Christian Schmitz Internationales Vertriebsmanagement fiir Industriegiiter
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Marketing-Management Herausgegeben von Professor Dr. Christian Belz, Universitat St. Gallon, Professor Dr. Alfred KuB, Freie Universitat Berlin, Professor Dr. Thomas Rudolph, Universitat St. Gallen und Professor Dr. Torsten Tomczak, Universitat St. Gallen
In der Reihe werden Forschungsergebnisse aus unterschiedlichen Teilgebieten des Marketing veroffentlicht, die einen deutlichen Anwendungsbezug haben. Die Arbeiten gelten Fragestellungen aus dem Bereich des operativen und strategischen Marketing und sind zum groSen Toil durch die Einbeziehung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse sowie eine empirische Vorgehensweise gepragt.
Christian Schmitz
Internationales Vertriebsmanagement fiir Industriegiiter Handlungsimplikationen aus dem Biicl<winkel internationaler Tochtergesellschaften und Vertretungen
Mit einem Geleitwortvon Prof. Dr. Christian Belz
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationaibibliografie; detailiierte bibliografische Daten sind im Internet uber
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Dissertation Universitat St. Gallon, 2005 Gedruckt mit Unterstutzung des Forderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT.
1. Auflage Jum2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ute Wrasmann / Anita Wilke Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Work einschlieSlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0218-X ISBN-13 978-3-8350-0218-0
Meinen Eltern Bernhard undHedwig Schmitz
Geleitwort
VII
Geleitwort "The head office does not know a damn thing about what's going on down here. They tell me to further push their global 'core' products. And you know what I tell them? I tell them they 're crazy. They don't realize that not only don't these 'core'products sell in our local market but that we are already losing sales on our existing product linesfromtough local competitors due to our lack of push on them." Statement of a country manager (Kim/Mauborgne 1993, S. 12)
Anbieter fUr Industriegiiter sind meist international prasent. Vor Ort arbeiten sie mit Tochtergesellschaften und Vertretungen. Zentrale und dezentrale Einheiten sind herausgefordert, ihre Losungen und ihr Know-how effizient zu den Kunden in den verschiedenen Landem zu transportieren. Leider Ziehen die Zentrale und die Vertriebseinheiten selten am gleichen Strick und erheben gegenseitige Vorwurfe. Haufig fiihlen sich dezentrale Vertriebseinheiten in ihrer Arbeit durch die Zentrale starker behindert als unterstiitzt. In dieser Arbeit bezeichnet der Autor die dezentralen Vertriebseinheiten als Kunden. Er erfasst ihre Zufriedenheit und entwickeh verschiedene Losungen fiir eine optimale Zusammenarbeit. Die konkreten Vorschlage des Autors zur Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und intemationalen Vertriebspartnem sind vielfaltig. Beispiele sind: Einsatz von Teams fur neue Produkte, Erhohung der intemen Kundenund Serviceorientierung, Segmentierung von Vertriebspartnem, Massnahmen im Laufe verschiedener Beziehungsphasen mit Niederlassungen, Leistungssysteme fiir Vertriebspartner, Unterstutzungsmassnahmen und Weiterbildung fiir Vertriebspartner, Service Level Agreements in Verbindung mit Transferpreisen, Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen, AnsStze zum Wissenstransfer und zur Nutzung der Informatik, Fuhrung von zufhedenen und unzufriedenen Vertriebspartnem \md viele mehr. Christian Schmitz kombiniert qualitative und quantitative Forschung auf h5chstem Niveau. Er verbindet die rigorose Methodik mit einem praxisorientierten und kreativen Vorgehen. Die Argumentation ist konsequent imd doch differenziert. Spannend lesen sich die zahlreichen Fallbeispiele und die umfassenden Fallstudien BASF, Gallus, Leica und Nanosurf, mit denen der Autor das Thema in seiner qualitativen Tiefe durchdringt. Ergiebig sind ebenfalls die quantitativ-empirischen Analysen und Interpretationen, die der Autor auf Basis intemationaler Befragungsdaten durchgefuhrt hat.
VIII
Geleitwort
KuTz: Sowohl das Thema als auch seine Ausarbeitung sind brisant fUr Praxis und Forschung. Die verschiedenen Teilstudien sind aufWandig und kompetent durchgefiihrt. Die Fortschritte dieser Arbeit sind eindriicklich. Es handelt sich um die beste Dissertation, die ich je beurteilte. Ich empfehle diese Arbeit daher: 1) fur Forscher als einen Massstab ftir die Kombination qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden sowie als wichtige inhaltliche Quelle fUr die Forschung zum intemationalen Management und 2) fUr Praktiker aus dem Vertriebsmanagement als Leitfaden zur Analyse und Gestaltung intemationaler Vertriebsorganisationen. Gleichzeitig wtinsche ich alien Lesem eine herausfordemde und anregende Lektiire.
Prof. Dr. Christian Belz, Ordinarius ftir Marketing an der Universitat St.Gallen und Geschaftsflihrender Direktor des Instituts ftir Marketing und Handel
Vorwort
IX
Vorwort Internationale Vertriebspartner erzielen fUr Industrieguterhersteller heutzutage hSufig mehr als 90 Prozent des jahrlichen Umsatzes. Die Professionalitat, die Motivation und die Zufriedenheit der Vertriebspartner vor Ort sind deshalb fiir Herstelleruntemehmen von entscheidender Bedeutung. Angesichts verscharfter intemationaler Wettbewerbsbedingimgen und der zunehmenden Professionalitat in der Einkaufsorganisation der Kunden stehen die Flexibilitat und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem Masse auf dem PrUfstand. Die vorliegende Dissertation untersucht, welche Strategien und Massnahmen Herstellem zur VerfUgung stehen, um die interne Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation zu gestalten. Dazu wurden Komponenten, Wirkungen und Determinanten der „Channel Member Satisfaction" analysiert. Die Arbeit setzt an einem konkreten Problem der betriebswirtschaftlichen Praxis an und versucht dieses mit Hilfe wissenschaftlicher Theorien und Methoden zu erklaren sowie Ansatze zu dessen Losung zu entwickeln. Damit wurde dem realitatsorientierten Forschungsansatz gefolgt, der fordert, eine Briicke zwischen „praktischer Relevanz" und „wissenschaftlicher Rigoumess" zu schlagen. Das vorliegende Werk wurde im Juni 2005 als Dissertation an der Universitat St.Gallen angenommen und entstand in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fiir Marketing und Handel. Mein aufrichtiger Dank gilt einer Reihe von Personen, die einen unmittelbaren Beitrag zu dieser Arbeit geleistet und mich untersttitzt haben. Meinem Doktorvater Professor Dr. Christian Belz danke ich sehr fiir die wertvoUe fachliche Untersttitzung und seine stets positive, motivierende und konstruktive Zusammenarbeit wahrend der letzten drei Jahre, die ich am Institut fiir Marketing und Handel verbracht habe. Durch seine fortwahrende Beharrlichkeit in der Frage nach der Praxisrelevanz hat er mich zu vielen Uberlegungen angeregt, die die gesamte Konzeption meiner Arbeit sowie die Wahl von Methoden beeinflusst haben. Ebenso bedanke ich mich bei Professor Dr. Torsten Tomczak fiir die Ubemahme des Korreferates und das von ihm gepragte, ausgesprochen angenehme Arbeitsumfeld am Institut. Mein Dank gilt weiterhin den Professoren Bernard J. Jaworski (University of Southern California, Los Angeles; Head Markets Chair der Monitor Group) und Robert W. Ruekert (University of Minnesota) fiir wertvoUe Hinweise.
X
Vonvort
Ohne die inhaltliche und finanzielle Unterstiitzung durch Partner aus der Untemehmenspraxis ware die Durchfiihrung des vorliegenden Projektes nicht in dieser Form moglich gewesen. Ftir besondere BeitrSge danke ich an dieser Stelle stellvertretend fur viele andere Herm Michael Lappas (BASF AG), Herm Martin Vogler (Leica Microsystems AG), Herm Klaus Aarestrup (Gallus Ferd. Riiesch AG), Dr. Robert Sum (Nanosurf AG) und Dr. Loris Scandella (Nanosurf AG). Ebenso danke ich meinen KoUegen am Institut ftir Marketing und Handel. Dr. Dirk Zupancic danke ich ftir den grossen Spiehaum, den er mir in den letzten beiden Jahren fur die Umsetzung eigener Ideen und Projekte gewShrte. Fiir die Unterstutzung bei Experteninterviews und quantitativen Erhebungen danke ich meinen studentischen Mitarbeitem Herm Flavio Pellegrini und Frau Julia BSchli. In der ersten Zeit am Institut haben mich meine KoUegen und Freunde Dr. Philipp Biermann und Dr. Dominik Pfeiffer durch regelmSssige Forschungssitzungen und die gemeinsame Asienexkursion herausgefordert und damit einen entscheidenden Anstoss ftir das vorliegende Projekt gegeben. Dartiber hinaus danke ich meinen Freunden und KoUegen Dr. Marc Cristofolini und Herm Dipl.-Oec. Tim Oliver Brexendorf ftir die angenehme gemeinsame Zeit in St. Gallen und viele spannende Diskussionen. Und auch in den letzten wichtigen Monaten, Wochen imd Tagen vor der Abgabe der vorliegenden Arbeit konnte ich auf ein verlassliches Team zuriickgreifen, das mich trotz meiner ambitionierten Zeitvorgaben mit hochstem Einsatz beim „Feinschliff' unterstlitzt hat. Dr. Michael Reinhold und Herm Dipl.-Kfin. Daniel Wentzel danke ich ftir inhaltliche, konzeptionelle und methodische Hinweise. Meiner Tante, Frau StD Monika Schmitz, und Herm Johannes Wirthmiiller danke ich ftir die ausgesprochen griindliche und ausdauemde Korrektur meines Manuskriptes. Mein grosster Dank gebiihrt den Menschen, die mir am nachsten stehen. Mein ganz besonderer Dank gih dabei meiner lieben Freundin Doreen Huster. Denn sie hat mir trotz unserer raumlichen Distanz tiber drei Jahre hinweg den Rticken gestarkt und mir so vieles abgenommen. Meinen Eltem Bemhard und Hedwig Schmitz danke ich daftir, dass sie mich auf meinem bisherigen Lebensweg immer vorbehaltlos unterstlitzt und bestarkt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Christian Schmitz
Inhaltsverzeichnis
XI
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis
XXI
Fallbeispielverzeichnis
XXIII
Abkiirzungsverzeichnis
XXV
1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau
1
1.1 Ausgangslage im internationalen Industriegtitervertrieb
1
1.2 Status Quo bei Vertriebspartnern und Herstellern 1.2.1 Vertriebspartner in vielfaltigen Bereichen unzufrieden 1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellern
3 3 4
1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen
6
1.4 Aufbau der Arbeit
7
2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
9
2.1 Erl^uterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen 2.1.1 Intemationaler Vertrieb von Industriegiitem 2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale AufgabentrSger 2.1.3 Zentrale fiir landerubergreifende Koordination und Unterstutzung
9 9 12 15
2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive 2.2.1 Realitatsorientierter Forschungsansatz 2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive
17 17 18
2.3 Wissenschaftliche Beitr^ge benachbarter Forschungsgebiete 2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem 2.3.2 ZuJ5iedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanalen 2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansatze 2.3.4 Internationales Vertriebs-und Marketingmanagement 2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung
20 20 25 29 31 32
2.4 ErgSnzende Methoden im Forschungsprozess 2.4.1 Stufenweise Kombination qualitativer und quantitativer Methoden 2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses 2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte 2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermoglicht Induktion 2.4.2.3 Qualitative Durchdringung durch Fallstudien
34 34 37 37 39 46
XII
Inhaltsverzeichnis
3 Bedeutung der Zufriedenheit internationaler Vertriebspartner 3.1 Wirkungen ungenfigender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb 3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitSts- und potenzialbezogene Vertriebsziele 3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele
49 49 49 51
3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg der Vertriebspartner 3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg 3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse 3.2.2.1 Mess- und Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse 3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und Konstruktmessung 3.2.3 Ergebnisse der Parameterschatzung und Interpretation
63 68
3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg
72
4 Die lokale Situation und ihre Einschatzung durch HersteUer und Vertriebspartner
56 56 60 60
79
4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren 4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als exteme und interne Komponenten 4.1.2 Systemexteme Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.2.1 Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds 4.1.2.2 Anforderungen von Kunden und Wettbewerb 4.1.3 Systeminteme Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.3.1 Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation 4.1.3.2 Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation 4.1.3.3 Pers5nlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers
79 79 81 81 85 89 89 90 92
4.2 Differierende Einschdtzungen der lokalen Situation 4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch HersteUer 4.2.2 Uberbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner
96 96 99
4.3 Zwischenfazit: Morphologie zur Diagnose der lokalen Situation
101
5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem HersteUer und ihre Beurteilung
103
5.1 Konzeptionelle Anslitze zur Systematisierung der Zusammenarbeit 103 5.1.1 Austauschobjekte als Geschaftsgrundlage 103 5.1.2 Geschaftsprozesse als AblSufe der Interaktion 104 5.1.3 Transaktionsatmosphare als soziale Ebene der Interaktion 107 5.2 Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis 108 5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner 108 5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer Industrieguterhersteller 111
Inhaltsverzeichnis
5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre KontextabhSngigkeit 5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalitat der Beurteilung 5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilungsdimensionen 5.3.2.1 Die „Produkt- und Leistungspolitik" 5.3.2.2 Die „Zuverlassigkeit bei Abwicklung und Lieferung" 5.3.2.3 Der „Marketing- und Verkaufssupport" 5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen" 5.3.2.5 Die „Soziale Interaktion" 5.3.2.6 Der „Umgang mit Kultur und Werten" 5.3.2.7 Das „Informations- und Kommunikationsverhalten" 5.3.3 Abhangigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen Kontextfaktoren 5.3.3.1 Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers 5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensitat erfordert fmanzielle SpielrSume 5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck 5.3.3.4 Grosse Vertriebspartner stellen hohere Anspruche 5.3.3.5 Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen 5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und Vertriebsgestaltung
6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung
XIII
113 113 117 118 119 120 121 122 123 124 125 127 129 131 132 134 136
139
6.1 Uberblick zu AnsMtzen der Vertriebsgestaltung
139
6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation 6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration 6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration 6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression 6.2.2.2 Zentralisierung von Entscheidungen 6.2.2.3 Formalisienmg von Strukturen, Ablaufen und Regeln 6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Fuhrungsstilen 6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung
140 140 143 143 147 150 153 159
6.3 Operative Koordination und Unterstiitzung der Zusammenarbeit 6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung 6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen 6.3.2.1 Internationales Key-Account Management 6.3.2.2 Horizontale Koordination zwischen Geschaftsbereichen 6.3.2.3 Trennung von Koordination und Unterstiitzung 6.3.2.4 Honorierungssysteme fiir zentrale Einheiten 6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen 6.3.3.1 Regionalzentren statt weltweites Vorgehen 6.3.3.2 Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens
160 160 163 164 168 172 174 175 176 178
XIV
Inhaltsverzeichnis
6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams 6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams 6.3.4.2 Teamorganisation beim Neuproduktmanagement 6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams 6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen 6.3.5.1 Informelle Netzwerke und pers5nliche Beziehungen 6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale 6.3.6 Professionelle Untersttttzung durch systematische Differenzierung 6.3.6.1 Segmentierung von Vertriebspartnem 6.3.6.2 Differenzierung nach der Beziehxmgsdauer 6.3.7 Untersttttzung durch zentrale Ressourcen 6.3.7.1 Herstellersupport in Marketing und Vertrieb 6.3.7.2 Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung 6.3.7.3 Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien 6.3.7.4 Zentrale Professionalitat und Ressourcenausstattung 6.3.8 Koordination und Untersttttzung durch Information 6.3.8.1 Informationslieferung, -austausch und -versorgimg 6.3.8.2 Einsatz von IT-Systemen und -Tools 6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen Vertriebsgestaltung
181 181 184 191 194 194 197 202 202 206 212 212 215 222 228 231 231 238 244
6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit 6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung 6.4.1.1 ,JDiagnose": Potenziale identifizieren 6.4.1.2 ,J*lanung": Massnahmen festlegen 6.4.1.3 „Umsetzung": Informieren und mobilisieren 6.4.1.4 ,4Controlle": Zeit- imd Organisationsvergleiche 6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen
249 249 250 253 255 256 260
6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung 6.5.1 Zielsetzung und Selektion der Fallstudien 6.5.2 DieNanosurf AG: Vertriebsgestaltung imKleinuntemehmen 6.5.2.1 AusgangslagebeiNanosurf 6.5.2.2 Diagnose der Zusammenarbeit 6.5.2.3 Planung imd Umsetzung von Losungen 6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsuntersttttzung 6.5.2.3.2 Intemetportal ftir Distributoren 6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfragen 6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings 6.5.2.4 KontroUe und weiteres Vorgehen 6.5.2.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 6.5.3 Die Gallus Ferd. Rttesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand 6.5.3.1 Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rttesch 6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit 6.5.3.3 Planung und Umsetzung von Losungen
260 260 262 262 266 270 270 273 275 276 278 278 279 279 282 284
Inhaltsverzeichnis
XV
6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen 284 6.5.3.3.2 Verandenmg von Margen imd Transferpreisen 285 6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme fur Kunden 286 6.5.3.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 287 6.5.3.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 287 6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzem 288 6.5.4.1 Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe 288 6.5.4.2 Diagnose der Zusammenarbeit 292 6.5.4.3 Planung und Umsetzung von Losungen 293 6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen- und Aussendienst293 6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit und Warenzuteilung 296 6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen 300 6.5.4.4 Kontrolle und weiteres Vorgehen 301 6.5.4.5 Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie 302 6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschrankte Handlungsspielraume 303
7 Schlussfolgerungen fiir Forschung und Praxis
309
7.1 Folgerungen ftir die betriebswirtschaftliche Forschung 7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag 7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf
309 309 314
7.2 Folgerungen fiir die Internationale Vertriebspraxis
316
Literaturverzeichnis
325
Anhang
347
XVII
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 -1:
Druck auf Hersteller riickt Potenziale des Vertriebs in den Vordergnmd
2
Drei Frageblocke des Dissertationsprojektes
6
Abbildung 1 -3:
Aufbau der Arbeit
8
Abbildung 2-1:
AufgabentrSger und -inhalte im intemationalen Industriegiitervertrieb Auslandsumsatze fUhrender Schweizer
9
Abbildung 1-2:
Abbildung 2-2:
Industriegtiterhersteller
12
Abbildung 2-3:
Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess fur Industriegtiter
14
Abbildung 2-4:
Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer Hersteller Konzept zur Korrespondenz von Situation und Organisationsstruktur
Abbildung 2-5: Abbildung 2-6: Abbildimg 2-7: Abbildung 2-8:
15 19
Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des Herstellers
25
Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von Vertriebsmitarbeitem
27
Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des Vertriebssystems
28
Abbildung 2-9:
Interaktionsansatz und wesentliche Elemente
30
Abbildung 2-10:
Die Forschungslticke zwischen benachbarten Forschungsgebieten
Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden
33 35
Abbildung 2-12: Umsatzstarkste Schweizer Industriegiiterhersteller im Jahr 2002
41
Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe
44
Abbildung 3-1:
Ziele im Vertrieb des Herstelleruntemehmens
49
Abbildung 3-2:
Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten Variablen
60
Abbildung 3-3:
Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen
68
Abbildung 3-4:
Spezifiziertes Modell mit Schatzwerten fiir ausgewahlte Parameter Zeitverwendung und Zufriedenheit von Distributoren der Leica Microsystems
70
Abbildung 3-5:
74
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 4-1:
Interne und exteme Komponenten der lokalen Situation
80
Abbildimg 4-2:
Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur
87
Abbildung 4-3:
Typologie zur Differenzierung zwischen Vertriebspartnem
94
Abbildung 4-4:
Verzerrte Einschatzung der lokalen Situation durch Vertriebspartner
99
Abbildung 5-1:
Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und Vertiiebspartner
103
Abbildung 5-2:
Lokale Prozesse des Industriegiitervertriebs
105
Abbildung 5-3:
Konzeptionelle Ansatze zu den Beurteilungsgegenstanden der Zusammenarbeit
109
Abbildung 5-4:
Schweizer Hersteller aus Sicht europaischer Vertriebspartner
112
Abbildung 5-5:
Bedeutung der Beurteilungsdimensionen fiir die lokale Geschaftstatigkeit Bedeutung der Beurteilungsdimension ,JFinanzielle Konditionen" und Verteilung fiir verschiedene Fallgruppen
118
Abbildung 5-6: Abbildung 5-7: Abbildung 5-8: Abbildung 5-9:
122
Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch Vertriebspartner
126
Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilung des Herstellers
128
Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale Ansatzpunkte in umkampften Markten
130
Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilitat des Herstellers auf die Zufriedenheit mit den Beurteilungsdimensionen 132 Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeit fiir unterschiedliche Grossen der lokalen Vertriebsorganisation 134 Abbildung 5-12: Abbildimg 5-13: Abbildung 6-1: Abbildung 6-2: Abbildung 6-3: Abbildung 6-4:
Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der Beziehung zum Hersteller
136
Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und Vertriebsgestaltung
138
Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung
140
Vermutete Beziehimgen zwischen Regressor, Regressant und Moderatorvariablen
144
Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten Regression
146
Ansatze der Vertriebspartner zur Verbesserung der Zusammenarbeit
161
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 6-5:
XIX
Verbindung von Losungspaketen und sieben Beurteilungsdimensionen
163
Abbildung 6-6:
Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung fUr intemationale Key-Accounts
167
Abbildung 6-7:
Geschaftsbereiche und intemationale Vertriebsorganisation
169
Abbildung 6-8:
Organisatorische Trennung von Koordinations- und Unterstutzungsfunktion Objektive und subjektive Kennzahlen zur Beurteilung der Zentrale
Abbildung 6-9:
173 175
Abbildung 6-10: Geografische Distanzen als Determinante der Besuchshaufigkeiten Abbildung 6-11 Kundenvorteile als Bezugspunkt fiir den Vertrieb
201
Abbildung 6-12
Bediirfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien
203
Abbildung 6-13
Veranderung der Machtbasis tiber die Zeit
206
Abbildung 6-14
Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener
Abbildung 6-15: Abbildung 6-16:
195
Beziehungsphasen
207
Schalenmodell eines Leistungssystems ftir Vertriebspartner
213
Ansatze der Unterstutzung von Vertriebspartnem durch den
Abbildung 6-17
Hersteller
215
Abbildung 6-18
Verrechnungsmodelle fur interne Dienstleistungen
224
Abbildung 6-19:
Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen
231
Abbildung 6-20: Absender und Adressaten intemer Informationen Abbildung 6-21 Instrumente des intemationalen Wissenstransfers Einsatz operativer Gestaltungsansatze bei zufriedenen und Abbildung 6-22: unzufriedenen Vertriebspartnem Einsatz operativer Gestaltungsansatze bei zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnem (Fortsetzung) Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im ZufriedenheitsBedeutungs-Diagramm Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisierung und Behandlung von Teilaspekten Abbildung 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich fur Teilaspekte und Gesamtzufriedenheit Abbildung 6-27: Untemehmensgrosse und Vertriebsformen als Rahmenbedingungen der Fallstudien Abbildung 6-28: LSnderprasenz der Distributoren bei der Nanosurf AG
233 239 247 248 249 252 254 258 261 265
XX
Abbildung 6-29: Abbildung 6-30:
Abbildungsverzeichnis
Inhalte iind Aufbau des Distributorenmeetings bei der NanosurfAG
267
Prasentationsfolie bei der Teambildung fiir Workshops
269
Abbildung 6-31: Auszug aus der PrSsentation zu Wettbewerbsinformationen
272
Abbildung 6-32: Auszug aus der Presentation der „Success Story FU Berlin"
273
Abbildung 6-33: Zugriffsgeschtitztes Intemetportal fUr Distributoren
274
Abbildung 6-34:
277
Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings
Abbildung 6-3 5: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Riiesch
281
Abbildung 6-36:
283
Abbildung 6-37:
AusgewShlte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF FCE
290
Abbildung 6-38:
Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma
291
Abbildung 6-39:
Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation
294
Abbildung 6-40:
Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches
295
Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma
297
Abbildung 6-42: Beispielhafter Informationsfluss einer Kundenanfirage
301
Abbildung 6-43: Auszug einer Presentation zur Entwicklung und Umsetzung von Massnahmen Abbildung 7-1: Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten
302 309
XXI
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis Tabelle 1 -1:
Teilfragestellungen der Untersuchung
Tabelle 2-1:
Einbeziehung intemer und extemer Adressaten im intemen Marketing
23
Einbeziehung intemer und extemer Adressaten im vertikalen Marketing
24
Qualitative und quantitative Teilerhebungen im Forschungsprozess
37
Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews
39
Tabelle 2-2: Tabelle 2-3: Tabelle 2-4: Tabelle 2-5:
7
Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents" und „Late Respondents"
45
Tabelle 2-6:
Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems
47
Tabelle 2-7:
Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und BASF
48
Tabelle 3-1:
Wirkungen einer ungeniigenden vertikalen Zusammenarbeit
53
Tabelle 3-2:
Verwendete Giitekriterien und Cut-Off Werte der Konstruktmessung
62
Tabelle 3-3:
Ergebnisse zur Giite der gesamten Modellstmktur
69
Tabelle 3-4:
Quantilsvergleich fur unzufiiedene und zufriedene Distributoren der Leica Microsystems
75
Tabelle 4-1:
Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation
81
Tabelle 4-2:
Morphologic zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen
Tabelle 5-1:
Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut der Untersuchung Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufiiedenheitsindikatoren Giitekriterien erster und zweiter Generation fiir die SALESSAT-Skala Multiple Regression der situativen Einfliisse auf die Dimensionen der Beurteilung Exteme Situation und inteme Vorteile als Determinanten der Zentralisiemng Moderierte Regression zwischen Zentralisiemngsgrad und lokaler Zufriedenheit Moderierte Regression zwischen Formalisiemngsgrad und lokaler Zufriedenheit
Tabelle 5-2: Tabelle 5-3: Tabelle 5-4: Tabelle 6-1: Tabelle 6-2: Tabelle 6-3:
102 111 116 117 127 142 149 152
XXII
Tabelle 6-4:
Tabellenverzeichnis
Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter Fuhrung und lokaler Zufriedenheit
156
Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter Fiihning und lokaler Zufriedenheit
159
L6sungsansatze des Herstellers zur Verbesserung der Zusammenarbeit
162
Tabelle 6-7:
Kumulierte HSufigkeiten der Besuche pro Distanzklasse
196
Tabelle 6-8:
Stossrichtungen zur Erh6hung der Kunden- und Serviceorientierung
200
Tabelle 6-9:
Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnem
217
Tabelle 6-10:
Inhalte und Anwendungen von Formen der Weiterbildung fur Vertriebspartner
218
Tabelle 6-5: Tabelle 6-6:
Tabelle 6-11:
Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen Ressourcenstarke
230
Tabelle 6-12:
Inhalte intemer Inforaiationsfliisse
233
Tabelle 6-13:
Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer Ratingwerte
269
Bedeutung der GestaltungsansStze in den drei Untemehmensf^Uen
3 04
Tabelle 6-14:
XXIII
Fallbeispielverzeichnis
Fallbeispielverzeichnis Fallbeispiel 1 -1:
Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller
4
Fallbeispiel 1 -2:
Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem
5
Fallbeispiel 3-1:
Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit bei Emhart Glass S.A.
51
Fallbeispiel 3-2:
Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit
56
Fallbeispiel 4-1:
Reporting und chinesische Geschaftspraktiken bei der Corns Bausysteme GmbH Global Sourcing und M&A bei Kunden der Emhart Glass S.A.
Fallbeispiel 4-2: Fallbeispiel 6-1:
83 88
Mehrperiodische Entschadigung bei der Hoerbiger-Origa Systems GmbH
166
Fallbeispiel 6-2:
Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A.
172
Fallbeispiel 6-3:
Regionalzentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme GmbH
178
Fallbeispiel 6-4:
„Dual Career Couples" bei der Royal Dutch/Shell Group
181
Fallbeispiel 6-5:
Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG
184
Fallbeispiel 6-6:
Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG
187
Fallbeispiel 6-7:
Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG
190
Fallbeispiel 6-8:
Teamselling bei der Mettler-Toledo AG
194
Fallbeispiel 6-9:
Segmentienmg und modulare Untersttitzung bei der Feintool AG
Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG
206 210
Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG 222 Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG
226
Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG
236
Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur Angebotserstellung bei der ABB AG
243
Abkiirzungsverzeichnis
Abkiirzungsverzeichnis AGFI
Adjusted Goodness of Fit Index
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
CEO
Chief Executive Officer
CFI
Comparative Fit Index
CH
Schweiz
CHF
Schweizer Franken
CRM-SystemeJ Customer Relationship Management-Systeme
DE
Deutschland
DEV
Durchschnittlich erklarte Varianz
df
Anzahl der Freiheitsgrade
d.h.
das heisst
EBIT
Earnings Before Interest and Taxes
EFA
Explorative Faktorenanalyse
etal.
Et alii
etc.
et cetera
EUR
Euro
f, ff.
folgende, fortfolgende
F&E
Forschung und Entwicklung
GFI
Goodness of Fit Index
ggf-
gegebenenfalls
ggti.
gegeniiber
HQs
Headquarters
i. d. R.
in der Regel
i. S. V.
im Sinne von
IMP-Group
International Marketing and Purchasing Group
k.A
keine Angabe
KFA
Konfirmatorische Faktorenanalyse
M&A
Mergers and Acquisitions
MA
Mitarbeiter
Mio.
Millionen
XXV
Abkurzungsverzeichnis
XXVI
ML-Methode
Maximum-Likelihood Methode
MNC
Multinational Corporation
Mrd.
