Freiburg, Urt. v. 28.05.1999, 12 O 140/98, NJW-RR 2000, 110, sowie ausführlich Meschke, a.a.O., m.w.N.), und jede handelbare Position verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum sein muss (Leisner in: Isensee/Kirchhof, HdbStR VI, § 149 Rz. 109; Engel, AöR 118 (1993), 169, 203. St. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 31.10.1984, 1 BvR 35/82, BVerfGE 68, 193, 222; Beschl. v. 09.01.1991, 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201, 208; Beschl. v. 31.03.1998, 2 BvR 1877/97, BVerfGE 97, 350, 371. St. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 13.03.1979, 2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 290, 339; Beschl. v. 12.06.1979, 1 BvL 19/76, BVerfGE 52, 1, 30; Urt. v. 14.02.1989, 1 BvR 308/88, BVerfGE 79, 292, 304; Beschl. v. 25.05.1993, 1 BvR 345/83, BVerfGE 88, 366, 377. Vgl. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rz. 240. Zum modernen Eingriffsbegriff vgl. ausführlich Meschke, Der einfachgesetzliche Ausgleich zwischen kommunaler und privater Wirtschaftsbetätigung, 204ff.
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chen Teilen unmöglich machte, ohne dass der (Vertrags-)Arzt überhaupt die Chance hätte, einen Käufer zu finden. A priori ausscheidende Nachbesetzungen von bestehenden Zulassungen wären ein solcher Grundrechtseingriff 98. Denn zu berücksichtigen ist, dass die vertragsärztliche Tätigkeit für die niedergelassenen Ärzte durchweg existenznotwendig ist99; weiterhin sind rund 90 % der Bevölkerung gesetzlich krankenversichert. Könnte kein Praxiserwerber zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden, würde dies die Übertragung des vertragsärztlichen Teils des immateriellen Praxisvermögens vereiteln und gleichzeitig, eben weil ohne die vertragsärztliche Tätigkeit regelmäßig überhaupt keine niedergelassene Tätigkeit Sinn macht, den Verkauf der gesamten Praxis verhindern (ggf. abgesehen von dem Verkauf einzelner, nur einen geringen Teil des Gesamtvermögens ausmachender Teile des Anlagevermögens)100. Ungeachtet dessen ist die allein den Zulassungsgremien zukommende Befugnis, den Zulassungsnachfolger auszuwählen, kein Eingriff in die zum Eigentum gehörende Veräußerungsbefugnis des bisher zugelassenen Vertragsarztes; sie schränkt allenfalls den Kreis der potenziellen Käufer ein, die ihrerseits – durch Art. 12 Abs. 1 GG gefordert – die Möglichkeit auf eine Zulassung erhalten101. Festhalten lässt sich: Der Gesetzgeber konnte bei der Einführung von Zulassungsbeschränkungen wählen, entweder Zulassungen gegen Entschädigungszahlungen abzubauen oder ein Verfahren zur Nachbesetzung von bestehenden Zulassungen einzuführen, das es in zulassungsbeschränkten Gebieten niedergelassenen Vertragsärzten – oder ihren Erben wegen der Gleichstellung von Eigentum und Erbrecht gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG – ermöglicht, ihre Arztpraxen an einen Zulassungsnachfolger zu veräußern. Beides wäre verfassungsgemäß gewesen. Der Gesetzgeber hat sich für das Nachbesetzungsverfahren und damit für „eine Art Bestandsschutz“102 entschieden. Mit ihm wird im übrigen die vertragsärztliche Zulassung, d.h. das subjektiv öffentlich-rechtliche Recht, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu behandeln (sowie die entsprechende Pflicht; vgl. § 95 Abs. 3 S. 1 i.V.m. §§ 72ff. SGB V), kein Eigentum i.S. des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG103. Eigentum ist nur, was „Äquivalent eigener Leistung“ ist104. Es 98
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I.E. ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 211; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 208ff.; Rieger, Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 27; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, 4.1; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 21, Fn. 45 m.w.N. Zu den Folgen der Zulassungsentziehung anschaulich Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 740. Ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 209f. Seer, DStR 1995, 377; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 212. Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 21. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 209. In BSG, Urt. v. 19.03.1957, 6 RKa 5/55, BSGE 5, 40, 48, ist von einem „eigentumsähnlichen Recht“ die Rede, das allerdings weder pfändbar noch übertragbar sei (mithin u.a. auch nicht in die Insolvenzmasse fallen kann; BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/18 R, BSGE 86, 121 = MedR 2001, 159). Vgl. auch Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 2, Rz. 16. BVerfG, Beschl. v. 11.10.1962, 1 BvL 22/57, BVerfGE 14, 288, 294; Beschl. v. 03.03.1965, 1 BvR 208/59, BVerfGE 18, 392; Urt. v. 16.07.1985, 1 BvL 5/80, BVerfGE 69, 272, 299ff.
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darf insbesondere nicht – wie es bei der vertragsärztlichen Zulassung der Fall ist – (allein) staatlich gewährt sein105. cc) Konsequenzen für die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens (und die Vertragsgestaltung) 47
Daraus, dass der Gesetzgeber das Nachbesetzungsverfahren ausschließlich106 zum Schutz des Eigentums des bisherigen Vertragsarztes eingeführt hat, ergeben sich Konsequenzen für seine Durchführung und mithin auch für die Vertragsgestaltung mit dem/den potenziellen Nachfolger(n) auf die vertragsärztliche Zulassung.
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Die Konzeption, die der Gesetzgeber § 103 Abs. 4 SGB V zu Grunde gelegt hat, ist die Veräußerung einer Einzelpraxis107. Das Nachbesetzungsverfahren verliert in diesem Fall seinen Sinn, wenn die Veräußerung ungeachtet der erfolgreichen Zulassung des Erwerbers erfolgt, d.h. die Zahlung oder das Behalten des Kaufpreises nicht von der bestandskräftigen/rechtskräftigen Zulassung des Erwerbers abhängt108. In diesem Fall darf das Nachbesetzungsverfahren nicht durchgeführt werden und niemandem die Zulassung gemäß § 103 Abs. 4 SGB V erteilt werden109. In der Praxis besteht allerdings kaum Anlass dafür. Einerseits verzichtet die Vertragsgestaltung bereits zum Schutz des Erwerbers – durchweg auch wenn Musterverträge von Kassenärztlichen Vereinigungen, ärztlichen Berufsverbänden, Beratungsgesellschaften usw. verwendet werden – nicht auf die notwendige Bedingung110 oder die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts111. Andererseits lassen sich die Zulassungsgre105 106
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Vgl. Leisner in: Isensee/Kirchhof, HdbStR VI, § 149, Rz. 89. Ebenso wohl auch Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, S. 257. Nicht richtig ist es daher, § 103 Abs. 4 SGB V vorrangig anhand der Notwendigkeit der Patienten(weiter)versorgung auszulegen und anzuwenden. Das Nachbesetzungsverfahren ist hierfür prinzipiell nicht gedacht; die Zulassung könnte auch wegfallen (s. Rz. 46). Letztlich begründet die „beste“ Patientenversorgung nicht einmal die Einführung der ärztlichen Qualifikationskriterien gemäß § 103 Abs. 3 S. 4 SGB V. Denn sie beruhen allein auf der Notwendigkeit, angesichts von Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG eine angemessene Bewerberauswahl zu treffen, die Gleichheit im Rahmen des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung gewährleistet. Vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 7/97 R, MedR 1999, 382. Der „Unternehmensverkauf“ steht nicht per se unter der Bedingung der Zulassungserteilung (so aber – ohne Begründung – Schöbener/Schöbener, SGb 1994, 211, 214). Sie muss gesondert vereinbart werden. Möglich ist, (a) die bestandskräftige/rechtskräftige Zulassung des Käufers zur aufschiebenden Bedingung für die Wirksamkeit des Vertrages zu machen, (b) die bestandskräftige/rechtskräftige Ablehnung der Zulassung zur auflösenden Bedingung eines zunächst von Anfang an wirksamen Vertrages zu machen oder (c) ein Rücktrittsrecht für den Fall der Ablehnung der Zulassung zu vereinbaren; vgl. zu den Vor- und Nachteilen Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 9.11.2. So ausdrücklich SG Köln, Urt. v. 16.03.2005, S 19 KA 65/04, im Fall der Nachbesetzung der Zulassung eines verstorbenen Vertragsarztes; das Urteil wurde nicht rechtskräftig, weil alle Kläger (u.a. Mitbewerber um die Zulassung) im Anschluss an einen Vergleich die Klagen zurücknahmen, nachdem das Berufungsgericht (LSG Nordrhein-Westfalen, L 11 KA 49/05) mitgeteilt hatte, die Ansicht des SG Köln zu teilen. Ebenso bereits Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 239; sowie Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 71 m.w.N. in Fn. 81. Vgl. nur Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, 24; ders., Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 71f. Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 9.11.2.
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mien die Praxiskaufverträge – anders als Berufsausübungsgemeinschaftverträge im Vorfeld der Genehmigung nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV – regelmäßig nicht vorlegen. Ferner sind Praxiskaufverträge, sollte einmal eine ausdrückliche Bedingung oder ein Rücktrittsrecht fehlen, durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB darauf zu überprüfen, ob nach dem wirklichen Willen der Vertragsparteien eines von beiden besteht. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Praxisverkäufer mit mehreren potenziellen Zulassungsnachfolgern unbedingte Kaufverträge abgeschlossen hat. Da eine Übertragung des Praxisvermögens auf alle Vertragspartner ausscheidet, wird es von allen Beteiligten gewollt gewesen sein, nur denjenigen Vertrag mit dem von den Zulassungsgremien ausgewählten Zulassungsnachfolger wirksam werden oder wirksam bleiben zu lassen. Besonderheiten bei der Nachbesetzung der Zulassung eines in Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Vertragsarztes hat der Gesetzgeber grundsätzlich nicht geregelt (und mutmaßlich nicht gesehen). Ihm war nur das „Mitspracherecht“ der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte gemäß § 103 Abs. 6 S. 2 SGB V eine Sonderregelung wert. Ansonsten gilt § 103 Abs. 4 und 5 SGB V entsprechend (§ 103 Abs. 6 S. 1 SGB V). Angesichts der vielfältigen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zur (Vermögens-/Gesellschafts-)Beteiligung eines Vertragesarztes an einer Berufsausübungsgemeinschaft112 ist dieser Zustand unbefriedigend. Nicht zuletzt, weil der Gesetzgeber bestrebt ist, (fachgebietsübergreifende) Kooperationen von Leistungserbringern zu fördern, sollte sich dies ändern. Bis dahin gilt:
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Einem eine Einzelpraxis führenden Vertragsarzt vergleichbar ist der Gesellschafter einer Berufsausübungsgemeinschaft, der gesellschaftsvertraglich berechtigt ist113, seinen Gesellschaftsanteil an einen Nachfolger zu veräußern114. Die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens ist zur Verwertung des Gesellschaftsanteils, der ebenfalls Eigentum i.S. von Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist115, geboten. Gleiches gilt im Fall eines aus der Berufsausübungsgemeinschaft ausscheidenden Gesellschafters116, dessen Abfindungsanspruch – zumindest zum Teil – von der erfolgreichen Zulassung eines Nachfolgers, der der Berufsausübungsgemeinschaft beitritt, abhängt.
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Scheidet ein Gesellschafter aus einer von den anderen Gesellschaftern fortgeführten Berufsausübungsgemeinschaft aus und erhält er von den verbleibenden Gesellschaftern eine Abfindung ungeachtet der Zulassung eines Nachfolgers und dessen Beitritt zur Gesellschaft, fragt sich, ob der Sinn des § 103 Abs. 4 SGB V – eben der Eigentumsschutz – noch gewahrt ist, wenn die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens beantragt wird; der bisherige Zulassungsinhaber hat sein Eigentum (Gesellschaftsanteil) schließlich auch ohne das Nachbesetzungsverfahren verwerten
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112
113 114 115 116
Vgl. nur Goette, MedR 2002, 1; Gummert/Meier, MedR 2007, 1; Haack, MedR 2005, 631; Weimer in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Berufsausübungsgemeinschaften“, Rz. 62f., 87ff., jeweils m.w.N. Zur – unstreitigen – gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechs und Partnerschaftsgesellschaft, § 719, Rz. 27. Vgl. Rieger, Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 226. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 346. Für den Spezialfall des Ausscheidens durch Tod vgl. umfassend Braun/Richter, MedR 2005, 446.
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können. Dies war im Zusammenhang mit dem eigenständigen Ausschreibungsrecht der verbleibenden Gesellschafter umstritten117. Das Bundessozialgericht hat mittlerweile – richtig – entschieden, dass die verbleibenden Gesellschafter eigenständig antragsbefugt sind118. § 103 Abs. 4 SGB V schütze „den“ Eigentümer des (ursprünglich) mit der vertragsärztlichen Zulassung verbundenen Vermögens. Die Vorschrift sei im Lichte des gesellschaftsrechtlichen Regelfalls bei Ausscheiden eines Gesellschafters und Fortführung durch die anderen Gesellschafter auszulegen. Dieser Regelfall ist – durch § 738 Abs. 1 S. 1 BGB festgelegt – die Anwachsung des Gesellschaftsanteils des Ausscheidenden auf die verbleibenden Gesellschafter119. Die Anwachsung kann der Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens nicht entgegenstehen. Dies gilt auch dann, wenn der Zulassungsnachfolger und neue Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft zum Beitrittszeitpunkt (noch) nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt wird oder sich seine Abfindung (noch) nicht anhand eines Anteils am Wert der Gesellschaft/des Gesellschaftsvermögens berechnet120 (sog. Nullbeteiligungsgesellschafter121). Diese Gestaltungsform ist mittlerweile – auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung122 – anerkannt, und dies aus guten sachlichen und vertragsarzt- sowie gesellschaftsrechtlichen Gründen. Einerseits bedarf kein Vertragsarzt/keine Berufsausübungsgemeinschaft zwingend eigenen Anlagevermögens123. Andererseits ist eine Berufsausübungsgemeinschaft ein äußerst fragiles Gebilde der Zusammenarbeit ihrer Gesellschafter und deren Auskommens miteinander. Zulässig ist es grundsätzlich, einen neu eintretenden Gesellschafter für eine „Kennenlernphase“ von bis zu drei Jahren der jederzeitigen Aus117
118 119 120
121 122
123
Vgl. ausführlich zum Streitstand Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 352ff. m.w.N., sowie Rieger in: ders. (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 89. BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 7/97 R, MedR 1999, 382. Vgl. auch Braun/Richter, MedR 2005, 446, 447ff. Rieger in: ders. (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 40, und Weimer, ebd, „Berufsausübungsgemeinschaften“, Rz. 63, jeweils m.w.N., weisen zutreffend darauf hin, dass auf Grund der seit BGH, Urt. v. 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 geltenden Gesamthandslehre nur die Gesellschaft Trägerin des Gesellschaftsvermögens und damit jeder Gesellschafter auch Mitinhaber des Gesellschafts-/Gesamthandsvermögens ist. Richtiger als der – zugegeben „griffigere“ – Begriff „Nullbeteiligungsgesellschafter“ wäre daher „Nullabfindungsgesellschafter“; vgl. instruktiv Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 5. Hierzu § 33 Rz. 28. Schirmer, Arbeitspapier der Rechtsabteilung der KBV „Gemeinsame und arbeitsteilige Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung“, 19 (vgl. Rieger in: ders. (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 41, Fn. 57). Vgl. BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 23/71, BSGE 35, 247, 363, sowie § 20, Rz. 20. Gerätschaften usw., die genutzt werden, können im Eigentum einer sog. Geräteträger-/Betreibergesellschaft stehen; Rieger in: ders., Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 8 m.w.N. Vielfach werden sie auch im (Sicherungs-)Eigentum des finanzierenden Kreditinstituts stehen; vgl. Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 7. Aus diesem Grund ist die Ansicht von Engelmann, ZMGR 2004, 3, 12; ders., FS 50 Jahre BSG, 429, 455ff., spätestens nach drei Jahren müsse eine Beteiligung am materiellen Vermögen bestehen, nicht haltbar (und könnte ggf. auf einer redaktionellen Verwechslung mit dem immateriellen Vermögen beruhen); i.E. ebenso Weimer in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Berufsausübungsgemeinschaften“, Rz. 88; Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 5.
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schlussmöglichkeit durch den/die anderen Gesellschafter zu unterwerfen124. Daneben kann der neu eintretende Gesellschafter verpflichtet werden, seine von einem früheren Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens erhaltene Zulassung bei seinem Ausscheiden zu Gunsten eines von den anderen Gesellschaftern auszuwählenden Nachfolgers auszuschreiben125 und auf sie zu verzichten126. Jedenfalls unter diesen Umständen ist es dem betroffenen Gesellschafter auch nicht zuzumuten, für einen Gesellschaftsanteil zu investieren127. Festhalten lässt sich: Das Nachbesetzungsverfahren ist bei einer Berufsausübungsgemeinschaft auch dann durchzuführen, wenn der ausscheidende Vertragsarzt vom Nachfolger keinen Kaufpreis erhält und der Nachfolger Nullbeteiligungsgesellschafter wird. Problematischer wird der Eigentumsschutz als Grundlage von § 103 Abs. 4 SGB V gesehen, wenn die Zulassung eines Gesellschafters nachbesetzt werden soll, der nach Ablauf der zulässigen Kennenlernphase zwar nicht mehr ausgeschlossen und zur Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens gezwungen werden könnte, weiterhin aber – gesellschaftsvertraglich – nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist und/oder beim Ausscheiden keine Abfindung erhält. In der Literatur sieht man dies – uneinig allerdings darüber, ob eine Beteiligung am Anlage- oder immateriellen Vermögen notwendig sei – als Hindernis für die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens an128. Das Bundessozialgericht hat sich dem zwischenzeitlich, bezogen auf die Beteiligung am immateriellen Vermögen, in einem obiter dictum angeschlossen129. Dies greift allerdings, weil man sich nur am Gesellschaftsvertrag orientiert, aus zwei Gründen zu kurz: Einerseits steht dem Ausscheidenden ein Abfindungsanspruch in anteiliger Höhe der einbehaltenen Gewinne sowie des sich bei Auflösung stiller Reserven in der Abfindungsbilanz ergebenden Überschusses zu (beides sind Forderungen/Rechte, die über § 398 BGB Eigentum und damit verfassungsrechtlich geschützt sind); anderslautende gesellschaftsvertragliche Regelungen sind gemäß §§ 723 Abs. 3, 138 BGB unwirksam130. Andererseits wird keinem (ausscheidenden) 124 125 126
127 128
129 130
OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.10.2005, 16 U 3/05, NJW-RR 2006, 405, bestätigt durch BGH, Urt. v. 07.05.2007, II ZR 281/05. BGH, Urt. v. 22.07.2002, II ZR 265/00, MedR 2002, 647, 649. Die Ausschreibungsverpflichtung enthält zugleich die Verpflichtung, gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung einen Verzicht zu erklären, auch wenn diese Verzichtsverpflichtung nicht ausdrücklich vereinbart ist; OLG Zweibrücken, Urt. v. 25.05.2005, 4 U 73/04, GesR 2005, 423. I.E. ebenso Engelmann, ZMGR 2004, 3, 10ff.; ders., FS 50 Jahre BSG, 429, 455ff. Vgl. Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 7; Engelmann, ZMGR 2004, 3, 10ff.; ders., FS 50 Jahre BSG, 429, 455ff. (jeweils für eine Beteiligung am Anlagevermögen); Weimer in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Berufsausübungsgemeinschaften“, Rz. 89 (für eine Beteiligung am immateriellen Vermögen); Rieger, Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 225 (unentschieden). Tatsächlich ist die Beteiligung am Anlagevermögen nicht erforderlich. Ein eigenes Anlagevermögen muss kein Vertragsarzt haben; vgl. BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 23/71, BSGE 35, 247, 363, sowie § 20, Rz. 20. Gerätschaften usw., die genutzt werden, können im Eigentum einer sog. Geräteträger-/Betreibergesellschaft stehen; Rieger in: ders. (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 8 m.w.N. BSG, Urt. v. 22.03.2006, B 6 KA 76/04 R, MedR 2006, 611, 613. Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft, § 738, Rz. 58.
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Gesellschafter einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft auf Grund der für sie geltenden Abrechnungsbesonderheiten, die den (abfindungsrelevanten) Wert der Gesellschaft mitbestimmen, gesellschaftsrechtlich dauerhaft eine Beteiligung am immateriellen Vermögen bzw. eine Abfindung hierfür verwehrt werden können; anderslautende gesellschaftsvertragliche Regelungen sind – auch wenn sie für Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit einem anderen Zweck gültig sein können131 – unwirksam132 (in der Vertragspraxis behilft man sich daher vorbeugend z.B. mit Regelungen, die eine sich ratierlich aufbauende, summenmäßig oder prozentual bestimmte/bestimmbare Abfindung des Nullbeteiligungsgesellschafters vorsehen). Denn der (vermeintliche) Nullbeteiligungsgesellschafter einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft kann nach Ablauf der maximal möglichen Kennenlernphase133 seine Zulassung nach seinem Ausscheiden auch „mitnehmen“; er muss das Nachbesetzungsverfahren zu Gunsten eines Nachfolgers keinesfalls zwingend durchführen134. Er könnte damit (s)einen Anteil am Patientenstamm/immateriellen Vermögen der Gesellschaft in natura sowie die bislang ausschließlich mit seiner Zulassung verbundenen Abrechnungsmöglichkeiten der Gesellschaft135 über- bzw. mitnehmen136. Tut er dies nicht und wird ein Nachfolger in der Berufsausübungsgemeinschaft nachbesetzt, verbleibt der Gesellschaft diese ihren Wert erhöhende Position, und der sie zurücklassende Ausscheidende muss eine Abfindung erhalten (ggf. unter Berücksichtigung des Umstands, dass er ursprünglich keine Einlage/keinen Kaufpreis gezahlt hat137). Tatsächlich ist ein Gesellschafter somit nach einer Anfangszeit/Kennenlernphase ohne Rücksicht auf den Gesellschaftsvertrag am immateriellen Vermögen beteiligt und hat hierfür bei Ausscheiden einen Abfindungsanspruch. Auch für die Zulassung des sog. Nullbeteiligungsgesellschafters ist mithin das Nachbesetzungsverfahren – zeitlich uneingeschränkt – auf Antrag durchzuführen. Andernfalls müsste der ausscheidende Gesellschafter sogar erst durch die „Vernichtung“ seiner Zulassung den Verlust seiner Abfindung für eine Be131 132
133 134
135 136 137
Vgl. Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft, § 738, Rz. 58 m.w.N. in Fn. 119. Ausdrücklich Weimer in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Berufsausübungsgemeinschaften“, Rz. 63; vgl. auch Peres in: Kraus u.a., Sozietätsrecht, § 8, Rz. 70f. m.w.N. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die Rspr. bislang, soweit ersichtlich, mit einem entsprechenden Anspruch noch nicht befasst war. S. Rz. 51. In BGH, Urt. v. 22.07.2002, II ZR 265/00, MedR 2002, 647, 649, ist zwar nicht ausdrücklich entschieden, wie lange ein Gesellschafter verpflichtet werden kann, seine Zulassung „zurückzulassen“. Man kann dem Urteil aber entnehmen, dass dies nicht dauerhaft der Fall sein darf. Angemessen sei eine Zeitspanne, in der der Gesellschafter diese noch nicht habe prägen können; mutmaßlich maximal drei Jahre (deckungsgleich mit der Zeitspanne, in der ein Ausschluss durch die anderen Gesellschafter zulässig ist; vgl. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.10.2005, 16 U 3/05, NJW-RR 2006, 405, bestätigt durch BGH, Urt. v. 07.05.2007, II ZR 281/05). Vgl. die Honorarverteilungsverträge der Kassenärztlichen Vereinigungen (z.B. § 7 Abs. 5 lit. d) HVV der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein). Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 7. Vgl. Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft, § 738, Rz. 58 m.w.N.
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teiligung am immateriellen Vermögen – ganz oder wenigstens zu einem wesentlichen Teil – hinnehmen. Denn mittlerweile setzt sich die Überlegung durch, dass der Wert des immateriellen Vermögens einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht lediglich vergangenheitsbezogen ermittelt werden kann; Auswirkungen des Ausscheidens wie z.B. der Verlust einer Zulassung und der damit verbundenen Abrechnungsmöglichkeiten sind (wertmindernd) zu berücksichtigen138. Dies zu bewirken, ist gerade nicht der Sinn des Nachbesetzungsverfahrens. b) Voraussetzungen des Nachbesetzungsverfahrens Die Voraussetzungen des Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 Abs. 4 SGB V sind:
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• das Bestehen einer nachbesetzungsfähigen Zulassung, • das (bevorstehende) Ende der Zulassung und • die (beabsichtigte) Fortführung der Praxis durch einen Nachfolger. aa) Bestehen einer nachbesetzungsfähigen Zulassung Es muss eine nachbesetzungsfähige Zulassung vorliegen. Bei der „normalen“ Zulassung ist dies kein Problem. Eine Zulassung, die gemäß § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV mit einem auf die Hälfte einer Vollzeittätigkeit beschränkten Versorgungsauftrag („halber Versorgungsauftrag“) verbunden ist (sog. Teilzulassung)139, ist – entgegen der Auffassung einiger Kassenärztlicher Vereinigungen in der Praxis – ebenfalls nachbesetzungsfähig140. Denn es ist nach der Gesetzessystematik zu trennen zwischen der Zulassung, die ein Statusrecht verkörpert, und dem Versorgungsauftrag, der das Ausmaß der Wahrnehmung dieses Rechts konkretisiert141. Die Ausgestaltung des Letzteren lässt den Bestand des Ersteren unberührt142. Und auch der verfassungsrechtliche Hintergrund des § 103 Abs. 4 SGB V (Eigentumsschutz)143 zwingt zur Nachbesetzung. Es kommt nicht darauf an, wie „wertig“ die fortzuführende Praxis ist. Hierfür bietet keine gesetzliche Regelung einen Ansatz.
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Aus der systematischen Differenzierung zwischen dem Statusrecht „Zulassung“ und der Tätigkeitskonkretisierung „Versorgungsauftrag“ könnte man nun ableiten, dass der seinen vollzeitigen Versorgungsauftrag gemäß § 19a Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV selbstständig auf die Hälfte beschränkende Vertragsarzt nicht berechtigt ist, für die verzichtete Hälfte das Nachbesetzungsverfahren durchzuführen, wenn er gleichzei-
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138
139 140 141 142 143
Zur Bereinigung von Vergangenheitsergebnissen/-einflüssen, die auf die Zukunft nicht übertragbar sind, Cramer/Henkel, Der Radiologe 1997, M 94, M 95ff.; Küntzel, DStR 2000, 1103, 1105; Schmid-Domin, Bewertung von Arztpraxen und Kaufpreisfindung, 133; und ausdrücklich Cramer/Maier, MedR 2002, 549, 54; sowie Boos, ärztepost Rhein-Ruhr 2006, IVf. Hierzu § 19a Rz. 7ff. Zur (psychotherapeutischen) „Entwicklungsgeschichte“ Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 87. Ebenso Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 14; Möller, MedR 2007, 263, 266. Eher offen Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 90. A.A. Bäune, § 19a, Rz. 13ff. Daher zu undifferenziert Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 88 (Reduzierung des Versorgungsauftrags sei Statusentscheidung). Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 214. Hierzu Rz. 45ff.
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tig mit der anderen Hälfte des Versorgungsauftrags weiterarbeitet144. Der Gesetzgeber wollte aber mit aller Wahrscheinlichkeit, dass auch in diesem Fall eine Teilzulassung nachbesetzt werden kann145. Schlussfolgern lässt sich dies vor allem aus der Streichung von § 4 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV146 durch das VÄndG zum 1. Januar 2007, auf Grund derer ein Arzt nunmehr in mehrere Arztregister eingetragen werden kann, gerade um in Bezirken verschiedener Kassenärztlicher Vereinigungen Teilzulassungen innehaben zu können147. Wie anders als durch Abgaben von Teilzulassungen durch Vertragsärzte sollte dies – entsprechend dem Ziel des VÄndG, Flexibilität in die vertragsärztliche Tätigkeit nicht zuletzt für Ärztinnen und Psychotherapeutinnen zu bringen148 – wirkungsvoll gefördert werden können? Allein Nachbesetzungen einer „Vollzulassung“ mit zwei Teilzulassungen, weil dies die hergebrachte Systematik mit dem Ende des Statusrechts erfüllt, zuzulassen, ist verkürzte Gesetzesanwendung ohne Nutzung üblicher Auslegungsgrundsätze. Unzweifelhaft – und dem Gesetzgeber anzulasten149 – ist das Gesetz selbst nicht besonders klar. Auflösung bietet neben dem gesetzgeberischen Willen aber auch eine verfassungskonforme Auslegung150. Entzieht nämlich der Zulassungsausschuss gemäß § 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V „die Zulassung“ zur Hälfte, erfolgt tatsächlich die Reduzierung des vollzeitigen Versorgungsauftrags auf die Hälfte151. Die Entziehung wiederum ist ein Tatbestand, der zur Nachbesetzung berechtigt (§ 103 Abs. 4 S. 1 SGB V). Aus Gründen eines allen Vertragsärzten gleich zu gewährenden Eigentumsschutzes (vgl. Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) muss daher auch einem freiwillig auf die Hälfte seines Versorgungsauftrags verzichtenden Vertragsarzt die Nachbesetzungsmöglichkeit für die verzichtete Hälfte gewährt werden152. 56
Die besondere Zulassungsart „Sonderbedarfszulassung“ gemäß § 25 Abs. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist nur nachbesetzungsfähig, wenn die Sonderbedarfsfeststellung fortbesteht153; die neue Zulassung ist mit einer erneuten Beschränkung zu versehen. Eine Belegarztzulassung ist nicht nachbesetzungsfähig154. 144 145 146 147
148 149 150 151 152
153 154
So die Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG vom 10.01.2007 (sog. Schirmer-Papier zum VÄndG), 53f. Vgl. Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 14, 85 (der Mitautor Orlowski war auf ministerialer Ebene am Gesetzgebungsverfahren beteiligt). „Die Eintragung in ein weiteres Arztregister ist nicht zulässig.“ Die Streichung erfolgte im Hinblick auf den Ursprungsentwurf des VÄndG (BT-Drucks. 16/2474, 10) mit dieser Begründung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mit dem Änderungsantrag Nr. 8 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 24.10.2006. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 87; Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89 (mit Zweifeln an zwei Teilzulassungen im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung). Vgl. auch § 4 Rz. 4. BR-Drucks. 353/06, 31; s. auch Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 5; Orlowski, VSSR 2007, 157. Vgl. kritisch auch Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 90. Vgl. Larenz, Methodenlehre, 320ff. Hierzu § 27 Rz. 28ff. Ebenso Orlowski, VSSR 2007, 157, 161. Für die „Verkehrsfähgkeit“ der Teilzulassung wohl auch Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89f., u.a. unter Hinweis darauf, dass die Reduzierung des Vollzeitversorgungsauftrags erst bei nicht bestehenden Zulassungsbeschränkungen wieder „hochgefahren“ werden könne. Vgl. auch Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 564. Hierzu Rz. 37. Hierzu Rz. 137f.
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Auch eine gemäß § 26 Ärzte-ZV ruhende Zulassung ist – ohne dass das Ruhen beendet und die vertragsärztliche Tätigkeit wieder aufgenommen werden müsste – prinzipiell nachbesetzungsfähig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind in der Praxis teilweise anderer Auffassung155. Dabei wird übersehen, dass die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens verfassungsrechtlich geboten ist, solange (noch) Eigentum, d.h. eine fortführungsfähige Praxis156, vorhanden ist. Welchen Wert dieses Eigentum hat, ob es zwischenzeitlich ggf. an Wert verloren hat, ist belanglos, solange er eben noch besteht.
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bb) Ende der Zulassung Die nachzubesetzende Zulassung muss entweder bereits geendet haben oder das Zulassungsende muss bevorstehen. Das Ende der Zulassung regelt § 28 Abs. 1 ÄrzteZV. Die Beendigungstatbestände sind
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• Verzicht (§ 28 Abs. 1 Sätze 1, 2 Ärzte-ZV), • kein Fortbildungsnachweis (§ 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95d Abs. 3 und 5 SGB V), • Tod (§ 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 1 Alt. 1 SGB V), • Wegzug aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes (§ 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 1 Alt. 3 SGB V), • Erreichen der Altersgrenze (§ 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 3) und • Entziehung (§ 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V). Zusammengefasst157 gilt zu ihnen: Der Verzicht auf die Zulassung ist nach der Rechtsprechung158, obwohl gute Gründe für das Gegenteil sprechen, nicht widerruflich. Der Zulassungsverzicht darf erst und dann auch nur unter der aufschiebenden Bedingung der Bestandskraft der Entscheidung des Zulassungsausschusses über die Zulassung des Nachfolgers erklärt werden, sobald er mit Sicherheit zu genau dem erklärten Zeitpunkt gewollt ist. Zur Einleitung des Ausschreibungsverfahrens159 reicht die Ankündigung des Verzichts aus.
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Der Tod beendet die Zulassung gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V am Todestag; § 4 Abs. 3 BMV-Ä erlaubt den Erben die Fortführung der Praxis durch einen Vertreter zur Sicherung der Nachbesetzung für bis zu zwei Quartale, wofür die Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich ist.
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Ein Wegzug aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes liegt erst vor, wenn der Vertragsarzt seine Praxis aus dem Zulassungsbezirk i.S. der §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 Ärzte-ZV
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155 156 157 158 159
Gestützt auf Bartels, MedR 1995, 232; sich ihm anschließend Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 232. Hierzu Rz. 64ff. Hierzu detailliert §§ 27, 28. BSG, Urt. v. 06.10.1981, 6 RKa 25/80, USK 81206; Urt. v. 08.05.1996, 6 RKa 16/95, BSGE 78, 175. Hierzu ausführlich Rz. 72ff.
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heraus verlegt160. Dass der Wegzug in § 103 Abs. 3 SGB V nicht genannt ist, verhindert eine Nachbesetzung nicht. Der Eigentumsschutz gebietet eine verfassungskonforme Auslegung, auch wenn man den Wegzug als Pflichtwidrigkeit einordnet161. Das Gegenteil wäre unverhältnismäßig und gleichheitssatzwidrig (Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG). Denn zu einer Zulassungsentziehung führende (schwerwiegende) Pflichtverletzungen stehen dem Nachbesetzungsverfahren ebenfalls nicht entgegen. Der Wegzug kann ggf. mit Disziplinarmaßnahmen und Honorarrückforderungen für Leistungen an einem nicht genehmigten Tätigkeitsort eigenständig geahndet werden. 62
Die Höchstaltersgrenze hat das Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erklärt162. Eine bundesverfassungsgerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung unter Berücksichtigung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000163 und den gesetzgeberischen Reformen seit dem 01.01.2007 (GKVWSG, VÄndG) steht aber noch aus164. cc) Fortführung der Praxis durch einen Nachfolger
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§ 103 Abs. 4 SGB V fordert, dass „die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll“. Hiermit sind zwei Fragen verbunden.
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Erstens: Ist eine Praxis tatsächlich vorhanden, die – abhängig vom Erfolg des Nachbesetzungsverfahren – fortgeführt werden kann165? Dies ist anhand des verfassungsrechtlichen Hintergrunds des Nachbesetzungsverfahrens166 zu beantworten. Keine (in Folge des Nachbesetzungsverfahrens) fortführungsfähige Praxis liegt vor, wenn die Praxis entweder schon (auch ggf. an den „qualifiziertesten“ Bewerber gemäß § 103 Abs. 4 SGB V) unbedingt veräußert oder die Praxis völlig aufgelöst ist und kein Patientenstamm/immaterielles Vermögen mehr vorhanden 160
161 162 163 164
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Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 95; Plagemann/ Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 581; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 235; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 181. A.A., aber deutlich zu eng, Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 824 (Praxisanschrift). Vertretbar Rothfuß, § 11 Rz. 3, der den Planungsbereich in Bezug nimmt. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 224. A.A. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 236. BVerfG, Beschl. v. 31.03.1998, 1 BvR 2167/93, MedR 1998, 323. S. ferner § 28, Rz. 19ff. und § 33, Rz. 95. ABl. EG L 303/16 vom 2.12.2000. Vgl. aber LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 25.05.2007, L 4 B 406/07, KA ER, GesR 2007, 413; LSG Hessen, Beschl. v. 10.06.2005, L 6/7 KA 58/04 ER, MedR 2006, 237; Boecken, NZS 2005, 393; Arnold, MedR 2007, 143. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch das Urt. des EuGH v. 16.10.2007, C-411/05, wonach eine (spanische) Altersruhestandsregelung europarechtskonform sei, weil sie ein legitimes Ziel (des nationalen Arbeitsmarkts bzw. der besseren Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen) fördere, auch wenn die Regelung keinen ausdrücklichen Hinweis auf das Ziel enthalte, da sich dieses auch aus dem allgemeinen Kontext der Regelung ergeben könne. Vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, BSGE 85, 1, 7; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21.10.1998, L 11 KA 74/98, MedR 1999, 237; Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616. Hierzu ausführlich Rz. 43ff.
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ist167 (der Eigentumsschutz für das Anlagevermögen bleibt durch die Möglichkeit zum freihändigen, auch ohne das Nachbesetzungsverfahren möglichen Verkauf unberührt, denn ohne Patientenstamm kann von einem erhöhten Fortführungswert der Gesamtheit grundsätzlich nicht ausgegangen werden168; im Einzelfall mag es Ausnahmen geben). Allzu große Anforderungen sind an das „Vorhandensein“ einer Praxis auf Grund der verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung nicht zu stellen. Einerseits schützt Art. 14 Abs. 1 GG, wie bereits erläutert, das Eigentum auch handlungsbezogen169. Einem Vertragsarzt kann – eigentumsrechtlich – nicht negativ angerechnet werden, wenn er sein Eigentum nicht „werthaltig“ nutzt, es ggf. „herunterwirtschaftet“ (ein mangelhaftes Angebot an Sprechstunden ist disziplinarrechtlich und/oder durch eine „hälftige Zulassungsentziehung“ gemäß § 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V zu ahnden). Andererseits unterliegt der Erfolg bei Patienten vielerlei Einflüssen (Alter des Vertragsarztes/der Patienten, Auftreten des Vertragsarztes, Lage der Praxis und deren Ausstattung usw.). Auch geringe vertragsärztliche Leistungen/ Abrechnungen rechtfertigen daher die Nachbesetzung170.
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Hat der Vertragsarzt vor der Entscheidung des Zulassungsausschusses keine vertragsärztlichen Leistungen/Abrechnungen erbracht, steht dies der Nachbesetzung allerdings nach Ablauf einer gewissen Zeit entgegen. Dies kann problematisch werden, wenn das Zulassungsende vor der Nachbesetzungsentscheidung des Zulassungsausschusses eintritt, insbesondere bei Tod oder Erreichen der Höchstaltersgrenze. Wann aber ist eine Praxis nicht mehr existent? Viele Zulassungsausschüsse und Kassenärztliche Vereinigungen vertreten die Auffassung, dies sei nach sechs Monaten ohne Patientenbehandlung (bei Tod des Vertragsarztes also unter Berücksichtigung der Tätigkeit eines Vertreters gemäß § 4 Abs. 3 BMV-Ä bzw. § 8 Abs. 5 EhV) der Fall; der Patientenstamm/das immaterielle Vermögen habe sich dann verflüchtigt171. Die unreflektierte Anwendung dieser „Faustformel“ ist jedoch falsch (wenngleich der Praxisabgeber bzw. die Erben sich aus Zweckmäßigkeitserwägungen zur Vermeidung von Nachbesetzungsablehnungen oder Widersprüchen der Kassenärztlichen Vereinigungen tunlichst daran orientieren sollten). Denn die einzelnen ärztlichen Fachgebiete weisen ein ganz unterschiedliches Patientenverhalten auf, je nach dem, ob die Patienten weitgehend selbst entscheiden, einen Arzt aufzusuchen
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167 168 169 170 171
Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 238; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 231. A.A. wohl Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 231; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 204. Hierzu Rz. 45. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 08.05.2002, L 5 KA 382/02; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 232. Ebenso grundsätzlich Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 44; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 348; Karst, MedR 1996, 554. Noch enger Steinhilper, MedR 1994, 227, 228; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 251; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 242, jeweils in Anknüpfung an §§ 19 Abs. 3, 28 Abs. 1 Ärzte-ZV: drei Monate. Vgl. auch (unentschieden) Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.4. Zur Vertretertätigkeit gemäß § 4 Abs. 3 BMV-Ä bzw § 8 Abs. 5 EhV s. im übrigen § 32, Rz. 27.
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und/oder dort regelmäßiger Behandlung bedürfen (hausärztliche Versorgung und fachärztliche Versorgung z.B. im Bereich chronischer Erkrankungen) oder nur der Empfehlung eines anderen Arztes folgen, um einmalig untersucht/behandelt zu werden (fachärztliche Versorgung z.B. im Bereich reiner Diagnostik). Den Patientenstamm/das immaterielle Vermögen einer rein diagnostisch tätigen „Zuweisungsempfängerpraxis“ zu erhalten bzw. zu erlangen, dürfte prinzipiell schwieriger sein. Da allerdings, wie erläutert, das Nachbesetzungsverfahren nicht dem Schutz des bestmöglich werthaltigen Eigentums dient, keinesfalls also von dem Ursprungsoder Spitzenwert ausgegangen werden darf und geringe Eigentumswerte unschädlich sind, ist verfassungsrechtlich eine großzügige Betrachtungsweise geboten. Ein bis zwei, in Einzelfällen durchaus bis zu drei Jahre nach dem Ende der letzten vertragsärztlichen Behandlung dürfte eine (Einzel-)Praxis nachbesetzungsfähig sein. Sollte dies unklar sein, sind von den Zulassungsgremien – es gilt der Untersuchungsgrundsatz gemäß § 20 Abs. 1 SGB X – die erforderlichen Beweise zu erheben (§ 39 Abs. 1 Ärzte-ZV). Wenn der vom Vertragsarzt bzw. seinen Erben geschilderte Sachverhalt hierfür Anhaltspunkte bietet, kommen in Betracht: Zeugenaussagen, schriftliche Stellungnahmen usw. früherer Patienten/Zuweiser, dass man unmittelbar nach der Nachfolgezulassung den neuen Arzt aufsuchen bzw. ihm Patienten auf deren Nachfrage hin empfehlen werde, wenn und weil er die günstig gelegene, gut ausgestattete usw. Praxis übernimmt. 67
In Berufsausübungsgemeinschaften ist eine endende Zulassung, sofern sie zuletzt hierin ausgeübt wurde, sogar fast grenzenlos fortführungsfähig, wenn und weil der/ die verbleibende(n) Gesellschafter den Patientenstamm/das immaterielle Vermögen vor Ort „konserviert(en)“ 172. Dem kann z.B. nicht entgegengehalten werden, die anderen Gesellschafter würden den Patientenstamm/das immaterielle Vermögen auf sich überleiten. Denn diese Position stand schon immer nur im Eigentum der Gesellschaft173, welche den Gesellschaftern Eigentumsteilhabe ausschließlich mittelbar gewährt174. Verweigern allerdings die verbleibenden Gesellschafter jedem Bewerber des Nachbesetzungsverfahrens entweder den Beitritt zu der Berufsausübungsgemeinschaft, die Gründung wenigstens einer Praxisgemeinschaft vor Ort und/oder sonstige Maßnahmen zur Überleitung eines Teils des bisherigen Patientenstamms/ immateriellen Vermögens der Berufsausübungsgemeinschaft, was ausreichend wäre, besteht keine fortführungsfähige Praxis i.S. des § 103 Abs. 4 S. 1 SGB V175.
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174 175
So der Berufungsausschuss für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein im Widerspruchsverfahren (Nr. 114/04) vor der Entscheidung des SG Köln, Urt. v. 16.03.2005, S 19 KA 65/04 (vgl. Fn. 109). S. aber auch BSG, Urt. v. 27.11.2007, S 6 KA 771/103, BSG, Urt. v. 27.11.2007, S 6 KA 771/03. Vgl. BGH, Urt. v. 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, und ausdrücklich Rieger in: ders. (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 40; sich anschließend Weimer, ebd., „Berufsausübungsgemeinschaften“, Rz. 63. Haack, MedR 2005, 631, 633 m.w.N., der Rieger in: ders. (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 40, im übrigen missverstanden haben dürfte. Vgl. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 11/03 R, BSGE 91, 253 = MedR 2004, 697; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 235.
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Zweitens: Will bzw. wird der Nachfolger die Praxis fortführen176? Jedenfalls nicht erforderlich ist dabei, „dass der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will“177. Ebenfalls nicht erforderlich ist, dass die bisherigen Patienten alle oder überwiegend mit entsprechender Wahrscheinlichkeit auch den Nachfolger aufsuchen werden, denn der Patientenstamm/das immaterielle Vermögen ist per se eine zwar eigentumsrechtlich geschützte, gleichwohl labile Position auf Grund seines besonderen Wesens; den Patientenstamm/das immaterielle Vermögen entscheidend hierüber zu definieren, hieße, den Eigentumsschutz für ihn überhaupt zu versagen178. Gerade das ist nicht möglich. Denn der Wert des immateriellen Vermögens bestimmt sich – unstreitig – über mehr als die bestehende Arzt-Patienten-Bindung. Weitere Faktoren, die zumindest für einen Kontakt zu neuen Patienten sorgen werden, was ebenfalls ein Wesensmerkmal des immateriellen Praxisvermögens ist, sind: die Ortslage der Praxis, die Arztdichte/Konkurrenz im Einzugsgebiet, der Organisations- und Rationalisierungsgrad der Praxis, der Zuschnitt der Räume usw.179 Da diese Wertbestimmungsmerkmale sämtlich ortsbezogen sind, ist die Fortführung der Praxis als Übernahme des immateriellen Vermögens jedenfalls durch die grundsätzliche – zeitweilige (s.o.) – Weiterarbeit am bisherigen Vertragsarztsitz gewährleistet; dies verdeutlicht auch, warum z.B. bei den durch besondere Behandler-Patienten-Beziehungen geprägten psychologisch-psychotherapeutischen und psychiatrischen Praxen die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens nicht unter Hinweis auf Schwierigkeiten bei der Überleitung der Patienten abgelehnt werden kann180. Aus dem gleichen Grund bestehen auch keine Bedenken gegen die Übernahme der Praxis eines Facharztes für Innere Medizin, der eine Schwerpunktbezeichnung führt und an der fachärztlichen Versorgung teilnimmt (vgl. § 73 Abs. 1a SGB V), durch einen Internisten mit einer anderen Schwerpunktbezeichnung.
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Die Zulassungsgremien beschränken sich – deckungsgleich mit den Sichtweisen der meisten Kassenärztlichen Vereinigungen – regelmäßig auf die Gleichsetzung der Praxisfortführung mit der Tätigkeit am bisherigen Vertragsarztsitz. Alles andere wird zumeist als reiner, unzulässiger181 „Zulassungskauf“/Konzessionshandel ein-
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Vgl. Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 203. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, BSGE 85, 1, 7. Vgl. Meschke, Der einfachgesetzliche Ausgleich zwischen kommunaler und privater Wirtschaftsbetätigung, 187ff. m.w.N. Vgl. Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen (sog. [Bundes-]Ärztekammermethode, da vom Vorstand der Bundesärztekammer „beraten und zustimmend zur Kenntnis genommen“), DÄBl. 1987, B-671, B-672 (auch abgedruckt bei Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Anhang 5); Schmid-Domin, Bewertung von Arztpraxen und Kaufpreisfindung, 124f.; und für die Ertragswertmethode z.B. Cramer, MedR 1992, 313, 317. Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 204ff.; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 232. Vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, BSGE 85, 1, 7; Dahm, AusR 2000, 85; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz.158, 264; Möller in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 405f. (ein entsprechender Kaufvertrag ist nichtig); Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 233.
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geordnet. Ein eine sofortige Vertragsarztsitzverlegung (vgl. § 24 Abs. 4 ÄrzteZV) begehrender Bewerber sei mithin nicht nachbesetzungsfähig, da er die Praxis gar nicht fortführen könne. Dies ist allerdings eine vorschnelle Annahme; auszugehen ist nämlich von den Einzelfallbesonderheiten der jeweiligen Praxis für das Arzt-Patienten-Verhältnis, die sich ähnlich wie die Frage, wie lange eine Praxis nach dem Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit noch immaterielles Vermögen darstellen kann, vornehmlich danach beurteilen, ob der Patient oder Zuweiser den Erstkontakt bestimmen. Im ersten Fall werden sich die Patienten der Praxis primär aus der Umgebung rekrutieren; ein sofortiger anderer Vertragsarztsitz kann andernorts, aber nicht allzuweit vom alten Vertragsarztsitz entfernt, genommen werden. Im letztgenannten Fall dürfte der Standort der Praxis eher unmaßgeblich sein, und wenn ein Zulassungsnachfolger sicherstellt und nachweist, dass er den gleichen Zuweiserkreis von einem anderen Praxissitz aus zumindest zu einem Gutteil ebenfalls haben wird, steht einer sofortigen Sitzverlegung im Zusammenhang mit der Nachfolgezulassung nichts entgegen. Dass auch der Gesetzgeber diese Überlegungen berücksichtigt wissen will, letztlich sogar davon ausgeht, jede Praxis sei andernorts fortführungsfähig, ergibt sich einerseits aus der für medizinische Versorgungszentren geltenden Spezialregelung in § 103 Abs. 4a S. 2 SGB V182. Diese beschreibt als „Weiterführung“ der Praxis durch einen Nachfolger, dass „die Praxis auch in der Form weitergeführt werden (kann), dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt.“ Andererseits ist der Zulassungskauf mittlerweile sogar gesetzlich geregelt: Sowohl § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V (für medizinische Versorgungszentren) als auch § 103 Abs. 4b S. 1 SGB V (für Vertragsärzte) sehen vor, dass eine Zulassung von einem anderen Leistungserbringer in Form einer Anstellungsgenehmigung „übernommen“ werden kann. Zwar sind in diesen Fällen – anders als im Nachfolgeverfahren der Praxisabgeber und der Praxisübernehmer – der bisherige Zulassungsinhaber und der nachfolgende Angestellte identisch. Insgesamt gebieten die gesetzlichen Varianten zum „Zulassungsumgang“ es jedoch, an die Fortführung der Praxis i.S. von § 103 Abs. 4 SGB V keine hohen Anforderungen zu stellen. 70
Geht es um die Nachbesetzung der Zulassung eines Gesellschafters einer Berufsausübungsgemeinschaft, muss ein Bewerber dieser grundsätzlich beitreten wollen183. Kommt er mit den anderen Gesellschaftern allerdings überein, der Gesellschaft nicht beizutreten, und ermöglichen sie ihm gleichwohl eine Tätigkeit vor Ort in Praxisgemeinschaft, um einen Teil des bisherigen Patientenstamms/immateriellen Vermögens der Gesellschaft zu übernehmen, besteht (die fortführungsfähige Praxis184 und) der Fortführungswille.
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S. auch Rz. 141, und § 18 (Anhang) Rz. 41ff. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 11/03 R, BSGE 91, 253 = MedR 2004, 697; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 235. Hierzu Rz. 64f.
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c) Ausschreibung Liegen die Voraussetzungen des Nachbesetzungsverfahrens vor, „hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen.“ (§ 103 Abs. 4 S. 1 SGB V).
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aa) Ausschreibungsantrag, -berechtigung und -inhalt Die Ausschreibung und die weitere Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens erfolgen nicht von Amts wegen. Der notwendige Antrag auf Ausschreibung bzw. Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens – ohne ihn verfällt eine beendete Zulassung185 – bedarf keiner besonderen Form, d.h. ist mit einfachem Schreiben möglich. Für den Fall des Zulassungsverzichts gemäß § 28 Abs. 1 Sätze 1, 2 ÄrzteZV ist dessen Ankündigung zulässig und ausreichend186 (sowie allein sinnvoll). Ansonsten kann – und sollte – der Inhalt des Antrags daran ausgerichtet werden, welche Situation für den Vertragsarzt vor dem Nachbesetzungsverfahren besteht. Hat er schon einen Nachfolger gefunden, sollte er sich auf das Nötigste dessen, was in die Ausschreibung aufgenommen werden muss187, beschränken (Fachgebiet, Planungsbereich, Zugehörigkeit zu einer Berufsausübungsgemeinschaft, anonymisierte Ausschreibung mit verkürzter Bewerbungsfrist).
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Die Rücknahme des Antrags ist bis zur Bestandskraft/Rechtskraft der Nachbesetzungsentscheidung möglich, d.h. noch im Verfahren vor dem Berufungsausschuss und/oder im gerichtlichen Verfahren188, denn – wie jedes Verwaltungsverfahren – ist das Nachbesetzungsverfahren nicht mit dem Erlass des Verwaltungsaktes/Bescheids abgeschlossen, wenn dieser angefochten wird189.
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BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 7/97 R, MedR 1999, 382. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 816; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 32f.; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.2; vgl. auch OLG Düsseldorf MedR 2004, 616f.; Hess in: Kasseler Kommentar, § 103 SGB V, Rz. 21. A.A. Karst, MedR 1996, 554, 447; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 225f.: Es sei nicht Aufgabe des Nachbesetzungsverfahrens, ggf. nur Ausschreibungen „auf Probe“ zu ermöglichen, und ferner bestehe die Gefahr doppelter Zulassungen. Dem kann nicht gefolgt werden. Es entspricht durchaus Art. 14 Abs. 1 GG, Verwertungsmöglichkeiten zu eröffnen (vgl. zu § 103 SGB V als Ausfluss des Eigentumsschutzes Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 211, unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 19.03.1957, 6 RKa 5/55, BSGE 5, 40; Engelmann, ZMGR 2004, 3, 12). Die Gefahr doppelter Zulassungen ist nicht zu erkennen. Hierzu Rz. 77. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 296, unter Hinweis auf von Wulffen in: ders. (Hrsg.), SGB X, § 18, Rz. 9; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 35. A.A., allerdings ohne Begründung, Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.3. Vgl. BSG, Urt. v. 19.09.1979, 9 RV 68/78, SozR 1200 § 44 SGB X Nr. 1; von Wulffen in: ders. (Hrsg.), SGB X, § 18, Rz. 9.
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Vertretung ist gemäß § 13 SGB X auf der Grundlage einer bei Verlangen in Schriftform vorzulegenden Vollmacht zulässig. Die Vollmacht wirkt kraft Gesetzes, d.h. auch ohne ausdrückliche Erwähnung in der Vollmachtsurkunde, über den Tod, Veränderungen in der Handlungsfähigkeit und/oder Veränderungen in der gesetzlichen Vertretung des Vollmachtgebers hinaus (§ 13 Abs. 2 SGB X). Der grundsätzlich mögliche190, dann aber gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erklärende Widerruf der Vollmacht (§ 13 Abs. 1 S. 4 SGB X) kann in der Vollmachtsurkunde ausgeschlossen werden (unwiderrufliche Vollmacht)191. Die Vollmacht kann bereits, insbesondere unwiderruflich, im Gesellschaftsvertrag über eine Berufsausübungsgemeinschaft enthalten sein; einer gesonderten Urkunde bedarf es – auch wenn Kassenärztliche Vereinigungen dies in der Praxis teilweise fordern – nicht. Der „Schutz“ des Ausscheidenden kann über die gleichzeitige Benachrichtigung des Zulassungsinhabers im Hinblick auf seine Mitwirkung beim Zulassungsverzicht gemäß § 13 Abs. 3 S. 2 SGB X erfolgen. Das Ausscheiden aus der Gesellschaft in Folge von Insolvenz oder der Pfändung von Gesellschaftsanteilen berührt die Wirksamkeit der Vollmacht ebenfalls nicht, denn die Zulassung ist – anders als das Praxisvermögen – kein Bestandteil der Insolvenzmasse192.
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(Originäre) Antrags-/Ausschreibungsberechtigung besteht für • den Vertragsarzt193, • seine Erben in ihrer Gesamtheit als Erbengemeinschaft, wobei dies den Nachweis der Erbenstellung (§§ 2352ff. BGB) regelmäßig durch den Erbschein oder die postmortale Bevollmächtigung einzelner oder mehrerer Erben (gesondert oder im Gesellschaftsvertrag194), die sodann für die Erbengemeinschaft handeln, erfordert; auch ohne postmortale Vollmacht kann allerdings jedenfalls ein (feststehender) Erbe195 im Rahmen der Notgeschäftsführung gemäß § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB den Ausschreibungsantrag namens der Erbengemeinschaft alleine stellen, um Werteinbußen der Praxis zu verhindern196, • die Mitgesellschafter einer Berufsausübungsgemeinschaft in ihrer Gesamtheit, wenn diese nach dem Ausscheiden fortgesetzt wird und der Vertragsarzt seine Tätigkeit (andernorts) nicht mehr selbst ausüben will/kann, denn das durch das Nachbesetzungsverfahren zu schützende Eigentum in Form des Gesellschaftsan-
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Vgl. von Wulffen in: ders. (Hrsg.), SGB X, § 13, Rz. 4. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 239. Dies ermöglicht die postmortale Vollmacht z.B. für einen Testamentsvollstrecker oder Angehörigen zur schnellstmöglichen Einleitung der Verwertung der Praxis, um zu verhindern, dass der Patientenstamm/das immaterielle Vermögen sich verflüchtigt (vgl. hierzu Rz. 64ff.). BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/18 R, NZS 2001, 160, 161. Der Insolvenzverwalter ist nicht ausschreibungsberechtigt, da die Zulassung kein Bestandteil der Insolvenzmasse wird; BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/18 R, NZS 2001, 160, 161. Braun/Richter, MedR 2005, 446, 452. Nicht ein Nachlasspfleger, der noch unbekannte Erben ermittelt; SG Potsdam, Urt. v. 11.08.1999, S 1 KA 69/99 (zit. nach Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 37, Fn. 41; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.2). Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.2.
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teils des Ausscheidenden wächst gemäß § 738 Abs. 1 S. 1 BGB den Mitgesellschaftern an197. Die Ausschreibung nimmt die Kassenärztliche Vereinigung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB), in ihren amtlichen Bekanntmachungsblättern198 vor. Hierauf hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der Nachbesetzungsvoraussetzungen199 einen klagefähigen Anspruch, der bei drohendem Verfall des Patientenstamms/immateriellen Vermögens auch im Wege vorläufigen Rechtsschutzes durchsetzbar ist200. Für die Frage des drohenden Patienten-/Vermögensverfalls ist dabei nicht auf die „richtige“ Zeitspanne201 abzustellen, sondern auf die – ggf. zu erfragende – Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung, hilfsweise auf die „Sechs-Monats-Faustformel“202, weil sie die Regelbetrachtungsweise der meisten Kassenärztlichen Vereinigungen ist.
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Die Ausschreibung erfolgt grundsätzlich, wenn nicht anders beantragt, aus datenschutzrechtlichen Gründen in anonymisierter Form (Chiffre-Nummer). Als Mindestinhalt gelten die Angabe der ärztlichen Fachgruppe des Vertragsarztes, des Planungsbereichs, in dem sich die Praxis befindet, ggf. der Hinweis auf das Bestehen einer Berufsausübungsgemeinschaft oder Praxisgemeinschaft und die Bewerbungsfrist203. Es spricht aber nichts dagegen, bei einem entsprechenden Antrag zusätzlich den Grund der Abgabe, den gewünschten Kaufpreis sowie ggf. Besonderheiten wie z.B. den (Nicht-)Verkauf des Privatpatientenstamms204 mit auszuschreiben. Anstellungsgenehmigungen bzw. Arztstellen, die zu Gunsten des Praxisabgebers etwa in Folge des Verzichts auf eine Zulassung gemäß § 103 Abs. 4b SGB V entstanden sind, können, müssen aber nicht, Bestandteil der Ausschreibung sein. Denn letztlich ist der Angestellte/die Anstellungsgenehmigung ein den Praxiswert beeinflussender Faktor und ist der Übergang der Anstellungsgenehmigung auf den Praxisnachfolger kein Automatismus.
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Die Festsetzung einer Bewerbungsfrist (Stichtag oder Zeitspanne seit Erscheinungsdatum der amtlichen Blätter der Kassenärztlichen Vereinigung) hat sich in der Praxis durchgesetzt. Viele Kassenärztlichen Vereinigungen geben dem ausschreibenden Vertragsarzt die Möglichkeit, zwischen einer Regelbewerbungsfrist (z.B. vier Wochen) und einer verkürzten Frist (z.B. zwei Wochen) zu wählen; Letztere empfiehlt sich, sollte ein potenzieller Nachfolger bereits gefunden sein. Aber: Eine gesetzliche Grundlage für die in der Ausschreibung festgesetzte Bewerbungsfrist be-
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Eine ungeschriebene, von BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 7/97 R, MedR 1999, 382, aber bestätigte Berechtigung. Rheinisches Ärzteblatt, Westfälisches Ärzteblatt usw. Hierzu Rz. 53ff. SG Duisburg, Beschl. v. 01.09.2005, S 19 KA 25/05 ER, MedR 2006, 447; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 243; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.5. Hierzu Rz. 66f. Hierzu Rz. 66. Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 41; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.1. Vgl. Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.1.
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steht nicht205. Ist sie deshalb unbeachtlich oder sind nach ihrem Ablauf eingehende Bewerbungen vom weiteren Verfahren ausgeschlossen? Die Bewerbungsfrist fördert den Sinn und Zweck des Nachbesetzungsverfahrens206, dem Vertragsarzt zum Eigentumsschutz den Praxisverkauf zu ermöglichen, was grundsätzlich rechtzeitig vor der Sitzung des Zulassungsausschusses abzuschließende Kaufverträge erfordert. Jeder Bewerber hat aber auf Grund der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) einen Anspruch, (nur) im Rahmen der Gesetze von der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ferngehalten zu werden. Da die Bewerbungsfrist gesetzlich nicht vorgesehen ist, kann sie mithin keine Ausschlusswirkung entfalten; eine unangemessen kurze Bewerbungsfrist mit der Möglichkeit, diese zu rügen oder Wiedereinsetzung zu beantragen207, gibt es demnach nicht. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Kassenärztliche Vereinigung jede bis zur Sitzung des Zulassungsausschusses eingehende Bewerbung an den Zulassungsausschuss weiterleiten müsste208. Unter Berücksichtigung des Gesetzesvorbehalts gemäß Art. 12 Abs. 1 GG ist auf den Zeitpunkt der Abgabe der Bewerberliste und damit der Bewerbungsunterlagen durch die Kassenärztliche Vereinigung an den Zulassungsausschuss abzustellen209. Denn diese Handlung – sie folgt aus systematischen Gründen, wenngleich entgegen dem Gesetzeswortlaut, zeitlich der Übermittlung der Bewerberliste an den ausschreibenden Vertragsarzt nach – ist gesetzlich gemäß § 103 Abs. 4 S. 2 SGB V ausdrücklich die Grundlage der Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses210. Man kann § 103 Abs. 4 S. 3 SGB V nicht anders verstehen, als dass nur auf der Bewerberliste enthaltene Bewerber berücksichtigungsfähig sind. Zur Nachbesserung der Bewerberliste oder der Erstellung mehrerer Bewerberlisten ist die Kassenärztliche Vereinigung nicht verpflichtet; hierfür fehlt es tatsächlich an einer gesetzlichen Grundlage. bb) Bewerberliste und Vorgehen bis zur Sitzung des Zulassungsausschusses 79
Aus den eingehenden Bewerbungen erstellt die Kassenärztliche Vereinigung die Bewerberliste. Gehen keine Bewerbungen ein, beendet die Kassenärztliche Vereinigung das Ausschreibungsverfahren und unterrichtet den ausschreibenden Vertragsarzt hiervon211. Er kann das Ausschreibungsverfahren beliebig oft wiederholen. 205 206 207 208
209 210 211
SG Duisburg, Beschl. v. 01.09.2005, S 19 KA 25/03 ER, MedR 2006, 447, 448. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 247; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.5. So aber Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 249. So aber Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 10; Steinhilper, MedR 1994, 227, 229; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 50; und wohl auch SG Duisburg, Beschl. v. 01.09.2005, S 19 KA 25/ 03 ER, MedR 2006, 447, 448, das meint, über eine verspätete Bewerbung könne der Zulassungsausschuss entscheiden, dabei aber verkennt, dass es zunächst um die in der Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung stehende Erstellung der Bewerberliste geht. I.E. ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 269; Preißler, ebd., Rz. 788. Ebenso Schöbener/Schöbener, SGb 1994, 211, 217f. Dies verkennt Dahm, Problemstellung zu SG Duisburg, Beschl. v. 01.09.2005, S 19 KA 25/03 ER, MedR 2006, 447. A.A. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 270, wonach der Zulassungsausschuss den Nachbesetzungsantrag zurückweist.
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Manche Kassenärztlichen Vereinigungen leiten – hierauf weisen sie dann regelmäßig mit der Eingangsmitteilung des Ausschreibungsantrags hin – das Ausschreibungsverfahren bei unterbleibenden Bewerbungen automatisch ein zweites Mal ein. Welche Daten die Bewerberliste zu enthalten hat, ist gesetzlich nicht geregelt. Mithin ist nur dasjenige anzugeben, was für die Kontaktaufnahme des antragstellenden Vertragsarztes mit den Bewerbern unbedingt erforderlich ist (Name, Anschrift und, soweit vorhanden, sonstige Kontaktdaten wie z.B. Telefon-/Faxnummer(n), E-Mail). Hieraus ergibt sich auch, was die Mindestanforderungen an eine Bewerbung sind. Unbenommen bleibt es sowohl jedem Bewerber, weitere Angaben zu machen, als auch der Kassenärztlichen Vereinigung, diese Angaben weiterzuleiten.
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Die Weiterleitung der Bewerberliste gemäß § 103 Abs. 4 S. 2 SGB V erfolgt zunächst aus systematischen Gründen (entgegen dem Wortlaut) nur an den ausschreibenden Vertragsarzt, damit dieser Kontakt zu den Bewerbern zum Abschluss eines Kaufvertrages aufnehmen kann212; ein Kontrahierungszwang besteht dabei nicht213.
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Die Bewerber erhalten die Bewerberliste und auch sonstige Mitteilungen über „Konkurrenzbewerbungen“ nicht214. Im übrigen haben sie gegen die Kassenärztliche Vereinigung nur einen Anspruch, auf die Bewerberliste gesetzt zu werden, sowie einen Anspruch auf Akteneinsicht im Fall einer streitigen Nachbesetzung215. Weitere Ansprüche, insbesondere Auskunftsansprüche zu der Praxis des ausschreibenden Vertragsarztes (Name, Anschrift, Praxisbesonderheiten, apparative Ausstattung, durchschnittliche Patientenzahl, statistische Quartalsabrechnungsübersichten, Abrechnungsgenehmigungen usw.) bestehen ohne dessen Einwilligung nicht; sein Recht auf Datenschutz muss nicht hinter Bewerberinteressen zurücktreten216. Denn der ausschreibende Vertragsarzt ist „Herr des Verfahrens“. Er kann seinen Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens jederzeit bis zur Bestandskraft der Nachbesetzungsentscheidung zurücknehmen und ist nicht gezwungen, mit Bewerbern Praxiskaufverträge abzuschließen217.
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Im Anschluss teilt der ausschreibende Vertragsarzt der Kassenärztlichen Vereinigung mit, ob sie die Bewerberliste an den Zulassungsausschuss weiterleiten soll. Regelmäßig wird dies nur der Fall sein, wenn eine Einigung mit zumindest einem der Bewerber zu Stande gekommen ist. Ihn, den sog. Wunschbewerber, kann der aus-
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212
213 214 215 216
217
Hierzu detailliert Möller in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 370ff.; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 84ff.; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 8, 9. Hierzu Rz. 100. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 268. Hierzu Rz. 88. Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 42. A.A. Hesral, in Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 260; Gasser, ebd., Rz. 922; Steinhilper, MedR 1994, 227, 228. Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 42; s. auch Rz. 73 (Antragsrücknahme) und Rz. 100 (kein Kontrahierungszwang).
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schreibende Vertragsarzt benennen; manche Kassenärztlichen Vereinigungen fordern hierzu ausdrücklich auf. 84
Die Weiterleitung der Bewerberliste an den Zulassungsausschuss beendet das Ausschreibungsverfahren und die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung (unberührt bleibt ihre Verfahrensbeteiligung gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV). Nunmehr ist die Bewerberliste Grundlage der Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses. d) Entscheidung des Zulassungsausschusses
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Der Zulassungsausschuss entscheidet über die Nachbesetzung einer Zulassung in einer Sitzung (§ 36 S. 1 Ärzte-ZV) und hierbei gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zwingend nach mündlicher Verhandlung (andere Ausschussverfahren bedürfen der mündlichen Verhandlung nicht in jedem Fall; vgl. § 37 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV). aa) Sitzungsvorbereitung
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Zu der Sitzung lädt der Ausschussvorsitzende die Verfahrensbeteiligten unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen ein (§§ 36 S. 2, 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV), wobei in der gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 Ärzte-ZV zuzustellenden Ladung regelmäßig – und zulässigerweise (vgl. § 37 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV) – darauf hingewiesen wird, dass auch in Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann.
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Verfahrensbeteiligte sind gemäß §§ 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV, 103 Abs. 4, 6 SGB V • • • • •
die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen, die Verbände der Ersatzkassen, der ausschreibende Vertragsarzt bzw. seine Erben, sämtliche Bewerber auf die nachzubesetzende vertragsärztliche Zulassung, die sich fristgerecht, d.h. bis zur Abgabe der Bewerberliste von der Kassenärztlichen Vereinigung an den Zulassungsausschuss218, beworben haben; die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen müssen noch nicht, sondern erst im Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses vorliegen219, • bei Zugehörigkeit des ausschreibenden Vertragsarztes zu einer Berufsausübungsgemeinschaft: sein(e) Mitgesellschafter220.
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Jeder Verfahrensbeteiligte hat, sofern dieses zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen notwendig ist221, das Recht, gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB X Akteneinsicht zu nehmen und gemäß § 25 Abs. 5 SGB X Kopien selbst zu ferti218 219 220
221
Hierzu Rz. 78. Hierzu Rz. 93. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 300; Wertenbruch, MedR 1996, 485, 489. Vgl. auch Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 219, insbesondere für das Recht auf Akteneinsicht. Hierzu sehr ausführlich, auch unter Würdigung ggf. gegenläufiger Interessen (vgl. §§ 67ff. SGB X) LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 617. Als Grenze nennt das Gericht das Betreiben des Verfahrens allein zum Zwecke der Verhinderung eines Konkurrenten aus Wettbewerbsgründen.
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gen oder gegen Kostenerstattung sich fertigen zu lassen. Beides bezieht sich naturgemäß auf alle Unterlagen, die für die Entscheidung des Zulassungsausschusses von Bedeutung sind222. Insbesondere sind dies die Unterlagen, anhand derer der Zulassungsausschuss die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen der (Mit-)Bewerber sowie die Auswahlkriterien gemäß § 103 Abs. 4 SGB V prüft223, einschließlich der Informationen, die ggf. für die Verkehrswertermittlung gemäß § 103 Abs. 4 S. 6 SGB V benötigt werden, wie insbesondere Honorarbescheide und Kostennachweise224. Der Zulassungsausschuss muss sie zuvor im Rahmen der Sachverhaltsermittlung, sollte es (a) auf den Verkehrswert ankommen und sollte dieser (b) zwischen dem Vertragsarzt und wenigstens einem von mehreren Bewerbern bzw. dem ansonsten besten Bewerber streitig sein225, bei der Kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 3 Abs. 1 SGB X (Amtshilfe) und/oder dem Vertragsarzt anfordern. Die Unterlagen werden oftmals vor der (ersten) Sitzung des Zulassungsausschusses dort nicht vorhanden sein. Das Recht auf Akteneinsicht erstreckt sich auch auf den Gemeinschaftspraxisvertrag zwischen einem der Bewerber und dem/den verbliebenen Mitgesellschafter(n) des ausscheidenden Vertragsarztes, sofern der Vertrag bei den Akten befindlich ist226, da er Voraussetzung für die Prüfung der Voraussetzungen des § 103 Abs. 6 SGB V227 ist. Bei der Akteneinsicht zu berücksichtigen ist, dass der Zulassungsausschuss keine echte „Präsenzbehörde“228 ist. Seine Geschäfte führt gemäß § 96 Abs. 3 S. 1 SGB V die Kassenärztliche Vereinigung mit hierfür abgestellten Verwaltungsangestellten, die z.B. die Ladungen „im Auftrag“ fertigen. Dies verhindert oft eine sachangemessene Sitzungsvorbereitung in streitigen Nachbesetzungsverfahren, zumal die wiederholte zeitnahe Befassung des hauptamtlich andernorts tätigen Ausschussvorsitzenden problematisch sein kann. Es empfiehlt sich daher, dem Zulassungsausschuss frühzeitig streitige Aspekte schriftlich mitzuteilen, hierzu auszuführen und bestimmte Beweiserhebungen ausdrücklich anzuregen bzw. zu beantragen. Die nicht gewährte Akteneinsicht führt grundsätzlich zur Aufhebung der Entscheidung des Zulassungsausschusses, sofern es nicht ohnehin zur selben Sachentscheidung229 käme.
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bb) Ablauf der Ausschusssitzung230 Der Ablauf der Sitzung des Zulassungsausschusses über die Nachbesetzung ist durch die §§ 37 Abs. 1 S. 1, 39ff. Ärzte-ZV vorgezeichnet. Er kennzeichnet sich im 222 223 224 225 226 227 228 229 230
Vgl. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 25 Rz. 5.Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 258. Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 46; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 258; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.3.7. Hierzu Rz. 98ff. Hierzu Rz. 99ff. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 617. Hierzu Rz. 96. Hierzu § 34 Rz. 14. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 618f. Vgl. hierzu auch die §§ 37ff.
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Wesentlichen durch die mündliche Verhandlung. Diese darf keinesfalls – in Anknüpfung an das Recht auf rechtliches Gehör weder ganz noch teilweise – aus Einzelgesprächen mit einem Verfahrensbeteiligten bestehen231. Aber: Die mündliche Verhandlung beginnt gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV erst nach dem Aufruf der Sache und mit der Darstellung des Sachverhalts durch den Vorsitzenden. Zuvor geführte Gespräche „zwischen zwei Sitzungen“ innerhalb und außerhalb des Sitzungssaals sowie Gespräche einzelner oder mehrerer, jedenfalls nicht aller Ausschussmitglieder mit Verfahrensbeteiligten während einer Sitzungspause stehen dem Mündlichkeitsgrundsatz nicht entgegen. 91
Die Sitzung findet nicht öffentlich statt; jedes Ausschussmitglied kann unbeschadet der Sitzungsleitung durch den Vorsitzenden sachdienliche Fragen und Anträge stellen (§ 40 Abs. 1 Ärzte-ZV). Beratung und Beschlussfassung erfolgen sodann ohne die Verfahrensbeteiligten; ein von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellter Schriftführer kann anwesend bleiben (§ 41 Abs. 1 S. 1 und 2 Ärzte-ZV). Abgesehen von Vertagungen endet die Sitzung – je nach Handhabung des jeweiligen Ausschusses – entweder mit der mündlichen (sinngemäßen) Mitteilung des Beschlusstenors oder mit dem Hinweis, die Sitzung sei geschlossen und der Ausschuss werde nun beschließen (das Ergebnis kann dann gesondert am nächsten Werktag bei der Geschäftsstelle abgefragt werden). Beides ist möglich. Zwingend vorgesehen ist nur die schriftliche Niederlegung des Beschlusses (§ 41 Abs. 4 Ärzte-ZV). cc) Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen und besondere Auswahlkriterien in der Übersicht
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Im Rahmen seiner Beratung und Beschlussfassung prüft der Zulassungsausschuss zunächst die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen und trifft sodann zwischen den diese Voraussetzungen erfüllenden Bewerbern anhand der besonderen gesetzlichen Auswahlkriterien seine Entscheidung über die Zulassung eines Nachfolgers.
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Die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen müssen erst im Zeitpunkt der (Zulassungs-/Berufungs-)Ausschusssitzung erfüllt sein232. Es handelt sich (vgl. auch § 95 Abs. 2 SGB V) um233 • die Arztregistereintragung gemäß §§ 2ff. Ärzte-ZV, • einen formell ordnungsgemäßen Antrag nach § 18 Ärzte-ZV, • keine Ungeeignetheit auf Grund einer mit der vertragsärztlichen Versorgung nicht zu vereinbarenden anderen Tätigkeit (§ 20 Ärzte-ZV), wobei (nur) zu prüfen ist, ob diese auch nach der Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit fortgeführt würde,
231 232
233
Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 259. BSG, Urt. v. 23.05.2005, B 6 KA 81/03 R, MedR 2005, 666, 670; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2006, L 10 B 2/06 KA ER, MedR 2007, 133, 134; s. auch SG Münster, Urt. v. 05.10.1995, S 2 Ka 55/95, MedR 1996, 144, 145; Urt. v. 24.09.1998, S 2 KA 18/98, MedR 1999, 581, 583f. S. auch § 19, Rz. 3. Zu den einzelnen Vorschriften s. die entsprechenden Kommentierungen. Vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2006, L 10 B 2/06 KA ER, MedR 2007, 133, 134.
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• keine Ungeeignetheit auf Grund schwerwiegender persönlicher Mängel (§ 21 Ärzte-ZV) und • eine angemessene Wohnsitzwahl (§ 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV), gegen deren Nichtvorliegen im Zeitpunkt der Sitzung bzw. zu deren Bewirkung im Fall der Zulassung lediglich eine Wohnsitzauflage erforderlich ist234. Der Antrag eines Bewerbers, der die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt, ist bereits deswegen abzulehnen; er spielt bei der folgenden Auswahlentscheidung keine Rolle mehr.
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Bei mehreren Bewerbern, die die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, ist es das Ziel, einem Antrag stattzugeben und die anderen Anträge abzulehnen. Die Entscheidung hierüber trifft der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen anhand der besonderen Auswahlkriterien235. Es handelt sich – in der Reihenfolge des Gesetzeswortlauts – gemäß § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V um
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• • • •
die berufliche Eignung, das Approbationsalter, die Dauer der ärztlichen Tätigkeit, die Eigenschaft als Ehegatte, Kind, angestellter Arzt, Mitgesellschafter in einer Berufsausübungsgemeinschaft des bisherigen Vertragsarztes;
gemäß § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V bei einer hausärztlichen Zulassung um • den Vorrang der Nachbesetzung mit einem Allgemeinarzt; gemäß § 103 Abs. 4 S. 6 SGB V um • die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben, soweit der Kaufpreis den Verkehrswert der Praxis nicht übersteigt; gemäß § 103 Abs. 5 S. 3 SGB V um • die Dauer der Eintragung in die Warteliste; und gemäß § 103 Abs. 6 S. 2 SGB V bei einer Zulassung, deren bisheriger Inhaber einer Berufsausübungsgemeinschaft angehört(e) und sein Nachfolger der Berufsausübungsgemeinschaft beitreten soll, um • die Interessen der „in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte“ (= Mitgesellschafter des Ausscheidenden).
234
235
Hierzu ausführlich § 24 Rz. 26f. Grundlegend war BSG, Urt. v 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, BSGE 89, 134, 135ff. (keine schematische Betrachtung; Wohnen im Planungsbereich per se nicht zwingend; keine Notwendigkeit zur eventuellen Behandlung, auch in Notfällen, am Wohnort; Berücksichtigung, ob Einzelpraxis oder [größere] Berufsausübungsgemeinschaft; anstelle der Entfernung ist auf die Fahrtzeit abzustellen: jedenfalls dreißig Minuten Fahrtzeit unproblematisch). Vgl. auch SG Münster, Urt. v. 27.03.2006, S 2 KA 40/05, GesR 2007, 219: Fahrtzeit von mehr als 40 Minuten auch in Einzelpraxis unproblematisch, da keine Verpflichtung zur (Notfall-)Behandlung außerhalb der Sprechstundenzeiten. Zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Ermessensausübung und dabei der Gewichtung der Kriterien s. Rz. 116ff.
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dd) Nachbesetzung und Berufsausübungsgemeinschaft (§ 103 Abs. 6 SGB V) 96
Handelt es sich um die – in weiteren Einzelheiten bereits erörterte236 – Nachbesetzung aus einer Berufsausübungsgemeinschaft heraus, ist das letztgenannte Kriterium als erstes zu prüfen, d.h. die (ggf. ehemaligen) Mitgesellschafter des ausscheidenden Vertragsarztes sind zu befragen, mit welchem Bewerber sie zukünftig zusammenarbeiten wollen. Ihre Entscheidung ist allein maßgeblich für das weitere Vorgehen (sofern die [überörtliche] Berufsausübungsgemeinschaft nicht nur der Umgehung des Einzelpraxisnachfolgeverfahrens dient). Denn der Gesetzgeber musste in Folge des grundrechtlichen Hintergrunds des Nachbesetzungsverfahrens237 eine Regelung zum Bestandsschutz der Berufsausübungsgemeinschaft schaffen, die weitestmöglich verhindert, dass der Nachfolger die Berufsausübungsgemeinschaft alsbald wieder verlässt238. Das Auswahlermessen des Zulassungsausschusses beschränkt sich mithin auf die Bewerber, für die die Mitgesellschafter optieren; dies wird regelmäßig nur ein einziger Bewerber sein, mit dem sie sich zuvor auch gesellschaftsvertraglich geeinigt haben239. Der Zulassungsausschuss darf keinen Bewerber zulassen, den die Mitgesellschafter nicht akzeptieren240. In der Praxis erfolgt die Nachbesetzung einer Zulassung aus einer Berufsausübungsgemeinschaft heraus üblicherweise zusammen mit der Genehmigung der gemeinsamen Berufsausübung der verbleibenden Gesellschafter mit dem Nachfolger gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV. Grundlage der Genehmigung ist die gesellschaftsvertragliche Abrede (Beitrittsvereinbarung, [neuer] Gesellschaftsvertrag)241; sie ist auch die maßgebliche Mitteilung des Interesses gemäß § 103 Abs. 6 SGB V zu Gunsten eines Bewerbers. ee) Wirtschaftliche Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes (§ 103 Abs. 4 S. 6 SGB V)
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Erfolgt die Nachbesetzung nicht aus einer Berufsausübungsgemeinschaft heraus, ist die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes bzw. seiner Erben – unstreitig – angesichts des verfassungsrechtlichen Hintergrunds von § 103 Abs. 4 SGB V (Eigentumsschutz)242 als erstes zu prüfen. Es gilt: Jeder Bewerber, der die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes nicht 236 237 238 239
240
241
242
Hierzu Rz. 49ff. und 67, 70 sowie 75. Hierzu ausführlich Rz. 44ff. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 11/03 R, MedR 2004, 697; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 307; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 220. Vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 617, wonach es ausreichend ist, dass die Gründung der Berufsausübungsgemeinschaft auf den Zeitpunkt der Bestandskraft der Zulassung des Nachfolgers bestimmt ist. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, BSGE 85, 1, 7; Wertenbruch, MedR 1996, 485, 489; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 220; Braun/ Richter, MedR 2005, 446, 451; i.E. wohl ebenso Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 27. BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 34/ R, MedR 2004, 118; sowie ausführlich § 33, Rz. 106. Vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 617. Hierzu Rz. 45.
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wahrt, d.h. jedenfalls nicht bereit ist, den (objektiven) Verkehrswert des Praxisvermögens zu zahlen, darf nicht als Nachfolger zugelassen werden243. Welche Aspekte im Einzelnen von den wirtschaftlichen Interessen des Ausscheidenden umfasst sind, kann schwierig zu beurteilen sein. Im Einzelnen: Der (objektive) Verkehrswert der Praxis resultiert aus dem gesamten Eigentum der Praxis (Anlage- und immaterielles Vermögen)244. Der Wert des immateriellen Praxisvermögens beruht, wenn nicht der Vertragsarzt ausdrücklich nur einen entsprechenden Teilverkauf seiner vertragsärztlichen Praxis anstrebt245, auf dem hiermit verbundenen Wert sowie auf dem Wert des privatärztlichen Praxisteils246. Andernfalls würde eine eigentumsrechtlich zwanglos als solche definierte Einheit entgegen dem Schutzzweck von Art. 14 Abs. 1 GG künstlich getrennt betrachtet247. Der Zulassungsausschuss kann sich mithin nicht auf eine isolierte Betrachtung der „Kassenpraxis“ beschränken. Im übrigen geht es angesichts des verfassungsrechtlichen Hintergrunds von § 103 Abs. 4 SGB V, speziell des handlungsbezogenen Eigentumsschutzes248, stets nur um die spezielle Form von Praxiseigentum, wie der ausscheidende Vertragsarzt es sich geschaffen hat und wie er es nun zu übertragen gedenkt, ggf. auch in Kombination mit dem Verkauf eines Hausgrundstücks oder dem gewünschten Abschluss eines Praxismietvertrags249.
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Der (objektive) Verkehrswert ist keine echte Kaufpreisobergrenze. Nur für das streitige Nachbesetzungsverfahren, an dem mindestens zwei Bewerber beteiligt sind, von denen wenigstens einer den vom ausscheidenden Vertragsarzt geforderten Praxiskaufpreis nicht zahlen möchte, ist der (objektive) Kaufpreis bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens eine „Wertungs-Kaufpreisobergrenze“: Es gereicht keinem Bewerber im Rahmen der Auswahlentscheidung zum Vorteil, wenn er mehr als den (objektiven) Kaufpreis zahlen will. Daneben ist der ausscheidende Vertragsarzt völlig frei darin, mit dem/den Bewerbern einen (deutlich) höheren oder niedrigeren Praxiskaufpreis als den (objektiven) Verkehrswert zu vereinbaren. Diese Freiheit ist Bestandteil des Eigentumsgrundrechts250 und Ausdruck eines freien Marktes. Dem steht auch das gesetzgeberische Ziel, mit § 103 Abs. 4 S. 6 SGB V ungerecht-
99
243 244 245
246 247
248 249
250
Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 60; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 308. Rz. 45. Zu den steuerlichen Nachteilen der Veräußerung nicht aller wesentlichen Teile der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit vgl. nur Künzel in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 546ff. m.w.N. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 284; i.E. wohl ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 277. Dies verkennt Preissler in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 72, wobei er zudem wohl von einem nicht bestehenden vertragsärztlichen Kontrahierungszwang ausgeht bzw. der Möglichkeit des Zulassungsausschusses, einen entsprechenden Vertrag zu erzwingen; vgl. Rz. 100. Vgl. Rz. 45. Ebenso Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 64, unter Hinweis auf SG Karlsruhe, Urt. v. 09.07.1997, S 1 Ka 3482/95, sowie LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.11.1996, L 5 Ka 2566/96 eA-B, MedR 1997, 143, 145. Vgl. Rz. 45. Ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 280; Gasser, ebd., Rz. 931.
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fertigte Praxiskaufpreiserhöhungen verhindern zu wollen251, nicht entgegen. Denn ungerechtfertigt wäre der (erhöhte) Kaufpreis nur, wenn ein Betroffener ihn zwangsweise akzeptieren müsste; allein den (objektiven) Verkehrswert und nicht mehr zahlen zu wollen, steht jedem Bewerber jedoch frei, ohne Nachteile im Nachbesetzungsverfahren riskieren zu müssen252. Daraus folgt: Der Zulassungsausschuss ist nicht befugt, unstreitige Praxiskaufpreise zu überprüfen253. Ihm ist es in einem solchen Fall254 – bereits aus Datenschutzgründen – verwehrt, ohne Einwilligung des ausscheidenden Vertragsarztes überhaupt entsprechende Ermittlungen anzustellen, d.h. vertragsärztliche Umsätze bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu erfragen usw.255 Ein vermeintlich höherer Kaufpreis als der (objektive) Verkehrswert belegt insbesondere keinen „Zulassungsverkauf“, der allgemein als unzulässig angesehen wird256. Ob es ihn im übrigen tatsächlich gibt, kann bezweifelt werden. Denn es ist vielmehr nur sozialrechtlich unmöglich, eine Zulassung ohne Entscheidung des Zulassungsausschusses zu übertragen/zu verkaufen, und zivilrechtlich möglich, allein das immaterielle Vermögen einer Praxis zu erwerben257. Solange die Praxisfortführung258 i.S. von § 103 Abs. 4 SGB V gesichert ist, wäre der in einem Kaufvertrag enthaltene Begriff „Kauf/Verkauf der Zulassung“ entsprechend auszulegen259. 100
Ist der Kaufpreis zwischen dem ausscheidenden Vertragsarzt und mindestens einem Bewerber streitig, hat dies zunächst zur Konsequenz, dass kein Praxiskaufvertrag zwischen beiden bestehen wird. Gehört dieser zwingend – zunächst einmal ohne Rücksicht auf die (Schrift-)Form260 – zu den geschützten wirtschaftlichen Interessen des Vertragsarztes? Dies ist zu bejahen, wenn dem in Rede stehenden Bewerber auf Grund der sonstigen Auswahlkriterien261 die Nachfolgezulassung zu erteilen wäre. 251 252 253
254 255
256 257 258 259
260
261
BT-Drucks. 12/3608, 99. Kritisch Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 59, Fn. 66. Rz. 102. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 273; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 61; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 280; und wohl auch Gasser, ebd., Rz. 931. Anders zu betrachten sind Ermittlungen, um das Kriterium „fortführungsfähige Praxis“ (Rz. 66) zu überprüfen. Der Zulassungsausschuss müsste zu diesem Zweck eine Anfrage an die Kassenärztliche Vereinigung stellen. Ohne dies abschließend bewerten zu wollen, stellt dies eine – in dem dargestellten Fall – Erhebung personenbezogener Daten dar, die, wenn keine Einwilligung vorliegt, geeignet ist, den Tatbestand einer bußgeldbewährten Ordnungswidrigkeit nach dem Bundesdatenschutzgesetz und/oder den Landesdatenschutzgesetzen zu erfüllen. Vgl. nur beispielhaft Dahm, AusR 2000, 85ff. m.w.N. Vgl. Rz. 66, 69ff. Hierzu Rz. 63ff. A.A. aus steuerrechtlicher Sicht FG Niedersachsen, Urt. v. 28.09.2004, 13 K 412/01, DStRE 2005, 427 (rechtskräftig nach Rücknahme der Revision); umgesetzt durch viele Oberfinanzdirektionen, z.B. OFD Koblenz, Vfg. v. 12.12.2005, S 2134a A-St 31,4, DStR 2006, 610. Vgl. zur steuerrechtlichen Problematik auch § 24, Rz. 21. Hierzu Rz. 105, wobei auch das Protokoll den Kaufvertragsabschluss belegen kann; vgl. LG Hagen, Urt. v. 19.04.2007, 4 O 308/06, NRWE Rz. 27ff., zur Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss, den geforderten Kaufpreis zahlen zu wollen, die rechtsverbindlich ein Angebot/eine Annahme sei. Hierzu Rz. 107ff.
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Denn ansonsten hätte der ausscheidende Vertragsarzt keinen Kaufpreisanspruch, den § 103 Abs. 4 SGB V gerade sichern will bzw. der überhaupt erst der Grund ist, warum das Nachbesetzungsverfahren durchzuführen ist. Aus diesem Grund ist das Verfahren auch zu beenden, wenn zwischen dem Vertragsarzt und keinem der Bewerber ein Kaufvertrag zu Stande kommt262 und kein Fall der zulässigen, insbesondere vom ausscheidenden Vertragsarzt gewünschten Schenkung besteht263. Da der Vertragsarzt „Herr des Verfahrens“ ist und grundrechtlich in keinen Praxisverkauf gezwungen werden kann, besteht auch kein Kontrahierungszwang264. Keinesfalls kann zudem der ausscheidende Vertragsarzt durch den selektiven, allein subjektiv beeinflussten Abschluss von Kaufverträgen die Auswahl des Zulassungsausschusses vorbestimmen. Dies widerspricht dem verfassungsrechtlichen Hintergrund dieser Kriterien, eine gleiche Zugangsmöglichkeit zur vertragsärztlichen Versorgung für alle Bewerber zu gewährleisten (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG)265. Verweigert der Vertragsarzt dem kontrahierungswilligen, auf Grund der sonstigen Auswahlkriterien266 „Besten“ aller Bewerber ungerechtfertigt267 den Abschluss des Kaufvertrags, ist das Verfahren daher ebenfalls zu beenden. Anders zu verfahren, wie teilweise – anknüpfend an die Rechtsprechung zur formalen „Trennung des zivilrechtlichen und des sozialrechtlichen Rechtskreises“ – vertreten wird268, steht mit dem verfassungsrechtlichen Hintergrund269/Normzweck von § 103 Abs. 4 SGB V nicht in Einklang. Denn nur dann, wenn der ausscheidende Vertragsarzt über die Nachbesetzungszulassung sein Eigentum realisieren kann, und nur dann, wenn der Praxiskauf von der Nachbesetzungszulassung abhängt270, ist die Nachbesetzungszulassung gerechtfertigt. Den ausscheidenden Vertragsarzt von vornherein auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §§ 812ff. BGB zu verweisen271, verkennt, dass das zivilrechtliche Pendant zur Nachbesetzungszulassung eine Eigentumsübertragung sein muss272 und kein irgendwie geartetes „Erlangen“ von Eigentum. Dass dies in der Praxis teilweise wegen unge262
263
264 265 266 267 268
269 270 271 272
Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 68. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 28, bezeichnet die „Einigung … über einen für beide Seiten annehmbaren Vertrag“ zutreffend als „faktische Grundlage für die Auswahlentscheidung“. Die Möglichkeit der Schenkung ist eine gesetzlich bestimmte Form der Verfügung über Eigentum (vgl. §§ 516ff. BGB) und daher Bestandteil des Eigentumsgrundrechts gemäß Art. 14 Abs. 1 GG; vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 14, Rz. 19ff.; vgl. auch Rz. 45. Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 11; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 68. Hierzu Rz. 42, 45f. Hierzu Rz. 107ff. Vgl. Rz. 102ff. SG Münster, Urt. v. 05.10.1995, S 2 Ka 55/95, MedR 1996, 144, 145; Dahm, MedR 1994, 223, 224; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 320; vgl. auch Rieger, Rechtsfragen bei Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 69. Ausführlich Rz. 44ff. Hierzu insbesondere Rz. 48. Dahm, MedR 1994, 223, 224. Vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 12/3608, 99; sowie auch BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 34/03 R, BSGE 93, 69.
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nügender Verträge verfehlt wird, ändert an der gesetzlichen Verfahrensgrundlage und -vorgabe nichts. 102
Besteht zwischen dem ausscheidenden Vertragsarzt und dem auf Grund der sonstigen Auswahlkriterien273 „Besten“ aller Bewerber (noch) kein Kaufvertrag, kann dies zunächst an unterschiedlichen Kaufpreisvorstellungen liegen. Geschützt ist der Vertragsarzt gemäß § 103 Abs. 4 S. 6 SGB V bis zum (objektiven) Verkehrswert. Will er – bei einem unstreitigen (objektiven) Verkehrswert – unabbringbar einen höheren Kaufpreis erzielen, den er ggf. von einem anderen, jedenfalls aber nicht von dem „besten“ Bewerber erhalten kann, ist das Nachbesetzungsverfahren in letzter Konsequenz zu beenden274. Will der „beste“ Bewerber den – unstreitigen – (objektiven) Verkehrswert nicht zahlen, kann er nicht berücksichtigt werden. Was ist, wenn der „beste“ Bewerber grundsätzlich den (objektiven) Verkehrswert zahlen will, dieser aber streitig ist? Auf der Grundlage von § 20 Abs. 1 SGB X (Untersuchungsgrundsatz) hat der Zulassungsausschuss sodann den (objektiven) Verkehrswert von Amts wegen zu ermitteln. Er wird dabei seine Bemühungen zunächst noch verstärkter als zuvor schon auf eine Einigung der betroffenen Verfahrensbeteiligten richten. Als solcher muss man sich in der Praxis darauf einrichten, dass ein Zulassungsausschuss durchaus ohne Weiteres den von (einem) anderen Bewerber(n) akzeptierten Kaufpreis sowie wirtschaftliche Angaben des Vertragsarztes zur Grundlage einer eigenen Schätzung275 nehmen wird, um eine Verfahrensausuferung zu verhindern, auch wenn dies ggf. rechtswidrig ist, falls der Vertragsarzt nicht einmal ein Sachverständigengutachten vorlegen kann, dem der Zulassungsausschuss im Rahmen der freien Beweiserhebung und -würdigung (vgl. § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV, §§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 1 S. 1 SGB X) sowie der pflichtgemäßen Ermessensausübung gemäß § 103 Abs. 3 S. 3 SGB V beanstandungslos Glauben schenken kann. Denn tatsächlich ist das einzige Mittel für die hierbei (verständlicherweise) überforderten Zulassungsausschussmitglieder, zu einer adäquaten Verkehrswertermittlung zu gelangen, gemäß § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X einen Sachverständigen zu beauftragen276. Für das Anlagevermögen sind dabei echte Markt-/Wiederbeschaffungspreise gebrauchter Geräte zu ermitteln277. Für den Wert des immateriellen Praxisvermögens werden unterschiedliche Methoden diskutiert278 (insbesondere Umsatzmethode, Bundesärztekammermethode279, Gewinnmethode, Richtlinien des VFK-Verbandes, gemischte Umsatz- und Gewinnmethode, IBT-Methode), die über reine Rechenformeln hinausgehen und 273 274 275 276
277 278
Hierzu Rz. 107ff. Rz. 100. Die eigene Schätzung des Zulassungsausschusses befürwortend wohl Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 274. Ebenso Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 61; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 284. Vgl. auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 275f., der allerdings – ohne Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes – es dem Praxisabgeber zuweist, den Sachverständigen zu beauftragen. Vgl. nur Schmid-Domin, Bewertung von Arztpraxen und Kaufpreisfindung, 112, 114ff. m.w.N. Zu ihnen gibt Schmid-Domin, Bewertung von Arztpraxen und Kaufpreisfindung, 134ff., einen ausführlichen Überblick. Vgl. auch Künzel in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 695ff.
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sämtlich die Berücksichtigung von Besonderheiten in Form von Zu- und Abschlägen ermöglichen/fordern. All dies kann der Zulassungsausschuss selbst nicht leisten. Regelmäßig wird für ihn ein von der Industrie- und Handelskammer öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Arztpraxen tätig werden müssen. Andere langjährig und regelmäßig tätige Praxisbewerter dürften aber, wenn zu ihnen nichts Negatives bekannt ist, ebenfalls bestellt werden können. Den Auftrag hat der Zulassungsausschuss selbst zu erteilen280. Der ausscheidende Vertragsarzt ist gemäß § 21 Abs. 2 SGB X zur Mitwirkung verpflichtet. Unterbleibt dies, geht eine eventuelle Unaufklärbarkeit zu seinen Lasten; das Verfahren wird entweder gemäß § 66 SGB I analog nicht weiterbetrieben281 oder ist mangels Kaufvertrag zwischen dem „besten“ Bewerber und dem Vertragsarzt zu beenden. Dass ein Kaufvertrag zwischen dem ausscheidenden Vertragsarzt und dem „besten“ Bewerber nicht besteht, kann neben der Uneinigkeit über den Kaufpreis auch an einem Dissens zu anderen Vertragsbestandteilen liegen. Wie ist hiermit umzugehen? Da der Schutz des individuellen Eigentums des Vertragsarztes Grundlage des Nachbesetzungsverfahrens ist, sind weitestgehend die individuellen Wünsche des Vertragsarztes maßgeblich, sofern sie nicht willkürlich sind und damit primär dem Ziel dienen, einen rein subjektiv unliebsamen Bewerber unter Umgehung der sonstigen Auswahlkriterien282 auszuschalten. Jeder potenzielle Erwerber kann daher nicht auf die ausschließliche Vereinbarung der sog. wesentlichen Kaufvertragsbestandteile (essentialia negotii) – Käufer, Verkäufer, Kaufgegenstand, Kaufpreis283 – bestehen. Er hat daneben all dasjenige als Vertragsbestandteil zu akzeptieren, was sich mittlerweile als üblich, jedenfalls aber nicht als unüblich für Praxiskaufverträge herauskristallisiert hat284. Im Gegenzug hat der ausscheidende Vertragsarzt für einen Praxiskäufer unverzichtbare Regelungen, die seine Interessen an der Überleitung einer gebrauchsfähigen Praxis sowie die Erreichung der Zulassungsvoraussetzungen absichern, zu akzeptieren. Fordert einer vom anderen, ohne dass dies durch die gängige Vertragspraxis und/oder im Einzelfall aus eigentumsrechtlichen Gründen gerechtfertigt ist, vertragliche Belastungen ab, kann die Verweigerung nicht negativ gewertet werden.
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Zu den regelmäßig für den ausscheidenden Vertragsarzt unverzichtbaren Vertragsregelungen gehören insbesondere:
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279 280
281 282 283 284
„Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen“, DÄBl. 1987, B-671, B-672 (auch abgedruckt bei Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Anhang 5). Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 275, hält – ohne Rechtsgrundlage und in Abkehr vom Untersuchungsgrundsatz – den ausscheidenden Vertragsarzt für verpflichtet, den Sachverständigen zu beauftragen. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 276. Rz. 107ff. Vgl. Putzo in: Palandt, BGB, § 433 Rz. 1ff. Vgl. hierzu ausführlich Möller in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 370ff.; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, passim; ders., Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, S. 19ff.; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 9.
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• die Übernahme von praxisüblichen, regelmäßig nicht ohne weiteres zum Praxisübergabezeitpunkt kündbaren Verträgen mit wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung (Mietvertrag, Arbeitsverträge, ggf. Geräteleasingverträge usw.)285, • die Stellung einer unbedingten, unbefristeten selbstschuldnerischen, auf die Einreden der Vorausklage und Aufrechenbarkeit verzichtenden und auf erstes Anfordern hin fälligen Bürgschaft für den gesamten Kaufpreis durch ein Kreditinstitut, das der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) untersteht286 (eine reine „Finanzierungszusage“ genügt nicht, weil der Veräußerer hieraus keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegenüber dem Kreditinstitut ableiten kann), • der Umgang mit den Patientendaten entsprechend den sog. Münchener Empfehlungen287. Die für einen Praxiskäufer unverzichtbaren Regelungen betreffen insbesondere den Todesfall- und Berufsunfähigkeitsschutz sowie den Schutz vor Wettbewerb durch den Verkäufer288. 105
Der Praxiskaufvertrag bedarf grundsätzlich, sofern er nicht mit einem anderen formbedürftigen Geschäft verbunden ist (z.B. Immobilienkauf, vgl. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB), keiner bestimmten Form. Zu Beweiszwecken und damit für einen lückenlosen Eigentumsschutz empfiehlt sich aber die Schriftform289. Aus diesem Grund muss der Zulassungsausschuss Wünschen des ausscheidenden Vertragsarztes nach einer schriftlichen Niederlegung des Praxiskaufvertrages ebenso Rechnung tragen wie er akzeptieren muss, dass der Vertragsarzt einen schriftlichen Vertrag nicht für notwendig hält. Erst dann, wenn der Zulassungsausschuss Anzeichen dafür hat, dass entgegen dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Nachbesetzungsverfahrens kein Eigentum übertragen werden soll, muss er sich den Praxiskaufvertrag vorlegen lassen290. Wünscht der Praxisabgeber einen schriftlichen Vertrag, ist die Sitzung 285 286
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Z.B. Software- und Versicherungsverträge sind regelmäßig kurzfristig kündbar. Ebenso wohl Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 62. A.A. ist Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 282, der die Bürgschaft nur verlangt, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine mangelnde Käuferbonität bestehen. Woraus sollen sich diese dem Verkäufer aber ergeben? Zu berücksichtigen ist, dass – so die Praxis – viele Erwerber nach Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung jedenfalls sich bietende Möglichkeiten nutzen, um den Kaufpreis auf Grund vorgeblicher Mängel zu mindern, was voraussetzt, dass dieser noch nicht gezahlt ist (oder eben keine Bürgschaft besteht, die die jederzeitige Zahlung ermöglicht). Abgedruckt in MedR 1992, 207ff. An sie dürfte sich auch § 10 Abs. 4 Musterberufsordnung der deutschen Ärztinnen und Ärzte angelehnt haben; Möller in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 414. Auch ohne ein ausdrückliches Wettbewerbsverbot kann sich dieses, jedenfalls aber die (Geschäfts-)Grundlage für eine Kaufpreisminderung im Fall der Praxisneueröffnung aus dem Vertragszweck ergeben; vgl. OLG München, Urt. v. 28.01.2002, 31 U 4888/00, MedR 2004, 223, 224f. Zu den formellen Umständen eines Praxiskaufs vgl. Möller in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 379ff. Ebenso Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 71, der die Vorlage des schriftlichen Vertrages wohl stets für zwingend hält.
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ggf. zu vertagen. Andernfalls kann der Abschluss des Kaufvertrages zwischen beiden Ärzten protokolliert werden291. ff) Nachbesetzung von hausärztlichen Zulassungen (§ 103 Abs. 4 S. 5 SGB V) Als nächstes Kriterium ist im Fall einer hausärztlichen292 Zulassung zu prüfen, ob einer der – nach dem Vorstehenden noch nicht „ausgeschiedenen“ – Bewerber Allgemeinarzt, d.h. Facharzt für Allgemeinmedizin, ist. Gegenüber einem Facharzt für Innere Medizin ist er zwingend vorzuziehen. Eine Abwägung mit den anderen Kriterien findet nicht statt. Zu ihnen kommt man nur, wenn sich entweder wenigstens zwei Allgemeinärzte oder nur Internisten bewerben.
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gg) „Persönlich-qualitative“ Auswahlkriterien (§ 103 Abs. 4 S. 3 SGB V) Die Auswahlentscheidung zwischen denjenigen Bewerbern, die nach dem Vorstehenden noch nicht „ausgeschieden“ sind, trifft der Zulassungsausschuss nach „pflichtgemäßem Ermessen“ (§ 103 Abs. 4 S. 3 SGB V) anhand der im Folgenden darzustellenden „persönlich-qualitativen“ Kriterien293.
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Das Kriterium der beruflichen Eignung bezieht sich auf die Eignung zur Fortführung der Praxis, wie sie der ausscheidende Vertragsarzt qualitativ-ärztlich geprägt hat. Die berufliche Eignung ist demnach zu prüfen anhand eines Vergleichs der Bewerber mit dem Zulassungsstatus des Ausscheidenden, d.h. mit seinem Fachgebiet und eventuellen Zusatzqualifikationen nach der Weiterbildungsordnung (Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen o.ä.294)295. Sonstige Qualifikationsaspekte wie insbesondere spezielle vertragsarztrechtliche Abrechnungsgenehmigungen aus Qualitätssicherungsgründen (ambulantes Operieren, Sonographie, Speziallabor, Psychotherapie usw.)296 sind grundsätzlich ebenfalls zu berücksichtigen; einem Nichtvertragsarzt, der sie – z.B. zum Zwecke von Praxisvertretungen für Vertrags-
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Das Protokoll belegt den Kaufvertragsabschluss; vgl. LG Hagen, Urt. v. 19.04.2007, 4 O 308/06, zur Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss, den geforderten Kaufpreis zahlen zu wollen, die rechtsverbindlich ein Angebot/eine Annahme sei. § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V ist angesichts der Legaldefinition der hausärztlichen Versorgung in § 73 Abs. 1a S. 1 SGB V teleologisch reduzierend auszulegen, denn nicht gemeint haben kann der Gesetzgeber, kinderärztliche Zulassungen mit Allgemeinärzten nachzubesetzen. Der Begriff der hausärztlichen Zulassung bezieht sich insoweit mithin nur auf Fachärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte für Innere Medizin, die keine Schwerpunktbezeichnung führen, sofern diese die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben; vgl. § 18 Rz. 10ff. Zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Ermessensausübung und dabei der Gewichtung der Kriterien s. Rz. 116ff. Zur mittlerweile teilweise erschwerten Vergleichbarkeit im Bereich der Zusatzqualifikationen s. Rz. 31. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 24; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 287f.; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 52. Vgl. Steinhilper in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 17, Rz. 26 m.w.N.; sowie die diversen Qualitätssicherungs-Richtlinien in den verschiedenen Bereichen (erlangbar über www.kbv.de).
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ärzte im Urlaub usw. (vgl. § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV) – noch nicht erworben hat, kann der mangelnde Erwerb aber nur entgegengehalten werden, wenn dieser auch für die Zukunft ausscheidet. Zusammengefasst: Alle Bewerber, die den gleichen Facharztstatus wie der ausscheidende Vertragsarzt haben, sind gleich geeignet (unterschiedliche Noten in den Facharztzeugnissen usw. sind unerheblich)297; auf Grund einer Zusatzqualifikation kann nur dann eine bessere Eignung bestehen, wenn der ausscheidende Vertragsarzt die gleiche Zusatzqualifikation besitzt/besaß und auch ausgeübt hat298. 109
Das Approbationsalter wird festgestellt anhand der Approbationsurkunde. Ausgangspunkt ist der Tag der Erteilung, ggf. der Neuerteilung, wenn die Approbation zuvor einmal zurückgenommen oder entzogen war; ein Ruhen der Approbation bleibt ohne Auswirkung299.
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Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit wird anhand des beruflichen Lebenslaufs der Bewerber beurteilt. Maßgeblich ist jede spezifisch ärztliche Tätigkeit (im Krankenhaus, in der Forschung, in einer ambulanten Praxis als Angestellter, Selbstständiger oder Praxisvertreter, als Amtsarzt usw.) seit der Approbationserteilung300. Bislang abschließend nicht geklärt ist, wie Ausfallzeiten auf Grund von Mutterschutz und Elternzeit zu bewerten sind. Teilweise wird es für grundrechtlich bedenklich gehalten, diese Zeiten angesichts des Schutzes von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG außen vor zu lassen und den betreffenden Elternteil damit zu benachteiligen301. Dies verkennt jedoch, dass das Nachbesetzungsverfahren bzw. Zulassungsbeschränkungen nichts mit dem Schutz von Ehe und Familie zu tun haben. Deren besondere Förderungen bzw. die Verhinderung spezieller Nachteile werden durch vertragsarztrechtliche Regelungen nicht in Frage gestellt, und nur dies würde den grundrechtlichen Schutz auslösen. Mit anderen Worten: Zum Schutz von Ehe und Familie muss den betreffenden Elternteil nicht in seinem beruflichen Fortkommen gefördert werden.
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Die Eigenschaft als Ehegatte oder Kind des ausschreibenden Vertragsarztes ermöglicht keine freie Übertragbarkeit der Zulassung (anders noch der 1992 aufgehobene § 16c Ärzte-ZV302). Auch führt sie zu keinem Automatismus/Vorrecht bei der Entscheidung des Zulassungsausschusses; beide Verwandten müssen sich um die
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298 299 300
301 302
BSG, Urt. v. 14.07.1993, 6 RKa 71/91, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr. 1. Vgl. auch SG Karlsruhe, Urt. v. 09.07.1997, S 1 Ka 3482/95 (zit. nach Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 52, Fn. 60). Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 288f.; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 52. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 295. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 296. Nicht zu berücksichtigen sind fachfremde Tätigkeiten etwa in der Industrie, auch wenn der Arztberuf für sie qualifiziert (z.B. Pharmavertretung). Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 296, unter Hinweis auf SG München, Urt. v. 21.02.1996, S 42 Ka 1236/94. Vgl. auch Rz. 118.
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Zulassung wie andere Bewerber auch bemühen303, wenngleich sie per se eines der maßgeblichen Kriterien auf ihrer Seite haben. Die Tätigkeit als angestellter Arzt des ausschreibenden Vertragsarztes ist für einen Bewerber ebenfalls von Vorteil. Damit verknüpft ist allein der Gedanke der bestmöglichen Sicherstellung der Patientenversorgung durch einen Arzt, den die Patienten bereits kennen und umgekehrt304. Angesichts dieser Zielsetzung ist die Angestelltentätigkeit prinzipiell weit auszulegen und umfasst – neben Aus-, Weiterbildungs- und Entlastungsassistenten gemäß § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV, Angestellten nach § 32b Ärzte-ZV und Job-Sharing-Angestellten nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. §§ 23i – 23m Bedarfsplanungs-Richtlinie – auch Vertreter gemäß § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV305. Ob allerdings die Tätigkeit im Rahmen der Nachbesetzung vorteilhaft für den Bewerber zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, ob die Tätigkeit insbesondere wegen ihrer Dauer zu einer Vertrautheit mit den Patienten geführt hat306. Hier muss man sich am Einzelfall orientieren, insbesondere an dem in Rede stehenden Fachgebiet. Von einiger Relevanz wird das Kriterium sein bei Hausarztpraxen auf Grund des wiederkehrenden Patientenklientels. Kaum Bedeutung wird man der Angestelltentätigkeit zumessen können bei rein zuweiserabhängigen Fachgruppen, die kaum „Dauerpatienten“ haben. Eine Kurzzeitanstellung von lediglich einem Quartal dürfte eine echte Patientenbindung, wie sie dem Gesetzgeber vorgeschwebt haben dürfte, keinesfalls begründen können.
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Von wirklicher Bedeutung ist das Kriterium, Mitgesellschafter des ausscheidenden Vertragsarztes zu sein, nur für den sog. Job-Sharing-Gesellschafter gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. § 23a Bedarfsplanungs-Richtlinie. Zwar dürfte der Gesetzgeber auch an die Möglichkeit der Übernahme durch einen Mitgesellschafter, der über eine eigene Zulassung verfügt, gedacht haben. Sinn macht die Übernahme aber nur, wenn der Mitgesellschafter zweifacher Facharzt ist und nunmehr das Fachgebiet hin zu demjenigen des ausscheidenden Vertragsarztes wechseln will. Dies sind extrem seltene Fälle. Häufiger bewirbt sich ein Job-Sharing-Gesellschafter, für den allerdings § 101 Abs. 3 S. 4 SGB V bestimmt, dass die vorherige „gemeinschaftliche Praxisausübung … erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen“ ist. Dies sieht sich – zu Recht – großer Kritik ausgesetzt307. Denn es verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass ein angestellter Arzt deutlich früher, nämlich sobald sein Patientenkontakt sich verfestigt hat, einen Vorteil genießt. Man wird davon ausgehen können, dass § 101 Abs. 3 S. 4 SGB V verfassungswidrig und nicht zu beachten
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303 304 305
306 307
Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 20, 25; vgl. auch BT-Drucks. 12/3608, 99. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 300. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.11.1996, L 5 Ka 2566/96 eA-B, MedR 1997, 143, 145; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 2.5.1.1. und 4.1.5.1; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 300. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.11.1996, L 5 Ka 2566/96 eA-B, MedR 1997, 143, 145; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 300. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 265; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 54; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 297f.
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ist308. Ein Mitgesellschafter des ausscheidenden Vertragsarztes hat mithin, sobald eine echte Patientenbindung besteht, a priori ein Auswahlkriterium auf seiner Seite. 114
Für die Eintragung in die Warteliste ist – ebenso wie beim Approbationsalter – der Tag der Aufnahme maßgeblich. Die Warteliste ist etwas anderes als das Arztregister gemäß § 1 Abs. 2 Ärzte-ZV. Sie wird ausschließlich im Zusammenhang mit dem Nachbesetzungsverfahren eingerichtet und dient z.B. Vertragsärzten, die ihre Praxis veräußern wollen, als Informations- und Kontaktquelle zu übernahmewilligen Ärzten. Über das ausführlichere Arztregister kann Gleiches nicht transportiert werden, denn einsichtnahmeberechtigt ist jeder Arzt dort außerhalb eines berechtigten Interesses nur für seine Unterlagen (§ 9 Abs. 2 Ärzte-ZV). Gerade weil die Warteliste auch der Kontaktvermittlung zwischen abgabe- und übernahmewilligen Ärzten dient, kann einem Bewerber weder bei einem Aufnahmeantrag noch bei der Nachbesetzungsentscheidung entgegen gehalten werden, er sei in mehreren Wartelisten eingetragen. Dies ist vollkommen unschädlich und gerade nicht rechtsmissbräuchlich o.ä.309 hh) Gesetzlich nicht genannte Kriterien
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Sind die gesetzlich genannten Kriterien abschließend? Die Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Für die Offenheit für weitere Kriterien wird das den Zulassungsgremien vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen angeführt310 sowie die Formulierung in § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V, wonach die dort genannten Kriterien (nur) „zu berücksichtigen“ seien. Das Ermessen könnte sich aber auch nur auf die Gewichtung der gesetzlichen Kriterien beziehen. Und an den Passus „zu berücksichtigen“ schließt sich „ferner“ an, was auf die Ergänzung einer dann abschließenden Aufzählung hindeutet311. Letzteres scheint der Gesetzgeber auch gewollt zu haben312. Grundsätzlich sind daher keine weiteren Kriterien in die Auswahlentscheidung einzustellen, sofern nicht ansonsten auf Grund der Gleichwertigkeit mehrerer Bewerber kein Nachfolger gefunden werden könnte313. Zu berücksichtigen sind dann – aber auch tatsächlich erst dann – der Wille des abgebenden Arztes oder seiner Erben314, eine vorangegangene Vertretertätigkeit eines Bewerbers (wenn man sie nicht schon im Rahmen des 308
309 310 311 312 313 314
Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt auch nicht in dem Vorteil des JobSharing-Gesellschafters, nach zehn Jahren gemeinsamer Tätigkeit eine Vollzulassung zu erhalten (hierzu § 33, Rz. 67); so aber Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 323. Im Zeitpunkt der Nachbesetzung hat dies hiermit nichts zu tun. Genauso (falsch) könnte man zu Gunsten des Job-Sharing-Gesellschafters anführen, er gehe während der gemeinsamen Tätigkeit besondere Haftungsrisiken ein und deshalb spreche seine Selbstständigkeit eher in besonderem Maße für ihn (so i.E. sogar Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 298). Ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 293. So SG Karlsruhe, Urt. v. 09.07.1997, S 1 Ka 3482/95, zit. nach Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 51, Fn. 56. Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 618f., wonach jedenfalls die Kriterien aus § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V nicht abschließend sind. Vgl. Zipperer, NZS 1993, 53, 54, als Bericht über die Ausschussberatungen. So auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 302. Hier und für die nachfolgende Aufzählung s. Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 51.
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gesetzlich genannten Anstellungskriteriums berücksichtigt)315, eine vorangegangene Tätigkeit als Praxisverweser bei Tod des Praxisabgebers (vgl. § 4 Abs. 3 BMVÄ)316, eine bereits bestehende Zulassung317 (als „Negativkriterium“, da die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG den Vorzug des bislang an der Zulassung Gehinderten gebietet), gesetzlich anderweitig hervorgehobene Positionen wie z.B. die Bevorzugung Schwerbehinderter318 sowie der Zeitpunkt der Eintragung in das Arztregister319. ii) Abwägung der Nachbesetzungskriterien und Nachbesetzungs-/ Zulassungsbeschluss Hat der Zulassungsausschuss nach Prüfung der Ausschlusskriterien „Interessen der (ehemaligen) Mitgesellschafter“, „wirtschaftliche Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes“ und „vorrangig Allgemeinarzt als Hausarzt“ aus mehreren Bewerbern noch keinen Nachfolger ermitteln können, muss er feststellen, welche der sonstigen Kriterien (berufliche Eignung, Approbationsalter, Dauer der ärztlichen Tätigkeit, Eigenschaft als Ehegatte, Kind, angestellter Arzt oder Mitgesellschafter in einer Berufsausübungsgemeinschaft sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste) für welchen der verbleibenden Bewerber sprechen, diese abwägen und dabei nach pflichtgemäßer Ermessensausübung (§ 103 Abs. 4 S. 3 SGB V) zu einer Entscheidung für einen Arzt320 kommen; aufgespaltene Entscheidungen in erstens einen Auswahlbescheid und zweitens einen Zulassungs(ablehnungs)bescheid (sofern ein Praxisübernahmevertrag zu Stande kommt) sind nicht statthaft321.
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Die Gewichtung/Wertigkeit der Kriterien ist, nachdem sich der Gesetzgeber hierzu nicht geäußert hat322, äußerst umstritten323. Vertreten werden
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• die grundsätzliche Gleichrangigkeit der Kriterien324 bei besonderer Bedeutung der Ehegatten-/Kindeigenschaft325 oder aller Kriterien, die eine besondere Ver315 316 317 318 319 320 321
322 323 324 325
LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.11.1996, L 5 Ka 2566/96 eA-B, MedR 1997, 143, 145; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 618. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 618. Angesprochen von LSG Berlin, Beschl. v. 17.07.1997, L 7 Ka-SE 27/97, MedR 1997, 518. Unter Verweis auf § 51 SchwbG Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 303. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 807; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 7; s. auch § 1 Rz. 4. Andere Alternativen sind nicht möglich, es besteht kein Entschließungsermessen; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 301. Schöbener/Schöbener, SGb 1994, 211, 214; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 301; und Gasser, ebd., Rz. 951, unter Verweis auf SG Aachen, Urt. v. 19.01.1994, S 7 Ka 10/93, S. 10 Urteilsumdruck. Zur Ermessensentscheidung (und der Auwirkung auf die Streitwertbemessung) vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.06.2007, L 4 B 269/06 KA ER, GesR 2007, 421, 423. Vgl. BT-Drucks. 12/3608. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 280. Eine Übersicht über den Meinungsstand bietet Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 304ff. Steinhilper, MedR 1994, 227, 230; Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 12. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 29.
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bundenheit ausdrücken (d.h. auch der Angestellteneigenschaft)326, da das Nachbesetzungsverfahren auf den Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes beruhe, oder der Dauer der ärztlichen Tätigkeit327 als besonderer Ausdruck beruflicher Qualität, • die Unterteilung in primäre oder Hauptkriterien (berufliche Eignung, Approbationsalter, Dauer der ärztlichen Tätigkeit) und sekundäre oder Nebenkriterien328, da die Reihenfolge und Systematik des § 103 Abs. 4ff. SGB V dies gebiete, sowie • die Unterteilung in Kriterien der Sicherstellung/beruflichen Erfahrung und Qualifikation (berufliche Eignung, Dauer der ärztlichen Tätigkeit, Anstellung) sowie des sozialen Bewerberschutzes (Warteliste329 und Approbationsalter), die miteinander abzuwägen seien, woraufhin die Ehegatten-/Kindeigenschaft (nur) bei einer nicht erheblich schlechteren Bewertung des Ehegatten/Kindes ausschlaggebend sei330; begründet wird dies mit dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Nachbesetzungsverfahrens331, einerseits dem Eigentumsschutz dienen zu müssen und andererseits dem Gebot, chancengleich Zugang zur beruflichen Tätigkeit zu gewähren. 118
Der letztgenannten Vorgehensweise ist zu folgen. Sie beruht auf dem einzig richtigen Verständnis des Nachbesetzungsverfahrens, das im Eigentumsschutz seinen Grund findet, dann aber ausschließlich dem berufsrechtlich geprägten Gleichheitssatz folgen muss332. Letztlich sind damit alle Kriterien bis auf die Eigenschaft als Ehegatte oder Kind, die nachrangig ist333, gleichwertig. Ehegatten oder Kinder zu bevorzugen, ist weder eigentumsrechtlich notwendig, noch hat es mit beruflicher Gleichheit etwas zu tun. Es ist ein reines Hilfskriterium. Dass ihm jedenfalls keine besondere Stellung zukommt, ergibt sich aus der Streichung des bis 1992 geltenden § 16c Ärzte-ZV334.
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Bei der Abwägung der Kriterien hat jeder Bewerber Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Bis auf wenige Ausnahmen einer „Ermessensreduzierung auf Null“ wird im Fall einer Klage gegen die Nichtzulassung lediglich erreicht wer-
326 327 328
329 330 331 332 333 334
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 281. Dahm, MedR 1994, 223, 224. Primär- und Sekundärkriterien: Krauskopf in: Krauskopf (Hrsg.), Soziale Krankenversicherung – Pflegeversicherung, § 103 SGB V, Rz. 4; Haupt- und Nebenkriterien: Schöbener/ Schöbener, SGb 1994, 211, 215. Für die Gleichrangigkeit mit den anderen Kriterien wohl LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, MedR 2006, 616, 618. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 310ff. S. Rz. 44ff. Vgl. Rz. 45f. Ebenso Schöbener/Schöbener, SGb 1994, 211, 216. Abs. 1: Wenn die Zulassung eines Kassenarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, … endet und die Praxis … fortgeführt werden soll, hat die Kassenärztliche Vereinigung … auszuschreiben … Der Ausschreibung und Auswahl bedarf es nicht, wenn die Praxis vom Ehegatten, einem Kind des Kassenarztes … fortgeführt werden soll.
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den können, dass eine nochmalige Beschlussfassung (des Berufungsausschusses) stattfindet. Mit der Entscheidung des Zulassungsausschusses ist seine Zuständigkeit beendet. Sollte der noch nicht bestandskräftig zugelassene Bewerber auf die Zulassung verzichten, muss das Nachbesetzungsverfahren vom ausscheidenden Vertragsarzt erneut beantragt werden; ein ursprünglich nicht berücksichtigter Bewerber kann die Zulassung nicht ohne Weiteres beanspruchen335.
120
e) Zulassungsbeschluss und Rechtsschutz 336 der Verfahrensbeteiligten Der Abschluss des Nachfolgeverfahrens ist – abgesehen von dem Ende mangels Kaufvertrags – im Fall von mehreren Bewerbern mit zwei Entscheidungen des Zulassungsausschusses verknüpft. Einerseits der Auswahl und Zulassung eines Bewerbers, andererseits der Ablehnung der anderen Bewerber. Hierüber ergeht ein einheitlicher337 Bescheid/Beschluss (sog. Verwaltungsakt mit Doppelwirkung), der ggf. getrennt für den erfolgreichen und den/die nicht ausgewählten Bewerber ausgefertigt werden kann338 und in jedem Fall „mit Gründen zu versehen“ (§ 41 Abs. 4 S. 2 Ärzte-ZV) sowie in einer Ausfertigung jedem Verfahrensbeteiligten gemäß § 41 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV förmlich zuzustellen ist. Der Rechtsschutz folgt den allgemeinen sozialverwaltungsverfahrensrechtlichen Regeln unter Berücksichtigung der vertragsarztrechtlichen Besonderheiten339. Kurz zusammengefasst gilt:
121
Jeder Verfahrensbeteiligte340 kann Widerspruch einlegen, dem aufschiebende Wirkung zukommt (§ 96 Abs. 4 SGB V). Für den ausscheidenden Vertragsarzt und den zugelassenen Bewerber können hiermit große Unannehmlichkeiten verbunden sein, denn der Nachfolger kann in dieser Zeit eine eigene vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnehmen; eine Vertretung des Vertragsarztes, sofern der Verzicht noch nicht wirkt, ist möglich, setzt aber voraus, dass dieser noch arbeiten könnte und hieran z.B. auf Grund des Erreichens der Höchstaltersgrenze341 nicht gehindert wäre. Darüber hinaus wird der zugelassene Bewerber in ein Widerspruchsverfahren gedrängt, in dem er sich regelmäßig rechtsanwaltlicher Hilfe bedienen wird/sollte, der Berufungsaus-
122
335
336
337 338 339 340 341
BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 11/03 R, BSGE 91, 253 = MedR 2004, 697. Anders läge es, wenn der nicht berücksichtigte Bewerber Widerspruch eingelegt und damit die Zuständigkeit des Berufungsausschusses begründet hätte. Den Streitwert in Konkurrentenstreitigkeiten nimmt das LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.06.2007, L 4 B 269/06 KA ER, GesR 2007, 421, mit einem Drittel des Wertes, der in Zulassungsverfahren angewendet wird (s. § 27 Rz. 50), an, da nicht die eigene Zulassung begehrt werde bzw. werden könne, sondern (nur) die erneute Auswahlentscheidung des Berufungsausschusses. Zur Angemessenheit einer 2,0-Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG) im Neubescheidungsverfahren, s. SG Aachen, Urt. v. 15.12.2005, S 7 KA 9/05, MedR 2007, 626. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 299. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 324. Ausführlich § 27 Rz. 31ff. Rz. 87. Rz. 62.
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schuss dem Widerspruchsführer aber, wenn dieser keine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist342, bei Zurückweisung seines Widerspruchs nicht auferlegen kann, dem zugelassenen Bewerber die Kosten hierfür zu erstatten343. 123
Der auf Grund des Widerspruchs zuständige Berufungsausschuss überprüft den Bescheid des Zulassungsausschusses vollinhaltlich und umfassend in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht344. Gemäß § 45 Abs. 1 Ärzte-ZV gilt der Widerspruch als zurückgenommen, wenn die Widerspruchsgebühr nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet wird, wobei die Frist und die Rechtsfolge in der Anforderung zu vermerken sind.
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Der Zulassungsausschuss kann die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung nicht anordnen, denn das Verfahren vor dem Zulassungs- und Berufungsausschuss ist als besonderes, zweistufiges Sozialverwaltungsverfahren ausgestaltet345; der grundsätzlich allgemein geltende § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG ist für den Zulassungsausschuss unanwendbar. Erst der Berufungsausschuss kann gemäß § 97 Abs. 4 SGB V die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse anordnen346. Soll die Entscheidung des Zulassungsausschusses für sofort vollziehbar erklärt werden, ist gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG das Sozialgericht anzurufen347.
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Gegen die Entscheidung des Berufungsausschusses ist die Klage bei dem Sozialgericht statthaft. Sie hat – mit den geschilderten Konsequenzen348 – aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 S. 1 SGG). Das Sozialgericht überprüft den Beschluss des Berufungsausschusses nach den allgemeinen Grundsätzen auf Ermessensfehler. Sollte ein solcher bestehen, wird das Sozialgericht – von der Ermessensreduzierung auf Null abgesehen – keinen Bewerber zulassen, sondern ein Bescheidungsurteil erlassen. Verzichtet der zugelassene Bewerber während des Klageverfahrens auf die Zulassung, ohne von ihr Gebrauch gemacht zu haben, endet nach Auffassung des Bundessozialgerichts das gesamte Verfahren349, so dass die Ausschreibung erneut beantragt werden muss. 342 343
344 345 346
347 348 349
Zum Kostenerstattungsanspruch in diesem Fall BSG, Urt. v. 18.12.1996, 6 RKa 33/95, SozR 3-1300, § 63 Nr. 9. Ausführlich BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 62/04 R, MedR 2007, 133, 134, unter ausführlicher Auseinandersetzung mit § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X, § 197a SGG i.V.m. §§ 154 – 162 VwGO und möglichen allgemeinen Rechtsgrundsätzen; vgl. dazu auch § 45, Rz. 9. Vgl. BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 43/96, SozR 3-2500 § 101 SGB V Nr. 1. S. dazu auch § 27, Rz. 40 und § 44, Rz. 17ff. Ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2002, L 10 B 2/02 KA ER, MedR 2003, 310; Beschl. v. 20.01.2004, L 10 B 19/03 KA ER, KHuR 2005, 66; Gasser, in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 55, unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.11.1996, L 5 Ka 2566/96, MedR 1997, 143; Beschl. v. 25.02.1997, L 5 Ka 252/97 eA-B, NZS 1997, 392 (Ls.); Hesral, in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 499; Frehse in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 23, Rz. 110; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 945. Ausführlich zu den Anforderungen an die Anordnung § 27, Rz. 48 und § 44, Rz. 17ff. Vgl. hierzu § 27 Rz. 51. Vgl. Rz. 122. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 11/03 R, GesR 2004, 286. Aus eigentumsrechtlicher Sicht kritisch Beeretz, ZMGR 2005, 311, 315.
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3. Belegarztzulassung a) Allgemeines Gemäß § 121 Abs. 1 SGB V und § 115 Abs. 2 Nr. 1 SGB V soll auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche Versorgung hingewirkt werden (vgl. auch § 115 Abs. 5 SGB V). Belegärzte sind gemäß § 121 Abs. 2 SGB V (ähnlich § 39 BMV-Ä bzw. § 31 Abs. 1 EKV)
126
am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten.350
Der Förderung des Belegarztwesens351 stehen jedoch vielfach Zulassungsbeschränkungen entgegen. Daher352 hat der Gesetzgeber mit dem 2. GKV-NOG vom 23.06.1997353 die Belegarztzulassung gemäß § 103 Abs. 7 SGB V eingeführt, wonach
127
Krankenhausträger354 das Angebot zum Abschluss von Belegarztverträgen auszuschreiben (haben). Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.
Die Belegarztzulassung unterliegt keinen Leistungsbeschränkungen. Der Belegarzt kann das volle Leistungsspektrum seines Fachgebiets erbringen355. Die Vergütung der belegärztlichen Leistungen erfolgt auf der Grundlage des EBM durch die kassenärztliche Vereinigung.
128
Weitere Regelungen zur belegärztlichen Tätigkeit enthalten die Bundesmantelverträge in den §§ 38 BMV-Ä, 30 EKV. Sie regeln im Wesentlichen, dass
129
• belegärztliche Behandlung nur in einem gemäß § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus mit einer der Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnung des Arztes entsprechenden Belegarztabteilung erfolgen darf, • die belegärztliche Tätigkeit nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit des Vertragsarztes bilden darf; er muss im erforderlichen Maße der ambulanten Versorgung zur Verfügung stehen, 350
351 352 353 354 355
Belegärztliche stationäre Behandlungen werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet (§ 121 Abs. 3 SGB V). Andere ärztliche Leistungen und die sonstigen (Unterbringungs- und Pflege-)Leistungen des Krankenhausträgers werden nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) vergütet; vgl. Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 2, Rz. 69. Zur Historie Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 15, Rz. 83 m.w.N. Vgl. zur Bedeutung ferner v. Stachelberg/Kleinert/Wolff, VSSR 2007, 177, 183ff. m.w.N. Vgl. Wagener, MedR 1998, 410. BGBl. 1997 I, 1520, 1527. Zum Belegkrankenhaus vgl. Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 2ff. Wagener, MedR 1998, 410.
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• die Anerkennung als Belegarzt grundsätzlich für nur ein Krankenhaus ausgesprochen werden kann, • als Belegarzt nicht geeignet ist, wer eine anderweitige Nebentätigkeit ausübt, die eine ordnungsgemäße stationäre Versorgung von Patienten nicht gewährleistet, • wichtige personenbedingte Gründe der stationären Patientenversorgung nicht entgegenstehen dürfen, • Wohnung und Praxis so zu wählen sind, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der ambulanten und stationären Patienten gewährleistet ist (maßgeblich ist nicht die Entfernung, sondern die benötigte Fahrtzeit356; sie dürfte – auf Grund der Besonderheit bei der stationären Patientenversorgung [die Rechtsprechung357 zu § 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV ist daher nicht übertragbar] – bei maximal dreißig Minuten anzusetzen sein358) und • Belegärzte einen Bereitschaftsdienst für Belegpatienten vorhalten müssen. 130
Im Bereich des Belegarztwesens ist die Zuständigkeit geteilt. Der Zulassungsausschuss erteilt die Belegarztzulassung. Die Kassenärztliche Vereinigung nimmt „im Einvernehmen mit allen Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen“ die Anerkennung als Belegarzt (als Abrechnungsvoraussetzung für stationäre Leistungen) vor (vgl. § 40 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 32 Abs. 2 EKV). Die Anerkennung (oder Verweigerung) ist Verwaltungsakt und durch Bescheid zu erteilen; auf die Erteilung der Anerkennung kann Klage erhoben werden359. b) Tatbestand des § 103 Abs. 7 SGB V
131
Zur Ausschreibung des Angebots zum Abschluss eines Belegarztvertrages hat der Gesetzgeber – auch in den Materialien360 – keine näheren Vorgaben getroffen, außer, dass der Krankenhausträger (und nicht die Kassenärztliche Vereinigung) die Ausschreibung vornehmen muss. Ausreichend ist insoweit eine irgendwie geartete, sinnvolle Ausschreibung z.B. über die Tageszeitung(en), ärztliche Fachzeitschrift(en)361 und jedenfalls im amtlichen Bekanntmachungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung362. Ohne Letzteres kann nicht verläßlich geprüft werden, ob i.S. von § 103 Abs. 7 SGB V „ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande“ kam. Einer daneben zulassungsgebiets356 357
358
359 360 361
362
Vgl. Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 13. Vgl. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405: keine generelle Betrachtung; dreißig Minuten jedenfalls ausreichend. S. ferner § 24, Rz. 22ff. S. v. Stachelberg/ Kleinert/Wolff, VSSR 2007, 177, 188ff., zur Problematik der „angemessenen Bewertung und Vergütung belegärztlicher Leistungen im Grenzbereich … des EBM und des G-DRGKataloges“. So LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23.11.1999, L 6 KA 18/99, MedR 2000, 383; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.07.1999, L 5 KA 3006/98, MedR 2000, 385: mindestens vierzig Minuten sind zu lang. SG Stuttgart, Beschl. v. 30.06.1998, S 10 KA 2843/98 ER, MedR 1998, 530. Vgl. BT-Drucks. 13/7264, S. 115. Wagener, MedR 1998, 410; Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 17. Sich anschließend LSG Hessen, Beschl. v. 02.03.2007, L 4 KA 5/07 ER, GesR 2007, 178, 180. Rheinisches Ärzteblatt, Westfälisches Ärzteblatt usw.
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übergreifenden, ggf. sogar bundesweiten Ausschreibung steht jedoch nichts entgegen; sie entspricht sogar dem gesetzgeberischen Ziel, ggf. „externe“ Ärzte zuzulassen363. Was als angemessene Ausschreibungsfrist mindestens anzusehen ist, ist anhand von Sinn und Zweck der Ausschreibung zu ermitteln. Wenige Tage, die lediglich zuvor auf die Ausschreibung vorbereiteten (nicht im Planungsbereich niedergelassenen) Ärzten die Bewerbung zwanglos erlauben, reichen nicht aus. Man sollte sich an derjenigen Ausschreibungsfrist orientieren, die von der Kassenärztlichen Vereinigung in der Praxis als geringste/verkürzte Frist für die Ausschreibung von Vertragsarztsitzen zugelassen wird (im Regelfall ein bis zwei Wochen)364. Inhaltlich ist in der Ausschreibung ein angemessenes Anforderungsprofil zu geben, wobei die Anzahl der Belegbetten nicht erwähnt zu werden braucht, da diese Gegenstand der Verhandlungen sein können365. Weitere Voraussetzung der Belegarztzulassung ist, dass kein Belegarztvertrag zwischen dem ausschreibenden Krankenhausträger und einem im Planungsbereich niedergelassenen, sich auf die Ausschreibung bewerbenden Vertragsarzt zu Stande kommt. Notwendig sind ernsthafte Verhandlungen, in denen die Möglichkeit einer Einigung geprüft wird; Scheinverhandlungen würden dem Ausnahmecharakter der Belegarztzulassung nicht gerecht werden366: Ein Belegarztvertrag mit einem externen Bewerber soll nur abgeschlossen werden, wenn sich im Planungsbereich kein im Einzelfall geeigneter Vertragsarzt für diese Tätigkeit findet367, wobei die Eignung nicht nur nach medizinisch-fachlichen, sondern auch nach anderen, „sozialen“ Kriterien (z.B. Konfession, Weltanschauung usw. bei kirchlichen Häusern) vom Krankenhausträger beurteilt werden kann368. Dies kann vom Zulassungsausschuss und ggf. den Sozialgerichten369 überprüft werden, jedoch nur im Hinblick auf die Frage, ob die Ablehnung willkürlich erfolgt ist; nicht überprüft werden kann, ob auch eine andere Entscheidung des Krankenhausträgers denkbar gewesen wäre370. Um die Überprüfung zu ermöglichen, hat der Krankenhausträger die abgelehnten Bewerber zu nennen und die Ablehnungsgründe aus seiner Sicht zu schildern371.
132
Der nicht im Planungsbereich niedergelassene Arzt, mit dem der Krankenhausträger schließlich nach Nichtbewerbung von oder Nichteinigung mit im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzten einen Belegarztvertrag abschließt, muss sich ebenfalls auf die Ausschreibung beworben haben.
133
363
364 365 366 367 368 369 370
371
Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 14; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 15, Rz. 87, Fn. 313; a.A. Krauskopf in: Krauskopf (Hrsg.), Soziale Krankenversicherung – Pflegeversicherung, § 103 SGB V, Rz. 11. Vgl. Rz. 78. LSG Hessen, Beschl. v. 02.03.2007, L 4 KA 5/07 ER, GesR 2007, 178, 180. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 361. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 30. Wagener, MedR 1998, 410, 411. Zu Konkurrentenklagen sogleich Rz. 135. BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 34/00 R, BSGE 88, 6; Schirmer, MedR 1997, 431; Wagener, MedR 1998, 410; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 30; Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 15. A.A. Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 17. LSG Hessen, Beschl. v. 02.03.2007, L 4 KA 5/07 ER, GesR 2007, 178, 180.
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Nach Abschluss eines Belegarztvertrages, der Erfüllung der sonstigen allgemeinen und vorgenannten speziellen Zulassungsvoraussetzungen sowie einem entsprechenden Antrag, dem auch der Belegarztvertrag beizufügen ist, bei dem Zulassungsausschuss besteht ein Anspruch auf die Belegarztzulassung372. Sie gilt zunächst für die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit, wandelt sich aber in eine unbeschränkte Zulassung um, sobald die Zulassungsbeschränkungen aufgehoben werden. Unabhängig davon erstarkt die Belegarztzulassung spätestens nach Ablauf von zehn Jahren zu einer unbeschränkten, vom Bestand des Belegarztvertrages unabhängigen373 Zulassung. Endet der Belegarztvertrag vorher, ist die berufliche Existenz des über eine reine Belegarztzulassung verfügenden Vertragsarztes, jedenfalls bezogen auf die bis dato aufgebaute Praxis, vernichtet374. c) Rechtsschutz/Konkurrentenklage
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Die Ablehnung eines (Mit-)Bewerbers im Ausschreibungsverfahren, der sich innerhalb der gesetzten Bewerbungsfrist beworben hat375, greift in dessen Rechtsposition ein. Er kann die Zulassung des zugelassenen Bewerbers anfechten und im Rahmen einer Konkurrentenklage gerichtlich überprüfen lassen, allerdings, wie bereits erläutert, allein im Hinblick auf Willkür376. d) Anzahl von Belegärzten je Krankenhausabteilung
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Dem § 103 Abs. 7 SGB V ist a priori keine zahlenmäßige Beschränkung von Belegarztzulassungen je Krankenhausabteilung zu entnehmen. Wenn die Regelung von „einem“ Vertragsarzt oder „einem“ bisher nicht im Planungsbereich niedergelassenen Arzt spricht, hat der Gesetzgeber lediglich den unbestimmten Artikel benutzt und kein Zahlwort377. Maßgeblich ist allein, welchen Bedarf ein Krankenhausträger an Belegärzten hat378 und für wie viele Belegärzte die konkrete Krankenhausabteilung geeignet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass weder krankenhausrechtlich noch von § 103 Abs. 7 SGB V eine Mindestbettenzahl für die belegärztliche Tätigkeit bzw. je Belegarzt verlangt wird379. § 121 Abs. 1 S. 2 SGB V fordert sogar ausdrücklich, dass „die Krankenhäuser (…) Belegärzten gleicher Fachrichtung die Möglichkeit geben (sollen), ihre Patienten gemeinsam zu behandeln (kooperatives Belegarztwesen).“ Dem würde die unreflektierte Beschränkung auf einen Belegarzt 372 373 374 375 376
377 378 379
Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 31. Vgl. Bericht des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 13/7264, 66f. Andreas/Debong/Bruns, Handbuch Arztrecht in der Praxis, Rz. 490; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 15 Rz. 88. Vgl. BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 35/00 R, KRS 01.065; Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 15. Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 15; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 30; Großbölting/Jaklin, NZS 2002, 131; vgl. auch BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 34/00 R, BSGE 88, 6; Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 35/00 R, KRS 01.065; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 362. Wagener, MedR 1998, 410, 411; sich anschließend Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 17. Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 17. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 04.04.2001, L 4 KA 38/00, ArztR 2002, 106; Wigge/ Frehse, MedR 2001, 549, 551; vgl. auch Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 15, Rz. 87, Fn. 315.
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je Krankenhausabteilung widersprechen. Befürchtungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, dass § 103 Abs. 7 SGB V zur „Zulassungsverschaffungsmöglichkeit“ genutzt wird, mögen begründet sein, haben rechtlich jedoch keine Relevanz, gerade weil der Gesetzgeber mit der Zulassungsprivilegierung von bislang nicht niedergelassenen (Beleg-)Ärzten, wenn der Krankenhausträger keinen geeigneten niedergelassenen Vertragsarzt findet, einen Anreiz für die Stärkung des – auch kooperativen – Belegarztwesens geschaffen hat380. Gegen allzu „einfache“ Zulassungsverschaffungen ist die zehnjährige Bindung an den Belegarztvertrag und die damit verbundene Gefahr der Existenzvernichtung381 sowie die Prüfung, ob überhaupt eine belegärztliche Tätigkeit ausgeübt werden wird, ausreichend. Um keine nur „pro forma Belegarzttätigkeit“ zuzulassen, mag dann im Einzelfall die Bettenzahl von indizieller Bedeutung sein382. e) Nachbesetzungsfähigkeit i.S. des § 103 Abs. 4 SGB V Eine noch nicht zur unbeschränkten Zulassung erstarkte Belegarztzulassung kann nicht im Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V übertragen werden383. Sie ist als Ausnahmetatbestand konzipiert, abhängig allein von dem Bestand einer vertraglichen Bindung384. Sie gleicht insoweit der Job-SharingZulassung gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V, die – unstreitig – nicht nachbesetzungsfähig ist. Die Zulassung als Belegarzt ist ausschließlich durch die Ausschreibung gemäß § 103 Abs. 7 SGB V und den Abschluss des Belegarztvertrages vorzubereiten. Durch die Ausschreibung erhalten auch andere Vertragsärzte Gelegenheit, sich zu bewerben und die Belegpraxis zu übernehmen385. Das Grundrecht auf Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, das bei einer unbeschränkten Zulassung eine gesetzliche Regelung wie § 103 Abs. 4 SGB V, d.h. das Nachbesetzungsverfahren zur Ermöglichung des Praxisverkaufs, gebietet386, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn Inhalt und Schranken des Eigentums werden gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG durch die (einfachen) Gesetze bestimmt. Die gesetzlich festgelegte Labilität/Abhängigkeit der Belegarztzulassung allein von dem Bestand des Belegarztvertrages für einen Zeitraum von zehn Jahren ist eine solche Inhaltsbestimmung/Schranke; mit ihr ist die Belegpraxis von vornherein belastet. 380 381 382 383
384 385
386
Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 19. Vgl. Andreas/Debong/Bruns, Handbuch Arztrecht in der Praxis, Rz. 490; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 15, Rz. 88. Vgl. LSG Hessen, Beschl. v. 02.03.2007, L 4 KA 5/07 ER, GesR 2007, 178, 181 (sechs Betten begründen noch keine Bedenken). Ebenso Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 31. A.A. Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 16; Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 19. Vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 351. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 31. Mit der gleichen Begründung a.A. Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 16; Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 19. Vgl. hierzu Rz. 45.
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Abschnitt IVa
Überversorgung
Eine neue Belegarztzulassung setzt die Zehn-Jahres-Frist erneut in Gang387. Unbeachtlich ist, ob der vorherige Belegarztvertrag durch Vereinbarung zwischen dem Krankenhausträger, dem alten und dem neuen Belegarzt durch Eintritt des Letzteren zivilrechtlich fortgeführt wird388. Dieser Vorgang findet, weil eben kein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt wird, kein sozialrechtliches Äquivalent.
IV. Besonderheiten für Zahnärzte 139
Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz389 hat § 16b Zahnärzte-ZV zum 01.04.2007 aufgehoben. Zulassungsbeschränkungen sind für Zahnärzte nicht mehr möglich, d.h. Zahnärzte haben unbeschränkte bzw. unbeschränkbare Niederlassungsfreiheit390. § 103 Abs. 4 SGB V gilt daher nicht für Zahnärzte (§ 103 Abs. 8 SGB V).
V. Besonderheiten für Psychotherapeuten 140
Besonderheiten für Psychotherapeuten ergeben sich bei der Feststellung der Überversorgung aus §§ 11, 12 Bedarfsplanungs-Richtlinie, wonach insbesondere mehrere Fachgebiete zur bedarfsplanungsrechtlich relevanten Arztgruppe der Psychotherapeuten zusammengefasst werden.
VI. Besonderheiten für medizinische Versorgungszentren 141
§ 103 Abs. 4a Satz 2 SGB V bestimmt: Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung nach Absatz 4 Satz 1 von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt. Die Absätze 4 und 5 gelten entsprechend.
Die Regelung ermöglicht die Beteiligung von medizinischen Versorgungszentren im Nachfolgeverfahren. Sie müssen sich mit einem zulassungs-/anstellungsfähigen Arzt bewerben. Der Gesetzgeber hat sich ganz bewusst gegen ein gesondertes, eigenen Regeln unterworfenes Nachbesetzungsverfahren zu Gunsten von medizinischen Versorgungszentren entschieden391. Mehr Klarheit in manchen Punkten wäre allerdings wünschenswert.
387 388 389 390 391
Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 31. A.A. Hencke in: Peters (Hrsg.), Handbuch der Krankenversicherung, § 103 SGB V, Rz. 19. A.A. Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Belegarzt“, Rz. 16. BGBl. 2007 I, 376. Vgl. z.B. zur alten Rechtslage bei zahnärztlichen Sonderbedarfszulassungen Plagemann, MedR 1998, 85, 88f. Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IX., Rz. 36, unter Hinweis auf BT-Drucks. 15/1525, 112.
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§ 16c Ärzte-ZV
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Jedenfalls in der Angestellten-Variante eines medizinischen Versorgungszentrums ist im Rahmen des Auswahlverfahrens sowohl auf die Person und die Qualifikationen des anzustellenden Arztes392 als auch auf Umstände bei dem Träger abzustellen. So haben die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen393 teilweise bei dem Träger (formell ordnungsgemäßer Antrag nach § 18 Ärzte-ZV), teilweise bei dem anzustellenden Arzt (keine Ungeeignetheit i.S. von §§ 20, 21 Ärzte-ZV, angemessene Wohnsitzwahl gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV) vorzuliegen. Der Vorrang von Allgemeinärzten bei hausärztlichen Zulassungen gemäß § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V sowie die „persönlich-qualitativen“ Auswahlkriterien gemäß § 103 Abs. 4 S. 3 SGB V 394 beurteilen sich anhand des anzustellenden Arztes395 (ggf. unklar allerdings bei der Wartelisteneintragung396). Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes gemäß § 103 Abs. 4 S. 6 SGB V397 kommt es auf die Bereitschaft des Trägers, den Kaufpreis zu zahlen, an.
142
§ 103 Abs. 4a Satz 2 SGB V legt zudem fest, dass die Fortführung einer Praxis, sollte das medizinische Versorgungszentrum Nachfolger der Zulassung werden, nicht am bisherigen Vertragsarztsitz erfolgen muss, sondern die Praxis „in der Einrichtung“, d.h. im medizinischen Versorgungszentrum weitergeführt wird. Hierin liegt nichts anderes als die allgemeine Anerkennung, dass Arztpraxen im Nachbesetzungsverfahren nicht nur am bisherigen Ort, sondern auch andernorts fortgeführt werden können398.
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§ 16c Ärzte-ZV (aufgehoben)
392 393 394 395 396
397 398
A.A. Bäune, Anhang zu § 18, Rz. 44ff. Vgl. die Übersicht bei Rz. 93. Rz. 107ff. Fiedler/Weber, NZS 2004, 358, 364; Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IX., Rz. 53. Der Träger eines medizinischen Versorgungszentrums wird im Anschluss an seine Zulassung in das Arztregister eingetragen. Er erfüllt damit für die Fachgebiete, für die er zugelassen ist, die Voraussetzungen für die Eintragung in die Warteliste gemäß § 103 Abs. 5 SGB V, wenn er sich weiter bewerben will (a.A. Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IX., Rz. 56). Für andere Fachgebiete kann er nicht eingetragen werden. Fehlt es an der Eintragung, ist ggf. auf den anzustellenden Arzt abzustellen. Für eine umfassende Eintragungsmöglichkeit Bäume, § 18 (Anhang); Rz. 47 Rz. 97ff. Vgl. Rz. 69.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
Abschnitt V Voraussetzungen der Zulassung
§ 17 (aufgehoben)
§ 18 (1) Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. In dem Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung die Zulassung beantragt wird. Dem Antrag sind beizufügen a) ein Auszug aus dem Arztregister, aus dem der Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das Arztregister und gegebenenfalls der Tag der Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten Facharzt-, Schwerpunkte- oder Zusatzbezeichnung hervorgehen müssen, b) Bescheinigungen über die seit der Approbation ausgeübten ärztlichen Tätigkeiten, c) gegebenenfalls eine Erklärung nach § 19a Absatz 2 Satz 1, mit der der aus der Zulassung folgende Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt wird. (2) Ferner sind beizufügen a) ein Lebenslauf, b) ein polizeiliches Führungszeugnis, c) Bescheinigungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, in deren Bereich der Arzt bisher niedergelassen oder zur Kassenpraxis zugelassen war, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen Niederlassung oder Zulassung und der Grund einer etwaigen Beendigung ergeben, d) eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse unter Angabe des frühestmöglichen Endes des Beschäftigungsverhältnisses, e) eine Erklärung des Arztes, ob er rauschgiftsüchtig ist oder innerhalb der letzten fünf Jahre gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Trunksucht oder Rauschgiftsucht unterzogen hat und dass gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des ärztlichen Berufs nicht entgegenstehen. (3) An Stelle von Urschriften können amtlich beglaubigte Abschriften beigefügt werden. (4) Können die in Absatz 1 Buchstabe b und in Absatz 2 Buchstabe c bezeichneten Unterlagen nicht vorlegt werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt glaubhaft zu machen. (5) (aufgehoben)
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§ 18 Übersicht
157 Rz.
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Antragsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Antragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Angabe des Vertragsarztsitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angabe der Facharztbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Trennung zwischen haus- und fachärztlicher Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berechtigung zum Führen mehrerer Facharztbezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beizufügende Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterlagen, Auszüge, Bescheinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt der Vorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Besonderheiten Zahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Besonderheiten Psychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 3 4 9 10 13 15 15 25 27 30 31
Literatur Butzmann, Doppelzulassung, PsychR 2001, 147; Ebsen, Das System der Gliederung in hausund fachärztliche Versorgung als verfassungsrechtliches Problem, VSSR 1996, 351; Reiter, Haus- und fachärztliche Versorgung, Statusfragen und Rechtsprobleme der Bedarfsplanung, MedR 2001, 163; Herweck-Behnsen, Das Gliederungsprinzip des § 73 SGB V in seiner gesetzlichen und untergesetzlichen Einzelausgestaltung unter Einbeziehung gesundheitspolitischer, berufsrechtlicher und kassenarztrechtlicher Aspekte, VSSR 1996, 375; Hoppe, Die Strukturierung der haus- und fachärztlichen Versorgung aus ärztlicher Sicht, VSSR 1996, 369; Schirmer, Eingliederung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung, MedR 1998, 435; Schneider, Rechtsfragen zur Hausarzt- und Facharztregelung, MedR 1995, 175; Tesic, Der Gliederungsauftrag des § 73 SGB V aus Sicht der Krankenkassen, VSSR 1996, 389.
I. Allgemeines Die Überschrift des Fünften Abschnitts „Voraussetzungen der Zulassung“ ist insofern missverständlich, als die Zulassungsvoraussetzungen in § 18 Ärzte-ZV nicht abschließend geregelt sind. Bei den Zulassungsvoraussetzungen ist zwischen den subjektiven und objektiven Voraussetzungen zu unterscheiden1. Unter den objektiven Zulassungsvoraussetzungen sind die bedarfsplanungsrechtlichen Voraussetzungen zu verstehen. Danach kann eine Zulassung in einem überversorgten Planungsbereich2 nur dann erteilt werden, wenn ein Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V durchgeführt wird3, die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung nach § 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 24 Bedarfsplanungs-Richtlinie gegeben sind4, eine sog. Job-Sharing-Zulassung nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. §§ 23a – 23h Bedarfsplanungs-Richtlinie5 beantragt wird, eine Privilegierung nach § 103 Abs. 4a S. 4 SGB V gegeben ist oder ein Ausnahmefall beim Abschluss eines 1 2 3 4 5
Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 124; Schirmer, Vertragarztrecht kompakt, S. 221; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 804, 814. Vgl. dazu § 16b. Vgl. dazu im Einzelnen § 16b, Rz. 42ff. S. zur Sonderbedarfszulassung § 16b, Rz. 20ff. S. zum Job-Sharing § 33, Rz. 59ff.
Bäune
1
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
Belegarztvertrages nach § 103 Abs. 7 S. 3 SGB V vorliegt. Über diese objektiven Zulassungsvoraussetzungen verhält sich § 18 Ärzte-ZV nicht. § 18 Ärzte-ZV erfasst lediglich subjektive Zulassungsvoraussetzungen. Aber auch diese subjektiven Zulassungsvoraussetzungen sind entgegen der Abschnittsüberschrift nicht abschließend in § 18 Ärzte-ZV geregelt. So sind neben den in § 18 Ärzte-ZV geregelten Voraussetzungen auch negative, die Zulassung ausschließende Zulassungsvoraussetzungen (§§ 20, 21 Ärzte-ZV) zu beachten. Liegen die subjektiven und objektiven Zulassungsvoraussetzungen vor, hat der antragstellende Arzt einen Anspruch auf Zulassung6.
II. Antragsform 2
Der Antrag ist schriftlich an den zuständigen Zulassungsausschuss zu richten. Wird der Antrag versehentlich bei der Kassenärztlichen Vereinigung oder einem unzuständigen Zulassungsausschuss eingereicht, ist der Antrag an den zuständigen Zulassungsausschuss weiterzuleiten. Die meisten Zulassungsausschüsse halten Antragsformulare bereit, deren Verwendung mangels Rechtsgrundlage nicht zwingend ist7.
III. Antragsinhalt 3
In dem Zulassungsantrag ist anzugeben, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung (Fachgebiet) die Zulassung beantragt wird. 1. Angabe des Vertragsarztsitzes
4
Der Vertragsarztsitz ist in § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV als „Ort der Niederlassung“ legaldefiniert. Unter dem Begriff „Ort“ ist nicht die politische Gemeinde, sondern die konkrete Praxisanschrift zu verstehen8. Der Arzt hat also im Zulassungsantrag eine konkrete Praxisanschrift anzugeben.
5
Fehlt die Angabe einer konkreten Praxisanschrift, können die Zulassungsgremien dem Zulassungsantrag nicht stattgeben, da die Zulassung nach § 24 Abs.1 Ärzte-ZV für den konkreten Ort der Niederlassung erfolgt. Es kann allerdings – entgegen des Wortlauts des § 18 Abs. 1 Ärzte-ZV – nicht gefordert werden, dass der zulassungswillige Arzt die Praxisanschrift bereits im Antrag selbst angibt9. Es reicht vielmehr 6
7 8 9
BSG, Urt. v. 09.06.1982, 6 RKa 26/80, BSGE 53, 291, 292; BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 32/86, MedR 1987, 254, 255; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 9; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 794; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 69; Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 4; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, S. 220. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 18 Ärzte-ZV, Rz. 1; s. dazu auch Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 10 SGB X, Rz. 10. S. dazu § 24, Rz. 2 m.w.N. In diese Richtung auch BSG, Urt. v. 02.10.1996, 6 RKa 52/96, MedR 1997, 282, 284; BSG, Urt. v. 18.12.1996, 6 RKa 73/96, SozR 3-2500 § 98 SGB V Nr. 4.
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§ 18
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aus, wenn die Praxisanschrift dem Zulassungsausschuss spätestens in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt wird. Es ist daher auch möglich, eine zunächst angegebene Praxisanschrift bis zur letzten mündlichen Verhandlung innerhalb des Zulassungsverfahrens abzuändern10. Die Zulassung ist dann für die zuletzt angegebene Praxisanschrift zu erteilen. Auch im Widerspruchsverfahren kann eine Änderung der Praxisanschrift noch erfolgen, da das Widerspruchsverfahren vor dem Berufungsausschuss kein Vorverfahren i.S.d. § 78 SGG darstellt, sondern ein zweitinstanzliches Verwaltungsverfahren11, so dass dem Berufungsausschuss die funktionelle Zuständigkeit auch für Antragsänderungen zukommt12. Im Falle drohender Zulassungssperren oder deren bevorstehender Aufhebungen kommt es immer wieder vor, dass Ärzte kurzfristig einen Zulassungsantrag stellen, ohne bereits über eine konkrete Niederlassungsplanung zu verfügen, so dass es häufig an der Angabe einer Praxisanschrift fehlt. In derartigen Fällen sind die Zulassungsgremien berechtigt, Einzelheiten über den Stand der Planung und der Niederlassungsabsicht zu erfragen. Verweigert der Antragsteller seine Mitwirkung oder wahrheitsgemäße Angaben, kann dies ernsthafte Zweifel an der tatsächlichen Niederlassungsbereitschaft des Antragstellers begründen, die zur Ablehnung des Zulassungsantrags wegen fehlenden Sachentscheidungsinteresses führen können13.
6
Teilweise kommt es auch vor, dass die Zulassungsgremien sich nicht mit der Angabe der Praxisanschrift zufrieden geben, sondern die Vorlage des Mietvertrages über die angegebenen Praxisräumlichkeiten als Nachweis der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit fordern. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 18.12.1996 ausdrücklich offen gelassen, ob und in welchem zeitlichen Rahmen die Zulassungsgremien den Nachweis über den Abschluss eines Miet- oder Kaufvertrages für die Anmietung von Praxisräumen verlangen können14. Eine solche Verpflichtung des Antragstellers wird man jedoch grundsätzlich nicht annehmen können, da die dem Antrag beizufügenden Unterlagen in § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Ärzte-ZV abschließend aufgezählt sind. Eine Vorlagepflicht wird man nur dann ausnahmsweise anerkennen können, wenn objektiv begründete ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass der Antragsteller eine Praxis unter der von ihm angegebenen Praxisanschrift wird führen können.
7
Davon zu trennen ist die Frage, ob der antragstellende Arzt bereits zum Zeitpunkt der Zulassung über die vertragliche Nutzungsmöglichkeit der von ihm angegebenen Praxisräumlichkeiten verfügen muss. Dies ist zu verneinen, da der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mit dem Zeitpunkt der Zulassung, sondern innerhalb der Fristen nach § 19 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV aufzunehmen hat15. Ändern sich die räumlichen Planungen des Antragstellers erst nach Entscheidung des Zulas-
8
10 11 12 13 14 15
So auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 187; vgl. zu Antragsänderungen im allgemeinen Stelkens/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 22, Rz. 74. S. dazu näher § 45, Rz. 2. I.E. ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 187. BSG, Urt. v. 18.12.1996, 6 RKa 73/96, SozR 3-2500 § 98 SGB V Nr. 4. BSG, Urt. v. 18.12.1996, 6 RKa 73/96, SozR 3-2500 § 98 SGB V Nr. 4. So auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 187.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
sungsausschusses, so kann der dann zugelassene Vertragsarzt bereits vor Tätigkeitsaufnahme gemäß § 24 Abs. 4 Ärzte-ZV einen Antrag auf Verlegung des Vertragsarztsitzes stellen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Frist zur Tätigkeitsaufnahme nach § 19 Abs. 2 bzw. 3 Ärzte-ZV eingehalten wird. 2. Angabe der Facharztbezeichnung 9
Der Antrag hat auch die Facharztbezeichnung zu enthalten, für die die Zulassung begehrt wird. Eine Zulassung ohne Facharztbezeichnung ist nur noch nach den Überleitungsvorschriften des § 95a Abs. 4 und 5 SGB V sowie des Art. 33 § 2 GSG möglich16. Die Zulassung kann nur für das Fachgebiet erteilt werden, für das auch eine Arztregistereintragung vorliegt17. Dabei muss die Arztregistereintragung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen18. Die Arztregistereintragung ist für die Zulassungsgremien bindend19. Im Rahmen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit ist der Vertragsarzt dann lediglich zur Führung der Facharztbezeichnung des Fachgebiets berechtigt, für das er auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist20. a) Trennung zwischen haus- und fachärztlicher Versorgung
10
Der Gesetzgeber hat durch das GSG vom 21.12.199221 aus Gründen der Qualitätssicherung eine strikte Trennung zwischen haus- und fachärztlicher Versorgung vorgenommen22. An der hausärztlichen Versorgung nehmen nach § 73 Abs. 1a S. 1 SGB V Allgemeinärzte, Kinderärzte, Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 oder Abs. 5 SGB V in das Arztregister eingetragen sind, und Ärzte, die am 31.12.2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben, teil. Ein Wahlrecht zwischen der haus- und der fachärztlichen Versorgung kommt heute mithin lediglich noch Internisten zu. Bei Internisten reicht daher nicht die Angabe der Arzt- bzw. Gebietsbezeichnung; vielmehr ist diese um die Erklärung zu ergänzen, ob eine Teilnahme an der haus- oder der fachärztlichen Versorgung erfolgen soll. Auch der Internist mit Schwerpunktbezeichnung kann im Übrigen die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung wählen. Die Formulierung in § 73 Abs. 1a S. 1 SGB V, 16 17 18 19
20 21 22
BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 58/97 R, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr. 19; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 28. BSG, Urt. v. 13.12.2000, B 6 KA 26/00R, SozR 3-2500 § 95a SGB V Nr. 2. BSG, Urt. v. 13.12.2000, B 6 KA 26/00 R, SozR 3-2500 § 95a SGB V Nr. 2. BSG, Urt. v. 13.12.2000, B 6 KA 26/00 R, SozR 3-2500 § 95a SGB V Nr. 2; BSG, Urt. v. 06.11.2002, B 6 KA 37/01 R, GesR 2003, 112 m. Anm. Peikert, sowie BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 42/02 R, GesR 2003, 662 m. Anm. Reiter. LSG Sachsen, Beschl. v. 04.04.2007, L 1 B 84/06 KA ER, GesR 2007, 417, 418f. BGBl. 1992 I, 2266. Die Trennung in haus- und fachärztliche Versorgung ist sowohl vom BSG, Urt. v. 18.06.1997, 6 RKA 58/96, SozR 3-2500 § 73 SGB V Nr. 1, als auch vom BVerfG, Beschl. v. 17.06.1999, 1 BvR 2507/97, SozR 3-2500 § 73 Nr. 3 SGB V, nicht beanstandet worden. Vgl. zur Trennung zwischen haus- und fachärztlicher Versorgung auch Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht § 73 SGB V, Rz. 3ff.; Ebsen, VSSR 1996, 351; Reiter, MedR 2001, 163; Schneider, MedR 1995, 175; Herweck-Behnsen, VSSR 1996, 375.
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wonach an der hausärztlichen Versorgung Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung teilnehmen, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, bedeutet nicht, dass Internisten mit Schwerpunktbezeichnung diese Möglichkeit nicht zusteht. Sie dürfen lediglich die Schwerpunktbezeichnung nicht führen, soweit sie sich für die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung entscheiden. Ansonsten käme es zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung gegenüber denen mit einer solchen Schwerpunktbezeichnung. Allerdings dürfte der Anteil der Internisten innerhalb der hausärztlichen Versorgung zukünftig deutlich abnehmen, da ab dem 01.01.2006 nach § 103 Abs. 4 S. 5 SGB V für die Nachbesetzung von Hausarztsitzen vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen sind. Ein späterer Wechsel eines Internisten von der haus- in die fachärztliche Versorgung oder umgekehrt ist nach § 101 Abs. 5 S. 6 SGB V nur zulässig, wenn innerhalb des Planungsbereiches keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gelten die allgemeinen Regelungen für eine Neuzulassung.
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Kinderärzten und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, kann der Zulassungsausschuss auf Antrag für einen befristeten Zeitraum eine Ausnahmegenehmigung zur gleichzeitigen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung im fachärztlichen Bereich nicht gewährleistet ist (§ 73 Abs. 1a S. 3 SGB V). Für Allgemeinärzte besteht diese Möglichkeit nicht23. Durch eine solche Ausnahmegenehmigung, die regelmäßig auf einzelne Leistungen (z.B. Koloskopien, Gastroskopien etc.) beschränkt wird, bleibt der Zulassungsstatus des Kinderarztes bzw. Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung unberührt; dieser bleibt also zur hausärztlichen Versorgung zugelassen. Die Genehmigung zur Erbringung fachärztlicher Leistungen ist im Rahmen der Bedarfsplanung unbeachtlich.
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b) Berechtigung zum Führen mehrerer Facharztbezeichnungen Ist ein Arzt zur Führung von zwei Facharztbezeichnungen berechtigt, kann er auf Antrag eine gleichzeitige Zulassung für beide Fachgebiete erhalten24. Eine Zulassung für mehr als zwei Fachgebiete ist nicht möglich. Allerdings gilt auch für diese sog. Doppelzulassungen die Bedarfsplanung. Die Zulassung für mehrere Fachgebiete kann also nur erteilt werden, wenn in diesen Fachgebieten keine Zulassungsbeschränkungen bestehen.
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Nach § 17 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie wird ein doppelt zugelassener Arzt im Rahmen der Bedarfsplanung in beiden Arztgruppen mit dem Faktor 0,5 berücksichtigt. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Arzt mit Doppelzulassung in beiden Fachgebieten in etwa gleichem Maße zur vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung ste-
14
23 24
BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 74/04 R, GesR 2006, 496, 497f. Vgl. z.B. BSG, Urt. v. 17.11.1999, B 6 KA 15/99 R, MedR 2000, 282, oder BSG, Urt. v. 26.01.2000, B 6 KA 53/98 R, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr. 22; Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 30; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 478; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 32.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
hen müsste. Nach Ansicht des Bundessozialgerichts soll die Entscheidung eines doppelt zugelassenen Arztes, die vertragsärztliche Tätigkeit schwerpunktmäßig auf ein Fachgebiet zu beschränken, Ausfluss der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit sein. Auch das Bedarfsplanungsrecht spreche nicht gegen eine solche schwerpunktmäßige Ausrichtung auf ein Fachgebiet. Schließlich könne daraus, dass ein zugelassener Arzt nach Bedarfsplanungsrecht mit dem Faktor 1,0 und ein in zwei Fachgebieten zugelassener Arzt je zur Hälfte in jedem seiner Fachgebiete berücksichtigt werde, nicht geschlossen werden, dass diese Rechengrößen für die Feststellung von Überversorgung stets auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen müssten. Im Übrigen könnten eventuelle Verwerfungen im Bedarfsplanungsrecht keinen ausreichenden Grund für eine restriktive Auslegung des Zulassungsrechts darstellen25. Es fragt sich allerdings, wie diese dem doppelt zugelassenen Vertragsarzt gewährte Freiheit mit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.03.200126 in Einklang zu bringen ist, wonach es die vertragsärztliche Pflicht des zugelassenen Arztes ist, die wesentlichen Leistungen des Fachgebietes, für das er zugelassen ist, auch anzubieten und zu erbringen27.
IV. Beizufügende Unterlagen 1. Unterlagen, Auszüge, Bescheinigungen 15
Nach § 18 Abs. 1 S. 3 lit. a) Ärzte-ZV ist dem Antrag ein Auszug aus dem Arztregister, aus dem sich der Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das Arztregister und ggf. der Tag der Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung ergeben muss, beizufügen. Es ist nicht erforderlich, dass der Arztregisterauszug von der Kassenärztlichen Vereinigung stammt, für deren Bezirk der Arzt die Zulassung beantragt hat. Ausreichend ist vielmehr ein Arztregisterauszug einer beliebigen Kassenärztlichen Vereinigung.
16
Im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung ist der Zulassungsausschuss an die Eintragung von Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnung im Arztregister gebunden28. Eine eigenständige Prüfung durch die Zulassungsgremien ist unzulässig.
17
Des Weiteren ist nach § 18 Abs. 1 S. 3 lit. b) Ärzte-ZV eine Bescheinigung über die seit der Approbation ausgeübten ärztlichen Tätigkeiten beizufügen. Diese Bescheinigungen sind grundsätzlich vom ehemaligen Arbeitgeber auszustellen. War der Arzt bereits zuvor in einem anderen Planungsbereich oder in dem Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung als Vertragsarzt niedergelassen, ist dies durch die entsprechende Kassenärztliche Vereinigung zu bescheinigen. War 25 26 27 28
BSG, Urt. v. 26.01.2000, B 6 KA 53/98 R, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr. 22. BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 54/00 R, MedR 2002, 37, 39. Vgl. dazu auch Hess in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 16, Rz. 4. S. dazu Fn. 19.
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der Antragsteller zuvor als niedergelassener Privatarzt tätig, kann eine Bescheinigung nicht beigefügt werden, so dass die Angabe durch den antragstellenden Arzt selbst ausreichend ist. Die vorhergehende ärztliche Tätigkeit ist in diesem Fall vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Begehrt der Antragsteller nicht die vollzeitige Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, so hat er nach § 18 Abs. 1 S. 3 lit. c) Ärzte-ZV eine Erklärung über die Beschränkung des Versorgungsauftrags beizufügen29.
18
Nach § 18 Abs. 2 lit. a) Ärzte-ZV ist ein Lebenslauf beizufügen. Über den notwendigen Inhalt schweigt sich die Zulassungsverordnung allerdings aus. Da sich die ärztlichen Tätigkeiten des Antragstellers bereits aus den nach § 18 Abs. 1 S. 3 lit. b) Ärzte-ZV beizufügenden Bescheinigungen ergeben, hat der Lebenslauf insbesondere die Grunddaten über die schulische und universitäre Ausbildung zu enthalten.
19
Nach § 18 Abs. 2 lit. b) Ärzte-ZV ist ein polizeiliches Führungszeugnis beizufügen. Nach dem BZRG ist zwischen einfachen Führungszeugnissen nach § 28 BZRG und sog. „Behördenführungszeugnissen“ i.S. der §§ 30 Abs. 5, 31 BZRG zu unterscheiden. Ein „Behördenführungszeugnis“ enthält weitergehende Angaben als das einfache Führungszeugnis nach § 28 BZRG. So enthält das „Behördenführungszeugnis“ z.B. Angaben über Verurteilungen, durch welche die Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist. Darüber hinaus sind auch unanfechtbare Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten über die Versagung oder den Widerruf der Approbation oder der Berufserlaubnis in dem „Behördenführungszeugnis“ enthalten. Welche Art von Führungszeugnis vom Antragsteller vorzulegen ist, lässt sich dem Wortlaut der Norm nicht entnehmen. Um den Zulassungsgremien die Möglichkeit zu geben, die persönliche Eignung des Antragstellers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung prüfen zu können (vgl. dazu § 21 Ärzte-ZV), wird man hier unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm ein „Behördenführungszeugnis“ verlangen müssen30.
20
Über das Alter des einzureichenden Führungszeugnisses schweigt sich der Gesetzestext aus. Es liegt allerdings auf der Hand, dass das Führungszeugnis zeitnah vor der Antragstellung beschafft worden sein muss. Die meisten Zulassungsausschüsse fordern im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens, dass das Führungszeugnis bei Antragstellung nicht älter als drei bis sechs Monate sein darf.
21
Weiter ist nach § 18 Abs. 2 lit c) Ärzte-ZV im Falle einer vorhergehenden Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt eine Bescheinigung der Kassenärztlichen Vereinigung beizufügen, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen Niederlassung oder Zulassung und der Grund einer etwaigen Beendigung ergeben. Diese Bescheinigung soll u.a. sicherstellen, dass sich ein Arzt, dem die Vertragsarztzulassung in dem Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung entzogen worden ist, nicht ohne
22
29 30
S. zur Beschränkung des Versorgungsauftrags § 19a. I.E. ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 496; a.A. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 18 Ärzte-ZV, Rz. 9.
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Voraussetzungen der Zulassung
Berücksichtigung der Grundsätze für eine Wiederzulassung nach Zulassungsentzug31 eine neue Zulassung erschleichen kann. 23
Nach § 18 Abs. 2 lit. d) Ärzte-ZV ist auch eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse unter Angabe des frühestmöglichen Endes des Beschäftigungsverhältnisses abzugeben. Diese Erklärung dient dem Zulassungsausschuss zur Prüfung, ob der Antragsteller zum einen in dem nach § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV erforderlichen zeitlichen Ausmaß zur vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung steht32 und zum anderen keine Interessenkollision nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV besteht33. Damit eine solche Prüfung vorgenommen werden kann, hat der Arzt, der erst nach Antragstellung aber vor der Zulassungsentscheidung eine anderweitige Beschäftigung aufnimmt, eine Erklärung über diese Beschäftigung unverzüglich nachzureichen.
24
Schließlich hat der Antragsteller nach § 18 Abs. 2 lit. e) Ärzte-ZV noch eine Erklärung beizufügen, ob er rauschgiftsüchtig ist oder innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Trunk- oder Rauschgiftsucht unterzogen hat und dass gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des ärztlichen Berufs nicht entgegenstehen. 2. Zeitpunkt der Vorlage
25
Der Zeitpunkt, zu dem die vorstehenden Unterlagen beim Zulassungsausschuss einzureichen sind, ist in der Zulassungsverordnung nicht geregelt. Der Wortlaut „Dem Antrag sind beizufügen“ spricht dafür, dass die Unterlagen bereits mit der Antragstellung vorzulegen sind. Abweichend vom Wortlaut ist es jedoch grundsätzlich auch möglich, die Antragsunterlagen nach Antragsstellung nachzureichen. Es ist daher ausreichend, wenn die beizufügenden Unterlagen in der nach § 37 Abs. 1 Ärzte-ZV durchzuführenden mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses vollständig vorliegen34. Werden die Unterlagen aber erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegt, so wird dem Zulassungsausschuss ggf. die zeitliche Möglichkeit fehlen, die Unterlagen inhaltlich zu prüfen. In diesen Fällen ist der Zulassungsausschuss berechtigt, die Sitzung zu vertagen, um die nachgereichten Unterlagen inhaltlich prüfen zu können. Dies gilt – entgegen der Ansicht einzelner Zulassungsausschüsse – jedoch nicht, wenn es sich lediglich um einzelne Unterlagen handelt, die keiner aufwendigen inhaltlichen Prüfung bedürfen.
26
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Antragsteller einen Anspruch auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat, solange er die beizufügenden Unterlagen noch nicht vollständig beim Zulassungsausschuss eingereicht hat. Diese Frage ist zu bejahen, da nach allgemeinen Grundsätzen jeder Antragsteller einen Anspruch auf Entscheidung hat. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Antrag zulässig oder voll31 32 33 34
Vgl. zur Wiederzulassung nach Zulassungsentziehung § 27, Rz. 52ff. Vgl. dazu § 20, Rz. 2ff. S. zur Interessenkollision § 20, Rz. 12ff. BSG, Urt. v. 04.06.1964, 6 RKa 13/62, BSGE 21, 118, 120; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 274; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Arztregister“, Rz. 8.
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ständig ist. Entscheidend ist allein, dass die Behörde das Begehren des Antragstellers erkennen kann. Sobald der Antragsteller die nach §§ 38, 46 Ärzte-ZV zu zahlende Gebühr entrichtet hat, hat er mithin auch einen Anspruch auf Entscheidung über seinen Antrag innerhalb der allgemeinen Frist des § 88 Abs. 1 SGG35. 3. Form Die einzureichenden Unterlagen sind nach § 18 Abs. 3 Ärzte-ZV entweder als Urschriften oder als amtlich beglaubigte Abschriften beizufügen.
27
Nach § 18 Abs. 4 Ärzte-ZV gilt für die Bescheinigungen über die seit der Approbation ausgeübten Tätigkeiten sowie die Bescheinigungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, in deren Bereich der Antragsteller zuvor zugelassen war, eine Sonderregelung. Können diese Bescheinigungen nicht vorgelegt werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt durch den Antragsteller glaubhaft zu machen. Dies ist z.B. bei einer vorhergehenden privatärztlichen Tätigkeit des Antragstellers von Bedeutung, da eine Bescheinigung über eine solche Tätigkeit schlecht vom Arzt selbst ausgestellt werden kann.
28
Sollten im Ausnahmefall auch in § 18 Abs. 4 Ärzte-ZV nicht erwähnte Unterlagen durch den Antragsteller nicht vorgelegt werden können (ist z.B. die Bescheinigung eines ehemaligen Arbeitgebers über eine ärztliche Tätigkeit vernichtet und existiert der Arbeitgeber nicht mehr, so dass eine Ersatzbeschaffung nicht möglich ist), so wird man in Analogie zu § 18 Abs. 4 Ärzte-ZV ebenfalls die Glaubhaftmachung ausreichen lassen müssen.
29
V. Besonderheiten Zahnärzte Für Zahnärzte gelten keine Besonderheiten. Zwar haben Zahnärzte nach § 3 Abs. 2 lit. b) und Abs. 3 Zahnärzte-ZV – im Gegensatz zu Ärzten – vor Zulassung zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung eine mindestens zweijährige Vorbereitungszeit abzuleisten, doch ist insofern ein gesonderter Nachweis nicht erforderlich. Zum einen ergibt sich die zahnärztliche Tätigkeit bereits aus den vorzulegenden Bescheinigungen der vormaligen Arbeitgeber. Zum anderen ist die Ableistung der zweijährigen Vorbereitungszeit nach § 3 Abs. 2 lit. b) Zahnärzte-ZV Voraussetzung zur Eintragung in das Zahnarztregister. Mit der Eintragung in das Zahnarztregister, die für die Zulassungsgremien verbindlich ist36, ist der Nachweis der Ableistung der Vorbereitungszeit mithin erbracht.
35 36
I.E. ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 449. Vgl. dazu oben, Rz. 9.
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Voraussetzungen der Zulassung
VI. Besonderheiten Psychotherapeuten 31
Durch das PsychThG vom 16.06.199837 sind der Psychologische Psychotherapeut und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut als Nichtärzte in den Kreis der zulassungsfähigen Leistungserbringer aufgenommen worden. Für die Zulassung von Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zur vertragsärztlichen Versorgung kommt es entscheidend auf das Antragsdatum an. § 95 Abs. 10 SGB V enthält eine Privilegierung für Anträge, die bis zum 31.12.1998 gestellt worden sind und der Antragsteller die dort festgelegten Voraussetzungen erfüllt38. Wurde ein Antrag auf Zulassung nach diesem Stichtag gestellt oder erfüllt der Antragsteller nicht die in § 95 Abs. 10 SGB V festgelegten Voraussetzungen, so gelten für die Zulassung die allgemeinen bedarfsplanerischen Vorgaben. Wie auch bei Vertragsärzten und Vertragszahnärzten setzt die Zulassung die Eintragung in das Arztregister voraus. Die Eintragung ist in § 95c SGB V geregelt. Danach erfolgt eine Eintragung in das Arztregister bei Vorliegen der Approbation als Psychotherapeut nach § 2 oder § 12 PsychThG und des Fachkundenachweises. Der Fachkundenachweis ist daher neben der Approbation Voraussetzung für die Eintragung in das Arztregister. Die Prüfung des Fachkundenachweises fällt in die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung in ihrer Funktion als die das Arztregister führende Stelle39. Die von der Kassenärztlichen Vereinigung vorzunehmende Prüfung dient dem Zweck, anhand der im Approbationsverfahren nachgewiesenen Befähigung des Psychotherapeuten zu klären, ob Behandlungsverfahren erlernt oder in der Vergangenheit praktiziert worden sind, die zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören40. Der Prüfungsumfang der Kassenärztlichen Vereinigung beschränkt sich dabei darauf, ob die bereits gegenüber der Approbationsbehörde nachgewiesenen Behandlungsstunden bzw. Fälle zumindest in dem dort vorgesehenen Umfang in Richtlinienverfahren absolviert worden sind41. Eine Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigung zur inhaltlichen Überprüfung der Behandlungsfälle und der vorgelegten Falldokumentation besteht nicht, soweit es nicht um die Zuordnung der Behandlungen zu einem Richtlinienverfahren geht. Es ist nicht Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung, erneut die Richtigkeit und Aussagekraft der Bescheinigungen von Ausbildungsinstituten in Frage zu stellen, die bereits die Approbationsbehörde überprüft hat42.
37 38
39 40 41 42
BGBl. 1998 I, 1311. Zum Übergangsrecht vgl. ausführlich Schirmer, MedR 1998, 435, 441ff.; Sprengell, SGb 1999, 286; Stock, NJW 1999, 2702, 2703ff.; Tittelbach, SGb 1999, 397; Adolf, NZS 2000, 277; Gleiniger, NZS 2000, 486. BSG, Urt. v. 06.11.2002, B 6 KA 37/01 R, SozR 3 – 2500 § 95c SGB V Nr. 1. BSG, Urt. v. 06.11.2002, B 6 KA 37/01 R, SozR 3 – 2500 § 95c SGB V Nr. 1. BSG, Urt. v. 06.11.2002, B 6 KA 37/01 R, SozR 3 – 2500 § 95c SGB V Nr. 1. BSG, Urt. v. 06.11.2002, B 6 KA 37/01 R, SozR 3 – 2500 § 95c SGB V Nr. 1.
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Anhang zu § 18: Das medizinische Versorgungszentrum (MVZ)
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Anhang zu § 18: Das medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Übersicht
Rz.
I. II.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gründungsfähige Leistungserbringer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Umgehung“ der Gründereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gründung mehrerer medizinischer Versorgungszentren durch einen gründungsberechtigten Leistungserbringer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vertragsarzt als Gründer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Späterer Wegfall der Gründereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Organisations- bzw. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einzelunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Partnerschaftsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG) . . . . . . . . . 5. Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Eingetragener Verein (e.V.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Körperschaften des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Weitere Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedarfsplanung und Erhalt von Vertragsarztsitzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulassungserwerb durch Verzicht und nachfolgender Angestelltentätigkeit . . . . b) Übernahme von Vertragsarztsitzen im Praxisnachfolgeverfahren . . . . . . . . . . . . c) Erhalt von Sonderbedarfszulassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fachübergreifende Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tätigkeit von Vertragsärzten oder angestellten Ärzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tätigkeit als Vertragsarzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tätigkeit als angestellter Arzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gleichzeitige Tätigkeit als Vertragsarzt und angestellter Arzt . . . . . . . . . . . . . . . d) Nachträglicher Statuswechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ärztliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vertragsarztsitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ortsbindung des Gründers/Standortbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Juristische Person des Privatrechts als Gesellschafterin der MVZ-Trägergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bürgschaft der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bürgschaftshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zeitliche Beschränkung der Bürgschaftserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gesellschafterwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Form der Bürgschaftserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Bürgschaftserfordernis für vor dem 01.01.2007 zugelassene medizinische Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Einzureichende Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Besonderheiten des Zulassungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anstellungsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Neuzulassung angestellter Ärzte trotz bestehender Zulassungssperren (§ 103 Abs. 4a S. 4 SGB V) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorhergehender Zulassungsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fünf-Jahres-Zeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitlicher Umfang der Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 2 2 10 11 12 13 17 18 19 20 21 27 32 33 34 36 36 37 41 48 51 56 57 61 62 65 68 73 74 75 76 80 81 82 84 85 87 90 92 92 94 96 97 98
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
d) Wechsel in ein anderes medizinisches Versorgungszentrum . . . . . . . . . . . . . . e) Erneuter Zulassungsverzicht nach erteilter Wiederzulassung zugunsten eines medizinischen Versorgungszentrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gemischtes MVZ zwischen Vertragsärzten und Vertragszahnärzten . . . . . . . . . VI. Aufteilung von Arztstellen innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums . . . VII. Nachbesetzung von Arztstellen innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen innerhalb eines medizinischen Versorgungszentrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Beendigung/Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beendigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulassungsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulassungsentziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wegzug aus dem Zulassungsbezirk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragsärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Angestellte Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) MVZ-Träger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99 100 101 103 106 108 109 109 110 112 119 120 121 121 122 123
Literatur Andreas, Medizinische Versorgungszentren, ArztR 2005, 144; Bartmuß, Wann sind Medizinische Versorgungszentren gemeinnützig?, DB 2007, 706; Behnsen, Medizinische Versorgungszentren – Die Konzeption des Gesetzgebers, das Krankenhaus 2004, 602, 698; Bohle/ Grau, Krankenhaus, Vertragsarzt und MVZ, das Krankenhaus 2004, 885; Dahm, Die Bürgschaftserklärung nach § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V als Gründungsvoraussetzung für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ), MedR 2008, Heft 1; Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG, MedR 2006, 555; Fiedler/Weber, Medizinische Versorgungszentren, NZS 2004, 358; Krauskopf, Medizinische Versorgungszentren – ein schwieriger Start, in: Kern/Wadle/Schroeder/Katzenmeier, Humaniora, Festschrift für Adolf Laufs, 2006; Kuhla, MVZ – Neue Zulassungsvoraussetzung der selbstschuldnerischen Bürgschaft, das Krankenhaus 2007, 460; Kuhlmann, Neue Versorgungsmöglichkeiten für Krankenhäuser durch das GMG, das Krankenhaus 2004, 13; Lindenau, Medizinische Versorgungszentren – Gesetzesanspruch und Zulassungswirklichkeit – Vorschläge zur Änderung von § 95 SGB V, GesR 2005, 494; Makoski/Möller, Bürgschaftsprobleme bei der Errichtung von Medizinischen Versorgungszentren, MedR 2007, 524; Michels/Ketteler-Eising, Steuerliche Fragestellungen bei der Gründung Medizinischer Versorgungszentren, MedR 2007, 28; Möller, Der im zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) angestellte Arzt, GesR 2004, 456; ders., Auswirkungen des VÄndG auf Medizinische Versorgungszentren, MedR 2007, 263; Orlowski, Medizinische Versorgungszentren, Gesundheits- und Sozialpolitik 11-12/2004, 60; Peikert, Erste Erfahrungen mit Medizinischen Versorgungszentren, ZMGR 2004, 211; Ratzel, Medizinische Versorgungszentren, ZMGR 2004, 63; Rau, Offene Rechtsfragen bei der Gründung Medizinischer Versorgungszentren?, MedR 2004, 667; Scherff/Höche, Gemeinnützigkeit für Medizinische Versorgungszentren!?, f&w 2005, 602; Thier, Was bringt das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz Neues für die Krankenhäuser? das Krankenhaus 2006, 1103; Weddehage, Können Medizinische Versorgungszentren belegärztlich tätig werden? das Krankenhaus 2006, 772; Wendland, Umsatzsteuerlicher Blickwinkel beim MVZ, PFB 2005, 6; Wigge, Medizinische Versorgungszentren nach dem GMG, MedR 2004, 123; ders., Die Praxisveräußerung an ein MVZ, PFB 2006, 151; Ziermann, Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung durch Medizinische Versorgungszentren, MedR 2004, 540.
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I. Allgemeines Das medizinische Versorgungszentrum ist mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vom 14.11.20031 als vertragsärztlicher Leistungserbringer in das System der Gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt worden. Dabei handelt es sich um eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind (§ 95 Abs. 1 S. 2 SGB V)2. Die für die Zulassung medizinischer Versorgungszentren geltenden Besonderheiten werden nachfolgend dargestellt.
1
II. Gründereigenschaft 1. Gründungsfähige Leistungserbringer Medizinische Versorgungszentren können von Leistungserbringern, die auf Grund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der gesetzlich Versicherten teilnehmen, gegründet werden (§ 95 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V). Es werden damit sämtliche Leistungserbringer erfasst, die nach den Vorschriften des SGB V berechtigt sind, an der Versorgung der gesetzlich Versicherten mitzuwirken3. Danach können medizinische Versorgungszentren durch niedergelassene Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Vertragspsychotherapeuten, ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen (z.B. sozialpädiatrische Zentren), Krankenhausträger (mit Ausnahme von Privatkrankenanstalten), Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (§ 111 SGB V), Heil- und Hilfsmittelerbringer (§§ 124, 126 SGB V), Apotheken (§ 129 SGB V)4, Hebammen (§ 134 SGB V), Personen der Haushaltshilfe (§ 132 SGB V) und der häuslichen Krankenpflege (§ 132a SGB V), Krankentransportunternehmen (§ 133 SGB V)5 sowie Soziotherapeuten (§ 132b SGB V) gegründet werden. Auch die Eigeneinrichtungen der Krankenkassen (§ 140 SGB V) sind gründungsberechtigte Leistungserbringer6.
2
Vertragsärzte, die lediglich über eine Teilzulassung7 verfügen, können ebenfalls Gründer eines medizinischen Versorgungszentrums sein, da ihr Zulassungsstatus als solcher vom eingeschränkten Versorgungsauftrag unberührt bleibt. Eine andere Frage ist, ob – wie von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vertreten – der Be-
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1 2
3 4 5 6 7
BGBl. 2003 I, 2190. S. dazu im Einzelnen insbesondere auch Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren; Orlowski/Halbe/Schirmer in Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400; Rau in: Rieger (Hrsg.) Lexikon des Arztrechts, „Das Medizinische Versorgungszentrum“. Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 55; Orlowski/Wasem, Gesundheitsreform 2004, S. 84. S. zu den bestehenden Besonderheiten Rz. 5. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 388. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IV, Rz. 8. S. dazu § 19a, Rz. 7ff.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
trieb eines medizinischen Versorgungszentrums mindestens zwei fachübergreifende Vollzulassungen voraussetzt. Diese Frage ist zu verneinen, da für eine solche Voraussetzung die gesetzliche Grundlage fehlt8. Es ist daher ohne weiteres möglich, dass zwei „teilzugelassene“ Vertragsärzte mit unterschiedlichen Fachgebieten oder Schwerpunktbezeichnungen gemeinsam ein medizinisches Versorgungszentrum gründen und betreiben. 4
Job-Sharing-Partnern innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft kommt ebenfalls Gründereigenschaft zu, da sie nach § 23a Bedarfsplanungs-Richtlinie eine eigenständige Zulassung erhalten, die an die gemeinsame Berufsausübung mit einem bereits zugelassenen Arzt geknüpft ist9. Mit Wegfall der Job-Sharing Zulassung, z.B. bei Auflösung der Job-Sharing Berufsausübungsgemeinschaft10, verliert der im Job-Sharing zugelassene Arzt aber auch seine Gründereigenschaft. JobSharing-Angestellten kommt hingegen keine Gründereigenschaft zu, da diese nicht über einen eigenen Zulassungsstatus verfügen. Ebenso verhält es sich mit angestellten Ärzten, die als Weiterbildungsassistent, Entlastungsassistent oder Vorbereitungsassistent tätig sind.
5
Bei Apotheken ist die Sondervorschrift des § 11 ApoG zu beachten. Danach ist Apothekern die Zusammenarbeit mit Dritten zum Zwecke der Patientenzuführung nicht gestattet. Daraus wird teilweise gefolgert, Apotheken wären nicht zur Gründung medizinischer Versorgungszentren berechtigt11. Dies ist jedoch zu kurz gegriffen, da die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums nicht zwangsläufig auf die Zuweisung von Patienten gerichtet ist. Apotheken werden damit nicht aus dem Kreis der gründungsberechtigten Leistungserbringer ausgeschlossen12. Es stellt sich allerdings die Frage, ob durch § 11 Abs. 1 ApoG die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums durch einen Apotheker ausgeschlossen wird, wenn das medizinische Versorgungszentrum in unmittelbarer Nähe – vorzugsweise im selben Gebäude – zur Apotheke betrieben wird. Diese Frage wird man zu verneinen haben, da § 11 ApoG ausschließlich eine Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern untersagt. Eine solche Zusammenarbeit ist in der Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums aber nicht zu sehen, da Apotheke und medizinisches Versorgungszentrum grundsätzlich losgelöst voneinander stehen. Dies wäre erst dann anders zu sehen, wenn der Apotheker als Gründer des medizinischen Versorgungszentrums die dort tätigen Ärzte anweisen würde, die Patienten anzuhalten, die verordneten Arzneimittel über seine Apotheke zu beziehen. Besteht eine solche oder ähnliche Anweisung bzw. Verabredung nicht, wird man nicht von einer Zusammen8 9 10 11 12
Ebenso Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, S. 92; Möller, MedR 2007, 263, 265. A.A. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IV, Rz. 7. S. dazu SG Nürnberg, Beschl. v. 12.10.2004, S 6 KA 17/04 ER, ZMGR 2005, 34, 35f. Wigge, MedR 2004, 123, 132f. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IV, Rz. 8; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 55; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 47, Rz. 20; offen gelassen von Lindenau, GesR 2005, 494, 495, Fn. 19.
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arbeit zwischen Apotheker und medizinischem Versorgungszentrum sprechen können. Schließlich ist es dem Apotheker auch nicht untersagt, Räumlichkeiten in seinem Haus an (verordnungsstarke) Ärzte zu vermieten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist insofern nicht anders zu beurteilen. Krankenhausapotheken sind nicht zur Gründung medizinischer Versorgungszentren berechtigt13. Zwar werden die Krankenhausapotheken in § 129a SGB V ausdrücklich erwähnt, doch nehmen sie nicht eigenständig an der medizinischen Versorgung der Versicherten teil. Sie sind vielmehr in die Krankenhäuser eingegliedert. Im Ergebnis kommt es darauf aber nicht an, da der Krankenhausträger ohnehin berechtigt ist, ein medizinischen Versorgungszentrum zu gründen. Damit ist faktisch auch die Einbeziehung von Krankenhausapotheken möglich.
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Auch pharmazeutische Unternehmer sind nicht zur Gründung medizinischer Versorgungszentren berechtigt14. Schließlich nehmen diese nicht unmittelbar an der Versorgung der Versicherten teil. Auch verfügen pharmazeutische Unternehmer nicht über einen eigenen Zulassungsstatus.
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Managementgesellschaften sind ebenfalls nicht berechtigt, medizinische Versorgungszentren zu gründen. Sie können sich gemäß § 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V zwar an Integrationsverträgen beteiligen, doch werden sie dadurch nicht zum zugelassenen Leistungserbringer, da die medizinischen Leistungen innerhalb der integrierten Versorgung nicht durch die Managementgesellschaft, sondern die einzelnen Leistungserbringer erbracht werden15.
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Auch Zahntechniker gehören nicht zum Kreis der gründungsberechtigten Leistungserbringer, da sie nicht zur Versorgung der gesetzlich Versicherten zugelassen sind16.
9
2. „Umgehung“ der Gründereigenschaft Der Gesetzgeber hat den Kreis der möglichen Gründer eines medizinischen Versorgungszentrums bewusst auf die nach dem SGB V zugelassenen Leistungserbringer beschränkt. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass eine primär an medizinischen Vorgaben orientierte Führung der Versorgungszentren gewährleistet wird17. Dieser Gesetzeszweck kann durch beliebige Unternehmer jedoch unterlaufen werden, indem diese selbst einen Status als zugelassener Leistungserbringer erhalten. So kann z.B. nach §§ 126, 127 SGB V ein Vertrag über die Abgabe von Hilfsmitteln mit einzelnen Krankenkassen abgeschlossen werden, um einen Zulas13 14
15 16 17
A.A. Lindenau, GesR 2005, 494, 495, Fn. 16. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IV, Rz. 6; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 55; Wigge, MedR 2004, 123, 133; Orlowski/Wasem, Gesundheitsreform 2004, S. 84; Behnsen, das Krankenhaus 2004, 602, 605; a.A. Lindenau, GesR 2005, 494, 495; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 47, Rz. 20. Vgl. dazu Bäune in: Rieger (Hrsg.) Lexikon des Arztrechts, „Integrierte Versorgung“, Rz. 30. A.A. Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 47, Rz. 20. BT-Drucks. 15/1525, S. 108.
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sungsstatus zu erhalten. Zwar liegt darin keine echte Umgehung der Vorgaben zur Gründereigenschaft, da der Unternehmer zunächst tatsächlich einen Zulassungsstatus als Leistungserbringer erhält, doch kommt diese Verfahrensweise im Ergebnis einer Umgehung gleich, da die Tätigkeit als Hilfsmittelerbringer zum reinen Nebenzweck verkommt. Solange die Zulassung als Hilfsmittelerbringer vorliegt, wird dagegen jedoch nichts einzuwenden sein. 3. Gründung mehrerer medizinischer Versorgungszentren durch einen gründungsberechtigten Leistungserbringer 11
Da dem Gesetz keine Beschränkung zu entnehmen ist, dass jeder Leistungserbringer auch nur ein medizinisches Versorgungszentrum gründen kann, wird man die Gründung mehrerer medizinischer Versorgungszentren durch einen Leistungserbringer oder eine Trägergesellschaft zuzulassen haben18. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum z.B. ein Krankenhausträger nicht zwei verschiedene medizinische Versorgungszentren betreiben können soll. Eine andere – davon losgelöste – Frage ist jedoch, ob ein Leistungserbringer bei der Gründung medizinischer Versorgungszentren im Hinblick auf seine teilweise örtlich gebundene Zulassung auch örtlichen Beschränkungen unterliegt19. 4. Vertragsarzt als Gründer
12
Ist ein Vertragsarzt als Gründer eines medizinischen Versorgungszentrums beteiligt, ist eine nachfolgende ärztliche Tätigkeit im medizinischen Versorgungszentrum durch den Vertragsarzt nicht erforderlich, da sich eine Tätigkeitsverpflichtung nicht aus dem Gesetz ergibt. Eine Tätigkeitspflicht des Vertragsarztes würde auch zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den anderen gründungsberechtigten Leistungserbringern führen. Schließlich wird durch die Erfassung sämtlicher durch Zulassung oder Vertrag zur Versorgung gesetzlich Versicherter berechtigter Leistungserbringer im Rahmen des Gründerkreises deutlich, dass der Gesetzgeber die Gründungsebene streng von der Tätigkeitsebene getrennt wissen wollte. Ein Vertragsarzt kann mithin mehrere medizinische Versorgungszentren gründen, ohne auch nur in einem dieser Versorgungszentren ärztlich tätig zu sein. Eine andere Frage ist allerdings, ob der Vertragsarzt durch seine örtlich gebundene Zulassung an den Vertragsarztsitz räumlichen Beschränkungen unterliegt20. 5. Späterer Wegfall der Gründereigenschaft
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Nach § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V ist einem medizinischen Versorgungszentrum die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Der Fortbestand des medizinischen Versorgungszentrums ist 18 19 20
So auch Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 304; a.A. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IV, Rz. 28. S. dazu Rz. 74. S. dazu Rz. 74.
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damit vom Fortbestand der Gründereigenschaft abhängig. Verliert einer der Gründer seinen Zulassungsstatus, so kann dieser nicht mehr Gesellschafter der Trägergesellschaft des medizinischen Versorgungszentrums sein. In die Gesellschaftsverträge sollten daher Regelungen aufgenommen werden, nach denen der seinen Zulassungsstatus verlierende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Ist das medizinische Versorgungszentrum nur durch einen Gründer errichtet worden, führt der Verlust der Gründereigenschaft letztlich zum Untergang des medizinischen Versorgungszentrums, da die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums zwingend zu entziehen ist. Die Entziehung hat durch den Zulassungsausschuss von Amts wegen zu erfolgen. Der Verlust der Gründereigenschaft führt jedoch nicht zur sofortigen Zulassungsentziehung. Der Gründer hat vielmehr sechs Monate Zeit, um die Gründereigenschaft wieder zu erlangen oder aber das medizinische Versorgungszentrum an einen gründungsfähigen Leistungserbringer zu übertragen. Während dieser Phase nimmt das medizinische Versorgungszentrum unverändert an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Dies gilt ebenso, wenn einer von mehreren Gründern nachträglich seine Gründereigenschaft verliert. Auch dies muss nicht zum sofortigen Ausscheiden des Betroffenen aus der Trägergesellschaft führen; es besteht Gelegenheit, innerhalb von sechs Monate wieder einen § 95 Abs. 1 S. 6 Hs. 2 SGB V entsprechenden Zustand herzustellen.
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Einen Sonderfall stellt die (Mit)Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums durch einen Vertragsarzt dar, der seine Zulassung sodann in das Versorgungszentrum einbringt, um dort als angestellter Arzt tätig zu werden. Da der Arzt seine Zulassung mit der Einbringung derselben in das medizinische Versorgungszentrum verliert, kommt ihm ab diesem Zeitpunkt keine Gründungsberechtigung mehr zu. Dies führt jedoch ausnahmsweise nicht zum Entzug der Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bzw. seinem Ausscheiden aus der Trägergesellschaft. Eine andere Folge widerspräche der ratio legis, da der Gesetzgeber die Einbringung von Vertragsarztsitzen in medizinische Versorgungszentren gefördert wissen wollte21. Dies gilt allerdings nur, solange der auf die Zulassung verzichtende Arzt auch als angestellter Arzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig ist. Beendet er – gleich aus welchem Grunde – seine Angestelltentätigkeit, kann er auch nicht mehr Inhaber eines medizinischen Versorgungszentrums bzw. Gesellschafter der Trägergesellschaft sein.
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Das Ruhen der Zulassung eines der Gründer führt nicht zum Wegfall der Gründereigenschaft. Schließlich bleibt der Bestand der Zulassung durch die Anordnung des Ruhens unangetastet.
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21
Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IV, Rz. 18f.; Zwingel/Preißler, Das Medizinische Versorgungszentrum, Kap. 5, Rz. 8ff.; Ratzel, ZMGR 2004, 63, 67; Peikert, ZMGR 2004, 211, 219; Lindenau, GesR 2005, 494, 496; Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 168f.; i.E. ebenso Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 305f.; a.A. noch Schallen, Zulassungsverordnung, 4. Aufl., Rz. 367.
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Voraussetzungen der Zulassung
III. Organisations- bzw. Rechtsform 17
Medizinische Versorgungszentren können nach § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V in allen zulässigen Organisationsformen betrieben werden. Die berufsrechtlichen Vorgaben werden dadurch jedoch nicht ausgehebelt. Diese sind auch bei der Gründung medizinischer Versorgungszentren zu beachten22. 1. Einzelunternehmen
18
Medizinische Versorgungszentren können als Einzelunternehmen geführt werden. Einzelne Leistungserbringer können mithin – ohne eine Kapitalgesellschaft zwischenschalten zu müssen – medizinische Versorgungszentren gründen und betreiben23. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob das medizinische Versorgungszentrum durch einen einzelnen Vertragsarzt (als Einzelunternehmer) oder einen einzelnen nichtärztlichen Leistungserbringer betrieben wird24. 2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
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Bei der Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform der GbR sind grundsätzlich keine Besonderheiten zu beachten. Da die GbR keine berufs- und gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen kennt, weist sie unter den verschiedenen Gesellschaften das höchste Maß an Flexibilität auf. Einschränkungen ergeben sich nur bei der Beteiligung von kommunalen Krankenhäusern, da es Kommunen grundsätzlich untersagt ist, sich an Gesellschaften zu beteiligen, bei denen die Haftung nicht durch die Rechtsform begrenzt ist (vgl. z.B. § 108 Abs. 1 GO NW)25. Diese Vorgabe ist allerdings dann eingehalten, wenn das kommunale Kran22
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Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 44; differenzierend Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 392; vgl. dazu auch Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 8f. Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 119; Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 11ff.; Peikert, ZMGR 2004, 211, 218; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 394; Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 187; Rau in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Das Medizinische Versorgungszentrum“, Rz. 81. A.A. Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 307, und Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 6, Rz. 82, die die Ansicht vertreten, ein nichtärztlicher Leistungserbringer könne nicht als Einzelunternehmer ein medizinisches Versorgungszentrum betreiben, da er den Behandlungsvertrag als Privatperson nicht erfüllen könne. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass es dem nichtärztlichen Leistungserbringer, der als Einzelunternehmer ein medizinisches Versorgungszentrum betreibt, unbenommen ist, die Behandlung durch angestellte Ärzte erbringen zu lassen. Durch die Einführung medizinischer Versorgungszentren hat der Gesetzgeber gerade die Möglichkeit geschaffen, dass ambulante ärztliche Leistungen in Einrichtungen erbracht werden, die sich nicht in der Trägerschaft von Ärzten befinden. S. dazu auch Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 25.
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kenhaus nicht als unselbstständiger Eigenbetrieb, sondern in der Rechtsform einer GmbH oder AG geführt wird, da bereits durch diese Rechtsform eine Haftungsbeschränkung erreicht wird. In diesem Fall kann sich die Krankenhausgesellschaft auch an einer GbR zur Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums beteiligen, soweit die sonstigen kommunalrechtlichen Vorgaben eingehalten sind. 3. Partnerschaftsgesellschaft Die Rechtform der Partnerschaftsgesellschaft steht nur den Angehörigen der freien Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung zur Verfügung (§ 1 Abs. 1 PartGG). Die Partnerschaftsgesellschaft kommt mithin als Rechtsform nur in Betracht, wenn das medizinische Versorgungszentrum von Ärzten, Zahnärzten und/oder Psychotherapeuten gegründet wird, die auch selbst in dem medizinischen Versorgungszentrum freiberuflich tätig werden26.
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4. Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG) Bei der OHG und der KG handelt es sich um Personenhandelsgesellschaften. Ihr Zweck muss grundsätzlich auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein (§§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 1 HGB). Da es sich beim ärztlichen Beruf nach § 1 Abs. 2 BÄO nicht um ein Gewerbe, sondern seiner Natur nach um einen freien Beruf handelt, ist streitig, ob ein medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform der OHG oder KG betrieben werden kann. Unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 BÄO werden die Rechtsformen von OHG und KG teilweise strikt abgelehnt27. Nach anderer Ansicht soll es entscheidend auf den Status der Gründer ankommen; wird ein medizinisches Versorgungszentrum ausschließlich von nichtärztlichen Leistungserbringern gegründet, sollen auch die OHG und KG als Rechtsformen in Betracht kommen28.
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Unternehmensgegenstand eines medizinischen Versorgungszentrums ist stets die Erbringung ambulanter ärztlicher Leistungen. Betrachtet man ausschließlich den Unternehmensgegenstand, wird man Personenhandelsgesellschaften als Trägergesellschaften eines medizinischen Versorgungszentrums abzulehnen haben. Eine solche Betrachtung greift jedoch zu kurz, da die ärztliche Tätigkeit unbestritten auch im Angestelltenverhältnis, also außerhalb der Freiberuflichkeit, ausgeübt werden kann. § 1 Abs. 2 BÄO besagt also nicht, dass ärztliche Tätigkeit nur freiberuflich ausgeübt werden könnte. Führt man die Regelung in § 1 Abs. 2 BÄO auf ihren Sinngehalt zurück, wird dadurch lediglich ausgesagt, dass jeder Arzt – unabhängig von
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Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 34; Fiedler/Weber, NZS 2004, 358, 362; Wigge, MedR 2004, 123, 129. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 393; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 307, 321; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 47, Rz. 23; Wigge, MedR 2004, 123, 129. Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 122; Orlowski, Gesundheits- und Sozialpolitik 11-12/2004, 60, 68.
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der konkreten Form der Berufsausübung – in seiner eigentlichen Heilbehandlungstätigkeit fachlich unabhängig und weisungsfrei ist29. § 1 Abs. 2 BÄO hindert damit nicht die ärztliche Tätigkeit innerhalb von gewerblichen Gesundheitseinrichtungen30. Ist ein Arzt allerdings selbstständig tätig, so übt er seine ärztliche Tätigkeit grundsätzlich auch freiberuflich aus31. Dies gilt jedoch dann nicht mehr, wenn er der ärztlichen Tätigkeit in seiner Praxis nicht mehr sein persönliches Gepräge gibt. Ist diese Voraussetzung der Freiberuflichkeit nicht mehr erfüllt, so liegt keine freiberufliche Tätigkeit mehr vor, sondern eine gewerbliche Tätigkeit32. Für die Frage der Zulässigkeit von OHG und KG zum Betrieb medizinischer Versorgungszentren kommt es mithin stets darauf an, ob das medizinische Versorgungszentrum in freiberuflicher oder gewerblicher Weise betrieben wird33. 23
Gründen Vertragsärzte oder Vertragszahnärzte ein medizinisches Versorgungszentrum, in dem sie selbst (zahn)ärztlich tätig sind, scheidet die Rechtsform der OHG oder KG aus, da eine freiberufliche Berufsausübung vorliegt34.
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Hält man es für zulässig, dass Vertragsärzte ein medizinisches Versorgungszentrum gründen und dort angestellte Ärzte beschäftigen, ohne selbst in diesem tätig zu sein35, so liegt keine freiberufliche Tätigkeit mehr vor, so dass auch eine Personenhandelsgesellschaft als Trägergesellschaft in Frage kommt36.
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Ebenso liegt es, wenn ein medizinisches Versorgungszentrum durch nichtärztliche Leistungserbringer gegründet wird und angestellte Ärzte im Versorgungszentrum tätig werden37.
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BGH, Urt. v. 30.11.1977, IV ZR 69/76, NJW 1978, 589, 591; Narr, Ärztliches Berufsrecht, Rz. B 11. BGH, Urt. v. 30.11.1977, IV ZR 69/76, NJW 1978, 589, 591; Narr, Ärztliches Berufsrecht, Rz. B 15. So auch Narr, Ärztliches Berufsrecht, Rz. B 12. Vgl. dazu aus steuerlicher Sicht BFH, Urt. v. 19.10.1995, IV R 45/94, BFH/NV 1996, 463; FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.08.2006, 1 K 982/03, EFG 2006, 1916; FG Münster, Urt. v. 31.05.2006, 1 K 2819/04 G, EFG 2006, 1913; FG Brandenburg, Urt. v. 14.01.2004, 2 K 1149/01, EFG 2004, 919; a.A Narr, Ärztliches Berufsrecht, Rz. B 14, der zwischen steuerlicher und zivilrechtlicher Betrachtungsweise differenzieren möchte. So wohl auch Rau in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Das Medizinische Versorgungszentrum“, Rz. 96ff. I.E. ebenso Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 42; Orlowski, Gesundheits- und Sozialpolitik 11-12/2004, 60, 68; Rau in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Das Medizinische Versorgungszentrum“, Rz. 99; offen bei Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 122. S. dazu Rz. 12. Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 42; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 122; i.E. ebenso Peikert, ZMGR 2004, 211, 214f.; Rau in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Das Medizinische Versorgungszentrum“, Rz. 98. Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 122; Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 191.
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Werden im medizinischen Versorgungszentrum schließlich Vertragsärzte und angestellte Ärzte nebeneinander tätig, so wird man zu prüfen haben, ob durch die Tätigkeit der angestellten Ärzte im konkreten Einzelfall eine gewerbliche Tätigkeit begründet wird38.
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5. Kapitalgesellschaften Soll ein medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werden, ist zwangsläufig der Blick auf das ärztliche Berufsrecht zu lenken. Zwar hat der 107. Deutsche Ärztetag eine Änderung der Musterberufsordnung beschlossen, wonach nunmehr auch die Ärztegesellschaft in Form einer Kapitalgesellschaft – bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen – eine zulässige Kooperationsform darstellt (§ 23a MBO-Ärzte). Auch die einzelnen Ärztekammern und die Landesgesetzgeber haben daraufhin reagiert und Regelungen geschaffen, die die Führung einer ärztlichen Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts ermöglichen (vgl. z.B. § 29 Abs. 2 HeilBerG NW). Damit hat sich die berufsrechtliche Problematik jedoch noch nicht erledigt, da sich die Frage stellt, inwieweit die einschränkenden Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts zur Ärztegesellschaft auch für den Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums maßgeblich sind. Diese Frage ist von weitreichender Bedeutung, da insbesondere der Gesellschafterkreis einer Ärztegesellschaft eingeschränkt ist (vgl. § 23a Abs. 1 MBO-Ärzte) und den Ärzten die Mehrheit der Gesellschaftsanteile zustehen muss (vgl. § 23a Abs. 1 b) MBO-Ärzte).
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Für das Zusammenspiel von ärztlichem Berufsrecht und Sozialversicherungsrecht sind die Gesetzgebungskompetenzen zu betrachten. Dem Bund steht gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Sozialversicherung und nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG die Gesetzgebungskompetenz für Zulassungsfragen für ärztliche und andere Heilberufe zu. Für Regelungen der ärztlichen Berufsausübung sind hingegen nach Art. 70 Abs. 1 GG ausschließlich die Länder zuständig.
28
Bei medizinischen Versorgungszentren treffen die Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung unmittelbar auf die Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts. Die Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts konterkarieren zum Teil – auch nach Änderung der Heilberufs- und Kammergesetze der Länder sowie der einzelnen Berufsordnungen – die Vorstellungen des Gesetzgebers zur Errichtung medizinischer Versorgungszentren. Dies wird bei einem Blick auf die Rechtslage in NordrheinWestfalen deutlich. Nach § 29 Abs. 2 HeilBerG NW ist die Ausübung ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern und Privatkrankenanstalten an eine Niederlassung in einer Praxis gebunden, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen etwas anderes zulassen oder eine weisungsgebundene Tätigkeit in der Praxis niedergelassener Ärzte ausgeübt wird. Die Führung einer Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts setzt voraus, dass in der Berufsordnung entspre-
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Vgl. zur Abgrenzung aus steuerlicher Sicht FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.08.2006, 1 K 982/ 03, EFG 2006, 1916.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
chende Regelungen vorgesehen sind. Legt man diese Vorgaben zugrunde, wäre der Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums durch den Rechtsträger eines Krankenhauses mittels angestellter Ärzte nicht möglich. So liegt hier gerade keine weisungsgebundene Tätigkeit der angestellten Ärzte in der Praxis eines niedergelassenen Arztes vor. Auch die Vorschriften der Berufsordnung helfen nicht weiter, da ein Krankenhausträger kein zulässiger Gesellschafter einer Ärztegesellschaft ist. 30
Da dem Bund nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz zukommt, das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich des Leistungserbringerrechts zu regeln, muss ihm auch eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs39 zukommen, im Rahmen des Leistungserbringerrechts notwendige Abweichungen vom ärztlichen Berufsrecht festzulegen40. Dabei beschränken sich die zulässigen Abweichungen auf das Maß des Notwendigen. So ist z.B. die Gründung einer MVZ-GmbH durch einen Krankenhausträger und die Beschäftigung angestellter Ärzte im medizinischen Versorgungszentrum – trotz entgegenstehenden Wortlauts mancher Heilberufs- und Kammergesetze – zulässig, da ansonsten die vom Gesetzgeber ausdrücklich erwünschte Beteiligung von Krankenhäusern an medizinischen Versorgungszentren in der Praxis leerliefe. Auch ist die Gründung einer MVZ-GmbH zwischen Arzt und Krankenhausträger zulässig, obwohl die berufsrechtlichen Vorgaben zur Ärztegesellschaft den Betrieb einer „Heilkunde-GmbH“ durch Arzt und Krankenhausträger untersagen. Ebenso ist es nicht notwendig, dass den Ärzten in einer MVZ-GmbH die Mehrheit der Gesellschaftsanteile zukommt.
31
Auch in der Zulassungspraxis und bei den Ärztekammern ist die Gründung medizinischer Versorgungszentren in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft – sowohl bei Gründung durch ärztliche als auch durch nichtärztliche Leistungserbringer – grundsätzlich anerkannt.
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Vgl. zur Kompetenz kraft Sachzusammenhangs allgemein Pieroth in: Jarras/Pieroth, GG, Art. 70, Rz. 5f.; Jarras, NVwZ 2000, 1089, 1090; sowie im vertragsärztlichen Bereich Engelmann, GesR 2004, 113, 117. So auch Engelmann, MedR 2002, 561, 572; ders., GesR 2004, 113, 117; Fiedler/Weber, NZS 2004, 358, 361f.; Orlowski, Gesundheits- und Sozialpolitik 11-12/2004, 60, 70; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 320; Genzel in: Kern/Wadle/Schroeder/Katzenmeier (Hrsg.), Festschrift für Adolf Laufs, Humaniora, S. 819, 836; a.A. Butzer, NZS 2005, 344, 348f., der eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs mit ausführlicher Begründung verneint. Den Vorrang des SGB V vor Berufsrecht bejaht hingegen Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 62. Auch Rau, MedR 2004, 667, 669, kommt letztlich zur Zulässigkeit von medizinischen Versorgungszentren in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, indem er auf die in den Heilberufs- und Kammergesetzen enthaltene Öffnungsklausel („soweit nicht andere gesetzliche Bestimmungen …“) abstellt; dies greift jedoch zu kurz, da der Bund nur bei entsprechender Gesetzgebungskompetenz derartige andere Bestimmungen erlassen kann. Der Vorrang des ärztlichen Berufsrechts wird hingegen – ohne nähere Begründung – bejaht von Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 192.
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6. Eingetragener Verein (e.V.) Der Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform des eingetragenen Vereins scheidet aus, da der Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums einen wirtschaftlichen Zweck darstellt41.
32
7. Stiftung Eine Stiftung kann auch wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Sie kann daher auch ein medizinisches Versorgungszentrum gründen und betreiben42.
33
8. Körperschaften des öffentlichen Rechts Die Gründung und der Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums ist auch in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen möglich, soweit diese gründungsberechtigte Leistungserbringer sind. Hier ist insbesondere an Hochschulkliniken, die überwiegend als Anstalten des öffentlichen Rechts geführt werden, und Kommunen, die im Rahmen der Daseinsvorsorge ein Krankenhaus als Eigeneinrichtung betreiben43, zu denken. Soweit eine Kommune als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein medizinisches Versorgungszentrum gründen und betreiben möchte, sind allerdings die jeweiligen kommunalrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Der Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums setzt demnach voraus, dass dadurch der kommunale Aufgabenkreis nicht überschritten wird. Zum kommunalen Aufgabenkreis gehört zunächst die allgemeine Krankenhausversorgung als wesentlicher Teil der ortsnah sicherzustellenden Daseinsvorsorge der Bevölkerung44. Die ambulante ärztliche Versorgung der Bürger stellt hingegen keine kommunale Aufgabe dar, da es sich nicht um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt45.
34
Dies bedeutet jedoch nicht, dass kommunale Krankenhäuser nicht als Gründer medizinischer Versorgungszentren in Betracht kämen. Schließlich stellt der Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums im Vergleich zu anderen Krankenhäusern ein Wettbewerbsmoment dar. Würde man den kommunalen Krankenhäusern das Betreiben eines medizinischen Versorgungszentrums untersagen, würde dies im Vergleich zu anderen Krankenhäusern einen Wettbewerbsnachteil darstellen. Dies
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42 43
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Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 121; Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 58. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 397; Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 22. Nicht möglich ist die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums durch eine Kommune, die nicht selbst über die Eigeneinrichtung Krankenhaus über den Status eines zugelassenen Leistungserbringers verfügt, SG Marburg, Beschl. v. 25.10.2007, S 12 K 404/07 ER. VerfGH NW, Beschl. v. 13.01.2004, 16/02, GesR 2004, 248, 248f. A.A. wohl Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. V, Rz. 86.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
könnte zu einer Schwächung des kommunalen Krankenhauses führen, so dass letztlich die Krankenhausversorgung gefährdet werden könnte. Gründung und Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums durch ein kommunales Krankenhaus ist daher als Annextätigkeit zulässig46.
V. Weitere Zulassungsvoraussetzungen 1. Bedarfsplanung und Erhalt von Vertragsarztsitzen 36
Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums ist – wie die Zulassung eines Vertragsarztes auch – an die Bedarfsplanung gebunden (§ 95 Abs. 2 S. 9 SGB V). Sind die Fachgebiete, in denen das medizinische Versorgungszentrum tätig werden soll, im entsprechenden Planungsbereich gesperrt, kommt eine Zulassung nur in Betracht, wenn die Gründer über die erforderlichen Vertragsarztsitze verfügen. Dies ist der Fall, wenn die Gründer selbst Vertragsärzte sind und ihre vertragsärztliche Tätigkeit künftig im medizinischen Versorgungszentrum ausüben wollen. Daneben können die erforderlichen Vertragsarztsitze durch Verzicht eines Vertragsarztes mit nachfolgender Angestelltentätigkeit im medizinischen Versorgungszentrum (§ 103 Abs. 4a S. 1 SGB V), durch Übernahme eines Vertragsarztsitzes in einem Praxisnachfolgeverfahren (§ 103 Abs. 4a S. 2 SGB V) und durch den Erhalt von Sonderbedarfszulassungen erworben werden. a) Zulassungserwerb durch Verzicht und nachfolgender Angestelltentätigkeit
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Nach § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V haben Vertragsärzte die Möglichkeit, zugunsten eines medizinischen Versorgungszentrums auf ihre Zulassung zu verzichten, um sodann als angestellter Arzt in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden. In diesem Fall ist es nicht notwendig, dass das medizinische Versorgungszentrum bereits besteht. Vielmehr kann die Gründung des medizinischen Versorgungszentrums mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verzichtserklärung erfolgen. Der anzustellende Vertragsarzt kann also auch zu Gunsten eines zu gründenden medizinischen Versorgungszentrums auf seine Zulassung verzichten. Würde man dies nicht zulassen, könnten medizinische Versorgungszentren nur gegründet werden, wenn immer auch mindestens zwei Vertragsärzte als Gründer beteiligt sind, die als Vertragsärzte – also ohne Verzicht auf ihre Zulassung – im medizinischen Versorgungszentrum tätig werden sollen. Eine solche Einschränkung der Gründungsmöglichkeiten war vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt.
38
Die Übernahme eines Vertragsarztsitzes, der sich mit der Übernahme in eine „Arztstelle“47 umwandelt, setzt in dieser Variante zwingend voraus, dass der auf die Zulassung verzichtende Arzt als angestellter Arzt im medizinischen Versorgungs46
47
I.E. ebenso Makoski/Möller, MedR 2007, 524, 528; vgl. allgemein zu Rand- und Annextätigkeiten im kommunalen Bereich Uechtritz/Otting in: Hoppe/Uechtritz (Hrsg.), Handbuch Kommunale Unternehmen, § 6, Rz. 80ff. Vgl. zur Terminologie § 103 Abs. 4a S. 5 SGB V.
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zentrum tätig wird48. Dem Gesetz lässt sich aber nicht entnehmen, für welchen Zeitraum und in welchem zeitlichen Umfang der auf die Zulassung verzichtende Arzt als angestellter Arzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig werden muss. Hier werden teilweise Mindestzeiträume von einem49 oder zwei Quartalen50 genannt. Betrachtet man dazu die Gesetzesformulierung („… um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, …“), ist zunächst festzuhalten, dass die Übertragung des Vertragsarztsitzes auf ein medizinisches Versorgungszentrum von einer subjektiven Komponente abhängig ist. Es ist also erforderlich, dass der auf seine Zulassung verzichtende Arzt die Absicht hat, als angestellter Arzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden. Dieser Absicht muss ein gewisses Gewicht zukommen, da sie ansonsten als subjektive Tatbestandsvoraussetzung überflüssig wäre. Es reicht daher nicht aus, wenn der auf die Zulassung verzichtende Arzt lediglich für wenige Tage oder Wochen als angestellter Arzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig werden will. Eine pauschale Mindestbeschäftigungszeit wird man jedoch mangels näherer gesetzlicher Vorgaben nicht fordern können. Man wird vielmehr in jedem Einzelfall prüfen müssen, ob der erforderlichen Absicht, im medizinischen Versorgungszentrum als angestellter Arzt tätig zu werden, ein hinreichendes Gewicht zukommt. Dabei wird man regelmäßig eine Angestelltentätigkeit von nur einem Quartal wohl kaum ausreichen lassen können. Soll die Angestelltentätigkeit hingegen mindestens ein Jahr dauern, ist die subjektive Tatbestandsvoraussetzung in jedem Fall erfüllt. Unerheblich ist insoweit, ob der Arzt einer Vollzeittätigkeit im medizinischen Versorgungszentrum nachgehen möchte. Ausreichend ist vielmehr, dass dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit ein gewisses Gewicht zukommt. Insofern dürfte eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden, also die Übernahme einer ¼-Stelle, ausreichend sein. Will der Arzt für einen geringeren Zeitraum als ein Jahr im medizinischen Versorgungszentrum tätig sein, so wird man bei der Frage, ob der Angestelltentätigkeit ein gewisses Gewicht zukommt, auch die wöchentliche Arbeitszeit heranziehen können. Kommt es zwischen der Abgabe der Verzichtserklärung und der Aufnahme der Angestelltentätigkeit zur Berufsunfähigkeit oder zum Tode des auf die Zulassung verzichtenden Arztes, so wird die Übernahme des Vertragsarztsitzes durch das medizinische Versorgungszentrum dadurch nicht gehindert, da es ausschließlich auf die Tätigkeitsabsicht ankommt. Kann diese Absicht später aus Gründen nicht verwirklicht werden, die von keiner der beiden Seiten zu verantworten sind, so kommt es daher dennoch zur Übernahme des Vertragsarztsitzes.
39
Stellt sich nach Genehmigung der Angestelltentätigkeit51 des auf die Zulassung verzichtenden Arztes heraus, dass eine Angestelltentätigkeit gar nicht beabsichtigt war, so liegt eine rechtswidrige Anstellungsgenehmigung vor, die nach § 45 SGB X
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Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 73; Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IX, Rz. 15ff. Zwingel/Preißler, Das Medizinische Versorgungszentrum, Kap. 10, Rz. 36. Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 73. Vgl. zur Anstellungsgenehmigung § 32b, Rz. 34ff.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
durch Rücknahme aufzuheben ist. Eine Nachbesetzung ist nicht möglich, da es mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 103 Abs. 4a SGB V an einer umgewandelten Arztstelle fehlt, die nachbesetzt werden könnte. b) Übernahme von Vertragsarztsitzen im Praxisnachfolgeverfahren 41
Nach § 103 Abs. 4a S. 2 SGB V kann ein medizinisches Versorgungszentrum auch im Rahmen eines Praxisnachfolgeverfahrens52 einen Vertragsarztsitz übernehmen und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt weiterführen. Damit ist den medizinischen Versorgungszentren die Möglichkeit eingeräumt worden, Vertragsarztsitze losgelöst von der zugehörigen Arztpraxis zu erwerben. Eine Fortführung der Praxis des auf die Zulassung verzichtenden Arztes ist nicht notwendig; der Vertragsarztsitz wird vielmehr unmittelbar vom medizinischen Versorgungszentrum übernommen. Mit der Übernahme des Vertragsarztsitzes wandelt sich dieser in eine Arztstelle des medizinischen Versorgungszentrums um. Der bisher nicht mögliche Konzessionshandel53 ist damit – beschränkt auf medizinische Versorgungszentren – gesetzlich eingeführt worden54.
42
Auch bei dieser Variante ist es – entsprechend der Vertragsarztsitzübernahme nach § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V – nicht notwendig, dass das medizinische Versorgungszentrum bereits vor der Übernahme des Vertragsarztsitzes besteht. Es ist ausreichend, wenn das medizinische Versorgungszentrum mit der Übernahme des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes entsteht.
43
Das medizinische Versorgungszentrum bzw. das in Gründung befindliche medizinische Versorgungszentrum hat sich auf den zur Nachbesetzung ausgeschriebenen Vertragsarztsitz zu bewerben. Es gelten insoweit grundsätzlich die Regelungen des Praxisnachfolgeverfahrens55. Das medizinische Versorgungszentrum hat im Rahmen seiner Bewerbung auch den Arzt zu benennen, der als angestellter Arzt auf der Arztstelle tätig werden soll. Zugleich ist ein Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung des anzustellenden Arztes zu stellen.
44
Liegen mehrere Bewerbungen auf den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz vor, ist von den Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Dabei sind nach § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit des Bewerbers zu beachten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher in Gemeinschaft ausgeübt worden ist. Diese Auswahlkriterien sind ersichtlich auf einen Arzt als Bewerber, nicht aber auf die Bewerbung eines medizinischen Versorgungszentrums zugeschnitten. Es wird daher mehrheitlich vertreten, bei der Auswahlentscheidung unter Beteiligung eines medizinischen Versorgungszentrums komme es 52 53 54
55
S. zum Praxisnachfolgeverfahren § 16b, Rz. 42ff. Vgl. dazu Dahm, MedR 2000, 551; ders., AusR 2000, 85. Aus steuerlicher Sicht ist insoweit das Urteil des FG Niedersachsen Urt. v. 28.09.2004, 13 K 412/01, MedR 2005, 679, m. Anm. Bäune, zu beachten, wonach Aufwendungen, die für den Erwerb eines Vertragsarztsitzes getätigt werden, nicht abschreibungsfähig sind. Vgl. zu dieser Problematik auch Michels/Ketteler-Eising, DStR 2006, 961. S. zum Praxisnachfolgeverfahren im allgemeinen § 16b, Rz. 42ff.
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für die Eignungskriterien auf die Person des anzustellenden Arztes an56. Dessen Eignungsdaten sollen mit den Eignungsdaten der übrigen Bewerber verglichen werden, so dass der Vertragsarztsitz auf das medizinische Versorgungszentrum zu übertragen sein soll, wenn die Eignungsdaten des anzustellenden Arztes im Rahmen der von den Zulassungsgremien vorzunehmenden Gesamtabwägung die besten sind. Legt man diese Ansicht zugrunde, wird der Sinn und Zweck des Auswahlverfahrens unterlaufen. Durch die Berücksichtigung zeitlicher Komponenten (Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit) sollte sichergestellt werden, dass sich die Erfolgsaussichten junger Bewerber mit zunehmender Wartezeit verbessern, so dass letztlich jedem Arzt die faire Chance zukommt, einen Vertragsarztsitz zu übernehmen. Diese Überlegung wird unterlaufen, wenn man bei der Beteiligung von medizinischen Versorgungszentren auf den anzustellenden Arzt abstellt. In diesem Fall könnte das medizinische Versorgungszentrum einen altgedienten Krankenhausarzt benennen, der nahezu zwangsläufig die besten Eignungsdaten aufweist. Nach Übernahme des Vertragsarztsitzes könnte das Anstellungsverhältnis mit dem altgedienten Krankenhausarzt kurzfristig wieder beendet werden, so dass die dann beim medizinischen Versorgungszentrum bestehende Arztstelle mit dem eigentlichen Wunschkandidaten – außerhalb eines Praxisnachfolgeverfahrens – nachbesetzt werden könnte57.
45
Um medizinische Versorgungszentren innerhalb von Praxisnachfolgeverfahren nicht zu bevorzugen und Manipulationen zu Lasten der anderen Bewerber zu verhindern, darf hinsichtlich der Eignungsdaten der Bewerber – entgegen der herrschenden Meinung – nicht auf den anzustellenden Arzt abgestellt werden. Man wird vielmehr auf das sich bewerbende medizinische Versorgungszentrum abzustellen haben. Dafür spricht auch, dass § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V auf die Eignungsdaten der Bewerber abstellt. Für die einzelnen Eignungskriterien bedeutet dies Folgendes: Für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit muss es darauf ankommen, ab welchem Zeitpunkt das sich bewerbende medizinische Versorgungszentrum an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Für das Kriterium der beruflichen Eignung ist maßgeblich, ob das medizinische Versorgungszentrum nachweist, die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt mit entsprechender Fachgebiets- und ggf. Schwerpunktbezeichnung fortzuführen. Das Kriterium des Approbationsalters hat bei der Bewerbung medizinischer Versorgungszentren schließlich keine gesonderte Bedeutung.
46
Folgt man der hier vertretenen Ansicht, muss es medizinischen Versorgungszentren auch möglich sein, sich auf der von den Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 103 Abs. 5 SGB V zu führenden Warteliste eintragen zu lassen58.
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57 58
Meschke, § 16b, Rz. 142f.; Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IX, Rz. 53; Zwingel/Preißler, Das Medizinische Versorgungszentrum, Kap. 10, Rz. 42; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 74; Fiedler/Weber, NZS 2004, 358, 364; Meschke, § 16b, Rz. 142; kritisch Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer ärztlichen Praxis, Rz. 58a. S. zur Nachbesetzung von Arztstellen innerhalb eines medizinischen Versorgungszentrums, Rz. 106f. A.A. Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IX, Rz. 56.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
c) Erhalt von Sonderbedarfszulassungen 48
Ein medizinisches Versorgungszentrum kann – wie jeder andere Arzt auch – eine Sonderbedarfszulassung nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. §§ 24, 40 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie erhalten. Dabei hat man danach zu unterscheiden, ob der Sonderbedarf durch Zulassung eines weiteren Vertragsarztes oder durch Anstellung eines weiteren Arztes gedeckt werden soll.
49
Erfolgt die Deckung des Sonderbedarfs durch Zulassung eines weiteren Vertragsarztes, so liegt – streng genommen – keine Sonderbedarfszulassung zugunsten des medizinischen Versorgungszentrums, sondern die Sonderbedarfszulassung eines Vertragsarztes vor. Dieser wird dann auf der Grundlage der ihm erteilten Sonderbedarfszulassung als Vertragsarzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig. Die Zulassung des Arztes ist dann nach den allgemeinen Regelungen an die Person des Arztes und den Vertragsarztsitz gebunden. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BedarfsplanungsRichtlinie soll als Vertragsarztsitz der Vertragsarztsitz des medizinischen Versorgungszentrums maßgeblich sein.
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Erfolgt die Deckung des Sonderbedarfs durch die Anstellung eines weiteren Arztes, so wird die Sonderbedarfszulassung zugunsten des medizinischen Versorgungszentrums ausgesprochen. Zutreffend wird man hier von einer Sonderbedarfsarztstelle zu sprechen haben. Die Erteilung einer solchen Sonderbedarfsarztstelle richtet sich nach den allgemeinen Regelungen der §§ 24, 25 Bedarfsplanungs-Richtlinie59. Dabei ist allerdings die Sonderregelung des § 40 Abs. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu beachten. Danach ist eine Übertragung der Tätigkeit auf andere angestellte Ärzte des medizinischen Versorgungszentrums unzulässig. Die Sonderbedarfsarztstelle ist mithin an die Person des „auf dieser Stelle“ angestellten Arztes gebunden. Scheidet dieser Arzt aus dem medizinischen Versorgungszentrum aus, ist eine Nachbesetzung der Arztstelle nach § 103 Abs. 4a S. 5 SGB V nur nach erneuter Genehmigung zulässig, die nur bei Fortbestand des Sonderbedarfs erteilt werden darf (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). 2. Fachübergreifende Tätigkeit
51
Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums setzt eine fachübergreifende Tätigkeit voraus. Da die Voraussetzung der fachübergreifenden Tätigkeit zu vielen Zweifelsfragen geführt hat60, hat der Gesetzgeber mit dem VÄndG eine Legaldefinition in § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V aufgenommen. Danach ist eine Einrichtung fachübergreifend, wenn in ihr Ärzte mit verschiedenen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen tätig sind, wobei nicht sämtliche Ärzte der hausärztlichen Arzt59 60
Vgl. dazu im allgemeinen § 16b, Rz. 20ff. Vgl. dazu Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. III, Rz. 5ff.; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 39ff.; Behnsen, das Krankenhaus 2004, 602, 605f.; Lindenau, GesR 2005, 494, 495f.; Peikert, ZMGR 2004, 211, 212f.; Fiedler/Weber, NZS 2004, 358, 358f.; Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 170ff.
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gruppe nach § 101 Abs. 5 SGB V oder der psychotherapeutischen Arztgruppe nach § 101 Abs. 4 SGB V angehören dürfen. Eine fachübergreifende Tätigkeit liegt nach § 95 Abs. 1 S. 4 SGB V auch bei hausärztlich tätigen und fachärztlich tätigen Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung vor, da sie unterschiedliche Leistungen erbringen und damit eine fachübergreifende Versorgung gewährleisten können61. Eine fachübergreifende Tätigkeit ist allerdings dann zu verneinen, wenn zwei Fachärzte desselben Fachgebiets gemeinsam tätig sind, von denen nur einer über eine Schwerpunktbezeichnung verfügt. In einem solchen Fall liegen weder unterschiedliche Fachgebiete noch unterschiedliche Schwerpunktbezeichnungen vor. Diese am Wortlaut orientierte Betrachtungsweise macht auch insofern Sinn, als der Facharzt mit Schwerpunktbezeichnung berufsrechtlich die Möglichkeit hat, sämtliche Leistungen zu erbringen, die der Facharzt ohne die entsprechende Schwerpunktbezeichnung erbringen darf. Ein fachärztlich tätiger Internist ohne Schwerpunktbezeichnung kann daher kein medizinisches Versorgungszentrum mit einem fachärztlich tätigen Internisten mit Schwerpunktbezeichnung gründen62. Eine fachübergreifende Tätigkeit liegt auch bei der Zusammenarbeit eines Vertragsarztes mit einem Vertragszahnarzt vor. Vor In-Kraft-Treten des VÄndG wurde dagegen allerdings teilweise vorgebracht, § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV a.F. erlaube die gemeinsame Berufsausübung nur unter Vertragsärzten, so dass eine gemeinsame Tätigkeit von Vertragsärzten und Vertragszahnärzten ausgeschlossen sei63. Diese Streitfrage hat sich jedoch durch die Regelung in § 95 Abs. 1 S. 5 SGB V erledigt, da das berufsgruppenüberschreitende medizinische Versorgungszentrum dort ausdrücklich Erwähnung gefunden hat.
52
Ein medizinisches Versorgungszentrum kann auch ausschließlich im vertragszahnärztlichen Bereich betrieben werden. Zwar wird dagegen teilweise vorgebracht, ein Zahnarzt könne ohnehin umfassend tätig sein, so dass z.B. bei einer Kooperation zwischen einem Zahnarzt und einem Fachzahnarzt für Kieferorthopädie keine fachübergreifende Tätigkeit vorliege64. Dieser Sichtweise kann jedoch spätestens mit InKraft-Treten des VÄndG nicht mehr gefolgt werden, da der Begriff der fachübergreifenden Tätigkeit nach § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V ausdrücklich nach dem Weiterbildungsrecht zu bestimmen ist65.
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Ein medizinisches Versorgungszentrum kann allerdings nicht durch einen einzelnen MKG-Chirurgen betrieben werden66. Zwar wird durch einen MKG-Chirurgen eine fachübergreifende Tätigkeit dargestellt, doch stellt § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V für die
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61 62 63 64 65
66
BT-Drucks. 16/2474, S. 21. A.A. wohl Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 428; Möller, MedR 2007, 263, 264. Behnsen, das Krankenhaus 2004, 602, 606; a.A. Fiedler/Weber, NZS 2004, 358, 358f.; Ziermann, MedR 2004, 540, 542f. Ziermann, MedR 2004, 540, 543. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 429; Möller, MedR 2007, 263, 264; i.E. ebenso SG Stuttgart, Beschl. v. 26.04.2007, S 10 KA 2895/07 ER, das allerdings in den Facharztbezeichnungen im zahnärztlichen Bereich keine Fachgebiete im eigentlichen Sinne sieht, sondern diese mit Schwerpunktbezeichnungen vergleicht. A.A. Möller, MedR 2007, 263, 265.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
fachübergreifende Tätigkeit in seiner Formulierung auf die Tätigkeit von mehreren Ärzten ab. 55
Eine fachübergreifende Tätigkeit setzt schließlich kein medizinisch sinnvolles Zusammenwirken der verschiedenen Fachgebiete voraus. Ein medizinisches Versorgungszentrum kann auch auf Fachgebieten betrieben werden, die keinen medizinischen Zusammenhang untereinander haben67. 3. Tätigkeit von Vertragsärzten oder angestellten Ärzten
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Nach § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Vertragsärzte oder angestellte Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sein müssen, tätig. Diese Regelung ist nicht im Sinne einer Alternativregelung zu verstehen, so dass entweder ausschließlich Vertragsärzte oder ausschließlich angestellte Ärzte in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig werden können. Vielmehr können in einem medizinischen Versorgungszentrum Vertragsärzte neben angestellten Ärzten tätig sein68. a) Tätigkeit als Vertragsarzt
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Der Gesetzgeber hat offen gelassen, in welcher Form Vertragsärzte in medizinischen Versorgungszentren tätig werden können. Teilweise wird dazu die Auffassung vertreten, ein Vertragsarzt könne nur auf der Grundlage schuldrechtlicher Kooperationsvereinbarungen in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig werden. Der Vertragsarzt rechne seine Leistungen dann selbst gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ab, so dass letztlich eine bloße Organisationsgemeinschaft zwischen dem Vertragsarzt und dem Träger des medizinischen Versorgungszentrums vorliege69. Diese Ansicht ist jedoch nicht haltbar. Auch der in einem medizinischen Versorgungszentrum tätige Vertragsarzt wird ausschließlich für das medizinische Versorgungszentrum (genauer: für den Träger des medizinischen Versorgungszentrums) tätig. Die von ihm erbrachten Leistungen werden also für das medizinische Versorgungszentrum erbracht und auch von letzterem gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zur Abrechnung gebracht. Die eigene Zulassung des Vertragsarztes wird während seiner Tätigkeit für das medizinische Versorgungszentrum von der Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums überlagert70.
67 68
69 70
So auch ausdrücklich Möller, MedR 2007, 263, 264. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. III, Rz. 67ff.; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 22; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 48, Rz. 8; Peikert, ZMGR 2004, 211, 215; Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 6, Rz. 75f. Rau, MedR 2004, 667, 670; in diese Richtung auch Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 48, Rz. 6. Behnsen, das Krankenhaus 2004, 698, 699; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 32; i.E. ebenso Lindenau, GesR 2005, 494, 497, der von einem Ruhen der Zulassung des Vertragsarztes spricht. S. dazu auch Möller, MedR 2007, 263, 270.
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Anhang zu § 18: Das medizinische Versorgungszentrum (MVZ)
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Eine Tätigkeit als Vertragsarzt innerhalb eines medizinischen Versorgungszentrums ist daher nur dann denkbar, wenn der Arzt gesellschaftsrechtlich in das medizinische Versorgungszentrum bzw. deren Trägergesellschaft eingebunden ist. Der Arzt wird dann nicht mehr auf der Grundlage seiner eigenen (überlagerten) Zulassung, sondern auf der Grundlage der Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums tätig. Würde der Vertragsarzt auf der Grundlage seiner eigenen Zulassung tätig werden, so müsste er die von ihm erbrachten Leistungen folgerichtig – wie auch von der Gegenansicht angenommen – selbst gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen. Dann wäre aber nicht mehr das medizinische Versorgungszentrum, sondern der jeweilige Vertragsarzt als Leistungserbringer anzusehen.
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Die Tätigkeit eines Arztes als Vertragsarzt in einem medizinischen Versorgungszentrum setzt weiter voraus, dass der Arzt über eine eigene vertragsärztliche Zulassung verfügt. Trotz Tätigkeit innerhalb eines medizinischen Versorgungszentrums kann der Arzt seinen Zulassungsstatus beibehalten. Voraussetzung ist dafür aber, dass seine Zulassung durch die Art und Weise seiner Tätigkeit im medizinischen Versorgungszentrum nicht in Wegfall gerät. Dies ist unproblematisch, wenn er das medizinische Versorgungszentrum als Einzelarzt gründet und dann in diesem Versorgungszentrum ärztlich tätig wird. Schließlich ist er in diesem Fall immer noch freiberuflich und in eigener Praxis tätig. Ebenso liegt es, wenn das medizinische Versorgungszentrum durch eine Personengesellschaft betrieben wird, an der der Vertragsarzt als Gesellschafter beteiligt ist. Seine ärztliche Tätigkeit stellt in diesem Fall seinen Gesellschafterbeitrag dar. Er erbringt also – vergleichbar mit einer Stellung als Gesellschafter innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft – als Gesellschafter Leistungen im Namen der MVZ-Trägergesellschaft. Er wird daher – wie auch bei einer Berufsausübungsgemeinschaft – freiberuflich und in eigener Praxis tätig. Anders sieht es jedoch dann aus, wenn er als Angestellter der MVZ-Trägergesellschaft für das medizinische Versorgungszentrum tätig wird. In diesem Fall wird er weder freiberuflich noch in eigener Praxis tätig. Eine solche Angestelltentätigkeit verträgt sich daher grundsätzlich nicht mit den Anforderungen an eine Zulassung als Vertragsarzt71, so dass ein im medizinischen Versorgungszentrum angestellter Arzt dort nicht „als Vertragsarzt“ tätig werden kann72.
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Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist allerdings zuzulassen, wenn sich ein Vertragsarzt als Gesellschafter an einer MVZ-Trägergesellschaft beteiligt, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben wird. In diesem Fall kann er lediglich als Angestellter für die Gesellschaft tätig werden73. Zwar liegen dann aus steu-
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71 72 73
Vgl. dazu allgemein § 20, Rz. 12ff. So auch Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. III, Rz. 75; ebenso wohl Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 306. Eine Tätigkeit auf Grund eines Kooperationsvertrages scheidet nach hier vertretener Ansicht aus, da es an einer gesetzlichen Grundlage fehlt, die es dem medizinischen Versorgungszentrum ermöglichen würde, externe Leistungserbringer für die Leistungserbringung zu beauftragen. Auch ein medizinisches Versorgungszentrum muss seine Leistungen – wie auch Berufsausübungsgemeinschaften – durch „Gesellschafter-Ärzte“ oder angestellte Ärzte erbringen. Auch eine Stellung als freier Mitarbeiter scheidet damit aus (a.A. zur Stellung als freier Mitarbeiter Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. III, Rz. 75, sowie Peikert, ZMGR 2004, 21, 217).
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
erlicher Sicht keine Einkünfte mehr aus freiberuflicher Tätigkeit, sondern Einkünfte aus Angestelltentätigkeit und aus Kapitalvermögen vor, doch wird man die ärztliche Tätigkeit des Gesellschafter-Arztes im Sinne des Berufsrechts noch als freiberuflich einzuordnen haben. Schließlich kennt auch das ärztliche Berufsrecht die Ärztegesellschaft in Form einer juristischen Person des Privatrechts. Da diese Gestaltung berufsrechtlich ausdrücklich zulässig ist, wird man darin – berufsrechtlich – keinen Verstoß gegen den Freiberuflichkeitsgrundsatz sehen können. Auch wird der Arzt dann letztlich – trotz des Angestelltenverhältnisses – in eigener Praxis tätig, da er über seine Gesellschafterstellung – wie in einer Berufsausübungsgemeinschaft – unmittelbaren Einfluss auf die Praxis hat. Ein Vertragsarzt verliert damit nicht seinen Status als Vertragsarzt, wenn er als angestellter Arzt in einem medizinischen Versorgungszentrum, das in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt wird, tätig wird und zugleich Gesellschafter der MVZ-Trägergesellschaft ist74. Dafür spricht im Übrigen auch die vormalige Regelung in Ziff. 38c Bedarfsplanungs-RichtlinienÄrzte a.F., die ausdrücklich die gleichzeitige Tätigkeit als Vertragsarzt und als angestellter Arzt in einem medizinischen Versorgungszentrum erwähnt. Diese Regelung machte vor der durch das VÄndG zum 01.01.2007 eingeführten Teilzulassung nur in eben dieser Konstellation Sinn75. b) Tätigkeit als angestellter Arzt 61
Die Tätigkeit eines angestellten Arztes in einem medizinischen Versorgungszentrum setzt eine Anstellungsgenehmigung durch die Zulassungsgremien voraus. Die Genehmigung ist nicht dem anzustellenden Arzt, sondern dem medizinischen Versorgungszentrum zu erteilen76. c) Gleichzeitige Tätigkeit als Vertragsarzt und angestellter Arzt
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Ein Vertragsarzt kann zusätzlich auch als angestellter Arzt tätig werden. So ist es seit dem 01.01.2007 denkbar, dass ein Vertragsarzt mit einer Teilzulassung77 als Vertragsarzt und gleichzeitig noch als angestellter Arzt in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig wird. Die Angestelltentätigkeit setzt dann aber voraus, dass die Vorgaben der Bedarfsplanung eingehalten sind.
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Es ist auch möglich, dass ein Arzt, der als Vertragsarzt in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig ist, zugleich noch als angestellter Arzt in einem anderen medizinischen Versorgungszentrum tätig wird. Die Angestelltentätigkeit in dem anderen medizinischen Versorgungszentrum stellt dann eine Nebentätigkeit dar, für die die allgemeinen Vorschriften gelten78.
64
In den Fällen der gleichzeitigen Tätigkeit als Vertragsarzt und angestellter Arzt ist die Tätigkeit des Arztes nach § 23m Bedarfsplanungs-Richtlinie entsprechend den 74 75 76 77 78
I.E. ebenso auch Peikert, ZMGR 2004, 211, 216. A.A. zum Sinngehalt der Ziff. 38c Bedarfsplanungs-Richtlinien a.F. Peikert, ZMGR 2004, 211, 217. S. zur Genehmigung der Tätigkeit angestellter Ärzte ausführlich § 32b, Rz. 34ff. Vgl. dazu § 19a, Rz. 7ff. S. dazu § 20, Rz. 2ff. u. 12ff.
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Anrechnungsfaktoren gemäß § 17 Abs. 2 und 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie vom Zulassungsausschuss zu erfassen, damit diese für die Bedarfsplanung berücksichtigt werden können. d) Nachträglicher Statuswechsel Ein im medizinischen Versorgungszentrum tätiger Vertragsarzt hat die Möglichkeit, nachträglich gemäß § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V auf seine Zulassung zu verzichten, um sodann als angestellter Arzt in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden. Die Zulassung wird dann auf das medizinische Versorgungszentrum übertragen. Der Arzt verliert durch den Verzicht auf seine Zulassung zwar seinen Gründerstatus, doch ist damit ausnahmsweise nicht zwingend ein Ausscheiden aus der Trägergesellschaft verbunden79.
65
Hat ein Vertragsarzt einmal nach § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V auf seine Zulassung verzichtet, so ist diese unwiederbringlich auf das medizinische Versorgungszentrum übertragen worden. Da das medizinische Versorgungszentrum über eine eigene Zulassung verfügt, ist die übertragene Zulassung nur noch aus bedarfsplanerischer Sicht von Bedeutung. Die auf ein medizinisches Versorgungszentrum durch Verzicht übertragene Zulassung ist ab diesem Zeitpunkt als Arztstelle (vgl. § 103 Abs. 4a S. 5 SGB V) zu bezeichnen. Eine solche Arztstelle kann mangels gesetzlicher Regelung nicht mehr in eine eigene Zulassung des Arztes (rück)umgewandelt werden80. Eine Verzichtserklärung will daher gut überlegt sein.
66
Ein nachträglicher Statuswechsel des angestellten Arztes kommt mithin nur in Betracht, wenn der Planungsbereich für sein Fachgebiet nicht wegen Überversorgung gesperrt ist oder er im Rahmen des üblichen Praxisnachfolgeverfahrens81 einen Vertragsarztsitz erhält.
67
4. Ärztliche Leitung Ein medizinisches Versorgungszentrum bedarf nach § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V zwingend einer ärztlichen Leitung. Dieses Erfordernis soll sicherstellen, dass in ärztlichen Angelegenheiten keine nichtmedizinische Einflussnahme erfolgen kann82.
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Der Begriff der ärztlichen Leitung ist vom Gesetzgeber nicht näher definiert worden. Man wird sich hier am hergebrachten Verständnis aus dem Krankenhausbereich zu orientieren haben83. Danach setzt ärztliche Leitung voraus, dass ein nicht weisungsgebundener Arzt die Gesamtverantwortung für die ärztliche Versorgung der
69
79 80 81 82
83
S. dazu Rz. 60. A.A. Peikert, ZMGR 2004, 211, 219. S. zum Praxisnachfolgeverfahren § 16b, Rz.42ff. Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 37; Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 184; Möller, MedR 2007, 263, 265. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. III, Rz. 31ff.; Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 6, Rz. 70; Peikert, ZMGR 2004, 211, 213f.; Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 185.
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Voraussetzungen der Zulassung
Patienten trägt84. In diesem Sinne ist auch die ärztliche Leitung bei einem medizinischen Versorgungszentrum zu verstehen85. Dabei ist es nicht notwendig, dass für sämtliche Fachgebiete des medizinischen Versorgungszentrums ein ärztlicher Leiter benannt wird. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die ärztliche Leitung durch einen Arzt für das gesamte medizinische Versorgungszentrum wahrgenommen wird86. Sind in dem medizinischen Versorgungszentrum unterschiedliche Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen bzw. vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen (Ärzte, Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeuten), tätig, so ist auch eine kooperative ärztliche Leitung möglich (§ 95 Abs. 1 S. 5 SGB V). Eine solche kooperative Leitung stellt nach der ausdrücklichen Gesetzesformulierung aber nur eine Möglichkeit dar; sie ist nicht zwingend festzuschreiben. Bei einem berufsgruppenübergreifenden medizinischen Versorgungszentrum zwischen Ärzten und Zahnärzten ist es daher nicht notwendig, einen ärztlichen und einen zahnärztlichen Leiter zu benennen87. 70
Da sich die Möglichkeit der kooperativen Leitung, mit der eine gemeinsame Leitung gemeint ist88, nach dem Gesetz ausschließlich auf die Fälle beschränkt, in denen Ärzte, Zahnärzte und/oder Psychologische Psychotherapeuten gemeinsam in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind, wird man daraus zu folgern haben, dass eine kooperative ärztliche Leitung in einem rein ärztlichen medizinischen Versorgungszentrum unzulässig ist. Ein näherer Sinn kann darin allerdings nicht erblickt werden.
71
Der ärztliche Leiter eines medizinischen Versorgungszentrums ist gegenüber den Zulassungsgremien konkret zu benennen. Dabei muss es sich um einen im medizinischen Versorgungszentrum tätigen Arzt handeln89. Soweit teilweise vertreten wird, mangels gesetzlicher Grundlage müsse der ärztliche Leiter nicht innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums tätig sein90, ist dies abzulehnen. Zum einen dürfte eine echte ärztliche Leitung durch einen externen Arzt schwer darstellbar sein und zum anderen kann die ärztliche Gesamtverantwortung für die Versorgung von Patienten wohl kaum von einem Arzt übernommen werden, der nicht einmal berechtigt ist, selbst ärztliche Leistungen innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums zu erbringen. Unerheblich ist allerdings, ob der ärztliche Leiter als Vertragsarzt oder als angestellter Arzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig ist91. Eine 84 85 86 87
88 89 90
91
Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 89, Rz. 23. Behnsen, das Krankenhaus 2004, 602, 606; Peikert, ZMGR 2004, 211, 214. Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 37; Behnsen, das Krankenhaus 2004, 602, 606. A.A. Möller, MedR 2007, 263, 265; Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 87; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 47, Rz. 7. BT-Drucks. 16/2474, S. 21. Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 308. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. III, Rz. 44; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 440; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 89; Möller, MedR 2007, 263, 265. So auch Lindenau, GesR 2005, 494, 496; Metzner, Krankenhausrecht: Herausforderung und Chancen (Düsseldorfer Krankenhausrechtstag 2005), 74f.
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Vollzeitbeschäftigung ist ebenso wenig notwendig wie eine Beteiligung an der MVZ-Trägergesellschaft. Es ist allerdings sicherzustellen, dass der ärztliche Leiter auch tatsächlich die ärztliche Leitung ausüben kann. Eine zeitlich beschränkte Tätigkeit (z.B. zehn Stunden) mit ansonsten schwerer Erreichbarkeit dürfte diesem Erfordernis kaum gerecht werden können. Die notwendige Kompetenz des ärztlichen Leiters beschränkt sich auf den ärztlichen Verantwortungsbereich. Es ist nicht notwendig, dass dieser in die kaufmännische Geschäftsführung des medizinischen Versorgungszentrums eingebunden ist. Dementsprechend kann ebenfalls nicht verlangt werden, dem ärztlichen Leiter die Stellung eines Geschäftsführers auf der Ebene der Trägergesellschaft einzuräumen92. Schließlich ist eine solche Stellung nicht notwendig, damit der ärztliche Leiter die Aufgaben seines ärztlichen Verantwortungsbereiches wahrnehmen kann. Auch bei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Einrichtungen (z.B. sozialpädiatrische Zentren nach § 119 SGB V), die ebenfalls unter ärztlicher Leitung stehen müssen, besteht keine Notwendigkeit, den ärztlichen Leiter in das Geschäftsführungsgremium einzubinden.
72
5. Vertragsarztsitz Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums erfolgt für einen konkreten Ort der ärztlichen Tätigkeit (Vertragsarztsitz). Die Regelungen in § 24 Ärzte-ZV zum Ort der vertragsärztlichen Tätigkeit gelten gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV entsprechend für medizinische Versorgungszentren.
73
6. Ortsbindung des Gründers/Standortbezug Grundsätzlich beinhaltet die Zulassung eines Leistungserbringers örtliche Beschränkungen. So erfolgt die Zulassung von Vertragsärzten, Vertragszahnärzten und Vertragspsychotherapeuten für den Ort der Niederlassung (§ 24 Abs. 1 Ärzte-ZV). Die Tätigkeit von Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen ist ebenfalls an den Standort des Krankenhauses bzw. der Rehabilitationseinrichtung gebunden. Damit stellt sich die Frage, ob sich aus der örtlichen Bindung des Zulassungsstatus auch örtliche Beschränkungen zur Gründung medizinischer Versorgungszentren ergeben. Diese Frage wird teilweise bejaht, da ansonsten die vom Gesetzgeber gewünschte medizinische Orientierung durch eine unternehmerische Interessenausrichtung ersetzt würde. Überdies könnten die Vorschriften zur Filial- und Kettenbildung unterlaufen werden93. Eine solche örtliche Beschränkung wäre auch nach hier vertretener Ansicht wünschenswert, doch lässt sie sich aus dem Gesetz nicht entnehmen. Auch stellt sich die Frage, wie z.B. Hilfsmittelerbringer zu behan92
93
Orlowski/Halbe/Schirmer in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, B 1400, Rz. 38; Haack in: Wenzel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kap. 10, Rz. 185; Metzner, Krankenhausrecht: Herausforderung und Chancen (Düsseldorfer Krankenhausrechtstag 2005), 74f. Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IV, Rz. 22ff.; Ratzel, ZMGR 2004, 63, 67.
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deln wären, die auf Grund eines Vertrages mit einer Krankenkasse Versicherte im gesamten Bundesgebiet beliefern. Hier könnte man zwar auf die Überlegung verfallen, diesen die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums nur in unmittelbarer Nähe ihrer Niederlassung zu erlauben. Eine solche Einschränkung könnte aber wieder durch die Gründung von Zweigniederlassungen umgangen werden. Auch stellt sich ohnehin die Frage, wie man einen erforderlichen Standortbezug aus räumlicher Sicht definieren will. Kann man bei Vertragsärzten noch auf den Planungsbereich abstellen, ergeben sich bei Krankenhäusern oder Heilmittelerbringern erhebliche Schwierigkeiten. Man wird daher nicht umhinkommen, einen erforderlichen Standortbezug bei der Gründung medizinischer Versorgungszentren abzulehnen. Jeder gründungsberechtigte Leistungserbringer ist mithin im gesamten Bundesgebiet zur Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums berechtigt94. 7. Bürgschaft 75
Medizinische Versorgungszentren, die in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts geführt werden sollen, können nach § 95 Abs. 2 S. 5 SGB V nur zugelassen werden, wenn die Gesellschafter selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen für Forderungen Kassenärztlicher Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben. Durch diese Regelung, die durch das VÄndG zum 01.01.2007 eingeführt worden ist, sollen medizinische Versorgungszentren in der Rechtsform juristischer Personen des Privatrechts den in Personengesellschaften organisierten Versorgungszentren haftungsrechtlich gleichgestellt werden95. a) Juristische Person des Privatrechts als Gesellschafterin der MVZ-Trägergesellschaft
76
Sind an der MVZ-Trägergesellschaft wiederum juristische Personen des Privatrechts als Gesellschafter beteiligt, ist ein Haftungsgleichlauf zur Personengesellschaft letztlich nicht erreicht, da die selbstschuldnerische Bürgschaft eben nicht durch eine natürliche Person, sondern ebenfalls durch eine juristische Person des Privatrechts abgegeben würde, so dass haftungsmäßig nichts gewonnen wäre. Es liegt daher bei erster Betrachtung nahe, eine teleologische Auslegung dahin vorzunehmen, dass in solchen Fällen die Gesellschafter der dahinter stehenden Gesellschaft eine selbstschuldnerische Bürgschaft abzugeben haben. Sind mehrere juristische Personen des Privatrechts „zwischengeschaltet“, müsste dementsprechend auf den „letzten Gesellschafter“, der nicht juristische Person des Privatrechts ist, zurückgegriffen werden.
77
Eine solche Lösung kann jedoch nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein, da in diesem Fall eine Vielzahl von Krankenhausträgern faktisch an einer Gründung 94 95
I.E. ebenso Behnsen, das Krankenhaus 2004, 602, 605; Peikert, ZMGR 2004, 211, 219. BT-Drucks. 16/2474, S. 21. Vgl. zur Entwicklung der Bürgschaftsregelung auch Dahm/ Ratzel, MedR 2006, 555, 565f; Makoski/Möller, MedR 2007, 524, 525; Dahm, MedR 2008, Heft 1.
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medizinischer Versorgungszentren gehindert wäre. Dies beträfe z.B. die börsennotierte Krankenhaus-AG, da diese selbstschuldnerische Bürgschaften sämtlicher Aktionäre nicht wird beibringen können. Kommunale Krankenhausträger würden zum Teil in Konflikt mit den kommunalrechtlichen Vorschriften geraten und von Stiftungen getragene Krankenhäuser hätten Beanstandungen der Stiftungsaufsicht zu erwarten. Allerdings hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ausdrücklich auf derartige Probleme hingewiesen. In einem Gesetzesentwurf vom 16.05.2006 zum VÄndG war eine Ergänzung dahingehend vorgenommen worden, dass eine Bankbürgschaft ausreichend ist, sofern nach der Art der juristischen Person des Privatrechts eine Bürgschaftserklärung einzelner Gesellschafter nicht in Betracht komme oder nur unter unangemessenem Aufwand erreichbar sei. Nur einen Tag später war diese Regelung in einem neuerlichen Gesetzesentwurf vom 17.05.2006 wieder ersatzlos entfallen. Gründe lassen sich den Gesetzesmaterialien dazu nicht entnehmen. Dies spricht jedoch keinesfalls dafür, das der Gesetzgeber die Gründung medizinischer Versorgungszentren durch Krankenhausträger erschweren wollte. Die Streichung dieser für lediglich einen Tag vorgesehenen Regelung zeigt aber, dass man im Wege der Gesetzesauslegung nicht zu dem Ergebnis gelangen kann, statt selbstschuldnerischer Bürgschaftserklärungen der Gesellschafter seien selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen von Banken oder Sparkassen ausreichend. Dagegen spricht auch der Wortlaut der Norm („… dass die Gesellschafter selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen … abgeben“); wären auch Bürgschaften Dritter ausreichend, hätte es statt „abgeben“ z.B. „übergeben“ heißen müssen. Auch aus der Gesetzesbegründung, die ausdrücklich auf die Haftung mit dem Privatvermögen abstellt, ist zu erkennen, dass der Gesetzgeber Bürgschaftserklärungen Dritter nicht im Sinn hatte.
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An dieser Stelle wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Bürgschaftsproblematik durch die letztlich Gesetz gewordene Regelung nicht befriedigend gelöst hat. Es kann weder im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein, das Bürgschaftserfordernis durch die Zwischenhaltung einer weiteren Kapitalgesellschaft ad absurdum zu führen, noch wollte der Gesetzgeber eine Vielzahl von Krankenhausträgern an der Gründung medizinischer Versorgungszentren hindern. Die – gut gemeinte – Bürgschaftsregelung ist mithin gründlich misslungen. Diese Feststellung hilft jedoch nicht darüber hinweg, dass die Bürgschaftsregelung Anwendung zu finden hat. Da eine teleologische Auslegung aber nicht zu vernünftigen Ergebnissen führt, wird man daher – bis der Gesetzgeber eine Klarstellung oder Änderung vornimmt – an den Wortlaut der Norm anzuknüpfen haben. Es ist damit ausreichend, dass eine juristische Person des Privatrechts als Gesellschafterin der MVZ-Trägergesellschaft eine selbstschuldnerische Bürgschaft abgibt96.
79
96
I.E. ebenso – allerdings ohne Begründung – Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 90, sowie Möller, MedR 2007, 263, 267; kritisch Dahm, MedR 2008, Heft 1.
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Voraussetzungen der Zulassung
b) Bürgschaft der Gesellschafter 80
Jeder Gesellschafter hat eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung abzugeben. Die Bürgschaftserklärung ist durch ihn selbst und nicht durch einen Dritten (z.B. Bank oder Sparkasse) abzugeben97. Sinn macht dies allerdings nicht, da die Bürgschaftserklärung einer deutschen Großbank oder Sparkasse regelmäßig wesentlich werthaltiger als die Bürgschaft eines Vertragsarztes oder sonstigen MVZ-Gründers sein dürfte. c) Bürgschaftshöhe
81
Das Gesetz enthält keine Regelungen zur Bürgschaftshöhe. Da die möglichen Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen in der Höhe im Vorfeld nicht abschätzbar sind, wird man grundsätzlich – wie auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gefordert – eine Bürgschaftserklärung in unbegrenzter Höhe verlangen können98. Dies ist nicht unbillig, da der als Einzelarzt oder in Berufsausübungsgemeinschaft tätige Vertragsarzt ebenfalls mit seinem gesamten Vermögen für eventuelle Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen haftet. d) Zeitliche Beschränkung der Bürgschaftserklärung
82
Die Bürgschaftserklärung sollte ausdrücklich auf die Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen begrenzt werden, die ihren Ursprung in der Zeit finden, in der der Bürge Gesellschafter der MVZ-Trägergesellschaft war. Eine solche zeitliche Beschränkung ist zulässig99. Für Forderungen, die nach dem Ausscheiden des Bürgen entstehen, ergibt sich dies von selbst, da die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen kein berechtigtes Interesse an einem Fortbestand der Bürgschaft haben und eine solche Bürgschaftserklärung in ihren Folgen nicht mehr zu überblicken wäre. Auch Forderungen, die vor Beteiligung des Bürgen an der MVZ-Trägergesellschaft entstanden sind, können von der Bürgschaft ausgeklammert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem haftungsrechtlichen Vergleich mit einer Berufsausübungsgemeinschaft in Form einer Personengesellschaft. Zwar haftet der in eine Personengesellschaft eintretende Gesellschafter grundsätzlich auch für die bestehenden Altverbindlichkeiten der Gesellschaft100, doch kann dies wegen der vertragsarztrechtlichen Besonderheiten nicht für Verbindlichkeiten gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gelten, da die Änderung der Zusammensetzung einer Berufsausübungsgemeinschaft, die stets einer neuen Genehmigung bedarf 101, zu einer haftungsrechtlichen Zäsur 97 98
99
100 101
S. dazu näher Rz. 78; a.A. aber wohl Möller, MedR 2007, 263, 267. So auch Möller, MedR 2007, 263, 267; Makoski/Möller, MedR 2007, 524, 525; offen bei Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 566, sowie bei Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 89. I.E. ebenso Makowski/Möller, MedR 2007, 524, 526, sowie Möller, MedR 2007, 263, 267f., die zwar nicht von einer Beschränkung der Bürgschaftserklärung sprechen, aber einen Zugriff auf die Bürgschaft nur für solche Ansprüche als zulässig ansehen, die ihre wirtschaftliche Grundlage in der Zeit der Gesellschaftszugehörigkeit haben. BGH, Urt. v. 07.04.2003, II ZR 56/02, BGHZ 154, 370. Vgl. dazu § 33, Rz. 113.
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führt102. Vertragsarztrechtlich ist also immer nur die Berufsausübungsgemeinschaft in ihrer konkreten Zusammensetzung zu betrachten. Nach der hier vertretenen Ansicht muss dann auch bei der Bürgschaft eine entsprechende Beschränkung hinsichtlich von Altverbindlichkeiten möglich sein. Unabhängig davon kann die Bürgschaft als Dauerschuldverhältnis durch den Bürgen gekündigt werden. Eine vorzeitige Beendigung des Bürgschaftsverhältnisses für zukünftige Verbindlichkeiten durch Kündigung ist bei zeitlich unbegrenzter Bürgschaft nach angemessener Zeit unter Einhaltung einer angemessenen Frist auch ohne wichtigen Grund möglich103. Eine solche Kündigung des Gesellschafters während seiner Gesellschaftszugehörigkeit würde allerdings zum Wegfall der Gründungsvoraussetzungen führen, so dass dem medizinischen Versorgungszentrum die Zulassung zu entziehen wäre (§ 95 Abs. 6 S. 3 SGB V).
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e) Gesellschafterwechsel Kommt es später zu einem Gesellschafterwechsel oder einem Gesellschafterbeitritt, so hat der neue Gesellschafter eine entsprechende Bürgschaftserklärung abzugeben. Ansonsten lägen die Gründungsvoraussetzungen nicht mehr vor, so dass dem medizinischen Versorgungszentrum die Zulassung nach § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V zu entziehen wäre. f)
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Form der Bürgschaftserklärung
Bei der Bürgschaft handelt es sich um einen Bürgschaftsvertrag. Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages ist nach § 766 S. 1 BGB die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis gilt nach § 350 HGB für das Bürgschaftsversprechen eines Kaufmannes. Sind die Bürgschaftserklärungen von einer GmbH oder AG als Gesellschafter einer MVZ-GmbH abzugeben, ist damit auch eine mündliche Bürgschaftserklärung ausreichend. Zu Beweiszwecken kann der Zulassungsausschuss allerdings eine schriftliche Bürgschaftserklärung verlangen.
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Die Formulierung der Bürgschaftserklärung ist allein Sache des Bürgen. Teilweise wird von den Zulassungsgremien jedoch die Abgabe einer dort (bzw. von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung) vorformulierten Bürgschaftserklärung verlangt. Für ein derartiges Vorgehen fehlt es an einer Rechtsgrundlage, da weder § 95 SGB V noch sonstige Vorschriften einen Bürgschaftsvordruck vorsehen. Es ist vielmehr Aufgabe der Zulassungsgremien, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die eingereichte (frei formulierte) Bürgschaftserklärung den gesetzlichen Anforderungen genügt104. Die Abgabe einer vorformulierten Bürgschaftserklärung ist mithin nicht notwendig. Dies gilt insbesondere dann, wenn die vorformulierte Bürgschaftserklärung – wie in der Praxis bereits vorgekommen – die gesetzlichen Anforderungen des § 95 Abs. 2 S. 5 SGB V übersteigt.
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102
103 104
In diese Richtung gehend – zumindest für den Fall von Einzel- und Gemeinschaftspraxis – auch die Überlegungen des BSG aus dem Urt. v. 21.05.2003, B 6 KA 33/02 R, ZMGR 2003, 79, 80 (Kurzwiedergabe). Dahm, MedR 2008, Heft 1. S. dazu auch Makoski/Möller, MedR 2007, 524, 527.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
g) Bürgschaftserfordernis für vor dem 01.01.2007 zugelassene medizinische Versorgungszentren 87
Weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, ob das Bürgschaftserfordernis auch auf medizinische Versorgungszentren Anwendung finden soll, deren Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung noch vor dem 01.01.2007 ausgesprochen worden ist. Nach Ansicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung soll das Bürgschaftserfordernis für sämtliche medizinische Versorgungszentren gelten, so dass bereits zuvor zugelassene medizinische Versorgungszentren diese Vorgabe nachträglich zu erfüllen haben sollen, da es ansonsten zu einer Zulassungsentziehung nach § 95 Abs. 6 SGB V kommen soll105. Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen.
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Eine Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V kommt in diesen Fällen nicht in Betracht, da es insoweit nur darauf ankommen kann, ob die zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung maßgeblichen Voraussetzungen (weiterhin) vorliegen. Nachträgliche Änderungen der Rechtslage sind insoweit irrelevant. Schließlich handelt es sich bei der erteilten Zulassung um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, der nicht durch eine nachträgliche Änderung der Rechtslage rechtswidrig wird, da es für die Frage der Rechtswidrigkeit auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts ankommt106. Ansonsten könnten bereits geringfügige nachträgliche Änderungen der Rechtslage zur Zulassungsentziehung führen. Eine solche Folge wäre mit dem notwendigen Vertrauensschutz in bestandskräftige Verwaltungsakte nicht vereinbar107.
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Auch eine Aufhebung der Zulassung nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X wegen nachträglicher Änderung der rechtlichen Verhältnisse kommt nicht in Betracht. Zwar stellt die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums zur vertragsärztlichen Versorgung einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar108, doch werden die allgemeinen sozialrechtlichen Vorschriften über die Aufhebung von Verwaltungsakten auf Grund der vertragsärztlichen Besonderheiten durch die Sondervorschriften des § 95 Abs. 6, 7 SGB V i.V.m. §§ 26, 27 Ärzte-ZV verdrängt109. 8. Einzureichende Unterlagen
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Wird das medizinische Versorgungszentrum von mehreren Gründern gegründet, ist der Gesellschaftsvertrag beim Zulassungsausschuss einzureichen. Wird der Antrag lediglich von einem Gründer gestellt, kann ein entsprechender Vertrag naturgemäß nicht vorgelegt werden; in diesem Fall ist es auch nicht notwendig, dass ein „Ersatzdokument“ (z.B. ein MVZ-Statut) vorgelegt wird. 105 106 107 108 109
Schirmer, Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG v. 10.01.2007, S. 69. Vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48, Rz. 33 m.w.N. I.E. ebenso SG Marburg, Urt. v. 12.12. 2007, S 12 KA 395/07; Möller, MedR 2007, 263, 267; Dahm, MedR 2008, Heft 1. So ausdrücklich für die Beteiligung eines Krankenhausarztes nach § 368a Abs. 8 RVO a.F. BSG, Urt. v. 23.05.1984, 6 RKa 21/83, NJW 1985, 697. BSG, Urt. v. 09.06.1999, B 6 KA 70/98 R, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr. 20; BSG, Beschl. v. 10.05.2000, B 6 KA 56/99 B.
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Die Gründer haben die Fachgebiete einschließlich der im medizinischen Versorgungszentrum tätigen Ärzte zu benennen. Dabei ist zwischen den Vertragsärzten und den angestellten Ärzten zu differenzieren. Für sämtliche Ärzte, die im medizinischen Versorgungszentrum tätig werden sollen, sind die für eine Vertragsarztzulassung bzw. Anstellungsgenehmigung erforderlichen Unterlagen und Erklärungen110 einzureichen. Für Vertragsärzte gilt dies nicht, soweit diese bereits im Zulassungsbezirk (nicht: Planungsbereich) des medizinischen Versorgungszentrums zugelassen sind, da in diesen Fällen keine Neuzulassung erforderlich ist. Will der Vertragsarzt hingegen in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig werden, das seine Betriebsstätte in einem anderen Zulassungsbezirk hat, sind – wie auch bei einer Neuzulassung – sämtliche Unterlagen nochmals vorzulegen.
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Die Gründer haben schließlich noch unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen abzugeben111 und einen ärztlichen Leiter zu benennen.
V. Besonderheiten des Zulassungsverfahrens 1. Anstellungsgenehmigung Sollen in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellte Ärzte tätig werden, so muss für jeden einzelnen Arzt durch das medizinische Versorgungszentrum eine Anstellungsgenehmigung nach § 32b Ärzte-ZV eingeholt werden112. Die Anstellungsgenehmigung bezieht sich jeweils auf den konkreten Arzt. Scheidet also ein angestellter Arzt aus dem Angestelltenverhältnis aus und soll die Arztstelle von einem anderen angestellten Arzt besetzt werden, ist zuvor eine Anstellungsgenehmigung für die Tätigkeit des nachfolgenden Arztes einzuholen.
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Eine Anstellungsgenehmigung ist nicht erforderlich, wenn ein Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft, die in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts geführt wird, als Vertragsarzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig wird113. Zwar wird er in diesem Fall auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Anstellungsverhältnisses tätig, doch ändert dies nichts an seinem Vertragsarztstatus. Auf Grund dieses Vertragsarztstatus bedarf es keiner Anstellungsgenehmigung.
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2. Neuzulassung angestellter Ärzte trotz bestehender Zulassungssperren (§ 103 Abs. 4a S. 4 SGB V) Um die Entstehung medizinischer Versorgungszentren zu fördern, hat der Gesetzgeber mit Einführung der medizinischen Versorgungszentren in § 103 Abs. 4a S. 4 SGB V festgelegt, dass jeder Vertragsarzt, der auf seine Zulassung verzichtet, um in einem medizinischen Versorgungszentrum als angestellter Arzt tätig zu werden, nach Ablauf einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen 110 111 112 113
S. dazu § 18, Rz. 15. S. dazu Rz. 75ff. S. zur Anstellungsgenehmigung ausführlich § 32b, Rz. 34ff. Vgl. zu dieser Konstellation Rz. 60.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
Versorgungszentrum bei anschließender Niederlassung im Planungsbereich des medizinischen Versorgungszentrums unbeschadet etwaiger Zulassungssperren eine Zulassung erhält. Durch das VÄndG ist diese Privilegierung eingeschränkt worden; sie gilt danach nicht für angestellte Ärzte, die erst seit dem 01.01.2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Die Aufhebung der Privilegierung hat der Gesetzgeber damit begründet, dass durch die Privilegierung zum einen die Überversorgung gefördert und zum anderen eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den angestellten Ärzten besteht, die nicht in einem medizinischen Versorgungszentrum, sondern als Angestellte einer Arztpraxis tätig werden114. Diese Begründung verwundert insofern, als die ersten Anträge auf (Wieder)Zulassung von angestellten Ärzten frühestens 2009 gestellt werden, da die Fünf-Jahres-Frist bei den ersten medizinischen Versorgungszentren erst 2009 ablaufen wird. Heute kann daher noch gar nicht abgesehen werden, in welchem Ausmaß von der Privilegierung Gebrauch gemacht werden wird. 95
Der Erhalt einer Zulassung trotz bestehender Zulassungssperre ist an die folgenden Voraussetzungen geknüpft: a) Vorhergehender Zulassungsverzicht
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Grundvoraussetzung für eine (Wieder)Zulassung ist, dass der antragstellende Arzt ursprünglich auf seine Zulassung verzichtet hat, um in einem medizinischen Versorgungszentrum als angestellter Arzt tätig zu werden115. Das Privileg greift also nicht für Ärzte, die sich in einem vormalig offenen Planungsbereich unmittelbar von einem medizinischen Versorgungszentrum haben anstellen lassen. Das Privileg findet auch auf die Ärzte keine Anwendung, die lediglich eine frei gewordene Arztstelle in einem medizinischen Versorgungszentrum übernommen haben (§ 43 Abs. 23 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Dies gilt auch dann, wenn die Arztstelle dadurch entstanden ist, dass der zuvor auf dieser Arztstelle angestellte Arzt auf seine Zulassung verzichtet hat, und dieser zuvor angestellte Arzt von der Privilegierung keinen Gebrauch gemacht hat oder von ihr mangels Erreichens der Fünf-Jahres-Frist noch keinen Gebrauch machen konnte. Die Privilegierung ist streng an die Person des auf seine Zulassung verzichtenden Arztes gebunden; eine Übertragungsmöglichkeit besteht mangels gesetzlicher Grundlage nicht. Dies wäre auch verfehlt, da es dem Gesetzgeber zur Anreizwirkung nur darum ging, den auf ihre Zulassung verzichtenden Ärzten den Weg zurück in die Niederlassung offen zu halten. b) Fünf-Jahres-Zeitraum
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Das Privileg kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der antragstellende Arzt zuvor mindestens fünf Jahre in einem medizinischen Versorgungszentrum als angestellter Arzt tätig war. § 43 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie stellt insoweit auf „den zurückliegenden Zeitraum von fünf Jahren“ ab. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift wäre eine Unterbrechung der ärztlichen Tätigkeit in dem medizinischen 114 115
BT-Drucks. 16/ 3157, S. 17. A.A. Rau in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Das Medizinische Versorgungszentrum“, Rz. 113.
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Versorgungszentrum demnach schädlich. Kommt es auf Grund von Schwangerschaft oder Elternzeit zu einer Unterbrechung der ärztlichen Tätigkeit, ist dies aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 6 Abs. 1 GG) unschädlich; in diesem Fall kommt es ausschließlich auf die Gesamtdauer von fünf Jahren an. Dies gilt ebenso bei einer länger andauernden Abwesenheit wegen Krankheit. Wird die Arztstelle in diesen Fällen zunächst nachbesetzt, so käme es bei einer späteren Wiederaufnahme der Tätigkeit ebenfalls zu einer Nachbesetzung. Die Beschränkung des § 43 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie greift in diesem Fall ausnahmsweise nicht. c) Zeitlicher Umfang der Tätigkeit Nach § 43 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie setzt der Zulassungserhalt voraus, dass der Arzt in dem maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum mindestens mit dem Faktor 0,75 auf den Versorgungsgrad angerechnet worden ist. Der Arzt muss daher über 20 Wochenstunden als angestellter Arzt im medizinischen Versorgungszentrum tätig gewesen sein (vgl. § 38 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie).
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d) Wechsel in ein anderes medizinisches Versorgungszentrum Es ist nicht erforderlich, dass der antragstellende Arzt innerhalb der fünf Jahre ausschließlich für ein und dasselbe medizinische Versorgungszentrum tätig war. Da die Privilegierung nicht greift, wenn der Arzt im Wege der Nachbesetzung in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig war (§ 43 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie), ist es jedoch erforderlich, dass er stets die von ihm vormals eingebrachte Arztstelle besetzt hat. Kommt es also z.B. zu einem Rechtsträgerwechsel beim MVZ-Träger, so ist dies für die Privilegierung unschädlich. Kündigt hingegen der angestellte Arzt und wird er dann für ein anderes medizinisches Versorgungszentrum (auf einer anderen Arztstelle) tätig, verliert er auch seine Privilegierung.
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e) Erneuter Zulassungsverzicht nach erteilter Wiederzulassung zugunsten eines medizinischen Versorgungszentrums Erhält ein Arzt nach § 103 Abs. 4a S. 4 SGB V eine (Wieder)Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung, so ist diese Zulassung aus rechtlicher Sicht nicht anders zu beurteilen als eine bedarfsabhängig erteilte Zulassung. Der Arzt kann daher grundsätzlich auf seine neue Zulassung verzichten, um bei einem medizinischen Versorgungszentrum oder einem Vertragsarzt als angestellter Arzt tätig zu werden. Allerdings ist dabei der Sinn und Zweck der Privilegierung zu beachten. Dieses Privileg der bedarfsunabhängigen Zulassung soll dem auf seine Zulassung verzichtenden Arzt ermöglichen, seine Stellung als Vertragsarzt zurückzuerhalten, um wieder als niedergelassener Arzt tätig werden zu können. Mit dieser Regelung war keinesfalls beabsichtigt, dass der im medizinischen Versorgungszentrum tätige angestellte Arzt nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums eine neue Zulassung beantragt, um sogleich zugunsten des medizinischen Versorgungszentrums wieder auf diese zu verzichten. Die Privilegierung kann mithin nur dann greifen, wenn der Arzt tatsächlich auch als niedergelassener Vertragsarzt tätig werden will. Ist bei der Antragstellung bereits erkennbar, dass eine solche Tätigkeit nicht angestrebt wird, ist der Antrag abzulehnen. Stellt sich erst nach (Wieder)Zulassung heraus, dass eine Tätigkeit als niedergelas-
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
sener Vertragsarzt nicht beabsichtigt war, so ist die erteilte Zulassung zu entziehen, da die Zulassungsvoraussetzungen hinsichtlich der erforderlichen subjektiven Komponente, also der Niederlassungsabsicht, zu keinem Zeitpunkt vorlagen. Die Einleitung eines Zulassungsentziehungsverfahrens ist in einem solchen Fall aber nicht ausreichend, um die Übertragung der Zulassung auf das medizinische Versorgungszentrum zu verhindern. Schließlich wird die Möglichkeit des Zulassungsverzichts nicht durch ein laufendes Zulassungsentziehungsverfahren berührt. Es ist damit erforderlich, die Anstellungsgenehmigung für die Tätigkeit in dem medizinischen Versorgungszentrum zu verweigern. Eine solche Verweigerung der Anstellungsgenehmigung ist in diesem Fall ausnahmsweise zulässig, da ansonsten der Gesetzeszweck unterlaufen werden könnte und eine nicht gewollte Förderung der Überversorgung einträte. 3. Gemischtes MVZ zwischen Vertragsärzten und Vertragszahnärzten 101
Ein medizinisches Versorgungszentrum, in dem sowohl Vertragsärzte als auch Vertragszahnärzte tätig sind, bedarf der Zulassung zur vertragsärztlichen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Es bedarf also einer Zulassung durch die ärztlichen Zulassungsgremien und einer Zulassung durch die zahnärztlichen Zulassungsgremien. Anstellungsgenehmigungen für angestellte Ärzte bzw. Zahnärzte sind dann beim jeweils zuständigen Zulassungsausschuss einzuholen.
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Bei der Erteilung der Zulassung haben sich die Zulassungsausschüsse miteinander abzustimmen. Möchten z.B. ein Vertragsarzt und ein Vertragszahnarzt ohne Beteiligung weiterer Ärzte bzw. Fachgruppen ein medizinisches Versorgungszentrum gründen, so kann der zeitlich zuerst entscheidende Zulassungsausschuss die Zulassung nur unter der Bedingung erteilen, dass auch der jeweils andere Zulassungsausschuss die Zulassung erteilt. Schließlich wird erst durch die Zulassung des anderen Zulassungsausschusses die fachübergreifende Tätigkeit sichergestellt.
VI. Aufteilung von Arztstellen innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums 103
Die einem medizinischen Versorgungszentrum zugeordneten Arztstellen können mit jeweils bis zu vier angestellten Ärzten besetzt werden, sofern der zeitliche Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit der angestellten Ärzte unter ihnen aufgeteilt wird. Für die Aufteilung der Arbeitszeit gilt nach § 38 Bedarfplanungs-Richtlinie Folgendes: Liegt die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit bei nicht mehr als zehn Stunden, so wird der Arzt mit dem Faktor 0,25 gewertet, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden bis maximal 20 Stunden gilt ein Faktor von 0,5, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden bis höchstens 30 Stunden wird der Arzt mit dem Faktor 0,75 gewertet, bei mehr als 30 Wochenstunden wird schließlich eine Vollzeitbeschäftigung (Faktor 1,0) zugrunde gelegt. Ist im Arbeitsvertrag keine wöchentliche Arbeitszeit, sondern eine Arbeitszeit je
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Monat vereinbart, ist für die Errechnung der Wochenarbeitszeit der Umrechnungsfaktor 0,23 anzuwenden. Für die Aufteilung einer Arztstelle geht der Gemeinsame Bundesausschuss in § 28 Bedarfsplanungs-Richtlinien offensichtlich von einer vollzeitigen Tätigkeit von 40 Wochenstunden aus. Dies kann zu einer Kollision mit den in § 38 Bedarfsplanungs-Richtlinie festgelegten Anrechnungsfaktoren kommen. So ist es z.B. denkbar, dass eine Arztstelle in einem medizinischen Versorgungszentrum mit jeweils 13 1/3 Wochenstunden auf drei Ärzte aufgeteilt wird, so dass insgesamt eine Angestelltentätigkeit von 40 Wochenstunden ausgeübt wird. Da die angestellten Ärzte aber jeweils eine wöchentliche Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden ausüben, käme es nach § 38 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu einer bedarfsplanerischen Anrechnung von 1,5. Diese Kollision ist so aufzulösen, dass bei Einhaltung einer Höchstarbeitszeit von 40 Wochenstunden auf eine Arztstelle auch bedarfsplanerisch lediglich von einer Vollzeit-Arztstelle mit dem Faktor 1,0 auszugehen ist.
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Die Aufteilung einer Arztstelle setzt voraus, dass die angestellten Ärzte jeweils über die für die Besetzung der Arztstelle erforderliche Fachgebietsbezeichnung verfügen. Eine gynäkologische Arztstelle kann also nur unter Fachärzten für Frauenheilkunde und Geburtshilfe aufgeteilt werden.
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VII. Nachbesetzung von Arztstellen innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums Die nach § 103 Abs. 4a S. 1 oder S. 2 SGB V in Arztstellen umgewandelten Vertragsarztsitze sind dem medizinischen Versorgungszentrum zugeordnet. Beendet ein angestellter Arzt seine Tätigkeit für das medizinischen Versorgungszentrum, so hat dieses nach § 103 Abs. 4a S. 5 SGB V unbeschadet etwaiger Zulassungsbeschränkungen die Möglichkeit, die Arztstelle mit einem anderen Arzt nachzubesetzen. Die Nachbesetzung erfolgt außerhalb eines Praxisnachfolgeverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V. Es liegt mithin allein in der Entscheidungsgewalt des medizinischen Versorgungszentrums, welcher Arzt zukünftig als angestellter Arzt auf der nachzubesetzenden Arztstelle tätig werden soll. Das medizinische Versorgungszentrum bedarf lediglich einer erneuten Anstellungsgenehmigung.
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Die Nachbesetzung einer Arztstelle ist nicht mehr möglich, wenn auf dieser Arztstelle für einen nicht unerheblichen Zeitraum keine ärztliche Tätigkeit mehr ausgeübt worden ist. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Erfordernis einer fortführungsfähigen Praxis für die Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4 SGB V116 wird man auch für die Nachbesetzung von Arztstellen eine gewisse Kontinuität fordern müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen auf Grund bestehender Überversorgung rechtspolitisch grundsätzlich unerwünscht ist und die Möglichkeit des Pra-
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BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, SozR 3-2500 § 103 SGB V Nr. 5; s. dazu auch ausführlich § 16b, Rz. 63ff.
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Voraussetzungen der Zulassung
xisnachfolgeverfahrens allein dem Eigentumsschutz nach Art. 14 GG dient117. Auch die Regelung in § 103 Abs. 4a S. 2 SGB V, wonach die vertragsärztliche Tätigkeit nach Übernahme des Vertragsarztsitzes durch einen angestellten Arzt weitergeführt wird, spricht für das Kontinuitätserfordernis. Ist eine Arztstelle innerhalb eines medizinischen Versorgungszentrums unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls für einen nicht unerheblichen Zeitraum unbesetzt, gerät die Arztstelle in Wegfall, so dass danach eine Nachbesetzung nicht mehr möglich ist118.
VIII. Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen innerhalb eines medizinischen Versorgungszentrums 108
Ist ein Arzt als Vertragsarzt in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig, so kann er seinen Vertragsarztsitz, der durch die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums überlagert wird119, aus dem medizinischen Versorgungszentrum heraus zur Nachbesetzung ausschreiben. Auf die Ausschreibung finden die Regelungen zum Praxisnachfolgeverfahren entsprechend Anwendung120. Da die Ausschreibung aus dem medizinischen Versorgungszentrum erfolgt, kommt § 103 Abs. 6 SGB V entsprechend zur Anwendung. Allerdings ist bei der Bewerberauswahl nicht allein auf die Interessen der im medizinischen Versorgungszentrum verbleibenden Vertragsärzte, sondern auf die Interessen der verbleibenden Gesellschafter der MVZ-Trägergesellschaft abzustellen. Schließlich übernimmt der Bewerber auch den Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters an der MVZ-Trägergesellschaft.
IX. Beendigung/Auflösung 1. Beendigungsgründe 109
Das medizinische Versorgungszentrum findet sein Ende ausschließlich mit dem Verlust der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Mit dem Verlust der Zulassung ist das medizinische Versorgungszentrum nicht mehr existent. a) Zulassungsverzicht
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Das medizinische Versorgungszentrum kann – ebenso wie der Vertragsarzt – auf seine Zulassung verzichten (§ 95 Abs. 6 S. 2 SGB V). Die Verzichtserklärung ist vom MVZ-Träger auszusprechen. Es reicht also für die Beendigung eines medi117 118
119 120
Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. VI, Rz. 99; s. dazu auch ausführlich § 166, Rz. 44ff. So auch Dahm in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. VI, Rz. 97ff.; a.A. wohl Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 73, die für den gleichgelagerten Fall des § 103 Abs. 4b SGB von einem dauerhaften Erhalt der Arztstelle ausgehen. S. dazu Rz. 57. Ebenso Möller in: Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch Medizinische Versorgungszentren, Kap. IX, Rz. 80.
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zinischen Versorgungszentrums – anders als bei einer Berufsausübungsgemeinschaft121 – nicht aus, wenn einer der im medizinischen Versorgungszentrum tätigen Vertragsärzte die Beendigung erklärt. Der insofern bestehende Unterschied zwischen Berufsausübungsgemeinschaft und medizinischem Versorgungszentrum liegt darin begründet, dass das medizinische Versorgungszentrum über eine eigenständige Zulassung verfügt. Ein Verzicht auf diese Zulassung kann daher nur vom Zulassungsinhaber ausgesprochen werden. Die Berufsausübungsgemeinschaft verfügt hingegen nicht über eine eigenständige Zulassung; die nach § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV auszusprechende Genehmigung erfasst ausschließlich die gemeinsame Berufsausübung. Die Beendigung der gemeinsamen Berufsausübung kann dementsprechend von jedem beteiligten Leistungserbringer einer Berufsausübungsgemeinschaft angezeigt werden. Die Verzichtserklärung des MVZ-Trägers wird nach § 28 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV mit dem Ende des auf den Zugang der Verzichtserklärung folgenden Kalendervierteljahres wirksam.
111
b) Zulassungsentziehung Dem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen (§ 95 Abs. 6 S. 3 SGB V). Für die Zulassungsentziehung gelten die allgemeinen Vorschriften122. Der MVZ-Träger hat mithin auch die Möglichkeit, gegen den Beschluss der Zulassungsentziehung Widerspruch einzulegen. Da dem Widerspruch nach § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V aufschiebende Wirkung zukommt, stellt sich die Frage, ob die Sechs-Monats-Frist des § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V durch Widerspruchseinlegung faktisch verlängert werden kann. Zwar kommt es für die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung sowohl bei vollzogenen als auch bei nicht vollzogenen Entziehungsentscheidungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage der letzten Verwaltungsentscheidung an123, so dass man argumentieren könnte, maßgeblich sei, ob die Gründungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses wieder vorliegen. Eine solche Argumentation greift jedoch nicht durch, da der Tatbestand des Fehlens der Gründungsvoraussetzungen von mehr als sechs Monaten durch eine spätere Wiederherstellung der Gründungsvoraussetzungen nicht berührt wird124. Auch bei späterer Wiedererlangung der Gründungsvoraussetzungen bleibt es also dabei, dass die in § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V festgelegte SechsMonats-Frist abgelaufen ist, so dass eine vom Zulassungsausschuss ausgesprochene Zulassungsentziehung grundsätzlich rechtmäßig bleibt125. Über ein Widerspruchsverfahren kann mithin keine Verlängerung der in § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V festgeleg121 122 123 124 125
Vgl. dazu BSG, Urt. v. 19.08.1992, 6 RKa 36/90, NJW 1993, 1547. S. allgemein zum Zulassungsentziehungsverfahren, § 27, Rz. 4ff. BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, MedR 2005, 311, 313; s. dazu auch § 27, Rz. 27. A.A. – allerdings ohne jede Begründung – Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 458. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Wohlverhalten bei Zulassungsentziehungsverfahren (s. dazu § 27, Rz. 27) kann sich höchstens die Frage stellen, ob ein Zulassungsentzug im konkreten Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 GG zu unbilligen Härten führen würde.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
ten Sechs-Monats-Frist erreicht werden. Über die aufschiebende Wirkung kann lediglich eine Verlängerung des Tätigkeitszeitraumes erfolgen126. 113
Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass gegen den Verwaltungsakt, der die Gründungsvoraussetzungen zum Wegfall gebracht hat (z.B. die Zulassungsentziehung bei einem Vertragsarzt, der das medizinische Versorgungszentrum als Einzelunternehmer gegründet hat), Widerspruch eingelegt wird und dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukommt. Solange die aufschiebende Wirkung besteht, bestehen schließlich auch die Gründungsvoraussetzungen fort. Erst mit Wegfall der aufschiebenden Wirkung sind die Gründungsvoraussetzungen nicht mehr gegeben, so dass erst ab diesem Zeitpunkt die Sechs-Monats-Frist des § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V läuft127.
114
Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums vertragsärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt wird.
115
Auch Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten können zur Zulassungsentziehung führen128. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:
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Wird der Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten durch das medizinische Versorgungszentrum selbst begangen (z.B. fortgesetzte Unwirtschaftlichkeit oder Falschabrechnung), ist dem medizinischen Versorgungszentrum die Zulassung zu entziehen.
117
Wird der Verstoß hingegen durch einen im medizinischen Versorgungszentrum tätigen Vertragsarzt begangen, ist grundsätzlich ausschließlich diesem die Zulassung zu entziehen. Dem medizinischen Versorgungszentrum kann in einem solchen Fall nicht die Zulassung entzogen werden129. Zwar kann man darüber streiten, ob dem medizinischen Versorgungszentrum das Fehlverhalten des Vertragsarztes zuzurechnen ist, doch ist es zum Schutz des Systems der vertragsärztlichen Versorgung nicht erforderlich, dem medizinischen Versorgungszentrum die Zulassung zu entziehen. Es ist vielmehr ausreichend, wenn ausschließlich dem pflichtwidrig handelnden Vertragsarzt die Zulassung entzogen wird.
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Verstößt ein angestellter Arzt gegen die vertragsärztlichen Pflichten, so kann die Anstellungsgenehmigung gegenüber dem medizinischen Versorgungszentrum widerrufen werden. Nach § 47 Abs. 1 SGB X ist der Widerruf eines bestandskräftigen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts allerdings nur zulässig, soweit der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen, der Widerruf im Verwaltungsakt vorbehalten ist oder vom Begünstigten eine mit dem Verwaltungsakt verbundene Auf126 127
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Im Regelfall werden allerdings die Voraussetzungen für die Anordnung des Sofortvollzugs gegeben sein. Hier ist die Besonderheit zu beachten, dass der Wegfall der aufschiebenden Wirkung in vertragsarztrechtlichen Statusfragen lediglich mit ex-nunc Wirkung erfolgt, s. dazu § 44, Rz. 15. Wäre dies anders, würde die Sechs-Monats-Frist bereits (rückwirkend) mit dem Erlass des „Ausgangsverwaltungsaktes“ laufen, so dass die Sechs-Monats-Frist regelmäßig schon abgelaufen sein dürfte. S. dazu im allgemeinen § 27, Rz. 10ff. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 455; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, S. 328f; s. dazu auch § 27, Rz. 61f.
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lage nicht erfüllt worden ist. Eine ausdrückliche Widerrufsregelung findet sich im Gesetz nicht. Man wird jedoch die Regelungen zur Zulassungsentziehung analog heranziehen müssen, da die Interessenlage insoweit vergleichbar ist130. Die Arztstelle bleibt durch einen Widerruf der Anstellungsgenehmigung unberührt. Eine Entziehungsmöglichkeit ist insoweit weder im Gesetz vorgesehen noch erforderlich, da die Pflichtverletzung eines angestellten Arztes unabhängig von der Arztstelle ist. Auch die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bleibt vom Widerruf der Anstellungsgenehmigung grundsätzlich unberührt131. Zwar ist das Fehlverhalten eines angestellten Arztes dem medizinischen Versorgungszentrum zuzurechnen, doch scheidet eine Zulassungsentziehung zu Lasten des medizinischen Versorgungszentrums regelmäßig aus, da es zum Schutz des vertragsärztlichen Systems lediglich erforderlich ist, den pflichtwidrig handelnden Arzt aus dem System der vertragsärztlichen Versorgung fernzuhalten. Anders liegt die Sache selbstverständlich dann, wenn der angestellte Arzt vom MVZ-Träger zum pflichtwidrigen Verhalten angehalten worden ist. In diesem Fall liegt der Pflichtenverstoß aber auch unmittelbar auf Trägerebene vor, so dass eine Entziehung der Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums – je nach Schwere der Verfehlung – begründet sein kann. c) Wegzug aus dem Zulassungsbezirk Verlegt das medizinische Versorgungszentrum seine Betriebsstätte aus dem Zulassungsbezirk, so liegt darin ein Wegzug aus dem Zulassungsbezirk, der nach § 95 Abs. 7 S. 2 SGB V zur Beendigung der Zulassung führt.
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d) Auflösung132 Nach § 95 Abs. 7 S. 2 SGB V endet die Zulassung mit der Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums. Darunter ist die Auflösung der Trägergesellschaft zu verstehen. Darüber hinaus wird auch die Auflösung der Betriebsstätte als Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums verstanden133. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass auch die Auflösung einer Praxis nicht zur Beendigung einer vertragsärztlichen Zulassung führt. Der in § 95 Abs. 7 S. 2 SGB V erwähnte Fall der Auflösung entspricht letztlich dem Todesfall bei Vertragsärzten. Daher ist lediglich die Auflösung der MVZ-Trägergesellschaft, nicht aber die Auflösung der Betriebsstätte gemeint.
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2. Rechtsfolgen a) Vertragsärzte Mit der Beendigung der Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums leben die bis dahin überlagerten Zulassungen der im medizinischen Versorgungszentrum 130 131 132 133
Ebenso bei § 27, Rz. 63, sowie Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 329; Möller, GesR 2004, 456, 459. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 455; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 328f.; vgl. auch § 27, Rz. 62. S. hierzu auch § 28, Rz. 62f. Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 328.
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Abschnitt V
Voraussetzungen der Zulassung
tätigen Vertragsärzte wieder auf. Die Vertragsärzte können ihre vertragsärztliche Tätigkeit daher unbeschadet fortsetzen. Es bedarf insoweit weder eines erneuten Zulassungsaktes noch einer sonstigen Genehmigung. Erforderlich ist ausschließlich eine entsprechende Anzeige gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung, damit die Formalitäten (Vertragsarztstempel etc.) geklärt werden können. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit an einem anderen Praxisstandort fortgesetzt werden, bedarf es allerdings noch einer Genehmigung zur Verlegung des Vertragsarztsitzes nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV. b) Angestellte Ärzte 122
Die Anstellungsgenehmigungen verlieren mit der Beendigung des medizinischen Versorgungszentrums ihre Wirksamkeit, da die Genehmigungen an das medizinische Versorgungszentrum gebunden sind134. Möchten die ehemals angestellten Ärzte bei einem anderen medizinischen Versorgungszentrum oder bei einem der zuvor im medizinischen Versorgungszentrum tätigen Vertragsärzte tätig werden, so ist jeweils eine neue Anstellungsgenehmigung zu beantragen. Für die Erteilung einer neuen Anstellungsgenehmigung sind dann die bedarfsplanerischen Vorgaben zu beachten. c) MVZ-Träger
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Ist die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums beendet, besteht keine Möglichkeit mehr für den vormaligen MVZ-Träger, die Arztstellen des medizinischen Versorgungszentrums zu verwerten. Mit dem Wegfall des Zulassungsstatus wird auch den mit dem medizinischen Versorgungszentrum verbundenen Arztstellen die Grundlage entzogen. Eine Verwertungsmöglichkeit besteht mithin nur dann, soweit dem medizinischen Versorgungszentrum noch ein Zulassungsstatus zukommt. Folgende Verwertungsmöglichkeiten sind denkbar:
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Wird das medizinische Versorgungszentrum durch eine Personen- oder Kapitalgesellschaft betrieben, kann ein Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil an einen anderen gründungsberechtigten Leistungserbringer veräußern und übertragen. Ein solcher Gesellschafterwechsel berührt den Zulassungsstatus des medizinischen Versorgungszentrums nicht.
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Wird das medizinische Versorgungszentrum durch einen Leistungserbringer als Einzelunternehmer betrieben, so ist die Zulassung an die Person des Betreibers gebunden. Veräußert der Betreiber des medizinischen Versorgungszentrums das medizinische Versorgungszentrum in seiner Sachgesamtheit, so ist damit keine Übertragung der Zulassung zum Betrieb des medizinischen Versorgungszentrums verbunden. Da die Arztstellen des medizinischen Versorgungszentrums wiederum an die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums gebunden sind, würde eine Veräußerung der Sachgesamtheit keine Verwertungsmöglichkeit bieten, da ein anderer Leistungserbringer nur dann zum Erwerb des medizinischen Versorgungszentrums bereit sein wird, wenn er auch die Arztstellen übernimmt. Damit wäre der durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsschutz nicht mehr gewahrt. Art. 14 Abs. 1 GG gebietet 134
S. auch Meschke, § 27, Rz. 60, der § 48 Abs. 1 SGB X zur Anwendung kommen lässt.
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es daher, dass die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums vom Betreiber auf einen oder mehrere andere gründungsberechtigte Leistungserbringer übertragen werden kann. Dazu ist es allerdings nicht notwendig, dass der Erwerber des medizinischen Versorgungszentrums die Zulassung des abgebenden Betreibers übernimmt; es reicht aus, wenn der Zulassungsausschuss dem Erwerber des medizinischen Versorgungszentrums auf Antrag eine (originäre) Zulassung erteilt. Es dürfte insoweit praxisgerecht sein, wenn der Erwerber des medizinischen Versorgungszentrums beim zuständigen Zulassungsausschuss den Antrag stellt, das bereits bestehende medizinische Versorgungszentrum des bisherigen Betreibers übernehmen zu dürfen. Der Zulassungsausschuss hätte dann – soweit die Gründungsvoraussetzungen in der Person des Erwerbers gegeben sind – dem Erwerber die Zulassung für das medizinische Versorgungszentrum zu erteilen. Mit der Zulassungserteilung und der Übernahme des medizinischen Versorgungszentrums in seiner Sachgesamtheit übernimmt der Erwerber dann auch die mit dem medizinischen Versorgungszentrum verbundenen Arztstellen. Wird das medizinische Versorgungszentrum durch einen Vertragsarzt als Einzelunternehmer betrieben und ist der Vertragsarzt auch als Vertragsarzt in diesem medizinischen Versorgungszentrum tätig, so kann er seinen Vertragsarztsitz nach § 103 Abs. 4 SGB V zur Nachbesetzung ausschreiben lassen. Die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes bewirkt aber nicht automatisch, dass auch die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums auf den Nachfolger übergeht, da die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums vom Vertragsarztsitz bzw. der vertragsärztlichen Zulassung streng zu trennen ist135. Um eine Verwertung des medizinischen Versorgungszentrums zu ermöglichen, ist auch dem Vertragsarzt die Möglichkeit einzuräumen, das von ihm betriebene medizinische Versorgungszentrum einschließlich der damit verbundenen Arztstellen an einen anderen gründungsberechtigten Leistungserbringer zu veräußern.
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Nach überwiegender Auffassung wird die vertragsärztliche Zulassung bei der Tätigkeit als Vertragsarzt in einem medizinischen Versorgungszentrums durch die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums überlagert, vgl. dazu Rz. 57. Der Vertragsarzt kann also aus dem medizinischen Versorgungszentrum ausscheiden, indem er seinen Vertragsarztsitz verlegt, ohne den Bestand des medizinischen Versorgungszentrums zu beeinträchtigen, sofern nach seinem Ausscheiden noch die Voraussetzungen zum Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums gegeben sind (z.B. fachübergreifende Tätigkeit).
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
Abschnitt VI Zulassung und Vertragsarztsitz
§ 19 (1) Über den Antrag befindet der Zulassungsausschuss durch Beschluss. Wegen Zulassungsbeschränkungen kann ein Antrag nur dann abgelehnt werden, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren. (2) Wird der Arzt zugelassen, so ist in dem Beschluss der Zeitpunkt festzusetzen, bis zu dem die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen ist. Liegen wichtige Gründe vor, so kann der Zulassungsausschuss auf Antrag des Arztes nachträglich einen späteren Zeitpunkt festsetzen. (3) Wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, endet die Zulassung. Übersicht I. II. III. IV.
Rz.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidung des Zulassungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulassungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulassung im nicht gesperrten Planungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zulassung im gesperrten Planungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Drittwiderspruch gegen die erteilte Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 5 6 8 8 14 18
Literatur Großbölting/Jaklin, Formen ärztlicher Tätigkeit im Vertragsarztrecht, Zulassung und Konkurrentenstreit, NZS 2002, 130; Reiter, Die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen und ihre Rechtsfolgen, MedR 2001, 624; Seer, Die Berufszulassung für Vertragsärzte nach dem Gesundheitsstrukturgesetz 1993 im Spannungsverhältnis zwischen Berufsfreiheit und Eigentumsschutz, MedR 1995, 138.
I. Allgemeines 1
Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.19921 sind die Ersatzkassen vollständig in das System des Kassenarztwesens einbezogen worden. Gleichzeitig wurde der Begriff „Kassenarzt“ durch „Vertragsarzt“ ersetzt. Seitdem erhalten die Ärzte eine einheitliche Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Auf der Grundlage dieser Zulassung sind die Vertragsärzte berechtigt und verpflichtet, die Versicherten sämtlicher gesetzlicher Krankenkassen (Orts-, Ersatz-, Betriebs- und Innungskassen sowie Landwirtschaftliche Krankenkassen und Knappschaft) zu behandeln. Als Sondersystem besteht daneben lediglich noch das Knappschaftsarzt1
BGBl. 1990 II, 885.
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§ 19
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system2. Dies ändert jedoch nichts daran, dass jeder Vertragsarzt auch zur Behandlung der knappschaftlich Versicherten berechtigt und verpflichtet ist. Der Anspruch eines Arztes auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist grundrechtlich durch Art. 12 Abs. 2 GG geschützt3. Die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen des vertragsärztlichen Zulassungsrechts berühren den Schutzbereich der Berufsfreiheit, wobei zwar nicht die Berufswahl als solche beeinträchtigt wird, sondern lediglich die Berufsausübung. Wegen der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung der vertragsärztlichen Tätigkeit, die sich aus dem hohen Anteil gesetzlich Versicherter in der Gesamtbevölkerung ergibt, kommen die Zulassungsregelungen jedoch Berufswahlregelungen nahe4.
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Liegen die Zulassungsvoraussetzungen vor, so besteht ein Anspruch auf Zulassung5. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses6. Die Zulassung ist ein begünstigender Verwaltungsakt und hat statusbegründende Wirkung7. Eine rückwirkende Zulassung ist auf Grund der statusbegründenden Wirkung nicht möglich, da diese rechtsgestaltende Wirkung nicht rückwirkend hergestellt werden kann8.
3
Auf Grund der Zulassung ist der Arzt gemäß § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V zur Versorgung der gesetzlich Versicherten berechtigt und verpflichtet. Der zugelassene Arzt wird darüber hinaus nach § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V ordentliches Mitglied der für seinen Vertragsarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung und hat damit das aktive und passive Wahlrecht innerhalb dieser Kassenärztlichen Vereinigung.
4
II. Entscheidung des Zulassungsausschusses Der Zulassungsausschuss entscheidet über den gestellten Antrag mit Beschluss. Der Beschluss ist nach § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zwingend nach mündlicher Verhandlung zu treffen und bedarf der schriftlichen Niederlegung (§ 41 Abs. 4 S. 1 Ärzte2
3
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Die Knappschaft schließt als Trägerin der knappschaftlichen Krankenversicherung mit Knappschaftsärzten einen Knappschaftsarztvertrag, der zur Behandlung der knappschaftlich Versicherten berechtigt und verpflichtet, vgl. dazu näher Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Bundesknappschaft“ und „Knappschaftsarzt“. BSG, Urt. v. 05.11.1997, 6 RKa 52/97, NJW 1998, 3442, 3442; BSG, Urt. v. 17.11.1999, B 6 KA 15/99 R, MedR 2000, 282, 283; s. dazu umfassend Clemens in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Anhang zu Art. 12. BVerfG, Urt. v. 23.03.1960, 1 BvR 216/51, NJW 1960, 715, 715f.; BVerfG, Beschl. v. 28.03.1985, 1 BvR 1245/84, NJW 1985, 2187, 2188; Clemens in: Umbach/Clemens, Grundgesetz, Anhang zu Art. 12, Rz. 104ff. S. dazu § 18, Rz. 1. BSG, Urt. v. 23.05.2005, B 6 KA 81/03 R, MedR 2005, 666, 670; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2006, L 10 B 2/06 KA ER, MedR 2007, 64, 66. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 514; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 2; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, S. 226. BSG, Urt. v. 30.10.1963, 6 RKa 18/62, BSGE 20, 86, 90; BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 12/ 93, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr. 5.
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Abschnitt VI
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ZV). Nach § 38 S. 1 Ärzte-ZV erfolgt die erforderliche mündliche Verhandlung erst nach Entrichtung der in § 46 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV festgelegten Gebühr von 100 Euro. Gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses kann Widerspruch eingelegt werden9.
III. Zulassungsbeschränkungen 6
Im Rahmen seiner Entscheidung hat der Zulassungsausschuss zu prüfen, ob für den Planungsbereich, in dem der vom Antragsteller angegebene Praxisstandort gelegen ist, für das vom Antragsteller angegebene Fachgebiet Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Ist dies nicht der Fall, so ist die begehrte Zulassung bei Vorliegen der übrigen Zulassungsvoraussetzungen zu erteilen. Sind hingegen Zulassungsbeschränkungen angeordnet, so sind diese unbeachtlich, wenn sie zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht angeordnet waren. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Wirksamwerden einer Zulassungsbeschränkung ist der Zeitpunkt der Anordnung durch den zuständigen Landesausschuss10. Zulassungsanträge, die vor der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den zuständigen Landesausschuss gestellt worden sind, können daher nicht wegen bestehender Zulassungsbeschränkungen zurückgewiesen werden. Für die Antragstellung kommt es nicht darauf an, dass sämtliche nach § 18 beizufügenden Unterlagen beiliegen; diese können vielmehr nachgereicht werden11. Auch kann ein wirksamer Antrag bereits vorliegen, wenn eine konkrete Praxisanschrift noch nicht angegeben ist. In diesen Fällen hat der Zulassungsausschuss allerdings das Recht, die Niederlassungsabsicht des Antragstellers zu hinterfragen. Verweigert dieser seine Mitwirkung oder lassen seine Äußerungen auf eine fehlende konkrete Niederlassungsabsicht schließen, kann dies eine Zurückweisung des Zulassungsantrags mangels Sachentscheidungsinteresses rechtfertigen12.
7
Sind bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung Zulassungsbeschränkungen angeordnet, so ist der Antrag regelmäßig zurückzuweisen. Eine Ausnahme besteht lediglich bei Zulassungen im Rahmen von Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V13, Sonderbedarfszulassungen nach § 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 24 Bedarfsplanungs-Richtlinie14, sog. Job-Sharing-Zulassungen nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. §§ 23a ff. Bedarfsplanungs-Richtlinie15, bei Privilegierungen nach § 103 Abs. 4a S 4 SGB V 16 sowie im Ausnahmefall beim Abschluss von Belegarztverträgen nach § 103 Abs. 7 S. 3 SGB V17.
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S. zum Widerspruchsverfahren §§ 44f. BSG, Urt. v. 02.10.1996, 6 RKa 52/95, MedR 1997, 282. Vgl. dazu § 18, Rz. 25. BSG, Urt. v. 18.12.1996, 6 RKa 73/96, SozR 3-2500 § 98 SGB V Nr. 4. S. zum Praxisnachfolgeverfahren § 16b, Rz. 42ff. S. zu Sonderbedarfszulassungen § 16b, Rz. 20ff. S. zur Job-Sharing-Zulassung § 33, Rz. 59ff. S. dazu Anhang zu § 18, Rz. 94ff. S. dazu § 16b, Rz. 126ff.
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§ 19
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IV. Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme 1. Zulassung im nicht gesperrten Planungsbereich Erfolgt die Zulassung für einen nicht gesperrten Bereich, hat der Zulassungsausschuss im Beschluss den Zeitpunkt festzusetzen, bis zu dem der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen hat. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass bei drohenden Zulassungsbeschränkungen nicht „Vorratszulassungen“ begründet werden, um zu einem späteren Zeitpunkt vertragsärztliche Tätigkeit ausüben zu können. Welche Zeitspanne der Zulassungsausschuss für die Festsetzung der Tätigkeitsaufnahme zugrunde zu legen hat, ergibt sich aus der Zulassungsverordnung nicht. Unter Berücksichtigung der Drei-Monats-Regel in § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV bei bestehenden Zulassungsbeschränkungen18 wird man jedoch festzustellen haben, dass eine kürzere Zeitspanne als die dort festgesetzten drei Monate nach Bescheidzustellung grundsätzlich ermessensfehlerhaft sein dürfte19. Zwar könnte man dagegen einwenden, in ohnehin überversorgten Planungsbereichen sei die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht so dringend, so dass die Drei-Monats-Regel für Planungsbereiche ohne Zulassungsbeschränkungen nicht als vergleichbarer Maßstab tauge, doch ist auf der anderen Seite auch zu sehen, dass zu kurze Fristen zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit ebenfalls nicht förderlich sind, um die Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Scheitert nämlich eine Zulassung an einer zu kurzen Frist zur Tätigkeitsaufnahme, ist damit für die Versicherten nichts gewonnen.
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Die vom Zulassungsausschuss festgesetzte Frist zur Tätigkeitsaufnahme stellt eine Auflage dar, die der Antragsteller gesondert mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifen kann. Daneben besteht die Möglichkeit, dass der Zulassungsausschuss auf Antrag des Arztes die Frist zur Tätigkeitsaufnahme bei Vorliegen von wichtigen Gründen verlängert. Ein solcher wichtiger Grund kann z.B. bei einer vorübergehenden Erkrankung des Antragstellers oder bei einer unverschuldeten Verzögerung der Fertigstellung der vorgesehenen Praxisräumlichkeiten20 gegeben sein. Über einen solchen Antrag auf Fristverlängerung entscheidet der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen21. In welchem zeitlichen Ausmaß eine Fristverlängerung in derartigen Fällen erfolgen kann, ist der Zulassungsverordnung nicht zu entnehmen22.
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18 19 20 21 22
S. dazu Rz. 14ff. Auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 519, spricht sich dafür aus, dem Arzt eine Frist von mindestens drei Monaten zur Tätigkeitsaufnahme einzuräumen. So z.B. Hess. LSG, Urt. v. 15.03.2006, L 4 KA 29/05. Hess. LSG, Urt. v. 15.03.2006, L 4 KA 29/05; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 19 ÄrzteZV, Rz. 5. Nach einem Urteil des Hess. LSG vom 15.03.2006, L 4 KA 29/05, soll eine Fristverlängerung von mehr als sechs Monaten allerdings keinesfalls zulässig sein, da die Möglichkeit der Fristverlängerung nach § 19 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV nur für Hinderungsgründe vorgesehen sei, die sich kurzfristig beheben ließen; bei länger fortbestehenden Hinderungsgründen sei hingegen ein Antrag auf Ruhen der Zulassung nach § 95 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 26 Abs. 1, 2 Ärzte-ZV zu stellen. S. hierzu auch § 26, Rz. 13f.
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Nimmt der Arzt seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht innerhalb der vom Zulassungsausschuss gesetzten Frist auf, so liegt ein Verstoß gegen die Auflage des Zulassungsbeschlusses und die vertragsärztlichen Pflichten vor. Ein solches Nichtausüben der vertragsärztlichen Tätigkeit liegt vor, wenn der Arzt die Berufstätigkeit tatsächlich nicht ausübt oder den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht hat23. Vorbereitungshandlungen wie das Einrichten der Praxisräumlichkeiten oder die Kontaktaufnahme zu anderen Vertragsärzten sind nicht ausreichend24. Auch das gelegentliche Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist nicht ausreichend, um eine ernsthafte vertragsärztliche Tätigkeit zu begründen25; erforderlich sind vielmehr das tatsächliche Abhalten von Sprechstunden und die Behandlung von Patienten26.
11
Bei Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit hat der Zulassungsausschuss dem Vertragsarzt die Zulassung gemäß § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV zu entziehen. Dabei handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, die den Zulassungsgremien keinen Raum für Ermessens- oder Billigkeitserwägungen lässt27. Den Interessen des Vertragsarztes wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass die Möglichkeit besteht, eine Fristverlängerung für die Tätigkeitsaufnahme nach § 19 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV oder das vorübergehende Ruhen der Zulassung nach § 95 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 26 Abs. 1, 2 Ärzte-ZV zu beantragen28. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass sich der Vertragsarzt durch einen Vertreter vertreten lässt, um der Frist zur Tätigkeitsaufnahme nachzukommen29. Die Anstellung eines Assistenten ist hingegen nicht ausreichend, da dieser nur neben, nicht aber an Stelle des Vertragsarztes tätig wird30.
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Wird die Zulassung wegen Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen, so haben Widerspruch und Klage gegen den Entziehungsbescheid gemäß § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V aufschiebende Wirkung. Der Vertragsarzt kann die ärztliche Tätigkeit also noch nach der ausgesprochenen Zulassungsentziehung aufnehmen. Nach Ansicht von Schallen führt die Tätigkeitsaufnahme während eines laufenden Zulassungsentziehungsverfahrens zum Wegfall der Rechtsgrundlage der Entziehungsmaßnahme31.
13
Zwar kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentziehung sowohl bei bereits vollzogenen als auch noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehungsentscheidungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der
23 24 25 26 27 28 29 30 31
LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04; SG Frankfurt, Urt. v. 14.06.2000, S 28 KA 2499/99, SGb 2001, 385 (Kurzwiedergabe). LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04. BSG, Urt. v. 19.12.1984, 6 RKa 34/83, USK 84272. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04; SG Frankfurt, Urt. v. 14.06.2000, S 28 KA 2499/99, SGb 2001, 385 (Kurzwiedergabe). LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04. S. dazu differnzierend Meschke, § 26, Rz. 13f. Hess. LSG, Urt. v. 15.03.2006, L 4 KA 29/05; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 521. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 521. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 596.
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letzten Verwaltungsentscheidung an32, so dass eine nachträgliche Tätigkeitsaufnahme während des Widerspruchverfahrens keine Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mehr rechtfertigt. Allerdings wird durch die verspätete Tätigkeitsaufnahme nicht der vorliegende Verstoß gegen die vertragsärztliche Pflicht zur fristgemäßen Tätigkeitsaufnahme beseitigt. Darin wird man regelmäßig eine gröbliche Pflichtverletzung sehen müssen, die eine Zulassungsentziehung grundsätzlich rechtfertigen kann. Allerdings ist bei nicht vollzogenen Zulassungsentziehungen im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage zu beachten, sofern diese eine Entziehung nicht mehr angemessen erscheinen lässt33. Insbesondere sind auch nachträgliche Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die eine Zulassungsentziehung unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung von Art. 12 Abs.1 GG nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lassen34. Ist es z.B. hinsichtlich der Tätigkeitsaufnahme nur zu einer kurzen Verzögerung gekommen und hat der Vertragsarzt nach seiner ersten Tätigkeitsaufnahme die Tätigkeit ununterbrochen fortgesetzt, wird die Zulassungsentziehung unter Beachtung der Bedeutung des Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich keinen Bestand haben können. Anders wird dies regelmäßig aussehen, wenn ein Arzt bei drohenden Zulassungsbeschränkungen einen Zulassungsantrag stellt, obwohl er weiß, dass er in nächster Zeit die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnehmen kann bzw. wird, um erst zu einem späteren Zeitpunkt während des zu erwartenden Entziehungsverfahrens die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen. Derartige Manipulationen können kein schutzwürdiges Interesse begründen, so dass in derartigen Fällen die Zulassungsentziehung auf dem Rechtsweg nicht erfolgreich angegriffen werden kann. 2. Zulassung im gesperrten Planungsbereich Erfolgt die Zulassung für einen gesperrten Planungsbereich, bestimmt § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV, dass der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufzunehmen hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine Auflage des Zulassungsausschusses, die selbstständig anfechtbar wäre, sondern um eine gesetzliche Bestimmung, von der im Zulassungsverfahren nicht abgewichen werden kann.
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Die Drei-Monats-Frist gilt unabhängig von der konkreten Art der Zulassung. Auch bei Sonderbedarfszulassungen hat der Arzt mithin trotz der vorliegenden Unterversorgung seine Tätigkeit erst drei Monate nach Zustellung des Beschlusses über die Sonderbedarfszulassung aufzunehmen. Für eine Verkürzung dieser Frist fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Im Übrigen hat gerade der im Sonderbedarf zugelassene Arzt ein erhebliches Interesse daran, zunächst zumindest den Ablauf der Widerspruchsfrist abzuwarten, da die Kassenärztlichen Vereinigungen erfahrungsgemäß
15
32 33 34
BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, MedR 2005, 311, 313; vgl. dazu ausführlich § 27, Rz. 27. BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, MedR 2005, 311, 313. Vgl. für den Fall der Zulassungsentziehung wegen Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04.
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bei nahezu sämtlichen erteilten Sonderbedarfszulassungen Widerspruch erheben und die damit ausgelöste, ex-tunc eintretende aufschiebende Wirkung zur Folge hat, dass der Arzt keine Vergütung für zwischenzeitlich erbrachte Leistungen erhält35. 16
Eine Verlängerung der Frist aus wichtigen Gründen sieht die Zulassungsverordnung für Zulassungen innerhalb eines gesperrten Planungsbereiches – anders als bei Zulassungen in nicht gesperrten Planungsbereichen – nicht vor. Diese Differenzierung ist nicht verständlich, da auch bei Zulassungen innerhalb gesperrter Planungsbereiche bei der Tätigkeitsaufnahme unerwartete Verzögerungen auftreten können. Im Übrigen dürfte auf Grund der gegebenen Überversorgung die Versorgung der Versicherten eher sichergestellt sein als in nicht gesperrten Planungsbereichen, so dass keine Gründe ersichtlich sind, warum eine Fristverlängerung für die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit bei Zulassungen im gesperrten Bereich nicht möglich sein sollte. Auch in gesperrten Planungsbereichen kann daher entsprechend § 19 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV ein Antrag auf Fristverlängerung gestellt werden36.
17
Wird die vertragsärztliche Tätigkeit nicht innerhalb der Drei-Monats-Frist aufgenommen37, so bestimmt der Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV, dass die Zulassung endet. Nach dem Wortlaut bedarf es also keines weiteren Verwaltungsaktes. Da der Wortlaut auch keinen Raum für Unklarheiten lässt, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Beendigung der Zulassung qua Gesetz vorsehen wollte38. Gegen eine solche sofortige Beendigung der Zulassung nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV wird eingewandt, § 95 Abs. 6 SGB V sehe für den Fall, dass der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnehme, ausschließlich die Entziehung der Zulassung vor, so dass fraglich sei, ob für die Regelung in § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV überhaupt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage vorhanden sei39. Dies wird man allerdings zu bejahen haben, da die Zulassungsverordnungen nach § 98 Abs. 1 SGB V das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu regeln haben. Dem Verordnungsgeber ist mithin ein gewisser Spielraum eingeräumt, der es ihm ermöglicht, für den Fall der Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit die Beendigung der Zulassung anzuordnen. Unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob die Zulassung bei Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit unmittelbar qua Gesetz endet oder ob es dazu noch eines Verwaltungsaktes durch die Zulassungsgremien bedarf, sind die Zulassungsgremien jeden35 36
37 38
39
BSG, Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 41/96 R, SozR 3-1500 § 97 SGB V Nr. 3; s. dazu ausführlich § 44, Rz. 15. Vgl. dazu auch § 16b, Rz. 39ff. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 523; so wohl auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04; a.A. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 332, der eine Fristverlängerung unter Berücksichtigung der Schutzrichtung des Art. 6 Abs. 1 GG nur in den Fällen der bevorstehenden Geburt für denkbar hält, sowie Meschke, § 26, Rz. 13. Zu den Voraussetzungen der Tätigkeitsaufnahme s. Rz. 10. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 332; ders. in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 476; ebenso in diese Richtung LSG BadenWürttemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04, das diese Frage jedoch letztlich offen gelassen hat. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 523; ebenso Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 19 Ärzte-ZV, Rz. 5.
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§ 19
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falls befugt, klarstellend die Beendigung der Zulassung festzustellen, um den Rechtsschein einer bestehenden Zulassung zu beseitigen40. 3. Drittwiderspruch gegen die erteilte Zulassung Wird gegen die erteilte Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung, einen Landesverband der Krankenkassen oder einen sonstigen Dritten41 Widerspruch erhoben, kommt diesem nach § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V aufschiebende Wirkung zu, so dass der Arzt seine vertragsärztliche Tätigkeit zunächst nicht aufnehmen kann. Der Lauf der Fristen nach § 19 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV zur Tätigkeitsaufnahme wird damit gehemmt 42.
40 41 42
LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04 Der Kassenarzt 2006/17, 52; vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, SozR 4-2500 § 95 SGB V Nr. 2. Vgl. zum Drittwiderspruch § 44, Rz. 6ff. A.A.Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 332, nach dessen Ansicht es in Folge des Widerspruchs nichts gebe, was erlöschen könnte. Damit wäre der Arzt jedoch weitgehend schutzlos gestellt, da nach Erledigung des Widerspruchs zumeist die Frist zur Tätigkeitsaufnahme abgelaufen sein wird. Nach der hier – und auch von Hesral – vertretenen Ansicht, wonach die Beendigung der Zulassung bei Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in gesperrten Planungsbereichen innerhalb der Drei-Monats-Frist qua Gesetz mit Fristablauf eintritt, würde die Zulassung dann in dem Zeitpunkt enden, in dem sich der Widerspruch erledigt, sofern – wie üblich – zu diesem Zeitpunkt die Drei-Monats-Frist zur Tätigkeitsaufnahme bereits abgelaufen ist. Den schutzwürdigen Interessen des die Zulassung begehrenden Arztes wird man mithin nur gerecht, wenn die aufschiebende Wirkung zur Hemmung der Frist führt.
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
§ 19a (1) Die Zulassung verpflichtet den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. (2) Der Arzt ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte des Versorgungsauftrags nach Absatz 1 zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrags wird entweder im Rahmen eines Beschlusses nach § 19 Abs. 1 oder durch gesonderten Beschluss festgestellt. (3) Auf Antrag des Arztes kann eine Beschränkung des Versorgungsauftrages nach Absatz 2 Satz 2 durch Beschluss aufgehoben werden. Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Es gelten die Vorschriften dieses Abschnitts. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Vollzeittätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Beschränkung auf die Hälfte des Versorgungsauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1. Hälftiger Versorgungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 a) Zeitlicher Mindestumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 b) Bedarfsplanungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 c) Abrechnungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 d) Zeitlicher Höchstumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2. Beschränkung durch Erklärungen des Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 a) Erklärung des Arztes und Beschluss des Zulassungsausschusses . . . . . . . . . . . 11 b) Nachbesetzung des hälftigen Versorgungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 c) Bestehen mehrerer Teilzulassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3. Hälftiges Ruhen der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4. Hälftige Entziehung der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 IV. Aufhebung der Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Literatur Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG, MedR 2006, 555; Fiedler/Fürstenberg, Entwicklungen des Vertragsarztrechts, NZS 2007, 184; Möller, Auswirkungen des VÄndG auf Medizinische Versorgungszentren, MedR 2007, 263; Rau, Deregulierung im Gesundheitsdienstleistungsbereich – das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, DStR 2007, 351; Schiller/ Pavlovic, Teilzulassung – Neue Gestaltungsmöglichkeit ohne praktische Bedeutung?, MedR 2007, 68.