Milliarden
n
Gr5sse der Stichprobe
NACE
Klassifizienmg der Wirtschaftszweige der EuropSischen Union
n. s.
nicht signifikant
o.V.
ohne Verfasser
P R^
Intumswahrscheinlichkeit Bestimmtheitsmass
RA
ReliabilitStsanalyse
RHQs
Regionales Headquarters
RMR
Root Mean Square Residual
RMSEA
Root Mean Square Error of Approximation
S.
Seite
s.
siehe
SalesSat
Salespartner Satisfaction Skala
SLA
Service Level Agreement
SSC
Sales & Supply Center
u. a.
imter anderem
UNO
Vereinte Nationen
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
USD
US-Dollar
U.U.
unter UmstSnden
VIF-Werte
Variance Inflation Factors-Werte
vs.
versus
USD
US-Dollar
z.B.
zum Beispiel
zz.
zurZeit
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau
1 Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau 1.1 Ausgangslage im internationalen Industriegiitervertrieb Internationale Vertriebsaktivitaten gehoren fur Industriegtiterhersteller bereits seit vielen Jahren zum Kern ihrer Geschaftstatigkeit (Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Heute erzielen Schweizer Hersteller nur noch wenige Prozent ihres Umsatzes im Inland. Im Jahr 2004 warden bei fiihrenden Schweizer Industrieguterherstellem wie Georg Fischer, Agie-Charmilles oder Bucher Industries laut Geschaftsbericht lediglich zwischen 4 und 7 Prozent des Umsatzes in der Schweiz gewonnen. Angesichts verscharfter Wettbewerbsbedingungen, zunehmender Deregulierung und vor allem steigender Kundenanspriiche mussen sich Hersteller mit standig steigenden Anforderungen an Qualitat, Innovationsgeschwindigkeit und auch Kosten ihrer Produkte auseinandersetzen (Hungenberg 1992, S. 342). Immer mehr Kunden erwarten, dass sich Untemehmen als „Losungsanbieter" auf ihre individuellen Bediirfiiisse einstellen (Belz/Bieger 2004, S. 221 f.; Meyer/DuUinger 1998, S. 719). Aber auch die zunehmende intemationale Professionalisierung in der Einkaufsorganisation von Kunden und in der Vertriebsorganisation von Wettbewerbem stellen Industriegtiterhersteller vor neue Herausforderungen. Dies gilt insbesondere in wirtschaftlich angespannten Marktsituationen, in denen die Flexibilitat und Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter in besonderem Masse auf dem Prufstand stehen. In den internationalen Markten werden Hersteller durch ihre Vertriebspartner vertreten, die aus Sicht der Kunden das Herstelleruntemehmen verkorpem (Belz 1999, S. 24). Bereits im Jahre 1982 betonten Behrman/Perreault Jr. (1982, S. 355), dass intemationale Vertriebspartner und deren Verkaufsleistung fur den Erfolg fast jedes Industriegtiteruntemehmens unverzichtbar und kritisch seien (Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 355). Die heutige Umsatzbedeutung der auslandischen Markte macht die Verkaufsleistung intemationaler Vertriebspartner fUr das Herstelleruntemehmen wichtiger denn je. Die Zusammenarbeit mit internationalen Vertriebsgesellschaften enthalt allerdings vielfach Konflikte, bspw. um Entscheidungsfreiheiten, Ressourcen und Kundeninformationen. Lediglich 22.5 Prozent der europaischen Vertriebspartner fuhrender Schweizer Industriegtiterhersteller halt die Zusammenarbeit mit dem Stammhaus ftir „zufneden stellend" oder besser (Vertriebsbefragimg 2004, s. Anhang F - 1, S. 364). Mangel bei der Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner, destruktive Konflikte und Unzufriedenheit fiihren dazu, dass Marketing- und Vertriebskonzepte lokal teilweise nicht mehr optimal umgesetzt werden. Die interne Effizienz leidet hier-
2
Kapitel 1
durch ebenso wie die Verkaufseffektivitat in den Markten. (Coughlan et al. 2001, S. 245 f.; Klumpp 2000, S. 53) Wettbewerbsvorteile geraten deshalb leicht in Gefahr.
Druck auf Herstollenintomehmen
Potenziale im intemationalen Vertriabsmanagement
Konfiguration der Vertriebsorganisation
Hdhere Qualitdt und FlexibiHtat Professjonalisierung im
1
Intemationalh ^ ^ ^^^^^^^ sierungder • • • ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ A
Innovationsgeschwindigkeit
1 Wettbewerbsbedingter Kostendruck
Abbildung 1 -1:
Steigende Individualisierung
Systematischer
Koordination
^ ^ I I H i
Angespannte Wktschaftslage
wlSr?"*""^ =-.*. . Vertnebskompetenz Erhdhungder Effektivitat .vorOrt"
Vertriebspartner
Druck auf Hersteller rtickt Potenziale des Vertriebs in den Vordergrund
Obgleich Hersteller unter dem Druck der aktuellen Herausforderungen starker auf die optimale Abstimmung in der Vertriebsorganisation angewiesen sind als bisher, existieren in der Praxis nur selten systematische Ansatze um dieser „Zerrissenheit" zu begegnen. Die Wissenschafl beschaftigt sich zwar seit vielen Jahren mit der Gestaltung und der Ftihrung von Vertriebskanalen, doch dominiert dabei seit langem die Fokussierung auf Herstellenmtemehmen und die Argumentation aus der Perspektive des TopManagements (s. Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.). Um die lokalen Prozesse verstehen und gestalten zu kQnnen, die von Vertriebspartnem bisher ohne den Einfluss, teilweise auch gegen den Willen der Zentrale durchgefiihrt werden, muss sich die Forschung allerdings zunachst auf die lokale Ebene der Vertriebsgesellschaflen ausrichten, bevor auf der Ebene des Stammhauses nach Losungen gesucht wird (s. Gupta/Govindarajan 1994, S. 455). Belz/Reinhold (1999a, S. 221), Renz (1998, S. 79) und Stewart (1995) fordem deshalb, dass sich auch die Forschung „verstarkt auf Tochtergesellschaften fokussieren und aus deren Sicht argumentieren soUte" (Renz 1998, S. 79). Indem es intemationalen Industriegtlterherstellem gelingt, die Interessen lokaler Vertriebspartner zu erfassen, zu interpretieren und angemessen zu beriicksichtigen, schaffen sie die Voraussetzung dafur, dass Marketingkonzepte vor Ort wirkungsvoll unterstutzt und umgesetzt werden (s. Thies 1976, S. 51, 58 ff.). Den Blickwinkel der Ver-
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau
triebspartner zu kennen, wird damit zu einem wichtigen Element fur die Internationale Fiihnmg im Stammhaus. Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung und die Determinanten des lokalen Blickwinkels und entwickelt Empfehlungen fiir die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen dem Hersteller und seinen intemationalen Vertriebspartnem.
1.2 Status Quo bei Vertriebspartnem und Herstellern 1.2.1 Vertriebspartner in vielfaltigen Bereichen unzufrieden Die von Vertriebspartnem geSusserte Unzufiiedenheit betrifft vielfaltige Bereiche der Zusammenarbeit mit dem Herstelleruntemehmen. Um dem Leser diese Vielfalt zu verdeutlichen, sind im Folgenden einige Beispiele fur Schwierigkeiten aus Sicht der Vertriebspartner aufgefuhrt. Samtliche Statements stammen aus Interviews, die der Autor in den Jahren 2002, 2003 und 2004 mit Vertriebsleitem und Geschaftsfuhrem von Tochtergesellschaften und Vertretungen deutscher und Schweizer Industrieunternehmen gefiihrt hat (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Aussagen sind dabei bewusst einseitig ausgewShlt, um Defizite in der Zusammenarbeit aufzuzeigen. • „Weiin es um Reklamationen, Servicebereitstellung oder Ersatzteilelogistik geht, stosst man in der Zentrale auf taube Ohren, unklare Zustandigkeiten und fehlende Lieferfahigkeiten. Man hat aber selber den Kunden im Nacken." • „Standig wird von langfristigen Strategien und klaren Vorgaben geredet, die aber von Seite der Zentrale ebenso oft verandert werden oder in die operativ eingegriffen wird." • ,^an sagt, wir soUen mehr verkaufen, was bei diesen Mondpreisen kaum mOglich ist. Haufig passiert es dann, dass Gerate nicht wie versprochen ausgeliefert werden konnen." • ,JMach langen erfolglosen Diskussionen haben wir uns bereits vor mehreren Jahren eine eigene CRM-Software zugelegt. Heute will die Zentrale ein neues System einfUhren, das nicht einmal die Standardfunktionen unserer selbstgestrickten L6sung beherrscht." • „Mitarbeiter in der Zentrale haben noch nie einen Kunden gesehen, vielen fehlen sogar einfachste Sprachkenntnisse." • „Haufige personelle Veranderungen in der Zentrale fiihren dazu, dass unsere Betreuung leidet, Zustandigkeiten haufig unklar sind und Absprachen nicht eingehalten werden." • „Lokal erhalten wir Informationen meistens zuletzt. Da kann man schon froh sein, wenn die Informationen wenigstens halbwegs voUstSndig und verstandlich sind." • „Der Hersteller versucht an Kundendaten heranzukommen um uns zu umgehen und direkt an Kunden heranzutreten." • ,Auch in dringenden Fallen ist in der Zentrale haufig niemand zu erreichen." • ,3udgetierung ist bei uns ein absolut politisches Spiel, es geht um die interne Rangordnung und nicht um den Kunden." • „Umfangreiches standardisiertes Reporting und spezielle Reportinganfragen kosten Ressourcen und Zeit. Hierbei werden grosse und kleine Vertriebsgesellschaften iiber einen Kanun geschoren."
Kapitel 1
„Vorschlage fiir neue Produkte werden nicht geschatzt und nicht eingeflihrt. Stattdessen verbrennt man Ressourccn damit, indem man Produkte einftihrt, die offensichtlich nie eine Chance hatten." Fallbeispiel 1-1: Statements zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
1.2.2 Defizite und mangelnde Motivation von Herstellem Schwierigkeiten und Konflikte in der Zusammenarbeit belasten Zentrale und Vertriebspartner in unterschiedlichem Masse. Zwar sind in der Zentrale Defizite bei der Zusammenarbeit bekannt. AUerdings besitzen Verantwortliche in der Zentrale fachliche und disziplinarische Weisungsbefugnisse und haben meist die Moglichkeit, Unstimmigkeiten durch Machtausiibung zu I5sen, bspw. indem sie androhen, Stellen neu zu besetzen oder tatsachlich neu besetzen. Fiihrungskrafte aus der Zentrale mtissen sich seltener fur ihre Entscheidimgen verantworten, die sie beziiglich der Zusammenarbeit treffen. Konflikte spielen aus Sicht der Hersteller deshalb nur dann eine RoUe, wenn sie nicht durch hierarchische Macht und Druck gelost werden konnen, wie es haufig in den Beziehungen zu unabhangigen Vertretungen der Fall ist. Ebenso problematisch scheint es, dass Zentralen mit hoher Weisungsbefugnis die Probleme haufig als gelost ansehen oder einfach ignorieren. Die Weisungsbefugnis ftihrt somit nicht automatisch zu optimalen LSsimgen, sondem ist vielleicht gerade die Ursache fur massive Probleme des Vertriebs. Selbst in Fallen, in denen aus Sicht des Herstellers ein Handlungsbedarf in der Zusammenarbeit erkannt wird, scheitem weitere Schritte vielfach an mangelnden Ressourcen. Belz/Reinhold (1999a, S. 94) fanden heraus, dass die Ressourcen fiir die Betreuung in der Industriegttterbranche hSufig keine aktive Fuhrung der Niederlassungen zulassen. So betreuen einzelne Vertriebsverantwortliche des Herstellers haufig mehr als 40 verschiedene Vertretungen und Tochtergesellschaften (Belz/Reinhold 1999a, S. 94). Viele der in Interviews befragten Vertriebsverantwortlichen der Herstelleruntemehmen erhalten tSglich zwischen 60 und 70 E-Mails (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Mitarbeiter aus der Zentrale werden damit haufig zu „Trouble Shooters", die lediglich selektive Notfallunterstutzung fiir die dringendsten Falle leisten kSnnen (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Eine aktive Fuhrung und Unterstutzung ist somit kaum moglich. Das L5sungsverm6gen und der Entwicklungsstand in Bezug auf Konflikte in der Zusammenarbeit kann sich zwischen Untemehmen stark unterscheiden. Wichtige Ursachen fiir diese Unterschiede liegen in der Untemehmensgrosse und der Finanzkraft,
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau
der Art der Produkte und in der Vertriebserfahrung des Herstellers. Die Interviews des Autors mit vertriebsverantwortlichen Managem in der Metall-, Chemie- und Maschinenbauindustrie zeigen, dass Konflikte in direkten und indirekten VertriebskanSlen der befragten Untemehmen zur Tagesordnung gehoren und dort erheblichen Einfluss auf die Geschaftstatigkeit nehmen (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Beispielhafte Auswirkungen von Konflikten sind: Ein wichiger Kunde der Corns Bausysteme GmbH beklagt seine Unzufiiedenheit, die auf interne Unstimmigkeiten mit dem spanischen Vertriebspartner zuruckzuftihren ist. Die Hilti AG verliert beinahe einen globalen Kunden, weil Vertriebspartner die „Global Agreements" nicht akzeptieren wollen. Die Wirtgen GmbH investiert jahrlich in die kostspielige Rekrutierung und Schulung neuer Fiihrungskrafte fur auslandische Vertriebsgesellschaften, weil diese wegen Unstimmigkeiten ausgewechselt werden. Samtlichen Vertriebs- und Niederlassungsleitem, die an explorativen Interviews teilnahmen (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), waren Probleme in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem sehr wohl bekannt. Wichtige Herausforderungen beziiglich der Zusammenarbeit aus Sicht der Zentrale sind: • „Die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem ist auf einer personlichen Ebene unbefriedigend, haufig sind keine sachlichen Diskussionen mOglich." • „Das Engagement der Vertriebspartner ist unzureichend, viele Vertriebspartner kummem sich imgeniigend um unsere Produkte." • „Trotz vieler Anstrengungen machen unsere Produkte bei vielen Vertriebspartnem nur einen geringen Umsatzanteil aus." • „Tochtergesellschaflen zeigen mehr Initiative als Vertretungen." • „Die Vertriebspartner kennen die Kundenbediirfhisse genau, informieren uns aber unzureichend uber Bediirfhisse und Entwicklungen bei Kunden." • „Vertriebspartner sehen die Kunden als ihren Besitzstand an und geben Kundendaten nicht weiter." • „Vertriebspartner vemachlassigen strategische Ziele zugunsten kurzfristiger Umsatzprovisionen." • „Die steigende Zahl von Neuprodukten iiberfordert den Vertrieb zunehmend." • „Um die zahlreichen Niederlassungen sinnvoU betreuen zu konnen, fehlen im Stammhaus die notwendigen Ressourcen." • „Die Professionalisiemng des Einkaufs erfordert insbesondere bei intemational tatigen Kunden eine bessere Abstimmimg zwischen zentralem und dezentralem Vorgehen." • ,^usammenschlusse von Kundenuntemehmen fuhren zu einer h5heren Abhangigkeit. Bei diesen Kunden dtirfen wir uns keine Fehler leisten." Fallbeispiel 1-2: Statements zur Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Kapitel 1
1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen Die in Abschnitt 1.1 (S. 1 f.) erarbeitete Ausgangslage deutet bereits an, dass die Wissenschaft bislang keine ausreichenden L5sungen bereitstellt, mit deren Hilfe der Blickwinkel der intemationalen Vertriebspartner zur Zusammenarbeit erklart werden kann, obgleich verschiedene Forscher die BeschSftigung mit diesem Themenbereich fordem (s. auch Absatz 2.3.4, S. 31 ff.). In der Praxis sind Probleme in der Zusammenarbeit zwar bekannt, jedoch weitgehend imgel5st (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.). Defizite in der Praxis und in der Forschung markieren damit eine Forschungsliicke, anhand der die generelle Zielsetzung der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert werden kann: Ziel der Arbeit ist es, die Bedeutung und die Determinanten der Zusammenarbeit zwischen Herstelleruntemehmen und Vertriebspartnem im intemationalen Industriegiitervertrieb zu beschreiben und zu erkldren, um eine Vertriebsgestaltung ableiten zu konnen, die optimal dazu beitrdgt, die marktund organisationsbezogenen Ziele des Herstellers zu erreichen. Die Zielsetzung enthalt drei inhaltliche FrageblScke (s. Abbildung 1-2, S. 6), an denen sich die Methoden im Forschungsprozess und der Aufbau dieser Arbeit ausrichten miissen. Zunachst ist die Bedeutung des Blickwinkels und der Zufriedenheit von Vertriebspartnem zu untersuchen. Dazu wird geprilfl, welche Wirkungen die Zufriedenheit auf das Erreichen der Untemehmensziele hat. Dadurch wird gleichzeitig die Relevanz des Themas ermittelt. CII^B6deutung_3^
dbetermlnanteir^
d T Gestaltung H I ^
Welche Bedeutung besitzt die Zufriedenheit der Vertriebspartner?
Welche Faictoren detennlnieren die ZufriedenheK der Vertriebspartner beztiglich der Zusammenart>eit mit | dem Hersteller?
Durch welche Strategien und I Massnahmen gellngt I es, die Zufriedenheit mit der I Zusammenarbeit zu fdrdem?
Abbildung 1-2:
Drei FrageblScke des Dissertationsprojektes
In einem zweiten Schritt sind die Determinanten zu identifizieren, zu beschreiben und zu erklSren, die die Zufriedenheit bei der Zusammenarbeit mit dem Herstellerunternehmen massgeblich beeinflussen. Hierbei werden besondere Untersuchungsschwerpunkte auf die lokale Situation der Vertriebspartner und die Gestaltung des Vertriebsmanagements durch den Hersteller gelegt. In einem letzten Schritt sollen schliesslich
Ausgangslage, Zielsetzung und Aufbau
handlungsleitende Implikationen entwickelt werden, die der Vertriebsgestaltung des Herstellers dienen, um die Perspektive der lokalen Vertriebspartner besser zu verstehen, zu integrieren und um die lokale Kompetenz des Vertriebs zu erhdhen. Zu den in Abbildung 1-2 dargestellten Frageblocken lassen sich folgende Teilfragestellungen foraiulieren, um die Untersuchungsziele weiter zu konkretisieren (s. Tabelle 1-1). Frageblock 1: Bedeutung der Zufriedenheit von Vertriebspartnern • Welche Wirkung hat die lokale Zufriedenheit auf markt- und organisationsbezogene Ziele des Herstelleruntemehmens? • Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die Qualitat der Marktleistung und die Zufriedenheit der Kunden? • Welche Wirkung hat die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf die Einstellung, die Verkaufsleistung und den Markterfolg von Vertriebspartnern? Frageblock 2: Determinanten der Zufriedenheit von Vertriebspartnern • Welche intemen und extemen Kontextfaktoren bestimmen die lokale Situation der Vertriebspartner? • Welche Teilaspekte sind Gegenstand der Beurteilxmg durch die Vertriebspartner? • In welcher Weise beeinflussen lokale Kontextfaktoren die Beurteilung durch die Vertriebspartner? Frageblock 3: Gestaltung der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern • Inwiefem muss sich die Vertriebsgestaltung an der Situation vor Ort ausrichten? • Wie lassen sich die Massnahmen von Herstelleruntemehmen auf die jeweilige Situation der Vertriebspartner abstimmen und bis zu welchem Grad ist eine solche Abstimmung vorteilhaft? • Welche Ansatze stehen dem Hersteller zur Verfugung, um die Zusammenarbeit mit seinen Vertriebspartnern zu verbessem? Tabelle 1 -1:
Teilfragestellungen der Untersuchung
1.4 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel (s. Abbildung 1-3, S. 8), deren Inhalte nachfolgend knapp dargestellt werden. Kapitel 1 liefert zunachst einen Oberblick, indem die Problemstellung und deren Relevanz fur die Praxis veranschaulicht werden. Zielsetzung und Forschungsfragen geben einen Bezugspunkt fur die gesamte Arbeit. In Kapitel 2 wird ein konzeptioneller Rahmen entwickelt. Dazu werden zentrale Begriffe fur die Arbeit definiert sowie der vom Autor vertretene Forschungsansatz dargelegt. Das Untersuchungsobjekt wird beztiglich der Erkiarungsbeitrage benachbarter Forschungsgebiete eingeordnet und der zur Beantwortung der Forschungsfragen he-
Kapitel 1
rangezogene quantitativ-qualitative Methodenmix erlautert. Die detaillierte Beschreibung der Datenbasis und der Erhebiingsmethoden, die bereits in Abschnitt 2.4 (S. 34 ff.) vorgenommen wird, ermSglicht es, empirische Ergebnisse nach inhaltlichen Bezugen fortlaufend in die Diskussion einzubringen. Kapitel 3 beschaftigt sich mit der Bedeutung der Zufriedenheit bezuglich der Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Durch konzeptionelle und empirische Ansatze werden verschiedene Wirkungsbereiche der Zufriedenheit herausgestellt. Kapitel 4 und 5 untersuchen interne und exteme Kontextfaktoren der lokalen Situation imd deren Wirkung auf die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner. Es werden sieben inhaMiche Dimensionen der Zusammenarbeit von Hersteller imd Vertriebspartner identifiziert und eingehend diskutiert. Das Kapitel 6 richtet den Fokus auf die Altemativen der Vertriebsgestaltung unter besonderer Beriicksichtigung der Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit. Dabei werden die strategische Konfiguration sowie operative AnsStze der Koordination und Unterstutzung unterschieden. SSmtliche Altemativen werden im Hinblick auf ihre situative Eigmmg analysiert, um schliesslich Empfehlimgen fur die Vertriebsgestaltung geben zu konnen. Eine dynamische Betrachtung zeigt Prozessschritte zur nachhaltigen Verbesserung der Zusammenarbeit auf Abschliessend werden die Inhalte und Massnahmen anhand von Fallstudien inhaltlich vertieft und veranschaulicht. In Kapitel 7 werden Schlussfolgerungen aufgezeigt und diskutiert, die sich aus dieser Arbeit fiir die betriebswirtschaftliche Forschung und ftir die Vertriebspraxis ergeben.
i
Problem
| I
Begriffe
1 1
Praktische Relevanz
| I | ;
Forschungsansatz
Strategische Konfiguration
;
Exteme ! ; | jKausalanalytisch^ 1 | i Betrachtung j 1 Kontextfaktoren | 1
Operative Koordinatk>n und UnterstQtzung
; 1 Folgerungen fur! ! ! die Praxis ;
1 Forschungs1 fragen
| I Stand der | I Wissenschaft
| ! j 1
1
1 1 Methodenmix
|
Aufbau
Kapitel 1
|1
Abbildung 1 -3:
Kapitel 2
• Folgerungen fur | ; die Forschung |
Interne • 1 Konzeptionelle •! 1 1 1 Betrachtung | 1 Kontextfektoren ;
•
Fallstudie Leica
! |Dimensk)nender! ; Beurteilung • 1 1 i ! 1
||
Kapitel 3
Aufbau der Arbeit
| 1 Kapitel4und5
||
Prozess der Vertriebsgestaltung
; •
Fallstudien Nanosurf, Gallus, BASF
| 1
Kapitel6
1
Kapitel 7
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
2 Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix 2.1 Erl^uterung, Abgrenzung und Definition von Begriffen Im Folgenden werden die ftir die vorliegende Arbeit wichtigsten Begriffe kurz erlautert, abgegrenzt und zweckmassig defmiert. Der Aufgabe nach ist der „Vertrieb", insbesondere der „intemationale Vertrieb von Industriegtitem", zu beschreiben und abzugrenzen. Nach den Tragem der Aufgaben sind „Vertriebspartner" und ,^entrale" als die dezentralen und zentralen Organisationseinheiten zu beschreiben und abzugrenzen, die gemeinschaftlich die Aufgaben des Vertriebs wahmehmen. Abbildung 2-1 gibt einen ersten strukturierenden Uberblick zu den im Folgenden vorgenommenen Abgrenzungen.
Aufgabentrdger
Aufgabeninhalte
Abbildung 2-1:
Koordination und UnterstQtzung
Akquisitorische und logistische Aufgaben
Aufgabentrager und -inhalte im intemationalen Industriegtitervertrieb
2.1.1 Intemationaler Vertrieb von Industriegtitem Der „Vertrieb" ist ein schillemder Begriff, der in der Wissenschaft und Praxis mit vielfaltigen Bedeutungsinhalten belegt wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 10; WeinholdStiinzi 1994, S. 2 f.; Winkelmami 2003, S. 14 f.). Unterschiedliche Begriffsverstandnisse ergeben sich u. a. aus der Abgrenzung vom Marketing sowie der organisatorischen und aufgabenbezogenen Einordnung (Weinhold-Stunzi 1994, S. 3). An dieser Stelle wird darauf verzichtet, die unterschiedlichen Begriffsverstandnisse ausfuhrlich zu diskutieren. Hierzu wird auf Winkelmann (2003, S. 14 ff.) verwiesen, der zehn verschiedene Auffassungen des Vertriebsbegriffs nennt und voneinander abgrenzt. Das dieser Arbeit zu Grunde liegende Verstandnis des Begriffs „Vertrieb" setzt bei den Aufgaben an, die im Rahmen der Vertriebsfunktion zu erfallen sind. Nach Weinhold-Stunzi (1994, S. 2 ff.) beinhaltet der Vertrieb alle Entscheidungen und Aktivitaten, die zur Uberwindung der verschiedenartigen Distanzen zwischen Anbietem und Nachfragem getroffen werden. Die zu tiberwindenden Distanzen sind dabei nicht nur geografischer, sondem u. a. auch zeitlicher, psychologischer, soziologischer, recht-
10
Kapitel2
licher und politischer Natur (Weinhold-Sttinzi 1994, S. 2). AUgemeiner formuliert kann die Aufgabe des Vertriebs folglich darin gesehen warden, alle Aktivitaten, die den Weg der Leistungsiibertragung zum Kiinden sicherstellen, zu definieren und umzusetzen (Backhaus 2003, S. 376). Dabei lassen sich eine akquisitorische und eine logistische Dimension des Vertriebs unterscheiden (Backhaus 2003, S. 377; Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die akquisitorische Dimension beinhaltet alle Aktivitaten, die zur Gewinnung neuer oder der Festigung und der Aussch5pflmg bestehender Kundenbeziehungen beitragen. Dazu gehoren zum einen Managementaufgaben auf den verschiedenen Ebenen der Vertriebsorganisation. Zum anderen zShlen aber auch operative Aktivitaten z. B. die Verkaufsforderung und Werbung, der persdnliche Verkauf und Verhandlungen, die Angebotserstellung sowie der Kundendienst und andere After-Sales Services zur aquisitorischen Dimension des Vertriebs (s. Backhaus 2003, S. 377; Rosenbloom 1999, S. 411; Belz/Reinhold 1999a, S. 10). Die logistische Dimension des Vertriebs umfasst hingegen solche Aktivitaten, die darauf gerichtet sind, Raum und Zeit durch Transport und Lagerung zuttberbrttcken(Backhaus 2003, S. 377; s. Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff.; Rosenbloom 1999, S. 411), wie z. B. die Auftragsabwicklimg, die Anlieferung und die Installation. Die Vertriebsaufgabe besteht dabei in der Koordination und Sicherstellung von logistischen Anforderungen, die aus Kundensicht haufig ein wichtiges Entscheidungskriterium darstellen (Backhaus 2003, S. 399) und nicht unmittelbar in ihrer Durchftihrung. Marketing und Vertrieb sind eng verzahnt und besitzen deshalb haufig Aufgaben, die sich uberschneiden, z. B. im Bereich der Werbung oder der Verkaufsforderung (Krafft/Haase 2004, S. 13 f.; Winkelmann 2003, S. 50 ff.). Wohl daher werden die Begriffe Marketing und Vertrieb insbesondere im Industrieguterbereich oft synonym verwendet (Weinhold-Stiinzi 1994, S. 3). In dieser Arbeit wird dennoch zwischen den Aufgaben des Vertriebs und den Aufgaben des Marketing unterschieden. Demnach werden dem Marketing eher strategische Aufgaben zugeschrieben, wie z. B. Marktund Wettbewerbsanalysen, strategische Positionierung, Markenmanagement, Produktentwicklung und die Marktleistungsgestaltung (Krafft/Haase 2004, S. 14 ff). Vertrieb hingegen ist auf operativer und taktischer Ebene mit der Implementierung von Marketingstrategien betraut, was im Rahmen der genannten Vertriebsaufgaben erfolgt. Im Industriegutersektor besitzt der Vertrieb eine besonders gewichtige Rolle, die u. a. aus der Wichtigkeit des pers5nlichen Verkaufs und des Kundendienstes resultiert (Backhaus 1991, S. 5 ff; Homburg/Krohmer 2003, S. 705). Als IndustriegUter werden
Theoretische Bezugspunkte, Forschnngsansatz und Methodenmix
11
solche Leistungen bezeichnet, die von Organisationen beschafft werden, um weitere Leistungen zu erstellen, die nicht fUr die Distribution an den Endkonsumenten bestimmt sind (Backhaus 2003, S. 9; Belz/Reinhold 1999a, S. 10 f). Besonderheiten des organisationalen Beschaffungsverhaltens liegen nach Backhaus vor allem in einer abgeleiteten Nachfrage, einem ausgepragten Phasenbezug im Beschaffungsprozess und in der Multipersonalitat im Einkauf der Kundenorganisation. Zudem nennt Backhaus (1991, S. 3 ff.) einen hohen Formalisierungsgrad sowie die hohe Komplexitat und Intensitat der Kaufprozesse (Backhaus 1991, S. 3 ff.). Belz/Reinhold (1999a, S. 10; ) und Backhaus (2003, S. 4) betonen, dass auch die Intemationalitat des Vertriebs fur Industriegiiteruntemehmen selbstverstandlich und wesensbestimmend sei. Besinnt man sich auf die oben genannte Definition des Vertriebs nach WeinholdStunzi (1994, S. 2), so kann der Internationale Vertrieb als die Uberbnickung von Distanzen iiber nationale Grenzen hinweg verstanden werden. Dies stellt Anbieterunternehmen vor neue Herausforderungen. Belz (1994, S. 22) nennt insbesondere die geringere Vertrautheit auf AuslandsmMrkten, unterschiedliche Anforderungen geografischer Markte sowie mentalitatsmassige und rSumliche Distanzen, die bei beschrankten Kapazitaten zu tiberwinden sind. Der Internationale Vertrieb spielt in Industriegiiteruntemehmen oft eine grossere Rolle als der nationale Vertrieb, da der nationale Markt, bspw. fur Spezialmaschinen mit einer langen Lebensdauer, im Vergleich zum intemationalen Markt ein nur sehr begrenztes Wachstum und geringe Umsatzvolumen ermoglichen wiirde. Eine Analyse von Geschaftsberichten der zwanzig nach Umsatz grossten Schweizer Industriegtiterhersteller zeigt (s. „Geschaftsberichtsanalyse 11" Tabelle 2-3, S. 37), dass diese im Jahre 2003 durchschnittlich mehr als 85 Prozent ihres Umsatzes im Ausland tatigten, bei den meisten der Untemehmen waren es sogar tiber 93 Prozent (s. Abbildung 2-2, S. 12). Eine grosse Ausnahme stellt der Rtistungskonzem RUAG dar, der wesentliche Umsatzanteile allein mit dem Schweizer Militar gewinnt. In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass der nationale Vertrieb nur einen um viele Variablen vereinfachten Spezialfall des intemationalen Vertriebs darstellt (Weiber/Adler 2002, S. 331 f). Der intemationale Vertrieb von Industriegutem umfasst demnach alle weltweiten Vertriebsaktivitaten eines Industriegtiterherstellers, einschliesslich nationaler Aktivitaten.