I. Allgemeines 1
Die Vorschrift ist durch das VÄndG vom 22.12.20061 in die Zulassungsverordnung aufgenommen worden. Es handelt sich dabei um eine Folgeänderung zur gleichzeitigen Änderung des § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V, wonach der Vertragsarzt die Möglichkeit hat, den aus seiner Zulassung folgenden Versorgungsauftrag auf die Hälfte des regelhaften Versorgungsauftrags zu beschränken. Durch diese Neuregelung wollte 1
BGBl. 2006 I, 3439.
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§ 19a
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der Gesetzgeber eine Flexibilisierung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten erreichen, um zum einen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und zum anderen örtlich auftretende Unterversorgungssituationen besser bewältigen zu können2. Der Arzt hat damit die Möglichkeit, eine „Teilzulassung3“ mit beschränktem Versorgungsauftrag zu erhalten. II. Vollzeittätigkeit Vor In-Kraft-Treten des VÄndG traf lediglich § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV eine Aussage zum Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit. So ist nach § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV derjenige Arzt zur Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nicht geeignet, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung der Versicherten nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Nachdem das Bundessozialgericht zunächst der Ansicht war, die überwiegende Inanspruchnahme der Arbeitskraft des niedergelassenen Arztes durch ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis stehe einer Vertragsarztzulassung nicht entgegen4, hat das Bundessozialgericht in seinem „Psychotherapeuten-Urteil“ vom 30.01.2002 diese Rechtsprechung aufgegeben und gefordert, die vertragsärztliche Tätigkeit müsse zweifelsfrei den Hauptberuf des Arztes darstellen5. Über das Mindestmaß an zeitlicher Tätigkeit hat das Bundessozialgericht bisher jedoch keine konkreten Vorgaben gemacht. In dem vorgenannten „Psychotherapeuten-Urteil“ heißt es dazu lediglich, es reiche aus, dass der Arzt entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung und den Gegebenheiten seines Praxisbereiches regelmäßig zu den üblichen und in den Bundesmantelverträgen festgelegten Sprechzeiten für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehe. Es spreche einiges dafür, nicht von einem einheitlichen Mindestumfang des Sprechstundenangebots auszugehen, sondern diesen arzt- und therapeutengruppenspezifisch sowie ggf. regional unterschiedlich zu ermitteln.
2
Zum zulässigen Umfang einer Nebentätigkeit hat sich das Bundessozialgericht in dem „Psychotherapeuten-Urteil“ allerdings festgelegt. So darf nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts eine Nebentätigkeit grundsätzlich ein Drittel der üblichen wöchentlichen Arbeitszeit nicht überschreiten; danach liege die Höchstgrenze bei ca. 13 Wochenstunden6. Das Bundessozialgericht setzt die übliche wöchentliche Arbeitszeit demnach mit etwa 39 Stunden an. Daraus wird man schlussfolgern können, dass es nach Ansicht des Bundessozialgerichts vor In-Kraft-
3
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BT-Drucks. 353/06, S. 45. Der Begriff der Teilzulassung wird vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung verwendet, BT-Drucks. 16/2474, S. 28. Vgl. dazu ausführlich § 20, Rz. 8ff. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15, 17; bestätigt durch BSG, Urt. v. 11.09.2002, B 6 KA 23/01 R, SozR 3-5520 § 20 Ärzte-ZV Nr. 4, und Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173; vgl. dazu auch ausführlich § 20, Rz. 8ff. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15, 18; bestätigt durch BSG, Urt. v. 11.09.2002, B 6 KA 23/01 R, SozR 3-5520 § 20 Ärzte-ZV Nr. 4, und Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173.
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Zulassung und Vertragsarztsitz
Treten des VÄndG ausreichend war, wenn ein Vertragsarzt wöchentlich 26 Stunden für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung stand. 4
Daran hat sich auch durch das VÄndG nichts geändert, da nach der ausdrücklichen Gesetzesbegründung zum VÄndG der Regelungsgehalt des neu eingefügten § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV dem bisherigen, durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konkretisierten Recht entspricht7. Die Gesamtvertragspartner haben in den zum 01.07.2007 in Kraft getretenen Fassungen des BMV-Ä und EKV allerdings eine eigenständige Regelung getroffen. Nach § 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV ist der sich aus der (Voll)Zulassung ergebende Versorgungsauftrag dadurch zu erfüllen, dass der Vertragsarzt an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung steht. Dabei muss es sich nach § 17 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7 S. 1 EKV um auf dem Praxisschild bekannt gegebene Sprechstundenzeiten handeln. Es reicht allerdings nicht ohne Weiteres aus, wenn ein Vertragsarzt Sprechzeiten von insgesamt 20 Stunden pro Woche anbietet. Dies gilt zumindest dann, wenn er noch Privatpatienten und Patienten anderer Kostenträger behandelt. Die Behandlung dieser Patienten muss schließlich bei Betrachtung der 20-Stunden-Regelung außen vor bleiben, da sich BMV-Ä bzw. EKV nur mit der Behandlung gesetzlich Versicherter befassen. Die dort genannten 20 Stunden beziehen sich daher ausschließlich auf gesetzlich Versicherte. Auf der anderen Seite bedeutet dies nicht, dass ein Vertragsarzt in einem zeitlichen Umfang von wöchentlich 20 Stunden auch tatsächlich Behandlungen bei gesetzlich Versicherten durchführen muss. Es ist vielmehr ausreichend, wenn er wöchentlich 20 Stunden für die Behandlung zur Verfügung steht. Ist die Nachfrage geringer, kommt er seiner Pflicht zur vollzeitigen Tätigkeit dennoch nach.
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Die zeitliche Vorgabe des § 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV gilt nach § 17 Abs. 1b BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7b EKV nicht für Anästhesisten und Belegärzte. Damit ist allerdings nur gemeint, dass diese die Mindestzeit von 20 Stunden nicht in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehen müssen, sondern eine belegärztliche Tätigkeit sowie ein Zurverfügungstehen als Anästhesist ausreichend ist.
6
Nach § 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV muss der Vertragsarzt seiner Präsenzpflicht am Vertragsarztsitz persönlich genügen. Es reicht also nicht aus, wenn z.B. ein vom Vertragsarzt beschäftigter Weiterbildungsassistent in diesem Ausmaß Sprechstundentätigkeit abhält. Zwar sind nach § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV auch die Leistungen genehmigter angestellter Ärzte und Assistenten persönliche Leistungen des Vertragsarztes8, doch geht es bei der Präsenzpflicht nicht um die Zurechnung von Leistungen, sondern darum, dass jeder Vertragsarzt in einem gewissen Umfang auch selbst für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung zu stehen hat. Etwas anderes gilt nur im Rahmen des JobSharings und des Entlastungsassistenten, da der Versorgungsauftrag in diesem Fall 7 8
BT-Drucks. 353/06, S. 63. S. dazu näher § 32b, Rz. 46f.
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gemeinsam mit dem Job-Sharing-Partner oder Job-Sharing-Angestellten wahrgenommen wird bzw. die Entlastung des Vertragsarztes durch den Entlastungsassistenten gerade bezweckt ist.
III. Beschränkung auf die Hälfte des Versorgungsauftrags 1. Hälftiger Versorgungsauftrag a) Zeitlicher Mindestumfang § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV spricht von einem hälftigen Versorgungsauftrag, ohne diesen näher zu bestimmen. Der zeitliche Umfang ist durch § 17 Abs. 1a S. 2 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 2 EKV festgelegt worden. Danach hat der Vertragsarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag an seinem Vertragsarztsitz persönlich zehn Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen.
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b) Bedarfsplanungsrecht Nach § 101 Abs. 1 S. 6 SGB V werden Vertragsärzte mit hälftigem Versorgungsauftrag im Rahmen der Bedarfsplanung mit dem Faktor 0,5 berücksichtigt.
8
c) Abrechnungsbeschränkungen Es stellt eine Selbstverständlichkeit dar, dass der Vertragsarzt, dessen Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt ist, auch nur einen entsprechend beschränkten Anspruch auf Teilhabe an der Gesamtvergütung hat9. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind daher im Zusammenwirken mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen berechtigt und nach § 85 Abs. 4 S. 6 SGB V verpflichtet, einen Honorarverteilungsvertrag zu vereinbaren, der unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungsauftrags Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorsieht.
9
d) Zeitlicher Höchstumfang Die beschränkte Berücksichtigung von Teilzulassungen in der Bedarfsplanung und die beschränkten Abrechnungsmöglichkeiten werfen die Frage auf, ob der Vertragsarzt, der lediglich über einen auf die Hälfte beschränkten Versorgungsauftrag verfügt, nicht nur in einem zeitlichen Mindestumfang für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehen muss, sondern auf der anderen Seite auch ein zeitliches Höchstmaß zu berücksichtigen hat. Schließlich könnte ansonsten Bedarfsplanungsrecht umgangen werden, indem der Vertragsarzt, dessen Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt ist, trotz dieser Beschränkung eine Vollzeittätigkeit ausübt. Sicherlich wird dieser Gefahr in den meisten Fällen wirksam über Abrechnungsbeschränkungen begegnet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass
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Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 540; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 86.
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zum einen die Honorarverteilungsverträge der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen naturgemäß immer wieder Lücken aufweisen und zum anderen nicht sämtliche Leistungen, z.B. Kindervorsorgeuntersuchungen, über Honorarverteilungsvorschriften budgetiert werden dürfen10. Es spricht daher einiges dafür, dass Vertragsärzte mit Teilzulassung in zeitlicher Hinsicht einer Beschränkung unterliegen. Da eine Vollzeittätigkeit gegeben ist, wenn der Vertragsarzt mindestens 20 Stunden in der Woche in Form von Sprechstunden für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung steht (§ 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV), darf der mit einer Teilzulassung zugelassene Vertragsarzt diese Grenze nicht überschreiten. 2. Beschränkung durch Erklärung des Arztes a) Erklärung des Arztes und Beschluss des Zulassungsausschusses 11
Die Beschränkung des Versorgungsauftrags erfolgt nach § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV durch Beschluss des Zulassungsausschusses auf schriftliche Erklärung des Arztes. Die Erklärung zur Beschränkung des Versorgungsauftrags kann sowohl vor erstmaliger Zulassung als auch durch den bereits zugelassenen Vertragsarzt erfolgen. Die Erklärung ist nicht näher zu begründen. Der Zulassungsausschuss hat die Beschränkung des Versorgungsauftrags zwingend auszusprechen. Dies gilt auch in unterversorgten Gebieten. Die Beschränkung greift mit Feststellungsbeschluss des Zulassungsausschusses. Zwar könnte man aus dem Wortlaut in § 19a Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV folgern, mit der Erklärung selbst trete bereits die Beschränkung ein. Dem steht jedoch entgegen, dass es sich beim Umfang des Versorgungsauftrags um eine Statusfrage11, zumindest aber eine statusähnliche Frage handelt, so dass die Wirksamkeit der Beschränkung von einer Feststellung des Zulassungsausschusses abhängig ist. Die Beschränkung des Versorgungsauftrags kann daher auch nicht für die Vergangenheit, sondern nur für die Zukunft festgestellt werden. Frühestmöglicher Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beschränkung ist mithin der Zeitpunkt des Beschlusses des Zulassungsausschusses.
12
Hat der Vertragsarzt die Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss abgegeben, kann er sich von dieser Erklärung nachträglich nicht mehr lösen, da es sich nach dem Wortlaut des § 19a Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung handelt. Es handelt sich also nicht um einen Antrag, über den erst entschieden werden müsste und der bis zum Zeitpunkt der Bestandskraft der Entscheidung zurückgenommen werden könnte12. b) Nachbesetzung des hälftigen Versorgungsauftrags
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Gibt ein bereits zugelassener Vertragsarzt die Erklärung zur Beschränkung des Versorgungsauftrags nachträglich ab, so ist eine Nachbesetzung des „aufgegebenen“
10 11 12
BSG, Urt. v. 11.09.2002, B 6 KA 30/01 R, SozR 3-2500 § 85 SGB V Nr. 48. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 545. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 545.
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hälftigen Versorgungsauftrags nicht möglich13. Schließlich kann bereits nach dem Wortlaut des § 103 Abs. 4 S. 1 SGB V nur ein Vertragsarztsitz ausgeschrieben und nachbesetzt werden. Der Vertragsarztsitz bleibt im Falle der Beschränkung des Versorgungsauftrags aber unberührt; es wird lediglich der damit verbundene Versorgungsauftrag beschränkt. Auch eine analoge Anwendung von § 103 Abs. 4 SGB V kommt bei der Beschränkung des Versorgungsauftrags nicht in Betracht. So muss bereits bezweifelt werden, dass hier eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, da kaum vorstellbar ist, dass der Gesetzgeber diese Problematik schlicht übersehen hat. Darüber hinaus ist die Interessenlage nicht mit einem Zulassungsverzicht und der damit verbundenen vollständigen Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit vergleichbar. Schließlich geht es beim Zulassungsverzicht um die Verwertung der aufgebauten Praxis, die auch durch Art. 14 GG geschützt ist14. Vordergründig mag hier eingewandt werden können, auch bei einer Beschränkung des Versorgungsauftrags müsse eine Verwertungsmöglichkeit für die damit verbundene teilweise Aufgabe der Praxis gegeben sein. Betrachtet man die Situation jedoch genauer, sind zwei verschiedene Fallkonstellationen feststellbar. Zum einen gibt es die Fälle, in denen der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit bereits zurückgefahren hat. Der immaterielle Wert seiner Praxis ist damit bereits durch eigenes Verhalten gemindert, so dass man ihm auch keine Verwertungsmöglichkeit mehr zukommen lassen muss. Will der Vertragsarzt hingegen erst zukünftig seine Tätigkeit zurückfahren, hat er wie bisher auch die Möglichkeit, einen Job-Sharing-Partner nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V aufzunehmen15. Er hat auch die Möglichkeit, gemäß § 32b Ärzte-ZV einen oder mehrere Assistenzärzte anzustellen, deren Tätigkeit den immateriellen Wert der Praxis bis zur endgültigen Praxisveräußerung aufrechterhält. Möchte der Vertragsarzt seinen Arbeits- und Leistungsumfang zurückfahren, stehen ihm also Handlungsalternativen offen, die eine (spätere) vollständige Verwertung der Praxis ermöglichen. Er kann lediglich nicht den Weg über § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV gehen, da in diesem Fall tatsächlich ein Wertverlust eintritt. Dies ist aber nicht zu beanstanden, da es aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten ist, dem Vertragsarzt für den Fall einer Reduzierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit eine Vielzahl von Verwertungsmöglichkeiten zu eröffnen. Es reicht vielmehr aus, wenn zumindest eine Verwertungsmöglichkeit gegeben ist.
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Auch aus systematischer Sicht kommt eine analoge Anwendung des § 103 Abs. 4 SGB V nicht in Frage, da ansonsten die Regelungen zum Job-Sharing in § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V leer liefen. Schließlich könnte die dort vorgesehene Leistungsbeschränkung bequem über die Übertragung einer Teilzulassung umgangen werden.
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So auch Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 19a Ärzte-ZV, Rz. 5; so wohl ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 535; a.A. Meschke, § 16b, Rz. 54f; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 85f.; Möller, MedR 2007, 263, 266; offen bei Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 564, und Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89f. Vgl. dazu § 16b, Rz. 45. S. zur Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft § 33, Rz. 59ff.
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Zuzugeben ist der gegenteiligen Ansicht allerdings, dass eine fehlende Übertragbarkeit des „frei gewordenen“ hälftigen Versorgungsauftrags dazu führen wird, dass kaum Vertragsärzte freiwillig von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden16. Schließlich kann eine einmal festgestellte Beschränkung auf den hälftigen Versorgungsauftrag nur unter Berücksichtigung des Bedarfsplanungsrechts wieder aufgehoben werden17. Diese tatsächliche Hinderungswirkung kann jedoch nicht durch eine analoge Anwendung des § 103 Abs. 4 SGB V aufgehoben werden. Es bleibt vielmehr ausschließlich der Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten, ob Anreize für die Beschränkung des Versorgungsauftrags gesetzt werden sollen.
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Davon zu trennen ist die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes bei beschränktem Versorgungsauftrag. Eine Ausschreibung und Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit beschränktem Versorgungsauftrag ist ohne weiteres möglich, da der Vertragsarzt weiterhin über einen ausschreibungsfähigen Vertragsarztsitz verfügt18. Allerdings bleibt die Beschränkung auf den hälftigen Versorgungsauftrag auch für den Nachfolger bestehen. c) Bestehen mehrerer Teilzulassungen
18
Ein Vertragsarzt kann auch über zwei Teilzulassungen verfügen. Dies kann für Ärzte mit Doppelqualifikation in Betracht kommen. Denkbar ist auch, dass ein Vertragsarzt mit Teilzulassung innerhalb desselben Planungsbereiches im Rahmen eines Praxisnachfolgeverfahrens eine weitere Teilzulassung im selben Fachgebiet erhält19. Schließlich kann ein Vertragsarzt auch über zwei Teilzulassungen in unterschiedlichen Planungsbereichen20 oder in Bezirken unterschiedlicher Kassenärztlicher Vereinigungen21 verfügen. Er hat dann jedoch für beide Vertragsarztsitze die vertragsärztlichen Vorgaben zu erfüllen. 3. Hälftiges Ruhen der Zulassung
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Nach § 95 Abs. 5 S. 2 SGB V i.V.m. § 26 Abs. 1 Ärzte-ZV kann das hälftige Ruhen der Zulassung durch den Zulassungsausschuss beschlossen werden. § 95 Abs. 5 S. 2 SGB V verweist dazu auf die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 S. 1 SGB V, wonach u.a. bei Nichtaufnahme oder Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit das Ruhen der Zulassung anzuordnen ist, wenn die Tätigkeitsaufnahme in angemessener Frist zu erwarten ist. Dies wird man hinsichtlich des hälftigen Ruhens so zu verstehen haben, dass ausschließlich eine teilweise Nichtausübung der vertragsärztlichen 16 17 18 19
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Vgl. dazu Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 85f. S. dazu § 19a, Rz. 22. Vgl. § 16b, Rz. 54; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 541. A.A. Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89, da damit die Vorschriften zur Zweipraxis umgangen werden könnten. Diese Argumentation greift jedoch nicht, da der Vertragsarzt in diesem Fall über zwei unterschiedliche Zulassungen verfügt, die jeweils gesondert zu betrachten sind. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 536. Für diesen Fall ergibt sich dies ausdrücklich aus der Gesetzesbegründung zum VÄndG, BTDrucks. 16/3157, S. 27.
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Tätigkeit zur Ruhensanordnung führt. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Aufnahme einer vollzeitigen vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist zu erwarten ist22. Auch im Rahmen von Disziplinarverfahren kann das zeitweise hälftige Ruhen der Zulassung angeordnet werden. Zwar hat § 81 Abs. 5 SGB V keine Änderung erfahren, so dass dort weiterhin lediglich das Ruhen der Zulassung bis zur Dauer von zwei Jahren als Disziplinarmaßnahme genannt wird, doch wird man den Kassenärztlichen Vereinigungen auch das Recht zubilligen müssen, in ihren Disziplinarordnungen ein hälftiges Ruhen der Zulassung als Disziplinarmaßnahme aufzunehmen23.
20
4. Hälftige Entziehung der Zulassung Nach § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV kann durch den Zulassungsausschuss eine hälftige Entziehung der Zulassung beschlossen werden. Die Entziehung der Zulassung erfolgt nach § 27 Ärzte-ZV durch den Zulassungsausschuss von Amts wegen, wenn die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V gegeben sind. Danach ist die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt24. Eine hälftige Entziehung der Zulassung wird damit vornehmlich in Betracht kommen, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht (mehr) vollzeitig i.S. des § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV ausübt. Derartige Fälle sind derzeit bei bestimmten Fachgruppen (z.B. bei Anästhesisten oder psychologischen Psychotherapeuten) vermehrt anzutreffen. Daneben dürfte eine hälftige Zulassungsentziehung wohl ausscheiden. Bei Nichtvorliegen der Zulassungsvoraussetzungen kann schließlich auch keine Teilzulassung aufrecht erhalten werden. Aber auch bei gröblicher Pflichtverletzung kommt eine hälftige Zulassungsentziehung nicht in Betracht. So setzt die Zulassungsentziehung voraus, dass der betroffene Vertragsarzt zur Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht geeignet ist25. Bei der Entziehung der Zulassung handelt es sich nicht um eine Sanktion für strafwürdiges Verhalten, sondern um eine Maßnahme der Verwaltung, die allein dazu dient, das System der vertragsärztlichen Versorgung vor Störungen zu bewahren und damit funktionsfähig zu erhalten26. Ein hälftiger Zulassungsentzug ist damit nicht denkbar, da ein Arzt entweder zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung geeignet ist oder nicht. Eine „hälftige Eignung“ scheidet aus. Eine Beschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit nach gröblicher Pflichtverletzung ist damit nur über ein Disziplinarverfahren möglich, in dessen Rahmen das Ruhen der Zulassung oder das hälftige Ruhen27 der Zulassung angeordnet werden kann. 22 23 24 25 26 27
S. zur Ruhensanordnung § 26 , Rz. 12ff. Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89. S. zur Zulassungsentziehung ausführlich § 27. BSG, Urt. v. 30.10.1959, 6 RKa 14/59, BSGE 10, 292, 298; BSG, Urt. v. 08.07.1980, 6 RKa 10/78, USK 80102. BSG, Urt. v. 18.08.1972, 6 RKa 4/72, BSGE 34, 252, 253; BSG, Urt. v. 08.07.1980, 6 RKa 10/ 78, USK 80102. S. dazu Rz. 20.
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IV. Aufhebung der Beschränkung 22
Die Beschränkung auf den hälftigen Versorgungsauftrag kann nach § 19a Abs. 3 S. 1, 2 Ärzte-ZV auf schriftlichen Antrag des Arztes durch den Zulassungsausschuss aufgehoben werden. Über den Verweis in § 19a Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV gelten die allgemeinen Zulassungsvorschriften. Auch Bedarfsplanungsrecht ist damit durch den Zulassungsausschuss zu beachten28. Sind die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, besteht ein Anspruch auf Aufhebung der Beschränkung.
28
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 537, 544; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 85; Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89; Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 564.
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§ 20
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§ 20 (1) Für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Arzt, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maß zur Verfügung steht. Ein Arzt steht auch dann für die Versorgung der Versicherten in erforderlichem Maß zur Verfügung, wenn er neben seiner vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen eines Vertrages nach den §§ 73b, 73c oder 140b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch tätig wird. (2) Für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Arzt, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar. (3) Ein Arzt, bei dem Hindergrundsgründe nach den Absätzen 1 oder 2 vorliegen, kann unter der Bedingung zugelassen werden, dass der seiner Eignung entgegenstehende Grund spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt beseitigt wird, in dem die Entscheidung über die Zulassung unanfechtbar geworden ist. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Zeitliche Grenzen einer Nebentätigkeit (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2. Nebentätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Zeitliche Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 III. Inhaltliche Grenzen (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 a) Betriebs-/Werksarzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 b) MDK-Arzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 c) Tätigkeit für psychotherapeutische Beratungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 d) Kooperationen mit Krankenhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 e) Doppelzulassung von Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen . . . . . . . . . . . . . . . 23 f) Angestellte Krankenhausärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 IV. Zulassung unter Bedingung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Aufschiebende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4. Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 5. Nichteintritt der Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 6. Späterer Wiedereintritt des Hinderungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 7. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 V. Genehmigungserfordernis bei nachträglicher Nebentätigkeitsaufnahme . . . . . . . . . . . 40 Literatur Andreas, Angestellter Krankenhausarzt – Gleichzeitige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung bei keiner unmittelbar patientenbezogenen Tätigkeit, ArztR 1998, 221; Andreas/
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Debong, Privatisierung des Krankenhauses oder der Abteilung, ArztR 1994, 311; Bohle, Umstrukturierung im Krankenhaus – Rechtsfragen der Kooperation mit niedergelassenen Ärzten, das Krankenhaus 2003, 621; Cramer, Keine Eignung zur Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit bei fast vollständiger Integrierung einer privatisierten radiologischen Krankenhausabteilung im Klinikbetrieb, MedR 1993, 407; Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG, MedR 2006, 555; Engelhard, Zulässiger Umfang einer neben einer vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeübten Beschäftigung, NZS 2002, 517; Gitter, Zur Vereinbarkeit eines mit einem Krankenhaus abgeschlossenen Kooperationsvertrages und Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit, SGb 1996, 176; Harneit, Neuausrichtung der Kollisionsrechtsprechung des BSG, ZMGR 2006, 95; Heilemann, Der Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen zu sozialrechtlichen Verwaltungsakten, SGb 2000, 250; Möller, Auswirkungen des VÄndG auf Medizinische Versorgungszentren, MedR 2007, 263; Nösser, Stationäre Behandlung durch niedergelassene Ärzte, das Krankenhaus 2004, 736; Quaas/Müller, Zur Tätigkeit von Vertragsärzten im Krankenhaus, f&w 2006, 452; Pfalzgraf, Liegt in der Vereinbarung umsatzabhängiger Mieten, Pachten oder Nutzungsentgelte ein Verstoß gegen § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV?, MedR 2000, 257; Rau, Deregulierung im Gesundheitsdienstleistungsbereich – Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, DStR 2007, 351; Rieger, Zur Zulassung von angestellten Betriebsärzten zur vertragsärztlichen Versorgung, DMW 1998, 268; Robbers/Schneider, Kooperationsvertrag mit Krankenhaus steht Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegen, das Krankenhaus 1995, 621; Schimmelpfeng-Schütte, Angestellter Krankenhausarzt – Gleichzeitige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung bei keiner unmittelbar patientenbezogenen Tätigkeit (hier Pathologe) – Verfassungsmäßigkeit, SGb 1998, 660; Schlarmann/Buchner, Die Vertragsarztzulassung von Krankenhausärzten, NJW 1998, 3401; Schulz/Mertens, Ambulantes Operieren durch Vertragsärzte im Krankenhaus – Zulässigkeit und Vergütung, MedR 2006, 191; Wagener, Der niedergelassene Arzt im Krankenhaus, das Krankenhaus 1997, 171; Wagener/Weddehage, Das VÄndG: Ein zaghafter Schritt in die richtige Richtung, f&w 2007, 76; Wenner, Vertragsarzt: Hauptberuf oder Nebenjob? – Zur Zulässigkeit von beruflichen Betätigungen neben der vertragsärztlichen Tätigkeit, GesR 2004, 553.
I. Allgemeines 1
Die Regelungen des § 20 Ärzte-ZV gehören zu den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen. Sie betreffen die Frage, welche anderweitigen Tätigkeiten eines Arztes einer Zulassung als Vertragsarzt entgegenstehen. Dabei unterscheidet § 20 ÄrzteZV zwischen den zeitlichen (Abs. 1) und den inhaltlichen (Abs. 2) Grenzen, die die vertragsärztliche Zulassung für anderweitige Tätigkeiten setzt. Liegen derartige Hinderungsgründe vor, so ist die Zulassung zu versagen; für eine Ermessensausübung ist im Rahmen des § 20 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV kein Raum1. Lässt sich im Ausnahmefall nicht feststellen, ob Hinderungsgründe nach Abs. 1 oder 2 vorliegen, so kann die Zulassung nicht versagt werden, da die Beweislast i. S. einer objektiven Feststellungslast auf Grund des Ausnahmecharakters des § 20 Ärzte-ZV bei den Zulassungsgremien liegt2. 1 2
BSG, Urt. v. 09.06.1982, 6 RKa 26/80, BSGE 53, 291, 292. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 580; Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, C 1100, Rz. 9; BSG, Urt. v. 09.06.1982, 6 RKa 26/80, BSGE 53, 291, 293 (für § 21 Ärzte-ZV).
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II. Zeitliche Grenzen einer Nebentätigkeit (Abs. 1) Nach § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV ist ein Arzt für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht geeignet, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in dem erforderlichen Maß zur Verfügung steht.
2
1. Normzweck § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV dient der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, für die die Kassenärztlichen Vereinigungen den Krankenkassen gegenüber die Gewährleistung zu übernehmen haben (§ 75 Abs. 1 SGB V), indem die Ärzte von der Zulassung ausgeschlossen werden, die wegen anderweitiger Tätigkeit nicht in der Lage sind, in ausreichendem Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen3.
3
2. Nebentätigkeit Bei der Eingehung von Beschäftigungsverhältnissen hat der Arzt stets darauf zu achten, dass er noch in ausreichendem Maße zur vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung steht. Dies gilt unabhängig von Art und Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses. Diese Vorgabe gilt auch für sämtliche weiteren nicht ehrenamtlichen Tätigkeiten, z.B. für Konsiliartätigkeiten an Krankenhäusern, gutachterliche Tätigkeiten4 oder Vortrags- und Referententätigkeit. Darüber hinaus werden auch nichtärztliche Tätigkeiten erfasst.
4
Dagegen stellen privatärztliche Tätigkeiten und die Tätigkeit als D- oder H-Arzt für die Unfallversicherungsträger keine Nebentätigkeiten i.S. des § 20 Abs. 1 ÄrzteZV dar, soweit diese in der Praxis des Vertragsarztes ausgeübt werden5. Allerdings darf auch die privatärztliche Tätigkeit nicht dazu führen, dass der Vertragsarzt seinen vertragsärztlichen Pflichten nicht in ausreichendem Maße nachkommt. Dies ist jedoch nicht am Maßstab des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV zu messen.
5
Nach dem Wortlaut unterfallen ehrenamtliche Tätigkeiten nicht der einschränkenden Regelung des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV. Damit sind jedoch nicht sämtliche ehrenamtliche Tätigkeiten, sondern lediglich ehrenamtliche Tätigkeiten in staatlichen, politischen und standespolitischen Organisationen gemeint6. Keine ehrenamtlichen Tätigkeiten sind in der Regel Tätigkeiten im Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung; die Vorstandsmitglieder üben ihre Vorstandstätigkeit nach § 79 Abs. 4 S. 3
6
3
4 5 6
BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, MedR 1996, 86, 87; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 35; Schlarmann/Buchner, NJW 1998, 3401, 3402; Engelhard, NZS 2002, 517, 518; Jörg, Das neue Kassenarztrecht, Rz. 161. Aye, Die Bundeszulassungsordnungen für Kassenärzte und Kassenzahnärzte, 1957, § 20 ZOÄrzte, Ziff. 3. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 554. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 20 Ärzte-ZV, Rz. 119; Venter, Handbuch des Kassenarztrechts, Band II, Zulassungsrecht für Kassenzahnärzte, 1958, § 20 ZO-Zahnärzte, Ziff. 1.
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SGB V hauptamtlich aus. Dennoch sind diese Tätigkeiten nicht am Maßstab des § 20 Abs. 1 zu messen, da die ärztliche Selbstverwaltung ansonsten nicht möglich wäre. Nach der Sondervorschrift des § 79 Abs. 4 S. 4 SGB V können die Vorstandsmitglieder ihre vertragsärztliche Tätigkeit vielmehr als Nebentätigkeit in begrenztem Umfang weiterführen oder ihre Zulassung ruhen lassen. Für Mitglieder der Organe der Ärztekammern stellt sich diese Problematik nicht, da ihre Tätigkeit regelmäßig ehrenamtlich erfolgt. 7
Nicht unter den Begriff der Nebentätigkeit fällt schließlich die Wahrnehmung organisatorischer und kaufmännischer Aufgaben innerhalb der eigenen Praxis. § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV steht daher bei Berufsausübungsgemeinschaften oder medizinischen Versorgungszentren einer inneren Struktur nicht entgegen, nach der einer der ärztlichen Gesellschafter – bei Reduzierung seiner ärztlichen Tätigkeit – vorrangig mit der Wahrnehmung organisatorischer und kaufmännischer Angelegenheiten befasst ist7. 3. Zeitliche Einschränkung
8
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den zeitlichen Grenzen einer Nebentätigkeit hat im Laufe der Zeit einen erheblichen Wandlungsprozess erfahren. So hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 04.06.1964 zunächst entschieden, dass die Inanspruchnahme der überwiegenden Arbeitskraft durch ein Beschäftigungsverhältnis für die vertragsärztliche Zulassung unschädlich sei8. Später hat das Bundessozialgericht entschieden, ein Vertragsarzt müsse regelmäßig zu den üblichen Sprechstundenzeiten für die ärztliche Versorgung der Versicherten und für die seltenen Fälle einer Notfallbehandlung zur Verfügung stehen9.
9
Mit dem sog. „Psychotherapeuten-Urteil“ vom 30.01.2002 hat das Bundessozialgericht seine vormalige Rechtsprechung aufgegeben 10. Dort hat das Bundessozialgericht ausgeführt, der Arzt müsse zwar nicht seine volle Arbeitskraft für die vertragsärztliche Tätigkeit einsetzen, doch müsse er entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung und den Gegebenheiten seines Praxisbetriebes regelmäßig zu den üblichen und in den Bundesmantelverträgen festgelegten Sprechstundenzeiten für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehen. Dabei sei allerdings nicht von einem einheitlichen Mindestumfang des Sprechstundenangebots auszugehen; vielmehr sei dieser Mindestumfang arzt- bzw. therapeutengruppenspezifisch sowie ggf. regional unterschiedlich zu ermitteln. Die
7
8 9 10
Wenner, GesR 2004, 353, 357. Dabei ist allerdings zu beachten, dass jeder Vertragsarzt nach § 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV mindestens 20 Wochenstunden persönlich in Form von Sprechstunden für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung stehen muss. Dieses Mindestmaß kann nicht durch andere Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft – gleichsam zusätzlich – übernommen werden. BSG, Urt. v. 04.09.1964, 6 RKa 13/62, BSGE 21, 118, 122. BSG, Urt. v. 15.09.1977, 6 RKa 12/77, BSGE 44, 260, 263; BSG, Beschl. v. 28.10.1992, 6 BKa 1/92. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15.
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vertragsärztliche Tätigkeit müsse jedoch stets zweifelsfrei als Hauptberuf des Zulassungsbewerbers qualifiziert werden können. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Nebentätigkeit einen deutlich geringeren als halbtägigen Umfang habe. Daher dürfe die zeitliche Belastung durch eine Nebentätigkeit bei „vergröbernd typisierender Betrachtung“ maximal ein Drittel der üblichen wöchentlichen Arbeitszeit ausmachen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat das Bundessozialgericht den zulässigen zeitlichen Umfang einer Nebentätigkeit auf maximal 13 Wochenstunden festgesetzt. Diese zeitliche Grenze ist durch das Bundessozialgericht in nachfolgenden Urteilen bestätigt worden11. Dabei hat das Bundessozialgericht weiter ausgeführt, die zeitliche Verfügbarkeit für die vertragsärztliche Versorgung dürfe sich nicht nach den vom Arzt angegebenen Sprechstundenzeiten oder nach einem behaupteten besonderen individuellen Leistungsvermögen des Arztes richten12. So hat das Bundessozialgericht in dem konkreten Fall eine Nebentätigkeit von einem zeitlichen Umfang von 19,25 Wochenstunden bei angegebenen 42 Stunden Sprechstundenzeit als unzulässig angesehen. Diese generalisierende Betrachtungsweise des Bundessozialgerichts begegnet erheblichen Bedenken. So wird man nicht in Abrede stellen können, dass bei einem Verhältnis von 42 Stunden vertragsärztlicher Tätigkeit zu 19,25 Stunden Nebentätigkeit die vertragsärztliche Tätigkeit als Hauptberuf zu qualifizieren ist. Zudem würde in einem solchen Fall allein die vertragsärztliche Tätigkeit die vom Bundessozialgericht angenommene übliche wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden, in deren Rahmen noch 13 Stunden Nebentätigkeit zulässig sind, übersteigen. Damit stellt sich in solchen Fallkonstellationen zwangsläufig die Frage, ob vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG ein sachlicher Grund vorhanden ist, der die gleiche Behandlung der ungleichen Ausgangssituationen letztlich rechtfertigen kann. Das Bundessozialgericht hat dazu lediglich ausgeführt, das individuelle Leistungsvermögen müsse unberücksichtigt bleiben, damit eine praktikable Umsetzung möglich sei. Ob dies einen rechtfertigenden sachlichen Grund darstellt, muss bezweifelt werden, da nicht erkennbar ist, warum nicht bei Ärzten, die die vom Bundessozialgericht angenommene übliche wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden überschreiten, nicht auch ein Drittel der Arbeitszeit auf Nebentätigkeiten entfallen darf. Eine solche relative Betrachtung dürfte ebenso praktikabel umzusetzen sein, wie die absolute Betrachtungsweise des Bundessozialgerichts. Die gegen das „Psychotherapeuten-Urteil“ eingelegte Verfassungsbeschwerde ist vom Bundesverfassungsgericht mangels Erfolgsaussichten allerdings nicht zur Entscheidung angenommen worden13. Dementsprechend hat sich die Ansicht des Bundessozialgerichts auch in der Instanzrechtsprechung14 und der rechtswissenschaftlichen Literatur15 durchgesetzt. Ob diese restriktive Auffassung beibehalten werden kann, erscheint vor dem 11 12 13 14 15
BSG, Urt. 11.09.2002, B 6 KA 23/01 R, SozR 3-5520 § 20 Ärzte-ZV Nr. 4; BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173. BSG, Urt. v. 11.09.2002, B 6 KA 23/01 R, SozR 3-5520 § 20 Ärzte-ZV Nr. 4. BVerfG, Beschl. v. 23.09.2002, 1 BvR 1315/02. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 07.04.2005, L 5 KA 63/04, MedR 2005, 674; SG Marburg, Urt. v. 11.10.2006, S 12 KA 20/06. Wenner, GesR 2004, 353, 355; a.A. Estelmann, SGb 2003, 686, 688.
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Hintergrund des zum 01.07.2007 neu gefassten BMV-Ä bzw. EKV allerdings fraglich. Dort ist in § 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV festgelegt, dass eine vollzeitige vertragsärztliche Tätigkeit vorliegt, wenn der Vertragsarzt in der Woche mindestens 20 Stunden in Form von Sprechstunden für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung steht. Damit ist nunmehr erstmalig festgelegt, wann eine vollzeitige vertragsärztliche Tätigkeit vorliegt. Werden diese Vorgaben eingehalten, wird man – unabhängig vom zeitlichen Umfang einer Nebentätigkeit – nicht annehmen können, der jeweilige Vertragsarzt stehe nicht in ausreichendem Maße für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung. Allerdings sollte die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts durch die Neuregelung in § 19a Abs. 1 ÄrzteZV, der erstmals von einer vollzeitigen Tätigkeit spricht, ausweislich der Gesetzesbegründung nicht berührt werden. Der Gesetzgeber ging also davon aus, dass es auch nach In-Kraft-Treten des VÄndG bei der 13-Stunden Regelung für Nebentätigkeiten verbleiben sollte. 11
Da das Bundessozialgericht im „Psychotherapeuten-Urteil“ keinen Raum gelassen hat, um eine Überschreitung von 13 Stunden im Einzelfall zu rechtfertigen, wird in einem Überschreiten von 13 Stunden Nebentätigkeit die unwiderlegliche Vermutung gesehen, dass der Arzt nicht mehr in dem erforderlichen Maße zur vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung steht16.
III. Inhaltliche Grenzen (Abs. 2) 1. Normzweck 12
Die Regelung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV soll ihrem Sinn und Zweck nach ausschließen, dass bei der Zulassung eines Arztes als Vertragsarzt in dieser Eigenschaft durch eine anderweitig von ihm ausgeübte ärztliche Tätigkeit Interessen- und Pflichtenkollisionen entstehen. Die Regelung dient der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung und damit gleichgewichtig auch dem Schutz der Versicherten, die solchen Interessen- und Pflichtenkollisionen auf Seiten des Vertragsarztes nicht ausgesetzt werden sollen17.
13
Derartige Interessenkollisionen sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anzunehmen, wenn sich die anderweitige ärztliche Tätigkeit und die vertragsärztliche Tätigkeit vermischen können und dies sich zum einen zum Nachteil der Versicherten u.a. wegen einer faktischen Beschränkung des Rechts auf freie Arztwahl (§ 76 Abs. 1 S. 1 SGB V) und zum anderen zum Nachteil der Kostenträger auswirken kann, weil insoweit je nach persönlichem Interesse des Arztes Leistungen aus nicht sachgerechten Gründen von dem einen zum anderen Bereich verlagert
16 17
LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 07.04.2005, L 5 KA 63/04, MedR 2005, 674, 675; Wenner, GesR 2004, 353, 355. BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, MedR 1996, 86, 87; BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 39/96, MedR 1997, 515, 516; BSG, Urt. v. 05.11.1997, 6 RKa 52/97, NJW 1998, 3442, 3443; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 8; Schlarmann/Buchner, NJW 1998, 3401, 3402.
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werden können18. Eine Interessenkollision ist ferner dann anzunehmen, wenn nicht gewährleistet ist, dass der Arzt auf Grund seiner anderweitigen ärztlichen Tätigkeit Inhalt und Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis zuzuordnenden sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmen kann19. Dabei genügt jeweils eine abstrakte Gefährdungslage; eine konkrete Gefährdung der vom Normzweck erfassten Interessen ist nicht erforderlich20. 2. Einzelfälle21 a) Betriebs-/Werksarzt Bei einem angestellten Betriebs- oder Werksarzt ist eine Interessenkollision regelmäßig zu bejahen, da durch die vertragliche Bindung zum Arbeitgeber u.a. die Gefahr begründet wird, dass der Arzt bei der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht frei von möglichen Einflussnahmen des Arbeitgebers ist bzw. sich nicht von derartigen Einflussnahmen frei fühlen kann. Zudem besteht die Gefahr der möglichen Vermischung von werks- und vertragsärztlicher Tätigkeit, die sich zu Lasten der Krankenkassen auswirken kann, wenn ärztliche Leistungen, die Gegenstand der werksärztlichen Versorgung sind, vom Arzt als vertragsärztliche Leistungen erbracht und abgerechnet werden22.
14
Keine Interessenkollision ist hingegen gegeben, wenn ein Vertragsarzt auf freiberuflicher Basis nebenberuflich für einzelne Betriebe eine betriebsärztliche Tätigkeit ausübt23.
15
b) MDK-Arzt Bei einem beim MDK angestellten Arzt wird man grundsätzlich – ebenso wie beim Werksarzt – von der Gefahr einer Interessen- und Pflichtenkollision auszugehen haben24.
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22 23 24
BSG, Urt. v. 05.11.1997, 6 RKa 52/97, NJW 1998, 3442, 3443; BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15, 19. BSG, Urt. v. 05.11.1997, 6 RKa 52/97, NJW 1998, 3442, 3443; BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15, 19. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15, 19; nach SG Hamburg, Urt. v. 01.11.2000, S 3 KA 61/00, MedR 2001, 376, 377, muss die Gefahr einer Interessen- und Pflichtenkollision zwar für den Regelfall ausgeschlossen sein, atypische Ausnahmefälle sollen jedoch unberücksichtigt bleiben. Die nachfolgende Darstellung von Einzelfällen beschränkt sich auf die aus heutiger Sicht bedeutsamsten Fallkonstellationen. Zu älteren und teilweise überholten Entscheidungen vgl. die Darstellung bei Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 38. BSG, Urt. v. 19.03.1997, RKa 39/96, MedR 1997, 515; zustimmend Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 282; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 568. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 42. Wenner, GesR 2004, 353, 359.
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c) Tätigkeit für psychotherapeutische Beratungsstelle 17
Eine Interessenkollision liegt grundsätzlich auch bei Psychotherapeuten vor, die nebenberuflich in einer Beratungsstelle tätig sind. Gerade bei der Gruppe der Psychotherapeuten besteht auf Grund des erforderlichen besonderen Vertrauensverhältnisses ein besonders hohes Konfliktpotenzial. Zudem kann es in solchen Fällen zu einer Vermischung von vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit und Tätigkeit für die Beratungsstelle kommen25. Nach Ansicht des Sozialgerichts Hamburg soll dies jedoch dann nicht gelten, wenn Patientenüberschneidungen innerhalb der verschiedenen Tätigkeiten nur in atypischen Ausnahmefällen denkbar sind26. d) Kooperationen mit Krankenhäusern
18
Eine Interessenkollision liegt regelmäßig nicht vor, wenn ein niedergelassener Arzt mit einem Krankenhaus kooperiert und in diesem Rahmen die Verpflichtung übernimmt, stationäre Krankenhauspatienten zu untersuchen bzw. zu behandeln, soweit durch die konkrete Ausgestaltung der Kooperation eine eigenverantwortliche Praxisführung gewährleistet bleibt27. Hintergrund solcher Kooperationen ist zumeist die Ausgliederung einzelner Leistungsbereiche, insbesondere Radiologie und Labor, aus dem Krankenhaus auf den niedergelassenen Bereich. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die vertragsärztliche Tätigkeit grundsätzlich Priorität zu genießen hat.
19
Befindet sich die Vertragsarztpraxis in solchen Fällen – wie zumeist – auf dem Krankenhausgelände, ist diese durch die äußere Ausgestaltung klar erkennbar zu machen und vom Krankenhausbereich abzugrenzen28. In diesem Zusammenhang wird von vielen Zulassungsgremien ein separater (Außen)Eingang für die Vertragsarztpraxis gefordert. So weit wird man jedoch nicht gehen können, da die erforderliche Abgrenzung zwischen Krankenhaus und Vertragsarztpraxis auch auf andere Weise (z.B. durch Beschilderung) deutlich gemacht werden kann. Es kann daher ausreichen, wenn die Vertragsarztpraxis zwar nur durch den Krankenhauseingang zu erreichen, innerhalb des Krankenhausgebäudes aber deutlich ausgeschildert und räumlich klar vom Krankenhausbereich abgegrenzt ist.
20
Bei der Ausgliederung von Leistungsbereichen des Krankenhauses verbleiben die Gerätschaften oft im Eigentum des Krankenhauses. Auch das Krankenhauspersonal, das dem ausgegliederten Leistungsbereich zugeordnet war, bleibt häufig beim Krankenhausträger angestellt. Der Krankenhausträger stellt dem niedergelassenen Vertragsarzt sodann die Gerätschaften und das Personal gegen Zahlung eines Nutzungsentgelts zur Verfügung. Hinsichtlich der Gerätschaften ist dies zunächst un25 26 27
28
BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15, 19f.; SG Marburg, Urt. v. 06.06.2007, S 12 KA 941/06. SG Hamburg, Urt. v. 01.11.2000, S 3 KA 61/00, MedR 2001, 376, 377f. BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, MedR 1996, 86, 87; Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, C 1100, Rz.8; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 8; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 565. Vgl. auch Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen in Gesundheitswesen, C 1100, Rz. 12; Andreas/Debong, ArztR 1994, 311, 318.
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problematisch, da der Vertragsarzt nicht selbst Eigentümer der Praxisgegenstände sein muss. Für die Ausübung des ärztlichen Berufs in eigener Praxis ist es unerheblich, ob dem Arzt das Eigentum an den Praxisgegenständen zusteht29. Wesentlich ist allein, dass der Arzt seine ärztliche Berufstätigkeit in voller eigener Verantwortung ausführen kann. Dazu muss ihm lediglich die Möglichkeit zur Verfügung stehen, im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit über die räumlichen und sächlichen Mittel disponieren zu können30. Eine solche Einwirkungsmöglichkeit muss dem Vertragsarzt auch hinsichtlich des vom Krankenhausträger im Wege der Personalgestellung zur Verfügung gestellten Personals zukommen. Der Vertragsarzt muss daher im ärztlichen Bereich über ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem Krankenhauspersonal verfügen. Das Bundessozialgericht hat bisher allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob eine eigenverantwortliche Tätigkeit des Vertragsarztes dann noch angenommen werden kann, wenn der weitaus größere Teil des Personals im Wege der Personalgestellung vom Krankenhausträger überlassen wird31. Dies wird man jedoch zu bejahen haben, soweit dem Vertragsarzt im ärztlichen Bereich ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem überlassenen Personal zukommt, da die Eigenverantwortlichkeit seiner ärztlichen Tätigkeit unter dieser Voraussetzung nicht tangiert wird 32.
21
Eine Interessenkollision kann durch Konkurrenzabsprachen zwischen dem Arzt und dem Krankenhausträger entstehen. Verpflichtet sich z.B. der Vertragsarzt, jede Konkurrenz im ambulanten Bereich mit den bettenführenden Fachabteilungen des Krankenhauses zu unterlassen, liegt darin grundsätzlich eine Interessenkollision, die einer vertragsärztlichen Tätigkeit entgegen steht33.
22
e) Doppelzulassung von Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen verfügen über eine Approbation als Arzt und eine Approbation als Zahnarzt. Ihnen kann angesichts der grundrechtlichen Gewährleistung der Berufsfreiheit ohne normative Grundlage eine Doppelzulassung als Vertragsarzt und Vertragszahnarzt nicht versagt werden. Insbesondere § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV bzw. Zahnärzte-ZV steht einer Doppelzulassung nicht entgegen, da diese Normen jeweils auf eine andere ärztliche bzw. zahnärztliche Tätigkeit abstellen. Darüber hinaus gehören beim Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen die 29
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31 32 33
BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 23/71, BSGE 35, 247, 250; BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, MedR 1996, 86, 87; BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 39/96, MedR 1997, 515, 517; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 809; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 43; Schlarmann/Buchner, NJW 1998, 3401, 3403; Pfalzgraf, MedR 2000, 257, 260f. BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 23/71, BSGE 35, 247, 250; BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, MedR 1996, 86, 87; BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 39/96, MedR 1997, 515, 517; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 484; Andreas/Debong, ArztR 1994, 311, 318. BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, MedR 1996, 86, 87; zweifelnd auch Pfalzgraf, MedR 2000, 257, 261. Ebenso Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, C 1100, Rz. 11; a.A. Andreas/Debong, ArztR 1994, 311, 318. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.04.2006, L 10 B 2/06 KA ER, MedR 2007, 64, 66.
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ärztliche und zahnärztliche Tätigkeit zusammen, so dass eine Interessenkollision nicht gesehen werden kann34. f)
Angestellte Krankenhausärzte
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Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 05.11.1997 grundlegend ausgeführt, dass die gleichzeitige Tätigkeit als Vertragsarzt und als angestellter Krankenhausarzt regelmäßig die Gefahr einer Interessenkollision begründet. So liege es nahe, dass sich die Versicherten nach Beendigung der stationären Behandlung verpflichtet sehen könnten, die sich anschließende ambulante Behandlung bei dem gleichzeitig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Krankenhausarzt fortzusetzen. Auch bestehe die Möglichkeit, dass der Arzt aus nicht sachgerechten Gründen Behandlungsschritte vom ambulanten in den stationären Bereich und umgekehrt verlagere35. Eine Interessenkollision ist vom Bundessozialgericht– neben den zulässigen Betätigungsformen als Konsiliar- oder Belegarzt – nur für Fachgebiete mit nicht unmittelbar patientenbezogener Tätigkeit verneint worden36.
25
Nach In-Kraft-Treten des GKV-Modernisierungsgesetzes – GMG zum 01.01.2004 hat sich die restriktive Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Hindernis für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Krankenhausträger erwiesen. Schließlich ist es aus Sicht der Krankenhausträger wünschenswert, dass die dort angestellten Ärzte sowohl im Krankenhaus als auch im medizinischen Versorgungszentrum tätig werden können37. Wohl nicht vollkommen losgelöst von dieser Interessenrichtung wurde daher in der Literatur überwiegend – mit oder ohne Begründung – die Ansicht vertreten, die ambulante Teilzeittätigkeit eines Krankenhausarztes in einem medizinischen Versorgungszentrum begründe keine Interessenkollision38.
26
Mit dem VÄndG ist mit Wirkung zum 01.01.2007 durch den Gesetzgeber eine Klarstellung vorgenommen worden, indem in § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV noch ein zweiter Satz angefügt worden ist, wonach die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V ausdrücklich mit der Tätigkeit eines Vertragsarztes vereinbar ist. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine gleichzeitige Angestelltentätigkeit als Krankenhausarzt und in einem medizinischen Ver34 35
36 37 38
BSG, Urt. v. 17.11.1999, B 6 KA 15/99 R, MedR 2000, 282, 284f. BSG, Urt. v. 05.11.1997, 6 RKa 52/97, NJW 1998, 3442, 3443; bestätigt durch BSG, Beschl. v. 25.11.1998, B 6 KA 18/98 B; BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 176; s. dazu jüngst auch nochmals SG Marburg, Urt. v. 11.10.2006, S 12 KA 20/06; vgl. dazu auch Harneit, ZMGR 2006, 95ff. BSG, Urt. v. 05.11.1997, 6 RKa 52/97, NJW 1998, 3442, 3443; BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 176. Vgl. dazu Behnsen, das Krankenhaus 2004, 698, 701. Peikert, ZMGR 2004, 211, 217f.; Hiddemann/Muckel, NJW 2004, 7, 10; Behnsen, das Krankenhaus 2004, 698, 701; Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 2, Rz. 29, der § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV nur auf im medizinischen Versorgungszentrum tätige Vertragsärzte angewendet wissen will. Zweifelnd SG Hamburg, Beschl. v. 31.03.2005, S 3 KA 66/05 ER, MedR 2005, 429, 430; Wenner, GesR 2004, 353, 359.
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sorgungszentrum auch bisher bereits zulässig war, da der Gesetzgeber durch die Zulassung der Krankenhausträger als Gründer von medizinischen Versorgungszentren hinreichend deutlich gemacht habe, dass eine enge Verzahnung von Krankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren angestrebt sei; diese enge Verzahnung könne jedoch nur dann wirtschaftlich sinnvoll ausgestaltet werden, wenn es dem Krankenhausträger gestattet sei, seine personellen Ressourcen optimal zu nutzen und das Personal sowohl im Krankenhaus als auch im medizinischen Versorgungszentrum einzusetzen39. Die mit dem VÄndG vorgenommene Gesetzesänderung beschränkt sich aber nicht auf die Tätigkeit eines Krankenhausarztes in einem medizinischen Versorgungszentrum. Vielmehr wird es dem Vertragsarzt durch diese Neuregelung nunmehr ermöglicht, über die bisher von der Rechtsprechung anerkannten Fälle hinaus in sämtlichen möglichen Formen mit zugelassenen Krankenhäusern oder Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu kooperieren. Möglich ist damit auch die Nebentätigkeit eines Vertragsarztes als am Krankenhaus angestellter Arzt40. Dies hat insbesondere Bedeutung für die in letzter Zeit unter den Stichworten „unechter Belegarzt“ oder „unechter Konsiliararzt“41 aufgekommenen Fälle, in denen ein Vertragsarzt auf Basis eines Konsiliararztvertrages regelmäßig operative Tätigkeiten für einen Krankenhausträger ausübt. Bei diesen Konstellationen lag bis zum In-KraftTreten des VÄndG eine unzulässige Nebentätigkeit vor42.
27
Die Regelung in § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV bezieht sich nur auf die Tätigkeit in zugelassenen Krankenhäusern oder Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass eine gleichzeitige Tätigkeit in einer Privatklinik aus vertragsärztlicher Sicht unzulässig wäre43. In dieser Konstellation fehlt es regelmäßig schon an einer möglichen Interessenkollision, da es grundsätzlich an Überschneidungen zum Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung fehlt.
28
IV. Zulassung unter Bedingung (Abs. 3) Stehen einer Zulassung des antragstellenden Arztes Hinderungsgründe nach § 20 Abs. 1 oder 2 Ärzte-ZV entgegen, so kann nach § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV die Zulassung unter der Bedingung ausgesprochen werden, dass der der Eignung entgegen stehende Grund spätestens innerhalb von drei Monaten nach Unanfechtbarkeit der Zulassungsentscheidung beseitigt wird.
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BR-Drucks. 353/06, S. 64f. BR-Drucks. 353/06, S. 64. So etwa Ratzel, ZMGR 2006, 132, 134. SG Gelsenkirchen, Urt. v. 29.09.2005, S 16 KA 15/04; Ratzel, ZMGR 2006, 132, 135; Quaas/Müller, f&w 2006, 452, 456. So auch Thier, das Krankenhaus 2006, 1103, 1105f.
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1. Normzweck 30
§ 20 Abs. 3 Ärzte-ZV dient dem Interesse des antragstellenden Arztes, da diesem nicht vor unanfechtbarer Entscheidung über seinen Zulassungsantrag zugemutet werden kann, der Zulassung entgegen stehende Tätigkeiten aufzugeben44. So wird z.B. ein am Krankenhaus angestellter Oberarzt grundsätzlich nicht bereit sein, sein Anstellungsverhältnis zu kündigen, wenn er nicht sicher gehen kann, auch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu werden45. 2. Aufschiebende Bedingung
31
Bei der Bedingung nach § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV handelt es sich um eine Nebenbestimmung46 zu dem Verwaltungsakt, mit dem die Zulassung ausgesprochen wird. Nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X ist der Eintritt der gewollten Rechtsfolge bei einem unter einer Bedingung erlassenen Verwaltungsakt vom Eintritt der Bedingung abhängig. Der Verwaltungsakt selbst wird mit Erlass zwar wirksam, doch bleibt bis zum Eintritt oder endgültigen Ausfall der Bedingung offen, ob die gewollte Rechtsfolge eintritt47. Für den zugelassenen Vertragsarzt bedeutet dies, dass er nicht vertragsärztlich tätig werden darf, bevor nicht die Bedingung eingetreten ist48. 3. Ermessen
32
Nach dem Wortlaut von § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV „kann“ der Zulassungsausschuss den Antragsteller unter der aufschiebenden Bedingung zulassen, dass der Hinderungsgrund spätestens innerhalb von drei Monaten nach Bestandskraft des Zulassungsbescheides beseitigt wird. Nach dem Wortlaut handelt es sich mithin um eine Ermessensvorschrift. Auf Grund der erheblichen Bedeutung der vertragsärztlichen Zulassung für den Antragsteller und dessen schutzwürdigen Interesses, eine anderweitige Tätigkeit nicht vor Unanfechtbarkeit der Zulassungsentscheidung aufzugeben, sind der Ausübung des Ermessens äußerst enge Grenzen gesetzt. Nur in extremen Ausnahmefällen scheint es vor diesem Hintergrund überhaupt denkbar, dass bei Vorliegen eines Hinderungsgrundes nach Abs. 1 oder 2 eine Zulassung unter dem Vorbehalt einer aufschiebenden Bedingung verweigert wird49. Teilweise wird auch die Ansicht vertreten, es sei unter Beachtung von Art. 12 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz schlicht rechtswidrig, die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung von der endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig zu machen50. 44 45 46 47 48 49 50
BSG, Urt. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 174. So z.B. auch BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 174. Vgl. zu Nebenbestimmungen allg. Schroeder-Printzen/Benkel, SGb 1990, 398; Axer, DÖV 2003, 271. BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 174; Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, Anhang § 54, Rz. 17. BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 174; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 489; Wenner, GesR 2004, 353, 360. So auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 488. Estelmann, SGb 2003, 686, 687.
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4. Frist Nach § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV muss das der Zulassung entgegen stehende Hindernis spätestens innerhalb von drei Monaten nach Unanfechtbarkeit beseitigt werden. Dabei ist es den Zulassungsgremien nach der Formulierung „spätestens“ unbenommen, eine kürzere Frist zur Beseitigung des Hinderungsgrundes festzulegen. Auf Grund der erheblichen Bedeutung der vertragsärztlichen Zulassung und der schutzbedürftigen Interessen des Antragstellers sind den Zulassungsgremien auch hier enge Grenzen gesetzt.
33
Die Frist zur Beseitigung des Hinderungsgrundes beginnt mit der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Zulassung. Auf diese Weise soll den schutzwürdigen Interessen des Antragstellers Rechnung getragen werden. In der Vergangenheit sind hier regelmäßig keine Probleme aufgetreten. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 zur Möglichkeit der defensiven Konkurrentenklage bei erteilten Ermächtigungen51 taucht nunmehr aber die Frage auf, wie mit Sonderbedarfszulassungen umzugehen ist. Wendet man den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts entsprechend auf die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen an52, so hätten niedergelassene (konkurrierende) Vertragsärzte, denen der Bescheid über die Sonderbedarfszulassung nicht zugestellt worden ist, ohne zeitliche Beschränkung die Möglichkeit, die Sonderbedarfszulassung im Wege des Drittwiderspruchs anzufechten. Nicht einmal die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG SGB X würde zu einer zeitlichen Einschränkung der Anfechtbarkeit führen, da diese zwingend die Bekanntgabe des Verwaltungsakts voraussetzt53. Eine Einschränkung der Anfechtbarkeit wäre lediglich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (Verwirkung) gegeben54. Der Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit könnte daher nicht einmal ansatzweise bestimmt werden. Diese Unsicherheit könnte auf Seiten des im Sonderbedarf zugelassenen Arztes dazu führen, dass dieser zunächst die Sonderbedarfszulassung sämtlichen potenziellen Konkurrenten bekannt gibt, ohne von der Sonderbedarfszulassung Gebrauch zu machen, um zumindest einen längeren Zeitraum abzuwarten, ob einer der Konkurrenten Widerspruch erhebt. Während dieser Phase könnte er dann bei aufschiebend bedingter Zulassung weiter seiner bisherigen Tätigkeit nachgehen. Dies führt auf der anderen Seite aber zu dem Dilemma, dass die bestehende Unterversorgung durch die ausgesprochene Sonderbedarfszulassung nicht behoben wird. Diese unbefriedigende Situation, die letztlich durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts eingetreten ist, könnte es denkbar erscheinen lassen, dass die Zulassungsgremien eine Sonderbedarfszulassung nur noch erteilen, wenn Hinderungsgründe nach § 20 Abs. 1 oder 2 Ärzte-ZV nicht entgegen stehen. Dies dürfte allerdings wiederum den schutzwürdigen Interessen des Antrag-
34
51 52
53 54
BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680, m. Anm. Steinhilper. So Meschke, § 16b, Rz. 41; Steinhilper, MedR 2007, 469, 473; Steinhilper, MedR 2004, 682, 683; zweifelnd Schnath in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5, Rz. 37. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 66, Rz. 13a. Vgl. dazu z.B. BVerwG, Beschl. v. 28.08.1987, 4 N 3/86, BVerwGE 78, 85, 89ff. (zur Nachbarklage gegen Baugenehmigung).
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stellers entgegen laufen, da dieser auf Grund der weiter zunehmenden Verteilungskämpfe damit rechnen muss, dass eine erteilte Sonderbedarfszulassung von mindestens einem potenziellen Konkurrenten angefochten wird. Er wird daher kaum bereit sein, ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis zu kündigen. 5. Nichteintritt der Bedingung 35
Tritt die Bedingung nicht innerhalb von drei Monaten bzw. einer davon abweichend gesetzten Frist ein, wird die Zulassung nicht wirksam. Der zuvor bestehende Schwebezustand wird mit Zeitablauf beendet. Zur Beseitigung des Rechtsscheins einer bestehenden Zulassung sind die Zulassungsgremien berechtigt, durch deklaratorische Entscheidung das Ende der Zulassung festzustellen55. Statt die Unwirksamkeit der Zulassung festzustellen, können die Zulassungsgremien – etwa weil sie deren Wirksamkeit anders beurteilen – auch eine Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V aussprechen. Dies gilt auch dann, wenn die Zulassungsgremien sich nicht bewusst sind, damit nur den äußeren Anschein einer Zulassung zu beseitigen56.
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Sprechen die Zulassungsgremien – aus welchem Grund auch immer – die Entziehung der Zulassung aus, so kommt einem vom Arzt dagegen eingelegtem Widerspruch gemäß § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V, § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung zu. Dies hat jedoch keinesfalls die Wirkung, dass der Arzt wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nunmehr vertragsärztlich tätig werden dürfte. Schließlich kommt der Zulassung mangels Bedingungseintritts weiterhin keine Rechtswirkung zu57. Auch wird dem Arzt durch Eintritt der aufschiebenden Wirkung nicht mehr Zeit eingeräumt, um den Bedingungseintritt herbeizuführen. Denn die Zulassung gerät unmittelbar in Wegfall, sobald feststeht, dass ein Bedingungseintritt innerhalb der vorgesehenen Zeitspanne nicht eingetreten ist. 6. Späterer Wiedereintritt des Hinderungsgrundes
37
Wird der Hinderungsgrund beseitigt, entfällt der vorherige Schwebezustand und die Zulassung entfaltet unmittelbar ihre Rechtswirkung, ohne dass es einer entsprechenden Feststellung durch die Zulassungsgremien bedürfte. Mit Wegfall des Hinderungsgrundes ist der Arzt mithin berechtigt, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Tritt zu einem späteren Zeitpunkt derselbe oder ein anderer Hinderungsgrund (wieder) ein, ändert dies nichts an der bestehenden Zulassung58. Die Zulassungsgremien sind in einem solchen Fall lediglich berechtigt, die Zulassung zu entziehen.
38
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Zulassungsgremien die Zulassung nicht nur unter einer aufschiebenden, sondern auch unter einer auflösenden Bedingung ausgesprochen haben. Für eine solche auflösende Bedingung bietet § 20 Abs. 55 56 57 58
BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 174f. BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 175. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 491; Wenner, GesR 2004, 353, 360. So auch Estelmann, SGb 2003, 686, 687.
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3 Ärzte-ZV aber keine ausreichende Rechtsgrundlage, so dass die Verknüpfung der Zulassung mit einer auflösenden Bedingung rechtswidrig ist59. Ist eine solche auflösende Bedingung aber einmal bestandskräftig ausgesprochen, entfaltet diese grundsätzlich auch ihre Wirkung. 7. Rechtsbehelf Wird die Zulassung nach § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV unter Verknüpfung mit einer aufschiebenden Bedingung ausgesprochen, ist der betroffene Arzt berechtigt, isoliert gegen die aufschiebende Bedingung, die eine unselbstständige Nebenbestimmung des Hauptverwaltungsaktes darstellt, im Wege des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage vorzugehen60. Dies führt aber nicht dazu, dass der Arzt in diesem Fall vertragsärztlich tätig werden könnte, da die Rechtswirkungen des Hauptverwaltungsaktes, also der Zulassung, unabhängig von dem isoliert geführten Verfahren gegen die aufschiebende Bedingung noch nicht eintreten61.
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V. Genehmigungserfordernis bei nachträglicher Nebentätigkeitsaufnahme Nimmt ein Vertragsarzt erst nach erteilter Zulassung eine Nebentätigkeit auf, so soll diese nach teilweise vertretener Ansicht genehmigungspflichtig durch die Zulassungsgremien sein62. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Ärzte-ZV eine Genehmigungspflicht von Nebentätigkeiten nicht kennt, so dass mangels Rechtsgrundlage keine Genehmigungspflicht für nachträglich aufgenommene Nebentätigkeiten besteht.
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A.A. wohl BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 174, da dort die Möglichkeit des Erlasses einer auflösenden Bedingung angesprochen wird, ohne allerdings die Rechtmäßigkeit einer solchen Vorgehensweise zu hinterfragen. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, GesR 2002, 15, 16; SG Hamburg, Urt. v. 01.11.2000, S 3 KA 61/00, MedR 2001, 376, 376; SG Hamburg, Urt. v. 21.11.2001, S 3 KA 1353/00; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 491; vgl. zum Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen zu sozialrechtlichen Verwaltungsakten allg. Heilemann, SGb 2000, 250; Engelmann in: von Wulffen, SGB X, § 32, Rz. 33ff. BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, GesR 2003, 173, 174; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 576; Wenner, GesR 2004, 353, 360. SG Gelsenkirchen, Urt. v. 29.09.2005, S 16 KA 15/04.
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§ 21 Ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis ist ein Arzt mit geistigen oder sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Mängeln, insbesondere ein Arzt, der innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Ungeeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2. Geistige Mängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Körperliche Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 4. Sucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 5. Persönliche Verfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 a) Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 b) Berufswidriges Fehlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 c) Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 6. Verschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 7. Sprachdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 8. Fehlende Kenntnisse im Vertragsarzt- und Abrechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . 19 III. Wiederzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
I. Allgemeines 1
§ 21 Ärzte-ZV dient ebenso wie § 20 Ärzte-ZV der Sicherstellung und Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung1. Darüber hinaus sollen die Versicherten vor Gefahren geschützt werden, die von persönlich ungeeigneten Ärzten ausgehen können. Da beim Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen nach § 18 Ärzte-ZV grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Antragsteller auch als Vertragsarzt geeignet ist, handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift mit der Folge, dass die Beweislast für die Ungeeignetheit i. S. einer objektiven Feststellungslast bei den Zulassungsgremien liegt2. Bestehen konkrete Zweifel an der Ungeeignetheit des Antragstellers, können die Zulassungsgremien im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht Nachforschungen anstellen3. Weigert sich der Antragsteller, bei von den Zulassungsgremien gewünschten Untersuchungen teilzunehmen, so kann daraus nicht geschlossen werden, der Antragsteller sei für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet. So gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Arzt, der sich weigert, sich im Rahmen des vertragsärztlichen Zulassungsverfahrens untersuchen zu lassen, damit das Vorliegen von zulassungshindernden Eignungsmängeln eingestehe4. Der Antragsteller ist auch nicht verpflichtet, 1 2
3 4
BSG, Urt. v. 08.07.1981, 6 RKa 17/80, USK 81172. BSG, Urt. v. 09.06.1982, 6 RKa 26/80, BSGE 53, 291, 293; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 45; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 21 Ärzte-ZV, Rz. 128; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 603. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 604. BSG, Urt. v. 09.06.1982, 6 RKa 26/80, BSGE 53, 291, 293; s. auch BSG, Urt. v. 19.12.1984, 6 RKa 34/83, USK 84272.
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eine von den Zulassungsgremien für notwendig befundene ärztliche oder psychiatrische Untersuchung durchführen zu lassen, da es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehlt5. Den Zulassungsgremien steht bei der Prüfung der persönlichen Ungeeignetheit kein Ermessen zu. Der Begriff der Ungeeignetheit stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, so dass die Entscheidungen der Zulassungsgremien in dieser Hinsicht in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegen6.
2
II. Ungeeignetheit 1. Allgemeines Es versteht sich von selbst, dass nicht jeder geistige oder sonstige in der Person des Arztes liegende Mangel zur Ungeeignetheit führt. Nach Sinn und Zweck des § 21 Ärzte-ZV müssen die Mängel so geartet sein, dass durch diese eine reibungslose vertragsärztliche Versorgung der Versicherten gefährdet werden kann. Nur bei einer solchen engen Auslegung ist § 21 Ärzte-ZV mit Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren. Denn bei der Versagung der Zulassung handelt es sich um eine Einschränkung der Berufsfreiheit, die einer Beschränkung der Berufswahl nahe kommt. Derartige Eingriffe sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutze wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig7. Die Versagung der Zulassung als Vertragsarzt ist damit nur dann zulässig, wenn die in der Person des Arztes liegenden Mängel so beschaffen sind, dass sie die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung gefährden können8.
3
2. Geistige Mängel Unter geistigen Mängeln sind vornehmlich psychische Erkrankungen zu verstehen. Bedenken wegen psychischer Auffälligkeiten rechtfertigen eine Ablehnung der Zulassung allerdings nicht9. Nicht zu den geistigen Mängeln gehören charakterliche oder moralische Unzulänglichkeiten10. Da es sich bei diesen Unzulänglichkeiten 5 6 7
8
9 10
Offen gelassen von BSG, Urt. v. 19.12.1984, 6 RKa 34/83, USK 84272. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 32/86, MedR1987, 254, 255; Bayer. LSG, Urt. v. 02.12.1981, L 12/Ka 27/81; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 21 Ärzte-ZV, Rz. 123. Vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 26.08.1961, 2 BvR 322/61, NJW 1961, 2011; s. dazu auch speziell zum Vertragsarztrecht Clemens in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Anhang zu Art. 12, Rz. 104; vgl. zur Bedeutung des Zulassungssystems auch Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 58ff. BSG, Urt. v. 08.07.1980, 6 RKa 10/78, ArztR 1980, 325, bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 05.09.1980, 1 BvR 727/80, SozR 2200 § 368a RVO Nr. 6; BSG, Urt. v. 08.07.1981, 6 RKa 17/ 80, USK 81172; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 45; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 21 Ärzte-ZV, Rz. 126. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 46. A.A. Venter, Handbuch des Kassenarztrechts, Band II, Zulassungsrecht für Kassenzahnärzte, 1958, § 21 ZO-Zahnärzte, Ziff. 1 a).
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aber um sonstige schwerwiegende Mängel handeln kann, ist die Zuordnung ohne weitere Bedeutung. 3. Körperliche Erkrankungen 5
Körperliche Erkrankungen des Antragstellers können einen sonstigen schwerwiegenden Mangel begründen. Dabei ist stets auf die individuelle Situation und das Fachgebiet abzustellen, für das die Zulassung begehrt wird. So stehen übertragbare Erkrankungen wie HIV oder Hepatitis C einer Zulassung als Chirurg entgegen, nicht aber einer Zulassung als Laborarzt.
6
Körperliche Behinderungen des Arztes stehen einer Zulassung nur dann entgegen, wenn sie die ordnungsgemäße Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit – bezogen auf das jeweilige Fachgebiet – im jeweiligen Einzelfall nicht ermöglichen. 4. Sucht
7
Als sonstigen schwerwiegenden Mangel nennt § 21 Ärzte-ZV ausdrücklich die Rauschgift- und Trunksucht. Für das Vorliegen einer Rauschgiftsucht ist nicht entscheidend, ob das Rauschmittel unter das Betäubungsmittelgesetz fällt11. Auch Medikamente, die vom Betäubungsmittelgesetz nicht erfasst werden, können eine Rauschgiftsucht begründen, sofern sie zum Verlust der Selbstkontrolle und zu nicht unerheblichen körperlichen oder psychischen Schäden führen können12.
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Daneben können auch andere Mittel, die begrifflich nicht mehr als Rauschgift eingeordnet werden können, eine Sucht auslösen. Die Sucht als solche reicht in diesen Fällen aber nicht aus, um die Ungeeignetheit eines Arztes zu begründen. Vielmehr liegt eine Ungeeignetheit nur dann vor, wenn die durch die Sucht ausgelösten Zustände eine Gefahr für die Patienten darstellen können.
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Bei Rauschgift- oder Trunksucht ist nicht nur ein im Zeitpunkt der Bewerbung süchtiger Arzt für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet, sondern wegen der starken Rückfallgefahr und der Schwierigkeiten bei der rechtzeitigen Erkennung eines Rückfalls auch derjenige Arzt, der im Laufe der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgift- oder trunksüchtig war. Eine Heilung der Sucht innerhalb von fünf Jahren beseitigt die Ungeeignetheit demnach nicht. Die Ungeeignetheit wird vielmehr für die Dauer von fünf Jahren nach dem Abklingen der Suchterscheinung unwiderleglich vermutet13.
10
Diese Frist von fünf Jahren ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, da im Rahmen der Abwägung zwischen der Berufsfreiheit des Arztes und des Grundrechts des Versicherten auf körperliche Unversehrtheit letzteres vorzugehen 11 12 13
Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 21 Ärzte-ZV, Rz. 131. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.01.2004, L 5 KA 4663/03 ER-B, Der Kassenarzt 2004, Nr. 21, 47 (Kurzwiedergabe). BSG, Urt. v. 23.05.1968, 6 RKa 22/67, BSGE 28, 80, 82.
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hat; gerade bei Alkohol- bzw. Suchtabhängigkeit ist in der ersten Zeit nach der Entwöhnung und Entziehung das Rückfallrisiko am höchsten14. 5. Persönliche Verfehlungen Auch persönliche Verfehlungen der Vergangenheit können dazu führen, dass ein Arzt als ungeeignet zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung anzusehen ist. Dabei ist im Wesentlichen zwischen Straftaten, berufswidrigem Fehlverhalten und Verstößen gegen Vertragsarztrecht zu differenzieren.
11
a) Straftaten Vom Arzt begangene Straftaten führen grundsätzlich nicht zur Ungeeignetheit des Arztes. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Straftaten in Zusammenhang mit der Ausübung ärztlicher Tätigkeit stehen oder eine Gefährdung von Patienten oder des Systems der vertragsärztlichen Versorgung befürchten lassen15. Diese Gefahr ist z.B. regelmäßig bei Vermögensdelikten oder Sexualstraftaten gegeben16.
12
b) Berufswidriges Fehlverhalten Berufswidriges Fehlverhalten kann ebenfalls einen schwerwiegenden Mangel in der Person des Arztes begründen17. Auf Grund der berufswahlnahen einschränkenden Wirkung des § 21 Ärzte-ZV und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes muss ein solches Fehlverhalten aber von einem solchen Gewicht und Ausmaß sein, dass die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung dadurch beeinträchtigt würde. Dies kann z.B. bei wiederholten Verstößen gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung oder bei einer Vielzahl von Behandlungsfehlern der Fall sein.
13
c) Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten18 Verstößt der Antragsteller bereits vor Zulassung gegen vertragsärztliche Pflichten (z.B. als Vertreter) oder kündigt er an, sich an einzelne vertragsärztliche Pflichten nicht halten zu wollen, kann dadurch ebenfalls die Ungeeignetheit des Arztes begründet werden. Dies gilt auch, wenn der antragstellende Arzt nicht bereit ist, sich in das System der vertragsärztlichen Versorgung zu integrieren19. Auch unsachliche und herabsetzende Äußerungen über das System der gesetzlichen Krankenversicherung können geeignet sein, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu gefährden, so dass in der Person des Arztes eine Ungeeignetheit begründet sein kann20. Vormalige 14 15 16 17 18 19 20
BSG, Urt. v. 28.05.1968, 6 RKa 22/67, BSGE 28, 80, 82f.; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.01.2004, L 5 KA 4663/03 ER-B, Der Kassenarzt 2004, Nr. 21, 47 (Kurzwiedergabe). Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 588. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz, 588; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 489. BSG, Urt. v. 08.07.1981, 6 RKa 17/80, USK 81172. S. dazu ausführlich § 27, Rz. 12ff. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.06.1996, L 11 KA 155/94. BSG, Urt. v. 08.07.1981, 6 RKa 17/80, USK 81172; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.04.2006, L 10 B 2/06 KA ER, MedR 2007, 64, 67.
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Verstöße gegen Vertragsarztrecht sind insbesondere für Anträge auf Wiederzulassung21 von Bedeutung. 6. Verschuldung 15
Die erhebliche Verschuldung eines Antragstellers trotz ausreichender Einkünfte kann deutliche Mängel in dessen Lebensführung aufzeigen und starke Zweifel an der Zuverlässigkeit und charakterlichen Eignung als Vertragsarzt begründen22. Auf Grund der Bedeutung der vertragsärztlichen Zulassung kann eine Zulassung im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG in diesen Fällen nur ausnahmsweise versagt werden. 7. Sprachdefizite
16
Fehlende Kenntnisse der deutschen Sprache können einer Zulassung entgegen stehen, soweit der Arzt nicht in der Lage ist, sich mit seinen Patienten zu verständigen23. Schließlich ist mangels ausreichender Verständigungsmöglichkeiten mit den Patienten davon auszugehen, dass eine ordnungsgemäße Behandlung nach den Vorgaben des SGB V nicht stets gewährleistet ist24.
17
Ist der Antragsteller EU-Bürger, ist bei Ärzten Art. 20 Abs. 3 EG-Richtlinie 75/362/ EWG v. 16.06.197525 und bei Zahnärzten Art. 18 Abs. 3 EG-Richtlinie 78/686/ EWG v. 25.07.197826 über die jeweilige Anerkennung von Diplomen zu beachten. Danach haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass die Begünstigten eines Diploms eines anderen Mitgliedstaates die Sprachkenntnisse erwerben, die sie für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit im Aufnahmestaat brauchen. Daraus wird teilweise gefolgert, fehlende deutsche Sprachkenntnisse könnten kein Hinderungsgrund i.S. des § 21 Ärzte-ZV sein27. Dem wird man jedoch zu widersprechen haben, da durch die Formulierung in diesen Bestimmungen, Sprachkenntnisse erwerben zu können, „die sie für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit im Aufnahmestaat brauchen“, festgestellt wird, dass für die Ausübung (zahn)ärztlicher Tätigkeit im Aufnahmestaat Kenntnisse der Sprache des Aufnahmestaats erforderlich sind28.
18
Ist der Antragsteller zwar EU-Bürger, verfügt er aber nicht über ein in den Richtlinien genanntes Diplom, weil er z.B. ein Examen oder ein Diplom im Nicht-EUAusland erworben hat, so finden die Richtlinien keine Anwendung. Für diese Fälle 21 22 23
24 25 26 27 28
S. zur Wiederzulassung § 21, Rz. 52ff., sowie § 27, Rz. 27. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.06.1996, L 11 KA 155/94; Bayer. LSG, Urt. v. 16.04.1980, L 12 Ka 4/77. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 46; Liebold/ Zalewski, Kassenarztrecht, § 21 Ärzte-ZV, Rz. 126; a.A. SG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.1993, S 2 Ka 69/93. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 21 Ärzte-ZV, Rz. 126. ABl. EG Nr. L 167 v. 30.06.1975. ABl. EG Nr. L 233 v. 24.08.1978. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 46; ausdrücklich offen gelassen vom EuGH, Urt. v. 04.07.2000, C-424/97, NVwZ 2001, 903, 906. OVG Münster, Beschl. v. 09.07.2001, 13 B 531/01, NJW 2002, 914, 914f.
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ist bereits durch den Europäischen Gerichtshof entschieden, dass ein Mitgliedstaat die Zulassung zur (zahn)ärztlichen Versorgung von angemessenen Sprachkenntnissen abhängig machen darf, die notwendig sind, um sich mit den Patienten, den Verwaltungsbehörden und den Berufsorganisationen angemessen verständigen zu können29. 8. Fehlende Kenntnisse im Vertragsarzt- und Abrechnungswesen Fehlende Kenntnisse im Vertragsarzt- und Abrechnungswesen hindern die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht30. Dies gilt zumindest solange, wie dem Arzt die Fähigkeit nicht abgesprochen werden kann, sich die fehlenden Kenntnisse anzueignen. Soweit einzelne Zulassungsausschüsse, insbesondere im zahnärztlichen Bereich, im Rahmen der Zulassung auch die Kenntnisse im Abrechnungswesen prüfen, ist diese Vorgehensweise rechtswidrig.
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III. Wiederzulassung31 Bei Anträgen auf Wiederzulassung kommt § 21 Ärzte-ZV erhebliche praktische Bedeutung zu, soweit dem Antragsteller zuvor die Zulassung bereits einmal entzogen worden ist. Zwar darf eine Wiederzulassung zur vertragsärztlichen Versorgung aus verfassungsrechtlichen Gründen nur versagt werden, wenn der Antragsteller weiterhin für die Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeignet ist32, doch schafft die gröbliche Verletzung von vertragsärztlichen Pflichten zunächst gleichzeitig einen Hinderungsgrund für eine erneute Zulassung wegen schwerwiegender Mängel in der Person des Arztes33. Dies gilt zeitlich jedoch nicht unbegrenzt. Abhängig von der Schwere des Verstoßes und dem Verhalten des Arztes nach Entziehung der Zulassung kann nach einer vom jeweiligen Einzelfall abhängigen „Bewährungszeit“ erneut ein Rechtsanspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entstehen. Dabei ist nicht allein der Zeitablauf entscheidend, sondern vor allem das Verhalten des Arztes nach Zulassungsentziehung in seinem beruflichen Bereich34. Auch die Bereitschaft zur Wiedergutmachung eines eventuell ein-
29 30 31 32
33
34
EuGH, Urt. v. 04.07.2000, C-424/97, NVwZ 2001, 903, 906; zustimmend Voigtländer, EWiR 2001, 227, 228. SG Stuttgart, Urt. v. 06.11.1992, S 10 Ka 2262/92; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 21 Ärzte-ZV, Rz. 126; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 594. S. dazu auch § 27, Rz. 52ff. BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, NJW 1987, 1509, 1510; BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6RKa 32/86, MedR 1987, 254, 255; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 483. BSG, Urt. v. 08.07.1981, 6 RKa 17/80, USK 81172; BSG, Urt. v. 20.12.1983, 6 RKa 6/82, USK 83181; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 17.03.1998, L 5 KA 313/98 ER-B; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 483. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6RKa 32/86, MedR 1987, 254, 255; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 17.03.1998, L 5 KA 313/98 ER-B; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 483.
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getretenen Schadens kann berücksichtigt werden35. Weiter sind insbesondere die Art und Schwere des vormaligen Verstoßes, die sonstige Einhaltung der vertragsärztlichen Pflichten vor der Zulassungsentziehung sowie die Beachtung der ärztlichen Berufspflichten in der Folgezeit zu berücksichtigen36. Verbleiben nach Würdigung der Gesamtumstände und Ablauf einer „Bewährungszeit“ nur noch geringe Zweifel an der Wiedererlangung der Eignung, so ist den Krankenkassen und der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung eine erneute Teilnahme des Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung zuzumuten37. 21
Nach welchem Zeitraum ein erneuter Anspruch auf Zulassung bestehen kann, ist nicht festgelegt. Auf Grund des erheblichen Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit, der als berufswahlnahe Einschränkung zu qualifizieren ist38, wird eine Zeitspanne von fünf Jahren regelmäßig nicht überschritten werden dürfen39. In vielen Fällen wird auch eine kürzere „Bewährungszeit“ ausreichen, um die Wiedererlangung der Eignung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung begründen zu können40.
22
Der Lauf der „Bewährungszeit“ beginnt bereits mit Zustellung des Entziehungsbescheides. Soweit dagegen die Ansicht vertreten wird, die „Bewährungszeit“ beginne erst mit Eintritt der Bestandskraft des Entziehungsbescheides41, wird man dies nach dem grundlegenden Urteil des Bundessozialgerichts vom 20.10.200442, wonach ein etwaiges Wohlverhalten des Arztes während eines laufenden Zulassungsentziehungsverfahrens bei nicht angeordnetem Sofortvollzug der Zulassungsentziehung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung grundsätzlich zu berücksichtigen ist, nicht mehr aufrechterhalten können.
23
Auch im Rahmen eines Wiederzulassungsverfahrens ist das Merkmal der Wiedererlangung der Eignung einer vollumfänglichen gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum ist den Zulassungsgremien nicht eingeräumt43.
35 36 37 38 39
40 41 42 43
Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 596; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 483. Vgl. dazu auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 485. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6RKa 32/86, MedR 1987, 254, 256. Vgl. dazu Rz. 3. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6RKa 32/86, MedR 1987, 254, 255; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 17.03.1998, L 5 KA 313/98 ER-B; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 483; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 596; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 867. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 32/86, MedR 1987, 253, 254. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 485. BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, MedR 2005, 311; vgl. dazu ausführlich § 27, Rz. 27. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 32/86, MedR 1987, 254, 255; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 484.
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§ 24
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§ 22 (aufgehoben)
§ 23 (aufgehoben)
§ 24 (1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). (2) Der Vertragsarzt muss am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten. Er hat seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht. Liegt der Vertragsarztsitz in einem unterversorgten Gebiet, gilt die Pflicht bei der Wohnungswahl nach Satz 2 nicht. (3) Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung. Sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirks seiner Kassenärztlichen Vereinigung liegen, hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er seinen Vertragsarztsitz hat, sowie die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen sind vor der Beschlussfassung anzuhören. Der nach Satz 3 ermächtigte Vertragsarzt kann die für die Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz angestellten Ärzte auch im Rahmen seiner Tätigkeit an dem weiteren Ort beschäftigen. Er kann außerdem Ärzte für die Tätigkeit an dem weiteren Ort nach Maßgabe der Vorschriften anstellen, die für ihn als Vertragsarzt gelten würden, wenn er an dem weiteren Ort zugelassen wäre. Zuständig für die Genehmigung der Anstellung nach Satz 6 ist der für die Erteilung der Ermächtigung nach Satz 3 zuständige Zulassungsausschuss. Keiner Genehmigung bedarf die Tätigkeit eines Vertragsarztes an einem der anderen Vertragsarztsitze eines Mitglieds der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2, der er angehört. (4) Die Genehmigung und die Ermächtigung zur Aufnahme weiterer vertragsärztlicher Tätigkeiten nach Absatz 3 können mit Nebenbestimmungen erteilt
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
werden, wenn dies zur Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz und an den weiteren Orten unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte erforderlich ist. Das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln. (5) Erbringt der Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (ausgelagerte Praxisräume), hat er Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit seiner Kassenärztlichen Vereinigung unverzüglich anzuzeigen. (6) Ein Vertragsarzt darf die Facharztbezeichnung, mit der er zugelassen ist, nur mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses wechseln. (7) Der Zulassungsausschuss hat den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Übersicht Rz. I. Vertragsarztsitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Verlegung des Vertragsarztsitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 b) Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3. Verwertbarkeit des Vertragsarztsitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 a) Praxisnachfolgeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 b) Zulassungsverzicht zugunsten einer Angestelltentätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4. Der Vertragsarztsitz in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5. Steuerrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Residenzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1. Entfernung zwischen Wohnung und Vertragsarztsitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2. Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4. Verstoß gegen die Residenzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 III. Tätigkeiten des Vertragsarztes außerhalb des Vertragsarztsitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Zweigpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Anzahl und Standorte der Zweigpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Keine Beeinträchtigung der Versorgung am Vertragsarztsitz und zeitlicher Umfang der Zweigpraxistätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 d) Genehmigung/Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 e) Sprechstunden- bzw. Tätigkeitsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 f) Tätigkeit von angestellten Ärzten in der Zweigpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 g) Abrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 h) Drittwiderspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 i) Bedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 j) Besonderheiten Vertragszahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3. Ausgelagerte Praxisräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4. Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 5. Leistungserbringergemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 6. Sonderfall: Anästhesisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 IV. Wechsel der Facharztbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
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§ 24
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Literatur: Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG, MedR 2006, 555; Engelmann, Zur rechtlichen Zulässigkeit einer (vertrags-)ärztlichen Tätigkeit außerhalb des Ortes der Niederlassung, MedR 2002, 561; ders., Zweigpraxen und ausgelagerte Praxisräume in der ambulanten (vertrags-)ärztlichen Versorgung, GesR 2004, 113; Möller, Vertragsärztliche Leistungserbringungsgemeinschaften, MedR 1989, 60; Rigizahn, Der Rechtsbegriff „Vertragsarztsitz“, NZS 1999, 427; Schiller, Niederlassung, Praxissitz, Vertragsarztsitz, ausgelagerte Praxisräume, Zweigpraxis – Fragen zum Ort der Tätigkeit des (Vertrags-)Arztes, NZS 1997, 103.
I. Vertragsarztsitz 1. Allgemeines Die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist ohne Vertragsarztsitz nicht möglich. Das Bestehen eines Vertragsarztsitzes ist unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung1. Der Vertragsarztsitz ist daher grundsätzlich untrennbar mit der Zulassung verbunden2.
1
Der Vertragsarztsitz ist in § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV mit dem „Ort der Niederlassung“ bezeichnet. Damit ist nicht die politische Gemeinde oder ein abgrenzbarer Ortsteil, sondern die konkrete Praxisanschrift des Vertragsarztes gemeint3. Zwischen Zulassung und Vertragsarztsitz ist daher – was allerdings nicht immer geschieht – streng zu unterscheiden.
2
Der Vertragsarzt muss nach § 24 Abs. 2 Ärzte-ZV am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten (sog. Präsenzpflicht). Er hat dort seine Bereitschaft zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7 S. 1 EKV nach außen anzukündigen4 und zu den angekündigten Zeiten zur Versorgung der Versicherten zur Verfügung zu stehen5. Die Präsenzpflicht wird durchbrochen von Krankheit, Urlaub, Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung
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BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, SozR 3-2500 § 103 SGB V Nr. 5; BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 159f.; BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455, 455f.; Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 26. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 159; BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455, 456; Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 26; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 53; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 609; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 283; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 186; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 160; Schiller, NZS 1997, 109, 105; Engelmann, MedR 2002, 561, 563; differenzierend Rigizahn, NZS 1999, 427, 428ff.; a.A. noch Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 847. Vertragsärzte, die nicht patientenbezogen tätig sind, können von einer Ankündigung ihres Vertragsarztsitzes durch ein Praxisschild absehen, wenn sie dies der zuständigen Ärztekammer anzeigen (§ 17 Abs. 4 MBO-Ärzte). Zum erforderlichen zeitlichen Umfang des „Zur-Verfügung-Stehens“ vgl. § 19, Rz. 2ff. und § 20, Rz. 8ff.
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und Teilnahme an einer Wehrübung. Darüber hinaus wird man unter Beachtung von Art. 6 Abs. 1 GG auch die Entbindung und eine gewisse Mutterschutzfrist als zulässige Unterbrechung der Präsenzpflicht anzuerkennen haben6. Sonstige Unterbrechungen sind nur zulässig, soweit eine Güterabwägung einen Vorrang der anderen Schutzgüter ergibt (z.B. notfallmäßiger Hausbesuch) oder ein besonderes Gesetz bzw. eine behördliche Anordnung den Arzt freistellt (z.B. gerichtliche Zeugenvorladung)7. 2.
Verlegung des Vertragsarztsitzes
a) Allgemeines 4
Nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV kann der Vertragsarztsitz nur mit Genehmigung des Zulassungsausschusses verlegt werden. Dabei ist zu beachten, dass unter dem Vertragsarztsitz die konkrete Praxisanschrift zu verstehen ist. Jeder Praxisumzug, der mit einer Änderung der Praxisanschrift einhergeht, führt daher zu einer genehmigungspflichtigen Verlegung des Vertragsarztsitzes. Dabei kommt es nicht auf die Entfernung zwischen den Praxisräumlichkeiten an. Auch ein Praxisumzug in ein Nachbarhaus stellt eine genehmigungspflichtige Verlegung des Vertragsarztsitzes dar8. Lediglich ein Praxisumzug innerhalb desselben Gebäudes unter Beibehaltung der Praxisanschrift ist genehmigungsfrei.
5
Eine Verlegung des Vertragsarztsitzes ist nur innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Zulassungsausschusses möglich, der auch für die Erteilung der Zulassung zuständig war. Die Verlegung des Vertragsarztsitzes ist mithin auf den sog. Zulassungsbezirk beschränkt9. Dies lässt sich mittelbar der Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V entnehmen, wonach die Zulassung „mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes“ endet. Der Begriff „Bezirk“ knüpft an den Zulassungsbezirk (§ 1 Abs. 1 Ärzte-ZV) an. Die Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V geht mithin davon aus, dass ein Praxisumzug innerhalb des Zulassungsbezirks nicht qua Gesetz zur Beendigung der Zulassung führt. Ein Praxisumzug innerhalb desselben Zulassungsbezirks bedarf lediglich einer genehmigungspflichtigen Verlegung des Vertragsarztsitzes. Dabei ist jedoch Bedarfsplanungsrecht zu beachten10.
6
Möchte ein Vertragsarzt seine Praxis außerhalb des Zulassungsbezirks verlegen, so hat er bei dem für den anderen Zulassungsbezirk zuständigen Zulassungsausschuss eine neue Zulassung zu beantragen. Die Erteilung der Zulassung richtet sich dann nach den allgemeinen Vorschriften. Damit sind insbesondere auch bestehende Zu6 7 8 9
10
Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 70. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 70. BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455, 456; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 717. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 56; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 720; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 172; a.A. Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 33, nach dessen Ansicht die Verlegung des Vertragsarztsitzes auf den Planungsbereich beschränkt sein soll; ebenso Rothfuß, § 11, Rz. 3. Vgl. dazu Rz. 10.
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lassungsbeschränkungen zu berücksichtigen. Zudem kann der Arzt eine neue Zulassung nur erhalten, wenn er auf die bisherige Zulassung verzichtet11. b) Genehmigung Nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV ist der Antrag auf Sitzverlegung durch den Zulassungsausschuss zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegen stehen. Ist dies nicht der Fall, steht dem Vertragsarzt ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung zu12.
7
Das Genehmigungserfordernis dient der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Da die damit verbundenen Belastungen für den betroffenen Arzt typischerweise als gering einzustufen sind, bestehen gegen das Erfordernis der Genehmigung aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken13.
8
Bei der Prüfung, ob Gründe der vertragsärztlichen Versorgung einer Sitzverlegung entgegen stehen, sind ausschließlich planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände heranzuziehen14.
9
Als Ablehnungsgrund kommt zunächst Bedarfsplanungsrecht in Betracht. Möchte ein Vertragsarzt seinen Vertragsarztsitz z.B. innerhalb desselben Zulassungsbezirks in einen benachbarten Planungsbereich verlegen, für den eine Sperrung angeordnet worden ist, ist eine Genehmigung grundsätzlich ausgeschlossen. Schließlich ist es nicht möglich, über die Verlegung von Vertragsarztsitzen bestehendes Bedarfsplanungsrecht zu unterlaufen15.
10
Eine Verlegung des Vertragsarztsitzes kann weiter dann abgelehnt werden, wenn durch die Verlegung am bisherigen Ort des Vertragsarztsitzes eine lokale Unterversorgung droht. Dies kann auch in überversorgten Planungsbereichen der Fall sein. Dabei kommt es regelmäßig auf die Situation am bisherigen Vertragsarztsitz an. Droht dort keine lokale Unterversorgung, kann man eine Verlegung des Vertragsarztsitzes nicht mit der Begründung ablehnen, die unmittelbare Umgebung am neuen Standort sei bereits sehr gut versorgt. In diesem Fall ist kein Grund ersichtlich, der die damit verbundene Beschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen könnte16.
11
Eine Verlegung des Vertragsarztsitzes kann nicht wegen etwaiger Eignungsmängel des Vertragsarztes i.S. des § 21 Ärzte-ZV abgelehnt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Nebeneinander der Regelung in § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV einerseits und ande-
12
11 12
13 14 15
16
Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 56; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 172. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 56; Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 33; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 722. BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455, 456. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 27/99 R, MedR 2001, 265, 266; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 723; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 175; i.E. ebenso Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 95 SGB V, Rz. 33. Offen gelassen von BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160.
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rerseits den Regelungen in § 21 Ärzte-ZV, § 95 Abs. 7 SGB V i.V.m. § 27 ÄrzteZV17. 13
Eine rückwirkende Verlegung ist ausgeschlossen. Die für die Vertragsarztsitzverlegung erforderliche Genehmigung kann nur mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochen werden, da der Vertragsarztsitz auf Grund seiner engen Verknüpfung mit der Zulassung in seiner rechtlichen Wirkung an dem Statuscharakter der Zulassung teilnimmt. Einer Verlegung des Vertragsarztsitzes kommt mithin statusrelevanter Charakter zu, so dass eine rückwirkende Genehmigung ausscheidet18.
14
Bei der Entscheidung über den Verlegungsantrag kommt den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Ebenso wie bei den Fragen, ob ein besonderer Versorgungsbedarf i.S. von § 101 S. 1 Nr. 3 SGB V für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung19 oder ein Versorgungsbedarf für die Erteilung einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV gegeben ist, ist auch bei der Frage der Sitzverlegung die örtliche Versorgungssituation zu prüfen. Dabei sind – ebenso wie bei Sonderbedarfszulassungen oder Ermächtigungen – eine Vielzahl von Faktoren, wie z.B. die Anzahl und das Leistungsangebot der im Umfeld des bisherigen Vertragsarztsitzes niedergelassenen Ärzte, die räumliche Verteilung der Nachfrage oder die Verkehrsverbindungen zu berücksichtigen, die in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien können daher nur ungefähr entscheiden, inwieweit die vertragsärztliche Versorgung einer Sitzverlegung entgegen steht. Daher ist es – wie auch bei Ermächtigungen oder Sonderbedarfszulassungen20 – gerechtfertigt, den Zulassungsgremien einen nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum zuzugestehen und deren Entscheidung hinzunehmen, solange sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung hält.
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Gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses können der betroffene Vertragsarzt, die Kassenärztliche Vereinigung sowie die am Verfahren beteiligten Landesverbände der Krankenkassen Widerspruch einlegen. Niedergelassenen Vertragsärzten, die durch eine Verlegung des Sitzes eines konkurrierenden Arztes in ihren wirtschaftlichen Interessen berührt sein können, kommt keine Anfechtungsbefugnis zu. Schließlich kommt dem Genehmigungsvorbehalt des § 24 Abs. 7 ÄrzteZV insofern keine drittschützende Wirkung zu, da dieser lediglich die vertragsärztliche Versorgung sicherstellen soll. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.200421, da die mit diesem Beschluss festgestellte Anfechtungsbefugnis von Vertragsärzten gegen Ermächti17 18
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BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160. BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455, 455f.; vgl. dazu auch Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 167ff.; vgl. zu Statusentscheidungen § 19, Rz. 3. Hierzu § 16b, Rz. 20ff. Vgl. zum Beurteilungsspielraum bei Sonderbedarfszulassungen BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 43/96, SozR 3-2500 § 101 SGB V Nr. 1, und bei Ermächtigungen BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71, 73 m.w.N.; vgl dazu auch § 16b, Rz. 20ff., sowie § 31, Rz. 41. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680.
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gungen im Wesentlichen damit begründet worden ist, dass in einem System mit Bedarfsplanung und gedeckelter Gesamtvergütung dem Aspekt der quantitativen Konkurrenz eine höhere Bedeutung zukommt22. Diese Überlegungen sind bei der Verlegung eines Vertragsarztsitzes aber unerheblich, da der die Verlegung beantragende Vertragsarzt bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, so dass innerhalb dieses Systems der Konkurrenzdruck nicht erhöht wird. Vor reinen Standortverlegungen kann damit kein Wettbewerbsschutz bestehen. 3. Verwertbarkeit des Vertragsarztsitzes Der Vertragsarztsitz ist grundsätzlich untrennbar mit der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verbunden23. Die Zulassung ist als öffentlich-rechtliche Berechtigung untrennbar mit der Person des Berechtigten verbunden. Als solches höchstpersönliches Recht ist die Zulassung selbst weder veräußerbar, abtretbar oder pfändbar24. Ein selbstständiger Vermögenswert ist der Zulassung mithin nicht beizumessen25. Auf Grund der grundsätzlich untrennbaren Verbindung zwischen Zulassung und Vertragsarztsitz kann damit auch über den Vertragsarztsitz nicht gesondert verfügt werden26. Der Vertrag über die Veräußerung einer Zulassung oder eines Vertragsarztsitzes ist damit grundsätzlich nichtig27.
16
a) Praxisnachfolgeverfahren Die Übertragung des Vertragsarztsitzes wird durch ein Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V ermöglicht28. Danach hat ein Vertragsarzt, der seine vertragsärztliche Praxis aufgibt und an einen Nachfolger veräußern möchte, die Möglichkeit, seinen Vertragsarztsitz zur Übernahme auszuschreiben. Die gegenseitige Abhängigkeit von Zulassung und Vertragsarztsitz kann an dieser Stelle ausnahmsweise durchbrochen werden. Trotz möglicher Beendigung des Zulassungsstatus (z.B. durch Tod oder Erreichen der Altersgrenze) besteht im Falle der Ausschreibung der Vertragsarztsitz fort, um eine Verwertung der Praxis zu ermöglichen29. Dabei ist jedoch klarzustellen, dass auch in diesem Fall nicht der Vertragsarztsitz veräußert wird. Es geht vielmehr ausschließlich um die Veräußerung der Arztpraxis. Ist 22 23 24
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BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680, 681. S. Rz. 1. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.03.1997, L 11 SKa 85/96, MedR 1998, 377, 379; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 162; Rieger in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Praxisveräußerung“, Rz. 27. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.03.1997, L 11 SKa 85/96, MedR 1998, 377, 379; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 622; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 162. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.03.1997, L 11 SKa 85/96, MedR 1998, 377; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 622f.; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 162; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 283. OLG Hamm, Urt. v. 23.11.2004, 27 U 211/03, GesR 2005, 177, 181. S. dazu ausführlich § 16b, Rz. 42ff. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160.
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eine fortführungsfähige Arztpraxis nicht mehr vorhanden, kann auch keine Übertragung des Vertragsarztsitzes mehr erfolgen30. Dennoch ist nicht zu verkennen, dass in vielen Praxisnachfolgeverfahren faktisch auch ein Entgelt für die mit dem Praxiserwerb verbundene Übernahme des Vertragsarztsitzes gezahlt wird. b) Zulassungsverzicht zugunsten einer Angestelltentätigkeit 18
Nach § 103 Abs. 4a bzw. 4b SGB V kann ein Vertragsarzt in einem gesperrten Planungsbereich auf seine Zulassung verzichten, um in einem medizinischen Versorgungszentrum oder bei einem Vertragsarzt als angestellter Arzt tätig zu werden. Der Vertragsarztsitz des auf die Zulassung verzichtenden Arztes wandelt sich damit in eine Arztstelle um, die dem medizinischen Versorgungszentrum bzw. dem anstellenden Vertragsarzt zugeordnet wird. Nach Beendigung der Angestelltentätigkeit des auf die Zulassung verzichtenden Arztes kann das medizinische Versorgungszentrum bzw. der anstellende Vertragsarzt die Arztstelle unabhängig vom Bestehen von Zulassungsbeschränkungen beliebig mit einem anderen angestellten Arzt besetzen (§ 103 Abs. 4a S. 5 bzw. Abs. 4b S. 2 SGB V).
19
Mit Einführung dieser Regelungen31 hat der Gesetzgeber den Vertragsarztsitz zur Handelsware gemacht. Der Vertragsarzt hat damit ohne Durchführung eines Praxisnachfolgeverfahrens die Möglichkeit, unmittelbar zugunsten eines medizinischen Versorgungszentrums oder eines anderen Vertragsarztes auf seine Zulassung zu verzichten. Eine gleichzeitige Übertragung der Praxis ist auf Grund des eindeutigen Wortlauts des § 103 Abs. 4a S. 1 bzw. § 103 Abs. 4b S. 1 SGB V nicht erforderlich. Dabei dürfte auch dem Gesetzgeber klar gewesen sein, dass das begünstigte medizinische Versorgungszentrum bzw. der begünstigte Vertragsarzt regelmäßig ein Entgelt für die begünstigende Verzichtserklärung bei erfolgreicher Zulassungsübertragung zahlt. Zwar ändert dies nichts an der Einordnung der Zulassung als höchstpersönliches Recht, doch kann in den Fällen des § 103 Abs. 4a bzw. § 103 Abs. 4b SGB V ein Entgelt für die Zulassung (bzw. den Zulassungsverzicht) realisiert werden. 4. Der Vertragarztsitz in der Insolvenz
20
Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung stellt ein höchstpersönliches Recht dar, das weder gepfändet werden kann noch in die Insolvenzmasse fällt32. Da der Vertragsarztsitz mit der Zulassung grundsätzlich untrennbar verbunden ist33, kann der Vertragsarzt die Befugnis zur Verfügung über diesen nicht durch Eröffnung des 30
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BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, SozR 3-2500 § 103 SGB V Nr. 5; Rieger in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Praxisveräußerung“, Rz. 27; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 237ff. Die Regelung des § 103 Abs. 4a SGB V ist durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. 2003 I, 2190) in das SGB V eingeführt worden. Durch das VÄndG vom 22.12.2006 (BGBl. 2006 I, 3439 ist über § 103 Abs. 4 b SGB V auch Vertragsärzten die Anstellungsmöglichkeit unter Gewinnung von Arztstellen eröffnet worden. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160. Vgl. dazu Rz. 1.
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Insolvenzverfahrens verlieren34. Nichts anderes gilt auch für das Recht auf Verlegung des Vertragsarztsitzes und für die Befugnis, die dafür erforderliche Genehmigung zu beantragen. Auch diese Befugnis geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht auf den Insolvenzverwalter über35. 5. Steuerrechtliche Besonderheiten Nach einem Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 28.09.2004 stellt die mit der vertragsärztlichen Zulassung verbundene Chance, in einem regulierten Markt auftreten zu können, ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut dar, so dass Aufwendungen für den Erhalt einer Zulassung nicht abschreibungsfähig sein sollen36. Insoweit bestehen allerdings berechtigte Zweifel, da im Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V nicht die Zulassung, sondern die Arztpraxis übertragen wird. In diesem Rahmen darf ein Entgelt für die Zulassung nicht gewährt werden. Erfolgt allerdings ein Zulassungsverzicht nach § 103 Abs. 4a bzw. Abs. 4b SGB V zugunsten eines medizinischen Versorgungszentrums oder eines Vertragsarztes, wird man hingegen von einer fehlenden Abschreibungsmöglichkeit hinsichtlich der für die Verzichtserklärung getätigten Aufwendungen ausgehen müssen.
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II. Residenzpflicht Nach § 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt seine Wohnung so zu wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht (Residenzpflicht). Damit soll sichergestellt werden, dass der Vertragsarzt seiner Pflicht zur Abhaltung von Sprechstunden (Präsenzpflicht) nachkommt und für die Versicherten erreichbar ist37. In unterversorgten Gebieten gilt die Residenzpflicht nach § 24 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV allerdings nicht.
22
1. Entfernung zwischen Wohnung und Vertragsarztsitz Die Frage nach der zulässigen Entfernung zwischen Wohnung und Vertragsarztsitz entzieht sich einer schematischen Beantwortung. Da die Residenzpflicht die Beratungs- und Behandlungstätigkeit des Vertragsarztes sichern soll, gelten für Arztgruppen, die nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind, andere Vorgaben als für hauptsächlich patientenbezogen tätige Ärzte38. Es kann ebenfalls einen Unterschied machen, ob der Vertragsarzt in Einzelpraxis oder in größerer Berufsausübungsgemeinschaft tätig ist, soweit innerhalb der Berufsausübungsgemeinschaft die ständige Erreichbarkeit mindestens eines Vertragsarztes sichergestellt ist39. 34 35 36 37 38 39
BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159, 160. FG Niedersachsen, Urt. v. 28.09.2004, 13 K 412/01, MedR 2005, 679, m. Anm. Bäune. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405, 406; SG Münster, Urt. v. 27.03.2007, S 2 KA 40/05, GesR 2007, 219. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405, 407. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405, 407f., m. Anm. Steck.
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Zulassung und Vertragsarztsitz
Unabhängig von der jeweiligen Arztgruppe wird man es grundsätzlich als ausreichend ansehen müssen, wenn der Vertragsarzt seinen Vertragsarztsitz regelmäßig innerhalb von 30 Minuten erreichen kann40. Schließlich wird selbst bei Belegärzten für ausreichend erachtet, wenn sie ihre Belegabteilung innerhalb von 30 Minuten erreichen können41. 2. Wohnung
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Mit der in § 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV bezeichneten Wohnung ist nicht der Hauptwohnsitz des Vertragsarztes gemeint. Es reicht vielmehr aus, dass der Vertragsarzt innerhalb der zulässigen Entfernung einen Zweitwohnsitz begründet. So kann man dem Begriff „Wohnung“ nicht entnehmen, dass ein Hauptwohnsitz begründet werden soll, da dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch lediglich eine zum Wohnen (Schlafen, Essen, Waschen etc.) geeignete und eingerichtete Räumlichkeit meint. Es ist daher ausreichend, wenn der Vertragsarzt einen Zweitwohnsitz in der erforderlichen Nähe zum Vertragsarztsitz begründet. 3. Auflage
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Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung kann nach § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X mit der Auflage verbunden werden, innerhalb einer bestimmten Frist eine Wohnung zu nehmen, die der Residenzpflicht genügt42. Nach Erteilung der Zulassung kann eine nachträgliche Auflage jedoch mangels Rechtsgrundlage nicht mehr erteilt werden, da § 32 SGB X nur die Fälle betrifft, in denen die Auflage bei Erlass des Verwaltungsaktes ausgesprochen wird43.
27
Wird die Zulassung mit einer Auflage zur Einhaltung der Residenzpflicht verbunden, hat der Vertragsarzt die Möglichkeit, die Auflage isoliert anzufechten44. Die ausgesprochene Auflage kann vom Gericht in vollem Umfang überprüft werden; den Zulassungsgremien kommt kein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu45. Wird die Auflage bestandskräftig und kommt der Vertragsarzt der 40
41 42
43 44 45
Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405, 408, bei einem Psychologischen Psychotherapeuten eine Erreichbarkeit der Praxis von 30 Minuten nicht beanstandet. Nach einem Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.03.2003, S 26 KA 15/02, GesR 2003, 178, liegt die maximale Grenze bei einem Psychologischen Psychotherapeuten bei einer Erreichbarkeit der Praxis innerhalb von 30 Minuten. Das SG Münster, Urt. v. 27.03.2007, S 2 KA 40/05, GesR 2007, 219, geht darüber hinaus und hält eine von den Zulassungsgremien festgesetzte maximale Grenze von 40 Minuten für willkürlich und zu eng gezogen. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23.11.1999, L 6 KA 18/99, MedR 2000, 383, 384f. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405, 407f., m. Anm. Steck; SG Dortmund, Urt. v. 07.03.2003, S 26 KA 15/02, GesR 2003, 178, a.A. SG Gelsenkirchen, Urt. v. 01.02.2001, S 16 KA 4/00, Der Kassenarzt 2001, Nr. 38, 60 (Kurzwiedergabe), wonach es an einer Rechtsgrundlage für den Erlass einer Auflage fehlen soll. SG Münster, Urt. v. 11.10.2004, S 2 KA 118/02; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 631. Vgl. zum Rechtschutz gegen mit der Zulassung verbundene Auflagen § 20, Rz. 39. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405, 406; a.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 633.
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Auflage nicht nach, so kann dem Vertragsarzt die Zulassung wieder entzogen werden46. 4. Verstoß gegen die Residenzpflicht Bei einem Verstoß des Vertragsarztes gegen die Residenzpflicht ist zunächst zu unterscheiden, ob dem Vertragsarzt in Verbindung mit der Zulassung die Auflage eines Wohnungswechsels erteilt worden ist oder nicht. Erfüllt der Vertragsarzt eine ihm erteilte bestandskräftige Auflage nicht, so wird ihm die Zulassung regelmäßig zu entziehen sein. Schließlich zeigt der Vertragsarzt damit, dass er von Anfang an nicht gewillt ist, die mit seiner Zulassung verbundenen Pflichten zu erfüllen und sich in das System der vertragsärztlichen Versorgung einzugliedern.
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Ist mit dem Verstoß gegen die Residenzpflicht nicht die Nichterfüllung einer Auflage verbunden, wird der Verstoß z.B. erst durch einen späteren Wohnortwechsel begründet, so kann ein Disziplinarverfahren gegen den Vertragsarzt eingeleitet werden47. Daneben ist es auch möglich, dem Vertragsarzt die Zulassung zu entziehen48. Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird man hier jedoch zu fordern haben, dass der Vertragsarzt zunächst aufgefordert wird, innerhalb einer angemessenen Frist eine Wohnung zu wählen, die den Anforderungen der Residenzpflicht genügt. Der nachträgliche Erlass einer Auflage ist jedoch nicht zulässig49.
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Eine nachträgliche Honorarberichtigung ist bei Verstoß gegen die Residenzpflicht grundsätzlich unzulässig50. Zwar besteht die Befugnis der Kassenärztlichen Vereinigungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat51. Damit können jedoch nicht sämtliche Verstöße gegen Vertragsarztrecht gemeint sein, da das Institut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ansonsten als Sanktionsmittel herzuhalten hätte. Dies ist aber gerade nicht Sinn und Zweck der sachlich-rechnerischen Richtigstellung. Das Institut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung dient vielmehr dazu, zu Unrecht erbrachte und abgerechnete Leistungen von einer Vergütung auszuschließen. Voraus-
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49 50 51
BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405, 406, wobei ausdrücklich offen gelassen wird, ob die Entziehung nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB X oder auf der Grundlage von § 95 Abs. 6 SGB V zu erfolgen hat. SG Münster, Urt. v. 11.10.2004, S 2 KA 118/02; SG Gelsenkirchen, Urt. v. 01.02.2001, S 16 KA 4/00, Der Kassenarzt 2001, Nr. 38, 60 (Kurzwiedergabe); Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 631; Steinhilper in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Disziplinarverfahren der KVen“, Rz. 43. SG Gelsenkirchen, Urt. v. 01.02.2001, S 16 KA 4/00, Der Kassenarzt 2001, Nr. 38, 60 (Kurzwiedergabe); Steinhilper in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Disziplinarverfahren der KVen“, Rz. 43. S. Rz. 26. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 636. BSG, Urt. v. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, MedR 2006, 307, m. Anm. Steinhilper.
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
setzung einer Honorarberichtigung ist mithin, dass der Verstoß gegen Vertragsarztrecht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistungserbringung erfolgt. Bei einem Verstoß gegen die Residenzpflicht fehlt es an einem solchen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Rechtsverletzung und Leistungserbringung. Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn der Vertragsarzt aus dem Zulassungsbezirk verzogen ist.
III. Tätigkeiten des Vertragsarztes außerhalb des Vertragsarztsitzes 1. Allgemeines 31
Der Vertragsarzt hat seine ärztliche Tätigkeit grundsätzlich an seinem Vertragsarztsitz auszuüben. Bis zum In-Kraft-Treten des VÄndG am 01.01.2007 waren ärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes – abgesehen von Notfallbehandlungen, Hausbesuchen, Konsiliar- und Belegarzttätigkeiten – nur in ausgelagerten Praxisräumlichkeiten und genehmigten Zweigpraxen zulässig52. Durch das VÄndG sollen die berufsrechtlichen Lockerungen, die auf dem 107. Deutschen Ärztetag 2004 beschlossen worden sind, auch im vertragsärztlichen Bereich nachvollzogen werden, soweit diese mit der spezifischen Pflicht des Vertragsarztes, die vertragsärztliche Versorgung an seinem Vertragsarztsitz zu gewährleisten, vereinbar sind53. 2. Zweigpraxis
32
Vor In-Kraft-Treten des VÄndG bedurfte die Tätigkeit eines Vertragsarztes in einer weiteren Praxis – mit der Ausnahme von Tätigkeiten in ausgelagerten Praxisräumlichkeiten und Operationen in einem Operationszentrum – der vorherigen Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 15a Abs. 1 S. 1 BMV-Ä a.F. bzw. § 15a Abs. 1 S. 1 EKV a.F.). Eine Genehmigung durfte von der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 15a Abs. 1 S. 2 BMV-Ä a.F. bzw. § 15a Abs. 1 S. 2 EKV a.F. nur erteilt werden, wenn die Zweigpraxis zur Sicherung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung erforderlich war und im Bezirk derselben Kassenärztlichen Vereinigung lag54.
33
Durch das VÄndG sind die Vorgaben zum Betrieb einer Zweigpraxis erheblich gelockert worden. Nach § 24 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV können vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes mit vorheriger Genehmigung an weiteren Orten ausgeübt werden, wenn dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten 52 53 54
Vgl. zur alten Rechtslage Engelmann, MedR 2002, 561; ders., GesR 2004, 113; Reiter, GesR 2003, 196; Schiller, NZS 1997, 103. BT-Drucks. 16/2474, S. 15. Mit der Regelung des § 15a BMV-Ä a.F. bzw. § 15a EKV a.F., die jeweils zum 09.05.2003 in Kraft getreten sind, wurden im Wesentlichen die Vorgaben der Rechtsprechung zu Zweigpraxen und ausgelagerten Praxisräumen nachvollzogen, vgl. dazu BSG, Urt. v. 20.12.1995 – 6 RKa 55/94 – SozR 3-2500 § 75 SGB V Nr. 7.
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verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Zwar spricht § 24 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV allgemein von vertragsärztlicher Tätigkeit an weiteren Orten, doch ist damit lediglich die Tätigkeit in Zweigpraxen gemeint. Wie auch nach bisherigem Recht fallen Hausbesuche, Notfallbehandlungen, Konsiliar- und Belegarzttätigkeiten, Tätigkeiten in ausgelagerten Praxisräumlichkeiten und Operationen in Operationszentren nicht unter die Zweigpraxistätigkeit. In der zum 01.07.2007 in Kraft getretenen Neufassung des BMV-Ä bzw. EKV ist die Zweigpraxis lediglich als genehmigter weiterer Tätigkeitsort des Vertragsarztes bzw. als Nebenbetriebsstätte eines medizinischen Versorgungszentrums definiert (§ 1a Nr. 19 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 19 EKV). Die Gesamtvertragspartner haben davon abgesehen, die in § 24 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV festgelegten Genehmigungsvoraussetzungen näher zu konkretisieren. In § 15a Abs. 2 S. 1 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 2 S. 1 EKV wird dazu lediglich auf die nach § 24 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV zu erteilende Genehmigung verwiesen.
34
a) Anzahl und Standorte der Zweigpraxen Bei der Auswahl weiterer Praxisstandorte bestehen keine Einschränkungen. Der Vertragsarzt ist weder an seinen Planungsbereich noch an den Bezirk der für seinen Vertragsarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung gebunden. Auch eine Höchstzahl von Zweigpraxen wird weder durch § 24 Ärzte-ZV noch durch die Regelungen des BMV-Ä bzw. EKV vorgegeben. Allerdings sind bei der Anzahl der Zweigpraxen die berufsrechtlichen Vorgaben zu beachten, wonach der Arzt über seinen Praxissitz hinaus nur noch an zwei weiteren Orten ärztlich tätig sein darf (§ 17 Abs. 2 MBO-Ärzte). Diese berufsrechtliche Einschränkung wird durch Vertragsarztrecht nicht aufgehoben, da das ärztliche Berufsrecht durch das Vertragsarztrecht grundsätzlich nicht tangiert wird55.
35
Die Residenzpflicht56 führt nicht zu einer Einschränkung bei der Standortwahl für die Zweigpraxis. Denn diese bezieht sich nach § 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV ausschließlich auf den Vertragsarztsitz. Die Zweigpraxen müssen vom Vertragsarzt mithin nicht innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein57. Schließlich bezieht sich die Präsenzpflicht, die durch die Residenzpflicht sichergestellt werden soll58, ausschließlich auf den Vertragsarztsitz, nicht aber auf Nebenbetriebsstätten59.
36
55
56 57 58 59
Nur in Ausnahmefällen kann der für das System der gesetzlichen Krankenversicherung zuständige Bundesgesetzgeber über die Kompetenz kraft Sachzusammenhangs oder die Annexkompetenz auch berufsrechtliche Fragen, die nach Art. 70 GG dem Landesrecht unterfallen, regeln; s. dazu Anhang zu § 18, Rz. 28ff. Zum Verhältnis zwischen Berufsrecht und Vertragsarztrecht s. auch Engelmann, MedR 2002, 561, 572; ders., GesR 2004, 113, 117; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 87; Pestalozza, GesR 2006, 289. Vgl. zur Residenzpflicht, Rz. 22ff. So auch KBV – Einzelfragen, S. 11; a.A. SG Marburg, Beschl. v. 27.08.2007, S 12 KA 346/ 07 ER; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 658. Vgl. dazu Rz. 22. S. zum Begriff der Nebenbetriebsstätte § 1a Nr. 22 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 22 EKV.
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
b) Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis 37
Weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, was unter einer Verbesserung der Versorgung zu verstehen sein soll. Unstreitig dürfte noch sein, dass eine Zweigpraxiseröffnung in einem unterversorgten Gebiet stets zu einer Versorgungsverbesserung führt. Ist eine Unterversorgung nicht gegeben, so führt die Eröffnung eines weiteren Standortes als solche nicht bereits zu einer Versorgungsverbesserung. Ansonsten hätte der Gesetzgeber darauf verzichten können, die Versorgungsverbesserung ausdrücklich als Zulässigkeitskriterium aufzunehmen60.
38
Eine Verbesserung der Versorgung ist zumindest immer dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung61 oder einer Ermächtigung62 wegen eines lokalen oder qualitativen Versorgungsbedarfs vorliegen. Zu weitgehend ist es allerdings, wenn man eine Verbesserung der Versorgung nur unter diesen restriktiven Voraussetzungen annehmen will63. Schließlich knüpft § 24 Abs. 3 Nr. 1 Ärzte-ZV nicht an einen bestehenden Versorgungsbedarf, sondern lediglich an die Verbesserung der Versorgung an. Der Gesetzgeber hat also offensichtlich bewusst davon Abstand genommen, die Eröffnung von Zweigpraxen versorgungsbedarfsabhängig auszugestalten64.
39
Das Sozialgericht Marburg sieht eine Verbesserung der Versorgung dann als gegeben an, wenn eine Bedarfslücke besteht, „die zwar nicht unbedingt geschlossen werden muss, die aber nachhaltig eine durch Angebot oder Erreichbarkeit veränderte und im Sinne der vertragsärztlichen Versorgung verbesserte Versorgungssituation herbeiführt“65. Im Ergebnis ist dem Sozialgericht Marburg zuzustimmen. Man sollte jedoch nicht von einer „Bedarfslücke“ sprechen, um den Eindruck einer bedarfsabhängigen Genehmigungsvoraussetzung zu vermeiden, sondern von einer qualifizierten Versorgungsverbesserung. Eine solche qualifizierte Versorgungsverbesserung setzt voraus, dass der Verbesserung ein gewisses Gewicht zukommt. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn durch die Zweigpraxis die am Ort bestehenden Wartezeiten deutlich reduziert werden, wenn besondere Qualifikationen oder technisch-apparative Ausstattungen vorgehalten werden, die am Ort der Zweigpraxis selten vorhanden sind (ohne dass zugleich ein qualitativer Versorgungsbedarf gegeben sein muss) oder wenn die räumliche Erreichbarkeit ärztlicher Leistungen durch die Gründung einer Zweigpraxis nachhaltig verbessert wird. Über die Gründung von Zweigpraxen kann die Bedarfsplanung mithin unter Beachtung der aufgezeigten Grenzen teilweise unterlaufen werden66. 60 61 62 63 64 65 66
Ebenso SG Marburg, Urt. v. 07.03.2007, S 12 KA 701/06; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 644; wohl offen bei Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 67f. Vgl. zur Erteilung einer Sonderbedarfszulassung § 16b, Rz. 20ff. Zur Erteilung einer Ermächtigung s. § 31. So aber Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 645ff. Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 67; s. dazu kritisch Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 563. SG Marburg, Urt. v. 07.03.2007, S 12 KA 701/06, sowie Beschl. v. 27.08.2007, S 12 KA 374/07 ER. Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 563.
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c) Keine Beeinträchtigung der Versorgung am Vertragsarztsitz und zeitlicher Umfang der Zweigpraxistätigkeit Durch die Begründung einer Zweigpraxis darf die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes des Vertragsarztes nicht beeinträchtigt werden. Dies bedeutet nicht, dass der Vertragsarzt den bisherigen Versorgungsumfang am Vertragsarztsitz aufrechtzuerhalten hat. Er ist nicht gehindert, einen bisher geleisteten übermäßigen Versorgungsumfang zu reduzieren. Maßgeblich ist allein die Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Versorgung. Er hat also am Vertragsarztsitz weiterhin seiner Präsenzpflicht zu genügen und in dem erforderlichen Umfang zur vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Dieser Mindestumfang ist nach § 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV auf eine Sprechstundenzeit von 20 Wochenstunden festgelegt67. Hält der Vertragsarzt diesen Versorgungsumfang am Vertragsarztsitz vor, kommt er seiner Präsenzpflicht ausreichend nach. In diesem Fall steht – aus zeitlicher Sicht – einer Zweigpraxistätigkeit nichts im Wege. Allerdings darf die vertragsärztliche Tätigkeit des Vertragsarztes außerhalb des Vertragsarztsitzes nach § 17 Abs. 1a S. 2 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 2 EKV die vertragsärztliche Tätigkeit am Vertragsarztsitz in zeitlicher Hinsicht nicht überwiegen. Dabei ist zu beachten, dass sämtliche vertragsärztlichen Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu betrachten sind, so dass die vertragsärztliche Tätigkeit am Vertragsarztsitz in zeitlicher Hinsicht sämtliche vertragsärztliche Leistungen außerhalb des Vertragsarztsitzes in ihrer Gesamtheit überwiegen muss. Da § 17 Abs. 1a S. 2 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 2 EKV nicht auf die persönliche Tätigkeit des Vertragsarztes abstellt, sondern auf die vertragsärztliche Tätigkeit als solche, sind für diese Vergleichsbetrachtung auch die vertragsärztlichen Tätigkeiten von angestellten Ärzten zu berücksichtigen, da deren Leistungen dem Praxisinhaber nach § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV zugerechnet werden68. Dies gilt sowohl für die Tätigkeit von angestellten Ärzten am Vertragsarztsitz als auch in der Zweigpraxis.
40
d) Genehmigung/Ermächtigung Die vertragsärztliche Tätigkeit in einer Zweigpraxis bedarf der vorherigen Genehmigung bzw. Ermächtigung. Liegt die Zweigpraxis innerhalb des Bezirks der für den Vertragsarzt zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, so ist die Genehmigung durch diese zu erteilen. Liegt die Zweigpraxis innerhalb des Bezirks einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung, so ist durch den für den Ort der Zweigpraxis zuständigen Zulassungsausschuss eine Ermächtigung zu erteilen. Vor Erteilung der Ermächtigung sind der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk der Vertragsarztsitz des Antragstellers gelegen ist, sowie die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen anzuhören. Sowohl auf die Erteilung der Genehmigung als auch die Erteilung der Ermächtigung besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch. Weder 67 68
S. dazu § 19a, Rz. 4. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 15a BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 6 S. 3 EKV. Dort ist ausdrücklich festgelegt, dass § 17 Abs. 1a S. 3 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 3 EKV durch die Anstellung von Ärzten unberührt bleibt.
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die Genehmigung noch die Ermächtigung können als Verwaltungsakte mit statusähnlichem Charakter rückwirkend erteilt werden69. 42
Genehmigung und Ermächtigung können nach § 24 Abs. 4 Ärzte-ZV mit Nebenbestimmungen verbunden werden, soweit dies zur Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz und an den weiteren Orten unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte erforderlich ist. Das Nähere dazu ist nach § 24 Abs. 4 S. 2 Ärzte-ZV in den Bundesmantelverträgen zu regeln. In Ausfüllung dieses Regelungsauftrages ist in § 17 Abs. 1a S. 6 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 6 EKV festgelegt, dass zur Sicherung der Versorgungspräsenz am Vertragsarztsitz und den weiteren Orten Mindest- und/oder Höchstzeiten für die Tätigkeit am Standort der Zweigpraxis festgesetzt werden sollen.
43
Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Genehmigung bzw. Ermächtigung steht der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. dem Zulassungsausschuss – wie auch bei der Entscheidung über die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung und einer bedarfsabhängigen Ermächtigung70 – ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich damit auf die Prüfung, ob der Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Kassenärztliche Vereinigung bzw. der Zulassungsausschuss die durch die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe „Verbesserung der Versorgung“ und „ordnungsgemäße Versorgung“ ermittelten Grenzen eingehalten haben und ob sie ihre Erwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist71. Ein entsprechender Beurteilungsspielraum steht der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. dem Zulassungsausschuss grundsätzlich auch beim Erlass von Nebenbestimmungen nach § 24 Abs. 4 S. 2 Ärzte-ZV zu, die der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung dienen.
44
Eine erteilte Genehmigung oder Ermächtigung bezieht sich ausschließlich auf die im Antrag angegebene Anschrift der Zweigpraxis. Verlegt der Vertragsarzt seine Zweigpraxis, so bedarf es einer neuen Genehmigung bzw. Ermächtigung. Ebenso wie bei der Verlegung des Vertragsarztsitzes72 kommt es insoweit nicht darauf an, in welcher Entfernung der neue Zweigpraxisstandort zum alten Zweigpraxisstandort liegt73.
45
Die Aufhebung einer erteilten Genehmigung bzw. Ermächtigung ist weder in der Ärzte-ZV noch den Bundesmantelverträgen geregelt. In § 15a Abs. 7 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 7 EKV ist lediglich festgelegt, dass dem Vertragsarzt bei einem Widerruf der Zweigpraxis eine angemessene Übergangszeit zur Beendigung seiner Tätigkeit
69 70 71
72 73
So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 686. Vgl. dazu Rz.14 m.w.N. BSG, Urt. v. 14.07.1993, 6 RKa 71/91, MedR 1994, 73, 75, zur Ermächtigung. Vgl. allgemein zur gerichtlichen Kontrolle eines eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 54, Rz. 27ff. Vgl. dazu § 24, Rz. 4. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 689f.
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einzuräumen ist. Diese Vorschriften setzen die Widerrufbarkeit einer Zweigpraxisgenehmigung voraus, stellen aber selbst keine Rechtsgrundlage zum Widerruf einer Genehmigung dar, da die Gesamtvertragspartner offensichtlich nur das Gewähren einer angemessenen Übergangszeit festgeschrieben wissen wollten. Die Voraussetzungen für einen Widerruf sind dort jedenfalls nicht festgelegt. Mangels Sondervorschriften erfolgt die Aufhebung einer Genehmigung bzw. Ermächtigung zum Zweigpraxisbetrieb mithin nach §§ 44ff. SGB X74. Um bei einer Vernachlässigung der Pflicht, die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz nicht zu beeinträchtigen, reagieren zu können, sollten die Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. Zulassungsausschüsse die Genehmigungen bzw. Ermächtigungen daher mit entsprechenden Widerrufsvorbehalten oder Nebenbestimmungen versehen (vgl. § 47 Abs. 1 SGB X). Ändert sich am Ort der Zweigpraxis später die Versorgungssituation, so kann dies die vormals gegebene Verbesserung der Versorgung nachträglich entfallen lassen. Damit kommt die Frage auf, ob die einmal erteilte Genehmigung bzw. Ermächtigung mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann oder sogar muss, wenn zu einem späteren Zeitpunkt Änderungen in der Versorgungssituation eintreten. Als Rechtsgrundlage für eine Aufhebung der Genehmigung bzw. Ermächtigung kommt ausschließlich § 48 Abs. 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich ändern, die bei Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben. Ein Ermessensspielraum wird der Behörde nicht eingeräumt75. Diese gesetzliche Regelung führt auf Seiten des über eine Zweigpraxisgenehmigung verfügenden Vertragsarztes zu einem erheblichen Risiko, da er beim Aufbau einer Zweigpraxis nicht die erforderliche Planungssicherheit hat, die er grundsätzlich für den Abschluss von Mietvertrag, die Anstellung von ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern und die Anschaffung von Praxisgerätschaften benötigt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als die vor Ort bereits niedergelassenen konkurrierenden Vertragsärzte die Möglichkeit haben, eine Aufhebung der Genehmigung oder Ermächtigung zu erzwingen, indem sie selbst Einfluss auf die Versorgungslage nehmen (z.B. durch Verlegung ihrer Vertragsarztsitze, Anschaffung neuer Gerätschaften, erhöhter Leistungsumfang zur Verkürzung der Terminwartezeiten etc.).
46
Wird die Genehmigung oder Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis widerrufen, so ist dem Vertragsarzt nach § 15a Abs. 7 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 7 EKV eine angemessene Übergangszeit zur Beendigung seiner Tätigkeit am Standort der Zweigpraxis einzuräumen. Dadurch wird dem Grundsatz des Vertrauensschutzes ausreichend Rechnung getragen.
47
Bei der Bemessung der Übergangszeit verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise; es ist vielmehr auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls abzustellen. Dabei sind insbesondere die am Zweigpraxisstandort erfolgten Investitio-
48
74 75
Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 698; vgl. zum Widerruf einer Zweigpraxisgenehmigung nach alter Rechtslage auch Engelmann, GesR 2004, 113, 119f. Wiesner in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 48, Rz. 1; Waschull in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), SGB X, § 48, Rz. 10.
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
nen, der Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit in der Zweigpraxis, die vom Vertragsarzt eingegangenen Dauerschuldverhältnisse und deren Beendigungsmöglichkeiten sowie der Grund für die Aufhebung der Genehmigung bzw. Ermächtigung zu berücksichtigen. Dies bedeutet freilich nicht, dass der Vertragsarzt über den Abschluss eines langfristigen Mietvertrages auch einen langfristigen Bestand der Zweigpraxis sichern könnte. Zum einen findet die Pflicht zur Berücksichtigung derartiger Umstände an der Üblichkeit und Angemessenheit der vom Vertragsarzt eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen ihre Grenze. Zum anderen sind diese Umstände bei der Bemessung der Übergangszeit lediglich angemessen zu berücksichtigen; die Übergangszeit hat sich also keineswegs an den bestehenden vertraglichen Bindungen des Vertragsarztes auszurichten. 49
Findet die Aufhebung der Genehmigung bzw. Ermächtigung ihren Grund in einem schuldhaften Verhalten des Vertragsarztes (z.B. Nichterfüllung von Nebenbestimmungen), so kann eine Übergangszeit auch vollständig entfallen. e) Sprechstunden- bzw. Tätigkeitsumfang
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Absolute Mindest- oder Höchstzeiten für die vertragsärztliche Tätigkeit am Zweigpraxisstandort sind weder in der Ärzte-ZV noch den Bundesmantelverträgen vorgesehen. Eine Einschränkung ergibt sich aus § 17 Abs. 1a S. 3 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 3 EKV. Danach muss die Tätigkeit am Vertragsarztsitz alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen. Darüber hinaus soll die Genehmigung bzw. Ermächtigung zum Zweigpraxisbetrieb zur Sicherung der Versorgungspräsenz am Vertragsarztsitz nach § 17 Abs. 1a S. 6 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 6 EKV mit der Festlegung von Mindest- und/oder Höchstzeiten verbunden werden. f)
Tätigkeit von angestellten Ärzten in der Zweigpraxis
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Nach § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt die Möglichkeit, mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses angestellte Ärzte zu beschäftigen. Die Tätigkeiten von genehmigten angestellten Ärzten werden dem Vertragsarzt nach § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV grundsätzlich als eigene Leistungen zugerechnet.
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Bei der Beschäftigung von angestellten Ärzten ist nach der Regelungssystematik der Ärzte-ZV und den Bundesmantelverträgen zunächst danach zu unterscheiden, ob der angestellte Arzt ausschließlich in der Zweigpraxis oder auch am Vertragsarztsitz des Vertragsarztes tätig wird. Dies ergibt sich aus § 15a Abs. 6 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 6 S. 2 EKV. Danach ist die Beschäftigung eines angestellten Arztes allein zur Durchführung der Behandlung in der Zweigpraxis nur dann gestattet, wenn dies von der Zweigpraxisgenehmigung umfasst ist. Soll die Tätigkeit des angestellten Arztes hingegen nicht ausschließlich am Zweigpraxisstandort erfolgen, so ist der Einsatz eines angestellten Arztes in der Zweigpraxis zulässig, ohne dass die Zweigpraxisgenehmigung die Beschäftigung von angestellten Ärzten erfassen müsste. Diese Differenzierung will nicht recht einleuchten, da es keinen Unterschied macht, ob ein angestellter Arzt ausschließlich in der Zweigpraxis oder auch am Vertragsarztsitz des Praxisinhabers tätig wird. Im Übrigen könnte ein angestellter Arzt auch
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§ 24
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in geringem Umfang am Vertragsarztsitz des Praxisinhabers und weit überwiegend in der Zweigpraxis tätig werden, um das gesonderte Genehmigungserfordernis des § 15a Abs. 6 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 6 S. 2 EKV zu umgehen. Auch vor diesem Hintergrund ist die Differenzierung nicht verständlich. Die Beschäftigung von angestellten Ärzten am Zweigpraxisstandort setzt – wie auch bei der Beschäftigung am Vertragsarztsitz – eine Anstellungsgenehmigung nach § 32b Abs. 2 Ärzte-ZV voraus76. Allein die Zweigpraxisgenehmigung ermöglicht grundsätzlich noch nicht den Einsatz von angestellten Ärzten in der Zweigpraxis. Dies gilt auch dann, wenn die Zweigpraxisgenehmigung ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, ausschließlich am Zweigpraxisstandort tätige Ärzte zu beschäftigen.
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Wird die Zweigpraxis im Planungsbereich des Vertragsarztsitzes betrieben, deckt eine Anstellungsgenehmigung auch den Einsatz des angestellten Arztes am Zweigpraxisstandort. Soll der angestellte Arzt ausschließlich am Zweigpraxisstandort beschäftigt werden, muss dies allerdings – wie ausgeführt – ausdrücklich von der Zweigpraxisgenehmigung erfasst sein.
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Soll ein angestellter Arzt in einer Zweigpraxis beschäftigt werden, die in einem anderen Planungsbereich aber innerhalb des Bereichs derselben Kassenärztlichen Vereinigung liegt, sind die Regelungen in sich nicht widerspruchsfrei. Nach § 24 Abs. 3 S. 4 Ärzte-ZV kann der Vertragsarzt, der auf der Grundlage einer Ermächtigung im Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung eine Zweigpraxis betreibt, dort auch angestellte Ärzte einsetzen, die an seinem Vertragsarztsitz als angestellte Ärzte beschäftigt sind. Ist der Einsatz der angestellten Ärzte im Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung zulässig, muss dies erst recht für den Einsatz in einem anderen Planungsbereich gelten77. Dem steht jedoch § 23i Abs. 4 BedarfsplanungsRichtlinie entgegen, wonach die Arbeitszeiten des angestellten Arztes am Standort des anderen Planungsbereichs nach Maßgabe der Anrechnungsfaktoren in § 23i Abs. 4 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu berücksichtigen sind. Diese bedarfsplanerische Anrechnung der Arbeitszeiten macht nur dann Sinn, wenn die Anstellungsgenehmigung selbst unter Berücksichtigung der bedarfsplanerischen Vorgaben erteilt wird. Dies widerspricht aber der Vorgabe des Gesetzgebers in § 24 Abs. 3 S. 4 Ärzte-ZV, wonach die Tätigkeit von am Vertragsarztsitz angestellten Ärzten auch an anderen Standorten ohne weitere Voraussetzungen zulässig ist. Darüber hinaus ist die Zweigpraxisgenehmigung nicht von der bedarfsplanerischen Situation, sondern lediglich von einer Verbesserung der Versorgung abhängig78. Diese gesetzgeberische Vorgabe würde – zumindest bei der Beschäftigung von angestellten Ärzten – unterlaufen, da über § 23i Abs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie letztlich doch wieder Bedarfsplanungsrecht einschlägig würde. Die Anrechnungsregelung in § 23i Abs. 4 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie verstößt mithin gegen höherrangiges Recht (§ 24 Abs. 3 S. 4 Ärzte-ZV) und ist damit in dieser Fallkonstellation rechtswidrig.
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S. zu Einzelheiten § 32b, Rz. 34ff. So auch Schirmer, Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG vom 10.1.2007, S. 32; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1064. S. dazu Rz. 37ff.
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Liegt die Zweigpraxis außerhalb des Bezirks der für den Praxisinhaber zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, kann dieser die für die Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz angestellten Ärzte – ohne dass es einer weiteren Genehmigung bedarf 79 – auch im Rahmen seiner Tätigkeit in der Zweigpraxis beschäftigen (§ 24 Abs. 3 S. 4 Ärzte-ZV). Auch in diesem Fall werden die Leistungen der angestellten Ärzte dem Praxisinhaber zugerechnet (§ 15 Abs. 1 S. 3 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 3 EKV).
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Bei einer Zweigpraxis außerhalb des Bezirks der für den Vertragsarztsitz des Praxisinhabers zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung hat der Praxisinhaber zudem nach § 24 Abs. 3 S. 5 Ärzte-ZV die Möglichkeit, für die Tätigkeit in der Zweigpraxis weitere Ärzte nach Maßgabe der Vorschriften anzustellen, die für ihn als Vertragsarzt gelten würden, wenn er am Ort der Zweigpraxis zugelassen wäre. Damit sind auch die bedarfsplanerischen Einschränkungen am Standort der Zweigpraxis zu berücksichtigen, obwohl die Zweigpraxisgenehmigung lediglich von einer Verbesserung der Versorgung abhängig ist80. Die Anstellungsgenehmigung ist in diesem Fall durch den für den Standort der Zweigpraxis zuständigen Zulassungsausschuss zu erteilen (§ 24 Abs. 3 S. 6 Ärzte-ZV). In diesem Fall sind die Anstellungszeiten nach § 23i Abs. 4 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie für die Bedarfsplanung im jeweiligen Planungsbereich nach Maßgabe der Anrechnungsvorschriften des § 23i Abs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu berücksichtigen. § 15a Abs. 6 S. 7 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 6 S. 2 EKV gilt in diesem Fall nicht, da sich diese Regelung bereits nach ihrem Wortlaut lediglich auf die Genehmigung, nicht aber auf eine Ermächtigung zum Zweigpraxisbetrieb bezieht. Weiter ist zu beachten, dass die auf diese Weise angestellten Ärzte grundsätzlich nicht am Vertragsarztsitz des Praxisinhabers tätig werden dürfen, da die Anstellungsgenehmigung sich auf den Standort der Zweigpraxis beschränkt.
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Möchte der Vertragsarzt angestellte Ärzte ausschließlich an einem Zweigpraxisstandort innerhalb des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung beschäftigen, in dem auch der Vertragsarztsitz gelegen ist, fehlt es an einer gesetzlichen Regelung. Wenn – wie zuvor dargestellt – die ausschließliche Beschäftigung von angestellten Ärzten am Zweigpraxisstandort innerhalb einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung zulässig ist, muss dies auch entsprechend für die ausschließliche Beschäftigung von angestellten Ärzten am Zweigpraxisstandort innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigung des Vertragsarztes gelten. Dann wird man allerdings – entsprechend § 24 Abs. 3 S. 5 Ärzte-ZV wie auch bei der ausschließlichen Beschäftigung von angestellten Ärzten am Zweigpraxisstandort in einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung – eine Anstellung nur nach Maßgabe der Vorschriften zulassen können, die auch für den Ort der Zweigpraxis gelten, so dass insofern auch die bedarfsplanerischen Vorgaben des jeweiligen Planungsbereichs zu beachten sind. 79 80
S. auch Schirmer, Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG vom 10.1.2007, S. 32. Schirmer, Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG vom 10.1.2007, S. 33.
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g) Abrechnung Betreibt der Vertragsarzt eine Zweigpraxis innerhalb des Bezirks seiner Kassenärztlichen Vereinigung, so werden die in der Zweigpraxis erbrachten Leistungen auch über seine Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet. Die Honorierung der Leistungen richtet sich demnach nach den Vorschriften des dort geltenden Honorarverteilungsvertrages.
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Liegt die Zweigpraxis innerhalb des Bezirks einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung, sind die dort erbrachten Leistungen nicht über die Kassenärztliche Vereinigung des Vertragsarztsitzes abzurechnen. Eine Abrechnung der in der Zweigpraxis erbrachten Leistungen kann ausschließlich über die für die Zweigpraxis zuständige Kassenärztliche Vereinigung erfolgen, da der Vertragsarzt über die ausgesprochene Ermächtigung in das Leistungserbringersystem der „fremden“ Kassenärztlichen Vereinigung einbezogen wird. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV ausdrücklich auch für die vertragsärztliche Abrechnung81. Die Vergütung der in der Zweigpraxis erbrachten Leistungen erfolgt mithin nach dem Honorarverteilungsvertrag der für diese Zweigpraxis zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Diese gesetzliche Vorgabe ist durch die Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung bei einer den Bereich einer Kassenärztlichen Vereinigung übergreifenden Berufsausübung (KV-übergreifende Berufsausübungs-Richtlinie)82 vom 29.05.2007 konkretisiert worden. Nach § 6 Abs. 1 KV-übergreifende Berufsausübungs-Richtlinie erlässt jede beteiligte Kassenärztliche Vereinigung für die in ihrem Bereich erbrachten Leistungen einen Honorarbescheid auf der Grundlage ihres jeweiligen Honorarverteilungsvertrags. Es stellt sich dabei die Frage, welche Vorgaben für die Honorarverteilung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachten sind. Hier wird man eine Differenzierung vornehmen müssen:
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Wird durch die Zweigpraxis ein gegebener Versorgungsbedarf gedeckt, so ist dem Vertragsarzt auch ein bestimmtes Abrechnungsvolumen für die Zweigpraxis zuzubilligen. Schließlich könnte in diesen Fällen auch eine Neuzulassung, Sonderbedarfszulassung oder Ermächtigung ausgesprochen werden, die ebenfalls zwangsläufig mit der Zuerkennung eines bestimmten Abrechnungsvolumens verbunden wäre.
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Führt die Eröffnung der Zweigpraxis hingegen lediglich zu einer Verbesserung der Versorgung, stellt sich die Situation wesentlich schwieriger dar. Zum einen ist kaum einzusehen, warum es Vertragsärzten möglich sein soll, über die Eröffnung von Zweigpraxen ihr Abrechnungsvolumen zu erhöhen, wohingegen dies über eine Leistungssteigerung am Vertragsarztsitz nach den üblichen Regelungen der Honorarverteilungsverträge grundsätzlich nicht möglich ist 83. Zum anderen ist die Recht-
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BT-Drucks. 16/2474, S. 16. DÄBl. 2007, A 1868. Nach der Rspr. des Bundessozialgerichts sind derartige Budgetierungsregelungen nicht zu beanstanden, soweit jeder Vertragsarzt die Möglichkeit hat, innerhalb angemessener Zeit seinen Umsatz bis zum Fachgruppenschnitt zu steigern (BSG, Urt. v. 10.12.2003, B 6 KA 54/02 R, GesR 2004, 325, 327) und für atypische Ausnahmesituationen, die zu nicht selbst veranlassten Leistungssteigerungen führen, Budgeterhöhungsregelungen vorgesehen sind (BSG, Urt. v. 21.10.1998, B 6 KA 35/98 R, MedR 1999, 472, 475).
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sprechung des Bundessozialgerichts zur Honorarverteilungsgerechtigkeit zu beachten. Danach hat grundsätzlich eine leistungsproportionale Vergütung zu erfolgen84. Liegt die Zweigpraxis innerhalb des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung, in der auch der Vertragsarztsitz liegt, wird man dagegen noch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorbringen können, der Honorarteilhabeanspruch des Vertragsarztes sei für sämtliche Standorte innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung einheitlich zu betrachten, so dass es mangels eines eigenen Abrechnungsvolumens der Zweigpraxis nicht an einer Vergütung für die Leistungen fehle, sondern auf Grund der Mehrleistungen am weiteren Standort lediglich eine Minderung des (individuellen) Punktwertes eintrete85. Diese Argumentation greift aber spätestens dann nicht mehr, wenn die Zweigpraxis innerhalb des Bezirks einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung liegt. Schließlich richtet sich der Anspruch auf Teilhabe an der Gesamtvergütung hinsichtlich der in der Zweigpraxis erbrachten Leistungen dann gegen die andere Kassenärztliche Vereinigung. Eine Verrechnung mit der Vergütung anderer Kassenärztlicher Vereinigungen ist nicht möglich. Erhält der Vertragsarzt also für eine Zweigpraxis innerhalb einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung kein gesondertes Abrechnungsvolumen, erhält er für die dort erbrachten Leistungen keine Vergütung. Wie dies unter Beachtung des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu rechtfertigen sein soll, erscheint sehr fraglich. h) Drittwiderspruch 63
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 86 können niedergelassene Vertragsärzte durch die Erteilung einer Ermächtigung an einen anderen Arzt in ihren Rechten betroffen sein. Niedergelassenen Vertragsärzten kann demnach gegenüber den Ermächtigungen anderer Ärzte eine Anfechtungsbefugnis zukommen. Diese Anfechtungsbefugnis ist vom Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen damit begründet worden, dass in einem System mit Bedarfsplanung und gedeckelter Gesamtvergütung dem Aspekt der quantitativen Konkurrenz eine höhere Bedeutung zukommt87. Diese Überlegungen greifen auch bei Genehmigungen bzw. Ermächtigungen zum Betrieb einer Zweigpraxis, da Bedarfsplanungsrecht über die Gründung von Zweigpraxen unterlaufen werden kann88. Das schutzwürdige Interesse der bereits niedergelassenen Vertragsärzte wird nochmals verstärkt, soweit der Zweigpraxis im Einzelfall ein gesondertes Abrechnungsvolumen zuerkannt werden sollte. Auch der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts auf den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gegenüber Ermächtigungen lässt sich auf die Genehmigung von Zweigpraxen in anderen Planungsbereichen oder KV-
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S. dazu zuletzt ausführlich BSG, Urt. v. 09.12.2004, B 6 KA 44/03 R, MedR 2005, 538, 540; vgl. zur Honorarverteilung auch den umfassenden Überblick von Clemens in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Anhang zu Art. 12, Rz. 188ff., sowie Clemens, MedR 2000, 17. So z.B. BSG, Urt. v. 10.12.2003, B 6 KA 54/02 R, GesR 2004, 325, 326, zur Wirkung von Budgetierungsmechanismen. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680, 681. Vgl. dazu Rz. 39.
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Bezirken übertragen; schließlich ist die ärztliche Versorgung vorrangig von den im Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzten zu erbringen89. Bei der Genehmigung von Zweigpraxen in anderen Planungsbereichen und der Erteilung von Ermächtigungen steht den konkurrierenden Vertragsärzten mithin eine Anfechtungsbefugnis zu90. Eine solche Anfechtungsbefugnis besteht nicht, wenn die Zweigpraxis in dem Planungsbereich betrieben wird, in dem auch der Vertragsarztsitz gelegen ist. i)
Bedarfsplanung
Genehmigungen und Ermächtigungen zum Betrieb von Zweigpraxen nehmen auf die Bedarfsplanung keinen Einfluss. Der Versorgungsgrad des Planungsbereichs bleibt durch die Eröffnung der Zweigpraxis unberührt. Bei der Anstellung von Ärzten sind die Vorgaben der Bedarfsplanung zu beachten. Dies gilt unabhängig davon, ob der anzustellende Arzt ausschließlich am Standort der Zweigpraxis oder auch am Vertragsarztsitz tätig werden soll91. j)
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Besonderheiten Vertragszahnärzte
Im vertragszahnärztlichen Bereich haben die Gesamtvertragspartner versucht, das Erfordernis einer Versorgungsverbesserung zu definieren. In § 6 Abs. 6 S. 4-6 BMVZ bzw. § 8a Abs. 1 S. 4-6 EKVZ ist festgelegt, dass eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten insbesondere dann vorliegt, wenn in dem betreffenden Planungsbereich eine bedarfplanungsrechtliche Unterversorgung vorliegt. Darüber hinaus ist eine Verbesserung der Versorgung in der Regel auch dann anzunehmen, wenn unabhängig vom Versorgungsgrad in dem betreffenden Planungsbereich regional bzw. lokal nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angebotene Leistungen im Rahmen der Zweigpraxis erbracht werden und die Versorgung auch nicht durch andere Vertragszahnärzte sichergestellt werden kann, die räumlich und zeitlich von den Versicherten mit zumutbaren Aufwendungen in Anspruch genommen werden können. Dies gilt auch dann, wenn in der Zweigpraxis spezielle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden angeboten werden, die im Planungsbereich nicht im erforderlichen Umfang angeboten werden.
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Nach den Regelungen der Bundesmantelverträge im zahnärztlichen Bereich kommt es für die Verbesserung der Versorgung im Wesentlichen auf bedarfsabhängige Gesichtspunkte an. Da der Gesetzgeber die Genehmigung von Zweigpraxen jedoch nicht vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängig machen wollte92, wird man über die in § 6 Abs. 6 S. 4-6 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 1 S. 4-6 EKVZ genannten Fälle hinaus auch dann eine Verbesserung der Versorgung anzunehmen haben, wenn – wie
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SG Marburg, Beschl. v. 06.09.2005 – S 12 KA 454/05 ER. I.E. ebenso Schirmer, Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG v. 10.01.2007, S. 35. So auch bereits SG Marburg, Beschl. v. 06.09.2005, S 12 KA 454/05 ER, sowie Engelmann, GesR 2004, 113, 119, zur Zweigpraxisgenehmigung nach alter Rechtslage. A.A. Steinhilper, MedR 2007, 469, 473f. Zu den bedarfsplanerischen Vorgaben bei der Anstellung von Ärzten s. allgemein § 32b, Rz. 4ff. Siehe dazu oben, Rz. 38.
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auch im vertragsärztlichen Bereich – eine qualifizierte Versorgungsverbesserung vorliegt93. 67
In § 6 Abs. 6 S. 7 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 1 S. 7 EKVZ ist weiter festgelegt, dass die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes in der Regel dann nicht beeinträchtigt wird, wenn die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der oder den Zweigpraxen 1/3 seiner Tätigkeit am Vertragszahnarztsitz nicht übersteigt. Insoweit liegt eine abweichende Regelung zum vertragsärztlichen Bereich vor.
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Abweichend vom vertragsärztlichen Bereich ist ebenfalls festgelegt, dass die Dauer der Tätigkeit der am Vertragszahnarztsitz angestellten Zahnärzte in der oder den Zweigpraxen 1/3 der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit am Vertragszahnarztsitz nicht überschreiten darf (§ 6 Abs. 6 S. 10 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 1 S. 10 EKVZ). Wird ein Zahnarzt für den Standort der Zweigpraxis angestellt, darf die Dauer dessen Tätigkeit in der Zweigpraxis die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der Zweigpraxis um höchstens 100 % überschreiten (§ 6 Abs. 6 S. 12 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 1 S. 12 EKVZ). 3. Ausgelagerte Praxisräume
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Die Tätigkeit in ausgelagerten Praxisräumen bedarf nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV keiner gesonderten Genehmigung. Der Vertragsarzt hat Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit lediglich gegenüber seiner Kassenärztlichen Vereinigung anzuzeigen.
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Der Begriff der ausgelagerten Praxisräume findet seinen Ursprung im ärztlichen Berufsrecht. Nach § 18 Abs. 2 MBO-Ärzte in der bis Mai 2003 geltenden Fassung war es dem Arzt gestattet, in räumlicher Nähe zum Ort seiner Niederlassung Untersuchungs- und Behandlungsräume ausschließlich für spezielle Untersuchungs- und Behandlungszwecke (z.B. Operationen, medizinisch-technische Leistungen) zu unterhalten, in denen er seine Patienten nach vorherigem Aufsuchen seiner Praxis versorgt (ausgelagerte Praxisräumlichkeiten). Ausgelagerte Praxisräumlichkeiten lagen danach nur dann vor, wenn in diesen Räumen keine Leistungen erbracht wurden, die auch am Ort der Niederlassung erbracht wurden und der Erstkontakt mit dem Patienten am Ort der Niederlassung zustande gekommen war94. Insbesondere das Abhalten von Sprechstunden in den ausgelagerten Praxisräumlichkeiten war unzulässig95. Die Auslagerung von bestimmten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in ausgelagerte Praxisräumlichkeiten setzte weiter voraus, dass der Erbringung der ausgelagerten Leistungen am Ort der Niederlassung ein sachlicher Grund entgegen stand (z.B. Platzmangel oder Kostengründe)96. 93 94 95 96
I.E. wohl ebenso SG Marburg, Beschl. v. 27.08.2007, S 12 KA 374/07 ER; s. dazu oben, Rz. 39. VGH Mannheim, Urt. v. 16.05.2000, 9 S 1445/99, MedR 2000, 439, 441; Engelmann, MedR 2002, 561, 566; Schiller, NZS 1997, 103, 108. VGH Mannheim, Urt. v. 16.05.2000, 9 S 1445/99, MedR 2000, 439, 441. VGH Mannheim, Urt. v. 16.05.2000, 9 S 1445/99, MedR 2000, 439, 441.
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Auch für den Bereich des Vertragsarztrechts war anerkannt, dass der Vertragsarzt entsprechend den Regelungen der Berufsordnung zum Unterhalten ausgelagerter Praxisräume berechtigt war97. Eine ausdrückliche Regelung fand sich zunächst allerdings nur in § 2 Abs. 2 der Dialysevereinbarung, die in ihrer früheren Fassung auf die berufsrechtlichen Vorschriften verwiesen hat98. Das Bundessozialgericht hat in einem grundlegenden Urteil vom 12.09.2001 zum Vorliegen von ausgelagerten Praxisräumlichkeiten insbesondere darauf abgestellt, dass in den ausgelagerten Praxisräumlichkeiten keine Sprechstunde abgehalten wird und keine Leistungen erbracht werden, die auch am Vertragsarztsitz erbracht werden99.
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Im Mai 2003 wurden die Regelungen der MBO-Ärzte zum Unterhalten von ausgelagerten Praxisräumlichkeiten novelliert. In Reaktion auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.09.2001 wurde in § 18 Abs. 2 S. 2 MBO-Ärzte aufgenommen, dass in ausgelagerten Praxisräumlichkeiten auch solche Leistungen erbracht werden dürfen, die am Ort der Niederlassung erbracht werden. Diese Änderung ist dann auch in das Vertragsarztrecht übernommen worden, indem mit Wirkung zum 09.05.2003 erstmals eine Regelung zum Unterhalten von ausgelagerten Praxisräumlichkeiten in die Bundesmantelverträge aufgenommen worden ist, die auf § 18 MBO-Ärzte verwies (§ 15a Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä a.F. bzw. § 15a Abs. 2 Nr. 1 EKV a.F.). Damit ist das absolute Verbot der Erbringung einzelner oder mehrerer identischer Leistungen am Vertragsarztsitz und in den ausgelagerten Praxisräumlichkeiten auch im Vertragsarztrecht aufgegeben worden100. Das hatte jedoch nicht zur Folge, dass vollständige Leistungsidentität hätte bestehen dürfen, da es ansonsten keiner gesonderten Regelung mehr für die Genehmigung von Zweigpraxen bedurft hätte. Auch ein Abstellen in § 18 Abs. 2 MBO-Ärzte auf die Erbringung spezieller Untersuchungs- und Behandlungsleistungen in den ausgelagerten Praxisräumlichkeiten hätte es ansonsten nicht mehr bedurft. Die Neuregelung des § 18 Abs. 2 S. 2 MBOÄrzte, die über § 15a Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä a.F. bzw. §15a Abs. 2 Nr. 1 EKV a.F. auch für das Vertragsarztrecht maßgeblich war, sollte lediglich das absolute Verbot der Leistungsidentität aufheben. Eine vollkommene Leistungsidentität war damit auch nach Änderung des § 18 Abs. 2 MBO-Ärzte nicht zulässig101. Auch das Abhalten von Sprechstunden in ausgelagerten Praxisräumlichkeiten war weiterhin unzulässig102.
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In der auf dem 107. Deutschen Ärztetag novellierten Berufsordnung finden ausgelagerte Praxisräumlichkeiten nunmehr keine Erwähnung mehr, da eine klare Grenzziehung zwischen ausgelagerten Praxisräumen und Zweigpraxen nach Ansicht der
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BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 64/00 R, MedR 2002, 365, 367; Engelmann, MedR 2002, 561, 567f.; Schiller, NZS 1997, 103, 108. 98 Dialysevereinbarung v. 16.06.1997, DÄBl. 1997, A-2281. 99 BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 64/00 R, MedR 2002, 365, 367f. 100 Vgl. dazu auch Engelmann, GesR 2004, 113, 115. 101 Weitergehend SG Marburg, Beschl. v. 06.09.2005, S 12 KA 454/05 ER, sowie Urt. v. 07.07.2007, S 12 KA 7001/06, wonach das Verbot der Leistungsidentität auch nach Änderung der MBO-Ärzte im vertragsärztlichen Bereich fortgelten sollte. 102 Schallen, Zulassungsverordnung, 4. Aufl. 2004, Rz. 527.
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Bundesärztekammer nicht mehr möglich gewesen sein soll103. Im Vertragsarztrecht ist die Unterscheidung zwischen ausgelagerten Praxisräumen und Zweigpraxen dagegen beibehalten worden. Der Begriff der ausgelagerten Praxisräumlichkeiten findet sich nach In-Kraft-Treten des VÄndG erstmals in der Zulassungsverordnung. Nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV liegen ausgelagerte Praxisräumlichkeiten vor, wenn der Vertragsarzt in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz an weiteren Orten spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen erbringt. Auch in den zum 01.07.2007 in Kraft getretenen Neufassungen der Bundesmantelverträge sind die Regelungen zu ausgelagerten Praxisräumlichkeiten geändert worden. Die Bundesmantelverträge sprechen allerdings nicht von ausgelagerten Praxisräumen, sondern von ausgelagerten Praxisstätten; eine inhaltliche Unterscheidung ist damit nicht verbunden. Nach § 1a Nr. 20 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 20 EKV sind ausgelagerte Praxisstätten zulässige, nicht genehmigungsbedürftige Tätigkeitsorte in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz. Eine ausdrückliche Einschränkung auf spezielle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden findet sich dort nicht; diese Einschränkung ergibt sich aber aus der Bezugnahme auf § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV. In § 1a Nr. 20 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 20 EKV ist weiter ausdrücklich festgelegt, dass auch ein Operationszentrum, in welchem ambulante Operationen an Versicherten ausgeführt werden, die den Vertragsarzt an seiner Praxisstätte in Anspruch genommen haben, eine ausgelagrte Praxisstätte darstellt. 74
Weder aus der Ärzte-ZV noch aus den Bundesmantelverträgen ist zu entnehmen, ob in den ausgelagerten Praxisräumen Leistungen erbracht werden dürfen, die auch am Vertragsarztsitz erbracht werden. Da das strenge Verbot der Erbringung identischer Leistungen in den ausgelagerten Praxisräumen und am Vertragsarztsitz vor In-KraftTreten des VÄndG auf Grund der Verweisung auf die berufsrechtlichen Vorschriften nicht mehr bestand104, wird man mangels ausdrücklicher anderweitiger Regelung des Gesetzgebers davon ausgehen müssen, dass die bisherige Rechtslage keine Veränderung erfahren sollte105. Es besteht also die Möglichkeit, einzelne spezielle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowohl am Vertragsarztsitz als auch in ausgelagerten Praxisräumlichkeiten zu erbringen. Das Abhalten von Sprechstunden in ausgelagerten Praxisräumen bleibt weiterhin unzulässig106. Auch ist es erforderlich, dass der Erstkontakt zum Patienten am Vertragsarztsitz erfolgt ist. Dies ergibt sich aus § 1a Nr. 20 Hs. 2 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 20 Hs. 2 EKV, der für ambulante Operationen ausdrücklich eine vorherige Inanspruchnahme des Vertragsarztes an seiner Praxisstätte, also am Vertragsarztsitz, fordert. Dies gilt dann nicht nur für ambulante Operationen, sondern für sämtliche anderen speziellen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.
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Nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV müssen sich ausgelagerte Praxisräumlichkeiten weiterhin in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz befinden. Die räumliche Nähe von 103 104 105 106
Mitteilung der Bundesärztekammer „Niederlassung und Kooperation“, DÄBl. 2006, A 801, A 802. S. dazu Rz. 72. So wohl auch Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 69. BT-Drucks. 16/2474, S. 30.
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ausgelagerten Praxisräumlichkeiten wurde zunächst als erforderlich angesehen, da die Bindung des Arztes an seine Niederlassung bzw. seinen Vertragsarztsitz durch den Betrieb von ausgelagerten Praxisräumlichkeiten nicht aufgehoben werden sollte107. Auch sollte der Arzt für seine Patienten – z.B. bei Notfällen – jederzeit schnell räumlich erreichbar sein108. Diese Überlegungen gelten weiterhin. Zwar hat der Arzt nunmehr die Möglichkeit, auch in erheblicher Entfernung Zweigpraxen zu betreiben, doch ändert dies nichts an seiner Verpflichtung, am Vertragsarztsitz eine ordnungsgemäße Versorgung der Patienten sicherzustellen. Der Begriff der räumlichen Nähe bedarf daher grundsätzlich eher einer restriktiven Auslegung. Schematische Vorgaben für die mögliche Entfernung zum Vertragsarztsitz lassen sich allerdings nicht machen. So wird insbesondere nach Fachgruppen, örtlichen Verkehrsverhältnissen, der Art der speziellen Untersuchungs- und Behandlungsleistungen, nach Praxistyp (Einzelpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft) und nach der Anzahl der angestellten Ärzte zu differenzieren sein. Zu weit geht die Auffassung, wonach ausgelagerte Praxisräumlichkeiten nicht außerhalb des Planungsbereiches betrieben werden dürfen, für den der Vertragsarzt zugelassen ist109. Diese Auffassung, die im Wesentlichen auf der Überlegung beruht, dass sich die Zulassung auf den jeweiligen Planungsbereich bezieht und ansonsten Bedarfsplanungsrecht unterlaufen werden könnte, ist spätestens seit In-Kraft-Treten des VÄndG nicht mehr haltbar. So bedarf der Vertragsarzt für den Betrieb einer Zweigpraxis außerhalb des Planungsbereiches aber innerhalb des Bezirkes seiner Kassenärztlichen Vereinigung lediglich einer Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Zulassung des Vertragsarztes bleibt unberührt, so dass diese auf den jeweiligen Planungsbereich beschränkt bleibt. Dennoch kann der Vertragsarzt dann auch außerhalb des Planungsbereiches seines Vertragsarztsitzes vertragsärztliche Tätigkeit ausüben. Darüber hinaus werden die Genehmigungen und Ermächtigungen für den Betrieb von Zweigpraxen bedarfsunabhängig erteilt110, so dass geltendes Bedarfsplanungsrecht bereits über die Gründung von Zweigpraxen unterlaufen werden kann. Es ist daher nicht ersichtlich, warum das Unterhalten von ausgelagerten Praxisräumlichkeiten auf den Planungsbereich des Vertragsarztsitzes beschränkt sein sollte. Bedarfsplanerische Auswirkungen werden bereits dadurch verhindert, dass zum einen der Erstkontakt mit dem Patienten immer am Vertragsarztsitz erfolgt sein muss und zum anderen die Räumlichkeiten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz gelegen sein müssen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen muss es zulässig sein, ausgelagerte Praxisräumlichkeiten im Bezirk einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung zu unterhalten.
107 108 109 110
VGH Mannheim, Urt. v. 16.05.2000, 9 S 1445/99, MedR 2000, 439, 441; Engelmann, MedR 2002, 561, 565. VGH Mannheim, Urt. v. 16.05.2000, 9 S 1445/99, MedR 2000, 439, 441; Engelmann, MedR 2002, 561, 565. So aber SG Marburg, Beschl. v. 06.09.2005, S 12 KA 454/05 ER; Engelmann, MedR 2002, 561, 568. Vgl. dazu Rz. 38.
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
4. Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft 77
Innerhalb von überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften111 haben die Vertragsärzte die Möglichkeit, an den Vertragsarztsitzen der übrigen Mitglieder vertragsärztlich tätig zu werden. Einer gesonderten Genehmigung bedarf es für eine solche Tätigkeit nicht (§ 24 Abs. 3 S. 7 Ärzte-ZV). Allerdings hat jeder Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft der ihn treffenden Präsenzpflicht112 an seinem Vertragsarztsitz nachzukommen. Weiter darf die Tätigkeit am anderen Standort der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 15a Abs. 4 S. 8 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 8 EKV nur in begrenztem Umfang ausgeübt werden; insoweit gelten die Vorgaben des § 17 Abs. 1a BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a EKV, wonach die Tätigkeit am Vertragsarztsitz sämtliche anderen Tätigkeiten an anderen Orten insgesamt zeitlich überwiegen muss. 5. Leistungserbringergemeinschaften
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Nach § 15 Abs. 3 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 2 EKV können sich Vertragsärzte bei gerätebezogenen Untersuchungsleistungen zur gemeinschaftlichen Leistungserbringung mit der Maßgabe zusammenschließen, dass die ärztlichen Untersuchungsleistungen nach fachlicher Weisung durch einen der beteiligten Ärzte persönlich in seiner Praxis oder in einer gemeinsamen Einrichtung durch einen gemeinschaftlich beschäftigten angestellten Arzt erbracht werden. Die innerhalb der Leistungserbringergemeinschaft erbrachten Leistungen sind persönliche Leistungen des anweisenden Arztes. Diese Regelung ist von den Gesamtvertragspartnern geschaffen worden, um bei gerätebezogenen Untersuchungsleistungen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung113 zu durchbrechen. Es handelt sich weder um die Leistungserbringung in ausgelagerten Praxisräumen noch in einer Zweigpraxis114. 6. Sonderfall: Anästhesisten
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Die Zulassung von Anästhesisten ist – wie bei sämtlichen anderen Vertragsärzten auch – an ihren Vertragsarztsitz gebunden. Allerdings sind Anästhesisten – sofern sie nicht vorwiegend schmerztherapeutisch tätig sind – regelmäßig für mehrere Operateure tätig. Sie sind also darauf angewiesen, ihre ärztliche Tätigkeit auch außerhalb ihres Vertragsarztsitzes ausüben zu dürfen. Auf Grund dieser Besonderheit des Berufsbildes des Anästhesisten sind sie berufsrechtlich nicht an ihre Niederlassung gebunden115. Auch im Vertragsarztrecht sind Anästhesisten auf Grund dieser besonderen Tätigkeitsstruktur nicht an ihren Vertragsarztsitz gebunden116. Die anderen
111 112 113 114 115 116
S. zu überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften § 33, Rz. 38ff. Vgl. dazu Rz. 3. Vgl. dazu § 32, Rz. 1. Engelmann, MedR 2002, 561, 571f. VGH Mannheim, Urt. v. 16.05.2000, 9 S 1445/99, MedR 2000, 439, 442. Schiller, NZS 1997, 103, 109f.; Engelmann, MedR 2002, 561, 569.
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§ 24
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Tätigkeitsorte der Anästhesisten werden weder als ausgelagerte Praxisräume noch als Zweigpraxen eingestuft117. In der am 01.07.2007 in Kraft getretenen Neufassung der Bundesmantelverträge findet sich erstmals eine Regelung für die anderen Tätigkeitsorte von Anästhesisten. Nach § 15a Abs. 2 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 2 S. 2 EKV gelten Tätigkeitsorte, an denen Anästhesisten vertragsärztliche Leistungen außerhalb ihres Vertragsarztsitzes erbringen, als Nebenbetriebsstätten der Anästhesisten. Dies gilt ausdrücklich auch für Vertragszahnarztpraxen. Diese Nebenbetriebsstätten bedürfen nunmehr der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Diese Genehmigung ist für die Erbringung von schmerztherapeutischen Leistungen unter Maßgabe der für Zweigpraxen nach § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV geltenden Vorgaben zu erteilen (§ 15a Abs. 2 S. 4 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 2 S. 4 EKV). Werden an der Nebenbetriebsstätte ausschließlich anästhesiologische Leistungen erbracht, ist die Genehmigung nach § 15a Abs. 2 S. 5 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 2 S. 5 EKV zu erteilen, wenn die Versorgung durch die Anzahl der Nebenbetriebsstätten nicht gefährdet ist. Dabei wird man nicht nur die Anzahl der Nebenbetriebsstätten zu berücksichtigen haben, sondern auch die räumliche Lage der Nebenbetriebsstätten zueinander. Wie auch nach bisherigem Recht ist der Anästhesist nicht an den Planungsbereich seines Vertragsarztsitzes gebunden118. Er kann auch in den Bezirken einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung vertragsärztlich tätig werden. Die Nebenbetriebsstätte ist von der Kassenärztlichen Vereinigung zu genehmigen, in deren Bezirk der Vertragsarztsitz gelegen ist (§ 15a Abs. 2 S. 6 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 2 S. 6 EKV). Auch in diesen Fällen kann die Genehmigung bei anästhesiologischen Leistungen grundsätzlich nur versagt werden, wenn die Versorgung durch die Anzahl der Nebenbetriebsstätten nicht gefährdet ist. Zudem wird man – über den Wortlaut des § 15a Abs. 2 S. 6 BMV-Ä bzw § 15a Abs. 2 S. 6 EKV hinaus – unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Genehmigungserfordernisses zu fordern haben, dass durch die Entfernung zwischen Vertragsarztsitz und Nebenbetriebsstätte keine Gefährdung der Versorgung eintritt.
80
IV. Wechsel der Facharztbezeichnung Nach § 24 Abs. 6 Ärzte-ZV dürfen Vertragsärzte die Facharztbezeichnung, mit der sie zugelassen sind, nur mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses wechseln. Ein Wechsel kann nur unter Beachtung von Bedarfsplanungsrecht genehmigt werden. Dies gilt auch für den Wechsel eines Internisten von der haus- in die fachärztliche Versorgung oder umgekehrt.
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Der Wechsel einer Facharztbezeichnung stellt keinen Verzicht auf die Zulassung dar. Ein Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V kann mithin nicht durchgeführt werden119. Bestehen Zulassungsbeschränkungen für das bisherige Fachge-
82
117 118 119
Schiller, NZS 1997, 103, 109f.; Engelmann, MedR 2002, 561, 569. Vgl. zur bisherigen Rechtslage Engelmann, MedR 2002, 561, 569. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 714.
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Abschnitt VI
Zulassung und Vertragsarztsitz
biet wird es in den meisten Fällen – insbesondere nachdem die Alterszugangsgrenze von 55 Jahren zum 01.01.2007 ersatzlos weggefallen ist – daher sinnvoller sein, zunächst auf die Zulassung zu verzichten und für das andere Fachgebiet eine neue Zulassung zu beantragen. Auf diese Weise wird dem Arzt die Möglichkeit eröffnet, für seine bisherige Praxis ein Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V durchzuführen.
§ 25 (aufgehoben)
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§ 26
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Abschnitt VII Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
§ 26 (1) Der Zulassungsausschuss hat das vollständige oder hälftige Ruhen der Zulassung eines Vertragsarztes zu beschließen, wenn die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllt sind und Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. (2) Tatsachen, die das Ruhen der Zulassung bedingen können, haben der Vertragsarzt, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen dem Zulassungsausschuss mitzuteilen. (3) In dem Beschluss ist die Ruhenszeit festzusetzen. (4) Über die ruhenden Zulassungen führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis. Übersicht
Rz.
I.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff des „Ruhens“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ruhensbeschluss – Anspruch des Vertragsarztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Absatz 1 – Die Ruhensgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestandsvoraussetzungen von § 95 Abs. 5 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesperrter Planungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ungesperrter Planungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nichtausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ruhensgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erwartung der Aufnahme in angemessener Frist und maximale Ruhenszeit . . . e) Sonderfall: Ruhen der Zulassung von hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern . . f) Hälftiges Ruhen der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine entgegen stehenden Sicherstellungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Absatz 2 – Die Mitteilungsverpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflicht des Vertragsarztes zur Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Absatz 3 – (Pflichtige) Befristung des Ruhens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Absatz 4 – Verzeichnis ruhender Zulassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen des Ruhens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. „Unechtes“, rechtswidriges Ruhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Besonderheiten bei Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Besonderheiten bei medizinische Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 3 4 8 9 12 13 15 16 19 25 30 31 32 33 33 34 38 40 41 44 45 46
Literatur Dahm, Das „Systemversagen“ in der Gesetzlichen Krankenversicherung – Sachleistung oder Kostenerstattung, MedR 2002, 6; Kamps, Das Ruhen der Zulassung gemäß § 95 Abs. 5 SGB V iVm § 26 Ärzte-ZV, VSSR 2002, 341.
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Abschnitt VII
Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
I. Allgemeines 1
§ 26 Ärzte-ZV ist die für das Ruhen der Zulassung maßgebliche Vorschrift. Echte praktische Relevanz hat die Vorschrift erst seit der Einführung der Möglichkeit für die Landesausschüsse, bei einer Überversorgung Zulassungsbeschränkungen zu erlassen1. Zuvor konnte der Vertragsarzt, der seine Praxis nicht auszuüben vermochte oder wollte, seine Zulassung genauso gut zurückgeben und die Praxis schließen, um die Zulassung nach längerer Zeit erneut zu beantragen und die Praxis wieder zu eröffnen2. Das Zulassungsruhen ist im System der heutigen vertragsärztlichen Tätigkeit ein Instrument zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit, das dem Vertragsarzt helfen kann, der rigorosen Zulassungsentziehung zu entgehen3.
2
Rechtsprechung, die sich mit dem Ruhen der Zulassung – gleich aus welchem Grund (gemäß der Absätze 1 oder 2) – beschäftigt, ist nur äußerst spärlich vorhanden. 1. Begriff des „Ruhens“
3
Unter dem echten (= rechtmäßigen4) Ruhen der Zulassung versteht man die vom Zulassungsausschuss genehmigte Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Dabei ist die Genehmigung des Zulassungsausschusses in Form eines Beschlusses entsprechend dem Wortlaut von § 26 Abs. 1 Ärzte-ZV (und § 95 Abs. 5 SGB V) statusbegründend. Wesentlicher Bestandteil des Beschlusses ist gemäß § 26 Abs. 3 Ärzte-ZV die Ruhenszeit, d.h. die Befristung des Ruhens. 2. Ruhensbeschluss – Anspruch des Vertragsarztes
4
Der Zulassungsausschuss beschließt über die Erteilung einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung durch (Dauer-)Verwaltungsakt i.S. von § 31 S. 1 SGB X. Mit der Zulassung geht eine Vielzahl von Rechten und Pflichten einher. Insbesondere besteht die Pflicht, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln (§ 95 Abs. 3 S. 1 SGB V; vgl. auch §§ 2 Abs. 1, 17 Abs. 1, 1a BMV-Ä bzw. § 2 Abs. 1 EKV). Mit dem Ruhen der Zulassung i.S. von § 26 Ärzte-ZV wird in erster Linie diese Pflicht (zeitweise) suspendiert5. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Zulassung bereits Bestandskraft erlangt hat6.
5
Der Beschluss über das Ruhen ist ebenfalls (Dauer7-)Verwaltungsakt i.S. von § 31 S. 1 SGB X, so dass für ihn sämtliche sozialverwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften unter besonderer Berücksichtigung der §§ 36ff. Ärzte-ZV gelten. Seine Bekanntgabe – nach einer Sitzung mit fakultativer mündlicher Verhandlung (vgl. 1 2 3 4 5 6 7
Hierzu ausführlich § 16b, Rz. 6ff. Kamps, VSSR 2002, 341, 343. Kamps, VSSR 2002, 341, 345. Zum „unechten“ = rechtswidrigen Ruhen der Zulassung Rz. 44. Ausführlich Rz. 41. A.A. SG Nürnberg, Urt. v. 12.11.1996, S 17 Ka 16/96, zit. nach (sich anschließend) Kamps, VSSR 2002, 341, 349, Fn. 24. Kamps, VSSR 2002, 341, 384.
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§ 26
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§ 37 Abs. 1 Ärzte-ZV) – erfolgt gegenüber allen (Verfahrens-)Beteiligten i.S. der §§ 24, 37 SGB X. Deren Kreis besteht gemäß § 96 Abs. 4 SGB V aus dem betroffenen Vertragsarzt8, der örtlich zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, den Landesverbänden (vgl. § 207 SGB V) der (Primär-)Krankenkassen9 sowie den Verbänden (vgl. § 212 Abs. 5 SGB V) der Ersatzkassen10. Ein rückwirkend die Zulassung zum Ruhen bringender Beschluss ist nicht im engeren Sinne – da er den Status betrifft11 –, sondern nur nach den Grundsätzen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 SGB X möglich. Dies kann insbesondere in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen12 bestehen, erforderlich sein, um der Rechtswirkung des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV (Zulassungsende, wenn innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses keine Tätigkeit aufgenommen wird13) zu entgehen. Zu prüfen ist dann vor allem, ob der Antragsteller ohne sein Verschulden vor Ablauf der Aufnahmefrist daran gehindert war, den Ruhensantrag zu stellen (vgl. § 27 Abs. 1 SGB X). Nicht anzulasten ist ihm, dass er sehr lange, ggf. bis zum letzten Tag der Frist mit der Tätigkeitsaufnahme warten wollte, da ihm gerade dies durch § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV gesetzlich gestattet ist. Ebenfalls nicht anzulasten ist ihm, dass die Mitglieder des Zulassungsausschusses ggf. zwischen dem Ereignis, das die Tätigkeitsaufnahme verhindert, und dem Ablauf der Drei-Monats-Frist nicht mehr zusammentreten14.
6
Auf den Erlass des Ruhensbeschlusses hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch, er steht nicht im Ermessen des Zulassungsausschusses15.
7
II. Absatz 1 – Die Ruhensgründe § 26 Abs. 1 Ärzte-ZV regelt abschließend, wann der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung beschließen kann, aber auch muss. Maßgeblich sind • die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 95 Abs. 5 SGB V und • das Fehlen von entgegen stehenden Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung.
8 9
10 11 12 13 14 15
Für ihn kann der Ruhensbeschluss sowohl begünstigend als auch belastend sein, je nach dem, ob er das Ruhen wünscht oder nicht; vgl. Kamps, VSSR 2002, 341, 347. Allgemeine Ortskrankenkassen (§§ 143ff. SGB V), Betriebskrankenkassen (§§ 147ff. SGB V), Innungskrankenkassen (§§ 157ff. SGB V), See-Krankenkasse (§§ 165ff. SGB V), Landwirtschaftliche Krankenkassen (§ 166 SGB V), Knappschaft (§ 167 SGB V). Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK), Arbeiter-Ersatzkassen-Verband (AEV). Kamps, VSSR 2002, 341, 384. Vgl. auch allgemein BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 12/93, MedR 1994, 454; Urt. v. 20.09.1995, 6 RKa 37/94, MedR 1996, 470. Hierzu § 16b, Rz. 6ff. Vgl. § 19, Rz. 14ff.; sowie Rz. 13. Der Zulassungsausschuss ist keine „Präsensbehörde“; vgl. § 34, Rz. 14. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 477.
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Abschnitt VII
Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
1. Tatbestandsvoraussetzungen von § 95 Abs. 5 SGB V 9
§ 95 Abs. 5 SGB V hat folgenden Wortlaut: Die Zulassung ruht auf Beschluss des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das hälftige Ruhen der Zulassung beschlossen werden.
10
Zu unterscheiden ist mithin zwischen der Nichtaufnahme und der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit; in beiden Fällen muss im Zeitpunkt des Ruhensbeschlusses davon ausgegangen werden können, dass das Ruhen nur für eine angemessene Zeit erforderlich ist. In beiden Fällen geht das Gesetz im übrigen nur von den Auswirkungen persönlicher Umstände/Motive des Vertragsarztes für eine Verhinderung zur vertragsärztlichen Tätigkeit aus. Ruhensgründe hat der Gesetzgeber weder konkret noch abstrakt definiert. Dass es viele anerkennenswerte Gründe für die Nichtaufnahme oder die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit geben kann, hat er somit gesehen. Kein Umstand ist von vornherein ausgeschlossen.
11
Unbeachtlich ist, ob der Vertragsarzt die Nichtaufnahme oder Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zu verschulden hat oder nicht16. a) Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit
12
Die erste Alternative des § 95 Abs. 5 SGB V betrifft das Ruhen der Zulassung eines neu zugelassenen Vertragsarztes, der seine vertragsärztliche Tätigkeit am Vertragsarztsitz, wie er im Zulassungsbeschluss genannt ist, noch zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat. Zu unterscheiden ist zwischen Planungsbereichen mit und ohne Zulassungsbeschränkungen. aa) Gesperrter Planungsbereich
13
Die Regelung zur Nichtaufnahme ist für einen gesperrten Planungsbereich im Zusammenhang mit § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV zu lesen, der das Ende der Zulassung bestimmt, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses aufgenommen wird. Das Ende der Zulassung tritt hier kraft Gesetzes ein. Eines gesonderten Beendigungs-/Entziehungsbeschlusses des Zulassungsausschusses bedarf es nicht17. Dieser ist – so regelmäßig man ihn in der Praxis auch zur Beseitigung des Rechtsscheins einer bestehenden Zulassung antreffen mag18 – rein deklaratorischer Natur19. Daher ist es insbesondere ausgeschlossen, das Ende der Zulassung durch einen mit aufschiebender Wirkung versehenen (vgl. § 96 Abs. 4 SGB V) Widerspruch gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses und die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit später, während des Widerspruchsverfah16 17 18 19
Kamps, VSSR 2002, 341, 354. Vgl. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 455, sowie ausführlich – auch zu einer kritischen Auffassung – § 19, Rz. 17. Vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04, Kassenarzt 2006/17, 52. Ebenso § 19, Rz. 17.
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rens, zu verhindern20. Zudem ist aus Wortlaut- und systematischen Gründen (vgl. § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV) § 19 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV, der eine Verschiebung des vom Zulassungsausschuss festgesetzten Aufnahmezeitpunkts bei wichtigen Gründen vorsieht, in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen nicht anwendbar21. Kann mithin die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in einem „gesperrten“ Planungsbereich nicht innerhalb der Drei-Monats-Frist gemäß § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV erfolgen – mangels eines zur Verfügung stehenden Vertreters auch nicht durch ihn, was möglich wäre22 –, ist unbedingt das Ruhen der Zulassung zu beantragen, ggf. mit einem „rückwirkenden“ Beschluss über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand23, bzw. hat der Zulassungsausschuss dies von Amts wegen zu beschließen, wenn er auf anderem Wege von dem Ruhensgrund erfährt und die sonstigen Beschlussvoraussetzungen, insbesondere die Erwartung der Tätigkeitsaufnahme in angemessener Zeit, vorliegen. § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV schließt die Ruhensanordnung nicht aus. Es liegt kein „klassischer Umgehungstatbestand“ vor, und bei einem Zulassungsruhen bestehen auch keine „unklare(n) Verhältnisse im zulassungsbeschränkten Planungsbereich“24. Mit der Anwendung der Ruhensregelung ist – bei Zulassungsbeschränkungen (!) – grundsätzlich keine Systemgefährdung verbunden25. Einzig der zugelassene Antragsteller läuft Gefahr, ungerechtfertigten Eingriffen in sein (frisch erworbenes) Eigentum unterworfen zu sein26.
14
bb) Ungesperrter Planungsbereich Bei ungesperrten Planungsbereichen steht die Regelung zur Nichtaufnahme im Zusammenhang mit § 27 S. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V. Hiernach ist27 die Zulassung zu entziehen, wenn der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt. Eine Aufnahmefrist besteht für Zulassungen in ungesperrten Planungsbereichen kraft Gesetzes nicht. Vielmehr ist gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV in dem Zulassungsbeschluss festzusetzen, bis wann die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen ist; bei wichtigen Gründen kann diese Frist gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 ÄrzteZV verlängert werden28. Wird die Frist überschritten (und liegt kein wichtiger Grund für eine vorherige Verlängerung vor), erfolgt zwingend29 die Zulassungsent20 21 22 23 24 25 26 27
28 29
Vgl. § 19, Rz. 17. A.A. Bäune, § 19, Rz. 16; sowie Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 469, 741, und wohl auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04, Kassenarzt 2006/17, 52. LSG Hessen, Urt. v. 15.03.2006, L 4 hA 29/05; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 521, sowie § 19, Rz. 11. Hierzu Rz. 6. So aber Kamps, VSSR 2002, 341, 353f. Vgl. auch Rz. 27. Vgl. ausführlich § 16b, Rz. 45. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 748, geht im Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04, Kassenarzt 2006/17, 52, richtigerweise von einer Pflicht des Zulassungsausschusses zur Zulassungsentziehung aus, wenn der Ruhenstatbestand nicht erfüllt ist; a.A. Kamps, VSSR 2002, 341, 353, aber abwegig (vgl. nur die Argumentation ebd. in Fn. 37). Vgl. § 19 Rz. 11. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 748; a.A. Kamps, VSSR 2002, 341, 353 Fn. 37.
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Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
ziehung, die – anders als bei der bei gesperrten Planungsbereichen kraft Gesetzes endenden Zulassung gemäß § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV30 – durch die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs (vgl. § 96 Abs. 4 SGB V) hinausgezögert und der sodann durch die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit während des Widerspruchsverfahrens die Grundlage entzogen werden kann31; maßgeblich für den Berufungsausschuss ist der Zeitpunkt seiner Entscheidung32. Um nun der Zulassungsentziehung zu entgehen, wenn keine Verlängerung der Aufnahmefrist aus wichtigem Grund gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV erfolgen kann (z.B. bei kurzfristiger Wahrnehmung einer nur persönlich wichtigen Fortbildung33), ist das Ruhen der Zulassung zu beantragen/anzuordnen, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Neben der Neubeantragung der Zulassung ist deren Ruhen dann eine (kostengünstigere) Alternative zum Widerspruch gegen die Zulassungsentziehung. b) Nichtausübung 16
Die zweite Alternative des § 95 Abs. 5 SGB V betrifft das Ruhen der Zulassung eines Vertragsarztes, den der Ruhensgrund während seiner einmal aufgenommenen vertragsärztlichen Tätigkeit trifft. Abzugrenzen ist zu § 27 S. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V, wonach die Zulassung zu entziehen ist, wenn der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübt. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass keine Leistungen mehr abgerechnet werden (und ggf. auch keine Praxisräumlichkeiten mehr unterhalten werden) und auch nicht beabsichtigt ist, dies in unmittelbarer Zukunft zu tun34.
17
Das Unterscheidungsmerkmal zwischen Absatz 5 (Ruhen) und Absatz 6 (Entziehung) des § 95 SGB V ist der gemäß § 20 SGB X (Untersuchungsgrundsatz) von Amts wegen zu ermittelnde Umstand, ob die (Wieder-)Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist zu erwarten ist. Ist dies zu bejahen, kommt nur ein Ruhen der Zulassung in Betracht, auch wenn der Vertragsarzt dies ggf. – aus welchem Grund auch immer – nicht beantragt. Seine Mitwirkung bei der Prüfung der Erwartung der Wiederaufnahme ist allerdings gesetzlich gefordert (vgl. § 21 Abs. 2 S. 1 SGB X) und zudem regelmäßig notwendig. Ergeben die Ermittlungen nicht, dass die Wiederaufnahme zu erwarten ist, gehen Unklarheiten, die nicht auf30
31 32
33 34
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ist hierin nicht zu sehen, denn der Unterschied „gesperrter“/„offener“ Planungsbereich ist erheblich und rechtfertigt als sachlicher Grund (vgl. dazu allgemein Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rz. 14ff.) eine abweichende Behandlung; im „gesperrten“ Planungsbereich erfolgt die Zulassung trotz einer Überversorgung (regelmäßig im Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V), ist also prinzipiell „unnötig“ (vgl. § 16b, Rz. 42ff.). Zudem kann im „offenen“ Planungsbereich jederzeit nach der Entziehung eine neue Zulassung beantragt werden. A.A. Bäune, § 19, Rz. 13. Vgl. § 27, Rz. 27. A.A. LSG Baden-Würrtemberg, Urt. v. 15.03.2006, L 5 KA 3995/04, Kassenarzt 2006/17, 52, für den Fall der Zulassungsentziehung mangels Nichtaufnahme, weil dies eine Manipulationsmöglichkeit bis zur Rechtskraft eröffne und eine gesetzliche Regelung wie z.B. „solange der Arzt noch nicht seine Tätigkeit aufgenommen hat“ gerade nicht bestehe. Kamps, VSSR 2002, 341, 351. LSG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 29.11.2006, L 7 KA 37/04, AZR 2007, 78, 79.
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§ 26
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zuklären sind, sofern nicht andere Gründe ausreichend die Erwartung der Wiederaufnahme begründen, zwangsläufig zu Lasten des Vertragsarztes. Denn ohne das Vorliegen der Erwartung der Wiederaufnahme ist § 27 Abs. 6 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V (Zulassungsentziehung) anzuwenden, der dieses Tatbestandsmerkmal nicht enthält. Ein Unterschied bei der Bewertung der Nichtausübung als Grund für ein Zulassungsruhen oder eine Zulassungsentziehung zwischen gesperrtem und offenem Planungsbereichen besteht nicht.
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c) Ruhensgrund Weder § 95 Abs. 5 SGB V noch § 26 Abs. 1 Ärzte-ZV fordern ausdrücklich einen (besonderen) Grund für die Nichtaufnahme/Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Prinzipiell würde der entsprechende Wunsch des Vertragsarztes genügen, d.h. ein schlichter Antrag. Dass der Ruhensbeschluss aber eben nicht ohne die Kenntnis von den Umständen des Ruhenswunsches ergehen kann, ergibt sich daraus, dass der Zulassungsausschuss prüfen können muss, ob die „(Wieder-)Aufnahme … in angemessener Zeit zu erwarten ist“ (§ 95 Abs. 5 SGB V).
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Daneben ist zweifelhaft, ob ein (besonderer) „anerkennenswerter Ruhensgrund“ vorhanden sein muss35. Im Gesetz findet dies keine Stütze. Den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung hierfür heranzuziehen36, geht fehl, da ohnehin zu prüfen ist, ob „entgegen stehende Sicherstellungsgründe“ (dazu sogleich) bestehen. Als Ruhensgrund ist daher jeder objektiv, unter Berücksichtigung der besonderen subjektiven Lebenssituation des Vertragsarztes nachvollziehbare Grund anzusehen; als Korrektive für eine unangemessene Inanspruchnahme der Ruhensmöglichkeit sind allein die Prüfung der entgegenstehenden Sicherstellungsgründe37 und die Befristung der Ruhenszeit gemäß § 26 Abs. 3 Ärzte-ZV38 zu nutzen. Mithin wird es kaum Umstände geben, die prinzipiell kein Ruhen rechtfertigen, auch wenn sie nicht „üblich“ sein sollten und einer eher individuellen Lebensführung des Vertragsarztes Ausdruck verleihen. Einem sog. Sabbat-Jahr steht z.B. nicht entgegen, dass der Vertragsarzt nur „Abstand“ gewinnen möchte, ohne krank zu sein.
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Die häufigsten Gründe in der Praxis, derentwegen ein Ruhen der Zulassung begehrt wird, sind diejenigen gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, die prinzipiell auch die Vertretung rechtfertigen, also:
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35 36
37 38
Bejahend Kamps, VSSR 2002, 341, 348f. Verneinend wohl Schallen, Zulassungsverordnung, § 26, da er sich hierzu nicht äußert. So aber Kamps, VSSR 2002, 341, 348, der – jedenfalls für Planungsbereiche mit Zulassungsbeschränkungen regelmäßig wenig nachvollziehbar, wenn eben keine zeitweise Unterversorgung eintritt – davon spricht, dass es sich das System der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht leisten könne, „aus politischen oder egoistischen Motiven für einige Tage oder länger“ einen Versorgungsengpass hinzunehmen. Hierbei werden Grund und Auswirkung – nur Letztere kann staatliches Handeln veranlassen – unzulässig vermischt. Hierzu Rz. 32. Hierzu Rz. 25ff.
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• • • •
Abschnitt VII
Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
Krankheit39, Urlaub, Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder einer Wehrübung, Entbindung (unter Einschluss der Vorgeburtszeit und des Wochenbetts [sechs bis acht Wochen nach der Entbindung]).
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An Stelle der Vertretung wird das Ruhen beantragt bzw. hat der Zulassungsausschuss das Ruhen von Amts wegen zu beschließen, wenn entweder von vornherein keine Vertretung gewünscht ist, sich kein Vertreter findet, ein Vertreter nicht mehr zur Verfügung steht oder die Vertretung nicht mehr statthaft ist. Der Zulassungsausschuss kann den Vertragsarzt keinesfalls darauf verweisen, er habe vorrangig eine Vertretergenehmigung gemäß § 32 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 Ärzte-ZV zu beantragen. Diese erteilt die Kassenärztliche Vereinigung. Ihre ablehnende Entscheidung wäre für den Zulassungsausschuss bindend (und ggf. ein Indiz für das Nichtbestehen von dem Zulassungsruhen entgegen stehenden Sicherstellungsgründen40, denn die Vertretung setzt gemäß § 32 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 Ärzte-ZV Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung positiv voraus; andererseits muss der Zulassungsausschuss prinzipiell eigene Ermittlungen anstellen, darf sich aber ersichtlich fundierten Ermittlungen der Kassenärztlichen Vereinigung durchaus anschließen41).
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Praxisrelevante/anerkennenswerte Gründe für ein Ruhen der Zulassung sind des Weiteren42 • glaubens-, gewissens- und/oder kulturmotivierte Gründe wie z.B. Pilgerfahrten (auf Grund von Art. 4 GG [Glaubens- und Gewissensfreiheit]), • Verfassen von Fachbüchern, Forschungen (z.B. mit Auslandsaufenthalt) auf Grund von Art. 5 Abs. 3 GG (Wissenschaftsfreiheit), • Betreuung und Erziehung von Kindern43 auf Grund von Art. 6 GG (Ehe und Familie), • das Stabilisieren der familiären Situation (drohende Ehescheidung usw.) sowie die Pflege von nahen Angehörigen auf Grund von Art. 6 GG, • Tätigkeit in einer Vereinigung (z.B. Arbeitgeber-, Berufsverband, wissenschaftliche Gesellschaft) auf Grund von Art. 9 GG (Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit), • das Ausscheiden aus einer Berufsausübungsgemeinschaft, wenn noch keine neuen Praxisräume für einen neuen Vertragsarztsitz gefunden sind auf Grund von Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit),
39 40 41 42 43
Zum (verfassungsrechtlichen) Hintergrund Kamps, VSSR 2002, 341, 364ff. Hierzu Rz. 32. Vgl. aus dem Bereich der Zulassungsentziehung/Disziplinarmaßnahmen § 27 Rz. 36. Für die Gründe ab dem vierten Aufzählungspunkt s. sehr ausführlich Kamps, VSSR 2002, 341, 367ff. Vgl. Terminbericht Nr. 4/07 des BSG zur Sitzung vom 07.02.2007 im Verfahren B 6 KA 12/ 06 R (durch Vergleich beendet; Vorinstanzen: SG Frankfurt/Main, Urt. v. 18.05.2005, S 5/29 KA 2023/04, und LSG Hessen, Urt. v. 15.03.2006, L 4 KA 29/05); sowie Kamps, VSSR 2002, 341, 369f. Vgl. ferner Rz. 27 zur speziellen Ruhensdauer.
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§ 26
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• Wechsel in ein Anstellungs- oder Beamtenverhältnis während der Probezeit auf Grund von Art. 12 Abs. 1 GG, • Weiterbildungsmaßnahmen zur Erlangung von Qualifikationen i.S. der Weiterbildungsordnungen auf Grund von Art. 12 Abs. 1 GG, • Teilnahme an Entwicklungshilfeprojekten auf Grund von Art. 12 Abs. 1 GG, • Beseitigung von Schäden in/an den Praxisräumlichkeiten, Einrichtungsgegenständen und/oder medizinisch-technischen Geräten, sonstige Maßnahmen zum Schutz und zur Verwirklichung von (auch sonstigem) Eigentum (z.B. Bauüberwachung) sowie notwendige Maßnahmen bei der Ausübung des Erbrechts (z.B. bei Auslandserbschaften, Erbauseinandersetzungen) auf Grund von Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsgarantie und Erbrecht). Das tatsächliche Vorliegen des jeweiligen Ruhensgrundes kann der Zulassungsausschuss gemäß § 21 SGB X mit allen nach seinem pflichtgemäßen Ermessen erforderlichen Beweismitteln überprüfen. In erster Linie kommt die Beteiligtenanhörung in Betracht sowie die Inaugenscheinnahme von Urkunden.
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d) Erwartung der Aufnahme in angemessener Frist und maximale Ruhenszeit Der Vertragsarzt (er)hält seine Zulassung nicht zum Selbstzweck. Sie verpflichtet ihn – auch in überversorgten Planungsbereichen – zur Behandlung der gesetzlich krankenversicherten Patienten (§ 95 Abs. 3 S. 1 SGB V; vgl. auch §§ 2 Abs. 1, 17 Abs. 1, 1a BMV-Ä bzw. § 2 Abs. 1 EKV). Unbegrenzt kann das Ruhen der Zulassung folglich nicht verlangt und angeordnet werden, was § 26 Abs. 3 Ärzte-ZV mit der pflichtigen Befristung der Ruhensanordnung aufgreift. Unbegrenzt darf der Bestand des Ruhensgrundes im Zeitpunkt des Ruhensbeschlusses auch nicht zu erwarten sein. Besonders relevant wird die Erwartung der Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist daher regelmäßig im Krankheitsfall. Zu dessen Beginn kann diese Erwartung auf Grund ärztlicher Attestierung noch bestehen. Im weiteren Verlauf kann sich die Prognose verschlechtern, was bei einem neuerlichen (Verlängerungs-)Ruhensbeschluss zu berücksichtigen wäre. Ansonsten kommt es für die Feststellung der (Wieder-)Aufnahmeerwartung auf den Einzelfall an.
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Was ist nun eine „angemessene Frist“ bzw. genauer: was ist die maximal zulässige angemessene Frist? Der – staatsrechtlich fundierte – Begriff der Angemessenheit ist als dessen letzte Prüfungsstufe Bestandteil des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Zu fragen ist, ob die Nachteile der Maßnahme ihre Vorteile überwiegen und beide in einem „recht gewichteten und abgewogenen Verhältnis zueinander stehen – ein Erfordernis, das die Angemessenheit in vielen Fällen zum schwer handhabbaren, weil wertungsabhängigen Kriterium macht44. Keinesfalls kann die angemessene Ruhenszeit anhand von § 81 Abs. 5 S. 2 SGB V (maximal zwei Jahre) beurteilt werden45, da dieser das Zulassungsruhen als Disziplinarmaßnahme regelt. Das längstmögliche Zulassungsruhen als „Strafe“ beurteilt sich nur anhand dessen, was dem Vertragsarzt maximal zugemutet werden kann, nicht danach, was ihm höchstens ge-
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44 45
Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, 782f. m.w.N.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rz. 289ff. So aber Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 747.
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Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
stattet sein kann. Zu unterscheiden ist vielmehr zwischen – i.S. von §§ 16 und 16b Ärzte-ZV – überversorgten, unterversorgten und „normal“ versorgten Planungsbereichen. 27
In einem Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen46 ist der Ausgangspunkt, dass wegen der Überversorgung eine bestimmte Anzahl von Vertragsärzten nicht notwendig ist. Könnte ein Vertragsarzt seine Pflicht zur Patientenbehandlung nicht mehr erfüllen, wäre die vollständige Entbindung von dieser Pflicht durch Zulassungsentziehung die notwendige Konsequenz der Überversorgung. Anerkannt ist jedoch, dass der Vertragsarzt für die von ihm innegehabte Praxis sowohl hinsichtlich des Anlage- wie auch immateriellen Vermögens den grundgesetzlichen Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genießt47; bekanntester Ausfluss dessen ist das vertragsarztrechtliche Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V. Dementsprechend ist das Zulassungsruhen eine notwendige Konsequenz des Eigentumsschutzes unter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, wenn in das Eigentum durch die einzige Alternative, d.h. durch die Zulassungsentziehung, prinzipiell recht- bzw. verfassungsmäßig eingegriffen werden kann (Verhältnismäßigkeit als sog. Eigentumsschranken-Schranke)48. Wenn nun das Zulassungsruhen dem Eigentumsschutz dient, gilt für die Beantwortung der Frage, was eine angemessene Frist i.S. des § 95 Abs. 5 SGB V ist, das Gleiche, was bei § 103 Abs. 4 SGB V zur Dauer einer maximal möglichen Praxisverwaisung gilt, bis zu deren Ende das vertragsarztrechtliche Nachbesetzungsverfahren noch durchgeführt werden kann: Es kommt darauf an, wie lange eine Praxis ohne ärztliche Tätigkeit (immaterielles) Eigentum darstellt, wobei verfassungsrechtlich eine großzügige Betrachtung geboten ist. Als Ruhenszeit gemäß § 95 Abs. 5 SGB V sind für einen in Einzelpraxis tätigen Vertragsarzt ein bis zwei, in Einzelfällen durchaus bis zu drei Jahre möglich. Für einen in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Vertragsarzt gilt Gleiches als Mindestmaß, und es ist denkbar, dass faktisch ein unbegrenztes Ruhen stattfinden kann, wenn die Mitgesellschafter den Patientenstamm „konservieren“ (können). Findet dies nicht statt oder geht es um einen in Einzelpraxis tätigen Vertragsarzt, kann der Zulassungsausschuss ein längeres Zulassungsruhen – einzeln oder nacheinander durch mehrere aufeinanderfolgende Beschlüsse – nicht aussprechen, außer, der Gesetzgeber hat für bestimmte Fälle eine sachlich gerechtfertigte andere Wertung getroffen. Das Bundessozialgericht sah einen solchen Sonderfall etwa für die Betreuung und Erziehung von Kindern als gegeben an, denn für die vergleichbare Situation einer Übergangsermächtigung von Psychotherapeuten zur Nachqualifizierung habe der Gesetzgeber in § 95 Abs. 11a SGB V eine Zeit von (höchstens) drei Jahren vorgesehen49, was somit als „Elternzeit“ von Vertragsärztinnen und -ärzten auf deren Wunsch hin maximal möglich ist.
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Vgl. § 16b, Rz. 6ff. S. ausführlich § 16b, Rz. 44ff. Vgl. § 27, Rz. 24. Vgl. Terminbericht Nr. 4/07 des BSG zur Sitzung vom 07.02.2007 im Verfahren B 6 KA 12/ 06 R (durch Vergleich beendet; Vorinstanzen: SG Frankfurt/Main, Urt. v. 18.05.2005, S 5/29 KA 2023/04, und LSG Hessen, Urt. v. 15.03.2006, L 4 KA 29/05).
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In einem Planungsbereich ohne Zulassungsbeschränkungen, in dem eine vom Landesausschuss festgestellte Unterversorgung besteht50, ist es unangemessen, unbegrenzt auf die Wiederaufnahme der Tätigkeit des in Rede stehenden Vertragsarztes zu warten, weil ansonsten die Patientenversorgung leidet. Teilweise wird hieraus gefolgert, eine Zulassung könne dann generell nicht ruhen51. Dies kann aber aus Verhältnismäßigkeitsgründen nur gelten, wenn die Alternative des Vertragsarztes die Arbeitsaufnahme ist. Dann entscheidet im Einzelfall eine genaue Abwägung der vertragsärztlichen Individualinteressen mit dem Ausmaß konkreter Patientenversorgungsinteressen entsprechend der Prüfung entgegen stehender Sicherstellungsgründe. Hat allerdings der Vertragsarzt – z.B. krankheitsbedingt – gar nicht die Wahl, zu arbeiten oder nicht zu arbeiten, wird durch die Verweigerung des Ruhensbeschlusses (und statt dessen die Zulassungsentziehung) kein Gewinn erzielt; denn an Stelle des den Ruhensbeschluss begehrenden Vertragsarztes wird kein Platz für einen anderen Vertragsarzt frei gemacht.
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In einem Planungsbereich, in dem eine „normale“ Versorgung besteht, hat der Zulassungsausschuss zu berücksichtigen, ob durch die ruhende Zulassung, würde sie ersatzlos wegfallen, eine Unterversorgung eintritt52. Ist dies der Fall, ist wie vorbeschrieben für den Fall einer bereits – vom Landesausschuss – festgestellten Unterversorgung an Hand der Umstände des Einzelfalls zu verfahren. Tritt keine Unterversorgung ein, wäre es folgerichtig, in „offenen“ Planungsbereichen das Ruhen sehr weitreichend, prinzipiell nahezu unbegrenzt zu ermöglichen und erst, wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind bzw. unmittelbar bevorstehen, die Erwartung aufzubauen, dass der eine ruhende Zulassung innehabende Vertragsarzt alsbald „in angemessener Frist“ seine Tätigkeit wieder aufnimmt. Andererseits sieht § 26 Abs. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 5 SGB V aber vor, dass im Zeitpunkt des Ruhensbeschlusses die Wiederaufnahme erwartet werden muss, verpflichtet § 26 Abs. 3 Ärzte-ZV zu einer entsprechenden Befristung und sieht § 27 Abs. 6 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V bei fehlender Erwartung der Wiederaufnahme die Zulassungsentziehung vor. Darüber hinaus ist es nicht die Aufgabe der Zulassungsausschüsse, dauerhaft die ruhenden Zulassungen verschiedener Fachgebiete daraufhin zu kontrollieren, ob diese „Privilegierung“ gewisser Ärzte noch tolerabel ist. Es spricht daher viel dafür, mit Blick auf die dargestellte maximale Ruhenszeit bei überversorgten Planungsbereichen zunächst einen Ruhensbeschluss zu fassen, der diese maximale Ruhenszeit nicht voll ausschöpft, sondern Raum lässt für weitere, sukzessive sich an das maximale Ruhen „herantastende“ Beschlüsse.
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e) Sonderfall: Ruhen der Zulassung von hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern Auf seinen Antrag hin kann – und wird – der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung eines Vertragsarztes beschließen, wenn dieser gemäß § 79 Abs. 1 SGB V hauptamtliches Mitglied des Vorstandes einer Kassenärztlichen Vereinigung gewor50 51 52
Vgl. § 16, Rz. 2ff. Kamps, VSSR 2002, 341, 361. Kamps, VSSR 2002, 341, 362.
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den ist. Die Regelung dient der – sinnvollen – Umgehung der sonstigen Ruhensvoraussetzungen, namentlich der Erwartung der Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist, um die Vorstandstätigkeit zu professionalisieren53. Stellt das Vorstandsmitglied den Antrag nicht, kann der Zulassungsausschuss keinen Ruhensbeschluss fassen; der Wortlaut von § 95 Abs. 5 SGB V ist eindeutig. Unberührt bleibt die Möglichkeit des Zulassungsausschusses, auf Grund eines Antrags anderer Verfahrensbeteiligter (§ 96 Abs. 4 SGB V) gemäß § 27 Ärzte-ZV (Zulassungsentziehung) vorzugehen. f) 31
Hälftiges Ruhen der Zulassung
Seit dem 01.01.2007 sieht § 19a Ärzte-ZV ausdrücklich vor, dass die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben ist. Erfolgt dies nicht und unterbleibt eine Erklärung des Vertragsarztes gemäß § 19a Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV, so dass keine Beschränkung des Versorgungsauftrages auf die Hälfte beschlossen wird, hat der Zulassungsausschuss nach § 26 Ärzte-ZV (Zulassungsruhen) oder § 27 Ärzte-ZV (Zulassungsentziehung) vorzugehen. Passend zu § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV ist in beiden Vorschriften bzw. in § 95 Abs. 5 S. 2 und Abs. 6 S. 2 SGB V nunmehr das hälftige Ruhen und die hälftige Entziehung der Zulassung vorgesehen. Die Gründe, die ein hälftiges Ruhen im Zusammenhang mit § 19a Ärzte-ZV begründen können, sind die Gleichen wie bei der Teilentziehung54. Die Unterscheidung ist danach vorzunehmen, ob die Wiederaufnahme der vollzeitigen vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist zu erwarten ist. Kein Anwendungsfall des hälftigen Ruhens der Zulassung – wie auch der Teilentziehung – sind Umstände, die es einem für zwei Fachgebiete zugelassenen Vertragsarzt unmöglich machen, (nur) ein Fachgebiet auszuüben, die Tätigkeit im anderen Fachgebiet jedoch unberührt lassen. Solange die Vollzeittätigkeit dann in diesem Fachgebiet stattfindet, bieten weder das Zulassungs- noch das Bedarfsplanungsrecht eine Handhabe hiergegen55. 2. Keine entgegen stehenden Sicherstellungsgründe
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Sicherstellungsgründe können nur bei einer (drohenden) quantitativen oder qualitativen Unterversorgung, nicht jedoch bei einer – durch das Zulassungsruhen auch fiktiv fortbestehenden – Überversorgung entgegen stehen56. Letztlich gelten hier die gleichen Überlegungen wie bei der Frage nach der Angemessenheit der Ruhenszeit.
53 54 55 56
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 759. Vgl. § 27, Rz. 28ff. So bereits Kamps, VSSR 2002, 341, 385f. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 477; vgl. auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 752.
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§ 26
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III. Absatz 2 – Die Mitteilungsverpflichteten 1. Allgemeines § 26 Abs. 2 Ärzte-ZV nennt als diejenigen, die Ruhensgründe mitzuteilen haben, neben dem Vertragsarzt selbst die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen. Erlangt der Zulassungsausschuss auf anderem Wege Kenntnis von einem Ruhensgrund, liegt mithin kein Antrag für einen Ruhensbeschluss vor, hat er das Ruhen gleichwohl von Amts wegen zu beschließen57, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen; der betroffene Vertragsarzt, der von § 26 Abs. 2 Ärzte-ZV in die Pflicht genommen ist, ruhensrelevante Tatsachen mitzuteilen, kann disziplinarrechtlich (durch den Disziplinarausschuss auf Antrag der Kassenärztlichen Vereinigung) in die Verantwortung genommen werden. Vor einem Ruhensbeschluss, der auf Tatsachen beruht, die nicht der Vertragsarzt, sondern die anderen in § 26 Abs. 2 ÄrzteZV Genannten oder Dritte mitgeteilt haben, ist der betroffene Vertragsarzt aber nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 24 Abs. 1 SGB X zu hören; regelmäßig wird er einen Ruhensantrag stellen/nachholen. Aber auch, wenn dies nicht erfolgt – aus welchem Grund auch immer –, kann der Zulassungsausschuss das Ruhen beschließen. Unter Umständen, d.h. bei der Erwartung der Tätigkeitswiederaufnahme in angemessener Frist, muss er es sogar beschließen, wenn dies die Verhältnismäßigkeit als Alternative zur Zulassungsentziehung gebietet. Allerdings dürfte es bei einem unterbleibenden Antrag des Vertragsarztes auf Ruhen der Zulassung, obwohl ein Ruhensgrund vorliegt, regelmäßig an der Kenntnis dieser Umstände fehlen.
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2. Pflicht des Vertragsarztes zur Antragstellung Gemäß § 26 Abs. 2 Ärzte-ZV muss ein Vertragsarzt dem Zulassungsausschuss Tatsachen mitteilen, die das Ruhen seiner Zulassung bedingen können. Fraglich ist, ab welchem Zeitpunkt diese Mitteilungspflicht gilt.
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Während einer nach § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zulässigen Vertretung besteht keine Mitteilungspflicht.
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Nach dem Ende einer zulässigen Vertretung – ggf. unter Einschluss einer von der Kassenärztlichen Vereinigung erteilten Vertretungsgenehmigung nach Ablauf des allein anzeigepflichtigen Zeitraums von drei Monaten (vgl. § 32 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 Ärzte-ZV) – oder wenn keine Vertretung (mehr) erfolgen soll/kann, ist dies anders. § 17 Abs. 3 S. 1 BMV-Ä bestimmt:
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Ist der Vertragsarzt länger als eine Woche an der Ausübung seiner Praxis verhindert, so hat er dies der Kassenärztlichen Vereinigung unter Benennung der vertretenden Ärzte unverzüglich mitzuteilen.
Die Benennung der vertretenden Ärzte – hiermit sind nicht nur Vertretungen gemäß § 32 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 Ärzte-ZV (in der Praxis des Vertretenen und auf seine Rech57
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 572.
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Abschnitt VII
Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
nung), sondern auch (!) sog. kollegiale Vertretungen (in der eigenen Praxis und auf eigene Rechnung des Vertreters) gemeint – ist nicht zwingend, wenn es eben keine gibt. Gleichwohl hat der Vertragsarzt die Mitteilung an die Kassenärztliche Vereinigung zu machen. Es ist angemessen, die Regelung analog auf die Mitteilungspflicht für den Zulassungsausschuss anzuwenden. Verfassungskonform verbleiben den Vertragsärzten dabei aus Verhältnismäßigkeitsgründen mitteilungsfreie Kurzurlaube, Kurzerkrankungen usw.58, auch wenn keine Vertretungen stattfinden. Danach besteht die Mitteilungspflicht – wie gesagt, (nur) wenn keine, auch keine kollegiale Vertretung stattfindet – prinzipiell sofort, außer, es ist absehbar, dass unmittelbar im Anschluss an die nächste Sitzung des Zulassungsausschusses die Tätigkeit wieder aufgenommen werden wird. Dann ist eine Ruhensentscheidung des Zulassungsausschusses sinnlos. Allerdings ist es in erster Linie seine Aufgabe, die Notwendigkeit eines Ruhensbeschlusses zu beurteilen59. Ihm steht es zudem frei, einen Ruhensbeschluss mit einer kurzen, ggf. nur einige Tage oder Wochen ab dem Zeitpunkt seiner Entscheidung laufenden Ruhenszeit zu versehen.
IV. Absatz 3 – (Pflichtige) Befristung des Ruhens 38
§ 26 Abs. 3 Ärzte-ZV sieht zwingend die Verbindung des eigentlichen Ruhensbeschlusses mit der Ruhenszeit vor. Hierbei handelt es sich um eine gesetzlich geregelte, unselbstständige Nebenbestimmung in Form einer auflösenden Bedingung i.S. des § 32 SGB X60. Dies hat z.B. zur Folge, dass die Ruhenszeit – nach allgemeinen Grundsätzen – isoliert angefochten werden kann61 mit dem Ziel, die Ruhenszeit zu verlängern. Diese ist nur zulässig in Form einer Datumsangabe („von … bis …“) oder einer Zeitraumangabe („… Monate“/„… Jahr[e]“); auf ein bestimmtes Ereignis abzustellen, dessen Eintritt ungewiss ist, scheidet angesichts des Gesetzeswortlauts aus.
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Die maximale Ruhenszeit62 darf nicht routinemäßig stets angeordnet werden. Es ist – ggf. unter Berücksichtigung von „Sicherheitszuschlägen“ – nur soviel an Ruhezeit festzusetzen, wie im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der in der maßgeblichen Sitzung des Zulassungsausschusses bekannten Tatsachen erforderlich ist. Dies schützt auch den Vertragsarzt selbst, denn während der Ruhenszeit darf er keine vertragsärztlichen Leistungen erbringen und abrechnen; allein die Genesung von einer Krankheit, wegen der die Zulassung ruht(e), nutzt nichts, solange das Zulassungsruhen nicht abgelaufen oder aufgehoben ist. Weitere Ruhensbeschlüsse mit neuen Fristen in späteren Sitzungen können – bis zur insgesamt maximalen Ruhenszeit – immer noch gefasst werden. Dies kann bedeuten, dass für eine isolierte An58 59 60 61 62
Zur verfassungskonformen Auslegung vgl. Kamps, VSSR 2002, 341, 355f., im Zusammenhang der Zeit, für die kein Ruhen angeordnet werden sollte (sechs Wochen). Vgl. auch Rz. 44. Kamps, VSSR 2002, 341, 385. Vgl. (zur „Wohnsitzauflage“ gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV) BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405. Hierzu Rz. 25ff.
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§ 26
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fechtung der Ruhenszeit, um diese verlängern zu lassen, kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, solange sich der Zulassungsausschuss in der Begründung nicht darauf festlegt, dass eine längere Ruhenszeit ausscheidet.
V. Absatz 4 – Verzeichnis ruhender Zulassungen Gemäß § 26 Abs. 4 Ärzte-ZV führt die Kassenärztliche Vereinigung ein gesondertes, d.h. von dem Arztregister zu trennendes Register über die ruhenden Zulassungen. Dies dient der vereinfachten Überwachung der Einhaltung der Ruhensfristen.
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VI. Rechtsfolgen des Ruhens Rechtsfolge des Ruhens der Zulassung ist in jedem Fall, dass insbesondere das Recht und die Pflicht zur Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten suspendiert ist (arg. e contrario aus § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V)63, mit der Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt die vertragsärztliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. Während des Ruhens seiner Zulassung ist der Vertragsarzt daher nicht berechtigt, zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung deren Versicherte, eben wie ein Vertragsarzt, in Erfüllung des Sachleistungsprinzips (§ 2 Abs. 2 S. 1 SGB V) zu behandeln. Die spezielle vertragsärztliche Abrechnungsmöglichkeit über die Kassenärztliche Vereinigung, d.h. die Nutzung von Abrechnungskontingenten („Individualbudgets“), ist unzulässig. Dies gilt auch für Berufsausübungsgemeinschaften hinsichtlich desjenigen Teils des gemeinsamen Abrechnungskontingents aller Ärzte, das auf den vom Ruhensbeschluss betroffenen Vertragsarzt entfällt. Dieser Abrechnungsanteil darf in der Ruhenszeit grundsätzlich nicht genutzt werden, sofern nicht – entsprechend dem Honorarverteilungsvertrag der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung – eine (zu beantragende) Ausnahmegenehmigung vorliegt64. Eine Behandlung während des Zulassungsruhens (eines in Einzelpraxis niedergelassenen Vertragsarztes) kann die Abrechnung ausschließlich gemäß § 13 Abs. 3 SGB V (Kostenerstattung bei sog. Systemversagen65) auslösen.
41
Daneben spricht vieles dafür, dass keine weiteren Rechte und Pflichten des betroffenen Vertragsarztes, der weiterhin ordentliches Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung bleibt, suspendiert sind66. Dies ergibt sich aus der Natur der Sache z.B. für Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zum Zwecke der Abrechnungsprüfung, bezogen auf den Zeitraum der vertragsärztlichen Tätigkeit vor dem Beginn des Zulassungsruhens, sowie zum Zwecke der Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Ruhensbeschlusses aktuell noch gegeben sind. Ferner ist es notwendig und sachangemessen (und entspricht auch dem Wortlaut von § 81 Abs. 5 S. 1 SGB V [„gegen Mitglieder“]), den betreffenden Vertragsarzt während des Zulassungsruhens der
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Kamps, VSSR 2002, 341, 386. Vgl. z.B. § 7 Abs. 8 HVV der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Vgl. Dahm, MedR 2002, 6ff. Unklar Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 753. Wie hier Kamps, VSSR 2002, 341, 387.
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Disziplinargewalt der Kassenärztlichen Vereinigung zu unterwerfen67. Das Zulassungsruhen darf die Ahndung eines zuvor stattgefundenen Fehlverhaltens nicht verhindern („keine Flucht in das Zulassungsruhen“), und das Ansehen des Instituts „Vertragsarzt“ in der Bevölkerung kann auch während des Zulassungsruhens geschädigt werden (besonders deutlich bei einem Fehlverhalten am ersten Tag des Zulassungsruhens). Eine ruhende Zulassung muss zudem einer Entziehung zugänglich sein. 43
Aufgaben, die nur vordergründig mit der vertragsärztlichen Zulassung in Verbindung stehen – z.B. die Zugehörigkeit zum Zulassungsausschuss als Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, da man für dieses Amt keine Vertragsarzt sein muss68 – sind vom Zulassungsruhen keinesfalls betroffen.
VII. „Unechtes“, rechtswidriges Ruhen 44
Kommt ein Vertragsarzt seiner Mitteilungspflicht nicht nach, ruht die Zulassung im Anschluss mangels eines notwendigen Beschlusses „unecht“ – und rechtswidrig. Die Konsequenzen können in jedem Fall Disziplinarmaßnahmen sein. Darüber hinaus stehen Honorarrückforderungen in Rede, und zwar in den Fällen, in denen ein Vertragsarzt sich ohne Genehmigung (vgl. § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV) vertreten lässt (oftmals anzutreffen in Berufsausübungsgemeinschaften nach Ablauf der DreiMonats-Frist zulässiger Vertretung gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV)69.
VIII. Besonderheiten bei Angestellten 45
Die Regelungen über das Zulassungsruhen gelten entsprechend für die Genehmigung der Anstellung eines Arztes zu Gunsten eines Vertragsarztes oder eines medizinischen Versorgungszentrums. Auch diese Anstellungsgenehmigungen sind zum Ruhen zu bringen, wenn die Angestelltentätigkeit nicht ausgeübt wird. Teilen sich mehrere Ärzte eine Vollzeitstelle, ist es ggf. zur Vermeidung von Abrechnungsnachteilen in Folge der Abhängigkeit der Abrechnungsmöglichkeiten von dem Ausmaß der Angestelltentätigkeit(en)70 ratsam, zusammen mit dem Ruhensantrag einen Antrag auf erhöhte Tätigkeit des/der anderen Arztes/Ärzte zu stellen. Von sich aus muss der Zulassungsausschuss keine entsprechenden Ermittlungen anstellen und automatisch eine Erhöhung der Tätigkeitszeit genehmigen.
IX. Besonderheiten bei medizinische Versorgungszentren 46
Eine besondere Fragestellung wirft das eventuelle Ruhen einer Anstellungsgenehmigung des Trägers eines medizinischen Versorgungszentrums auf, das mit dem ge67 68 69 70
Kamps, VSSR 2002, 341, 387 m.w.N. in Fn. 158. Vgl. § 34, Rz. 7. Vgl. § 32, Rz. 14ff., 25ff. Vgl. beispielhaft § 7 Abs. 1 Unterabs. 3 HVV der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.
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setzlich geforderten Mindestmaß von zwei Fachgebieten (vgl. § 95 Abs. 1 S. 2ff. SGB V) betrieben wird. Ruht diese Anstellungsgenehmigung, ist in dem medizinischen Versorgungszentrum nur in einem Fachgebiet ein Arzt „tätig“ (§ 95 Abs. 1 S. 2, 3 Hs. 1 SGB V), mithin das medizinische Versorgungszentrum aktuell keine fachübergreifende Einrichtung mehr. Stellt dies die Zulassung des Trägers insgesamt ab dem Ruhensbeschluss in Frage, letztlich mit der Folge, dass auch das zweite Fachgebiet ruhen oder sogar die Zulassungsentziehung erfolgen muss, es also eigentlich kein Ruhen einer von zwei Anstellungsgenehmigungen geben kann71? Nein, und zwar weil es zunächst angesichts des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG unverhältnismäßig wäre, das gesamte medizinische Versorgungszentrum still zu legen, wenn für eine grundsätzlich tolerable Zeit keine vollständige Pflichterfüllung stattfinden könnte. Der Gesetzgeber hat dies anerkannt, indem er in § 95 Abs. 5 S. 2 SGB V die Möglichkeit zum hälftigen Ruhen der Zulassung geschaffen hat. Die Regelung ist (i.V.m. § 26 Ärzte-ZV) auf Träger medizinischer Versorgungszentren gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV entsprechend anzuwenden. Unmittelbar gilt sie dann für die Träger sowohl für Zeiten, in denen ein Fachgebiet nicht vollzeitig angeboten wird, als auch – da die Zulassung für das medizinische Versorgungszentrum qua definitionem fachübergreifend und von vornherein so zu betrachten ist72 – für Zeiten, in denen ein Fachgebiet insgesamt ausfällt. Bestätigung findet dies mittelbar durch die seit dem 01.01.2007 geltende Fassung des § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V. Dieser ordnet, bezogen (nur) auf das Erfordernis, dass medizinische Versorgungszentren nur von Leistungserbringern betrieben werden dürfen, eine sechsmonatige „Schonfrist“73 vor der Zulassungsentziehung an, wenn die Leistungserbringereigenschaft nach der Gründung entfällt. Der Gesetzgeber hat damit anerkannt, dass bei medizinischen Versorgungszentren der zeitweise Wegfall gesetzlicher Vorgaben prinzipiell zu tolerieren ist74.
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Gesehen wird die Problematik auch von Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 91, die allerdings ohne Berücksichtigung von § 26 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 5 S. 2 SGB V zur Erweiterung von § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V (dazu sogleich) auffordern. Dies unterscheidet das medizinische Versorgungszentrum vom für zwei Fachgebiete zugelassenen Vertragsarzt, dem die Zulassung nur für ein Fachgebiet nicht entzogen oder ruhend gestellt werden kann; s. Rz. 31. Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 91. Vgl. Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 91.
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§ 27 Der Zulassungsausschuss hat von Amts wegen über die vollständige oder hälftige Entziehung der Zulassung zu beschließen, wenn die Voraussetzungen nach § 95 Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gegeben sind. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen können die Entziehung der Zulassung beim Zulassungsausschuss unter Angabe der Gründe beantragen. Übersicht Rz. I. Allgemeines zur Zulassungsentziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1. Entfall der Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 a) Zulassungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 b) Keine Zulassungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3. Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4. Gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 a) Allgemeines zum Pflichtenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 b) Besonders praxisrelevante Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 c) Gröblichkeit des Pflichtenverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 d) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aa) Allgemeines – Grundrechtliche Bedeutung der Zulassungsentziehung und ihr legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 bb) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 cc) Erforderlichkeit – Sonderproblem: Konkurrenz zum Disziplinarverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 dd) Angemessenheit – Sonderproblem: Nachträgliches Wohlverhalten und Wiedererlangung des Vertrauens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5. Teilentziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 III. Sozialverwaltungsverfahrensrechtliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Verfahren vor dem Zulassungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Verfahren vor dem Berufungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Sonderproblem: Anordnung der sofortigen Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 aa) Formell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 bb) Materiell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 IV. Klageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 V. Einstweiliger Rechtsschutz gegen die bzw. zur Anordnung der sofortigen Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 VI. Wiederzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 VII. Besonderheiten für medizinische Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Entfall der Gründungsvoraussetzung „Leistungserbringer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Nichtaufnahme/Nichtausübung der vertragsärtlichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Entziehung der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Aufhebung der Anstellungsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3. Sonderproblem: Gröbliche Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 VIII. Besonderheiten für angestellte Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Literatur Clemens, Der Kassenarzt im Spannungsfeld zwischen der Meinungsfreiheit und beruflichen Sanktionen, in: Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, 373; Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechts-
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änderungsgesetz – VÄndG, MedR 2006, 555; Engel, Eigentumsschutz für Unternehmen, AöR 118 (1993), 169; Hecker, Die Vertragsabschlussfreiheit des Arztes bei gestörtem Vertrauensverhältnis zum Patienten, MedR 2001, 224; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, DVBl. 1985, 97; Krieger, Die Behandlungsverweigerung bei Kassenpatienten, insbesondere wegen unzureichender Honorierung, MedR 1999, 519; Makoski/Möller, Bürgschaftsprobleme bei der Errichtung Medizinischer Versorgungszentren, MedR 2007, 524; Möller, Auswirkungen des VÄndG auf Medizinische Versorgungszentren, MedR 2007, 263; Roos, Kostenerstattung und Sachleistung in der gesetzlichen Krankenversicherung, NZS 1997, 464; Schiele/Rosset, Der Sofortvollzug bei Drittwidersprüchen gegen die vertragsärztliche Zulassung, MedR 1995, 311; Steinhilper/Schiller, Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V, MedR 1997, 385; Steinhilper/Schiller, Wie sicher ist der „sicherste“ Weg? – BGH überzieht Anforderungen an die anwaltliche Beratungspflicht im Vertragsarztrecht – Anm. zu BGH, Urt. v. 23.11.2006 – IX ZR 21/03, MedR 2007, 418.
I. Allgemeines zur Zulassungsentziehung § 27 Ärzte-ZV i.V. mit § 95 Abs. 6 SGB V ist die Grundlage für die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung. Sie ermöglicht eine ungehinderte Durchbrechung des bestandskräftigen Zulassungsbescheids, bei der die §§ 45, 48 SGB X nicht anwendbar sind1. Die Zulassungsentziehung hebt sämtliche vertragsärztlichen Rechte und Pflichten auf. Sie ist mithin ebenso wie die Erteilung der Zulassung Verwaltungsakt i.S. von § 31 S. 1 SGB X2. Eine zeitlich befristete Zulassungsentziehung scheidet mangels gesetzlicher Grundlage aus3.
1
Das Zulassungsentziehungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren; auf ein Verschulden des Vertragsarztes für das Vorliegen der Zulassungsentziehungsgründe, insbesondere im Fall der gröblichen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten, kommt es nicht an4. Zuständig für disziplinarrechtliche Maßnahmen ist überdies die Kassenärztliche Vereinigung und nicht der Zulassungsausschuss (bei der gröblichen Pflichtverletzung hat der Zulassungsausschuss gleichwohl zwischen der Zulassungsentziehung und Disziplinarmaßnahmen, insbesondere dem Zulassungsruhen, abzuwägen5). Die Zulassungsentziehung dient ausschließlich dazu, das System der vertragsärztlichen Versorgung vor Störungen zu bewahren und funktionsfähig zu halten, also Ärzten keine Zulassung zuzugestehen, die zur vertragsärztlichen Tätigkeit objektiv ungeeignet sind6 (was für sämtliche Alternativen des § 95 Abs. 6 SGB V gilt).
2
U.a. die Zulassungsentziehung berechtigt den betroffenen Vertragsarzt, dessen Fachgebiet im Planungsbereich der Niederlassung Zulassungsbeschränkungen7 unterworfen ist, einen Antrag auf Durchführung des sog. Nachbesetzungsverfahrens8
3
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Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 474. Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 734. BSG, Urt. v. 30.10.1959, 6 RKa 14/59, BSGE 10, 292. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 76. Hierzu Rz. 26. BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, BSGE 60, 76 m.w.N. Hierzu § 16b, Rz. 6ff. Hierzu ausführlich § 16b, Rz. 42ff.
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zu stellen (vgl. § 103 Abs. 1 S. 1 SGB V). Spätestens dann, wenn die Zulassungsentziehung bestandskräftig zu werden droht oder die Zulassungsentziehung für sofort vollziehbar erklärt wurde9, ist dieser Antrag und der zügige Abschluss des Nachbesetzungsverfahrens sinnvoll, um den mit der Praxis verbundenen Wert realisieren zu können. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Praxiswert verfällt und das Nachbesetzungsverfahren seinen alleinigen Sinn, nämlich den Eigentumsschutz, verliert.
II. Tatbestandsvoraussetzungen 4
§ 27 Ärzte-ZV verweist für die Voraussetzungen der Zulassungsentziehung ausschließlich auf § 95 Abs. 6 SGB V, der folgenden Wortlaut hat: Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch eine hälftige Entziehung der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzung des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz länger als sechs Monate nicht mehr vorliegt.
1. Entfall der Zulassungsvoraussetzungen 5
Das Nicht- oder Nichtmehrvorliegen der Voraussetzungen der vertragsärztlichen Zulassung bezieht sich vornehmlich auf die (subjektiven) Gründe der Zulassungsversagung gemäß den §§ 20ff. Ärzte-ZV. Daneben würden die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, wenn die Registereintragung gestrichen würde. Dies ist nach der Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) der Approbation gesondert einzuleiten; unmittelbar zeitigt die Approbationsaufhebung diese Folge nicht10. Ungeachtet dessen ist bei einer Approbationsaufhebung die Zulassung zu entziehen, weil der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht mehr (rechtmäßig) ausübt und eine Wiederaufnahme der (rechtmäßigen) vertragsärztlichen Tätigkeit in der Regel nicht in angemessener Frist zu erwarten ist; ein Ruhen scheidet damit aus. 2. Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit
6
Die Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit betrifft Vertragsärzte, die ihre vertragsärztliche Tätigkeit am Vertragsarztsitz, der sich aus dem Zulassungsbeschluss ergibt, noch zu keinem Zeitpunkt ausgeübt haben. Bei der Zulassungsentziehung wegen der Nichtaufnahme ist zu unterscheiden zwischen Planungsbereichen mit und ohne Zulassungsbeschränkungen.
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Hierzu Rz. 47ff. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 765.
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a) Zulassungsbeschränkungen Bei „gesperrten“ Planungsbereichen gilt § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV, der das Ende der Zulassung bestimmt, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses aufgenommen wird. In diesem Fall endet die Zulassung kraft Gesetzes nach Ablauf von drei Monaten ohne vertragsärztliche Tätigkeit. Eines gesonderten Entziehungsbeschlusses des Zulassungsausschusses bedarf es nicht11. Der Zulassungsausschuss wird allenfalls – dies ist in der Praxis häufig anzutreffen, wenngleich keine Ermächtigungsgrundlage hierfür besteht (§ 28 Abs. 1 Ärzte-ZV betrifft ausdrücklich andere Beendigungsgründe) – einen rein deklaratorischen Feststellungsbeschluss treffen, um den Rechtsschein der Zulassung zu beseitigen. Es besteht dabei insbesondere keine Möglichkeit, das Ende der Zulassung durch einen mit aufschiebender Wirkung versehenen (vgl. § 96 Abs. 4 SGB V) Widerspruch gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses und die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit später, während des Widerspruchsverfahrens, zu verhindern. Will der Arzt die gesetzlich vorgesehene Beendigung der Zulassung verhindern, muss er das Ruhen der Zulassung gemäß § 26 Ärzte-ZV beantragen12.
7
b) Keine Zulassungsbeschränkungen Einer Zulassungsentziehung bedarf es nur in „offenen“ Planungsbereichen. Sie ist dem Ruhen der Zulassung gemäß § 26 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 5 SGB V gegenüberzustellen, wonach der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung zu beschließen hat, wenn die „Aufnahme (der vertragsärztlichen Tätigkeit) … in angemessener Frist zu erwarten ist“. Über diese Erwartung grenzen sich das Zulassungsruhen und die Zulassungsentziehung voneinander ab. Nur wenn die Erwartung nicht besteht, was von Amts wegen zu ermitteln ist, darf die Zulassung entzogen werden. Ansonsten ist sie zum Ruhen zu bringen13.
8
3. Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit Geht es um die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, also insbesondere die Nichtabrechnung vertragsärztlicher Leistungen in der Vergangenheit und die fehlende Absicht, dies zukünftig alsbald zu tun14, ist ebenso wie bei der Nichtaufnahme (in einem „offenen“ Planungsbereich) zwischen der Anwendung von § 26 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 5 SGB V (Zulassungsruhen) und von § 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V (Zulassungsentziehung) zu unterscheiden, d.h. zu prüfen, ob „die Aufnahme (der vertragsärztlichen Tätigkeit) … in angemessener Frist zu erwarten ist“. Nur wenn diese Erwartung nicht besteht, was von Amts wegen zu ermitteln ist, darf die Zulassung entzogen werden. Ansonsten ist sie zum Ruhen zu bringen15. 11 12 13 14 15
Vgl. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 455. Hierzu § 26, Rz. 14f. Hierzu § 26, Rz. 25ff. Vgl. LSG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 29.11.2006, L 7 KA 38/04, AZR 2007, 78, 79; vgl. auch § 26, Rz. 16ff. Hierzu § 26, Rz. 25ff.
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4. Gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten 10
Der regelmäßig in der Praxis umstrittenste Anwendungsfall von § 27 Ärzte-ZV dürfte die Zulassungsentziehung auf Grund gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten sein. a) Allgemeines zum Pflichtenbegriff
11
Grundsätzlich ist jede der vielen ausdrücklich normierten oder ungeschriebenen, sich aus allgemeinen Grundsätzen ergebenden vertragsärztlichen Pflichten16 geeignet, bei ihrer Verletzung eine Zulassungsentziehung zu begründen; § 27 Ärzte-ZV differenziert nicht zwischen besonders hoch- oder geringwertigen vertragsärztlichen Pflichten. Das Bundessozialgericht geht sogar so weit, als relevante Pflichtverstöße alle Gesetzesverstöße (z.B. Straftaten, berufsrechtliche Vergehen, wettbewerbsrechtliche Verstöße) anzusehen, die im Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Tätigkeitsausübung begangen werden (sog. weite Auslegung)17; damit ist es letztlich eine Pflicht des Vertragsarztes, bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit keinerlei Gesetzesverstöße zu begehen18. Wegen des Wortlauts von § 27 Ärzte-ZV und aus systematischen Gründen verbietet es sich allerdings, auch andere, ohne Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Tätigkeit begangene Gesetzesverstöße unter den Begriff der Verletzung von „vertragsärztlichen Pflichten“ zu subsumieren19; in diesen Fällen ist aber der Entfall der Zulassungsvoraussetzungen gemäß den §§ 20ff. ÄrzteZV zu prüfen. b) Besonders praxisrelevante Pflichtverletzungen
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Insbesondere folgende Pflichtverletzungen waren bislang in der Praxis Gegenstand von Zulassungsentziehungsverfahren20:
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• Abrechnungsmanipulationen/Verstöße gegen den Grundsatz der peinlich genauen Abrechnung/Falschabrechnung, z.B. durch fortgesetzt unrichtige Abrechnung (erbrachter) ärztlicher Leistungen21, Abrechnung nicht erbrachter 16 17 18 19
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Eine Aufstellung findet sich z.B. bei Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 53ff. BSG, Beschl. v. 25.09.1997, 6 RKa 54/96; vgl. auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 64. Ebenso Hesral, in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 64. A.A. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 461, unter Verweis auf eine „Vergleichsprüfung“, da ansonsten z.B. bei Verfehlungen im Zusammenhang mit einer privatärztlichen Tätigkeit künstlich differenziert würde. Die Aufstellung folgt Zusammenstellungen von Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 80; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 468ff.; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 586; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 786ff. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.1971, L 1 Ka 19/70, DÄBl. 1972, 519 (fehlende Aufzeichnungen, „Honorarglätten“, d.h. Abrechnung nicht erbrachter an Stelle von erbrachten Leistungen, um Auffälligkeiten in der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu vermeiden; vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 787).
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ärztlicher Leistungen22, fehlerhafte Abrechnung von Material- und Laboratoriumskosten23, Unterlassen abrechnungsrechtlich notwendiger Aufzeichnungen24 bzw. eine mangelhafte Karteiführung25, implausible Leistungserbringung – z.B. infolge von Auffälligkeiten hinsichtlich der Prüfzeiten des EBM26 – über mehrere Jahre27. Zur Erläuterung: Das System der Gesetzlichen Krankenversicherung ist auf die unbedingte Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit des Vertragsarztes – auch bei der Kontrolle von intern zulässigerweise für die Abrechnung zuständigen Arzthelferinnen (Stichwort: Organisations- und Überwachungspflichten) – zwingend angewiesen. Es ist vor Zuwiderhandlungen sowohl des jeweils in Rede stehenden Vertragsarztes (Wiederholungsgefahr) als auch anderer Vertragsärzte (Generalprävention) zu schützen28. • Verstöße gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung, z.B. durch die Abrechnung von von Nichtärzten erbrachten, nicht delegationsfähigen ärztlichen Leistungen29, die ständige Überlassung von nicht delegationsfähigen und dann abgerechneten Behandlungsmaßnahmen an Hilfspersonal30 oder die Beschäftigung eines ausländischen Arztes ohne Approbation und Berufserlaubnis für dann abgerechnete Behandlungen31. Zur Erläuterung: Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung besteht im Arzt-Patientenverhältnis sowohl zivil- (vgl. § 613 S. 1 BGB), berufs- (vgl. § 19 MBO-Ä) als auch vertragsarztrechtlich (vgl. §§ 15 Abs. 1, 28 Abs. 1 SGB V, § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, § 15 BMV-Ä, §§ 14 und 13 Abs. 3 EKV). Die Delegation von Leistungen ist zwar prinzipiell möglich. Die Abgrenzung im Einzelfall kann jedoch schwierig sein32. Letztlich führt aber auch ein Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung zu einer Falschabrechnung, die aus den o.g. Gründen nicht tolerabel ist. 22
23 24 25 26 27 28 29
30 31 32
BSG, Urt. v. 19.10.1971, 6 RKa 15/70, BSGE 33, 161 = NJW 1972, 1104; BSG, Urt. v. 18.08.1972, 6 Rka 28/71, USK 72117; BSG, Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250; LSG Berlin, Urt. v. 12.06.1974, L 7 Ka 8/70. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 04.03.1976, L 6 Ka 2/71, MeSo B 350/39. BSG, Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250 (Umfang des Schadens hat geringe Bedeutung); LSG Berlin, Urt. v. 22.10.1980, L 7 Ka 6/79, Breithaupt 1981, 663. LSG Berlin, Urt. v. 12.06.1974, L 7 Ka 8/70. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 788. BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 70/91, BSGE 73, 234. BSG, Urt. v. 18.08.1972, 6 RKa 4/72, BSGE 34, 252; Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250, 252. BSG, Urt. v. 25.10.1989, 6 RKa 28/88, BSGE 66,6 (psychotherapeutische Leistungen); LSG Hamburg, Urt. v. 08.12.1959, KABf 5/59, Breithaupt 1961, 9; SG Frankfurt, Urt. v. 23.02.1977, S 5 Ka 38/76 (Ls.). SG Hamburg, Urt. v. 22.11.1979, 3 Ka 27/79 (Ls.). SG Stuttgart, Urt. v. 22.06.2005, S 10 KA 4573/04. Ausführlich zur persönlichen Leistungserbringung § 32, Rz. 1ff., instruktiv ferner Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 362ff., sowie die Stellungnahme von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Bundesärztekammer in DÄBl. 1988, A 2197. Grundsätze delegationsfähiger Leistungen eines Zahnarztes sind in § 1 Abs. 4, 5 Zahnheilkundegesetz geregelt.
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• Fortgesetzte Verstöße gegen administrative Pflichten trotz vorhergehender disziplinarrechtlicher Maßnahmen33. Hier geht es insbesondere um die Pflicht, Anfragen der Krankenkassen und/oder der Kassenärztlichen Vereinigung zu beantworten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Vertragsarzt nicht verpflichtet ist, Antworten zu geben, wenn er sich hiermit der Gefahr von Disziplinar-, Zulassungsentziehungs- und/oder strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahmen aussetzt34 (sog. nemo-tenetur-Prinzip; vgl. § 136 Abs. 1 S. 2 StPO); einer Einladung zu einem Gespräch hat der Vertragsarzt auf Grund von § 21 Abs. 2 S. 3 SGB X nur Folge zu leisten, wenn es hierfür eine (materiell-)gesetzliche Grundlage gibt, z.B. in der Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung35. Zur Erläuterung: Administrative Pflichten treffen den Vertragsarzt gegenüber den Krankenkassen insbesondere in Form der Auskunftspflichten gemäß den §§ 294ff. SGB V. Gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung besteht insbesondere die Pflicht zur rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Abrechnung (vgl. § 34 Abs. 3 EKV)36 und zur Mitwirkung bei den in diesem Rahmen durchzuführenden Prüfverfahren37. Auf die Erfüllung dieser Pflichten ist das System der Gesetzlichen Krankenversicherung zur Wahrung seiner Funktionsfähigkeit unbedingt angewiesen. Verstöße hiergegen sind auf Dauer nicht tolerabel.
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• Eine über Jahre fortgesetzte und trotz Disziplinarmaßnahmen nicht abgestellte Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots38. Zur Erläuterung: Die Leistungen des Vertragsarztes müssen gemäß § 12 Abs. 1 SGB V wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Andere als notwendige und wirtschaftliche Leistungen können gesetzlich krankenversicherte Patienten nicht beanspruchen und darf der Vertragsarzt nicht bewirken39. Es ist die Aufgabe der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigungen (vgl. § 106 Abs. 1, 2 SGB V), hierzu zu beraten und Auffälligkeits- und Zufallsprüfungen durchzuführen40. An die (bestandskräftige) Feststellung einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise knüpft sich die Erstattungspflicht des Vertragsarztes hinsichtlich des den Krankenkassen entstandenen Mehraufwandes an (vgl. § 106 Abs. 5a SGB V). Die mit diesem Mehraufwand verbundene Störung des Systems der Gesetzlichen Kran33
34 35 36 37 38 39 40
LSG Hessen, Urt. v. 25.10.1978, L 7 Ka 710/76 (Ls.); BSG, Urt. v. 08.07.1980, 6 Rka 10/78, ArztR 1980, 325; BSG, Urt. v. 06.11.2002, B 6 KA 9/02 R, MedR 2003, 422 (Nichtbeantworten von Anfragen der Krankenkassen, wiederholte verspätete Honorarabrechnungen). Vgl. ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 803. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 804. Vgl. auch Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 469. Vgl. auch Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht Rz. 522. BSG, Urt. v. 19.10.1971, 6 RKa 15/70, BSGE 33, 161; Urt. v. 14.07.1993, 6 RKa 10/92, SGb 1993, 558 (Ls.). Zur Kritik am Wortlaut des § 12 Abs. 1 SGB V vgl. Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 179f. Zu den Prüfmethoden bietet Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 497ff., einen ersten Überblick.
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kenversicherung ist nicht tolerabel. Zudem kann ein Mehraufwand stets unentdeckt bleiben, so dass das Risiko eines individuellen und generellen Anreizes zu unwirtschaftlicher Behandlungsweise besteht. Dieses Risiko rechtfertigt in Einzelfällen41 und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips42 – neben der Festsetzung einer Honorarrückforderung – die Zulassungsentziehung. • Die rechtswidrige Verweigerung einer Behandlung im Sachleistungssystem43 (z.B. um mit dem Patienten eine privatärztliche Behandlung zu vereinbaren).
17
Zur Erläuterung: Die Zulassung verpflichtet den Vertragsarzt, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln. Dies darf er lediglich aus den in den für ihn maßgeblichen Regelwerken ausdrücklich definierten Gründen ablehnen (vgl. § 13 Abs. 7 BMV-Ä bzw. § 16 Abs. 6 EKV: keine Krankenversichertenkarte, keine Zuzahlung, sonstige begründete Fälle wie insbesondere fehlendes Vertrauensverhältnis, Überlastung44). Dementsprechend widerspricht es vertragsärztlichen Pflichten, einem Patienten nur eine privatärztliche Behandlung zu offerieren, wenn diese generell zum Leistungsspektrum des Arztes gehört und in einer methodenunabhängig definierten Leistungsposition des für die vertragsärztliche Tätigkeit maßgeblichen Regelwerks (EBM) enthalten ist45. Es ist unerheblich, ob die vertragsärztliche Vergütung, was ohnehin nicht generalisiert werden kann46, kostendeckend ist47 (vgl. auch die Ausführungen sogleich zu Zuzahlungsverlangen). • Das Verlangen privater Zuzahlungen für im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung bereits enthaltene Behandlungsmaßnahmen (z.B. wegen der Vorhaltung vorgeblich „besonderer“, nicht obligater Ressourcen)48. Zur Erläuterung: Gesonderte finanzielle Aufwendungen der Versicherten sind im gesetzlichen Sachleistungssystem des SGB V naturgemäß Fremdkörper49 und ausschließlich ausnahmsweise, wenn sie gesondert und ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig. § 18 BMV-Ä bzw. § 21 EKV regelt Zuzahlungen abschließend. Zur in der Praxis üblichen Motivation von Zuzahlungsverlangen hat das Bundessozialgericht abschlägig 41 42 43 44 45 46 47
48
49
Vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, BSGE 60, 76; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 793; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 471. Vgl. Rz. 24ff. Vgl. BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 67/00 R, MedR 2002, 47. Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 358; vertiefend Hecker, MedR 2001, 224. Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 359, unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 54/00 R, BSGE 88, 20. BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 67/00 R, MedR 2002, 47. SG Düsseldorf, Urt. v. 21.07.2004, S 14 KA 260/02, MedR 2005, 112; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 797. Vgl. auch Steinhilper/Schiller, MedR 1997, 385; Roos NZS 1997, 464; Krieger, MedR 1999, 519. BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 36/00 R, MedR 2002, 42; Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 87/ 00 R, ArztR 2002, 151; zuletzt noch SG Marburg, Urt. v. 29.11.2006, S 12 KA 656/06, AZR 2007, 108. Vgl. BSG, Urt. v. 07.08.1991, 1 RR 7/88, BSGE 69, 170, 173: Naturalleistungsprinzip = „grundsätzliches Strukturprinzip“.
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festgestellt: „Finanzielle Aspekte wie die vermeintlich unzureichende Honorierung einer Einzelleistung … berechtigen den Arzt nicht, einem Versicherten gesetzlich vorgesehene Leistungen nur außerhalb des Systems … zukommen zu lassen oder gänzlich zu verweigern … Dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Tätigkeit liegt eine ,Mischkalkulation’ zugrunde. Dies bedeutet, dass es durchaus Leistungen geben kann, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen ist“50. 19
Weiterhin haben die Gerichte die folgenden Pflichtwidrigkeitstatbestände im Rahmen von Zulassungsentziehungsverfahren beschäftigt: • die Duldung oder Förderung einer Betäubungsmittelsucht51; • das Ausstellen von Blankorezepten, die von Arzthelferinnen ausgefüllt wurden52; • die Beschäftigung von arbeitsunfähig geschriebenen Versicherten beim eigenen Hausbau des Vertragsarztes53; • die Beschäftigung unzureichend ausgebildeten und ungenügend überwachten Hilfspersonals54; • das langjährige, auffallend häufige Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen55; • die versuchte Vergewaltigung einer Praxishelferin56; • grob beleidigende und diffamierende bzw. völlig unsachliche, über eine polemische und überspitzte Kritik hinausgehende Äußerungen gegenüber Mitarbeitern der Kassenärztlichen Vereinigung57; • Betrug und Urkundenfälschung zu Lasten (der Bankkonten) einer Kassenärztlichen Vereinigung58; • das Führen einer Praxisgemeinschaft wie eine Gemeinschaftspraxis durch das gezielte, ungerechtfertigte Herbeiführen wechselnder Patientenbehandlungen59. In der Literatur sind zudem als Gründe für eine Zulassungsentziehung • das Überschreiten der Leistungsbeschränkungen beim sog. Job-Sharing gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 oder 5 SGB V und • ein Überschreiten der Richtgrößen für Arzneimittelverordnungen 50
51 52 53 54 55 56 57 58 59
BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 36/00 R, MedR 2002, 42. Zur vorangegangenen Diskussion in der Literatur s. nur Steinhilper/Schiller, MedR 1997, 385; Roos, NZS 1997, 464; Krieger, MedR 1999, 519. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.05.1973, L 1 Ka 8/73, SozSich 1974, 276. LSG Bayern, Urt. v. 12.02.1980, L 12 B 70/79; LSG Hessen, Urt. v. 21.11.1961, L 7 Ka 11/ 60, Breithaupt 1962, 191; SG Hamburg, Urt. v. 22.11.1979, 3 Ka 27/79. LSG Niedersachsen, Urt. v. 09.05.1975, L 5 S Ka 50/74. LSG Berlin, Urt. v. 12.06.1974, L 7 Ka 8/70. LSG Hamburg, Urt. v. 25.11.1981, II KaBs 26/81. BSG, Beschl. v. 19.06.1996, 6 RKa 52/95. BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, BSGE 93, 269 = MedR 2005, 311. Vgl. auch Clemens, FS 50 Jahre BSG, 373, 382. BSG, Beschl. v. 31.03.2006, B 6 KA 69/05 B. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.02.1997, L 5 Ka 192/97 eA-B, MedR 1997, 563; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 26.04.2004, L 3 KA 12/04 ER, MedR 2004, 512; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 30.05.2005, L 5 ER 17/05 KA, MedR 2005, 614 m. Anm. Dahm.
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genannt, wobei zu beachten ist, dass beide Effekte auch ohne konkrete Pflichtverletzungen vorliegen können60. Pflichtverletzungen wird man in diesen Fällen regelmäßig nur annehmen können, wenn beides wiederholt, erheblich und ungerechtfertigt eintritt. Eine vertragsärztliche Pflichtverletzung, die kraft Gesetzes die Zulassungsentziehung zur Folge haben kann, ist der Verstoß gegen die Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V. § 95d Abs. 3 S. 7 SGB V sieht vor, dass jeder Vertragsarzt alle fünf Jahre einen Fortbildungsnachweis zu erbringen hat, der binnen zwei Jahren nach Ablauf der fünf Jahre ganz oder teilweise nachgeholt werden kann. Unterbleibt dies, „soll“ die Kassenärztliche Vereinigung einen Zulassungsentziehungsantrag stellen; es liegt der Fall eines gebundenen Entschließungsermessens vor, d.h. die Kassenärztliche Vereinigung ist regelmäßig zum Zulassungsentziehungsantrag verpflichtet, kann in atypischen Situationen (wenn z.B. aus anderen Informationsquellen feststeht, dass der Fortbildungsnachweis unmittelbar nach Ablauf der Zwei-Jahres-Frist eingehen wird) jedoch davon absehen61. Ansonsten ist auch die (selbst bis zur letzten mündlichen Verhandlung, die in Statusangelegenheiten maßgeblich ist62) unterlassene Fortbildung kein per se zwingender Zulassungsentziehungsgrund (arg. e § 95d Abs. 3 S. 8 SGB V). Bei einer beharrlichen Fortbildungsverweigerung „bis zuletzt“, wird aber der Umstand, dass es sich um eine formal-gesetzlich normierte und ausdrücklich in den Kontext einer Zulassungsentziehung gestellte Pflicht handelt, im Rahmen der Prüfung der gröblichen Pflichtverletzung und der Verhältnismäßigkeit besonders zu Lasten des Vertragsarztes zu würdigen sein63.
20
c) Gröblichkeit des Pflichtenverstoßes Der Pflichtenverstoß muss gemäß § 95 Abs. 6 SGB V (zusätzlich) gröblich sein. Das Merkmal ist als unbestimmter Rechtsbegriff einzuordnen64, der nach allgemeinen Grundsätzen gerichtlich voll überprüfbar ist und dem Zulassungsausschuss keinen Beurteilungsspielraum eröffnet65. Die Prüfung der Gröblichkeit ist von der administrativen Verhältnismäßigkeit der Zulassungsentziehung zu unterscheiden; bereits § 368a RVO als Vorgängervorschrift von § 95 Abs. 6 SGB V sah (nur) die gröbliche Pflichtverletzung vor, die die Rechtsprechung alleine nicht für ausreichend gehalten hat66. 60 61 62 63 64 65
66
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 795. Vgl. allgemein zur Bedeutung von Soll-Vorschriften BVerwG, Urt. v. 25.06.1975, VIII C 77.74, BVerwGE 49, 16, 23; Beschl. v. 09.12.1992, 6 P 16.91, BVerwGE 91, 275, 278. BSG, Urt. v. 19.10.1971, 6 RKa 15/70, BSGE 33, 161, 164; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 472. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 799. Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 757, unter Verweis auf Jacobs, Die Entziehung der Zulassung als Vertragsarzt, 1994, 101, 143. Dies gilt insbesondere bei Grundrechtseinschränkungen, wie die Zulassungsentziehung eine ist (hierzu Rz. 24ff.); vgl. aus der st. Rspr. nur BVerfG, Beschl. v. 08.06.1960, 1 BvL 53/55, BVerfGE 11, 168, 191f.; Beschl. v. 17.04.1991, 1 BvR 419/81, BVerfGE 84, 34, 50ff. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.03.1985, 1 BvR 1245/84, BVerfGE 69, 233 = NJW 1985, 2187; BSG, Urt. v. 08.07.1980, 6 RKa 10/78, ArztR 1980, 325; Urt. v. 24.10.1961, 6 RKa 25/60, BSGE 15, 177, 182; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V Rz. 79.
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Wortlautgetreu kann nicht jeder relevante Pflichtenverstoß ein gröblicher Pflichtenverstoß i.S. von § 95 Abs. 6 SGB V sein. Es muss sich um einen besonders schweren Pflichtenverstoß handeln67, der sich dadurch kennzeichnet, dass die Grundstruktur des Systems der vertragsärztlichen Versorgung intensiv berührt und gefährdet ist68, und zwar so tiefgreifend und nachhaltig, dass das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Vertragsarzt auf der einen Seite und der Kassenärztlichen Vereinigung und/oder den Krankenkassen auf der anderen Seite nicht mehr besteht und diesen die weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zumutbar ist69. Dieses Ergebnis ist auf objektiver Grundlage herzuleiten; das subjektive Empfinden der Vertretungen von Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen reicht nicht aus70. Notwendig ist die Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls; dies macht die Gröblichkeit durchaus konturenunscharf 71. Insbesondere sind von Bedeutung72: 22
• die subjektive Zweckrichtung des Handelns (bewusste Pflichtverletzung ggf. mit Gewinnerzielungsabsicht oder Handeln im Patienteninteresse gepaart mit [ggf. vorwerfbarem] Nichtwissen), auch wenn es prinzipiell auf ein Verschulden nicht ankommt73, • Hinweise der Kassenärztlichen Vereinigung, Prüfgremien und/oder Krankenkassen (außerhalb von Disziplinarverfahren), • vorangegangene Disziplinarmaßnahmen, • ein fortgesetztes Handeln, • eine mangelnde Einsichtsfähigkeit während des Entziehungsverfahrens, die auf eine systemablehnende/-feindliche Haltung bzw. eine grob egoistische Gesinnung schließen lässt, • der eingetretene wirtschaftliche Schaden, • Eintritt und Ausmaß von Schäden bei Dritten sowie • die generalpräventive Wirkung der Zulassungsentziehung.
23
Auf die Feststellung eines gröblichen Pflichtenverstoßes hat ein danach geübtes Wohlverhalten keinen Einfluss; fraglich ist in diesen Fällen nur die Angemessenheit der Zulassungsentziehung74.
67 68 69
70 71 72 73 74
Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 463. BSG, Urt. v. 18.02.1988, 6 RKa 24/87, BSGE 63, 43, 46. St. Rspr.: BSG, Urt. v. 18.08.1972, 6 RKa 28/71, USK 72117; Urt. v. 08.07.1980, 6 RKa 10/ 78, ArztR 1980, 325; Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250, 252; Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, BSGE 60, 76, 77; und zusammenfassend BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/ 03 R, BSGE 93, 269 = MedR 2005, 311. BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, BSGE 60, 76, 77; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 465. Steinhilper/Schiller, MedR 2007, 418, 420 m.w.N. Zusammenstellung aus Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 462ff. Vgl. Rz. 2. Hierzu Rz. 27.
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d) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aa) Allgemeines – Grundrechtliche Bedeutung der Zulassungsentziehung und ihr legitimer Zweck Die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit beruht auf der grundrechtlichen Berufsfreiheit i.S. des Art. 12 Abs. 1 GG, die sich aufgliedert in die Berufswahl- und die Berufsausübungsfreiheit75. In beide Grundfreiheiten kann nur durch oder auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden, wenn dies verhältnismäßig ist76. Die Zulassungsentziehung ist ein solcher Eingriff, sie stellt – entsprechend der sog. Drei-Stufen-Theorie/Stufenlehre des Bundesverfassungsgerichts77 – ebenso wie die Zulassungsbeschränkungen gemäß § 103 Abs. 1 SGB V zwar grundsätzlich (nur) eine Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit dar (1. Stufe); die Tätigkeit als Vertragsarzt ist eine Modalität des Berufs „Arzt“. Sie ist jedoch auf Grund ihrer Eignung zur Verhinderung einer existenziellen Erwerbsmöglichkeit einer objektiven Berufswahlbeschränkung (3. Stufe) angenähert78 und muss daher „zur Abwehr nachweisbarer oder höchst wahrscheinlich schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten“ sein79. Anerkannt ist, dass die (ordnungsgemäße) Versorgung Kranker und die Volksgesundheit, sichergestellt über das gesetzliche Krankenversicherungssystem, ein solches Gemeinschaftsgut verkörpern80. An seinem zwingenden Schutz ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung auszurichten. Die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung berührt auch die grundrechtliche Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG. Ob dessen Schutz sich in diesem Fall auf die Zulassung als subjektiv öffentlich-/sozialrechtliche Rechtsposition bezieht81 und/oder – im Fall einer einmal ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit – auf das in dem Bestand an gesetzlich krankenversicherten Patienten verkörperte immaterielle Vermögen (goodwill) als Bestandteil des von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten 75 76
77 78
79 80
81
Hierzu Jarass/Pieroth, GG, Art. 12, Rz. 8 m.w.N. Ganz h.M.: BVerfG, Beschl. v. 22.05.1996, 1 BvR 744/88, BVerfGE 94, 372, 389f.; Beschl. v. 29.07.2000, 1 BvR 539/96, BVerfGE 102, 197, 213; Urt. v. 13.12.2000, 1 BvR 335/97, BVerfGE 103, 1, 10; Beschl. v. 29.10.2002, 1 BvR 525/99, BVerfGE 106, 181, 191f.; Jarass/ Pieroth, GG, Art. 12, Rz. 31. Grundlegend war das sog. Apotheken-Urteil: BVerfG, Urt. v. 11.06.1958, 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377, 414ff. Seitdem ist die Drei-Stufen-Theorie st. Rspr. BVerfG, Urt. v. 23.03.1960, 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 41 (Kassenarztentscheidung); Beschl. v. 08.02.1961, 1 BvL 10/60, BVerfGE 12, 144, 147; BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, SozR 2200 § 368a RVO Nr. 15; Urt. v. 18.09.1991, 10 RKj 5/91, BSGE 69, 233, 246. Zu den tatsächlichen Auswirkungen anschaulich Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 740 (Anstellungsmöglichkeiten z.B. im Krankenhaus dürften im Anschluss an Zulassungsentziehungen wegen der damit einhergehenden Stigmatisierung nahezu ausgeschlossen sein). Vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.05.1987, 1 BvR 981/81, BVerfGE 75, 284, 296; Beschl. v. 19.07.2000, 1 BvR 539/96, BVerfGE 102, 197, 214. BVerfG, Urt. v. 11.06.1958, 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377, 414; Beschl. v. 17.07.1961, 1 BvL 44/55, BVerfGE 13, 97, 107; Beschl. v. 08.04.1981, 1 BvR 608/79; BVerfGE 57, 70, 99; BVerwG, Urt. v. 18.05.1982, 7 C 24.81, BVerwGE 65, 323, 339; Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 743. So wohl Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 745.
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„Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“82, kann dahingestellt bleiben. In jedem Fall wären die in § 95 Abs. 6 SGB V festgelegten Voraussetzungen einer Zulassungsentziehung Inhaltsbestimmungen des Eigentums(rechts), welches a priori entsprechend „labil“ wäre83. Damit ist auch bei der Wahrnehmung der Inhaltsbestimmung „Zulassungsentziehung“ (nur) die Verhältnismäßigkeit zu beachten84, und zwar ausgerichtet an dem Ziel, das Gemeinschaftsgut eines funktionierenden gesetzlichen Krankenversicherungssystems zu schützen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bestimmt, dass eine staatliche Maßnahme – hier: die Zulassungsentziehung – geeignet, erforderlich und angemessen sein muss, einen verfassungslegitimen (öffentlichen) Zwecks – hier: der Schutz des funktionierenden gesetzlichen Krankenversicherungssystems – zu erreichen85. bb) Geeignetheit 25
Geeignetheit bedeutet, dass der Zweck durch die staatliche Maßnahme wenigstens teilweise86 erreichbar sein bzw. gefördert werden muss87. Hieran wird eine Zulassungsentziehung praktisch nie scheitern. Sie bewirkt, dass ein Vertragsarzt aus dem gesetzlichen Krankenversicherungssystem ausscheidet; gröbliche Pflichtenverstöße, die eine Gefahr für das System darstellen, würde er nicht mehr begehen können. cc) Erforderlichkeit – Sonderproblem: Konkurrenz zum Disziplinarverfahren
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Die Erforderlichkeit umschreibt den Grundsatz des mildesten Mittels: Der Zweck darf nicht durch eine gleich geeignete, weniger belastende staatliche Maßnahme erreichbar sein88. Dies wirft die Frage nach Alternativen zur Zulassungsentziehung auf. Festzuhalten ist zunächst, dass dem für die Zulassungsentziehung zuständigen Zulassungsausschuss keine anderen Maßnahmen – auch nicht eine zeitlich befristete 82
83 84
85 86
87 88
S. hierzu § 16b Rz. 45f. Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 30.04.1952, 1 BvR 14/52, BVerfGE 1, 264, 276f.; Beschl. v. 29.11.1961, 1 BvR 148/57, BVerfGE 13, 225, 229f. Sehr detailliert im übrigen Engel, AöR 118 (1993), 169, 200ff. Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 745, unter Verweis auf Jacobs, Die Entziehung der Zulassung als Vertragsarzt, 1994, 72ff. m.w.N. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1987, 1 BvR 564/84, BVerfGE 75, 78, 97f.; Beschl. v. 15.07.1987, 1 BvR 488/86, BVerfGE 76, 220, 238; Beschl. v. 26.04.1995, 1 BvL 19/94, BVerfGE 92, 262, 273; Jarass/Pieroth, GG, Art. 14, Rz. 38 m.w.N. Vgl. umfassend Jakobs, DVBl. 1985, 97ff. m.w.N. St. Rspr., grundlegend BVerfG, Beschl. v. 09.03.1971, 2 BvR 326/69, BVerfGE 30, 250, 263f.; Beschl. v. 01.07.1986, 1 BvL 26/83, BVerfGE 73, 301, 317. Das BVerfG fragt letztlich nur, ob die staatliche Maßnahme „schlechthin“ oder „grundsätzlich ungeeignet“ ist; Beschl. v. 24.09.1965, 1 BvR 228/65, BVerfGE 19, 119, 127; Beschl. v. 14.05.1985, 1 BvR 449/82, BVerfGE 70, 1, 26; Urt. v. 28.01.1992, 1 BvR 1025/82, BVerfGE 85, 191, 212. Jakobs, DVBl. 1985, 97, 99 m.w.N. St. Rspr, vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.03.1971, 1 BvR 52/66, BVerfGE 30, 292, 316; Beschl. v. 27.01.1983, 1 BvR 1008/79, BVerfGE 63, 88, 115; Beschl. v. 31.05.1988, 1 BvL 22/ 85, BVerfGE 78, 232, 245. Aus der Literatur: Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, 779f. m.w.N.; Jakobs, DVBl. 1985, 97, 99.
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Zulassungsentziehung89 – zur Verfügung stehen, um (gröbliche) Pflichtverstöße eines Vertragsarztes zu ahnden bzw. für die Zukunft zu verhindern. Diese Zielrichtung einer Zulassungsentziehung verfolgen aber ebenfalls90 die Disziplinarmaßnahmen, die den Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. den bei ihnen bestehenden besonderen, rechtlich zwar unselbstständigen, aber mit interner Weisungsunabhängigkeit ausgestatteten91 Disziplinarausschüssen zur Verfügung stehen. Grundlage des vertragsarztrechtlichen Disziplinarverfahrens – das von dem berufsrechtlichen (berufsgerichtlichen) Verfahren nach den Kammer- und Heilberufsgesetzen der Länder92 zu unterscheiden ist – ist § 81 Abs. 5 SGB V. Dessen Satz 2 bestimmt im Fall der Nichtoder nicht ordnungsgemäßen Erfüllung vertragsärztlicher Pflichten als Disziplinarmaßnahmen – je nach der Schwere der Verfehlung –: die Verwarnung, den Verweis, die Geldbuße bis zu zehntausend Euro oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung bis zu zwei Jahren93. Hat ein Vertragsarzt seine Pflichten gröblich verletzt, ergibt sich daher aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten eine materielle Konkurrenz der Zulassungsentziehung insbesondere zu den beiden letztgenannten Disziplinarmaßnahmen, wenngleich die Verfahren formal wegen der unterschiedlichen Zuständigkeiten nicht miteinander verknüpft sind94. Da es aus rechtsstaatlichen Gründen und wegen der damit einhergehenden offenen Formulierung der Erforderlichkeit/des Grundsatzes des mildesten Mittels („… eine gleich geeignete, weniger belastende staatliche Maßnahme …“) ausschließlich auf die materielle Konkurrenz ankommt, gilt als allgemein akzeptierter Grundsatz: Erscheint eine Disziplinarmaßnahme, insbesondere das Ruhen der Zulassung, ausreichend, um den Vertragsarzt zur Einhaltung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten, so ist ihr der Vorrang gegenüber der Zulassungsentziehung einzuräumen95. Keinesfalls zwingend ist es aber, vor jeder Zulassungsentziehung eine Disziplinarmaßnahme zu verlangen96. Andererseits schließt eine Disziplinarmaßnahme die Zulassungsentziehung wegen der bereits geahndeten Verfehlung nicht aus, solange eben die Zulassungsentziehung objektiv geboten ist97. 89 90 91 92 93
94 95
96 97
Hierzu Rz. 1. Zu den dogmatischen Unterschieden Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 758. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 199. Vgl. beispielhaft §§ 59ff. Heilberufsgesetz NW. Der Disziplinarausschuss kann (muss aber nicht) das Ruhen ab dem Zeitpunkt der Bestandskraft anordnen; bei der datumsmäßigen Bestimmung des Ruhensbeginns und zwischenzeitlich eingelegter Rechtsmittel, denen aufschiebende Wirkung zukommt, ist der Ruhensbeschluss nach Ablauf der Ruhensfrist nicht mehr vollziehbar; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 07.04.2006, L 11 B 7/06 KA ER, MedR 2006, 496. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 456, 466. BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, BSGE 60, 76; Beschl. v. 19.06.1996, 6 Bka 25/95, MedR 1997, 86; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 612; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 456, 466. Ebenso BSG, Urt. v. 25.10.1989, 6 RKa 28/88, BSGE 66, 6. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 4/86, SozR 2200 § 368a RVO Nr. 16; Urt. v. 18.02.1988, 6 RKa 23/87, ArztR 1989, 35.
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Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
Als Konsequenz der materiellen Konkurrenz zwischen Zulassungsentziehungsverfahren und Disziplinarverfahren ergibt sich darüber hinaus Folgendes: • Für die Prüfung, ob das jeweils andere Verfahren vorzugswürdig ist, kommt es nicht darauf an, ob dieses Verfahren bereits begonnen hat oder abgeschlossen ist oder sogar im Fall des Disziplinarverfahrens wegen Versäumung der Antragsfristen „verjährt“ ist98. Der Zulassungsausschuss hat ggf. rein abstrakt zu prüfen, ob z.B. das Ruhen der Zulassung ein gleich geeignetes, aber geboten milderes Mittel ist99. • Eine rechtmäßige Zulassungsentziehung führt zur Ungeeignetheit der bereits verhängten Disziplinarmaßnahme (ein noch nicht bestandskräftiger Disziplinarbescheid ist aufzuheben100). Daraus sich ergebende Unzulänglichkeiten bei der Ahndung von (gröblichen) vertragsärztlichen Pflichtverletzungen wegen unabgestimmt parallel laufenden Zulassungsentziehungs- und Disziplinarverfahren sind aus rechtsstaatlichen Gründen hinzunehmen. Es ist im Vorfeld Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung und Krankenkassen und während der Verfahren Aufgabe der Zulassungs- und Disziplinarausschüsse, hier gangbare Wege zur Auflösung der Konkurrenzsituation zu finden; ggf. ist der Beendigung des Zulassungsentziehungsverfahrens der Vorrang zu geben. dd) Angemessenheit – Sonderproblem: Nachträgliches Wohlverhalten und Wiedererlangung des Vertrauens 27
Bei der Angemessenheit ist zu prüfen, ob das durch den Eingriff in individuelle Freiheitspositionen herbeigeführte Opfer außer Verhältnis zu dem für die Allgemeinheit erstrebten Nutzen steht, weil die Nachteile die Vorteile überwiegen; Opfer und Gewinn müssen in einem recht gewichteten und wohl abgewogenen Verhältnis zueinander stehen101 – ein Erfordernis, das die Angemessenheit in vielen Fällen zum am schwersten handhabbaren, weil wertungsabhängigen Kriterium macht102. Im Rahmen der Angemessenheit erlangt die mit der Zulassungsentziehung in den meisten Fällen für den betroffenen Arzt verbundene existenzvernichtende Wirkung Bedeutung. Er wird die Gründe des Endes seiner vertragsärztlichen Tätigkeit kaum vor einem potenziellen Arbeitgeber verheimlichen können, und eine rein privatärztliche Tätigkeit sichert in den seltensten Fällen ein angemessenes Einkommen103. 98
99 100
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Vgl. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 457. Zu den Antragsfristen in den Disziplinarverfahren je nach einschlägiger Disziplinarordnung ders., a.a.O., Rz. 30. Vgl. BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, SozR 2200 § 368a RVO Nr. 15; ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 458 m.w.N. BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 4/86, SozR 2200 § 368a RVO Nr. 16; BSG, Urt. v. 25.10.1989, 6 RKa 28/88, BSGE 66, 6; BSG Urt. v. 08.03.2000, B 6 Ka 62/98 R, MedR 2001, 49. Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, 783 m.w.N. Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, 782f.; Jakobs, DVBl. 1985, 97, 100. Vgl. anschaulich Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 740
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Gleichwohl wird es nur für absolute Ausnahmefälle denkbar sein, dass sämtliche anderen Voraussetzungen der Zulassungsentziehung vorliegen und es an der fehlenden Angemessenheit scheitert. So konnte sich ein Arzt z.B. angesichts des mittlerweile durch Art. 5 Nr. 8 VÄndG aufgehobenen § 25 Ärzte-ZV104 nicht erfolgreich darauf berufen, ihm sei eine spätere Wiederzulassung unmöglich105. Unangemessen dürfte eine Zulassungsentziehung tatsächlich nur sein, wenn sie nicht dazu führt, dass die Kassenärztliche Vereinigung und/oder die Krankenkassen nur mit Vertragsärzten zusammenarbeiten, zu denen das erforderliche Vertrauensverhältnis besteht106. Im Rahmen des Zulassungsentziehungsverfahrens ist daher stets zu prüfen, ob das einmal zerstörte Vertrauen mittlerweile – objektiv – wiedergewonnen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zulassungsentziehung einen öffentlich-/sozialrechtlichen Status betrifft. Nach allgemeinen Grundsätzen ist für die Beurteilung der Zulässigkeit einer solchen Maßnahme der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des jeweiligen Entscheidungsgremiums (Zulassungs- oder Berufungsausschuss) oder des befassten Gerichts maßgeblich107. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt im Vertragsarztrecht allerdings die Besonderheit, dass alle108 Pflichtverletzungen bis zur Entscheidung des Berufungsausschusses, auch wenn sie ihm noch nicht bekannt waren109, und jedes Wohlverhalten bzw. vollkommen rechtmäßige Verhalten – ggf. auch erst ermöglicht durch die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln110 – (ab der Entscheidung des Berufungsausschusses) bis zur Entscheidung des Gerichts zu berücksichtigen sind111. Eine (Gerichts-)Entscheidung, die keine ausreichenden Feststellungen zu der für jede Zulassungsentziehung essenziellen Frage enthält, ob der Arzt die verlorene Eignung infolge eines nachträglichen Wohlverhaltens möglicherweise wiedererlangt hat, ist rechtswidrig112. Das nachträgliche Wohlverhalten kann jedoch nicht so schwer wie das in Rede stehende pflichtwidrige Verhalten davor wiegen und ohne weiteres die Annahme rechtfertigen, das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereini-
104
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„Die Zulassung eines Arztes, der das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet hat, ist ausgeschlossen. Der Zulassungsausschuss kann von Satz 1 in Ausnahmefällen abweichen, wenn dies zur Vermeidung von unbilligen Härten erforderlich ist.“ Vgl. BSG, Beschl. v. 19.06.1996, 6 BKa 25/95, MedR 1997, 86. Zum Vertrauensverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 18.08.1972, 6 RKa 28/71, USK 72117; Urt. v. 08.07.1980, 6 RKa 10/78, ArztR 1980, 325; Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250, 252; Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, BSGE 60, 76, 77. St. Rspr.: BSG, Urt. v. 19.10.1971, 6 RKa 15/70, BSGE 33, 161, 164; Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250; zuletzt noch Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131, 132. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131, 132, hält allerdings gröbliche Pflichtverletzungen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien länger als fünf Jahre zurückliegen nur für gerechtfertigt, eine Zulassungsentziehung zu begründen, sofern sie besonders gravierend sind und bis in die Gegenwart hinein fortwirken. Vgl. BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, BSGE 93, 269 = MedR 2005, 311. Hierzu Rz. 41. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131, 132; vgl. auch Steinhilper/Schiller, MedR 2007, 418, 421. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131, 132.
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gung und den Krankenkassen bestehe (wieder)113. Im Einzelfall kann eine aktive Sachverhaltsaufklärung, eine (zeitnahe) Rückführung zuviel vereinnahmten Honorars oder eine sonstige Schadenswiedergutmachung auch gegenüber eventuell betroffenen Patienten eine andere Beurteilung rechtfertigen114, sofern nicht generalpräventive Gründe die Zulassungsentziehung weiter erfordern115. Zudem muss das Wohlverhalten eine eindeutige, zweifelsfreie Prognose künftig ordnungsgemäßen Verhaltens ermöglichen; jeder durch Tatsachen belegte ernstliche Zweifel verhindert die Annahme eines rechtlich relevanten Wohlverhaltens116. Unangemessen kann eine Zulassungsentziehung zudem sein, wenn mit der Einleitung des Verfahrens von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen so lange gewartet wird, dass der fortbestehende Vertrauensverlust nicht belegt ist. In der Literatur wird als Beispielsfall – bei gleichzeitigem Wohlverhalten während der gesamten Zeit und Wiedergutmachungsmaßnahmen – das Abwarten mit der Einleitung des Zulassungsentziehungsverfahrens für eine Dauer von fünf Jahren genannt, etwa weil der Ausgang eines langjährigen Strafverfahrens abgewartet wurde117. Dem steht nicht entgegen, dass die Voraussetzungen der Zulassungsentziehung objektiv zu prüfen sind. Denn das Abwarten über eine lange Zeit ist, auch wenn es individuell motiviert war und objektiv nicht verständlich ist, ein Umstand des zu beurteilenden Falles. 5. Teilentziehung 28
Zum 01.01.2007 neu eingeführt hat das VÄndG § 19a Ärzte-ZV. Nach dessen Absatz 1 ist die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben, wobei ein gewisser Nebentätigkeitsumfang tolerabel ist118. Absatz 2 verweist den Vertragsarzt andernfalls auf eine Erklärung, seinen „Versorgungsauftrag“ (und die damit einhergehenden Abrechnungsmöglichkeiten) auf die Hälfte zu beschränken. Flankierend hierzu erfolgte die Ergänzung von § 95 Abs. 6 S. 2 SGB V, wonach der Zulassungsausschuss an Stelle „einer vollständigen auch eine hälftige Entziehung der Zulassung beschließen“ kann. „Die“ Zulassung ist jedoch unteilbar. Das regelt § 19a Ärzte-ZV auch nicht anders. Teilbar ist lediglich der Versorgungsauftrag, der gemäß § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV auf die Hälfte beschränkt werden kann, was der Zulassungsausschuss gemäß § 19a Abs. 3 Ärzte-ZV jederzeit aufheben kann (wenn der Vertragsarzt wieder vollzeitig zur Verfügung steht; wie sich etwaige Zulassungsbeschränkungen auswirken, ist eine andere Frage119). Eine „hälftige Entziehung der Zulassung“ zu re113
114 115 116 117 118 119
Ganz h.M.: BSG, Urt. v. 19.10.1971, 6 RKa 15/70, BSGE 33, 161, 164; Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 472; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 614. BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 70/91, BSGE 73, 234 = MedR 1994, 206; LSG BadenWürttemberg, Urt. v. 01.04.1992, L 5 Ka 1028/91, MedR 1992, 303. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 473. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131, 132. Vgl. auch die Urteilsdarstellung in ArztR 2007, 211, 213. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 616f. Vgl. hierzu § 19a, Rz. 3f. Vgl. hierzu § 19a, Rz. 22.
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geln, ist mithin sprachlich unpräzise. Gemeint ist, dass der Zulassungsausschuss zwangsweise die Beschränkung des Versorgungsauftrages beschließen kann, ohne dass es jederzeit wieder möglich wäre, den vollen Versorgungsauftrag zu erlangen, wenn nicht die Voraussetzungen einer Wiederzulassung erfüllt sind120. Die „Teilentziehung“ kommt in Betracht für Fälle der nicht vollzeitigen Aufnahme oder der nicht mehr vollzeitigen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, wenn gleichzeitig „die Aufnahme (der vertragsärztlichen Vollzeittätigkeit) … in angemessener Frist (nicht) zu erwarten ist“. Besteht diese Erwartung, muss die Zulassung teilweise zum Ruhen gebracht werden (§ 26 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 5 SGB V ist ebenfalls durch das VÄndG ergänzt worden). Besondere Bedeutung kann die Teilentziehung dabei für Vertragsärzte gewinnen, die hauptamtliche Vorstandsmitglieder einer Kassenärztlichen Vereinigung sind, einen Antrag auf (teilweises) Ruhen der Zulassung gemäß § 95 Abs. 5 S. 1 SGB V aber nicht gestellt haben (und auch keine aktuelle, kraft Gesetzes zu befristende Assistentengenehmigung gemäß § 32 Abs. 2 S. Ärzte-ZV aus „Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung“121 erhalten haben). Bei ihnen ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sie nicht vollzeitig als Vertragsärzte tätig sind. Es ist dann jedenfalls die Teilentziehung – u. U. sogar die vollständige Entziehung – vorzunehmen; von Amts wegen kann das Zulassungsruhen nicht beschlossen werden, so dass sich der Antrag sehr empfiehlt.
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Die praktisch relevantesten Fälle der Teilentziehung dürften dauerhafte „Tätigkeitsverweigerungen“122 (diese allerdings nur unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit, d.h. nach entsprechende Aufforderungen und Disziplinarmaßnahmen) und entsprechende Krankheiten (Teilberufsunfähigkeit) sein, die verhindern, dass der Vertragsarzt vollzeitig tätig wird. Kein Anwendungsfall der Teilentziehung ist es, wenn einem Vertragsarzt, der für zwei Fachgebiete zugelassen ist, die Ausübung des einen Fachgebiets nicht mehr möglich ist. Ansonsten dürfte die Teilentziehung als verhältnismäßigere Alternative der vollständigen Entziehung bei gröblichen Pflichtverstößen durchweg ausscheiden. Die Zulassungsentziehung verfolgt keine Bestrafung. Entweder ist das Vertrauen der Krankenkassen und/oder der Kassenärztlichen Vereinigung in den Vertragsarzt zerstört, so dass er aus dem System „entfernt“ werden muss, oder das Vertrauen besteht noch und Disziplinarmaßnahmen sind zum Schutz der Funktionsfähigkeit des gesetzlichen Krankenversicherungssystems ausreichend.
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III. Sozialverwaltungsverfahrensrechtliche Grundsätze Sozialverwaltungsverfahrensrechtlich sind mit der Zulassungsentziehung der Zulassungs- und – nach einem Widerspruch – der Berufungsausschuss befasst, bevor 120 121 122
Vgl. § 19a, Rz. 22. Hierzu § 32, Rz. 59ff., 63. Von Schiller/Pavlovic, MedR 2007, 86, 89, vor allem befürchtet bei Psychotherapeuten. Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 564, sprechen generell von einer „nicht unerheblichen Zahl von Vertragsärzten, die … ihre … Tätigkeit nicht in Vollzeit ausüben“.
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gegen den Entziehungsbescheid die Klage zulässig ist. Bis dahin besteht das Zulassungsentziehungsverfahren aber nicht aus einem Verwaltungsverfahren (beim Zulassungsausschuss) und einem Vor-/Widerspruchsverfahren i.S. von § 78 Abs. 1 SGG (beim Berufungsausschuss)123. Aus den §§ 96, 97 SGB V ergibt sich vielmehr, dass die Zulassungsentziehung in ein besonderes, zweistufiges Sozialverwaltungsverfahren eingebettet ist. 1. Verfahren vor dem Zulassungsausschuss124 32
Für die Zulassungsentziehung als Verwaltungsakt125 gelten zunächst126 die §§ 96, 97 SGB V und §§ 36 – 43 Ärzte-ZV127 sowie ergänzend die Regelungen des SGB X. Hervorzuheben sind folgende Besonderheiten:
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Beteiligte im Zulassungsentziehungsverfahren sind gemäß § 96 Abs. 4 SGB V der Vertragsarzt, die Kassenärztliche Vereinigung, der er angehört, die Landesverbände (vgl. § 207 SGB V) der (Primär-)Krankenkassen128 sowie die Verbände (vgl. § 212 Abs. 5 SGB V) der Ersatzkassen129.
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Die Ladung aller Beteiligten unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen erfolgt im Wege der Zustellung (§ 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV); anzuwenden sind die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (§ 65 SGB X).
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Die mündliche, nicht öffentliche Verhandlung ist zwingend (§ 37 Abs. 1 S. 1 ÄrzteZV).
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Es gilt der Untersuchungsgrundsatz gemäß § 20 Abs. 1 SGB X, d.h. der Zulassungsausschuss ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen und ist an das Vorbringen sowie die Beweisanträge der Parteien nicht gebunden, sondern erhebt die Beweise, die ihm erforderlich erscheinen (§ 39 Abs. 1 Ärzte-ZV). Fehlerhaft nicht erhobene Beweise kann der Berufungsausschuss nachträglich einholen. An die Ergebnisse anderer Verfahren ist der Zulassungsausschuss prinzipiell nicht gebunden, wenngleich er dort gewonnene Erkenntnisse – nach seinem Ermessen – verwerten kann oder nicht. Etwas anderes gilt für die bestands-/rechtskräftige Feststellung der dauernden Unwirtschaftlichkeit durch die Prüfgremien oder die Sozialgerichte. Hieran sind die Zulassungsausschüsse gebunden130. 123 124 125 126 127 128
129 130
Vgl. BSG, Urt. v. 09.06.1999, B 6 KA 76/97 R, MedR 2000, 198. Ausführlich zum Folgenden auch §§ 36–43. Hierzu Rz. 1. Vgl. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V, Rz. 12; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 494. Vgl. hierzu die §§ 36 – 43. Allgemeine Ortskrankenkassen (§§ 143ff. SGB V), Betriebskrankenkassen (§§ 147ff. SGB V), Innungskrankenkassen (§§ 157ff. SGB V), See-Krankenkasse (§§ 165ff. SGB V), Landwirtschaftliche Krankenkassen (§ 166 SGB V) Knappschaft (§ 167 SGB V). Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK), Arbeiter-Ersatzkassen-Verband (AEV). BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 4/86, SozR 2200 § 368a RVO Nr. 16; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.03.1995, L 11 Ka 56/94; Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 764. Zur ausnahmsweisen Durchbrechung Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 146ff.
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Zeugen (z.B. Versicherte) und Sachverständige sind nicht verpflichtet, eine Aussage zu tätigen bzw. ein Gutachten anzufertigen, denn die Ärzte-ZV enthält keine entsprechende Rechtsvorschrift, wie sie von § 21 Abs. 3 S. 1 SGB X hierfür gefordert wird131.
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Entscheidungen des Zulassungsausschusses ergehen (ausschließlich) in Sitzungen (§ 36 S. 1 Ärzte-ZV), Entscheidungen im Umlaufverfahren sind nicht zulässig132.
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Das Verfahrensergebnis, mithin die Entscheidung des Zulassungsausschusses, ist in einem Beschluss „niederzulegen“, der neben weiteren Inhalten vor allem „mit Gründen zu versehen“ ist (§ 41 Abs. 4 S. 2 Ärzte-ZV); ferner ist eine Ausfertigung des Beschlusses gemäß § 41 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV nach dem Verwaltungszustellungsgesetz förmlich zuzustellen. Zu beachten ist: Für alle Entscheidungen des Zulassungsausschusses regeln weder § 41 Abs. 5 S. 1 Ärzte-ZV noch § 41 Abs. 4 Ärzte-ZV noch Vorschriften des SGB V ein für das Wirksamwerden notwendiges besonderes Formerfordernis133 (die förmliche Zustellung gilt nur für die Beschlussausfertigung). Eine Zulassungsentziehung ist daher bereits mit der mündlichen Verkündung im Beisein des Betroffenen oder seines Bevollmächtigten i.S. von § 37 Abs. 1 SGB X bekannt gegeben und gemäß § 39 Abs. 1 SGB X wirksam134. Etwas anderes gilt nur, wenn von vornherein beabsichtigt war, der mündlichen Verhandlung keinen schriftlichen Bescheid nachfolgen zu lassen oder mit dem schriftlichen Bescheid abzuwarten, bis eine Auflage/Bedingung erfüllt wird135.
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Die Befugnis des Zulassungsausschusses, die sofortige Vollziehung der Zulassungsentziehung anzuordnen, ist umstritten. Sie unter Hinweis auf die allgemeine Regel des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG anzunehmen136, ist allerdings falsch. Dies wird dem Charakter des Zulassungsentziehungsverfahrens bzw. dem Verfahren vor dem Zulassungs- und Berufungsausschuss im Allgemeinen als besonderes, zweistufiges Sozialverwaltungsverfahren nicht gerecht. Richtigerweise ist § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG für den Zulassungsausschuss unanwendbar. Die §§ 96, 97 SGB X regeln detailliert, womit sich Zulassungs- und Berufungsausschüsse befassen, wie sie sich zusammensetzen und welche Rechtsmittel gegen ihre Entscheidungen statthaft sind. Wenn § 97 Abs. 4 SGB V dem Berufungsausschuss ausdrücklich die Befugnis zuweist, „die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse“ anzuordnen, § 96 SGB V zu Gunsten des Zulassungsausschusses aber Gleiches unterlässt, kommt Letzterem diese Befugnis nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen
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131 132 133 134 135 136
A.A. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 494. Wie hier Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V, Rz. 12. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 497 m.w.N. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.07.1994, L 11 Ka 8/94; Urt. v. 02.07.1997, L 11 Ka 111/96. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 03.03.1993, L 11 Ka 130/92; Urt. v. 27.07.1994, L 11 Ka 8/94. So LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 02.07.1997, L 11 Ka 111/96. So Schiele/Rosset, MedR 1995, 311, 313f.; und Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 810, 1405. Die Ansicht als richtig unterstellt, würde die Anordnung der sofortigen Vollziehung konstitutiv voraussetzen, dass dies mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung erfolgt. Die mündliche Begründung reicht nicht aus.
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aus systematischen und Wortlautgründen nicht zu137. Demgegenüber reicht es nicht aus, wenn lediglich keine sachlichen Gründe gegen die Kompetenz des Zulassungsausschusses gesehen werden138; das Gegenteil müßte angesichts von § 97 Abs. 4 SGB V der Fall sein. Vor diesem Hintergrund muss man sogar – bislang gerichtlich nicht geklärt – von einer absoluten sachlichen Unzuständigkeit ausgehen, was zur Nichtigkeit der durch den Zulassungsausschuss angeordneten sofortigen Vollziehung gemäß § 40 Abs. 1 SGB X führt139; zur Sicherheit empfiehlt es sich aus Sicht des Arztes aber, gegen eine etwaige vom Zulassungsausschuss angeordnete sofortige Vollziehung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGG vorzugehen140. Von der Frage, ob der Zulassungsausschuss befugt ist, die sofortige Vollziehung anzuordnen, ist die Frage zu unterscheiden, ob die Sozialgerichte Entscheidungen des Zulassungsausschusses für sofort vollziehbar erklären können141. 2. Verfahren vor dem Berufungsausschuss a) Allgemeines 41
Gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses kann der Berufungsausschuss „angerufen“ werden; die „Anrufung“ hat aufschiebende Wirkung (§ 96 Abs. 4 SGB V). Für das Verfahren finden die §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 3 SGG Anwendung (§ 97 Abs. 3 S. 1 SGB V); diese regeln den „Widerspruch“. So bezeichnen auch die §§ 44f. Ärzte-ZV den Gegenstand des Verfahrens vor dem Berufungsausschuss, das gemäß § 97 Abs. 3 S. 2 SGB V (im Wege der Gesetzesfiktion) als Vorverfahren eines sozialgerichtlichen Verfahrens i.S. des § 78 SGG gilt. Neben den §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 3 SGG gelten die §§ 78ff. SGG ansonsten nicht, sondern die §§ 44f. (und ggf. das SGB X)142. Hervorzuheben sind folgende Besonderheiten143:
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Ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2002, L 10 B 2/02 KA ER, MedR 2003, 310; Gasser in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 55, unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.02.1997, L 5 Ka 252/97 eA-B, NZS 1997, 392 (Ls.); Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 499; Frehse in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 23, Rz. 110; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 945. S. dazu auch § 44, Rz. 17. So aber Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 810, 1406, zusätzlich noch unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG und die Gebotenheit effektiven Rechtsschutzes sowie das ggf. bestehende Patienteninteresse. Art. 19 Abs. 4 GG bezieht sich jedoch auf die Eröffnung des Rechtsweges durch gerichtlichen Rechtsschutz (Jarass/Pieroth, GG, Art. 19 Abs. 4), und Patienteninteressen rechtfertigen nur in absoluten Ausnahmefällen sofort wirkende Entscheidungen (bei Zulassungsbeschränkungen ohnehin nie). Vgl. Roos in: von Wulffen, SGB X, § 40, Rz. 9 m.w.N. Vgl. Rz. 51. Hierzu Rz. 51. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 501. Entfallen ist die Notwendigkeit, den Widerspruch bei Einlegung zu begründen; vgl. BSG, Urt. v. 09.06.1999, B 6 KA 76/97 R, MedR 2000, 198; Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 70/03 R, MedR 2005, 535.
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Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat ab Zustellung des Bescheids des Zulassungsausschusses; auf die mündliche Verkündung kommt es nicht an144.
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Eingelegt werden kann der Widerspruch gemäß § 97 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 84 Abs. 1 SGG bei der Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, d.h. bei dem Zulassungsausschuss, oder gemäß § 44 S. 1 Ärzte-ZV bei dem Berufungsausschuss; dieser Unterschied muss nicht zwingend aufgelöst werden145, sondern ist durch die Geltung beider Alternativen zu Gunsten des Widerspruchsführers zu lösen146. Die Rechtsbehelfsbelehrung hat dann beide Alternativen aufzuzeigen, um richtig zu sein147. Unterbleibt dies, gilt gemäß § 66 Abs. 2 SGG, dass die Einlegung des Widerspruchs grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit der Zustellung zulässig ist148. Eine gerichtliche Entscheidung zu dieser Problematik, speziell bezogen auf Entscheidungen des Zulassungsausschusses, gibt es bislang, soweit ersichtlich, nicht. In der Praxis ist oft eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu beobachten, die ausschließlich den Berufungsausschuss benennt.
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Der Berufungsausschuss überprüft den Bescheid des Zulassungsausschusses vollinhaltlich und umfassend in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht149. Verstößt (auch) der Berufungsausschuss gegen eine Anhörungspflicht aus § 24 Abs. 1 SGB X, führt dies ausnahmslos zur Aufhebung der Zulassungsentziehung150.
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Gemäß § 45 Abs. 1 Ärzte-ZV gilt der Widerspruch als zurückgenommen, wenn die Widerspruchsgebühr nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet wird, wobei die Frist und die Rechtsfolge in der Anforderung zu vermerken sind.
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Nach § 45 Abs. 2 Ärzte-ZV kann der Widerspruch ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden, wenn der Berufungsausschuss die Zurückweisung einstimmig beschließt.
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b) Sonderproblem: Anordnung der sofortigen Vollziehung aa) Formell Der Berufungsausschuss darf – anders als der Zulassungsausschuss – die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung anordnen. Gemäß § 97 Abs. 4 SGB V kann dies „im öffentlichen Interesse“ erfolgen. Die Anordnung des Sofortvollzugs muss im bzw. mit dem Widerspruchsbeschluss getroffen werden; danach endet die Kompetenz des Berufungsausschusses, so dass ihm weder die nachträgliche Anordnung 144 145 146 147
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Gasser in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 61f.; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 503. A.A. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 504. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V Rz. 13. BSG, Urt. v. 23.09.1955, 3 RJ 74/55, BSGE 1, 233, 237; LSG Bayern, Urt. v. 22.10.1996, L 5 Ar 391/95, Breithaupt 1998, 80; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 66 Rz. 7a. Ebenso Gasser in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 61f. A.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.05.1991, L 11 Ka 46/91, Breithaupt 1992, 174; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1375. Vgl. BSG, Urt. v. 19.3.1997, 6 RKa 43/96, AuR 1998, 27. BSG, Urt. v. 31.03.1982, 4 RJ 21/81, USK 8250.
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noch die spätere Aufhebung der sofortigen Vollziehung möglich sind151. Der Sofortvollzug ist gesondert zu begründen; ein Begründungsmangel macht die Vollzugsanordnung nicht nichtig, führt aber zur Unwirksamkeit und damit im Rechtsmittelverfahren zur Wiederherstellung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung152. Im übrigen kann § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG aus teleologischen Gründen entsprechend angewendet werden, soweit er zu § 97 Abs. 4 SGB V nicht in Widersprucht steht153, d.h. die Anordnung ist schriftlich vorzunehmen. Erst damit wird die Zulassungsentziehung wirksam, denn für die Wirksamkeit bedarf es gemäß § 39 Abs. 1 SGB X der (ordnungsgemäßen) Bekanntgabe154. Gemäß § 37 Abs. 2 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt erst mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (wenn er nicht sogar tatsächlich erst später zugeht). Dies bedeutet auch, dass allein die mündliche Mitteilung der sofortigen Vollziehung einer Zulassungsentziehung z.B. am Sitzungsende rechtlich bedeutungslos ist155. bb) Materiell 48
Bei dem öffentlichen Interesse handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren sog. unbestimmten Rechtsbegriff156. Dabei ist das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung mehr als das für den Erlass der Zulassungsentziehung erforderliche Interesse; allein die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassungsentziehung reicht nicht aus157. Die selben Tatsachen können aber einerseits die Entziehung und andererseits die sofortige Vollziehung rechtfertigen158, was insbesondere bei Zulassungsentziehungen wegen eines fortgesetzten Pflichtenverstoßes, der auch für die Zukunft erwartet werden kann, möglich ist. Zudem reicht nach allgemeinen Grundsätzen das Interesse einer kleinen Personenmehrheit, z.B. der Mit-
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Reinhold in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 566; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1401; a.A. SG Dresden, Beschl. v. 12.12.2005, S 18 KA 674/05 ER. S. dazu auch § 44, Rz. 21. LSG Hessen, Beschl. v. 12.02.2004, L 10 AL 1212/03 ER, Breithaupt 2005, 704; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1408. A.A., aber noch zur alten Rechtslage, Reinhold in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 565. Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.11.2004, L 10 B 14/04 KA; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1412. Materiell kommt wegen § 97 Abs. 4 SGB V die Anordnung durch den Zulassungsausschuss (s. Rz. 40) im überwiegenden Interesse eines Beteiligten (z.B. Krankenkasse, Kassenärztliche Vereinigung) nicht in Frage, wenn dies nicht tatsächlich als öffentliches Interesse aufzufassen ist (vgl. zu Fn. 159). Roos in: von Wulffen, SGB X, § 37, Rz. 4. I.E. ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1413. Vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a, Rz. 20ff. BVerfG, Beschl. v. 21.03.1985, 2 BvR 1642/83, BVerfGE 69, 233; Beschl. v. 25.05.2001, 1 BvR 848/01, DStR 2001, 1857 (Ls.); Frehse in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 23, Rz. 23. Vgl. allgemein BVerfG, Beschl. v. 18.07.1973, 1 BvR 23/73, BVerfGE 35, 382, 402; Beschl. v. 05.09.2003, 1 BvQ 32/03, NVwZ 2004, 93; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a, Rz. 20. Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 06.01.2004, L 11 B 17/03 KA ER, Breithaupt 2004, 263; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.09.2003, 13 B 1313/03, NVwZ-RR 2004, 316.
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glieder einer Krankenkasse oder einer Kassenärztlichen Vereinigung, aus, ein öffentliches Interesse herzustellen159. Ansonsten ist es schwierig, das öffentliche Interesse abstrakt zu definieren. Es ist dabei jedenfalls nicht weiterführend, das öffentliche Interesse an dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter auszurichten, da eine Zulassungsentziehung dies ohnehin voraussetzt160. Die Wiederholungsgefahr161 (einer ebenfalls ohnehin erforderlichen gröblichen Pflichtverletzung) kann schon eher Ansatzpunkt sein. Die sofortige Vollziehung muss aber im Lichte der Berufs(wahl)freiheit von Art. 12 Abs. 1 GG die Ausnahme bleiben. Besondere Bedeutung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Zulassungsentziehung hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur sofortigen Vollziehung des Approbationswiderrufs162 erlangt163; die Wirkungen der Zulassungsentziehung stehen dem „echten“ Berufsverbot „Approbationswiderruf“ nahezu gleich164. Hieraus folgt – letztlich entspricht dies der in Literatur und landessozialgerichtlicher Rechtsprechung propagierten Interessenabwägung165 –: • Die Zulassungsentziehung ist nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter (insbesondere Gesundheitsgefährdung, Finanzausstattung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems166) und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. • (Nur) überwiegende öffentliche Belange können es ausnahmsweise rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch gegen die Zulassungsentziehung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. 159 160 161
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Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a, Rz. 20. Vgl. Rz. 24. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.12.1993, L 5 Ka 2141/93 eA, MedR 1994, 418; LSG Bayern, Beschl. v. 10.05.2006, L 12 B 12/05 KA ER; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1410. Vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl v. 05.06.2007, 13 A 4748/06, MedR 2007, 611, 612, Zur Wiederholungsgefahr im Rahmen der Anordnung des Approbationsruhens. Beschl. v. 13.08.2003, 1 BvR 1594/03, NJW 2003, 3617; Beschl. v. 24.10.2003, 1 BvR 1594/03, NJW 2003, 3618f.; Beschl. v.12.3.2004, 1 BvR 540/04, GesR 2004, 333 mit Anm. Ihde; Beschl. v. 29.12.2004, 1 BvR 2820/04. Vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1411. Vgl. BVerfG, Urt. v. 23.03.1960, 1 BvR 216/51, BVerfGE 11, 30, 41; Beschl. v. 08.02.1961, 1 BvL 10/60, BVerfGE 12, 144, 147; BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, SozR 2200 § 368a RVO Nr. 15; Urt. v. 18.09.1991, 10 RKj 5/91, BSGE 69, 233, 246. Zu den tatsächlichen Auswirkungen anschaulich Steinhilper in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 740 (Anstellungsmöglichkeiten z.B. im Krankenhaus dürften im Anschluss an Zulassungsentziehungen wegen der damit einhergehenden Stigmatisierung nahezu ausgeschlossen sein). Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.06.1994, L 11 Ka 63/94; Reinhold in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 570; Der Schutz fiskalischer Interessen ist als ausreichendes öffentliches Interesse (sozial-)verwaltungsgerichtlich anerkannt; s. nur Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a, Rz. 20 m.w.N. Im Ergebnis kann ein Sofortvollzug hierauf aber nur gestützt werden, wenn weiterhin Falschabrechnungen zu befürchten sind, mithin Wiederholungsgefahr besteht (dazu sogleich im Text).
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• Überwiegende öffentliche Belange in diesem Sinne können nur solche Gründe sein, die in angemessenem Verhältnis zur Schwere des (Grundrechts-)Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens ausschließen. • Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt von einer Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für die wichtigen Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Falsch ist es demnach, die sofortige Vollziehbarkeit allein an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu messen; dies entspricht allgemeinen sozialgerichtlichen Grundsätzen, wonach für die sofortige Vollziehung mehr erforderlich ist als das für den Erlass eines Verwaltungsakts ohnehin bestehende öffentliche Interesse167. Hinzukommen muss die Abwägung mit den Folgen für den Betroffenen einerseits bei Anordnung der sofortigen Vollziehung (etwa Verlust des Patientenstamms) und andererseits bei einem Aufschub bis zur Hauptsacheentscheidung. Zu fragen ist nach milderen Mitteln, etwa einer verstärkten Überwachung168. Eine konkrete Gefahr für ein wichtiges Gemeinschaftsgut ist beispielsweise bei fehlender Wiederholungsgefahr nicht gegeben.
IV. Klageverfahren 169 50
Das Klageverfahren gegen eine Zulassungsentziehung unterliegt allgemeinen Grundsätzen. Als besonders praxisrelevant ist hervorzuheben170, dass der Gegenstand der Anfechtungsklage ausschließlich der Widerspruchsbescheid des Berufungsausschusses (und nicht – wie ansonsten gemäß § 95 SGG – derjenige des Zulassungsausschusses in Gestalt des Widerspruchsbescheids) ist. Die Klage ist auf Grund der Zugehörigkeit der Sache zur Gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG bei den Sozialgerichten zu erheben171. Sie hat grundsätzlich, solange nicht der Berufungsausschuss oder das Sozialgericht gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG die sofortige Vollziehung angeordnet hat, aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 SGG), so dass die Zulassungsentziehung bis zu einem bestandskräftigen Verfahrensabschluss nicht vollziehbar ist.
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170 171
Vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a Rz. 20. So ausdrücklich BVerfG, Beschl. v.12.3.2004, 1 BvR 540/04, GesR 2004, 333, 334 mit Anm. Ihde; vgl. auch Beschl. v. 13.08.2003, 1 BvR 1594/03, NJW 2003, 3617. Der Streitwert bemisst sich anhand der Höhe der bundesdurchschnittlichen Umsätze der Arztgruppe abzüglich des durchschnittlichen Praxiskostenanteils in einem Zeitraum von drei Jahren (st. Rspr., s. nur BSG, Beschl. v. 01.09.2005, B 6 KA 41/04 R, GesR 2006, 79; Beschl. v. 12.10.2005, B 6 KA 47/04 B, MedR 2006, 236; und LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.06.2007, L 4 B 269/06 KA ER, GesR 2007, 421, 422). Für Umsatz und Kosten s. die jährlich aktualisierten „Grunddaten“ der KBV unter www.kbv.de. Sehr ausführlich Reinhold in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 507ff. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 51, Rz. 15b.
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V. Einstweiliger Rechtsschutz gegen die bzw. zur Anordnung der sofortigen Vollziehung Beim einstweiligen Rechtsschutz im Bereich der Zulassungsentziehung geht es ausschließlich um die sofortige Vollziehung. Denkbar sind folgende Fallkonstellationen: 1. Der Berufungsausschuss (oder – nichtig – der Zulassungsausschuss172) hat die sofortige Vollziehung angeordnet, und der Vertragsarzt geht hiergegen vor. 2. Ergänzend zur Entscheidung des Zulassungsausschusses begehrt einer der anderen am Verfahren Beteiligten, z.B. die Kassenärztliche Vereinigung, die sofortige Vollziehung, weil die Entscheidung des Berufungsausschusses nicht abgewartet werden soll. 3. Der Berufungsausschuss hat die sofortige Vollziehung nicht angeordnet, obwohl einer der (anderen) Beteiligten sie begehrt. Im ersten und dritten Fall entstehen keine besonderen Probleme. Es gelten die Anordnungsgrundsätze, die auch der Berufungsausschuss anzuwenden hat173, d.h. es geht ausschließlich um die Frage, ob ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist oder nicht; das Sozialgericht wird tätig auf der Grundlage von § 86b Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 86a Abs. 3 SGG analog, § 97 Abs. 4 SGB V oder § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG. Im zweiten Fall stellt sich die Frage, welche Auswirkungen § 97 Abs. 4 SGB V zeitigt. Hieraus ergibt sich, dass der Zulassungsausschuss selbst die sofortige Vollziehung nicht anordnen kann; das Verfahren beim Zulassungs- und Berufungsausschuss ist ein besonderes Sozialverwaltungsverfahren174. Geht man bereits davon aus, dass der Zulassungsausschuss gemäß § 86a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung anordnen kann175, ergibt sich das Problem nicht. Aber auch wenn man die Beschränkung der Befugnisse des Zulassungsausschusses anerkennt, haben diese Beschränkungen einer Behörde im Verwaltungsverfahren keine Auswirkungen auf besondere gerichtliche Befugnisse, wie sie u.a. § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG (mittlerweile) ausdrücklich festlegt. Mit der Anrufung des Gerichts wird das Sozialverwaltungsverfahren eindeutig verlassen; dortige Beschränkungen müssen irrelevant sein. Nach alter Rechtslage im Sozialgerichtsverfahren, das auf eine Herleitung des einstweiligen Rechtsschutzes aus der Verwaltungsgerichtsordnung angewiesen war, mag eine andere Betrachtungsweise noch gerechtfertigt gewesen sein176. Nunmehr gilt dies nicht mehr. Denn auch materiell spricht nichts gegen die Anwendung von § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG. Anders als bei dem Zulassungsausschuss (vgl. § 34 Abs. 1 ÄrzteZV) und ebenso wie bei dem zum Sofortvollzug befugten Berufungsausschuss (vgl. § 35 Abs. 1 Ärzte-ZV) ist im Gerichtsverfahren die Verantwortung der Entscheidung 172 173 174 175 176
Rz. 40. Hierzu Rz. 48. Rn. 40. So Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1402ff. Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.01.1994, L 11 S 25/93. Ausführlich auch Reinhold in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 587.
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durch einen Volljuristen gewährleistet; formell lässt sich die materielle Rechtmäßigkeit einer Entscheidung ausschließlich anhand der gesetzgeberischen Vorgaben und unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung nicht stärker gewährleisten177. Dass der Berufungsausschuss ansonsten personell stärker besetzt ist als ein Sozialgericht, kann keine Rolle spielen, wenn das Gericht die Entscheidungen des Berufungsausschusses – im Klageverfahren – überprüfen und kassieren kann. Festzuhalten ist daher: Ein Verfahrensbeteiligter kann bei dem Sozialgericht gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG beantragen, dass die Zulassungsentziehung für sofort vollziehbar erklärt wird178.
VI. Wiederzulassung179 52
Nach der Zulassungsentziehung kann der betroffene Arzt eine vertragsärztliche Zulassung – im Zuständigkeitsbereich welcher Kassenärztlichen Vereinigung auch immer – erneut beantragen (sog. Wiederzulassung). Eine ausdrückliche Regelung, wonach eine Zulassungsentziehung eine Wiederzulassung verhindert, gibt es nicht. Für den betroffenen Arzt gelten die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen. Eine einmal erfolgte Zulassungsentziehung kann der Wiederzulassung aber (nur) im Rahmen der Prüfung von § 21 Ärzte-ZV entgegen stehen. Hiernach ist „ein Arzt mit … sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Mängeln“ ungeeignet für die „Ausübung der Kassenpraxis“. Hieran fehlt es, wenn der Arzt entweder nicht willens oder in der Lage ist, die Versicherten sachgemäß zu behandeln oder wenn er durch sein Verhalten das zur reibungslosen Durchführung der Versorgung als Verwaltungsaufgabe notwendige Vertrauensverhältnis gegenüber den Krankenkassen und/oder (irgendeiner) Kassenärztlichen Vereinigung so grob gestört hat, dass diesen eine Zusammenarbeit nicht zugemutet werden kann180.
53
Fraglich ist, wie lange eine einmal festgestellte Unzumutbarkeit gegen einen Wiederzulassungsantrag angeführt werden kann. Die Rechtsprechung geht grundsätzlich von der Geltung der Ungeeignetheitfeststellung auch für die Zukunft aus und stellt auf die berufliche Bewährung ab181. Als „übliche Bewährungszeit“, während der das Verhalten des Arztes absolut tadellos182 sein sollte, gilt in Anlehnung an die Regelung zum Vorliegen einer Trunk- oder Drogensucht (vgl. § 21 Ärzte-ZV) ein Zeitraum von fünf Jahren183. Im Einzelfall mag aber auch eine kürzere Zeitspanne in 177 178 179 180
181 182 183
Vgl. derart zur Übertragung der Disziplinarbefugnis auf den Disziplinarausschuss, bei dem ein Jurist weisungsfrei mitwirkt, BSG, Urt. v. 28.01.2004, 4/03 R, S. 9 Urteilsumdruck. Ebenso SG Marburg, Beschl. v. 26.04.2007, S 10 KA 2895/07 ER. S. auch § 44, Rz. 22. Vgl. hierzu auch § 21, Rz. 20ff. BSG, Urt. v. 08.07.1981, 6 RKa 17/80, USK 81172; BSG, Urt. v. 20.12.1983, 6 RKa 6/82, USK 83181; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 482. BSG, Urt. v. 08.07.1981, 6 RKa 17/80, USK 81172. So ausdrücklich BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131, 132 m.w.N. Ausdrücklich BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 32/86, MedR 1987, 254; Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131. S. auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 483; Steinhilper/Schiller, MedR 2007, 418, 420f.
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Betracht kommen184. Gerechnet wird grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Bestandskraft der Zulassungsentziehung185. Da allerdings das Bundessozialgericht mittlerweile festgestellt hat, dass in Klageverfahren gegen Zulassungsentziehungen das Wohlverhalten während des gerichtlichen Verfahrens zu berücksichtigen ist186, wird in den meisten Fällen, die eben nicht mit der Entscheidung des Zulassungsausschusses geendet haben werden, auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses abzustellen sein187. Ist der Vertragsarzt einer Zulassungsentziehung durch einen Zulassungsverzicht zuvorgekommen, gilt grundsätzlich nichts anderes, außer, dass die Ungeeignetheit – aus Sicht des Zulassungsausschusses – im Wiederzulassungsverfahren festgestellt werden muss. Praktische Probleme bestehen ggf. im Bereich der Beweisbarkeit eines früheren Fehlverhaltens, wenn die entsprechenden Ermittlungen seinerzeit eingestellt wurden188. Ein Verzicht ist jedoch per se nichts Negatives im Sinne einer „Flucht in die Privatpraxis“, auch wenn mit ihm gleichzeitig ein etwaiges Disziplinarverfahren des bei der Kassenärztlichen Vereinigung angesiedelten Disziplinarausschusses beendet wird. Ein fünf Jahre zuvor wirksam gewordener Verzicht eröffnet ebenfalls die o.g. Bewährungszeit.
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VII.Besonderheiten für medizinische Versorgungszentren 189 Bei der Zulassungsentziehung zu Lasten von Trägern medizinischer Versorgungszentren ist zu unterscheiden zwischen der besonderen Regelung in § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V zum Entfall der Gründungsvoraussetzung „Leistungserbringer“ und der Anwendung von § 95 Abs. 6 SGB V ansonsten.
55
1. Entfall der Gründungsvoraussetzung „Leistungserbringer“ § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V bestimmt:
56
Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzung des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz länger als sechs Monate nicht mehr vorliegt.
§ 95 Abs. 1 S. 6 Hs. 2 SGB V regelt, dass medizinische Versorgungszentren von den Leistungserbringern, die auf Grund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen, gegründet werden können. 184 185
186 187 188 189
BSG, Urt. v. 29.10.1986, 6 RKa 32/86, MedR 1987, 254; Steinhilper/Schiller, MedR 2007, 418, 420. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 485. Durchaus str., vgl. Steinhilper/Schiller, MedR 2007, 418, 420f. Wie hier – für das Wohlverhalten nach einer Approbationsentziehung (abstellend auf den Zeitpunkt der Praxisschließung) – VG Stuttgart, Urt. v. 21.09.2006, 4 K 2576/06, MedR 2007, 125. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 1/06 R, MedR 2007, 131, 132. Ebenso Steinhilper/Schiller, MedR 2007, 418, 421. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 484. S. dazu auch Anhang zu § 18, Rz. 112ff.
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Abschnitt VII
Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
Allein wenn diese Gründungs- bzw. Betriebsvoraussetzung eines medizinischen Versorgungszentrums entfällt, also der Träger seine Leistungserbringereigenschaft verliert oder an der Trägergesellschaft nicht mehr nur gründungsfähige Leistungserbringer beteiligt sind, z.B. weil einer von ihnen kein Vertragsarzt mehr ist, gilt vor einer – dann allerdings zwingenden – Zulassungsentziehung eine Karenzzeit von sechs Monaten. Sie gilt nicht für andere besondere Zulassungsvoraussetzungen, die der Träger eines medizinischen Versorgungszentrums zu beachten hat, wie insbesondere den Betrieb des medizinischen Versorgungszentrums mit mindestens zwei Fach-/Schwerpunktgebieten, die ärztliche Leitung des medizinischen Versorgungszentrums und die gemäß § 95 Abs. 2 S. 7 SGB V beizubringenden selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärungen der Gesellschafter, wenn der Träger eine juristische Person des Privatrechts ist; Letzteres kommt in Betracht, wenn bei einem ab dem 01.01.2007 gegründeten medizinischen Versorgungszentrum ein Gesellschafterwechsel stattfindet190. Entfallen diese Voraussetzungen, ist die Zulassung gemäß § 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V sofort zu entziehen. Im Rahmen des sich ggf. anschließenden Widerspruchs- und Gerichtsverfahrens kann die jeweils entfallene Voraussetzung allerdings wieder (voll) erfüllt und der Zulassungsentziehungsgrund beseitigt werden. 2. Nichtaufnahme/Nichtausübung der vertragsärtlichen Tätigkeit a) Entziehung der Zulassung 57
Auch alle anderen allgemeinen Regeln der Zulassungsentziehung i.S. von § 27 Ärzte-ZV sind prinzipiell gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV auf Träger medizinischer Versorgungszentren anwendbar191. Demgemäß ist die Zulassung (vollständig) zu entziehen, wenn der Träger seine vertragsärztliche Tätigkeit entsprechend dem Zulassungsbeschluss überhaupt nicht aufnimmt oder er die Tätigkeit insgesamt nicht mehr ausübt und die Erwartung der Aufnahme/Ausübung in angemessener Frist (dann ist § 26 Ärzte-ZV [Zulassungsruhen] anzuwenden) nicht besteht. Ansonsten sind die allgemeinen Regeln der Zulassungsentziehung im Bewusstsein der Besonderheiten des Leistungserbringers „medizinisches Versorgungszentrum“192 zu handhaben. Folgendes mag als Leitlinie dienen:
58
Die Nichtaufnahme bzw. Nichtausübung (nur) eines Fachgebietes führt bei einem medizinischen Versorgungszentrum mit zwei Fach-/Schwerpunktgebieten zur Entziehung der Zulassung insgesamt. Bei einem medizinischen Versorgungszentrum mit mehr als zwei Fach-/Schwerpunktgebieten ist die Zulassung nur für das betref-
190
191 192
Auf vor dem 01.01.2007 gegründete medizinische Versorgungszentren bzw. deren Träger ist § 95 Abs. 2 S. 7 SGB V (Notwendigkeit von Bürgschaftserklärungen) nicht anwendbar; Anhang zu § 18, Rz. 87ff., und Möller, MedR 2007, 263, 267, sowie ausführlich Makoski/ Möller, MedR 2007, 524, 527. Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 805. Vgl. hierzu Anhang zu § 18; sowie Dahm/Möller/Ratzel, Handbuch Medizinische Versorgungszentren, passim.
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fende Fach-/Schwerpunktgebiet zu entziehen, denn die Zulassungsentziehung insgesamt wäre angesichts von Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) unverhältnismäßig; Ermächtigungsgrundlage bleibt § 27 Ärzte-ZV, da er über den grundrechtlichen Einfluss einschränkend ausgelegt werden kann193. Wird in einem medizinischen Versorgungszentrum ein Fachgebiet entgegen § 19a Ärtze-ZV nicht vollzeitig ausgeübt, obwohl eine entsprechende Vollzeitanstellungsgenehmigung besteht oder mehrere Teilzeitanstellungsgenehmigungen im Gesamtumfang einer Vollzeitstelle erteilt wurden, und ist eine Vollzeittätigkeit in angemessener Frist nicht zu erwarten (dann ist § 26 Ärzte-ZV [Zulassungsruhen] anzuwenden), ist die Möglichkeit zur hälftigen Zulassungsentziehung zu nutzen, d.h. der Versorgungsauftrag des Trägers ist zu halbieren.
59
b) Aufhebung der Anstellungsgenehmigung Bei der sog. Angestellten-Variante eines medizinischen Versorgungszentrums ist zu beachten, dass der Träger neben der eigentlichen Zulassung auch Genehmigungen für die Anstellung von Ärzten erhalten hat194. Für deren (notwendige) Aufhebung bei der (teilweisen) Entziehung der Zulassung des Trägers auf Grund von Umständen, die mit dem Träger und nicht mit dem Angestellten zu tun haben, gelten die allgemeinen Vorschriften des SGB X zur Aufhebung von Verwaltungsakten. Anzuwenden ist, wenn keine Nebenbestimmung (auflösende Bedingung) der Anstellungsgenehmigung besteht, die deren Bestand mit der Zulassung des Trägers verknüpft, § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Zulassung des Trägers für das Fachgebiet des Angestellten ist ein Umstand der für die Anstellungsgenehmigung maßgeblichen rechtlichen Verhältnisse; ihre Aufhebung ändert diese Verhältnisse wesentlich.
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3. Sonderproblem: Gröbliche Pflichtverletzung Des Weiteren besteht – natürlich – die Möglichkeit, dem Träger des medizinischen Versorgungszentrums die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen, wenn er i.S. von § 95 Abs. 6 SGB V „seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt“ hat. Berücksichtigt man, dass bei diesem Zulassungsentziehungsgrund kein Verschulden vorliegen muss195, ist es prinzipiell auch richtig, dass der Träger sich das Fehlverhalten seiner Angestellten, insbesondere des ärztlichen Leiters und der angestellten Ärzte, zurechnen lassen muss196. Das Grundkennzeichen der gröblichen Pflichtverletzung ist aber das zerstörte Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung und/oder der Krankenkassen in den Träger des medizinischen Versorgungszentrums dergestalt, dass die weitere Zusammenarbeit unzumutbar
193 194 195 196
Zur verfassungs-/grundrechtskonformen Auslegung vgl. § 16b, Rz. 41. S. Anhang zu § 18, und § 32b, Rz. 16. S. Rz. 2. So Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 805.
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Abschnitt VII
Ruhen, Entziehung und Ende der Zulassung
sein muss197. Diese Feststellung kann vornehmlich bei medizinischen Versorgungszentren in der Angestellten-Variante, in denen der/die Betreiber-Leistungserbringer keine Arztfunktionen und/oder keine Verwaltungsfunktionen übernehmen, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit problematisch sein. Denn bei der Verhältnismäßigkeit198 ist u.a. zu prüfen, ob die Zulassungsentziehung erforderlich ist, d.h. ob es nicht eine gleich geeignete, weniger belastende Alternative gibt199. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein medizinisches Versorgungszentrum in der Angestellten-Variante durch die von dem/den Betreiber-Leistungserbringer(n) und den Ärzten abgekoppelte (kaufmännische) Geschäftsführung sowie die eigenständige ärztliche Leitung von einer Vertragsarztpraxis deutlich unterscheidet. Die Abkehr von der Einheit zwischen Trägerschaft, ärztlicher Tätigkeit und kaufmännischer Praxisführung ist der Gesetzgeber bei der Einführung der Angestellten-Variante eines medizinischen Versorgungszentrums bewusst eingegangen. Nicht ohne Grund ist es u.a. auch so, dass allein die angestellten Ärzte des Trägers und nicht dieser selbst Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung sind (vgl. § 77 Abs. 3 SGB V)200; dies belegt ihre besondere Verantwortung – und entsprechende Unterwerfung unter die Disziplinargewalt der Kassenärztlichen Vereinigung – für die Einhaltung der diversen vertragsärztlichen Pflichten. Diese Pflichten kann der Träger eines medizinischen Versorgungszentrums den angestellten Ärzten zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen, nicht zuletzt, wenn er selbst eine juristische Person ist. Dies muss auch bei der Zulassungsentziehung berücksichtigt werden, zumal die Prüfung eines Vertrauensverlustes auf einer rein soziologischen Betrachtung beruht. Vertrauen in ein zukünftiges Verhalten wird anhand des bisherigen Verhaltens ermittelt. Werden zukünftig andere Personen handeln, taugt das bisherige Verhalten nicht mehr als Beurteilungsgrundlage. Wechselt mithin der Träger des medizinischen Versorgungszentrums die in der Vergangenheit fehlerhaft handelnden Personen im medizinischen Versorgungszentrum aus und/oder werden bei dem/den Gesellschafter(n) der Trägergesellschaft die ein Fehlverhalten veranlassenden oder ein Fehlverhalten – im Sinne eines Organisationsverschuldens – tolerierenden Personen ausgewechselt, wäre eine Zulassungsentziehung ggf. nicht erforderlich; dies entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung im Wirtschaftsverwaltungsrecht, wenn es um Genehmigungen/Erlaubnisse geht, für die eine „Zuverlässigkeit“ bestimmter Personen erforderlich ist201. 197
198 199
200 201
Vgl. die st. Rspr. zum Vertragsarzt: BSG, Urt. v. 18.08.1972, 6 RKa 28/71, USK 72117; Urt. v. 08.07.1980, 6 RKa 10/78, ArztR 1980, 325; Urt. v. 30.03.1977, 6 RKa 4/76, BSGE 43, 250, 252; Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 6/85, BSGE 60, 76, 77; und zusammenfassend Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, BSGE 93, 269 = MedR 2005, 311. S. Rz. 24ff. St. Rspr, vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 16.03.1971, 1 BvR 52/66, BVerfGE 30, 292, 316; Beschl. v. 27.01.1983, 1 BvR 1008/79, BVerfGE 63, 88, 115; Beschl. v. 31.05.1988, 1 BvL 22/85, BVerfGE 78, 232, 245. Aus der Literatur: Stern, Staatsrecht, Bd. III/2, 779f. m.w.N.; Jakobs, DVBl. 1985, 97, 99. Vgl. auch § 1, Rz. 16. Vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1975, I C 44.74, BVerwGE 49, 160; Urt. v. 16.03.1982, 1 C 124.80, GewArch 1982, 303; Beschl. v. 25.03.1991, 1 B 10.91, GewArch 1991, 226; Beschl. v. 23.09.1991, 1 B 96.91, GewArch 1992, 22, 24; Beschl. v. 09.03.1994, 1 B 33.94, GewArch 1995, 114.
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§ 27
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Steht ein Fehlverhalten der bei dem Träger eines medizinischen Versorgungszentrums mit Genehmigung des Zulassungsausschusses angestellten Ärzte in Rede, kann es aus Verhältnismäßigkeitsgründen zwingend sein, dass der Zulassungsausschuss die Anstellungsgenehmigungen aufhebt, anstatt die Zulassung zu entziehen. Bei medizinischen Versorgungszentren, die nur mit zwei Fachgebieten betrieben werden, führt dies allerdings im Anschluss zwangsläufig zur Zulassungsentziehung – die Karenzzeit gemäß § 95 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 SGB V gilt nicht202 –, wenn nicht der Träger des medizinischen Versorgungszentrums einen „Ersatzangestellten“ aufbieten kann.
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VIII. Besonderheiten für angestellte Ärzte Auch ein angestellter Arzt kann Umstände verwirklichen, bei denen einem Vertragsarzt die Zulassung zu entziehen wäre. Z.B. wäre die Vergewaltigung einer Praxishelferin203 oder eine Rauschgiftsucht des angestellten Arztes kein Grund, dem Arbeitgeber (Arzt oder Träger eines medizinischen Versorgungszentrums) die Zulassung zu entziehen. Die Aufhebung der Anstellungsgenehmigung wäre jedoch notwendig (auch wenn der Arbeitgeber bereits aktiv geworden ist, da dies ggf. mit arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen verbunden ist). Hierfür besteht in der Ärzte-ZV auf den ersten Blick keine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage. § 32b Abs. 2 S. 4 Ärzte-ZV (Widerruf der Vertreter- oder Assistentengenehmgigung bei „Zulassungsentziehungsfällen“) analog anzuwenden204, ist aber nicht erforderlich. Auch die allgemeinen Aufhebungsvorschriften des SGB X scheiden aus. Denn gemäß ihrem § 1 Abs. 3 Nr. 2 gilt die Ärzte-ZV „für die medizinischen Versorgungszentren und die dort angestellten Ärzte … entsprechend“. Anzuwenden für die Aufhebung der Anstellungsgenehmigung in allein den Angestellen betreffenden „Zulassungsentziehungsfällen“ ist mithin § 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V.