Kapitel 2
12
Inlandsumsatz Schweiz 0= 14.8%
2%
4%
2%
7%
Georg Fischer
SIG
Mettler Toledo
Sulzer
3'257
28632
2'204»
r826
25%
40%
5%
Bucher Industries
Ruag
Conzetta
WMH
Leica
I'SSS
1*221
916
693
689
Auslandsumsatz 0=85.2%
Gesamt2003'
m 52%
6%
18%
AgieVon Roll Chamillles 678
676
1) In Mio. CHF. 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.51 CHF = 1 EUR. 3) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF = 1 USD Anmerkung: Nwht berQcksk:htigt wurder) Familienuntemehmen und Untemehmen ohne Angabe von inldndischen UmsStzen (z. B. ABB. Schindler. Rieter, Saurer. Unaxis. Bobst, BOhler. Endress+Hauser. Kardex und Felntool).
Abbildimg 2-2:
AuslandsumsStze fiihrender Schweizer Industrieguterhersteller (Geschaftsberichtsanalyse 11, s. Tabelle 2-3, S. 37)
2.1.2 Vertriebspartner als dezentrale AufgabentrSger „Vertriebspartner" (synonym: Niederlassungen) (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 10) sind dezentrale AufgabentrSger im Vertrieb, die gemeinschaftlich mit zentralen Untemehmenseinheiten eines Herstellenmtemehmens die Aufgaben des Vertriebs wahmehmen bzw. deren ErfuUung sicherstellen und damit dazu beitragen, die von Weinhold-Stiinzi (1994, S. 2 ff.) angeftihrten verschiedenartigen Distanzen zu den Kundenuntemehmen zu uberwinden. Die Partnerschaftlichkeit, die der Begriff „Vertriebspartner" nahe legt, kann angesichts der aufgezeigten Unstimmigkeiten allenfalls als Maxime der Zusammenarbeit interpretiert werden. Die FShigkeiten der Vertriebspartner und deren Engagement entscheiden weitgehend darttber, ob sich ein Angebot wirksam bis zum Kunden und Anwender transferieren lasst und ob Untemehmen in spezifischen Regionen und Landem lokal und kundennah vorgehen konnen (Belz/Reinhold 1999a, S. 10). In der Literatur zum Vertrieb wird hSufig den Eigentumsverhaltnissen nach, zwischen herstellereigenen und herstellerfremden Vertriebsorganen unterschieden (s. Ahlert 1996, S. 47 f.; Belz 1999, S. 99 ff,; Homburg/Krohmer 2003, S. 704 f., 710). Diese Unterscheidung findet sich auch in empirischen Studien wieder, in denen meist eine Fokussierung auf einen Vertriebskanal (s. Anderson/Nams 1990; Andersson/Forsgren 1996; Kim/Hsieh 2003, Goodman/Dion 2001) oder der Vergleich zwischen Vertriebskanalen (s. Jackson/d'Amico 1989; Smith/Barclay 1997; Mahajan et al. 1984) vorgenommen wird. Beide Vorgehensweisen bieten sich an, wenn das Kriterium der Eigen-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
13
tumerschaft in Bezug auf weitere untersuchte Variablen diskriminierend ist. Im ersten Fall wird der Einfluss der Eigenttimerschaft eliminiert. Im zweiten Fall wird er als erklarende Variable in die Untersuchung integriert. Der Begriff „Vertriebspartner" schliesst nach Belz/Reinhold (1999a, S. 10; Reinhold/Belz 2002, S. 40) herstellereigene Tochtergesellschaften sowie herstellerfremde Vertretungen, Untervertretungen und intemationale Handelsgesellschaften mit ein (anders: Homburg/Krohmer 2003, S. 721). Die eingangs genannte Definition des „Vertriebspartners" geht noch etwas weiter, indem samtliche dezentralen Einheiten einbezogen werden, die Vertriebsaufgaben wahmehmen. Damit k5nnen m5gliche Unterschiede, die durch die Eigentumsverhaltnisse und die mit diesen verbundenen Konsequenzen zustande kommen, beriicksichtigt werden. Eine einseitige Betrachtung herstellereigener oder herstellerfremder Vertriebsorgane ware ftir die Bearbeitung des vorliegenden Forschungsobjektes hingegen mit erheblichen Nachteilen verbunden und wurde verschiedene Verzerrungen hervorrufen. Dies ist teilweise auf Besonderheiten der IndustriegUterbranche und des intemationalen Kontextes zuriickzufiihren. Denn mit der Fokussierung auf einen Vertriebskanal fmdet gleichzeitig eine Schwerpunktsetzung auf spezifische Lander, Produkt- und Kundensegmente statt, da z. B. fiir umsatzmassig kleine Landermarkte (z. B. Norwegen) oder solche mit politisch unruhigen Bedingungen (z. B. Israel) besonders haufig auf unabhangige Distributoren zuruckgegriffen wird (s. Jackson/d'Amico 1989, S. 29 f.; Helm 2001, S. 52 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Auch wurden solche Produkt- und Kundensegmente in den Vordergrund geriickt, bei denen im Verkauf weniger Komplexitat und Erklarungsbedarf besteht, da sie ebenfalls einen Verkauf durch Distributoren begiinstigen (s. Jackson/d'Amico 1989, S. 31 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 710). Ein anderer Nachteil besteht in der problematischen Annahme, dass alle Vertriebsaufgaben durch die jeweils betrachtete Vertriebsform wahrgenommen wurden. Denn haufig werden die lokalen Teilaufgaben des Vertriebs in den Landermarkten und Regionen von unterschiedlichen zentralen und dezentralen Organisationseinheiten erbracht (Abbildung 2-3, S. 14). Eine eigentumsbezogene Unterscheidung fahrt deshalb zwangslaufig zu einer willkurlichen Eingrenzung bei der Betrachtung von lokalen Vertriebsprozessen.
14
Kapitel2
Typtscher Vertriebsprozess fQr IndustriegQter, Land Z
1
S
^ Marketing^ 'Aktivit»en^
HSHH
Pahiakeiten
•
kommerzielle technische administrative Aufgab«ntrig«r 1. Unabhdngiger Distributor 2. Unabhangiger Monteur 3. Unabhdngiger Logistiker riokale Vertriebsgeseilschaft 5. Lokale Servicegeselischafl 6. Zentrale Abteilungen
A A A • A •
# (3 O
•
A A A A A A
A A A A A A
• 3 A A A A A A
Abbildung 2-3:
3Hoch
OGaring
o o
•
o o
3 • 3
A A A A A A
A A A A A A
A A A A A A
m A A A A A A
^
Eignung von Au^abantrigem
Ausmass bwtfttigtM- Fihigkaiton #Sehrhoch
(3
IH
QSahrgering
J
A S e h r gaeignet
ABedinqt gaeignet A w e n i g geeignet 1
Aufgabenverteilung im Vertriebsprozess fiir Industrieguter (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Abbildung 2-3 zeigt einen typischen Vertriebsprozess fur Industrieguter mit den zu erfiillenden Aufgaben. Auf jeder Prozessstufe werden unterschiedliche Fahigkeiten veriangt, die branchen- und produktabhMngig variieren kSnnen. Die unterschiedlichen Vertriebsaufgaben in einem Landermarkt kQnnen von verschiedenen lokalen und zentfalen AufgabentrSgem gemeinsam wahrgenommen werden (Winkelmann 2003, S. 53 f.). Hierbei sind unterschiedliche Konstellationen denkbar und moglich: Teilweise decken herstellereigene Vertriebsgesellschaften den gesamten Prozess ab, in anderen Fallen werden ftir verschiedene Teilaufgaben weitere exteme und interne Aufgabentrager hinzugezogen. Aus dieser Perspektive betrachtet, scheint es sinnvoll nicht weiter zwischen herstellerfremden und herstellereigenen Vertriebspartnem zu unterscheiden, sondem vielmehr solche Vertriebsorgane zu betrachten, die fur die Sicherstellung des Wegs der Leistungsiibertragung zum Kunden verantwortlich sind und die Erfiillung der Vertriebsaufgaben lokal koordinieren. Hierbei kommen sowohl herstellerfremde als auch herstellereigene Vertriebsorgane in Frage. Bei der weiteren Diskussion wird auf theoretisch konzeptioneller Ebene deshalb nicht weiter nach den Eigentumsverhaltnissen unterschieden, sondem der allgemeinere Begriff „Vertriebspartner" verwendet. Abbildung 2-4 zeigt die aufgabenteilige Erftillung des Vertriebsprozesses am Beispiel fiihrender Schweizer Hersteller. Hierdurch wird noch einmal deutlich, dass sich die Einbeziehung verschiedener Aufgabentrager in den Vertriebsprozess sowohl zwischen Firmen, als auch zwischen betrachteten Landem unterscheidet.
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
15
Vertriebsprozesse Schweizer Industriegtiterhersteller , MarketingN 'Aktivitaten,< BelsDiele • Bucher, Emhart
•
H
4., 6.
4. (6.)
4.. 6.
• Bucher, Emhart Glass, Deutschland
4., 6.
4.
4.. 6.
• Bucher, Emhart Glass, Russland
1.,6.
1.,4.
4.
• ABB, Business Unit Minerals, Indian
4. (1..6.)
4.
4. (3., 6.)
ABB, Business Unit Minerals, Iran
6. (1..4.) 6.
4.
6. (3.) 6.
• RUAG, Aerospace Aircraft, Mittlerer Osten
1. (6.)
6. (4.) 6. (4.)
6. (4.) 6. (4.)
1.,6. (4.) 4. (2., 3., 6.)
6. (4.) 4. (3.)
(2.,3;,4.)
(30
1.,6.
1.,4.
6. (4.) 6. (4.) 4. (3.) 4. (3.) 6. (3.) 3. (2.)
6.
6.
6.
6.
6., 2.
4., 6.
2. (3.. 4.)
5. (4.) 5. (6.) 1.
2. (3., 6.) 2.
VeranhvorUiche Aufgabentrtiger 1. Unabhdngiger Distributor
2. UnabhSngiger Monteur
3. Unabhdngiger Logistiker
4. Lokale Vertriebsgesellschaft
5. Lokale Servicegesellschaft
6. Zentrale Abteilungen
( ) = Vertriebshelfer mit unterstQtzender TStigkeit
Abbildung 2-4:
Aufgabenverteilung im Vertrieb am Beispiel Schweizer Hersteller (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Abbildung 2-4 zeigt insbesondere auch Aufgabentrager, wie Logistikdienstleister oder Monteure, die die lokalen Vertriebspartner bei der Erfullung von Vertriebaufgaben untersttitzen. Diese werden im Weiteren als Vertriebshelfer bezeichnet (s. Ahlert 1996, S. 47; Homburg/Krohmer 2003, S. 707 ff.). Darunter fallen dann bspw. auch Agenten, die von Tochtergesellschaften zur Anbahnung von Geschaftsbeziehungen eingesetzt werden (Homburg/Krohmer 2003, S. 709).
2.1.3 Zentrale fur landerubergreifende Koordination und Unterstutzung In dieser Arbeit werden unter der „Zentrale" diejenigen zentralen Aufgabentrager verstanden, die durch die Koordination und Unterstutzung der dezentralen Vertriebspartner zur Erfiillung der Vertriebsaufgaben beitragen (s. Reckenfelderbaumer 2001, S. 253 f.). Zentrale und Vertriebspartner stellen damit eine Gemeinschaft zur Erfullung von Vertriebsaufgaben dar (Thies 1976, S. 49 f). Es muss jedoch nicht zwingend die weltweite Untemehmenszentrale bzw. das Stammhaus gemeint sein, wenn von der „Zentrale" die Rede ist. Auch das regionale Management Oder das divisionale Management kann die Rolle der „Zentrale" einnehmen, wenn es eine koordinierende oder unterstutzende Tatigkeit einnimmt, die zur Aufgabenerfullung dezentraler Vertriebspartner beitragt (Pahlberg 1997, S. 456 f). So werden z. B. bei der BASF AG, der Bosch AG, der Emhart Glass S.A. und der Holcim
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Kapitel2
AG weitgehend alle Logistik-, Preis- iind Marketingentscheidungen fur die Regionen Europa, Nord-, Siidamerika und Asien von regionalen Headquarters getroffen. Die Begriffe ,^entrale" und ,Jlersteller" unterscheiden sich in der Praxis durch das Eigentumsverhaltnis des Herstellers am Vertriebspartner und reflektieren dessen Sicht: Herstellereigene Vertriebspartner benutzen den Begriff ,^entrale", wahrend herstellerfremde Vertriebspartner die Ausdrttcke „Hersteller" oder „Lieferant" verwenden. Da in der vorliegenden Arbeit zunSchst nicht zwischen herstellereigenen und herstellerfremden Vertriebspartnem unterschieden wird, kSnnen die Begriffe Zentrale, Hersteller, Stammhaus, Headquarters, Herstelleruntemehmen und Untemehmenszentrale im Weiteren synonym verwendet werden. Reckenfelderbaumer (2001, S. 253) betont, dass die Zentrale insbesondere Aufgaben der Koordination und der Untersttttzung ubemimmt (s. KieserAValgenbach 2003, S. 298 ff.; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Die Koordination durch die Zentrale betriffl dabei verschiedene Mechanismen. Hervorzuheben sind die Zentralisienmg, die Formalisierung und die KontroUe: Eine Zentralisienmg wird aus Sicht des Herstellers angestrebt, um Skaleneffekte und Synergien zu nutzen (KieserAValgenbach 2003, S. 299). Ein gewisser Grad an Formalisienmg bildet die Basis, imi eine landeriibergreifende Planung
inklusive
Zielvereinbarungen
und ErgebniskontroUen
zu
realisieren
(KieserAValgenbach 2003, S. 299; Bartlett/Ghoshal 1990, S. 132). Fiir ein detailliertes Bild zu den einzelnen Koordinationsmechanismen sei an dieser Stelle auf KieserAValgenbach (2003, S. 300) verwiesen. Es bleibt festzuhalten, dass die Wahrnehmimg von Koordinationsaufgaben durch die Zentrale zwangslSufig die Autonomic der Vertriebspartner einschrankt (Reckenfelderbaumer 2001, S. 254). Dabei manifestiert sich, dass eine Vertriebsgesellschafl, so bedeutsam sie auch fiir die Entwicklung der Untemehmung und deren Erfolg sei, aus Sicht der Zentrale nur ein Element im Gesamtsystem ist (Diilfer 1992, S. 384.). Entscheidungen, z. B. iiber Marketingaktivitaten oder Erweiterungsfinanzienmgen, mtlssen deshalb immer auch die Interessen anderer Elemente (bspw. anderer Vertriebspartner) des Gesamtuntemehmens beriicksichtigen (Diilfer 1992, S. 384 ff.). Neben der Koordination kommen der Zentrale insbesondere Aufgaben der Unterstutzung zu. Hierbei handelt es sich z. B. um die Ubemahme verschiedener Sekundaraufgaben, wodurch dezentrale Bereiche entlastet werden konnen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 254). Auch hierbei spielen Synergieeffekte eine Rolle, allerdings verspricht man sich haufig auch eine hoherwertige Leistung, als dies bei einer dezentralen Erstellung der Fall ware (Reckenfelderbaumer 2001, S. 254). Beispiele fur die Unterstttt-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
^
LZ.
zung sind z. B. die Durchfiihrung von Schulungen, Marktforschungen oder die Bereitstellung von Produktdokumentationen sowie technische oder juristische Hilfestellungen (s. Reckenfelderbaumer 2001, S. 254; Lasserre/Schutte 1995, S. 253 ff.). Zentralbereiche verfugen in Bezug auf ihr Angebot, insbesondere bei unterstutzenden Leistungen, haufig uber eine innerbetriebliche Monopolstellimg, so dass sie keiner nnmittelbaren Konkurrenz ausgesetzt sind (Reckenfelderbaumer 2001, S. 257). Mittelbare Konkurrenz kommt bspw. dadurch zustande, dass Leistungen vor Ort selbst erstellt werden oder extern beschafft werden konnen. Als typisch fuhrt Reckenfelderbaumer (2001, S. 258) an, dass viele Zentralbereiche nur unzureichende und ungenaue Vorstellungen iiber die qualitativen und quantitativen Bedtirfiiisse der intemen Kunden haben, obwohl der „relevante Markt" meist relativ eng und abgegrenzt ist (Reckenfelderbaumer 2001, S. 258). Hungenberg (1992, S. 345) betont zudem, dass die Moglichkeit einer zentralen Problembewaltigung in internationalen Markten nur eingeschrankt besteht, was es der Zentrale erschwert, ihre Aufgaben zu erfuUen (Hungenberg 1992, S. 345).
2.2 Forschungsansatz und theoretische Perspektive 2.2.1 Realitatsorientierter Forschungsansatz Nach Tomczak (1992, S. 80 f.) sind die drei Grundelemente empirischer Forschung die Realitat, die Theorie und die Methode. Fiir die wissenschaftliche Betrachtungsweise von Realitat ist es typisch, dass in sich widerspruchsfreie Systeme von Aussagen und Theorien aufzustellen sind, deren Entsprechung zur Realitat unter Verwendung von Methoden zu uberpriifen und zu entwickeln ist. Durch die Methoden soil eine Verbindung zwischen abstrakteren Elementen von Theorie und Realitat hergestellt werden, wobei jeder Marketingforscher vor dem Dilemma zwischen qualitativer Grundlichkeit und quantitativer Abstraktion steht (Tomczak 1992, S. 81). Die realitatsorientierte Marketingforschung greift Probleme auf, die aktuell oder kiinftig ftir die Praxis relevant sind, und versucht diese auf dem Wege eines theoriegeleiteten Empirismus zu beschreiben, zu erklSren und zu losen. (Belz 1991, S. 9; Tomczak 1992, S. 83; Tomczak 1991, S. 30 ff) Die praktische Relevanz wird demnach ebenso als Anforderung an ein realitatsorientiertes Forschungsvorhaben gestellt wie die theoretische Fundierung: Einerseits ist also zu untersuchen, welche anderen theoretischen Perspektiven, d. h. erste Strukturierungen oder ausgereifte Theorien bereits zur Verfligung stehen (Tomczak 1992, S. 83). Andererseits ist zu priifen, ob das Forschungs-
18
Kapitel2
problem in der Praxis - also bei den Personen, die sich in dem betrachteten Realitatsausschnitt befassen - tatsSchlich ein relevantes Problem darstellt (Tomczak 1992, S. 83;Tomczakl991,S.26). Im Rahmen dieser Arbeit wurde versucht, beiden Anforderungen in hohem Masse Rechnung zu tragen. Zum einen wurden umfangreiche qualitative und quantitative empirische Untersuchungen vorgenommen, um die Relevanz des Forschungsproblems aus Sicht der befragten Praxisvertreter zu untersuchen (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.; Abschnitt 2.4, S. 34 ff.). Zum anderen konnten durch ein hermeneutisches Vorgehen die Beitrage gnmdsatzlicher theoretischer Perspektiven (s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff.) und die Beitrage benachbarter Forschungsgebiete (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff) herausgestellt werden. Sie leisten zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfragen eine wichtige Hilfestellung. Die Methoden, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Dissertationsprojektes ihren Einsatz fanden, werden in Abschnitt 2.4 (S. 34 ff.) einzeln vorgestellt und er5rtert.
2.2.2 Situativer Ansatz als theoretische Perspektive Es gibt vielfaltige Mdglichkeiten, sich dem PhSnomen Organisation theoriegeleitet zu nahem, und jede Theorie iSsst bestimmte Facetten der Organisation in den Vordergrund treten und drSngt zugleich andere in den Hintergrund (KieserAValgenbach 2003, S. 65). Wahrend bspw. der situative Ansatz eine starke Gestaltungsorientierung aufweist, stehen bei anderen Theorien wie z. B. der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie in erster Linie die Erklanmg oder das Verstehen formaler Organisation im Vordergrund (KieserAValgenbach 2003, S. 65). Ftir eine ausfuhrliche Diskussion und Gegenuberstellung der unterschiedlichen Organisationstheorien sei an dieser Stelle auf Kieser (1999b) verwiesen. Um eine moglichst differenzierte, praxis- und realitatsnahe Betrachtungsweise zu fordem (Staehle 1976, S. 36; Belz 1993, S. 7; Mockler 1971, S. 146), wird als Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit der situative Ansatz gewShlt. Diese theoretische Perspektive eignet sich besonders fur eine ErklSrung der formalen Struktur und fuhrt in hohem Masse zu handlungsleitenden Implikationen (KieserAValgenbach 2003, S. 222 f). Der situative Ansatz ist auch imter dem Begriff ,JK^ontingenzansatz" bekannt (Scherer/Beyer 1998, S. 334). Es soil damit die Annahme zum Ausdruck gebracht werden, dass Organisationsstrukturen von anderen Grossen abhangig (= kontingent) sind. Der Ansatz geht dabei von konkreten Problemsituationen aus, die durch eine
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
19
Konstellation bestimmter Einflussgrossen (sjoionym: Kontextfaktoren) definiert werden (Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 146). Handlungsempfehlungen werden damit relativiert (s. Tomczak 1992, S. 84; Kieser /Kubicek 1992, S. 50), sie mtissen sich an der Situation ausrichten, in der sich die jeweilige Organisation, bspw. der Vertriebspartner, befindet (Kieser/Kubicek 1992, S. 45 f.; Staehle 1977, S. 112; Mockler 1971, S. 147). Die Aufgabe des situativen Ansatzes besteht darin, Handlungsaltemativen zu entwerfen, die unter genau zu spezifizierenden Situationen erfolgreicher sind als andere (Staehle 1976, S. 36). Es gibt demnach nicht eine generell giiltige optimale Handlungsaltemative, sondem mehrere situationsbezogen angemessene (Staehle 1976, S. 36; Staehle 1977, S. 114; Mockler 1971, S. 148). Dabei nimmt der situative Ansatz an, dass das Management durch die Anpassung der Organisationsstruktur an die Situation („Fit") versucht, die Effizienz der Organisation zu maximieren (KieserAValgenbach 2003, S. 222; Jensen 2001, S. 12; Donaldson 2001, S. 12).
Andere Ursachen
Ergebnisse
Abbildung 2-5:
Konzept zur Korrespondenz von Situation und Organisationsstruktur (In Anlehnung an Donaldson 2001, S. 12)
Abbildung 2-5 (S. 19) zeigt das von Donaldson (2001, S. 12 f.) vorgeschlagene FitKonzept zur Anpassung der Organisationgestaltung an die Kontextfaktoren mit den entsprechenden Ergebniswirkungen, das fiir die Konzepte und Methoden der vorliegenden Arbeit besondere Impulse gibt. Danach miissen lokale Kontextfaktoren (z. B. die lokale Wettbewerbsintensitat) und die jeweils korrespondierenden organisatorischen Gestaltungen (z. B. der Grad an Entscheidungszentralisierung in der Vertriebsorganisation) erfasst und beschrieben werden, um die Eignung der Kombination aus beiden Einflussgrossen anhand ihrer Ergebniswirkungen (z. B. lokaler Erfolg oder lokale Zufriedenheit) beurteilen zu konnen.
20
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Wie Scherer (1999, S. 2) betont, „sind Organisationen hochkomplexe soziale Gebilde, in denen viele Probleme auflreten kSnnen, die (...) nur schwer unter ein gemeinsames Dach einer wie auch immer gearteten ,Supertheorie' zu integrieren sind (...). Hinzu kommt (...), dass jeder dieser Teilaspekte wiedemm unter verschiedenen theoretischen Perspektiven beleuchtet werden kann". Die Perspektive des situativen Ansatzes wird deshalb dort, wo es dem Autor geboten scheint, um andere Betrachtungsweisen erganzt, soweit diese zur theoretischen Durchdringung des Forschungsobjektes beitragen (s. Homburg 2000, S. 56; KieserAValgenbach 2003, S. 45 f., 68). Einen Beitrag leistet der ressourcenbasierte Ansatz, auch als „resource-based view" bezeichnet, der den spezifischen Wert der effizienten Vertriebsorganisation als einzigartige innerorganisationale Voraussetzung fur die Wettbewerbsfahigkeit des Untemehmens in den Vordergrund stellt und zu erkiaren hilft (s. Barney 1986; Penrose 1959; Rasche 1994; Wemerfelt 1984). Die Transaktionskostentheorie leistet einen Betrag, indem das Zustandekommen verschiedener Koordinationsformen zwischen Markt und Hierarchic erklart wird (s. Picot 1982; Picot/Dietl 1990; Williamson 1975; Williamson 1985; Williamson 1991). Und auch die Perspektive der Principal-Agent Theorie, die neben der Transaktionskostentheorie zu den institutionenSkonomischen Ansatzen gehort, kann Beitrage leisten, indem sie den Blick auf Informations- und Interessenunterschiede zwischen den Parteien in der Vertriebsorganisation lenkt, aus denen Probleme in der Zusammenarbeit resultieren k6nnen (s. KieserAValgenbach 2003, S. 49 ff). Die Integration nicht vereinbarer theoretischer Perspektiven kann aus wissenschaftlicher Sicht durchaus problematisiert werden. Solange es allerdings keine Moglichkeit gibt, ein objektives Urteil iiber die Giite der einzelnen Theorien zu fallen, erscheint KieserAValgenbach (2003, S. 68) dies der einzige Weg, das Verstandnis von Organisationen zu verbessem. Die Perspektiven werden in dieser Arbeit deshalb in Anlehnung an Homburg (2000, S. 56) als komplementMr betrachtet und integrierend genutzt. 2.3 Wissenschaftliche Beitrdge benachbarter Forschungsgebiete In den folgenden Absatzen wird das Forschungsproblem in den Kontext verschiedener Forschungsgebiete gestellt, in deren Schnittmenge es sich befmdet. Es werden jeweils ausgewahlte wissenschaftliche Ansatze vorgestellt, die wichtige Beitrage zur Beantwortung der Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit leisten. 2.3.1 Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem In Anlehnung an Rafee (1974, S. 80, S. Ill) k5nnen unter einem Vertriebssystem samtliche soziale Einheiten, d. h. Organisationen, Personengruppen und Einzelperso-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
21
nen verstanden werden, die bei der Planung, Durchfuhrung und KontroUe von Vertriebsaufgaben mitwirken sowie die Beziehungen, die zwischen diesen sozialen Einheiten bestehen. Das Vertriebssystem schliesst damit sowohl herstellereigene als auch herstellerfremde Vertriebspartner ein, die an der Vertriebsaufgabe des Herstellers mitwirken soUen. Erste konzeptionelle Perspektiven, die systeminteme Austauschprozesse und ihre Gestaltung als Marketingprozesse interpretieren (Kotler 1972, S. 48 f.), waren das „Generic Concept of Marketing" (Kotler 1972) und das mit ihm verwandte „Exchange Concept" (Bagozzi 1974; Bagozzi 1975). (Rafee 1974, S. I l l ) Das weite Marketingverstandnis beider Konzepte hat sich allerdings nicht durchgesetzt (Stauss/Schulze 1990, S. 149), da von einigen Wissenschaftlem der „Allzustandigkeitsanspruch des Marketing" abgelehnt wird (s. Rafee 1974, S. I l l ; Stauss/Schulze 1990, S. 149; Schutz 1993, S. 194; Rafee/Specht 1982, S. 556 ff.). Dennoch lasst sich bis heute eine Beachtung der systemintemen Dimension des Marketing feststellen (Lings 1999; Conduit/Mavondo 2001; Rafiq/Ahmed 2000), deren Bedeutung sich inzwischen etabliert hat. Zu den intemen Themenbereichen des Marketing gehoren bspw. Diskussionen liber Corporate Identity, Corporate Communication, Behavioral Branding (s. z. B. Tomczak et al. 2005; Tomczak/Brexendorf 2003) sowie internes und vertikales Marketing. Die beiden letzten Konzepte geben fur das Forschungsprojekt wichtige Impulse, da sie das klassische Kundenverstandnis um interne und (den Kundenuntemehmen) vorgelagerte Kundengruppen, wie Tochtergesellschaflen und den Handel erweitem. Internes Marketing Internes Marketing ist die „planmassige Gestaltung von Austauschbeziehungen mit intemen Systemmitgliedem zu absatzmarktbezogenen Zwecken" (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Es kann als untemehmerische Grundhaltung verstanden werden, nach der alle untemehmerischen Entscheidungen konsequent an den Erfordemissen und Bedtirfhissen der Mitarbeiter auszurichten sind (George/Gr5nroos 1995, S. 66; Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150), um deren Zufriedenheit zu erhohen. Die Mitarbeiterzufiiedenheit gilt im intemen Marketing als Voraussetzung fiir die Realisierung okonomischer Untemehmensziele (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450; Lings 1999, S. 453). Vor allem im pers6nlichen Verkauf, der im Industriegiitervertrieb haufig anzutreffen ist, haben das Personal und dessen Interaktion mit dem Kunden eine wesentliche Bedeutung far den Markterfolg (Lings 1999, S. 453; Stauss/Schulze
Kapitel 2
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1990, S. 151; Gronroos 1985, S. 42). Das interne Marketing dient damit der intemen Absichenmg einer extemen Marketingstrategie (Meyer/Opperaiann 1998, S. 993; Stauss/Schulze 1990, S. 156). Das Konzept des intemen Marketing bringt also die Relevanz intraorganisationaler Voraussetzimgen zum Ausdruck, die fiir die erfolgreiche Umsetzung absatzorientierter Marketing- und Vertriebskonzepte vorliegen miissen. Als Austauschpartner bzw. Systemmitglieder kommen beim intemen Marketing das Personal oder Subsysteme von Untemehmen in Betracht (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Obwohl organisationsexteme Adressaten nicht explizit ausgeschlossen werden, liegt der Fokus im intemen Marketing auf organisationsintemen Adressaten (Lings 1999, S. 453; Hauser et al. 1996, S. 268 f.; Davis 1992, S. 6; Conduit/Mavondo 2001, S. 12; Rafiq/Ahmed 2000, S. 454 f). Es existieren bislang keine Untersuchungen, die das inteme Marketing auf das Verhaltnis der Zentrale zu den Vertriebsgesellschaflen beziehen. Nach Stauss/Schulze (1990, S. 155) kommt jedoch ein Untemehmen mit mehreren Betriebsstatten grundsatzlich als System in Betracht (Stauss/Schulze 1990, S. 155; Schutz 1993, S. 194 f). Dann sind es Subsysteme wie Filialen, Mitgheder von Kooperationen oder Franchise-Nehmer, die mit Hilfe eines abgestimmten Instrumentariums gesteuert und zu absatzstrategisch festgelegtem Verhalten im Sinne der Systemziele bewegt werden miissen (Stauss/Schulze 1990, S. 155). Adressat dieser Variante des intemen Marketing ist das jeweilige Subsystem, in erster Linie dessen Leitung, sekundar auch die weiteren Elemente des Subsystems, bspw. Vertriebsmitarbeiter. Diese Variante wird von Stauss/Schulze (1990, S. 155) als „subsystemorientiertes intemes Marketing" bezeichnet. Tabelle 2-1 zeigt noch einmal die intemen imd extemen Adressaten beim intemen Marketing. Es wurden dazu jeweils einige wichtige Publikationen ausgewahlt. Quelle
Genannte Adressaten im ursprunglichen Wortlaut
Rafiq/Ahmed 2000, S. 454 f. Meyer/Opperaiann 1998, S. 992 Stauss 1997, S. 720
Mitarbeiter des Untemehmens, insbesondere Mitarbeiter im Kundenkontakt Organisationsinteme Mitarbeiter
Bnihn 1995, S.25 George/Gronroos 1995, S. 65 f. Schutz 1993,
Mitgheder einer organisatorischen Untemehmensverbindung, rechtlich Kooperationspartner mit r^umlich dezentraler Leistungserstellung, rechtlich unabhdngige Teileinheiten Mitarbeiter, Abteilungen, Tochteruntemehmen Inteme Organisation und intemer Mitarbeitermarkt Zentrale Bereiche, Glieder der Wertschopfungsket-
Einbezogene Adressaten Inteme Exteme
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Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix S. 194 f.