202 203 204
Hierzu Rz. 56. Hierzu als Zulassungsentziehungsgrund BSG, Beschl. v. 19.06.1996, 6 RKa 52/95, sowie Rz. 19. Vgl. Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300 Rz. 99.
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§ 28 (1) Der Verzicht auf die Zulassung wird mit dem Ende des auf den Zugang der Verzichtserklärung des Vertragsarztes beim Zulassungsausschuss folgenden Kalendervierteljahres wirksam. Diese Frist kann verkürzt werden, wenn der Vertragsarzt nachweist, dass für ihn die weitere Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit für die gesamte Dauer oder einen Teil der Frist unzumutbar ist. Endet die Zulassung aus anderen Gründen (§ 95d Abs. 3 und 5 und § 95 Abs. 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), so ist der Zeitpunkt ihres Endes durch Beschluss des Zulassungsausauschusses festzustellen. (2) Tatsachen, die das Ende der Zulassung bedingen, haben die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen dem Zulassungsausschuss mitzuteilen. Übersicht
Rz.
I. II.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absatz 1 – Die Beendigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Verzichtserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Widerrufsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Wirksamkeit des Verzichts und die durch Beschluss verkürzte Wirksamkeitsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Fortbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wegzug aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erreichen der Altersgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Absatz 2 – Die Mitteilungsverpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besonderheiten für medizinische Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Besonderheiten für Psychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 4 4 5 6 10 14 15 17 19 19 23 24 25 29
Literatur Arnold, Die Auswirkungen des GKV-WSG-Gesetzesentwurfs, des VÄG und des AGG auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Altersgrenze im Vertrags(zahn)arztrecht, MedR 2007, 143; Arnold/Greve, Anm. zu LSG Bayern, Beschl. v. 28.03.2007, L 12 B 835/06 KA ER, MedR 2007, 412; Boecken, Die Altersgrenze von 68 Jahren für Vertragsärzte aus EGrechtlicher Sicht, NZS 2005, 393; Eichenhofer, Gesetzliche Altersgrenze im Vertrags(zahn)arztrecht: Kann nach dem AGG alles beim Alten bleiben?, SGb 2007, 580; Engelmann, Die Gemeinschaftspraxis im Vertragsarztrecht, ZMGR 2004, 3; Karst, Der Verzicht im Nachbesetzungsverfahren, MedR 1996, 554; Waas, Zur Bewertung von Altersgrenzen nach europäischem Recht, EuZW 2007, 359.
I. Allgemeines 1
§ 28 Ärzte-ZV regelt – abgesehen von der Zulassungsentziehung gemäß § 27 ÄrzteZV – alle Beendigungsgründe der vertragsärztlichen Zulassung und verpflichtet die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und Ersatzkassen sowie deren
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§ 28
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(Landes-)Verbände, dem Zulassungsausschuss1 alle Tatsachen mitzuteilen, die das Ende der Zulassung bedingen.
II. Absatz 1 – Die Beendigungsgründe Die Beendigungsgründe gemäß § 28 Ärzte-ZV sind:
2
• Verzicht (§ 28 Abs. 1 S. 1, 2 Ärzte-ZV), • kein Fortbildungsnachweis (§ 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95d Abs. 3 und 5 SGB V), • Tod (§ 28 Abs. 1 S.3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 1 Alt. 1 SGB V), • Wegzug aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes (§ 28 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 1 Alt. 3 SGB V), • Erreichen der Altersgrenze (§ 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V). Der Verzicht bedarf nur dann eines Beendigungsbeschlusses, wenn von der Wirksamkeitsfrist gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV abgewichen werden soll. Alle anderen Beendigungsgründe werden von Amts wegen durch Beschluss festgestellt. Abgesehen von dem einer gesonderten Zulassungsentziehung bedürfenden Zulassungsende auf Grund eines unterbliebenen Fortbildungsnachweises haben diese (Feststellungs-)Beschlüsse rein deklaratorischen Charakter2; sie dienen der Beseitigung eines Rechtsscheins. Wird Widerspruch eingelegt, hat dieser nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 96 Abs. 4 S. 2 i.V.m. S. 1 SGB V) aufschiebende Wirkung, und insbesondere der Kassenärztlichen Vereinigung ist es verwehrt, von den Wirkungen des Feststellungsbeschlusses Gebrauch zu machen3. Gleichwohl: Behandeln lassen muss sich der Betroffene nach der materiellen Rechtslage, da das Zulassungsende kraft Gesetzes eintritt.
3
1. Der Verzicht a) Die Verzichtserklärung § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 Ärzte-ZV regelt den Zulassungsverzicht. Dieser kann vom Vertragsarzt jederzeit erklärt werden und ist eine – i.S. von § 130 BGB4 – einseitige 1 2 3
4
Hierzu § 34. So BSG, Urt. v. 08.05.1996, 6 RKa 16/95, BSGE 78, 175, ausdrücklich für das Zulassungsende bei Erreichen der Höchstaltersgrenze. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.05.2005, L 10 B 10/04 KA ER, MedR 2006, 124; LSG Bayern, Beschl. v. 28.03.2007, L 12 B 835/06 KA ER, GesR 2007, 410, 411. A.A. LSG Hessen, Beschl. v. 10.06.2005, L 6/7 KA 58/04 ER; sowie Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 838, dieser allerdings nicht für den Fall des umstrittenen Geburtsdatums (s. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). (1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. (2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird. (3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.
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empfangsbedürftige Willenserklärung5. Umstritten ist, ob die Verzichtserklärung vor der Entscheidung des Zulassungsausschusses widerrufen und ob sie unter einer Bedingung abgegeben werden kann, namentlich im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens bei Zulassungsbeschränkungen gemäß § 103 Abs. 4 SGB V6. aa) Widerrufsmöglichkeit 5
Die bisherige Rechtsprechung ist eindeutig: Eine Widerrufsmöglichkeit besteht nicht, ein einmal erklärter Verzicht gilt7. Richtig ist aber, dass keine Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung noch sonstige Interessen dem Widerruf einer Verzichtserklärung entgegen stehen würden. Tatsächlich streitet für die Widerrufsmöglichkeit in erster Linie die in „gesperrten“ Planungsbereichen regelmäßig existenzvernichtende, jedenfalls aber eine nachhaltig berufsbeschränkende Wirkung der Verzichtserklärung und insoweit der Schutz aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit). Es ist unverhältnismäßig, dass man eine Korrektur des Verzichts durch einen so eindeutig feststellbaren Umstand wie eine Widerrufserklärung – zumindest bis zum Abschluss des sozialverwaltungsrechtlichen Zulassungsverfahrens, d.h. bis zur Entscheidung des Berufungsausschusses – nicht erlaubt. Das Gebot der Klarheit im allgemeinen Rechtsverkehr wäre durch die Korrektur in keiner Weise beeinträchtigt. Letztlich sind von der Widerrufsmöglichkeit nur die Interessen des Vertragsarztes betroffen, bei dem gute Gründe für den Widerruf bestehen werden, wenn z.B. die Genesung nach einer Krankheit besser als erwartet verläuft, eine berufliche Alternative sich zerschlagen hat oder die Nachbesetzung sich verzögert8, gleichzeitig jedoch eine Anfechtung des Verzichts – auch wenn sie prinzipiell nach den allgemeinen Regeln gemäß §§ 119ff. BGB möglich ist – mangels Anfechtungstatbestands ausscheidet9. Gleichwohl: Jeder Vertragsarzt sollte den Zulassungsverzicht nur erklären, wenn er mit Sicherheit zu genau dem erklärten Zeitpunkt gewollt ist. bb) Bedingung
6
Aus dem gleichen Grund ist ein Zulassungsverzicht im Zusammenhang mit der Durchführung des Nachfolgeverfahrens gemäß § 103 Abs. 4 SGB V10 vor der Bestandskraft der Nachbesetzungsentscheidung problematisch. Man sollte hier gestaffelt vorgehen: 5 6 7 8 9
10
Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 389. Zum Nachbesetzungsverfahren s. ausführlich § 16b, Rz. 42ff. BSG, Urt. v. 06.10.1981 – 6 RKa 25/80, USK 81206; BSG, Urt. v. 08.05.1996, 6 RKa 16/95, BSGE 78, 175; ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 224. Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 389. Vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 29.12.1997, L 5 Ka 3737/97e A-B, SozSich 1998, 400 (Ls.) zur nicht gegebenen Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 119 BGB, wenn in dem Zeitpunkt, in dem der Vertragsarzt den krankheitsbedingten Verzicht erklärt, es weder offenkundig oder auch nur gesichert ist, dass er wieder genesen wird, so dass allein der Vertragsarzt das entsprechende Risiko trägt. Einen i.S. von § 119 BGB unbeachtlichen Motivirrtum stellt es zudem dar, wenn ein Vertragsarzt den Verzicht zu Gunsten eines bestimmten Nachfolgers erklärt, der Zulassungsausschuss diesen jedoch nicht auswählt, sondern einem anderen Bewerber den Vorzug gibt; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 224. Zum Nachbesetzungsverfahren vgl. detailliert § 16b, Rz. 42ff.
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Für die Einleitung des Nachbesetzungsverfahrens durch den Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes im amtlichen Verkündungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung ist es ausreichend, wenn die Verzichtsabsicht angekündigt wird11.
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Die Verzichtserklärung selbst ist frühestens – aber auch spätestens – in der für die Nachbesetzungsentscheidung maßgeblichen Sitzung des Zulassungsausschusses abzugeben; der Zulassungsausschuss wird gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV sodann das gewünschte Zulassungsende beschließen (u.U. jedoch gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Ärzte ZV nur zum Ende des nächsten Quartals12). Zudem ist die Verzichtserklärung unter die aufschiebende Bedingung der Bestandskraft der Entscheidung des Zulassungsausschusses über die Zulassung des Nachfolgers zu stellen. Nach allgemeinen Regeln bestehen hiergegen keine rechtlichen Bedenken, denn es handelt sich um eine im Rahmen von § 130 BGB zulässige sog. Potestativbedingung, bei der der Erklärungsempfänger nicht in eine ungewisse Lage versetzt wird13: Allein die Zulassungsgremien haben den Eintritt der Bedingung in der Hand, d.h. für sie ist am ehesten klar, ob der Bedingungseintritt erfolgt oder nicht14. In der Praxis akzeptieren dementsprechend die weitaus meisten Zulassungs- und Berufungsausschüsse bedingt abgegebene Verzichtserklärungen; sie finden sich überwiegend auch in den entsprechenden Vordrucken, welche im Zusammenhang mit dem Nachbesetzungsverfahren bzw. zur Vorbereitung der Sitzungen des Zulassungsausschusses von diesem oder der Kassenärztlichen Vereinigung ausgegeben werden.
8
Andere Bedingungen sind regelmäßig keine zulässigen Potestativbedingungen. Zu nennen sind beispielhaft: der Abschluss eines Arbeitsvertrages durch den abgebenden Vertragsarzt andernorts, die Zulassung nur eines bestimmten Bewerbers oder der Abschluss eines Kaufvertrages mit ihm15 sowie der Eintritt einer befürchteten Berufsunfähigkeit bzw. die entsprechende Leistungsgewährung durch das Ver-
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12 13 14
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Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 816; Rieger, Rechtsfragen beim Verkauf und Erwerb einer Arztpraxis, Rz. 32f.; Klapp, Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, Kap. 4.1.2; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.04.2004, I-6 U 123/03, MedR 2004, 616f.; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 21. A.A. Karst, MedR 1996, 554, 557; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 225f.: Es sei nicht Aufgabe des Nachbesetzungsverfahrens, ggf. nur Ausschreibungen „auf Probe“ zu ermöglichen, und ferner bestehe die Gefahr doppelter Zulassungen. Dem kann nicht gefolgt werden. Es entspricht durchaus Art. 14 Abs. 1 GG, Verwertungsmöglichkeiten zu eröffnen (vgl. zu § 103 SGB V als Ausfluss des Eigentumsschutzes ausführlich § 16b, Rz. 45; sowie Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 211, unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 19.03.1957, 6 RKa 5/55, BSGE 5, 40; Engelmann, ZMGR 2004, 3, 12). Die Gefahr doppelter Zulassungen ist nicht zu erkennen. Hierzu Rz. 10. Vgl. BGH, Urt. v. 28.09.1962, V ZR 8/61, MDR 1963, 37; Heinrichs in: Palandt, BGB, Einf. v. § 158, Rz. 10. Grundlegend Karst, MedR 1996, 554, 557. Ebenso Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 227 m.w.N.; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 221, 816. A.A. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V Rz. 94 und § 103 SGB V, Rz. 21. Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 228f.
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sorgungswerk16. Von diesen Umständen kann ein Zulassungsverzicht nicht abhängig gemacht werden. b) Die Wirksamkeit des Verzichts und die durch Beschluss verkürzte Wirksamkeitsfrist 10
Der Verzicht wird – anders als die Verzichtserklärung – gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV wirksam „mit dem Ende des auf den Zugang der Verzichtserklärung des Vertragsarztes beim Zulassungsausschuss folgenden Kalendervierteljahres“. Ein z.B. im ersten Quartal erklärter Verzicht beendet die vertragsärztliche Tätigkeit zum Ende des zweiten Quartals, d.h. zum Ablauf des 30. Juni. Wie Schallen richtig bemerkt17, kann diese Regelung unterlaufen werden, indem der Vertragsarzt schlichtweg seine vertragsärztliche Tätigkeit aufgibt, so dass entweder ein Wegzug aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes i.S. von § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 1 Alt. 3 SGB V vorliegt18, der die Zulassung sofort beendet, oder aber die Zulassung gemäß § 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V zu entziehen ist. In jedem Fall steht es dem Vertragsarzt frei, seine Zulassung faktisch zu beenden, wann er es für richtig hält. Ihm entstehen hieraus keine Nachteile, und eine durch den Zulassungsausschuss zu beschließende Fristverkürzung gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV, die Verwaltungsakt i.S. von § 31 S. 1 SGB X ist, benötigt er prinzipiell nicht. Dementsprechend ist bei einem Verzicht gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV auch kein Beschluss des Zulassungsausschusses erforderlich; in der Praxis wird man ihn gleichwohl häufig – rein deklaratorisch – antreffen.
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Die praktische Notwendigkeit einer gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV verkürzten Frist für den Eintritt der Wirkungen des Zulassungsverzichts besteht vornehmlich im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 Abs. 4 SGB V, wenn dieses für einen erfolgreichen Abschluss voraussetzt, dass die vertragsärztliche Zulassung endet. Da der Verzicht regelmäßig erst in der Sitzung des Zulassungsausschusses erklärt werden wird19 und diese in der Praxis nicht selten erst kurz vor dem gewünschten Nachbesetzungsdatum stattfindet, ist ein Beschluss über eine verkürzte Verzichtswirksamkeit zwingend. Grundsätzlich ist dann von einer Ermessensreduzierung „auf Null“ auszugehen. Die Zulassungsausschüsse verhalten sich in der Praxis tatsächlich entsprechend und handhaben die Möglichkeit zur verkürzten Wirksamkeitsfrist regelmäßig sehr großzügig20. An den von § 28 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV geforderten Nachweis der Unzumutbarkeit einer weiteren vertragsärztlichen Tätigkeit sind auch keine hohen Anforderungen zu stellen.
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Von der durchweg großzügigen Handhabung der Fristverkürzung ist die Spruchpraxis der Zulassungsausschüsse zu unterscheiden, wenn es um die Beendigung ei16 17
18 19 20
Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 390. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 820, und bei Rz. 819 zu den Motiven des Gesetzgebers (Verhinderung der kurzfristigen Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch eine konzertierte Aktion); vgl. auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 223 (Vermeidung von Versorgungslücken). Hierzu Rz. 17ff. Hierzu Rz. 8 und § 16b, Rz. 59. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 820.
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§ 28
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ner Zulassung und die Nachbesetzung zu einem anderen Datum als des Beginns eines Kalendervierteljahres geht. Viele Zulassungsausschüsse vertreten die Auffassung, zur Erleichterung der Abrechnungsbearbeitung/-abgrenzung bei der Kassenärztlichen Vereinigung werde keine Zulassung zu einem anderen Zeitpunkt beendet und neu erteilt. Da es sich allerdings um einen rein verwaltungsinternen/technischen Vorgang handelt, der – wie die Spruchpraxis anderer Zulassungsausschüsse und die Handhabung anderer Kassenärztlicher Vereinigungen zeigt – keine durchgreifenden Probleme bereitet, ist die Ablehnung des Zulassungswechsels „mitten im Quartal“ nicht adäquat, wenn z.B. ein Vertragsarzt wegen Krankheit aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheiden muss und sich bereits drei Monate hat vertreten lassen (vgl. § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV)21. Den Vertragsarzt auf die Genehmigung einer verlängerten Vertretung durch die Kassenärztliche Vereinigung gemäß § 32 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 Ärzte-ZV zu verweisen, ist unverhältnismäßig, wenn feststeht, dass die Nachfolgezulassung ansonsten keinen Bedenken unterliegt22. Zwar kann der Zulassungsausschuss die Wirksamkeit des Zulassungsverzichts im Nachbesetzungsverfahren zu einem früheren Datum als dem Ablauf des folgenden Quartals feststellen. Ihm ist es aber wegen des eindeutigen Wortlauts von § 28 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV, der dies gerade nicht zulässt, verwehrt, ein späteres Datum zu wählen. Ein Verzicht z.B. im ersten Quartal kann nicht zum Ende der Zulassung am Ende des vierten Quartals führen.
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2. Kein Fortbildungsnachweis Ausdrücklich vorgeschrieben ist die Feststellung des Zulassungsendes auch bei einer Zulassungsentziehung auf Grund des Unterlassens vorgeschriebener Fortbildungsmaßnahmen (vgl. § 95d Abs. 3 S. 7 SGB V)23. Der Sinn der gesonderten Feststellung neben dem ohnehin notwendigen Entziehungsbeschluss ist unklar.
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3. Tod Die Zulassung endet gemäß § 95 Abs. 7 S. 1 SGB V „mit dem Tod“, d.h. am Todestag. Die Erben haben die Möglichkeit, das Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V durchzuführen, um den Praxiswert zu realisieren24. Um diesen – allerdings auch in „offenen“ Planungsbereichen – aufrecht zu erhalten und einen Nachfolger zu suchen, bestimmt § 4 Abs. 3 BMV-Ä bzw. § 8 Abs. 5 EkV:
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Die Kassenärztliche Vereinigung kann die Weiterführung der Praxis eines verstorbenen Vertragsarztes durch einen anderen Arzt bis zur Dauer von zwei Quartalen genehmigen. Sie informiert darüber die Landesverbände der Krankenkassen.
Der Zulassungsausschuss braucht mit der Weiterführung der Praxis nicht befasst zu werden. Die Genehmigungserteilung (auf Grundlage von § 32 Abs. 2 S. 2 ÄrzteZV)25steht in der alleinigen Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung. 21 22 23 24 25
Vgl. hierzu § 32, Rz. 11ff Ebenso für die Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft § 33, Rz. 115. Vgl. hierzu § 27, Rz. 20. Vgl. § 16b, Rz. 45. S. hierzu § 32, Rz. 27 m.w.N.
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4. Wegzug aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes 17
Der „Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes“ führt gemäß § 95 Abs. 7 S. 1 SGB V zum Ende der Zulassung. Mit „Wegzug“ gemeint ist die Verlegung der Arztpraxis; unbeachtlich ist ein Wohnsitzwechsel26. Ein Wegzug erfordert eine nicht nur vorübergehende Praxisverlegung27.
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Die Feststellung des Wegzugs bereitet keine Probleme, wenn der Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung verlassen wird. Umstritten ist die Feststellung des Wegzugs bei Praxisverlegungen innerhalb eines Zulassungsbezirks; Grund hierfür ist die ungenaue Begrifflichkeit/unterschiedliche Begriffsverwendung innerhalb der ÄrzteZV. Der „Bezirk des Kassenarztsitzes“ wird an keiner anderen Stelle verwendet. §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 Ärzte-ZV verwenden dagegen den Begriff des Zulassungsbezirks, der in § 96 Abs. 1 SGB V legal definiert wird und das Zuständigkeitsgebiet eines Zulassungsausschusses meint. Schallen setzt – unter Hinweis auf Entwicklungen im SGB V – den „Bezirk des Vertragsarztsitzes“ mit dem Vertragsarztsitz selbst, d.h. der konkreten Praxisanschrift (vgl. § 24 Ärzte-ZV) gleich28. Dem ist nicht zu folgen. Die h.M. setzt den „Bezirk des Vertragsarztsitzes“ mit dem Zulassungsbezirk i.S. der §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 Ärzte-ZV gleich 29. Dies ergibt sich insbesondere aus einer am Wortlaut orientierten Auslegung. Denn der Vertragsarztsitz gemäß § 24 Ärzte-ZV bezeichnet die konkrete Praxisanschrift und „sein Bezirk“ muss naturgemäß darüber hinaus gehen. Systematische Auslegungskriterien führen sodann zum Zwecke einer einheitlichen Begriffsverwendung in der Ärzte-ZV zur Gleichsetzung des „Bezirks des Vertragsarztsitzes“ mit dem Zulassungsbezirk i.S. der §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 1 Ärzte-ZV. Es wäre darüber hinaus unverhältnismäßig, würde man den „Bezirk des Vertragsarztsitzes“ mit dem Vertragsarztsitz, d.h. der konkreten Praxisanschrift gleichsetzen. Wenn der Vertragsarzt auch nur „eine Hausnummer“ weiterzöge, läge ein Wegzug i.S. von § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 1 Alt. 3 SGB V vor und wäre die Zulassung – sowie in „gesperrten“ Planungsbereichen ggf. die Existenz des Vertragsarztes – vernichtet. Der Umstand, dass die Kassenärztliche Vereinigung stets wissen muss, wo der Vertragsarzt seine Leistungen erbringt, kann grundsätzlich mit Disziplinarmaßnahmen sowie Honorarrückforderungen für andernorts erbrachte Leistungen angemessen abgesichert werden.
26 27 28 29
Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 235; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 825. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 825; vgl. auch BSG, Urt. v. 24.03.1971, 6 RKa 9/70, NJW 1971, 1909. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 824. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 95; Plagemann/ Niggehoff, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 581; Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Fortführung von Arztpraxen, Rz. 235; Stellpflug, Vertragsarztrecht, Rz. 181. A.A. Rothfuß, § 11, Rz. 3, der den „Bezirk des Kassenarztsitzes“ – vertretbar – mit dem Planungsbereich gleichsetzt.
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5. Erreichen der Altersgrenze a) Allgemeines Die Zulassung endet gemäß § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V
19
am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein achtundsechzigstes Lebensjahr vollendet. War der Vertragsarzt 1. zum Zeitpunkt der Vollendung des achtundsechzigsten Lebensjahres weniger als zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig und 2. vor dem 1. Januar 1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen, verlängert der Zulassungsausschuss die Zulassung längstens bis zum Ablauf dieser Frist.
Für die Berechnung der Vollendung des 68. Lebensjahres sind gemäß § 26 Abs. 1 SGB X die Regeln des BGB über Fristen und Termine anzuwenden. Gemäß § 187 Abs. 2 S. 2 BGB ist für den Anfang der Frist – abweichend vom Grundsatz gemäß § 187 Abs. 1 BGB – der Geburtstag mitzurechnen. Sodann endet die Frist gemäß § 188 Abs. 2 BGB, weil sie nach Jahren bestimmt ist, mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Benennung dem Anfangstag der Frist entspricht, d.h. einen Tag vor dem Geburtstag; bei einem Geburtstag am 1. Januar wird das 68. Lebensjahr am 31. Dezember vollendet30.
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Privilegiert sind Vertragsärzte, die bereits vor dem 01.01.1993 zugelassen worden sind und im Zeitpunkt der Vollendung des 68. Lebensjahres noch nicht zwanzig Jahre zugelassen waren. Ihnen hat der Zulassungsausschuss die Zulassung – durch einen besonderen Beschluss – zu verlängern. Der Beschluss darf bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht verweigert werden. Die Verlängerung erfolgt für den Zeitraum, der für eine zwanzigjährige Zulassungsdauer fehlt; Ermächtigungen, deren Leistungsspektrum mit dem einer Zulassung identisch war, sind bei der Berechnung zu berücksichtigen31, und zwar auch dann, wenn in dieser Zeit keine Abrechnungen erfolgten32. Es ist dringend zu empfehlen, einen entsprechenden Antrag zu stellen, da das Gesetz offen lässt, ob der Zulassungsausschuss die Entscheidung von Amts wegen fassen muss33.
21
Das VÄndG hat zum 01.01.2007 § 95 Abs. 7 S. 8, 9 SGB V wie folgt geändert:
22
Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 festgestellt, dass in einem bestimmten Gebiet eines Zulassungsbezirks eine ärztliche Unterversorgung eingetreten ist oder unmittelbar droht, gilt Satz 3 nicht. Die Zulassung endet spätestens ein Jahr nach Aufhebung der Feststellung nach Satz 8.
Diese Änderung dient der teilweisen, auf unterversorgte Gebiete bezogenen Aufbrechung der Höchstaltersgrenze.
30 31 32 33
Ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 828. BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 45/00 R, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr. 32. SG Marburg, Beschl. v. 13.07.2006, S 12 KA 829/06 ER. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 836.
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b) Verfassungsmäßigkeit 23
Das Bundesverfassungsgericht hält die Höchstaltersgrenze gemäß § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V – bislang – für verfassungsgemäß34. Die Vorschrift verstoße weder gegen Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG (Schutz des Eigentums) noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundsatz). Gerechtfertigt sei die Regelung durch das wichtige Gemeinschaftsgut „Volksgesundheit“, sofern gesetzlich krankenversicherte Patienten zu schützen seien. Denn mit zunehmendem Lebensalter lasse die Leistungsfähigkeit der Ärzte nach. Mit der Höchstaltersgrenze könne dem in geeigneter Form begegnet werden. Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der verfassungsgerichtlichen Beurteilung von Altersgrenzen bei anderen Berufen ähnlicher Anforderungsqualitäten35. Noch mit Beschluss vom 26.01.200736 hat das Bundesverfassungsgericht die Altersgrenze für Piloten beurteilt und kam dabei zu dem Ergebnis – unter ausdrücklicher Bezugnahme u.a. auf die Rechtmäßigkeit der Höchstaltersgrenze für Vertragsärzte –, dass sie nicht zu beanstanden sei. Besonders bemerkenswert an dieser Entscheidung ist, dass sie die Rechtslage auch in Ansehung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.200037 beurteilt hat, die Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist und von der gemutmaßt wird, sie sei ggf. geeignet, die Höchstaltersgrenze als europarechtswidrige38 Diskriminierung einzustufen39. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass das Bundesverfassungsgericht sich zu gegebener Zeit (erneut) konkret mit der Höchstaltersgrenze für Vertragsärzte wird befassen müssen40. Angesichts des Umstandes, dass nunmehr § 95 Abs. 7 S. 8 SGB V für den Fall der Feststellung einer ärztlichen Unterversorgung die Aufhebung der Höchstaltersgrenze vorsieht, stellt sich die Frage, ob die Argumentation mit der nachlassenden Leistungsfähigkeit (als Bestandteil der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative) noch haltbar ist41. Selbst wenn man dies verneinen würde, wäre noch die Argumentation des Bundessozialgerichts zu beachten, dass die Höchstaltersgrenze 34 35 36 37 38 39
40 41
BVerfG, Beschl. v. 31.03.1998, 1 BvR 2167/93, MedR 1998, 323. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.05.1983, 1 BvL 46/80, BVerfGE 64, 72; Beschl. v. 25.07.1997, 2 BvR 1088, 97, NVwZ 1997, 1207. BVerSG, Beschl. v. 26.01.2007, 2 BvR 2408/06, EuGRZ 2007, 231. ABl. EG L 303/16 vom 02.12.2000. Zur Europarechtskonformität der Höchstaltersgrenze ansonsten BSG, Beschl. v. 27.04.2005, B 6 KA 38/04 B. Vgl. LSG Hessen, Beschl. v. 10.06.2005, L 6/7 KA 58/04 ER, MedR 2006, 237, das festgestellt hatte, die Richtlinie sei auch im Vertragsarztrecht anwendbar, das Verbot der Benachteiligung im Hinblick auf das Merkmal „Alter“ nach Art. 1 und 6 der Richtlinie sei grundsätzlich auch für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Höchstaltersgrenze (bei Vertragspsychotherapeuten) bedeutsam, aber Deutschland habe die Verlängerung der Umsetzungsfrist um drei Jahre (bis zum 02.12.2006) ordnungsgemäß beantragt, so dass jedenfalls bis dato keine Europarechtswidrigkeit gegeben sei. Vgl. allgemein zur Bewertung von Altersgrenzen nach europäischem Recht Waas, EuZW 2007, 359. Vgl. auch Arnold/Greve, Anm. zu LSG Bayern, Beschl. v. 28.03.2007, L 12 B 835/06 KA ER, MedR 2007, 412. Vgl. auch Boecken, NZS 2005, 393ff. Ausdrücklich dagegen Eichenhofer, SGb 2007, 580, 582ff. Vgl. auch Arnold, MedR 2007, 143, 145ff. Bejahend LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 25.05.2007, L 4 B 406/07, KA ER, GesR 2007, 413, 414, da der Gesetzgeber bei der Unterversorgung nur zwei Risiken miteinander abgewogen und sich gegen eines entschieden habe.
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stets mit der Sicherung der finanziellen Stabilität der Gesetzlichen Krankenversicherung durch eine Begrenzung der Zahl der zugelassenen Ärzte begründet hat42; zudem hat der EuGH mit Urteil vom 16.10.2007, C-411/05, mittlerweile festgestellt, dass ein legitimes Ziel (des nationalen Arbeitsmarkts bzw. der besseren Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen) eine Altersruhestandsregelung rechtfertigen könne, auch wenn sich dies nicht aus der Regelung, sondern (nur) aus dem allgemeinen Kontext ergebe. Instanzgerichte haben – mit ähnlichen Begründungen und letzlich auch richtiger Weise – die weiterhin gegebene Vereinbarkeit von § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V mit höherrangigen Vorschriften bereits bestätigt43.
III. Absatz 2 – Die Mitteilungsverpflichteten § 28 Abs. 2 Ärzte-ZV nennt als diejenigen, die Tatsachen für die Beendigung der Zulassung mitzuteilen haben, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen. Erlangt der Zulassungsausschuss auf anderem Wege Kenntnis von einem Beendigungsgrund, hat er die Beendigung gleichwohl festzustellen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Vor einem solchen Beschluss ist der betroffene Vertragsarzt – oder seine Erben – nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 24 Abs. 1 SGB X zu hören.
24
IV. Besonderheiten für medizinische Versorgungszentren Für medizinische Versorgungszentren belässt es das Gesetz nicht bei der analogen Anwendung von § 28 Ärzte-ZV gemäß § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV, sondern enthält in § 95 Abs. 7 S. 2 SGB V eine besondere Regelung:
25
Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.
Hinsichtlich des Verzichts und des Wegzugs gelten die hier für Vertragsärzte gemachten Ausführungen entsprechend44. Was unter Auflösung45 zu verstehen ist – in Abgrenzung zur Nichtausübung der ärztlichen Tätigkeit gemäß § 27 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V, die zur Zulassungsentziehung durch einen gesonderten, angreifbaren Beschluss führt –, ergibt sich nicht aus dem Gesetz; die Materialien sind unergiebig46. Misslich ist dies deshalb, weil es unterschiedliche Arten von me42 43 44 45 46
BSG, Urt. v. 25.11.1996, B 6 KA 4/98 R, BSGE 83, 135; Urt. v. 08.11.2000, B 6 KA 55/00 R, BSGE 87, 184. Ausführlich LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 25.05.2007, L 4 B 406/07, KA ER, GesR 2007, 413. S. auch § 33, Rz. 247. Vgl. hierzu auch Anhang zu § 18, Rz. 110f., 119. Hierzu auch Anhang zu § 18, Rz. 120. Vgl. BT-Drucks. 15/1525, 108, zum GKV-Modernisierungsgesetz, wo es lediglich heißt: „Die Änderung stellt die medizinischen Versorgungszentren im Hinblick auf die Beendigung der Zulassung den Vertragsärzten gleich.“
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dizinischen Versorgungszentren gibt, je nach dem, wer Träger ist bzw. wie der Träger organisiert ist (z.B. in der Freiberufler-Variante insbesondere natürliche Person und Personengesellschaft sowie in der Angestellten-Variante insbesondere natürliche Person und juristische Person des Privatrechts)47. Schallen geht davon aus, die „Auflösung“ sei nur bei dem Träger eines medizinischen Versorgungszentrums relevant, der keine natürliche Person sei48. Dies hätte insbesondere zur Folge, dass die Karenzzeit gemäß § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V vor einer Zulassungsentziehung zu beachten wäre, wenn die für das medizinische Versorgungszentrum erforderliche Gründereigenschaft „Leistungserbringer“ durch Tod – nur dies kann bei einer natürlichen Person allenfalls als „Auflösung“ verstanden werden – verloren ginge, so dass sechs Monate verblieben, um einen neuen geeigneten Träger für das medizinische Versorgungszentrum zu finden. Und tatsächlich unterliegt eine natürliche Person nicht der begrifflich für sie völlig unpassenden „Auflösung“. Der Terminus ist eindeutig gesellschaftsrechtlich geprägt49. Er zeigt, dass der Gesetzgeber mit ihm nicht das von einer natürlichen Einzelperson getragene medizinische Versorgungszentrum verbunden hat. Einer Lückenschließung durch eine analoge Anwendung der Auflösungsfolge auf Todesfälle bedarf es nicht. Denn obwohl die Gesetzesbegründung unergiebig ist50, ist davon auszugehen, dass vor allem Todesfälle durch die Karenzzeit des § 95 Abs. 6 S. 6 SGB V adäquat geregelt sind. Den Erben muss schon aus grundrechtlichen Gründen (Art. 14 Abs. 1 GG – Eigentumsschutz) eine gewisse Zeit gegeben werden, um den Wert des medizinischen Versorgungszentrums zu realisieren51; für Vertragsarztpraxen regelt dies § 4 Abs. 3 BMV-Ä adäquat. 27
Die Auflösung ist bei dem Träger eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer juristischen Person nicht bereits dadurch erreicht, dass das Liquidations-/Abwicklungsstadium eingeleitet ist. Auflösung meint ein endgültiges Stadium, auch wenn dieses ggf. längere Zeit nicht erreicht wird, gerade weil es weiterhin abzuwickelnde Rechtsverhältnisse gibt.
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Neben der für medizinische Versorgungszentren geltenden Sonderregelung des § 95 Abs. 7 S. 2 SGB V ist für die angestellten Ärzte eines medizinischen Versorgungszentrums § 95 Abs. 7 S. 7 SGB V zu beachten, der regelt: Die Anstellung von Ärzten in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum endet am Ende des Kalendervierteljahres, in dem diese ihr 68. Lebensjahr vollenden; Sätze 8 und 9 gelten entsprechend; in den Fällen des § 103 Abs. 4a Satz 1 gelten die Sätze 3 bis 5 entsprechend.
Mithin gilt die für Vertragsärzte maßgebliche Höchstaltersgrenze52 auch für die angestellten Ärzte des Trägers eines medizinischen Versorgungszentrums, sofern nicht eine Unterversorgung festgestellt worden ist. In diesem Fall verlängert sich die An47 48 49 50 51 52
Vgl. hierzu Anhang zu § 18, Rz. 57ff. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 841. Vgl. §§ 726ff. BGB; §§ 131, 133 HGB; §§ 60ff. GmbHG; § 262ff. AktG. Vgl. BT-Drucks. 16/2474, 22. Vgl. ausführlich zum Zusammenhang zwischen vertragsärztlicher Zulassung und Eigentumsschutz § 16b, Rz. 45. Hierzu Rz. 19ff.
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stellungsmöglichkeit um die Dauer der Unterversorgung, längstens jedoch bis zu einem Jahr nach der Aufhebung der Feststellung der Unterversorgung. Die Höchstaltersgrenze gilt für bei dem Träger eines medizinischen Versorgungszentrums angestellte Ärzte ferner dann nicht, wenn der Arzt ursprünglich zugelassen war und zu Gunsten des Trägers auf seine Zulassung verzichtet hat, um sich von diesem anstellen zu lassen (Fall des § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V), gleichzeitig aber ein Arzt ist, der bereits vor dem 01.01.1993 zugelassen war und im Zeitpunkt der Vollendung des 68. Lebensjahres noch nicht zwanzig Jahre als Vertragsarzt und als angestellter Arzt des Trägers eines medizinischen Versorgungszentrums gearbeitet hat.
V. Besonderheiten für Psychotherapeuten Gemäß § 95 Abs. 7 S. 4 SGB V gilt Satz 4 Nr. 2, d.h. die Möglichkeit zur Überschreitung der Höchstaltersgrenze von 68 Jahren um den noch fehlenden Zeitraum, wenn eine Zulassung noch keine 20 Jahre bestanden hat, für Psychotherapeuten mit der Maßgabe, dass sie vor dem 01.01.1999 an der ambulanten Versorgung der Versicherten mitgewirkt haben.
§ 29 (aufgehoben)
§ 30 (aufgehoben)
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Ermächtigung
Abschnitt VIII Ermächtigung
§ 31 (1) Die Zulassungsausschüsse können über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, sofern dies notwendig ist, um a) eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden oder b) einen begrenzten Personenkreis zu versorgen, beispielsweise Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder Beschäftigte eines abgelegenen oder vorübergehenden Betriebes. (2) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen können im Bundesmantelvertrag Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des Absatzes 1 hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen. (3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen können unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch Ärzte, die eine Approbation nach deutschen Rechtsvorschriften nicht besitzen, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit ihnen von der zuständigen deutschen Behörde eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs erteilt worden ist. (4) (aufgehoben) (5) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen haben im Bundesmantelvertrag Regelungen über die Ermächtigung von Ärzten zu treffen, die als Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats der Abkommen, über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaats, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, den ärztlichen Beruf im Inland zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Artikels 37 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausüben dürfen. (6) Der Antrag auf Ermächtigung ist schriftlich an den Zulassungsausschuss zu richten. Ihm sind die Approbationsurkunde sowie die in § 18 Abs. 2 Buchstabe e genannten Erklärungen beizufügen. § 18 Abs. 3 gilt entsprechend. (7) Die Ermächtigung ist zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen. In dem Ermächtigungsbeschluss ist auch auszusprechen, ob der ermächtigte Arzt unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann.
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(8) Ein Arzt darf nicht ermächtigt werden, wenn die in § 21 genannten Gründe ihn für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet erscheinen lassen. Die Ermächtigung ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei ihrer Erteilung Versagungsgründe im Sinne des Satzes 1 vorgelegen haben. Sie ist zu widerrufen, wenn nachträglich durch einen in der Person des Arztes liegenden Grund der mit der Ermächtigung verfolgte Zweck nicht erreicht wird. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn ärztlich geleitete Einrichtungen ermächtigt werden. (9) (aufgehoben) (10) Über die Ermächtigungen führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis. Übersicht I.
II.
III. IV. V.
VI.
Rz.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorrang der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendbarkeit des § 31 Ärzte-ZV auf andere Ermächtigungstatbestände . . . . . . . 4. Rangfolge der verschiedenen Ermächtigungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Konkurrentenwiderspruch/-klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Offensive/r Konkurrentenwiderspruch/-klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Defensive/r Konkurrentenwiderspruch/-klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfahrensrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Hinzuziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aufschiebende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rolle der Kassenärztlichen Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Bestandsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezifische Voraussetzungen einer Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. nach § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. nach § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) i.V.m. § 5 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 1 EKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) i.V.m. § 5 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 2 EKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) i.V.m. § 6 BMV-Ä bzw. § 10 EKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) i.V.m. § 7 BMV-Ä bzw. § 11 EKV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. nach § 31 Abs. 3 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. nach § 31 Abs. 5 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche bzw. institutionelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermächtigungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermächtigungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 2 3 4 10 10 11 14 14 15 16 17 18 19 19 24 29 30 31 32 33 34 35 36 40 41 41 44 46
Literatur Beeretz, Konkurrenzschutz bei Zulassungen, ZMGR 2005, 311; Steinhilper, MedR 2004, Anm. zum Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes vom 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680; Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung – Auswirkungen des VÄndG und des GKV-WSG, GesR 2007, 337.
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I. Allgemeines 1. Rechtsgrundlagen 1
Ermächtigungsgrundlage für § 31 Ärzte-ZV ist § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V. Nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV können die Zulassungsausschüsse Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen. Die Partner der Bundesmantelverträge können auf der Grundlage des § 31 Abs. 2 ÄrzteZV weitere Tatbestände für die Erteilung von Ermächtigungen schaffen. Von dieser Möglichkeit haben die Partner der Bundesmantelverträge in den §§ 5 bis 7 BMV-Ä bzw. §§ 9 bis 11 EKV Gebrauch gemacht. § 31 Abs. 3 Ärzte-ZV erlaubt den Kassenärztlichen Vereinigungen, Ärzte, die nicht im Besitz einer Approbation nach deutschem Recht sind, aber denen eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes von der zuständigen deutschen Behörde erteilt wurde, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu ermächtigen. Schließlich sind die Partner der Bundesmantelverträge nach § 31 Abs. 5 Ärzte-ZV verpflichtet, für Ärzte, die als Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union u.a. den ärztlichen Beruf in Deutschland zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Art. 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Art. 37 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausüben dürfen, Regelungen über deren Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu schaffen. Diesem Auftrag sind die Bundesmantelvertragspartner in § 9 BMV-Ä bzw. § 12 EKV nachgekommen. Über den Regelungsbereich des § 31 Ärzte-ZV hinaus können (oder müssen) Ermächtigungen auch auf der Grundlage der §§ 116 SGB V i.V.m. § 31a Ärzte-ZV, des § 116a SGB V, des § 117 SGB V, des § 118 SGB V, des § 119 SGB V oder des § 119a SGB V erteilt werden. 2. Vorrang der Zulassung
2
Ermächtigungen von Ärzten, ärztlich geleiteten Einrichtungen und Instituten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sind gegenüber Zulassungen von Ärzten und medizinischen Versorgungszentren nachrangig1. Das Bundessozialgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass die ambulante vertragsärztliche Versorgung primär durch niedergelassene Vertragsärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren zu gewährleisten ist2. Ermächtigungen dürfen nur erteilt werden, wenn die ambulante vertragsärztliche Versorgung von zugelassenen Vertragsärzten und medizinischen Versorgungszentren nicht sichergestellt ist3. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsansicht bestätigt4. Den Versicherten eine erweiterte Auswahl unter vertragsärztlichen Leistungserbringern durch die Erteilung einer Ermächtigung anbieten zu wollen, ohne dass darüber hinaus ein quan1 2 3 4
Schiller in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5d, Rz. 54 m.w.N. U.a. BSG, Urt. v. 26.01.2000, B 6 KA 51/98 R, NZS 2000, 625f., oder BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R, SozR 3-2500 § 116 Nr 23. Zuletzt BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680ff.
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titativ-allgemeiner oder qualitativ-spezieller Bedarf für die Ermächtigung festgestellt wird, lässt den Vorrang der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch zugelassene Leistungserbringer nicht entfallen5. Der Vorrang der Zulassung schlägt im Recht der Ermächtigungen auch dann durch, wenn zugelassene Leistungserbringer ihre vertragsärztliche Tätigkeit in einer Zweigpraxis ausüben. Denn der Betrieb einer Zweigpraxis ist Bestandteil des Rechts zugelassener Leistungserbringer, die Ausübung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit entsprechend zu gestalten. Dieser Vorrang gilt grundsätzlich auch für die Zulassung nach § 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. Abschnitt 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie6. Eine Versorgungslücke ist deshalb primär durch Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zu schließen, wenn die Voraussetzungen insoweit erfüllt sind. Denn auch der im Sonderbedarf zugelassene Arzt verfügt über den Teilnahmestatus „Zulassung“, der der Ermächtigung vorgeht. Allerdings setzt die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nach § 24 lit. e) S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie in den Fällen des § 24 lit. a) bis lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie einen dauerhaften Bedarf voraus. Ist von einem nur vorübergehenden Bedarf auszugehen, ist nach § 24 lit. e) S. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie von dem Institut der Ermächtigung Gebrauch zu machen7. Dies führt indes nicht zu einer ausnahmsweisen Umkehr des Vorrang-Nachrang-Verhältnisses zu Gunsten der Ermächtigung, da Voraussetzung für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung die Feststellung eines dauerhaften Bedarfs ist. Nur wenn diese Feststellung nicht getroffen werden kann, kommt die Erteilung einer nachrangigen Ermächtigung in Betracht. 3. Anwendbarkeit des § 31 Ärzte-ZV auf andere Ermächtigungstatbestände Die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen für die Erteilung von Ermächtigungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und ihre dort verankerten Voraussetzungen stehen grundsätzlich selbstständig nebeneinander. Die nach § 31 Ärzte-ZV vom Verordnungsgeber normierten Voraussetzungen und Beschränkungen finden auf die übrigen Rechtsgrundlagen zur Erteilung von Ermächtigungen außerhalb des § 31 Ärzte-ZV keine Anwendung8. Dies deshalb, weil die genannten Rechtsgrundlagen für Ermächtigungen unterschiedliche gesetzgeberische Zwecke verfolgen und daher auch voneinander abweichende Tatbestandsvoraussetzungen vorsehen; zum Teil muss eine Bedarfsprüfung durchgeführt werden, teilweise sind Ermächtigungstatbestände bedarfsunabhängig ausgestaltet. Zudem handelt es sich teilweise um gebundene Verwaltungsakte9, teilweise um Ermessensentscheidungen10. So hat das Bun5 6 7 8 9 10
BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R, SozR 3-2500 § 116 Nr 23. Zur Sonderbedarfszulassung ausführlich § 16b, Rz. 20ff. Systematisch haben diese Regelungen in § 24 lit. e) Bedarfsplanungs-Richtlinie nichts verloren, richtigerweise hätten sie vor lit. a) bis lit. e) gezogen werden müssen. A.A. SG Duisburg, Urt. v. 23.02.2007, S 19 KA 34/05 für § 117 Abs. 7 SGB V. Ermächtigungen nach § 116 S. 2 SGB V i.V.m. 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV oder nach §§ 117 S. 1, 118 S. 1, 119 S. 2 und 119a SGB V sind gebundene Verwaltungsakte („ist“ bzw. „sind“). Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV und nach § 116a SGB V sind Ermessensentscheidungen („kann“).
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dessozialgericht für den Anwendungsbereich des § 117 SGB V einen Rückgriff auf § 31 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV abgelehnt11. Eine Ausnahme gilt für § 116 SGB V i.V.m. § 31a Ärzte-ZV insoweit, als nach § 31a Abs. 3 Ärzte-ZV die Bestimmungen des § 31 Abs. 7 bis 10 Ärzte-ZV entsprechend Anwendung finden. Hess leitet aus der gesetzlichen Formulierung in § 116a SGB V („solange und soweit“) die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV ab12, Gleiches für § 119a SGB V13. Eines Rückgriffs auf § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV bedarf es in diesem Zusammenhang aber nicht. Denn die Rechtsgrundlage für eine gegenständliche, räumliche und/oder zeitliche Beschränkung der nach § 116a SGB V bzw. § 119a SGB V, aber auch der nach § 119 SGB V erteilten Ermächtigung kann unmittelbar aus § 116a SGB V, § 119 SGB V bzw. § 119a SGB V gerade wegen seines Wortlauts („solange und soweit“) abgeleitet werden. Als Rechtsgrundlage für eine zeitliche Befristung einer nach § 116a SGB V erteilten Ermächtigung als Ermessensentscheidung kommt hilfsweise auch § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X in Betracht. 4. Rangfolge der verschiedenen Ermächtigungstatbestände 4
Bei der Erteilung von Ermächtigungen ist eine von der Rechtsprechung entwickelte Rangfolge zu beachten. Versorgungslücken sind hiernach in erster Linie durch persönliche Ermächtigungen von Krankenhausärzten nach § 116 SGB V i.V.m. § 31a Ärzte-ZV und in zweiter Linie durch persönliche Ermächtigungen weiterer Ärzte nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV zu schließen. Erst wenn die Schließung der Versorgungslücke im Wege persönlicher Ermächtigungen ausscheidet, kommen Institutsermächtigungen nach § 31 Abs. 1 lit. a) und lit. b) Ärzte-ZV in Betracht14. Der Grundsatz des Vorrangs der persönlichen Ermächtigung gilt auch im Anwendungsbereich des § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV i.V.m. der entsprechend einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelung15.
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Diese Rangfolge ist für Ermächtigungen nach §§ 117, 118 SGB V nicht zu beachten, da eine Bedarfsprüfung dabei gerade nicht stattfindet16. Vielmehr verfolgen diese Ermächtigungstatbestände einen unmittelbar mit der Institution als solcher verbundenen Zweck, der durch Erteilung einer persönlichen Ermächtigung gar nicht erreicht werden könnte17. 11
12 13 14 15 16
17
BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, SozR 4-2500 § 117 Nr. 1; a.A. SG Duisburg a.a.O. Dort wurde im Übrigen die Zulässigkeit einer Befristung auf der Grundlage des § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X ausdrücklich offen gelassen. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116a SGB V, Rz. 5. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 119a SGB V, Rz. 4. BSG, Urt. v. 26.01.2000, B 6 KA 51/98 R, NZS 2000, 625f.; Schiller a.a.O. SG Düsseldorf, Urt. v. 10.09.2003, S 17 KA 181/02. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 117 SGB V, Rz. 3, für die Ermächtigung nach § 117 SGB V; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 118 SGB V, Rz. 3, für die Ermächtigung nach § 118 SGB V; s. hierzu auch Wenner, GesR 2007, 337, 339f. Zum jeweiligen gesetzgeberischen Zweck s. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 117 SGB V, Rz. 2 und § 118 SGB V, Rz. 2.
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Nach richtiger Ansicht gilt der Grundsatz der Nachrangigkeit einer Institutsermächtigung gegenüber einer persönlichen Ermächtigung auch nicht im Anwendungsbereich des § 116a SGB V18. Denn nach der Gesetzesbegründung sollte mit § 116a SGB V „eine weitere Möglichkeit der Sicherstellung in unterversorgten Gebieten“ eröffnet werden19.
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Das Vorrang-Nachrang-Verhältnis der persönlichen Ermächtigung gegenüber der Institutsermächtigung ist im Anwendungsbereich der §§ 119 und 119a SGB V ebenfalls nicht zu beachten. Dies ist aus dem Sinn und Zweck der Ermächtigungstatbestände abzuleiten. Über § 119 SGB V soll eine ganzheitliche, fachübergreifende Behandlung im Zusammenwirken mit nichtmedizinischen, pädagogischen und/oder sozialen Maßnahmen in sozialpädiatrischen Zentren ermöglicht werden20. § 119a SGB V dient der Schließung von Versorgungslücken bei der Versorgung von Versicherten mit geistiger Behinderung21. Persönliche Ermächtigungen sind insoweit zur Zweckerreichung untauglich.
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Das Vorrang-Nachrang-Verhältnis ist im Übrigen unbeachtlich, wenn der Erteilung einer persönlichen Ermächtigung rechtlich relevante Hindernisse entgegen stehen22. Wenn eine persönliche Ermächtigung aus Rechtsgründen nicht erteilt werden kann, darf die Erteilung einer Institutsermächtigung jedenfalls nicht deshalb verweigert werden, weil auf Grund der von der Rechtsprechung entwickelten und anerkannten Rangfolge eine persönliche Ermächtigung in Betracht kommt. Der Nachrang der Institutsermächtigung zur persönlichen Ermächtigung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber auch dann zu beachten, wenn die Erteilung einer persönlichen Ermächtigung aus tatsächlichen Gründen, die im Verantwortungsbereich der Institution und der dort tätigen Ärzte wurzeln, ausscheidet, bspw. wenn der für eine persönliche Ermächtigung in Betracht kommende Arzt keinen entsprechenden Ermächtigungsantrag stellt23. Die Auffassung des Bundessozialgerichts schlägt auf die Amtsermittlungspflicht der Zulassungsgremien durch. Sie müssen im Falle eines Antrags auf Erteilung einer Institutsermächtigung, für die der Vorrang der persönlichen Ermächtigung zu beachten ist, ermitteln, aus welchen Gründen die für eine persönliche Ermächtigung in Betracht kommenden Ärzte ihre persönliche Ermächtigung nicht anstreben. Wenn sich das Nichtbetreiben eines Verfahrens auf persönliche Ermächtigung als Versuch der Umgehung des VorrangNachrang-Verhältnisses darstellt, bspw. weil die Institution dem für eine persönliche Ermächtigung in Betracht kommenden Arzt die Erteilung einer Nebentätigkeitserlaubnis hierzu verweigert, jedenfalls aber das Hindernis, eine persönliche Ermächtigung zu erteilen, durch die beteiligte Institution und die dort tätigen Ärzte ausgeräumt werden könnte, darf eine Institutsermächtigung nicht erteilt werden24. Soweit
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18 19 20 21 22 23 24
Wenner a.a.O.; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116a SGB V, Rz. 4 a.E. BT-Drucks. 15/1525, 119. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 119 SGB V, Rz. 1. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 119a SGB V, Rz. 1. BSG a.a.O. m.w.N. BSG a.a.O m.w.N. BSG a.a.O.
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zwischen der Institution und den zur persönlichen Ermächtigung in Betracht kommenden Ärzten keine Verbindung besteht, darf eine Institutsermächtigung allein deshalb aber nicht abgelehnt werden. 9
Auf das Vorrang-Nachrang-Verhältnis der persönlichen Ermächtigung gegenüber der Institutsermächtigung kommt es indes nicht an, wenn zwischen der persönlichen ärztlichen Qualifikation und dem Teilnahmestatus „Ermächtigung“ ein enger Zusammenhang besteht. Soweit ärztliche Leistungen, die Gegenstand der Ermächtigung sein sollen, nur von in besonderer Weise qualifizierten Ärzten erbracht werden können, es also auf Grund der Qualifikation wesentlich auf die Person des Arztes selbst ankommt, kommt die Erteilung einer Institutsermächtigung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes von vorneherein nicht in Betracht25. 5. Konkurrentenwiderspruch/-klage a) Offensive/r Konkurrentenwiderspruch/-klage
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Dritte können gegen die Erteilung einer persönlichen Ermächtigung oder einer Institutsermächtigung ganz oder teilweise Rechtsmittel einlegen. Dies gilt zunächst grundsätzlich für alle Verfahrensbeteiligten i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB X, mithin auch für in einem Ermächtigungsverfahren abgelehnte Mitbewerber26 (offensive Konkurrentenklage). Abgelehnte Mitbewerber sind in ihrer Eigenschaft als Antragsteller nach § 12 Abs. 1 Nr. SGB X unmittelbar rechtsmittelbefugt. Ihrer Hinzuziehung nach § 12 Abs. 2 SGB X bedarf es nicht27. b) Defensive/r Konkurrentenwiderspruch/-klage
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Indes scheiterte der Versuch zugelassener Leistungserbringer, sich gegen erteilte Ermächtigungen im Wege der sog. defensiven Konkurrentenklage zur Wehr zu setzen, bis zur Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.200428 regelmäßig an der restriktiven ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Das Bundessozialgericht wies Klagen zugelassener Leistungserbringer gegen Ermächtigungen in ständiger Rechtsprechung als unzulässig ab29. Aus der Nachrangigkeit der Ermächtigung als Teilnahmestatus an der vertragsärztlichen Versorgung gegenüber zugelassenen Vertragsärzten und medizinischen Versorgungszentren könne zu Gunsten der zugelassenen Leistungserbringer keine drittschützende Wirkung abgeleitet werden. Die Zuerkennung eines Status zur Teilnahme an der vertrags25 26
27 28 29
BSG a.a.O m.w.N.; BSG, Urt. v. 11.12.2002, B 6 KA 32/01 R, MedR 2003, 595, 597. Der Zulassungsausschuss muss die Auswahl unter mehreren Bewerbern nach objektivierbaren Kriterien vornehmen. Dem „Windhundprinzip“ hat das BSG (Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 81/03 R, SozR 4-2500 § 103 Nr. 2) eine klare Absage erteilt; vgl. § 16b, Rz. 16. Diese Rechtsprechung ist auch im Fall der Erteilung einer Ermächtigung, für die mehrere Antragsteller in Betracht kommen, zu beachten. So LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, GesR 2006, 456, 457, für Mitbewerber in einem Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680ff. BSG, Urt. v. 28.08.1996, 6 RKa 37/95, NZS 1997, 292; BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 30/ 98 R, MedR 2000, 245 (aufgehoben durch BVerfG a.a.O.).
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ärztlichen Versorgung diene ausschließlich dem öffentlichen Interesse der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung30. Ausnahmsweise sei eine Klagebefugnis zugelassener Leistungserbringer gegen eine Ermächtigung zuzuerkennen, wenn der zugelassene Leistungserbringer durch die Ermächtigung in seiner Berufsausübung beeinträchtigt werde und die Ermächtigung gegen das Willkürverbot verstoße31. Demgegenüber leitet das Bundesverfassungsgericht aus der grundsätzlichen Subsidiarität des Teilnahmestatus Ermächtigung zu Gunsten zugelassener Leistungserbringer, die primär die vertragsärztliche Versorgung sicherstellen, eine drittschützende Wirkung ab. Zwar könnten auch zugelassene Leistungserbringer aus Art. 12 Abs. 1 GG für sich keinen generellen Schutz vor Konkurrenz beanspruchen. Allerdings könne das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigt sein, wenn „eine Wettbewerbsveränderung durch Einzelakt (…) im Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel“ stehe32. Der zugelassene Vertragsarzt bewege sich in einem staatlich regulierten Markt. Sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG sei im Interesse der Funktionsfähigkeit des Systems der Gesetzlichen Krankenversicherung zahlreichen Restriktionen unterworfen. Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 GG müssten aber legitimen Zielen folgen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die Klagebefugnis zugelassener Leistungserbringer gegen Ermächtigungen auf Fälle der Willkür zu beschränken, lasse die Verfolgung eines legitimen Zwecks nicht erkennen und überspanne „die Darlegungslast zum Nachweis der Klagebefugnis“ 33. Das Bundessozialgericht hat seine bis dahin gegenläufige Rechtsauffassung zwischenzeitlich aufgegeben34. Zugelassene Leistungserbringer können sich demnach gegen Ermächtigungen grundsätzlich im Wege der sog. defensiven Konkurrentenklage zur Wehr setzen. Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts kann indes nicht abgeleitet werden, jeder zugelassene Leistungserbringer könne sich gegen jede im Bereich seiner Kassenärztlichen Vereinigung erteilte Ermächtigung zur Wehr setzen, weil mit der Verleihung des Teilnahmestatus Ermächtigung automatisch der Anspruch auf Teilhabe an der vertragsärztlichen Gesamtvergütung verbunden ist und deshalb jede Ermächtigung potenziell zu einer Schmälerung des Honoraranspruchs zugelassener Leistungserbringer führen kann35. Denn das Bundesverfassungsgericht gesteht zugelassenen Leistungserbringern gerade keinen generellen Anspruch auf Schutz vor Konkurrenz zu36. Wollte man dies anders sehen, müsste zugelassenen Leistungserbringern auch eine Klagebefugnis gegen die Erteilung von Zulassungen anderer Leistungserbringer zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zuerkannt werden. Auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 ist zugelassenen Leistungserbringern die Befugnis, eine defensive Kon30 31 32 33 34 35 36
BSG a.a.O. BSG, Urt. v. 11.12.2002, B 6 KA 32/01 R, MedR 2003, 595, 596. BVerfG a.a.O. BVerfG a.a.O. BSG, Urt. v. 28.09.2005, B 6 KA 70/04 R, GesR 2006, 15f. So auch Steinhilper, MedR 2004, 682, 683 (Anm. zum Beschl. des BVerfG a.a.O.); Beeretz, ZMGR 2005, 311, 313. BVerfG a.a.O.
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kurrentenklage zu erheben, daher nur dann zuzuerkennen, wenn der Rechtsschutzsuchende eine konkret-individuelle Betroffenheit im Zusammenhang mit der angegriffenen Ermächtigung geltend machen kann. Eine bloß abstrakt-generelle Betroffenheit reicht nicht aus. Das Bundessozialgericht hat nach seiner früheren Rechtsprechung auch bei Willkürentscheidungen einen solchen fachlichen und räumlichen Zusammenhang zwischen dem zugelassenen Leistungserbringer und dem durch die Ermächtigung Begünstigten verlangt37. Es ist davon auszugehen, dass das Bundessozialgericht auch nach der Anpassung seiner Rechtsprechung an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts daran festhalten wird. Jedenfalls deutet eine jüngere Entscheidung des Bundessozialgerichts in diese Richtung38. 13
Eine solch konkret-individuelle Betroffenheit ist immer dann anzunehmen, wenn kumulativ (1) das vertragsärztliche Leistungsangebot des zugelassenen Leistungserbringers sich ganz oder teilweise mit den vertragsärztlichen Leistungen, die Gegenstand der Ermächtigung sind, deckt und (2) der zugelassene Leistungserbringer diese vertragsärztlichen Leistungen in räumlicher Nähe zum Leistungserbringungsort des ermächtigten Arztes oder der ermächtigten Institution anbietet. Die Prüfung der konkret-individuellen Betroffenheit der räumlichen Nähe ist in zwei Schritten zu vollziehen: Zunächst ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Rechtsschutzsuchende in demselben Planungsbereich, für den die Ermächtigung angestrebt wird, vertragsärztlich tätig ist. Dies deshalb, weil die Prüfung, ob die Ermächtigung wegen eines quantitativ-allgemeinen und/oder qualitativ-speziellen Versorgungsbedarfs erteilt werden muss oder kann, grundsätzlich am konkreten Planungsbereich, für den die Ermächtigung angestrebt wird, auszurichten ist39. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Prüfung des Versorgungsbedarfs sich ausnahmsweise auch auf das Versorgungsangebot in anderen Planungsbereichen erstrecken darf; in diesem Fall reicht es aus, wenn der Rechtsschutzsuchende in einem der in die Bedarfsprüfung einbezogenen Planungsbereiche vertragsärztlich tätig ist. In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob zwischen dem Leistungsort des zugelassenen Leistungserbringers und dem Leistungsort des ermächtigten Leistungserbringers eine räumliche Nähe in dem Sinne besteht, dass eine ganze oder teilweise Überschneidung der Einzugsgebiete angenommen werden kann. Hieran sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, so dass insoweit eine abstrakt-generelle Gefahr identischer oder teilweise identischer Einzugsgebiete als ausreichend anzusehen ist. Eine konkret-individuelle Betroffenheit mit der Konsequenz der Befugnis zur Erhebung einer defensiven Konkurrentenklage ist unter den dargestellten Voraussetzun37 38 39
BSG, Urt. v. 11.12.2002, B 6 KA 32/01 R, MedR 2003, 595, 596. BSG, Urt. v. 07.02.2007, B 6 Ka 8/06 R, MedR 2007, 499ff., zur Klagebefugnis eines Vertragsarztes gegen die Erteilung einer Dialysegenehmigung. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71ff.
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gen im Übrigen auch dann anzunehmen, wenn der zugelassene Leistungserbringer auf der Grundlage des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV an einem von seinem Vertragsarztsitz verschiedenen Leistungsort vertragsärztlich tätig ist oder tätig werden möchte. Denn die Subsidiarität der Ermächtigung gilt auch im Bereich der vertragsärztlichen Zweigpraxen als Gestaltungsvariante der Berufsausübung zugelassener Leistungserbringer40. c) Verfahrensrechtliche Konsequenzen aa) Hinzuziehung Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verhält sich nur am Rande zu den mit der Anerkennung der Klagebefugnis zugelassener Leistungserbringer gegen Ermächtigungen verbundenen verfahrensrechtlichen Konsequenzen. Es verweist auf die Möglichkeit zur Beiladung im gerichtlichen Verfahren nach § 75 Abs. 2a SGG41. § 75 Abs. 2a S. 1 SGG nimmt indes § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG in Bezug, der die Fälle der notwendigen Beiladung zum Inhalt hat. Dies legt den Schluss nahe, die Zulassungsgremien müssten in Ermächtigungsverfahren alle potenziell betroffenen zugelassenen Leistungserbringer nach § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X hinzuziehen mit der Konsequenz, dass diese im Verfahren notwendige Beteiligte i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB X wären. Hiergegen spricht aber der Wortlaut des § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X. Die Ermächtigung wirkt für die potenziell betroffenen zugelassenen Leistungserbringer nicht rechtsgestaltend. Damit liegt kein Fall einer notwendigen Beteiligung i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB X vor42. Auf der Grundlage des § 12 Abs. 2 S. 1 SGB X liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Zulassungsgremien, entsprechend betroffene zugelassene Leistungserbringer zu Ermächtigungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag hinzuziehen. Mit der Hinzuziehung erhalten diese den Status als Beteiligter i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB X, so dass es zu einer Stärkung ihrer verfahrensrechtlichen Position kommt43. Zur Herstellung von Rechtssicherheit insbesondere für den von der Ermächtigung Begünstigten ist die Hinzuziehung jedenfalls der zugelassenen Leistungserbringer angezeigt, die mit ihrem Antrag auf Hinzuziehung ihr Interesse am Ermächtigungsverfahren signalisieren und ihre konkret-individuelle Betroffenheit zumindest nachvollziehbar darlegen44. Denn nur den Verfahrensbeteiligten wird nach § 41 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV eine Ausfertigung des Ermächtigungsbeschlusses zugestellt, so dass auch nur diesen gegenüber die Rechtsbehelfsfristen zu laufen beginnen45.
40 41 42 43 44
45
S. § 24, Rz. 63. BVerfG a.a.O. So auch Beeretz, ZMGR 2005, 311, 313. S. hierzu § 37, Rz. 7. Da zugelassene Leistungserbringer in der Regel nicht über Ermächtigungsanträge informiert werden, reicht es aus, wenn der Antrag auf Hinzuziehung unter Darlegung einer konkretindividuellen Betroffenheit allgemein ohne Bezugnahme auf ein Ermächtigungsverfahren gestellt wird. Näheres hierzu s. § 41, Rz. 20, insbesondere aber auch zur Problematik der aufschiebenden Wirkung in § 44, Rz. 10ff.
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bb) Aufschiebende Wirkung 15
Der Widerspruch gegen einen Ermächtigungsbeschluss hat gem. § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V aufschiebende Wirkung. Der durch die Ermächtigung Begünstigte kann für die Dauer der aufschiebenden Wirkung von der Ermächtigung keinen Gebrauch machen. Der Widerspruch wirkt dabei zurück auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung, so dass in der Zwischenzeit erbrachte Leistungen nicht abgerechnet werden dürfen, jedenfalls nicht vergütet werden müssen46. Ein Vergütungsanspruch entsteht auch nicht rückwirkend bei rechtskräftiger Bestätigung der Ermächtigung oder Rücknahme des Rechtsbehelfs, da der Ermächtigung statusbegründender Charakter zukommt47. Die aufschiebende Wirkung tritt unabhängig davon ein, ob der Widerspruch in der Sache Erfolg oder hinreichende Erfolgsaussichten hat. Die aufschiebende Wirkung soll indes nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung nicht eintreten, wenn der Widerspruch unzulässig ist48. Die Problematik der aufschiebenden Wirkung tritt damit nach der grundsätzlichen Anerkennung der Zulässigkeit einer defensiven Konkurrentenklage zugelassener Leistungserbringer gegen Ermächtigungen offen zu Tage. Entsprechend sensibilisiert sollten Zulassungsgremien mit der Hinzuziehung von potenziell betroffenen zugelassenen Leistungserbringern zu Ermächtigungsverfahren zu Gunsten der Rechtssicherheit umgehen und im Zweifel hinzuziehen. cc) Einstweiliger Rechtsschutz
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Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts49 zur Zulässigkeit einer Drittanfechtung von Ermächtigungen und die damit verbundene aufschiebende Wirkung wirft in der Praxis erhebliche Probleme auf, zumal die Zulassungsgremien von der Möglichkeit der Hinzuziehung potenziell betroffener zugelassener Leistungserbringer derzeit nur zurückhaltend Gebrauch machen. Ermächtigungsinhaber laufen Gefahr, dass sich potenziell betroffene zugelassene Leistungserbringer, denen der Ermächtigungsbeschluss wegen des Verzichts auf ihre Hinzuziehung nicht zugestellt worden ist, auch noch geraume Zeit50 nach Erteilung der Ermächtigung im Wege des Drittwiderspruchs zur Wehr setzen. Das Bundesverfassungsgericht weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf eine Abhilfe im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hin. Liege eine Versorgungslücke vor, könne und müsse einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden51. Jedenfalls bei bedarfsabhängigen Ermächtigungen kommt in aller Regel die Anordnung des Sofortvollzugs der Ermächtigung in Betracht, da die Ermächtigung ja wegen einer vom Zulassungsausschuss angenommenen Versorgungslücke erteilt worden sein wird52. 46 47 48 49 50 51 52
BSG, Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 41/96 R, ArztR 1999, 158; dazu auch § 44, Rz. 14ff. BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 12/93, MedR 1994, 454. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 86a, Rz. 10 m.w.N. BVerfG a.a.O. S. § 44, Rz. 4. BVerfG a.a.O. Näheres zum einstweiligen Rechtsschutz: § 44, Rz. 17ff.
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dd) Rolle der Kassenärztlichen Vereinigung Die Kassenärztliche Vereinigung ist im Ermächtigungsverfahren gem. § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV notwendig Beteiligte i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB X. Hieraus kann aber keine Verpflichtung für die Kassenärztliche Vereinigung abgeleitet werden, zu Gunsten zugelassener Leistungserbringer gegen Ermächtigungen Rechtsbehelfe einlegen zu müssen, um den Zulassungsstatus ihrer Mitglieder zu sichern. Das Bundesverfassungsgericht hat dieser Auffassung eine klare Absage erteilt53.
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6. Bestandsschutz Da Ermächtigungen nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V, nach § 31 Ärzte-ZV und nach §§ 116a, 119, 119a SGB V regelmäßig nur befristet erteilt werden dürfen, kann der begünstigte Arzt oder die begünstigte Institution – auch bei einer mehrmaligen Verlängerung – keinen Bestandsschutz in dem Sinne ableiten, dass er/sie wegen der in der Vergangenheit erteilten Ermächtigung(en) die regelmäßige Verlängerung oder dauerhafte Zuerkennung der Ermächtigung beanspruchen kann. Ermächtigungen verleihen gerade keinen dauerhaften Teilnahmestatus für die vertragsärztliche Versorgung54. Vielmehr ist bei jedem Antrag auf Verlängerung einer erteilten Ermächtigung das Vorliegen der notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen neu zu prüfen und zu beurteilen, insbesondere auch die Versorgungssituation neu zu bewerten.
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Im Übrigen kann Bestandsschutz nur in dem Sinne zuerkannt werden, dass eine bestandskräftig erteilte Ermächtigung nicht nachträglich – bspw. wegen einer zwischenzeitlich erteilten Sonderbedarfszulassung – widerrufen werden darf. Insoweit gilt ein aus dem zeitlichen Vorrang abzuleitender Bestandsschutz55, der mit dem zeitlichen Ende der Ermächtigung endet.
II. Spezifische Voraussetzungen einer Ermächtigung 1. nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV Zur Abwendung einer bestehenden oder unmittelbar drohenden Unterversorgung können die Zulassungsausschüsse nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV persönliche Ermächtigungen oder Institutsermächtigungen aussprechen, wenn diese zur Zielerreichung notwendig sind. Institutsermächtigungen im Rahmen des § 31 Abs. 1 ÄrzteZV sind gegenüber persönlichen Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV schon nach dem Wortlaut „oder in besonderen Fällen“ nachrangig56.
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Voraussetzung hierfür ist zunächst eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung. § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV nimmt damit als Tatbestandsvor-
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BVerfG a.a.O.; s. auch Beeretz, ZMGR 2005, 311, 313. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB V, Rz. 14a. Hess a.a.O. Zur Nachrangigkeit s. im Übrigen § 31, Rz. 4.
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aussetzung § 16 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV in Bezug. Wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Rahmen der ihm in § 16 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zugewiesenen Prüfungskompetenz eine bestehende oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung feststellt57, können die Zulassungsausschüsse über Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV die Unterversorgung abwenden bzw. versuchen abzuwenden58. Die Zulassungsausschüsse unternehmen im Rahmen des § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV aber keine eigene Prüfung, ob eine Unterversorgung besteht oder droht. Diese Aufgabe ist allein dem Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in § 16 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zugewiesen. Soweit der Landesausschuss keine bestehende oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung nach § 16 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV festgestellt hat, kommt eine Ermächtigung auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV nicht in Betracht. 21
Die Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV muss im Übrigen notwendig sein, um die bestehende oder drohende Unterversorgung abzuwenden. Eine solche Notwendigkeit besteht dann nicht mehr, wenn die bestehende oder drohende Unterversorgung bereits auf anderem Wege – bspw. durch die Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, durch die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen oder Ermächtigungen nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V – abgewendet werden konnte. Insofern betont das Tatbestandsmerkmal „notwendig“ die Subsidiarität einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV.
22
Die Ermächtigung muss schließlich geeignet sein, die bestehende oder drohende Unterversorgung abzuwenden. Es reicht dabei aus, wenn die Ermächtigung Teil eines Maßnahmenkatalogs zur Abwendung der bestehenden oder drohenden Unterversorgung ist. Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Geeignetheit leitet sich aus dem Sinn und Zweck einer auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV zu erteilenden Ermächtigung ab. Leistet die nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV angestrebte Ermächtigung keinen Beitrag zur Schließung der bestehenden oder drohenden Unterversorgung, darf sie nicht erteilt werden.
23
Der Zulassungsausschuss entscheidet über die Erteilung einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Norm begründet keinen Rechtsanspruch59. Es besteht lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. 2. nach § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV
24
Eine Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV kann erteilt werden, wenn dies notwendig ist zur Versorgung eines begrenzten Personenkreises. Die Norm nennt beispielhaft Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder Beschäftigte eines abgelegenen oder vorübergehenden Betriebes. Institutsermächtigungen im Rahmen des § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV sind gegenüber persönlichen Ermäch57 58 59
S. § 16b, Rz. 2. Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5c, Rz. 36. BSG, Urt. v. 26.01.2000, B 6 KA 51/98 R, NZS 2000, 625.
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tigungen nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV schon nach dem Wortlaut „oder in besonderen Fällen“ nachrangig60. Die Ermächtigung muss sich im Fall des § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV auf eine bestimmte Personengruppe beschränken. Eine Ermächtigung kommt hiernach nicht in Betracht, wenn die Personengruppe, zu deren Versorgung die Ermächtigung erteilt werden soll, nicht abgrenzbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Personengruppe ihrer Zahl nach begrenzt oder begrenzbar ist, wenngleich der Wortlaut der Norm hierauf zunächst hindeutet. Die genannten Beispielsfälle zeigen aber, dass der Normgeber eine solche zahlenmäßige Eingrenzung gerade nicht verlangt. Es reicht aus, wenn die Personengruppe, zu deren Versorgung die Ermächtigung angestrebt wird, nach objektiven Kriterien bestimmbar ist.
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Die Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV muss im Übrigen notwendig sein, um den begrenzten Personenkreis zu versorgen. Eine solche Notwendigkeit besteht dann nicht, wenn die Versorgung der Personengruppe bereits gewährleistet ist. Insofern betont das Tatbestandsmerkmal „notwendig“ die Subsidiarität einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV.
26
Die Ermächtigung muss schließlich geeignet sein, um die Versorgung des begrenzten Personenkreises zu gewährleisten. Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Geeignetheit leitet sich aus dem Sinn und Zweck einer auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV zu erteilenden Ermächtigung ab.
27
Der Zulassungsausschuss entscheidet über die Erteilung einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Norm begründet keinen Rechtsanspruch61, sondern lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
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3. nach § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV Die Bundesmantelvertragspartner haben auf der Grundlage des § 31 Abs. 2 ÄrzteZV in den §§ 5 bis 7 BMV-Ä bzw. §§ 9 bis 11 EKV weitere Ermächtigungstatbestände normiert:
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a) i.V.m. § 5 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 1 EKV Nach § 5 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 1 EKV kann der Zulassungsausschuss geeignete Ärzte und ausnahmsweise ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung auf der Grundlage des EBM definierter Leistungen ermächtigen, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich ist. Der Zulassungsausschuss entscheidet über die Erteilung einer Ermächtigung nach § 5 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 1 EKV nach pflichtgemäßem Ermessen. Im Rahmen der Bedarfsanalyse steht dem Zulassungsausschuss ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu62. Ein Rechtsanspruch auf Er60 61 62
Zur Nachrangigkeit s. im Übrigen § 31, Rz. 4. BSG, Urt. v. 26.01.2000, B 6 KA 51/98 R, NZS 2000, 625. S. hierzu § 31a, Rz. 7.
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teilung einer Ermächtigung besteht daher nur bei einer – kaum denkbaren – Ermessensreduzierung auf Null. b) i.V.m. § 5 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 2 EKV 31
Nach § 5 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 2 EKV kann der Zulassungsausschuss auf Antrag für den Leistungsbereich der zytologischen Diagnostik von Krebserkrankungen und für den Leistungsbereich der ambulanten Untersuchungen und Beratungen zur Planung der Geburtsleitung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen. Die Erteilung einer Ermächtigung hiernach ist an keine Bedarfsprüfung geknüpft. Insoweit handelt es sich um bedarfsunabhängige Ermächtigungstatbestände. Allerdings müssen die ermächtigten Ärzte oder ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen bestimmte Qualifikationskriterien, die in § 5 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 2 EKV umschrieben sind, erfüllen. Der Zulassungsausschuss entscheidet über die Erteilung einer Ermächtigung nach § 5 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 9 Abs. 2 EKV nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Norm begründet daher keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ermächtigung. c) i.V.m. § 6 BMV-Ä bzw. § 10 EKV
32
Der Zulassungsausschuss muss nach § 6 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 10 Abs. 1 EKV einen approbierten Fachzahnarzt für Kieferchirurgie, der Inhaber einer unbefristeten gültigen Erlaubnis nach § 10a Abs. 1 BÄO zur Ausübung des ärztlichen Berufs auf dem Gebiet der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist, auf Antrag für die Dauer seiner Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung im Umfang seiner berufsrechtlichen Erlaubnis zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen. Insoweit steht dem Zulassungsausschuss kein Ermessen zu. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen muss die Ermächtigung erteilt werden. Der Zulassungsausschuss muss nach § 6 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 10 Abs. 2 EKV einen approbierten Fachzahnarzt für eine theoretisch-experimentelle Fachrichtung der Medizin, der Inhaber einer unbefristeten gültigen Erlaubnis nach § 10a Abs. 2 BÄO zur Ausübung des ärztlichen Berufs in seinem Fachgebiet ist, auf Antrag für die Dauer und im Umfang seiner berufsrechtlichen Erlaubnis zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit er in freier Praxis niedergelassen ist und im Rahmen seiner Erlaubnis ärztliche Leistungen, die zum Leistungskatalog der GKV gehören, erbringen kann. Der Zulassungsausschuss darf die Ermächtigung allerdings nicht erteilen, wenn für das Gebiet, dem die auf der Grundlage der begehrten Ermächtigung zu erbringenden vertragsärztlichen Leistungen zuzuordnen sind, eine Zulassungssperre angeordnet ist. Insoweit steht dem Zulassungsausschuss kein Ermessen zu. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen und Abwesenheit des negativen Tatbestandsmerkmals „Zulassungssperre“ muss die Ermächtigung erteilt werden. Die Regelung begründet einen Rechtsanspruch bei Vorliegen der Voraussetzungen.
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d) i.V.m. § 7 BMV-Ä bzw. § 11 EKV Die Kassenärztliche Vereinigung – nicht der Zulassungsausschuss – kann nach § 7 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 11 Abs. 1 EKV im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen Fachwissenschaftler der Medizin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen. Voraussetzung hierfür ist der Nachweis, dass der Fachwissenschaftler in der jeweiligen Fachrichtung die nach dem maßgeblichen Recht der neuen Bundesländer für ein entsprechendes postgraduales Studium vorgesehene Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen entscheiden im Einvernehmen über die Erteilung einer Ermächtigung nach § 7 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 11 Abs. 1 EKV nach pflichtgemäßem Ermessen.
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Die Norm begründet keinen Rechtsanspruch. An den Ermächtigungsbeschluss werden weitere Anforderungen gestellt: Er muss den Leistungsbereich der Ermächtigung konkretisieren; die Ermächtigung darf nur mit einem „Überweisungsfilter“ erteilt werden. Die Ermächtigung darf auch unbefristet erteilt werden. Unter den Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 11 Abs. 1 EKV kann die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen nach § 7 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 11 Abs. 2 EKV auch Fachwissenschaftler der Medizin der Fachrichtung Klinische Chemie und Labordiagnostik zur Durchführung laboratoriumsdiagnostischer Leistungen des Kapitels 32 und des Kapitels 1.7 sowie Leistungen des Kapitels 11.3 und des Kapitels 12 des EBM ermächtigen. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen entscheiden im Einvernehmen über die Erteilung einer Ermächtigung nach § 7 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 11 Abs. 2 EKV nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Norm begründet keinen Rechtsanspruch. 4. nach § 31 Abs. 3 Ärzte-ZV Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind auf der Grundlage des § 31 Abs. 3 ÄrzteZV berechtigt, Ärzte, die keine deutsche Approbation, aber eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes besitzen, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu ermächtigen, wenn und soweit die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) Ärzte-ZV vorliegen63. Die Kassenärztliche Vereinigung entscheidet über die Erteilung einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 3 Ärzte-ZV nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Norm begründet keinen Rechtsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
63
S. hierzu § 31, Rz. 19ff. und Rz. 24ff.
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5. nach § 31 Abs. 5 Ärzte-ZV 35
Der Zulassungsausschuss muss nach § 31 Abs. 5 Ärzte-ZV i.V.m. § 8 Abs. 1 BMVÄ bzw. § 12 Abs. 1 EKV einen Arzt, der als Angehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union u.a. nach Maßgabe der Artikel 17 und 18 der Richtlinien 93/16/ EWG vom 05.04.1993 ärztliche Leistungen ohne Begründung einer Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland erbringen möchte, auf Antrag ermächtigen, wenn – kumulativ – folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Der Antragsteller ist auf Grund einer Anzeige an die zuständige Behörde in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt, als Dienstleistungserbringer im Sinne des Artikels 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Artikels 37 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vorübergehend den ärztlichen Beruf im Geltungsbereich der BÄO auszuüben. (2) Der Antragsteller erfüllt die persönlichen Voraussetzungen, die ein Vertragsarzt nach seinem Berufsrecht, den Bestimmungen der Bundesmantelverträge und den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfüllen muss, um die gleichen Leistungen zu erbringen. (3) In der Person des Antragstellers liegen keine Gründe vor, die bei einem Vertragsarzt den Entzug der Zulassung zur Folge haben würden. (4) Die Dienstleistungen, für welche die Ermächtigung erteilt werden soll, sind Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung. (5) Die Dienstleistungen, für welche die Ermächtigung erteilt werden soll, sind nicht einem Gebiet zuzuordnen, für das nach Maßgabe der Bedarfsplanungs-Richtlinie eine Zulassungssperre angeordnet ist. Wenn und soweit diese Voraussetzungen insgesamt erfüllt sind, ist der Zulassungsausschuss zur Erteilung der begehrten Ermächtigung verpflichtet. Ein Ermessensspielraum ist ihm nicht eingeräumt. Die Bestimmungen begründen bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch. III. Persönliche bzw. institutionelle Voraussetzungen
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Die beantragte Ermächtigung darf nur dann erteilt werden, wenn der Antragsteller für die vertragsärztlichen Leistungen, die Gegenstand der Ermächtigung sein sollen, die notwendigen Qualifikationsvoraussetzungen mitbringt. Für eine Ermächtigung von Krankenhausärzten findet sich in § 31a Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV hierzu eine explizite Regelung, wonach der Krankenhausarzt den Nachweis seiner Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung führen muss. In § 31 Ärzte-ZV fehlt indes eine entsprechende Bestimmung. Gleichwohl muss auch der Antragsteller im Rahmen des § 31 Ärzte-ZV seine persönliche Qualifikation nachweisen64, was ihm in aller Regel nur dann gelingen wird, wenn er zum Führen der entsprechenden Gebietsbezeichnung berechtigt ist. Schließlich soll über die Ermächtigung eine Versorgungslücke geschlossen werden. Der Qualifikationsnachweis leitet sich im Rahmen 64
In diesem Sinne ist auch BSG, Urt. v. 11.10.2006, B 6 KA 1/05 R, zu verstehen.
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des § 31 Ärzte-ZV daher aus dem Sinn und Zweck des Ermächtigungstatbestandes ab. Für Institutsermächtigungen gilt dies entsprechend für die dort tätigen Ärzte. Die Erteilung einer Ermächtigung scheidet gem. § 31 Abs. 8 S. 1 Ärzte-ZV aus, wenn der Antragsteller ungeeignet ist i.S.d. § 21 Ärzte-ZV. Insoweit gelten keine anderen Anforderungen als für zugelassene Leistungserbringer65. Allerdings ist der Zulassungsausschuss nach richtiger Ansicht nicht berechtigt, auf der Grundlage des § 31 Abs. 8 S. 1 i.V.m § 21 Ärzte-ZV im Zuge des Ermächtigungsverfahrens eine Prüfung auf Eignung durchzuführen66. Über § 31 Abs. 8 S. 4 i.V.m. S. 1 Ärzte-ZV hindert die Ungeeignetheit des Arztes (§ 21 Ärzte-ZV), der im Rahmen einer Institutsermächtigung tätig werden soll, die Erteilung der Institutsermächtigung.
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Stellt sich nach einer erteilten Ermächtigung heraus, dass die Ermächtigung wegen Ungeeignetheit nach § 21 Ärzte-ZV von vorneherein gem. § 31 Abs. 8 S. 1 ÄrzteZV nicht hätte erteilt werden dürfen, muss die Ermächtigung nach § 31 Abs. 8 S. 2 Ärzte-ZV zurückgenommen werden. § 31 Abs. 8 S. 2 Ärzte-ZV ist insoweit eine spezialgesetzliche Regelung. Dem Zulassungsausschuss steht kein Ermessensspielraum zu. Er ist verpflichtet, die erteilte Ermächtigung zurückzunehmen. Allerdings wirkt die Rücknahme nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Ermächtigung zurück67, da der Ermächtigung konstitutiver Charakter zukommt68. Dies gilt über § 31 Abs. 8 S. 4 Ärzte-ZV auch für Institutsermächtigungen, wobei wegen des personellen Bezugs in § 21 Ärzte-ZV freilich auf die dort tätigen Ärzte abzustellen ist.
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Während § 31 Abs. 8 S. 2 Ärzte-ZV die Fälle betrifft, in denen Hinderungsgründe nach § 21 Ärzte-ZV bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Ermächtigung vorlagen, dies aber erst später festgestellt wird, bezieht sich § 31 Abs. 8 S. 3 Ärzte-ZV auf solche Umstände, die sich nach Erteilung der Ermächtigung verwirklichen. Die Ermächtigung ist auf der Grundlage des § 31 Abs. 8 S. 3 Ärzte-ZV – mit Wirkung für die Zukunft69 – zu widerrufen, wenn der mit der Ermächtigung verfolgte Zweck wegen eines in der Person des ermächtigten Arztes liegenden Grundes nicht erreicht werden kann. § 31 Abs. 8 S. 3 Ärzte-ZV ist eine spezialgesetzliche Regelung. Auch insoweit ist dem Zulassungsausschuss kein Ermessensspielraum eingeräumt. Die Fälle des Widerrufs sind aber auf solche Tatsachen beschränkt, die ihren Grund in der Person des Arztes haben. Die Ermächtigung kann nach § 31 Abs. 8 S. 3 ÄrzteZV nicht widerrufen werden, wenn die bei Erteilung der Ermächtigung festgestellte Versorgungslücke auf anderem Weg geschlossen wurde; insoweit kommt eine Entziehung der Ermächtigung nach § 95 Abs. 4 S. 3 i.V.m. Abs. 6 S. 1 SGB V in Betracht70. Die Regelung des § 31 Abs. 8 S. 3 Ärzte-ZV findet über § 31 Abs. 8 S. 4 Ärzte-ZV entsprechend auf ermächtigte Einrichtungen Anwendung, wobei Gründe i.S.d. § 31 Abs. 8 S. 3 Ärzte-ZV sowohl in der Person des für die Einrichtung tätigen Arztes als auch in der Einrichtung selbst liegen können.
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65 66 67 68 69 70
Einzelheiten hierzu S. § 21, Rz. 1ff. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 602. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 900. BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 12/93, MedR 1994, 454. Schallen a.a.O. BSG, Urt. v. 09.06.1999, B 6 KA 70/98, ArztR 2000, 79.
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Ermächtigung
IV. Ermächtigungsantrag 40
Die Ermächtigung wird nach § 31 Abs. 6 S. 1 Ärzte-ZV auf Antrag erteilt. Der Antrag ist schriftlich an den zuständigen Zulassungsausschuss zu richten. Örtlich zuständig ist der Zulassungsausschuss, in dessen Zulassungsbezirk der für die Ausübung der Ermächtigung maßgebliche Leistungsort gelegen ist71. In dem Antrag ist zu spezifizieren, für welche vertragsärztlichen Leistungen die Ermächtigung angestrebt wird. Im Zweifel muss der Zulassungsausschuss im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht auf eine Konkretisierung des Antrags hinwirken. Soweit eine persönliche Ermächtigung begehrt wird, sind dem Antrag nach § 31 Abs. 6 S. 2 Ärzte-ZV die Approbationsurkunde des Antragstellers sowie die in § 18 Abs. 2 lit. e) Ärzte-ZV bezeichneten Erklärungen beizufügen. Nach § 31 Abs. 6 S. 3 i.V.m. § 18 Abs. 3 Ärzte-ZV kann die Approbationsurkunde auch als amtlich beglaubigte Abschrift vorgelegt werden. Soweit Gegenstand des Antrages eine Institutsermächtigung ist, bezieht sich die Vorlagepflicht auf die Ärzte, die für die Institution die mit der Ermächtigung angestrebten vertragsärztlichen Leistungen erbringen sollen. Dies folgt zum einen aus dem Umstand, dass die Institution nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ärztlich geleitet sein muss, zum anderen aus dem Sinn und Zweck des § 31 Abs. 6 Ärzte-ZV, der ersichtlich nicht zwischen persönlichen Ermächtigungen und Institutsermächtigungen differenziert. Es besteht keine Veranlassung, Institutionen gegenüber Ärzten zu begünstigen.
V. Ermächtigungsbeschluss 1. Inhalt und Grenzen 41
§ 31 Abs. 7 Ärzte-ZV stellt an den Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses vier Anforderungen. Der Ermächtigungsbeschluss muss sich nach § 31 Abs. 7 S. 1 ÄrzteZV verhalten (1) zur Dauer, (2) zum räumlichen Geltungsbereich und (3) zum Leistungsumfang der Ermächtigung. Schließlich muss gem. § 31 Abs. 7 S. 2 Ärzte-ZV in dem Ermächtigungsbeschluss eine Regelung zur Anordnung oder zum Verzicht auf einen sog. Vertragsarzt-/Facharztfilter getroffen werden. Über diese inhaltlichen Vorgaben hat der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen im Zusammenhang mit der Bedarfsprüfung zu befinden. Die Entscheidung darüber, wie eine Ermächtigung inhaltlich auszugestalten ist, resultiert unmittelbar aus der Bedarfsanalyse des Zulassungsausschusses und darf nicht isoliert betrachtet werden. Der Zulassungsausschuss hat daher im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens nicht nur darüber 71
BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, SozR 4-2500 § 117 SGB V Nr. 1.
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§ 31
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zu entscheiden, ob überhaupt eine Ermächtigung erteilt wird, sondern wie diese zeitlich, räumlich und gegenständlich72 auszugestalten ist, um den nach der Bedarfsanalyse festgestellten zusätzlichen Bedarf zur Schließung einer quantitativ-allgemeinen und/oder qualitativ-speziellen Versorgungslücke hinreichend zu konkretisieren. Gleichermaßen wie bei der Bedarfsanalyse selbst steht den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum bei der zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Ausgestaltung einer Ermächtigung zu, der nur eingeschränkt einer Inhaltskontrolle durch die Sozialgerichte zugänglich ist73. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darf im sozialgerichtlichen Verfahren daher insoweit nur geprüft werden, ob der Entscheidung der Zulassungsgremien „ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, (…) die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist“74. In der Praxis werden Ermächtigungen in der Regel auf zwei Jahre befristet. Die Befristung kann aber auch über zwei Jahre hinausgehen, wenn dies sachdienlich ist75. Die in § 31 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV geforderte räumliche Beschränkung meint eine Definition des Leistungsorts, also die Angabe einer konkreten Anschrift, unter der die vertragsärztlichen Leistungen im Rahmen der Ermächtigung zu erbringen sind. Zum wesentlichen Inhalt eines Ermächtigungsbeschlusses gehört die Konkretisierung des Leistungskatalogs, für den die Ermächtigung ausgesprochen wird. Sie folgt unmittelbar aus der Bedarfsanalyse. In der Praxis werden häufig konkrete Leistungsziffern des EBM in den Beschluss aufgenommen.
42
Auf der Grundlage des § 31 Abs. 7 S. 2 Ärzte-ZV werden Ermächtigungen nur in Ausnahmefällen ohne vorgeschalteten Vertragsarzt- oder Facharztfilter erteilt. Hiernach kann der von der Ermächtigung Begünstigte nur auf Überweisung eines entsprechend qualifizierten Arztes im Rahmen seiner Ermächtigung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung tätig werden. Insbesondere wenn die Ermächtigung aus qualitativ-speziellen Gründen erteilt wird, ist der Facharztfilter die Regel76. Allerdings dürfen sich die Zulassungsgremien einer Bedarfsanalyse nicht dadurch entziehen, dass sie der Ermächtigung einen entsprechenden Vertragsarztoder Facharztfilter vorschalten77.
43
72 73 74 75 76 77
Hierzu gehört auch eine Entscheidung über den Facharztfilter nach § 31 Abs.7 S. 2 Ärzte-ZV. BSG a.a.O.; S. auch BSG, Urt. v. 27.02.1992, 6 RKa 15/91, MedR 1992, 299, oder BSG, Urt. v. 02.12.1992, 6 RKa 54/91, MedR 1993, 404. BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr 23. BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, SozR 4-2500 § 117 SGB V Nr. 1. BSG, Urt. v. 27.06.2001, B 6 KA 39/00 R. BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 42/93, NZS 1996, 36.
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Abschnitt VIII
Ermächtigung
2. Wirkung 44
Die Erteilung der Ermächtigung hat statusbegründenden Charakter78. Sie kann nicht rückwirkend erteilt werden79. Sie kann aber auch nicht rückwirkend zurückgenommen werden80. Sie berechtigt und verpflichtet den ermächtigten Arzt bzw. die ermächtigte Einrichtung nach § 95 Abs. 4 S. 1 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Nach § 95 Abs. 4 S. 2 SGB V sind die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung, insbesondere also auch die Bundesmantelverträge, für sie verbindlich. Zudem ordnet § 95 Abs. 4 S. 3 SGB V die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften in § 95 Abs. 5, Abs. 6 und Abs. 7 SGB V sowie in § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 SGB V auf ermächtigte Ärzte und ermächtigte Institutionen an. Die Pflicht zur fachlichen Fortbildung gilt nach § 95d Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 bis 3 SGB V auch für ermächtigte Ärzte.
45
Die Ermächtigung von Krankenhausärzten bewirkt gem. § 77 Abs. 3 S. 1 SGB V ihre Pflichtmitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung. Für ermächtigte andere Ärzte fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung.
VI. Register 46
Nach § 31 Abs. 10 Ärzte-ZV ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, für ihren Bereich über Ermächtigungen ein besonderes Register zu führen.
78 79 80
BSG, Urt. v. 24.11.1993, 6 RKa 12/93, MedR 1994, 454. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 900. Schallen a.a.O.
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§ 31a
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§ 31a (1) Die Zulassungsausschüsse können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. (2) Der Antrag eines Krankenhausarztes auf Ermächtigung ist schriftlich an den Zulassungsausschuss zu richten, in dessen Bereich das Krankenhaus gelegen ist. Ihm sind die in § 31 Abs. 6 genannten Bescheinigungen und Erklärungen, die Urkunde, aus der sich die Berechtigung zum Führen einer Gebietsbezeichnung ergibt, sowie eine schriftliche Zustimmungserklärung des Krankenhausträgers beizufügen. § 18 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) § 31 Abs. 7 bis 10 gilt entsprechend. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1. Krankenhausarzt und Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 a) Quantitativ-allgemeiner Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 b) Qualitativ-spezieller Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3. Ungeeignetheit des Krankenhausarztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 III. Ermächtigungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 IV. Ermächtigungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 V. Rücknahme/Widerruf der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 VI. Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 VII. Besonderheiten für Psychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Literatur Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung – Auswirkungen des VÄndG und des GKV-WSG, GesR 2007, 337.
I. Allgemeines Ermächtigungsgrundlage für § 31a Ärzte-ZV ist § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV ist nahezu wortidentisch mit der Bestimmung in § 116 SGB V. § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V bildet die Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Krankenhausärzten mit abgeschlossener Weiterbildung.
1
Bei der Erteilung einer Ermächtigung nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V ist die grundsätzliche Subsidiarität von Ermächtigungen gegenüber Zulassungen zu beachten1. Zudem kommt der Ermächtigung nach § 31a Ärzte-ZV
2
1
Einzelheiten hierzu S. § 31, Rz. 2.
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Abschnitt VIII
Ermächtigung
i.V.m. § 116 SGB V Vorrang gegenüber anderen Ermächtigungstatbeständen zu2. 3
Die im Rahmen der Kommentierung zu § 31 Ärzte-ZV dargestellten Grundsätze zum/r Konkurrentenwiderspruch/-klage sowie zum Bestandsschutz gelten auch für die nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V erteilte Ermächtigung3.
II. Voraussetzungen 4
Nach § 31a Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 116 S. 1 SGB V können Krankenhausärzte mit Zustimmung des Krankenhausträgers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ermächtigung besteht nach § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 116 S. 2 SGB V, „soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt“ ist. 1. Krankenhausarzt und Weiterbildung
5
Eine Ermächtigung nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V kann ausschließlich Krankenhausärzten mit abgeschlossener Weiterbildung erteilt werden. Der Arzt muss hiernach in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem Krankenhaus stehen. Grundsätzlich keine Rolle spielt dabei, ob es sich um ein Krankenhaus handelt, das an der Versorgung gesetzlich Versicherter auf Grund Zulassung oder Vertrag teilnimmt. Ein dahingehender Rückschluss kann aus dem Wortlaut des § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V nicht gezogen werden. Eine Ermächtigung nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m § 116 SGB V kann demnach auch Ärzten, die in einem Beschäftigungsverhältnis zu einer reinen Privatklinik stehen, erteilt werden. Auch wenn in der Praxis zumeist die leitenden Abteilungsärzte Inhaber solcher Ermächtigungen sind, schließt § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V die Ermächtigung nachgeordneter Krankenhausärzte nicht aus4.
6
Ermächtigt werden kann indes nur ein Krankenhausarzt, der seine Weiterbildung abgeschlossen hat. Dies richtet sich nach den einschlägigen Regelungen der Weiterbildungsordnung der jeweiligen (Landes-)Ärztekammer. 2. Bedarf
7
Für die beantragte Ermächtigung muss ein Bedarf festgestellt werden können. Der Zulassungsausschuss muss daher im Rahmen des Ermächtigungsverfahrens eine Bedarfsprüfung in dem Sinne durchführen, ob eine ausreichende Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder 2 3 4
Einzelheiten hierzu S. § 31, Rz. 4. § 31, Rz. 10ff. und Rz. 18. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 916.
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§ 31a
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Kenntnisse entsprechend geeigneter Krankenhausärzte nicht sichergestellt ist. Den Zulassungsgremien steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt einer Inhaltskontrolle durch die Sozialgerichte zugänglich ist5. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darf im sozialgerichtlichen Verfahren daher nur geprüft werden, ob der Entscheidung der Zulassungsgremien „ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, (…) die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten (werden) und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist“6. Die Sozialgerichte dürfen die Bedarfsprüfung der Zulassungsgremien nicht durch eine eigene Bedarfsprüfung ersetzen7. Soweit die Sozialgerichte eine rechtlich relevante Fehlerhaftigkeit der Bedarfsanalyse der Zulassungsgremien in den dargestellten zulässigen Grenzen ihrer Inhaltskontrolle feststellen, kommt daher nur eine Verurteilung zur Neubescheidung in Betracht. Die Bedarfsprüfung erstreckt sich auf quantitativ-allgemeine und/oder qualitativspezielle Gesichtspunkte. Der Wortlaut des § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 116 S. 2 SGB V ist insoweit nicht eindeutig. Er nimmt ausdrücklich die „besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ in Bezug, was den Schluss nahe legt, dass es nur auf qualitativ-spezielle Versorgungsgesichtspunkte bei der Ermächtigung von Krankenhausärzten nach § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV i.V.m § 116 S. 2 SGB V und gerade nicht auch auf quantitativ-allgemeine Aspekte ankommt. Nach allgemeiner Meinung und ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind in der Bedarfsprüfung im Rahmen des § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 116 S. 2 SGB V aber sowohl quantitativ-allgemeine als auch qualitativ-spezielle Versorgungsaspekte zu berücksichtigen8.
8
Die Bedarfsanalyse ist grundsätzlich für den Planungsbereich vorzunehmen, in dem der Leistungsort der Ermächtigung gelegen ist9. Dies gilt sowohl für die Bedarfsanalyse nach quantitativ-allgemeinen als auch für die Bedarfsanalyse nach qualitativ-speziellen Versorgungsaspekten10. Im Rahmen der Bedarfsprüfung muss das
9
5 6 7 8
9 10
BSG a.a.O.; s. auch BSG, Urt. v. 27.02.1992, 6 RKa 15/91, MedR 1992, 299, oder BSG, Urt. v. 02.12.1992, 6 RKa 54/91, MedR 1993, 404. BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr 23. BSG a.a.O. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB V, Rz. 13, der dort zu Recht darauf hinweist, dass quantitativ-allgemeine Versorgungsgesichtspunkte an sich „eher“ § 31 Abs. 1 lit. a) Ärzte-ZV zuzuordnen wären, S. dann aber Hess: in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB V, Rz. 7; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 914f.; Wenner, GesR 2007, 337, 338; BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 42/93, NZS 1996, 36; BSG, Urt. v. 14.07.1993, 6 RKa 71/91, BSGE 73, 25, 29; BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 12/01 R, ArztR 2002, 232ff.; BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71, 72. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 12/01 R, ArztR 2002, 232ff.; BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71, 73. BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71, 73.
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Abschnitt VIII
Ermächtigung
ambulant vertragsärztliche Versorgungsangebot in umliegenden Planungsbereichen grundsätzlich außer Betracht bleiben. Ausnahmsweise kommt eine Berücksichtigung dann in Betracht, wenn die Ermächtigung für einen atypisch geschnittenen Planungsbereich11 oder für einen Planungsbereich mit nur geringer räumlicher Ausdehnung12 beantragt wird; in diesen Fällen muss jedenfalls die Verkehrsanbindung mit in Betracht gezogen werden13. a) Quantitativ-allgemeiner Bedarf 10
Die Prüfung, ob aus quantitativ-allgemeinen Bedarfsgründen eine Ermächtigung zu erteilen ist, ist am Bedarfsplan nach § 99 SGB V auszurichten14. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Erteilung einer Ermächtigung aus quantitativ-allgemeinen Gründen regelmäßig ausgeschlossen, wenn die Ermächtigung für Leistungen einer Arztgruppe15 angestrebt wird, für die eine Überversorgung i.S.d. § 101 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 16b Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV festgestellt ist16. Abzustellen ist in diesem Zusammenhang ausschließlich auf die Definition der maßgeblichen Arztgruppe nach § 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie. Das Bundessozialgericht lehnt eine Inbezugnahme von Teilgebieten ab17; eine Differenzierung nach Schwerpunkten bspw. innerhalb der Arztgruppe der fachärztlich tätigen Internisten soll nicht stattfinden. Diese restriktive Rechtsauffassung ist kritisch zu hinterfragen. Die Bedarfsanalyse nach quantitativ-allgemeinen Versorgungsgesichtspunkten ist an dem beantragten Ermächtigungsumfang auszurichten. Beschränkt sich der beantragte Ermächtigungsumfang auf ein Teilgebiet, das bedarfsplanungsrechtlich einer Arztgruppe zugeordnet ist, für die eine Überversorgung festgestellt ist, führt der Zulassungsausschuss – wenn man der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgt – die vom Gesetzgeber in § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 116 S. 2 SGB V geforderte Bedarfsanalyse für den beantragten Ermächtigungsumfang faktisch gar nicht durch. Die Bedarfsprüfung des Zulassungsausschusses fällt im Ergebnis aus. Sie wird ersetzt durch die im Rahmen des § 16b Ärzte-ZV vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zu treffenden Feststellungen. Nach der Intention des Gesetzgebers sollen über § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V indes spezifische Versorgungslücken geschlossen werden können18. Ohne spezifische Bedarfsanalyse können diese Versorgungslücken von vorneherein nicht aufgedeckt und schon gar nicht geschlossen werden.
11 12 13 14 15 16
17 18
BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 81/97 R, SozR 3-2500 § 97 SGB V Nr. 2 BSG, Urt. v. 22.06.1994, 6 RKa 46/93, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr. 10 BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71, 73. BSG, Urt. v. 14.07.1993, 6 RKa 71/91, BSGE 73, 25ff. Die insoweit maßgebliche Bedarfsplanungs-Richtlinie spricht nicht von Fachgebieten, sondern von Arztgruppen. BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 81/97 R, SozR 3-2500 § 97 SGB V Nr. 2; BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 12/01 R, ArztR 2002, 232ff.; BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, GesR 2007, 71. BSG, Urt. v. 14.07.1993, 6 RKA 71/91, BSGE 73, 25ff. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB V, Rz. 1.
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§ 31a
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Die vom Bundessozialgericht vertretene äußerst restriktive Auffassung läuft daher im Ergebnis dem Normzweck zuwider19. Soweit auf einen Bedarfsplan nicht zurückgegriffen werden kann, weil eine Arztgruppe bedarfsplanungsrechtlich überhaupt nicht erfasst ist, hat der Zulassungsausschuss im Rahmen seiner Bedarfsprüfung nach quantitativ-allgemeinen Versorgungsgesichtspunkten konkret zu ermitteln, ob die Leistungen, für die die Ermächtigung beantragt wird, in ausreichendem Umfang im Planungsbereich – ausnahmsweise ggf. unter Einbeziehung umliegender Planungsbereiche – angeboten werden. Er muss hiernach analysieren, wieviele ambulant vertragsärztliche Leistungsanbieter die zur Ermächtigung beantragten Leistungen anbieten, ob dort freie Leistungskapazitäten bestehen und ob es zu erheblichen Wartezeiten kommt. Hierzu kann er auch Abrechnungsstatistiken der Kassenärztlichen Vereinigung heranziehen20. b) Qualitativ-spezieller Bedarf Die sozialgerichtliche Rechtsprechung geht grundsätzlich von einem hinsichtlich Qualifikation und Qualität gleichen Niveau zwischen zugelassenen Leistungserbringern und Krankenhausärzten aus. Allein besondere Kenntnisse und Erfahrungen eines Krankenhausarztes reichen für die Erteilung einer Ermächtigung aus qualitativ-speziellen Gründen nicht aus21. Besondere Kenntnisse und Erfahrungen sind bei der Bedarfsanalyse nur dann relevant, wenn sie sich in einem speziellen Leistungsangebot des Krankenhausarztes niederschlagen, das zur ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten erforderlich ist, aber von zugelassenen Leistungserbringern nicht in ausreichendem Maße angeboten wird22. Dabei kann und muss der Zulassungsausschuss auf Abrechnungsstatistiken der Kassenärztlichen Vereinigung zurückgreifen, aber auch zugelassene Leistungserbringer in Bezug auf freie Kapazitäten und Wartezeiten befragen23. Eine Ermächtigung hiernach darf allerdings nicht allein deshalb erteilt werden, weil den Versicherten eine erweiterte24 oder bequemere25 Möglichkeit bei der Auswahl der Leistungserbringer eröffnet werden soll. 19
20 21
22 23 24 25
Das Problem tritt bei der bedarfsplanungsrechtlich einheitlich erfassten Arztgruppe der fachärztlich tätigen Internisten offen zu Tage: Ist für fachärztlich tätige Internisten in einem Planungsbereich Überversorgung festgestellt, darf eine Ermächtigung bspw. für das Teilgebiet der internistischen Onkologie nach der Rechtsprechung des BSG aus quantitativ-allgemeinen Gründen selbst dann nicht erteilt werden, wenn in dem Planungsbereich onkologische Leistungen in der ambulant vertragsärztlichen Versorgung nicht angeboten werden, dies obgleich eine quantitativ-allgemeine Versorgungslücke unstreitig anzunehmen ist. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 863; zu den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Sachverhaltsaufklärung s. auch § 16b, Rz. 23. BSG, Urt. v. 16.10.1991, 6 RKa 37/90, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr. 1; BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr 23; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB V, Rz. 10. BSG, Urt. v. 16.10.1991, 6 RKa 37/90, ArztR 1992, 146. BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 42/93, NZS 1996, 36. BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr 23. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 12/01 R, ArztR 2002, 232ff.
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Abschnitt VIII
Ermächtigung
3. Ungeeignetheit des Krankenhausarztes 12
Über § 31a Abs. 3 Ärzte-ZV findet § 31 Abs. 8 S. 1 Ärzte-ZV auch auf eine Ermächtigung nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V Anwendung26.
III. Ermächtigungsantrag 13
Die Ermächtigung wird nach § 31a Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV auf Antrag erteilt. Der Antrag ist schriftlich an den zuständigen Zulassungsausschuss zu richten. Örtlich zuständig ist der Zulassungsausschuss, in dessen Zulassungsbezirk das Krankenhaus, in dem der Arzt beschäftigt ist, gelegen ist. Ein hiervon abweichender Sitz des Krankenhausträgers ändert nichts an der örtlichen Zuständigkeit des Zulassungsausschusses27. In dem Antrag ist zu spezifizieren, für welche vertragsärztlichen Leistungen die Ermächtigung angestrebt wird. Im Zweifel muss der Zulassungsausschuss im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht auf eine Konkretisierung des Antrags hinwirken. Dem Antrag sind nach § 31a Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 31 Abs. 6 S. 2 Ärzte-ZV die Approbationsurkunde des Antragstellers sowie die in § 18 Abs. 2 lit. e) Ärzte-ZV bezeichneten Erklärungen beizufügen. Darüber hinaus muss der Krankenhausarzt seine Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung durch Vorlage der entsprechenden Weiterbildungsurkunde nachweisen. Schließlich ist der Krankenhausarzt auch verpflichtet, eine Erklärung seines Dienstherrn in Schriftform vorzulegen, aus der sich die Zustimmung des Krankenhausträgers zur Erteilung der beantragten Ermächtigung ersehen lässt. Nach § 31a Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 18 Abs. 3 Ärzte-ZV müssen nicht unbedingt Originale der mit dem Antrag einzureichenden Unterlagen vorgelegt werden. Es reicht die Vorlage amtlich beglaubigter Abschriften.
IV. Ermächtigungsbeschluss 14
Nach § 31a Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV ist die Ermächtigung eines Krankenhausarztes zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu beschränken28. Zudem ist nach § 31a Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 7 S. 2 Ärzte-ZV über das Vorschalten eines Vertragsarzt-/Facharztfilters zu entscheiden29.
26 27 28 29
Einzelheiten hierzu S. § 31, Rz. 37. BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, SozR 4-2500 § 117 SGB V Nr. 1. Einzelheiten hierzu S. § 31, Rz. 41f. Einzelheiten hierzu S. § 31, Rz. 43.
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V. Rücknahme/Widerruf der Ermächtigung Über § 31a Abs. 3 Ärzte-ZV finden die Regelungen des § 31 Abs. 8 S. 2 und 3 ÄrzteZV auch auf eine Ermächtigung nach § 31a Ärzte-ZV i.V.m. § 116 SGB V Anwendung30.
15
VI. Register Nach § 31a Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 10 Ärzte-ZV ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, für ihren Bereich über Ermächtigungen ein besonderes Register zu führen.
16
VII. Besonderheiten für Psychotherapeuten § 31a Ärzte-ZV i.V.m § 116 SGB V ist auf Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die hauptamtlich in Beratungsstellen tätig sind, nicht anwendbar31. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verfolgt die Ermächtigung weitergebildeter Krankenhausärzte den Zweck, „den Versicherten die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen von Krankenhausärzten auch im Rahmen der ambulanten ärztlichen Versorgung zu Gute kommen zu lassen und Versorgungsdefiziten im Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte entgegen zu wirken“. Dieser Zweck schließe eine entsprechende Anwendung des § 116 Satz 1 SGB V auf Psychotherapeuten, die hauptamtlich in Beratungsstellen tätig sind, aus, da sie „im Verhältnis zu in freier Praxis tätigen Psychotherapeuten regelmäßig nicht über spezifische Kenntnisse, Erfahrungen und Untersuchungsmethoden (verfügen), die einerseits Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen (auch) ambulanter Behandlung sind, andererseits aber typischerweise nur bei Psychotherapeuten vorhanden sind, die hauptamtlich in Einrichtungen oder Beratungsstellen tätig sind“32.
30 31 32
Einzelheiten hierzu S. § 31, Rz. 38f. BSG, Urt. v. 07.02.2007, B 6 KA 3/06 R. BSG a.a.O.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte und Berufsausübungsgemeinschaft
§ 32 (1) Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Eine Vertragsärztin kann sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer Dauer von sechs Monaten vertreten lassen; die Vertretungszeiten dürfen zusammen mit den Vertretungszeiten nach Satz 2 innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten eine Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen. Der Vertragsarzt darf sich grundsätzlich nur durch einen anderen Vertragsarzt oder durch einen Arzt, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 erfüllt, vertreten lassen. Überschreitet innerhalb von zwölf Monaten die Dauer der Vertretung einen Monat, kann die Kassenärztliche Vereinigung beim Vertragsarzt oder Vertreter überprüfen, ob der Vertreter die Voraussetzungen nach Satz 5 erfüllt und keine Ungeeignetheit nach § 21 vorliegt. (2) Die Beschäftigung von Assistenten gemäß § 3 Abs. 3 bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Übrigen darf der Vertragsarzt einen Vertreter oder einen Assistenten nur beschäftigen, wenn dies im Rahmen der Aus- oder Weiterbildung oder aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt; die vorherige Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung ist erforderlich. Die Dauer der Beschäftigung ist zu befristen. Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten nicht mehr begründet ist, sie kann widerrufen werden, wenn in der Person des Vertreters oder Assistenten Gründe liegen, welche beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen können. (3) Die Beschäftigung eines Assistenten darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfanges dienen. (4) Der Vertragsarzt hat Vertreter und Assistenten zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten. Übersicht Rz. I. Persönliche Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Beschäftigung von Assistenten und angestellten Ärzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2. Heranziehung von nichtärztlichem Hilfspersonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 II. Tätigkeit in freier Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 III. Beschäftigung von Vertretern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2. Genehmigungsfreie Vertretung nach § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . 14 a) Vertretungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
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§ 32 b) Zulässige Vertretungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderfall: Schwangerschaft und Entbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Persönliche Voraussetzungen des Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Überprüfung der persönlichen Voraussetzungen des Vertreters . . . . . . . . . . . . . . 3. Genehmigungspflichtige Vertretung nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelne Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Persönliche Voraussetzungen des Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten bei Vertragszahnärzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Besonderheiten bei Vertragspsychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vertretung von Assistenten und angestellten Ärzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beschäftigung von Assistenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausbildungsassistent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weiterbildungsassistent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entlastungsassistent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vorbereitungsassistent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschäftigung mehrerer Vorbereitungsassistenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG, MedR 2006, 555; Eickmann, Zur Gestaltung eines Praxisvertretervertrages unter besonderer Berücksichtigung des „Sicherstellungsvertreters“, ArztuR 2006, 105; Kamps, Die Beschäftigung von Assistenten in der Arztpraxis, MedR 2003, 63; Neumann-Wedekindt, Delegation in der Zahnarztpraxis, MedR 2005, 81; Peikert, Persönliche Leistungserbringungspflicht, MedR 2000, 352; Pfalzgraf, Liegt in der Vereinbarung umsatzabhängiger Mieten, Pachten oder Nutzungsentgelte ein Verstoß gegen § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV?, MedR 2000, 257; Quaas, Zur Berufsfreiheit des Freiberuflers, insbesondere der Ärzte, MedR 2001, 34; Schiller, Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen mit Assistenzärzten, MedR 1995, 489.
I. Persönliche Leistungserbringung Der Vertragsarzt hat seine Tätigkeit nach § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV persönlich auszuüben1. Diese Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung, die auch in § 15 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 1 EKV niedergelegt ist, ist von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesärztekammer im Jahr 1988 durch eine gemeinsame Erklärung zur Beseitigung von Auslegungsschwierigkeiten konkretisiert worden2. Danach ist die persönliche Leistungserbringung eines der we1
2
S. zur Pflicht der persönlichen Leistungserbringung ausführlich Steinhilper in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Persönliche Leistungserbringung“; ders. in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, C 1200; Peikert, MedR 2000, 352. DÄBl. 1988, A 2197; abgedr. auch bei Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, R 300.
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sentlichen Merkmale freiberuflicher Tätigkeit. Sie erfordert von dem Angehörigen eines freien Berufes, dass er bei der Inanspruchnahme Dritter bei der Erbringung eigener beruflicher Leistungen eigenverantwortlich mitwirkt und der Leistung dadurch sein Gepräge gibt. Der Angehörige eines freien Berufes kann daher, anders als der gewerbliche Unternehmer, den Leistungsumfang seiner Praxis nicht durch Anstellung von Personal beliebig vermehren. Mit dieser Erklärung haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesärztekammer an die Vorgaben der Rechtsprechung angeknüpft3. 1. Beschäftigung von Assistenten und angestellten Ärzten 2
Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung schließt die Beschäftigung von Assistenten und angestellten Ärzten nicht aus. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 21.11.1958 bereits ausgeführt, dass die Beschäftigung von Hilfspersonen zulässig ist, sofern sich die Zahl dieser Personen im angemessenen Rahmen hält und Gründe vorliegen, die ihre Beschäftigung rechtfertigen oder erfordern4. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV sind auch die ärztlichen Leistungen von angestellten Ärzten und Assistenten persönliche Leistungen des Vertragsarztes, soweit diese Leistungen dem Vertragsarzt als Eigenleistungen zugerechnet werden können5. Über diese Zurechnungsvorschrift wird der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung durchbrochen. Eine Zurechnung der ärztlichen Leistung setzt nämlich nicht zwingend voraus, dass der Praxisinhaber der Gesamtleistung sein Gepräge gibt. Ansonsten wäre die Anstellung von Entlastungsassistenten und Job-Sharing-Angestellten kaum denkbar. Schließlich sollen sowohl der Entlastungsassistent als auch der Job-Sharing-Angestellte den Praxisinhaber entlasten und eine eigenverantwortliche Tätigkeit ausüben6. Von einem persönlichen Gepräge der ärztlichen Leistung durch den Praxisinhaber wird man in diesen Fällen daher regelmäßig nicht sprechen können.
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Es ist allerdings keinesfalls so, dass über die Zurechnungsregelung des § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV bei der Beschäftigung ärztlicher Mitarbeiter stets der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung durchbrochen wird. So ist bei Weiterbildungs- und Ausbildungsassistenten7 eine Zurechnung der ärztlichen Tätigkeit nicht ohne weiteres gerechtfertigt, da der Assistent seine Facharztausbildung regelmäßig noch nicht abgeschlossen hat. Eine Zurechnung der ärztlichen Tätigkeit des Assistenten setzt demnach eine Überwachung und Anleitung durch den weiter- bzw. ausbildenden Vertragsarzt voraus. Nur unter dieser Voraussetzung lassen sich dem Vertragsarzt die ärztlichen Tätigkeiten des Aus- oder Weiterbildungsassistenten zurechnen8. 3 4 5 6 7 8
Vgl. dazu schon BSG, Urt. v. 21.11.1958, 6 RKa 21/57, BSGE 8, 256, 260ff. BSG, Urt. v. 21.11.1958, 6 RKa 21/57, BSGE 8, 256, 260ff. I.E. ebenso Kamps, MedR 2003, 63, 72, der von einer Einschränkung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung spricht. Zum Entlastungsassistenten s. näher Rz. 59ff. S. zu Weiterbildungs- und Ausbildungsassistenten Rz. 54ff. So auch Kamps, MedR 2003, 63, 72f.
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Bei der Beschäftigung von angestellten Ärzten mit Anstellungsgenehmigung nach § 95 Abs. 9 SGB V ist der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung durch die zum 01.07.2007 in Kraft getretene Neuregelung des § 15 Abs. 1 S. 3 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 3 EKV vollständig durchbrochen worden. Danach werden dem Praxisinhaber die selbstständigen ärztlichen Leistungen der angestellten Ärzte auch dann zugerechnet, wenn diese in der Betriebsstätte oder Nebenbetriebsstätte der Praxis in Abwesenheit des Praxisinhabers erbracht werden. Selbst die ärztlichen Leistungen eines angestellten Arztes eines anderen Fachgebiets werden nach § 15 Abs. 1 S. 4 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 4 EKV dem Praxisinhaber zugerechnet9.
4
Eine Zurechnung der Leistungen von angestellten Ärzten und Assistenten an den Praxisinhaber setzt allerdings stets die Genehmigung der Assistenten- bzw. Angestelltentätigkeit voraus. Die Genehmigung ist zwingende Voraussetzung für die Leistungszurechnung10.
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Auf ermächtigte Ärzte ist die Regelung des § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV nicht anwendbar. Ermächtigte Ärzte haben ihre Leistungen höchstpersönlich zu erbringen, da § 32a Ärzte-ZV eine Tätigkeit von Assistenten und angestellten Ärzten nicht vorsieht. Einer entsprechenden Anwendung von § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV steht entgegen, dass der Gesetzgeber die vormals in § 368a Abs. 8 S. 3 RVO geregelte Gleichstellung von beteiligten Krankenhausärzten und Kassenärzten mit Wirkung zum 01.01.1989 bewusst aufgegeben hat, indem er für ermächtigte Ärzte die Sonderregelungen in §§ 31, 31a und 32a Ärzte-ZV geschaffen hat11.
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2. Heranziehung von nichtärztlichem Hilfspersonal Auch nichtärztliches Hilfspersonal kann vom Vertragsarzt zur Leistungserbringung herangezogen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die unter Arztvorbehalt stehenden Leistungen wie die Anamnese, die Untersuchung, die Diagnose- und Indikationsstellung sowie Eingriffe, die wegen ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit oder der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen ärztliches Fachwissen voraussetzen, nicht auf nichtärztliches Hilfspersonal delegiert werden dürfen. Außerhalb dieses Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit darf der Vertragsarzt auch nicht9
10 11
Im privatärztlichen Bereich steht einer Zurechnung in diesen Fällen § 4 Abs. 2 GOÄ entgegen, wonach der Praxisinhaber die Leistungen eines angestellten Arztes nur abrechnen kann, wenn die Leistungen unter seiner fachlichen Aufsicht und Weisung erbracht worden sind. Da der Praxisinhaber einen angestellten Arzt eines anderen Fachgebiets fachlich nicht anweisen kann, ist eine Abrechnung der vom angestellten Arzt erbrachten privatärztlichen Leistungen durch den Praxisinhaber ausgeschlossen. Der Praxisinhaber muss dem angestellten Arzt mithin ein eigenes Liquidationsrecht einräumen, um dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung zu genügen. Vgl. dazu Mitteilung der Bundesärztekammer „Niederlassung und berufliche Kooperation“, DÄBl. 2006, 801, 805. BSG, Urt. v. 10.05.1995, 6 RKa 30/94, SozR 3-5525 § 32 Ärzte-ZV Nr. 1; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 12.07.2006, 3 KA 69/05, MedR 2007, 71, 71f. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt, v. 27.10.2004, 3 KA 209/04 ER, MedR 2005, 60, 61; Kamps, MedR 2003, 63, 75; Steinhilper, MedR 2003, 339.
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ärztliches Hilfspersonal einsetzen und diesem Leistungen übertragen12. Die zulässige Delegation setzt weiter voraus, dass das nichtärztliche Personal fachlich zur Durchführung der Leistungen geeignet ist und stichprobenartig durch den Vertragsarzt überwacht wird13. Eine Leistungserbringung durch nichtärztliches Personal ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn die im Einzelnen zu erbringende Maßnahme durch den Vertragsarzt angeordnet worden ist14. 8
Die vom Praxisinhaber durchzuführende Überwachung und Beaufsichtigung setzt zwingend voraus, dass der Vertragsarzt sich während der Leistungserbringung durch nichtärztliches Hilfspersonal in unmittelbarer räumlicher Nähe aufhält. Die Rechtsprechung fordert regelmäßig die Anwesenheit des Vertragsarztes in den Praxisräumen15. Dagegen wird jedoch zu Recht vorgebracht, dass die Frage der Anwesenheitspflicht im jeweiligen Einzelfall am Maßstab der medizinischen Erfordernisse und der sofortigen Erreichbarkeit zu messen ist16. Betreibt ein Arzt im Nachbarhaus z.B. ausgelagerte Praxisräumlichkeiten, ist kein Grund ersichtlich, warum in der (Haupt)Praxis nicht auf seine Anordnung hin einzelne, gefahrlos delegierbare Maßnahmen durch nichtärztliches Personal erbracht werden dürften17.
II. Tätigkeit in freier Praxis 9
Der Vertragsarzt hat seine vertragsärztliche Tätigkeit in freier Praxis auszuüben. Die Tätigkeit in freier Praxis setzt voraus, dass der Vertragsarzt Inhalt und Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis zuzuordnenden sächlichen und personellen Mittel selbst und eigenverantwortlich bestimmen kann18. Auf die Eigentumsverhältnisse an den Praxisgegenständen kommt es dabei nicht an19. Es muss durch schuldrechtliche Vereinbarung lediglich sichergestellt sein, dass dem Vertragsarzt eine freie Nutzungsmöglichkeit an den Gerätschaften zukommt. Daran fehlt es z.B., wenn dem Vertragsarzt im Überlassungsvertrag Mindestnutzzei12
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LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 01.09.2004, L 5 KA 3947/03; Steinhilper in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Persönliche Leistungserbringung“, Rz. 53f.; Liebold/Zalewski, Kassenarztecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 224; Peikert, MedR 2000, 352, 355f. Steinhilper in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Persönliche Leistungserbringung“, Rz. 57, 59; Peikert, MedR 2000, 352, 356f. Steinhilper in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Persönliche Leistungserbringung“, Rz. 58; Peikert, MedR 2000, 352, 356. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2004, L 3 KA 99/02; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.09.1996, L 11 KA 41/96, MedR 1997, 94, 95; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.12.1993, L 5 Ka 1920/91; SG Stuttgart, Urt. 09.11.1994, S 10 Ka 1658/94. Peikert, MedR 2000, 352, 358. A.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.09.1996, L 11 KA 41/965, MedR 1997, 94, 95f. BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, NZS 1996, 90, 92; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2006, L 10 B 2/06 KA ER, MedR 2007, 64, 66. BSG, Urt. v. 16.03.1973, 6 RKa 23/71, BSGE 35, 247, 250; BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, NZS 1996, 90, 92; BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 39/96, MedR 1997, 515, 517; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 484; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 809; Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 95 SGB V, Rz. 43; Schlarmann/Buchner, NJW 1998, 3401, 3403; Pfalzgraf, MedR 2000, 257, 260f.
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ten vorgegeben sind. Umsatzabhängige Miet- oder Pachtzinsen sind hingegen regelmäßig zulässig20. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Arzt über die konkrete Ausgestaltung der umsatzabhängigen Abgaben faktisch die Freiberuflichkeit genommen wird. Neben der Sachherrschaft über die Praxis ist auch die Personalverantwortlichkeit Grundvoraussetzung einer Tätigkeit in freier Praxis. Teilweise wird gefordert, dass das Praxispersonal unmittelbar vom Vertragarzt beschäftigt werden müsse21. Auch das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 15.03.1995 dazu ausgeführt, die Gestellung des überwiegenden Teils des Praxispersonals durch einen Krankenhausträger könne gegen eine eigenverantwortliche ärztliche Tätigkeit sprechen22. Dem ist insoweit beizupflichten, als eine überwiegende Personalgestellung zumindest eine nähere Prüfung der eigenverantwortlichen Tätigkeit erforderlich macht. Die Personalgestellung führt jedoch nicht per se zur Aufgabe der eigenverantwortlichen Tätigkeit. Verfügt der Vertragsarzt auf Grund schuldrechtlicher Vereinbarung mit dem Personalgesteller über ein umfassendes arbeitsrechtliches Weisungsrecht gegenüber dem überlassenen Personal und hat er zudem die Möglichkeit, im eigenen Namen zusätzlich Personal anzustellen, kann er selbstverständlich eigenverantwortlich tätig werden. Unter diesen Voraussetzungen ist kein Grund ersichtlich, warum die Personalgestellung durch einen Dritten (z.B. durch einen Krankenhausträger) oder die Beschäftigung von nichtärztlichem Hilfspersonal über eine Zeitarbeitsfirma unzulässig sein soll23.
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III. Beschäftigung von Vertretern 1. Allgemeines Der Vertragsarzt ist zur vollzeitigen vertragsärztlichen Tätigkeit verpflichtet (§ 19a Abs. 1 Ärzte-ZV). Kann er seiner Tätigkeitsverpflichtung nicht nachkommen, ist er grundsätzlich verpflichtet, für eine geeignete ärztliche Vertretung zu sorgen24. Für kurzfristige Abwesenheitszeiten von wenigen Stunden gilt dies jedoch nicht. Die Vertretung kann durch einen anderen Vertragsarzt in dessen Praxis („kollegiale Vertretung“) oder durch einen anderen Arzt in der Praxis des Vertretenen erfolgen („Praxisvertreter“25). Die „kollegiale Vertretung“ fällt nicht unter § 32 Ärzte-ZV. In den Fällen der „kollegialen Vertretung“ kommt der Behandlungsvertrag zwischen dem Patienten und dem vertretenden Arzt zu Stande. Dieser rechnet seine Leistun20 21 22 23 24 25
So auch Pfalzgraf, MedR 2000, 257, 261; Burghardt/Dahm, MedR 1999, 485, 491; Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, C 1100, Rz. 6. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2006, L 10 B 2/06 KA ER, MedR 2007, 64, 66; in diese Richtung auch Andreas/Debong, ArztR 1994, 311, 318. BSG, Urt. v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94, NZS 1996, 90, 92. Ebenso Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, C 1100, Rz. 11. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 2. S. zur Beschäftigung eines Praxisvertreters auch Rieger in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Praxisvertreter“, sowie Eickmann, AusR 2006, 105.
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gen selbst gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ab. Beschäftigt der Vertragsarzt hingegen in seiner Praxis einen Praxisvertreter, kommt der Behandlungsvertrag mit ihm selbst zu Stande; der Vertreter wird als Erfüllungsgehilfe des Praxisinhabers tätig (§ 14 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 2 EKV). Die Leistungen des vertretenden Arztes werden dem Vertragsarzt als eigene Leistungen zugerechnet und von diesem gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet. 12
Davon zu trennen ist die Vertretung innerhalb von Berufsausübungsgemeinschaften, die – ebenso wie die kollegiale Vertretung – nicht unter § 32 Ärzte-ZV fällt. Der abwesende Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft kann von den übrigen Gesellschaftern vertreten werden, sofern Fachgebietsidentität bzw. Fachverwandtschaft besteht26. Die Leistungen werden auch in diesem Fall im Namen der Berufsausübungsgemeinschaft erbracht und von dieser gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet.
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Bei der Vertretung ist zwischen der genehmigungsfreien Vertretung nach § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV und der genehmigungspflichtigen Vertretung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV zu unterscheiden. Nach § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV kann der Vertragsarzt bei Abwesenheit wegen Krankheit, Urlaub sowie Teilnahme an ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen oder einer Wehrübung einen Vertreter beschäftigen. Eine Vertragsärztin kann sich zudem in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung durch einen Praxisvertreter vertreten lassen. Nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV kann darüber hinaus durch die Kassenärztliche Vereinigung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung die Beschäftigung eines Praxisvertreters genehmigt werden. 2. Genehmigungsfreie Vertretung nach § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV
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Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann sich ein Vertragsarzt innerhalb von zwölf Monaten bis zu einer Dauer von drei Monaten durch einen Praxisvertreter vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der Kassenärztlichen Vereinigung lediglich anzuzeigen (§ 32 Abs. 1 S. 4 Ärzte-ZV). a) Vertretungsgründe
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Die in § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV genannten Vertretungsgründe sind abschließend. Soll eine Vertretung erfolgen, ohne dass ein dort genannter Vertretungsgrund vorliegt, kann ausschließlich eine Genehmigung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV beantragt werden.
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Urlaubsabwesenheit liegt nicht nur vor, wenn der Vertragsarzt mehrere zusammen hängende Tage zu Erholungszwecken praxisabwesend ist. Urlaub liegt auch dann vor, wenn der Vertragsarzt lediglich einen Tag aus privaten Gründen praxisabwesend ist. Bei einer systematischen Abwesenheit des Vertragsarztes an einem bestimmten Tag der Woche ist dies allerdings differenziert zu betrachten. In der Rechtsprechung wird dazu teilweise vertreten, die systematische Abwesenheit eines Vertragsarztes an 26
S. dazu Rz. 20, sowie Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 291.
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einem bestimmten Tag in der Woche sei nicht als Urlaubsabwesenheit i.S.d. § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV einzuordnen, so dass eine Vertretung in diesen Fällen unzulässig sei27. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass ein Vertragsarzt wegen regelmäßiger privater Freizeitbeschäftigung durchaus ein berechtigtes Interesse an einer systematischen Vertretung an bestimmten Wochentagen haben kann. Auf der anderen Seite darf es über die Vertretungsregelung nicht zu einer Umgehung der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und der Vorschriften zur Beschäftigung angestellter Ärzte kommen. Bei systematischer kurzfristiger Praxisabwesenheit wird man daher nur dann Urlaub als Vertretungsgrund annehmen können, wenn der Vertragsarzt tatsächlich an der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit gehindert ist. Soll hingegen lediglich einem anderen Arzt die Möglichkeit eröffnet werden, an einem bestimmten Wochentag unter Umgehung der Vorschriften zur Tätigkeit als angestellter Arzt in der Praxis tätig zu werden, ohne dass der Vertragsarzt tatsächlich verhindert ist, liegt keine Urlaubsabwesenheit vor, so dass eine Vertretung unzulässig ist28. b) Zulässige Vertretungsdauer Für die Bemessung der zulässigen Vertretungsdauer ist nach dem Wortlaut von § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV nicht auf den Zeitraum eines Kalenderjahres, sondern auf einen Zwölf-Monats-Zeitraum abzustellen29. Innerhalb dieses Zwölf-Monats-Zeitraums, der mit der erstmaligen Vertretung beginnt, ist eine Vertretung von bis zu drei Monaten zulässig.
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Zur Berechnung der zulässigen Vertretungsdauer von drei Monaten wird überwiegend vertreten, diese sei nicht durch Addition der einzelnen Vertretertage, sondern fortlaufend von dem Zeitpunkt an zu errechnen, an dem der Vertreter erstmals tätig wird30. Dies würde aber dazu führen, dass ein Vertragsarzt, der sich z.B. über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten wegen einer wiederkehrenden Fortbildungsveranstaltung jeden Freitag nachmittag vertreten lässt, bereits nach 13 oder 14 Fortbildungsveranstaltungen den Drei-Monats-Zeitraum überschritten hätte, so dass eine Vertretung nach § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV nicht möglich wäre. Auch bei einer Erkrankung, die in regel- oder unregelmäßigen Abständen zur krankheitsbedingten Abwesenheit des Vertragsarztes führt, wäre die Drei-Monats-Grenze schnell überschritten, so dass eine Vertretung nach § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV nicht möglich wäre. Ein solches Ergebnis erscheint nicht sachgerecht. Entgegen der h.M. ist der DreiMonats-Zeitraum daher durch Addition der einzelnen Vertretertage zu bestimmen. Die gegenteilige Ansicht beruht offensichtlich auf der Überlegung, durch die Berechnung der Drei-Monats-Grenze systematische kurzfristige Vertretungen an bestimmten Wochentagen unterbinden zu wollen31. Eine solche Notwendigkeit ist aber
18
27 28 29 30 31
SG Mainz, Urt. v. 24.02.1988, S 1 a Ka 76/87. In diese Richtung auch Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1200, Rz. 41. Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 4; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 954; Stellpflug, Vertragsarztrecht/Vertragszahnarztrecht, Rz. 329. SG Mainz, Urt. v. 24.02.1988, S 1 a Ka 76/87; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 4; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 955. Vgl. dazu die Begründungen bei Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 4; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 955.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
grundsätzlich nicht gegeben, wenn man – wie hier vertreten – bei systematischer kurzfristiger Praxisabwesenheit nicht zwangsläufig den Tatbestand des Urlaubs annimmt32. c) Sonderfall: Schwangerschaft und Entbindung 19
Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung kann sich eine Vertragsärztin nach § 32 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV bis zu einer Dauer von sechs Monaten vertreten lassen. Damit ist der Zeitraum nach der Entbindung gemeint. Für die Zeit vor der Entbindung fehlt eine entsprechende Regelung, so dass eine genehmigungsfreie Vertreterbeschäftigung allein auf Grund der Schwangerschaft nicht möglich ist. In Betracht kommt allein eine genehmigungspflichtige Vertretung aus Sicherstellungsgründen nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV33. d) Persönliche Voraussetzungen des Vertreters
20
Nach § 32 Abs. 1 S. 5 Ärzte-ZV darf sich ein Vertragsarzt grundsätzlich nur durch einen Arzt vertreten lassen, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Ärzte-ZV erfüllt, also über Approbation und abgeschlossene Weiterbildung verfügt. Da jeder Arzt grundsätzlich an sein Fachgebiet gebunden ist, muss Fachgebietsidentität oder zumindest Fachverwandtschaft bestehen, so dass der Vertreter die typischen Leistungen des Fachgebiets des vertretenen Vertragsarztes überhaupt erbringen kann34.
21
Da der Gesetzeswortlaut des § 32 Abs. 1 S. 5 Ärzte-ZV die Einschränkung „grundsätzlich“ enthält, ist in Ausnahmefällen auch die Vertretung durch einen Weiterbildungsassistenten möglich.
22
Erfordern einzelne ärztliche Leistungen eine besondere Qualifikation des Arztes, dürfen diese Leistungen durch den Vertreter nur erbracht werden, wenn er selbst über die erforderliche Qualifikation verfügt (§ 14 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 EKV)35. Über das Vorliegen der Qualifikationsvoraussetzungen hat sich der Vertragsarzt selbst zu vergewissern (§ 14 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 1 S. 1 EKV). Liegt der umgekehrte Fall vor, verfügt also der Vertreter über eine besondere Qualifikation, über die der vertretene Vertragsarzt nicht verfügt, kann die Leistung durch den Vertreter erbracht und durch den vertretenen Vertragsarzt abgerechnet werden. Dies ist bisher überwiegend mit der Begründung anders gesehen worden, dass man dem vertretenen Vertragsarzt nicht Leistungen als eigene Leistungen zurechnen dürfe, die er selbst nicht erbringen darf. Seit In-Kraft-Treten des VÄndG verfängt diese Argumentation jedoch nicht mehr, da dem Vertragsarzt sogar die ärztlichen Leistungen von fachfremden angestellten Ärzten zugerechnet werden können (§ 15 Abs. 1 S. 4 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 4 EKV)36.
23
Hat ein Arzt das 68. Lebensjahr bereits überschritten, steht dies einer Beschäftigung als Vertreter nicht entgegen, da die Erwägungen des Bundesverfassungsge32 33 34 35 36
S. hierzu Rz. 16. S. Rz. 25. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 943; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt, 290. BSG, Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 93/96 R, NJW 1999, 895. S. dazu ausführlich Rz. 4.
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richts zur Verfassungskonformität der Altersgrenze von 68 Jahren37 im Rahmen der Vertretertätigkeit allenfalls eingeschränkt herangezogen werden können. Schließlich sind die körperlichen und psychischen Belastungen einer kurzzeitigen Vertretungstätigkeit so unterschiedlich und von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig, dass man nicht von einer generellen Gesundheitsgefahr für die Versicherten ausgehen kann38. Das Bundessozialgericht hat weiter darauf hingewiesen, dass der jeweilige Praxisinhaber im Hinblick auf die ihm obliegende Einhaltung der Regelungen über die vertragsärztliche Versorgung auch durch den Vertreter sowie vor allem zur Vermeidung von Haftungskonsequenzen ohnehin im eigenen Interesse dafür Sorge tragen wird, dass als Vertreter nur solche Ärzte tätig werden, die über die für die Vertretung erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügen39. e) Überprüfung der persönlichen Voraussetzungen des Vertreters Überschreitet die Dauer der Vertretung innerhalb von zwölf Monaten einen Monat, kann die Kassenärztliche Vereinigung nach § 32 Abs. 1 S. 6 Ärzte-ZV beim Vertragsarzt oder beim Vertreter überprüfen, ob der Vertreter die persönlichen Voraussetzungen erfüllt und keine Ungeeignetheit nach § 21 Ärzte-ZV vorliegt. Diese Regelung ist durch das VÄndG in die Ärzte-ZV aufgenommen worden. Unabhängig davon stand den Kassenärztlichen Vereinigungen auch vorher das Recht zu, einem Vertragsarzt die Beschäftigung eines konkreten Vertreters bei Nichterfüllung der persönlichen Voraussetzungen zu untersagen40. Der Neuregelung in § 32 Abs. 1 S. 6 Ärzte-ZV kommt insoweit lediglich klarstellende Bedeutung zu41. Neu ist insoweit jedoch, dass die Prüfungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigungen durch § 32 Abs. 1 S. 6 Ärzte-ZV insoweit eingeschränkt ist, als eine Überprüfung nur bei Vertretungen von mehr als einem Monat stattfindet. Diese Einschränkung dient der Vermeidung eines unnötigen bürokratischen Aufwandes bei kurzfristigen Vertretungen42. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kassenärztlichen Vereinigung bei bestehender Kenntnis vom Nichtvorliegen der persönlichen Voraussetzungen beim Vertreter auch bei kurzfristigen Vertretungen die Beschäftigung des Vertreters nicht durch eine „Sperrerklärung“ untersagen könnte. Schließlich bedarf es bei bestehender Kenntnis von der Nichterfüllung der Vertretervoraussetzungen keiner Überprüfung. Eine solche „Sperrerklärung“ kommt allerdings nur in Betracht, wenn in der Person des Vertreters konkrete Umstände vorliegen, die seine Eignung für jedwede Tätigkeit in einer vertragsärztlichen Praxis ausschließen43.
37 38 39 40 41 42 43
BVerfG, Beschl. v. 31.03.1998, 1 BvR 2167/93 und 1 BvR 2198/93, MedR 1998, 323. BSG, Urt. v. 30.06.2004, B 6 KA 11/04 R, MedR 2005, 57, 59. BSG, Urt. v. 30.06.2004, B 6 KA 11/04 R, MedR 2005, 57, 59. BSG, Urt. v. 30.06.2004, B 6 KA 11/04 R, MedR 2005, 57, 58. BT-Drucks. 16/3157, S. 20. BT-Drucks. 16/3157, S. 20. BSG, Urt. v. 30.06.2004, B 6 KA 11/04 R, MedR 2005, 57, 58.
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3. Genehmigungspflichtige Vertretung nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV a) Allgemeines 25
Liegt keiner der in § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte ZV genannten Vertretungsgründe vor, darf ein Vertreter nur zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung beschäftigt werden (§ 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV). Zur Vorgängerregelung hat das Bundessozialgericht bereits in einem Urteil vom 21.11.1958 ausgeführt, dass die Beschäftigung eines Vertreters aus Sicherstellungsgründen nicht vom Bestehen eines besonderen öffentlichen Bedürfnisses abhängig ist. Das Bundessozialgericht hat vielmehr auf den Standpunkt der Versicherten abgestellt, aus deren Sicht bei bestehendem Kassenarztsitz ein Bedürfnis für die Beschäftigung eines Vertreters bei längerer Krankheitsabwesenheit des Arztes und zu erwartender Genesung nicht verneint werden könne44. Davon ausgehend ist heute in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich der Begriff „Sicherstellung der Versorgung“ auf die einzelne Vertragsarztpraxis und nicht auf den Planungsbereich bezieht45. Schließlich soll die Regelung des § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV dem Vertragsarzt ermöglichen, bei bestimmten Fallkonstellationen vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung abzuweichen. Daher können auch nur in der Person des Vertragsarztes liegende Gründe zur Genehmigung führen46. Dabei muss es sich um vorübergehende Umstände handeln. Dies folgt zum einen bereits aus § 32 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV, wonach die Dauer der Vertretung zu befristen ist, und zum anderen aus dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, der eine dauerhafte Vertretung nicht zulässt47. b) Einzelne Fallkonstellationen
26
Bei einer längerfristigen Erkrankung von mehr als drei Monaten kommt eine Vertretung nach § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV nicht mehr in Betracht. Die Kassenärztliche Vereinigung kann in diesem Fall die Beschäftigung eines Vertreters nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV genehmigen48. Voraussetzung ist jedoch, dass der voraussichtliche Zeitraum der krankheitsbedingten Verhinderung überschaubar ist.
27
Nach § 4 Abs. 3 BMV-Ä bzw. § 8 Abs. 5 EKV kann die Praxis eines verstorbenen Arztes für die Dauer von zwei Quartalen durch einen Vertreter fortgeführt werden (sog. Gnadenquartal), um den Erben des verstorbenen Arztes eine wertgerechte Veräußerung der Praxis zu ermöglichen. Eine entsprechende Genehmigung wird daher in ständiger Verwaltungspraxis auf der Grundlage des § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV durch die Kassenärztlichen Vereinigungen ausgesprochen49. 44 45 46 47
48 49
BSG, Urt. v. 21.11.1958, 6 RKa 21/57, BSGE 8, 256, 261f. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, 738 (Kurzwiedergabe); LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, 738 (Kurzwiedergabe). So ausdrücklich zur Genehmigung zur Beschäftigung eines Entlastungsassistenten LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.05.2001, L 6 B 28/01 KA ER; LSG Thüringen, Beschl. v. 09.09.1999, L 4 KA 388/99 ER. BSG, Urt. v. 21.11.1958, 6 RKa 21/57, BSGE 8, 256, 261f. SG Düsseldorf, Beschl. v. 30.11.2004, S 2 KA 360/04 ER; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 938; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 226; a.A. SG Berlin, Urt. v. 17.04.1985, S 71 Ka 36/84.
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Wird einem Vertragsarzt die Approbation oder Zulassung entzogen 50, kann er gegen den Entziehungsbescheid Widerspruch einlegen. Da dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukommt, kann er während des laufenden Entziehungsverfahrens weiter vertragsärztlich tätig sein51. Wird hingegen der Sofortvollzug der Entziehung angeordnet, entfällt diese Möglichkeit. Aus Gründen des in Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Eigentumsschutzes kann es auch in einem solchen Fall geboten sein, dem betroffenen Vertragsarzt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Approbations- oder Zulassungsentzug eine Genehmigung zur Beschäftigung eines Vertreters in der Vertragsarztpraxis zu erteilen52.
28
c) Genehmigung Eine Vertretung aus Sicherstellungsgründen nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV bedarf zwingend der vorherigen Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Werden Leistungen durch einen nichtgenehmigten Vertreter erbracht, steht dem Vertragsarzt insoweit kein Vergütungsanspruch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu53. Die Genehmigung ist durch den Vertragsarzt zu beantragen. Dabei hat der Vertragsarzt die Person des Vertreters namentlich bekannt zu geben, da es sich um eine personengebundene Genehmigung handelt54. Wird die Erteilung der Genehmigung verweigert, ist ausschließlich der Vertragsarzt anfechtungs- und klagebefugt.
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Die Genehmigung ist nach § 32 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV zu befristen. Die Genehmigung zur Beschäftigung des Vertreters ist auch vor Erreichen der festgesetzten Frist zu widerrufen, wenn die Beschäftigung eines Vertreters nicht mehr begründet ist (§ 32 Abs. 2 S. 4 Ärzte-ZV).
30
d) Persönliche Voraussetzungen des Vertreters Hinsichtlich der vom Vertreter zu erfüllenden Voraussetzungen gelten auch im Rahmen der genehmigungspflichtigen Vertretung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV die Vorgaben des § 32 Abs. 1 S. 5 Ärzte-ZV55. § 32 Abs. 1 S. 5 Ärzte-ZV bezieht sich auf jede Art von Vertretung. Ansonsten käme man zu widersinnigen Ergebnissen, da für eher kurzfristige Vertretungen nach § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV strengere Vorgaben gelten würden als für die regelmäßig länger dauernden Vertretungen nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV.
31
Nach § 32 Abs. 2 S. 5 Hs. 2 Ärzte-ZV kann eine Genehmigung zur Beschäftigung des Vertreters widerrufen werden, wenn in der Person des Vertreters Gründe liegen, welche beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen können. Liegen in der Person des Vertreters solche Gründe vor, kann die Genehmigung zur Beschäfti-
32
50 51 52 53 54 55
S. zur Zulassungsentziehung § 27. S. dazu § 27, Rz. 41. SG Düsseldorf, Beschl. v. 30.11.2004, S 2 KA 360/04 ER. BSG, Urt. v. 10.05.1995, 6 RKa 30/94, SozR 3-5525 § 32 Zahnärzte-ZV Nr. 1. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, 738 (Kurzwiedergabe). A.A. offensichtlich Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 942. S. zu den Voraussetzungen im Einzelnen Rz. 20ff.
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gung des Vertreters auch bereits im Vorfeld verweigert werden56. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn dem Vertreter zuvor die Zulassung als Vertragsarzt entzogen worden ist. 4. Besonderheiten bei Vertragszahnärzten 33
Bei Vertragzahnärzten ist sowohl bei der genehmigungsfreien als auch der genehmigungspflichtigen Vertretung hinsichtlich der Person des Vertreters zu beachten, dass sich der Vertragszahnarzt nach § 32 Abs. 1 S. 5 Zahnärzte-ZV nur durch einen anderen Vertragszahnarzt oder Zahnarzt vertreten lassen darf, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 Zahnärzte-ZV erfüllt. Danach kann ein Zahnarzt als Vertreter beschäftigt werden, wenn er eine vorausgegangene mindestens einjährige zahnärztliche Tätigkeit in unselbstständiger Stellung als Assistent eines Vertragszahnarztes oder als Assistent in einer in § 3 Abs. 3 S. 2 Zahnärzte-ZV genannten Einrichtung nachweisen kann. Zahnärztliche Vorbereitungsassistenten57 können mithin erst nach Ableistung einer Vorbereitungszeit von mindestens einem Jahr als Vertreter beschäftigt werden.
34
Das Erfordernis einer einjährigen Vorbereitungsassistenz entfällt nach § 32 Abs. 1 S. 6 Zahnärzte-ZV bei Zahnärzten mit einem anerkannten Diplom aus einem EUMitgliedstaat oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum, die zur Berufsausübung berechtigt sind.
35
Eine Vertretertätigkeit setzt – im Gegensatz zum vertragsärztlichen Bereich – keine Approbation voraus. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Vertreter über eine Berufserlaubnis nach § 13 ZHG verfügt. 5. Besonderheiten bei Vertragspsychotherapeuten
36
Bei genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen einschließlich der probatorischen Sitzungen ist eine Vertretertätigkeit nach § 14 Abs. 3 S. 1 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 4 S. 1 EKV grundsätzlich unzulässig. Außerhalb dieser Leistungen gelten auch für Vertragspsychotherapeuten die allgemeinen Vertretungsregelungen. 6. Vertretung von Assistenten und angestellten Ärzten
37
Die Zulassungsverordnung regelt nur die Vertretung eines Vertragsarztes. Vertretungsvorschriften für den Fall der Verhinderung von Assistenten und angestellten Ärzten finden sich nicht. Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass auch bei der Tätigkeitsverhinderung von Assistenten oder angestellten Ärzten aus Sicht des Praxisinhabers – aber auch aus Sicherstellungsgründen – ein Vertretungsbedürfnis bestehen kann. Ist ein Vertragsarzt z.B. wegen reduzierter eigener Arbeitskraft mit einem anderen Arzt ein Job-Sharing-Verhältnis eingegangen und erkrankt nunmehr der im Job-Sharing tätige Arzt, so wird während dessen Abwesenheit auf dem 56 57
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 07.09.1988, L 11 S (Ka) 13/88. S. dazu Rz. 65ff.
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Vertragsarztsitz keine vollzeitige Tätigkeit mehr ausgeübt. Noch deutlicher wird das Bedürfnis einer Vertretung bei angestellten Ärzten, die für einen Vertragsarzt oder ein medizinisches Versorgungszentrum unter Anrechnung auf die Bedarfsplanung – also auf einer dem Vertragsarzt oder dem medizinischen Versorgungszentrum zuzurechnenden Arztstelle58 – tätig sind. Bei Verhinderung des angestellten Arztes wäre die Arztstelle während der Dauer der Verhinderung „unbesetzt“. Bei einem medizinischen Versorgungszentrum, in dem ausschließlich angestellte Ärzte tätig sind, wäre sogar eine vorübergehende Schließung denkbar. Die Regelungen zur Vertretung eines Vertragsarztes sind daher dem Grunde nach auch entsprechend auf Assistenten und angestellte Ärzte anwendbar. Dabei ist allerdings wie folgt zu differenzieren: Eine Vertretung von Ausbildungsassistenten59, Vorbereitungsassistenten60 und Weiterbildungsassistenten61 ist ausgeschlossen, da die Beschäftigung in diesen Fällen im (Ausbildungs)Interesse des Assistenten und nicht zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt. Ein Bedürfnis zur Vertretung des abwesenden Assistenten ist mithin nicht gegeben.
38
Die Beschäftigung von Entlastungsassistenten62 dient der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 32 Abs. 2 S. Ärzte-ZV). Das Sicherstellungsbedürfnis wird bereits durch die erteilte Genehmigung zur Beschäftigung des Entlastungsassistenten dokumentiert. Ist der Entlastungsassistent auf Grund eines in § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV genannten Umstandes an der Ausübung ärztlicher Tätigkeit gehindert, ist auch eine Vertretung des Entlastungsassistenten zulässig. Gleiches gilt für einen im Job-Sharing tätigen angestellten Arzt, da dieser sich mit dem Vertragsarzt gleichsam die Zulassung „teilt“, so dass seine Abwesenheit aus Sicht des Vertragsarztes ein berechtigtes Vertretungsbedürfnis begründet.
39
Angestellte Ärzte, die unter Anrechnung auf die Bedarfsplanung beschäftigt werden, können ebenfalls vertreten werden, soweit ein in § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV genannter Umstand vorliegt. Dies gilt unabhängig davon, ob sie bei einem Vertragsarzt oder in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Dies ergibt sich aus der mit der Zulassung verbundenen Verpflichtung zur vollzeitigen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung63. Ist die Zulassung eines Vertragsarztes durch Verzicht nach § 103 Abs. 4a oder 4b SGB V auf ein medizinisches Versorgungszentrum oder einen Vertragsarzt übertragen worden und hat sich diese dadurch in eine dem medizinischen Versorgungszentrum bzw. dem Vertragsarzt zuzurechnende Arztstelle umgewandelt, wird die Verpflichtung zur vollzeitigen vertragsärztlichen Tätigkeit dadurch nicht berührt. So wird die dem Vertragsarzt oder dem medizinischen Versorgungszentrum zuzurechnende Arztstelle z.B. nur dann aufrechterhalten, wenn nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit einem angestellten Arzt
40
58 59 60 61 62 63
S. dazu § 32b, Rz. 18. S. dazu Rz. 54. S. dazu Rz. 65ff. S. dazu Rz. 55ff. S. Rz. 59ff. Vgl. dazu § 19a, Rz. 2ff.
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ein neuer Arzt zur Besetzung der Arztstelle beschäftigt wird64. Liegt bei Abwesenheit des angestellten Arztes ein Vertretungsgrund vor, muss mithin auch die Beschäftigung eines Vertreters durch das medizinische Versorgungszentrum bzw. den Vertragsarzt möglich sein. Ansonsten wäre bei medizinischen Versorgungszentren, in denen ausschließlich angestellte Ärzte tätig sind, sogar eine vollständige vorübergehende Schließung denkbar. Für die Vertretungsmöglichkeit spricht schließlich auch das berechtigte Interesse des Praxisinhabers bzw. MVZ-Trägers. So wird der Praxisinhaber bzw. der MVZ-Träger für den Zulassungsverzicht – und den damit in der Regel verbundenen Praxiskauf – regelmäßig ein Entgelt gezahlt haben. Wäre eine Vertretung des angestellten Arztes nicht zulässig, könnte die Arztstelle während der Dauer der Verhinderung des angestellten Arztes durch den Praxisinhaber bzw. das medizinische Versorgungszentrum wirtschaftlich nicht genutzt werden. Da die Arztstelle in das nach Art. 14 Abs. 1 GG zu schützende Vermögen des Praxisinhabers bzw. des medizinischen Versorgungszentrums fällt65, müsste eine solche Einschränkung der Nutzbarkeit der Arztstelle durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein. Daran fehlt es hier jedoch, da nicht ersichtlich ist, warum eine Vertretung des angestellten Arztes, dessen Tätigkeit im Rahmen der Bedarfsplanung berücksichtigt wird, nicht zulässig sein sollte.
IV. Beschäftigung von Assistenten 1. Allgemeines 41
Die Beschäftigung von Assistenten richtet sich ausschließlich nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV. Nach § 1a Nr. 9 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 9 EKV sind unter Assistenten Weiterbildungs- oder Sicherstellungsassistenten sowie – im Bereich der Vertragspsychotherapeuten – Ausbildungsassistenten zu verstehen. Der Begriff des Sicherstellungsassistenten ist gleichzusetzen mit dem Begriff des Entlastungsassistenten. Das Vertragszahnarztrecht kennt Weiterbildungs-, Entlastungs- (bzw. Sicherstellungs-) und Vorbereitungsassistenten.
42
Der Assistent wird vom Vertragsarzt auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Anstellungsvertrags beschäftigt66. Aus vertragsarztrechtlicher Sicht ist er jedoch terminologisch vom angestellten Arzt zu unterscheiden. Als angestellte Ärzte werden nur Ärzte bezeichnet, deren Anstellung bzw. Beschäftigung auf der Grundlage von § 32b Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 1 bzw. Abs. 9 SGB V genehmigt ist. Eine entsprechende Definition findet sich nunmehr auch in § 1a Nr. 8 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 8 EKV.
43
Die Beschäftigung eines Assistenten stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung dar. Die vom Assistenten erbrachten Leistungen gelten unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV als Eigenleistungen des Praxisinhabers67. 64 65 66 67
Vgl. dazu Anhang zu § 18, Rz. 107. S. zur Einordnung der Arztstelle als vermögenswertes Gut § 32b, Rz. 20. S. dazu näher Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 4ff. S. dazu näher, Rz. 2ff.
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§ 32
381
Der Assistent wird jeweils einem Vertragsarzt zugeordnet; dies gilt auch bei Berufsausübungsgemeinschaften68. Für Weiterbildungsassistenten ergibt sich dies bereits daraus, dass der weiterzubildende Assistent berufsrechtlich dem zur Weiterbildung befugten Arzt zugeordnet ist, da dieser die Weiterbildung persönlich zu leiten hat (§ 8 Abs. 5 Muster-WBO). Im Übrigen ergibt sich dies daraus, dass eine Berufsausübungsgemeinschaft selbst nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Die nach § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV zu erteilende Genehmigung bezieht sich ausschließlich auf die Zulässigkeit der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit der einzelnen in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Vertragsärzte. Über einen Zulassungsstatus verfügen daher nur die jeweiligen Vertragsärzte. Anders ist dies bei medizinischen Versorgungszentren; diese nehmen selbst als zugelassene Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Versorgung teil69. Auf Grund des Zulassungsstatus werden Assistenten unmittelbar dem medizinischen Versorgungszentrum zugerechnet. Dies gilt allerdings nicht bei Weiterbildungsassistenten, da die Weiterbildung an die Person des über die Weiterbildungsbefugnis verfügenden Weiterbilders gebunden ist. Unabhängig von der vertragsarztrechtlichen Zuordnung des Assistenten kann aus zivilrechtlicher Sicht ein Anstellungsvertrag zwischen dem Assistenten und einer Berufsausübungsgemeinschaft abgeschlossen werden, da die vertragsarztrechtliche Zuordnung von der zivilrechtlichen Anstellung zu unterscheiden ist.
44
2. Genehmigung Die Beschäftigung eines Assistenten bedarf der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung. Eine rückwirkende Genehmigung kann auf Grund des entgegen stehenden Wortlauts und des Sinn und Zwecks eines Genehmigungsvorbehalts nicht ausgesprochen werden70. Auf die Erteilung der Genehmigung besteht seitens des Praxisinhabers ein Rechtsanspruch, soweit die Voraussetzungen zur Erteilung der Genehmigung gegeben sind71. Wird die Erteilung der Genehmigung abgelehnt, steht grundsätzlich ausschließlich dem Praxisinhaber Widerspruchs- und Klagebefugnis zu72. Dem anzustellenden Assistenten kommt ausnahmsweise dann – zusätzlich – Widerspruchs- und Klagebefugnis zu, wenn die Ablehnungsgründe in seiner Person liegen73. 68 69 70 71
72 73
So auch Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 108; a.A. Bay. LSG, Urt. v. 11.01.1995, L 12 Ka 14/93; Kamps, MedR 2003, 63, 71. Vgl. dazu Anhang zu § 18, Rz. 36. BSG, Urt. v. 28.03.2007, B 6 KA 30/06 R; Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 108. BSG, Urt. v. 21.11.1958, 6 RKa 21/57, BSGE 8, 256, 263; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 20; Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 108; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 998. BSG, Urt. v. 19.06.1996, 6 RKa 84/95, SozR 3-5520 § 32b Ärzte-ZV Nr. 2; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 20. BSG, Urt. v. 19.06.1996, 6 RKa 84/95, SozR 3-5520 § 32b Ärzte-ZV Nr. 2; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 20; Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 108; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1002.
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Die Genehmigung ist in Bezug auf die Person des Assistenten personengebunden zu erteilen74. Es ist daher erforderlich, dass der antragstellende Vertragsarzt die Person des Assistenten namentlich benennt75. Kommt es später zu einem Wechsel in der Person des Assistenten, ist zuvor eine neue Genehmigung einzuholen.
47
Eine Ablehnung der Genehmigungserteilung kann grundsätzlich nicht auf eine mangelnde Eignung des antragstellenden Vertragsarztes gestützt werden, da dieser auf Grund seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung auch für die Beschäftigung von Assistenten als geeignet angesehen werden muss76. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn gegen den Vertragsarzt ein Zulassungsentziehungsverfahren anhängig ist, da der Vertragsarzt in diesem Fall – zumindest vom Antragsteller des Zulassungsentziehungsantrags – für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr als geeignet angesehen wird77.
48
Liegen in der Person des anzustellenden Assistenten Gründe vor, welche beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen können, kann die Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung verweigert werden. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 32 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 Ärzte-ZV.
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Nach § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV darf die Genehmigung nicht erteilt werden, wenn die Beschäftigung des Assistenten der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dient. Das Verbot der Vergrößerung der Kassenpraxis flankiert die Vorgaben des Bedarfsplanungsrechts, damit dieses nicht über die Beschäftigung von Assistenten unterlaufen werden kann. Zudem dient es der Qualitätssicherung, da Weiterbildungs- und Vorbereitungsassistenten während der Dauer ihrer Beschäftigung praktische Erfahrungen und zusätzliche Kenntnisse vermittelt werden sollen, um auch in Zukunft eine möglichst hohe Versorgungsqualität zu gewährleisten78. Damit soll eine Vergrößerung der Kassenpraxis nicht vereinbar sein. Eine Vergrößerung der Kassenpraxis liegt allerdings nicht bereits dann vor, wenn der Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Beginn der Beschäftigung des Assistenten den vorherigen Umfang übersteigt. Schließlich werden Vertragsärzte häufig bereits vor dem Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung eines Assistenten ihren Tätigkeitsumfang (z.B. krankheitsbedingt) zurückfahren. Erst nach Anstellung eines Entlastungsassistenten kann der Tätigkeitsumfang dann wieder auf den früheren Umfang „hochgefahren“ werden. Eine Vergrößerung 74
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BSG, Urt. v. 29.10.1963, 6 RKa 7/61, BSGE 20, 52, 53; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 10; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 20. BSG, Urt. v. 29.10.1963, 6 RKa 7/61, BSGE 20, 52, 53; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 20. SG Berlin, Urt. v. 24.02.1988, S 71 Ka 63/87, ArztR 1989, 9; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 997; a.A. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 32, der z.B. fortdauernde Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot für eine Verweigerung der Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten ausreichen lassen will. So auch Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 32; in diese Richtung auch BSG, Urt. v. 02.12.1992, 14a/6 RKa 57/91, MedR 1993, 358, 360. BSG, Urt. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, MedR 2006, 307.
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§ 32
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der Kassenpraxis kann daher nur dann angenommen werden, wenn durch die Beschäftigung eines Assistenten der Praxisumfang im Vergleich zu Zeiten, in denen der Vertragsarzt selbst voll tätig war, überschritten wird79. Die Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs mittels Beschäftigung eines Assistenten ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts untersagt, da in einer übergroßen Kassenpraxis wegen nicht ausreichender Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für den Assistenten eine Gefahr für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gesehen werden kann80. Zudem liegt eine übermäßige Ausdehnung der Kassenpraxis nach dem Bundessozialgericht weder im Interesse der Versicherten, deren Behandlung unter der Überbeschäftigung des Arztes leiden müsse, noch im Interesse der anderen Vertragsärzte81. Ein übergroßer Praxisumfang ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zumindest dann anzunehmen, wenn die Fallzahl etwa zweieinhalbmal so groß ist wie die Durchschnittsfallzahl vergleichbarer Vertragsärzte. Dies entspricht ungefähr dem Begriff der „übermäßigen Ausdehnung“ der Tätigkeit des Vertragsarztes i.S.d. § 85 Abs. 4 SGB V, die ab dem Doppelten eines durchschnittlichen Praxisumfangs angenommen werden kann82.