Stauss/Schulze 1990, S. 155
te, Teilfiinktionen im Stammhaus, selbststandige Auslandsgesellschaften und Beteiligungen, Filialen, Franchisenehmer Interne Organisationsmitglieder, Subsysteme, wie Filialen, Mitglieder von Kooperationen, Franchisenehmer Untemehmensinteme Mitarbeitermarkte
c
GrSnroos 1985, S.42 # = voUstandig einbezogcn, 0 = nicht einbezogen, C) = teilweise einbezogen Tabelle 2-1: Einbeziehung intemer und extemer Adressaten im intemen Marketing
0
• •
Vertikales Marketing Vertikales Marketing basiert auf dem Grundgedanken, dass eine stufeniibergreifende Abstimmung von Funktionen und Marketingaktivitaten der vertikalen Partner sowohl eine wirtschaftlichere Prozessgestaltung als auch eine bessere Ausschopfung der Nachfrage von Endkunden ermoglicht (Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.ll; Pabst/Brettenthaler 1995, S. 48 f.; Schneider 1989, S. 90). Damit soil das vertikale Marketing die Wettbewerbsfahigkeit des Vertriebssystems insgesamt erhohen (Engelhardt 1990, S. 11; Pabst 1993, S.ll; Belz 1989, S. 292 f.) und dazu fuhren, dass beide Partner ihre Ziele besser erreichen (Ceyp 1996, S. 8; Thies 1976, S. 59; Steffenhagen 1975, S. 63; Belz 1989, S. 251 ff.). Haufig wird vertikales Marketing ausschliesslich auf die Zusammenarbeit mehrerer wirtschaftlich selbststandiger Distributionsstufen bezogen (Thies 1976, S. 52; Pabst 1993, S. 12 f.; Irrgang 1989, S. 12; Schneider 1989, S. 91, Engelhardt 1990, S. 11, Belz 1989, S. 571; Kirsch 1987, S. 20 f.). Das betrifft vor allem die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel oder zwischen Gross- und Einzelhandel (Thies 1976, S. 52; Belz 1989, S. 571; Ceyp 1996, S. 7). Thies (1976, S. 49 ff.) und Tietz/Mathieu (1979, S. 9 ff.) sehen die wirtschaftliche Selbststandigkeit und die reale (nicht nur formale) MQglichkeit zum Austritt aus der Zusammenarbeit sogar als konstitutive Merkmale von vertikalen Marketingsystemen an (Thies 1976, S. 49 ff.; Tietz/Mathieu 1979, S. 9 ff.; Stuke 1974, S. 22). Durch diese enge Sichtweise werden aber die durch Eigentumsrechte abgesicherten Distributionssysteme, bspw. eigene Tochtergesellschaften, im Rahmen des vertikalen Marketing nicht erfasst (Kunkel 1977, S. 22). Die (haufig fehlende) reale Moglichkeit zum Austritt, wie sie bspw. in der Beziehung zu grossen Handelspartnem durch Machtungleichgewichte besteht, bleibt unbeachtet (Kunkel 1977, S. 22 f.). Auch die De-facto-UnabhSngigkeit bzw. grosse Macht, die auch Filialuntemehmen und auslandische Vertriebsgesellschaften haufig besitzen.
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Kapitel 2
wird nicht beriicksichtigt, obwohl sie nach Weinhold-Stunzi (1986, S. 1) massgeblich ist, nm von vertikalem Marketing zu sprechen. Kunkel (1977, S. 23) definiert vertikales Marketing deshalb als „eine auf mehrere Marktstufen zielende absatzfbrdemde Strategie und deren taktische Ausgestaltung durch eine Untemehmung wie auch durch mehrere Untemehmungen". Das Bemtihen um eine weitgehende Koordination der Marketing- und Vertriebsaktivitaten und der jeweils erbrachten Teilleistungen der am Absatzprozess Beteiligten (Kunkel 1977, S. 21) muss sich denmach auf alle Vertriebspartner beziehen, sowohl auf eigene Vertriebsgesellschaften als auch auf selbststSndige Vertretungen. Tabelle 2-2 fasst anhand ausgewahlter Publikationen den Adressatenbereich des vertikalen Marketing zusammen. Quelle
Genannte Adressaten im urspriinglichen Wortlaut
Belzl989, S. 571 Irrgang 1989, S. 12 Schneider 1989, S.91 Weinhold-Stunzi 1986, S. 1
Vertikal beteiligte Produktions- und Handelsstufen
Einbezogene Adressaten Exteme Interne
Der Absatzmittlerbereich Marktpartner im Distributionskanal
Vorgelagerte Stufen beim Vermarkten von Giitem und Dienstleistungen an Abnehmer uber Zwischenstufen (Gross- und Einzelhandel) Kunkel 1977, Andere Marktstufen und deren Ausgestaltung S.23 durch eine Untemehmung wie auch durch mehrere Untemehmimgen Thiesl976, Ein wirtschafllich selbststSndig bleibendes UnterS. 52 nehmen auf einer anderen Wirtschaftsstufe # = vollstgndig einbezogen, 0 = nicht einbezogen, €) = teilweise einbezogen Tabelle 2-2: Einbeziehung intemer und extemer Adressaten im vertikalen Marketing
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c •
0
Fazit: Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem kombinieren Zusammenfassend iSsst sich feststellen, dass sich internes Marketing hauptsachlich auf organisationsinteme Adressaten, vertikales Marketing hingegen auf (exteme) Handelsstufen bezieht. Abbildung 2-6 zeigt die Bereiche, in denen das interne und vertikale Marketing BeitrSge zur Erklanmg und Gestaltung von Vertriebssystemen leisten. Wahrend Typ A eine reine herstellereigene Organisation darstellt, und deshalb in den Geltungsbereich des intemen Marketing fallt, beschreibt Typ B das Verhaltnis zwischen Hersteller und extemen Distributionspartnem. Hierbei sind Aspekte des vertikalen Marketing zu beachten. Typ C zeigt vereinfachend eine im intemationalen Industriegiitervertrieb haufig anzutreffende Mischform, bei der internes und vertikales Mar-
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Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
keting auf den verschiedenen Stufen bis zum Kimdenimtemehmen ineinander greifen miissen. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordem, alle Stufen bis zum Kunden aufeinander abzustimmen, damit die Kundenorientierung vom Hersteller bis zum Kundenuntemehmen luckenlos wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Belz 1994, S. 22).
Vertriebssystem
TypA
TypB
^
Type
^
Kunden; untemehmen I
^
Kunden• untemehmen 1
Kunden; untemehmen j
' Internes Marketing Vertikales Marketing
Abbildung 2-6:
Internes und vertikales Marketing im Vertriebssystem des Herstellers (In Anlehnung an Belz/Reinhold 1999a, S. 97)
Dies unterstreicht die notwendige Verzahnung von intemem und vertikalem Marketing. Eine Abstimmung soUte vorgenommen werden, unabhangig davon, ob die Systemmitglieder organisationsintem sind oder nicht (Belz/Reinhold 1999a, S. 38; Schiitz 1993, S. 194; Stauss/Schulze 1990, S. 155; Weinhold-Stunzi 1986, S. 1; Kunkel 1977, S. 23). Wichtigstes Ziel ist es, dass alle Mitglieder des Vertriebssystems die Unterstutzung bekommen, die sie benotigen, um ihre Aufgaben - insbesondere Aufgaben im Kundenkontakt - zu erfuUen. (Lings 1999, S. 453; Barrett 1994, S. 31) Die Massnahmen im Rahmen einer solchen Kundenorientierung mtissen fiir Tochtergesellschaflen ggf. anders ausgestahet sein als fiir selbststandige Vertretungen. Herstellereigene und fremde Vertriebspartner werden dabei zu wichtigen Kundengruppen der Zentrale (Belz 1994, S. 22).
2.3.2 Zufnedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanalen Die verhaltenswissenschaftliche Marketingforschung beschaftigt sich bereits seit den 1950er Jahren (z. B. Mack/Snyder 1957) mit Zufriedenheit und Konflikten in Distributionskanalen. In etlichen Partialuntersuchungen (z. B. Boyle/Dwyer 1995; Frazier /Rody 1991; Gaski/Nevin 1985; Kale 1986; Lusch 1976) sind Teilaspekte der vertikalen Distributionsbeziehungen untersucht und bereits in verschiedenen Metaforschun-
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Kapitel 2
gen zusammengefasst worden (Steffenhagen 1987, S. 551; s. Geyskens et al. 1999; Gaski 1984; Pondy 1989; Pondy 1967). AUein zwischen 1970 und 1996 wurden 71 empirische Studien zur Zufiiedenheit in Vertriebskanaien durchgefUhrt, deren Ergebnisse in fiihrenden amerikanischen Marketingjoumalen verSffentlicht
wurden
(Geyskens et al. 1999, S. 223). Diese Arbeiten beschSfligen sich mit der Frage nach dem Zustandekommen der Einstellung von Vertriebsmitarbeitem sowie ob und welchen Einfluss psychische Faktoren auf das Verhalten der Mitarbeiter, die Arbeitsleistung und damit auf den Untemehmenserfolg haben (Kieser/Walgenbach 2003, S. 37). Die Zufiiedenheit von Mitgliedem des Vertriebssystems steht im Mittelpunkt vieler wissenschaftlicher Untersuchungen (z. B. Ping Jr. 2003; Geyskens et al. 1999; Brown/Peterson 1994; Schul et al. 1985; Dwyer 1980; Rosenberg/Stem 1971) und ist beziiglich ihrer Position in der Kausalkette umstritten (s. Michie/Sibley 1985; Schwab/Cummings 1970). Geyskens et al. (1999, S. 224) definieren die „Channel Member Satisfaction" als emotionalen Zustand, der aus der Beurteilung sSmtlicher Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Herstelleruntemehmen resultiert (Frazier et al. 1989; Gaski/Nevin 1985). Hierbei k5nnen drei wesentliche Perspektiven zur RoUe der Zufiiedenheit unterschieden werden: 1. die Sicht, dass eine hohe Zufiiedenheit von Mitarbeitem deren Leistung und Erfolg erh5hen (s. Schwab/Cummings 1970, S. 410; Herzberg 1968, S. 53 ff.), 2. die Sicht, dass hohe Leistungen und Erfolge von Mitarbeitem zur Zufiiedenheit beitragen (s. Lawler Ill/Porter 1967; Schwab/Cummings 1970, S. 417 ff.), 3. die integrierende Sicht, dass die Beziehungen zwischen Zufiiedenheit, Leistung und Erfolg wechselseitig sind (s. Michie/Sibley 1985, S. 189; Robicheaux/El-Ansary 1975, S. 25) imd durch verschiedene weitere Variablen beeinflusst werden (s. Schul et al. 1985; Ping Jr. 2003; Dwyer 1980). Nach der zuletzt genannten Sichtweise erzeugt eine hohe Zufiiedenheit, die durch weitere Einstellungsvariablen wie z. B. das Vertrauen zum Hersteller, die Verbundenheit und das Konfliktniveau moderiert wird, eine hohere Leistung der Mitarbeiter, die je nach Fahigkeiten und Charakter wiederum zu hSheren Untemehmenserfolgen fiihrt. Durch intrinsische und extrinsische (z. B. variables Gehalt) Belohnungen wirkt sich eine Zielerreichung wiederum auf die Zufiiedenheit aus (s. Abbildung 2-7).
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Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
.—' ^^-i
lelohnungeji
Konflikte Vertrauen
Leistung
Markterfolg
Verhalten
Erfolg
Verbundenheit
1 Einstellung
Abbildung 2-7:
Beziehungen von Einstellung, Verhalten und Erfolg von Vertriebsmitarbeitem
Ein Grossteil der wissenschaftlichen Studien betrachtet nicht die gesamte in Abbildung 2-7 dargestellte Wirkungskette, sondem fokussiert die Zusammenhange zwischen verschiedenen Einstellungsvariablen (s. Andaleeb 1996; Anderson/Nams 1990; Geyskens et al. 1996) und deren Abhangigkeiten von moderierenden Rahmenbedingungen (s. Wood 2001; Ping Jr. 2003; Goodman/Dion 2001). Neben der Zufriedenheit wurden dabei insbesondere Konflikte in Vertriebskanalen untersucht. Konflikte konnen sowohl Ursache als auch Konsequenz von Unzufriedenheit sein (Geyskens et al. 1999, S. 224). Konflikte stellen eine Situation der Spannung, Frustration und Unstimmigkeit in einer Vertriebsbeziehung dar (Anderson/Narus 1990, S. 65 f.), in der mindestens einer der Interaktionspartner wahmimmt, dass die andere Partei ihn davon abhalt oder daran hindert, seine Ziele zu erreichen (Gaski/Nevin 1985, S. 131 f.; Steffenhagen 1975, S. 23 f.). Sachliche Konflikte sind durchaus gewollt, da sie neue Ideen fordem, Klarheit schaffen und die Basis fur Veranderungen darstellen (Schogel 1997, S. 92). Sie konnen jedoch leicht in Konflikte zwischen Personen umschlagen (Kieser/Walgenbach 2003, S. 155). Bis zu einem bestimmten Niveau scheinen Konflikte keinen wesentlichen Einfluss auf die Effizienz des Vertriebssystems zu nehmen. Rosenbloom (1973, S. 29) betont die effizienzsteigemde Wirkung, die von einem „konstruktiven" Konfliktniveau ausgehen kann. Er weist jedoch darauf hin, dass Konflikte ab einem bestimmten Niveau die Effizienz des Vertriebssystems mindem konnen und eine emsthafte Gefahr fiir die Zusammenarbeit darstellen (Rosenbloom 1973, S. 27 f.). Fur detaillierte Ausfiihrungen zu einzelnen Konflikttypen und -verlaufen, die in der Konfliktforschung untersucht wurden, sei an
Kapitel 2
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dieser Stelle auf Steffenhagen (1975, S. 24 ff.; 1987, S. 555 ff.), Pondy (1967, S. 298 ff.), Etgar (1979) und Lusch (1976, S. 383 f.) verwiesen. Abbildung 2-8 zeigt den von Rosenbloom (1973) unterstellten Znsammenhang.
EfRzienzdM Vmrtricbssystems
niedrig
Konfliktnivsau
Abbildung 2-8:
Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und Effizienz des Vertriebssystems (In Anlehnung an Rosenbloom 1973, S. 29)
Viele der BeitrSge zur Konflikt- und Zufiiedenheitsforschung in Vertriebskanalen beschaftigen sich mit der Bestimmung und ErklSrung der Ursachen sowie der Determinanten, Entwicklungsstufen und der StSrke von Konflikten. Sie geben jedoch nur wenige Hinweise, wie Konflikten im Vorfeld begegnet, wie die Zufriedenheit erfasst oder wie bestehende Konflikte gelGst werden konnen, um die Zusammenarbeit zu verbessem (anders s. Henderson 1971; Dant/Schul 1992; Steffenhagen 1975, S. 129 ff.; Dant/Schul 1992). Auch geben empirische Studien kaum Hinweise darauf, welche Auswirkungen Zufriedenheit, Konflikte xmd andere Einstellungsvariablen auf das Verhalten von Mitarbeitem und auf betriebliche Erfolgsgrossen haben (Meinig/HeB 1992; anders s. Meffert et al. 1996). Zudem sind die erklSrenden Aussagen, die im Rahmen der Konfliktforschung getroffen werden, meist auf einem abstrakten Betrachtungsniveau. So konnen konkrete vertriebsspezifische Hinweise nur schwer abgeleitet werden (anders s. Diez et al. 2000; Meinig/HeB 1992; Meffert et al. 1996; Saatkamp 2002). Einen fur die vorliegende Arbeit besonders wertvoUen Impuls geben die Arbeiten von Diez et al. (2000), Meinig/HeB (1992), Meffert et al. (1996), Kale (1986) und Anderson/Narus (1984; 1990). Die ersten drei (Diez et al. 2000; Meinig/HeB 1992;
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
29
Meffert et al. 1996) untersuchten die Zufriedenheit von (herstellerfremden) vertraglichen Automobilhandlem in der Beziehung zu ihren Herstelleruntemehmen. Die Handlerzufiiedenheit wird im Rahmen des so genannten „Dealer Satisfaction Check" an der Forschungsstelle fur Automobilwirtschaft (FAW) in Bamberg (Deutschland) jahrlich erhoben. Hierdurch erhalten Automobilhersteller Hinweise auf Optimierungspotenziale und Handlungsempfehlungen fur die Gestaltung der Zusammenarbeit und die Steuerung der Vertriebspartner (Diez et al. 2000, S. 167). Im Industriegtiterbereich, insbesondere fiir herstellereigene Vertriebsgesellschaften sind dem Autor bislang keine vergleichbaren Untersuchungen bekannt. Die Arbeiten von Kale (1986) und Anderson/Narus (1984; 1990) greifen ebenfalls die Perspektive eines unabhangigen Handlers auf und versuchen, dessen Zufiiedenheit, Macht und Einflussstrategien in der Beziehung mit dem Hersteller zu erklaren. Hierbei gibt die von den Autoren gewShhe „Upstream"-Perspektive for die Problemstellung der vorliegenden Arbeit wichtige Anregungen.
2.3.3 Organisationale und personelle Interaktionsansatze Die Industrial Marketing and Purchasing Group (IMP Group) hat in den fruhen 1980er Jahren erstmals ihren Interaktionsansatz vorgestellt (s. Hakansson 1982). Dieser erlaubt es, die Interaktionen von Marktbeteiligten in ihrem sozialen Gruppengefuge und ihrer Umwelt zu analysieren (Backhaus 2003, S. 134). Das allgemeine Interaktionsmodell (s. Abbildung 2-9), bei dem sich die IMP Group an die Interorganisations- sowie an die Neue Institutionentheorie anlehnt, basiert auf vier Variablengruppen (Hakansson 1982, S. 14 f): „Akteure der Interaktion" sind die beiden einbezogenen Parteien, aufgefasst als Organisationen und Personen. „Elemente imd Prozesse" beziehen sich auf Austauschobjekte und Ablaufe der Interaktion. „Interaktionsumwelt" beschreibt die UmweU, in der die Interaktion stattfmdet. „Atmosphare" steht fiir die sozialen Aspekte, durch welche die Interaktion beeinflusst wird und die selbst die Interaktion beeinflussen. Der Ansatz untersucht dabei nicht nur die einzelnen Gruppen von Variablen, sondem auch die Beziehungen zwischen diesen Gruppen (Hakansson 1982, S. 15). Der Interaktionsansatz bezieht sich in seiner ursprunglichen Form auf eine KauferVerkaufer Dyade und damit auf das interorganisationale Zusammenspiel zweier rechtlich unabhangiger Untemehmen (Hakansson 1982, S. 14; Backhaus 2003, S. 134 f.). Es sind bis heute zahlreiche Interaktionsstudien durchgefiihrt worden, die i. d. R. nur gewisse Teilaspekte der komplexen Austauschprozesse analysieren (Backhaus 2003,
30
Kapitel 2
S. 135; Backhaus/Buschken 1997). Auf dem IMP-Modell basierende Studien, in denen die intra-organisationale Interaktion eines Industriegtiterherstellers mit einer auslSndischen Vertriebsgesellschaft untersucht wird, gibt es bisher nur sehr wenige (s. Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000). Lingenfelder/Rudolph (1990), Rosson (1990) und Ford/Rosson (1982) betrachten Interaktionsparteien auf einer spSten Stufe der Wertschopfungskette: Lingenfelder/Rudolph untersuchen die Interaktionsbeziehung zwischen
Hersteller-
und
Handelsuntemehmen,
wShrend
sich
Rosson
und
Ford/Rosson mit der Beziehung zwischen Industriegilterherstellem und ihren auslandischen Distributoren beschaftigen.
Abteilungen
Abbildung 2-9:
Interaktionsansatz und wesentliche Elemente (Hakansson 1982, S. 15)
Ftir eine Untersuchung der Zusammenarbeit zwischen Industrieguterherstellem und deren direkten und indirekten Vertriebspaitnem leistet der Interaktionsansatz eine nutzliche Strukturierungshilfe. Das Modell muss dazu im Hinblick auf das Untersuchungsziel angepasst und um konkrete Elemente, bspw. um konkrete Zusammenarbeitsprozesse ergSnzt werden. Ftir die Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner und Hersteller scheint eine dyadisch-organisationale Betrachtung geeignet: Es sind zwei Parteien beteiligt (Renz 1998, S.213), bei denen nicht nur die Individuen mit ihren Personlichkeiten, Motivationen und Erfahrungen betrachtet werden soUen, sondem auch die Abstimmungsprobleme innerhalb der einzelnen Organisationseinheiten, die von Grosse, Struktur und Strategic abhangen konnen (Renz 1998, S. 216). (Backhaus 2003, S. 135 f.; Lingenfelder/Rudolph 1990, S. 11 f )
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
31
2.3.4 Internationales Vertriebs- und Marketingmanagement In der Forschimg zum intemationalen Management dominiert seit langem die Fokussierung von Herstelleruntemehmen, resp. „Headquarters" und die Argumentation aus Perspektive des Top-Managements. Eine Metauntersuchung, die Li/Cavusgil (1995) ver5ffentlicht haben, scheint dies zu belegen: Samtliche identifizierte ResearchKlassen, bspw. „Intemationalization Process Perspective", „Intemational Marketing Management" oder „Market Globalization Perspectives" wurden aus dem Blickwinkel des Herstelleruntemehmens formuliert und erlSutert (Li/Cavusgil 1995, S. 253 f.). Stewart (1995) und Gupta/Govindarajan (1994; 1991), die quantitativ-empirische Studien zu den Rollen von Tochtergesellschaften erstellt haben, stellen die Berechtigung einer Dominanz dieser Perspektive in Frage: „...if researchers' intent is to understand strategic processes within MNCs, the focussing only on corporate „ induced'' (i.e. centrally managed) processes would run the risk of overlooking important and directly relevant phenomena. Further, it would seem, that the study of autonomous processes would need to be conductedfirstat the level of the subsidiary and only secondarily at the level of the parent corporation. " (Gupta/Go vindaraj an 1994, S. 455)^ Renz (1998, S. 78) hebt hervor, dass zwischen dem Herstelleruntemehmen und dem Kunden ein grundsatzliches Wettbewerbsverhaitnis um die KontroUe eines Vertriebspartners besteht. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von Williamson (1991; 1975) aufgegriffen, der die Vertriebspartner im Spannungsfeld „zwischen Markt und Hierarchic" einordnet. Eine Untersuchung von Andersson/Forsgren (1996, S. 504) zeigt, dass der Grad der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt haufig grosser ist als intern zur Mutter. Tochtergesellschaften empfinden deshalb die Kontrolle durch den Kunden hSufig starker als die Kontrolle durch das Headquarters. Fiir das intemationale Vertriebs- und Marketingmanagement ergibt sich hieraus eine folgenschwere Konsequenz. Multinationale Untemehmen werden insgesamt starker durch die extemen Beziehungen der Vertriebspartner bestimmt, als durch Massnahmen des Headquarters (Renz 1998, S. 79). Belz/Reinhold (1999a, S. 23, S. 221), Renz (1998, S. 79) und Stewart (1995) fordem deshalb, dass sich die Forschung „verstarkt auf Tochtergesellschaften fokussieren und aus deren Sicht argumentieren sollte" (Renz 1998, S. 79).
Die im Zitat erwahnten „autonomen Prozesse auf Ebene der Tochtergesellschaft" konnen, wenn man der Argumentation der Autoren folgt, nur als autonom im Sinne von „unabhangig vom Headquarters" interpretiert werden.
32
Kapitel 2
Diese Forderung hatte zwar schon bevor sie erhoben wurde, namlich vor allem seit Beginn der 1990er Jahre, in der Forschung zumindest teilweise Beriicksichtigung gefunden. Insbesondere schwedisch-norwegische Forscherteams um Anderson/Forsgren, Holm und Birkinshaw haben Markt- iind Verhandlungsstrategien, Machtgrundlagen und Rollen von Tochtergesellschaften untersucht (s. Andersson/Forsgren 1996; Astley /Zajac 1990; Birkinshaw 1996; Birkinshaw/Fry 1999; Birkinshaw et al. 2000; Birkinshaw/Ridderstrale 1999; Forsgren et al. 1999; Holm/Person 2000; Jarillo /Martinez 1990; Mudambi 1999; PoynterAVhite 1985; Roth/Morrison 1992; Taggart 1996). Bei vielen Untersuchungen, bspw. beim „Centres of Excellence Project" werden jedoch nahezu ausschliesslich Produktions- und F&E-Beziehungen mit der Zentrale (s. Holm/Person 2000; Gupta/Govindarajan 1991; Szulanski 1996), haufig auch deren Bedeutung innerhalb eines Netzwerkes (s. Pahlberg 2000; Forsgren et al. 1997) angesprochen. Die Vertriebsfunktion und deren AktivitSten werden hingegen bisher weitgehend vemachiassigt. Die schwedisch-norwegischen Ans^tze entwickeln auch Handlungsempfehlungen fur Tochtergesellschaften, bspw. MQglichkeiten der Einflussnahme und des Aufbaus von Machtpositionen (s. D'Cruz 1986; Etemad/Dulude 1986; Birkinshaw 1994; Andersson/Forsgren 1996). Es werden aber keine Handlungsempfehlungen ftir die Zentrale gegeben, wie sie die Anforderungen der Vertriebspartner erfassen und berticksichtigen kSnnte. Diese LUcke soil durch die vorliegende Arbeit geschlossen werden.
2.3.5 Zwischenfazit: Zusammenfassung und Einordnung In den AbsStzen 2.3.1 (S. 20) bis 2.3.4 (S. 31 ff.) wurden vier benachbarte Forschungsgebiete dargestellt, die durch ihre unterschiedliche Perspektive einen Beitrag zur Durchdringung des vorliegenden Forschungsproblems leisten. Die vier Perspektiven sind dabei komplementSrer Natur. Dies soil noch einmal durch eine zusammenfassende Darstellung verdeutlicht werden. Abbildung 2-10 (S. 33) zeigt die ForschungsIticke dieser Arbeit im Kontext der benachbarten Forschungsgebiete. Die konzeptionellen Perspektiven des intemen und vertikalen Marketing fassen das Vertriebssystem und seine Mitglieder als „inteme Kunden" der iibergeordneten Instanzen auf (Rafiq/Ahmed 2000, S. 450 ff.; Stauss/Schulze 1990, S. 150). Abteilungen und Vorgesetzte werden damit zu „intemen Dienstleistem" (Hauser et al. 1996, S. 268 ff). Damit betont die Perspektive, dass eine Ausrichtung an den intemen Bediirfiiissen der Organisationsmitglieder die Implementierung der Marketingstrategien begiinstigt. Zur Theorie des intemen und vertikalen Marketing liegen nur wenige empirische Ergeb-
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
33
nisse vor (s. Conduit/Mavondo 2001; Foreman/Money 1995). Jedoch bietet sie einen ausgereiften konzeptionellen Rahmen fur die Orientierung an Vertriebspartnem. Diese Orientierung wird in dieser Arbeit als Grundhaltung eingenommen (s. Gronroos 1985, S. 66) und wird stets explizit oder implizit beriicksichtigt.
Internes und vertlkales Marketing
Internationales Vertriebsund Marketingmanagement
tm ^ ^^
ForschungsIQcke
^B ^^
Zufriedenheits- und Konfliktforschung
interaktionsansatz
Abbildung 2-10: Die Forschimgslticke zwischen benachbarten Forschungsgebieten
Die Zufriedenheits- und Konfliktforschung in Distributionskanalen ist insbesondere von der amerikanischen Forschungsgemeinschaft aufgegriffen und entschieden vorangetrieben worden (s. Mack/Snyder 1957; Rosenbloom 1973; Ping Jr. 2003). Dabei wurden tiber Jahrzehnte unz^hlige empirische Arbeiten verfasst, die sich mit der Messung der verschiedenen Einstellungsvariablen wie z. B. Zufriedenheit, Vertrauen und Verbundenheit sowie deren Beziehungen untereinander beschaftigen (s. Geyskens et al. 1999, S. 224). Entscheidende Beitrage dieses Forschungsgebietes liegen deshalb in der Bereitstellung von Messmodellen und den Ergebnissen der empirischen Tests von verhaltenswissenschaftlichen Theorien zu Beziehungen in Distributionskanalen. Der Interaktionsansatz leistet einen konzeptionellen Beitrag zur Schliessung der Forschungsliicke. Der Interaktionsansatz in seiner ursprunglichen Form (s. Hakansson 1982) sowie seine zahkeichen Weiterentwicklungen (s. Backhaus/Biischken 1997) liefem einen Bezugsrahmen, der die Interaktion zwischen zwei Organisationseinheiten und deren Elemente erfasst und systematisiert. Zwar liegen inzwischen einige empirische Untersuchungen vor, die am Interaktionsansatz ankniipfen (s. Walter 2003; Biong/Selnes 1995). Die vorliegende Arbeit bedient sich jedoch in erster Linie der konzeptionellen Strukturierungsleistung in Bezug auf die organisationale Interaktion. Die Forschung zum intemationalen Vertriebs- und Marketingmanagement beschaftigt sich mit den Determinanten, Aufgaben und HandlungsmSglichkeiten der zentralen
34
Kapitel 2
Organisationseinheiten der Marktorganisation. Auf diesem Forschungsgebiet wurden seit einigen Jahrzehnten konzeptionelle iind empirische Arbeiten zu intemationalen Marktselektions-, Markterschliessungs- und Marktbearbeitimgsstrategien imd deren Determinanten entwickelt (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 29 f.; Kutschker/Schmid 2002, S. 238 ff.). Wenn in dieser Arbeit eine dezentrale Perspektive zum Vertriebsmanagement eingenommen wird, sind die Erkenntnisse und Strukturierungsleistungen des Forschungsgebietes deshalb ebenso bedeutend wie bei der Konzeption von Handlimgsempfehlungen zur Beriicksichtigung dieser Perspektive. So bieten z. B. Arbeiten zur Bedeutung von Kultur, rechtlichen Rahmenbedingungen, Fiihnmgsstilen oder Instmmenten des intemationalen Managements (s. Hofstede 1983; Achrol 1991; Jaworski 1988; Welge 2003) eine breite Grundlage zur Entwicklung von Implikationen fiir die Koordination und Untersttitzung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Die theoretischen Bezugspunkte zu den benachbarten Forschungsgebieten liefem damit sowohl bei der Konzeption eines Bezugsrahmens als auch bei der Messung und Interpretation von Ergebnissen sowie bei der Entwicklung von Handlungsimplikationen wichtige BeitrSge. In Bezug auf alle drei Forschungsfragen geben sie wichtige Einsichten und beeinflussen das Vorgehen bei der Suche nach Antworten und damit die Forschungsergebnisse wesentlich. Sie sind daher fur diese Arbeit von gnmdlegender Bedeutung.
2.4 Ergdnzende Methoden im Forschungsprozess 2.4.1 Stufenweise Kombination qualitative! und quantitative! Methoden "Questions before methods!" fordert Punch (2000, S. 17, 30) und bringt damit zum Ausdruck, dass sich die Wahl und der Einsatz von Forschungsmethoden an den inhaltlichen Fragestellungen orientieren mUssen, die der Forscher zu beantworten versucht (s. auch: Downey/Ireland 1979, S. 630). Der Forschungsprozess im Rahmen der vorliegenden Arbeit muss also zunachst darauf gerichtet sein, die Forschimgsfragen mSglichst prazise und vollstandig zu erfassen und zu formulieren. Ausgangspunkt war im MSrz 2002 deshalb zunachst eine inhaltliche Vertiefimg, die auf die Industriegiiterbranche und den intemationalen Vertrieb fokussiert war (s. Abbildung 2-11; „I"). Auf Basis einer Analyse deutsch- und englischsprachiger Literatur zum Thema sowie Dokumentenanalysen (z. B. Geschaftsberichtsanalysen; „IIa") und kontinuierlich durchgefUhrter Einzelinterviews („IIb", „IH") konnten Forschungsfragen („IV") identifiziert und Bearbeitungsschwerpunkte festgelegt wer-
35
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
den, um ein Forschungskonzept („V") zu entwickeln, das die weitere Vorgehensweise bestimmt (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37).
J
Literatur- und Dokumentenanalyse
InhaltlicheVertiefung: IndustrJegQterbranche und internationaler Vertrieb
Schwerpunkte und Forschungskonzept
3E Identifikation von Forschungsfragen
II
Quantitativ-empirische Via Studie: • Standardisierte, schriftliche Befragung • Befragte: Vertriebspartner von Schweizer Herstellern in Europa
Vib
• Deskriptive, explorative und konfirmatorische Verfahren der Oatenanalyse
11
II QuaHtativ-emplrische yj,3 Studlen:
Explorativa Studie: • Interviews mit Vertriebspartnern • Interviews mit Vertriebsverantwortlichen aus der Zentrale
Analyse und Interpretation
Vllb
• Fallstudien in der intemationalen Vertriebsorganisation von BASF, Gallus Ferd. RQesch, Leica Microsystems, Nanosurf
Analyse und Interpretation
* Qualitative und quantitative Analysen • Diskussion der Interpretationen mit Vertretern der Untemehmen
Austausch mit Praktikem: Diskussion von Zwischenergebnissen
Abbildung 2-11: Forschungsprozess und eingesetzte Methoden
Um der Komplexitat der Beziehungen zwischen Herstellern und Vertriebspartnern gerecht zu werden, wird eine Kombination verschiedener quantitativer und qualitativer empirischer Methoden („VIa", „VIIa") angewandt (s. Jick 1979, S. 602; Aaker et al. 2001, S. 212 f.). Eine quantitativ-empirische Untersuchung („VIa") liefert einen unternehmenstibergreifenden Uberblick, zeigt Schwerpunkte und bildet die Basis, um sich mit statistischen Verfahren der Problemstellung zu nahem (Aaker et al. 2001, S. 213; s. Absatz 2.4.2.2, S. 39). Die qualitativen Untersuchungen („VIIa") hingegen dienen der tiefen inhaltlichen Durchdringung, die auf der Betrachtung des Einzelfalles beruht (s. Jick 1979, S. 603 f.; Belz 1993, S. 5; s. Absatz 2.4.2.3, S. 46). Aus der kritischen Reflexion und dem Vergleich von Ergebnissen quantitativer und qualitativer Teiluntersuchungen („VIb", „VIIb") konnen weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Die „Triangulation" als Kombination von verschiedenen Methoden kann es zum einen ermoglichen, tiefer in das untersuchte Phanomen einzudringen, neue Dimensionen zu identifizieren und eine umfassendere, ganzheitlichere Erkiarung zu liefem (Jick 1979, S. 604; Bonoma 1985, S. 204; Downey/Ireland 1979, S. 630). Zum anderen kann der Einfluss einzelner Methoden auf das Untersuchungsergebnis herausgestellt werden (Jick 1979, S. 602). Jick (1979, S. 602) fordert deshalb, Transparenz iiber das methodische Vorgehen zu schaffen und geniigend Details zu den einzelnen Instrumenten zu liefem. Dem soil in dieser Arbeit Folge geleistet werden.
36
Kapitel 2
Die Forschungsfragen im Rahmen dieser Arbeit umfassen nicht allein beschreibende und erklarende Elemente, sondem sind ebenso auf die Ableitung von Handlungsempfehlimgen gerichtet (s. Abschnitt 1.3). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, Ergebnisse kontinuierlich in GesprSchen mit Praktikem zu diskutieren, um mogliche Losungen abzuleiten. Abbildung 2-11 (S. 35) zeigt die Elemente des Forschungsprozesses und deren zeitliche Abfolge. In dieser Arbeit werden, wie bereits weiter oben erwahnt, fortlaufend Ergebnisse der verschiedenen qualitativen und quantitativen Teiluntersuchungen eingearbeitet. Um die von Jick (1979, S. 602) geforderte Transparenz herzustellen und eine eindeutige Zuruckfuhrung von Forschungsergebnissen auf die einzelnen Teiluntersuchungen zu erleichtem, werden die Teiluntersuchungen bereits an dieser Stelle tiberblicksartig vorweg gestellt und benannt (s. Tabelle 2-3). Inhaltliche Details zu den einzelnen Teiluntersuchungen und ihre Einordnung in die Phasen des Forschungsprozesses fmden sich im folgenden Absatz 2.4.2 (S. 37 ff.). Name der TeUstudie „Explorative Interviews" „Geschaftsberichtsanalyse I" „Geschaftsberichtsanalyse 11"
Weitere Informationen Absatz 2.4.2.1, S. 37 ff.; AnhangA,S.348ff. Absatz 2.4.2.2, S. 39 f; Abbildung 2-12, S. 41; A n h a n g B - l , S . 351
Phase II und III
Methodik
Erhebungszeitraum
45 teilstrukturierte Einzelinterviews mit Mitarbeitem intemationaler Vertriebsorganisationen
2002 bis 2004
I und Via
Analyse der Geschaftsberichte zum Berichtsjahr 2002
2003
I und Via
Analyse der Geschaftsberichte zum Berichtsjahr 2003
2004
Abbildung 2-2, S. 12
2003
Absatz 2.4.2.2, S. 41
2004
Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.; AnhangF-1,S. 364
2004
Tabelle 2-6, S. 47; AnhangJ,S.376ff
2004
Tabelle 2-6, S. 47
2003
Tabelle 2-7, S. 48; Anhang J, S. 376 ff.
2003
Tabelle 2-7, S. 48
2004
Tabelle 2-7, S. 48; Anhang J, S. 376 ff
! ,J>retest 2003"
Via
„Vertriebsbefragung 2004"
Via
„Befragung Leica I"
vna
jjBefragung Leica 11"
vna
„Befragung Nanosurfl"
Vila
„Befragung Nanosurfll"
Vila
„Befragung Gallus I"
Vila
Standardisierte Befragung der Vertriebspartner eines intemationalen Kunststofflierstellers (n=21), Qualitative Beurteilung durch Expertenteam (n=7) Standardisierte Befragimg europSischer Vertriebspartner Schweizer Industriegiiterhersteller (n=240) Vier teilstrukturierte Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebs-, GescMftsleitung und Distributoren Standardisierte Befragimg intemationaler Distributoren (n=54) Fttnf teilstrukturierte Einzel- imd Gruppeninterviews mit Vertriebsund Geschaftsleitung Standardisierte Befragung intemationaler Distributoren (n=13) Vier teilstrukturierte Gmppen- und Einzelinterviews mit Marketingund Vertriebsleitung
1
j
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
„Befrag;ung Gallus 11" „Befragung BASF I" ,3efi:agung BASF II" Tabelle 2-3:
37
Standardisierte Befragung intemaTabelle 2-7, S. 48 2004 tionaler Vertriebs- und Serviceeinheiten (n=61) Dreizehn teilstmkturierte EinzelTabelle 2-7, S. 48; 2004 Vila und Gnippeninterviews in der Anhang J, S. 376 ff. europaischen Vertriebsorganisation Sechs Einzel- und GnippeninterTabelle 2-7, S. 48; Vila 2004 views in der regionalen DivisionsAnhang J, S. 376 ff. und Business-Unit-Leitung Qualitative und quantitative Teilerhebungen im Forschungsprozess
Vila
2.4.2 Details zu den Phasen des Forschungsprozesses 2.4.2.1 Exploration und Forschungskonzept als Ausgangspunkte Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes war die Kenntnis dariiber, dass die Zusammenarbeit zwischen Industriegiiterherstellem und Vertriebspartnem aus den verschiedenen Blickwinkeln haufig unbefriedigend ist sowie das inhaltliche Interesse des Autors an dieser Problematik. Literatur-, Dokumentenanalysen und Experteninterviews scharften das Verstandnis des Autors in dieser ersten Phase ebenso wie eine erh6he Aufmerksamkeit gegentiber der Tagespresse, bei Wirtschaftsnachrichten und in privaten Unterhaltungen (s. Bonoma 1985, S. 204). In einer explorativen Phase hat der Autor die Zusammenarbeit zwischen Herstellem und Vertriebspartnem verschiedener Industrieguterbranchen aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Beteiligten untersucht. Hierzu wurden 45 teilstrukturierte Interviews (s. Aaker et al. 2001, S. 187 f.; Kepper 2001, S. 165 f.) mit Praktikem geftihrt, die uber Expertenwissen zum intemationalen Vertrieb verftigen (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 348). Dazu gehoren insbesondere Vertriebsleiter aus der Zentrale und Vertriebsverantwortliche aus Tochtergesellschaften und Vertretungen, so z. B. lokale Geschaflsfuhrer und lokale Vertriebsleiter. Die Interviews wurden in deutscher und englischer Sprache durchgefiihrt (s. Aaker etal. 2001, S. 190). Auf die qualitative Befragung von Mitarbeitem aus Kundenuntemehmen wurde ausdnicklich verzichtet. Der Grund dafur liegt in der Kluft zwischen der Wahmehmung und dem Wissen des Kunden. Denn obwohl der Kunde und dessen Wahmehmung die Bezugspunkte fur samtliche Anstrengungen des Untemehmens darstellen, kennt der Kunde die Griinde fiir eine ungentigende Leistungsqualitat kaum. So kann ein Kunde z. B. zwar wahmehmen, dass ein Liefertermin nicht eingehalten wird. Die Ursachen dessen entziehen sich jedoch meist seiner Beurteilung. Vertriebspartner unterstreichen.
38
Kapitel 2
dass sie auf keinen Fall interne Konflikte gegentiber dem Kunden durchscheinen lassen, da hierdurch das Vertrauen des Kunden in ihre Kompetenz und die Professionalitat des Anbieters leiden wiirde (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Um die Auswirkungen der Qualitat der Zusammenarbeit auf die Leistung am Markt zu untersuchen, war daher die Befragung von Vertriebspartnem und Herstellem einer Kundenbefragung vorzuziehen. Den Interviewten wurde jeweils einige Tage vor dem Gesprach zur Vorbereitung ein Gesprachsleitfaden zugeschickt. Die Gesprache wurden pers6nlich oder telefonisch geftihrt. Jeweils wenige Tage danach erhielten die Befragten ein GesprachsprotokoU zugesandt. Samtliche Interviewinhalte, die in diese Arbeit einbezogen wurden, beziehen sich auf die von den Gesprachspartnem korrigierten und erganzten Protokolle. Bei einigen Untemehmen gelang eine dyadische Betrachtung der Zusammenarbeit durch die Befragung von Mitgliedem der Zentrale und der Vertriebspartner. Es zeigte sich jedoch, dass die Auskunftsfreudigkeit bei den Vertriebspartnem dabei geringer ausfiel, als bei Befragungen unabhSngiger Gesprachspartner. Tabelle 2-4 zeigt Fragenkreise (s. Belz 1989, S. 526) der explorativen Einzelinterviews. 1. Bedeutung des intemationalen Vertriebs Inhalte: Umsatzbedeutung, Wachstum, LanderprSsenz, Erfahnmgen, Zukunftsplane. 2. Organisatorische Gestaltung des intemationalen Vertriebs Inhalte: Zentrale-dezentrale Aufgabenteilung, Kennzahlen zur Beurteilung intemationaler Vertriebspartner, Unterstutzung und Freiraume durch die Zentrale, erforderiiche Kompetenzen von Vertriebspartnem und Zentrale, Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Vertretungen und Tochtergesellschaften. 3. Probleme und Herausforderungen in der Zusammenarbeit Inhalte: Kritische Themen in der Zusammenarbeit, Ursachen von Unzufriedenheit und Konflikten, Anforderungen der Zentrale und Anfordemngen der Vertriebspartner, Interessenunterschiede, rSumliche Trennung, Ursachen fur die Trennung von Vertriebsbeziehungen. 4.
Konsequenzen einer unbefriedigenden Zusammenarbeit
Inhalte: Bedeutung und Wahraehmung durch den Kunden, inteme Effizienz, inteme Blockaden, Kundenabwanderung und Wettbewerbsnachteile, emotionale Konsequenzen, finanzielle Konsequenzen, Qualitat der Leistung ftlr den Kimden. 5. Lokale Situationen und deren BerQcksichtigung Inhalte: Unterschiede in lokalen Situationen, charakteristische „Typen" von Vertriebspartnem, Unterschiede in benotigtem Support, Fit zwischen Gestaltung der Zentrale und Situation, Subjektivitat der Situationseinschatzung. 6.
Innovative LdsungsvorschlSge zur Verbesserung der Zusammenarbeit
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
39
Inhalte: Zentraler und lokaler Umgang mit Konflikten, Anpassungen der Aufbau- und Prozessorganisation, kultureller Umgang, Fuhrungsprinzipien, Verantwortlichkeiten und Sanktionen, Information und Kommunikation, Mitarbeiterentwicklung und Einstellungspolitik, Programme und Projekte zur Verbessenmg der Zusammenarbeit. Tabelle 2-4:
Fragenkreise bei explorativen Einzelinterviews
Als zentrales Ergebnis der Exploration konnten die in Abschnitt 1.3 (S. 6 ff.) genannten Forschungsfragen konkretisiert werden. Ebenso konnten Strukturierungen vorgenommen (s. Belz 1993, S. 8) und konzeptionelle Schwerpunkte gesetzt werden, wie z. B. die Fokussierung auf den lokalen Blickwinkel. Zur Beantwortung der Forschungsfragen hat der Autor ein Konzept gewahh, das einen an die Exploration anschliessenden, integrierten Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden vorsieht (s. Aaker et al. 2001, S. 213). Details zu den eingesetzten Methoden werden in den folgenden Absatzen 2.4.2.2 und 2.4.2.3 erlautert.
2.4.2.2 Quantitativ-empirische Studie ermoglicht Induktion Eine grundsatzliche Entscheidung im Rahmen jeder empirischen Untersuchung stellt die Auswahl einer speziellen Datenerhebungsmethode dar (Flomburg 2000, S. 81). Diese ist wiederum von der Zielsetzung der Untersuchung abhangig. Im Rahmen dieser Arbeit soUen sowohl ZusammenhSnge zwischen verschiedenen Variablen der Zusammenarbeit entdeckt (exploratives Vorgehen) und andererseits vermutete Zusammenhange tiberpriift (konfirmatorisches Vorgehen) werden. Um quantitative Auswertungsverfahren (z. B. die Faktorenanalyse) zur Datenanalyse verwenden zu konnen, bestand die Notwendigkeit, eine grosse Stichprobe zu generieren. Deshalb wurde auf die standardisierte schriftliche Befragung zuruckgegriffen (s. Homburg 2000, S. 81; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Im Folgenden wird das Vorgehen bei Planung, Durchfuhrung und Ergebniskontrolle der Datenerhebung im Rahmen der quantitativ-empirischen Studie detailliert dargesteUt und erlautert.
Stichprohenhildung und Gewinnung von Adressdaten Zur Beantwortung der Forschungsfragen hinsichtlich der lokalen Situation, der Beurteilung der Zusammenarbeit und der Eignung von Massnahmen soUten nicht EntscheidungstrSger aus der Zentrale, sondem die intemationalen Vertriebspartner befragt wer-
40
Kapitel 2
werden. Deshalb schien es vorteilhaft, Schlusselinformanten (,Jcey informants") in der Organisation der Vertriebspaitner zu identifizieren und zu befragen (Homburg 2000, S. 82; Kumar et al. 1993, S. 1634), von denen angenommen werden konnte, dass sie Wissenstrager in Bezug auf die untersuchten Inhalte sind und die Bereitschaft besitzen, ihr Wissen mitzuteilen (Kumar et al. 1993, S. 1634). Fiir die Untersuchung musste also eine Person in der lokalen Organisation des Vertriebspartners gefunden werden, die fur Vertriebsaufgaben verantwortlich und an der Zusammenarbeit mit dem Herstelleruntemehmen insoweit beteiligt ist, dass sie zu deren Beurteilung fahig ist. Das gilt aus Sicht des Autors insbesondere ftir Geschaftsftihrer sowie Vertriebs- und Marketingleiter der lokalen Vertriebsorganisation. Branchenmassig wurde ein Schwerpxmkt auf die Maschinenbau-, Metall- und Elektroindustrie gesetzt, die nach der gSngigen NACE-Klassifizierung der Wirtschaftszweige abgegrenzt wurde und im konkreten Fall die Klassen 27, 28, 29, 31, 34 und 35 beinhaltet (s. Statistisches Bundesamt 2002). Die Information daruber, welche organisatorische Einheit eines Untemehmens als Zentrale fungiert und welche Einheit dezentrale Vertriebsaufgaben tlbemimmt, ist „von aussen" nicht sichtbar und auch in moglichen Adressdatenbanken (z. B. Hoppenstedt, WLW, Schober etc.) und Mitgliedsdatenbanken von BranchenverbSnden nicht verfiigbar. Die M5glichkeit der Konzentration auf emen Landermarkt und der Befragung aller zur Branche gehorigen Vertriebspartner in diesem Landermarkt scheitert also an der ZugSnglichkeit des Adressmaterials. Zur Adressbeschaffung wurde deshalb der Weg tiber die Hersteller gewahlt, der in der Organisationsforschung haufig fUr verwandte Problemstellungen beschritten wird (z. B. Oliver/Anderson 1994; Futrell/Parasuraman 1984; Ruekert/Churchill Jr. 1984). Aufgrund der geografischen und pers5nlichen NShe der Forschungsinstitution bot es sich an, den Fokus auf Schweizer Industriegtiterhersteller zu legen. Dabei wurden durch eine Geschaftsberichtsanalyse die nach ihrem Umsatz im Jahr 2002 grossten zwanzig borsennotierten Industriegiiterhersteller ermitteh und in die Untersuchung einbezogen (s. Abbildung 2-12, S. 41). In einem nachsten Schritt wurden sowohl durch Ansprechpartner, die auf DivisionsEbene in den Herstellenmtemehmen bestanden, als auch durch Internet- und Datenbankrecherchen geeignete Ansprechpartner bei Vertriebspartnem ermittelt. Um die KomplexitSt und den Aufwand weiter zu reduzieren, beschrankt sich die Untersuchung auf europaische Vertriebspartner. Diese Fokussierung bietet sich insofem an, weil die Herstelleruntemehmen den Geschaftsberichten zufolge im Jahr 2002 durchschnittlich 62 Prozent ihres Umsatzes in Europa erzielen und die europaische Ver-
41
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
triebsregion somit als die mit Abstand bedeutendste gesehen werden kaiin (s. Anhang B - 1, S. 351). Zur europaischen Vertriebsregion zahlen in dieser Arbeit sSmtliche Lander, die auch von den Herstellem zur Region gehSrig behandelt werden, so z. B. auch die Tiirkei und Russland. Insgesamt konnten die Kontaktdaten von r834 Ansprechpartnem in europaischen Vertriebseinheiten ermittelt werden, die als Datengrundlage fiir das weitere Vorgehen dienten (s. Anhang E - 1 , S. 363). Untemehmen
Umsatz^) Mitarbeiter 2002 2002
EBIP) 2002
31'0082)
139'051
6662)
ggi^^B ^BQgH
7*888
40'478
498
3'417
13737
80
im^^B ^gBH Qggm
2'976
12'983
201
2'8343)
9'402
943)
2'490
10760
101
BJI^^B
BBB9H
2-0572)
8'500
2642)
ommi
1'946
9'113
136
1*490
6*544
-6
BgBi^B laBiilHIIIiW
1*481
5*994
34
) in Mio. CHF. 2) Umgerechnet in CHF, Wechselkurs 1.69 CHF =
Untemehmen
BJII^BI iggSBH B3HBH BBBDH BBggigi BOBIH BBgHB IB^BBgi BBHIi Ij^^^gi
UnrisatzD Mitart)eiter 2002 2002
EBITD 2002
1*478
5*062
1*351
6*290
122 54
1*213
3*844
-152
1*067
5*905
74
1*010
3*275
23
1*006
4*544
64
909
2*831
35
790
2*887
-38
756
1*740
32
550
2*034
18
USD, 3) Umgereclinet in CHF, Wechsell
Abbildung 2-12: Umsatzstarkste Schweizer Industriegiiterhersteller im Jahr 2002 (Geschaftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Konzeption und Pretest des Fragebogens Auf Basis der in Absatz 2.4.2.1 (S. 37 ff.) beschriebenen explorativen Phase wurde ein englischsprachiger Fragebogen (s. Anhang D, S. 355) konzipiert. Die englische Sprache schien im Kontext der Befragung gleichsam sinnvoU wie unproblematisch zu sein, da sie nach Angabe der Untemehmen die dominante Sprache im Schriftverkehr darstellt. Verzichtet wurde auf die „Translation-Backtranslation-Methode" kombiniert mit einer Befragung in Landessprache, da sie aus okonomischen Griinden eine weitere Eingrenzung der betrachteten Landermarkte erforderhch gemacht hatte. Da aber gerade der Einfluss verschiedener lokaler Marktsituationen untersucht werden soil, musste ein solches Vorgehen abgelehnt werden. Der Fragebogen enthalt vier Themenfelder. Diese beschaftigen sich mit Fragen zur • Person und Organisation des Befragten, • Lokalen Situation in Bezug auf Umwelt, Markt und Organisation,
42
Kapitel 2
• Zufriedenheit und Einstellung des Befiragten beziiglich der Zusammenarbeit mit dem Hersteller und • Koordination und Untersttttzung durch den Hersteller. Der Autor greift dabei insbesondere bei den latenten Variablen auf bestehende Messkonzepte zuriick. Der Fragebogen wurde zweistufig getestet. In einem ersten Schritt wurde er von 21 dezentralen Marketing- und Vertriebsmanagem eines intemationalen Kunststoffherstellers ausgefUllt, die gebeten wurden, alle Unklarheiten zu kennzeichnen (s. Pretest 2003, Tabelle 2-3, S. 37). Nach einer Uberarbeitung wurde der zu diesem Zeitpunkt bereits 8-seitige Fragebogen (inklusive Deckblatt) noch einmal von einem siebenkopfigen Expertenteam begutachtet. Das Team bestand aus zwei Marketingwissenschaftlem, zwei zentralen Vertriebsleitem, zwei Niederlassimgsleitem und einem Untemehmensberater. Neben einzelnen Formulierung wurde von drei Experten die Gesamtlange des Fragebogens bemangelt, was aber aus inhaltlichen und methodischen Griinden nicht berucksichtigt wurde. Durchfuhrung der Befragung undR&cklauf Am 27. Januar 2004 wurde an r458 Ansprechpersonen der insgesamt 1*834 Adresssatze eine E-Mail versendet, um die Befragung anzuktindigen (s. Anhang C - 1, S. 352). Bei den verbleibenden 376 Adressen war nicht die personliche E-Mailadresse sondem ausschliesslich die postalische Anschrift bekannt, jedoch wurde keine postalische Ankiindigung verschickt (s. Anhang E, S. 363). Die Ankundigung via E-Mail hatte zwei wesentliche Funktionen: Zum einen konnten fehlerhafte Adressen identifiziert und aus dem Datensatz entfemt werden (302 Adressen). Zum anderen konnten zu diesem Zeitpunkt bereits Ansprechpartner aus dem Datensatz gestrichen werden, die entweder eine Teilnahme verweigerten oder sich selbst als ungeeignete Ansprechpartner bezeichneten (93 Adressen; s. Anhang E, S. 363). Dies ftihrte zu 1*063 brauchbaren E-Mailadressen. Zieht man bei den 376 postalischen Adressen solche ab, die sich als falsch herausgestellt haben oder deren Besitzer die Teilnahme verweigerten (56), so bleiben 320 brauchbare postalische AdressdatensStze. Am 4. Februar 2004 wurde an alle 1*383 verbleibenden AdresssStze der standardisierte Fragebogen (s. Anhang D, S. 355) versandt, im Fall der E-Mailkontakte als Adobepdf-Dokument, bei den postalischen Adressen in Papierform. Dem Fragebogen war in beiden Fallen ein personalisiertes Anschreiben vorangestellt worden, in dem der Autor selbst um die Mithilfe bei der Doktorarbeit bat (s. Anhang C - 2, S. 353). Als Anreiz, sich an der Studie zu beteiligen, wurde den Ansprechpartnem die Teilnahme an einer
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
43
Buchverlosung und ein Management Summary mit den Ergebnissen der Studie in Aussicht gestellt (s. Larson/Chow 2003). Am 28. Februar 2004 wurde ein von Erdogan/Baker (2002, S. 71) empfohlenes „Original Replacement Follow-up" vorgenommen, indem an beide Adressengruppen via E-Mail und postalisch ein „Reminder" versendet wurde, dem ebenfalls ein personalisiertes Schreiben vorangestellt und ein Fragebogen beigefugt worden war. Insgesamt konnte damit ein Rticklauf von 247 Frageb5gen erzielt werden, was einer effektiven Rticklaufquote von 17.9 Prozent entspricht, die als zufrieden stellend betrachtet werden kann. Um eine Verzerrung der Ergebnisse zu vermeiden, wurden im Weiteren sieben Fragebogen ausgeschlossen, die auf ein inkonsistentes Antwortverhalten hindeuteten. Dies fiihrte zu einem Nettoumfang der Stichprobe von 240 Fragebogen und einer bereinigten Rticklaufquote von 17.4 Prozent. Stichprohenstruktur und Reprdsentativitdt Uber die Verteilung von statistischen Merkmalen wie z. B. Mitarbeiteranzahl oder Umsatzhohe (s. Scheffler 2000, S. 61) in der Grundgesamtheit der Vertriebspartner Schweizer Industriegtiterhersteller waren keine Daten zuganglich. Es gibt keine Verbandsorganisation, iiber die die Tochtergesellschaften und Vertretungen organisiert sind und die etwaige Informationen bereitstellen wiirde. Es stellt sich generell die Frage nach der Grundgesamtheit, auf deren Merkmalsverteilung RUckschltisse gezogen werden soUen. In der vergleichenden Organisationsforschung, insbesondere im intemationalen Kontext, ist die Schwierigkeit, die relevante Grundgesamtheit zu ermitteln, allerdings allgemein bekannt (Kieser 1999a, S. 183 f.). Obwohl die Annahme einer Zufallsauswahl deshalb streng genommen nicht erlaubt ist (s. Kieser 1999a, S. 183), wird sie in fiihrenden Joumalen der organisationalen Marketingforschung, z. B. dem Journal of Marketing, dem Journal of Marketing Research und dem Journal of Retailing weithin bei den verwendeten Analysemethoden unterstellt, allerdings hSufig nicht thematisiert. In Ermangelung von Altemativen wird diesem Vorgehen Folge geleistet. Dennoch soil die Struktur der effektiven bereinigten Stichprobe aufgezeigt werden. Abbildung 2-13 beschreibt die Stichprobe in ihrer Merkmalsstruktur bzgl. Landergruppe, Vertriebsform, Grosse der lokalen Vertriebsorganisation und der Position des Befragten. Von entscheidender Bedeutung fur die Beurteilung der Adaquanz der Stichprobe ist die Frage, ob in den Untemehmen die geeignete Ansprechperson gefunden wurde (Homburg 2000, S. 84 f.). Im vorliegenden Fall dominieren Geschaftsftihrer, Ver-
Kapitel 2
44
triebs- und Marketingleiter mit knapp 90 Prozent der Falle. Hiermit ist offensichtlich, dass die Zielsetzung, solche Manager zu befragen, die mit dezentralen Entscheidungen des Vertriebsmanagements betraut sind, erreicht wurde.