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Die Genehmigung zur Beschäftigung eines Assistenten ist nach § 32 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV befristet zu erteilen. Die Dauer der Beschäftigungsfrist hat sich nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu richten, wobei eine Befristung von zwei Jahren – entsprechend der maximalen Befristungsdauer bei Ermächtigungen83 – grundsätzlich als höchstzulässige Befristung angesehen werden kann84.
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Die Genehmigung zur Beschäftigung eines Assistenten ist – unabhängig von der ausgesprochenen Befristung – zu widerrufen, wenn die Beschäftigung nicht mehr begründet ist (§ 32 Abs. 2 S. 4 Hs. 1 Ärzte-ZV). Fällt also der die Vertretung begründende Umstand wieder fort, ist die Genehmigung zur Vertreterbeschäftigung zwingend zu widerrufen. Liegen in der Person des Assistenten Gründe vor, die beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen, kann die Genehmigung ebenfalls widerrufen werden (§ 32 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 Ärzte-ZV).
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Liegt eine Genehmigung für die Assistentenbeschäftigung nicht vor, so steht dem Vertragsarzt für die vom Assistenten erbrachten Leistungen ein Honoraranspruch nicht zu85. Ist die Genehmigung rechtswidrig erteilt, wird der Honoraranspruch des
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Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 13ff.; Kamps, MedR 2003, 63, 69f. BSG, Urt. v. 29.10.1963, 6 RKa 7/61, BSGE 20, 52; BSG, Urt. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, MedR 2006, 307. BSG, Urt. v. 21.11.1958, 6 Ka 21/57, BSGE 8, 256, 262. BSG, Urt. v. 29.10.1963, 6 RKa 7/61, BSGE 20, 52; BSG, Urt. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, MedR 2006, 307; s. dazu auch Kamps, MedR 2003, 63, 69. S. zur Befristung von Ermächtigungen § 32, Rz. 41f. So auch Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 32 Ärzte-ZV, Rz. 238; i. E. ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 964. BSG, Urt. v. 10.05.1995, 6 RKa 30/94, NZS 1996, 134, 135; SG Berlin, Beschl. v. 07.09.2006, S 71 KA 361/06; Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 105.
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Vertragsarztes dadurch hingegen grundsätzlich nicht berührt86. Dient die Beschäftigung allerdings einer Vergrößerung der Kassenpraxis oder einer Aufrechterhaltung eines übermäßigen Praxisumfangs, so kommt es auf das Vorliegen einer Genehmigung nicht an. In diesen Fällen entsteht trotz bestehender Genehmigung kein Honoraranspruch des Vertragsarztes für sämtliche vom Assistenten erbrachten Leistungen; es hat vielmehr eine sachlich-rechnerische Richtigstellung zu erfolgen87. 3. Ausbildungsassistent 54
Unter einem Ausbildungsassistenten hat man vormals den bei einem Vertragsarzt beschäftigten Arzt im Praktikum verstanden88. Seit Abschaffung dieses Ausbildungsstatus hat der Ausbildungsassistent kaum noch praktische Bedeutung, da lediglich noch der Psychologische Psychotherapeut nach § 8 Abs. 3 PsychThG eine praktische Ausbildung in der Praxis eines Arztes, der Psychotherapeutische Behandlungen durchführen darf, oder eines psychologischen Psychotherapeuten abzuleisten hat. Der Famulus (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 7 ÄApprO) ist kein Ausbildungsassistent89. 4. Weiterbildungsassistent
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Beim Weiterbildungsassistenten handelt es sich um einen Arzt, der nach Erteilung der Approbation oder Berufserlaubnis die in der Weiterbildungsordnung vorgesehene Zeit bei einem Vertragsarzt ableistet90.
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Die Genehmigung zur Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten setzt zunächst voraus, dass der Vertragsarzt über eine Weiterbildungsbefugnis der zuständigen Ärztekammer nach der Weiterbildungsordnung verfügt91. Die Weiterbildungsbefugnis ist vom Vertragsarzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachzuweisen92. Solange ein Vertragsarzt im Besitz einer wirksamen Weiterbildungsbefugnis ist, muss eine Kassenärztliche Vereinigung bei der Prüfung, ob dem Vertragsarzt eine Genehmigung zur Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten zu erteilen ist, von der Eignung des Vertragsarztes als Weiterbilder ausgehen. Die Kassenärztliche Vereinigung ist nicht berechtigt, sich der Tatbestandswirkung der Weiterbildungsbefugnis dadurch zu entziehen, dass sie die Erteilung der Assisten86 87
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BSG, Urt. v. 20.05.1992, 14a/6 RKa 29/89, NZS 1992, 75, 77. BSG, Urt. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, MedR 2006, 307, m. Anm. Steinhilper. S. zur Berechnung der Honorarberichtigung auch Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 106. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 2. Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 2; a.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 978. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 980. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 981; Schirmer, Vertragsarztrecht kompakt 288; Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 113; Kamps, MedR 2003, 63, 67. Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 113; Kamps, MedR 2003, 63, 67.
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tengenehmigung verweigert93. Eine Ablehnung des Genehmigungsantrags kann höchstens dann in Frage kommen, wenn gegen den Vertragsarzt ein Zulassungsentziehungsverfahren anhängig ist94; Beanstandungen einer Kassenärztlichen Vereinigung, die weder zu einer Zulassungsentziehung noch einer Disziplinarmaßnahme führen, können eine Verweigerung der begehrten Genehmigung nicht rechtfertigen95. Der Erteilung einer Genehmigung zur Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten wird teilweise Vorrang vor dem Verbot der Aufrechterhaltung eines übermäßigen Praxisumfangs bzw. der Vergrößerung der Kassenpraxis eingeräumt96. Das Bundessozialgericht hat dagegen in seinem Urteil vom 28.09.2005 ausdrücklich ausgeführt, dass das Verbot der Aufrechterhaltung eines übermäßigen Praxisumfangs bzw. der Vergrößerung der Kassenpraxis gerade auch bei der Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten der Qualitätssicherung dient, da der Vertragsarzt ansonsten regelmäßig nicht über hinreichend Zeit verfüge, um dem Weiterbildungsassistenten die notwendigen praktischen Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln97.
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Bei Rechtsstreitigkeiten über die Genehmigung zur Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten bemisst sich der Gegenstandswert nach den zu erwartenden Mehreinnahmen durch die Beschäftigung, wobei von den Einnahmen des anstellenden Arztes auszugehen ist und die Praxiskosten sowie das dem angestellten Arzt zu zahlende Gehalt abzusetzen sind98.
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5. Entlastungsassistent a) Allgemeines Entlastungsassistenten sind Ärzte, die bei einem Vertragsarzt als angestellte Ärzte aus Gründen der Sicherstellung tätig sind. In § 1a Nr. 9 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 9 EKV wird der Entlastungsassistent auch als Sicherstellungsassistent bezeichnet.
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Nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV kann aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung eine Genehmigung zur Beschäftigung eines Entlastungsassistenten erteilt werden. Der Begriff „Sicherstellung der Versorgung“ bezieht sich auf die einzelne Vertragsarztpraxis und nicht auf den Planungsbereich. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung in § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV, die es dem Vertragsarzt bei bestimmten Fallkonstellationen ermöglichen soll, vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung über die Beschäftigung eines Assistenten abzuweichen99. Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung können daher
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SG Stuttgart, Urt. v. 30.09.1998, S 10 KA 3365/98. Vgl. dazu Rz. 47. BSG, Urt. v. 02.12.1992, 14a/6 RKa 57/91, MedR 1993, 358, 359. Offen gelassen von BSG, Urt. v. 02.12.1992, 14a/6 RKa 57/91, MedR 1993, 358, 359. BSG, Urt. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, MedR 2006, 307. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 23.02.1999, L 5 KA 3426/98 W-B. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, A 738 (Kurzwiedergabe); LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; a.A. Kamps, MedR 2003, 63, 69.
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dann vorliegen, wenn Umstände im persönlichen Bereich des Vertragsarztes ihn daran hindern, seiner vertragsärztlichen Tätigkeit in vollem Umfang nachzugehen100. Dabei muss es sich um vorübergehende Umstände handeln. Dies folgt aus § 32 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV, wonach die Dauer der Vertretung zu befristen ist101. Vor InKraft-Treten des VÄndG wurde zudem angeführt, die dauerhafte Beschäftigung eines Entlastungsassistenten verstoße gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung102. Dies wird man heute jedoch kaum noch vorbringen können, da dem Vertragsarzt durch das VÄndG weitreichende Anstellungsmöglichkeiten eröffnet worden sind, durch die der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung103 erheblich aufgeweicht worden ist104. Bei der Prüfung, ob der Versorgungsbedarf vorübergehender Natur ist, hat die Kassenärztliche Vereinigung eine Prognoseentscheidung zu treffen, die auf der Grundlage aller im Entscheidungszeitpunkt vorliegender Umstände zu erfolgen hat. Diese Entscheidung ist gerichtlich voll überprüfbar; ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum steht der Kassenärztlichen Vereinigung nicht zu105. Ein solcher steht der Kassenärztlichen Vereinigung auch nicht in Bezug auf die davon zu trennende Frage zu, ob die Beschäftigung aus Sicherstellungsgründen erfolgt106. Zwar kommt den zuständigen Behörden bei der Prüfung eines Versorgungsbedarfs (z.B. bei Anträgen auf Ermächtigung oder Sonderbedarfszulassung107) auf Grund der gegebenen Sachkompetenz und der örtlichen Kenntnisse grundsätzlich ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, doch geht es bei der Genehmigung eines Entlastungsassistenten gerade nicht um eine bedarfsplanerische, sondern um eine praxisbezogene Betrachtung. Eine erhöhte Sachkompetenz wird man der Kassenärztlichen Vereinigung insoweit nicht unterstellen können. 61
Eine vorübergehende Tätigkeitseinschränkung wird man bei einem Zeitraum von fünf Jahren nicht mehr annehmen können108. Unter Berücksichtigung des maximal zulässigen Ruhenszeitraums von zwei Jahren109 wird man eine Genehmigung in der Regel dann nicht mehr erteilen können, wenn der Zeitraum der Tätigkeitseinschränkung über zwei Jahre hinausgeht110. Allerdings sind stets sämtliche Umstände des 100 101
102
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LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02. LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.05.2001, L 6 B 28/01 KA ER; LSG Thüringen, Beschl. v. 09.09.1999, L 4 KA 388/99 ER; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.02.1996, L 5 KA 1790/95, ArztR 1997, 229 (Kurzwiedergabe). LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.05.2001, L 6 B 28/01 KA ER; LSG Thüringen, Beschl. v. 09.09.1999, L 4 KA 388/99 ER. S. zum Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung Rz. 1. Vgl. zu den Anstellungsmöglichkeiten § 32b. LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02. A.A. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, A 738 (Kurzwiedergabe). Vgl. dazu § 16b, Rz. 23. LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; LSG Thüringen, Beschl. v. 09.09.1999, L 4 KA 388/99 ER. Vgl. dazu abweichend Meschke, § 26, Rz. 27. I.E. ebenso LSG Thüringen, Beschl. v. 09.09.1999, L 4 KA 388/99 ER.
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Einzelfalls zu betrachten, so dass sich die schematische Zugrundelegung eines Zwei-Jahres-Zeitraums verbietet. b) Einzelfälle Die Beschäftigung eines Entlastungsassistenten kommt bei einer längerfristigen Erkrankung des Vertragsarztes in Betracht111. Da eine Genehmigung nur dann erteilt werden kann, wenn der die vertragsärztliche Tätigkeit einschränkende Umstand von vorübergehender Dauer ist, darf es sich nicht um eine dauerhafte Erkrankung handeln.
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Auch eine vorübergehende ehrenamtliche berufspolitische Tätigkeit kann die Genehmigung zur Beschäftigung eines Entlastungsassistenten rechtfertigen112. Dies gilt ebenso für eine vorübergehende wissenschaftliche Betätigung des Vertragsarztes113.
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Umstritten ist, inwieweit die Einschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit wegen Kindererziehung die Erteilung einer Assistentengenehmigung rechtfertigen kann. Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz soll unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Ziels, eine Vereinbarkeit von Beruf und Mutterschaft zu ermöglichen, bis zum Erreichen des achten Lebensjahres des Kindes ein Anspruch auf Genehmigung eines Entlastungsassistenten bestehen114. Nach Ansicht des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein soll in diesen Fällen hingegen die Beschäftigung eines Entlastungsassistenten nicht in Betracht kommen, da bei einem Abstellen auf den Erziehungsbedarf von Kindern nicht von einem vorübergehenden, sondern von einem langen, unübersehbaren Zeitraum auszugehen wäre115. Im Ausgangspunkt wird man auch die verringerte Tätigkeit wegen Kindererziehung als Sicherstellungsgrund anzusehen haben. So ist insbesondere vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 GG nicht erkennbar, warum eine wissenschaftlich oder berufspolitisch bedingte Tätigkeitseinschränkung die Beschäftigung eines Entlastungsassistenten rechtfertigen können soll, eine Tätigkeitsreduzierung wegen Kindererziehung hingegen nicht. Allerdings ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Tätigkeitseinschränkung nur vorübergehender Natur ist. Es ist daher vom antragstellenden Vertragsarzt darzulegen, warum die Tätigkeit nur vorübergehend eingeschränkt wird. Es sollte
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114 115
BSG, Urt. v. 21.11.1958, 6 RKa 21/57, BSGE 8, 256, 260ff.; LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, A 738 (Kurzwiedergabe); Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 36; Kamps, MedR 2003, 63, 69. LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, A 738 (Kurzwiedergabe); Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 36; Dahm in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Assistent“, Rz. 21. LSG Niedersachsen, Urt. v. 31.03.2004, L 3 KA 37/02; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, A 738 (Kurzwiedergabe); Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 36. LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.08.1997, L 5 Ka 41/96, DÄBl. 2002, A 738 (Kurzwiedergabe). LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.05.2001, L 6 B 28/01 KA ER.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
also ein Konzept vorgestellt werden, wie die Kindererziehung nach Ablauf der begehrten befristeten Assistentengenehmigung erfolgen soll. 6. Vorbereitungsassistent a) Begriff 65
Vorbereitungsassistenten sind die bei einem Vertragszahnarzt zur Ableistung der in § 3 Abs. 2 lit. b) Zahnärzte-ZV festgelegten Vorbereitungszeit tätigen Zahnärzte116. Durch die Ableistung der Vorbereitungszeit soll sichergestellt werden, dass der Zahnarzt die Bedingungen und Erfordernisse der Erbringung vertragszahnärztlicher Leistungen in eigener Tätigkeit in der Praxis eines niedergelassenen Vertragszahnarztes kennengelernt hat, ehe er selbst in eigener Praxis zugelassen wird117. b) Genehmigung
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Für die Tätigkeit als Vorbereitungsassistent ist das Vorliegen einer Berufserlaubnis nach § 13 ZHG ausreichend; eine Approbation ist nicht erforderlich118. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung ist dabei an die erteilte Berufserlaubnis gebunden. Eine gesonderte Prüfung des Ausbildungstandes des Vorbereitungsassistenten durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung ist unzulässig119.
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Die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen. Zwar ist in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten worden, die Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten sei unabhängig von einer Vergrößerung der Kassenpraxis oder einem übermäßigen Praxisumfang120, doch hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 28.09.2005 ausdrücklich ausgeführt, dass eine Vergrößerung der Kassenpraxis oder eine übergroße Kassenpraxis wegen nicht ausreichender Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für den Assistenten eine Gefahr für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung begründe, so dass dieses Verbot auch bei der Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten zur Geltung komme121.
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Die Ableistung der Vorbereitungsassistenzzeit ist auch in Teilzeitbeschäftigung möglich. Die Erteilung der Genehmigung setzt dann allerdings voraus, dass der Vorbereitungsassistent mindestens 20 Wochenstunden tätig ist. Nur bei Einhaltung dieser zeitlichen Untergrenze ist sichergestellt, dass sich der ausbildende Vertragszahnarzt in dem gebotenen Maße für den Vorbereitungsassistenten verantwortlich fühlt
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S. zur Vorbereitungszeit § 3, Rz. 21ff. BSG, Urt. v. 08.05.1996, 6 RKa 29/95, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr. 10. Hess. LSG, Beschl. v. 14.07.2005, L 4 KA 21/05 ER, GesR 2005, 455; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1017. Hess. LSG, Beschl. v. 14.07.2005, L 4 KA 21/05 ER, GesR 2005, 455. SG Marburg, Beschl. v. 25.05.2005, S 12 KA 43/05 ER. BSG, Urt. 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R, MedR 2006, 307; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.05.2006, L 11 KA 68/05.
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sowie organisiert und überwacht, dass dem Vorbereitungsassistenten ein breites Spektrum des zahnärztlichen Behandlungsbereiches vermittelt wird122. Die Genehmigung ist gegenüber dem anstellenden Vertragszahnarzt auszusprechen. Der Vorbereitungsassistent wird – ebenso wie andere Assistenten – jeweils unmittelbar einem konkreten Vertragszahnarzt zugeordnet; dies gilt auch bei Berufsausübungsgemeinschaften123.
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Die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten bedarf – ebenso wie die Beschäftigung von Ausbildungs-, Entlastungs- und Weiterbildungsassistenten – der vorherigen Genehmigung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in § 32 Abs. 2 S. 1 Zahnärzte-ZV lediglich von einer Genehmigung gesprochen wird, wohingegen § 32 Abs. 2 S. 2 Zahnärzte-ZV ausdrücklich von einer vorherigen Genehmigung spricht124.
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c) Beschäftigung mehrerer Vorbereitungsassistenten Nach § 33 Abs. 2 S. 1 Zahnärzte-ZV bedarf die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten der Genehmigung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Daraus kann jedoch noch nicht geschlossen werden, ein Vertragszahnarzt könne nur einen Vorbereitungsassistenten beschäftigen, da es sich bei der Formulierung in § 33 Abs. 2 S. 1 Zahnärzte-ZV um einen unbestimmten Artikel handelt, der über die zulässige Höchstzahl von Vorbereitungsassistenten nichts aussagt. Eine Beschränkung ergibt sich aber aus dem Ausbildungszweck, da bei einer Vielzahl von Vorbereitungsassistenten eine ordnungsgemäße Ableistung der Vorbereitungszeit naturgemäß nicht mehr gewährleistet ist. Diese Beschränkung wird teilweise bei Beschäftigung eines vollzeitig tätigen Vorbereitungsassistenten gesehen, so dass alternativ höchstens zwei halbtags tätige Vorbereitungsassistenten beschäftigt werden könnten125. Eine solch starre Einschränkung ist jedoch mangels gesetzlicher Grundlage abzulehnen. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der antragstellende Vertragszahnarzt ausreichend organisatorische und strukturelle Vorkehrungen trifft, um das Erreichen des Ausbildungsziels bei jedem einzelnen Vorbereitungsassistenten sicherzustellen.
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SG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2005, S 2 KA 242/04. SG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2005, S 2 KA 242/04; vgl. zur Zuordnung der Assistenten Rz. 44. BSG, Urt. v. 28.03.2007, B 6 KA 30/06 R. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.05.2006, L 11 KA 68/05; Hess. LSG, Beschl. v. 14.04.1999, L 7 KA 1234/98 ER.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
§ 32a Der ermächtigte Arzt hat die in dem Ermächtigungsbeschluss bestimmte vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Satz 2 gilt nicht für Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Buchstabe b. Übersicht Rz. I. Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Ausnahmen vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Rechtsfolgen bei Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Literatur Steinhilper, Persönliche Leistungserbringung des ermächtigten Krankenhausarztes – Erwiderung auf Kuhla, MedR 2003, 339.
I. Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung 1
Ermächtigungsgrundlage für § 32a Ärzte-ZV ist § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V. Nach § 32a S. 1 Ärzte-ZV gilt der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung1 auch für den auf Grund einer persönlichen Ermächtigung nach §§ 31, 31a Ärzte-ZV an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt. § 32a S. 1 Ärzte-ZV ist – unter Berücksichtigung der Besonderheiten, die sich aus der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund einer Ermächtigung ergeben – mit § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV regelungsidentisch. Die Verpflichtung des ermächtigten Arztes, seine vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben, findet zudem ihre Rechtsgrundlage in § 95 Abs. 4 S. 2 SGB V i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 1 EKV.
II. Ausnahmen vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung 2
Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung hindert den ermächtigten Arzt nicht daran, delegationsfähige nichtärztliche Leistungen an hinreichend qualifizier-
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Einzelheiten zum Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung s. z.B. Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, Rz. 1ff.; Steinhilper in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Persönliche Leistungserbringung“, Rz. 1ff.; Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 2, Rz. 47. S. dazu auch § 32, Rz. 1ff.
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tes und überwachtes nichtärztliches Hilfspersonal zu delegieren2. Dies folgt aus § 15 Abs. 1 S. 2 SGB V. Gleichermaßen wie der zugelassene Vertragsarzt ist der ermächtigte Arzt aber an die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung gebunden, soweit das Tätigwerden eines anderen Arztes an seiner Stelle nicht ausnahmsweise gesetzlich oder in den Gesamtverträgen als zulässig anerkannt ist. Während für den Vertragsarzt unterschiedliche Ausnahmetatbestände3 begründet sind, enthält § 32a S. 2 Ärzte-ZV für den ermächtigten Arzt nur einen Ausnahmetatbestand vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung. Hiernach darf sich der ermächtigte Arzt im Falle seiner Erkrankung, seiner Urlaubsabwesenheit4, seiner Abwesenheit wegen Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder an einer Wehrübung vertreten lassen. Der Katalog der in § 32a S. 2 Ärzte-ZV genannten Vertretungsfälle ist abschließend5; denn für die Begründung einer Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung bedarf es einer gesetzlichen oder gesamtvertraglichen Rechtsgrundlage. Eine Vertretung aus anderen als den in § 32a S. 2 Ärzte-ZV genannten Gründen kommt für den ermächtigten Arzt nicht in Betracht. Allerdings gebietet eine verfassungskonforme Auslegung im Lichte der grundgesetzlichen Wertentscheidung in Art. 6 GG eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV, wonach sich eine Vertragsärztin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung für sechs Monate vertreten lassen kann. Insoweit besteht keine sachliche Rechtfertigung, die Vertragsärztin gegenüber der ermächtigten Ärztin zu begünstigen.
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Ein Fall der zulässigen Vertretung i.S.d. § 32a S. 2 Ärzte-ZV setzt die Abwesenheit des ermächtigten Arztes aus einem der dort genannten Gründe oder – in analoger Anwendung – aus dem in § 32 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV genannten Grund voraus. Soweit der ermächtigte Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung deshalb nicht zur Verfügung steht, weil er seinen stationären Dienstaufgaben nachkommt oder ambulant privatärztlich tätig ist, liegt kein Fall einer zulässigen Vertretung vor6. Delegiert er gleichwohl vertragsärztliche Leistungen auf ärztliches Personal, darf er diese Leistungen wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung nicht abrechnen7 – in der Praxis wird dies mehr als häufig nicht beachtet, obwohl hiermit u.a. eine Zulassungsentziehung gem. § 27 Ärzte-ZV und auch strafrechtliche Konsequenzen verbunden sein können.
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Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, Rz. 101; Steinhilper, MedR 2003, 339; Höfler in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB V, Rz. 6ff. Bspw. Vertretung nach § 32 Abs. 1 S. 2 bis 6 Ärzte-ZV, Beschäftigung von Assistenten nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV, Beschäftigung von angestellten Ärzten nach § 95 Abs. 9 und 9a SGB V i.V.m. § 32b Ärzte-ZV. Prinzipiell können an den Vertretungsgrund Urlaub keine besonderen Anforderungen gestellt werden; restriktiv allerdings Bäune, § 32, Rz. ##. LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O. mit Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.02.1995, L 5 Ka 415/93. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 935. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 27.10.2004, 3 KA 209/04 ER, MedR 2005, 60ff.
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Eine Vertretung nach § 32a S. 2 Ärzte-ZV ist nur zeitlich befristet zulässig. Der ermächtigte Arzt darf sich hiernach innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten maximal für die Dauer von drei Monaten aus den genannten Gründen vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als drei Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten (nicht Kalenderjahr), handelt es sich nicht mehr um eine nach § 32a S. 2 Ärzte-ZV zulässige Vertretung, und zwar auch dann nicht, wenn der zulässige Grund der Vertretung weiter andauert, ein neuer zulässiger Grund hinzutritt oder der ursprüngliche Grund durch einen neuen zulässigen Grund abgelöst wird. Eine Verlängerung der Vertretung über drei Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten hinaus kommt nicht – auch nicht mit Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung – in Betracht; hierfür fehlt es – anders als für den Vertragsarzt in § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV – an einer gesetzlichen oder gesamtvertraglichen Ermächtigungsgrundlage.
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Nach wie vor ungeklärt ist die Frage, wie die Drei-Monats-Frist im Falle von regelmäßig kurzzeitigen – bspw. nur tageweise – Vertretungen des ermächtigten Arztes zu bestimmen ist. Schallen vertritt die Auffassung, der Vertretene müsse sich bei kurzzeitigen Vertretungen so behandeln lassen, als handele es sich um eine durchgehende Vertretung8. Dieser Ansicht ist zu widersprechen. Denn dies würde zu einer Benachteiligung des ermächtigten Arztes, der regelmäßig der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung steht und sich nur tageweise vertreten lässt, gegenüber dem ermächtigten Arzt, der sich durchgängig für drei Monate vertreten lässt, führen. Sinn und Zweck der Beschränkung der zulässigen Vertretungsdauer auf drei Monate innerhalb von zwölf Monaten ist die Sicherstellung, dass der ermächtigte Arzt in die vertragsärztliche Versorgung zurückkehrt und sich nicht dauerhaft vertreten lässt. Für den ermächtigten Arzt, der sich lediglich tageweise, aber regelmäßig vertreten lässt, bedarf es dieser Absicherung nicht, da er regelmäßig seine Ermächtigung persönlich wahrnimmt. Insofern sind die einzelnen Vertretungstage zu addieren9; wenn sie in der Summe einen Zeitraum von drei Monaten erreichen, kommt eine weitere Vertretung nicht in Betracht.
7
Anders als für den Vertragsarzt in § 32 Abs. 1 S. 4 Ärzte-ZV geregelt, muss der ermächtigte Arzt eine Vertretung, die länger als eine Woche dauert, nicht der Kassenärztlichen Vereinigung anzeigen. Allerdings muss der ermächtigte Arzt im Rahmen der Sammelerklärung als Bestandteil seiner Honorarabrechnung Auskunft über im Abrechnungsquartal beschäftigte Vertreter geben10.
8
Der ermächtigte Arzt darf sich nach § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V im Übrigen nur von Ärzten mit derselben Fachgebietsbezeichnung i.S.d. der Weiterbildungsordnungen vertreten lassen.
9
Der Ausnahmetatbestand des § 32 S. 2 Ärzte-ZV vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung gilt nach § 32 S. 3 Ärzte-ZV nicht für nach § 31 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV ermächtigte Ärzte. 8 9 10
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 955 (für den Vertragsarzt). Vgl. dazu auch § 32, Rz. 18. So auch bei § 32, Rz. 18. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 27.10.2004, 3 KA 209/04 ER, MedR 2005, 60, 61.
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III. Rechtsfolgen bei Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung Im Falle eines Verstoßes gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung drohen dem ermächtigten Arzt neben Honorarrückforderungen und Disziplinarverfahren, auch berufsrechtliche und ggf. strafrechtliche Konsequenzen11.
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Einzelheiten hierzu s. Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, Rz. 108ff.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
§ 32b (1) Der Vertragsarzt kann Ärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 und 9a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen. In den Bundesmantelverträgen sind einheitliche Regelungen zu treffen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Ärzte unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht des anstellenden Vertragsarztes. (2) Die Anstellung bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für den Antrag gelten § 4 Abs. 2 bis 4 und § 18 Abs. 2 bis 4 entsprechend. § 21 gilt entsprechend. § 95d Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend. (3) Der Vertragsarzt hat den angestellten Arzt zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten. (4) Über die angestellten Ärzte führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis. Übersicht
Rz.
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anstellung und Bedarfsplanungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anstellung in nicht gesperrten Planungsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anstellung in gesperrten Planungsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschäftigung von Job-Sharing-Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fachidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anstellung nach Zulassungsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anstellung von Hochschullehrern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfall: Anstellung für einen weiteren Tätigkeitsort (Zweigpraxis) . . . . . . . . . III. Anzahlmäßige Beschränkung für die Beschäftigung angestellter Ärzte . . . . . . . . . . . 1. Persönliche Leitung der Arztpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten bei Vertragszahnärzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten bei medizinischen Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anstellung fachfremder Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abweichungen zum Berufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Ablehnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beendigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Widerruf und Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Beendigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Leistungserbringung durch angestellte Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Status der angestellten Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur Steinhilper, Der angestellte Arzt in der Niederlassung, MedR 1993, 292; ders., Der angestellte Arzt in der Vertragsarztpraxis, NZS 1994, 347.
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I. Allgemeines Bis zum 30.06.1997 konnte jeder Vertragsarzt nach Genehmigung durch den Zulassungsausschuss einen ganztags oder zwei halbtags beschäftigte Ärzte anstellen, soweit der Planungsbereich nicht wegen Überversorgung gesperrt war1. War der Planungsbereich gesperrt, war die Beschäftigung angestellter Ärzte grundsätzlich nicht möglich. Die Beschäftigungsmöglichkeit von angestellten Ärzten ist durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23.06.19972 sowohl eingeschränkt als auch erweitert worden. Nach § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V war die Beschäftigung eines angestellten Arztes oder zweier halbtags beschäftigter Ärzte danach nur noch möglich, wenn sich der Vertragsarzt gegenüber den Zulassungsgremien zu einer Leistungsbeschränkung verpflichtete, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschritt. Dies galt unabhängig davon, ob der Vertragsarzt in einem überversorgten oder einem offenen Planungsbereich tätig war. Damit war auch im gesperrten Planungsbereich die Beschäftigung von angestellten Ärzten möglich. Faktisch war dies auf Grund der einzugehenden Leistungsbeschränkung jedoch vielfach uninteressant. Diese Leistungsbeschränkung fand ihre Ursache in der Verpflichtung des Vertragsarztes zur persönlichen Leistungserbringung. Auf Grund dieser bestehenden Verpflichtung sollte die Beschäftigung von angestellten Ärzten weiterhin die Ausnahme bleiben3.
1
Durch das VÄndG sind die Anstellungsmöglichkeiten erheblich erweitert worden. Nach § 95 Abs. 9 SGB V i.V.m. § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV kann der Vertragsarzt nunmehr in nicht gesperrten Planungsbereichen unter Beachtung der Vorgaben der Bundesmantelverträge grundsätzlich drei ganztags tätige angestellte Ärzte beschäftigen. Auch in gesperrten Planungsbereichen haben sich für den Vertragsarzt neue Möglichkeiten ergeben. Zum einen ist die Anstellung bei Eingehung einer Leistungsbeschränkung nicht mehr auf einen ganztags oder zwei halbtags tätige Ärzte beschränkt. Zum anderen besteht – wie auch bei medizinischen Versorgungszentren4 – die Möglichkeit, dass ein Vertragsarzt auf seine Zulassung verzichtet, um bei einem anderen Vertragsarzt als angestellter Arzt tätig zu werden.
2
Durch das VÄndG ist der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung erheblich aufgeweicht worden. Damit wird sich in Zukunft auch verstärkt die Frage stellen, ob einzelne Vertragsärzte noch freiberuflich oder aber schon gewerblich tätig werden5. Unabhängig davon wird deutlich, dass der in § 1 Abs. 2 BÄO festgelegte Freiberuflichkeitsgrundsatz nur so verstanden werden kann, dass jeder Arzt – unabhängig von der konkreten Form der Berufsausübung – in seiner eigentlichen Heilbehandlungstätigkeit fachlich unabhängig und weisungsfrei ist6.
3
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6
BSG, Urt. v. 02.10.1996, 6 R Ka 82, 95, SozR 3-5520 § 32b Ärzte-ZV Nr. 3. BGBl. 1997 I, 1520. Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 24; Kamps, MedR 2003, 63, 64. Vgl. dazu Anhang zu § 18, Rz. 37ff. S. dazu insbesondere die jüngsten Urteile des FG Sachsen-Anhalt jeweils vom 24.08.2006, 1 K 30035/02, EFG 2007, 587, und 1 K 982/03, EFG 2006, 1916, sowie Streit, PFB 2007, 137; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 75ff.; Ratzel/Möller/Michels, MedR 2006, 377, 386ff.; Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 563; Iser, DÄBl. 2007, A 2363. BGH, Urt. v. 30.11.1977, IV ZR 69/76, NJW 1978, 589; Narr, Ärztliches Berufsrecht, Rz. B 11; vgl. dazu auch Anhang zu § 18, Rz. 22.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
II. Anstellung und Bedarfsplanungsrecht 4
Die Beschäftigung von angestellten Ärzten kann auch nach den durch das VÄndG vorgenommenen Änderungen nur unter Berücksichtigung des Bedarfsplanungsrechts erfolgen7. Angestellte Ärzte werden daher – mit Ausnahme von Job-SharingAngestellten nach § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V und Hochschullehrern für Allgemeinmedizin nach § 95 Abs. 9a SGB V – im Rahmen der Bedarfsplanung berücksichtigt (§ 17 Abs. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Die Anrechnung auf den Versorgungsgrad erfolgt entsprechend der Arbeitszeit der angestellten Ärzte. Bei einer Tätigkeit von mehr als 30 Wochenstunden erfolgt eine Anrechnung mit dem Faktor 1, bei einer Tätigkeit von mehr als 20 bis maximal 30 Wochenstunden mit dem Faktor 0,75, bei einer Tätigkeit von mehr als zehn bis maximal 20 Wochenstunden mit dem Faktor 0,5 und bei einer Tätigkeit von höchstens zehn Wochenstunden erfolgt eine Anrechnung mit dem Faktor 0,25 (§ 23i Abs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Ist zwischen dem Praxisinhaber und dem angestellten Arzt keine wöchentliche Arbeitszeit, sondern eine Arbeitszeit pro Monat vereinbart, so ist die wöchentliche Arbeitszeit mit dem Umrechnungsfaktor 0,23 zu ermitteln (§ 23i Abs. 3 BedarfsplanungsRichtlinie). 1. Anstellung in nicht gesperrten Planungsbereichen
5
Sind in einem Planungsbereich für eine Arztgruppe keine Zulassungssperren angeordnet oder sind für eine Arztgruppe keine Verhältniszahlen nach § 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie festgelegt, kann der Vertragsarzt Ärzte aus dieser Arztgruppe als angestellte Ärzte beschäftigen, ohne dass ihm Bedarfsplanungsrecht entgegen gehalten werden könnte. Der Vertragsarzt hat lediglich die sich aus § 14a Abs. 1 BMVÄ bzw. § 20a Abs. 1 EKV ergebenden Einschränkungen hinsichtlich der Anzahl der angestellten Ärzte zu beachten8.
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Kommt es später in Bezug auf die Arztgruppe des angestellten Arztes zur Feststellung der Überversorgung, hat dies auf die dem Vertragsarzt erteilte Genehmigung zur Beschäftigung des angestellten Arztes keinen Einfluss. Führt der Vertragsarzt in einem solchen Fall zur Übertragung seiner Praxis ein Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V durch, so geht eine vorliegende Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes nicht auf den Praxisnachfolger über. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Genehmigung stets personenbezogen ist9; auch wenn zwischenzeitlich keine Überversorgung eingetreten ist, hat der Käufer einer Vertragsarztpraxis neue Genehmigungen zur Beschäftigung bereits vom Verkäufer angestellter Ärzte zu beantragen. Die bedarfsplanungsrechtlich durch den angestellten Arzt eingenommene Arztstelle geht jedoch auf den Praxisnachfolger über10. Zwar fehlt es im Gegensatz zur Beschäftigung von angestellten Ärzten, die zuvor 7 8 9 10
BR-Drucks. 353/06, S. 47. Vgl. dazu ausführlich Rz. 24ff. S. dazu § 32, Rz. 46. Ebenso – ohne nähere Begründung – Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1116, und Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 71.
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nach § 103 Abs. 4b S. 1 SGB V in einem gesperrten Planungsbereich auf ihre Zulassung verzichtet haben11, an einer § 103 Abs. 4b S. 2 SGB V entsprechenden Regelung, wonach die Nachbesetzung ausdrücklich für möglich erklärt wird, doch gebietet Art. 14 Abs. 1 GG eine analoge Anwendung dieser Nachbesetzungsmöglichkeit. Dies folgt daraus, dass das Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V dem Eigentumsschutz des Vertragsarztes dient12, da ihm innerhalb eines gesperrten Planungsbereichs nur über das Praxisnachfolgeverfahren die Möglichkeit der Praxisverwertung eingeräumt wird. Hat ein Vertragsarzt vor Sperrung eines Planungsbereichs angestellte Ärzte beschäftigt und diese Beschäftigung auch nach Sperrung fortgeführt, so wird die Arztpraxis durch die angestellten Ärzte mitgeprägt. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Tätigkeitsumfangs, sondern insbesondere auch in Bezug auf die Praxisstruktur (z.B. Größe der Praxisräumlichkeiten, Personalstärke, Gerätschaften etc.). Eine marktgerechte Verwertung der vom Vertragsarzt aufgebauten Arztpraxis setzt daher voraus, dass der Praxisnachfolger die angestellten Ärzte weiterhin beschäftigen kann. 2. Anstellung in gesperrten Planungsbereichen Ist der Planungsbereich hinsichtlich der Arztgruppe des anzustellenden Arztes wegen Überversorgung gesperrt, gibt es neben der zuvor dargestellten Ausnahme die folgenden Möglichkeiten:
7
a) Beschäftigung von Job-Sharing-Angestellten Nach § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV sowie § 23i Abs. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie kann ein Vertragsarzt einen Arzt bei gegebener Fachidentität als angestellten Arzt beschäftigen, sofern sich der Vertragsarzt nach § 23i Abs. 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu einer Leistungsbeschränkung verpflichtet. Eine Anrechnung auf den bedarfsplanerischen Versorgungsgrad findet nicht statt (§ 23i Abs. 5 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Für diese Tätigkeitsform, die bereits vor In-Kraft-Treten des VÄndG bestand, wird teilweise die Bezeichnung JobSharing-Assistent verwendet13. Diese Terminologie ist jedoch unpassend, da die Assistententätigkeit abschließend in § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV geregelt ist. Man sollte daher besser von einem Job-Sharing-Angestellten sprechen14. Davon zu unterscheiden ist der Job-Sharing-Partner, der nicht auf der Basis einer Anstellung, sondern im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft mit einem Vertragsarzt tätig ist15.
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aa) Fachidentität Die Beschäftigung eines Job-Sharing-Angestellten setzt zunächst Fachidentität zwischen Vertragsarzt und angestelltem Arzt voraus (§ 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. 11 12 13 14 15
S. dazu nachfolgend Rz. 17ff. S. dazu auch Hesral in: Ehlers (Hrsg.), Forführung von Arztpraxen, Rz. 210, sowie § 16b, Rz. 45. So z.B. Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 26; Kamps, MedR 2003, 63, 65. So z.B. auch SG Marburg, Urt. v. 30.08.2006, S 12 KA 944/05; Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 30. Vgl. zum Job-Sharing-Partner § 33, Rz. 59ff.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
§ 23i Abs. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Eine solche Fachidentität ist nach § 23j Bedarfsplanungs-Richtlinie gegeben, wenn der anzustellende Arzt mit dem Vertragsarzt in der Facharztkompetenz und, sofern eine entsprechende Bezeichnung geführt wird, in der Schwerpunktkompetenz übereinstimmt. Der Begriff der Facharztkompetenz knüpft an die Gesetzesbegründung zum VÄndG an, wo dazu ausgeführt ist, dass die Facharztkompetenz all das erfasst, was der Facharzt im Rahmen seines Fachgebietes erlernt hat und daher ausüben darf16. In § 23b Abs. 2 bis 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist zu einigen Konstellationen mit unterschiedlicher Facharztbezeichnung ausdrücklich klargestellt, dass eine identische Facharztkompetenz vorliegt. Diese Regelungen, die nach § 23j S. 1 Hs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie ausdrücklich auch auf Job-Sharing-Anstellungsverhältnisse Anwendung finden, sind allerdings nicht abschließend. Daneben kann es auch weitere Fallgestaltungen geben, in denen trotz voneinander abweichender Facharztbezeichnung eine identische Facharztkompetenz vorliegt. 10
Nach § 23i S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie genügt eine übereinstimmende Facharztkompetenz, wenn der Vertragsarzt „mehrere Bezeichnungen“ führt. Damit sind sowohl Facharzt- bzw. Fachgebietsbezeichnungen als auch Schwerpunktbezeichnungen gemeint.
11
Wird der Job-Sharing-Angestellte nicht von einem Vertragsarzt, sondern einer Berufsausübungsgemeinschaft oder einem medizinischen Versorgungszentrum beschäftigt, ist es ausreichend, wenn Fachidentität zu mindestens einem der in der Berufsausübungsgemeinschaft bzw. dem medizinischen Versorgungszentrum tätigen Vertragsärzte besteht (§ 23j S. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Nicht ausreichend ist Fachidentität zu einem anderen angestellten Arzt. Die Zuordnung des JobSharing-Angestellten erfolgt in diesem Fall – anders als bei angestellten Assistenten nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV17 – zur Berufsausübungsgemeinschaft oder dem medizinischen Versorgungszentrum. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es hinsichtlich der Fachidentität nur auf einen der Vertragsärzte ankommt; die Zuordnung zu einem konkreten Vertragsarzt erfolgt gerade nicht. Darüber hinaus ist in § 23i Abs. 4 S. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie ausdrücklich die Antragstellung durch eine Berufsausübungsgemeinschaft erwähnt18.
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Der Job-Sharing-Angestellte darf während der Dauer der Anstellung nur die Schwerpunktbezeichnungen führen, bei denen Übereinstimmung zum Vertragsarzt besteht (§ 23j S. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie). bb) Leistungsbeschränkung
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Die Genehmigung zur Beschäftigung eines Job-Sharing-Angestellten setzt weiter die Anerkennung einer vom Zulassungsausschuss auf der Grundlage des Praxisumfangs der Vergangenheit festzusetzenden Leistungsbeschränkung voraus (§ 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. § 23i Abs. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Die Fest16 17 18
BR-Drucks. 353/06, S. 51. Zur Zuordnung von Assistenten s. § 32, Rz. 44. A.A. Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 49.
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setzung der Leistungsbeschränkung erfolgt nach § 23k Abs. 1 BedarfsplanungsRichtlinie entsprechend §§ 23c bis 23f Bedarfsplanungs-Richtlinie. Danach hat der Zulassungsausschuss auf der Grundlage der Abrechnungsbescheide der vorausgegangenen mindestens vier Quartale ein Gesamtpunktzahlvolumen (Obergrenze) festzulegen. Dieses Gesamtpunktzahlvolumen ist so zu bemessen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen nicht um mehr als drei Prozent überschritten werden19. Das verbindlich festgelegte Gesamtpunktzahlvolumen ist nach § 23f BedarfsplanungsRichtlinie fortlaufend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts anzupassen. Wird das Job-Sharing-Verhältnis beendet und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang ein neues Job-Sharing-Anstellungsverhältnis begründet, so bleibt das bereits festgesetzte Gesamtpunktzahlvolumen wirksam (§ 23k Abs. 2 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Nach § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V können Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung festgelegt werden, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfes der Fall ist. Diese Regelung ist durch das VÄndG eingeführt worden, um bei ungleicher Verteilung der Ärzte in einem Planungsbereich durch Lockerungen bei der Leistungsbeschränkung auf einen lokalen Versorgungsbedarf reagieren zu können20. Diese Möglichkeit zur Deckung eines lokalen Versorgungsbedarfs ist deutlich flexibler als die daneben bestehende Möglichkeit der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung, da die Lockerung der Leistungsbegrenzung vom Fortbestehen des lokalen Versorgungsbedarfs abhängig ist21. Eine einmal erteilte Sonderbedarfszulassung bleibt hingegen grundsätzlich unabhängig von etwaigen Änderungen in der Versorgungssituation bestehen.
14
Bei der Festsetzung des Honoraranspruchs durch die Kassenärztliche Vereinigung ist die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs durch die Entscheidung des Zulassungsausschusses bindend22. Überschreitet die Abrechnung den festgesetzten Leistungsumfang, so erhält der Vertragsarzt keine Vergütung für die Leistungen, die über den zulässigen Praxisumfang hinausgehen; insoweit ist eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung vorzunehmen23. Darüber hinaus liegt in der Überschreitung des zulässigen Praxisumfangs streng genommen auch ein Verstoß gegen vertragsarztrechtliche Pflichten24. Schließlich begründet die Leistungsobergrenze nicht nur die Folge der Honorarkürzung, sondern auch die Pflicht, den festgesetzten Leistungsumfang einzuhalten. Da eine Sanktionierung aber bereits über die Honorarkürzung erfolgt und bei akuter Behandlungsbedürftigkeit auch eine Behandlungspflicht besteht, ist eine disziplinarische Sanktionierung der Überschreitung des Gesamtpunktzahlvolumens grundsätzlich unverhältnismäßig. Aus der be-
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19 20 21 22 23 24
Vgl. zur Festlegung des Gesamtpunktzahlvolumens Kuhlen, AuR 2004, 129. BR-Drucks. 353/06, S. 52. BR-Drucks. 353/06, S. 52. SG Marburg, Urt. v. 30.08.2006, S 12 KA 637/05. SG Marburg, Urt. v. 30.08.2006, S 12 KA 637/05; Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, Rz. 321. S. dazu auch § 27, Rz. 19.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
stehenden Verpflichtung zur Einhaltung der Leistungsbegrenzung lässt sich auf der anderen Seite aber auch die Möglichkeit ableiten, die Patientenbehandlung – mit Ausnahme von akuter Behandlungsbedürftigkeit – nach Erreichen des Gesamtpunktzahlvolumens abzulehnen25. cc) Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen 16
Werden während des Bestehens eines Job-Sharing-Verhältnisses bestehende Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss nach § 16b Abs. 3 und 4 ÄrzteZV aufgehoben, so erfahren Job-Sharing-Verhältnisse eine besondere Behandlung, wobei zwischen Job-Sharing-Partnern nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V und JobSharing-Angestellten nach § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu unterscheiden ist. Bei JobSharing-Partnern entfällt nach § 23 Abs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie die bestehende Leistungsbeschränkung; es kommt zur echten (Voll)Zulassung des JobSharing-Partners26. Es kommt jedoch nicht zum Wegfall der Leistungsbeschränkung bei sämtlichen Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaften, sondern nur insoweit, als dies auch vom Aufhebungsbeschluss des Landesausschusses getragen wird. Wird die Grenze zur Überversorgung durch die Vollzulassung einzelner JobSharing-Partner erneut überschritten, so ist für die eintretende (Voll)Zulassung die Zeitdauer der gemeinsamen Tätigkeit maßgeblich. Haben sämtliche Job-SharingPartner eine (Voll)Zulassung erhalten, ohne dass dadurch die Grenze zur Überversorgung überschritten worden ist, endet nach § 23 Abs. 2a Bedarfsplanungs-Richtlinie bei den Job-Sharing-Anstellungsverhältnissen die festgelegte Leistungsbeschränkung. Dies gilt ebenfalls nur nach Inhalt und Umfang des Aufhebungsbeschlusses des Landesausschusses. Im Gegenzug wird der angestellte Arzt im Rahmen des bedarfsplanerischen Versorgungsgrads entsprechend seinem Tätigkeitsumfang berücksichtigt (§ 17 Abs. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Ab diesem Zeitpunkt wird das Anstellungsverhältnis wie eine Anstellung im nicht gesperrten Bereich27 behandelt. Reicht der Aufhebungsbeschluss des Landesausschusses in seinem Umfang nicht aus, dass bei sämtlichen Job-Sharing-Anstellungsverhältnissen die Leistungsbeschränkung entfällt, so werden die Anstellungsverhältnisse in der Reihenfolge der längsten Dauer der Anstellung berücksichtigt. Dabei kommt es nicht auf den wöchentlichen zeitlichen Tätigkeitsumfang des angestellten Arztes an, sondern ausschließlich auf die reine Anstellungsdauer. b) Anstellung nach Zulassungsverzicht
17
Nach § 103 Abs. 4b SGB V kann ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung verzichten, um bei einem Vertragsarzt als angestellter Arzt tätig zu werden. Diese gesetzliche Regelung 25
26 27
Diese Möglichkeit besteht im Rahmen der üblichen Budgetierung nach den Honorarverteilungsverträgen nicht, da der Vertragsarzt auch nach Erreichen des ihm nach dem jeweiligen Honorarverteilungsvertrag zugestandenen Abrechnungsvolumens zur Behandlung der Versicherten verpflichtet bleibt, vgl. dazu BSG, Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 54/00 R, MedR 2002, 37, 39. S. § 33, Rz. 66. Zur Anstellung im nicht gesperrten Bereich vgl. oben, Rz. 5f.
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ist in Anlehnung an § 103 Abs. 4a SGB V durch das VÄndG eingeführt worden, um Vertragsärzte mit medizinischen Versorgungszentren28 gleichzustellen29. Erfolgt auf diese Weise eine Anstellung, wandelt sich die Zulassung des verzichtenden Vertragsarztes in eine Arztstelle um, die an die Zulassung des anderen Vertragsarztes „angehängt“ wird30. Bei Ermittlung des bedarfsplanerischen Versorgungsgrades wird die Arztstelle weiter berücksichtigt.
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Eine Übertragung der Zulassung auf diesem Weg setzt nach dem Gesetzeswortlaut voraus, dass der Zulassungsverzicht durch den Vertragsarzt erfolgt, um sodann bei einem anderen Vertragsarzt als angestellter Arzt tätig zu werden. Es ist also eine subjektive Komponente erforderlich, die grundsätzlich ein nachfolgendes Tätigwerden des auf die Zulassung verzichtenden Vertragsarztes als angestellter Arzt voraussetzt31. Zudem muss die Anstellung nach dem Gesetzeswortlaut bei einem anderen Vertragsarzt erfolgen, so dass die Frage aufkommt, ob auch eine Anstellung bei einer Berufsausübungsgemeinschaft in Betracht kommt. Bei der Beantwortung dieser Frage wird man das Anstellungsverhältnis von der Arztstelle zu trennen haben. So gibt es keinen Grund, dass das Anstellungsverhältnis nicht mit der Berufsausübungsgemeinschaft begründet werden könnte. Die aus dem Zulassungsverzicht entstandene Arztstelle kann hingegen nicht der Berufsausübungsgemeinschaft zugeordnet werden, da die Berufsausübungsgemeinschaft – im Gegensatz zu medizinischen Versorgungszentren – selbst nicht über einen Zulassungsstatus verfügt und auch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Die Arztstelle kann daher nur einem der in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Vertragsärzte zugeordnet werden. Die Notwendigkeit der Anknüpfung an den Zulassungsstatus ergibt sich auch daraus, dass die Arztstelle ansonsten bei Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft „in der Luft hinge“ und damit wohl untergehen würde. Soll eine Anstellung bei einer Berufsausübungsgemeinschaft erfolgen, hat der auf die Zulassung verzichtende Vertragsarzt im Rahmen seiner Verzichtserklärung daher auch die Person des Vertragsarztes anzugeben, zu dessen Gunsten er auf die Zulassung verzichtet. Die Arztstelle ist dann dem begünstigten Vertragsarzt zuzuordnen32. Im Rahmen des Berufsausübungsgemeinschaftsvertrags können dann Vereinbarungen u.a. zur Finanzierung der Arztstelle und zur Beschäftigung des angestellten Arztes getroffen werden.
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Ist eine Zulassung in eine Arztstelle umgewandelt worden, so kann der über sie verfügende Vertragsarzt nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit dem ange-
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28 29 30 31 32
Vgl. zu den Anstellungsmöglichkeiten eines medizinischen Versorgungszentrums Anhang zu § 18, Rz. 37ff. Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 564; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 72. S. dazu ausführlich Anhang zu § 18, Rz. 38. S. dazu eingehend Anhang zu § 18, Rz. 38. Auch Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 74f., sind der Auffassung, dass die Arztstelle einem Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft zuzuordnen ist. Nicht ganz klar wird allerdings, ob sie – wie hier vertreten – eine sofortige Zuordnung für notwendig erachten oder aber auch eine spätere Zuordnung, z.B. bei Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft, für ausreichend erachten.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
stellten Arzt eine Nachbesetzung der Arztstelle vornehmen. Schreibt er selbst seinen Vertragsarztsitz gemäß § 103 Abs. 4 SGB V zur Nachbesetzung aus, wird mit dem Vertragsarztsitz auch die daran hängende Arztstelle übertragen33. Würde man davon abweichend in diesem Fall einen Untergang der Arztstelle annehmen, führte dies zu einem nicht gerechtfertigten Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG, da dem Arzt eine marktgerechte Verwertung seiner Arztpraxis nicht mehr möglich wäre. Schließlich wird die Arztpraxis in ihrer Gesamtheit durch den angestellten Arzt mitgeprägt. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Tätigkeitsumfangs, sondern insbesondere auch in Bezug auf die Praxisstruktur (z.B. Größe der Praxisräumlichkeiten, Personalstärke, Gerätschaften etc.). Eine marktgerechte Verwertung der vom Vertragsarzt aufgebauten Arztpraxis setzt daher voraus, dass der Praxisnachfolger den angestellten Arzt weiterhin auf der Arztstelle beschäftigen kann. Zudem wird man in der Arztstelle ein vermögenswertes Recht sehen müssen, da der zur Umwandlung in eine Arztstelle führende Zulassungsverzicht regelmäßig nur gegen Zahlung eines Entgelts erfolgen wird34. 21
Eine Rückumwandlung der Arztstelle in eine echte Zulassung ist weder durch den verzichtenden Arzt noch durch den über die Arztstelle verfügenden Vertragsarzt möglich35. Der Verzicht auf die Zulassung, um als angestellter Arzt tätig zu werden, stellt daher einen endgültigen Schritt dar, der nicht mehr umkehrbar ist. c) Anstellung von Hochschullehrern
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Nach § 95 Abs. 9a SGB V kann der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt unabhängig von etwaigen Zulassungsbeschränkungen Ärzte anstellen, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind. Bei der Ermittlung des bedarfsplanerischen Versorgungsgrades sind die auf dieser Grundlage angestellten Ärzte nicht zu berücksichtigen (§ 95 Abs. 9a S. 2 SGB V). Diese durch das VÄndG eingeführte Neuregelung dient der Erhaltung und Fortentwicklung der praktischen hausärztlichen Kompetenz von Hochschullehrern für Allgemeinmedizin36. 3. Sonderfall: Anstellung für einen weiteren Tätigkeitsort (Zweigpraxis)
23
Bei der Tätigkeit eines angestellten Arztes in der Zweigpraxis eines Vertragsarztes ist nach der Regelungssystematik der Ärzte-ZV und den Bundesmantelverträgen zunächst danach zu unterscheiden, ob der angestellte Arzt ausschließlich in der Zweigpraxis oder auch am Vertragsarztsitz des Vertragsarztes tätig wird. Dies ergibt sich aus § 15a Abs. 6 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 6 S. 2 EKV. Danach ist die Beschäf33 34 35
36
Offen gelassen von Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1114. Vgl. dazu ausführlich § 24, Rz. 19. Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 31; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, 73; so wohl auch Dahm/ Ratzel, MedR 2006, 555, 565. BT-Drucks. 16/2474, S. 23.
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tigung eines angestellten Arztes allein zur Durchführung der Behandlung in der Zweigpraxis nur dann gestattet, wenn dies von der Zweigpraxisgenehmigung umfasst ist. Soll die Tätigkeit des angestellten Arztes hingegen nicht ausschließlich am Zweigpraxisstandort erfolgen, so ist der Einsatz eines angestellten Arztes in der Zweigpraxis zulässig, ohne dass die Zweigpraxisgenehmigung die Beschäftigung von angestellten Ärzten erfassen müsste37. Unabhängig davon bedarf es stets einer Anstellungsgenehmigung nach § 32b Abs. 2 Ärzte-ZV, deren Voraussetzungen unter § 24, Rz. 41ff., dargestellt sind.
III. Anzahlmäßige Beschränkungen für die Beschäftigung angestellter Ärzte 1. Persönliche Leitung der Arztpraxis Der Vertragsarzt hat seine vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben (§ 15 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 1 EKV)38. Persönliche Leistungen des Vertragsarztes sind auch die Leistungen angestellter Ärzte, soweit sie dem Vertragsarzt als Eigenleistung zugerechnet werden können (§ 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV). Diese Zurechnungsnorm ist durch die zum 01.07.2007 in Kraft getretene Regelung des § 14a BMV-Ä bzw. § 20a EKV konkretisiert worden. Danach ist im Falle der Beschäftigung angestellter Ärzte sicherzustellen, dass der Vertragsarzt die Arztpraxis persönlich leitet. Die persönliche Leitung der Arztpraxis ist damit die maßgebliche Voraussetzung für die Zurechnung der Leistungen der angestellten Ärzte als Eigenleistungen des Vertragsarztes.
24
Die persönliche Leitung der Arztpraxis setzt die uneingeschränkte Verantwortung des Vertragsarztes für die Arztpraxis voraus. Der Vertragsarzt hat selbst über sämtliche patientenrelevanten Praxisvorgänge zu befinden. Er hat insbesondere die angestellten Ärzte anzuleiten und zu überwachen. Dabei ist es jedoch ausreichend, wenn eine allgemeine Anleitung und eine stichprobenmäßige Überwachung der angestellten Ärzte erfolgt. Darüber hinaus muss der Vertragsarzt als Praxisinhaber weiterhin die Bezugsperson und Anlaufstelle für die Patienten sein; er muss also auch nach außen als eigenverantwortlich tätiger Praxisinhaber zu erkennen sein.
25
Die persönliche Leitung der Arztpraxis ist nach § 14a Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 S. 2 EKV anzunehmen, wenn je Vertragsarzt nicht mehr als drei vollzeitbeschäftigte Ärzte angestellt sind. Ebenso ist eine persönliche Leitung anzunehmen, wenn teilzeitbeschäftigte Ärzte in einer Anzahl angestellt sind, welche im zeitlichen Umfang ihrer Arbeitszeit drei vollzeitbeschäftigten Ärzten entspricht. Bei Vertragsärzten, die überwiegend medizinisch-technische Leistungen erbringen, wird die persönliche Leitung auch bei der Beschäftigung von bis zu vier vollzeitbeschäftigten Ärzten vermutet (§ 14a Abs. 1 S. 3 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 S. 3 EKV). Hat der Vertragsarzt nach § 19a Ärzte-ZV einen beschränkten Versorgungsauftrag, reduziert
26
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Vgl. dazu auch § 24, Rz. 52. S. dazu ausführlich § 32, Rz. 1ff.
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sich die Beschäftigungsmöglichkeit nach § 14a Abs. 1 S. 4 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 S. 4 EKV auf einen vollzeitbeschäftigten Arzt oder zwei teilzeitbeschäftigte Ärzte. 27
Eine Definition der vollzeitigen Tätigkeit enthalten die Bundesmantelverträge nicht. In Anlehnung an § 23i Abs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist eine Vollzeitbeschäftigung bei einem arbeitsvertraglich festgelegten Tätigkeitsumfang von mehr als 30 Wochenstunden anzunehmen. Im Regelfall kann der Vertragsarzt mithin höchstens drei angestellte Ärzte mit einem Tätigkeitsumfang von jeweils mehr als 30 Wochenstunden beschäftigen. Die Anstellung teilzeitbeschäftigter Ärzte ist in den Bundesmantelverträgen hingegen nicht eindeutig geregelt, da nach dem Wortlaut ausschließlich auf den zeitlichen Umfang der Arbeitszeit abgestellt wird. Hier stellt sich zunächst die Frage, von welcher Höchstarbeitszeit die Bundesmantelvertragspartner für vollzeitbeschäftigte Ärzte ausgehen, da diese auf die teilzeitbeschäftigten Ärzte „aufgeteilt“ werden darf. Die in § 23i Abs. 2 BedarfsplanungsRichtlinie enthaltene Mindestregelung von mehr als 30 Wochenstunden ist nicht weiterführend. Betrachtet man die zeitlich abgestufte Regelung in § 23i Abs. 2 S. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie und legt zudem die üblichen arbeitsvertraglichen Ausgestaltungen zugrunde, wird man für die aufteilungsfähige Höchstarbeitszeit von 40 Wochenstunden auszugehen haben. Auch damit besteht hinsichtlich der höchstzulässigen Angestelltenzahl aber noch keine Klarheit, da diese Arbeitszeit – zumindest nach dem Wortlaut der Bundesmantelverträge – auf 40 Ärzte aufgeteilt werden könnte, die je eine Wochenstunde tätig sind. Aus dieser – zugegebenermaßen theoretischen – Überlegung ist zu erkennen, dass der Wortlaut des § 14a Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 S. 2 EKV nicht maßgeblich sein kann. Dies ergibt sich auch bei isolierter Betrachtung der Anstellungsmöglichkeiten im gesperrten Planungsbereich. Nach der Anrechnungsregelung in § 23i Abs. 2 S. 4 BedarfsplanungsRichtlinie können dort ohnehin je Arztstelle höchstens vier angestellte Ärzte beschäftigt werden. Diese beschränkte Möglichkeit der Aufteilung einer Arztstelle im gesperrten Planungsbereich werden auch die Bundesmantelvertragspartner im Sinn gehabt haben, so dass an Stelle von drei vollzeitbeschäftigten angestellten Ärzten höchstens zwölf angestellte Ärzte mit einer maximalen Wochenstundenzahl von jeweils zehn Stunden beschäftigt werden können. Für diese einschränkende Auslegung spricht auch, dass man rein tatsächlich regelmäßig wohl kaum noch von einer persönlichen Leitung der Arztpraxis wird sprechen können, wenn eine noch größere Anzahl angestellter Ärzte tätig wäre.
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Verfügt der Vertragsarzt nur über einen nach §19a Ärzte-ZV eingeschränkten Versorgungsauftrag, kann er nach der ausdrücklichen Formulierung in § 14a Abs. 1 S. 4 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 S. 4 EKV nur zwei teilzeitbeschäftigte Ärzte anstellen. Eine zeitliche Beschränkung für den Umfang der jeweiligen Teilzeittätigkeit ist nicht festgelegt. Damit ist die Beschäftigung von zwei angestellten Ärzten mit einem Wochenstundenumfang von jeweils nicht mehr als 30 Stunden möglich. Auf der anderen Seite können aber auch bei geringerem zeitlichen Umfang der Arbeitsverhältnisse nicht mehr als zwei angestellte Ärzte beschäftigt werden.
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Bei diesen einschränkenden Regelungen der Bundesmantelverträge zu den Anstellungsmöglichkeiten handelt es sich um standardisierte Vorgaben, bei deren Ein-
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haltung unwiderleglich von einer persönlichen Leitung der Praxis – zumindest in Hinsicht auf die Beschäftigung angestellter Ärzte – auszugehen ist. Im vertragsärztlichen Bereich ist darüber hinaus im Einzelfall nach § 14a Abs. 1 S. 6 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 S. 6 EKV die Beschäftigung einer größeren Anzahl von Ärzten zulässig, soweit der Vertragsarzt den Zulassungsgremien nachweisen kann, dass die persönliche Leitung der Arztpraxis gewährleistet ist. Er hat also nachzuweisen, dass auf Grund einer besonderen Praxisstruktur den Anleitungs- und Überwachungspflichten nachgekommen werden kann und er nach außen weiterhin als alleinverantwortliche Bezugsperson und Anlaufstelle wahrgenommen wird. 2. Besonderheiten bei Vertragszahnärzten Für Vertragszahnärzte sind in den entsprechenden Bundesmantelverträgen andere Regelungen getroffen. Nach § 4 Abs. 1 S. 7 BMV-Z bzw. § 8 Abs. 3 S. 5 EKVZ kann ein Vertragszahnarzt zwei vollzeitbeschäftigte Zahnärzte bzw. bis zu vier halbzeitbeschäftigte Zahnärzte anstellen. Verfügt der Vertragszahnarzt nur über einen eingeschränkten Versorgungsauftrag nach § 19a Ärzte-ZV, können entweder ein vollzeitbeschäftigter Zahnarzt, zwei halbzeitbeschäftigte Zahnärzte oder vier Zahnärzte mit insgesamt höchstens vollzeitiger Beschäftigungsdauer angestellt werden (§ 4 Abs. 1 S. 8 BMV-Z bzw. § 8 Abs. 3 S. 6 EKVZ.). Es handelt sich insoweit – anders als im vertragsärztlichen Bereich – um absolute Höchstgrenzen.
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3. Besonderheiten bei medizinischen Versorgungszentren Die einschränkenden Regelungen in § 14a Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 EKV gelten ausschließlich für Vertragsärzte bzw. Vertragsarztpraxen. Für medizinische Versorgungszentren gelten diese Einschränkungen nicht. Dies folgt daraus, dass das medizinische Versorgungszentrum über einen eigenen Zulassungsstatus verfügt, auf dessen Grundlage die Leistungserbringung erfolgt. Die Leistungen sind daher vom medizinischen Versorgungszentrum zu erbringen. Wer innerhalb des medizinischen Versorgungszentrums die ärztlichen Leistungen erbringt, ist ohne Belang. Medizinische Versorgungszentren können daher – unter Beachtung der Vorgaben des Bedarfsplanungsrechts – unbeschränkt angestellte Ärzte beschäftigen. Dies gilt auch dann, wenn das medizinische Versorgungszentrum ausschließlich von Vertragsärzten betrieben wird. Eine entsprechende Anwendung von § 14a Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 1 EKV ist auf Grund des eigenständigen Zulassungsstatus des medizinischen Versorgungszentrums ausgeschlossen. Mit der Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums geht die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung von den einzelnen Vertragsärzten auf das medizinische Versorgungszentrum über. Dieser Pflicht kann das medizinische Versorgungszentrum sowohl durch Vertragsärzte als auch angestellte Ärzte nachkommen.
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IV. Anstellung fachfremder Ärzte 1. Allgemeines 32
Durch das VÄndG wollte der Gesetzgeber es den Vertragsärzten ermöglichen, auch Ärzte eines anderen Fachgebiets als angestellte Ärzte zu beschäftigen39. Die insoweit offene Regelung des § 95 Abs. 9 SGB V, die diese Vorstellungen des Gesetzgebers im Übrigen nicht eindeutig erkennen lässt, ist durch die Gesamtvertragspartner in § 14a Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 2 EKV eingeschränkt worden. Danach ist die Beschäftigung eines angestellten Arztes eines anderen Fachgebiets bzw. einer anderen Facharztkompetenz, für die der Vertragsarzt zugelassen ist, nicht zulässig, wenn der anzustellende Arzt Facharzt eines Fachgebiets oder Facharztkompetenz ist, das bzw. die nach § 13 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 4 EKV nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Hier handelt es sich um Fachärzte für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Nuklearmedizin, Pathologie, Radiologische Diagnostik bzw. Radiologie, Strahlentherapie und Transfusionsmedizin. Das Verbot besteht auch für den umgekehrten Fall, dass ein Vertragsarzt, der nach § 13 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 4 EKV nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann, einen Arzt eines anderen Fachgebiets anstellen will. Eine Anstellung ist ebenfalls unzulässig, wenn durch den angestellten Arzt des anderen Fachgebiets Leistungen erbracht werden sollen, die nach § 13 Abs. 5 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 5 EKV nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden dürfen. Von der Erbringung derartiger Leistungen ist der angestellte Arzt eines anderen Fachgebiets ausgeschlossen (§ 14a Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BMV-Ä bzw. § 20a Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EKV). 2. Abweichungen zum Berufsrecht
33
Das ärztliche Berufsrecht enthält teilweise weitergehende Beschränkungen für die Beschäftigung fachfremder Ärzte. Die Berufsordnungen einzelner Ärztekammern sehen nicht einmal die Beschäftigung fachfremder Ärzte vor40. Zudem ist in vielen Berufsordnungen festgelegt, dass die Beschäftigung fachgebietsfremder Ärzte nur zulässig ist, wenn ein Behandlungsauftrag regelmäßig nur von Ärzten verschiedener Fachgebiete durchgeführt werden kann41. Damit stellt sich die Frage, ob diese Vorgaben des Berufsrechts auch im vertragsärztlichen Bereich zu beachten sind. Grundsätzlich stehen die berufsrechtlichen Vorgaben neben den vertragsarztrechtlichen Vorschriften, so dass der Vertragsarzt auch die berufsrechtlichen Vorgaben zu be-
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41
BR-Drucks. 353/06, S. 48. So z.B. die Berufsordnungen der Ärztekammern Nordrhein und Bayern, die die Neuregelung des § 19 Abs. 2 MBO-Ärzte zur Beschäftigung fachfremder Ärzte nicht übernommen haben. Ob durch die schlichte Nichtübernahme der Neuregelung der MBO-Ärzte das damit angestrebte Ziel des Anstellungsverbots fachfremder Ärzte erreicht werden kann, erscheint allerdings mehr als fraglich, da auf Grund der berufsregelnden Tendenz wohl ein ausdrückliches Verbot notwendig wäre. Vgl. dazu z.B. § 19 Abs. 2 BO Westfalen-Lippe oder § 19 Abs. 2 BO Niedersachsen.
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achten hat42. Da Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung nach Art. 70 Abs. 1 GG Ländersache sind, kann der Bundesgesetzgeber grundsätzlich nicht über seine kompetenzielle Zuständigkeit für das Recht der Sozialversicherung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) und Zulassungsfragen für Ärzte und andere Heilberufe (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG) in die ärztliche Berufsausübung eingreifen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich bei Einzelfragen eine Bundeskompetenz auf Grund von Sachzusammenhang oder eine Annexkompetenz ergibt43. Eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs erscheint hier denkbar, da es um die Frage geht, in welcher Form vertragsärztliche Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Möchte der Bundesgesetzgeber von einer solchen Kompetenz Gebrauch machen, hat er dies deutlich zum Ausdruck zu bringen44. Dies ist hier aber nicht erfolgt, da sich weder aus § 95 Abs. 9 SGB V noch § 32b Ärzte-ZV eindeutig entnehmen lässt, dass die Anstellung fachfremder Ärzte zulässig sein soll; dies ergibt sich lediglich aus der Gesetzesbegründung45. Zudem ist auf Einwände des Bundesrates hin klargestellt worden, dass die im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen nach Ansicht der Bundesregierung deutlich genug machten, dass eventuelle berufsrechtliche Zulässigkeitshindernisse unberührt bleiben46. Außerhalb von medizinischen Versorgungszentren ist die Anstellung eines fachfremden Arztes mithin nicht möglich, sofern dem das jeweilige Berufsrecht der zuständigen Ärztekammer entgegen steht.
V. Genehmigung Die Beschäftigung eines angestellten Arztes bedarf der vorherigen Genehmigung durch die Zulassungsgremien. Eine rückwirkende Genehmigung ist ausgeschlossen47. Sind die Voraussetzungen für die Genehmigungserteilung erfüllt, besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung.
34
1. Antrag Der Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes ist durch den Vertragsarzt beim Zulassungsausschuss zu stellen. Soll der anzustellende Arzt von einer Berufsausübungsgemeinschaft beschäftigt werden, ist der Antrag von der Berufsausübungsgemeinschaft zu stellen48. Dies ergibt sich u.a. aus § 23i Abs. 4 S. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie, da dort der Antrag einer Berufsausübungsgemeinschaft ausdrücklich erwähnt wird. Soll die Anstellung durch ein medizinisches Versor42 43 44 45 46 47 48
BSG, Urt. v. 28.05.1965, 6 RKa 1/65, BSGE 23, 97, 99. S. dazu Anhang zu § 18, Rz. 30. S. dazu Butzer, MedR 2004, 177, 180. BT-Drucks. 16/2474, S. 22. BT-Drucks. 16/3157, S. 11. BSG, Urt. v. 28.03.2007, B 6 KA 30/06 R (zum Vorbereitungsassistenten nach § 32 Abs. 2 Zahnärzte-ZV); Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1094. A.A. Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 49, der von einem personenbezogenen Antrag ausgeht.
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gungszentrum erfolgen, ist der Antrag durch den MVZ-Träger zu stellen. Wird der Antrag abgelehnt, kommt grundsätzlich lediglich dem antragstellenden Vertragsarzt, der Berufsausübungsgemeinschaft bzw. dem medizinischen Versorgungszentrum eine Anfechtungsbefugnis zu49. Der anzustellende Arzt sollte in einem Klageverfahren jedoch zweckmäßigerweise beigeladen werden50. 36
Der Antragsteller hat dem Antrag nach § 32b Abs. 2 S. 2 i.V.m. §§ 4 Abs. 2 und 18 Abs. 2 Ärzte-ZV die Geburtsurkunde und die Approbationsurkunde des anzustellenden Arztes, einen Nachweis über die ärztlichen Tätigkeiten des anzustellenden Arztes seit Bestehen der ärztlichen Prüfung, einen Lebenslauf und ein polizeiliches Führungszeugnis des anzustellenden Arztes, eine Erklärung des anzustellenden Arztes über die zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse und eine Erklärung über das Nichtvorliegen von Rauschgift- und Trunksuchterkrankungen beizulegen51. War der anzustellende Arzt bereits zuvor im Bereich einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung als Vertragsarzt zugelassen, so ist darüber hinaus eine Bescheinigung der Kassenärztlichen Vereinigung beizufügen, aus der sich Ort, Dauer und Beendigungsgründe der Zulassung ergeben (§ 32b Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 18 Abs. 2 lit. c) Ärzte-ZV).
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Neben den vorstehenden Unterlagen, die die Person des anzustellenden Arztes betreffen, ist nach § 23i Abs. 1 Nr. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie auch der schriftliche Arbeitsvertrag unter Angabe von Arbeitszeit und Arbeitsort einzureichen. Soll der Arzt im Rahmen des Job-Sharings nach § 95 Abs. 9 S. 2 i.V.m. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V beschäftigt werden, ist vom Antragsteller zudem eine Verpflichtungserklärung zur Leistungsbeschränkung beizufügen (§ 23i Abs. 1 Nr. 2 BedarfsplanungsRichlinie). 2. Allgemeine Ablehnungsgründe
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Eine Versagung der beantragten Genehmigung kann nicht nur bei Nichtvorliegen der bedarfsplanerischen Vorgaben und/oder den besonderen Genehmigungsvoraussetzungen, die von der Art der beantragten Genehmigung abhängen (z.B. Fachidentität bei der Job-Sharing-Anstellung) und die vorstehend im Einzelnen dargestellt sind, erfolgen, sondern auch bei Nichtvorliegen der nachfolgenden allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen.
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Eine Genehmigung ist zu versagen, wenn der anzustellende Arzt bereits das 68. Lebensjahr vollendet hat. Dies gilt sowohl für eine Tätigkeit beim Vertragsarzt (§ 95 Abs. 9 S. 4 i.V.m. Abs. 7 S. 7 SGB V) als auch bei einem medizinischen Versorgungszentrum (§ 95 Abs. 7 S. 7 SGB V).
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Liegen in der Person des anzustellenden Arztes Gründe vor, die bei einem Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen können, kann die Genehmigung in analo49 50 51
BSG, Urt. v. 19.06.1996, 6 RKa 84/95, MedR 1997, 132, 132f.; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1108. BSG, Urt. v. 02.10.1996, 6 RKa 82/95, SozR 3-5520 § 32b Ärzte-ZV Nr. 3. S. dazu im Einzelnen § 4, Rz. 6f, sowie § 18, Rz. 15ff.
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ger Anwendung von § 32 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 Ärzte-ZV versagt werden. Die Versagung der Genehmigung ist allerdings nicht zwingend, da der anzustellende Arzt selbst nicht verantwortlich an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, sondern die Verantwortung ausschließlich beim Vertragsarzt liegt52. Die Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses in berufs- oder arbeitsrechtlicher Sicht kann hingegen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund begründen. Die Zulassungsgremien sind mangels gesetzlicher Aufgabenzuweisung nicht für die Prüfung der berufsrechtlichen, arbeitsrechtlichen und allgemeinen sozialversicherungspflichtigen Vorgaben zuständig53. Verstößt der Anstellungsvertrag gegen berufsrechtliche Vorschriften, kann eine Beanstandung ausschließlich durch die zuständige Ärztekammer erfolgen, der die Anstellung nach den berufsrechtlichen Vorschriften anzuzeigen ist. Die Festlegung der arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten, insbesondere der Vergütungshöhe, der Kündigungsfristen, des Urlaubsanspruchs etc., ist ausschließlich Sache des angestellten Arztes und des Vertragsarztes bzw. des MVZ-Trägers als Arbeitgeber. Die Zulassungsgremien können lediglich prüfen, ob durch die konkrete Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses gegen vertragsarztrechtliche Vorgaben verstoßen wird.
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3. Beendigungsgründe a) Widerruf und Aufhebung Da SGB V, Ärzte-ZV und die Bedarfsplanungs-Richtlinie keine Regelungen zum Widerruf der erteilten Genehmigung enthalten54, kann eine Aufhebung der Genehmigung ausschließlich nach den allgemeinen Vorschriften des SGB X erfolgen. Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt kann nach § 47 Abs. 1 SGB X nach Bestandskraft nur dann widerrufen werden, soweit der Widerruf entweder durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist oder eine mit dem Verwaltungsakt verbundene Auflage nicht oder nicht fristgemäß erfüllt wird. Mangels ausdrücklicher Rechtsgrundlagen für einen Widerruf ist den Zulassungsgremien anzuraten, die Genehmigungen mit umfangreichen Widerrufsvorbehalten oder Auflagen zu versehen. Wird dies übersehen, bleibt nur die Möglichkeit der Aufhebung nach § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
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A.A. wohl Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1088, und Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1300, Rz. 93, die anscheinend von einem zwingenden Versagungsgrund ausgehen. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1085. Für den Fall der Verletzung der Fortbildungsverpflichtung durch den angestellten Arzt findet sich zwar in § 95d Abs. 5 S. 6 SGB V die Vorgabe, dass die Kassenärztliche Vereinigung beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Widerruf der Anstellungsgenehmigung stellen soll, doch liegt in dieser Vorschrift keine Rechtsgrundlage für einen Widerruf, da diese ausschließlich an die Kassenärztlichen Vereinigungen adressiert ist.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
b) Sonstige Beendigungsgründe 43
Kommt es zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses, entfällt die Grundlage der Anstellungsgenehmigung, so dass die Genehmigung mit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses in Wegfall gerät55. Eine gesonderte Aufhebung der Anstellungsgenehmigung ist nicht erforderlich. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist der Zulassungsausschuss allerdings berechtigt, den Wegfall der Anstellungsgenehmigung durch deklaratorischen Beschluss festzustellen56.
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Die Anstellungsgenehmigung endet auch mit dem Ablauf des Quartals, in dem der angestellte Arzt sein 68. Lebensjahr vollendet. Die in § 95 Abs. 9 S. 4 i.V.m. § 95 Abs. 7 S. 7 SGB getroffene Regelung, wonach die Anstellung zu diesem Zeitpunkt enden soll, ist allerdings missverständlich. Das zivilrechtliche Anstellungsverhältnis bleibt durch die Vollendung des 68. Lebensjahres des angestellten Arztes grundsätzlich unberührt, sofern der Arbeitsvertrag keinen Beendigungstatbestand vorsieht. Es endet lediglich die erteilte Genehmigung zur Beschäftigung des angestellten Arztes im vertragsärztlichen Bereich. Privatärztliche Tätigkeiten bleiben weiterhin möglich.
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Bei Vollendung des 68. Lebensjahres des angestellten Arztes gerät die erteilte Anstellungsgenehmigung ausnahmsweise dann nicht in Wegfall, wenn durch den Landesauschuss eine Unterversorgung festgestellt worden ist (§ 95 Abs. 9 S. 4 i.V.m. Abs. 7 S. 7 Hs. 2 und S. 8 SGB V).
VI. Leistungserbringung durch angestellte Ärzte 46
Die ärztlichen Leistungen der genehmigten angestellten Ärzte werden dem Vertragsarzt nach § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV als persönliche Leistungen zugerechnet57. Aus zivilrechtlicher Sicht werden die angestellten Ärzte als Erfüllungsgehilfen des Vertragsarztes tätig. Der Vertragsarzt ist sowohl vertragsarztrechtlich als auch zivilrechtlich für die Tätigkeit des angestellten Arztes verantwortlich (§ 14 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 2 EKV, § 278 BGB).
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Bei qualifikationsgebundenen Leistungen nach § 11 BMV-Ä bzw. § 39 EKV muss der angestellte Arzt selbst über die erforderliche Qualifikation zur Leistungserbringung verfügen (§ 14 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 EKV). Darüber hat sich der Vertragsarzt selbst zu vergewissern (§ 14 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 1 S. 1 EKV). Liegt die persönliche Qualifikation nicht vor, scheidet eine Leistungserbringung durch den angestellten Arzt aber nicht aus; lediglich die eigenverantwortliche Leistungserbringung durch den angestellten Arzt ist unzulässig (§ 14 Abs. 1 S. 4 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 1 S. 4 EKV). Wird der angestellte Arzt damit – gleich einem Weiterbildungsassistenten – unter Aufsicht und Anleitung des Vertragsarztes tätig, so können auch diese Leistungen als eigene Leistungen des Ver55 56 57
So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1095. Vgl. dazu BSG, Urt. v. 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R, SozR 4-2500 § 95 SGB V Nr. 2 (zur Zulassung). S. dazu § 32, Rz. 2.
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tragsarztes durch diesen abgerechnet werden. Dabei sind – wie auch bei einem Weiterbildungsassistenten – keine allzu strengen Anforderungen an die Aufsicht und Anleitung durch den Vertragsarzt zu stellen.
VII. Status der angestellten Ärzte Das Rechtsverhältnis des angestellten Arztes zum Vertragsarzt richtet sich nach dem abgeschlossenen Arbeitsvertrag und den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Insoweit gelten keine Besonderheiten.
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Nach § 77 Abs. 3 Ärzte-ZV sind angestellte Ärzte Pflichtmitglieder der für ihren Arztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, soweit sie mindestens eine Halbtagsbeschäftigung ausüben. Mit dem Begriff „Arztsitz“ ist der Standort gemeint, für den die Anstellungsgenehmigung erteilt ist. Der angestellte Arzt wird daher nur Mitglied in einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung als der anstellende Vertragsarzt, wenn die Anstellung zur ausschließlichen Tätigkeit an einem Zweigpraxisstandort außerhalb des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung erteilt wird, in dem der Vertragsarztsitz des anstellenden Vertragsarztes gelegen ist.
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Mit der Mitgliedschaft des angestellten Arztes in der Kassenärztlichen Vereinigung wird zugleich die Disziplinargewalt der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung begründet (§ 81 Abs. 5 SGB V). Liegt die Beschäftigungsdauer nicht über 20 Wochenstunden, können die Kassenärztlichen Vereinigungen mithin keine Disziplinargewalt über einen angestellten Arzt ausüben. Kommt es zu Verstößen gegen vertragsarztrechtliche Vorschriften können diese nicht unmittelbar gegenüber dem angestellten Arzt, sondern nur gegenüber dem anstellenden Vertragsarzt, der für das Verhalten des bei ihm angestellten Arztes verantwortlich ist (§ 14 Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 20 Abs. 2 EKV), geahndet werden.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
§ 33 (1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren. (2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistung, ist zulässig, sofern diese Berufsausübungsgemeinschaft nicht zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet wird. (3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragsarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Praxisgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1. Besondere Formen der Praxisgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 a) Apparategemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 b) Laborgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 c) Leistungserbringungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
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§ 33 2. 3. 4. 5.
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Mitglieder einer Praxisgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Unabhängigkeit und Selbstständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Praxisgemeinschaft als nicht genehmigte Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . 13 Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 a) Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 b) Schweigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 c) Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 d) Unterrichtungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 e) Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 f) Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 III. Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Vertragsarztrechtliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 a) Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Gemeinsame Berufsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 c) Unabhängigkeit und Selbstständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 d) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Fachgebietsgleiche und –verschiedene Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . 35 b) Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 bb) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 cc) Besonderheiten bei der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft innerhalb des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . 44 dd) Besonderheiten bei der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft über die Bezirke mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . 47 d) Teilberufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 bb) Problem der entgeltlichen Patientenzuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 cc) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 e) Berufsausübungsgemeinschaft im Job-Sharing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 bb) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Zulassungsrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 f) Berufsausübungsgemeinschaft auf Grund Sonderbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 cc) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 dd) Zulassungsrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 ee) Konkurrentenwiderspruch/-klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 g) Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Privatarzt und (auch) Vertragsarzt . . . . 84 3. Gesellschaftsrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Haftung der Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 86 aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 bb) Haftung gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung . . . 92 c) Sonstiges mit vertragsarztrechtlichen Berührungspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 aa) Erreichen der vertragsarztrechtlichen Altersgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Vereinbarungen über die vertragsärztliche Zulassung der Mitglieder . . . . . . 97 cc) Budgetaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 dd) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Bedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . 99 ee) Genehmigung als Bedingung für den Beginn der Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4. Genehmigungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
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b) Prüfungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Besonderheiten für Zahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Praxisgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gemeinsame Berufsausübung, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit . . . . . . . c) Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Teilberufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, Teilgemeinschaftspraxis – Überörtliche Organisationsgemeinschaft – Einnahmenpooling – Gemeinsame Berufsausübung, ZMGR 2003, 59; Boecken, Die Altersgrenze von 68 Jahren für Vertragsärzte aus EG-rechtlicher Sicht, NZS 2005, 393; Butzer, Nullbeteiligungsgesellschaften unter Ärzten, MedR 2001, 604; Dahm/Ratzel, Liberalisierung der Tätigkeitsvoraussetzungen des Vertragsarztes und Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes – VÄndG, MedR 2006, 555; Ehmann, Praxisgemeinschaft/Gemeinschaftspraxis, MedR 1994, 141; Engelmann, Die Gemeinschaftspraxis im Vertragsarztrecht, ZMGR 2004, 3; Goette, Mindestanforderungen an die Gesellschafterstellung in der BGB-Gesellschaft, MedR 2002, 1; Gummert/Meier, Nullbeteiligungsgesellschaften, MedR 2007, 1; Kamps, Der neue Teilnahmestatus der eingeschränkten Zulassung gemäß § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V, MedR 1998, 103; Koch, Niederlassung und berufliche Kooperation – Neue Möglichkeiten nach der novellierten (Muster-)Berufsordnung für Ärzte, GesR 2005, 241; Krafczyk, Praxisgemeinschaften im Zwielicht – Ein Situationsbericht, MedR 2003, 313; Lange, Beratungsprobleme beim „Eintritt“ eines Arztes in eine Einzelpraxis oder bei seiner Aufnahme in eine Gemeinschaftspraxis, ZMGR 2003, 18 und 55; Möller, Aktuelle Probleme bei Gründung und Betrieb von Gemeinschaftspraxen, MedR 2006, 621; Möller, Gemeinschaftspraxis zwischen Privatarzt und Vertragsarzt, MedR 2003, 195; Möller, Rechtliche Probleme von „Nullbeteiligungsgesellschaften“ – wieviel wirtschaftliches Risiko muss sein?, MedR 1999, 493; Ratzel/Lippert, Das Berufsrecht der Ärzte nach den Beschlüssen des 107. Deutschen Ärztetages in Bremen, MedR 2004, 525; Ratzel/Möller/Michels, Die Teilgemeinschaftspraxis – Zulässigkeit, Vertragsinhalte, Steuern –, MedR 2006, 377; Reiter, Ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft vs. Organisationsgemeinschaft – Ist die wirtschaftliche Beteiligung Dritter an einer Arztpraxis statthaft?, GesR 2005, 6; Scheuffler, Zahnärztliche Praxislaborgemeinschaften, MedR 1998, 65; Schirmer, Berufsrechtliche und kassenarztrechtliche Fragen der ärztlichen Berufsausübung in Partnerschaftsgesellschaften (Teil 2), MedR 1995, 383; Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragarztrecht, MedR 2007, 469; Walter, Organhaftung in als BGB-Gesellschaften betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxen, GesR 2005, 396; Weimer, Die KV-Grenzen überschreitende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft – Die Wahlpflicht der Heimat-KV, GesR 2007, 204; Wigge, Die Teilgemeinschaftspraxis – Innovative Kooperationsform oder unzulässige Kick-Back-Modell?, NZS 2007, 393; Wigge, Vertragsarzt- und berufsrechtliche Anforderungen an Gemeinschaftspraxisverträge, NZS 2001, 293
I. Allgemeines 1
Ermächtigungsgrundlage für § 33 Ärzte-ZV ist § 98 Abs. 2 Nr. 13a i.V.m. Abs. 1 SGB V. § 33 Ärzte-ZV bestimmt die Möglichkeiten für Vertragsärzte, sich bei der Ausübung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit gemeinsam zu organisieren. In Betracht kommt zum einen die Praxisgemeinschaft als Organisationsgemeinschaft zur
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§ 33
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ganzen oder teilweisen gemeinsamen Nutzung einer für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erforderlichen Infrastruktur, zum anderen die Berufsausübungsgemeinschaft1 als Zusammenschluss von zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern zur ganzen oder teilweisen gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV enthält Regelungen zur Praxisgemeinschaft, § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV betrifft die Bildung von Berufsausübungsgemeinschaften. II. Praxisgemeinschaft Der organisatorische Zusammenschluss von Ärzten ist nach § 18 Abs. 1 MBO-Ä und § 33 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zulässig. Während in § 18 Abs. 1 MBO-Ä der Begriff der Organisationsgemeinschaft Eingang gefunden hat, meidet § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV die Bezeichnung eines solchen Zusammenschlusses. In der Praxis hat sich der Begriff der Praxisgemeinschaft verfestigt. Ihre berufsrechtlichen und vertragsarztrechtlichen Anforderungen sind weitgehend deckungsgleich. Von den Vertragspartnern der Bundesmantelverträge wurde der Begriff der Praxisgemeinschaft in § 1a Nr. 12a BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 12a EKV mit der Feststellung aufgegriffen, dass eine Praxisgemeinschaft keine Berufsausübungsgemeinschaft ist. Differenzierungskriterium insoweit ist – im Umkehrschluss aus § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV – die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Die Organisation im Rahmen einer Praxisgemeinschaft lässt die individuelle ärztliche Tätigkeit der Beteiligten unberührt. Der gemeinsame Zweck einer Praxisgemeinschaft erfasst demnach nicht die ärztliche Berufsausübung als solche. Unter Berücksichtigung dieser Abgrenzung zur Berufsausübungsgemeinschaft ist Kennzeichen einer Praxisgemeinschaft nach § 33 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV die gemeinsame Nutzung einer Praxisinfrastruktur und/ oder die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligten eine Praxisinfrastruktur in Gänze oder nur zu Teilen gemeinsam nutzen. Um eine Praxisgemeinschaft handelt es sich auch dann, wenn die Beteiligten bspw. nur Praxisräume gemeinsam nutzen, im Übrigen aber die Praxiseinrichtung und das Praxispersonal jeweils getrennt von den anderen Beteiligten nutzen bzw. beschäftigen2.
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Die bislang vorherrschende Terminologie der Gemeinschaftspraxis wird mit dem Begriff der Berufsausübungsgemeinschaft – wie schon im Berufsrecht – aufgegeben. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Terminologie in der Praxis durchsetzen wird. So auch Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 7, der die gemeinsame Raumnutzung als „prägendes Merkmal“ einer Praxisgemeinschaft qualifiziert. Gleichzeitig hält er – mit überzeugender Begründung – die Bildung einer überörtlichen Praxisgemeinschaft für zulässig (SchäferGölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 27), die zwar in der Regel, aber nicht zwingend gemeinsame Räume unterhält, sich jedoch bspw. auf die Nutzung einer gemeinsamen medizinisch-technischen Infrastruktur (etwa bei Anästhesisten) beschränken kann, so dass die gemeinsame Raumnutzung nicht unabdingbares Kennzeichen einer Praxisgemeinschaft ist.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
Die in einer Praxisgemeinschaft organisierten Ärzte üben hiernach ihre ärztliche Tätigkeit unabhängig von den übrigen Mitgliedern der Praxisgemeinschaft aus; sie haben jeweils ihren eigenen Patientenstamm, ihre eigene Patientenkartei und erwirtschaften ihren eigenen Umsatz und Gewinn. Die Praxisgemeinschaft ist als Organisationsgemeinschaft eine Kostenteilungsgemeinschaft. 1. Besondere Formen der Praxisgemeinschaft 3
In der Praxis haben sich anerkannte Unterformen der Praxisgemeinschaft herausgebildet, die als Apparategemeinschaft, als Laborgemeinschaft oder als vertragsärztliche Leistungserbringungsgemeinschaft bekannt sind. Ihnen ist gemein, dass sich die gemeinsame Organisation nur auf ausgewählte ärztliche Leistungsbereiche beschränkt. Es handelt sich insoweit um Formen einer partiellen Praxisgemeinschaft3. a) Apparategemeinschaft
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In der Apparategemeinschaft beschränken sich die Beteiligten auf die gemeinsame Nutzung einer medizinisch-technischen Infrastruktur, in der Regel eines Großgerätes, ggf. mit Beschäftigung gemeinsamen Personals, während sie im Übrigen organisatorisch getrennt voneinander arbeiten. Vertragsarztrechtlich findet der Begriff der Apparategemeinschaft in § 1a Nr. 12a BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 12a EKV Erwähnung mit der inhaltlichen Feststellung, dass eine Apparategemeinschaft keine Berufsausübungsgemeinschaft ist. Die rechtlichen Anforderungen, die an eine Apparategemeinschaft zu stellen sind, sind hiernach mit denen einer „klassischen“ Praxisgemeinschaft identisch. b)
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Laborgemeinschaft4
In einer Laborgemeinschaft bündeln die Beteiligten räumliche, medizinisch-technische und/oder personelle Infrastruktur für labormedizinische Untersuchungen. Die Laborgemeinschaft findet auf der Grundlage des § 105 Abs. 2 S. 2 SGB V in § 25 BMV-Ä bzw. § 28 EKV ihre vertragsarztrechtliche Ausgestaltung. In § 1a Nr. 14a BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 14a EKV sind Laborgemeinschaften definiert als „Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten, welche dem Zweck dienen, laboratoriumsmedizinische Analysen regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte zu erbringen“. Dabei erfährt der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, der in § 15 BMV-Ä bzw. § 14 EKV konkretisiert ist, eine Lockerung insoweit, als die an der Laborgemeinschaft beteiligten Ärzte5 labormedizinische Untersuchungen nach Kap. 32.2 EBM und die entsprechenden labormedizinischen Untersuchungen nach Kap. 1.7 EBM aus der Laborgemeinschaft 3 4 5
Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 10, 13. Vgl. dazu eingehend Peikert in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Laborgemeinschaft“. Mitglied kann selbstverständlich nur der Arzt sein, der über die persönlichen Abrechnungsvoraussetzungen labormedizinischer Untersuchungsleistungen verfügt.
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beziehen, aber als eigene Leistungen abrechnen können. Die Bildung einer Laborgemeinschaft ist auch berufsrechtlich anerkannt6. Allgemeine Laboruntersuchungen für Privatpatienten nach Kap. MI und MII GOÄ können gleichermaßen unter Durchbrechung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung aus der Laborgemeinschaft, dessen Mitglied der abrechnende Arzt ist, bezogen werden7. In der Vergangenheit sahen sich verschiedentlich Mitglieder solcher Laborgemeinschaften strafrechtlichen Verfolgungen ausgesetzt, die auf der Annahme fußten, dass auch privat- und/oder vertragsärztliche Speziallaboruntersuchungen aus solchen Laborgemeinschaften bezogen und als eigene Leistungen unter Missachtung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung abgerechnet wurden8. c)
Leistungserbringungsgemeinschaft
Die Leistungserbringungsgemeinschaft ist eine ausschließlich vertragsarztrechtliche Erscheinungsform der partiellen Praxisgemeinschaft9. Dies kommt in § 1a Nr. 14 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 14 EKV zum Ausdruck, der die Leistungserbringungsgemeinschaft definiert als „bundesmantelvertraglich bestimmte Form der Zusammenarbeit von Vertragsärzten, insbesondere im Bereich der medizinisch-technischen Leistungen gemäß § 15 Abs. 3 BMV-Ä (§ 14 Abs. 2 EKV) als Sonderfall der Leistungszuordnung im Rahmen der persönlichen Leistungserbringung“. Die Organisation im Rahmen einer Leistungserbringungsgemeinschaft ist hiernach eine vertragsarztrechtlich zulässige Durchbrechung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung. In ihr können sich nach § 15 Abs. 3 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 2 EKV Vertragsärzte bei gerätebezogenen Untersuchungsleistungen zur gemeinschaftlichen Leistungserbringung zusammenschließen, wobei die beteiligten Ärzte die von ihnen dorthin „überwiesenen“10 ärztlichen Leistungen auch dann als eigene Leistungen abrechnen dürfen, wenn sie tatsächlich von einem anderen Mitglied der Leistungserbringungsgemeinschaft oder von einem dort angestellten Arzt erbracht worden sind. Nach überwiegender Auffassung darf eine Leistungserbringungsgemeinschaft nicht zum Zwecke der Erbringung von Speziallaboruntersuchungen 6 7
8
9
10
Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 13. Ratzel in: Ratzel/Lippert (Hrsg.), Kommentar zur MBO-Ä, § 31, Rz. 4 m.w.N.; Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, Rz. 86. Privat- und vertragsärztliche Speziallaboruntersuchungen dürfen nur dann als eigene Leistungen abgerechnet werden, wenn und soweit der abrechnende Arzt den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung beachtet hat. Viele Staatsanwaltschaften vertraten dabei die Auffassung, dass ein Arzt dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung nur dann gerecht wird, wenn er schon während des Analysevorgangs persönlich anwesend ist. Dabei muss die Forderung nach persönlicher Anwesenheit nach den berufs- und vertragsarztrechtlichen Liberalisierungen als erfüllt angesehen werden, wenn sich der Arzt entsprechend qualifizierter angestellter Ärzte bedient. Sie ist nach richtiger Auffassung keine Berufsausübungsgemeinschaft; s. hierzu Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, Rz. 70ff., sowie Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 559. Nicht Überweisung i.S.d. § 24 BMV-Ä bzw. § 27 EKV.
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gebildet werden, da die Regelungen in § 25 BMV-Ä bzw. § 28 EKV als lex specialis den Bestimmungen zur Leistungserbringungsgemeinschaft in § 15 Abs. 3 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 2 EKV vorgehen11. 2. Mitglieder einer Praxisgemeinschaft 7
Sowohl nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 MBO-Ä als auch nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV können sich „Ärztinnen und Ärzte“ bzw. „mehrere Ärzte“ im Rahmen einer Praxisgemeinschaft organisieren. Der Wortlaut beider Bestimmungen ist missverständlich. Denn zum einen ist die Mitgliedschaft in einer Praxisgemeinschaft keineswegs beschränkt auf Ärzte. Mitglieder einer Praxisgemeinschaft können auch Gemeinschaften von Ärzten, insbesondere Berufsausübungsgemeinschaften und medizinische Versorgungszentren sein. Es ist auch kein Ausschlusskriterium, wenn ein Mitglied der Praxisgemeinschaft noch anderen Organisationsgemeinschaften oder gar einer Berufsausübungsgemeinschaft angehört. Die Mitgliedschaft ist zum anderen nicht beschränkt auf ärztliche Leistungserbringer. Eine gemeinschaftliche Organisationsstruktur kann grundsätzlich auch mit Nichtärzten geschaffen und genutzt werden12. Denn wenn schon die kooperative Berufsausübung mit Angehörigen anderer Fachberufe nach § 23b MBO-Ä zulässig ist, gilt dies erst recht für die die Berufsausübung als solche nicht betreffende Organisation als Praxisgemeinschaft. Auch aus § 33 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV kann kein Verbot einer gemeinschaftlichen Organisationsstruktur zwischen Arzt und Nichtarzt abgeleitet werden. Denn Regelungsgegenstand des § 33 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV ist ersichtlich ausschließlich die Bildung von Organisationsgemeinschaften zwischen Ärzten; die Norm verhält sich zu Organisationsgemeinschaften zwischen Ärzten und Nichtärzten nicht. Die vertragsarztrechtliche Einschränkung einer solchen Zusammenarbeit hätte eines expliziten Verbots bedurft. Selbstverständlich kann eine Praxisgemeinschaft auch zwischen ausschließlich privatärztlich tätigen Ärzten und vertragsärztlichen Leistungserbringern13 gebildet werden. Mitglieder einer Praxisgemeinschaft können auch Ärzte und Zahnärzte sein. Dies ist weder berufs- noch vertrags(zahn)arztrechtlich ausgeschlossen.
8
Die Besonderheiten der dargestellten Unterformen der Praxisgemeinschaft schränken den Kreis der potenziellen Mitglieder ein. So können Mitglieder einer Apparategemeinschaft, deren Zweck die gemeinsame Nutzung einer medizinischtechnischen Infrastruktur ist, nur solche sein, die diese Infrastruktur für sich auch nutzbar machen können. Häufig werden in der Praxis Apparategemeinschaften zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern gebildet. Mitglieder einer La11
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S. hierzu Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, Rz. 80. So auch Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 8; Rieger in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 1. Auch der ermächtigte Arzt kann Mitglied einer Praxisgemeinschaft sein; so auch Steinhilper in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung“, Rz. 74.
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borgemeinschaft können nur ärztliche Leistungserbringer sein, die nach ihrer Qualifikation die notwendigen Voraussetzungen zur Erbringung und Abrechnung von zulässigerweise14 über Laborgemeinschaften bezogenen Laboruntersuchungen besitzen. Soweit § 1a Nr. 14a BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 14a EKV Laborgemeinschaften als „Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten“ definiert, ist der Begriff „Vertragsärzte“ als „vertragsärztliche Leistungserbringer“ auszulegen. Es besteht keine Veranlassung dafür, medizinische Versorgungszentren oder ermächtigte Krankenhausärzte nicht als potenzielle Mitglieder von Laborgemeinschaften anzusehen. Berufsausübungsgemeinschaften sind selbst keine vertragsärztlichen Leistungserbringer, da sie – anders als medizinische Versorgungszentren – über keine Zulassung verfügen. Sie können daher nicht Mitglied einer vertragsärztlichen Laborgemeinschaft sein, die in ihr verbundenen Vertragsärzte hingegen schon. In Leistungserbringungsgemeinschaften gilt das für Apparate- und Laborgemeinschaften Gesagte entsprechend. 3. Unabhängigkeit und Selbstständigkeit Die in einer Praxisgemeinschaft organisierten ärztlichen Leistungserbringer müssen ihre ärztliche Tätigkeit eigenverantwortlich, medizinisch unabhängig und nichtgewerblich ausüben. Berufsrechtlich folgt dies aus § 18 Abs. 2 S. 1 MBO-Ä i.V.m. § 18 Abs. 1 MBO-Ä, vertragsarztrechtlich ist dies aus § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV abzuleiten. Die ärztliche Berufsausübung muss hiernach ohne Einflussnahme Dritter bleiben. Auf die konkreten Eigentumsverhältnisse an den Praxisräumen und/oder der Praxiseinrichtung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an15. Ein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 S. 1 MBO-Ä oder gegen § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV liegt nicht vor, wenn ein Arzt seine Praxisräume angemietet, Teile seiner Praxisinfrastruktur geleast oder sicherungsübereignet hat. Auch ist es zulässig, wenn nur ein Mitglied der Praxisgemeinschaft Mieter der Praxisräume ist, die von der Praxisgemeinschaft und damit von den übrigen Mitgliedern im Wege eines Untermietverhältnisses genutzt werden. Gleiches gilt, wenn die Praxiseinrichtung im Eigentum eines Mitglieds der Praxisgemeinschaft steht, der die Einrichtung der Praxisgemeinschaft und damit den übrigen Mitgliedern zur gemeinsamen Nutzung überlässt. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist zum einen, dass jedes Mitglied der Praxisgemeinschaft die gemeinsame Infrastruktur zur Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit nutzen darf und kann. Zum anderen dürfen sich die Mitglieder der Praxisgemeinschaft weder von anderen Mitgliedern der Praxisgemeinschaft noch von externen Dritten wirtschaftlich in einer Weise abhängig machen, dass sie ihre ärztliche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr frei von ökonomischen Zwängen ausüben können. So sind umsatzabhängige Miet- und Pachtverträge16 oder Vereinbarungen über umsatzabhängige Kostenanteile in der Praxisgemeinschaft17 zwar grundsätzlich zulässig. Allerdings müssen Leis14 15 16 17
S. hierzu Rz. 5. Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 39, 29 und 31; s. dazu auch § 32, Rz. 9f. BayOblG, Urt. v. 06.11.2000, 1 ZR 612/98, MedR 2001, 206ff. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.09.2006, L 11 KA 20/06.
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tung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Die Höhe eines umsatzbezogenen Miet- oder Pachtzinses hat sich zu orientieren an den marktüblichen Preisen unter Berücksichtigung eines kalkulatorischen Unternehmergewinns18. Umsatzabhängige Kostenanteile in einer Praxisgemeinschaft sind der Höhe nach grundsätzlich an den durchschnittlichen Kostenquoten der jeweiligen Arztgruppe auszurichten, wobei besondere Kostensituationen selbstverständlich Berücksichtigung finden können. Ein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 S. 1 MBO-Ä bzw. § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn auf den Umsatz oder Gewinn eines Mitglieds der Praxisgemeinschaft dergestalt zugegriffen wird, dass diesem letztlich nur noch ein Fixum als Ergebnis seiner ärztlichen Tätigkeit verbleibt. 10
Die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft müssen das berufsrechtliche Verbot der entgeltlichen Patientenzuweisung nach § 31 MBO-Ä beachten, dies sowohl untereinander als auch gegenüber Dritten. Hiernach dürfen sich die Mitglieder der Praxisgemeinschaft nicht zu einer wechselseitigen Zuweisung innerhalb der Praxisgemeinschaft verpflichten19. Insbesondere ist der Grundsatz der freien Arztwahl auch von den Mitgliedern einer Praxisgemeinschaft zu beachten. Dies ordnet § 18 Abs. 4 MBO-Ä im Regelungszusammenhang mit ärztlichen Kooperationsformen ausdrücklich – neben § 7 Abs. 2 MBO-Ä – nochmals an.
12
Grundsätzlich unschädlich ist es, wenn sich die Mitglieder der Praxisgemeinschaft auf ein sog. Gewinnpooling20 verständigen. Ein Gewinnpooling ist weder berufsnoch vertragsarztrechtlich verboten. Allerdings darf sich das Gewinnpooling nicht als Umgehung des Verbots der entgeltlichen Patientenzuweisung nach § 31 MBO-Ä darstellen. Zudem muss sich das Gewinnpooling unterhalb der Ebene einer gemeinsamen Berufsausübung abspielen, d.h. es muss als ausschließlich wirtschaftlicher Finanzverbund organisiert sein. Eine faktisch gemeinschaftliche Berufsausübung darf hierdurch nicht entstehen und auch nicht praktiziert werden21. So wird teilweise die Auffassung vertreten, die Bildung eines Gewinnpools zwischen Mitgliedern einer Praxisgemeinschaft sei als Indiz dafür zu werten, dass die Beteiligten tatsächlich eine Berufsausübungsgemeinschaft führen wollten22. Diese Auffassung ist jedenfalls dann nicht konsequent, wenn man die grundsätzliche Zulässigkeit eines Gewinnpoolings zwischen Mitgliedern einer Praxisgemeinschaft bejaht. Denn was weder berufs- noch vertragsarztrechtlich verboten ist, kann auch keine Indizwirkung für die Vermutung, die Mitglieder der Praxisgemeinschaft übten ihre ärztliche Tätigkeit tatsächlich gemeinsam aus, auslösen. Nur dann, wenn zunächst andere An18 19 20
21 22
BayOblG a.a.O. Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 32. Bei einem Gewinnpooling werden die individuell erwirtschafteten Gewinne in einen gemeinsamen Gewinnpool abgegeben, der dann nach dem vereinbarten Schlüssel unter den Beteiligten ausgeschüttet wird. Vertragsarztrechtlich ergibt sich dies aus dem Genehmigungsvorbehalt nach § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV. So Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1145; Luxenburger, Schriftenreihe der ARGE Medizinrecht im DAV, Band 2, 80; Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 46.
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haltspunkte faktischer Art – bspw. gemeinsame Patientenkartei, nicht unerhebliche Zahl gemeinsamer Patienten u.ä. – diese Vermutung nahe legen, kann das Gewinnpooling als diese Vermutung unterstützendes Indiz gewertet werden23. 4. Praxisgemeinschaft als nicht genehmigte Berufsausübungsgemeinschaft Die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft genießen vertragsarztrechtlich honorartechnische Vorteile gegenüber den Mitgliedern einer Berufsausübungsgemeinschaft, weil die Behandlungsfälle der Mitglieder einer Praxisgemeinschaft getrennt erfasst werden. So kann jedes Mitglied der Praxisgemeinschaft bspw. den Ordinationskomplex für die Behandlung eines GKV-Patienten abrechnen, auch wenn die Behandlung desselben Patienten bei einem anderen Mitglied der Praxisgemeinschaft bereits zuvor den Ordinationskomplex ausgelöst hat. In der Berufsausübungsgemeinschaft gelten hingegen gemeinsam behandelte GKV-Patienten nach § 1a Nr. 28 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 28 EKV als ein Behandlungsfall der Berufsausübungsgemeinschaft; ihre Behandlung löst den – allerdings erhöhten – Ordinationskomplex nur einmal aus. Der EBM 2008 eröffnet für fachgebietsverschiedene Berufsausübungsgemeinschaften allerdings eine honorartechnische Begünstigung, für fachgebietsgleiche Berufsausübungsgemeinschaften aber noch nicht einmal mehr den erhöhten Ordinationskomplex. Der honorartechnische Vorteil der Praxisgemeinschaft – neben evtl. weiteren Vorteilen aus den regionalen Bestimmungen der Honorarverteilungsverträge – bewegen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft gelegentlich dazu, sich im Rahmen einer Praxisgemeinschaft zu organisieren, ohne allerdings ihre Praxisstruktur tatsächlich zu ändern. Dies führt dazu, dass in den an sich selbstständigen Praxen der Mitglieder der Praxisgemeinschaft häufig ein hoher Anteil identischer GKV-Patienten zu finden ist, nicht zuletzt dann, wenn die Mitglieder der Praxisgemeinschaft ihre individuelle Präsenz nach einem gemeinsam vereinbarten Schichtsystem24 organisieren. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung bewertet solche Sachverhalte jedenfalls dann als Gestaltungsmissbrauch, wenn ein nicht unerheblicher, medizinisch nicht mehr erklärbarer Anteil identischer GKV-Patienten von den einzelnen Mitgliedern der Praxisgemeinschaft behandelt wird. Voraussetzung für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs ist dabei nicht, dass die Mitglieder der Praxisgemeinschaft ursprünglich 23
24
Das LSG Niedersachsen-Bremen (Beschl. v. 10.02.2003, L 3 KA 434/02 ER, MedR 2003, 429) leitet allein aus der Bildung eines Gewinnpools ohne weiteres den Schluss ab, die Beteiligten würden eine Berufsausübungsgemeinschaft führen. Diese Auffassung ist abzulehnen, da das LSG Niedersachsen-Bremen über diese Schlussfolgerung die Bildung eines Gewinnpools von vorneherein als unzulässig qualifiziert. Hierfür fehlt es aber an einer gesetzlichen Verbotsnorm. Die Entscheidung des LSG Niedersachse-Bremen ebenso ablehnend: Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1145; Krafczyk, MedR 2003, 313ff.; LG Hamburg, Urt. v. 21.07.2004, 322 O 136/04, MedR 2005, 98ff. Was u.U. als Verstoß gegen die Präsenzpflicht gewertet werden kann (so jedenfalls LSG Baden-Württemberg, AusR 2000, 49), insbesondere aber ein deutliches Indiz für einen Gestaltungsmissbrauch darstellt (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.12.2006, L 11 KA 59/06 und 60/06).
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als Berufsausübungsgemeinschaft organisiert waren, wenngleich der Umwandlung einer Berufsausübungsgemeinschaft in eine Praxisgemeinschaft bei Beibehaltung der Praxisorganisation erhebliche Indizwirkung zukommt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind in solchen Fällen befugt, das Honorar der beteiligten Mitglieder auf das Niveau zurückzuführen, das ihnen bei Führen einer Berufsausübungsgemeinschaft zugestanden hätte25. Aufgreifkriterium für die Durchführung einer Plausibilitätsprüfung als Verfahren zur sachlich-rechnerischen Berichtigung soll nach den bundeseinheitlichen Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfung26 bei fachgebietsidentischen Mitgliedern einer Praxisgemeinschaft ein Anteil von 20 % identischer GKV-Patienten, bei fachgebietsverschiedenen Mitgliedern einer Praxisgemeinschaft ein Anteil von 30 % identischer GKV-Patienten sein. Eine Unterschreitung dieser Quoten schützt Mitglieder einer Praxisgemeinschaft gleichwohl nicht vor einer Abrechnungsprüfung. So ließ das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen bspw. einen Anteil von 15,8 % an Doppelbehandlungen ausreichen, um einen Gestaltungsmissbrauch anzunehmen27. Die Urteilsbegründung lässt den Schluss zu, dass jedenfalls das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eine Doppelbehandlungsquote von mehr als 10 % für problematisch hält28. 5. Sonstiges a) Vertretung 14
Die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft können und dürfen sich auf der Grundlage des § 32 Abs. 1 S. 2 bis 6 Ärzte-ZV unter Beachtung der bundesmantelvertraglichen Regelungen wechselseitig vertreten. Vertragsärztliche Leistungen als Vertreter eines anderen Mitglieds einer Praxisgemeinschaft können über Vertreterschein nach Muster 19 abgerechnet werden29. Selbstverständlich muss hierfür ein echter Vertretungsfall i.S.d. § 32 Abs. 1 S. 2 bis 6 Ärzte-ZV auch gegeben sein30. Um einen Vertretungsfall handelt es sich jedenfalls dann nicht, wenn die Vertretung eines Mitglieds der Praxisgemeinschaft deshalb notwendig ist, weil Mitglieder der Praxisgemeinschaft auf Grund einer Organisation im Schichtsystem regelmäßig abwesend sind; insoweit ist der unter Rz. 13 dargestellte Problemkreis des Gestaltungsmissbrauchs zu beachten.
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26 27
28 29 30
Grundlegend hierzu: BSG, Urt. v. 22.03.2006, B 6 KA 76/04 R, MedR 2006, 611ff. In dem vom BSG entschiedenen Fall lag die Doppelbehandlungsquote bei 58 %. Das BSG benennt indes keine prozentuale Schwelle, bei deren Überschreitung grundsätzlich von einem Gestaltungsmissbrauch auszugehen ist. Abrufbar unter http://daris.kbv.de. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.12.2006, L 11 KA 59/06; dort hatten die Mitglieder der Praxisgemeinschaft ihre individuelle Tätigkeit in einem gemeinsamen Schichtsystem organisiert. LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O. Das BSG hält einen Abrechnungsausschluss insoweit für unzulässig – diese Rechtsfrage war im Verfahren B 6 KA 1/03 R anhängig, Pressemitteilung des BSG Nr. 13/04 vom 11.03.2004. S. zu den Vertretungsvoraussetzungen § 32, Rz. 11ff.
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b)
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Schweigepflicht
Die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Verletzung der Schweigepflicht kann nicht nur berufsrechtliche, sondern insbesondere strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Deshalb sind Mitglieder einer Praxisgemeinschaft nicht berechtigt, eine gemeinsame Patientenkartei zu führen. Dies ergibt sich auch aus zwingenden bundesdatenschutzrechtlichen Regelungen31. Jedes Mitglied muss daher sicherstellen, dass andere Mitglieder der Praxisgemeinschaft nicht auf Daten seiner Patienten zugreifen können.
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Die gemeinsame Organisationsstruktur und insbesondere die gemeinsame Beschäftigung von Personal in einer Praxisgemeinschaft wirft jenseits der Patientenkartei die Frage auf, inwieweit ein einheitlicher Patientenempfang, gemeinsame Telekommunikationsanschlüsse, aber auch ein gemeinsamer Wartebereich unter Berücksichtigung der ärztlichen Schweigepflicht zulässig sind. Denn schon die Preisgabe eines Patientennamens ohne Einwilligung kann eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht darstellen32. Das Damoklesschwert einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht darf indes die Organisationsform der Praxisgemeinschaft nicht so beschränken, dass die Organisation als Praxisgemeinschaft faktisch ihre Kennzeichen – i.d.R. gemeinsame Praxisräume, gemeinsame Praxiseinrichtung, gemeinsames Praxispersonal – verliert. Deshalb muss hinsichtlich der organisatorischen Strukturmerkmale einer Praxisgemeinschaft eine stillschweigende Einwilligung der Patienten angenommen werden können, wenn sie sich in die Behandlung eines ärztlichen Leistungserbringers, der Mitglied einer Praxisgemeinschaft ist, begeben33. c)
Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten
§ 33 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV ist in seinem Regelungsinhalt nur schwer verständlich. Nach seinem Wortlaut dürfen Mitglieder einer Praxisgemeinschaft Ärzte und Zahnärzte nicht gemeinsam beschäftigen. Der Verordnungsgeber wollte damit sicherstellen, dass es zu keiner Vermengung des vertragsärztlichen und des vertragszahnärztlichen Versorgungsbereichs kommt. Wenn man § 33 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV dieses Verständnis zu Grunde legt, verbietet § 33 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV nicht eine gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten in einer Praxisgemeinschaft, soweit sichergestellt ist, daß gemeinsam beschäftigte Ärzte jeweils nur im vertragsärztlichen Versorgungsbereich bzw. gemeinsam beschäftigte Zahnärzte ausschließlich im vertragszahnärztlichen Versorgungsbereich eingesetzt werden34. Im Übrigen lassen weder die MBO-Ä noch die MBO-Z die Anstellung eines Zahnarztes durch einen Arzt bzw. die Anstellung eines Arztes durch einen Zahnarzt zu35.
31 32 33
34 35
§§ 27ff. BDSG. Tröndle/Fischer, Kommentar zum StGB, § 203, Rz. 30. Die Zulässigkeit gemeinsamer Telekommunikationseinrichtungen verneinend: Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 33. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1136; Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 42. §§ 19, 23b MBO-Ä bzw. §§ 17, 18 MBO-Z.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
d) Unterrichtungspflicht 17
Nach § 18 Abs. 6 MBO-Ä sind Praxisgemeinschaften der zuständigen (Landes)Ärztekammer anzuzeigen. Nach § 33 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV sind die – auch vertragsärztlich tätigen36 – Mitglieder einer Praxisgemeinschaft zudem verpflichtet, die zuständige Kassenärztliche Vereinigung über die Bildung einer ärztlichen Praxisgemeinschaft zu unterrichten. Aus der Unterrichtungspflicht folgt die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen, von ihren Mitgliedern die Vorlage des Praxisgemeinschaftsvertrages zur Überprüfung der Einhaltung vertragsarztrechtlicher Bestimmungen zu verlangen; satzungsrechtlich sind die Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung zur Erteilung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen über Sachverhalte mit vertragsarztrechtlichen Berührungspunkten ohnedies verpflichtet.
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Ein Genehmigungserfordernis – wie bei der Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV – trifft die Praxisgemeinschaft nicht. § 33 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV bezieht sich ersichtlich nur auf § 33 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, der die Bildung einer ärztlichen Praxisgemeinschaft zum Regelungsgegenstand hat. Eine Unterrichtungspflicht gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen über andere Organisationsstrukturen begründet § 33 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV im Übrigen nicht37. e) Rechtsform
19
Eine Praxisgemeinschaft kann in den unterschiedlichsten Rechtsformen geführt werden. In Betracht kommen die – in der Praxis häufig gewählte – Gesellschaft bürgerlichen Rechts, aber auch juristische Personen des Privatrechts38. Die Partnerschaft nach dem PartGG ist indes keine zulässige Rechtsform, da die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft ihren Beruf gerade nicht gemeinsam ausüben, was aber nach § 1 PartGG Voraussetzung für den Zugang zur Partnerschaft ist. f)
Haftung
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Das Recht der Haftung der Mitglieder einer Praxisgemeinschaft richtet sich nach der zum Betrieb der Praxisgemeinschaft gewählten Rechtsform. Soweit die Praxisgemeinschaft in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts organisiert ist, beschränkt sich die Haftung für Verbindlichkeiten der Praxisgemeinschaft auf das Gesellschaftsvermögen der Praxisgemeinschaft. Eine persönliche Haftung ihrer Mitglieder ist regelmäßig nicht begründet. Soweit die Praxisgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, gilt Folgendes:
21
Nach der Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes39 zur Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eine Praxisgemeinschaft, die in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, eigene Rechte 36
37 38 39
Die Ärzte-ZV hat ausschließlich die vertragsärztliche Versorgung zum Regelungsgegenstand. Sie kann daher nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene oder ermächtigte Ärzte nicht verpflichten. A.A. Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 38. Einzelheiten hierzu: Schäfer-Gölz in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Praxisgemeinschaft“, Rz. 51ff. BGH, Urt. v. 29.01.2001, II ZR 331/00, NJW 2001, 1056ff.
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und Pflichten begründen und damit auch Partei eines Rechtsstreits40 sein. Nach richtiger Ansicht ist die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisierte Praxisgemeinschaft Außengesellschaft41. Diese grundlegende Abkehr des Bundesgerichtshofes von seiner bisherigen Rechtsprechung führt zu einer haftungsrechtlichen Neuausrichtung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihrer Mitglieder. Mitglieder einer Praxisgemeinschaft, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, haften für Verbindlichkeiten der Praxisgemeinschaft – neben dem Gesellschaftsvermögen – akzessorisch auch mit ihrem Privatvermögen 42. Verbindlichkeiten aus Behandlungsfehlern sind indes keine Verbindlichkeiten der Praxisgemeinschaft, sondern treffen das jeweils handelnde Mitglied allein. Eine gesamtschuldnerische Haftung der übrigen Mitglieder der Praxisgemeinschaft ist insoweit regelmäßig nicht begründet. Nachdem eine Praxisgemeinschaft zwischenzeitlich nach außen angekündigt werden darf 43, sind allerdings die Grundsätze der Rechtsscheinhaftung44 in diesem Zusammenhang zu beachten. Das in eine als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführte Praxisgemeinschaft eintretende Mitglied haftet in analoger Anwendung des § 130 HGB auch für Altverbindlichkeiten der Praxisgemeinschaft als Gesamtschuldner45. Mitglieder einer in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Praxisgemeinschaft, die vor der Veröffentlichung des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 07.04.2003 in diese eingetreten sind, sollen nach diesem Urteil Vertrauensschutz genießen46. Der insoweit gewährte Vertrauensschutz erfuhr in der weiteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann aber eine Einschränkung, indem Vertrauensschutz auch bei einem Beitritt vor Veröffentlichung der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht für solche Altverbindlichkeiten gewährt wird, die das eintretende Mitglied bei seinem Eintritt in die Praxisgemeinschaft kannte oder von deren Existenz er bei auch nur geringer Aufmerksamkeit Kenntnis hätte haben können47. Damit wird der ursprünglich vom Bundesgerichtshof gewährte Vertrauensschutz erheblich verkürzt. Scheidet ein Mitglied aus einer Praxisgemeinschaft, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, aus, wird es nach § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB erst nach Ablauf von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden bzw. dessen Bekanntgabe enthaftet; dies gilt unabhängig von dem Eintritt eines neuen Mitglieds als Nachfolger in die Praxisgemeinschaft. Eine Haftung gegenüber Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung48 ist immer praxisindividuell begründet. Eine gesamtschuldnerische Haftung der übrigen Mit40 41 42 43 44 45 46 47 48
Beteiligtenfähigkeit i.S.d. § 70 SGG. OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 10.09.2002, 3 U 10/01, MedR 2004, 56ff., m. Anm. Cramer. Ulmer, GbR, § 714, Rz. 31ff. § 18a Abs. 3 S. 1 MBO-Ä. Vgl. zu den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 705, Rz. 17ff. BGH, Urt. v. 07.04.2003, II ZR 56/02, NJW 2003, 1803ff. BGH a.a.O.; so in der Folge dann auch Brandenburgisches OLG, Urt. v. 23.02.2005, 4 U 140/ 04, NotBZ 2005, 263f. BGH, Urt. v. 12.12.2005, II ZR 283/03, NJW 2006, 765, 766. Hier kommen die beteiligte Kassenärztliche Vereinigung, Prüfgremien und Kostenträger in Betracht.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
glieder einer Praxisgemeinschaft scheidet schon deshalb aus, weil es sich nicht um eine Verbindlichkeit der Praxisgemeinschaft handelt. Die Grundsätze über die Rechtsscheinhaftung finden hier keine Anwendung, weil gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung kein solcher Rechtsschein gesetzt werden kann; den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung sind die Organisationsstrukturen bekannt.
III. Berufsausübungsgemeinschaft 1. Vertragsarztrechtliche Grundsätze 23
Der Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft ist nach § 18 Abs. 1 MBO-Ä berufsrechtlich49 und nach § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV vertragsarztrechtlich zulässig. § 1a Nr. 12 BMV-Ä50 bzw. § 1a Nr. 12 EKV51 definiert den Begriff der Berufsausübungsgemeinschaft(en) als „rechtlich verbindliche Zusammenschlüsse von Vertragsärzten oder/und Vertragspsychotherapeuten oder Vertragsärzten/Vertragspsychotherapeuten und Medizinischen Versorgungszentren oder Medizinischen Versorgungszentren untereinander zur gemeinsamen Ausübung der Tätigkeit“52. Ihre grundsätzlichen vertragsarztrechtlichen Anforderungen sind nachfolgend dargestellt. a) Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft
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§ 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV erlaubt die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zwischen allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft. Mitglieder einer vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft können Vertragsärzte, zugelassene Psychologische Psychotherapeuten und/oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie medizinische Versorgungszentren53 sein54. Eine Berufs49 50 51 52
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Einzelheiten zu den berufsrechtlichen Anforderungen s. Ratzel in: Ratzel/Lippert (Hrsg.), Kommentar zur MBO-Ä, § 18, Rz. 1ff. In seiner seit dem 01.07.2007 geltenden Fassung. In seiner seit dem 01.07.2007 geltenden Fassung. Nach § 1a Nr. 12a BMV-Ä bzw. 1a Nr. 12a EKV sind Praxisgemeinschaften, Apparategemeinschaften oder Laborgemeinschaften und andere Organisationsgemeinschaften keine Berufsausübungsgemeinschaften. § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV geht damit über § 18 Abs. 1 MBO-Ä, wonach sich „Ärztinnen und Ärzte“ zu Berufsausübungsgemeinschaften zusammenschließen dürfen, hinaus. Weder Psychotherapeuten noch medizinische Versorgungszentren sind Ärzte im berufsrechtlichen Sinne. Da das Berufsrecht der Heilberufe in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegt, kann der Auffassung, das Vertragsarztrecht verdränge insoweit das Berufsrecht (bspw. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1160f.), nicht ohne weiteres gefolgt werden. Das ärztliche Berufsrecht steht neben dem Vertragsarztrecht und ist daher auch nach der mit dem VÄndG erfolgten Liberalisierung grundsätzlich zu beachten (vgl. dazu ausführlich: Anhang zu § 18, Rz. 27ff. sowie § 32b, Rz. 33). Möglicherweise kann aber im Wege einer Auslegung des § 18 Abs. 1 MBO-Ä nach Sinn und Zweck das gewünschte Ergebnis erreicht werden. Das dem Berufsrecht unbekannte medizinische Versorgungszentrum ist ärztlicher Leistungserbringer und damit einem Arzt faktisch gleichgestellt. Nach § 23b MBO-Ä ist die koopera
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ausübungsgemeinschaft kann bspw. auch zwischen zwei medizinischen Versorgungszentren gebildet werden. Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft kann ein vertragsärztlicher Leistungserbringer mit Teilzulassung55 sein; dies gilt auch dann, wenn er seinen Vollversorgungsauftrag in zwei Teilzulassungen aufgeteilt hat56 und mit der anderen Teilzulassung anderweitig57 – ggf. in einer anderen Berufsausübungsgemeinschaft58 – vertragsärztlich tätig ist. Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft kann indes keine andere Berufsausübungsgemeinschaft sein, denn die Berufsausübungsgemeinschaft als solche ist kein zugelassener vertragsärztlicher Leistungserbringer; zugelassene Leistungserbringer sind vielmehr ausschließlich ihre Mitglieder. Die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Vertragsärzten und Vertragszahnärzten bleibt weiterhin unzulässig59. Zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Leistungserbringer sind als potenzielle Mitglieder einer vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV nicht zugelassen60. b)
Gemeinsame Berufsausübung
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist die ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft ein Zusammenschluss mehrerer fachgebietsgleicher oder fachgebietsverschiedener61 Ärzte, die unter Nutzung von gemeinsamen Räumen, von gemeinschaftlichen Einrichtungen und einer gemeinsamen Praxisorganisation ihre ärztliche
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erbringer und damit einem Arzt faktisch gleichgestellt. Nach § 23b MBO-Ä ist die kooperative Berufsausübung zwischen Arzt und Psychotherapeut in Form einer medizinischen Kooperationsgemeinschaft, die Berufsausübungsgemeinschaft ist, zulässig; auf die begriffliche Differenzierung kann es dann aber nicht mehr ankommen. Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, S. 50; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1162. § 1a Nr. 4a BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 4a EKV definiert die Teilzulassung als „in § 19a Ärzte-ZV geregelter hälftiger Versorgungsauftrag“; näheres s. § 19a, Rz. 7ff. Die Zulässigkeit der Spaltung eines Vollversorgungsauftrags in zwei Teilzulassungen ist durch die Partner der Bundesmantelverträge anerkannt; dies ergibt sich aus § 1a Nr. 15 Ziff. 1 BMV-Ä/EKV („gleichzeitig als Vertragsarzt mit zwei Teilzulassungen nach § 19a Ärzte-ZV“); s. dazu § 19a, Rz. 18. Selbstverständlich nur bei Ausschluss des aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht resultierenden Konkurrenzschutzes. Die gesetzlichen Regelungen schließen eine Tätigkeit auf der Grundlage von zwei Teilzulassungen in zwei unterschiedlichen Berufsausübungsgemeinschaften nicht aus. Orlowski/Halbe/Karch a.a.O.; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1166. Schallen hält auch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Leistungserbringer für potenzielle Mitglieder einer vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft, soweit die Ermächtigung nach ihrem Umfang einer Zulassung gleichwertig ist (Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1163). Diese Auffassung wird hier nicht geteilt, denn zum einen lässt dies der Wortlaut des § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV nicht zu, zum anderen ist eine Ermächtigung nach § 31 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV zeitlich zu befristen, so dass eine Ermächtigung nach ihrem Umfang einer Zulassung per se nicht gleichstehen kann. Aus § 95 Abs. 4 S. 2 SGB V lässt sich dies gleichfalls nicht ableiten, da die Regelung „nur“ die Verbindlichkeit der vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung für ermächtigte Ärzte feststellt. Dabei wird zumindest Fachverwandtheit vorausgesetzt.
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Tätigkeit ausüben und die erbrachten ärztlichen Leistungen gemeinsam abrechnen62. Eine Berufsausübungsgemeinschaft legt damit – in Abgrenzung zu einer reinen Organisationsgemeinschaft – ihren Schwerpunkt auf die gemeinsame ärztliche Tätigkeit an gemeinsamen Patienten63. An die gemeinsame ärztliche Tätigkeit dürfen indes keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Denn faktisch findet eine gemeinschaftliche Behandlung von Patienten auch in einer Berufsausübungsgemeinschaft in aller Regel nicht statt. Vielmehr führen das Recht des Patienten auf freie Arztwahl und die enge Arzt-Patienten-Bindung auch innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft regelmäßig zu einer arztindividuellen Zuordnung des gemeinsamen Patientenstamms64. Es muss daher in einem Zusammenschluss zur gemeinsamen ärztlichen Tätigkeit keine arztübergreifende gemeinschaftliche Patientenbehandlung stattfinden, um ihm den Status einer Berufsausübungsgemeinschaft zu verleihen65. Evident wird dies bei überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften66, in denen schon auf Grund der Ortsverschiedenheit der Praxisräume eine gemeinschaftliche Patientenbehandlung in aller Regel ausscheidet67. So ist auch der Auffassung, Wesensmerkmal einer Berufsausübungsgemeinschaft sei die Austauschbarkeit der ärztlichen Leistung68, nicht zu folgen69. Eine Austauschbarkeit der ärztlichen Leistung kann allenfalls in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit Mitgliedern desselben Fachgebiets angenommen werden70, nicht jedoch, wenn fachgebietsverschiedene Ärzte eine Berufsausübungsgemeinschaft führen; denn sie haben einerseits die Fachgebietsgrenzen zu beachten71, andererseits dürfen Vertragsärzte ärztliche Leistungen nach Teil 8 I Allg. Best. Ziff. 1.3 EBM nur im Rahmen ihres fachgebietsbezogenen Zulassungsstatus erbringen. c) 26
Unabhängigkeit und Selbstständigkeit
Der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Vertragsarzt hat seine vertragsärztliche Tätigkeit nach § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV „in freier Praxis“ auszuüben. Dieser Anforderung ist nicht nur bei der vertraglichen Gestaltung 62 63 64
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BGH, Urt. v. 25.03.1986, VI ZR 90/85, NJW 1986, 2364f. Wenngleich dieser Schwerpunkt im Falle der Bildung einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft in den Hintergrund tritt. Der gemeinsame Patientenstamm ist nach Auffassung der Bundesärztekammer Wesensmerkmal einer Berufsausübungsgemeinschaft (Mitteilungen der Bundesärztekammer vom 17.02.2006, DÄBl. 2006, A801). So auch Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, S. 49. S. hierzu Rz. 38ff. Ratzel in: Ratzel/Lippert (Hrsg.), Kommentar zur MBO-Ä, § 18, Rz. 13; zu Recht wird dort die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verstanden als Zusammenschluss zum gemeinsamen Außenauftritt als ärztliche Leistungserbringer. Wigge in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 6, Rz. 20; Uhlenbruck/Schlund in: Laufs/Uhlenbruck (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 18, Rz. 12. Ratzel/Lippert, MedR 2004, 525, 528; Möller, MedR 2003, 195; ARGE Medizinrecht, ZMGR 2003, 59, 61; BSG, Urt. v. 22.04.1983, 6 RKa 7/81, MedR 1984, 30f.: auch „lockere Formen der gemeinsamen Praxisausübung“ seien denkbar, die Austauschbarkeit ärztlicher Leistungen stelle kein unbedingtes Wesensmerkmal einer Gemeinschaftspraxis dar. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 50. BVerfGE 33, 125, NJW 1972, 1504 (Facharztbeschluss).
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einer Berufsausübungsgemeinschaft Genüge zu tun, sondern gerade auch bei der tatsächlichen Umsetzung und Führung der Berufsausübungsgemeinschaft72. Alle Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft müssen (echte) Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft sein. Sie darf sich in Bezug auf einzelne Mitglieder nicht als verdecktes Anstellungsverhältnis darstellen. Ob ein Vertragsarzt „in freier Praxis“ i.S.d. § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft ist, entscheidet sich im Wege einer Gesamtschau aller ihm eingeräumten gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsrechte und Beteiligungspflichten73. Diese Gesamtschau ist von den Zulassungsgremien im Rahmen des Verfahrens zur Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft vorzunehmen74. Prüfungsmaßstab in diesem Zusammenhang ist allein die hierzu ergangene zivil- und sozialrechtliche Rechtsprechung. Dabei sind einerseits die Vermögensverhältnisse (Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und am Gewinn oder Verlust der Berufsausübungsgemeinschaft), andererseits die Teilnahmerechte an Entscheidungsfindungen in der Berufsausübungsgemeinschaft zu berücksichtigen. Insbesondere der Gestaltung der Gewinn- und Verlustverteilung in einer Berufsausübungsgemeinschaft kommt bei der Abgrenzung zwischen einem echten Gesellschaftsverhältnis und einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis erhebliche Indizwirkung in dem Sinne zu, dass die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos – Beteiligung am Gewinn und Verlust – gegen die Stellung als verdeckter Angestellter spricht. Umgekehrt kann aus der Zuweisung eines fixen Gewinnanteils ohne Beteiligung an einem Verlustrisiko nicht ohne weiteres auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes spricht der Ausschluss eines Mitglieds einer Berufsausübungsgemeinschaft von der Gewinnchance, aber auch von dem Verlustrisiko, nicht gegen ein echtes Gesellschaftsverhältnis75. Die Praxis vieler Zulassungsgremien indes sieht freilich anders aus. Dort wird man immer wieder mit der Auffassung konfrontiert, jeder an einer Berufsausübungsgemeinschaft beteiligte Vertragsarzt müsse ein wirtschaftliches Risiko übernehmen. Regelmäßig werden daher Gewinn- und Verlustverteilungsmodelle, über die einem Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft ein fixer Gewinnanteil zugewiesen wird, abgelehnt, ohne im übrigen eine Gesamtschau aller Beteiligungsrechte und Beteiligungspflichten des betroffenen Mitglieds vorzunehmen. Diese undifferenzierte Betrachtungsweise ist abzulehnen. Sie setzt sich in Widerspruch zu der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts76 und des Bundesgerichtshofes77. Schließlich hält auch die 72
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BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 34/02 R, MedR 2004, 118ff.; Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 41/ 03 R, MedR 2005, 421ff.; s. auch Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 56ff. Goette, MedR 2002, 1ff., 4. Zur Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien s. Rz. 104ff. BGH, Urt. v. 06.04.1987, II ZR 101/86, NJW 1987, 3124, 3125; s. hierzu auch Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 72. BSG a.a.O. BGH a.a.O.
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Kassenärztliche Bundesvereinigung die Zuweisung eines fixen Gewinnanteils grundsätzlich für zulässig78. 28
Es müssen nicht alle Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft am Gesellschaftsvermögen beteiligt sein. Der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Berufsausübungsgemeinschaft kommt allerdings eine erhebliche Indizwirkung zu Gunsten der Annahme einer (echten) Gesellschafterstellung zu. Im umgekehrten Fall gilt dies allerdings nicht ohne weiteres, da zwischenzeitlich allgemein anerkannt ist, dass eine Nullbeteiligung auch in einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft zulässig ist79 und nicht per se – ohne dass die übrigen Beteiligungsrechte und Beteiligungspflichten in die Bewertung einbezogen werden – auf ein verdecktes Anstellungsverhältnis schließen lässt80. Allerdings ist es empfehlenswert, jedes Mitglied zumindest am neu entstehenden ideellen Gesellschaftsvermögen der Berufsausübungsgemeinschaft ausdrücklich teilhaben zu lassen. Dies deshalb, weil ein Vertragsarztsitz nach § 103 Abs. 4 SGB V nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann nachbesetzt werden kann, wenn ein „Praxissubstrat“, also ein fortführungsfähiger Praxisanteil vorhanden ist81. Diese Notwendigkeit hat aber – entgegen der vielfach geübten Praxis mancher Zulassungsgremien – nichts mit der hier diskutierten Abgrenzungsfrage und der Selbstständigkeit oder Unabhängigkeit der Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft zu tun82. So hat auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen der Auffassung, jedes Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft müsse sich nach zwei bis drei Jahren seiner Mitgliedschaft zu einem nicht unerheblichen Anteil in das Gesellschaftsvermögen der Berufsausübungsgemeinschaft einkaufen, zu Recht eine klare Absage erteilt83.
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Gleichermaßen ist es gestattet, für Entscheidungen außerhalb des Kernbereichs84 der Beteiligungsrechte in der Berufsausübungsgemeinschaft grundsätzlich Mehrheitsbeschlüsse zuzulassen85. Problematisch ist hingegen, wenn einzelne Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft von Prozessen der Entscheidungsfindung von vornherein ausgeschlossen werden. Soweit aber eine Beteiligung an solchen Entscheidungsfindungsprozessen für jedes Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft sichergestellt ist, dürfen sich die Mitglieder auch Mehrheitsentscheidungen beugen, wenn ihre ärztliche Unabhängigkeit gewahrt bleibt86. Ansonsten dürften Berufsausübungsgemeinschaften mit mehr als zwei Mitgliedern regelmäßig zum 78 79 80 81 82 83 84 85 86
Schirmer, Arbeitspapier der Rechtsabteilung der KBV „Gemeinsame und arbeitsteilige Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung“, S. 18. Möller, MedR 1999, 493, 497; Goette, MedR 2002, 1, 3; Butzer, MedR 2001, 604, 610; Wigge, NZS 2001, 293, 294. S. hierzu auch Gummert/Meier, MedR 2007, 1ff. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, ArztR 2000, 162ff.; Möller, MedR 2006, 621, 624; s. hierzu ausführlich § 16b, Rz. 54ff. S. hierzu auch Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 67ff. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.09.2006, L 11 KA 30/06. S. hierzu Ulmer, GbR, § 709, Rz. 91ff. Schirmer, Arbeitspapier der Rechtsabteilung der KBV „Gemeinsame und arbeitsteilige Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung“, 20. Schirmer a.a.O.
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Scheitern verurteilt sein. Es spricht nicht gegen die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft, wenn sie von der Geschäftsführung für die Berufsausübungsgemeinschaft ausgeschlossen werden, soweit gewährleistet bleibt, dass sie ihre ärztliche Tätigkeit und die hierzu notwendigen Schritte, insbesondere den Abschluss des Behandlungsvertrages mit dem Patienten, eigenverantwortlich ausführen87 und ihre gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte wahrnehmen können88. Die – nicht zuletzt in Sitzungen des Zulassungsausschusses – häufig kontrovers geführte Diskussion um die Abgrenzung eines echten Gesellschaftsverhältnisses zum verdeckten Anstellungsverhältnis im Zusammenhang mit der Gestaltung von Berufsausübungsgemeinschaften sollte zukünftig an Bedeutung verlieren. Nachdem zum einen über § 103 Abs. 4b SGB V i.V.m. § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V nunmehr bedarfsplanungsrechtlich relevant Ärzte angestellt, zum anderen über § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V Anstellungsverhältnisse mit Ärzten einer nicht bedarfsbeplanten Arztgruppe begründet werden dürfen, deren Arztstellen jeweils budgetrelevant sind, kann die als Berufsausübungsgemeinschaft getarnte Begründung eines verdeckten Anstellungsverhältnisses jedenfalls nicht mehr die vertragsarztrechtliche Konsequenz erheblicher Honorarrückforderungen oder eine strafrechtliche Verfolgung wegen des Verdachts des Betrugs nach sich ziehen. Freilich stehen weiterhin zulassungsrechtliche89 Konsequenzen sowie sozialversicherungsrechtliche90 Folgen im Raum. d)
Sonstiges
Die Berufsausübungsgemeinschaft als solche wird Vertragspartnerin des mit dem Patienten abzuschließenden Behandlungsvertrages91. Die Berufsausübungsgemeinschaft bildet einen einheitlichen Patientenstamm mit einer gemeinsamen Patientenkartei der in ihr tätigen vertragsärztlichen Leistungserbringer92. Die Leistungen werden bei Versicherten der Privaten Krankenversicherung und bei Selbstzahlern im Namen und auf Rechnung der Berufsausübungsgemeinschaft, bei Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung unter einer Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung gemeinsam abgerechnet93. Die Berufsausübungsgemeinschaft ist damit Umsatz-, Kosten- und Gewinn-/ Verlustgemeinschaft94. 87 88 89
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Schirmer a.a.O. Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 716, Rz. 1; Ulmer, GbR, § 716, Rz. 17 m.w.N. Einer drohenden Zulassungsentziehung können die Beteiligten nun aber im Wege der Begründung eines Anstellungsverhältnisses nach § 103 Abs. 4b SGB V i.V.m. § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V bzw. nach § 95 Abs. 9 SGB V entgehen. Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge. Engelmann, ZMGR 2004, 3ff.; dabei muss die freie Arztwahl – auch unter den in der Berufsausübungsgemeinschaft tätigen Ärzten – gewährleistet bleiben (Ehmann, MedR 1994, 141, 145). Uhlenbruck/Schlund a.a.O. Möller a.a.O.; Ehmann, a.a.O. Einzelheiten zur vertraglichen Gestaltung einer Berufsausübungsgemeinschaft s. Halbe/ Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 41ff.
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Soweit aus einer Berufsausübungsgemeinschaft heraus ein Vertragsarztsitz ausgeschrieben und nach § 103 Abs. 4 SGB V zur Nachbesetzung freigegeben wird, haben die Zulassungsgremien bei ihrer Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern gem. § 103 Abs. 6 S. 2 SGB V die Interessen der übrigen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft „angemessen“ zu berücksichtigen95. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt diesem Auswahlkriterium entscheidendes Gewicht zu96. So können die Zulassungsgremien keinen Bewerber im Rahmen der Nachbesetzung berücksichtigen, den die übrigen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft als Nachfolger für den ausscheidenden Gesellschafter nicht akzeptieren. Den übrigen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft wird von der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang ein Vetorecht eingeräumt97. Insofern ist die gesetzliche Formulierung, die Interessen der übrigen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft bei der Auswahl des Nachfolgers „angemessen“ zu berücksichtigen, eher missverständlich; denn selbst wenn alle anderen Auswahlkriterien nach § 103 Abs. 4 bis 6 SGB V für einen Bewerber sprechen, der aber von den anderen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft nicht akzeptiert wird, dürfen die Zulassungsgremien diesen Bewerber nicht als Nachfolger zulassen. Voraussetzung für die Zulassung eines Bewerbers im Nachbesetzungsverfahren ist daher eine Erklärung der übrigen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft, mit diesem Bewerber die Berufsausübungsgemeinschaft fortführen zu wollen98. Sie können von den Zulassungsgremien nicht zu einer gesellschaftsvertraglichen Verbindung mit einem Bewerber gezwungen werden, den sie als Nachfolger des ausscheidenden Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft nicht akzeptieren wollen99.
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Scheidet ein Mitglied aus der Berufsausübungsgemeinschaft aus und verwaist dessen Vertragsarztsitz in der Folge, gesteht das Bundessozialgericht den übrigen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft ein eigenständiges Ausschreibungsrecht für den vakant gewordenen Vertragsarztsitz zu100. Voraussetzung hierfür ist, dass das ausscheidende Mitglied nicht selbst über seinen Vertragsarztsitz disponiert101. 95 96 97 98 99 100 101
S. ausführlich § 16b, Rz. 96. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R, ArztR 2000, 162ff. BSG a.a.O.; ausführlich § 16b, Rz. 96. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 103 SGB V, Rz. 27; s. auch Rieger in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 92. Dies käme einem Kontrahierungszwang gleich, der dem deutschen Recht weitgehend unbekannt ist. BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 70/97 R, MedR 1999, 382ff.; ausführlich § 16b, Rz. 72ff. Sozialrechtlich behält der Inhaber des Vertragsarztsitzes die Dispositionsbefugnis in dem Sinne, dass er den Vertragsarztsitz auch „mitnehmen“ kann. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159ff.) ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition, die untrennbar und unveräußerlich mit der Person des Berechtigten verbunden ist. Zur Frage, ob das ausscheidende Mitglied ggf. zivilrechtlich wirksam verpflichtet werden kann, den Vertragsarztsitz in der Berufsausübungsgemeinschaft zur Nachbesetzung zurückzulassen, s. BGH, Urt. v. 22.07.2002, II ZR 90/01, NJW 2002, 3536ff. und Urt. v. 22.07.2002, II ZR 265/00, MedR 2002, 647ff.; zum Stand der Diskussion s. insoweit Halbe/Rothfuß in: Halbe/ Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 154ff.
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2. Erscheinungsformen Über die in den Rz. 23ff. dargestellten Anforderungen einer Berufsausübungsgemeinschaft hinaus sind – je nach ihrer konkreten Erscheinungsform – weitere berufs-102 und vertragsarztrechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Dabei ist selbstverständlich eine Kombination der verschiedenen Erscheinungsformen einer Berufsausübungsgemeinschaft103 denkbar und möglich, so dass die nachfolgend dargestellten vertragsarztrechtlichen Rahmenbedingungen ggf. kumulativ beachtet werden müssen.
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a) Fachgebietsgleiche und -verschiedene Berufsausübungsgemeinschaft In einer fachgebietsgleichen Berufsausübungsgemeinschaft sind Vertragsärzte desselben Fachgebiets tätig. Ob Fachgebietsgleichheit anzunehmen ist, darf nicht allein nach den in der Berufsausübungsgemeinschaft vereinigten Fachgebietsbezeichnungen nach den Weiterbildungsordnungen bewertet werden. Entscheidend muss in diesem Zusammenhang das tatsächliche Leistungsspektrum der Vertragsärzte sein. Fachgebietsidentität in diesem Sinne ist deshalb auch dann anzunehmen, wenn ein Facharzt für Innere Medizin und ein Facharzt für Allgemeinmedizin, die beide bedarfsplanungsrechtlich an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, in einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammenarbeiten104. In der vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft sollte diese Differenzierung daher besser nach den arztgruppenspezifischen Kapiteln des EBM erfolgen; die Fachgebietsbezeichnungen nach den Weiterbildungsordnungen allein sind in der vertragsärztlichen Versorgung kein hinreichendes Differenzierungskriterium.
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Das Bundessozialgericht hat die Bildung fachgebietsverschiedener105 Berufsausübungsgemeinschaften grundsätzlich anerkannt106. Zulassungsausschüsse sollen hiernach berechtigt sein, die Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft mit Nebenbestimmungen in Form von Auflagen zu verbinden. Diese sollen die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen sicherstellen107. Das Bundessozialgericht lässt in der Grundsatzentscheidung allerdings anklingen, dass die Bildung einer fachgebietsverschiedenen Berufsausübungsgemeinschaft möglicherweise dann nicht zulässig ist,
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Einzelheiten zu den berufsrechtlichen Anforderungen s. Ratzel in: Ratzel/Lippert (Hrsg.), Kommentar zur MBO-Ä, § 18, Rz. 1ff. Überörtliche Teilberufsausübungsgemeinschaft, fachgebietsverschiedene überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft usw. Hausärzte nach § 101 Abs. 5 S. 1 i.V.m. § 73 Abs. 1a SGB V (Fachärzte für Allgemeinmedizin, Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, Praktische Ärzte und Ärzte, die zum Stichtag 31.12.2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben). Zur Abgrenzung fachgebietsgleicher und –verschiedener Berufsausübungsgemeinschaften s. Rz. 25 und 36. BSG, Urt. v. 22.04.1983, 6 RKa 7/81, MedR 1984, 30f. Nach Teil 8 I Allg. Best. Ziff. 5.2 EBM 2005 sind fachgebietsverschiedene Vertragsärzte einer Berufsausübungsgemeinschaft zur arztbezogenen Kennzeichnung ihrer Leistungen verpflichtet, so dass die Gefahr eines Verstoßes gegen Fachgebietsgrenzen gebannt ist. Darüber hinausgehender Auflagen bedarf es daher nicht.
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wenn sich in ihr vertragsärztliche Leistungserbringer, die „nicht verwandten“ Fachgebieten angehören, verbinden wollen108. Eine solche Differenzierung indes ist sachlich nicht gerechtfertigt. Denn weder wird durch die Bildung fachgebietsverschiedener Berufsausübungsgemeinschaften mit „nicht verwandten“ Fachgebieten das Recht des Patienten auf freie Arztwahl eingeschränkt, noch besteht – aus dem dargestellten Grund – das Risiko einer Überschreitung von Fachgebietsgrenzen. Schließlich sind alle Vertragsärzte – unabhängig von ihrer Fachgebietszugehörigkeit – von Gesetzes wegen zur Beachtung des Rechts auf freie Arztwahl verpflichtet109. Die Bildung einer fachgebietsverschiedenen Berufsausübungsgemeinschaft ist daher auch dann zulässig, wenn sich in ihr Vertragsärzte „nicht verwandter“ Fachgebiete wiederfinden110. Auch versorgungsbereichsübergreifende Berufsausübungsgemeinschaften zwischen hausärztlichem und fachärztlichem Versorgungsbereich sind zulässig111. b) 37
Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft
Die örtliche Berufsausübungsgemeinschaft wird nach § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV an einem „gemeinsamen Vertragsarztsitz“112 geführt. Sie ist die „klassische“ Form der Berufsausübungsgemeinschaft. Alle in ihr verbundenen vertragsärztlichen Leistungserbringer sind nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für den Ort ihrer Niederlassung – den Vertragsarztsitz113 – zugelassen. Nehmen alle Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft ihren Vertragsarztsitz an demselben Ort im Sinne der Praxisanschrift ein, handelt es sich um eine örtliche Berufsausübungsgemeinschaft i.S.d. § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV. Der gemeinsame Vertragsarztsitz der in der Berufsausübungsgemeinschaft verbundenen Mitglieder ist nach § 15a Abs. 4 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 2 EKV die Betriebsstätte114 der Berufsausübungsgemeinschaft im Sinne der bundesmantelvertraglichen Vorschriften. Auch wenn die Berufsausübungsgemeinschaft Praxis- oder Behandlungsräume nach § 24 Abs. 3115 oder Abs. 5116 Ärzte-ZV außerhalb des gemeinsamen Vertragsarztsitzes zulässigerweise117 unter108 109 110
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BSG a.a.O. § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V. So auch Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 14; Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, S. 30 m.w.N. Rieger in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 99. § 1a Nr. 16 BMV-Ä bzw. 1a Nr. 16 EKV definiert den Vertragsarztsitz als „Ort der Zulassung für den Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeuten oder das medizinische Versorgungszentrum“. Der Vertragsarztsitz entspricht der konkreten Praxisanschrift (BSG, Urt. v. 20.12.1995, 6 RKa 55/94; BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R); s. hierzu § 24, Rz. 2. „Betriebsstätte“ ist nach § 1a Nr. 21 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 21 EKV der Vertragsarztsitz. § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV betrifft die Zweigpraxis, die nach § 1a Nr. 19 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 19 EKV „genehmigter weiterer Tätigkeitsort des Vertragsarztes oder die Nebenbetriebsstätte eines medizinischen Versorgungszentrums“ ist. § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV betrifft die ausgelagerte Praxisstätte, die nach § 1a Nr. 20 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 20 EKV „zulässiger nicht genehmigungsbedürftiger, aber anzeigepflichtiger Tätigkeitsort des Vertragsarztes, Vertragspsychotherapeuten oder eines medizinischen Versorgungszentrums in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz“ ist. § 24 Abs. 3 und Abs. 5 Ärzte-ZV i.V.m. § 15a Abs. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 2 EKV.
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hält, bleibt sie eine örtliche Berufsausübungsgemeinschaft i.S.d. § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV; Praxis- oder Behandlungsräume nach § 24 Abs. 3 oder Abs. 5 Ärzte-ZV sind neben dem Tätigkeitsort118 am gemeinsamen Vertragsarztsitz weitere Tätigkeitsorte der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft im Sinne von Nebenbetriebsstätten119 nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften. Zur überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV wird sie nur dann, wenn die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft ihre Vertragsarztsitze an zumindest zwei unterschiedlichen Orten im Sinne von Praxisanschriften einnehmen120. c)
Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft
aa) Grundsätze In § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV definiert der Verordnungsgeber die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft als Zusammenschluss vertragsärztlicher Leistungserbringer zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Vertragsarztsitzen. Abgrenzungskriterium zur örtlichen Berufsausübungsgemeinschaft ist demnach, dass mindestens zwei der in der Berufsausübungsgemeinschaft gemeinsam tätigen vertragsärztlichen Leistungserbringer an verschiedenen Vertragsarztsitzen i.S.d. § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV niedergelassen sind. Der Verordnungsgeber folgt damit der berufsrechtlichen Neuausrichtung zur Bildung von Berufsausübungsgemeinschaften, die mit den auf dem 107. Deutschen Ärztetag im Jahr 2004 beschlossenen Änderungen der Muster-Berufsordnung (MBO-Ä)121 in Gang122 gesetzt worden ist. Zudem schafft der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV die gesetzliche Grundlage zur Bildung überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften und beendet damit die Diskussion
118
119
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121 122
Tätigkeitsort ist nach § 1a Nr. 17 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 17 EKV der „Ort der ärztlichen oder psychotherapeutischen Berufsausübung oder Versorgung durch ein medizinisches Versorgungszentrum, der als Betriebsstätte oder Nebenbetriebsstätte zulässigerweise ausgewiesen ist“. Nebenbetriebsstätte ist nach § 1a Nr. 22 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 22 EKV ein weiterer Tätigkeitsort, „an denen der Vertragsarzt, der Vertragspsychotherapeut, der angestellte Arzt und die Berufsausübungsgemeinschaft oder ein medizinisches Versorgungszentrum neben ihrem Hauptsitz an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen“. „Betriebsstätte“ ist nach § 1a Nr. 21 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 21 EKV der Vertragsarztsitz. Freilich bedarf die Verlegung des Vertragsarztsitzes der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses; die Genehmigung ist statusbegründend und wirkt damit erst ab ihrer Erteilung für die Zukunft (BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455ff.; vgl. dazu auch § 24, Rz. 13). Eine Berufsausübungsgemeinschaft mit mehreren Praxissitzen ist nach § 18 Abs. 3 S. 3 MBO-Ä zulässig. Zwischenzeitlich lassen alle regionalen Berufsordnungen der (Landes)Ärztekammern die Bildung überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften grundsätzlich zu.
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um deren vertragsarztrechtliche Zulässigkeit123. Nach § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV kann eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft innerhalb des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung, aber auch über Bezirke mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen hinweg gebildet werden124. Da eine Berufsausübungsgemeinschaft als solche nicht Mitglied einer anderen Berufsausübungsgemeinschaft sein kann125, können sich bestehende Berufsausübungsgemeinschaften nicht zu einer (weiteren) überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft zusammenschließen126; ein Zusammenschluss ihrer Mitglieder zu einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft ist dann entweder im Wege der Beendigung zumindest einer der bereits bestehenden Berufsausübungsgemeinschaften und des Beitritts ihrer Mitglieder zu der anderen Berufsausübungsgemeinschaft oder durch Beendigung beider Berufsausübungsgemeinschaften mit anschließender Neugründung der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft zulässig. bb) Voraussetzungen 39
Neben den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen 127 ist die Bildung einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. Ärzte-ZV nur zulässig, wenn (1) die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist und (2) das Mitglied sowie die bei ihm angestellten Ärzte an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 2 Ärzte-ZV überlässt die nähere Ausgestaltung dieser an eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft zu stellenden Anforderungen den Bundesmantelverträgen. Die Partner der Bundesmantelverträge sind ihrem gesetzlichen Auftrag insoweit mit dem zum 01.07.2007 geschlossenen BMV-Ä bzw. mit dem zum 01.07.2007 geschlossenen EKV nachgekommen. In § 17 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7 S. 1 i.V.m. Abs. 7a S. 1 EKV definieren die Vertragspartner den Umfang der Versorgungspflicht eines Mitglieds, der einen Voll-
123
124 125 126 127
Schon aus § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV a.F. war nach der Rechtsprechung kein unmittelbares Verbot einer standortübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft abzuleiten (BSG, Urt. vom 16.07.2003, B 6 KA 49/02 R, MedR 2004, 114ff., und Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 34/02 R, MedR 2004, 118ff.), und zwar unabhängig von der Patientenbezogenheit der Tätigkeit einer Fachgruppe. Die Verweigerung der Genehmigung einer überörtlichen vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft konnte dann allenfalls noch auf eine Beeinträchtigung der Versorgung der Versicherten oder einen Mangel an gemeinsamer Berufsausübung gestützt werden. So wollte das BSG (a.a.O.) eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft, die sich über zwei oder mehr KV-Bezirke erstreckt, vertragsarztrechtlich nicht zulassen. § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV n.F. geht damit über die Entscheidungen des BSG (a.a.O.) hinaus. S. Rz. 24. So auch schon BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 49/02 R, MedR 2004, 114ff. S. hierzu Rz. 23ff.
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versorgungsauftrag128 nach § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV übernommen hat, an seinem Vertragsarztsitz mit wenigstens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden, die er nach dem Wortlaut der bundesmantelvertraglichen Regelungen persönlich durchzuführen hat. Soweit ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft seinen Versorgungsauftrag nach § 19a Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV auf die Hälfte reduziert hat, beschränkt sich die Versorgungspflicht nach § 17 Abs. 1a S. 2 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 2 EKV auf wenigstens zehn Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden. Damit definieren die Vertragspartner erstmals konkret den zeitlichen Mindestumfang der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in Form von persönlichen Mindestsprechstundenzeiten. Fraglich ist, wie der Begriff „persönlich“ in diesem Zusammenhang zu verstehen ist. Die Verpflichtung, „persönlich“ zur Verfügung zu stehen, könnte so interpretiert werden, dass die Erfüllung dieser persönlichen Verpflichtung eines Vertragsarztes durch einen anderen Arzt, auch durch ein anderes Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft oder durch einen angestellten Arzt, nur im Rahmen des § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV zulässig sein soll. Gegen eine solche Interpretation spricht aber die Formulierung des § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV, wonach die Erfüllung der Versorgungspflicht am Vertragsarztsitz „unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte“ sicherzustellen ist. Der Begriff „persönlich“ in § 17 Abs. 1a S. 1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 1 EKV ist daher im Sinne des § 15 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 EKV auszulegen, so dass die Versorgungspflicht am Vertragsarztsitz auch dann als erfüllt anzusehen ist, wenn für den Vertragsarzt ein genehmigter Assistent oder ein nach § 32b Ärzte-ZV angestellter Arzt tätig wird129. Soweit für den Vertragsarzt aber ein nach § 103 Abs. 4b i.V.m. § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V oder ein nach § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V angestellter Arzt tätig wird, kann dies auf die Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragsarztes nur dann angerechnet werden, wenn der angestellte Arzt die auf seine Arztstelle entfallende Versorgungspflicht130 erfüllt hat; etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 15 Abs. 1 S. 3 und 4 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 3 und S. 4 EKV, da dort nur vorgesehen ist, dass die Leistungen angestellter Ärzte dem Praxisinhaber „zugerechnet“ werden, während Leistungen von genehmigten Assistenten oder nach § 32b Ärzte-ZV angestellten Ärzten gem. § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 S. 2 EKV als „persönliche Leistungen“ des Praxisinhabers qualifiziert werden. Im Übrigen gilt in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch der Fall einer zulässigen Vertretung nach § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV als Teil der Erfüllung der Versorgungspflicht eines Vertragsarztes.
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Nach § 17 Abs. 1b BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7b EKV gelten die Regelungen zum zeitlichen Mindestumfang nicht für die Arztgruppe der Anästhesisten und auch nicht für Belegärzte.
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Soweit die Mitglieder der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft an den anderen Vertragsarztsitzen der übrigen Mitglieder tätig werden, ist dies grundsätzlich
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128 129 130
S. hierzu § 19a, Rz. 2ff. A.A. Bäune, § 19a, Rz. 6. S. hierzu § 32b, Rz. 4ff.
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zulässig und bedarf keiner Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung i.S.d. § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV131. Die Mitglieder müssen aber ihre Präsenzpflicht unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte nach § 17 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7ff. EKV an ihrem jeweiligen Vertragsarztsitz erfüllen. Nach § 17 Abs. 1a S. 3 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 3 EKV muss zudem der Umfang der Tätigkeit am Vertragsarztsitz den Umfang aller Tätigkeiten eines Vertragsarztes an anderen Tätigkeitsorten überwiegen. Der Vertragsarzt muss demnach zeitlich an seinem Vertragsarztsitz in einem größeren Umfang tätig sein, als er in der Summe an seinen anderen Tätigkeitsorten tätig ist. § 17 Abs. 1a S. 6 BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a S. 6 EKV erlaubt auf der Grundlage des § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 1 Ärzte-ZV zudem den Umfang an anderen Tätigkeitsorten als dem Vertragsarztsitz durch die Vorgabe von Mindestbzw. Höchstzeiten zu beschränken. Zuständig hierfür sind die Zulassungsgremien, da die Sicherung der Anforderungen, die an eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV zu stellen sind, nach § 33 Abs. 3 S. 5 Ärzte-ZV im Genehmigungsbescheid durch Auflagen zu gewährleisten ist. Insofern läuft auch das den Kassenärztlichen Vereinigungen in § 15a Abs. 4 S. 9 Hs. 2 BMVÄ bzw. § 15a Abs. 4 S. 9 Hs. 2 EKV eingeräumte Recht, die Erfüllung der Präsenzpflicht eines Vertragsarztes durch Auflagen sicherzustellen, ins Leere; § 33 Abs. 3 S. 5 Ärzte-ZV weist diese Aufgabe den Zulassungsgremien zu. Es bleibt in diesem Zusammenhang abzuwarten, wie die Zulassungsgremien mit dem von den Partnern der Bundesmantelverträge gewählten Begriff „überwiegen“ umgehen werden. Sicherlich ist das den Kassenärztlichen Vereinigungen eingeräumte Recht, einen Nachweis über den zeitlichen Umfang der Tätigkeit am Vertragsarztsitz und an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft zu verlangen, nicht zu beanstanden. 43
Für jedes Mitglied der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft gilt daneben nach wie vor die Bestimmung des § 20 Ärzte-ZV132. Insbesondere die in diesem Zusammenhang ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts133 zum zeitlichen Umfang einer Nebentätigkeit behält für die Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft uneingeschränkt Gültigkeit, allerdings mit der Maßgabe, dass eine Tätigkeit eines Mitglieds außerhalb seines Vertragsarztsitzes an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder keine Nebentätigkeit i.S.d. § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV ist; die Regelungen in § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV i.V.m. mit ihrer bundesmantelvertraglichen Ausgestaltung gehen als leges speciales vor134. cc) Besonderheiten bei der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft innerhalb des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung
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§ 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 1 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 1 EKV verpflichtet die Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, die in dem Bezirk ei131 132 133 134
Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 559. S. hierzu § 20, Rz. 1ff. BSG, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 20/01 R, MedR 2002, 660ff. Dazu auch § 24, Rz. 77.