Erfahrener Vertriebs'mitarbeiter xJuktmanager
Zentral Europa
GeschdftsfQhrer
G r 6 s M Vertrtobs. organisation (Anzahl MA)
Abbildung 2-13: Merkmalsstruktur der Stichprobe (Vertriebsbefragung 2004, s.Tabelle2-3,S.37)
Eine weitere Moglichkeit, Verzerrungen in der Stichprobe aufzudecken, liegt in der Betrachtung derjenigen Vertriebspartner, die nicht teilgenommen haben. Durch die Nachfassaktion konnten u. a. folgende Griinde fiir die Nichtbeantwortung aufgedeckt werden: Die Tochtergesellschaft hat keine Vertriebs-, sondem lediglich Produktionsfimktion, Vertraulichkeitsgriinde, Insolvenz des Vertriebspartners oder das firmenweite Verbot, an Befragungen teilzunehmen. Durch die Nachfassaktion konnten noch einmal 81 Personen zu einer Teilnahme bewegt werden. Um Schltisse dahingehend zu Ziehen, ob sich die Personen in der effektiven Stichprobe in ihrer Struktur von denen unterscheiden, die nicht teilgenommen haben („Non-Response-Bias"), wird in der Marketingforschung hSufig ein Vergleich zwischen den fruh Antwortenden („Early Respondents") und den spSt Antwortenden (,J.ate Respondents") vorgenommen (s. Armstrong/Overton 1977). Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die „Late Respondents" den ,J^Ion Respondents" ahnlicher sind als denjenigen, die unverztiglich geantwortet haben (,3arly Respondents"). Diese Pramisse ist vor allem dann plausibel, wenn es sich bei den Late Respondents um diejenigen Untemehmen handelt, die ohne Nachfassaktion nicht geantwortet batten (Luthardt 2003, S. 141). Unterschiede zwischen den Early Respondents und den Late Respondents lassen auf eine Verzerrung der Stichprobe schliessen (Armstrong/Overton 1977, S. 399). Um im vorliegenden Fall eine klare Abgrenzung zwischen den Early Respondents und den Late
45
Theoretische Bezugspunkte, Forschimgsansatz und Methodenmix
Respondents vorzunehmen, werden zu letzterer Gruppe diejenigen 81 Teilnehmer gezahlt, die erst durch die Nachfassaktion zur Teilnahme bewegt werden konnten. Zur Gruppe der Early Respondents werden die ersten 81 Antworter gezahlt, um eine moglichst gleiche Gruppengrosse zu erzielen. Anhand von t-Tests fur zwei unabhangige Stichproben wurden nun die Mittelwerte der im Fragebogen enthaltenen Variablen zwischen den beiden Gruppen verglichen. Levene-Test der Varianzgleichheit t Lokaler Jahresumsatz
.028
kanz .868
Lokaler Markterfolg (Multi-Item)
.018
.895
t-Test fur die Mittelwertgleichheit df Signifikanz p-seitig) 123 .963
.047 -.960
158
.339 .334
Lokale Verkaufsleistung (Multi-Item)
.526
.469
-.968
158
Wahrgenommene Unsicherheit des lokalen Umfelds (Multi-Item)
.505
.478
.434
158
.665
Dauer der Beziehung mit dem Hersteller
1.906
.170
1.031
140
.305
Geografische Entfemung zum Hersteller (Reisezeit)
2.860
.093
-1.806
137
.073
Ausmass an Konflikten mit dem Hersteller (Multi-Item)
.869
.353
.430
158
.668
Gesamtzufriedenheit mit der Zusammenarbeit (Multi-Item)
.933
.335
-.048
158
.962
Tabelle 2-5:
Test auf Gleichheit der Mittelwerte von „Early Respondents" und „Late Respondents"
Tabelle 2-5 zeigt die Ergebnisse der durchgefiihrten Analyse fur ausgewahlte Variablen. Es wurden insbesondere Multi-Item Variablen einbezogen, die fiir verschiedene Analysen in der vorliegenden Arbeit eine zentrale RoUe einnehmen (s. Anhang G, S. 365 ff.). Es wird deutlich, dass die NuUhypothese („Es bestehen keine Mittelwertunterschiede zwischen der Gruppe der ,Early Respondents' und der Gruppe der ,Late Respondents'") auf einem Signifikanzniveau von ftinf Prozent nicht verworfen werden kann. Zusatzlich zeigen die Ergebnisse des Levene-Tests, dass zwischen den beiden Teilstichproben auch keine signifikanten Unterschiede (auf dem 5-Prozent-Niveau) in den Varianzen der betrachteten Variablen bestehen. Auf dieser Basis kann davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der vorliegenden Untersuchung die Bedeutung eines Non-Response-Bias vemachlassigt werden kann.
46
2.4.2.3
Kapitel 2
Qualitative Durchdringung durch Fallstudien
Nach Belz (1993, S. 5) muss sich empirische Forschung starker mit den komplexen Situationen in einzelnen Untemehmen und Markten beschaftigen. Es ist ergiebiger EinzelfSUe grundlich und kritisch zu diagnostizieren als mit grossen Stichproben nur kleine und standardisierte Ausschnitte der Wirklichkeit zu erfassen (Belz 1993, S. 5). Downey/Ireland (1979, S. 630) betonen, dass qualitative Daten eine besonders hohe Eignung aufweisen, um die organisationale Umwelt zu untersuchen. Eine qualitative Studie konkreter Faile untersttttzt deshalb insbesondere die situative Betrachtung, da die Variablen erfasst werden kdnnen, die z. B. Marketingsituationen bei Vertriebspartnem unterscheiden oder verbinden (Belz 1985, S. 8). Im Folgenden wird zunachst die Bedeutung der Fallstudienforschung filr die vorliegende Arbeit erSrtert, um anschliessend einen kurzen Uberblick zu den Fallen und konkret eingesetzten Methoden zu geben. Im Rahmen der Fallstudien wird jeweils eine Kombination verschiedener Methoden der Datenerhebung eingesetzt. Bedeutung der Fallstudienforschung fur die Arbeit Die Fallstudie hat als Lehr- und als Forschungs-Instrument (s. Bonoma 1985, S. 204 f.; Backhaus/Plinke 1977, S. 615) fUr die vorliegende Untersuchimg eine besondere Bedeutung. Die didaktische Bedeutung ergibt sich aus der Erkenntnis, dass es aus Sicht der Marketingpraxis oft zielfiihrender ist, MarketinglQsungen aus konkreten Fallen in andere Situationen zu ixbertragen, als etwas aus allgemeinen Empfehlungen abzuleiten (Belz 1985, S. 8 f.; Belz 1993, S. 5). Deshalb werden in dieser Arbeit zu didaktischen Zwecken auch fortlaufend Fallbeispiele eingesetzt, die allerdings nicht wie Fallstudien zur Gewinnung von Erkenntnissen dienen, sondem Erkenntnisse verdeutlichen (Bonoma 1985, S. 203 f.). Als Forschungsinstrument kann die Fallstudie wichtige Beitrage leisten, um die Forschungsfragen zu beantworten (Backhaus/Plinke 1977, S. 617 f). Die komplexe Kette vom Hersteller ilber den Vertriebspartner bis zum Kimden ist nur mit viel Aufwand und, wenn tiberhaupt, allenfalls sehr eingeschrankt quantitativ zu imtersuchen. Die standardisierte schriftliche quantitativ-empirische Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit ermdglicht eine Querschnittsbetrachtung iiber MSrkte imd Untemehmen hinweg (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Fttr eine Betrachtung hingegen, die verschiedene vertikale Stufen und Abteilungen einbezieht, scheint ein fallbezogenes Vorgehen geeigneter. Mit der Betrachtung der Vertriebsorganisation einzelner Herstelleruntemehmen kann die quantitativ-empirische Untersuchung dieser Arbeit
Theoretische Bezugspunkte, Forschungsansatz und Methodenmix
47
deshalb um wichtige Perspektiven erganzt werden (s. Belz 1993, S. 8 f.; Bonoma 1985, S. 202 f.). Im Fallstudienansatz werden dazu verschiedene qualitative Instrumente kombiniert eingesetzt (Belz 1993, S. 9; Bonoma 1985, S. 204), um grundlegende Zusammenhange zwischen Situationen, Zufriedenheit und Losungen zu ermitteln und aus verschiedenen Blickwinkeln zu reflektieren (Belz 1985, S. 8). Daruber hinaus bieten die Fallstudien ein vertiefendes Verstandnis fiir konkrete Handlungsempfehlungen und fur deren situative Eignung (Belz 1991, S. 9; Belz 1985, S. 10; Tomczak 1991, S. 32). Erhebungsmethoden bei den venvendeten Fallen In der vorliegenden Arbeit werden die intemationalen Vertriebsorganisationen der vier Untemehmen „Leica Microsystems", „BASF AG (RBU FCE)", „Gallus Ferd. Riiesch AG" und „Nanosurf AG" als Fallstudien einer tieferen Betrachtung unterzogen. Die Untersuchungsziele sind bei den einzelnen Fallen verschieden, woraus Unterschiede im Vorgehen und den Betrachtungsschwerpunkten resultieren (Bonoma 1985, S. 205). Der Fall „Leica Microsystems" wird herangezogen, um die in Forschungsfrage 1 aufgeworfene Relevanz des dezentralen Blickwinkels zu durchleuchten. Dabei kommen verschiedene Forschungsinstrumente zum Einsatz, um eine moglichst voUstandige Triangulation zu ermoglichen (Jick 1979, S. 602 ff.). Tabelle 2-6 zeigt die Vorgehensweise bei der Datenerhebung im Fall Leica, der im Abschnitt 3.3 (S. 72 ff.) dargestellt ist. Leica Microsystems AG Wetzlar, Deutschland Fokus: Instmmente:
Befragte: Inhalte:
Zeitraum: Tabelle 2-6:
Weltweites Netz von Distributoren • 4 Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertriebs- und Geschaftsleitung, • Einzelinterviews mit Distributoren, • Standardisierte schriftliche Befragung (n=54), • Teilnehmende Beobachtung am Distributorenmeeting, • Desk Research. Internationale Distributoren, Vertriebs- und Geschaftsleitung Zeitverwendung der Aussendienstmitarbeiter, Beurteilung der Zusammenarbeit aus Distributorensicht, Unterstiitzungsleistungen fur Distributoren, Gestaltungsansatze aus Herstellersicht, Gestaltungsvorschlage aus Sicht der Distributoren. Marz bis September 2004 Steckbrief zur Datenerhebung bei Leica Microsystems
Bei den Fallstudien „BASF AG", „Gallus Ferd. Ruesch AG" und „Nanosurf AG" soil hingegen das Zusammenspiel von Determinanten und Gestaltung der Zusammenarbeit naher untersucht werden, um dazu beizutragen, die Forschungsfragen 2 und 3 zu beantworten. Tabelle 2-7 (S. 48) gibt einen tJberblick zur Methodik der Datenerhebung
Kapitel 2
48
fur die Erstellung der drei Fallstudien. Um die konzeptionellen Uberlegungen und quantitativ-empirischen Ergebnisse dieser Arbeit durch die Analyse der Fallstudien moglichst grundlich vertiefen zu k5nnen, werden letztere erst im abschliessenden Abschnitt 6.5 (S. 260 ff.) dargestellt und diskutiert. Details zurErhebung Fokus: Instnimente:
Befragte:
Nanosurf AG Liestal, Schweiz Weltweites Netz von Distributoren • FunfEinzel-undGruppeninterviews mit Vertriebs- imd GeschSftsleitung, • Einzelinterviews Distributoren, • Standardisierte schriftli• Teilnehmende Beobachtung am Distributorenmeeting, • Desk Research. • Geschafts-und Vertriebsleiter, • Agenten und Distributoren.
GaUus Ferd. Rfiesch AG St. Gallen, Schweiz
BASFAG,RBUFCE Ludwigshafen, Deutschland
RBU Fine Chemicals Weltweite Vertriebs- und Europa, Afrika, West-Asien Serviceorganisation • Dreizehn Einzel- und • Vier Einzel- und GrupGruppeninterviews in der peninterviews mit MarkeVertriebsorganisation, ting- und Vertriebsleitung, • Sechs Einzel- und • Standardisierte schriftliGruppeninterviews in der che Befragung (n=61), regionalen Divisions- und • Beobachtung und Analyse Business-Unit-Leitung, des elektronischen • Desk Research. Schriftverkehrs, • Desk Research.
• Regionaler Divisionsleiter, • Regionaler Business-UnitLeiter, • Head of Marketing, Head of Sales, Head of Sales & Supply, • Mitarbeiter technisches und kommerzielles Marketing, Innendienstmitarbeiter, • Aussendienstmitarbeiter. Inhalte • UnterstUtzung intematio- • Herausforderungen und • Untersttitzung interZiele der Organisation, naler Vertriebspartner, nationaler Distributoren, • Aufgabenverteilung und • Beurteilung und • Beurteilung und VorVorschlage durch benOtigte Untersttitzung, schlage der Distributoren, Vertriebspartner, • Beurteilung der Zusam• Gestaltungsaltemativen • Gestaltungsaltemativen menarbeit, aus Herstellersicht. aus Herstellersicht. • LQsungsvorschlage for Ablaufe und Strukturen. Zcitraum: Februar bis September 2004 April bis Juli 2003 Januar bis August 2004 Tabelle 2-7: Steckbrief zur Datenerhebung bei Nanosurf, Gallus und BASF • Geschaftsfiihrer, Vertriebsleiter, Leiterin Kommunikation, Produktmanager, • UnabhSngige Agenten, • Leiter von Vertriebsgesellschaften, • Vertriebsleiter der Heidelberger Vertriebsorganisation.
49
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
3 Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner 3.1 Wirkungen ungeniigender Zusammenarbeit auf Ziele im Vertrieb 3.1.1 Wirtschaftliche, effektivitats- und potenzialbezogene Vertriebsziele Die Frage nach der Relevanz der intemen Zusammenarbeit und der Zufriedenheit von Vertriebspartnem mit dieser Zusammenarbeit ist gleichzeitig eine Frage nach den Wirkungen, die die Zusammenarbeit auf die verschiedenen Ziele besitzt, die ein Herstelleruntemehmen im Marketing und Vertrieb verfolgt. Um die Frage der Relevanz zu beantworten, miissen deshalb zunachst die Ziele des Herstellers im Marketing und Vertrieb systematisiert und diskutiert werden (s. Abbildung 3-1). Fur eine Gegeniiberstellung von Zielen des Herstellers und des Handels bzw. der Tochtergesellschaften sei auf Steffenhagen (1975, S. 75) und Bakka (1986, S. 853) verwiesen. Die Ziele im Marketing imd Vertrieb leiten sich grundsatzlich aus den Zielen des Gesamtuntemehmens ab und sollen als Funktionalziele einen spezifischen Beitrag leisten, alle iibergeordneten Untemehmensziele zu erreichen (Homburg/Krohmer 2003, S. 344). Dabei konnen in Anlehnung an Homburg/Krohmer (2003, S. 345 f) wirtschaftliche, effektivitats- und potenzialbezogene Ziele unterschieden werden, die einander m umgekehrter Reihenfolge bedingen.
z. B. Umsatz, Vertriebskosten, Deckungsbeitrag, Gewinn, Umsatzrendite (Oder nach Bezugsobjekt: z. B. Kunde, Produkt, Mitarbeiter) Wirtschaftliche Ziele
bezogene Ziele
Potenzialbezogene Ziele
^ ^ L ^ ^ ^ ^
^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ H ^ ,
/ /
Marktbezogene Ziele
Abbildung 3-1:
i |
\ \
z. B. Absatz, Marktanteil, Kundenzahl und •toyalitdt, KaufFrequenz, Preisniveau
z. B. Mitarbeiterbindung, Innovativitat, Prozesseffizienz, Infomiations- und Kommunikattonsverhalten, EInsatz beim Verkauf
z. B. Bekanntheitsgrad und Image des Untemehmens/Leistungsangebots, Einstellung der Kunden zum Unternehmen/ Leistungsangebot, Kundenzufriedenheit
z. B. Zufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, Verb-auen zum Hersteller, Verbundenheit mit dem Hersteller, Mitarbeitermotivation
Organisationsbezogene Ziele
Ziele im Vertrieb des Herstellenmtemehmens
Potenzialbezogene Ziele sind solche Ziele, die dem Verhalten von Kunden und Mitarbeitem kausal vorgelagert sind und somit ein Potenzial fur die Verkaufs- und Fixhrungseffektivitat in den Absatzmarkten und in der Vertriebsorganisation darstellen. So kann bspw. eine hohe Kundenzufriedenheit (potenzialbezogenes Ziel) zu hoheren
50
Kapitel 3
Verkaufen und einer hoheren Kundenbindung fuhren (effektivitStsbezogene Ziele) (s. Homburg et al. 2003; Homburg et al. 1999). Hohe Zufriedenheit und Motivation von Mitarbeitem (potenzialbezogene Ziele) werden gemeinhin als Voraussetzungen fiir niedrige Fluktuation und hohen Einsatz beim Verkauf (effektivitatsbezogene Ziele) gesehen (s. Futrell/Parasuraman 1984; Homburg/Stock 2001). Effektivitatsbezogene Ziele beziehen sich auf die Realisierung des Potenzials und nicht wie potenzialbezogene Ziele auf dessen Bildung. Das realisierte Potenzial kann durch das tatsachliche Verhalten von Mitarbeitem und Kunden und dessen unmittelbare Resultate abgebildet werden. Realisierte Absatzmengen, der Marktanteil oder die Innovativitat gehoren bspw. zu den unmittelbaren Konsequenzen aus der Realisierung von kunden- und mitarbeiterbezogenen Potenzialen. Wirtschaftliche Zielgrossen im Vertrieb sind 6konomische Grossen der Kosten-, Umsatz- und ErlSsstruktur. Sie sind monetarer Natur und hangen stark, wenn auch nicht ausschliesslich, vom Erreichen der EffektivitStsziele ab. So tragen hohe Marktanteile und ein hoher Einsatz der Verkaufsmitarbeiter dazu bei, dass die Umsatz-, Kostenund Ergebnisziele erreicht werden. HSufig werden wirtschaftliche Zielgr5ssen wie Umsatze oder Kosten nicht nur aggregiert, sondem auch nach Bezugsobjekten aufgeschliisselt betrachtet, wie z. B. Umsatze pro Kunde, Verkaufsgebiet, Mitarbeiter oder Produktgruppe. Vereinfachend kann jede der drei Zielebenen dem Bezugsobjekt nach in markt- und organisationsbezogene Ziele unterteilt werden. Bei marktbezogenen Zielen ist das Bezugsobjekt der Gesamtmarkt, eine Marktregion, eine Kundengruppe oder ein Einzelkunde. Organisationsbezogene Ziele haben Bezugsobjekte, die dem Vertriebssystem der Organisation angehoren, z. B. Mitarbeiter, Produkte und Prozesse. Dabei sind nicht alleine Kausalbeziehungen in vertikaler Richtung zwischen den Zielebenen, sondem auch horizontal und diagonal zwischen markt- imd organisationsbezogenen Zielen zu vermuten, so z. B. zwischen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit (s. Brown/Chin 2004; George/Gronroos 1995; Heskett et al. 1997; Bmhn 1995). Das Fallbeispiel der Emhart Glass S.A. (S. 51) zeigt die Verflechtungen der Ziele und die daraus resultierende Komplexitat von Wirkungen, die von Schwierigkeiten bei der Abstimmung zwischen Zentrale und Vertriebspartner ausgehen.
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
51
Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit fuhrender Hersteller von Maschinen fiir die Glasbehalterindustrie. Zu ihren Produkten gehSren Maschinen fiir Glaskonditionierung, zum Formen von Behaltem bis zur Konfektion der Flaschen sowie Maschinen ftlr die optische EndkontroUe von Glasbehaltem. Die etwa 900 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF. Jann Hatz, Vice President Marketing, berichtet uber die Konsequenzen, die durch ungentigende Zusammenarbeit zwischen Zentrale und auslandischen Vertriebspartnem entstehen kdnnen. In der Vergangenheit kam es insbesondere bei der Spezifikation von Produkten zu Schwierigkeiten. Vertriebspartner waren teilweise auf kurzfristige Umsatze fixiert und nicht motiviert, sich ausreichend iiber Produkte zu informieren und schulen zu lassen. Bei der Zusammenstellung von Produktionsanlagen fur Kunden entstanden deshalb Fehler, die vom Kunden gewiinschte Problemlosung wurde ungeniigend spezifiziert. Dies hatte verschiedene Konsequenzen: Die Spezifikationen mussten teilweise mehrfach zwischen Kunden, Vertriebspartner und Zentrale zur Oberarbeitung hin- und hergeschickt werden, woraus zeitliche VerzGgerungen resultierten. Ein verbindlicher Preis konnte nicht festgelegt werden, es ergaben sich fiir den Kunden andere Preise als vorher vereinbart und die geplanten Margen konnten teilweise nicht erzielt werden. Haufig war zu beobachten, dass entweder wahrend oder unmittelbar nach der Installation der Anlage Anderungen vorgenommen werden mussten, die dem Ansehen und dem Vertrauen beim Kunden schadeten und intern zusStzliche Kosten verursachten. Auf die Zentrale kamen in diesem Fall auch Reklamationen des Kunden zu. Dabei schadeten interne Anpassungs- und Reparaturkosten dem Untemehmen ebenso wie die hierdurch entstandenen Imageverluste. Fallbeispiel 3-1: Zufriedenheit und geringere Kosten durch gute Zusammenarbeit bei Emhart Glass S.A. (Einzelinterview Hatz 2002, s. Anhang A, S. 348)
3.1.2 Art und Ausmass von Wirkungen auf die verschiedenen Ziele Eine unzureichende Abstimmung in der Zusammenarbeit zwischen Vertriebspartner und Zentrale wirkt sich auf vielf^ltige Weise auf die vom Untemehmen verfolgten Ziele aus. Die Wirkungen nehmen unterschiedliche Ausmasse an und konnen bei alien drei Parteien auftreten: beim Kunden, in der Zentrale und beim Vertriebspartner. Wirkungen betreffen teilweise ausschliesslich eine Partei, teilweise auch mehrere. Es ergibt sich ein komplexes Zusammenspiel zwischen den Parteien. Auf Basis der Interviews, die der Autor mit Fiihrungskraften aus der intemationalen Marktorganisation verschiedener Industriegtiterhersteller gefUhrt hat (Explorative Interviews", s. Tabelle 2-3, S. 37 und Anhang A, S. 348), konnten Wirkungen identifiziert und nach ihrer Bedeutung fur die verschiedenen Ziele systematisiert werden. Analog zu den Zielen wurden markt- und organisationsbezogene Wirkungen in jeweils drei Ebenen unterschieden, nSmlich wirtschaftlich, effektivitats- und potenzialbezogen. Tabelle 3-1 zeigt die in den GesprSchen identifizierten Wirkungen.
Kapitel 3
52
Organisationsbezogene Wirkungen
Wirkungen
H6here Kosten, geringere Umsatze, geringere Rentabilitat
IHIHHHH^iHUBBmBBIIB Leistungsqualitdt leidet • Servicequalitat nicht wie gewohnt (z. B. Serviceanfragen werden nicht weitergeleitet), • Kundenreklamationen wg. mangelhafter Produktspezifikationen, • Fehlende Flexibilitat insbesondere bei kurzfristigen Kimdenanfragen, • Liefertreue und Reaktionszeiten verschlechtem sich, von Kunden zu komplexen Produkten, • Neue Produkte entsprechen nicht den Marktanfordemngen. Verkaufszahlen sinken Kunde testet alternative Anbieter, Aufhahme von second und third suppliers, • Ineffizienzen in verkauften Tonnen Oder Stuckzahlen. Destruktives Kundenverhalten • Kunde nutzt Infonnations- und Koordinationsdefizite aus, • Kunde erhehtDruckaufMargen, • Zentrale und Vertriebspartner (auch mehrere) werden gegeneinander ausgespielt.
Ineffiziente Prozesse • Zusatzliche Aufwendungen, wenn Dinge mehrfach tiberarbeitet werden mtissen, • Falsche Versprechen in Logistik mussen iiber Gutschriften nachgebessert werden, • Wechselkursveriuste: Offerten werden stillschweigend verlangert, obwohl Akkreditiv sie nicht mehr absichert, • Anstieg von Krankheitstagen, Mitarbeiterabwandening, Trennung von Vertriebspartnem. Erschwerte Planung • Unberechenbarkeit von Erfolgen und Verlusten, • Kapazitaten schwer planbar.
• • • • • • • •
Verhalten von Vertriebspartner und Zentrale Vertikale Konflikte und defensives Verhalten, Blockaden, Diskussionen und Leerlaufe, Verschliessen und Abschotten, „Nebenkriegsschauplatze" werden eroffhet, Informationen werden nicht weitergeleitet um kerne AngriffsflSche zu bieten. Geringer Austausch iiber Neuentwicklungen, Modifikationen, Applikations-Know-how, Machtspiele zwischen Vertriebspartner und Zentrale, Druck wird ausgetibt, Opportunistisches Verhalten, Engagement und Leistung sinken intern und beim Kunden.
••••IHHHHHHnilllllllllllli • • ( • • • • • • • [ • • i ^ B ^ H I ^ H PHHI^HHHHHMlIDrainBi • Vertrauen des Kunden sinkt, wenn versprochene Dinge nicht gehalten werden und sich eine fehlende Verlasslichkeit von Aussagen der Vertriebspartner herausstellt, • Fehlende Information des Kunden tiber neue Produkt- und Losungsvarianten verschliessen Marktpotenziale, • Zentrale wird schlecht vertreten, da Vertriebspartnem die Beratungskompetenz fehlt, • Schlechter Eindruck, wenn Kunde Abstimmungsprobleme wahmimmt, Imageverluste
• Unzufriedenheit, Misstrauen, Demotivation und Entmutigung bei Vertriebspartnem und Zentrale, • Commitment des Vertriebspartners leidet, teilweise "Innere Kundigung" des Personals, • Bilder und RoUen, die sich bei Vertriebspartnem xmd der Zentrale verfestigen, • Gefiihl nicht emst genommen und akzeptiert zu werden (z. B. innovative Produktvorschlage, die weder geschatzt noch eingefiihrt werden), • Kompetenzen von Vertriebspartner und Zentra-
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner durch uneinheitliches Auftreten, ineffiziente Prozesse und mangelnde Leistungsqualitat, Unzufriedenheit bei Kunden.
Tabelle 3 -1:
53
le leiden, da Informationen tiber Markt und Organisation inkl. Produkten fehlen (z. B. Aussendienst-Mitarbeiter, die nicht wissen, welche LSsungen bereits existieren).
Wirkungen einer ungeniigenden vertikalen Zusammenarbeit (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Unzufriedenheit, die bei den Mitarbeitem einer Vertriebsgesellschaft in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller besteht, kann sich auf deren Einstellung zu ihrer Arbeit, zu ihren Vorgesetzten, zimi Untemehmen und zu den Kunden auswirken. Das Engagement am Markt leidet darunter und damit die Qualitat der Verkaufsleistung. Wenn die interne Zusammenarbeit nicht zufrieden stellend abiauft, verandem Mitarbeiter von Vertriebsgesellschaften und der Zentrale ihr Verhalten. Sie verlieren an Motivation und engagieren sich nicht mehr ilber ein Mindestmass hinaus. Eigeninitiative leidet, Mitarbeiter setzen sich nicht mehr mit voUer Uberzeugung fiir das Untemehmen ein und verhalten sich der anderen Partei gegentiber defensiv. Dies aussert sich bspw. darin, dass nur noch selektive und unverfangliche Informationen weitergeleitet werden und darauf geachtet wird, keine Angriffsfiache zu bieten. Die Zusammenarbeit wird zunehmend von der Machtstruktur in verschiedenen Bereichen (bspw. dem Kundenzugang und den Kundeninformationen) bestimmt, teilweise erhalt der Kunde als gemeinsamer Bezugspunkt eine geringere Prioritat als interne Machtspiele. Konflikte werden dabei tiber Nebenkriegsschauplatze ausgetragen. Sie werden meist nicht offen, sondem vorwiegend und ausgiebig intern diskutiert. Unstimmigkeiten und Informationsliicken im Untemehmen fiihren aber auch beim Kunden zu veranderten, oftmals destruktiven Verhaltensweisen. Vertriebsleiter berichten daruber, dass Unstimmigkeiten mit dem lokalen Vertrieb von Kunden ausgenutzt werden. Teilweise werden die Zentrale und ihre Vertriebspartner in den verschiedenen Landem gegeneinander ausgespielt, indem an mehreren Fronten gleichzeitig verhandelt wird. Das Image des Untemehmens leidet beim Kunden, der bspw. inkonsistente Produktinformationen von Zentrale und Vertriebspartner erhalt. Der Kunde merkt ggf, dass die Zentrale zuverlassigere oder aktuellere Informationen besitzt und versucht den Vertriebspartner auszuspielen. Die Wettbewerbsfahigkeit leidet auch unter der abnehmenden Leistungsqualitat, die durch eine fehlende Abstimmung verursacht wird. Es sind die Beratungsqualitat im Vorfeld der Leistungserstellimg sowie die Flexibilitat und Zuverlassigkeit bei den Leistungsversprechen, die nicht mehr den Kundenwiinschen entsprechend erfuUt werden konnen. Neben dem Verlust an Auflragen und der Abwanderung von Kimden und
54
Kapitel 3
Mitarbeitem fuhren Probleme in der Zusammenarbeit zu Planungsunsicherheiten, Doppelspurigkeiten und zusStzlichen Kosten, wie bspw. auch durch die zunehmende Anzahl von Reklamationen im Bereich der Garantiearbeiten und des After-Sales Services. Eine quantitativ-monetSre Beziffemng des Schadens, der durch interne Abstimmungsprobleme entsteht, ist zwar wiinschenswert, allerdings schwierig zu errechnen. Insbesondere umsatzseitige Effekte sind nur schwer zu erfassen. Eine aussagekraftige Sensitivitatsanalyse wiirde umfangreiches internes Datenmaterial zu Prozessen, Kosten und Umsatzen benotigen, das fUr die vorliegende Untersuchung nicht zuganglich war. Einige Hinweise kann ggf. folgende Aufstellung geben, die auf Angaben von Vertriebsleitem deutscher und Schweizer Industriegtiterhersteller beruht (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Kurzbeispiele zu Wirkungen suboptimaler Zusammenarbeit Kosten einer gescheiterten Neuprodukteinfiihrung Hoerbiger-Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Vorleistungen fiir die Forschung und Entwicklung eines neuen Produktes kOnnen je nach Anwendung bis zu 700*000 EUR betragen. Hinzu kommen Kosten ftir Konununikation (z. B. Werbung, Mailings, MessestSnde und Material, Dokumentationen, Verkaufsunterlagen) und Schulungen (z. B. produktbezogene Schulungen, Fliige etc.). Kosten durch Diskussionen und Leerlftufe Rechenbeispiel zur Veranschaulichung der Kostenwirkungen von Diskussionen und Leerlaufen. 1 Fuhrungskrafi * 10 Minuten/Tag * 50 Vertriebspartner * 220 Arbeitstage = 1 lO'OOO Minuten = 1 *833 Stunden = ca. 230 Tage (k 8 Stunden) = ca. 1 Mann-Jahr Laut der europaischen Kienbaum Vergtttungsstudie „Remuneration in Europe 2003" verdient der Leiter einer europaischen Tochtergesellschaft (GrQsse bis 100 Mitarbeiter) im Industriegiitergeschaft durchschnittlich ca. 90*000 Euro. Anzumerken bleibt, dass Diskussionen und LeerlSufe, die aus Abstimmungsproblemen entstehen, pro Niederlassung mehr als einen Mitarbeiter betreffen kOnnen und pro Mitarbeiter leicht tiber 10 Minuten pro Tag beanspruchen. Im Beispiel wurden 8 Arbeitsstunden pro Tag eingesetzt. Je nach Land k6nnen es jedoch wesentlich mehr Arbeitsstunden oder auch weniger sein (bspw. in Frankreich). Die Bewertung der Leerlaufeeiten mit dem Geschaftsfiihrergehalt dienen nur der Veranschaulichung. Diese Kosten sind selbstverstSndlich nicht abbaubar und damit fix, da sie auf verschiedene Personen verteih sind. Die Leeriaufe kSnnten jedoch von den Mitarbeitem altemativ verwendet werden und aussem sich ggf. in QualitSt, Mehrumsatz oder einem besseren Verhaltnis zum Kunden. Umsatzverluste durch Mitarbeiterabwanderung Herr Dr. Meyer, Group Vice President der regionalen Business Unit,J^ine Chemicals Europe, Africa, West Asia" bei der BASF AG in Ludwigshafen, bemiiht sich um die Beziehungen zu Mitarbeitem in der europaischen Marktorganisation. Im Zuge weit reichender Kostensenkungsprogramme des Konzems wurden u. a. ftir samtliche Vertriebsverantwortlichen in den europaischen Markten die administrative Unterstutzung zentrahsiert, Landerbtiros abgebaut und Home-Offices eingerichtet. So auch in Norwegen, wo ein ausserst erfolgreicher, langjahriger Vertriebsmitarbeiter alleine den Bereich ,Tierfutter und Hormone' mit einer EURUmsatzverantwortung im zweistelligen Millionenbereich betreut.
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
55
Die Zentralisierung von Vertriebsaufgaben und -verantwortlichkeiten hat in einigen Markten zur Kiindigungen von Seiten der Mitarbeiter gefUhrt. Durch seine „Beziehungspflege" hatte Herr Dr. Meyer erfahren, dass der fiir Norwegen zustandige Vertriebsverantwortliche ebenfalls hSchst unzufrieden mit der Home-Office Losung war: Als Vater dreier Kinder kam er zu Hause kaum zum Arbeiten. Dr. Meyer konnte schnell eine L5sung finden, indem er ein Btiro anmietete. Er bewahrte damit das Untemehmen vor grSsseren Umsatzverlusten, die durch eine potenzielle Abwanderung des bedeutenden Vertriebsmannes entstanden ware. Verluste durch weggefallene Wechselkursabsicherung Die Problematik, dass Offerten durch Devisengeschafte abgesichert werden miissen, tritt vor allem in Landem und Regionen mit hoher Inflation auf. Hierzu gehftrt bspw. Asien, wo Projekte in EUR oder USD verhandelt werden und sich die lokale Wahrung rasch verandert. Bei Emhart Glass S.A., Cham (CH) gilt eine Offerte deshalb fur 90 Tage, danach soUte die Offerte neu erstellt werden. Man versucht bei Emhart Glass das Wahrungsrisiko in solchen Landem mehrheitUch zum Kunden zu verlegen. Hierdurch entsteht jedoch die Gefahr, dass der sich das Projekt dann nicht mehr leisten kann und das Geschaft platzt oder verschoben wird. Liegt das Wechselkursrisiko bei Emhart Glass, so konnen durch eine eingehaltene Offerte, die nicht im abgesicherten Zeitraum abgeschlossen wird, bei starker Inflation erhebliche Verluste entstehen. Rechenbeispiel: 2.5 Mio. CHF (Umsatzvolumen) * 1% (Wahrungsschwankung) = 25'000 CHF Umsatzpotenziale durch neue Innovation Die Wirtgen GmbH mit Sitz in Windhagen (DE) ist Hersteller von Kaltfrasen, die insbesondere fur den Strassenbau eingesetzt werden, um mangelhaften Strassenbelag abzutragen und damit Strassen wieder instand zu setzen. Bei Wirtgen sieht man die funktionierende vertikale Zusammenarbeit zu Vertriebspartnem als Quelle ftir kontinuierliche Innovation. ,Jvlan muss Vertriebspartner fit halten und sich auch auf der personlichen Ebene gut mit ihnen verstehen. Nur so kann man alle StrOmungen des Marktes mitnehmen", so Peter BoUinger, Vertriebsleiter. Er nennt als Beispiel eine Innovation, die erst kurzlich bei einem Vertriebspartner auf dem amerikanischen Markt „entdeckt" wurde. Der „Rumples-trip" frast mit einem ftinfeckigen Rad starke Unebenheiten in den Strassenrand. Verlasst ein Fahrzeug, dessen Fahrer eingeschlafen ist, die regulare Fahrbahn, wacht der Fahrer sofort auf, sobald er auf den Rumplestripp gerat. Das Gerat wurde zuerst als Spezialanfertigung auf dem amerikanischen Markt nachgefragt. Mittlerweile verkauft das Untemehmen das Produkt aber auch nach Osterreich und, so Bollinger, eventuell bald auch in die Schweiz. Umsatzverluste und Kosten durch Kundenabwanderung Projektverlust Emhart Glass S.A., Cham (CH): Ein durchschnittlicher Kundenauftrag hat ein Volumen zwischen 1-5 Mio. CHF. Bei Projektverlust werden diese nicht reahsiert. Neuakquisition Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Neuakquisition eines Kunden verursacht haufig Kosten in Hohe von 15*000 EUR ftir Prototypenfertigung, Dokumentation und Kundenbesuche. Kostensteigerung durch h5here Anzahl von Reklamationen Garantiekosten Emhart Glass S.A., Cham (CH): Garantiekosten liegen in der Grossenordnimg von 1.5 Prozent des Umsatzes. Bereits geringe Schwankung dieses Wertes besitzen damit hohe Kostenwirkungen. Reklamationskosten Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Durchschnittliche Reklamationskosten, die durch Fehler in der Beratung etc. entstehen betragen ca. 0.3 Prozent des Umsatzes. Inefiizienzen durch die Mehrfachiiberarbeitung von Unterlagen Spezifikationsrunden Emhart Glass S.A., Cham (CH): Da die Maschinen in den meisten Fallen individuell nach Kundenwunsch zusammengestellt werden, braucht es meist mehr als eine ,Runde', bis die
56
Kapitel 3
endgultige Spezifikation erreicht ist. Bei einer Spezifikationsrunde nehmen meist zwischen zwei und drei Mitarbeitem aus technischen und kommerziellen Bereichen des Untemehmens fur etwa ein bis zwei Tage teil, wodurch pro Runde etwa 2-6 Manntage bendtigt werden. In einzelnen Fallen, wenn mit Vertriebspartnem in Verhandlungen keine Einigung erzielt werden kann und Vorarbeiten nicht wie gefordert erledigt wurden, braucht es bis zu acht Runden. Insgesamt braucht der Central Sales ca. die Halfte seiner Zeit fUr Requotes und Nachfragen. Das ist jedoch zu einem grossen Teil system- respektive industrie- und produktbedingt. In verschiedenen Fallen werden auch noch Customer Specials gewunscht und im Engineering ausgefiihrt. Diese Zeit ist nicht eingeschlossen, da sie separat verrechnet wird und deshalb kostenneutral ist. Kosten durch die Neubesetzung von Stellen Reknitierung und Einarbeitung Emhart Glass S.A., Cham (SA): Die Gewinnung geeigneter Fiihrungskrafte erfolgt teilweise iiber Headhunter, teilweise ilber direkte Kontakte innerhalb der relativ ubersichtlichen Industrie. Zu den Rekrutienmgskosten zShlen insbesondere Kosten fur Headhunter und der interne Zeitaufwand eigener Mitarbeiter. Headhunter verlangen bei Midlevel-Positionen meist 20 bis 30 Prozent eines Jahresgehaltes. Bei einem Jahresgehalt von 90'000 EUR entstehen hierdurch alleine ftir das Headhunting Kosten von mindestens IS'OOO EUR. Bei Emhart Glass gibt es kaum Fluktuation. Wenn Wechsel anstehen, dann werden die Positionen meist intern oder mit Spezialisten aus der Industrie besetzt, Bei der Besetzung einer Stelle mit einem extemen Kandidaten entstehen durch den Zeitaufwand, den das Kennenlemen der Organisation benOtigt, die grOssten Kosten. Reknitierung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Rekrutienmgskosten eines Vertriebsleiters betragen inkl. Headhimter und intemen Kosten fUr Interviews etc. je nach Region etwa ein Jahresgehalt von 60-80*000 EUR. Einarbeitung Hoerbiger Origa GmbH, Filderstadt (DE): Die Kosten ftir Reisen und interne Ausfallzeiten, die fiir die Einarbeitung eines neuen Vertriebsleiters anfallen, betragen (ohne Berucksichtigung von Schulungen) in etwa lO'OOO EUR. Fallbeispiel 3-2: Auswirkungen von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
3.2 Kausalbeziehung von Einstellung, Verhalten und Erfolg der Vertriebspartner 3.2.1 Hypothesen zu Einstellung, Verkaufsleistung und Markterfolg Die vorangegangenen Uberlegungen zu den Wirkungsebenen der Zusammenarbeit legen die Vermutung nahe, dass die Einstellung der Vertriebspartner zur Zusammenarbeit mit dem Herstelleruntemehmen weit reichende Wirkungen auf das Verhalten der Vertriebspartner und damit auf den Markterfolg hat (s. Mohr/Nevin 1990, S. 38). Viele Teilaspekte dieser mehrstufigen Kausalbeziehung wurden bereits gezielt oder aber als „Nebenprodukte" in Partialuntersuchungen benachbarter Forschungsvorhaben quantitativ-empirisch tiberpriifl (einen Uberblick bieten z. B. die Arbeiten von Geyskens et al. 1999, Geyskens et al. 1998, Goodman/Dion 2001 und Menon et al. 1996). Ein Modell, das Variablen aller drei Zielebenen erfasst und deren Zusammenhange integriert untersucht, fehlt jedoch bisher. Die folgende Untersuchung tragt mit Hilfe einer quantitativ-empirischen Analyse dazu bei, diese Liicke zu schliessen. Dazu
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
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werden im Folgenden neun Hypothesen abgeleitet und auf ihre Entsprechung mit den empirischen Datentiberpriift(Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Zufriedenheit von Vertriebspartnem in der Beziehung zum Hersteller ist, wie vermutet wird, als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige Basis fur die Schaffung weiterer mitarbeiterbezogener Potenziale und deren Realisierung. Sie wird in dieser Untersuchung als unabhangige Variable (latente exogene) betrachtet, um ihre Wirkungen zu untersuchen (s. Mohr/Nevin 1990, S. 37 f.). Mogliche rekursive Beziehungen, wie sie bereits in Abbildung 2-7 (S. 27) aufgezeigt wurden (s. auch Schwab /Cummings 1970, S. 418; Geyskens et al. 1999, S. 225), sind fur die Fragestellung nach den Wirkungen der Zufriedenheit von nachrangiger Bedeutung und werden an dieser Stelle deshalb nicht weiter vertieft. Auf die Konstrukte „Zufiiedenheit", „Konflikte", „Vertrauen" und „Verbundenheit" wurde in der Forschung zu Beziehungen in Vertriebskanalen wiederholt Bezug genommen, da sie die Qualitat der Beziehung zwischen Vertriebspartner und Hersteller in besonderem Masse charakterisieren (Frazer 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 38; Geyskens et al. 1999, S. 223). Die Zufriedenheit mit dem Hersteller wurde vielfach als Basis ftir Vertrauen (John/Reve 1982, S. 518; Ganesan 1994, S. 2; Crosby et al. 1990, S. 70 f.) und die Verbundenheit mit dem Herstelleruntemehmen (Mohr et al. 1996, S. 110; Brown/Peterson 1993, S. 64; Ganesan 1994, S. 5; Geyskens et al. 1999, S. 225) identifiziert. Unzufriedenheit mit der Zusammenarbeit fuhrt zu Argwohn und Misstrauen gegeniiber dem Hersteller (Ganesan 1994, S. 5). Zufriedenheit hingegen erhoht das Vertrauen zum Hersteller, weil sie als positives Ergebnis von Aufrichtigkeit und Wohlwollen des Herstellers interpretiert werden kann (Ganesan 1994, S. 5). Hieraus folgen die Hypothesen HQI und H02.
Hoi * Je hoher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto starker ist dessen Vertrauen in den Hersteller. H02: Je hoher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto starker ist dessen Verbundenheit mit dem Hersteller.
Vertriebspartner, die eine hohe Zufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller empfmden, sehen die Zusammenarbeit zudem als forderlich, um ihre eigenen Ziele zu erreichen (Geyskens et al. 1999, S. 225). Dies bedeutet, dass Meinungsverschiedenheiten und das Niveau von Konflikten zwischen Vertriebspartner und Hersteller
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Kapitel 3
bei steigender Zufriedenheit abnehmen (Brown/Day 1981, S. 270 f; Mohr et al. 1996, S. 108; Brown et al. 1991, S. 16 f; Dwyer 1980, S. 48 f; Rosenberg/Stem 1971, S.439 f; Lusch 1976, S. 382 f.). Es folgt daraus Hypothese HQS:
H03: Je hoher die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit der Zusammenarbeit, desto geringer ist das Konfliktniveau zwischen Hersteller und Vertriebspartner.
Das Konfliktniveau wird dabei durch die HSufigkeit, die Intensitat und die Dauer von Meinungsverschiedenheiten bestimmt (Anderson/Narus 1990, S. 44). Konflikte gelten als Hiirde ftir die Vertrauensbildung zum Hersteller (Anderson/Narus 1990, S. 44; Stem et al. 1973, S. 170), weil sie den Glauben der Vertriebspartner in die AuMchtigkeit und das Wohlwollen des Herstellers (Kumar et al. 1995, S. 58) schwachen. Hier wird deshalb ein negativer Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und dem Vertrauen vermutet.
H04: Je hoher das vom Vertriebspartner wahrgenommene Konfliktniveau, desto geringer ist das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller.
Dariiber hinaus fiihren dysfunktionale Konflikte zu verSnderten Verhaltensweisen (Menon et al. 1996, S. 299 f), die einer optimalen Abstimmung zwischen Hersteller und Vertriebspartner entgegenstehen und deshalb zu einem Hindemis fiir die lokale Verkaufsleistung (Performance) werden (Menon et al. 1996, S. 301; Rosenberg/Stem 1971, S. 441; Schul et al. 1985, S. 10; Lusch 1976, S. 388). Es kann ein negativer Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und der Verkaufsleistung vermutet werden.
Hos* Je hoher das Konfliktniveau zwischen Vertriebspartner und Hersteller, desto geringer ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.
Bemerkenswerte konzeptionelle und empirische Bekraftigimgen bestehen beziiglich der Annahme, dass die Verbundenheit mit dem Hersteller wie keine andere Einstellungsvariable in Vertriebskanalen durch Zufriedenheit und Vertrauen bestimmt wird (Anderson/Weitz 1992, S. 20; Morgan/Hunt 1994, S. 31). Auf den Zusammenhang
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
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zwischen Zufriedenheit und Verbundenheit wurde bereits Bezug genommen (s. H02). Das Vertrauen zum Hersteller fiihrt langfristig (Dwyer et al. 1987, S. 19) zu einem starkeren Verbundenheitsgefuhl mit diesem (Morgan/Hunt 1994, S. 23; Andaleeb 1996, S.81 f.; AndersonAVeitz 1989, S. 311; Ganesan 1994, S. 4; Geyskens et al. 1996, S. 307 f.).
Hoe: Je starker das Vertrauen in den Hersteller, desto starker ist die Verbundenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller,
Vertrauen (Crosby et al. 1990, S. 70; Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 342;) und Verbundenheit (Brown et al. 1995, S. 365; Mohr/Nevin 1990, S. 45; AndersonAVeitz 1992, S. 18) gelten gleichsam als wichtige Voraussetzungen fur das Engagement der Mitarbeiter und damit fur das Erreichen einer hohen lokalen Verkaufsleistung (Brown/Peterson 1993, S. 64; Morgan/Hunt 1994, S. 22). Ein hohes Vertrauen basiert auf verlasslichen Verhaltenserwartungen, die ein Vertriebspartner bildet und gibt ihm die Moglichkeit genauer zu planen, da er sich auf Absprachen verlassen kann (Crosby et al. 1990, S. 70; Andaleeb 1996, S. 79). Fuhh sich ein Vertriebspartner mit dem Hersteller verbunden, ist er bereit sich iiber ein erwartetes Mass hinaus einzusetzen (AndersonAVeitz 1992, S. 19; Mohr/Nevin 1990, S. 45; Dwyer et al. 1987, S. 19). Vertrauen und Verbundenheit tragen damit beide zu einer hoheren lokalen Verkaufsleistung bei.
H07: Je starker das Vertrauen des Vertriebspartners in den Hersteller, desto hoher ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners. Hog: Je starker die Verbundenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller, desto hoher ist die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners.
Finanzielle Ziele sind fur Untemehmen die Voraussetzung fur Wachstum und Fortbestand. Der finanzielle Markterfolg wird durch verschiedene organisations- und umweltbezogene Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347). Eine unabdingbare Grundlage fUr finanzielle Erfolge ist die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter, verstanden als deren tatsachlicher Einsatz bei der Erftillung ihrer Verkaufsaufgabe (Babakus et al. 1996, S. 347 f.).
Kapitel 3
60
H09: Je hoher die lokale Verkaufsleistung des Vertriebspartners, desto hoher ist dessert finanzieller Erfolg am Markt.
Abbildung 3-2 (S. 60) zeigt zusammenfassend die Zusammenhange der neun abgeleiteten Hypothesen in einem Pfaddiagramm. Die Pfade geben die Kausalbeziehungen zwischen den latenten Variablen an sowie die Richtungen der mehrstufigen Kausalitat. 'T
*(
H03(-r/^
Verloufe- J
/H04(-)
"zufriedenh^rS H07(+)^/ y^ H01(+)V
/^ ^ ^
^^'''Vertrauen r zum
Legende:
^
H06(+)
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/ /
1
/^okalePN \Markterfolgy
''M/ertHjndenheitN s^mit HersteHer^
~^
sBeziehungspfad
(+)
- positiv vermuteter Zusammenhang
0
>Latente Variable
(-)
s negativvenrnuteter Zusammenhang
H01-H09 s Hypothesen zu Kausalbeziehungen der latenten Variablen
Abbildung 3-2:
Hypothesensystem zu Kausalbeziehungen zwischen latenten Variablen
Das aufgestellte Hypothesensystem soil im Folgenden durch die Analyse des quantitativ empirischen Datenmaterials (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) getestet werden. Dazu wird in Absatz 3.2.2 (S. 60 ff.) zunSchst die Methodik zur Messimg der einzelnen Variablen vorgestellt und das kausalanalytische Analyseverfahren zur Bestimmung der mehrstufigen AbhSngigkeiten. Nach dem Hypothesentest werden in Absatz 3.2.3 (S. 68 ff.) die Ergebnisse zusammengefasst und interpretiert.
3.2.2 Methodischer Exkurs zur Kovarianzstrukturanalyse 3.2.2.1
Mess- imd Strukturmodell der Kovarianzstrukturanalyse
Um die in Abschnitt 3.1 (S. 49 ff.) vermuteten ZusammenhSnge zwischen potenzial-, effektivitatsorientierten und wirtschaftlichen Zielen weiter zu untersuchen, ist eine Methodik erforderiich, mit der Einstellungszustande, Verhalten und Untemehmenserfolg gleichsam erfasst und analysiert werden konnen.
Bedeutung der Zufriedenhcit intemationaler Vertriebspartner
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Als Instrument zur Messung komplexer Konstrukte und der Analyse komplexer Abhangigkeitsstrukturen hat sich in der Marketingforschung seit geraumer Zeit die Kovarianzstrukturanalyse durchgesetzt (s. Homburg/Baumgartner 1995b; Homburg/Giering 1996). Das Verfahren verbindet die Vorteile der konfirmatorischen Faktorenanalyse, namlich komplexe Konstrukte unter der Beriicksichtung von Messfehlem messbar zu machen (Homburg/Pflesser 2000, S. 416), mit den Vorteilen der Strukturgleichungsanalyse. Deren Vorteile liegen in der Moglichkeit, Abhangigkeitsstrukturen von einer Komplexitat zu untersuchen, die sich der Behandlung durch ein multiples Regressionsmodell entziehen, so z. B. mehrstufige AbhSngigkeiten zwischen Variablen (s. Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1092 f.). Im Folgenden werden wichtige methodische Beziige fur die Entwicklung und Beurteilung von Mess- und Strukturmodellen zur Kovarianzstrukturanalyse gegeben. Diese bilden eine wichtige Verstandnisgrundlage ftir die weitere Untersuchung. Messmodell: Messung von komplexen Konstrukten und deren Gute In vielen Teilbereichen der Marketingforschung wird mit komplexen Konstrukten gearbeitet, die sich von vomherein einer einfachen, direkten Messung entziehen (Homburg/Giering 1996, S. 5), so z. B. in der Konsumentenverhaltensforschung und auch in der Organisationsforschung, wo kognitive Zust^nde wie Einstellungen, Motive und Bediirfhisse erfasst werden. Unter einem theoretischen Konstrukt versteht man nach Bagozzi/Fomell (1982, S. 24) „... an abstract entity, which represents the „true", nonobservable state or nature of a phenomenon" (s. Homburg/Giering 1996, S. 6). Zur Messung einer solchen nicht beobachtbaren „latenten Variable" miissen meist mehrere Indikatoren erfasst werden, da eine Beschreibung des interessierenden Phanomens mittels eines einzelnen Indikators meist keine befiriedigenden Ergebnisse liefem kann (Balderjahn 1985, S. 254; Jacoby 1978; Churchill Jr. 1979; Ruekert/Churchill Jr. 1984). Als Ergebnis wird eine hohere Messqualitat in Bezug auf die Reliabilitat (Zuverlassigkeit) und die Validitat (Gultigkeit) angestrebt (Homburg/Giering 1996, S. 6). In der vorliegenden Arbeit wurde auf Messmodelle (synonym: Skalen) zuriickgegriffen, die bereits in vorherigen Untersuchungen verwendet und bereits bezogen auf ihre Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messsgtite diskutiert wurden. Zur Uberprufung der Reliabilitat und der Validitat des Messmodells in Bezug auf die vorliegenden empirischen Daten wurden in der Marketingforschung verbreitete Giitekriterien der ersten und zweiten Generation verwendet (s. Tabelle 3-2). Die in dieser Arbeit verwendeten Cut-Off Werte entsprechen den Forderungen in der Literatur (s. Biihner
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Kapitel 3
2004, S. 203 ff.; Homburg/Pflesser 2000, S. 651; Jensen 2001, S. 96). Es bleibt zu betonen, dass im Rahmen dieser Arbeit nicht die simultane ErfuUung aller spezifizierter Kriterien gefordert wird (Homburg 2000, S. 93), sondem geringfUgige Verletzungen einzelner Kriterien akzeptiert werden, solange das Gesamtbild fiir eine hohe QualitSt der Messung spricht (s. Homburg 2000, S. 93; Jensen 2001, S. 96). Fur eine vertiefende Diskussion der Giltekriterien und der Cut-Off Werte sei an dieser Stelle auf Homburg (2000, S. 87-95), Jensen (2001, S. 89-96) und Buhner (2004, S. 202-206) verwiesen. Um die Diskriminanzvaliditat zu tiberprufen wurde nur in solchen Fallen der x^-Differenztest eingesetzt, in denen das strengere Fomell-Larcker-Kriterium (s. Fomell/Larcker 1981) verletzt worden war (s. Anhang H, S. 372 ff.). Diskriminanzvaliditat
Interne Konsistenz- und Konvergenzreliabilit&t Ebene der Indikatoren Faktorladung (EFA) Item-to-Total Korrelation (RA)
> .40 ggf. Elimination des Indikators mit dem niedrigsten Wert > .40 > 1.645
Indikatorreliabilitat (RA) T-Wert der Faktorladung (KFA) Ebene der Konstrukte > .70 Cronbachsches Alpha (RA) = 1.00 Anzahl extrahierter Faktoren (EFA) > .50 Erklarte Varianz (EFA) > .60 Faktorreliabilitat (KFA) Durchschnittlich erfasste Varianz > .50 > .05 p-Wert (KFA) < .08 RMSEA (KFA) <3.00 X^/df(KFA) > .90 GFIundAGFI(KFA) > .90 CFI (KFA) EFA: Explorative Faktorenanalyse; RA: Reliabilitatsanalyse; KFA: Konfirmatorische Faktorenanalyse Tabelle 3-2:
• Explorative Faktorenanalyse: Faktorladung bezuglich anderer Faktoren < .40 • Fomell-LarckerKriterium: DEV(^)>quadrierte Korrelation (^i, ^) fiiralleiTtj • x^-Differenztest: Differenz > 3.841
Verwendete Gtitekriterien und Cut-Off Werte der Konstruktmessung (Jensen 2001,8.96)
Strukturmodell: Analyse
komplexerAbhangigkeitsbeziehungen
Die auf Basis von theoretischen Uberlegungen vermuteten Beziehungen zwischen den Konstrukten werden im Rahmen der Kovarianzstrukturanalyse in einem so genannten „StrukturmodeU" abgebildet. Als grafische Darstellimg in Form eines Pfaddiagramms enthalt das Strukturmodell latente unabhangige Variablen (exogene Variablen), latente abMngige Variablen (endogene Variablen) und die vermuteten Zusammenhange zwischen diesen.