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ner Kassenärztlichen Vereinigung geführt wird, für die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft die Betriebsstätte durch eine Anzeige gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung festzulegen. Die bundesmantelvertraglichen Vorschriften definieren den Begriff der Betriebsstätte als Vertragsarztsitz. Damit liegt die Annahme nahe, dass eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft mehrere Betriebsstätten im bundesmantelvertraglichen Verständnis unterhält. Nach § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 1 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 1 EKV trifft diese Annahme aber nicht zu. Dies überrascht insofern, als § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV eine solche Wahl nur für die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft, die über Bezirke mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen hinweg geführt wird, vorschreibt. § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 2 Ärzte-ZV lässt für § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 1 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 4, Hs. 1 EKV indes keinen Raum. Die Partner der Bundesmantelverträge gehen mit dieser Regelung über die ihnen eingeräumte Rechtssetzungskompetenz hinaus. Ein sachlicher Grund, auch für Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, die innerhalb des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung geführt wird, eine solche Verpflichtung vorzusehen, ist ersichtlich nicht gegeben. Denn alle Mitglieder einer solchen Berufsausübungsgemeinschaft sind Mitglieder derselben Kassenärztlichen Vereinigung; auch aus der Bestimmung des § 33 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV oder aus den Bestimmungen der §§ 21 und 37a BMV-Ä bzw. §§ 25 und 22a EKV ergibt sich eine solche Notwendigkeit nicht. Für die Überprüfbarkeit des Umfangs der vertragsärztlichen Tätigkeit der Mitglieder an ihren Vertragsarztsitzen ist eine Betriebsstättenfestlegung ebenfalls nicht erforderlich. Insofern dürfen die Bestimmungen in § 15a Abs. 4 S. 4 bis 7 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 4 bis 7 EKV bei innerhalb des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung geführten überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften nicht zur Anwendung kommen. § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 2 EKV sieht weiter vor, dass die Wahl des Sitzes „für den Ort zulässig“ ist, „wo der Versorgungsschwerpunkt der Tätigkeit der Berufsausübungsgemeinschaft“ liegt. Ein solcher Versorgungsschwerpunkt dürfte in der Praxis kaum auszumachen sein, zumal die Mitglieder der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft zur Erfüllung ihrer Versorgungspflicht an ihrem jeweiligen Vertragsarztsitz verpflichtet sind. Jeder Vertragsarztsitz der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft wird daher einen Versorgungsschwerpunkt bilden, so dass den Mitgliedern die Wahl der Betriebsstätte nach § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 1 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 4 Hs. 1 EKV freistehen muss.
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Die Wahl der Betriebsstätte der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft – so man eine solche Verpflichtung überhaupt für gegeben hält – bedingt zugleich die Festlegung, dass die übrigen Vertragsarztsitze der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft Nebenbetriebsstätten i.S.d. Bundesmantelverträge sind. Die Wahl ist nach § 15a Abs. 4 S. 5 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 5 EKV für die Dauer von zwei Jahren verbindlich und kann nur zu Beginn eines Quartals getroffen werden. Versäumen die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft die Ausübung ihres Wahlrechts trotz Fristsetzung ihrer Kassenärztlichen Vereinigung, ist die Kassenärztliche Vereinigung zur Festlegung der Betriebsstätte der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft und ihrer Nebenbetriebsstätten ermächtigt.
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dd) Besonderheiten bei der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft in Bezirken mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen 47
Nach § 15a Abs. 4 S. 11 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 11 EKV finden zunächst die Bestimmungen nach § 15a Abs. 4 S. 4 bis 10 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 4 bis 10 EKV auch auf die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft, die sich über Bezirke von zumindest zwei Kassenärztlichen Vereinigungen erstreckt, Anwendung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 15a Abs. 4 S. 11 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 11 EKV, der lediglich „ergänzend“ auf § 15b BMV-Ä bzw. § 15b EKV verweist.
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§ 15a Abs. 4 S. 11 i.V.m. S. 4 Hs. 1 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 11 i.V.m. S. 4 Hs. 1 EKV verpflichtet die Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, die in Bezirken von zumindest zwei Kassenärztlichen Vereinigungen geführt wird, für die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft die Betriebsstätte durch eine Anzeige gegenüber der „maßgeblichen“135 Kassenärztlichen Vereinigung festzulegen. Die „maßgebliche“ Kassenärztliche Vereinigung in diesem Sinne ist die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die von den Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft gewählte Betriebsstätte liegt. Da diese Wahlentscheidung nicht nur die „maßgebliche“ Kassenärztliche Vereinigung betrifft, haben die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen – das sind alle Kassenärztlichen Vereinigungen, in deren Bezirken Vertragsarztsitze der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft liegen – sich wechselseitig über die Wahlentscheidung zu informieren; eine Rechtsgrundlage hierfür bietet § 10 der Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung bei einer den Bereich einer Kassenärztlichen Vereinigung übergreifenden Berufsausübung136.
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§ 15a Abs. 4 S. 11 i.V.m. S. 4 Hs. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 11 i.V.m. S. 4 Hs. 2 EKV sieht vor, dass die Wahl des Sitzes „für den Ort zulässig“ ist, „wo der Versorgungsschwerpunkt der Tätigkeit der Berufsausübungsgemeinschaft“ liegt. Ein solcher Versorgungsschwerpunkt dürfte in der Praxis kaum auszumachen sein, zumal die Mitglieder der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft zur Erfüllung ihrer Versorgungspflicht an ihrem jeweiligen Vertragsarztsitz verpflichtet sind. Jeder Vertragsarztsitz der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft wird daher einen Versorgungsschwerpunkt bilden, so dass den Mitgliedern die Wahl der Betriebsstätte nach § 15a Abs. 4 S. 11 i.V.m. S. 4 Hs. 1 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 11 i.V.m. S. 4 Hs. 1 EKV freistehen muss. Mit der Festlegung der Betriebsstätte wählen die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft zum einen den für die Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft zuständigen Zulassungsausschuss137, zum anderen die für sie verwaltungstechnisch zuständige Kassenärztliche Vereinigung; dies er135 136 137
§ 15b S. 2 BMV-Ä bzw. § 15b S. 2 EKV. KV-übergreifende Berufsausübungs-Richtlinie vom 29.05.2007, zum 01.07.2007 in Kraft getreten. Im Übrigen besteht keine Notwendigkeit, für die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft die Zuständigkeit eines Zulassungsausschusses zu begründen. Für die Genehmigung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes kann weiterhin der Zulassungsausschuss zuständig bleiben, in dessen Zulassungsbezirk der Vertragsarztsitz liegt. Für die Genehmigung einer Zweigpraxis in einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung ordnet § 24 Abs. 3 S. 3 ÄrzteZV die Zuständigkeiten ohnedies.
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gibt sich aus § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV. Die Wahl ist nach § 33 Abs. 3 S. 4 ÄrzteZV für zwei Jahre verbindlich und kann nur zu Beginn eines Quartals (§ 15b S. 2 BMV-Ä bzw. § 15b S. 2 EKV) erfolgen. Die Wahl der Betriebsstätte der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft bedingt zugleich die Festlegung, dass die übrigen Vertragsarztsitze der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft Nebenbetriebsstätten i.S.d. Bundesmantelverträge sind. Kommen die Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft ihrer Wahlpflicht138 nicht nach, fehlt für die Berufsausübungsgemeinschaft, die über Bezirke von mindestens zwei Kassenärztlichen Vereinigungen geführt wird, eine praktikable Zuweisung der Zuständigkeiten unter den beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen. Denn über die Verweisnorm des § 15a Abs. 4 S. 11 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 4 S. 11 EKV werden die Regelungen für die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft, die innerhalb des Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung geführt wird, für anwendbar erklärt; dort ist aber gerade der Fall einer Beteiligung von wenigstens zwei Kassenärztlichen Vereinigungen nicht erfasst; insbesondere fehlt eine bundesmantelvertragliche Regelung, die die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen zur Fristsetzung berechtigt, was Voraussetzung für die „Ersatzvornahme“ der Wahlentscheidung ist. Dies ergibt sich auch nicht aus § 15b BMV-Ä bzw. § 15b EKV und auch nicht aus der KV-übergreifende Berufsausübungs-Richtlinie. Eine Lösung kann so aussehen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam unter Fristsetzung zur Wahl der Betriebsstätte auffordern. Den rechtlichen Rahmen zur verwaltungstechnischen Abwicklung der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, die sich über mehr als eine Kassenärztliche Vereinigung erstreckt, bildet auf der Grundlage des § 75 Abs. 7 Nr. 2 SGB V i.V.m. § 15b S. 1 BMV-Ä bzw. § 15b S. 1 EKV die KV-übergreifende BerufsausübungsRichtlinie. Der Wortlaut des § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV, wonach die Wahl des maßgeblichen Vertragsarztsitzes zugleich zur Anwendbarkeit der „ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen“ der so „gewählten“ Kassenärztlichen Vereinigung auf die gesamte Leistungserbringung der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft führt, ist missverständlich139. Der Verordnungsgeber wollte den Mitgliedern einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft wohl nicht die Möglichkeit einräumen, die für sie „günstigsten“ Bestimmungen, insbesondere soweit es die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen betrifft, wählen zu können140. Lediglich die verwaltungstechnische Abwicklung soll damit in die Hand einer Kas-
138 139
140
Das Wahlrecht stellt sich im Ergebnis als Wahlpflicht heraus; so auch Weimer, GesR 2007, 204ff. Weimer (a.a.O.) versteht § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV als „echtes materielles Wahlrecht“ mit der Folge, dass die gewählte „maßgebliche“ KV ausschließlich ihre eigenen Rechtsnormen anzuwenden habe. Dieses Verständnis entspricht aber wohl nicht der gesetzgeberischen Intention (s. hierzu Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, S. 35 und 51; Orlowski war auf ministerieller Ebene am Gesetzgebungsverfahren zum VÄndG beteiligt.). Orlowski/Halbe/Karch a.a.O.; zweifelnd Weimer a.a.O.
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senärztlichen Vereinigung gegeben werden141. Es bleibt abzuwarten, welche Qualität die Rechtsprechung § 33 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV zuerkennt. 52
Die KV-übergreifende Berufsausübungs-Richtlinie findet nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 der Richtlinie u.a. Anwendung auf überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften, die sich über Bezirke von mindestens zwei Kassenärztlichen Vereinigungen erstrecken. Sie regelt die „Zuständigkeit für die Leistungsabrechnung, die Richtigkeitsprüfung, die Wirtschaftlichkeitsprüfung, die Honorarfestsetzungsbescheide sowie die Qualitätsprüfungen und Disziplinarangelegenheiten“142. Nach § 2 der KV-übergreifenden Berufsausübungs-Richtlinie richten sich die Zuständigkeiten und die maßgeblichen vertragsarztrechtlichen Regelungen grundsätzlich nach dem Ort der Leistungserbringung143. Zu differenzieren ist dabei zwischen den beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen auf der einen Seite und der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung auf der anderen Seite. Beteiligte Kassenärztliche Vereinigungen sind nach § 3 Nr. 1 der KV-übergreifenden Berufsausübungs-Richtlinie alle Kassenärztlichen Vereinigungen, „in deren Bereich Vertragsarztsitze der Berufsausübungsgemeinschaft gelegen sind“. Zuständige Kassenärztliche Vereinigung ist nach § 3 Nr. 2 der KVübergreifenden Berufsausübungs-Richtlinie144 die von der Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV gewählte Kassenärztliche Vereinigung. d)
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Teilberufsausübungsgemeinschaft
In § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV lässt der Verordnungsgeber einen Zusammenschluss vertragsärztlicher Leistungserbringer zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit – beschränkt auf einzelne Leistungen – in Form einer Teilberufsausübungsgemeinschaft145 zu. Abgrenzungskriterium zur „Voll“-Berufsausübungsgemeinschaft ist demnach, dass sich die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der
141 142 143
144
145
Orlowski/Halbe/Karch a.a.O. § 1 Abs. 1 der KV-übergreifenden Berufsausübungs-Richtlinie. So ordnet bspw. § 4 an, dass die Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen nach den Bestimmungen erfolgen, die für den Ort der Leistungserbringung maßgeblich sind; zuständig für den Erlass des Honorarbescheids bleibt die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk der Ort der Leistungserbringung gelegen ist. Im wesentlichen bleibt es bei einer Regionalisierung, so dass die Festlegung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung nur von Bedeutung ist für die Zusammenführung der Abrechnungsdaten, für die Durchführung einer zusammenfassenden Prüfung der Abrechnungsdaten nach § 106a SGB V, für die Zuständigkeit des Prüfgremiums für die Wirtschaftlichkeitsprüfung (mit Ausnahmen), für die Qualitätsprüfung (mit Ausnahmen) und für die Zuständigkeit in Disziplinarsachen, die die Berufsausübungsgemeinschaft als solche betreffen. In der Richtlinie werden die Begriffe „Verwaltungs-Kassenärztliche Vereinigung“ und „Hauptsitz-KV“ verwendet. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn hier eine Vereinheitlichung in der Terminologie entsprechend den bundesmantelvertraglichen Regelungen vorgenommen worden wäre. § 1a Nr. 13 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 13 EKV definiert die Teilberufsausübungsgemeinschaft als „im Rahmen von § 33 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 15a Abs. 5 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 5 EKV erlaubte, auf einzelne Leistungen bezogene Zusammenschlüsse zu Berufsausübungsgemeinschaften bei Vertragsärzten, Vertragspsychotherapeuten und Medizinischen Versorgungszentren in Entsprechung zu der vorstehenden Nr. 12“.
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in der Teilberufsausübungsgemeinschaft verbundenen vertragsärztlichen Leistungserbringer auf einen von ihnen bestimmten Leistungsausschnitt beschränkt146. aa) Grundsätze Der Verordnungsgeber folgt damit der berufsrechtlichen Neuausrichtung zur Bildung von Berufsausübungsgemeinschaften, die mit den auf dem 107. Deutschen Ärztetag im Jahr 2004 beschlossenen Änderungen der Muster-Berufsordnung (MBO-Ä)147 in Gang148 gesetzt worden ist. Zudem schafft der Verordnungsgeber mit der Neufassung des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV die gesetzliche Grundlage zur Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften, die dem Vertragsarztrecht als Kooperationsform bislang unbekannt waren. Nach § 33 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 1 Ärzte-ZV kann eine Teilberufsausübungsgemeinschaft als örtliche, nach § 33 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 2 Ärzte-ZV auch als überörtliche Teilberufsausübungsgemeinschaft ausgestaltet werden. Bilden die Mitglieder eine örtliche Teilberufsausübungsgemeinschaft, müssen sie nach § 33 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 1 Ärzte-ZV einen „gemeinsamen Vertragsarztsitz“ unterhalten. Da die Mitglieder der Teilberufsausübungsgemeinschaft in diesem Fall aber in der Regel weiterhin ihre bisherigen Vertragsarztsitze im Sinne von Praxisanschriften nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV beibehalten werden, wird für die örtliche Teilberufsausübungsgemeinschaft ein virtueller gemeinsamer Vertragsarztsitz – beschränkt auf den vertragsärztlichen Leistungsausschnitt, der Gegenstand der Teilberufsausübungsgemeinschaft sein soll – gebildet. Im Falle der Bildung einer überörtlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft sind freilich noch die rechtlichen Besonderheiten überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften zu berücksichtigen.
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Da eine Berufsausübungsgemeinschaft als solche nicht Mitglied einer anderen Berufsausübungsgemeinschaft sein kann149, können sich bestehende Berufsausübungsgemeinschaften nicht zu einer Teilberufsausübungsgemeinschaft zusammenschließen. Ein Zusammenschluss ihrer Mitglieder in Form einer Teilberufsausübungsgemeinschaft – auch unter Beibehaltung ihrer „Haupt“-Berufsausübungsgemeinschaft – ist indes zulässig; da in diesem Fall von der „Haupt“-Berufsausübungsgemeinschaft aber ein vertragsärztlicher Leistungsausschnitt in die Teilberufsausübungsgemeinschaft transferiert wird, wird auch die „Haupt“-Berufsausübungsgemeinschaft faktisch zu einer Teilberufsausübungsgemeinschaft. Ein vertragsärztlicher Leistungserbringer kann sich auch mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften anschließen150.
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146 147 148 149 150
Ratzel/Möller/Michels, MedR 2006, 377, 380. Eine Teilberufsausübungsgemeinschaft ist nach § 18 Abs. 1 MBO-Ä zulässig. Zwischenzeitlich lassen alle regionalen Berufsordnungen der (Landes)Ärztekammern die Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften grundsätzlich zu. S. Rz. 24. So auch § 1a Nr. 15 Ziff. 3 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 15 Ziff. 3 EKV; die Ärzte-ZV sieht eine Beschränkung, wie vielen Teilberufsausübungsgemeinschaften ein vertragsärztlicher Leistungserbringer angehören darf, nicht vor. Allerdings kann sich eine solche Beschränkung aus berufsrechtlichen Regelungen ergeben, die nach hier vertretener Auffassung neben den vertragsarztrechtlichen Bestimmungen gleichermaßen zu berücksichtigen sind (S. hierzu Fn. 53).
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
bb) Problem der entgeltlichen Patientenzuweisung 56
Der Verordnungsgeber hat die mit der Änderung der MBO-Ä ausgelöste Diskussion, Teilberufsausübungsgemeinschaften ebneten den Boden für sog. „Kick-Back“Modelle151, aufgenommen und schließt die Bildung einer Teilberufsausübungsgemeinschaft zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern von vorneherein aus. Der Zusammenschluss zwischen einem Arzt eines therapieorientierten Fachgebiets und einem Arzt eines Methodenfachs152 in Form einer Teilberufsausübungsgemeinschaft zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen wird hierdurch vertragsarztrechtlich unterbunden153. Der Ausschluss in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV deckt sich insoweit nicht mit dem berufsrechtlichen Verbot der entgeltlichen Patientenzuweisung des § 31 MBO-Ä, das auch bei der Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften zu beachten ist154. Da aber die berufsrechtlichen Bestimmungen neben den vertragsarztrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen155, ist eine Prüfung in doppelter Hinsicht notwendig. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, sind die in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV vorgesehene Einschränkung bei der Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften einerseits und das berufsrechtliche Verbot der entgeltlichen Patientenzuweisung in § 31 MBO-Ä andererseits im Einzelfall nach ihrem Sinn und Zweck unter Berücksichtigung dessen, was zum vertragsärztlichen Leistungsangebot der Teilberufsausübungsgemeinschaft gehören soll, auszulegen. Über das vertragsärztliche Leistungsangebot der Teilberufsausübungsgemeinschaft werden zugleich die ärztlichen Leistungsbeiträge ihrer Mitglieder definiert. Beschränkt sich der Leistungsbeitrag einzelner Mitglieder auf die bloße Überweisung von Leistungen, so dass sich ihre Gewinnbeteiligung in der Teilberufsausübungsgemeinschaft faktisch als entgeltliche Patientenzuweisung darstellt, ist der Zusammenschluss berufs- und vertragsarztrechtlich unzulässig156. Eine solche Konstellation indes ist nicht nur bei einem Zusammenschluss zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern denkbar, so dass das berufsrechtliche Verbot der entgeltlichen Patientenzuweisung an dieser Stelle weiter geht als die vertragsarztrechtliche Einschränkung bei der Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften. Andererseits schließt die vertragsarztrechtliche Reglementierung nach ihrem Wortlaut bspw. die Bildung einer Teilberufsausübungsgemeinschaft zwischen einem Gynäkologen und einem Laborarzt zur Erbringung von Laborleistungen grundsätzlich aus, und zwar auch dann, wenn der Gynäkologe selbst eine Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von solchen Laborleis151 152 153 154
155 156
Z.B. Ratzel/Möller/Michels, MedR 2006, 377ff. Laborarzt, Nuklearmediziner, Radiologe, Strahlentherapeut, Pathologe. BT-Drucks. 16/2374, S. 31. Das Recht zur Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften ist keine Ausnahme vom Verbot der entgeltlichen Patientenzuweisung; Koch, GesR 2005, 241ff.; Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 21. S. hierzu Fn. 53. Wigge, NZS 2007, 393, 396.
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tungen, die zum vertragsärztlichen Leistungsangebot der Teilberufsausübungsgemeinschaft gehören sollen, innehat157. Im Geltungsbereich des § 31 MBO-Ä wäre eine solche Zusammenarbeit berufsrechtlich nicht verboten. Ein solcher Wertungswiderspruch ist nicht sachgerecht, weil sowohl die berufsrechtliche als auch die vertragsarztrechtliche Reglementierung dasselbe Ziel – nämlich die Verhinderung von sog. „Kick-Back“-Modellen158 – verfolgen. Daher sollte sich der Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit solcher Zusammenschlüsse an den Leistungsbeiträgen der Mitglieder der Teilberufsausübungsgemeinschaft orientieren; diese dürfen sich nicht auf eine bloße Zuweisung ärztlicher Leistungen an andere Mitglieder beschränken159. Für die von den Partnern der Bundesmantelverträge in § 15a Abs. 5 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 5 S. 2 EKV zusätzlich vorgesehene Genehmigungsvoraussetzung, wonach eine Teilberufsausübungsgemeinschaft nur zulässig sein soll, „wenn das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärzte erforderlich ist, um Patienten zu versorgen, die einer gemeinschaftlichen Versorgung durch die der Teilberufsausübungsgemeinschaft angehörenden Ärzte bedürfen, und die Ärzte gemeinschaftlich im Rahmen des § 17 Abs. 1a zur Verfügung stehen“, fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage. Die Zulässigkeit der Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften wird hierdurch über die gesetzlichen Vorgaben in § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV hinaus zusätzlich eingeschränkt. § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 2 Ärzte-ZV ermächtigt die Partner der Bundesmantelverträge ausschließlich zur Konkretisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. § 15a Abs. 5 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 5 S. 2 EKV enthält jedoch keine solche Konkretisierung, sondern geht ersichtlich über das hinaus, was der Verordnungsgeber als Rahmen vorgegeben hat; diese Regelung ist daher insoweit rechtswidrig, als sie eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung zur Bildung von Teilberufsausübungsgemeinschaften enthält. Der Verweis in § 15a Abs. 5 S. 2 BMV-Ä bzw. § 15a Abs. 5 S. 2 EKV auf § 17 Abs. 1a BMV-Ä bzw. § 13 Abs. 7a EKV ist hingegen von § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 2 Ärzte-ZV gedeckt; die dortigen Zeitvorgaben sind von den Mitgliedern der Teilberufsausübungsgemeinschaft gemeinsam zu erfüllen.
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cc) Sonstiges Zu der Frage, wie Teilberufsausübungsgemeinschaften ihre vertragsärztlichen Leistungen abrechnen, wie diese honoriert werden, wie Wirtschaftlichkeits- und Plausibilitätsprüfungen durchgeführt werden, schweigt sich der Verordnungsgeber aus. Hierzu haben die Vertragspartner auf Landesebene in den regionalen Honorarverteilungsverträgen und Prüfvereinbarungen entsprechende Regelungen vorzusehen.
157 158 159
S. hierzu auch Ratzel/Möller/Michels, MedR 2006, 377, 381. Lippert in: Ratzel/Lippert (Hrsg.), Kommentar zur MBO-Ä, § 31, Rz. 1, und BT-Drucks. 16/2374, S. 31. Eine Prüfung der Angemessenheit zwischen dem ärztlichen Leistungsbeitrag eines Mitglieds und dessen Gewinnanteil in der Teilberufsausübungsgemeinschaft erscheint als Abgrenzungskriterium wenig geeignet. Zum einen dürfte sich hierfür kaum ein adäquater Beurteilungsmaßstab finden lassen, zum anderen findet eine solche Prüfung bei einer „Voll“-Berufsausübungsgemeinschaft auch nicht statt.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
e) Berufsausübungsgemeinschaft im Job-Sharing aa) Grundsätze 59
Rechtsgrundlage für die Ausgestaltung der Berufsausübungsgemeinschaft im JobSharing ist § 101 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 SGB V. Intention des Gesetzgebers war zum einen die Erleichterung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung für jüngere Ärzte, zum anderen die Schaffung einer Möglichkeit für ältere Vertragsärzte, sich sukzessive aus der vertragsärztlichen Versorgung zurückzuziehen160. Dabei sollte die Bedarfsplanung nicht tangiert werden161. Arztgruppen, für die in Planungsbereichen Zulassungssperren angeordnet sind, können hiernach mit einem Kollegen derselben Arztgruppe die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft – der sog. Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft – ausüben. Der Job-Sharer wird für die Dauer seiner Zugehörigkeit zur Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die unbeschränkte Zulassung des Vertragsarztes, mit dem er das Job-Sharing ausübt (Job-Sharing-Partner), bleibt hiervon unberührt162. Der beschränkte zulassungsrechtliche Status des Job-Sharers steht und fällt mit seiner Mitgliedschaft in der Berufsausübungsgemeinschaft. Scheidet er aus der Berufsausübungsgemeinschaft aus oder wird die Berufausübungsgemeinschaft aufgelöst, endet automatisch die beschränkte Zulassung des Job-Sharers. Zulassungsrechtlich ist der Job-Sharer im Vergleich zum Job-Sharing-Partner demnach benachteiligt, was ggf. gesellschaftsvertraglich abgesichert werden muss163. Die Bildung einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft ist die alternative Gestaltungsmöglichkeit zur sog. Job-Sharing-Anstellung164 nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V i.V.m. § 32b Ärzte-ZV165.
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Die Bildung einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft als überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft ist grundsätzlich zulässig. Denn der Job-Sharer erhält eine – wenn auch vom Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft abhängige – beschränkte Zulassung, diese gem. § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für einen Vertragsarztsitz. Dieser Vertragsarztsitz kann auf der Grundlage des § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV auch an einem vom Vertragsarztsitz des Job-Sharing-Partners verschiedenen Niederlassungsort eingenommen werden. § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV schließt dies ebensowenig aus wie die Regelungen in Abschnitt 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie. Vielmehr verweist § 23a Bedarfsplanungs-Richtlinie auf § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV und die dort normierten Voraussetzungen, die auch bei der Bildung einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft zu beachten sind. Entsprechend ist die Bildung einer Teilberufsausübungsgemeinschaft im Job-Sharing nicht ausgeschlossen und damit grundsätzlich zulässig.
160 161 162 163 164 165
BT-Drucks. 13/6087, 13/6362 und 13/7264. BT-Drucks. 13/6087, 13/6362 und 13/7264. Kamps, MedR 1998, 103, 106. Zur Vertragsgestaltung s. Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 178ff. S. § 32b, Rz. 8ff. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 323.
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bb) Voraussetzungen Die Voraussetzungen für die Genehmigung einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft sind in Abschnitt 5 der Bedarfsplanungs-Richtlinie festgelegt. Der JobSharer muss in seiner Person die Voraussetzungen des § 95 SGB V erfüllen; er muss hiernach grundsätzlich zulassungsfähig sein 166. Die Beteiligten sind verpflichtet, dem zuständigen Zulassungsausschuss einen genehmigungsfähigen167 Vertrag über die Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft vorzulegen. Auch eine JobSharing-Berufsausübungsgemeinschaft muss als echtes Gesellschaftsverhältnis ausgestaltet sein. Insoweit besteht zur klassischen Berufsausübungsgemeinschaft kein Unterschied.
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Der Job-Sharer und sein Job-Sharing-Partner müssen nach § 23a Nr. 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie derselben Arztgruppe angehören168. Liegt Arztgruppenidentität zwischen Job-Sharer und Job-Sharing-Partner nicht vor, scheidet die Bildung einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft aus. In § 23b der Bedarfsplanungs-Richtlinie hat der Gemeinsame Bundesausschuss im Einzelnen definiert, welche Fachgebiete eine Arztgruppe in diesem Sinne bilden. So kann bspw. ein Facharzt für Allgemeinmedizin mit einem Facharzt für Innere Medizin eine Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft bilden, sofern beide an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen. Fachärztlich tätige Internisten mit Schwerpunkt müssen zur Gründung einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft identische Schwerpunktbezeichnungen führen169; führt nur einer der Beteiligten eine Schwerpunktbezeichnung, schließt dies die Bildung einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft nicht aus. Die Bildung einer versorgungsbereichsübergreifenden – hausärztlichen und fachärztlichen – Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft ist ausgeschlossen. Tritt ein Job-Sharer in eine Berufsausübungsgemeinschaft ein, deren Mitglieder unterschiedlichen Arztgruppen i.S.d. § 23b der Bedarfsplanungs-Richtlinie angehören, reicht die Übereinstimmung in der Arztgruppe mit einem unbeschränkt zugelassenen Vertragsarzt aus.
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Schließlich müssen sich die Partner einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft schriftlich bereit erklären, ihren Praxisumfang nicht wesentlich zu überschreiten. Zudem werden sie in § 23a Nr. 4 Hs. 1 der Bedarfsplanungs-Richtlinie
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166 167 168
169
S. zu den Zulassungsvoraussetzungen, § 18, Rz. 1ff. S. hierzu Rz. 101ff. Ursprünglich war Voraussetzung noch die Fachgebietsidentität nach den Weiterbildungsordnungen. Der Bundesausschuss hat die Bezugnahme auf das Fachgebiet nach den Weiterbildungsordnungen mit Beschluss vom 21.12.2004, der zum 15.05.2005 in Kraft getreten ist, aufgegeben. Anlass hierfür war die Novelle der Muster-Weiterbildungsordnung. Soweit die Beteiligten unterschiedliche Schwerpunktbezeichnungen führen, muss einer auf das Führen seiner Schwerpunktbezeichnung verzichten; dies kann sowohl der Job-Sharer als auch der Job-Sharing-Partner sein. Dies ist nicht konsequent. Denn die Bedarfsplanungs-Richtlinie definiert die Arztgruppenidentität im Wesentlichen nach den für die Bedarfsplanung definierten Arztgruppen. Eine Bedarfsplanung nach unterschiedlichen internistischen Schwerpunkten ist nicht vorgesehen. Die ursprüngliche Bestimmung, wonach eine Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft keine qualitative Änderung des Leistungsspektrums bewirken durfte, wurde mit Beschluss vom 08.01.1999 aufgehoben.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
verpflichtet, die vom Zulassungsausschuss festgelegte Leistungsbeschränkung anzuerkennen. Letzteres schränkt die Rechtsschutzmöglichkeiten der Beteiligten in unzulässiger Weise ein. Denn damit wird den beteiligten Ärzten die Möglichkeit genommen, die festgelegten Leistungsgrenzen gerichtlich überprüfen zu lassen. Deshalb sind die beteiligten Ärzte berechtigt, die Anerkennung unter Vorbehalt zu erklären170. 64
Die Leistungsgrenzen werden quartalsbezogen auf der Grundlage der in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen erlassenen Abrechnungsbescheide festgelegt; Ausnahmequartale sind nicht einzubeziehen. Kann eine solche Festlegung in Ermangelung einer ausreichenden Zahl bereits ergangener Abrechnungsbescheide nicht vorgenommen werden, ist für die Leistungsmengenbeschränkung der quartalsweise ermittelte Durchschnitt der Arztgruppe als Obergrenze heranzuziehen. Auf die so ermittelten Leistungsgrenzen ist ein Zuschlag von 3 % vorzunehmen. Die Leistungsmengenbeschränkung erfasst dabei alle vertragsärztlichen Leistungen, auch solche Leistungen, die grundsätzlich extrabudgetär vergütet werden; eine Leistungsmengenausweitung ist daher auch im extrabudgetären Leistungsbereich einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft von vorneherein ausgeschlossen. Die Leistungsmengengrenzen erstrecken sich auf die Leistungen aller Vertragsärzte der Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft. Sie beschränken sich nicht auf den Job-Sharer und seinen Job-Sharing-Partner. Dies ergibt sich zum einen aus § 23a Nr. 4 Hs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie171 und zum anderen aus der Formulierung in § 23c Bedarfsplanungs-Richtlinie172. Nach § 23f Bedarfsplanungs-Richtlinie sind die so ermittelten Leistungsmengengrenzen jährlich unter Heranziehung der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts anzupassen; hierzu ermittelt die zuständige Kassenärztliche Vereinigung den Anpassungsfaktor aus der Division der quartalsbezogenen Leistungsmengengrenzen der Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft in Punkten und dem quartalsbezogenen Fachgruppendurchschnitt in Punkten. Eine Anpassung kann schon terminologisch nicht nur eine Erhöhung, sondern auch eine Reduzierung der Leistungsmengengrenzen bedeuten. Die Berechtigung zur Reduzierung der Leistungsmengengrenzen auf der Grundlage von § 23f Bedarfsplanungs-Richtlinie ist indes abzulehnen. Dies deshalb, weil sich nach § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V die Rechtssetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses insoweit beschränkt auf Regelungen zur Festlegung einer Leistungsmengenbegrenzung, zu der sich die Beteiligten einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft verpflichten müssen. Eine Berechtigung zur Anpassung der Leistungsmengengrenzen nach unten ist dort nämlich nicht vorgesehen173. Soweit es zu maßgeblichen strukturellen Änderungen bei den Berechnungsgrundlagen für die ermittelten Leistungsmengengrenzen kommt, können sowohl der Job-Sharing-Partner als auch die 170 171 172
173
So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 345ff. Danach haben alle Vertragsärzte einer Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft die Erklärungen über die Verpflichtung zur Leistungsmengenbegrenzung abzugeben. Grundlage für die Ermittlung der Leistungsmengengrenzen sind die „gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheide“ . So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 340.
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Kassenärztliche Vereinigung oder die Landesverbände der Kranken- und Ersatzkassen einen Antrag auf Anpassung stellen174. cc) Zulassungsrechtliche Besonderheiten Ein unbeschränkt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Vertragsarzt kann eine Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft immer nur mit einem Kollegen führen. Nach dem Wortlaut des § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V ist die Aufnahme mehrerer Job-Sharer in eine Praxis mit nur einem unbeschränkt zugelassenen Vertragsarzt ausgeschlossen175. In Berufsausübungsgemeinschaften mit mehreren unbeschränkt zugelassenen Vertragsärzten können indes so viele Job-Sharer aufgenommen werden, wie unbeschränkt zugelassene Vertragsärzte in ihr vertreten sind176.
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Wird der Planungsbereich für die Arztgruppe, der der Job-Sharer angehört, entsperrt, entfällt für die im Job-Sharing geführte Berufsausübungsgemeinschaft nach dem Wortlaut des § 101 Abs. 3 S. 2 SGB V die Leistungsmengenbeschränkung. Die beschränkt erteilte Zulassung des Job-Sharers erstarkt hiernach in eine unbeschränkte Zulassung. Nach früherer Rechtslage profitierten von einer Entsperrung eines Planungsbereiches alle dort im Job-Sharing beschränkt zugelassenen Ärzte der entsprechenden Arztgruppe, unabhängig von der Zahl der tatsächlich frei werdenden Vertragsarztsitze. Nach aktueller Rechtslage werden beschränkt erteilte JobSharing-Zulassungen bei Entsperrung des Planungsbereiches nur insoweit in unbeschränkte Zulassungen umgewandelt, als tatsächlich auch Vertragsarztsitze der entsprechenden Arztgruppe frei werden. Entscheidend dabei ist die jeweilige Dauer des Bestehens der Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft des Planungsbereiches177. Der nach Dauer seiner vertragsärztlichen Tätigkeit „älteste“ Job-Sharer wird zuerst berücksichtigt.
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Ein Job-Sharer erhält auch dann eine unbeschränkte Zulassung, wenn die Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft zehn Jahre bestanden hat. § 101 Abs. 3 S. 2 SGB V stellt auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit ab. Veränderungen in der Struktur der Praxis sind jedenfalls dann unschädlich, wenn JobSharer und Job-Sharing-Partner zusammen zehn Jahre vertragsärztlich tätig sind178. Wechselt vor Ablauf von zehn Jahren die Person des unbeschränkt zugelassenen Vertragsarztes, darf der Job-Sharer durch den Wechsel seines Job-Sharings-Partners
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§ 23e Bedarfsplanungs-Richtlinie. Der Wortlaut des § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V beschränkt sich – gleichermaßen wie der Wortlaut der § 23a Bedarfsplanungs-Richtlinie – auf „einen“ bereits zugelassenen Vertragsarzt mit „einem“ Job-Sharer. Zugegebenermaßen dürfte es sich dabei aber mit Blick auf die Leistungsmengenbeschränkung um eine eher theoretische Diskussion handeln. A.A. Kamps MedR 1998, 103ff., dessen Auffassung allerdings noch auf der damals geltenden Rechtslage mit der Problematik der Vervielfachung von Zulassungen bei Entsperrung des Planungsbereiches fußte. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 356. In der Praxis wird der Job-Sharer einer Berufsausübungsgemeinschaft, der mindestens zwei unbeschränkt zugelassene Vertragsärzte angehören, immer einem konkreten Vertragsarzt zugeordnet.
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in Bezug auf die Zehn-Jahres-Frist nicht dergestalt benachteiligt werden, dass die Frist mit dem Gesellschafterwechsel neu beginnt. Sinn und Zweck der gesetzlichen Privilegierung des Job-Sharers ist nicht zuletzt eine „Belohnung“ für seine langjährige Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Aus Gründen des Vertrauensschutzes muss sich die Zehn-Jahres-Frist bei einem Wechsel des unbeschränkt zugelassenen Vertragsarztes und Fortführung der Job-Sharing-Berufsausübungsgemeinschaft fortsetzen179; das Genehmigungserfordernis des § 33 Abs. 3 S. 1 ÄrzteZV ändert hieran nichts. 68
Der sodann unbeschränkt zugelassene frühere Job-Sharer wird bei der Ermittlung des Versorgungsgrades im Rahmen der Bedarfsplanung angerechnet.
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Im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V180 betreffend den Vertragsarztsitz des Job-Sharing-Partners ist der Job-Sharer bei der von den Zulassungsgremien zu treffenden Auswahlentscheidung, wenn er unter mehreren Bewerbern zu wählen hat, gem. § 101 Abs. 3 S. 4 SGB V erst nach einer Wartezeit von fünf Jahren privilegiert. Eine solche Wartezeit ist indes für den im Job-Sharing angestellten Arzt nach § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V nicht vorgesehen. Ein sachliches Differenzierungskriterium hierfür lässt sich nicht finden. Richtigerweise ist daher die Privilegierung des Job-Sharers bei der Auswahlentscheidung nicht aus § 101 Abs. 3 S. 4 SGB V, sondern aus § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V181 abzuleiten182. f)
Berufsausübungsgemeinschaft auf Grund Sonderbedarfs
aa) Grundsätze 70
Auf der Grundlage des § 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss in Abschnitt 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie Regelungen für die Erteilung sog. Sonderbedarfszulassungen zur Sicherung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Planungsbereich trotz der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen etabliert. Inhalt dieser Regelungen ist u.a. auch die Bildung von Berufsausübungsgemeinschaften auf Grund eines besonderen qualitativen oder quantitativen Versorgungsbedarfes183. Zum einen erlaubt § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie die Zulassung eines Vertragsarztes zur Bildung einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft, um die Erfüllung spezieller Versorgungsaufgaben184 zu ermöglichen. Zum anderen gestattet § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie die Zulassung eines Vertragsarztes zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Schwerpunkt ambulanter Operationen. Schließlich enthält § 24 lit. e) S. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie einen Sondertatbestand, der die Zulassung eines weiteren Vertragsarztes im Rahmen einer Berufsausübungsge179 180 181 182 183 184
A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 357. Ausführlich § 16b, Rz. 42ff. Als ein Vertragsarzt, „mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde“. So auch § 16b, Rz. 113, und Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 354. S. auch § 16b, Rz. 20ff. § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie nennt hier beispielhaft „kardiologische oder onkologische Schwerpunktpraxen“.
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meinschaft zur Sicherstellung der Dialyseversorgung unter Bezugnahme auf die Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren erlaubt. Grundsätzlich kann eine Berufsausübungsgemeinschaft im Sonderbedarf auch als überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft geführt werden. Dies ist nach den Bestimmungen des 7. Abschnitts Bedarfsplanungs-Richtlinie jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn ein Sonderbedarf für den Planungsbereich und nicht nur für den Vertragsarztsitz des vollzugelassenen Vertragsarztes – letzteres bspw. im Falle der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft im Sonderbedarf nach § 24 lit. e) S. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie – festgestellt wird. Der im Sonderbedarf zugelassene Vertragsarzt kann seinen Vertragsarztsitz dann nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV auch an einer vom Niederlassungsort des vollzugelassenen Vertragsarztes verschiedenen Praxisanschrift einnehmen. Für die Bildung einer Teilberufsausübungsgemeinschaft im Sonderbedarf ist in der Regel kein Raum, da eine Sonderbedarfszulassung nur dann erteilt werden darf, wenn nicht lediglich einzelne spezielle Leistungen angeboten werden185.
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bb) Voraussetzungen Voraussetzung für die Zulassung eines Vertragsarztes nach § 24 lit. c) S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist zunächst, dass der die Zulassung begehrende Arzt die spezielle ärztliche Tätigkeit, die zur Versorgungsaufgabe der Berufsausübungsgemeinschaft gehören soll, nach seiner Qualifikation ausüben kann und darf. Soweit also die Erbringung der speziellen ärztlichen Leistungen von bestimmten Qualifikationsvoraussetzungen186 abhängig ist, kommt die Erteilung einer Zulassung hiernach nur dann in Betracht, wenn der Bewerber diese Qualifikationsvoraussetzungen auch erfüllt. Darüber hinaus bedarf es der Feststellung, dass die weitere Zulassung eines Vertragsarztes im Wege der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft aus qualitätsbezogenen Gründen notwendig erscheint. § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie spricht hier von einer „qualitätsbezogenen Ausnahme“. Gleichzeitig verweist § 24 lit. c) S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie auf § 24 lit. a) Bedarfsplanungs-Richtlinie. Aus diesem Verweis kann der Schluss gezogen werden, dass die Erteilung einer Zulassung zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft mit einem speziellen Leistungsangebot hiernach auch aus rein quantitativen Gründen wegen eines nachweislich bestehenden lokalen Versorgungsbedarfs in Betracht kommen kann. Schließlich muss die Berufsausübungsgemeinschaft gerade zum Zwecke dieser Schwerpunktprägung gebildet werden. Dies setzt voraus, dass der Vertragsarzt, mit dem die Berufsausübungsgemeinschaft gebildet werden soll, gleichfalls diesen ärztlichen Schwerpunkt ausübt. Anderenfalls kommt nur die Erteilung einer – von der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft losgelösten 185
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BSG, Urt. v. 19.03.1997, 6 RKa 43/97, AusR 1998, 27. Allerdings sind durchaus Konstellationen denkbar, die ausnahmsweise auch die Bildung einer Teilberufsausübungsgemeinschaft im Sonderbedarf zulässig erscheinen lassen, bspw. Sonderbedarf ausschließlich für einen internistischen Schwerpunkt in Teilberufsausübungsgemeinschaft mit einem vollzugelassenen Internisten. Solche Qualifikationsvoraussetzungen können sich bspw. aus Qualitätssicherungsvereinbarungen oder Bestimmungen des EBM ergeben.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
– Sonderbedarfszulassung nach § 24 lit. a) oder § 24 lit. b) Bedarfsplanungs-Richtlinie in Betracht. 73
Voraussetzung für die Zulassung eines Vertragsarztes nach § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist zunächst, dass der die Zulassung begehrende Arzt einer Arztgruppe, die grundsätzlich nach ihrer Gebietsbeschreibung auch ambulante Operationen umfasst, zugehört. Darüber hinaus muss der die Zulassung begehrende Arzt nach § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie schwerpunktmäßig ambulante Operationen durchführen. Diese Voraussetzung ist einschränkend auszulegen. Voraussetzung insoweit kann nur sein, dass der die Zulassung begehrende Arzt schwerpunktmäßig ambulante Operationen durchzuführen beabsichtigt. Da er bei Antragstellung nicht zugelassen ist, kann kaum verlangt werden, dass er schwerpunktmäßig bereits ambulante Operationen erbringt. Da im übrigen in diesem Fall die Sonderbedarfszulassung ohnedies nach § 25 Abs. 1 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie nur beschränkt auf die Durchführung ambulanter Operationen mit prä-, intra- und postoperativen Leistungen erteilt werden darf, reicht eine Absichtserklärung des die Zulassung begehrenden Arztes aus, um die Voraussetzung nach § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu erfüllen. Darüber hinaus bedarf es der Feststellung, dass die weitere Zulassung eines Vertragsarztes im Wege der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft aus quantitativen Gründen – § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie setzt voraus, dass „diese Versorgungsform nicht in ausreichendem Maße angeboten wird“ – erforderlich ist187. Schließlich muss die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Schwerpunkt „ambulante Operationen“ gebildet werden. Hieraus ist zu schließen, dass auch der Vertragsarzt, mit dem die Berufsausübungsgemeinschaft gebildet werden soll, in einem nicht nur untergeordneten Maße ambulant operativ tätig sein muss. Anderenfalls kommt nur die Erteilung einer – von der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft losgelösten – Sonderbedarfszulassung nach § 24 lit. a), § 24 lit. b) oder § 24 lit. d) S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie in Betracht.
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Voraussetzung für die Zulassung eines Vertragsarztes nach § 24 lit. e) S. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist die Feststellung, dass die Vorgaben in der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren die weitere Zulassung eines Arztes notwendig machen. Dies ist dann der Fall, wenn der Arzt-PatientenSchlüssel nach § 5 Abs. 7 c) Nr. 1 und 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren die Tätigkeit eines weiteren Arztes in dieser Dialysepraxis erfordert. Der die Zulassung begehrende Arzt muss zudem die fachlichen Qualifikationsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 7 c) Nr. 1 und 2 i.V.m. § 4 der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren in seiner Person erfüllen. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Ausnahmetatbestand für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft erfüllt. cc) Verfahren
75
Die Feststellungen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft erfüllt sind, trifft der Zu187
SG Marburg, Beschl. 06.03.2006, S 12 KA 97/06 ER.
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lassungsausschuss. Neben der Prüfung, ob die – ohne weiteres – objektivierbaren Tatbestandsvoraussetzungen188 vorliegen, kommt dem Zulassungsausschuss in den Fällen des § 24 lit. c) und des § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 und 2 BedarfsplanungsRichtlinie die Aufgabe zu, das Bestehen oder Nichtbestehen eines besonderen Versorgungsbedarfs festzustellen. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung räumt den Zulassungsgremien insoweit einen weiten Beurteilungsspielraum ein, der einer gerichtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist189. Dabei sind die Feststellungen von quantitativen oder qualitativen Versorgungsdefiziten und die Bewertung der vertragsärztlichen Versorgung in einem regionalen Bereich von maßgeblicher Bedeutung. Die Zulassungsgremien haben eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen wie bspw. Anzahl und Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte und – ausnahmsweise190 – Anzahl und Leistungsangebot der ermächtigten Ärzte, Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur, Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage auf Grund der vorhandenen Verkehrsverbindungen191. Den Zulassungsgremien wird von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung in diesem Rahmen auf Grund ihrer besonderen Sachkunde und –nähe eine Konkretisierungskompetenz zuerkannt192. Dabei müssen sie auch objektivierbare Kriterien ermitteln193. Insbesondere haben sich die Feststellungen zum Bestehen oder Nichtbestehen eines besonderen Versorgungsbedarfs in der Regel auf den Planungsbereich zu beschränken, für den die Sonderbedarfszulassung begehrt wird194. Im Fall des § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie sind bei der Feststellung des Versorgungsbedarfs Angebote von Krankenhäusern nach § 115b SGB V unberücksichtigt zu lassen195. In den Fällen des § 24 lit. a) bis lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie reicht ein nur vorübergehend bestehender Versorgungsbedarf für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nicht aus. Soweit der bestehende Versorgungsbedarf nach den Feststellungen der Zulassungsgremien nicht von Dauer ist, ist an Stelle der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung von der Möglichkeit der Erteilung einer Ermächtigung Ge188
189 190 191 192 193 194 195
Im Fall des § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie sind dies (1) Qualifikation des antragstellenden Arztes, (2) Schwerpunktausrichtung bei dem schon zugelassenen Vertragsarzt und (3) Vorlage eines genehmigungsfähigen Vertrages über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft. Im Fall des § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie sind dies (1) Zugehörigkeit ambulanter Operationen zum Gebiet der Arztgruppe des antragstellenden Arztes, (2) Erklärung des antragstellenden Arztes, ambulant operativ tätig werden zu wollen, (3) nicht nur untergeordnete ambulant operative Praxisausrichtung des bereits zugelassenen Vertragsarztes und (4) Vorlage eines genehmigungsfähigen Vertrages über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft. Im Fall des § 24 lit. e) S. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie sind dies alle in der Rz. 74 aufgezeigten Tatbestandsvoraussetzungen. Z.B. BSG, Urt. v. 19.03.1997, B 6 RKa 43/96, ArztR 1998, 93 (Kurzmitteilung); zuletzt BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, MedR 2007, 127ff. Zum Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen Zulassung und Ermächtigung s. § 31, Rz. 2. BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405ff. BSG a.a.O. BSG, Urt. v. 28.06.2000, B 6 KA 35/99 R, ArztR 2001, 107f. (Kurzmitteilung). BSG, Urt. v. 19.07.2006, B 6 KA 14/05 R, MedR 2007, 127ff. § 24 lit. d) S. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie.
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brauch zu machen196. Auch insoweit kommt den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu197. dd) Zulassungsrechtliche Besonderheiten 77
Eine nach § 24 lit. c) S. 2 i.V.m. § 24 lit. a) und § 24 lit. c) S. 1 BedarfsplanungsRichtlinie erteilte Sonderbedarfszulassung ist an den Ort der Niederlassung – Vertragsarztsitz i.S.d. § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV – gebunden. Verlässt der hiernach im Sonderbedarf zugelassene Vertragsarzt diesen Ort, verliert er nach § 25 Abs. 1 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie die Zulassung. § 25 Abs. 1 S. 1 BedarfsplanungsRichtlinie bildet allerdings nur die Rechtsgrundlage, um die Sonderbedarfszulassung mit einer Auflage zu versehen; sie ist selbst nicht Beendigungstatbestand. Wurde die entsprechende Auflage im Bescheid zur Sonderbedarfszulassung vergessen, bleibt nur der Weg einer Zulassungsentziehung nach § 27 Ärzte-ZV wegen Wegfalls der Zulassungsvoraussetzungen. Die Bindung der Sonderbedarfszulassung an den Ort der Niederlassung entfällt nach § 25 Abs. 1 S. 2 BedarfsplanungsRichtlinie, wenn der Landesausschuss feststellt, dass für den Planungsbereich eine Überversorgung nicht mehr besteht. Da die Sonderbedarfszulassung gerade zum Zwecke der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft erteilt worden ist, endet die Sonderbedarfszulassung jedenfalls dann, wenn der im Sonderbedarf zugelassene Vertragsarzt die Berufsausübungsgemeinschaft verlässt. Insofern ist diese Sonderbedarfszulassung in ihrem Bestand von dem Bestand der in diesem Zusammenhang gebildeten Berufsausübungsgemeinschaft abhängig. Ohne die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft hätte der nach § 24 lit. c) S. 2 i.V.m. § 24 lit. a) und § 24 lit. c) S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie im Sonderbedarf zugelassene Vertragsarzt die Sonderbedarfszulassung nicht erhalten. Es besteht daher keine Veranlassung, den im Sonderbedarf zugelassenen Vertragsarzt bei seiner zulassungsrechtlichen Stellung zu privilegieren, wenn er die Berufsausübungsgemeinschaft verlässt198. Die Bindung der Sonderbedarfszulassung an den Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft kann durch eine entsprechende Auflage im Bescheid zur Sonderbedarfszulassung festgestellt werden. Wurde die Auflage vergessen, bleibt nur der Weg einer Zulassungsentziehung nach § 27 Ärzte-ZV wegen Wegfalls der Zulassungsvoraussetzungen.
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Auch eine nach § 24 lit. c) S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie erteilte Sonderbedarfszulassung endet aus den dargestellten Gründen, wenn der im Sonderbedarf zugelassene Vertragsarzt die Berufsausübungsgemeinschaft verlässt. Die Bindung der Son196
197 198
§ 24 lit. e) S. 2 und 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie. Systematisch haben diese Regelungen in § 24 lit. e) Bedarfsplanungs-Richtlinie nichts verloren, richtigerweise hätten sie vor lit. a) bis lit. e) gezogen werden müssen. Rieger in: Rieger (Hrsg.), Lexikon des Arztrechts, „Gemeinschaftspraxis“, Rz. 105. Dass § 25 Abs. 2, Hs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie für die nach § 24 lit. e) S. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie gebildete Berufsausübungsgemeinschaft eine solche Abhängigkeit der Sonderbedarfszulassung vom Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft ausdrücklich feststellt, steht dem dargestellten Verständnis nicht entgegen. Denn auch dort wird die Sonderbedarfszulassung zum Zwecke der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft erteilt.
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derbedarfszulassung an den Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft kann auch hier durch eine entsprechende Auflage im Bescheid zur Sonderbedarfszulassung festgestellt werden. Wurde eine solche nicht ausgesprochen, bleibt nur der Weg einer Zulassungsentziehung nach § 27 Ärzte-ZV wegen Wegfalls der Zulassungsvoraussetzungen. Für die nach § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie erteilte Sonderbedarfszulassung ist eine solche Abhängigkeit vom Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft nicht festzustellen, da die Zulassung auch ohne Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft über § 24 lit. d) S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie – die Tatbestandsvoraussetzungen sind insoweit identisch – hätte erteilt werden können. Eine nach § 24 lit. c) S. 1 oder eine nach § 24 lit. c) S. 2 i.V.m. § 24 lit. a) und § 24 lit. c) S. 1 oder eine nach § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie erteilte Sonderbedarfszulassung darf nach § 25 Abs. 1 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie nur mit der Maßgabe erteilt werden, dass der im Sonderbedarf zugelassene Vertragsarzt ausschließlich die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, abrechnen darf. In den Fällen des § 24 lit. c) Bedarfsplanungs-Richtlinie sind dies die speziellen ärztlichen Leistungen zur Sicherstellung der speziellen Versorgungsaufgaben der Berufsausübungsgemeinschaft. Im Fall des § 24 lit. d) S. 3 i.V.m. S. 1 und 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie sind dies ambulante Operationen des jeweiligen Fachgebiets mit prä-, intra- und postoperativen Leistungen. Diese Leistungs- und Abrechnungseinschränkungen entfallen nach § 25 Abs. 1 S. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie, wenn der Landesausschuss feststellt, dass für den Planungsbereich eine Überversorgung nicht mehr besteht.
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Die nach § 24 lit. e) S. 1 Nr. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie erteilte Sonderbedarfszulassung zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft (Dialyse-Berufsausübungsgemeinschaft) ist nach § 25 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie an den Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft gebunden. Dem Ende der DialyseBerufsausübungsgemeinschaft folgt der Verlust der hiernach erteilten Sonderbedarfszulassung. Dies kann im Wege einer Auflage im Bescheid über die Sonderbedarfszulassung erfolgen. Wurde die Auflage vergessen, endet die Sonderbedarfszulassung bei Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft mangels Beendigungstatbestands nicht. Die entsprechende Regelung in § 25 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist insoweit nicht Beendigungstatbestand, sondern Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende Auflagenerteilung. Es bleibt dann nur der Weg einer Zulassungsentziehung nach § 27 Ärzte-ZV wegen Wegfalls der Zulassungsvoraussetzungen. Nach § 25 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie endet die Abhängigkeit der hiernach erteilten Sonderbedarfszulassung vom Bestand der Berufsausübungsgemeinschaft im übrigen dann, wenn die Zulassungsbeschränkungen für die fachärztlich tätigen Internisten im entsprechenden Planungsbereich – beschränkt auf die tatsächlich vakant werdenden Vertragsarztsitze – aufgehoben werden.
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Die Bestimmungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie sehen einen automatischen Wegfall der Beschränkungen der Sonderbedarfszulassung in § 24 lit. c) bis § 24 lit. e) wegen einer entsprechenden Dauer der Teilnahme an der vertragsärztlichen
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Versorgung auf der Grundlage der Sonderbedarfszulassung nicht (mehr) vor. Bis zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15.11.2005 gingen die nach § 24 lit. a) bis lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie erteilten Sonderbedarfszulassungen nach Ablauf von fünf Jahren in unbeschränkte Vollzulassungen über, unabhängig von der tatsächlichen Versorgungslage im Planungsbereich. Seit In-KraftTreten dieses Beschlusses am 07.04.2006 ist ein solcher Automatismus nicht mehr vorgesehen. Für die vor dem 07.04.2006 nach § 24 lit. a) bis lit. d) BedarfsplanungsRichtlinie erteilten Sonderbedarfszulassungen bleibt es aber nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21.02.2006 bei der alten Rechtslage. Die Änderung der Bestimmungen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie erscheint insoweit nicht unproblematisch. Denn nach den Bestimmungen der BedarfsplanungsRichtlinie erstarkt eine zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft im JobSharing erteilte Zulassung nach Ablauf von zehn Jahren zu einer unbeschränkten Vollzulassung. Die zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft erteilte Sonderbedarfszulassung insoweit anders zu behandeln als die zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft im Job-Sharing erteilte beschränkte Zulassung, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Jedenfalls kann eine solche Differenzierung nicht mit grundsätzlichen Erwägungen der Bedarfsplanung begründet werden199; denn dann dürfte auch die zur Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft im Job-Sharing erteilte Zulassung nicht zur unbeschränkten Vollzulassung erstarken. Auch unter dem Blickwinkel des Art. 14 GG begegnet der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Bedenken. 82
Eine im Sonderbedarf erteilte Zulassung ist nicht nach § 103 Abs. 4 SGB V nachbesetzungsfähig. Dies stellt § 25 Abs. 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie fest. Vielmehr muss ein potenzieller Nachfolger erneut einen Antrag auf Zulassung im Sonderbedarf stellen; die Voraussetzungen sind dann erneut von den Zulassungsgremien zu prüfen. Damit läuft der im Sonderbedarf zugelassene Vertragsarzt Gefahr, seine Praxis bzw. seinen Anteil an einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht veräußern zu können; ob dies im Hinblick auf die Wertung des Art. 14 GG verfassungsrechtlich haltbar ist, ist zumindest diskutabel200, zumal der Gemeinsame Bundesausschuss eine Verfestigung der zulassungsrechtlichen Stellung des im Sonderbedarf nach § 24 lit. a) bis lit. d) Bedarfsplanungs-Richtlinie zugelassenen Arztes mit seinem Beschluss vom 15.11.2005 ausschließt. ee) Konkurrentenwiderspruch/-klage
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Die Zulassung im Sonderbedarf ist gegenüber der „normalen“ Zulassung grundsätzlich nachrangig. Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung obliegt primär den zugelassenen Leistungserbringern201. Da die Erteilung von Sonderbedarfs199 200 201
So aber die Begründung des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Beschluss vom 15.11.2005. Allerdings weiß der im Sonderbedarf zugelassene Arzt von vorneherein um seine „schwache“ zulassungsrechtliche Stellung; s. hierzu § 16b, Rz. 36. BSG, Urt. v. 26.01.2000, B 6 KA 51/98 R, NZS 2000, 625f.; BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R, SozR 3-2500 § 116 SGB V Nr. 23; BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/ 00, MedR 2004, 680ff.
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zulassungen vom Vorliegen besonderer Tatbestandsvoraussetzungen abhängig ist, sind sie gegenüber der „normalen“ Zulassung – gleichermaßen wie Ermächtigungen202 – grundsätzlich nachrangig203. Entsprechend der zwischenzeitlich vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Zulässigkeit der sog. defensiven Konkurrentenklage gegen die Erteilung von Ermächtigungen204, ist zugelassenen Leistungserbringern unter denselben Voraussetzungen205 eine Klagebefugnis gegen Sonderbedarfszulassungen zuzugestehen206. g) Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Vertragsarzt und ausschließlich privatärztlich tätigem Arzt Die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft zwischen einem ausschließlich privatärztlich tätigen Arzt und einem sowohl privatärztlich als auch vertragsärztlich tätigen Arzt ist vertragsarztrechtlich nicht ausgeschlossen. Die insoweit von Teilen der Literatur207, aber auch von manchen Zulassungsgremien und einigen Rechtsabteilungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vertretene Auffassung, wonach der Wortlaut des § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV208 die Bildung einer solchen Berufsausübungsgemeinschaft ausschließen soll, ist nicht haltbar. Denn § 33 Abs. 2 S. 1 ÄrzteZV bringt an dieser Stelle lediglich eine bloße Selbstverständlichkeit zum Ausdruck209, nämlich dass die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nur unter vertragsärztlichen Leistungserbringern zulässig ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes München vom 12.09.2005210; denn dort hatten die Vertragsbeteiligten die notwendige Differenzierung zwischen dem gemeinsamen privatärztlichen Leistungsbereich und dem hiervon zu trennenden vertragsärztlichen Leistungsbereich des auch vertragsärztlich tätigen Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft nicht vorgenommen. Der Zweck einer Berufsausübungsgemeinschaft zwischen einem Privatarzt und einem auch vertragsärztlichen Leistungserbringer beschränkt sich auf die gemeinsame Ausübung der privatärztlichen Tätigkeit. Ein vertragsarztrechtlicher Anknüpfungspunkt – mit Ausnahme des Umstands, dass ein Mitglied auch vertragsärztlich tätig ist – be202 203 204 205 206
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209 210
S. hierzu § 31, Rz. 2. Steinhilper, MedR 2004, 682, 683 (Anm. zu BVerfG a.a.O.); zustimmend: Beeretz, ZMGR 2005, 311, 317. BVerfG a.a.O. S. hierzu § 31, Rz. 11ff. So auch Steinhilper, MedR 2007, 469, 472; a.A. noch BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 9/ 99 R, NJW 2001, 1814f. Diese Entscheidung ist nach dem Beschl. des BVerfG (a.a.O.) als überholt anzusehen. S. hierzu auch § 16b, Rz. 41. So Luxenburger, Geschäftsführender Ausschuss der ARGE Medizinrecht im DAV, Psychotherapeutengesetz – Ärztliche Kooperationsformen Bd. 2, 67, 70; Schirmer, MedR 1995, 383, 388; Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 33 Ärzte-ZV, Rz. 253. Dies noch auf der Grundlage des § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV in seiner Fassung vor In-KraftTreten des VÄndG, wonach die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nur unter Vertragsärzten zulässig ist. Die mit dem VÄndG erfolgte Erweiterung auf alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer hat insoweit zu keiner Klarstellung geführt. Möller, MedR 2003, 195ff. OLG München, Urt. v. 12.09.2005, 21 U 2982/05, MedR 2006, 172ff.
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steht nicht. Daher bedarf eine solche Berufsausübungsgemeinschaft auch nicht der Genehmigung durch die Zulassungsgremien nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV; sie ist lediglich gegenüber der zuständigen Ärztekammer anzuzeigen211. Selbstverständlich muss eine Trennung der Leistungsbereiche – gemeinsame privatärztliche Tätigkeit auf der einen Seite und einseitige vertragsärztliche Tätigkeit des auch vertragsärztlichen Leistungserbringers auf der anderen Seite – dergestalt sichergestellt sein, dass der ausschließlich privatärztlich tätige Arzt auf die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Vertragsarztes keinen Einfluss nehmen kann, mithin dessen vertragsärztliche Tätigkeit entsprechend den vertragsarztrechtlichen Vorgaben ohne Einflussnahme durch den ausschließlich privatärztlich tätigen Arzt bleibt. Möller hält mit überzeugender Begründung eine einheitliche Gewinnverteilung für zulässig212, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit unbeeinflusst ausgeübt werden kann. 3. Gesellschaftsrechtliche Besonderheiten a) 85
Rechtsformen
Die Wahl der Rechtsform, in der eine Berufsausübungsgemeinschaft geführt werden kann, ist eingeschränkt. Diese Schranken ergeben sich einerseits aus berufsrechtlichen Reglementierungen, andererseits aus zulassungsrechtlichen Besonderheiten. Es ist daher eine Prüfung der zulässigen Rechtsformen unter Berücksichtigung des Berufs- und des Vertragsarztrechts notwendig; beide Rechtsbereiche stehen nebeneinander213. Die Rechtsformen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705ff. BGB und der Partnerschaft nach dem PartGG sind der Berufsausübungsgemeinschaft zugänglich. Da der ärztliche Beruf kein Gewerbe ist, stehen die Rechtsformen der Handelsgesellschaften (oHG oder KG) 214, aber auch die stille Gesellschaft215 zum Betrieb einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht zur Verfügung. In den (Landes)Ärztekammerbezirken, in denen nach den berufsrechtlichen Regelungen der ärztliche Beruf in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts gemeinsam ausgeübt werden kann, kommen theoretisch auch die Rechtsformen der GmbH oder der AG in Betracht. Dem steht aber das Zulassungsrecht für vertragsärztlich tätige Berufsausübungsgemeinschaften entgegen. Denn nach § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen teil. Eine Berufsausübungsgemeinschaft 211 212 213 214 215
Möller, MedR 2003, 195, 199. Möller a.a.O.; zustimmend Blaurock, MedR 2006, 643, 646. S. hierzu Fn. 53. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 105, Rz. 3. Zweck einer Berufsausübungsgemeinschaft ist die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit. Ein stiller Gesellschafter tritt aber nicht in Erscheinung, so dass die Aufnahme eines stillen Gesellschafters dem Zweck einer Berufsausübungsgemeinschaft zuwiderlaufen würde; BayObLG, Urt. v. 06.11.2000, 1 ZR 612/98, MedR 2001, 206ff.; unter gewissen Umständen a.A. – mit Darstellung des Meinungsstandes – Reiter, GesR 2005, 6, 12f.
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als solche nimmt nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil; zugelassene Leistungserbringer sind immer nur ihre Mitglieder. Damit steht fest, dass eine juristische Person des Privatrechts als Berufsausübungsgemeinschaft keine Zulassung erlangen kann216. Der von Schallen217 vertretenen Auffassung, vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften müssten dieselben Rechtsformen wie medizinischen Versorgungszentren zur Verfügung stehen, ist nicht zu folgen. § 95 Abs. 1 S. SGB V sieht die Zulassung einer Berufsausübungsgemeinschaft als solche schlicht nicht vor218. b)
Haftung der Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft
aa) Grundsätze Nach der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes219 zur Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eine Berufsausübungsgemeinschaft, die in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, eigene Rechte und Pflichten begründen und damit Partei eines Rechtsstreits220 sein. Diese grundlegende Abkehr des Bundesgerichtshofes von seiner bisherigen Rechtsprechung führte zu einer haftungsrechtlichen Neuausrichtung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihrer Mitglieder. Haftungsrechtlich ist zunächst danach zu differenzieren, ob die Berufausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705ff. BGB oder in der Rechtsform einer Partnerschaft nach dem PartGG geführt wird.
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Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, haften für Verbindlichkeiten der Berufsausübungsgemeinschaft – neben dem Gesellschaftsvermögen – akzessorisch mit ihrem Privatvermögen221. Dies gilt über § 31 BGB analog auch für Verbindlichkeiten der
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216 217 218
219 220 221
Uhlenbruck/Schlund in: Laufs/Uhlenbruck (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, § 18, Rz. 14; Deutsch, Medizinrecht, Rz. 108. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1197ff. Medizinische Versorgungszentren sind – losgelöst von den in ihnen tätigen Ärzten – zugelassene Leistungserbringer. Sie nehmen daher zulassungsrechtlich eine völlig andere Rolle ein als Berufsausübungsgemeinschaften; Berufsausübungsgemeinschaften und medizinische Versorgungszentren sind hiernach nicht vergleichbar. Aus der Tatsache, dass ein medizinisches Versorgungszentrum Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft sein kann, kann nicht auf die zulassungsrechtliche Gleichstellung der ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit dem medizinischen Versorgungszentrum geschlossen werden. Denn wenn ein medizinisches Versorgungszentrum Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft ist, bleibt das medizinische Versorgungszentrum zugelassener Leistungserbringer; die Berufsausübungsgemeinschaft erhält auch in diesem Fall keinen besonderen zulassungsrechtlichen Status. Da das ärztliche Berufsrecht medizinische Versorgungszentren nicht kennt, unterliegt es insoweit auch keinen berufsrechtlichen Schranken bei der Wahl der Rechtsform. Vgl. zum Status von medizinischen Versorgungszentren auch Anhang zu § 18, Rz. 27ff. BGH, Urt. v. 29.01.2001, II ZR 331/00, NJW 2001, 1056ff. Beteiligtenfähigkeit i.S.d. § 70 SGG . Ulmer, GbR, § 714, Rz. 31ff.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
Berufsausübungsgemeinschaft aus deliktischem Handeln eines Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft222. 88
Dasselbe gilt für Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft, die in der Rechtsform einer Partnerschaft nach dem PartGG betrieben wird223. Für die Mitglieder einer in der Rechtsform der Partnerschaft betriebenen Berufsausübungsgemeinschaft kommt indes eine Haftungsprivilegierung nach § 8 Abs. 2 PartGG für Schäden zum Tragen, die aus Fehlern bei der Berufsausübung resultieren: Im Außenverhältnis haftet neben der Partnerschaft nur das in die Behandlung des Patienten involvierte Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft; die übrigen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft haften nicht. Es gilt das Prinzip der Handelndenhaftung224. Die mit dem VÄndG etablierten neuen Versorgungsformen im Bereich der Berufsausübungsgemeinschaften könnten die Rechtsform der Partnerschaft nach dem PartGG zukünftig stärken225.
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Das in eine als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführte Berufsausübungsgemeinschaft eintretende Mitglied haftet in analoger Anwendung des § 130 HGB für Altverbindlichkeiten der Berufsausübungsgemeinschaft als Gesamtschuldner226. Mitglieder einer in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Berufsausübungsgemeinschaft, die vor der Veröffentlichung des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 07.04.2003 in diese eingetreten sind, sollten nach diesem Urteil Vertrauensschutz genießen227. Der Vertrauensschutz erfuhr in der weiteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann aber eine Einschränkung, indem er bei einem Beitritt vor Veröffentlichung der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht für solche Altverbindlichkeiten gewährt wird, die das eintretende Mitglied bei seinem Eintritt in die Berufsausübungsgemeinschaft kannte oder von deren Existenz er bei auch nur geringer Aufmerksamkeit Kenntnis hätte haben können228. Damit wird der ursprünglich vom Bundesgerichtshof gewährte Vertrauensschutz erheblich verkürzt. Haftungsrechtlich ist das eintretende Mitglied auch für Altverbindlichkeiten der Berufsausübungsgemeinschaft aus Aufklärungs- oder Behandlungsfehlern verantwortlich229. Ob ein Scheingesellschafter für Altverbindlichkeiten der Berufsausübungsgemeinschaft, die vor Setzung des Rechtsscheins begründet worden sind, haftet, ist höchstrichterlich 222 223 224 225
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227 228 229
BGH, Urt. v. 24.02.2003, II ZR 385/99, MedR 2003, 632f.; OLG Koblenz, Urt. v. 17.02.2005, 5 U 349/04, MedR 2005, 294ff. Ulmer, PartGG, § 8, Rz. 5ff. Ulmer, PartGG, § 8, Rz. 14ff. Insbesondere wenn es um die Bildung von (dezentralen) Teilberufsausübungsgemeinschaften geht, in denen Ärzte unterschiedliche Leistungsbeiträge – möglicherweise aus verschiedenen Fachgebieten – zu erbringen haben. BGH, Urt. v. 07.04.2003, II ZR 56/02, NJW 2003, 1803ff. Das OLG Koblenz a.a.O. bejaht auch insoweit eine Beitrittshaftung aus deliktischen Verbindlichkeiten der Berufsausübungsgemeinschaft; s. hierzu auch Walter, GesR 2005, 396ff.; Lange, ZMGR 2003, 18ff. und 55ff. BGH a.a.O.; so in der Folge dann auch OLG Brandenburg, Urt. v. 23.02.2005, 4 U 140/04, NotBZ 2005, 263f. BGH, Urt. v. 12.12.2005, II ZR 283/03, MedR 2006, 427ff. So auch OLG Koblenz a.a.O.; s. auch Walter, GesR 2005, 396ff. m.w.N.
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§ 33
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noch nicht geklärt230. Scheidet ein Mitglied aus einer Berufsausübungsgemeinschaft, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, aus, wird er nach § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB erst nach Ablauf von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden bzw. nach dessen Eintragung bzw. Bekanntgabe enthaftet; dies gilt unabhängig von dem Eintritt eines neuen Mitglieds als Nachfolger in die Berufsausübungsgemeinschaft. Bei Berufsausübungsgemeinschaften, die in der Rechtsform einer Partnerschaft betrieben werden, haften neu eintretende Mitglieder nach § 8 Abs. 1 S. 2 PartGG i.V.m. § 130 HGB für Altverbindlichkeiten der Partnerschaft von Gesetzes wegen als Gesamtschuldner. Scheidet ein Mitglied aus einer Berufsausübungsgemeinschaft, die in der Rechtsform einer Partnerschaft geführt wird, aus, wird er nach § 10 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 160 HGB erst nach Ablauf von fünf Jahren nach seinem Ausscheiden bzw. nach dessen Eintragung bzw. Bekanntgabe enthaftet; dies gilt unabhängig von dem Eintritt eines neuen Mitglieds als Nachfolger in die Berufsausübungsgemeinschaft. Insoweit unterscheiden sich Berufsausübungsgemeinschaften, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt werden, nicht von Berufsausübungsgemeinschaften, die in der Rechtsform einer Partnerschaft betrieben werden.
90
Nach wie vor lehnt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine analoge Anwendung des § 28 HGB im Falle des Eintritts in eine Einzelpraxis bei gleichzeitiger Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu Recht ab231. Die vom Oberlandesgericht Naumburg232 vertretene gegenteilige Auffassung ist abzulehnen. Im Falle des Eintritts in eine Einzelpraxis bei gleichzeitiger Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Partnerschaft spricht demgegenüber die haftungsrechtliche Annäherung der Partnerschaft an die OHG233 für eine analoge Anwendung des § 28 HGB.
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230
231 232
233
Das OLG Saarbrücken (Urt. v. 22.12.2005, 8 U 91/05, NJW 2006, 2862ff.) lehnt eine Übertragung des Urteils des BGH, Urt. v. 07.04.2003, II ZR 56/02, NJW 2003, 1803ff., auf Scheingesellschafter mit guten Gründen ab. Allerdings haften nach einem Urteil des BGH, Urt. v. 03.05.2007, IX ZR 218/05, Gesellschafter für das deliktische Handeln eines Scheingesellschafters in entsprechender Anwendung des § 31 BGB. So zuletzt BGH, Urt. v. 22.01.2004, IX ZR 65/01, AnwBl. 2004, 376ff.; s. hierzu auch Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 561f. OLG Naumburg, Urt. v. 17.01.2006, 9 U 86/05, MedR 2006, 725f.: So geht das OLG Naumburg irrig davon aus, über die analoge Anwendbarkeit des § 28 HGB in solchen Konstellationen liege keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Das Gegenteil ist richtig (BGHZ 157, 366 für die Anwalts-GbR). Im Übrigen wäre es dann konsequent und richtig gewesen, die Revision zuzulassen; doch auch diesen Schritt ist das OLG Naumburg nicht gegangen. Das OLG Naumburg gibt auch zur Problematik der mangelnden Publizität einer GbR keine überzeugende Antwort, was jedoch wesentlicher Grund für den IX. Senat des BGH (Urt. v. 22.01.2004, IX ZR 65/01, MedR 2004, 384ff.) war, eine Analogie zu § 28 HGB abzulehnen. Ulmer, PartGG, § 8, Rz. 10.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
bb) Haftung gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung 92
Potenzielle Gläubiger einer Berufsausübungsgemeinschaft und ihrer Mitglieder können auch die Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung234 sein. Dabei ist es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anerkannt, dass die Berufsausübungsgemeinschaft als solche – und für sie ihre Mitglieder – für Verbindlichkeiten gegenüber Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung haftet235. Die Berufsausübungsgemeinschaft ist hiernach rechtlich als „eine Praxis“ anzusehen. Es sei „aus Rechtsgründen ausgeschlossen, einer Gemeinschaftspraxis alle Vorteile dieser Form der Patientenbehandlung zu Gute kommen zu lassen, im Falle eines unwirtschaftlichen oder rechtswidrigen Behandlungs- bzw. Verordnungsverhaltens den Status der Gemeinschaftspraxis aber außer Betracht zu lassen“236. Gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen im Innenverhältnis vermögen die gesamtschuldnerische Haftung im Außenverhältnis nicht einzuschränken.
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Voraussetzung ist aber, dass es sich um eine Verbindlichkeit der Berufsausübungsgemeinschaft handelt. Resultiert die Verbindlichkeit gegenüber einer Institution der vertragsärztlichen Versorgung noch aus einer vormals betriebenen Einzelpraxis des Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft, kann die Berufsausübungsgemeinschaft jedenfalls dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Mitglieder einen Haftungsausschluss in ihrem Gesellschaftsvertrag vereinbart hatten237. Soweit aber ein vertragsärztlicher Leistungserbringer einer bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder in der Rechtsform einer Partnerschaft betrieben wird, beitritt, gelten für die Haftung für Altverbindlichkeiten die unter Rz. 90 dargestellten Grundsätze238. Die Grundsätze über die Rechtsscheinhaftung finden hier aber keine Anwendung, weil gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung kein solcher Rechtsschein gesetzt werden kann239.
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Im übrigen sind die Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung bei der Verwirklichung ihrer Ansprüche gegen vertragsärztliche Leistungserbringer, die in einer Berufsausübungsgemeinschaft organisiert sind, so zu behandeln wie andere Gläubiger 234 235 236 237
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239
Beteiligte Kassenärztliche Vereinigung, Prüfgremien und Kostenträger. BSG, Urt. v. 20.10.2004, B 6 KA 41/03 R, MedR 2005, 421ff. BSG a.a.O. BSG, Urt. v. 07.02.2007, B 6 KA 6/06 R, ZfS 2007, 89, das zu Recht eine Aufrechnungslage in Ermangelung eines Gegenseitigkeitsverhältnisses verneint hat; a.A. LSG NordrheinWestfalen, Urt. v. 07.12.2005, L 11 KA 7/04, MedR 2006, 310ff., mit einer nicht überzeugenden Begründung. Inwieweit das BSG an seinen Ausführungen in seinem Urt. v. 21.05.2003 (B 6 KA 33/02 R, MedR 2004, 172f.), wonach aus dem statusbegründenden Akt der Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft möglicherweise zu Gunsten des neuen Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft ein Haftungsausschluss abgeleitet werden kann, festhalten wird, bleibt abzuwarten. Das Urt. des BSG v. 20.10.2004 (B 6 KA 41/03 R, MedR 2005, 421ff.) kann aber als Abkehr hiervon verstanden werden. Haftungsrechtlich bleibt ein Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft so lange in der Verantwortlichkeit, wie er vertragsarztrechtlich als Mitglied geführt wird; BGH, Urt. v. 08.07.1999, IX ZR 338/97, NJW 1999, 3040ff.
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der Berufsausübungsgemeinschaft auch. Richten sie ihre Bescheide nur gegen die Berufsausübungsgemeinschaft und nicht auch gegen deren Mitglieder, können sie ihre Ansprüche nicht gegen einzelne Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft durchsetzen240. Richten sie ihre Bescheide nur gegen einzelne Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft, kann der Anspruch gegen die Berufsausübungsgemeinschaft als solche nicht durchgesetzt werden241. c)
Sonstige vertragsarztrechtliche Berührungspunkte
aa) Erreichen der vertragsarztrechtlichen Altersgrenze 242 Nach § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V endet die Zulassung eines Vertragsarztes am Ende des Quartals, in dem der Arzt das 68. Lebensjahr vollendet. Ausnahmsweise kann der Vertragsarzt auch nach Vollendung des 68. Lebensjahrs seine vertragsärztliche Versorgung nach § 95 Abs. 7 S. 4 SGB V fortsetzen, wenn er bereits vor dem 01.01.1993 zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und bei Vollendung seines 68. Lebensjahr noch keine 20 Jahre als Vertragsarzt tätig war; dies gilt allerdings maximal bis zum Erreichen einer 20-jährigen Vertragsarzttätigkeit. Daneben kommt nach § 95 Abs. 7 S. 8 SGB V eine Fortsetzung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Betracht, wenn der Landesausschuss nach § 100 Abs. 1 S. 1 SGB V für den Planungsbereich und die entsprechende Arztgruppe eine Unterversorgung feststellt, allerdings maximal bis zum Ablauf eines Jahres nach Aufhebung der Feststellung über die Unterversorgung. Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht haben diese Altersgrenze bisher für verfassungsgemäß gehalten243. In neuerer Zeit kommt allerdings die Diskussion auf, inwieweit die Altersgrenze mit der EU-Richtlinie 2000/78/EG244 vereinbar ist245.
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Soweit ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft wegen der vertragsarztrechtlichen Altersgrenze seinen vertragsärztlichen Zulassungsstatus verliert, endet vertragsarztrechtlich auch seine Mitgliedschaft in der Berufsausübungsgemeinschaft; dies automatisch, ohne dass es eines entsprechenden Beschlusses des zuständigen Zulassungsausschusses bedarf. Insoweit ergibt sich der vertragsarztrechtliche Beendigungstatbestand unmittelbar aus dem Gesetz selbst246. Trifft der Zulassungsausschuss gleichwohl einen entsprechenden Beschluss, kommt diesem nur deklara-
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240 241 242 243
244
245
246
So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1243. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1241. Vgl. auch § 28, Rz. 19ff. Z.B. BSG, Urt. v. 12.09.2001, B 6 KA 45/00 R, NZS 2002, 334ff.; BVerfG, Beschl. v. 31.03.1998, 1 BvR 2167/93 und 1 BvR 2198/93, NJW 1998, 1776ff., und BVerfG, Beschl. v. 18.05.2001, 1 BvR 522/01, ArztR 2001, 303f. Richtlinie des Rates v. 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. L303 v. 02.12.2000, S. 16ff. Die Vereinbarkeit wird z.B. bejaht vom LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 25.05.2007, L 4 B 406/07, sowie vom LSG Hamburg, Urt. v. 28.02.2007, L 2 KA 2/06, wohingegen Boecken, NZS 2005, 393ff., die Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht verneint. Das Urteil des EuGH, Urt. v. 16.10.2007, C-411/05, scheint die Vereinbarkeit zu bejahen. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.05.2005, L 10 B 10/04 KA ER, GesR 2005, 378ff.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
torische Bedeutung zu247. Zwei sog. „Gnadenquartale“, die die Tätigkeit eines Vertreters im Falle des Todes eines Vertragsarztes gem. § 4 Abs. 3 BMV-Ä erlauben, werden regelmäßig nicht gewährt; schließlich kommt das Erreichen des 68. Lebensjahres nicht überraschend. Die gesellschaftsvertraglich getroffenen Vereinbarungen bleiben vertragsarztrechtlich ohne Belang. Soweit die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft auch nach dem Verlust der vertragsärztlichen Zulassung eines Mitglieds ihre privatärztliche Tätigkeit weiterhin gemeinsam ausüben wollen, müssen sie vertragliche Vorkehrungen dafür treffen, dass der vertragsärztliche Leistungsbereich ohne Einflussnahme des ausschließlich noch privatärztlich tätigen Mitglieds bleibt248. Darüber hinaus ist der Gesellschaftszweck entsprechend anzupassen. bb) Vereinbarungen über die vertragsärztliche Zulassung der Mitglieder 97
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eine von einem öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungsorgan verliehene Rechtsposition, die untrennbar mit der Person des Berechtigten verbunden und als solche unveräußerlich ist249. Vertragsarztrechtlich kann der Zulassungsinhaber nicht an den Zulassungsgremien vorbei über seinen Zulassungsstatus disponieren. Gleichwohl sind die Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft – in Grenzen250 – nicht gehindert, ihre Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Vertrag über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft zivilrechtlichen Bindungen zu unterwerfen. Allerdings bleiben solche zivilrechtlichen Bindungen vertragsarztrechtlich ohne Auswirkungen, wenn sich das Mitglied an seine zivilrechtlichen Verpflichtungen nicht hält. Die übrigen Mitglieder haben dann nur die Möglichkeit, den zivilrechtlichen Vereinbarungen im Wege eines Rechtsstreits gegen das sich vertragswidrig verhaltende Mitglied zur Durchsetzung zu verhelfen. Sie können aber weder die Kassenärztliche Vereinigung noch den zuständigen Zulassungsausschuss in die Pflicht nehmen251. cc) Budgetaufteilung
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Eine Berufsausübungsgemeinschaft verfügt in aller Regel über ein einheitliches Abrechnungsbudget. Die Summe der von den Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft eingebrachten Budgetanteile bildet nach den Honorarverteilungsverträgen der Kassenärztlichen Vereinigungen regelmäßig für deren Dauer das 247 248 249 250
251
BSG, Urt. v. 08.05.1996, 6 RKa 16/95, BSGE 78, 175ff., und BSG, Urt. v. 08.05.1997, 6 RKa 20/95, ArztR 1997, 204f. S. hierzu Rz. 84. BSG, Urt. v. 10.05.2000, B 6 KA 67/98 R, MedR 2001, 159ff.; vgl. dazu auch Anhang zu § 18, Rz. 41. Die zivilrechtlichen Grenzen sind höchstrichterlich abschließend noch nicht gezogen. Fest steht aber, dass solche zivilrechtlichen Bindungen wirksam sein können; BGH, Urt. v. 22.07.2002, II ZR 90/01, NJW 2002, 3536ff., und Urt. v. 22.07.2002, II ZR 265/00, MedR 2002, 647ff.; s. hierzu auch Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 154ff. BSG, Urt. v. 19.08.1992, 6 RKa 36/90, NJW 1993, 1547ff.
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Abrechungskontingent der Berufsausübungsgemeinschaft. Scheidet ein Mitglied aus der Berufsausübungsgemeinschaft aus und nimmt es seine Zulassung mit, um sich im Planungsbereich anderweitig niederzulassen, sehen die Honorarverteilungsverträge der Kassenärztlichen Vereinigungen in der Regel vor, dass das ausscheidende Mitglied den von ihm in die Berufsausübungsgemeinschaft eingebrachten Budgetanteil ebenfalls mitnimmt. Soweit eine Ermittlung des Budgetanteils aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, wird das Abrechnungskontingent regelmäßig paritätisch aufgeteilt. Teilweise lassen Honorarverteilungsverträge auch gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen über die Budgetaufteilung zu. Die Budgetaufteilung darf dann aber nicht zu einer Aushöhlung der Zulassung führen252. dd) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Bedarfsplanung Neben den allgemeinen zivilrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote253 in Verträgen über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft spielen Aspekte der vertragsarztrechtlichen Bedarfsplanung für die Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs eines solchen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Rolle. Dem ausscheidenden Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft – unterstellt, er gehört einer Arztgruppe an, für die im Planungsbereich Zulassungssperren angeordnet sind – muss es hiernach noch möglich sein, im Planungsbereich vertragsärztlich an anderer Stelle tätig zu werden, um seinen Lebensunterhalt sichern zu können. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf in seiner räumlichen Ausdehnung nicht so gestaltet sein, dass das ausscheidende Mitglied mit seiner vertragsärztlichen Zulassung keinen nennenswerten Betätigungsraum mehr hat254.
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ee) Genehmigung als Bedingung für den Beginn der Berufsausübungsgemeinschaft Da die Erteilung der Genehmigung255 der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit statutsbegründend ist256, ist Voraussetzung für den Beginn der vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft die Erteilung der Genehmigung durch den zuständigen Zulassungsausschuss. Dies ist über eine aufschiebende Bedingung im Vertrag über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft zu berücksichtigen. Diese Notwendigkeit ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Formulierung in § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV, wonach die Berufsausübungsgemeinschaft der „vorherigen“ Genehmigung bedarf. Rückwirkend kann eine Genehmigung – 252 253
254 255 256
S. hierzu auch Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 161ff. BGH, Urt. v. 14.07.1997, II ZR 238/96, NJW 1997, 3089ff.; s. dazu Halbe/Rothfuß in: Halbe/Schirmer (Hrsg.), Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, „Berufsausübungsgemeinschaft“, Rz. 142ff., und Rieger in: Rieger (Hrsg,), Lexikon des Arztrechts, „Wettbewerbsverbot“, Rz. 25ff. OLG München, Urt. v. 04.06.1996, 17 U 5531/95; OLG Köln, Urt. v. 22.09.1999, 13 U 47/ 99, AusR 2000, 3ff. Vgl. dazu nachfolgend Rz. 101ff. Zuletzt BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455ff.; s. hierzu auch Rz. 113.
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wegen des statutsbegründenden Charakters – nicht erteilt werden257. Dies gilt sowohl für den erstmaligen Beginn einer Berufsausübungsgemeinschaft als auch für jeden Mitgliederwechsel oder die Aufnahme eines neuen Mitglieds. Die Genehmigung hat in allen Fällen konstitutiven Charakter. Der Beginn der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit muss damit jeweils unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung dieser Genehmigung stehen. Die Bestandskraft der Genehmigung ist indes nicht unbedingte Voraussetzung für den Beginn der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit, wenngleich die Beteiligten im Falle eines Widerspruchs gegen die Genehmigung Gefahr laufen, ihren Honoraranspruch für die bereits erbrachten vertragsärztlichen Leistungen zu verlieren; denn ein Widerspruch wirkt ex tunc auf den Beginn der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit zurück258. 4. Genehmigungserfordernis a) Zuständigkeit 101
Für die nach § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV zu erteilende Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft ist der nach § 96 SGB V i.V.m. § 34 Ärzte-ZV zu bildende Zulassungsausschuss sachlich zuständig. Nach § 96 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden nach § 11 Ärzte-ZV gebildeten Zulassungsbezirk einen Zulassungsausschuss einzurichten.
102
Für die Genehmigung einer örtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV ist der Zulassungsausschuss örtlich zuständig, in dessen Zulassungsbezirk der gemeinsame Vertragsarztsitz der in der Berufsausübungsgemeinschaft verbundenen vertragsärztlichen Leistungserbringer liegt. Dies ergibt sich aus § 96 Abs. 1 SGB V259. Dies gilt auch für eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV, deren Mitglieder ihre Vertragsarztsitze an unterschiedlichen Orten innerhalb eines Zulassungsbezirks nach § 11 Abs. 1 Ärzte-ZV einnehmen. Soweit eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV mit Mitgliedern gebildet werden soll, die ihre Vertragsarztsitze in verschiedenen Zulassungsbezirken innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung einnehmen, bestimmen nach § 33 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen die örtliche Zuständigkeit des Zulassungsausschusses durch eine Vereinbarung. Diese Vereinbarung muss abstrakt-generellen Inhalts sein; die Vertragspartner sind nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV, aber auch nach Sinn und Zweck der Regelung nicht berechtigt, erst nach einem Antrag auf Genehmigung für einen konkreten Einzelfall eine Zuständigkeitsbestimmung vorzunehmen. Zudem muss sich diese Vereinbarung auf die Bestimmung der örtlichen 257 258
259
BSG a.a.O. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 86a, Rz. 9f. Eine Abrechnung der bislang erbrachten vertragsärztlichen Leistungen kommt dann nur unter den vor Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft erteilten Abrechnungsnummern in Betracht, soweit die Leistungen arztindividuell überhaupt zugeordnet werden können. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 11.
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Zuständigkeit des Zulassungsausschusses für die Genehmigung einer solchen Berufsausübungsgemeinschaft beschränken, denn die sachliche Zuständigkeit ergibt sich unmittelbar aus § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV, und für die örtliche Zuständigkeit des Zulassungsausschusses einer KV-übergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft enthält § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV i.V.m. § 96 Abs. 1 SGB V eine gesetzliche Zuständigkeitsregelung: Örtlich zuständig ist der Zulassungsausschuss, in dessen Zulassungsbezirk der nach Maßgabe des § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV von den Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft gewählte oder im Wege der „Ersatzvornahme“ von den beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen bestimmte maßgebliche Vertragsarztsitz liegt260. Für Teilberufsausübungsgemeinschaften nach § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV ist gleichermaßen zu differenzieren. Für die Genehmigung einer örtlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 1 Ärzte-ZV ist der Zulassungsausschuss örtlich zuständig, in dessen Zulassungsbezirk der virtuelle261 gemeinsame Vertragsarztsitz der in der Teilberufsausübungsgemeinschaft verbundenen vertragsärztlichen Leistungserbringer liegt. Dies gilt auch für eine überörtliche Teilberufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 2 Ärzte-ZV, deren Mitglieder ihre Vertragsarztsitze – auch für den Leistungsausschnitt, der Gegenstand der Teilberufsausübungsgemeinschaft sein soll – an unterschiedlichen Orten innerhalb eines Zulassungsbezirks nach § 11 Abs. 1 Ärzte-ZV einnehmen. Soweit eine überörtliche Teilberufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 2 Ärzte-ZV mit Mitgliedern gebildet werden soll, die ihre Vertragsarztsitze – auch für den Leistungsausschnitt, der Gegenstand der Teilberufsausübungsgemeinschaft sein soll – an unterschiedlichen Orten in verschiedenen Zulassungsbezirken innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung einnehmen, bestimmen nach § 33 Abs. 3 S. 2 ÄrzteZV die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen die örtliche Zuständigkeit des Zulassungsausschusses durch eine Vereinbarung262. Für die Genehmigung einer KV-übergreifenden Teilberufsausübungsgemeinschaft ist hiernach der Zulassungsausschuss örtlich zuständig, in dessen Zulassungsbezirk der nach Maßgabe des § 33 Abs. 3 S. 3 ÄrzteZV von den Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft gewählte oder im Wege der „Ersatzvornahme“ von den beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen bestimmte maßgebliche Vertragsarztsitz liegt263. b)
Prüfungskompetenz
Nach § 33 Abs. 2 S. 4 Ärzte-ZV a.F.264 war die Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien im Zuge der ihnen zugewiesenen Zuständigkeit für die Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft so beschrieben, dass die Genehmigung zu erteilen war, wenn die Versorgung der Versicherten nicht beeinträchtigt wurde und keine landesrechtlichen Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung entgegen standen. 260 261 262 263 264
103
S. hierzu Rz. 49f. S. hierzu Rz. 54. S. hierzu Rz. 45f. S. hierzu Rz. 49f. In der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung (vor In-Kraft-Treten des VÄndG).
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
Das Bundessozialgericht hielt diese Bestimmung als Berufsausübungsregelung für verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn hiernach könne die Genehmigung „nur unter engen Voraussetzungen versagt werden“265. 105
§ 33 Abs. 2 S. 4 Ärzte-ZV a.F. ist mit In-Kraft-Treten des VÄndG zum 01.01.2007 gestrichen worden. Damit sind die Zulassungsgremien nicht mehr berechtigt, die Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft mit der Begründung zu versagen, landesrechtliche Vorschriften über die ärztliche Berufsausübung stünden einer Genehmigung entgegen. Folglich sind die Zulassungsgremien in Ermangelung einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht befugt, in eine berufsrechtliche Prüfung überhaupt einzusteigen. Die vom Verordnungsgeber vollzogene Änderung der Rechtslage ist konsequent, da für die standesrechtliche Berufsaufsicht eine Zuständigkeit der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung nicht begründet ist. Diese kommt den (Landes)Ärztekammern zu. Der Auffassung, dass mit der Streichung des § 33 Abs. 2 S. 4 Ärzte-ZV a.F. eine berufsrechtliche Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien nicht (mehr) gegeben ist, steht auch nicht entgegen, dass berufsrechtlich ein Genehmigungserfordernis für eine Berufsausübungsgemeinschaft nicht vorgesehen ist. Denn nach allen regionalen Berufsordnungen sind ihre Adressaten (nur) verpflichtet, Berufsausübungsgemeinschaften anzuzeigen. Die (Landes)Ärztekammern können demnach eine eigenständige Prüfung durchführen und erforderlichenfalls berufsaufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen.
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Die Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien im Zusammenhang mit der Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft bestimmt sich seit dem 01.01.2007 ausschließlich nach § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV. Der Anspruch266 der beteiligten vertragsärztlichen Leistungserbringer auf Erteilung der Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft, wenn die Voraussetzungen nach § 33 Abs. 2 und 3 ÄrzteZV vorliegen, gibt zugleich den Rahmen der Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien vor. Die Prüfung dürfen die Zulassungsgremien – unter Beachtung der Grenzen ihrer Prüfungskompetenz – auf der Grundlage des notwendigerweise vorzulegenden schriftlichen Vertrages über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft durchführen267.
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Die Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien beschränkt sich bei der Bildung einer örtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV darauf, (1) ob die Mitglieder, die sich zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verbinden wollen, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer sind268, 265 266
267 268
BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 34/02 R, MedR 2004, 118ff. Wenn die Voraussetzungen nach § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV vorliegen, haben die beteiligten vertragsärztlichen Leistungserbringer einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Formulierung des § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV, wonach die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zulässig ist, wenn die Voraussetzungen nach § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV erfüllt sind. Den Zulassungsgremien kommt bei der Entscheidung kein Ermessen zu. BSG a.a.O.; Möller, MedR 2006, 621, 622. S. hierzu Rz. 24.
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(2) ob der Zweck der Berufsausübungsgemeinschaft auf die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gerichtet ist269, (3) dass die Beteiligten einen gemeinsamen Vertragsarztsitz unterhalten270 und (4) ob jedes Mitglied in seiner Eigenschaft als zugelassener Leistungserbringer in „freier Praxis“ nach § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV in der Berufsausübungsgemeinschaft tätig werden kann und in diesem Zusammenhang die Versorgung der Versicherten nicht beeinträchtigt wird271. Soll die Berufsausübungsgemeinschaft als überörtliche, KV-interne Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV geführt werden, erstreckt sich die Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien neben den Prüfungspunkten (1), (2) und (4) zusätzlich darauf,
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(5) ob die Erfüllung der Versorgungspflicht der Mitglieder an ihrem jeweiligen Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist272 sowie (6) ob jedes Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden273. Soll die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft als überörtliche, KV-übergreifende Berufsausübungsgemeinschaft geführt werden, erstreckt sich die Prüfungskompetenz neben den Prüfungspunkten (1), (2) und (4) bis (6) zusätzlich darauf,
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(7) ob der „maßgebliche“ Vertragsarztsitz nach § 33 Abs. 3 S. 3 Ärzte-ZV für die Dauer von zwei Jahren unwiderruflich gewählt oder bestimmt worden ist274. Bei Teilberufsausübungsgemeinschaften gilt für die Prüfungskompetenz – differenziert nach ortsgleicher, überörtlicher und KV-interner sowie überörtlicher und KV-übergreifender Tätigkeit – grundsätzlich der gleiche Prüfungsmaßstab wie bei vollen Berufsausübungsgemeinschaften, wobei hinsichtlich des Prüfungspunktes (2) naturgemäß zu berücksichtigen ist, dass sich die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit auf einen Leistungsausschnitt beschränken soll. Zusätzlich ist allerdings zu prüfen, ob die Teilberufsausübungsgemeinschaft zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet werden soll275.
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Im Falle der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft im Job-Sharing oder im Sonderbedarf erstreckt sich die Prüfungskompetenz des Zulassungsausschusses
111
269 270 271 272 273 274 275
S. hierzu Rz. 25. S. hierzu Rz. 37. S. hierzu Rz. 26ff. S. hierzu Rz. 39ff. S. hierzu Rz. 42. S. hierzu Rz. 49f. S. hierzu Rz. 56f.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
darüber hinaus auf die in Abschnitt 5 bzw. in Abschnitt 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie normierten Genehmigungsvoraussetzungen. 112
Eine darüber hinausgehende Prüfungskompetenz steht den Zulassungsgremien nicht zu. Hierfür fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Eine solche wäre für eine weitergehende Prüfungskompetenz durch die Zulassungsgremien jedoch notwendig, da es sich bei Beanstandungen um Einschränkungen der Berufsfreiheit handelt276. In der Praxis überschreiten die Zulassungsgremien ihre Prüfungskompetenz allerdings häufig. Dies ist unverständlich. Denn zum einen sind die Zulassungsgremien als Ausschüsse der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen277 dem Gesetz und damit den ihnen in § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV gesetzten Prüfungsschranken verpflichtet. Zum anderen laufen sie Gefahr, bei einer Überschreitung ihrer Kompetenzen sich nach den Grundsätzen der Amtshaftung Schadensersatzansprüchen auszusetzen278. Schließlich sind sie zu einer juristischen Rechtsberatung nach § 1 Abs. 1 RBerG nicht befugt; auch insoweit entstehen Haftungsrisiken279, wenn die Zulassungsgremien auf die Gestaltung des Vertrages über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft über den ihnen von § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV gesetzten Rahmen hinaus einwirken. Die Gestaltung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen, die keinen Bezug zu den vom Prüfungsumfang der Zulassungsgremien nach § 33 Abs. 2 und 3 Ärzte-ZV bei der Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft erfassten Punkte aufweisen, ist allein Sache der potenziellen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft. Dies gilt auch dann, wenn diese Regelungen über das gesellschaftsrechtlich oder – mit Blick auf die zum 01.01.2007 geänderte Rechtslage – auch über das berufsrechtlich zulässige Maß hinausgehen. Gesellschaftsrechtliche Verstöße sind ausschließlich auf der Ebene des Zivilrechts zu klären, für berufsrechtliche Verstöße sind die (Landes)Ärztekammern zuständig. c)
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Genehmigung
Nach § 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV bedarf jede Form der Berufsausübungsgemeinschaft der vorherigen Genehmigung durch den zuständigen Zulassungsausschuss. Die Erteilung der Genehmigung ist Voraussetzung für jede Art der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Der Genehmigung kommt hiernach statusbegründender Charakter zu280. Für eine Genehmigung mit Rückwirkung ist deshalb kein Raum281. Eine Genehmigung ist deshalb auch immer dann konstitutiv erforderlich, wenn ein Mitgliederwechsel in einer Berufsausübungsgemeinschaft stattfindet. Der Zulassungsausschuss kann – wie bei jeder Neugründung einer Berufsausübungsgemeinschaft – auch in diesem Fall die Vorlage eines Vertrages über 276 277 278
279 280 281
BSG a.a.O. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V, Rz. 8. Hierfür haften die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Krankenkassenverbände, die die Ausschussmitglieder bestimmen (BGH, Beschl. v. 12.04.2006, III ZR 35/05, MedR 2006, 535f.). S. auch § 34, Rz. 13. So zu Recht Schirmer, Arbeitspapier der Rechtsabteilung der KBV „Gemeinsame und arbeitsteilige Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung“, S. 21f. Zuletzt BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455ff. BSG a.a.O.
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die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft mit dem neuen Mitglied verlangen, wobei ein Beitrittsvertrag zum bestehenden Gesellschaftsvertrag als ausreichend anzusehen ist282. Scheidet hingegen ein Mitglied aus einer Berufsausübungsgemeinschaft aus, ohne dass ein Nachfolger an seine Stelle in die im übrigen weiter bestehende Berufsausübungsgemeinschaft eintritt, kommt dem Beschluss des Zulassungsausschusses über die Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft unter den verbleibenden Mitgliedern lediglich deklaratorischer Charakter zu. Dies deshalb, weil mit dieser Genehmigung letztlich nur die Feststellung getroffen wird, dass die übrigen Mitglieder in der Berufsausübungsgemeinschaft verbunden bleiben. Die ursprünglich erteilte Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft wirkt rechtlich für die übrigen Mitglieder fort. Der Zulassungsausschuss ist in diesem Fall nicht berechtigt, die Vorlage eines neuen schriftlichen Vertrages über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft zu verlangen, wenn und soweit die verbleibenden Mitglieder erklären, die Berufsausübungsgemeinschaft auf der Basis des bisher geltenden Vertrages fortsetzen zu wollen. Soweit Mitglieder eine bisher örtliche Berufsausübungsgemeinschaft in eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft mit Mitgliederidentität überführen wollen, bedarf dies – wegen der damit verbundenen Verlegung eines Vertragsarztsitzes und den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften – einer statusbegründenden Genehmigung. Hierfür kann allenfalls die Vorlage ergänzender gesellschaftsvertraglicher Regelungen zu den spezifischen Besonderheiten einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft verlangt werden. Dabei ist auch zu beachten, dass die erforderliche Verlegung eines oder mehrerer Vertragsarztsitze an den weiteren Standort ebenfalls einer vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV bedarf 283. Soll umgekehrt eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft in eine örtliche Berufsausübungsgemeinschaft bei Mitgliederidentität überführt werden, bedarf auch dies einer statusbegründenden Genehmigung. Ebenso bedarf auch in diesem Fall die Verlegung eines oder mehrerer Vertragsarztsitze der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV284. Die Vorlage eines neuen schriftlichen Vertrages über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft kann nicht verlangt werden, wenn und soweit ihre Mitglieder erklären, die Berufsausübungsgemeinschaft auf der Basis des bisher geltenden Vertrages fortsetzen zu wollen.
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In den Bescheid über die Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft hat der Zulassungsausschuss das Datum des Beginns der Berufsausübungsgemeinschaft aufzunehmen. Das Datum des Beginns kann frühestens auf den Tag nach der Sitzung des Zulassungsausschusses, in der die Genehmigung erteilt wurde, festgelegt werden, da die Genehmigung nur für die Zukunft wirken kann285. Im Übrigen ist der Zulassungsausschuss an den von den Antragstellern im Antrag auf Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft genannten Zeitpunkt für den Beginn der Berufsaus-
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282 283 284 285
BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 34/02 R, MedR 2004, 118ff. Siehe hierzu § 24, Rz. 7ff. Siehe hierzu § 24, Rz. 7ff. Zuletzt BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455ff.
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übungsgemeinschaft gebunden. Die Zulassungsgremien sind – jenseits der Verpflichtung zur Berücksichtigung des statutsbegründenden Charakters der Genehmigung – nicht berechtigt, den Beginn der Berufsausübungsgemeinschaft auf einen vom Antrag abweichenden Termin zu legen. Insbesondere sind die Zulassungsgremien nicht berechtigt, Genehmigungen von Berufsausübungsgemeinschaften nur zum Ersten eines Quartals zu erteilen286. Zum einen ist hierfür eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Aus § 28 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV kann eine solche nicht abgeleitet werden, da diese Norm einen vollkommen anderen Regelungsgegenstand hat; sie gilt ersichtlich nur für den Fall des Zulassungsverzichts287. Vielmehr haben die Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, wenn im Übrigen die Voraussetzungen nach § 33 Abs. 2 und Abs. 3 Ärzte-ZV erfüllt sind. § 33 Abs. 2 und Abs. 3 Ärzte-ZV machen diesen Anspruch indes nicht davon abhängig, dass als Beginn der Berufsausübungsgemeinschaft der Erste eines Quartals angestrebt wird. Zum anderen besteht für eine dahingehende Einschränkung keine sich aus der Verwaltungspraktikabilität abzuleitende Notwendigkeit. Der Berufsausübungsgemeinschaft wird regelmäßig eine neue Abrechnungsnummer zugeteilt; dies im Übrigen auch dann, wenn ein Mitgliederaustritt oder -wechsel stattfindet. Soweit die Genehmigung für einen Tag im laufenden Quartal begehrt wird, werden die vertragsärztlichen Leistungen der (neuen) Berufsausübungsgemeinschaft unter der neuen Abrechnungsnummer abgerechnet. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können die für ein Quartal zuerkannten Abrechnungsbudgets zwischen der Altpraxis und der Berufsausübungsgemeinschaft nach dem Grundsatz pro rata temporis aufteilen. Zudem sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen berechtigt sein, den doppelten Ansatz des Ordinationskomplexes in einem Behandlungsfall im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigungen zu korrigieren288. Insofern entsteht durch die Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft in einem laufenden Quartal keine abrechnungstechnische Problematik, die es rechtfertigen könnte, den Anspruch auf Genehmigung in dieser Weise einzuschränken289. 116
Die Genehmigung kann gem. § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 1 Ärzte-ZV mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Voraussetzungen, die in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV normiert sind, erforderlich ist. Solche Auflagen können isoliert angefochten werden, ohne dass hiervon die erteilte Genehmigung selbst in ihrer Wirksamkeit betroffen wäre290. Darüber hinaus dürfen die Zulassungsgremien die Genehmigung mit
286 287 288
289 290
Dies ist in vielen Zulassungsbezirken aber ständige Verwaltungspraxis. S. hierzu § 28, Rz. 12. So jedenfalls SG Düsseldorf, Urt. v. 15.03.2006, S 2 KA 28/04; das Berufungsverfahren war unter dem Az. L 10 KA 18/06 beim LSG Nordrhein-Westfalen anhängig, endete aber durch eine Rücknahme der Berufung nach mündlicher Verhandlung, da das LSG Nordrhein-Westfalen die vom SG Düsseldorf vertretene Auffassung teilte. Ebenso § 28, Rz. 12. So in anderem Zusammenhang (Residenzpflicht) BSG, Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 2/03 R, MedR 2004, 405ff. Der 6. Senat betont dort, bislang nicht entschieden zu haben, ob Zulassungsgremien ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung Verwaltungsakte, auf deren Erlass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch besteht, mit Nebenbestimmungen nach § 32 Abs. 1, 2. Alt. SGB X versehen dürfen oder nicht.
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weiteren Nebenbestimmungen, die keine Auflagen 291 sind, auf der Grundlage des § 32 Abs. 1 Alt. 2 SGB X nur versehen, wenn dies zur Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft notwendig ist292. Ist bspw. ein potenzielles Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft zwar zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, ist der Beschluss über die Zulassung aber noch nicht bestandskräftig, kommt eine Nebenbestimmung nach § 32 Abs. 1 Alt. 2 SGB X in Form einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung in Betracht. So können die Zulassungsgremien einerseits über die Zulassung eines potenziellen Mitglieds und über die Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft mit diesem Mitglied in derselben Sitzung entscheiden, andererseits die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen – nämlich dass die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nach § 33 Abs. 2 S. 1 ÄrzteZV nur unter zugelassenen Leistungserbringern zulässig ist – sicherstellen; zwingend ist dies allerdings nicht, da der mangelnde Zulassungsstatus die Wirksamkeit der erteilten Genehmigung nach § 39 Abs. 2 Alt. 5 SGB X („Erledigung“) entfallen lässt. Rechtsgrundlage für eine solche Bedingung kann indes nicht § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 1 Ärzte-ZV sein, da hiernach die Genehmigung nur mit Auflagen und nicht mit anderen Nebenbestimmungen versehen werden darf 293. Die Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung294. Sie wird nach § 39 Abs. 1 S. 1 SGB X mit ihrer Bekanntgabe295 an die Beteiligten wirksam. Adressaten des Verwaltungsakts sind hiernach die Verfahrensbeteiligten nach § 96 Abs. 4 S. 1 SGB V.
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Die Wirksamkeit der Genehmigung entfällt nach § 39 Abs. 2 SGB X, wenn sie aufgehoben, widerrufen oder zurückgenommen wird oder sie sich auf andere Weise erledigt. Sowohl eine Aufhebung nach § 48 SGB X als auch ein Widerruf nach § 47 Abs. 1 SGB X oder eine Rücknahme nach § 45 SGB X296 kommen – bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen – jeweils nur mit Wirkung für die Zukunft in Betracht. Eine Aufhebung, ein Widerruf oder eine Rücknahme können nicht rückwirkend erfolgen, da die Genehmigung statusbegründenden Charakter hat297. Auch wenn die Aufhebung, der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung nicht gegenüber allen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft erfolgt, sind die übrigen Mitglieder berechtigt, sich gegen die Entscheidung eines Rechtsbehelfs zu be-
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291 292
293 294 295 296 297
Für Auflagen ist § 33 Abs. 3 S. 5 Hs. 1 Ärzte-ZV lex specialis. Einzelheiten hierzu s. Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 32, Rz. 10. Gegenstand einer Nebenbestimmung soll auf dieser Grundlage nicht sein können, was zu den Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs gehört (s. Engelmann in: a.a.O., § 32, Rz. 3 m.w.N.). Zur qualitativen Differenzierung insoweit Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 32, Rz. 23 S. hierzu Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 31, Rz. 48. Einzelheiten zur Bekanntgabe s. Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 37, Rz. 1ff. S. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.09.2006, L 11 KA 30/06 (Revision anhängig unter B 6 KA 84/06 B). Zuletzt BSG, Urt. v. 31.05.2006, B 6 KA 7/05 R, GesR 2006, 455ff.
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dienen298. Die Wirksamkeit der Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft kann aber auch durch den Eintritt eines erledigenden Ereignisses entfallen. So ist ein erledigendes Ereignis dann anzunehmen, wenn die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zwischen den Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft insgesamt beendet wird299. Verliert ein Mitglied – aus welchen Gründen auch immer – seinen zulassungsrechtlichen Status, so beschränkt sich das erledigende Ereignis auf dessen Mitgliedschaft in der Berufsausübungsgemeinschaft und lässt die Wirksamkeit der Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft nur insoweit entfallen; im übrigen wirkt die Genehmigung für die übrigen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft fort. Dasselbe gilt, wenn nur ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Austritt aus der Berufsausübungsgemeinschaft erklärt und die übrigen Mitglieder die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit fortsetzen300. 119
Nach § 96 Abs. 4 S. 1 SGB V können die am Genehmigungsverfahren Beteiligten – die potenziellen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft, die beteiligte/n Kassenärztliche/n Vereinigung/en, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen – Widerspruch gegen die Erteilung der Genehmigung, gegen die Ablehnung der Erteilung der Genehmigung, gegen erteilte oder nicht erteilte Auflagen, aber auch gegen die Aufhebung, den Widerruf, die Rücknahme oder die Feststellung über das Ende der Genehmigung infolge des Eintritts eines erledigenden Ereignisses einlegen. Insoweit handelt es sich insgesamt um Zulassungssachen i.S.d. § 96 Abs. 1 SGB V301. Ein Widerspruch hat gem. § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V aufschiebende Wirkung302. Entsprechendes gilt nach § 86a Abs. 1 SGG für die Klage, nach § 154 Abs. 1 SGG für die Berufung und nach § 165 S. 1 i.V.m. § 154 Abs. 1 SGG für die Revision. Wegen der aufschiebenden Wirkung ist u.U. an einen Antrag auf sofortige Vollziehung303 nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu denken, wobei die An298 299
300
301 302
303
BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 70/03 R, MedR 2005, 535ff. Für die Annahme einer faktischen Beendigung bedarf es aber konkreter Anhaltspunkte, bspw. eine entsprechende Erklärung der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft oder auch die Aufgabe des gemeinsamen Vertragsarztsitzes ohne Fortführungswille als überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft. Vertragsarztrechtlich sind die gesellschaftsrechtlichen Bindungen der Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft insoweit ohne Belang, BSG, Urt. v. 19.08.1992, 6 RKa 36/ 90, NJW 1993, 1547ff.; hiernach soll der Zulassungsausschuss zudem berechtigt sein, die Beendigung der Mitgliedschaft auf das Ende des laufenden Quartals zu legen. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V, Rz. 3 Dies gilt allerdings dann nicht, wenn dem Bescheid über die Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft lediglich deklaratorischer Charakter zukommt, bspw. wenn ein Mitglied wegen Erreichens der vertragsarztrechtlichen Altersgrenze aus der Berufsausübungsgemeinschaft ausscheidet (siehe hierzu § 44, Rz. 12). Es ist umstritten, ob Gerichte den Sofortvollzug von Entscheidungen des Zulassungsausschusses anordnen können. Der 10. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 04.09.2002, L 10 B 2/02 KA ER, MedR 2003, 310.) lehnt dies ab, das SG Hamburg (Beschl. v. 31.03.2005, S 3 KA 66/05 ER, MedR 2005, 429ff.) bejaht dies und folgt damit einer vom 11. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 09.09.2003, L 11 B 30/03 KA ER) vertretenen Auffassung; vgl. zu der Problematik auch Heinemann, GesR 2003, 77, ausführlich: § 27, Rz. 40, 47ff., und § 44, Rz. 22.
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ordnung der sofortigen Vollziehung entweder ein besonderes öffentliches Interesse oder ein überwiegendes Interesse eines der Beteiligten voraussetzt.
IV. Besonderheiten für Zahnärzte 1. Praxisgemeinschaft Als Unterform der Praxisgemeinschaft ist die zahnärztliche Laborgemeinschaft zu erwähnen304. Zahnärzte sind hiernach befugt, sich zum gemeinschaftlichen Betrieb eines Labors als Organisationsgemeinschaft zusammenzuschließen305.
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Weitergehende Besonderheiten bestehen nicht. 2.
Berufsausübungsgemeinschaft
Der vom Verordnungsgeber in § 33 Abs. 2 und 3 Zahnärzte-ZV vorgegebene Rahmen findet für die vertragszahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft uneingeschränkt Anwendung. Auf der Grundlage des § 33 Abs. 3 S. 5. Hs. 2 Ärzte-ZV haben die Vertragspartner auf Bundesebene in § 6 Abs. 7 und 8 BMV-Z bzw. in § 8a Abs. 2 und 3 EKVZ für Berufsausübungsgemeinschaften Konkretisierungen vereinbart, die sich teilweise von den Vereinbarungen in den Bundesmantelverträgen der Ärzte unterscheiden. a)
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Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft
§ 33 Abs. 2 S. 1 Zahnärzte-ZV erlaubt die gemeinsame Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit zwischen allen zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft. Mitglieder einer vertragszahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft können hiernach Vertragszahnärzte sowie an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmende medizinische Versorgungszentren sein. Die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft zwischen Vertragsärzten und Vertragszahnärzten bleibt weiterhin unzulässig.
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b) Gemeinsame Berufsausübung, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit Die Bundesmantelvertragspartner haben in § 6 Abs. 7 S. 4 und 5 BMV-Z bzw. in § 8a Abs. 2 S. 4 und 5 EKVZ konkretisiert, wann aus ihrer Sicht eine gemeinsame Berufsausübung anzunehmen ist. Eine gemeinsame Berufsausübung soll eine auf Dauer angelegte berufliche Kooperation selbstständiger und freiberuflich tätiger Zahnärzte voraussetzen, in der alle Mitglieder ein unternehmerisches Risiko tragen, an unternehmerischen Entscheidungsfindungen teilhaben und eine gemeinschaft304 305
S. zur zahnärztlichen Laborgemeinschaft auch Scheuffler, MedR 1998, 65ff. Das LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.06.1994, L 6 Ka 25/93, verlangt aber die zahnarztindividuelle Zuordnung der dort beschäftigten Zahntechniker und deren fachliche Aufsicht und Überwachung durch den jeweiligen Zahnarzt.
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Abschnitt IX Vertreter, Assistenten, angestellte Ärzte, Berufsausübungsgemeinschaft
liche Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Die Bundesmantelvertragspartner unternehmen damit den – untauglichen – Versuch, über das Tatbestandsmerkmal der gemeinsamen Berufsausübung zwischen einem (echten) Gesellschaftsverhältnis und einem verdeckten Anstellungsverhältnis zu differenzieren. Diese Differenzierung ist nicht an dem Tatbestandsmerkmal der gemeinsamen Berufsausübung festzumachen, sondern leitet sich ab aus dem Tatbestandsmerkmal der „freien Praxis“ in § 32 Abs. 1 S. 1 Zahnärzte-ZV. Für die vertragszahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft gelten die allgemeinen Grundsätze306. Ob eine gemeinsame Berufsausübung angestrebt wird, dürfen die Zulassungsgremien nicht nach den in § 6 Abs. 7 S. 4 und 5 BMV-Z bzw. in § 8a Abs. 2 S. 4 und 5 EKVZ vorgegebenen Kriterien entscheiden. Denn diese Kriterien sind schon Bestandteil der Prüfung, ob ein Vertragszahnarzt sich in der Berufsausübungsgemeinschaft in „freier Praxis“ nach § 32 Abs. 1 S. 1 Zahnärzte-ZV niederlässt oder als verdeckter Angestellter beschäftigt werden soll. 124
Die in § 6 Abs. 7 S. 4 und 5 BMV-Z bzw. in § 8a Abs. 2 S. 4 und 5 EKVZ genannten Abgrenzungskriterien können diese Differenzierung, die aus § 32 Abs. 1 S. 1 Zahnärzte-ZV abzuleiten ist, nicht leisten. Dies deshalb, weil die Abgrenzung zwischen echtem Gesellschaftsverhältnis und verdecktem Anstellungsverhältnis auf der Grundlage einer Gesamtschau aller Beteiligungsrechte und –pflichten eines Zahnarztes vorzunehmen ist307. Eine isolierte Betrachtung der von den Bundesmantelvertragspartnern in § 6 Abs. 7 S. 4 und 5 BMV-Z bzw. in § 8a Abs. 2 S. 4 und 5 EKVZ genannten Kriterien verbietet sich. c)
Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft
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Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft dürfen nach § 6 Abs. 8 S. 1 und 2 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 3 S. 1 und 2 EKVZ auch – ohne gesonderte Genehmigung – an den Vertragszahnarztsitzen der anderen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft zahnärztlich tätig werden. Dabei darf der Umfang der zahnärztlichen Tätigkeit an den Vertragszahnarztsitzen der anderen Mitglieder maximal ein Drittel der Zeit seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit an seinem Vertragszahnarztsitz erreichen. Die Bundesmantelvertragspartner haben auf eine Definition der vollzeitigen Tätigkeit nach § 19a Abs. 1 Zahnärzte-ZV verzichtet.
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Wenn die vertragszahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft mit Vertragszahnarztsitzen in mehreren Kassenzahnärztlichen Vereinigungen geführt wird, wirkt die Wahlentscheidung nach § 33 Abs. 3 S. 3 Zahnärzte-ZV nach den Vorstellungen der Bundesmantelvertragspartner materiell-rechtlich. Dies folgt aus § 6 Abs. 7 S. 6 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 2 S. 6 EKVZ. Denn dort werden alle Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft verpflichtet, Erklärungen mit dem Inhalt abzugeben, dass sie sich „allen Bestimmungen in Satzungen, Verträgen und sonstigen Rechtsnormen“ unterwerfen und diese für sich als verbindlich anerkennen. Anders als die Bundesmantelvertragspartner für den vertragsärztlichen Versorgungsbereich verstehen die Bundesmantelvertragspartner für den vertragszahnärztlichen Versorgungsbereich die Bestimmung in § 33 Abs. 3 S. 3 Zahnärzte-ZV als materiell-rechtlich 306 307
S. hierzu § 32, Rz. 9f. Goette, MedR 2002, 1, 4
Rothfuß
§ 33
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wirkendes Wahlrecht308. Eine gesetzgeberische Klarstellung wäre wünschenswert. Nach § 6 Abs. 8 S. 4 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 3 S. 4 EKVZ können die Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft ihre Wahlentscheidung nur mit Wirkung zum Quartalsende und auch nur bei Einhaltung einer entsprechenden Erklärungsfrist von sechs Monaten gegenüber allen beteiligten Kassenzahnärztlichen Vereinigungen ändern, wobei die Ausübung des Wahlrechts nach § 33 Abs. 3 S. 4 Zahnärzte-ZV jedenfalls für zwei Jahre verbindlich ist. Die in § 33 Abs. 3 S. 4 Zahnärzte-ZV vorgegebene Frist wird durch die Erklärungsfrist in § 6 Abs. 8 S. 4 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 3 S. 4 EKVZ nicht relativiert; insoweit kommt den Bundesmantelvertragspartnern keine Rechtssetzungskompetenz zu. d)
Teilberufsausübungsgemeinschaft
Zur Teilberufsausübungsgemeinschaft verhalten sich die BundesmantelverträgeZahnärzte nicht. Für sie gelten die allgemeinen Regelungen zur Berufsausübungsgemeinschaft unter Berücksichtigung des § 33 Abs. 2 S. 3 Zahnärzte-ZV. Die für vertragsärztliche Teilberufsausübungsgemeinschaften diskutierte Problematik des Verbots der entgeltlichen Patientenzuweisung spielt im vertragszahnärztlichen Versorgungsbereich nur eine untergeordnete Rolle.
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e) Genehmigung Für die Genehmigung einer vertragszahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft gelten dieselben Regelungen wie für die Genehmigung einer vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft. Allerdings haben die Bundesmantelvertragspartner mit § 6 Abs. 7 S. 2 BMV-Z bzw. § 8a Abs. 2 S. 2 EKVZ eine Rechtsgrundlage für die Vorlagepflicht des schriftlichen Vertrages über die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft im Zuge des Genehmigungsverfahrens vor dem Zulassungausschuss geschaffen. Eines Rückgriffs auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts309 bedarf es hier daher nicht.
308 309
Zum Stand der Diskussion s. Rz. 51. BSG, Urt. v. 16.07.2003, B 6 KA 34/02 R, MedR 2004, 118ff.
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Abschnitt X
Zulassungs- und Berufungsausschüsse
Abschnitt X Zulassungs- und Berufungsausschüsse
§ 34 (1) Der Zulassungsausschuss besteht aus sechs Mitgliedern, und zwar aus je drei Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen sowie aus Stellvertretern in der nötigen Zahl. (2) Die Vertreter der Krankenkassen werden von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam bestellt. Kommt es nicht zu einer gemeinsamen Bestellung, so werden die Vertreter aus der Reihe der von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen vorgeschlagenen Personen ausgelost. (3) Die Amtsdauer der Mitglieder beträgt vier Jahre. (4) Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so erfolgt Neubestellung. Die Amtsdauer neu bestellter Mitglieder endet mit der Amtsdauer der übrigen Mitglieder nach Absatz 3. (5) Ein Mitglied kann aus einem wichtigen Grund durch die Stelle abberufen werden, von der es bestellt ist. Das Ehrenamt des nicht zugelassenen Arztes endet mit seiner Zulassung. (6) Die Niederlegung des Ehrenamtes hat gegenüber dem Zulassungsausschuss schriftlich zu erfolgen. (7) Die Mitglieder der Ausschüsse haben Anspruch auf Erstattung ihrer baren Auslagen und auf eine Entschädigung für Zeitverlust nach den für die Mitglieder der Organe der bestellenden Körperschaften geltenden Grundsätzen. Der Anspruch richtet sich gegen die bestellenden Körperschaften. (8) Die Kosten der Zulassungsausschüsse werden, soweit sie nicht durch Gebühren gedeckt sind, je zur Hälfte von der Kassenärztlichen Vereinigung einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen andererseits – von letzteren entsprechend der Anzahl der Versicherten ihrer Mitgliedskassen – getragen. (9) Für die Stellvertreter gelten die Vorschriften für die Mitglieder entsprechend. Übersicht
Rz.
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Errichtung und Besetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Dauer der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Status der Mitglieder und (Amts-)Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Beteiligung von Patientenvertretern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Besonderheiten für Psychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Besonderheiten für Zahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 6 11 12 14 15 16 18
§ 34
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Literatur Engelhard, Auswirkungen des Psychotherapeutengesetzes auf die Besetzung der Zulassungsgremien, NZS 1999, 492.
I. Allgemeines § 34 Ärzte-ZV regelt die Zusammensetzung des Zulassungsausschusses. Grundlage ist § 96 Abs. 1 und 2 (i.V.m. § 98 Abs. 2) SGB V, der bestimmt:
1
(1) Zur Beschlussfassung und Entscheidung in Zulassungssachen errichten die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen für den Bezirk jeder Kassenärztlichen Vereinigung oder für Teile dieses Bezirks (Zulassungsbezirk) einen Zulassungsausschuss für Ärzte und einen Zulassungsausschuss für Zahnärzte. (2) Die Zulassungsausschüsse bestehen aus Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl. Die Vertreter der Ärzte und ihre Stellvertreter werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vertreter der Krankenkassen und ihre Stellvertreter von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen bestellt. Die Mitglieder der Zulassungsausschüsse führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen. Die Zulassungsausschüsse beschließen mit einfacher Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.
Der Zulassungausschuss ist eine eigenständige „Zulassungseinrichtung“ der gemeinsamen Selbstverwaltung (vgl. § 96 Abs. 3 S. 2 SGB V zur Teilung der Kosten des Zulassungsausschusses zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und Kassenverbänden), die rechtlich und organisatorisch verselbstständigt und streng von der Kassenärztlichen Vereinigung zu unterscheiden ist1 (auch wenn die Geschäfte des Zulassungsausschusses dort geführt werden [vgl. § 96 Abs. 3 S. 1 SGB V] und eine entsprechende Haftungsverantwortung besteht2); der praktische Sprachgebrauch der Vertragsärzte macht dies oft vergessen.
2
Die Mitglieder des Zulassungsausschusses sind keinen Weisungen unterworfen (§ 96 Abs. 1 S. 4 SGB V). Der Zulassungsausschuss selbst ist
3
• eine Behörde i.S. des § 1 Abs. 2 SGB V, • beteiligungsfähig im Verwaltungsverfahren (vgl. § 10 Nr. 3 SGB X), • parteifähig im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. § 70 Nr. 4 i.V.m. § 51 Abs. 2 S. 1 SGG)3. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 96 Abs. 1 SGB V. Maßgeblich ist der Zulassungsbezirk (vgl. § 11 Abs. 1 Ärzte-ZV), der deckungsgleich mit dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung sein kann, der aber auch für den Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung mehrfach gebildet werden kann. Bei den meisten Kassenärztlichen Vereinigungen ist Letzeres üblich, so dass bei ihnen mehrere Zulassungs1
2 3
BSG, Urt. v. 21.06.1995, 6 RKa 54/94, BSGE 76, 149; Urt. v. 01.07.1998, B 6 KA 98/97 R; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 913 ff.; Schiller in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5, Rz. 85; Quaas/Zuck, Medizinrecht, § 18, Rz. 52. S. Rz. 13. Vgl. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1271.
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Abschnitt X
Zulassungs- und Berufungsausschüsse
ausschüsse eingerichtet sind. Keinesfalls ist der Zulassungsbezirk mit einem Planungsbereich4 zwingend identisch, denn die Aufstellung des Bedarfsplans gemäß § 12 Ärzte-ZV ist von der Zulassungsbezirksbildung zu unterscheiden5; in Kassenärztlichen Vereinigungen, deren Bezirk einem Stadtstaat entspricht (z.B. Hamburg, Bremen), kann auf Grund der faktischen Gegebenheiten Identität bestehen. 5
Die sachliche Zuständigkeit folgt ebenfalls aus § 96 Abs. 1 SGB V. Der Zulassungsausschuss ist berufen zur Beschlussfassung und Entscheidung „in Zulassungssachen“. Der Begriff ist zu verstehen als Beschreibung aller nur denkbaren Bereiche, durch die über Art und Inhalt der Teilnahme der gesetzlich definierten Leistungserbringer in der ambulanten Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten (vertragsärztliche Versorgung) durch Verwaltungsakt entschieden wird, es sei denn, dass der Gesetzgeber die sachliche Zuständigkeit des Zulassungsausschusses abbedingende Sonderregelungen6 geschaffen hat7. Insbesondere sind dies die Erteilung von Zulassungen und Ermächtigungen, deren Ruhen, die Genehmigung von Berufsausübungsgemeinschaften, die Anstellung von Ärzten, die Verlegung und Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen sowie – neu seit dem 01.01.2007 – die Reduzierung des Versorgungsauftrages gemäß § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV8.
II. Errichtung und Besetzung 6
§ 34 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV regelt die Errichtung und die Besetzung der Zulassungsausschüsse. Leitmotiv des Gesetzgebers für den Zulassungsausschuss ist eine paritätische Besetzung, die der gemeinsamen Selbstverwaltung Rechnung trägt. Demgemäß gehören dem aus insgesamt sechs Mitgliedern bestehenden Zulassungsausschuss je drei Vertreter einerseits der Ärzte und andererseits der Krankenkassen an, wobei die Modalitäten der Wahl den jeweiligen Körperschaftssatzungen entnommen werden können. Unterbleibt die Bestellung von Zulassungsausschussmitgliedern, wird die Aufsichtsbehörde tätig (§ 97 Abs. 5 S. 2 SGB V).
7
Die als Vertreter der Ärzte dem Zulassungsausschuss angehörenden Mitglieder sowie deren Stellvertreter werden gemäß § 96 Abs. 2 SGB V von der Kassenärztlichen Vereinigung bestimmt. Weder aus Wortlaut-, systematischen noch teleologischen Gründen müssen sie – auch nicht die Stellvertreter – Ärzte sein9; maßgeblich ist die 4 5 6 7 8 9
Hierzu § 12 Rz. 2ff. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 916. Zuständigkeiten der Kassenärztlichen Vereinigung ergeben sich insbesondere aus § 98 Abs. 2 Nr. 14 SGB V i.V.m. §§ 31 Abs. 3 und 31 Abs. 5 i.V.m. § 5 Abs. 1 BMV-Ä. Vgl. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 922 m.w.N. Vgl. § 19a, Rz. 7ff. Ebenso BSG, Urt. v. 25.11.1998, B 6 KA 81/97 R, NZS 1999, 520; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1276. A.A. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 925, allerdings abgeleitet aus der alten Rechtslage gemäß § 96 Abs. 2 S. 3 SGB V in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, aufgehoben durch Art. 1 Nr. 76a i.V.m. Art. 37 Abs. 8 GMG, wonach ein Vertreter der Ärzte „außerordentliches Mitglied“ der Kassenärztlichen Vereinigung sein musste. Schiller in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5, Rz. 71, scheint Nichtärzte (nur) als Stellvertreter für zulässig zu halten.
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§ 34
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Sachkompetenz. Unbeachtlich ist mithin auch, wenn ein Ausschussmitglied seinen Status als Vertragsarzt verliert10 oder die mit dem Status verbundenen Rechte und Pflichten gemäß § 26 Ärzte-ZV ruhen11. Die Vertreter der Krankenkassen werden von den (Landes-)Verbänden der Kranken/Ersatzkassen bestimmt. Da von mehreren (Landes-)Verbänden nur drei Mitglieder bestellt werden können, kann im Falle des Nichteinvernehmens eine Kollision bei der Auswahl entstehen, die § 34 Abs. 2 Ärzte-ZV mit Hilfe eines Losentscheids löst.
8
Für jedes Zulassungsausschussmitglied ist ein Stellvertreter zu bestimmen, wobei keine strenge Personenzuordnung notwendig ist, sondern unabhängig von den Zulassungsausschussmitgliedern ein erster, zweiter, dritter usw. Stellvertreter bestimmt werden kann.
9
Den Vorsitz im Zulassungsausschuss führt gemäß § 96 Abs. 2 S. 5 SGB V abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen; dies ist sitzungsbezogen zu verstehen, nicht jährlich oder sonstwie zeitdauerbezogen12.
10
III. Dauer der Mitgliedschaft § 34 Abs. 3 bis 6 Ärzte-ZV regelt die Dauer der Mitgliedschaft im Zulassungsausschuss. Sie beträgt gemäß § 34 Abs. 3 Ärzte-ZV grundsätzlich vier Jahre und wird vorzeitig beendet durch Abberufung aus wichtigem Grund (insbesondere schwere Pflichtverletzungen wie z.B. Bestechlichkeit, Verletzung von Geheimhaltungspflichten13, aber auch unverschuldete Umstände, die die Ausübung des Amtes nach dessen Sinn und Zweck dauerhaft verhindern), Niederlegung oder – ungeregelt – Tod. Die Niederlegung hat schriftlich zu erfolgen; eine in anderer Form erklärte Niederlegung bleibt ohne Wirkung.
11
Bei vorzeitiger Beendigung wird ein neues Mitglied bestimmt, dessen Mitgliedschaft nur für die Restzeit des ausgeschiedenen Mitglieds gilt.
IV. Status der Mitglieder und (Amts-)Haftung Die Zugehörigkeit zum Zulassungsausschuss ist ein Ehrenamt (vgl. § 34 Abs. 6 Ärzte-ZV), für die es kein Entgelt, sondern allein Aufwendungsersatz gibt. Die Mitgliedschaft im Zulassungs- und im Berufungsausschuss schließen sich gegenseitig aus (§ 35 Abs. 3 Ärzte-ZV).
12
Die Mitglieder des Zulassungsausschusses sind Beamte i.S. des Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB14. Aus ihrem vorsätzlichen oder fahrlässigen Fehlverhalten kann ein
13
10 11 12 13 14
Vgl. § 28, Rz. 1ff. Vgl. § 26, Rz. 43. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1279; Schiller in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5, Rz. 72. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1286. Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 926; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1272.
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Abschnitt X
Zulassungs- und Berufungsausschüsse
Amtshaftungsanspruch abgeleitet werden. Anspruchsgegner des Geschädigten sind nicht die Mitglieder des Zulassungsausschusses, sondern sind die entsendenden Körperschaften. Dies ist u.a. die Kassenärztliche Vereinigung. Ihre Haftung steht jedenfalls solange, wie die von ihr entsandten Mitglieder positiv an einem rechtswidrigen Beschluss mitgewirkt haben (also eine nicht einstimmige Entscheidung nicht behauptet wird), nicht in Zweifel15; zusätzlich dürften unter den gleichen Voraussetzungen auch die entsendenden Krankenkassen haften. Auf die Mitglieder des Zulassungsausschusses kann/können die haftende(n) Körperschaft(en) zurückgreifen, wenn dies i.S. von Art. 34 S. 2 GG für Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit einfachgesetzlich vorbehalten ist16, z.B. in der Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung.
V. Geschäftsführung 14
Da die Geschäfte des Zulassungsausschusses gemäß § 96 Abs. 3 S. 1 SGB V „bei den Kassenärztlichen Vereinigungen geführt“ werden, stellen diese die notwendigen räumlichen, sachlichen und personellen Ressourcen, insbesondere einen oder mehrere Sachbearbeiter für den Zulassungsausschuss, ab. Bei Letzterem ist zu beachten, dass der Zulassungsausschuss keine, bezogen auf die Mitglieder, ständig präsente Zulassungseinrichtung ist. Seine Mitglieder finden sich in der Praxis einzig zu den Sitzungen, allenfalls kurze Zeit vorher zur Vorbesprechung, ein. Dies macht es oftmals schwierig, Sichtweisen und praktische Handhabungen des Zulassungsausschusses zu ermitteln, um sich daran auszurichten. Entsprechende Anfragen beantworten die Zulassungsausschüsse selbst regelmäßig nicht; man ist auf Auskünfte der Sachbearbeiter und/oder der (Rechtsabteilung der) Kassenärztlichen Vereinigung angewiesen. Bei der Genehmigung von Berufsausübungsgemeinschaften oder anderen Angelegenheiten, welche die Vorlage eines Vertrages erforderlich machen17, ist es oftmals so, dass der jeweilige Vorsitzende eine Vorabprüfung vornimmt und den Sachbearbeiter des Zulassungsausschusses über seine Bewertung unterrichtet. Es empfiehlt sich dann, um ggf. noch vor der Sitzung Änderungen vornehmen und zu den Akten reichen zu können, Kontakt mit dem Sachbearbeiter zu suchen.
VI. Beteiligung von Patientenvertretern 15
§ 140f Abs. 1 SGB V bestimmt, dass „die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen (…) in Fragen, die die Versorgung betreffen (…) zu beteiligen“ sind. § 140f Abs. 3 S. 1 SGB V sieht demgemäß nur für „Entscheidungen (des Zulassungsausschusses)
15 16 17
BGH, Beschl. v. 31.01.2006, VI ZR 135/05; Beschl. v. 12.04.2006, III ZR 35/05, MedR 2006, 535; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.03.1990, 18 U 221/89, NJW-RR 1991, 475. Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 2. Teil, VIII. 1. Zur Prüfungskompetenz des Zulassungsausschusses ausführlich § 33, Rz. 104ff.
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§ 34
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• über die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V oder • über die Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen“ vor, dass die vorgenannten „Organisationen ein Mitberatungsrecht“ haben und zu diesem Zweck „sachkundige Personen“ (sog. Patientenvertreter) benennen, was die „Anwesenheit bei der Beschlussfassung“ beinhaltet; die Zahl der sachkundigen Personen soll höchstens der Zahl der von den Krankenkassen entsandten Mitglieder im Zulassungsausschuss entsprechen. Aus dem Mitberatungsrecht der Patientenvertreter ergibt sich, dass sie im Vorfeld der Entscheidung die gleichen Befugnisse wie die Zulassungsausschussmitglieder haben, z.B. also Akteneinsicht18. § 140f Abs. 5 SGB V sieht die Reisekostenerstattung der sachkundigen Personen entsprechend dem Bundesreisekostengesetz vor, Ersatz des Verdienstausfalls in entsprechender Anwendung des § 41 Abs. 2 SGB IV sowie einen Pauschbetrag für den Zeitaufwand in Höhe eines Fünfzigstels der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) für jeden Kalendertag einer Sitzung.
VII. Besonderheiten für Psychotherapeuten Für Psychotherapeuten wird kein eigener Zulassungsausschuss errichtet. § 95 Abs. 13 SGB V bestimmt aber:
16
In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muss mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut sein.
Zulassungssachen der Psychotherapeuten sowie der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte sind entsprechend dem allgemeinen sachlichen Zuständigkeitsbereich der Zulassungsausschüsse alle nur denkbaren Bereiche, durch die über Art und Inhalt der Teilnahme der Psychologischen Psychotherapeuten/ärztlichen Psychotherapeuten an der ambulanten Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten durch Verwaltungsakt entschieden wird19. Auf Grund von § 95 Abs. 13 SGB V ist in diesen Fälle eine Änderung der Zusammensetzung des Zulassungsausschusses vorzunehmen. Die Vertreter der Ärzte werden durch Vertreter der Psychologischen Psychotherapeuten und der ärztlichen Psychotherapeuten in jeweils gleicher Zahl ersetzt. Unter den Vertretern der Psychologischen Psychotherapeuten muss mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut sein. Problematisch ist dabei, dass ursprünglich gemäß § 34 Abs. 1 Ärzte-ZV drei Vertreter der Ärzte im Zulassungsausschuss vertreten sind. Diese durch je gleich viele Vertreter der Psychologischen Psychotherapeuten und der ärztlichen Psychotherapeuten zu ersetzen, ist nicht möglich. Es besteht daher Einigkeit, dass im Wege der normberichtigenden Rechtsfortbildung die Gesamtzahl der Zulas18 19
I.E. ebenso Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1289. Vgl. Rz. 5 und Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 922 m.w.N.
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Abschnitt X
Zulassungs- und Berufungsausschüsse
sungsausschussmitglieder um je einen Vertreter der Psychotherapeuten und der Krankenkassen erhöht wird20, so dass als Vertreter der Psychotherapeuten zwei psychotherapeutische Ärzte und zwei Psychologische Psychotherapeuten, von denen mindestens einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut sein muss, tätig werden.
VIII. Besonderheiten für Zahnärzte 18
Für Zahnärzte wird unter Beteiligung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ein eigener Zulassungsausschuss errichtet.
20
Engelhard, NZS 1999, 492; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1281.
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§ 35
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§ 35 (1) Der Berufungsausschuss besteht aus einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richteramt und aus je drei Vertretern der Ärzte und Krankenkassen. Stellvertreter sind in der nötigen Zahl zu bestellen. (2) Die Vorschriften des § 34 gelten entsprechend. (3) Mitglieder eines Zulassungsausschusses können nicht gleichzeitig Beisitzer in dem für den Zulassungsausschuss zuständigen Berufungsausschuss sein. Übersicht Rz. I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Errichtung und Anwendung des § 34 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 III. Besonderheiten für Psychotherapeuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 IV. Besonderheiten für Zahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
I. Allgemeines § 35 Ärzte-ZV regelt die Zusammensetzung des Berufungsausschusses. Grundlage ist § 97 Abs. 1 und 2 (i.V.m. § 98 Abs. 2) SGB V, der bestimmt:
1
(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen errichten für den Bezirk jeder Kassenärztlichen Vereinigung einen Berufungsausschuss für Ärzte und einen Berufungsausschuss für Zahnärzte. Sie können nach Bedarf mehrere Berufungsausschüsse für den Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einen gemeinsamen Berufungsausschuss für die Bezirke mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen errichten. (2) Die Berufungsausschüsse bestehen aus einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richteramt und aus Vertretern der Ärzte einerseits und der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Verbände der Ersatzkassen andererseits in gleicher Zahl als Beisitzer. Über den Vorsitzenden sollen sich die Beisitzer einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, beruft ihn die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde im Benehmen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen. § 96 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und 7 und Abs. 3 gilt entsprechend.
Der Berufungsausschuss ist ebenso wie der Zulassungsausschuss eine eigenständige „Zulassungseinrichtung“ der gemeinsamen Selbstverwaltung, die rechtlich und organisatorisch verselbstständigt und streng von der Kassenärztlichen Vereinigung zu unterscheiden ist1. Die Mitglieder des Berufungsausschusses sind keinen Weisungen unterworfen (§ 96 Abs. 1 S. 4 SGB V). Der Berufungsausschuss selbst ist • eine Behörde i.S. des § 1 Abs. 2 SGB V, • beteiligungsfähig im Verwaltungsverfahren (vgl. § 10 Nr. 3 SGB X), 1
Vgl. nur BSG, Urt. v. 21.06.1995, 6 RKa 54/94, BSGE 76, 149; Urt. v. 01.07.1998, B 6 KA 98/97 R; Schneider, Handbuch des Kassenarztrechts, Rz. 944ff.; Schiller in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 5, Rz. 85.
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Abschnitt X
Zulassungs- und Berufungsausschüsse
• parteifähig im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. § 70 Nr. 4 i.V.m. § 51 Abs. 2 S. 1 SGG).
II. Errichtung und Anwendung des § 34 Ärzte-ZV 3
§ 34 Ärzte-ZV als für den Zulassungsausschuss maßgebende Vorschrift gilt für den Berufungsausschuss entsprechend. Aus dieser Vorschrift folgt insbesondere die Bestellung und Zusammensetzung der Ausschussmitglieder. Der wesentliche Unterschied zum Zulassungsauschuss besteht darin, dass dem Berufungsausschuss als Vorsitzender ein weiteres Mitglied zugeordnet ist. Dieser muss die Befähigung zum Richteramt haben, d.h. Volljurist sein. Er wird bestimmt durch die Mitglieder des Berufungsausschusses und, wenn diese sich nicht einigen, durch die von der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde im Benehmen mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den (Landes-)Verbänden der Kranken-/ Ersatzkassen.
4
Grundsätzlich wird für den Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung nur ein Berufungsausschuss bestellt. Bei Bedarf können mehrere Berufungsausschüsse errichtet werden. Denkbar ist auch, dass für die Bezirke mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen nur ein Berufungsausschuss errichtet wird.
5
Unvereinbar ist die gleichzeitige Zugehörigkeit sowohl zum Zulassungs- wie auch zum Berufungsausschuss. Unberührt hiervon bleibt die Möglichkeit, gleichzeitig entweder mehreren Zulassungs- oder mehreren Berufungsausschüssen anzugehören2.
III. Besonderheiten für Psychotherapeuten 6
Für Psychotherapeuten wird kein eigener Berufungsausschuss errichtet. Die Zusammensetzung hat aber die Vorgabe gemäß § 95 Abs. 13 SGB V zu beachten (Zugehörigkeit eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten).
IV. Besonderheiten für Zahnärzte 7
Für Zahnärzte wird unter Beteiligung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ein eigener Berufungsausschuss errichtet.
2
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1295.
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§ 36
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Abschnitt XI Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen 1. Zulassungsausschuss für Ärzte
§ 36 (1) Der Zulassungsausschuss beschließt in Sitzungen. Zu den Sitzungen lädt der Vorsitzende unter Angabe der Tagesordnung ein. (2) In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind die Patientenvertreterinnen und -vertreter unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung zu laden. Übersicht Rz. I. Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Ladung der Mitglieder und Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Patientenvertreterinnen und -vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
I. Sitzung Nach § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV hat der Zulassungsausschuss seine Beschlüsse in Sitzungen zu fassen. Eine Beschlussfassung auf anderem Weg 1 lässt § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV nach seinem Wortlaut nicht zu. Fasst ein Zulassungsausschuss unter Missachtung dieser Formvorschrift einen Beschluss, ist dieser nach § 40 Abs. 3 Nr. 3 SGB X2 nicht schon deshalb nichtig, sondern kann nach § 41 Abs. 1 Nr. 4 SGB X geheilt werden3. Eine Sitzung in diesem Sinne setzt nicht notwendigerweise eine mündliche Verhandlung über die Beschlussgegenstände voraus. Denn eine mündliche Verhandlung ist nach § 37 Abs. 1 S. Ärzte-ZV nur für Beschlussfassungen über Zulassungen oder Zulassungsentziehungen gesetzlich vorgeschrieben. Soweit aber eine mündliche Verhandlung von Gesetzes wegen angeordnet oder vom Zulassungsausschuss auf der Grundlage des § 37 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV anberaumt ist, ist die mündliche Verhandlung Bestandteil der Sitzung. Für die mündliche Verhandlung als Teil der Sitzung gelten dann sämtliche Anforderungen, die für die Sitzung gelten. Eine Sitzung nach § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV erfordert die Anwesenheit aller Mitglieder des Zulassungsausschusses im Sinne einer vollständigen Besetzung4 des Ausschusses nach § 41 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV, so dass der Zulassungsausschuss auch 1 2
3 4
Bspw. im Umlaufverfahren. Die §§ 36 bis 43 Ärzte-ZV enthalten spezielle Verfahrensvorschriften für die Verfahren vor den Zulassungsausschüssen. Sie sind daher gegenüber den allgemeinen Verfahrensvorschriften des SGB X grundsätzlich leges speciales. Die allgemeinen Verfahrensvorschriften bleiben daneben aber praktisch uneingeschränkt anwendbar; s. hierzu Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 96 SGB V, Rz. 12. Wiesner in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 41, Rz. 9; Steinwedel in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 41 SGB X, Rz. 20. S. hierzu § 41, Rz. 6.
Rothefuß
1
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Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
in der obligatorischen oder fakultativen mündlichen Verhandlung vollständig besetzt sein muss. Eine unter Missachtung dieser Formvorschrift ergangene Entscheidung ist nach § 40 Abs. 3 Nr. 3 SGB X nicht schon deshalb nichtig; der Mangel kann nach § 41 Abs. 1 Nr. 4 SGB X geheilt werden5.
II. Ladung der Mitglieder und Tagesordnung 2
Dem auf der Grundlage des § 96 Abs. 2 S. 5 SGB V zum Vorsitzenden des Zulassungsausschusses bestimmten Mitglied kommt nach § 36 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV die Aufgabe zu, zu den Sitzungen einzuladen. Zuständig ist hiernach das Mitglied, das zum Zeitpunkt der Versendung der Einladungen zur Sitzung den Vorsitz des Zulassungsausschusses innehat6. Diese Vorschrift kann ersichtlich nur die Einladung der Mitglieder des Zulassungsausschusses selbst meinen. Denn für die Ladung von Verfahrensbeteiligten zur obligatorischen oder fakultativen mündlichen Verhandlung ist § 37 Abs. 2 Ärzte-ZV einschlägig. Insofern wirkt § 36 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV ausschließlich verwaltungsintern; eine Verletzung dieser Vorschrift hat für die rechtliche Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten Beschlusses keine Bedeutung7.
3
Mit der Einladung der Mitglieder des Zulassungsausschusses ist die Offenlegung der Tagesordnung zu verbinden. Der Vorsitzende des Zulassungsausschusses muss hiernach den Adressaten der Einladung die Tagesordnungspunkte benennen, über die in der Sitzung Beschlüsse gefasst werden sollen. Die Offenlegung der Tagesordnung soll den Mitgliedern des Zulassungsausschusses die Möglichkeit eröffnen, sich mit den zur Beschlussfassung anstehenden Sachverhalten vertraut zu machen, um auf dieser Grundlage ihre Mitwirkungsrechte ausüben, aber auch ihrer Mitwirkungspflicht gerecht werden zu können. Eine nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung kommt daher nur dann in Betracht, wenn dies rechtzeitig vor dem Sitzungstermin erfolgt oder alle Mitglieder des Zulassungsausschusses mit der Ergänzung einverstanden sind; die Streichung eines Tagesordnungspunktes indes kann ohne weiteres erfolgen, da die Mitglieder des Zulassungsausschusses insoweit in ihren Mitwirkungsrechten und ihrer Mitwirkungspflicht nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt werden. § 36 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV enthält – im Gegensatz zu § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV – indes keine Vorgabe darüber, mit welcher Vorlauffrist zur Sitzung einzuladen ist. Die Einladung hat hiernach so rechtzeitig zu erfolgen, dass die Mitglieder ihre Mitwirkungsrechte ordnungsgemäß wahrnehmen und ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen können; da die Einhaltung einer bestimmten Frist in diesem Zusammenhang gesetzlich nicht angeordnet ist, verbietet sich eine statische Betrachtungsweise. Ein Rückgriff auf § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV scheidet wegen der gänzlich unterschiedlichen Regelungsinhalte der Normen aus. Da es sich auch inso5 6
7
Wiesner a.a.O. A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1298, der die Zuständigkeit bei dem Mitglied sieht, das in der Sitzung, zu der eingeladen wird, den Vorsitz führt. Die Zuständigkeit für die Einladung kommt nach dem Wortlaut der Vorschrift aber dem Vorsitzenden zu und nicht dem Mitglied, das die Sitzung, zu der er einlädt, als Vorsitzender erst leiten wird. Wiesner in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 42, Rz. 6.
Rothefuß
§ 36
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weit um verwaltungsinterne Vorgänge handelt, wirkt sich deren Missachtung nicht auf die Wirksamkeit eines Beschlusses des Zulassungsausschusses aus8. Mitglieder der Zulassungsausschüsse haben das Recht, in die Verwaltungsakte Einsicht zu nehmen; denn nur so können sie ihre Mitwirkungsrechte und -pflichten wahrnehmen.
III. Patientenvertreterinnen und -vertreter Nach § 36 Abs. 2 Ärzte-ZV sind die Patientenvertreterinnen und -vertreter in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V mit einer Ladungsfrist von zwei Wochen zur Sitzung des Zulassungsausschusses einzuladen. Fälle des § 140f Abs. 3 SGB V sind Entscheidungen der Zulassungsgremien über Sonderbedarfszulassungen zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung und über Ermächtigungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen. § 140f Abs. 3 S. 1 Hs. 1 SGB V räumt Patientenvertreterinnen und -vertretern ein Mitberatungsrecht, aber kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung ein. Zur Wahrnehmung des Mitberatungsrechts ist daher die Einladung der Patientenvertreterinnen und -vertreter zur Sitzung der Zulassungsgremien notwendig, was § 36 Abs. 2 Ärzte-ZV dementsprechend anordnet. Für die Einladung ist nicht der Vorsitzende des Zulassungsausschusses zuständig; die Einladung kann auch durch die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses vorgenommen werden. Dabei ist die Tagesordnung, die für die Patientenvertreterinnen und -vertreter von Bedeutung ist, offenzulegen. Die Patientenvertreterinnen und -vertreter haben keinen Anspruch darauf, eine vollständige Tagesordnung zu erhalten. Denn ihre Mitwirkung beschränkt sich auf Entscheidungen in den in § 140f Abs. 3 SGB V genannten Fällen. Ein insoweit entstehender Verfahrensmangel kann nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt werden; die Stellung der Patientenvertreterinnen und -vertreter ist demnach vergleichbar mit der Stellung der Verfahrensbeteiligten i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV. Dies folgt auch aus § 140f Abs. 3 S. 2 SGB V, wonach den Patientenvertreterinnen und -vertretern auch bei der Beschlussfassung ein Anwesenheitsrecht zugebilligt wird. Auf Grund des ihnen gesetzlich zugesprochenen Mitberatungsrechts sind sie gleichermaßen wie die Mitglieder der Zulassungsausschüsse berechtigt, in die Verwaltungsakte Einsicht zu nehmen9. Wollte man dies anders sehen, würde dies das Mitberatungsrecht in unzulässiger Weise verkürzen.
8 9
Wiesner a.a.O. So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1299.
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Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
§ 37 (1) Über Zulassungen und über die Entziehung von Zulassungen beschließt der Zulassungsausschuss nach mündlicher Verhandlung. In allen anderen Fällen kann der Zulassungsausschuss eine mündliche Verhandlung anberaumen. (2) Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen sowie die an dem Verfahren beteiligten Ärzte sind unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen zur mündlichen Verhandlung zu laden; die Ladung ist zuzustellen. Es kann auch in Abwesenheit Beteiligter verhandelt werden, falls in der Ladung darauf hingewiesen ist. Übersicht
Rz.
I. Obligatorische mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fakultative mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ladung der Verfahrensbeteiligten zur mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Obligatorische mündliche Verhandlung 1
Der Zulassungsausschuss darf nach § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV über die Erteilung von Zulassungen und deren Entziehung nur nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden. Eine vorherige mündliche Verhandlung ist hiernach obligatorischer Teil der Sitzung. Findet eine solche unter Verstoß gegen § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV nicht statt, liegt ein Verfahrensfehler vor, der allerdings nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt werden kann.
2
Nach dem Wortlaut des § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zwingend nur für die Fälle einer Zulassung oder einer Zulassungsentziehung angeordnet. Zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden Ärzte nach §§ 95 Abs. 2, 98 Abs. 2 Nr. 10 SGB V i.V.m. § 19 Ärzte-ZV sowie medizinische Versorgungszentren nach § 95 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 2 S. 5 SGB V. Um Zulassungsentscheidungen handelt es sich auch dann, wenn ein Arzt eine Zulassung im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V, eine beschränkte Zulassung auf der Grundlage des Abschnitts 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie zur Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft im Job-Sharing oder eine Zulassung im Sonderbedarf auf der Grundlage des Abschnitts 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie anstrebt.
3
Um eine Zulassung in diesem Sinne handelt es sich nicht in Fällen der Anstellung eines Arztes bei einem Vertragsarzt nach § 103 Abs. 4b i.V.m. § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V, nach § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, nach § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V i.V.m. § 32b Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV oder nach § 95 Abs. 9a SGB V i.V.m. § 32b Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, bzw. in Fällen der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum nach § 95 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 2 S. 6 SGB V, nach § 103 Abs. 4a SGB V, nach §§ 32b Abs. 1 S. 1, 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 9 SGB V oder nach §§ 32b Abs. 1 S. 1, 1 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 9a SGB V. In den vorgenannten Fällen ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung fakultativ.
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§ 37
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Auch Entscheidungen in Ermächtigungssachen1 oder in Verfahren über die Genehmigung einer Berufsausübungsgemeinschaft2 bedürfen nicht zwingend einer mündlichen Verhandlung nach § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV.
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Soweit einem zugelassenen Vertragsarzt oder einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum die Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 (und § 1 Abs. 3 Nr. 23) Ärzte-ZV ganz oder teilweise entzogen werden soll, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wiederum obligatorisch.
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II. Fakultative mündliche Verhandlung In allen anderen Fällen, für die § 37 Abs.1 S. 1 Ärzte-ZV keine obligatorische mündliche Verhandlung anordnet, liegt es im Ermessen des Zulassungsausschusses – nicht im Ermessen des Ausschussvorsitzenden –, eine mündliche Verhandlung vor seiner Entscheidung anzuberaumen. Eine Ermessensreduzierung auf Null kommt nicht in Betracht. Auch einem Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung muss der Zulassungsausschuss nicht folgen4. Wenn aber der Zulassungsausschuss eine mündliche Verhandlung anberaumt, hat er die für die obligatorische mündliche Verhandlung vorgesehenen Formalien einzuhalten. Denn auch eine fakultative mündliche Verhandlung ist Teil der Sitzung des Zulassungsausschusses.
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III. Ladung der Verfahrensbeteiligten zur mündlichen Verhandlung Nach § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV hat der Zulassungsausschuss die Verfahrensbeteiligten – die Norm nennt hier die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen, die Verbände der Ersatzkassen und die am Verfahren beteiligten Ärzte – zur obligatorischen oder fakultativen mündlichen Verhandlung einzuladen. Soweit von der Entscheidung, für die eine Zuständigkeit des Zulassungsausschusses begründet ist, mehrere Kassenärztliche Vereinigungen und Landesverbände der Krankenkassen und Verbände der Ersatzkassen betroffen sind – das ist immer dann der Fall, wenn die Entscheidung KV-übergreifend wirkt, bspw. bei der Bildung einer KV-übergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft –, sind alle beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen und Landesverbände der Krankenkassen und Verbände der Ersatzkassen zur mündlichen Verhandlung einzuladen. Denn sie sind Verfahrensbeteiligte i.S.d. § 12 SGB X. Der Kreis der beteiligten Ärzte i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV richtet sich im Übrigen nach § 12 SGB X. Beteiligte Ärzte in diesem 1 2
3 4
Wenngleich eine mündliche Verhandlung in Ermächtigungssachen wegen der notwendigen Bedarfsprüfung empfehlenswert erscheint. Ist damit aber zugleich eine Entscheidung über die Zulassung eines Arztes oder eines medizinischen Versorgungszentrums verbunden, bedarf jedenfalls diese Entscheidung einer vorherigen mündlichen Verhandlung. Im Falle eines medizinischen Versorgungszentrums. Soweit dies nicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs notwendig ist.
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Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
Sinne können Ärzte in ihrer Eigenschaft als Antragsteller5 oder als Antragsgegner6 (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) sein. Beteiligt können auch Ärzte sein, die von Amts wegen oder auf Antrag zum Verfahren hinzugezogen werden; Rechtsgrundlage für die Hinzuziehung ist § 12 Abs. 2 SGB X. Nach § 12 Abs. 2 SGB X hinzugezogene Ärzte sind nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB X Beteiligte bzw. „an dem Verfahren beteiligte Ärzte“ i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV. Es liegt nach § 12 Abs. 2 S. 1 SGB X im pflichtgemäßen Ermessen der Zulassungsgremien, Ärzte, deren rechtliche Interessen vom Ausgang des Verfahrens betroffen sein können7, als Beteiligte hinzuziehen8. Die Zulassungsgremien müssen hingegen Ärzte, für die der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung hat9, als Beteiligte nach § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X auf Antrag10 hinzuziehen; wird ein solcher Antrag nicht gestellt, steht dies einer Hinzuziehung indes nicht entgegen11. 8
Soweit es der Zulassungsausschuss versäumt, alle Beteiligten zur obligatorischen oder fakultativen mündlichen Verhandlung zu laden oder eine erforderliche Hinzuziehung unterlässt, kann dieser Mangel nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 6 SGB X geheilt werden.
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Bei der Einladung der Verfahrensbeteiligten zur mündlichen Verhandlung ist eine Ladungsfrist von zwei Wochen zu beachten. Die Zwei-Wochen-Frist ist auch dann zu wahren, wenn der Zulassungsausschuss auf der Grundlage des § 37 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV aus eigenem Ermessen eine mündliche Verhandlung anberaumt. Soweit die Zwei-Wochen-Frist nicht eingehalten worden ist, darf der Zulassungsausschuss in Fällen des § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV keinen Beschluss fassen. Dies gilt nur dann nicht, wenn alle Verfahrensbeteiligten trotz verspäteter Ladung erschienen sind und sich rügelos zur Sache einlassen. In Fällen des § 37 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV darf er nur dann einen Beschluss fassen, wenn entweder alle Verfahrensbeteiligten trotz verspäteter Ladung erschienen sind und sich rügelos zur Sache einlassen oder tatsächlich kein Verfahrensbeteiligter erschienen ist und der Zulassungsausschuss auf die Durchführung der fakultativen mündlichen Verhandlung verzichtet; erscheinen nach verspäteter Ladung nicht alle Verfahrensbeteiligten zur fakultativen mündlichen Verhandlung, sind die erschienen Verfahrensbeteiligten aber zur rügelosen 5
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Bspw. alle Bewerber in einem Nachbesetzungsverfahren; sie sind als Antragsteller Beteiligte nach § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X und nicht etwa nach § 12 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 SGB X „nur“ auf Antrag hinzuzuziehende Ärzte (so aber Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1307); so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, GesR 2006, 456, 457. Bspw. im Falle eines Antrages auf Zulassungsentziehung. Einzelheiten s. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 12, Rz. 9. Dies gilt insbesondere, wenn der Gegenstand des Verfahrens Potenzial für defensive Konkurrentenwidersprüche bzw. –klagen bietet. Einzelheiten bei von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 12, Rz. 13. Zur Unterstützung dieses Antragsrechts sind die Zulassungsgremien nach § 12 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 SGB X verpflichtet, entsprechend betroffene Ärzte, die ihnen bekannt sind, von dem Verfahren zu benachrichtigen (ggf. Heilung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 6 SGB X). So richtig: von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 12, Rz. 12, aber auch Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 12 SGB X, Rz. 13; a.A. BSG, Urt. v. 22.06.1983, 12 RK 73/82, BSGE 55, 160, 162.
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§ 37
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Einlassung bereit, ist dem Zulassungsausschuss aus Gründen der „Waffengleichheit“ gegenüber den nicht erschienenen Verfahrensbeteiligten gleichwohl eine Beschlussfassung verwehrt. Fasst der Zulassungsausschuss trotz Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist einen Beschluss, ohne dass einer der dargestellten Ausnahmefälle gegeben war, leidet der Beschluss in Fällen des § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV an einem Verfahrensmangel, der nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 6 SGB X geheilt werden kann. Die Ladung ist gem. § 65 Abs. 1 SGB X nach dem Verwaltungszustellungsgesetz und den einschlägigen landesrechtlichen Regelungen förmlich zuzustellen12.
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Nach einer form- und fristgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung ist der Zulassungsausschuss nach § 37 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV berechtigt, auch dann eine Entscheidung zu treffen, wenn nicht alle geladenen Verfahrensbeteiligten oder überhaupt kein Verfahrensbeteiligter zur mündlichen Verhandlung erscheinen, soweit der Zulassungsausschuss auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen hat. Fehlt ein solcher Hinweis, muss der Zulassungsausschuss seine Entscheidung vertagen. Anderenfalls liegt ein Verfahrensmangel vor, der nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt werden kann. Der Rückgriff auf § 37 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV setzt voraus, dass der Zulassungsausschuss die fristgerechte Ladung auch der nicht erschienenen Verfahrensbeteiligten feststellt. Fehlt es an einer fristgerechten Ladung, gelten die unter Rz. 9 dargestellten Grundsätze.
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Einzelheiten zur Zustellung s. Roos in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 65, Rz. 1ff. sowie Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 65 SGB X, Rz. 1ff.
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Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
§ 38 Über gebührenpflichtige Anträge wird erst nach Entrichtung der nach § 46 zu zahlenden Gebühr verhandelt. Wird die Gebühr nach Anforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingezahlt, so gilt der Antrag als zurückgenommen, es sei denn, der Vorsitzende stundet die Gebühr. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken. Übersicht Rz. I. Gebührenpflicht und Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Rücknahmefiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
I. Gebührenpflicht und Fälligkeit 1
Nach § 38 S. 1 Ärzte-ZV verhandelt der Zulassungsausschuss über einen gebührenpflichtigen Antrag erst nach Entrichtung der Gebühr. Ob ein Antrag, über den der Zulassungsausschuss zu befinden hat, gebührenpflichtig ist oder nicht, ergibt sich aus § 46 Ärzte-ZV1, auf den § 38 S. 1 Ärzte-ZV Bezug nimmt. § 46 Ärzte-ZV differenziert einerseits zwischen der Verfahrensgebühr in Abs. 1 und andererseits der Verwaltungsgebühr in Absatz 2. Insofern ist die Bezugnahme in § 38 S. 1 Ärzte-ZV ersichtlich auf § 46 Abs. 1 Ärzte-ZV zu beschränken. Dies deshalb, weil die Verwaltungsgebühren nach der Systematik in § 46 Abs. 2 Ärzte-ZV erst nach erfolgreichem2 Abschluss des Antragsverfahrens erhoben werden; bleibt das Antragsverfahren erfolglos, fällt die Verwaltungsgebühr nach § 46 Abs. 2 Ärzte-ZV nicht an.
2
§ 38 S. 1 Ärzte-ZV folgt der Bestimmung in § 46 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV, wonach die Verfahrensgebühren „mit der Stellung des Antrages“ fällig sind. Insofern ordnet § 38 S. 1 Ärzte-ZV konsequenterweise an, dass vor Zahlung der fälligen Verfahrensgebühr über den Antrag nicht verhandelt und – in der Folge – nicht entschieden wird. § 38 S. 1 Ärzte-ZV enthält keine eigenständige Fälligkeitsbestimmung; insoweit ist § 46 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV einschlägig. Aus dem Wortlaut des § 38 S. 1 Ärzte-ZV könnte der Schluss gezogen werden, der Zulassungsausschuss sei nicht nur berechtigt, über einen Antrag, für den die fällige Gebühr noch nicht entrichtet ist, nicht zu verhandeln und zu entscheiden, sondern es sei ihm sogar untersagt. Dagegen spricht § 38 S. 2 Ärzte-ZV, wonach der Vorsitzende des Zulassungsausschusses berechtigt ist, die Verfahrensgebühr zu stunden. Dann aber muss der Zulassungsausschuss auch berechtigt sein, über einen Antrag, für den die fällige Gebühr noch nicht entrichtet ist, zu verhandeln und auch zu entscheiden. Ein Verbot für den Zulassungsausschuss, über Anträge, für die die fällige Gebühr noch nicht entrichtet ist, zu verhandeln und zu entscheiden, kann aus § 38 S. 1 Ärzte-ZV nicht abgeleitet werden. Umgekehrt hat ein Antragsteller, der die nach § 46 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV fällige Verfahrensgebühr noch nicht entrichtet hat, nach § 38 S. 1 Ärzte-ZV keinen An1 2
S. hierzu § 46. Erfolgreich i.S.d. Antragstellung.
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spruch auf Verhandlung über seinen Antrag oder auf dessen Bescheidung. Eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG nach Ablauf von sechs Monaten seit Antragstellung wäre wegen des evident nach § 38 S. 1 Ärzte-ZV nicht bestehenden Verhandlungs- und Bescheidungsanspruchs des Antragstellers als rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung unzulässig3.
II. Rücknahmefiktion Die Erhebung einer Untätigkeitsklage ist nach § 38 S. 2 Ärzte-ZV von vorneherein ausgeschlossen, wenn trotz Anforderung die fällige Verfahrensgebühr innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist nicht entrichtet wird. Denn der Antrag gilt nach der gesetzlichen Fiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV als zurückgenommen, wenn mit der Anforderung der Verfahrensgebühr unter Nennung eines Zahlungsziels auf die mit der Nichteinhaltung der gesetzten Einzahlungsfrist verbundene Rechtsfolge hingewiesen wurde (§ 38 S. 3 Ärzte-ZV). Dem Antragsteller bleibt es in diesem Fall unbenommen, denselben Antrag mit demselben Inhalt erneut zu stellen. Die in Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs. 4 bis 6 SGB V im Zuge der Ausschreibung veröffentlichten Bewerbungsfristen hindern eine solche erneute Antragstellung jedenfalls dann nicht, wenn der Zulassungsausschuss über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes noch nicht entschieden hat4. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGG scheidet aus5, da es sich bei der Einzahlungsfrist nicht um eine gesetzlich angeordnete, sondern um eine behördlich vorgegebene Frist6 handelt; § 27 Abs. 1 S. 1 SGG findet aber nur bei Versäumung gesetzlicher Fristen Anwendung7.
3
Wird indes die Verfahrensgebühr vom Zulassungsausschuss nicht angefordert oder zwar angefordert, aber ohne Nennung einer Einzahlungsfrist, greift die Rücknahmefiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV nicht. Eine Untätigkeitsklage hilft – aus dem oben genannten Grund – allerdings auch dann nicht weiter.
4
Die vom Zulassungsausschuss mit der Anforderung verbundene Einzahlungsfrist darf nicht unangemessen kurz bemessen sein. Sie muss einerseits dem Antragsteller ausreichend Zeit belassen, damit er die Einzahlung der Verfahrensgebühr bewirken kann, andererseits darf sie nicht zu einer unangemessenen Verzögerung des Antragsverfahrens führen. In der Regel wird davon auszugehen sein, dass eine Einzahlungsfrist von zwei Wochen angemessen ist.
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Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 88, Rz. 4a. Der Zulassungsausschuss ist verpflichtet, auch nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingehende Bewerbungen auf den vakanten Vertragsarztsitz und damit verbundene Zulassungsanträge zu berücksichtigen (so jedenfalls SG Duisburg, Beschl. v. 01.09.2005, S 19 KA 25/05 ER, MedR 2006, 447). A.A. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1317f. Zur Unterscheidung zwischen gesetzlicher und behördlicher Frist s. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 26, Rz. 3f. Einzelheiten s. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 27, Rz. 4, sowie Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 27 SGB X, Rz. 3.
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Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
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Die Rücknahmefiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV greift nicht ein, wenn die Verfahrensgebühr entweder bereits mit Antragstellung oder nach entsprechender Anforderung innerhalb der gesetzten Frist „eingezahlt“ wird. Für die Rechtzeitigkeit der Einzahlung reicht es aus, wenn der Antragsteller alle notwendigen Veranlassungen getroffen hat, damit die Verfahrensgebühr auf dem entsprechenden Konto des Zulassungsausschusses bzw. der Kassenärztlichen Vereinigung gutgeschrieben werden kann. Auf den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Zulassungsausschusses bzw. der Kassenärztlichen Vereinigung kommt es nicht an8. Dies folgt aus der Terminologie in § 38 S. 2 Ärzte-ZV, wonach es auf die Einzahlung innerhalb der gesetzten Frist ankommt.
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Die Rücknahmefiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV greift auch dann nicht ein, wenn der Vorsitzende des Zulassungsausschusses die nach § 46 Abs. 1 Ärzte-ZV angefallene Verfahrensgebühr stundet. Stundung in diesem Sinne ist das Hinausschieben der Fälligkeit der Verfahrensgebühr bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung der Zahlungsverpflichtung9. Über die Stundung entscheidet allein der Vorsitzende des Zulassungsausschusses, nicht der Zulassungsausschuss selbst; dies folgt unmittelbar aus § 38 S. 2 Ärzte-ZV. Die Stundung der Verfahrensgebühr muss der Vorsitzende nicht von Amts wegen, sondern kann der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen auf Antrag gewähren. Die Gewährung einer Stundung bewirkt die Nichtanwendbarkeit der Rücknahmefiktion; der Antrag gilt – trotz der nicht fristgerechten Einzahlung der Verfahrensgebühr – weiterhin als gestellt. In diesem Fall hat der Antragsteller auch einen Anspruch auf Verhandlung über den Antrag. Anderenfalls würde die Gewährung einer Stundung lediglich die Rücknahmefiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV entfallen lassen, ohne dass der Antragsteller über den Weg einer Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG eine Bescheidung bewirken könnte. Die Stundung liefe dann aber faktisch ins Leere. Die gewährte Stundung wirkt sich demnach nicht nur auf die Fälligkeit der Verfahrensgebühr nach § 46 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV aus, sondern auch auf die Bestimmung in § 38 S. 1 Ärzte-ZV, die logische Folge der Fälligkeitsbestimmung nach § 46 S. 2 Ärzte-ZV ist.
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Die Rücknahmefiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV greift im Übrigen nicht ein, wenn der Zulassungsausschuss die Einzahlung der Verfahrensgebühr unter Fristsetzung anfordert, aber in dem Anforderungsschreiben nicht auf die Rücknahmefiktion des § 38 S. 2 Ärzte-ZV im Falle der Nichteinzahlung oder der nicht fristgerechten Einzahlung der Verfahrensgebühr hinweist. Dies folgt aus § 38 S. 3 Ärzte-ZV. Aus dem Unterlassen der in § 38 S. 3 Ärzte-ZV vom Verordnungsgeber geforderten Aufklärung durch den Zulassungsausschuss darf dem Antragsteller kein Rechtsnachteil entstehen.
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SG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.1993, S 2 Ka 69/93. BGH, Urt. v. 06.04.2000, IX ZR 2/98, NJW 2000, 2580, 2582.
Rothefuß
§ 39
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§ 39 (1) Der Zulassungsausschuss erhebt die ihm erforderlich erscheinenden Beweise. (2) Die vom Zulassungsausschuss herangezogenen Sachverständigen und Auskunftspersonen erhalten eine Vergütung oder Entschädigung entsprechend dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. Übersicht I. II. III. IV. V. VI.
Rz.
Untersuchungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitwirkungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweismittel und rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entschädigung von Sachverständigen und Auskunftspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Untersuchungsgrundsatz Auf der Grundlage des § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V, wonach die Zulassungsverordnungen Verfahrensvorschriften nach den Grundsätzen des Vorverfahrens in der Sozialgerichtsbarkeit enthalten müssen, greift § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV die Beweiserhebung heraus. Hiernach erhebt der Zulassungsausschuss die ihm erforderlich erscheinenden Beweise. Entsprechend der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V unterliegen die Zulassungsgremien damit der sozialrechtlichen Offizialmaxime. Die in den §§ 20 bis 22 SGB X in diesem Zusammenhang niedergelegten Grundsätze finden hiernach auch in den Verfahren vor den Zulassungsgremien Anwendung. Denn die Vorschriften des SGB X sind ergänzend anzuwenden1.
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II. Beweiserhebung Die Zulassungsgremien sind im Zuge des Untersuchungsgrundsatzes nach § 20 Abs. 1 SGB X von Amts wegen berechtigt und verpflichtet, den für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. Insoweit sind sie nach § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV berechtigt und verpflichtet, die für ihre Entscheidung notwendigen Beweise zu erheben. Die Formulierung „die ihm erforderlich erscheinenden Beweise“ ist auf der Grundlage des § 21 Abs. 1 S. 1 SGB X in dem Sinne auszulegen, dass der Zulassungsausschuss die Beweiserhebung nach pflichtgemäßem Ermessen zu leisten hat. Denn nur nach diesem Verständnis ist der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V, die die Ausrichtung nach den Grundsätzen des sozialgerichtlichen Vorverfahrens verlangt, Rechnung getragen. Der Zulassungsausschuss
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Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98 SGB V, Rz. 7.
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Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
darf hiernach nur über solche Fragen Beweis erheben, die beweisbedürftig2 und entscheidungserheblich3 sind. Eine Verletzung seines pflichtgemäßen Ermessens ist aber nur dann anzunehmen, wenn sich die Beweisbedürftigkeit und/oder Entscheidungserheblichkeit hätte aufdrängen müssen4. Zwar muss der Zulassungsausschuss nach § 20 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 SGB X Beweisanträgen keine Folge leisten. Beweisanträge, denen der Zulassungsausschuss nicht nachgegangen ist, können aber durchaus den Maßstab des pflichtgemäßen Ermessens im Zusammenhang mit der Beweisbedürftigkeit und/oder Entscheidungserheblichkeit beeinflussen. Eine Verletzung des pflichtgemäßen Ermessens insoweit ist aber nur dann erheblich, wenn nicht § 42 SGB X zur Anwendung kommt5.
III. Mitwirkungsobliegenheit 3
Freilich endet die Amtsermittlungspflicht dort, wo sie ohne eine Mitwirkung der Beteiligten nicht zum Ziel führen kann6. Denn nach § 21 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB X trifft die Beteiligten eine Obliegenheit zur Mitwirkung. Verletzt ein Beteiligter seine Obliegenheit zur Mitwirkung, kann der Zulassungsausschuss dies im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung7 berücksichtigen. Allerdings findet die Obliegenheit zur Mitwirkung dort ihre Grenzen, wo sie zur Verschlechterung der Position eines Beteiligten im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss führen oder anderweitige Nachteile begründen könnte8. Dies folgt aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber einen Mitwirkungszwang nicht angeordnet hat. Der Zulassungsausschuss darf die Weigerung zur Mitwirkung im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung jedenfalls dann nicht zum Nachteil des Beteiligten berücksichtigen, wenn den Zulassungsausschuss die Beweislast9 trifft. Anderenfalls könnte sich der Zulassungsausschuss der ihn treffenden Beweislast über diesen Weg entledigen10. So sind die Beteiligten nach § 21 Abs. 2 SGB X insbesondere nicht verpflichtet, vor dem Zulassungsausschuss persönlich zu erscheinen oder auszusagen; die Ärzte-ZV begründet keine auf der 2
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Da sich die Amtsermittlungspflicht auf die Behebung eigener Zweifel beschränkt (s. hierzu von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 20, Rz. 4), beschränkt sich die Beweiserhebungpflicht, aber auch das –recht hierauf. von Wulffen a.a.O. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 21, Rz. 3. BSG, Urt. v. 03.12.1998, B 7 Al 110/97 R, NZA-RR 1999, 330. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 20, Rz. 6 und § 21, Rz. 11 m.w.N.; Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 20 SGB X, Rz. 6. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 20, Rz. 8. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 21, Rz. 11. S. hierzu Rz. 5. Bspw. trifft den Zulassungsausschuss die Beweislast der Nichteignung nach § 20 Abs. 1 und 2 Ärzte-ZV (BSG, Urt. v. 09.06.1982, 6 RKa 26/80, BSGE 53, 291). Soweit der Antragsteller eine Erklärung nach § 18 Abs. 2 lit. d) Ärzte-ZV beigefügt hat, ist er seiner Mitwirkungsobliegenheit nach § 21 Abs. 2 S. 3 SGB X i.V.m. § 18 Abs. 2 lit. d) Ärzte-ZV nachgekommen. Der Zulassungsausschuss kann vom Antragsteller dann keine darüber hinausgehenden Nachweise verlangen und aus ihrer Nichtvorlage auf die Nichteignung des Antragstellers schließen. Dies gilt entsprechend für § 21 (Ungeeignetheit) und die Mitwirkungsobliegenheit nach § 21 Abs. 2 S. 3 SGB X i.V.m. § 18 Abs. 2 lit. e) Ärzte-ZV.
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§ 39
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Grundlage des § 21 Abs. 2 S. 3 SGB X vorgeschriebene Pflicht, so dass der Zulassungsausschuss die Weigerung eines Beteiligten auch nicht zu dessen Nachteil im Rahmen seiner Beweiswürdigung berücksichtigen darf11. Da nach den Vorschriften über das sozialgerichtliche Vorverfahren auch keine Pflicht für Zeugen besteht, vor dem Zulassungsausschuss zu erscheinen oder auszusagen, darf der Zulassungsausschuss das Nichterscheinen eines Zeugen oder dessen Aussageverweigerung nicht zum Nachteil von Beteiligten verwerten, insbesondere darf er auf eine entsprechende Beweiserhebung nicht verzichten, wenn er die Frage, über die Beweis erhoben werden soll, für entscheidungserheblich und beweisbedürftig hält; der Zulassungsausschuss muss dann den Weg des § 22 SGB X beschreiten.
IV. Beweismittel und rechtliches Gehör Der Zulassungsausschuss ist in der Wahl seiner Beweismittel frei. Dies folgt aus der Gesetzesformulierung in § 21 Abs. 1 S. 2 SGB X („insbesondere“)12. Einer Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme bedarf es folgerichtig nicht13. Aus § 24 Abs. 1 SGB X ist aber der Schluss zu ziehen, dass Beteiligte über Inhalt und Ergebnis von Beweiserhebungen – bspw. im Wege der Gestattung der Akteneinsicht nach § 25 SGB X – zu unterrichten sind, soweit nicht ein Fall des § 24 Abs. 2 SGB X vorliegt. Eine unterbliebene Unterrichtung kann im Widerspruchsverfahren auf der Grundlage des § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X allerdings nachgeholt werden.
4
V. Beweislast Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast14. Hiernach trägt jeder die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen15, sowohl für das Vorliegen der positiven als auch für das Fehlen der negativen Tatbestandsvoraussetzungen16. Weder die Ärzte-ZV noch das SGB X enthalten hiervon abweichende Beweislastregeln17.
11 12 13 14 15
16 17
So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1324. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 21, Rz. 5. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 21, Rz. 4. Einzelheiten hierzu s. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 20, Rz. 9; Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 20 SGB X, Rz. 10. Grundlegend: BSG, Urt. vom 02.09.1964, 11/1 RA 90/60. So bspw. BSG, Urt. v. 31.08.2005, B 6 KA 68/04 R, wonach Psychologische Psychotherapeuten, die die Eintragung in das Arztregister anstreben, für den notwendigen Fachkundenachweis die volle Beweislast tragen mit der Folge, dass „bei verbleibenden ernstlichen Zweifeln eine Eintragung in das Arztregister nicht erfolgen kann“. S. in diesem Zusammenhang auch BSG, Urt. v. 31.08.2005, B 6 KA 27/ 04 R und B 6 KA 59/04. So in anderem Zusammenhang (Gewährung einer Verletztenrente) auch BSG, Urt. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R. BSG Urt. v. 29.03.1963, 2 RU 75/61, BSGE 19, 52. von Wulffen a.a.O.
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Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
VI. Entschädigung von Sachverständigen und Auskunftspersonen 6
Sachverständige und Auskunftspersonen werden gem. § 39 Abs. 2 Ärzte-ZV nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz entschädigt. Die Entschädigung hiernach ist Teil der Kosten des Zulassungsausschusses und kann nicht den Beteiligten auferlegt werden18; solche Kosten sind mit den erhobenen Verfahrensgebühren abgegolten19. Der Zulassungsausschuss hat die Möglichkeit, abweichende Vereinbarungen mit Sachverständigen zu treffen20; § 39 Abs. 2 Ärzte-ZV schließt solche Vereinbarungen nicht aus, da nach der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB X die Grundsätze über das sozialgerichtliche Vorverfahren Anwendung finden sollen. Rechtsgrundlage für eine solche Vereinbarung ist hiernach § 21 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 SGB X.
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So auch Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1329. Dies folgt mittelbar auch aus § 64 Abs. 1 SGB X, wonach keine Gebühren und Auslagen erhoben werden. Insofern enthält die Ärzte-ZV mit der Erhebung von Verfahrens- und Verwaltungsgebühren nach § 46 eine abschließende Regelung; für die Auferlegung auch von Auslagen mangelt es schlicht an einer Rechtsgrundlage. Von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 21, Rz. 14.
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§ 40
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§ 40 Die Sitzung ist nicht öffentlich. Sie beginnt nach dem Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts durch den Vorsitzenden oder das von ihm als Berichterstatter bestellte Mitglied. Der Vorsitzende leitet die Verhandlung, Beratung und Abstimmung. Der Vorsitzende hat dahin zu wirken, dass der Sachverhalt ausreichend geklärt wird. Jedes Mitglied des Zulassungsausschusses kann sachdienliche Fragen und Anträge stellen. Übersicht Rz. I. Nichtöffentlichkeit der Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Leitung der Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 III. Mitwirkungsrechte der Ausschussmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
I. Nichtöffentlichkeit der Sitzung Nach § 40 S. 1 Ärzte-ZV gilt für Sitzungen des Zulassungsausschusses der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit. An der Sitzung des Zulassungsausschusses darf die Öffentlichkeit nicht teilnehmen. Für die Anwesenheit eines von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellten Schriftführers1 enthält § 41 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV eine Ausnahmebestimmung, die sich systematisch nur auf § 41 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, d.h. die Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses bezieht. Nach ihrem Sinn und Zweck ist § 41 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV aber dahingehend auszulegen, daß ein von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellter Schriftführer in der gesamten Sitzung des Zulassungsausschusses anwesend sein darf. Denn der Schriftführer zeichnet für die nach § 42 S. 1 Ärzte-ZV zu erstellende Niederschrift Verantwortung, deren grundsätzlicher Inhalt in § 42 S. 2 Ärzte-ZV umschrieben wird. Zum Inhalt der Niederschrift gehören nicht nur Punkte aus der Beratung und Beschlussfassung, sondern aus jedem Stadium der Sitzung des Zulassungsausschusses. Insofern gilt § 40 S. 1 Ärzte-ZV für den von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellten Schriftführer in erweiternder Auslegung des § 41 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV für die gesamte Sitzung des Zulassungsausschusses nicht.
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Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit bezieht sich auf jeden Teil der Sitzung des Zulassungsausschusses, die nach § 40 S. 2 Ärzte-ZV mit dem Aufruf der Sache beginnt und mit der mündlichen Bekanntgabe der nach Beratung getroffenen Entscheidung des Zulassungsausschusses endet. Mit dem Aufruf der Sache ist demnach Nichtöffentlichkeit herzustellen. Alle Personen, die nicht als Mitglied dem Zulassungsausschuss angehören, nicht als Beteiligte des Verfahrens nach § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV oder deren Bevollmächtigte2 und nicht als in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V zur Mitwirkung berechtigte Patientenvertreter3 nach § 36 Abs. 2
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Der Schriftführer ist kein Mitglied des Zulassungsausschusses (arg. e § 34 Abs. 1 Ärzte-ZV). Dies folgt aus § 13 Abs. 1 SGB X. Nach § 41 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV nehmen die Patientenvertreter an den Sitzungen des Zulassungsausschusses in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V teil.
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Abschnitt XI
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Ärzte-ZV zur Sitzung geladen4 und nicht als Schriftführer gestellt worden sind, sind des Sitzungsraumes zu verweisen. Dies gilt auch für solche Personen, die vom Zulassungsausschuss weder von Amts wegen noch auf Antrag zum Verfahren hinzugezogen worden sind, selbst wenn die unterbliebene Hinzuziehung rechtsfehlerhaft ist. Dies deshalb, weil die Beteiligteneigenschaft nach der Definition in § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB X von der tatsächlichen Hinzuziehung, die im pflichtgemäßen Ermessen des Zulassungsausschusses liegt, und nicht von dem Anspruch auf Hinzuziehung abhängig ist5. Das Anwesenheitsrecht der vom Grundsatz der Nichtöffentlichkeit nicht betroffenen Personen in Sitzungen des Zulassungsausschusses gilt allerdings für den Sitzungsteil der Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses nach § 41 Abs. 1 Ärzte-ZV für Verfahrensbeteiligte i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB X nicht6. Soweit der Zulassungsausschuss auf der Grundlage des § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV zur Beweiserhebung Zeugen, Sachverständige oder sonstige Auskunftspersonen lädt, ist der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit für den Sitzungsteil der Beweiserhebung durch die Anwesenheit solcher Personen in der Sitzung nicht verletzt. Zeugen, Sachverständige und sonstige Auskunftspersonen müssen aber nach Abschluss ihrer jeweiligen Vernehmung den Sitzungsraum verlassen7. 3
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit führt nicht zur Nichtigkeit des in dieser Sitzung erlassenen Verwaltungsaktes des Zulassungsausschusses. Wenn schon die Mitwirkung einer nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 6 SGB X ausgeschlossenen Person an einem Verwaltungsakt nach § 40 Abs. 3 Nr. 2 SGB X nicht zu dessen Nichtigkeit führt, gilt dies erst recht, wenn in der nicht öffentlichen Sitzung des Zulassungsausschusses eine wegen des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit nicht zur Anwesenheit berechtigte Person lediglich zugegen ist. Vielmehr kann die Aufhebung eines unter Missachtung dieser Verfahrensvorschrift erlassenen Verwaltungsaktes nach § 42 S. 1 SGB X nicht allein deshalb beansprucht werden.
II. Leitung der Sitzung 4
Jede Sitzung des Zulassungsausschusses beginnt nach § 40 S. 2 Ärzte-ZV mit dem Aufruf der Sache und der Darstellung des Sachverhalts. Dies gilt unabhängig davon, ob eine mündliche Verhandlung Teil der Sitzung des Zulassungsausschusses ist oder nicht. Sinn und Zweck der einführenden Darstellung des Sachverhalts ist die Information aller zulässigerweise Anwesenden über den aktuellen Sach- und ggf. Streitstand zum jeweiligen Verfahrensgegenstand, über den der Zulassungsausschuss entscheiden soll. Ein solches Informationsbedürfnis besteht nicht nur im 4
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Die Ladung als solche ist aber keine Voraussetzung für die Wahrnehmung des Anwesenheitsrechts. Wird ein Verfahrensbeteiligter irrtümlich nicht zur Sitzung geladen, kann er seine Teilnahme an der Sitzung gleichwohl beanspruchen, auch wenn er keine Ladung erhalten hat. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 12, Rz. 10 S. hierzu Rz. 2. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1336
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Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sondern für die Mitglieder des Zulassungsausschusses gerade auch in Sitzungen ohne mündliche Verhandlung. Zum einen müssen die Mitglieder den Sachverhalt kennen, über den sie eine Entscheidung treffen sollen. Zum anderen können sie nur in Kenntnis des Sachverhalts ihre Mitwirkungsrechte ausüben und ihrer Mitwirkungspflicht gerecht werden. Ein Verstoß hiergegen ist ein Verfahrensfehler, der aber nach § 42 S. 1 SGB X nicht notwendigerweise einen Anspruch auf Aufhebung des erlassenen Verwaltungsaktes begründet. Die Darstellung des Sachverhalts8 ist Aufgabe des Vorsitzenden des Zulassungsausschusses. Nach § 40 S. 2 Ärzte-ZV kann er die Darstellung des Sachverhalts auf den von ihm bestellten Berichterstatter delegieren. Ein vom Vorsitzenden bestellter Berichterstatter muss Mitglied des tagenden Zulassungsausschusses sein9. Der Vorsitzende kann beispielsweise nicht den Schriftführer oder nach § 140f Abs. 3 SGB V beteiligte Patientenvertreter mit der Darstellung des Sachverhalts beauftragen. Ein Verstoß hiergegen ist ein Verfahrensfehler, der aber nach § 42 S. 1 SGB X nicht notwendigerweise einen Anspruch auf Aufhebung des erlassenen Verwaltungsaktes begründet.
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In seiner Eigenschaft als Vorsitzender leitet dieser nach § 40 S. 3 Ärzte-ZV die Sitzung des Zulassungsausschusses ab ihrem Beginn bis zum Sitzungsende, demnach in jedem Sitzungsteil10. Der Vorsitzende des Zulassungsausschusses ist – mit Ausnahme seines Rechts auf Übertragung der Sachverhaltsdarstellung auf einen Berichterstatter – nicht befugt, die Sitzungsleitung ganz oder teilweise einem anderen Mitglied des Zulassungsausschusses oder gar einem Nichtmitglied zu überlassen. Ein Verstoß hiergegen ist ein Verfahrensfehler, der nach § 42 S. 1 SGB X nicht notwendigerweise einen Anspruch auf Aufhebung des erlassenen Verwaltungsaktes begründet.
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Der Umfang der Sitzungsleitung ist unter Heranziehung von § 112 SGG zu bestimmen. Zur Sitzungsleitung gehört hiernach insbesondere die Sicherung eines ordnungsgemäßen Sitzungsablaufs, die Feststellung der Einhaltung der Formalien, die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, die Erteilung des Wortes, die Bekanntgabe der Entscheidung usw.11. Es ist auch Verantwortung des Vorsitzenden, für eine ausreichende Sachverhaltsklärung Sorge zu tragen; § 40 S. 4 Ärzte-ZV bestimmt dies ausdrücklich. Die Sachverhaltsklärung ist Bestandteil einer ordnungsgemäßen Sitzungsleitung12.
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Hierdurch soll deutlich gemacht werden, von welchem Sachverhalt der Zulassungsausschuss ausgeht; für das sozialgerichtliche Verfahren s. hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig, Keller/ Leitherer (Hrsg.), SGG, § 112, Rz. 5a. Die Terminologie „Berichterstatter“, die sozialrechtlich in § 155 SGG ihre Grundlage findet, unterstreicht dieses Verständnis. Denn Berichterstatter eines Senats am Landessozialgericht kann nur ein Senatsmitglied sein. Aufruf der Sache, Darstellung des Sachverhalts, Verhandlung mit Anhörung der Verfahrensbeteiligten, Beweisaufnahme und Antragstellung, Beratung, Abstimmung und Beschlussfassung, Bekanntgabe der Entscheidung. Einzelheiten s. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 112, Rz. 3. Leitherer a.a.O.
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Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
III. Mitwirkungsrechte der Ausschussmitglieder 8
§ 40 S. 5 Ärzte-ZV räumt den Mitgliedern des Zulassungsausschusses ein eigenes Frage- und Antragsrecht ein. Das Fragerecht ist hinsichtlich der Person des Befragten nicht eingeschränkt. Hiernach kann jedes Mitglied sowohl Verfahrensbeteiligte, als auch Zeugen, Sachverständige oder sonstige Auskunftspersonen, aber auch andere Mitglieder des Zulassungsausschusses oder zur Mitberatung berechtigte Patientenvertreter befragen. Das Antragsrecht indes beschränkt sich ersichtlich auf verfahrensleitende Anträge13. § 40 S. 5 Ärzte-ZV gesteht den Mitgliedern des Zulassungsausschusses kein materiell-rechtliches Antragsrecht zu. Dies ergibt sich zum einen aus der systematischen Stellung des § 40 S. 5 Ärzte-ZV in Abschnitt XI der Ärzte-ZV. Zum anderen ist der Zulassungsausschuss Adressat materiell-rechtlicher Anträge. Seine Mitglieder können nicht gleichzeitig Antragsteller sein, da sie dann nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X Verfahrensbeteiligte wären und sie auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB X an der Entscheidung des Zulassungsausschusses nicht mitwirken dürften14.
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Die Mitglieder des Zulassungsausschusses sind berechtigt, ihr Frage- und Antragsrecht unmittelbar auszuüben15. Hierzu hat der Vorsitzende des Zulassungsausschusses im Rahmen seiner Sitzungsleitung Gelegenheit zu geben. Der Verordnungsgeber gesteht das Frage- und Antragsrecht indes nicht uneingeschränkt zu. Vielmehr müssen die Fragen und Anträge sachdienlich sein. Fragen und Anträge sind nur sachdienlich, wenn sie für die Entscheidung des Zulassungsausschusses von Bedeutung sind. Dies ist insbesondere im Rahmen einer Beweisaufnahme zu beachten. Sachdienlich sind Fragen an Zeugen, Sachverständige oder sonstige Auskunftspersonen nur dann, wenn sie zur Sache selbst und zum Beweisthema gehören und es sich nicht um Suggestivfragen handelt16. Im Rahmen seiner Sitzungsleitung kommt die Entscheidung, ob eine Frage oder ein Antrag sachdienlich ist, primär dem Vorsitzenden des Zulassungsausschusses zu. Im Zweifel ist über die Zulässigkeit eines Antrages oder einer Frage durch den Zulassungsausschuss zu befinden17. Soweit eine nicht sachdienliche Frage oder ein nicht sachdienlicher Antrag nicht zurückgewiesen worden ist, liegt ein Verfahrensfehler vor, der nach § 42 S. 1 SGB X allerdings nicht notwendigerweise einen Anspruch auf Aufhebung des erlassenen Verwaltungsaktes begründet.
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Bspw. Antrag auf Vertagung, Beweiserhebung, Ladung von Zeugen, Sachverständigen oder sonstigen Auskunftspersonen. Unter Mitwirkung eines Beteiligten gefasste Beschlüsse des Zulassungsausschusses sind in aller Regel nach § 40 Abs. 1 SGB X nichtig; s. hierzu Roos in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 40, Rz. 19. Dies ist in § 116 S. 2 SGG für Beteiligte anders geregelt; dort sind sachdienliche Fragen über den Vorsitzenden zu stellen. Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 116, Rz. 5. Es besteht keine Veranlassung, verfahrensrechtlich hier einen Unterschied zwischen Sozialgericht und Zulassungsausschuss zu begründen.
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§ 41
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§ 41 (1) Beratung und Beschlussfassung erfolgen in Abwesenheit der am Verfahren Beteiligten. Die Anwesenheit eines von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellten Schriftführers für den Zulassungsausschuss ist zulässig. In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nehmen die Patientenvertreterinnen und -vertreter mit beratender Stimme an den Sitzungen teil; sie haben ein Recht auf Anwesenheit bei der Beschlussfassung. (2) Beschlüsse können nur bei vollständiger Besetzung des Zulassungsausschusses gefasst werden. Stimmenthaltung ist unzulässig. (3) Über den Hergang der Beratungen und über das Stimmenverhältnis ist Stillschweigen zu bewahren. (4) Das Ergebnis des Verfahrens ist in einem Beschluss niederzulegen. In dem Beschluss sind die Bezeichnung des Zulassungsausschusses, die an der Beschlussfassung beteiligten Mitglieder und der Tag der Beschlussfassung anzugeben. Der Beschluss ist mit Gründen zu versehen und vom Vorsitzenden und je einem Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen zu unterzeichnen. Dem Beschluss ist eine Belehrung über die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Berufungsausschusses beizufügen. (5) Den Beteiligten wird alsbald je eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt; eine weitere Ausfertigung erhält die Kassenärztliche Vereinigung für die Registerakten. In den Fällen des § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erhalten die Patientenvertreterinnen und -vertreter eine Abschrift des Beschlusses. Der Zulassungsausschuss kann beschließen, dass auch andere Stellen Abschriften des Beschlusses erhalten, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen. (6) (aufgehoben) Übersicht I. II. III. IV. V.
Rz.
Anwesenheit während der Beratung und Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Besetzung bei Beschlussfassung, Stimmenthaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Geheimhaltungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Beschluss und sein Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Zustellung des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
I. Anwesenheit während der Beratung und Beschlussfassung Die Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses ist Teil seiner Sitzung. Für die Beratung und Beschlussfassung gelten daher alle Verfahrens- und Formvorschriften, die für die Sitzung des Zulassungsausschusses einschlägig sind; dies gilt nur dann nicht, wenn die Ärzte-ZV für den Sitzungsteil der Beratung und Beschlussfassung Ausnahmen anordnet. § 41 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV enthält eine solche Ausnahmevorschrift. Hiernach ist den Beteiligten des Verfahrens eine Anwesenheit während der Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses
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Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
nicht gestattet. Vor Beginn des Sitzungsteils der Beratung und Beschlussfassung müssen die Beteiligten des Verfahrens den Sitzungsraum verlassen. Hierauf hat der Vorsitzende des Zulassungsausschusses im Rahmen seiner Sitzungsleitung hinzuwirken. Beteiligte in diesem Sinne sind die in § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB X genannten Personen und Institutionen. 2
Zur Anwesenheit auch während der Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses berechtigt, ist nach § 41 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV der von der Kassenärztlichen Vereinigung gestellte Schriftführer. Er ist aber nicht zur Mitberatung – in welcher Form auch immer – berechtigt. Seine Anwesenheit während der Beratung und Beschlussfassung dient lediglich der Vervollständigung der von ihm zu erstellenden Sitzungsniederschrift1.
3
Nach § 41 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 Ärzte-ZV sind in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V auch die Patientenvertreter zur Teilnahme an der Sitzung berechtigt. § 41 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Ärzte-ZV gesteht den Patientenvertretern dann auch ein Anwesenheitsrecht während der Beschlussfassung zu. § 41 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 Ärzte-ZV ist an sich überflüssig, da die Regelung lediglich eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringt und sich das Anwesenheitsrecht der Patientenvertreter während der Sitzung ohne weiteres aus § 36 Abs. 2 Ärzte-ZV ableiten lässt. Zudem hat § 41 Abs. 1 ÄrzteZV gesetzessystematisch die Anwesenheitsrechte der am Verfahren vor dem Zulassungsausschuss – im weiteren Sinn2 – Beteiligten während des Sitzungsteils der Beratung und Beschlussfassung und nicht während der gesamten Sitzung zum Regelungsgegenstand. Nach § 41 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 Ärzte-ZV nehmen die Patientenvertreter in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V „mit beratender Stimme an den Sitzungen“ teil. Auch hieraus kann § 41 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 Ärzte-ZV kein eigenständiger Regelungscharakter zugestanden werden, da dort nur wiederholt wird, was § 140f Abs. 3 S. 1 Hs. 1 SGB V ohnehin anordnet. § 41 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 Ärzte-ZV weist den Patientenvertretern mit dieser Formulierung kein eigenständiges Antrags- oder Stimmrecht zu3. Es bleibt bei einem bloßen Mitberatungsrecht der Patientenvertreter, da für die Zuweisung eines Stimmrechts schlicht eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage fehlt.
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Da § 41 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zwischen Beratung und Beschlussfassung jedenfalls terminologisch differenziert, könnte aus der Formulierung in § 41 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 Ärzte-ZV der Schluss gezogen werden, den in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V zur Mitberatung berechtigten Patientenvertretern sei die Anwesenheit lediglich während der Beschlussfassung des Zulassungsausschusses und nicht auch während dessen Beratung gestattet. Diese Auslegung nach dem Wortlaut der Regelung widerspricht aber dem Sinn und Zweck der gesetzlich angeordneten Beteiligung von Patientenvertretern in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V. Denn nach § 140f Abs. 3 S. 1 und 2 SGB V sind die Patientenvertreter in den dort genannten Fällen zur Mitberatung berechtigt. Das Recht zur Mitberatung würde unterminiert, wenn den Pa1 2 3
Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1341. Nicht Beteiligte i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 12 Abs. SGB X. Hess in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 140f SGB V, Rz. 15.
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tientenvertretern gerade während des Sitzungsteils der Beratung des Zulassungsausschusses ein Anwesenheitsrecht nicht zugestanden wird. Hiernach ist den in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V zur Mitberatung berechtigten Patientenvertretern nicht nur bei der Beschlussfassung, sondern auch bei der Beratung des Zulassungsausschusses ein Anwesenheitsrecht zuzuerkennen. Das Anwesenheitsrecht der Patientenvertreter steht und fällt mit ihrem Recht zur Mitberatung, das auf die Fälle des § 140f Abs. 3 SGB V beschränkt ist. Soweit also der Zulassungsausschuss über keinen Fall des § 140f Abs. 3 SGB V verhandelt und entscheidet, entfällt das Anwesenheitsrecht der Patientenvertreter für diese Sitzung vollständig; auch für die Patientenvertreter greift dann der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit nach § 40 S. 1 Ärzte-ZV. Ein Verstoß gegen Anwesenheitsgebote und/oder -verbote nach § 41 Abs. 1 ÄrzteZV während der Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses führt nicht zur Nichtigkeit des in dieser Sitzung erlassenen Verwaltungsaktes des Zulassungsausschusses. Wenn schon die Mitwirkung einer nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 6 SGB X ausgeschlossenen Person an einem Verwaltungsakt nach § 40 Abs. 3 Nr. 2 SGB X nicht zu dessen Nichtigkeit führt, gilt dies erst recht, wenn im Stadium der Beratung und Beschlussfassung gegen Anwesenheitsgebote und/oder -verbote verstoßen wird. Vielmehr kann die Aufhebung eines unter Missachtung dieser Verfahrensvorschrift erlassenen Verwaltungsaktes nach § 42 S. 1 SGB X nicht allein deshalb beansprucht werden. Im Falle eines Verstoßes gegen Anwesenheitsrechte kann der Verfahrensfehler auch nach § 41 SGB X geheilt werden4.
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II. Besetzung bei Beschlussfassung, Stimmenthaltung Nach § 41 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV muss der Zulassungsausschuss bei der Beschlussfassung i.S.d. § 34 Abs. 1 Ärzte-ZV vollständig besetzt sein5. Die sechs Mitglieder des Zulassungsausschusses müssen bei der Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt persönlich anwesend sein. Eine Stimmabgabe durch einen bevollmächtigten Vertreter ist ebensowenig statthaft wie eine schriftliche Beteiligung an der Beschlussfassung. Soweit ein Mitglied des Zulassungsausschusses nach § 16 Abs. 1 SGB X vom Verfahren ausgeschlossen ist, muss für ihn ein nach § 34 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Ärzte-ZV bestellter Vertreter an der Beschlussfassung persönlich teilnehmen, damit die Vollständigkeit der Besetzung des Zulassungsausschusses gegeben ist. § 41 Abs. 2 Ärzte-ZV ergänzt insoweit § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV.
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Allerdings führt ein Verstoß gegen § 41 Abs. 2 Ärzte-ZV nicht zur Nichtigkeit des gefassten Beschlusses. Wenn schon die Mitwirkung einer nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 6 SGB X ausgeschlossenen Person an einem Verwaltungsakt nach § 40 Abs. 3 Nr. 2 SGB X nicht zu dessen Nichtigkeit führt, gilt dies erst recht, wenn der Zulas-
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§ 41 und § 42 SGB X sind nebeneinander anwendbar; es besteht kein Verhältnis der Subsidiarität (s. Wiesner in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 42, Rz. 11; Steinwedel in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 41 SGB X, Rz. 6). S. hierzu § 34, Rz. 6ff.
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Abschnitt XI
Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
sungsausschuss bei der Beschlussfassung nicht vollständig besetzt war. Der Mangel kann nach § 41 Abs. 1 Nr. 4 SGB X geheilt werden6. 8
Den Mitgliedern des Zulassungsausschusses ist es nach § 41 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV nicht gestattet, sich bei der Beschlussfassung der Stimme zu enthalten. Hiernach muss jedes Mitglied des Zulassungsausschusses ein positives oder negatives Votum abgeben. Für die Annahme eines Antrages reicht nach § 96 Abs. 2 S. 6 Hs. 1 SGB V einfache Stimmenmehrheit aus. Im Falle der Stimmengleichheit gilt nach § 96 Abs. 2 S. 6 Hs. 2 SGB V ein Antrag als abgelehnt. Der Stimme des Vorsitzenden des Zulassungsausschusses wird kein höheres Gewicht zuerkannt, so dass es ohne Belang ist, ob ein Vertreter der Ärzte oder ein Vertreter der Krankenkassen den Vorsitz innehat.
III. Geheimhaltungspflicht 9
Nach § 41 Abs. 3 Ärzte-ZV darf weder der Inhalt der Beratungen des Zulassungsausschusses noch das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben werden. Die Pflicht, über diese Punkte Stillschweigen zu bewahren, trifft neben den Mitgliedern des Zulassungsausschusses die übrigen zur Anwesenheit während der Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses Berechtigten. Die Pflicht trifft nicht solche Personen, die zu Unrecht während der Beratung und Beschlussfassung anwesend waren, da diese nicht Adressat der Regelung des § 41 Abs. 3 Ärzte-ZV sind.
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Hiernach dürfen die Verfahrensbeteiligten über Beratungsinhalte und Abstimmungsergebnisse nicht in Kenntnis gesetzt werden. Deshalb müssen in die Niederschrift nach § 42 S. 2 Ärzte-ZV auch weder Beratungsinhalte noch Abstimmungsergebnisse aufgenommen werden. Im Umkehrschluss verbietet § 41 Abs. 3 ÄrzteZV die Aufnahme dieser Punkte in die Niederschrift, denn anderenfalls könnte Stillschweigen hierüber gegenüber den Verfahrensbeteiligten nicht erreicht werden. Schließlich ist die Sitzungsniederschrift Bestandteil der Verwaltungsakte und als solche der Einsichtnahme zugänglich7.
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§ 41 Abs. 3 Ärzte-ZV betrifft nicht die allgemeine Geheimhaltungspflicht, die die Mitglieder des Zulassungsausschusses, der Schriftführer und die in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V beteiligten Patientenvertreter erfüllen müssen. Diese allgemeine Geheimhaltungspflicht folgt ohne weiteres aus der Tatsache, dass Sitzungen des Zulassungsausschusses nach § 40 S. 1 Ärzte-ZV nicht öffentlich sind.
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Wiesner in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 41, Rz. 9: § 41 Abs. 1 Nr. 4 SGB X ist auch dann einschlägig, wenn ein Beschluss gefasst wurde, der Zulassungsausschuss aber nicht vollständig besetzt war. S. hierzu § 42, Rz. 6.
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IV. Beschluss und Inhalt des Beschlusses Die von den Mitgliedern des Zulassungsausschusses getroffenen Sachentscheidungen8 sind in einem schriftlichen Beschluss niederzulegen. Der Beschluss ist eine von der Sitzungsniederschrift zu trennende Urkunde. Zwar soll nach § 42 S. 2 Ärzte-ZV auch die Niederschrift den in der Sitzung gefassten Beschluss enthalten. Der Niederschrift kommt aber lediglich die Aufgabe zu, die wesentlichen Eckdaten einer Sitzung des Zulassungsausschusses zu dokumentieren. Der eigentliche Beschluss muss inhaltlich über das hinausgehen, was in der Niederschrift der Sitzung als Beschluss festgehalten ist. Beschluss i.S.d. § 42 S. 2 Ärzte-ZV meint lediglich die Dokumentation des gefassten Tenors der Entscheidung. Insofern ist die Terminologie in § 42 S. 2 Ärzte-ZV missverständlich.
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§ 41 Abs. 4 Ärzte-ZV benennt im Einzelnen die Form und die notwendigen Inhalte eines Beschlusses. Aus § 41 Abs. 4 S. 3 Ärzte-ZV ist zunächst zu schließen, dass der gefasste Beschluss der Schriftform bedarf 9. Denn der Beschluss ist hiernach von dem Vorsitzenden des Zulassungsausschusses und je einem Vertreter der Ärzte und Krankenkassen zu unterzeichnen. Ein Verstoß gegen das hieraus abzuleitende Schriftformerfordernis hat die Nichtigkeit der Entscheidung zur Folge10. Soweit der Beschluss später als fünf Monate nach der Beschlussfassung abgefasst wird, gilt er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als nicht mit Gründen versehen und ist damit rechtswidrig11, wenngleich dann immer noch eine Heilung nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X – und zwar nach § 41 Abs. 2 SGB X bis zur letzten sozialgerichtlichen Tatsacheninstanz – möglich ist.
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§ 41 Abs. 4 S. 3 Ärzte-ZV konkretisiert für das Verfahren vor dem Zulassungsausschuss die Regelung des § 33 Abs. 3 S. 1 SGB X12. Zur Unterzeichnung berechtigt und verpflichtet ist das Mitglied des Zulassungsausschusses, das in der beschlussfassenden Sitzung den Vorsitz innehatte. Denn ihm oblag auch die Sitzungsleitung. Wechselt der Vorsitz nach der Sitzung, aber vor der schriftlichen Abfassung des Beschlusses, bleibt für die Unterzeichnung weiterhin das Mitglied zuständig, das die Funktion des Vorsitzenden in der Sitzung wahrgenommen hat. Anderenfalls würden sich Sitzungsniederschrift und die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses widersprechen. Ein insoweit auftretender Mangel führt aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses13.
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Der Beschluss hat den beschlussfassenden Zulassungsausschuss zu bezeichnen. Dies ergibt sich ohnedies aus § 33 Abs. 3 S. 1 SGB X als Teil des Bestimmtheits-
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Bloße verfahrensleitende Entscheidungen – wie bspw. Vertagung, Anordnung von Beweiserhebungen u.ä. – bedürfen keiner schriftlichen Beschlussfassung i.S.d. § 41 Abs. 4 Ärzte-ZV, da sie keinem Rechtsbehelf zugänglich sind. Die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses wird in der Praxis als Bescheid bezeichnet (Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1347). Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 33, Rz. 24. BSG, Urt. v. 18.10.1995, 6 RKa 38/94, BSGE 76, 300. Hiernach ist als Teil seiner Bestimmtheit auf einem Verwaltungsakt der Name oder die Unterschrift des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten anzugeben. BSG, Urt. v. 04.10.1994, 7 KlAr 1/93, BSGE 75, 97, 111.
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erfordernisses eines Verwaltungsaktes14. Fehlt diese Angabe, ist der Beschluss nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB X nichtig. Eine Heilung kann nachträglich auch nicht durch den Widerspruchsbescheid herbeigeführt werden15, denn § 41 SGB X ist im Falle von nach § 40 SGB X nichtigen Verwaltungsakten nicht anwendbar. 16
In die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses sind die Namen der an der Beschlussfassung mitwirkenden Mitglieder des Zulassungsausschusses sowie der Tag der Beschlussfassung aufzunehmen. Soweit die Namenswiedergabe unvollständig oder fehlerhaft ist oder der Tag der Beschlussfassung nicht oder falsch aufgenommen wird, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses16.
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Der Beschluss besteht weiter aus einem Tenor im Sinne eines Entscheidungssatzes. Der Tenor muss in sich widerspruchsfrei sein17. Dies folgt aus dem Erfordernis der Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes. Für den verständigen Beteiligten muss der Wille des Zulassungsausschusses eindeutig erkennbar sein. Der Entscheidungssatz ist auslegungsfähig. Zur Auslegung können auch die Entscheidungsgründe herangezogen werden. Unklarheiten gehen zu Lasten des Zulassungsausschusses18. Es ist indes ausreichend, wenn Bestimmtheit des Entscheidungssatzes im Widerspruchsbescheid hergestellt wird, zumal der Berufungsausschuss im Falle eines Widerspruchs allein funktionell zuständig wird19.
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In die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses ist nach § 41 Abs. 4 S. 3 Ärzte-ZV eine Begründung des Zulassungsausschusses für die getroffene Entscheidung aufzunehmen. Die Begründung muss dabei inhaltlich den Anforderungen nach § 35 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB X genügen. Bei gebundenen Verwaltungsakten sind die tragenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe, bei Ermessensentscheidungen darüber hinaus die im Rahmen des Ermessens berücksichtigten und nicht berücksichtigten Aspekte anzuführen. Fehlt die Begründung oder ist sie mangelhaft, führt dies weder bei gebundenen Entscheidungen noch bei Ermessenentscheidungen zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes20. Der Mangel kann dann nach § 41 Abs. 1 S. 2 SGB X bis zur letzten sozialgerichtlichen Tatsacheninstanz durch ordnungsgemäße Begründung geheilt werden21. In Verfahren vor den Zulassungsausschüssen haben im Übrigen die Ausnahmetatbestände nach § 35 Abs. 2 SGB X keine Praxisrelevanz.
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Schließlich ist in die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses nach § 41 Abs. 4 S. 4 Ärzte-ZV eine Rechtsbehelfsbelehrung aufzunehmen bzw. ist dem Beschluss eine solche beizufügen. Der Adressat des Beschlusses ist dort darüber zu belehren, welcher Rechtsbehelf zulässig ist, innerhalb welcher Frist der Rechtsbehelf einzulegen ist und wo der für den Rechtsbehelf zuständige Berufungsausschuss seinen Sitz hat. 14 15 16 17 18 19 20 21
Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 33, Rz. 21. Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 33, Rz. 24. BSG a.a.O. BSG, Urt. v. 15.05.2002, SozR 3-2500 § 85 SGB X Nr. 36. Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 33, Rz. 3f. BSG, Urt. v. 27.06.1993, 6 RKa 40/91, SozR 3-2500 § 96 SGB X Nr. 1. BSG, Urt. v. 27.06.1967, BSGE 27, 34, 38; BVerwG, Urt. v. 17.09.1987, 5 C 26/84, NJW 1988, 3170. S. hierzu Wiesner in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 41, Rz. 6f. m. krit. Anm. in Rz. 10.
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Da § 36 SGB X ergänzend Anwendung findet, muss die Rechtsbehelfsbelehrung des Zulassungsausschusses auch die notwendige Form für die Einlegung des Rechtsbehelfs enthalten, was dem Wortlaut des § 41 Abs. 4 S. 4 Ärzte-ZV nicht zu entnehmen ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist indes kein für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes notwendiger Bestandteil22. Enthält der Beschluss des Zulassungsausschusses keine oder nur eine unzureichende Rechtsbehelfsbelehrung, führt dies nicht zu dessen Rechtswidrigkeit. Vielmehr greift dann die Bestimmung des § 66 SGG23.
V. Zustellung des Beschlusses Die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses des Zulassungsausschusses ist den Beteiligten i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB X gem. § 41 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV förmlich zuzustellen. Für die Zustellung gelten die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes und der einschlägigen landesrechtlichen Gesetze24. Als zeitliche Vorgabe für die Zustellung nennt § 41 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV keine konkrete Frist. Die Formulierung „alsbald“ ist aber nicht in dem Sinne auszulegen, dass der Zulassungsausschuss bzw. die für ihn eingerichtete Geschäftsstelle keiner zeitlichen Bindung unterliegt. Dem Zulassungsausschuss ist für die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses einerseits zumindest so viel Zeit zu belassen, dass er die gesetzlichen Anforderungen an Form und Inhalt des Beschlusses erfüllen kann. Andererseits ist der Rechtssicherheit der Verfahrensbeteiligten Genüge zu tun, die eine möglichst zeitnahe Zustellung erfordert; denn erst die Zustellung der schriftlichen Ausfertigungen des Beschlusses setzt die Rechtsbehelfsfristen in Gang. Die vom Bundessozialgericht25 nach Ablauf von fünf Monaten angenommene Fiktion der Rechtswidrigkeit eines bis dahin nicht abgefassten Beschlusses ist deshalb für die Auslegung des Begriffs „alsbald“ untauglich. Soweit keine besonderen Umstände26 vorliegen, ist dem Zulassungsausschuss bzw. seiner Geschäftsstelle für die Zustellung in der Regel dieselbe Zeitspanne zuzugestehen, die die Verfahrensbeteiligten zur Einlegung von Rechtsbehelfen zur Verfügung haben.
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Nach § 41 Abs. 5 S.1 Hs. 2 Ärzte-ZV erhält neben den Verfahrensbeteiligten nach § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB X die Kassenärztliche Vereinigung in ihrer Eigenschaft als registerführende Stelle eine Ausfertigung des Beschlusses für die Registerakten. Insoweit ist also zu differenzieren zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung als Verfahrensbeteiligte i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 ÄrzteZV und der Kassenärztlichen Vereinigung als registerführende Stelle. Die Kassenärztliche Vereinigung erhält hiernach zwei Ausfertigungen des Beschlusses – einmal in ihrer Eigenschaft als Verfahrensbeteiligte und einmal in ihrer Eigenschaft als re-
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Engelmann in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 36, Rz. 15. Einzelheiten hierzu s. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 66, Rz. 1ff. Einzelheiten zur Zustellung s. Roos in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 65, Rz. 1ff. BSG, Urt. v. 18.10.1995, 6 RKa 38/94, BSGE 76, 300. Bspw. im Falle der Urlaubsabwesenheit des Vorsitzenden o.ä.
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gisterführende Stelle. Nach § 41 Abs. 5 S. 2 Ärzte-ZV erhalten in den Fällen des § 140f Abs. 3 SGB V zudem die Patientenvertreter eine Abschrift des Beschlusses. Die Patientenvertreter haben hiernach lediglich Anspruch auf Übersendung einer Abschrift des Beschlusses und nicht auf Zustellung einer Beschlussausfertigung. Dies ist letztlich konsequent, da den Patientenvertretern kein Widerspruchsrecht zusteht. 22
Nach § 41 Abs. 5 S. 3 Ärzte-ZV hat der Zulassungsausschuss über die Übersendung von Abschriften des Beschlusses an andere Stellen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dies kann von Amts wegen oder auf Antrag geschehen. Hier kommt es auf den Nachweis eines berechtigten Interesses an. Insoweit handelt es sich um eine reine Beweislastregel, die den Zulassungsausschuss nicht davon entbindet, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht eigene Nachforschungen anzustellen. Der Zulassungsausschuss hat über die Übersendung von Abschriften des Beschlusses an andere Stellen durch Beschluss zu entscheiden. Nicht zum Verfahren hinzugezogene Personen können die Übersendung von Abschriften des Beschlusses nicht aus § 41 Abs. 5 S. 3 Ärzte-ZV ableiten, und zwar auch dann nicht, wenn sie zu Unrecht nicht zum Verfahren hinzugezogen worden sind. Denn § 41 Abs. 5 S. 3 Ärzte-ZV spricht von „anderen Stellen“. Zudem enthält § 41 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 Ärzte-ZV für Verfahrensbeteiligte i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB X – und damit auch für potenziell hinzuzuziehende Verfahrensbeteiligte – eine abschließende Regelung.
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§ 42 Über jede Sitzung ist eine Niederschrift anzufertigen. Sie soll die Namen der Sitzungsteilnehmer, die Anträge und wesentlichen Erklärungen der Beteiligten, das Ergebnis der Beweiserhebung und die Beschlüsse enthalten. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen. Die Patientenvertreterinnen und -vertreter erhalten eine Niederschrift über die Tagesordnungspunkte der Sitzung, die sie gemäß § 140f Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch mitberaten haben. Übersicht Rz. I. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Form, Inhalt und Beweiskraft der Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
I. Grundsatz § 42 S. 1 Ärzte-ZV verpflichtet den Zulassungsausschuss, ein schriftliches Sitzungsprotokoll zu erstellen. Die Pflicht zur Erstellung einer Niederschrift besteht für jede Sitzung i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, ohne Rücksicht darauf, was Gegenstand der Sitzung war und ob in der Sitzung überhaupt Beschlüsse gefasst worden sind. Soweit eine Niederschrift entgegen § 42 S. 1 Ärzte-ZV nicht angefertigt worden ist, bleibt dies ohne unmittelbare Rechtswirkungen. Insbesondere macht eine fehlende Niederschrift die Beschlussfassungen nicht rechtswidrig oder gar nichtig.
1
II. Form, Inhalt und Beweiskraft der Niederschrift Die Niederschrift ist Urkunde i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X und damit Beweismittel1. Da der Zulassungsausschuss als Einrichtung der gemeinsamen vertragsärztlichen Selbstverwaltung2 Behörde i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB X ist und die Mitglieder des Zulassungsausschusses damit ein öffentliches Amt bekleiden3, finden für die Niederschrift die in § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 415 bis 419 ZPO getroffenen Regelungen über die Beweiskraft von Urkunden Anwendung4. Soweit die Richtigkeit ihres Inhalts streitig ist, greift nicht ohne weiteres die Amtsermittlungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X5. Zur Auslösung der Amtsermittlungspflicht ist ein „qualifiziertes Bestreiten“ notwendig6.
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§ 42 S. 2 Ärzte-ZV ist als bloße Sollvorschrift ausgestaltet. In die Niederschrift sollen hiernach die Namen der Sitzungsteilnehmer, die Anträge und wesentlichen Er-
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von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 21, Rz. 9. BGH, Urt. v. 12.04.2006, III ZR 35/05, MedR 2006, 535f. BGH a.a.O. Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 118, Rz. 13a. BSG, Beschl. v. 28.09.1998, B 11 AL 83/98 B, NZS 1999, 158. BSG a.a.O.; Einzelheiten s. auch Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 118, Rz. 13c m.w.N.
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klärungen der Beteiligten, das Ergebnis der Beweiserhebung und die Beschlüsse aufgenommen werden. Zwar beanspruchen im Sozialrecht auch Sollvorschriften rechtliche Verbindlichkeit7 in dem Sinne, dass eine Abweichung nur in atypischen Fällen gerechtfertigt ist. Die Missachtung einer sozialrechtlichen Sollvorschrift führt aber nicht zwangsläufig zur Anfechtbarkeit oder gar Nichtigkeit des in diesem Zusammenhang erlassenen Verwaltungsaktes8. Dies gilt gleichermaßen für die Regelung des § 42 S. 2 Ärzte-ZV. Ein Verstoß gegen die Sollvorschrift des § 42 S. 2 Ärzte-ZV wirkt sich allerdings negativ auf die Beweiskraft der Niederschrift aus9, wenn das Abweichen von der Sollvorschrift nicht ausnahmsweise gerechtfertigt ist. 4
Das Mitglied, das den Vorsitz in der Sitzung, über die die Niederschrift angefertigt wurde, innehatte, muss nach § 42 S. 3 Ärzte-ZV das schriftliche Sitzungsprotokoll unterzeichnen. Eine Verletzung dieser Vorschrift wirkt sich negativ auf die Beweiskraft aus10. Eine Prüfpflicht auf inhaltliche Richtigkeit der Niederschrift weist § 42 Ärzte-ZV dem Vorsitzenden in diesem Zusammenhang nicht zu. Allerdings kann aus seiner Pflicht zur Unterzeichnung der Niederschrift zugleich ein Recht auf Korrektur im Falle von inhaltlichen Unrichtigkeiten abgeleitet werden, da die Unterzeichnung eines fehlerhaften Protokolls nicht verlangt werden kann.
III. Sonstiges 5
Das Recht der nach § 140f Abs. 3 SGB V zur Mitberatung berechtigten Patientenvertreter auf Überlassung der Niederschrift beschränkt sich nach § 42 S. 4 Ärzte-ZV konsequenterweise11 auf die Protokollteile der mitberatenen Tagesordnungspunkte.
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Die Niederschrift ist Bestandteil der Verwaltungsakte. Die Beteiligten sind im Zuge ihres Rechts auf Akteneinsicht12 nach § 25 SGB X daher berechtigt, auch in die Niederschrift Einsicht zu nehmen oder sich hiervon nach § 25 Abs. 5 S. 1 SGB X eine Ablichtung fertigen oder fertigen lassen. Ort der Einsichtnahme ist grundsätzlich bei der Behörde13. Ein bevollmächtigter Rechtsanwalt kann regelmäßig die Übersendung der Verwaltungsakte in seine Kanzleiräume beanspruchen14.
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LSG Bayern, Urt. v. 22.10.2003, L 3 KA, 519/02. LSGBayern, a.a.O. Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 415, Rz. 6. Geimer a.a.O. Denn nur insoweit sind die Patientenvertreter auch zur Mitberatung berechtigt, § 36 Abs. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 140f Abs. 3 SGB V. Einzelheiten zum Akteneinsichtsrecht S. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 25, Rz. 1ff. sowie Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 25 SGB X, Rz. 1ff.; S. hierzu auch grundlegend LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.2005, L 10 KA 29/05, GesR 2006, 457ff. von Wulffen in: von Wulffen (Hrsg.), SGB X, § 25, Rz. 10; Krasney in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 25 SGB X, Rz. 9. Dies folgt aus dem Beschl. des BVerfG v. 12.12.1998, BvR 272/97, NVwZ 1998, 836; a.A. wohl von Wulffen, a.a.O.
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§ 43 Die Akten des Zulassungsausschusses sind fünf Jahre, Niederschriften und Urschriften von Beschlüssen 20 Jahre aufzubewahren. Übersicht Rz. I. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Fristberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Adressat der Aufbewahrungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
I. Grundsätze § 43 Ärzte-ZV normiert Aufbewahrungsfristen. Dabei unterscheidet der Verordnungsgeber zwischen dem allgemeinen Inhalt der Akten des Zulassungsausschusses sowie den Niederschriften1 und Urschriften der Beschlüsse, die gleichfalls Bestandteil der Akten des Zulassungsausschusses sind. Der allgemeine Inhalt der Akten des Zulassungsausschusses ist hiernach fünf Jahre, die Sitzungsprotokolle und Urschriften der Beschlüsse sind 20 Jahre aufzubewahren.
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II. Fristberechnung Auf der Grundlage des § 26 Abs. 1 SGB X sind Beginn und Ende der Aufbewahrungsfristen nach den §§ 187 bis 193 BGB zu ermitteln; für die Berechnung der Aufbewahrungsfristen enthält weder die Ärzte-ZV noch das SGB X Sondervorschriften2, so dass der Anwendungsbereich der §§ 187 bis 193 BGB eröffnet ist3. § 43 Ärzte-ZV verhält sich nach seinem Wortlaut indes nicht zum Beginn der Aufbewahrungsfristen in dem Sinne, dass er ein für den Beginn der Aufbewahrungsfristen maßgebliches „Ereignis“ i.S.d. § 187 Abs. 1 BGB definiert. Aus Praktikabilitätsgründen liegt es nahe, als maßgebliches „Ereignis“ i.S.d. § 187 Abs. 1 BGB auf den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Zulassungsausschusses, die Gegenstand des Vorgangs ist, abzustellen. Denn dann beginnen die Aufbewahrungsfristen sowohl für den allgemeinen Inhalt der Akten des Zulassungsausschusses als auch für die Niederschriften und Urschriften einheitlich, nämlich gem. § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB am Tag nach rechtskräftigem Abschluss des Vorgangs, der Gegenstand der Akte des Zulassungsausschusses ist. Der Beginn der Aufbewahrungsfristen lässt sich bei diesem Verständnis auch ohne Schwierigkeiten ermitteln. Jedenfalls auf den Schluss eines Kalenderjahres als Beginn der Aufbewahrungsfristen darf in Ermangelung einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht abgestellt werden.
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Das Ende der Aufbewahrungsfristen berechnet sich nach § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB.
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I.S.d. § 42 Satz 1 Ärzte-ZV (Sitzungsprotokolle). Solche ergeben sich auch nicht aus § 26 Abs. 2 bis 7 SGB X. Heinrichs in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 186, Rz. 2.
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Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
III. Adressat der Aufbewahrungspflicht 4
Die Aufbewahrungspflicht trifft den Zulassungsausschuss, nicht die Kassenärztliche Vereinigung, die ihn zusammen mit dem Landesverband der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen auf der Grundlage des § 96 Abs. 1 SGB V eingerichtet hat, damit die nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB V bei der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung eingerichtete Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses4. Ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht kann datenschutzrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen5. Die für die Geschäfte des Zulassungsausschusses eingerichtete Stelle ist auch verantwortlich für die Beachtung und Einhaltung der Aufbewahrungsfristen. Eine Missachtung von Aufbewahrungsfristen kann neben beweisrechtlichen Konsequenzen gleichfalls datenschutzrechtliche Relevanz haben6.
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Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1372 S. hierzu die Bestimmungen des BDSG bzw. der einschlägigen landesrechtlichen Gesetze. S. hierzu die Bestimmungen des BDSG bzw. der einschlägigen landesrechtlichen Gesetze.
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2. Berufungsausschuss für Ärzte (Widerspruchsverfahren)
§ 44 Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Berufungsausschusses beim Berufungsausschuss einzulegen. Er muss den Beschluss bezeichnen, gegen den er sich richtet. Übersicht I. II. III. IV.
Rz.
Einlegung des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form und Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruchsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufschiebende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dauer der aufschiebenden Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Feststellung der aufschiebenden Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anordnung der sofortigen Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Zulassungsgremien . . . . . . . . b) Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Sozialgerichte . . . . . . . . . . . . . c) Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch die Sozialgerichte . . . . .
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Literatur Großbölting/Jaklin, Formen ärztlicher Tätigkeit im Vertragsarztrecht, Zulassung und Konkurrentenstreit, NZS 2002, 130; Heilemann, Der Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen zu sozialrechtlichen Verwaltungsakten, SGb 2000, 250; Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469; Szabados, Wettbewerb auf regulierten Märkten: Konkurrentenklagen im Gesundheitsrecht, GesR 2007, 97.
I. Einlegung des Widerspruchs Nach § 96 Abs. 4 S. 1 SGB V kann gegen Entscheidungen der Zulassungsausschüsse Widerspruch beim Berufungsausschuss eingelegt werden. Abweichend von § 84 Abs. 1 S. 1 SGG wird der Widerspruch daher nicht bei der Stelle eingereicht, die den Verwaltungsakt erlassen hat. In Bezug auf die Einhaltung der Widerspruchsfrist1 ist dies jedoch ohne Belang, da nach § 84 Abs. 2 S. 1 SGG auch ein fristgerecht beim Zulassungsausschuss eingelegter Widerspruch die Widerspruchsfrist wahrt.
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II. Form und Frist Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Berufungsausschusses einzulegen. Er hat den Beschluss zu bezeichnen, gegen den er sich richtet. Dabei reicht es aus, dass durch Auslegung zu ermitteln ist, gegen welchen 1
Vgl. dazu nachfolgend Rz. 2ff.
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Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
Beschluss sich der Widerspruch richtet. Das Widerspruchsschreiben muss nicht als Widerspruch bezeichnet sein. Auch insofern ist es ausreichend, wenn das Widerspruchsbegehren durch Auslegung ermittelt werden kann2. 3
Das Schriftformerfordernis ist gewahrt, wenn der Widerspruch in schriftlich abgefasster Form mit handschriftlicher Unterschrift beim Berufungsausschuss eingereicht oder dort zur Niederschrift erklärt wird. Ist der Widerspruch nicht unterschrieben, ist die Schriftform nur gewahrt, wenn sich aus dem Widerspruch in Verbindung mit eventuellen Anlagen hinreichend sicher ergibt, dass der Widerspruch vom Widersprechenden herrührt und keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Widerspruch ohne dessen Willen in den Verkehr gelangt ist3. Eine Einlegung des Widerspruchs durch Telefax ist ausreichend4.
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Der Widerspruch ist nach § 97 Abs. 3 S. 1 SGB V i.V.m. § 84 Abs. 1 S. 1 SGG innerhalb einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe einzulegen. Für die Fristberechnung gilt § 64 SGG. Danach beginnt die Frist mit dem Tag der Zustellung des Bescheids oder der Verkündung des Verwaltungsakts. Der Fristbeginn setzt nach § 66 Abs. 1 SGG weiter voraus, dass der Beteiligte über den Rechtsbehelf des Widerspruchs, die Zuständigkeit und den Sitz des Berufungsausschusses sowie die einzuhaltende Monatsfrist schriftlich informiert worden ist. Ist eine solche ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung nicht erfolgt, kann der Widerspruch nach § 66 Abs. 2 SGG innerhalb eines Jahres nach Zustellung, Eröffnung oder Verkündung der Entscheidung des Zulassungsausschusses erfolgen. Wird die Entscheidung des Zulassungsausschusses einem Drittbetroffenen5 durch den Zulassungsausschuss nicht bekannt gegeben6, fehlt es – in Bezug auf die Person des Drittbetroffenen – gänzlich an einer Widerspruchsfrist7. Die zeitliche Grenze der zulässigen Widerspruchserhebung bilden allein die Grundsätze der Verwirkung. Danach kann das Recht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs durch einen Drittbetroffenen verwirkt werden, wenn seit längerer Zeit Kenntnis vom Verwaltungsakt besteht oder bestehen müsste und der durch den Verwaltungsakt Begünstigte nach den gesamten Umständen des Einzelfalls nicht mehr mit einer Klageerhebung rechnen muss8. Dabei wird man im Hinblick auf die Regelung des § 66 Abs. 2 SGG vor Ablauf eines Jahres seit Kenntnis oder Kennenmüssen in der Regel keine Verwirkung annehmen können9. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das vorhergehende Verhalten des Drittbetroffenen durch den Begünstigten so gedeutet werden musste, dass er keinen Widerspruch 2 3 4 5 6 7 8 9
Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 83, Rz. 2. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 84, Rz. 3; Kopp/Schenke, VwGO, § 81, Rz. 6. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 84, Rz. 3; s. dazu auch Kopp/ Schenke, VwGO, § 81, Rz. 9 m.w.N. S. zur Drittwiderspruchsbefugnis Rz. 6ff. S. zur Beteiligtenstellung von Drittbetroffenen § 37, Rz. 7. Kopp/Schenke, VwGO, § 70, Rz. 8. BVerwG, Urt. v. 25.01.1974, IV C 2/72, NJW 1974, 1260, 1261f.; Kopp/Schenke, VwGO, § 74, Rz. 19. OVG Münster, Beschl. v. 26.09.1979, XI B 1528/78, NJW 1980, 1413 (Leitsatz); Kopp/ Schenke, VwGO, § 74, Rz. 20.
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gegen den Verwaltungsakt einlegen würde, so dass der Begünstigte auf die Nichterhebung des Widerspruchs vertrauen durfte10. Eine Begründung des Widerspruchs innerhalb der Monatsfrist ist nicht mehr notwendig, nachdem die vormalige Vorgabe des § 44 Ärzte-ZV zur Einlegung des Widerspruchs mit Angabe von Gründen durch das VÄndG mit Wirkung zum 01.01.2007 entfallen ist. Lief die Widerspruchsfrist vorher ab, so gilt die vormalige Begründungspflicht, gegen die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen11.
5
III. Widerspruchsbefugnis Ein Widerspruch ist nur dann zulässig, wenn der Widerspruchsführer durch die angefochtene Entscheidung des Zulassungsausschusses in seinen Rechten betroffen sein kann. Ist der Widerspruchsführer Adressat der Entscheidung des Zulassungsausschusses, ist dies unproblematisch. Anders sieht dies aus, wenn ein Dritter gegen eine einen anderen begünstigende Entscheidung Widerspruch einlegt (sog. Drittwiderspruch). In diesen Fällen ist eine Widerspruchsbefugnis nur dann gegeben, wenn die verletzte Rechtsnorm drittschützende Wirkung entfaltet, der Dritte also vom Schutzbereich der Norm erfasst wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm auch zum Schutz der Individualinteressen des Widerspruchsführers bestimmt ist12. Inwieweit den im jeweiligen Rechtsstreit einschlägigen Regelungen drittschützende Wirkung zukommt, ist im Übrigen keine Frage der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs, sondern der Begründetheit. Unzulässig ist ein Rechtsbehelf nur dann, wenn durch den angefochtenen Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte des Rechtsbehelfsführers verletzt sein können13.
6
In vertragsärztlichen Konkurrentenstreitigkeiten hat das Bundessozialgericht eine drittschützende Wirkung der Zulassungsnormen bis in jüngste Zeit abgelehnt14. Lediglich bei willkürlichen Entscheidungen wurde dem Drittbetroffenen eine Widerspruchs- und Klagebefugnis zuerkannt15. Das Bundesverfassungsgericht hat dieser restriktiven Rechtsprechung mit Beschluss vom 17.08.2004 eine Absage erteilt und niedergelassenen Vertragsärzten gegen die Erteilung einer Ermächtigung vor dem Hintergrund restriktiver Bedarfsplanung und limitierter Gesamtvergütungen eine Widerspruchs- und Klagebefugnis zugesprochen16. Durch diesen Beschluss ist die Diskussion über drittschützende Normen im vertragsärztlichen Zulassungswesen
7
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13 14 15 16
BVerwG, Urt. v. 25.01.1974, IV C 2/72, NJW 1974, 1260, 1262. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 70/03 R, MedR 2005, 535, 537. Allgemein dazu BSG, Urt. v. 27.10.1987, 6 RKa 57/86, BSGE 62, 231, 232f.; BSG, Urt. v. 06.02.1992, 12 RK 15/90, BSGE 70, 99, 100ff.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 54, Rz. 14. BSG, Urt. v. 07.02.2007, B 6 KA 8/06 R, ZMGR 2007, 86, 89, m.w.N. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 30/98 R, MedR 2000, 245. BSG, Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 30/98 R, MedR 2000, 245, 245f. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680, 681, m. Anm. Steinhilper; s. dazu auch § 31, Rz. 11ff.
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neu in Gang gesetzt worden17. Diese wird insbesondere in Bezug auf Ermächtigungen18, Sonderbedarfszulassungen19, Zweigpraxisgenehmigungen20 und Ausnahmegenehmigungen nach § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V21 geführt. 8
Daneben stellt sich die Frage der Drittwiderspruchsbefugnis auch bei Berufsausübungsgemeinschaften. Wird gegenüber einem Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft die Genehmigung zur Führung der Berufsausübungsgemeinschaft widerrufen, so kommt auch den anderen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft die Befugnis zum Widerspruch zu, da damit das Ende der Berufsausübungsgemeinschaft in der bisherigen Zusammensetzung verbunden ist22. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft ein Zulassungsverzicht oder ein bestandskräftiger Zulassungsentzug eines der Mitglieder zugrunde liegt23. Dies muss auch dann gelten, wenn ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuss die Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit innerhalb der Berufsausübungsgemeinschaft anzeigt. Schließlich ist die Zulassung an die Person des Vertragsarztes gebunden, so dass den übrigen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft – aus vertragsarztrechtlicher Sicht – eine Einwirkungsmöglichkeit nicht zukommt. Eine andere Frage ist dann, inwieweit den anderen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft auf zivilrechtlichem Wege die Möglichkeit zukommt, Einfluss auf den ausscheidenswilligen Vertragsarzt zu nehmen.
9
Abweichend von vorstehenden Ausführungen ist eine Kassenärztliche Vereinigung unabhängig vom Vorliegen einer materiellen Beschwer zur Anfechtung der Entscheidungen der Zulassungsgremien berechtigt.
IV. Aufschiebende Wirkung 1. Allgemeines 10
Dem Widerspruch kommt nach § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V aufschiebende Wirkung zu. Auf Grund der mit Widerspruchseinlegung eintretenden aufschiebenden Wirkung darf der Verwaltungsakt nicht vollzogen werden. Es tritt ein Schwebezustand ein, währenddessen vollendete Tatsachen nicht geschaffen werden dürfen24. Von einer ausgesprochenen Zulassung oder Ermächtigung kann also während der Dauer der aufschiebenden Wirkung kein Gebrauch gemacht werden. Andererseits kann bei erfolgter Zulassungsentziehung weiterhin vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt wer17 18 19 20 21 22 23 24
S. dazu z.B. Steinhilper, MedR 2007, 469; Beeretz, ZMGR 2005, 311; Nix, SGb 2005, 63. S. dazu § 31, Rz. 11ff. S. dazu § 16b, Rz. 39ff. S. dazu § 24, Rz. 63. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 23.12.2005, L 3 KA 301/05 ER, ArztR 2006, 324. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 70/03 R, MedR 2005, 535, 536. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 70/03 R, MedR 2005, 535, 536. BSG, Urt. v. 23.09.1997, 2 RU 44/96, NZS 1998, 300, 301; s. dazu auch Keller in: MeyerLadewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 86a, Rz. 5ff.
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den, wenn der Betroffene Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses einlegt. Die aufschiebende Wirkung tritt grundsätzlich unabhängig von der Zulässigkeit und Begründetheit des Widerspruchs ein. Nur bei offensichtlicher Unzulässigkeit kommt dem eingelegten Widerspruch ausnahmsweise keine aufschiebende Wirkung zu25. Dies kann z.B. bei zweifelsfreier Fristversäumung der Fall sein. Zu einer aufschiebenden Wirkung kommt es ebenfalls dann nicht, wenn der Widerspruch durch einen nicht widerspruchsbefugten Dritten eingelegt wird26. Dies gilt allerdings nur, soweit den streitgegenständlichen Normen offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise drittschützende Wirkung eingeräumt werden kann27.
11
Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung setzt voraus, dass die Entscheidung des Zulassungsausschusses konstitutive Wirkung hat. Kommt der Entscheidung des Zulassungsausschusses lediglich eine deklaratorische Wirkung zu, wird die vom Zulassungsausschuss lediglich deklaratorisch festgestellte Rechtsfolge in ihrer Wirksamkeit nicht gehemmt. Wendet sich ein Arzt z.B. gegen die deklaratorische Feststellung, dass seine Zulassung mit dem Ende des Quartals, in dem er das 68. Lebensjahr vollendet hat, ihr Ende gefunden hat, wird die Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit dadurch nicht aufgeschoben28.
12
Stellt der Zulassungsausschuss die Beendigung der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit (Berufsausübungsgemeinschaft) fest, so hat diese Feststellung grundsätzlich konstitutive Wirkung. Einem dagegen eingelegten Widerspruch kommt damit regelmäßig aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn ein Mitglied gegenüber dem Zulassungsausschuss die Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit in der Berufsausübungsgemeinschaft angezeigt oder auf seine Zulassung verzichtet hat oder ihm die Zulassung bestandskräftig entzogen worden ist. In diesen Fällen kommt den verbleibenden Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft keine Widerspruchsbefugnis zu, so dass auch eine aufschiebende Wirkung grundsätzlich nicht eintreten kann29.
13
2. Dauer der aufschiebenden Wirkung Die aufschiebende Wirkung tritt erst mit der Einlegung des Widerspruchs ein. Bis zu diesem Zeitpunkt kommt der Entscheidung des Zulassungsausschusses vollumfängliche Wirksamkeit zu. Die aufschiebende Wirkung wirkt allerdings auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts zurück30. Hat ein Arzt also eine Zulassung 25
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LSG Thüringen, Beschl. v. 23.04.2002, L 6 RJ 113/02 ER, SGb 2002, 449; Keller in: MeyerLadewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 86a, Rz. 10; Döring in: Jansen (Hrsg.), Sozialgerichtsgesetz, § 86a, Rz. 1. BVerwG, Urt. v. 30.10.1992, 7 C 24/92, DVBl. 1993, 256, 258. BSG, Urt. v. 07.02.2007, B 6 KA 8/06 R, ZMGR 2007, 86, 89, m.w.N. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.06.2007, L 11 B 12/07 KA ER; Hess. LSG, Beschl. v. 15.12.2004, L 7 KA 412/03 ER; a.A. Bay. LSG, Beschl. v. 28.03.2007, L 12 B 835 KA ER, GesR 2007, 410, 412, m. Anm. Arnold/Greve. Vgl. dazu oben, Rz. 8. S. dazu allgemein Kopp/Schenke, VwGO, § 80, Rz. 53ff.
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oder Ermächtigung erhalten, kann der Arzt davon mit Wirksamwerden des dadurch ausgesprochenen Teilnahmestatus an der vertragsärztlichen Versorgung auch Leistungen gegenüber den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen. Wird dann zu einem späteren Zeitpunkt Widerspruch eingelegt, kann der Arzt die bis dahin erbrachten Leistungen auf Grund der rückwirkenden Wirkung des Widerspruchs nicht zur Abrechnung bringen. 15
Die aufschiebende Wirkung endet mit Rücknahme des Widerspruchs oder der Klage, spätestens mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts. Die aufschiebende Wirkung entfällt daher noch nicht mit der Zurückweisung des Widerspruchs oder der Klage. Sie besteht vielmehr auch während der laufenden Rechtsbehelfsfristen fort, da sichergestellt sein muss, dass die aufschiebende Wirkung bis zur Unanfechtbarkeit gilt31. Kommt es zum Wegfall der aufschiebenden Wirkung, wirkt dies in vertragsärztlichen Statusfragen – entgegen der allgemeinen Regel – lediglich ex-nunc32. Hat ein Arzt also nach Erhalt der Zulassung oder Ermächtigung vertragsärztliche Leistungen erbracht und ist danach von dritter Seite Widerspruch gegen die Zulassung oder Ermächtigung eingelegt worden, so erhält er die bis zur Widerspruchseinlegung erbrachten ärztlichen Leistungen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch dann nicht vergütet, wenn der Widerspruch zurückgewiesen wird33. Der lediglich für die Zukunft wirkende Wegfall der aufschiebenden Wirkung wird vom Bundessozialgericht damit begründet, dass zum Schutz aller Leistungserbringer und Versicherter bei Beginn jeder Art von Behandlung feststehen müsse, ob der jeweilige Leistungserbringer im System der gesetzlichen Krankenversicherung zur Leistungserbringung berechtigt sei34. Dieser Überlegung ist dem Grunde nach zuzustimmen; in sich nicht konsequent ist dann aber, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs auf den Zeitpunkt der Zulassungs- bzw. Ermächtigungserteilung zurück wirkt. Schließlich besteht vor Widerspruchseinlegung ein Teilnahmestatus, von dem der begünstigte Arzt auch Gebrauch machen darf. Unter Anwendung der Überlegungen des Bundessozialgerichts zur besonderen Bedeutung der Statusfrage im Vertragsarztrecht35 dürfte man einem Drittwiderspruch gegen eine Zulassung oder Ermächtigung daher lediglich eine aufschiebende Wirkung ex-nunc zusprechen36. Nur auf diese Weise wird sichergestellt, dass zu jedem Zeitpunkt objektiv feststellbar ist, ob ein Teilnahmestatus besteht. Die gegenteilige Ansicht des Bundessozialgerichts führt – gerade nachdem es durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.200437 zu einer Kehrtwende bei der Drittwiderspruchsbefugnis gekommen ist – zu erheblichen Problemen. Erhält ein Arzt z.B. eine Sonderbedarfszulassung oder Ermächtigung, droht stets die Gefahr eines Drittwiderspruchs. Da die Zulassungsgremien regelmäßig nicht alle potenziell drittbetroffenen 31 32 33 34 35 36 37
Vgl. dazu Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 86a, Rz. 11. BSG, Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 41/96 R, SozR 3-2500 § 97 SGB V Nr. 3; a.A. Bracher, MedR 2001, 452, 453ff. BSG, Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 41/96 R, SozR 3-2500 § 97 SGB V Nr. 3. BSG, Urt. v. 28.01.1998, B 6 KA 41/96 R, SozR 3-2500 § 97 SGB V Nr. 3. S. dazu § 19, Rz. 3. I.E. ebenso Bracher, MedR 2001, 452, 455f. BVerfG, Beschl. v. 17.08.2004, 1 BvR 378/00, MedR 2004, 680, m. Anm. Steinhilper.
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Vertragsärzte am Zulassungsverfahren beteiligen, kommt es insofern nicht zum Lauf von Rechtsbehelfsfristen. Es ist daher nicht selten, dass eine Sonderbedarfszulassung oder eine Ermächtigung erst viele Monate später durch einen Konkurrenten angefochten wird. Die mit dem Widerspruch verbundene (rückwirkende) aufschiebende Wirkung kann daher für den betroffenen Arzt erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen. Schließlich steht ihm nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unabhängig vom Ausgang des Verfahrens weder ein vertragsarztrechtlicher noch ein bereicherungsrechtlicher Honoraranspruch zu. Zusätzlich wären – die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konsequent zu Ende gedacht – sämtliche Arznei- und Heilmittelverordnungen mangels Teilnahmestatus im Wege des Schadenersatzes unter Hinweis auf den normativen Schadensbegriff 38 zurückzufordern. 3. Feststellung der aufschiebenden Wirkung Ist die aufschiebende Wirkung eines eingelegten Widerspruchs streitig, kann der Widerspruchsführer im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens analog § 86b Abs. 1 SGG die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs begehren39. Das Sozialgericht hat dann den Eintritt oder Nichteintritt der aufschiebenden Wirkung festzustellen.
16
4. Anordnung der sofortigen Vollziehung a) Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Zulassungsgremien Nach § 97 Abs. 4 SGB V kann der Berufungsausschuss im öffentlichen Interesse die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung anordnen. Dem Zulassungsausschuss steht eine solche Befugnis nicht zu40. Der Anordnung der sofortigen Vollziehung kommt insbesondere bei Zulassungsentziehungen41 und bei Konkurrentenstreitigkeiten erhebliche praktische Bedeutung zu.
17
Das für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 97 Abs. 4 SGB V notwendige öffentliche Interesse ist mehr als das für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Interesse. Notwendig ist ein zusätzliches öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes nicht zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausreichen42. Im Mittelpunkt steht hier bei Zulassungs- oder Ermächtigungserteilungen als zentrales öffentliches Interesse die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Dabei
18
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Vgl. dazu LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 09.05.2006, L 4 KA 14/04, MedR 2007, 313. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.06.2007, L 28 B 776/07 AS ER; vgl. dazu auch Keller in: Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 86b, Rz. 15. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 07.09.2006, L 3 KA 117/06 ER; Frehse in: Schnapp/ Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 23, Rz. 110. Vgl. dazu § 27, Rz. 47ff. BSG, Urt. v. 19.12.1991, 6 RKa 52/91; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.01.2004, L 10 B 19/03 KA ER, KHuR 2005, 66.
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ist ein öffentliches Interesse nicht erst bei einer Unterversorgung43 anzunehmen; es reicht aus, dass durch die aufschiebende Wirkung ein Schwebezustand einträte, währenddessen eine regional angemessene Versorgung nicht gewährleistet wäre44. 19
Eine Besonderheit besteht bei Konkurrentenwidersprüchen. Unter besonderer Berücksichtigung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) hat sich das Gericht in diesen Fällen mit der Frage auseinander zu setzen, ob die sofortige Vollziehung geboten ist, um den Eintritt schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Nachteile für den Begünstigten zu vermeiden, oder ob den Belangen des anfechtenden Dritten der Vorrang gebührt. Innerhalb dieses Abwägungsprozesses ist auch Raum für die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses45.
20
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist durch den Berufungsausschuss grundsätzlich gesondert zu begründen. Dies gilt nur dann nicht, wenn sich bereits aus der Begründung zur Entscheidung die besondere Eilbedürftigkeit ergibt46.
21
Der Berufungsausschuss kann die Anordnung der sofortigen Vollziehung nur mit seiner Entscheidung verbinden. Eine nachträgliche Anordnung der sofortigen Vollziehung ist nicht möglich, da nach der Entscheidung des Berufungsausschusses die Zuständigkeit der Sozialgerichte gegeben ist47. Auch vor einer Entscheidung über den Widerspruch kann der Berufungsausschuss keine sofortige Vollziehung anordnen, da der Berufungsausschuss nach der ausdrücklichen Regelung des § 97 Abs. 4 SGB V lediglich die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung anordnen kann; eine Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entscheidung des Zulassungsausschusses durch den Berufungsausschuss ist mithin nicht möglich. b) Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Sozialgerichte
22
Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG kann das zuständige Sozialgericht auf Antrag die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts anordnen. Entscheidungen des Berufungsausschusses können damit vom Sozialgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes für sofort vollziehbar erklärt werden. Inwieweit dies auch für Entscheidungen des Zulassungsausschusses gilt, ist höchst umstritten. Dagegen wird vorgebracht, einstweiliger Rechtsschutz sei auf Grund der Sonderregelung der §§ 96, Abs. 4, 97 Abs. 4 SGB V und der Einordnung des Verfahrens vor dem Beru43 44
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S. zur Unterversorgung allgemein § 15, 16. LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 03.08.2006, L 4 B 269/06 KA ER, NZS 2007, 108, 109; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.01.2004, L 10 B 19/03 KA ER, KHuR 2005, 66, wonach eine defizitäre Versorgungslage allein nicht zur Annahme eines öffentlichen Interesses führen soll. SG Marburg, Beschl. v. 31.03.2006, S 12 KA 341/06 ER; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1405f.; in diese Richtung auch BVerfG, Beschl. v. 12.12.2001, 1 BvR 1571/00, NZS 2002, 368, der sich zwar mit dem gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren befasst, aber ausdrücklich feststellt, dass § 97 Abs. 4 SGB V auf derartige Konfliktlagen nicht zugeschnitten ist. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.01.2004, L 10 B 19/03 KA ER, KHuR 2005, 66; SG Marburg, Beschl. v. 31.03.2006, S 12 KA 341/06 ER. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1401; Reinhold in: Ehlers (Hrsg.), Disziplinarrecht und Zulassungsentziehung, Rz. 566; a.A. SG Dresden, Beschl. v. 12.12.2005, S 18 KA 674/ 05 ER.
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fungsausschuss als zweitinstanzliches Verwaltungsverfahren48 erst nach der Entscheidung des Berufungsausschusses gegeben49. Lediglich bei einer Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG könne ausnahmsweise bereits vor der Entscheidung des Berufungsausschusses einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden50. Ein solches restriktives Verständnis widerspricht jedoch dem gesetzgeberischen Willen, den einstweiligen Rechtsschutz durch das 6. SGG-ÄndG umfassend auszugestalten51. Die Sonderregelungen in §§ 96 Abs. 4, 97 Abs. 4 SGB V besagen lediglich, dass dem Zulassungsausschuss nicht die Befugnis zur Anordnung der sofortigen Vollziehung zusteht. Über die Zulässigkeit eines gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens verhalten sie sich nicht. Insoweit gelten vielmehr die allgemeinen Regelungen der §§ 86a, 86b SGG, so dass bereits vor der Entscheidung des Berufungsausschusses einstweiliger Rechtsschutz durch die Sozialgerichte gewährt werden kann52. c) Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch die Sozialgerichte Hat der Berufungsausschuss die sofortige Vollziehung angeordnet, kann das Gericht auf Antrag nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung wiederherstellen. Zwar ist in § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG lediglich die Rede von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, doch ist wegen der gleichen Zielrichtung anerkannt, dass auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG erfasst wird53. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dem Berufungsausschuss bei seiner Entscheidung über die sofortige Vollziehung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt, soweit der Berufungsausschuss Erwägungen zur Sicherstellung der Versorgung anstellt54.
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S. dazu § 45, Rz. 2. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2002, L 10 B 2/02 KA ER, MedR 2003, 310, 311; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.10.2006, L 10 B 15/06 KA ER; Frehse in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 23, Rz. 110. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2002, L 10 B 2/02 KA ER, MedR 2003, 310, 312; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.10.2006, L 10 B 15/06 KA ER; Frehse in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 23, Rz. 110. Vgl. dazu BT-Drucks. 14/5943. I. E. ebenso SG Magdeburg, Beschl. v. 28.09.2005, S 17 KA 92/05 ER, das Krankenhaus 2006, 320; SG Hamburg, Beschl. v. 31.05.2005, S 3 KA 66/05 ER; Heinemann, GesR 2003, 77; wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.09.2003, L 11 B 30/03 KA ER sowie Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1403ff; s. auch § 27, Rz. 51. LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 03.08.2006, L 4 B 269/04 KA ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.11.2003, L 10 B 15/03 KA ER; Frehse in: Schnapp/Wigge (Hrsg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, § 23, Rz. 110. Das SG Dresden geht in seinem Beschl. v. 12.12.2005, S 18 KA 674/05 ER, wohl grundsätzlich von einem Beurteilungsspielraum des Berufungsausschusses aus. Dies geht aber zu weit, da ausschließlich hinsichtlich der Versorgungssituation eine besondere Sachkunde besteht, die die Zubilligung eines gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums rechtfertigt. Geht es hingegen um eine Zulassungsentziehung oder eine Interessenabwägung in einem Konkurrentenwiderstreit, ist die Entscheidung des Berufungsausschusses – bis auf eventuelle Erwägungen zur Versorgungssituation – gerichtlich voll überprüfbar.
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Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen
§ 45 (1) Der Widerspruch gilt als zurückgenommen, wenn die Gebühr nach § 46 nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken. (2) Der Widerspruch kann ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden, wenn der Berufungsausschuss die Zurückweisung einstimmig beschließt. (3) Die Vorschriften der §§ 36 bis 43 gelten entsprechend. Übersicht Rz. I. Widerspruchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Rücknahme des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 III. Beschlussfassung und Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2. Kostenerstattungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3. Kostenentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 a) Kostengrundentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 b) Hinzuziehung eines Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 c) Kostenfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Literatur Engelhard, Anmerkungen zum neuen Kostenrecht des SGG – Beschränkung des Kostenrisikos klagender Vertragsärzte, NZS 2004, 299; Harneit, Rechtsanwaltsgebühren und Kostenerstattung in Vertragsarztangelegenheiten, ZMGR 2005, 123; Schneider, Zur Anwendung des RVG im Medizinrecht, ZMGR 2005, 130; Wenner/Bernard, Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in vertragsärztlichen Streitigkeiten (I), NZS 2001, 57; dies., Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in vertragsärztlichen Streitigkeiten (II), NZS 2003, 568; dies.; Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in vertragsärztlichen Streitigkeiten (III), NZS 2006, 1.
I. Widerspruchsverfahren 1
Für das Widerspruchsverfahren verweist § 45 Abs. 3 Ärzte-ZV auf die Vorschriften der §§ 36 bis 34 Ärzte-ZV. Insoweit ist auf die Kommentierung zu diesen Vorschriften zu verweisen. Eine Besonderheit begründet jedoch § 45 Abs. 2 Ärzte-ZV. Danach kann auch in Angelegenheiten, in denen grundsätzlich nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist1, bei Einstimmigkeit eine Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung erfolgen.
2
Das Widerspruchsverfahren ist kein Vorverfahren i.S.d. § 83 SGG, sondern ein umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz2.
1 2
Vgl. dazu § 37, Rz. 1ff. BSG, Urt. v. 27.01.1993, 6 RKa 40/91, SozR 3-2500 § 96 SGB V Nr. 1.
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§ 45
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II. Rücknahme des Widerspruchs Der eingelegte Widerspruch kann durch den Widerspruchsführer nach den allgemeinen Regelungen zurückgenommen werden. Danach ist die Rücknahme des Widerspruchs einseitig bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids möglich. Die Rücknahme ist schriftlich oder zur Niederschrift des Berufungsausschusses zu erklären3.
3
Neben der erklärten Widerspruchsrücknahme steht die Fiktion der Rücknahme des Widerspruchs nach § 45 Abs. 1 Ärzte-ZV. Danach gilt der Widerspruch als zurückgenommen, wenn die nach § 46 Ärzte-ZV zu entrichtende Gebühr nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist. Insoweit ist es ausreichend, wenn die Gebühr rechtzeitig eingezahlt wird; auf den Zeitpunkt der Gutschrift kommt es nicht an4.
4
III. Beschlussfassung und Klage Der Berufungsausschuss entscheidet durch Beschluss (§ 45 Abs. 3 i.V.m. § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV). Gegen diesen Beschluss kann Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden. Örtlich zuständig ist nach § 57a Abs. 1 S. 1 SGG das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Vertragsarztsitz des betroffenen Arztes gelegen ist. Gegenstand der Klage ist dann nicht der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheids, sondern allein der Bescheid des Berufungsausschusses5. Klagegegner ist mithin der Berufungsausschuss. Wird der Bescheid des Berufungsausschusses durch das Gericht aufgehoben, führt dies nicht zu einem Wiederaufleben des Bescheids des Zulassungsausschusses, da dieser in der Entscheidung des Berufungsausschusses aufgegangen ist6. Im Falle der Verurteilung zur Neubescheidung ist allein der Berufungsausschuss zur Neubescheidung verpflichtet7.
5
IV. Kosten 1. Allgemeines Für das Widerspruchsverfahren vor dem Berufungsausschuss gilt – trotz der besonderen Ausgestaltung des Widerspruchsverfahrens als zweitinstanzliches Verwaltungsverfahren8 – für die Kostenerstattung die allgemeine Vorschrift des § 63 SGB X9. Danach sind dem Widerspruchsführer im Falle eines erfolgreichen Widerspruchsverfahrens die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung getätigten Auf3 4 5 6 7 8 9
Vgl. zur Widerspruchsrückname allgemein Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, § 83, Rz. 5. SG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.1993, S 2 Ka 69/93; Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1455. BSG, Urt. v. 27.01.1993, 6 RKa 40/91, SozR 3-2500 § 96 SGB V Nr. 1. BSG, Urt. v. 15.04.1986, 6 RKa 25/84, ArztR 1987, 102; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.02.2006, L 5 KA 37/05, NZS 2006, 609, 610. BSG, Urt. v. 27.01.1993, 6 RKa 40/91, SozR 3-2500 § 96 SGB V Nr. 1; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.02.2006, L 5 KA 37/05, NZS 2006, 609, 610. S. dazu Rz. 2. BSG, Urt. v. 11.12.1985, 6 RKa 35/84, MedR 1986, 227, 227f.; BSG, Urt. v. 13.05.2006, B 6 KA 62/04 R, MedR 2007, 133.
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wendungen durch den Rechtsträger der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten. Die Zulassungsausschüsse werden nach § 96 Abs. 1 SGB V durch die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassenverbände errichtet, so dass sie in mehrheitlicher Rechtsträgerschaft stehen. Kostenschuldner sind damit die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassenverbände in Gesamtschuldnerschaft. In der Praxis sieht dies regelmäßig so aus, dass die Kosten der Einfachheit halber durch den Berufungsausschuss, der durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung gemeinsam mit den Krankenkassenverbänden finanziert wird, erstattet werden. 7
Im Falle eines erfolgreichen Widerspruchsverfahrens ist dem Widerspruchsführer zudem die entrichtete Widerspruchsgebühr nach § 46 Abs. 1 S. 3 Ärzte- ZV zu erstatten. 2. Kostenerstattungsanspruch
8
Eine Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 SGB X setzt die Durchführung eines erfolgreichen Widerspruchsverfahrens voraus. Dies hat den Erlass eines Widerspruchsbescheids zur Voraussetzung. Eine Kostenentscheidung kommt damit grundsätzlich nur in Betracht, wenn auf den Widerspruch die begehrte bzw. teilweise begehrte Entscheidung durch den Berufungsausschuss getroffen wird. Findet das Widerspruchsverfahren auf andere Weise seine Erledigung, besteht grundsätzlich kein Kostenerstattungsanspruch10.
9
Ein Kostenerstattungsanspruch besteht auch dann nicht, wenn sich der durch einen Bescheid des Zulassungsausschusses begünstigte Arzt gegen den Widerspruch eines Konkurrenten zur Wehr setzt und der Widerspruch zurückgewiesen wird, da § 63 Abs. 1 SGB X nur die Erstattungspflicht des behördlichen Rechtsträgers erfasst, der die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Auch eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 1 SGB X kommt nach der Rechtsprechung nicht in Betracht, da eine private Person nicht mit einer Behörde gleichgesetzt werden kann, so dass es am gleichgelagerten Sachverhalt fehlt11. In diesen Fällen bleibt lediglich die wenig aussichtsreiche Möglichkeit, den Widerspruchsführer im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Widerspruchseinlegung zivilrechtlich nach § 826 BGB in Anspruch zu nehmen.
10
Dagegen besteht dann ein Kostenerstattungsanspruch des begünstigten Arztes, wenn durch die Kassenärztliche Vereinigung oder eine Krankenkasse erfolglos Widerspruch gegen die ihn begünstigende Entscheidung eingelegt wird. Da insofern eine vergleichbare Ausgangslage gegeben ist, ist eine Kostenerstattung analog § 63 Abs. 1 SGB X vorzunehmen12. 10 11 12
SG Marburg, Urt. v. 24.01.2007, S 12 KA 712/06, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 18.04.1996, 4 C 6/95, NVwZ 1997, 272. BSG, Urt. v. 13.05.2006, B 6 KA 62/04 R, MedR 2007, 133. BSG, Urt. v. 11.12.1985, 6 RKa 35/84, MedR 1986, 227, 227f.
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3. Kostenentscheidung Die Konkretisierung des Kostenerstattungsanspruchs erfolgt in drei stufenweise aufeinander aufbauenden Entscheidungen. Zunächst ist in einer Kostengrundentscheidung darüber zu befinden, ob und ggf. in welchem Umfang der Widerspruchsführer die Erstattung seiner Kosten verlangen kann. Sodann ist gemäß § 63 Abs. 3 S. 2 SGB X im Zusammenhang mit der Kostengrundentscheidung darüber zu befinden, ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten notwendig war. Auf der Grundlage dieser beiden Entscheidungen wird auf Antrag des Erstattungsberechtigten die bezifferte Höhe des Kostenerstattungsanspruchs im Festsetzungsbescheid nach § 63 Abs. 3 S. 1 SGB X durch Verwaltungsakt bestimmt13.
11
a) Kostengrundentscheidung Der Berufungsausschuss hat seine Entscheidung mit einer Kostengrundentscheidung zu verbinden. Die Kostengrundentscheidung ergeht ohne gesonderten Antrag. Ist eine Kostengrundentscheidung unterblieben, kann im Wege einer Verpflichtungsklage eine isolierte Kostengrundentscheidung eingefordert werden14.
12
b) Hinzuziehung eines Rechtsanwalts Für die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist maßgeblich, ob der Widerspruchsführer es aus ex-ante-Sicht für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden, und dann einen Rechtsanwalt zugezogen hat. Es musste möglich erscheinen, dass schwierige Sach- oder Rechtsfragen eine Rolle spielen, so dass es dem Widerspruchsführer nicht zuzumuten war, das Verfahren allein zu führen15. Dies ist bei Streitigkeiten über die vertragsärztliche Zulassung auf Grund der damit verbundenen Bedeutung regelmäßig der Fall. Dies gilt selbst dann, wenn der Widerspruchsführer über eigene Sachkunde verfügt16.
13
Ist eine Kassenärztliche Vereinigung oder eine Krankenkasse am Widerspruchsverfahren beteiligt, ist auf deren Seite eine Hinzuziehung eines Rechtsanwalts hingegen grundsätzlich nicht notwendig17.
14
c) Kostenfestsetzung Die Festsetzung der zu erstattenden Kosten erfolgt nach § 63 Abs. 3 S. 1 SGB X auf Antrag durch gesonderten Festsetzungsbescheid. Insoweit können nur die angemessenen Kosten als erstattungsfähig festgesetzt werden. Der Widerspruchsführer hat den Kostenfestsetzungsantrag durch einen Nachweis über die angefallenen Kosten zu ergänzen. Zweckmäßigerweise wird mit dem Antrag daher die anwaltliche Kostenrechnung eingereicht. Der Berufungsausschuss hat dann zu prüfen, ob die 13 14 15 16 17
BSG, Urt. v. 09.09.1998, B 6 KA 80/97 R, NZS 1999, 205, 206. Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 18.04.1996, 4 C 6/95, NVwZ 1997, 272, 272f. BSG, Beschl. v. 29.09.1999, B 6 KA 30/99 B, MedR 2000, 246, 246. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29.04.1998, L 11 KA 182/97. Schallen, Zulassungsverordnung, Rz. 1423; Engelhard, NZS 2004, 299, 300.
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geltend gemachten Kosten angemessen sind, insbesondere die anwaltliche Kostenrechnung den rechtlichen Vorgaben entspricht. 16
Bei der Ansetzung der anwaltlichen Gebühren ist zu berücksichtigen, dass das Gebiet des Vertragsarztrechts wegen der dafür erforderlichen speziellen Kenntnisse als überdurchschnittlich schwierig einzuordnen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt über diese Kenntnisse verfügt, so dass sich die Angelegenheit für ihn nicht als überdurchschnittlich schwierig darstellt; Spezialkenntnisse des Rechtsanwalts sind insoweit unbeachtlich18.
17
Der maßgebliche Gegenstandswert bestimmt sich nach den Vorschriften des GKG. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Gegenstandswert nach der sich für den Antragsteller ergebenden Bedeutung der Sache nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. Fehlen dazu Anhaltspunkte, so ist der Gegenstandswert nach § 52 Abs. 2 GKG mit dem Regelgegenstandswert von 5.000 Euro anzusetzen. Eine Festsetzung des Gegenstandswerts durch den Berufungsausschuss erfolgt allerdings mangels rechtlicher Grundlage nicht. Der Berufungsausschuss hat sich im Rahmen der Kostenfestsetzung lediglich als Vorfrage mit dem Gegenstandswert zu befassen19.
18
In Rechtsprechung und Literatur werden folgende Gegenstandswerte für einzelne vertragsärztliche Angelegenheiten angenommen20:
19
Bei Verfahren auf Erteilung einer Zulassung hat die Rechtsprechung zunächst die Höhe der Einnahmen, die der Arzt im Falle seiner Zulassung innerhalb der nächsten fünf Jahre erzielen könnte, gemindert um die durchschnittlichen Praxiskosten, zugrunde gelegt21. Die maßgebliche Zeitspanne ist nunmehr vom Bundessozialgericht für Zulassungsverfahren, die vor dem 01.01.2002 in erster Instanz anhängig geworden sind, auf drei Jahre verkürzt worden22. Für die Bemessung der Einnahmen ist mangels individueller Umsätze des Antragstellers regelmäßig auf den Betrag abzustellen, der im Gesamtbundesdurchschnitt (bzw. für Zulassungen in den neuen Bundesländern im Durchschnitt dieser Länder) für die Arztgruppe ausgewiesen ist, welcher der Arzt angehört23. Für die Bemessung der durchschnittlichen Praxiskosten werden von der Rechtsprechung regelmäßig die bundeseinheitlich festgesetzten Kostensätze gemäß der Anlage 3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM in der bis zum 30.06.2003 geltenden Fassung zugrunde gelegt24. Von dem Grundsatz der statistischen Betrachtung ist abzuweichen, wenn ein atypischer Fall vorliegt, in dem davon ausgegangen werden muss, dass die durchschnittlichen Umsätze der Arzt18 19 20 21 22 23 24
Winkler in: Mayer/Kroiß (Hrsg.), Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, § 14, Rz. 21; Harneit, ZMGR 2005, 123, 124. BSG, Urt. v. 11.06.1986, 6 RKa 13/85; Bay. LSG, Urt. v. 07.06.2000, L 12 KA 505/99. Übersichten finden sich bei Wenner/Bernard, NZS 2001, 57; dies. NZS 2003, 568; dies. NZS 2006, 1; Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2006, NZS 2006, 350. BSG, Beschl. v. 07.12.1984, 6 RKa 6/82, MedR 1986, 85, 95. BSG, Beschl. v. 01.09.2005, B 6 KA 41/04 R, GesR 2006, 79, 80f.; BSG, Beschl. v. 12.09.2006, B 6 KA 70/05 B, NZS 2007, 560. BSG, Beschl. v. 12.10.2005, B 6 KA 47/04 B, MedR 2006, 236. Wenner/Bernard, NZS 2006,1, 3.
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gruppe dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers auch nicht annähernd entsprechen25. Stehen lediglich Nebenbestimmungen der erteilten Zulassung in Streit, ist die Bemessung der Gegenstandswertes höchst umstritten. Zum Teil wird in diesen Fällen der für die Zulassung selbst gegebene Gegenstandswert zugrunde gelegt, da der Bestand der Zulassung vom Einhalten der Nebenbestimmung abhängig ist26. Dagegen wird zum Teil pauschal der fünffache Regelgegenstandswert herangezogen27. Nach wiederum anderer Auffassung soll es auf die konkrete Nebenbestimmung ankommen28. Diese Ansicht ist zutreffend, da das wirtschaftliche Interesse an der Anfechtung der Nebenbestimmung trotz der unmittelbaren Verknüpfung von Zulassung und Nebenbestimmung regelmäßig nicht mit dem wirtschaftlichen Interesse am Erhalt der Zulassung gleichgesetzt werden kann. So ist das wirtschaftliche Interesse an der Anfechtung einer Wohnsitzauflage grundsätzlich anders zu beurteilen als bei der Anfechtung einer Nebenbestimmung zur Aufgabe einer gleichzeitigen Angestelltentätigkeit.
20
Bei Konkurrentenstreitigkeiten im Praxisnachfolgeverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V („offensive Konkurrentenklage“) wird der Gegenstandswert teilweise auf ein Drittel des Wertes bemessen, der für das volle Zulassungsinteresse eines Arztes in einem Streit um eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung angesetzt wird. Dieser Abschlag auf ein Drittel des vollen Zulassungsinteresses wird damit begründet, dass dem konkurrierenden Bewerber nur eine anteilige Auswahlchance zukommt29.
21
Bei Ermächtigungen ist auf die innerhalb des Ermächtigungszeitraums zu erwartenden Honorareinnahmen abzüglich der Sach- und Praxiskosten abzustellen30. Bei ermächtigten Krankenhausärzten stellen die an den Krankenhausträger abzuführenden Kostenbeiträge die in Abzug zu bringenden Praxiskosten dar.
22
Bei defensiven Konkurrentenklagen gegen (Sonderbedarfs)Zulassungen oder Ermächtigungen richtet sich die Bestimmung des Gegenstandswerts ebenfalls nach den vorstehenden Grundsätzen31. Die gilt auch dann, wenn eine Kassenärztliche Vereinigung sich gegen eine erteilte (Sonderbedarfs)Zulassung oder Ermächtigung wendet32. Dabei kann der Gegenstandswert hinsichtlich der einzelnen Verfahrensbeteiligten unterschiedlich hoch sein33. So geht es bei defensiven Konkurrentenklagen für den neu zugelassenen Arzt um die Zulassung als solche, wohingegen sich
23
25 26 27 28
29 30 31 32 33
BSG, Beschl. v. 12.09.2006, B 6 KA 70/05 B, NZS 2007, 560, 560. Wenner/Bernard, NZS 2003, 568, 571. SG Nürnberg, Beschl. v. 13.12.2001, S 6 KA 13/99. In diese Richtung LSG Niedersachsen, Beschl. v. 19.09.2001, L 3 B 223/01 KA, das bei einem streitgegenständlichen anderweitigen Anstellungsverhältnis 2/3 des in diesem Verhältnis über zwei Jahre zu erzielenden Bruttolohns als Gegenstandswert zugrunde legt. LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.06.2007, L 4 B 269/06 KA ER, GesR 2007, 421, 423. BSG, Urt. v. 06.09.1993, 6 RKA 25/91, NZS 1994, 142, 143f. BSG, Beschl. v. 07.12.2006, B 6 KA 42/06 R, ZMGR 2007, 44, 44. BSG, Beschl. v. 12.09.2006, B 6 KA 70/05 B, NZS 2007, 560, 560. Vgl. dazu allgemein Wenner/Bernard, NZS 2003, 568, 570.
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das wirtschaftliche Interesse des konkurrierenden Arztes darauf richtet, drohende Einnahmeverluste abzuwehren. Aus Sicht des konkurrierenden Arztes beschränkt sich der Gegenstandswert mithin auf die Höhe der zu erwartenden Einnahmeverluste; dabei ist auf einen Drei-Jahres-Zeitraum abzustellen. 24
In Zulassungsentziehungsverfahren ist entsprechend den Grundsätzen zur Bestimmung des Gegenstandswerts bei Zulassungsverfahren auf die Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit abzüglich der Praxiskosten abzustellen, die der Arzt innerhalb der nächsten drei Jahre hätte erzielen können. Bei nicht vollzogenen Zulassungsentziehungen kann auf die tatsächlich erzielten Einnahmen abzüglich der tatsächlichen Praxiskosten abgestellt werden34. Bei vollzogenen Zulassungsentziehungen können die in der Vergangenheit erzielten Einnahmen des Vertragsarztes abzüglich der tatsächlichen Praxiskosten herangezogen werden35. Kann nicht auf eigene Umsatzzahlen des betroffenen Arztes zurückgegriffen werden, so ist der durchschnittliche Umsatz der Arztgruppe abzüglich der durchschnittlichen Praxiskosten zugrunde zu legen. Erreicht der betroffene Arzt die Altersgrenze von 68 Jahren vor dem maßgeblichen Zeitraum von drei Jahren, so ist auf den entsprechend kürzeren Zeitraum abzustellen.
25
Der Gegenstandswert für einstweilige Rechtsschutzverfahren in Zulassungs- und Zulassungsentziehungsangelegenheiten ist in der Höhe der Einnahmen festzusetzen, die der betroffene Arzt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens erzielen kann; die durchschnittlichen Praxiskosten sind wiederum in Abzug zu bringen. Ein weitergehender Abschlag wegen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur summarischen gerichtlichen Prüfung ist nicht vorzunehmen, da eine einstweilig erstrittene Zulassung trotz ihres nur vorläufigen Charakters in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen einer „vollen“ Zulassung gleichkommt36.
26
Beim Antrag auf Ruhen der Zulassung lässt sich das wirtschaftliche Interesse regelmäßig nicht konkret festmachen. Als Anknüpfungspunkt ist daher auf den Regelgegenstandswert abzustellen. Dieser ist je nach den Umständen des Einzelfalls um ein Mehrfaches zu erhöhen. Teilweise wird pauschal der fünffache Regelgegenstandswert angenommen37.
27
Bei der Genehmigung von Berufsausübungsgemeinschaften lässt sich das wirtschaftliche Interesse der Ärzte nur schwerlich bestimmen. Ein Abstellen auf den einfachen Regelsatz wird der Bedeutung der angestrebten Genehmigung jedoch regelmäßig nicht gerecht. In der Instanzrechtsprechung ist daher u.a. auf den fünffachen Regelsatz abgestellt worden38. Das Bundessozialgericht hat in einem älteren Urteil 34 35 36
37 38
SG Marburg, Beschl. v. 19.06.2006, S 12 KA 1024/05. So wohl auch Wenner/Bernard, NZS 2003, 568, 571. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.07.2001, L 1 B 6/99 KA; SG Hannover, Beschl. v. 05.09.2001, S 24 KA 149/00 ER; Wenner/Bernard, NZS 2003, 568, 571; a.A. LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.06.2007, L 4 B 269/06 KA ER, GesR 2007, 421, 422, das auf den hälftigen Betrag abstellt. SG Stuttgart, Beschl. v. 17.07.1995, S 5 Ka 2811/94. SG Nürnberg, Urt. v. 17.12.2003, S 6 KA 1/03; Bay. LSG, Urt. v. 07.06.2000, L 12 KA 505/ 99.
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aus dem Jahre 1984 den Gegenstandswert für die Genehmigung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis unter Berücksichtigung der – leider nicht näher erläuterten – Einzelfallumstände mit 120.000 DM angenommen39. Die Gründung medizinischer Versorgungszentren ist aus wirtschaftlicher Sicht unterschiedlich zu betrachten. Wird z.B. eine fachübergreifende Beraufsausübungsgemeinschaft in ein medizinisches Versorgungszentrum „umgewandelt“, ist das wirtschaftliche Interesse relativ gering. Erwirbt hingegen ein Krankenhausträger Arztpraxen samt Zulassungen nach § 103 Abs. 4a SGB V, um ein medizinisches Versorgungszentrum zu gründen, geht es um den erstmaligen Marktzutritt, so dass – entsprechend der Rechtsprechung zu Zulassungsangelegenheiten – die Einnahmen, die innerhalb von drei Jahren erzielt werden können, abzüglich der durchschnittlichen Praxiskosten heranzuziehen sind. Fehlen hier weitere Anhaltspunkte, so ist hinsichtlich der Einnahmen und Praxiskosten auf die Durchschnittswerte der im medizinischen Versorgungszentrum vorhandenen Fachgebiete abzustellen.
28
Bei Genehmigungsverfahren zur Beschäftigung eines angestellten Arztes ist ebenfalls eine differenzierende Betrachtungsweise angezeigt. Das wirtschaftliche Interesse bemisst sich nach dem Bundessozialgericht nach der Steigerung des Einkommens des anstellenden Arztes aus vertragsärztlicher Tätigkeit, wobei von der Erhöhung des Bruttoumsatzes durch die Tätigkeit des angestellten Arztes auszugehen ist und dann die allgemeinen Praxiskosten sowie das dem angestellten Arzt zu zahlende Gehalt abzusetzen sind40. Dieser Wert ist – anders als in vertragsärztlichen Zulassungssachen – lediglich auf die Dauer von zwei Jahren zu erstrecken41.
29
Diese Wertbestimmung, die auf einem Urteil aus dem Jahr 1998 beruht, kann jedoch nicht vorgenommen werden, wenn der anzustellende Arzt gemäß § 103 Abs. 4a oder 4b SGB V auf seine Zulassung verzichtet, um bei einem Vertragsarzt oder einem medizinischen Versorgungszentrum als angestellter Arzt tätig zu werden. In einem solchen Fall geht es – wirtschaftlich betrachtet – um die Übertragung der Arztstelle. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu Zulassungsangelegenheiten wird man daher von den Einnahmen auszugehen haben, die der Vertragsarzt bzw. das medizinische Versorgungszentrum innerhalb der nächsten drei Jahre „auf dieser Arztstelle“ erzielen kann. Auf der Kostenseite sind dann allerdings nicht nur die durchschnittlichen Praxiskosten zu berücksichtigen, sondern auch die an den anzustellenden Arzt zu zahlende Vergütung.
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Geht es um die Anstellung eines Assistenten, so bemisst sich das wirtschaftliche Interesse nach den zu erwartenden Mehreinnahmen durch die Beschäftigung des Assistenten, wobei von den Einnahmen des anstellenden Arztes auszugehen ist und die Praxiskosten sowie das dem Assistenten zu zahlende Gehalt abzusetzen sind42. Dabei ist es angemessen, für die Umsatzsteigerung durch einen Weiterbildungsassistenten von dem in § 85 Abs. 4b S. 7 SGB V in der Fassung des GKV-SolG genannten
31
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BSG, Urt. v. 06.01.1984, 6 RKa 7/81. BSG, Beschl. v. 07.01.1998, 6 RKa 84/95, MedR 1998, 186, 186. BSG, Beschl. v. 07.01.1998, 6 RKa 84/95, MedR 1998, 186, 186. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 23.02.1999, L 5 KA 3426/98 W-B.
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Wert von 25% auszugehen43. Da es beim Entlastungsassistenten nicht um eine Umsatzsteigerung geht, wird bei diesem teilweise der fünffache Regelgegenstandswert zugrunde gelegt44. 32
Bei der Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis wird in der Instanzrechtsprechung teilweise vom einfachen45 oder dreifachen46 Regelgegenstandswert ausgegangen. In der Literatur wird teilweise der fünffache Regelgegenstandswert zugrunde gelegt47. Eine derart pauschale Betrachtungsweise ist nur angezeigt, wenn es keine Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers am Betrieb der Zweigpraxis gibt. Das wirtschaftliche Interesse bemisst sich nach den zu erwartenden Einnahmen abzüglich der durch den Betrieb der Zweigpraxis ausgelösten Kosten. Dabei soll nach dem Landessozialgericht Schleswig-Holstein nicht auf einen Drei-Jahres-Zeitraum, sondern lediglich auf einen Zwei-Jahres-Zeitraum abzustellen sein48.
33
Geht es um die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V bemisst sich das wirtschaftliche Interesse nach den zu erzielenden Mehreinnahmen abzüglich der dadurch veranlassten Mehrkosten. Dabei ist auf den beantragten Geltungszeitraum der Ausnahmegenehmigung, höchstens jedoch auf drei Jahre, abzustellen.
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Beim Streit um die Eintragung in das Arztregister ist auf Grund der Bedeutung der Arztregistereintragung als notwendige Vorstufe zur Zulassungserteilung vom fünffachen Regelgegenstandswert auszugehen49.
35
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wird der Gegenstandswert häufig festgelegt, indem der Wert der Hauptsache pauschal auf 1/250 oder 1/3 51 gekürzt wird. Dies kann jedoch nicht gelten, wenn die Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens derjenigen des Hauptsacheverfahrens gleich steht oder aber zumindest äußerst nahe kommt. In diesen Fällen ist auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Gegenstandswert der Hauptsache auszugehen52. 4. Rechtsmittel
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Gegen die Kostengrundentscheidung steht den Betroffenen der Weg zu den Sozialgerichten offen. Der Widerspruchsbescheid ist dann isoliert hinsichtlich der Kostengrundentscheidung anzugreifen. Je nach Ausgangslage ist die Anfechtungs43 44 45 46 47 48 49 50 51 52
LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 23.02.1999, L 5 KA 3426/98 W-B. Hess. LSG, Beschl. v. 28.09.2004, L 7 B 1/98 KA. Hess. LSG, Beschl. v. 25.04.2000, L 7/B 38/98 KA. SG Marburg, Beschl. v. 27.08.2007, S 12 KA 346/07 ER. Wenner/Bernard, NZS 2003, 568, 572. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 09.11.2004, L 6 KA 22/03, NZS 2005, 329, 331. SG Dresden, Beschl. v. 08.06.1995, S 11 Ka 19/94. LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 04.12.2003, L 4 KA 2/03 ER, NZS 2005, 223, 224; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.05.2007, L 10 B 27/06 KA. Hess. LSG, Beschl. v. 09.07.2002, L 7 KA 307/02 ER. Wenner/Bernard, NZS 2003, 568, 572.
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§ 45
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oder Verpflichtungsklage die richtige Klageart. Da die dem Widerspruchsführer zu erstattenden Kosten letztlich durch die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände die Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen zu tragen sind53, sind diese auch zur Anfechtung der Kostengrundentscheidung befugt54. Der Bescheid über die Kostenfestsetzung stellt einen eigenständigen Verwaltungsakt dar55. Da dieser Verwaltungsakt bereits vom Berufungsausschuss als zweite Verwaltungsinstanz erlassen wird, bedarf es ausnahmsweise keines weiteren Vorverfahrens56. Der Kostenfestsetzungsbescheid kann vielmehr unmittelbar durch Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage vor dem Sozialgericht angegriffen werden.
53 54 55 56
Vgl. dazu Rz. 6. A.A. LSG Berlin, Beschl. v. 02.12.1996, L 7 Ka-S 50/96. Rz. 2. Vgl. dazu BSG, Urt. v. 09.09.1998, B 6 KA 80/97 R, NZS 1999, 205, 207.
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Abschnitt XII
Gebühren
Abschnitt XII Gebühren
§ 46 (1) Für das Verfahren werden nachstehende Gebühren erhoben: a) bei Antrag auf Eintragung des Arztes in das Arztregister 100 Euro b) bei Antrag des Arztes oder des medizinischen Versorgungszentrums auf Zulassung 100 Euro c) bei sonstigen Anträgen, mit denen der Arzt, das medizinische Versorgungszentrum oder die sonstige ärztlich geleitete Einrichtung die Beschlussfassung des Zulassungsausschusses anstrebt 120 Euro d) bei Einlegung eines Widerspruchs, durch den der Arzt, das medizinische Versorgungszentrum oder die sonstige ärztlich geleitete Einrichtung die Änderung eines Verwaltungsaktes anstrebt, 200 Euro. Die Gebühren sind mit der Stellung des Antrages oder Einlegung des Widerspruchs fällig. Wird einem Widerspruch ganz oder teilweise stattgegeben, so wird die nach Buchstabe d entrichtete Gebühr zurückgezahlt. (2) Außer der Gebühr nach Absatz 1 werden als Verwaltungsgebühren erhoben: a) nach unanfechtbar gewordener Zulassung 400 Euro b) nach erfolgter Eintragung einer auf § 31 Abs. 1 bis 3 oder § 31a Abs. 1 beruhenden Ermächtigung in das Verzeichnis nach § 31 Abs. 10 400 Euro c) nach erfolgter Genehmigung der Anstellung eines Arztes bei einem Vertragsarzt, in einem medizinischen Versorgungszentrum nach § 95 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder einer Einrichtung nach § 311 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch 400 Euro d) nach erfolgter Eintragung einer auf § 32b Abs. 2 beruhenden Genehmigung in das Verzeichnis nach § 32b Abs. 4 400 Euro. (3) Es sind zu zahlen a) die Gebühren nach Absatz 1 Buchstabe a an die Kassenärztliche Vereinigung, b) die Gebühren nach Absatz 1 Buchstaben b und c und Absatz 2 Buchstaben a und b an die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses, c) die Gebühr nach Abs. 1 Buchstabe d an die Geschäftsstelle des Berufungsausschusses.
Nach § 46 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV werden die Gebühren mit der Antragstellung bzw. Widerspruchseinlegung fällig. Wird bei Einlegung eines Widerspruchs die Gebühr nicht innerhalb einer gesetzten Frist gezahlt, gilt der Widerspruch nach § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV als zurückgenommen. Die Rücknahme von Widerspruch oder Antrag hat jedoch keinen Einfluss auf die Verpflichtung zur Gebührenzahlung, da die Ge-
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§ 46
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bühr bereits mit Antragstellung bzw. Widerspruchseinlegung fällig wird und ein nachträglicher Wegfall der Zahlungsverpflichtung für den Fall der Rücknahme nicht vorgesehen ist.
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Abschnitt XII
Gebühren
Abschnitt XIII Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 47 (1) Diese Zulassungsverordnung tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. (2) Die §§ 25 und 31 Abs. 9 gelten erst für Anträge von Psychotherapeuten, die nach dem 31. Dezember 1998 gestellt werden.
Die Ärzte-ZV ist am 28.05.1957 beschlossen worden und zum 01.06.1957 in Kraft getreten1. Sie ist zwischenzeitlich mehrfach geändert worden. Die letzte wesentliche Änderung erfolgte im Rahmen des GKV-WSG vom 26.03.2007. Die Regelung in § 47 Abs. 2 Ärzte-ZV ist zwischenzeitlich durch die Aufhebung der §§ 25, 31 Abs. 9 Ärzte-ZV überholt.
§ 48–§ 56 Die §§ 48– 56 Ärzte-ZV sind weitgehend gegenstandslos. Der Gesetzestext ist vollständig abgedruckt (S. 1ff.).
1
BGBl. I 1957, 572.
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Stichwortverzeichnis
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Stichwortverzeichnis (die fettgedruckten Ziffern bezeichnen den §, die dünngedruckten Ziffern bezeichnen die Randziffer)
A
– Gegenstandswert (Genehmigung) 45, 27ff. Abrechnungsmanipulationen 27, 13 – Genehmigung 32b, 34ff. – s. auch Entziehung der Zulassung – Hochschullehrer 32b, 22 Administrative Pflichten 27, 15 – Job-Sharing 32b, 8ff. – s. auch Entziehung der Zulassung – KV-Mitgliedschaft 32b, 49f. Akteneinsicht 36, 4; 42, 6 – Leistungserbringung 32b, 46f. – Nachbesetzungsverfahren 16b, 88 – Medizinisches Versorgungszentrum Allgemeinmedizin 32b, 31; Anhang zu 18, 61, 92f. – Fachgebietsweiterbildung 3, 11, 14ff. – Nachbesetzungsverfahren 16b, 112 Allgemeine Verhältniszahl 16b, 5 – Status 32b, 48ff. (Höchst-)Altersgrenze 28, 19ff. – Angestellter Arzt 28, 28; 32b, 39, 44 – Tätigkeitsumfang 32b, 27 – Vertragszahnarzt 32b, 30 – Berechnung 28, 20 – Zweigpraxis 24, 51ff.; 32b, 23 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, Anlagevermögen 16b, 45 95f. Anstellungsgenehmigung 32b, 34ff. – Privilegierung 28, 21 – Antrag 32b, 35ff. – Psychotherapeuten 28, 29 – Aufhebung 27, 60, 63; 32b, 44 – Verfassungsmäßigkeit 28, 23 – Unterversorgung 32b, 45 – Vertreter 32, 23 Apparategemeinschaft 33, 4 Amtsermittlungspflicht Approbation – s. Untersuchungsgrundsatz – Vertragszahnärzte 3, 20 Amtshaftung 34, 13 – Voraussetzungen 3, 5ff. Anästhesist Arzt im Praktikum 3, 16 – Vertragsarztsitz 24, 79f. Ärzte-ZV Angestellter (Arzt) – s. Zulassungsverordnung – (Höchst-)Altersgrenze 28, 28; 32b, Arztregister 1; 2; 3; 11, 3 39, 44 – Antrag 3, 2; 4, 5 – Anstellungsvertrag 32b, 41 – Antragsunterlagen 4, 6 – Antrag 32b, 35ff. – Approbation 3, 5, 9 – Anzahlmäßige Beschränkung 32b, – Beweismittel 4, 7 24ff. – Bundesarztregister 10, 1 – Bedarfsplan 32b, 4ff. – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 40 – Definition 1, 3 – Eingeschränkter Versorgungsauftrag – Disziplinarbeschlüsse 6, 6 – Eintragung als Verwaltungsakt 6, 3 32b, 28 – Einstellung nach Zulassungsverzicht – Eintragungsanspruch 1, 5 – Eintragungsrechtsfolgen 1, 16 32b, 17ff.; 24, 18f. – Fachfremdheit 32b, 32ff. – Eintragungsrelevante Tatsachen 6, 4
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– – – – – –
Stichwortverzeichnis
Eintragungsvoraussetzungen 3, 4ff. Eintragungsfähige Personen 1, 12ff. Einsichtnahme 9, 1ff. Formulare 3, 3; 4, 5 Gegenstandswert 45, 32 Medizinisches Versorgungszentrum 1, 13; 2, 2ff. – Mitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung 1, 16 – Personenangaben 2, 1 – Planungsbereich 1, 17 – Registerzuständigkeit 4, 2ff. – Sichtungsfunktion 1, 4 – Streichung 7, 1ff. – Teilzulassung 4, 4 – Umschreibung bei Zulassung 5, 5 – Vorabprüfung 1, 3 – Warteliste 1, 17 – Wohnort 4, 3 – Wohnortwechsel 5, 1ff. – Zuständige Stelle 8, 1 Arztstelle 24, 18; 32b, 18 – Nachbesetzung 32b, 20 – Rückumwandlung 32b, 21 – Übergang auf Praxisnachfolger 32b, 6 Assistent 32, 41ff. – Ausbildungsassistent 32, 54 – Berufsausübungsgemeinschaft 32, 44 – Entlastungsassistent 32, 59ff. – Genehmigung 32, 45ff. – Sicherstellungsassistent 32, 59 – Vergrößerung der Kassenpraxis 32, 49 – Vorbereitungsassistent 32, 65 – Weiterbildungsassistent 32, 55ff. Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums 28, 26 Ausbildungsassistent 32, 54 Ausgelagerte Praxisräume 24, 69ff. – Anzeigepflicht 24, 69 – Begriff 24, 70ff. – Räumliche Nähe 24, 75f. Ausgliederung von Krankenhausabteilungen 20, 18ff.
Ausnahmegenehmigung für KOLeistungen 18, 12 Auswahlentscheidung 16b, 116ff.
B Bedarf – Ermächtigung 31, 2; 31a, 7ff. Bedarfsplan/Bedarfsplanung 12, 11ff. – Angestellter Arzt 32b, 4ff. – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 59, 99 – Teilzulassung 19a, 8 – Unterversorgung 15, 1 – Wechsel der Facharztbezeichnung 24, 81f. – Zulassungsbeschränkungen 16b, 2 – Zweck 12, 1 – Zweigpraxis 24, 39, 64 Beendigung der Zulassung 28, 2 – (Höchst-)Altersgrenze 28, 19ff. – Fortbildungsnachweis 28, 14 – Medizinisches Versorgungszentrum 28, 25 – Mitteilungsverpflichtete 28, 24 – Tod 28, 15ff. – Verzicht 28, 4ff. – Wegzug 28, 17ff. – Widerspruch 28, 3 Behandlungsverweigerung 27, 17 Belegarzt/Belegarztzulassung 16b, 56, 126ff.; 24, 33 – Anzahl je Krankenhausabteilung 16b, 136 – Angebotsausschreibung 16b, 131 – Belegarztvertrag 16b, 132 – Konkurrentenklage 16b, 135 – Kooperatives Belegarztwesen 16b, 136 – Nachbesetzungsverfahren 16b, 56, 137 – Rechtsschutz 16b, 135 – „Unechter“ ~ 20, 27 – Zuständigkeit 16b, 130
Stichwortverzeichnis
Berufsausübung – Gemeinsame ~ s. Berufsausübungsgemeinschaft Berufsausübungsgemeinschaft 33, 23ff. – Altersgrenze 33, 95f. – Altverbindlichkeiten s. Haftung – Anstellungsverhältnis 33, 26, 30, 123f. – Angestellter Arzt 33, 40 – Arztgruppenidentität 33, 62 – Arztstelle 32b, 19 – Assistent 32, 44 – Auflagen 33, 42, 116 – Bedarfsplanung 33, 59, 99 – Beendigung 44, 13 – Betriebsstätte s. Vertragsarztsitz – Beurteilungsspielraum 33, 75 – Drittwiderspruch 44, 8, 13; s. auch Konkurrentenwiderspruch – Entgeltliche Patientenzuweisung 33, 56f. – Fachgebietsgleiche ~ 33, 35 – Fachgebietsgrenzen 33, 36 – Fachgebietsverschiedene ~ 33, 35 – Gegenstandswert (Genehmigung) 45, 25 – Genehmigung 33, 100f., 113ff., 128 – Genehmigungsbescheid 33, 115 – Gemeinsame Berufsausübung s. Zweck – Gesellschaftsvermögen 33, 28 – Gewinnverteilung 33, 27 – Haftung 33, 86ff. – Job-Sharing 33, 59ff., 111 – Kick-Back s. entgeltliche Patientenzuweisung – Konkurrentenwiderspruch/-klage 33, 83 – KV-übergreifende ~ 33, 47ff., 109, 126 – Leistungsbeschränkung 33, 63f. – Medizinisches Versorgungszentrum 33, 24, 85 – Mitglied 33, 24, 38, 97, 113f., 122
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– Nachbesetzungsverfahren 33, 32, 69, 82; 16b, 49ff., 70, 96 – Nebenbetriebsstätte 33, 46, 49 – Nebentätigkeit 33, 43 – Örtliche ~ 33, 38, 102, 107, 114 – Patientenkartei 33, 31 – Praxisgemeinschaft 33, 1f., 12, 13 – Präsenzpflicht 33, 39ff. – Privatarzt 33, 84 – Prüfungskompetenz der Zulassungsgremien 33, 104ff. – Psychotherapeuten 33, 24 – Rechtsform 33, 85 – Rücknahme der Genehmigung 33, 118 – Selbstständigkeit 33, 26ff., 123f. – Sonderbedarf 33, 70ff., 111 – Standortübergreifende Tätigkeit einzelner Ärzte 24, 77 – Teilberufsausübungsgemeinschaft 33, 53ff., 103, 110, 127 – Überörtliche ~ 33, 38ff., 60, 71, 102, 108f., 114, 125f. – Versorgungsschwerpunkt 33, 45, 49 – Vertrag 33, 106, 128 – Vertragsarztsitz 33, 37f., 39ff., 44ff., 48ff. – Vertragszahnarztsitz 33, 125f. – Vertretung 32, 12 – Wahl der maßgeblichen Kassenärztlichen Vereinigung 33, 48ff. – Wettbewerbsverbot 33, 99 – Widerruf der Genehmigung 33, 118 – Widerspruch 33, 119 – Zahnärzte 33, 24, 121ff. – Zulassung 33, 59, 66f., 77ff., 97 – Zuständigkeit 33, 50, 101ff. – Zweck 33, 25, 53, 84, 123 Berufungsausschuss 35 – Eigenständige Zulassungseinrichtung 35, 2 – Entziehung der Zulassung 27, 41ff. – Psychotherapeuten 35, 6 – Vorsitzender 35, 3 – Zahnärzte 35, 7
542
Stichwortverzeichnis
– Zusammensetzung 35, 1 Betriebsarzt 20, 14 Beteiligte – s. Verfahren, Beteiligte Betriebsstätte – s. Vertragsarztsitz Bewährungszeit 27, 53 Bewerberliste 16b, 79ff. Bürgschaft – Praxiskaufvertrag 16b, 104 Bundesarztregister 1, 19; 10, 1
D Disziplinarverfahren – Hälftiges Ruhen der Zulassung 19a, 20 Doppelzulassung 18, 13f. Drittwiderspruch s. Konkurrentenwiderspruch
E Entgeltliche Patientenzuweisung – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 56f. Entlastungsassistent 32, 59ff.; 19a, 6 Entziehung der Zulassung 27 – Abrechnungsmanipulationen 27, 13 – Administrative Pflichten 27, 15 – Angemessenheit 27, 27 – Anstellungsgenehmigung 27, 60, 63 – Behandlungsverweigerung 27, 17 – Bekanntgabe des Entziehungsbeschlusses 27, 39 – Beteiligte 27, 33 – (Verfahren vor dem) Berufungsausschuss 27, 41ff. – Bewährungszeit 27, 53 – Bindung an Entscheidung der Prüfgremien 27, 36 – Disziplinarverfahren 27, 2 – (Konkurrenz zum) Disziplinarverfahren 27, 26 – Eigentumsgrundrecht/-garantie 27, 25
– Einstweiliger Rechtsschutz gegen sofortige Vollziehung 27, 51 – Entfall der Zulassungsvoraussetzungen 27, 5 – Erforderlichkeit 27, 26 – Falschabrechnung 27, 13 – Fortbildungspflicht 27, 20 – Geeignetheit 27, 25 – Gegenstandswert 45, 22 – Gröblichkeit (des Pflichtenverstoßes) 27, 21ff., 61 – Hälftige ~ 19a, 21; 27, 28ff. – Klageverfahren 27, 50 – Ladung 27, 34 – Medizinisches Versorgungszentrum Anhang zu 18, 112ff.; 27, 56ff. – Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit bei Zulassungsbeschränkungen 27, 6ff., 57ff.; 19, 11 – Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit ohne Zulassungsbeschränkungen 27, 8ff., 57ff. – Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit 27, 9 – Nichterfüllung einer Auflage 24, 27 – (Gröbliche) Pflichtverletzungen 27, 10ff., 19ff. – Rechtsbehelfsbelehrung 27, 43 – Residenzpflicht 24, 29 – Sofortige Vollziehung des Entziehungsbeschlusses 27, 40, 47ff. – Teilentziehung 27, 28ff. – Untersuchungsgrundsatz 27, 36 – (Zweistufiges) Verfahren 27, 31 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 27, 24ff. – Vertretung bei Sofortvollzug 32, 28 – Verwaltungsakt 27, 1 – Verzicht 27, 54 – Voraussetzungen 27, 4ff. – (Hauptamtliche) Vorstandsmitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung 27, 29 – Widerspruch 27, 41 – Widerspruchsgebühr 27, 45
Stichwortverzeichnis
– Wiederzulassung 27, 27, 52ff. – Wirksamkeit des Entziehungsbeschlusses 27, 39 – Wirtschaftlichkeitsgebot 27, 16 – (Nachträgliches) Wohlverhalten 27, 27 Ermächtigung 31; 31a; 32a – Antrag 31, 8, 14, 18, 40; 31a, 13 – Anwendbarkeit 31, 3 – Aufschiebende Wirkung 31, 15 – Bedarf 31, 2; 31a, 7ff. – Bedarfsprüfung 31, 3, 5, 13, 31, 41; 31a, 7ff. – Beschluss 31, 15, 41ff.; 31a, 14 – Bestandsschutz 31, 18 – Beurteilungsspielraum 31, 30, 41; 31a, 7 – Einstweiliger Rechtsschutz 31, 16 – Facharztfilter 31, 42; 31a, 14 – Hinzuziehung 31, 14 – Institutsermächtigung 31, 4, 6ff., 19, 24, 36ff. – Konkurrentenwiderspruch/-klage 31, 10ff.; 31a, 3 – Krankenhausarzt 31, 36; 31a, 5f., 11ff. – Nachrangigkeit 31, 11 – Persönliche Ermächtigung 31, 4, 7f., 19, 40; 31a, 2 – Persönliche Leistungserbringung 32, 6; 32a, 1ff. – Planungsbereich 31, 13; 31a, 9f. – Psychotherapeuten 31a, 17 – Qualifikationsvoraussetzungen 31, 36 – Rangfolge der Ermächtigungstatbestände 31, 4ff. – Register 31, 46; 31a, 16 – Rücknahme 31, 38; 31a, 15 – Sonderbedarfszulassung 31, 2, 18 – Subsidiarität 31, 12f., 21, 26; 31a, 2; s. auch Vorrang der Zulassung und Nachrangigkeit der ~ – Ungeeignetheit 31, 37f. – Unterversorgung 31, 19ff.
543
– – – – –
Vertragsarztfilter s. Facharztfilter Vertretung 32a, 3ff. Vorrrang der Zulassung 31, 2 Widerruf 31, 39; 31a, 15 Widerspruch s. aufschiebende Wirkung – Zulassungsausschuss 31, 40 – Zweigpraxis 24, 41ff.
F Facharztbezeichnung 18, 9ff. – Wechsel 24, 81f. Facharztfilter – Ermächtigung 31, 42; 31a, 14 Fachgebietsweiterbildung 3, 10ff. Falschabrechnung 27, 13 – s. auch Entziehung der Zulassung Fortbildungspflicht 27, 20 – s. auch Entziehung der Zulassung Freie Praxis 32, 9f.
G Gebühren 46 Gegenstandswert 45, 17ff. Gesamtpunktzahlvolumen 32b, 13 Gewinnpooling – Praxisgemeinschaft 33, 12 Gnadenquartal 32, 27 Good-will – s. immaterielles Vermögen
H Halber/Hälftiger Versorgungsauftrag – s. Teilzulassung Hochschullehrer 32b, 22
I Immaterielles Vermögen 16b, 45 Institutsermächtigung 31, 4, 6ff., 19, 24, 36ff. Insolvenz 24, 20
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Stichwortverzeichnis
J
L
Job-Sharing – Anstellung 32b, 8ff., 37 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 59ff., 111 – Vollzulassung bei partiell entsperrtem Planungsbereich 16b, 15ff.
Leistungserbringergemeinschaft 24, 78; 33, 6 Lokale Unterversorgung 16, 18
K Kaufvertrag – Nachbesetzungsverfahren 16b, 100 – Patientendaten 16b, 104 – Schriftform 16b, 105 – Unverzichtbare Vertragsbestandteile 16b, 104 Kick-Back s. entgeltliche Patientenzuweisung Kinderbetreuung/-erziehung – Ruhen der Zulassung 26, 27 Knappschaftsarzt 19, 1 Kollegiale Vertretung 32, 11 Konkurrentenwiderspruch/-klage – Belegarztzulassung 16b, 135 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 83; 44, 8, 13 – Ermächtigung 31, 10ff.; 31a, 3 – Frist 44, 4 – Frist zur Tätigkeitsaufnahme 19, 18 – Honorarrisiko 44, 15 – Kassenärztliche Vereinigung 44, 9 – Konkurrentenstreitigkeit 44, 7 – Kostenerstattung 45, 9 – Sonderbedarfszulassung 16b, 39ff. – Sofortvollzug 44, 19 – Vertragsarztsitzverlegung 24, 15 – Widerspruchsbefugnis 44, 6ff. – Zweigpraxis 24, 63 Konsiliararzt 24, 33; 20, 27 Krankenhausarzt 20, 24ff. Krankheit – Ruhen der Zulassung 26, 21 KV-übergreifende Berufsausübungsrichtlinie 24, 60
M Medizinisches Versorgungszentrum Anhang zu 18 – Ärztliche Leitung Anhang zu 18, 68ff. – Angestellter Arzt Anhang zu 18, 61 – Anstellungsgenehmigung Anhang zu 18, 92f. – Apotheke Anhang zu 18, 5 – Auflösung Anhang zu 18, 109ff.; 28, 26 – Bedarfsplanung Anhang zu 18, 36ff. – Beendigung Anhang zu 18, 109ff.; 28, 25ff. – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 24, 85 – Eingetragener Verein Anhang zu 18, 32 – Einzelunternehmen Anhang zu 18, 18 – Entziehung der Zulassung Anhang zu 18, 112ff.; 27, 56ff. – Fachübergreifende Tätigkeit Anhang zu 18, 51ff. – Gegenstandswert (Genehmigung) 45, 26 – „gemischtes“ ~ Anhang zu 18, 101f. – Gesellschaft bürgerlichen Rechts Anhang zu 18, 19 – Gründungsfähige Leistungserbringer Anhang zu 18, 2ff. – Job-Sharing-Angestellter Anhang zu 18, 4 – Job-Sharing-Partner Anhang zu 18, 4 – Kapitalgesellschaften Anhang zu 18, 27ff. – Kaufmännische Geschäftsführung Anhang zu 18, 72
Stichwortverzeichnis
– Körperschaften des öffentlichen Rechts Anhang zu 18, 34f. – Kommanditgesellschaft Anhang zu 18, 21ff. – Krankenhausapotheke Anhang zu 18, 6 – Managementgesellschaft Anhang zu 18, 8 – Nachbesetzung von Arztstellen Anhang zu 18, 106f. – Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen Anhang zu 18, 108 – Neuzulassung nach Zulassungsverzicht Anhang zu 18, 94ff. – Offene Handelsgesellschaft Anhang zu 18, 21ff. – Partnerschaftsgesellschaft Anhang zu 18, 20 – (Gröbliche) Pflichtverletzung 27, 61 – Pharmazeutischer Unternehmer Anhang zu 18, 7 – Praxisnachfolgeverfahren 16b, 141; Anhang zu 18, 41ff., 108 – Rechtsform Anhang zu 18, 17ff. – Sonderbedarfszulassung Anhang zu 18, 48ff. – Stiftung Anhang zu 18, 33 – Teilzulassung Anhang zu 18, 3 – Vertragsarztsitz Anhang zu 18, 73 – Wegfall der Gründereigenschaft Anhang zu 18, 13ff., 56 – Zahntechniker Anhang zu 18, 9 – Zulassungsentziehung Anhang zu 18, 112ff. – Zulassungsverzicht zwecks Angestelltentätigkeit Anhang zu 18, 37ff.
N Nachbesetzungsverfahren 16b, 42ff. – Abwägungsentscheidung 16b, 116ff. – Akteneinsicht 16b, 88 – (Höchst-)Altersgrenze 16b, 62 – Angestellter Arzt 16b, 112 – Anspruch 16b, 76 – Antragsrücknahme 16b, 73
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Approbationsalter 16b, 109 Ausschreibung 16b, 71ff. Ausschreibungsberechtigte 16b, 75 Auswahlkriterien 16b, 95ff., 107ff. Belegarztzulassung 16b, 56 Berufliche Eignung 16b, 108 Berufsausübungsgemeinschaft 16b, 49ff., 70, 96; 33, 32, 69, 82 Bewerberliste 16b, 79 Bewerbungsfrist 16b, 78 Bürgschaft 16b, 104 Dauer der ärztlichen Tätigkeit 16b, 110 Ehegatte/Kind 16b, 111 Finanzierungszusage 16b, 104 Fortführung 16b, 63ff. Fortführungsfähige Praxis 16b, 64ff. Fortführungswille 16b, 68 Gegenstandswert 45, 21 Gesetzliche Regelung 16b, 43 Gesetzlich nicht genannte Kriterien 16b, 115 Grundrechtseingriff/Enteignung 16b, 45 Hausärztliche Zulassungen 16b, 106 Kaufpreis (Wertermittlungsmethoden) 16b, 102 Kaufvertrag 16b, 100 Kaufvertragsgestaltung 16b, 47ff. (kein) Kontrahierungszwang 16b, 100 Medizinisches Versorgungszentrum 16b, 141; Anhang zu 18, 41ff., 108 Mitgesellschafter 16b, 113 Mündliche Verhandlung 16b, 90 Nachbesetzungsfähige Zulassung 16b, 54ff. Null-Beteiligungsgesellschaft/-er 16b, 49ff., 51 Patientendaten 16b, 104 Persönlich-qualitative Auswahlkriterien 16b, 107ff. Praxisverwaisung 16b, 66 Psychotherapeutische/Psychiatrische Praxis 16b, 68
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Stichwortverzeichnis
Rechtsschutz 16b, 121 Sitzungsablauf 16b, 90ff. Sitzungsvorbereitung 16b, 86ff. Sofortige Vollziehung 16b, 124 Sonderbedarfszulassung 16b, 56 Tod 16b, 60 Unverzichtbare Kaufvertragsbestandteile 16b, 104 – Verfahrensbeteiligte 16b, 87 – Verfassungsrechtlicher Hintergrund 16b, 44ff. – Verkehrswert 16b, 98ff. – Verkehrswertermittlung 16b, 88, 102 – Verlegung des Vertragsarztsitzes 16b, 69 – Vertretung 16b, 74 – Verzicht 16b, 59; 28, 4ff. – Vollmacht 16b, 74 – Voraussetzungen 16b, 53 – Warteliste 16b, 114 – Wegzug 16b, 61 – Wertermittlungsmethoden (Kaufpreis) 16b, 102 – Wirtschaftliche Interessen 16b, 97ff. – Zulassungsbeschluss 16b, 121 – Zulassungsende 16b, 58 Nebenbetriebsstätte – Anästhesist 24, 80 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 46, 49 – s. auch Betriebsstätte Nebentätigkeit – Angestellter Krankenhausarzt 20, 24ff. – Begriff 20, 4ff. – Betriebsarzt 20, 14 – Ehrenamtliche Tätigkeit 20, 6 – Inhaltliche Grenzen 20, 12ff. – Kooperation mit Krankenhaus 20, 18ff. – MDK-Arzt 20, 16 – Psychotherapeutische Beratungsstelle 20, 17 – Werksarzt 20, 14 – Zeitlicher Umfang 19a, 3; 20, 8ff.
Nichtaufnahme/Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit – Entziehung der Zulassung 27, 57ff. Null-Beteiligungsgesellschafter – Nachbesetzungsverfahren 16b, 49ff.
O OP-Zentrum 24, 32, 73
P Patientenkartei – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 31 – Praxisgemeinschaft 33, 15 Patientenvertreter 34, 15; 36, 4; 41, 3f. Persönliche Leistungserbringung (Grundsatz) 20, 13; 32, 1ff. – Angestellter Arzt 32, 2ff. – Assistent 32, 2ff. – Entziehung der Zulassung 27, 14 – Ermächtigung 32, 6; 32a, 1ff. – Nichtärztliches Hilfspersonal 32, 7f. Planungsbereich – Arztregister 1, 17 – Ermächtigung 31, 13; 31a, 9f. – Zulassung im partiell entsperrten Planungsbereich 16b, 15ff. – Zulassungsbezirk 11, 2, 4 Praktischer Arzt 3, 12 Präponderanz des niedergelassenen Arztes 16b, 31 (Fn. 57) Präsenzpflicht 19a, 6; 24, 3, 22, 40 Praxisgemeinschaft 33, 2ff. – Altverbindlichkeiten s. Haftung – Anzeigepflicht s. Unterrichtungspflicht – Apparategemeinschaft 33, 4 – Arztwahl 33, 10 – Außengesellschaft 33, 21 – Begriff 33, 2 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 1f., 12, 13 – Gestaltungsmissbrauch 33, 13
Stichwortverzeichnis
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Gewinnpooling 33, 12 Haftung 33, 20ff. Laborgemeinschaft 33, 5 Leistungserbringungsgemeinschaft 33, 6 – Mitglied 33, 7f. – Patientenkartei 33, 15 – Rechtsform 33, 19, 20 – Schweigepflicht 33, 15 – Selbstständigkeit 33, 9 – Unterrichtungspflicht 33, 17f. – Vertretung 33, 14 – Zahnärzte 33, 16, 120 – Zweck 33, 2 Praxiskaufvertrag – s. Kaufvertrag Praxisnachfolgeverfahren – s. Nachbesetzungsverfahren Praxisveräußerung – s. Nachbesetzungsverfahren Praxisveräußerungsverbot 16b, 45 Praxisvertreter 32, 11 Praxisverwaisung 16b, 66f. Prüfungskompetenz – s. Zulassungsausschuss
R Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb 16b, 45 Rechtsbehelfsbelehrung 41, 19 – Entziehung der Zulassung 27, 43 Registerakten 1, 7; 6, 3 – Bemerkungen 1, 8 – Medizinisches Versorgungszentrum 2, 2ff. – Weitere Unterlagen 1, 10 Residenzpflicht 24, 22 – Honorarberichtigung 24, 30 – Verstoß 24, 28ff. – Zweigpraxis 24, 36 Ruhen der Zulassung 26 – Angemessene Wiederaufnahmefrist 26, 26f. – Angestellte Ärzte 26, 45
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Anspruch auf ~, 26, 7 (Pflicht zur) Antragstellung 26, 34 Befristung 26, 38ff. Begriff 26, 3 Beschluss 26, 4 Entziehung der Zulassung 26, 17 Entbindung 26, 21 Erwartung der Wiederaufnahme der Tätigkeit 26, 17, 25ff. Gegenstandswert 45, 24 Gründe 26, 8, 19ff., 23ff. Hälftiges ~ 19a, 19; 26, 31 Kinderbetreuung/-erziehung 26, 27 Krankheit 26, 21 Medizinisches Versorgungszentrum 26, 46 Mitteilungsverpflichtete 26, 33 Nachbesetzungsverfahren 16b, 57 Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit im gesperrten Planungsbereich 26, 12ff. Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit im ungesperrten Planungsbereich 26, 15 Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit 26, 16ff. (Maximale) Ruhenszeit 26, 39 Rechtsfolgen 26, 41ff. Rückwirkendes Ruhen 26, 6 (keine entgegenstehenden) Sicherstellungsgründe 26, 32 Unechtes, rechtswidriges ~ 26, 44 Urlaub 26, 21 Verzeichnis ruhender Zulassungen 26, 40 (Hauptamtliche) Vorstandsmitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung 26, 30 Wehrübung 26, 21
S Schweigepflicht – Praxisgemeinschaft 33, 15 Sicherstellungsassistent 32, 59
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Stichwortverzeichnis
Sofortige Vollziehung 44, 17 – Nachbesetzungsverfahren 16b, 124f. – Einstweiliger Rechtsschutz gegen ~ 27, 51 – Entziehung der Zulassung und Wiederholungsgefahr 27, 48 – ~ des Entziehungsbeschlusses 27, 40, 47ff. – Interessenabwägung 27, 49 – Sonderbedarf/Sonderbedarfszulassung 16b, 20ff. – Anspruch 16b, 24 – Aufgabe entgegen stehender Tätigkeiten 20, 34 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 70ff., 111 – Berufsausübungsgemeinschaft mit spezialistischen Versorgungsaufgaben 16b, 32f. – Besonderer/qualitativer Versorgungsbedarf 16b, 29ff. – Beurteilungsspielraum 16b, 23 – Dauerhafter Versorgungsbedarf 16b, 21 – Diskrepanz zwischen Weiterbildungsordnungen und Bedarfsplanungs-Richtlinie 16b, 31 – Drittwiderspruch s. Konkurrentenwiderspruch – Ermächtigung 31, 2, 18 – Ermittlungen 16b, 23 – Förderung ambulanter Operationen 16b, 34 – Frist zur Aufnahme der Tätigkeit 19, 15 – Konkurrentenwiderspruch/-klage 16b, 39ff.; 20, 34 – Lokaler Versorgungsbedarf 16b, 26 – Mehrere Bewerber 16b, 38 – Nachbesetzungsverfahren 16b, 56 – Präponderanz des niedergelassenen Arztes 16b, 31 (Fn. 57) – Rechtsfolgen 16b, 36 – Status 16b, 36 – „Windhundprinzip“ 16b, 38
– Wirtschaftlicher Praxisbetrieb 16b, 22 – Wohnortnahe Dialyseversorgung 16b, 35 Sprechstundenumfang 19a, 4 Suchterkrankung 21, 7ff.
T Tätigkeitsaufnahme 19, 8ff. Tätigkeitsumfang 19a, 2ff. Teilberufsausübungsgemeinschaft 33, 53ff., 103, 110 Teilzulassung 19a – Abrechnungsbeschränkung 19a, 9 – Angestellter Arzt 32b, 28 – Arztregister 4, 4 – Aufhebung der Beschränkung 19a, 16, 22 – Bedarfsplanung 19a, 8 – Bestehen mehrerer Teilzulassungen 19a, 18 – Erklärung 19a, 11f. – Feststellungsbeschluss 19a, 11 – Hälftiges Ruhen der Zulassung 19a, 19 – Nachbesetzung 19a, 13ff. – Nachbesetzungsverfahren 16b, 54ff.; 19a, 13ff. – Zeitlicher Höchstumfang 19a, 10 – Zeitlicher Mindestumfang 19a, 7 Tod 28, 15ff.
U Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft – s. Berufsausübungsgemeinschaft, standortübergreifende Tätigkeit einzelner Ärzte Überversorgung 16b – Definition 16b, 4f. – Zulassungsbeschränkungen 16b, 6 Untersuchungsgrundsatz 39, 1 Unterversorgung 15; 16 – Anstellungsgenehmigung 32b, 45
Stichwortverzeichnis
– Aufhebung der Höchstaltersgrenze 16, 7 – Ausschreibung 15, 2 – Bedarf 15, 1 – Definition 16, 2ff. – Ermächtigung 31, 19ff. – Gegenmaßnahmen 16, 8ff. – Krankenhausermächtigung 16, 15ff. – Rechtsfolgen 16, 7ff.
V Verfahren 36ff. – Akteneinsicht 36, 4; 42, 6 – Amtsermittlung s. Untersuchungsgrundsatz – Antragsrecht 40, 8f. – Aufbewahrungsfrist 43, 1ff. – Beschluss 41, 12ff. – Beschlussfassung 41, 1ff., 12ff. – Besetzung 36, 1; 41, 6 – Beteiligte 37, 7; 40, 2; 41, 21 – Beweiserhebung 39, 1f. – Beweislast 39, 5 – Beweismittel 39, 4 – Einzahlungsfrist 38, 5 – Fragerecht 40, 8f. – Gebühren 38, 1f. – Geheimhaltungspflicht 41, 9ff. – Hinzuziehung 37, 7 – Ladung der Beteiligten 37, 7 – Ladung der Mitglieder 36, 2 – Ladungsfrist 36, 3, 4; 37, 9 – Mitberatungsrecht 36, 4 – Mitwirkungspflicht 39, 3 – Mündliche Verhandlung 36, 2; 37, 1ff. – Nichtöffentlichkeit 40, 1ff. – Niederschrift 42, 1ff. – Patientenvertreter 36, 4; 41, 3f. – Protokoll s. Niederschrift – Rechtsbehelfsbelehrung 41, 19 – Rücknahmefiktion 38, 3ff. – Schriftführer 40, 1; 41, 2 – Sitzung 36, 1; 40, 1, 4ff.; 41, 1, 11
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Stundung 38, 7 Tagesordnung 36, 3 Untersuchungsgrundsatz 39, 1 Vorsitzender 36, 2f.; 40, 6, 9; 41, 8, 14; 42, 4 – Zustellung 37, 10; 41, 20 Verfahrensbeteiligte – s. Verfahren, Beteiligte – Nachbesetzungsverfahren 16b, 87 Verletzung vertragsärztlicher Pflichten – Entziehung der Zulassung 27, 10ff. Versorgungsschwerpunkt – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 45, 49 – s. auch Sonderbedarfszulassung Vertragsarztsitz – Anästhesist 24, 79f. – Angestellter Arzt 32, 37ff. – Assistent 32, 37ff. – Begriff 24, 1ff. – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 37f., 39ff., 44ff., 48ff. – Insolvenz 24, 20 – Steuerliche Beurteilung 24, 21 – Verfügung 24, 16 – Verlegung 11, 3; 24, 4ff. – Verlegung und Nachbesetzungsverfahren 16b, 69 – Verwertbarkeit 24, 16ff. Vertretung/Vertreter 32, 11ff. – Altersgrenze 32, 23 – Besondere Qualifikationen 32, 22 – Ermächtigung 32a, 3ff. – Genehmigungsfreie ~ 32, 14ff. – Genehmigungspflichtige ~32, 25ff. – Gnadenquartal 28, 15; 32, 27 – Gründe 32, 15ff. – Persönliche Voraussetzungen 32, 20ff., 31f. – Praxisgemeinschaft 33, 14 – Psychotherapeuten 32, 36 – Schwangerschaft 32, 19 – (nach) Tod 28, 15 – Urlaubsabwesenheit 32, 16
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Stichwortverzeichnis
– Vorbereitungsassistent 32, 33 – Weiterbildungsassistent 32, 21 Verzeichnis ruhender Zulassungen 26, 40 Verzicht 28, 4ff. – Bedingung 28, 6ff. – ~ vor Zulassungsenziehung 27, 54 – Widerrufsmöglichkeit 27, 5 – Wirksamkeit 28, 10ff. – (verkürzte) Wirksamkeitsfrist 28, 12 – ~ und Wegzug 28, 10 – ~ zwecks Anstellung 32b, 17ff.; 24, 18 Vollzeittätigkeit 19a, 2f. Vorbereitungsassistent 32, 65 Vorbereitungszeit 3, 21ff. – Genehmigung 3, 25 – Halbtagstätigkeit 3, 24
– Gegenstandswert 45, 17ff. – Hinzuziehung eines Rechtsanwalts 45, 13f. – Kassenärztliche Vereinigung 44, 9 – Klage 45, 5 – Konkurrentenstreitigkeit 44, 7 – s. auch Konkurrentenwiderspruch – Kosten 45, 6f. – Kostenentscheidung 45, 11 – Kostenerstattungsanspruch 45, 8ff. – Kostenfestsetzung 45, 15ff. – Kostengrundentscheidung 45, 12 – Rücknahme 45, 3f. – Widerspruchsbefugnis 44, 6ff. – Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung 44, 23 Wiederzulassung 27, 52ff. „Windhundprinzip“ 16b, 16, 38
W
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Warteliste – Arztregister 1, 17 – Nachbesetzungsverfahren 16b, 114 Wegzug 28, 17ff. Weiterbildungsassistent 32, 55ff. Werksarzt 20, 14 Wertermittlungsmethoden (Praxiskaufpreis) 16b, 102 Wettbewerbsverbot – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 99 Widerruf – Genehmigung der Berufsausübungsgemeinschaft 33, 118 Widerspruch 44 – Aufschiebende Wirkung 31, 15; 44, 10ff. – Begründung 44, 5 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 119 – Einlegung 44, 1 – Feststellung der aufschiebenden Wirkung 44, 16 – Form 44, 3 – Frist 44, 4 – Gebühr 27, 45; 46
Zahnarztregister 3, 19ff. – Approbation 3, 20 – Vorbereitungszeit 3, 21ff. Zulassung – Anästhesist 24, 79f. – Anspruch 19, 1f. – Antrag 18, 2ff. – Antragsunterlagen 18, 15ff. – Beendigung bei nicht fristgemäßer Tätigkeitsaufnahme 19, 17 – Beendigungsgründe 28, 2 – Berufsausübungsgemeinschaft 33, 59, 66f., 77ff., 97 – Doppelzulassung 18, 13f. – Drittwiderspruch 19, 18 – Entziehung s. Entziehung der ~ – Hälftiges Ruhen 19a, 19 s. auch Nachbesetzungsverfahren – Partiell entsperrter Planungsbereich 16b, 15ff. – Persönliche Ungeeignetheit 20 – Steuerliche Beurteilung 24, 21 – Verzicht zwecks Anstellung 32b, 17ff.; 24, 18f. – „Vorratszulassung“ 19, 8
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– Wiederzulassung 27, 52ff. Zulassungsausschuss 34 – Amtshaftung 34, 13 – Besetzung 34, 6ff. – Bindung an Entscheidung der Prüfgremien 27, 36 – Dauer der Mitgliedschaft 34, 11 – Eigenständige Zulassungseinrichtung 34, 2 – Ermächtigung 31, 40 – Errichtung 34, 6ff. – Geschäftsführung 34, 14 – Patientenvertreter 34, 15 – Psychotherapeuten 34, 16f. – Status der Mitglieder 34, 12 – Vorsitzender 34, 10; 36, 2f.; 40, 6, 9; 41, 8, 14; 42, 4 – Zahnärzte 34, 18 – Zulassungsbezirk 11, 3 – Zuständigkeit 34, 4f. Zulassungsbeschränkungen 16b, 6ff.; 19, 6 – Anordnung 16b, 6ff. – Ausnahmen 16b, 3, 19ff. – Auswahlermessen bei Unterversorgung 16, 17 – Belegarztzulassung 16b, 126ff. – Entschließungsermessung bei Unterversorgung 16, 16 – Medizinisches Versorgungszentrum 16b, 141 – Psychotherapeuten 16b, 140 – Rechtsschutz 16b, 7f. – Sonderbedarfszulassung 16b, 20ff. – Überprüfung und Aufhebung 16b, 12ff. – Überversorgung 16b, 6ff. – Unterversorgung 16, 10ff. – Unbillige Härte 16, 11 – Verfassungsmäßigkeit 16b, 9 – Veröffentlichung 16, 14; 16b, 18 – Zahnärzte 16, 20; 16b, 139 – Zukunft 16b, 10f. Zulassungsbezirk 11 – Arztregister 1, 1; 11, 3
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– Bekanntmachung 11, 5 – Bildung 11, 4 – Landkreis 11, 4 – Planungsbereich 11, 2, 4 – Stadtkreise 11, 4 – Verlegung des Vertragsarztsitzes 11, 3 – Wegzug 28, 18 – Zulassungsausschuss 11, 3 – Zuständigkeit 11, 1 Zulassungsentziehung – s. Entziehung der Zulassung Zulassungsruhen – s. Ruhen der Zulassung Zulassungsverordnung – Auslegungskriterien 1, 18 – Entsprechende Anwendung 1, 18 – Formelles Gesetz Vorbemerkung – Rechtsqualität Vorbemerkung (Private) Zuzahlungen 27, 18 – s. auch Entziehung der Zulassung Zweigpraxis 24, 32ff. – Abrechnung 24, 59ff. – Änderung der Versorgungssituation 24, 46 – Angestellter Arzt 24, 51ff.; 32b, 23 – Anstellungsgenehmigung 24, 53ff. – Anzahl 24, 35 – Aufhebung der Genehmigung 24, 45ff. – Bedarfsplanung 24, 39, 64 – Drittwiderspruch 24, 63 – Ermächtigung 24, 41ff. – Gegenstandswert (Genehmigung) 45, 30 – Genehmigung 24, 41ff. – Nebenbestimmung 24, 42 – Präsenzpflicht 24, 40 – Residenzpflicht 24, 36 – Verbesserung der Versorgung 24, 37ff., 65f. – Verlegung 24, 44 – Vertragszahnarzt 24, 65ff. – Zeitlicher Umfang 24, 40, 42, 50