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
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Weisen die Giitekriterien der Messmodelle eine zufrieden stellende Qualitat auf, konnen die vermuteten Beziehungen zwischen den Variablen geschStzt werden. Das beim Vorliegen von ausreichend normalverteilten Daten am haufigsten verwendete Schatzverfahren ist die Maximum-Likelihood (ML)-Methode (Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1101). Als Ergebnis der ParameterscMtzung erMlt man ein spezifiziertes Modell, das nicht alleine die partiellen Regressionsgewichte, Korrelationen und Signifikanzangaben fiir diese enthalt, sondem daniber hinaus eine umfassende Beurteilung der Giite des Gesamtmodells ermoglicht. Auch hierzu werden der in Tabelle 3-2 (S. 62) dargestellte x^-Modelltest sowie die Fit-Indizes RMSEA, CFI, GFI und AGFI mit den entsprechenden Toleranzwerten eingesetzt.
3.2.2.2 Konzeptualisierung, Operationalisierung und Konstruktmessung Im Folgenden werden Konzeptualisierung und Operationalisierung der in der Kovarianzstrukturanalyse verwendeten Messmodelle dargestellt und erlautert. Zufriedenheit der Vertriebspartner als latente exogene Variable Die Zufriedenheit von Vertriebspartnem ist als organisationsbezogenes Ziel eine wichtige Basis fur die Schaffung und Realisierung mitarbeiterbezogener Potenziale. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner kann als wichtigster Beurteilungsmassstab fur die Qualitat der Zusammenarbeit mit dem Herstelleruntemehmen herangezogen werden (Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226). Sie ist dabei als Resultat eines lokalen Beurteilungsprozesses zu verstehen, bei dem (lehnt man sich an, an die Konzeptualisierung nach dem Confirmation-Disconfirmation Paradigma) die wahrgenommene Auspragung des Beurteilungsgegenstandes mit der normativ-erwarteten AusprSgung verglichen wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42; Parasuraman et al. 1991, S. 422). An dieser Stelle sei zunSchst der Zufhedenheitsbegriff nach Geyskens et al. (1999, S. 224) naher betrachtet, die „Channel Member Satisfaction" als einen emotionalen Zustand definieren, der aus der Beurteilung samtlicher Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Herstelleruntemehmen resultiert (s. Frazier et al. 1989, S. 57; Gaski/Nevin 1985, S. 131). Es ist also darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Gegenstand der Beurteilung ausschliesslich um Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Hersteller handelt (s. Anderson/Narus 1990, S. 45 f.). Aspekte, die nicht unmittelbar aus der Zusammenarbeitfr)lgen,werden also folglich auch nicht in das Zufhedenheitsverstandnis mit eingeschlossen. Durch die Einbeziehung samtlicher Teilaspekte der Zusammenarbeit mit
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Kapitel 3
dem Hersteller ergibt sich trotzdem eine inhaltliche Vielschichtigkeit des Begriffes. Eine Single-Item Messung als „Gesamtzufiiedenheit" (s. Himt/Nevin 1974, S. 189; Wilkinson 1979, S. 94; Rosenberg/Stem 1971, S. 438) wird dieser Komplexitat kaum gerecht (Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 226 f.). Ruekert/Churchill Jr. (1984, S. 229 f.) gehen von mindestens fiinf inhaltlichen Dimensionen aus, Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) unterscheiden sogar sieben inhaltliche Bereiche der Zufriedenheit mit dem Herstellenmtemehmen. Gemeinsam ist beiden AnsStzen, dass sie sowohl fmanzielle als auch soziale Aspekte der Beziehimg zwischen Vertriebspartner und Herstellemntemehmen als Beurteilimgsgegenst^nde beriicksichtigen (s. Ruekert/Churchill Jr. 1984, S. 227; Gassenheimer/Ramsey 1994, S. 260 f.; Geyskens et al. 1999, S. 224; Skinner et al. 1992, S. 179 f.). Fiir eine tiefer gehende Analyse der inhaltlichen Beurteilungsdimensionen der Zusammenarbeit sei an dieser Stelle auf Absatz 5.3.1 (S. 113 ff.) verwiesen. Bei der Messung der lokalen Zufriedenheit ist neben den zu beurteilenden inhaltlichen Aspekten die Art der verwendeten Skala festzulegen. Stutzt man sich auf das Confirmation-Disconfirmation Paradigma, das eine wichtige Konzeptualisienmg im Rahmen der Zufriedenheitsforschung im Kundenbereich darstellt, so bestehen zwei grundsatzliche Moglichkeiten fiir die Messung der Zufriedenheit (Homburg/Rudolph 1998, S. 246). Zum einen kann die Zufriedenheit als Resultat des Vergleichs zwischen Wahrnehmung und Erwartung interpretiert und direkt erfasst werden. Zum anderen besteht die Moglichkeit, die erwartete und wahrgenommene Leistung fur jeden einzelnen Bereich differenziert zu erfassen und die Zufriedenheit als deren Differenz zu errechnen. Letzteres Vorgehen scheint aus verschiedenen Griinden weniger vorteilhaft: Babakus/BoUer (1992, S. 255 f.) legen nahe, dass die zur Erfassung von Erwartung und Wahmehmung verwendeten Doppelskalen vermutlich Einfliisse der ersten Antwort auf die der zweiten Frage hervomifen. Dabei berufen sie sich auf Arbeiten der Psychologic (Babakus/BoUer 1992, S. 255 f). Zudem verlSngert sich durch eine Doppelskala der Fragebogen, was die Beantwortungszeit erhoht, die Antwortbereitschaft senkt und die Anforderungen gleichzeitig wesentlich anhebt (Homburg/Rudolph 1998, S. 246). Daruber hinaus haben verschiedene Arbeiten gezeigt, dass die direkte Messung von Zufriedenheit ebenso valide Ergebnisse erzielt (s. Babakus et al. 1993; Homburg/Rudolph 1998; Liljander/Strandvik 1993). In der vorliegenden Untersuchung wird deshalb das Zufriedenheitsurteil direkt erfasst. Dabei wird auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Skala zuriickgegriffen, die bis zum heutigen Zeitpunkt bereits zum Gegenstand verschiedener
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
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Untersuchungen gemacht worden ist (s. Geyskens et al. 1999; Geyskens et al. 1998; Joshi/Amold 1997). Das verwendete Messmodell sowie die Angaben zu der Erfullung der Gutekriterien finden sich im Anhang G -1 (S. 365). Konflikie, Vertrauen und Verhundenheit als latente endogene Variablen Neben der Zufriedenheit stellen Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit zwischen Vertriebspartner und Hersteller Einstellungszustande dar, denen in der Forschung zu Beziehungen in Vertriebskanalen ausserordentlich grosse Bedeutung zugemessen wurde (s. Frazier 1983, S. 68; Mohr/Nevin 1990, S. 37; Geyskens et al. 1999, S. 225; Geyskens et al. 1998, S. 232). Aufgrund ihrer grossen inhaltlichen Nahe und der Betrachtung ihrer gemeinsamen Abhangigkeit von der Zufriedenheit wird in diesem Absatz die Konzeptualisierung, Operationalisierung und Messung ftir alle drei latenten, endogenen Einstellungsvariablen „Konflikt", „Vertrauen" und „Verbundenheit" vorgesteUt. Die Natur und die Bedeutung verschiedener Konfliktarten wurden bereits an anderer Stelle beschrieben und erlautert (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). Ftir die Messung des Konfliktniveaus wird auf die Arbeit von Mohr et al. (1996) zuriickgegriffen (s. Anhang G 3, S. 367). Mohr et al. (1996, S. 110) operationalisieren das Konfliktniveau mit vier Indikatorvariablen, von denen sie schliesslich drei zur Messung heranziehen (Mohr et al. 1996, S. 113). Diese spiegeln das Gesamtmass an Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien (Anderson/Narus 1990, S. 45) ebenso wider, wie die Haufigkeit und Intensitat, mit der Vertriebspartner und Hersteller iiber Beziehungsaspekte diskutieren (Brown/Day 1981, S. 264; Mohr et al. 1996, S. 110). Die Operationalisierung des Konfliktniveaus nach Mohr et al. (1996) schliesst damit sowohl Aspekte der Einstellung zum Hersteller als auch des wahrgenommenen Konfliktverhaltens zwischen Vertriebspartner und Hersteller ein. Das Vertrauen zum Hersteller entsteht langfristig durch die Erfahrungen, die ein Vertriebspartner in der Zusammenarbeit sammelt (Ganesan 1994, S. 5). Vertrauen wird haufig als der Grad beschrieben, in dem ein Vertriebspartner daran glaubt, dass der Hersteller aufiichtig und wohlwollend ist (Kumar et al. 1995, S. 58). D.h., dass der Hersteller seine Versprechen halten wird (Kumar et al. 1995, S. 58) und Interesse am Wohlergehen des Vertriebspartners besitzt (Kumar et al. 1995, S. 58). Vertrauen ist im Beziehungskontext von besonderer Bedeutung, da Vertriebspartner und Hersteller nach vorhersehbarem und verbindlichem Verhalten suchen, das ihnen einen hohen Grad an sicheren Erwartungen gibt (Crosby et al. 1990, S. 70). Ganesan (1994, S. 16)
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operationalisiert das Vertrauen in den Hersteller mit sieben Indikatorvariablen, die erfassen, in welchem Ausmass ein Hersteller kompetent, ehrlich und verlSsslich ist (Bruner II et al. 2001, S. 1611). In der vorliegenden Arbeit wurden nach dem Pretest (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.) die Indikatoren 1 und 3 wegen Verstandnisschwierigkeiten der Probanden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Ergebnisse der Konstruktmessung fmden sich im Anhang G - 2 (S. 366). Die Verbundenheit mit dem Hersteller, auch als „Commitment" bezeichnet, ist das Streben des Vertriebspartners, die Beziehung zum Hersteller in der Zukimft fortzufuhren und die Bereitschaft, auch kurzfristige Einbussen auf sich zu nehmen, um die Beziehung zu pflegen und zu erhalten (Anderson/Weitz 1992, S. 19). Jaworski/Kohli (1993, S. 60) betonen, dass sich Verbimdenheit haufig darin Sussert, dass Mitarbeiter weit uber ihre Pflichten und die an sie gestellten Erwartungen hinaus gehen, um das Wohlergehen des Herstellers sicherzustellen (Jaworski/Kohli 1993, S. 60). Im Gegensatz zum Vertrauen kntipft die Verbundenheit damit starker am beabsichtigten Verhalten des Vertriebspartners an, das unmittelbar aus dessen Einstellung zum Hersteller folgt. Als Grundlage der Konstruktmessung wurde die von GanesanAVeitz (1996) weiterentwickelte Operationalisienmg verwendet, die auf eine urspriinglich von Mowday et al. (1982) entwickelte Skala zuruckgeht. Eine besondere Eignung des Messmodells nach GanesanAVeitz (1996) ergibt sich aus der kombinierten Erfassung von Aspekten der Einstellung und resultierenden Verhaltensabsichten. Details zur Konstruktmessung und deren Gtite fmden sich im Anhang G - 4 (S. 367). Lokale Verkaufsleistung und Markterfolg als latente endogene Variablen Als effektivitatsbezogenes Ziel spiegelt die lokale Verkaufsleistung die Realisierung von mitarbeiterbezogenen Potenzialen wider. Die Verkaufsleistung der Mitarbeiter wird als wichtige Basis gesehen, um einen wirtschaftlichen Markterfolg der lokalen Verkaufsorganisation zu erzielen (Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 355; Babakus et al. 1996, S. 348; Cravens et al. 1993, S. 49). Babakus et al. (1996, S. 347) betonen, dass die Verkaufsleistung und der Markterfolg zwar in einer Beziehung stehen, jedoch unterschiedliche Konstrukte darstellen. Der wirtschaflliche Markterfolg eines Vertriebspartners wird neben der Verkaufsleistung der Mitarbeiter auch durch weitere organisations- und umweltbezogene Faktoren bestimmt (Babakus et al. 1996, S. 347). In der Literatur besteht nur wenig Einigkeit dariiber, ob Leistungs- und Erfolgsgrossen durch subjektive Beurteilungen von Vorgesetzten, Kunden, den Vertriebsmitarbeitem selbst, objektivem Datenmaterial oder eine Kombination dessen (Behrman/Perreault
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
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Jr. 1982, S. 356; Churchill Jr et al. 1985, S. 104) vorgenommen werden sollte. Inzwischen gibt es viele Argumente und empirische Ergebnisse, die fur die Angemessenheit einer Selbst-Einschatzung sprechen (s. Lusch/Brown 1996, S. 29; Sujan et al. 1994, S. 42; Oliver/Anderson 1994, S. 60; Behrman/Perreault Jr. 1982, S. 357), indem also Vertriebspartner selbst ihre Leistung und ihren Erfolg einschatzen. Diesem Vorgehen wurde in der vorliegenden Arbeit entsprochen. Die lokale Verkaufsleistung knupft am Verhalten der Verkaufsmitarbeiter an. Verkaufsmitarbeiter erbringen Leistungen fur das Untemehmen, indem sie z. B. neue Kunden und Marktanteile hinzugewinnen, ihre Ziele iibertreffen, langfristige Vertrage aushandeln und neue Produkte erfolgreich einfuhren (s. Babakus et al. 1996, S. 348). Die Verkaufsleistung wurde im vorliegenden Fall durch sieben Indikatorvariablen gemessen, die auf eine Operationalisierung von Sujan et al. (1994, S. 47) zuruckgeht, die sich wiederum auf eine Konzeptualisierung von Behrman/Perreault Jr. (1982) stiitzt. Der befragte Vertriebspartner schatzt dabei seine eigene Leistung relativ zur Verkaufsleistung anderer Vertriebspartner des Herstellers ein. Details zur verwendeten Skala und der Gtite der Messung fmden sich im Anhang G - 5 (S. 368). Der lokale Markterfolg wird teilweise in der Literatur auch als Effektivitat der lokalen Verkaufsorganisation bezeichnet (Cravens et al. 1993, S. 49; Babakus et al. 1996, S. 347 ff.). Damit steht der lokale Markterfolg flir die fmanzielle Zielerreichung der gesamten lokalen Verkaufsorganisation oder aber fur Teilbereiche, wie z. B. fiir Regionen oder Kundengruppen, bei unabhangigen Distributoren auch fiir den fmanziellen Erfolg mit den Produkten eines bestimmten Herstellers (Babakus et al. 1996, S. 347). Der Gesamtumsatz ist der am weitesten verbreitete Indikator zur Messung des wirtschafllichen Vertriebserfolges (Babakus et al. 1996, S. 347). Jedoch wurden in der Forschung teilweise auch Kosten, Deckungsbeitrage und Profitabilitatskennzahlen zur Beurteilung herangezogen (Cravens et al. 1993, S. 50). Die in dieser Arbeit verwendete Skala zur Messung des lokalen Markterfolges geht auf Cravens et al. (1993, S. 58) zuriick und beriicksichtigt sowohl umsatz- als auch profitabilitatsbezogene Grossen. Details zum verwendeten Messmodell und der Giite der Messung fmden sich wiederum im Anhang G - 6 (S. 369). Zusammenfassender tjberhlick: Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen Mit der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Messmodelle sowie der Formulierung von Hypothesen ist an dieser Stelle die Entwicklung des Untersuchungskonzeptes abgeschlossen. Die aus den theoretischen Uberlegungen abgeleiteten Hypo-
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thesen lassen sich abschliessend in einem gemeinsamen Hypothesensystem zusammenfassen (s. Abbildung 3-3). Das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Pfaddiagramm enthalt dabei nicht nur alle in Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) abgeleiteten Hypothesen, sondem ebenfalls die nach dem Vorgehen von Hombxirg (2000, S. 95 ff.) bereinigten Modelle der Konstruktmessung. i| [CONI
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65
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^ 67
iT Eg
iT Eg
= Beziehungspfad
(-•-)
= positiv vermuteter Zusammenhang
- Indikatorvariable
(-)
~ negativ vermuteter Zusammenhang
= Latente Variable
^1 "^4 ~ Messfehler der exogenen Indikatorvariablen
= Hypothesen zu Kausalbezlehungen zwischen latenten Variablen
Abbildung 3-3:
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Legende:
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H05 (-r""^^--..^^/'^CoSSi?-\J>^»[P^^H'Sii ^ ^ Verk ^"^ )^C_I 1 1
1
^1 '^le = Messfehler der endogenen Indikatorvariablen ^,^5 = Fehlertemne der latenten endogenen Variablen
Pfaddiagramm mit Hypothesen und Messmodellen
3.2.3 Ergebnisse der Parameterschatzung und Interpretation Ziel dieses Absatzes ist es, das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem einer empirischen Untersuchung zu unterziehen. Dazu wird auf die in Absatz 2.4.2.2 (S. 39) beschriebene Datengrundlage sowie die bereits erorterten Messmodelle zuruckgegriffen. Es sollen nun die vermuteten Beziehungen zwischen den latenten Konstrukten in Bezug auf ihre Richtung, ihre Starke und ihre Signifikanz untersucht werden. Daruber hinaus erlaubt die Kovarianzstrukturanalyse nicht nur die Giite einzelner Pfadschatzungen zu bestimmen, sondem daruber hinaus Gtitemasse fiir das Gesamtmodell einzusetzen.
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
69
Parameterschatzung und Beurteilung des speziflzierten Gesamtmodells Zur Parameterschatzung fur das in Abbildung 3-3 (S. 68) dargestellte Hypothesensystem wurde die Maximum-Likelihood-Methode (ML) eingesetzt, deren Anwendung eine multivariate Normalverteilung der Daten voraussetzt (Homburg/Baumgartner 1995b, S. 1102). Der Mardia-Test auf multivariate Normalverteilung ergab leichte Abweichungen. AUerdings liegen Schiefe und Kurtosis der Verteilung deutlich innerhalb der von West et al. (1995, S. 61) postulierten Grenzen von Schiefe < 2.0 und Kurtosis < 7.0. Auch wenn die ML-Methode als relativ robust gegentiber leichten Verletzungen der Verteilungsannahme gilt (Luthardt 2003, S. 147), ist im vorliegenden Fall deshalb mit einem leicht erh6hten x^-Wert zu rechnen (s. Buhner 2004, S. 232). Bevor eine ausfuhrliche Interpretation der Ergebnisse der Hypothesenpriifung erfolgt, wird zunachst die Gesamtstruktur des Modells beurteilt. Dazu kommen die gleichen Gtitekriterien zum Einsatz, wie sie bereits zur Beurteilung der Messmodelle verwendet wurden (s. Tabelle 3-2, S. 62). Die vorliegenden Ergebnisse fiir die ML-Schatzung zeigen eine sehr gute Anpassung der Modellstruktur an den Datensatz (s. Tabelle 3-2): Das Verhaltnis zwischen x^-Wert und Freiheitsgraden liegt mit einem Wert von 1.69 weit unter der geforderten Hochstgrenze von 3.0. Auch die Model-Fit-Indizes weisen auf eine hohe Eignung des Modells hin: Fiir den CFI und den RMSEA werden mit Werten von .94 und .05 die vorgegebenen Grenzwerte von mindestens .90 bzw. maximal .08 eingehalten. Auch der RMR und der GFI besitzen mit Werten von .05 und .90 die empfohlenen Toleranzhohen. Lediglich der AGFI verfehlt mit einer Hohe von .87 nur knapp das empfohlene Anspruchsniveau, was aber im Hinblick auf die ausgezeichnete ErfuUung der iibrigen Fit-Masse toleriert wird. Globale Giitekriterien Tatsachlicher Wert 272.51 (161) X^-Wert (Freiheitsgrade) 1.69 X^-Wert/df RMSEA .05 RMR .05 CFI .94 GFI (AGFI) .90 (.87) Tabelle 3-3: Ergebnisse zur Giite der gesamten Modellstruktur
Geforderter Wert <3.00 < .08 <.05 >.90 >.90
Interpretation der geschdtzten Zusammenhange Abbildung 3-4 (S. 70) zeigt die sich auf Basis der ML-Schatzung ergebenden standardisierten Pfadkoeffizienten fiir das Strukturmodell und damit die Ergebnisse der Priifimg der im Absatz 3.2.1 (S. 56 ff.) hergeleiteten Hypothesen. Auf Basis der Parameterschatzung konnten demnach die Hypothesen H04, H05 und Ho? nicht bestatigt wer-
Kapitel 3
70
den. Aus dem Pfaddiagramm geht weiterhin hervor, dass die direkten Zusammenhange - bis auf eine Ausnahme - das erwartete Vorzeichen aufweisen. Lediglich der Pfadkoeffizient fur die Wirkung des Vertrauens auf die Verkaufsleistung weist nicht das vermutete positive Vorzeichen auf.
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67
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Abbildung 3-4:
Spezifiziertes Modell mit Schatzwerten fUr ausgewShlte Parameter
Die vermuteten direkten Wirkungen der Zufriedenheit mit dem Hersteller auf das Vertrauen, das Konfliktniveau und auf die Verbundenheit mit dem Hersteller wurden deutlich bestatigt. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit der Zusammenarbeit tragt dazu bei, Konflikte zu vermeiden (H03). Ebenso begiinstigt die Zufriedenheit der Vertriebspartner den Glauben an das WohlwoUen und die Aufrichtigkeit des Herstellers, wodurch sich Vertrauen herausbilden kann (Hoi). Wie sich gezeigt hat, erhohen die Zufriedenheit mit dem Hersteller und das Vertrauen wiederum die Verbundenheit mit dem Hersteller (H02, Ho^). Dabei f^Ut der Effekt des Vertrauens starker aus als der Effekt der Zufriedenheit. Besinnt man sich des langfristigen Charakters, der fiir die Bildung von Vertrauen und Verbundenheit benStigt wird, so wird deutlich, dass eine Steigerung des Vertrauens ein h5heres Gewicht fiir das VerbundenheitsgefUhl erhalten muss als eine Erhohung der auch kurzfristig zustande kommenden Zufriedenheit. Zwischen dem Konfliktniveau und dem Vertrauen konnte kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden (H04). Ebenso ist der zwischen Konfliktniveau und der
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
71
lokalen Verkaufsleistung geschatzte Zusammenhang (H05) nicht signifikant, obwohl in beiden Fallen die Richtung der Wirkung den Vermutungen entspricht. Mogliche ErklSrungen ftir die fehlende Signifikanz der Beziehung zwischen Konfliktniveau imd Verkaufsleistung bietet ggf. die bereits fruher (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.) dargestellte Vermutung von Rosenbloom (1973, S. 29), dass der Zusammenhang zwischen Konfliktniveau und betrieblichen Erfolgsgrdssen nicht linear ist, sondem ftir unterschiedliche Bereiche der Definitionsmenge ebenso unterschiedliche Verlaufe annehmen kann. Auch werden verschiedene Arten von Konflikten, wie sie in der Literatur teilweise unterschieden werden, in der verwendeten Konzeptualisierung nach Mohr et al. (1996, S. 113) nicht berucksichtigt. Das Schatzergebnis ftir die Wirkungen von Vertrauen auf die lokale Verkaufsleistung erstaunt (H07), da es den Vermutungen, die auf Basis verschiedener Untersuchungen entwickelt wurden sowie einer Plausibilitatsbetrachtung auf den ersten Blick entgegensteht. Nach der hoch signifikanten Schatzung fiihrt das hohere Vertrauen zum Hersteller demnach nicht wie vermutet zu einer besseren, sondem zu einer geringeren Verkaufsleistung. Einen Erklarungsansatz ftir diesen negativen Zusammenhang geben Dahlstrom/Nygaard (1995, S. 352), die in ihrer Untersuchung auf ahnliche Ergebnisse stiessen. Sie ftihren Leistungsverluste auf Ressourcen zuriick, die ftir den Aufbau und die Festigung von Vertrauen benotigt werden (Dahlstrom/Nygaard 1995, S. 345). In Anlehnung an die vom Autor geftihrten Einzelinterviews soUte ein weiterer Erklarungsansatz angeftihrt werden (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Haufig namlich wird ein gewisses Misstrauen gegentiber dem Hersteller als begtinstigender Faktor ftir den Erfolg gesehen. Bei Gesprachen mit der Zentrale wurde immer wieder daruber berichtet, dass insbesondere erfolgreiche Vertriebspartner sich das Recht erkaufen, nicht alle Massnahmen zu tragen und nicht alle Kompromisse einzugehen. Sollte der Umkehrschluss gelten imd das Misstrauen gegentiber dem Hersteller sowie die daraus folgende freiheitlichere Bestimmung des Vorgehens in den Markten den Erfolg positiv beeinflussen, so ware dies ebenfalls eine Erklanmg ftir das negative Vorzeichen des geschatzten Zusammenhangs. Die Verbundenheit des Vertriebspartners hingegen ftihrt, wie in Hypothese Hog vermutet, zu einer hSheren Verkaufsleistung. Das bedeutet, dass die Verhaltensabsicht, sich ftir den Hersteller einzusetzen, auch zu tatsachlich geaussertem Verhalten ftihrt. Letztlich konnen damit das Konfliktniveau, das Vertrauen und die Verbundenheit mit dem Hersteller neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklaren. Der nicht erkiarte Anteil der Streuung kann auf Faktoren wie z. B. die Kompetenz der Vertriebspartner,
72
Kapitel 3
die Attraktivitat des Verkaufsgebiets, auf Umweltbedingungen oder andere personalbezogene Vertriebsfaktoren zurttckgefuhrt werden (s. Babakus et al. 1996, S. 347). Die Verkaufsleistung der Mitarbeiter wiedemm ist, wie die vorliegende Untersuchung zeigt, eine der wichtigsten Voraussetzungen fiir den lokalen Markterfolg (Hog). Durch die Uberpriifimg des Hypothesensystems konnten wichtige Beitrage zur Erklarung von Wirkungen der Zufriedenheit geleistet werden. Einschrankend muss zunachst noch einmal betont werden, dass es sich um ein Partialmodell handelt, in dem zum einen nur solche Aspekte in das ZufriedenheitsverstSndnis einbezogen wurden, die von der Operationalisiemng von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) abgedeckt werden. Weiterhin wurden nur wenige Einstellungs- und Verhaltensvariablen mit einbezogen, die allerdings zu einem grossen Teil durch die Zufriedenheit erklart werden kfinnen. Im Hinblick auf das Ergebnis, dass Konflikte, Vertrauen und Verbundenheit immerhin neun Prozent der lokalen Verkaufsleistung erklaren, sei schliesslich darauf hingewiesen, dass sich hierdurch Rtickschliisse auf die H6he der Investitionen Ziehen lassen, die in Bezug auf die Zufriedenheit und die anderen Einstellungszustande vorteilhaft sind.
3.3 Fallstudie LEICA: Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg Die Fallstudie Leica Microsystems (LMS) dient dazu, die Bedeutung der Zufriedenheit von Vertriebspartnem vertiefend zu analysieren. Der Einzelfall ermoglicht es hierbei, konkretere Einblicke und Hinweise zu geben, als es durch eine allgemeine Analyse mSglich ware. Es wird insbesondere diskutiert, welche Wirkungen die Zufriedenheit auf die Zeitverwendung und den Markterfolg intemationaler Distributoren besitzt. Unternehmensportrait: Die Leica Microsystems AG Die Leica Microsystems AG hat sich als intemationaler Hersteller von Mikroskopen und wissenschaftlichen Instrumenten aus den traditionsreichen Untemehmen Wild, Leitz, Reichert, Jung und Cambridge Instruments entwickelt. Leica Microsystems (LMS) ist ein weltweit fiihrender Entwickler und Hersteller von optischen High-TechPrazisionssystemen fiir die Analyse von Mikrostrukturen. In den Bereichen Mikroskopie, Bildanalyse imd konfokale Lasermikroskopie, Probenvorbereitung mikroskopischer Objekte, Medizintechnik sowie Systeme fiir die Halbleitertechnik gehort Leica Microsystems zu den Marktfuhrem.
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
73
Die Basis ftir den Erfolg von Leica Microsystems sieht Dr. Wolf-Otto Reuter, CEO des Untemehmens in der globalen Prasenz von Vertrieb und Service, in den Systemlosungen und innovativen Technologien, die das Untemehmen mit und fur seine Kunden entwickelt sowie in der Qualitat und dem Vertrauen, die international mit dem Markennamen Leica verbunden werden. Mit 10 Produktionsstatten in 7 Landem, Vertriebs- und Servicegesellschaften in 19 Landem und einem intemationalen Netzwerk von Distributoren ist das Untemehmen in mehr als 100 Landem tatig und erwirtschaftet im Jahr 2003 mit rund 3'600 BescMftigten einen Umsatz von 540 Mio. Euro, von denen heute ca. 10 Prozent durch den Vertriebskanal „Direct Sales" erzielt werden. Sitz des intemationalen Managements ist Wetzlar in Deutschland. Untersuchung von Zufriedenheit, Zeitverwendung und Markterfolg Ausgangspunkt fiir die vorliegende Untersuchung war die Uberlegung, dass sich Unzufriedenheit und aufkommendes Misstrauen sowie einhergehende Konflikte auf das Verhalten der intemationalen Distributoren auswirken. Danach ist zu vermuten, dass sich die Zeitverwendung zwischen zufriedenen und imzufriedenen Vertriebsmitarbeitem unterscheidet. Unzufriedene Vertriebspartner weisen bspw. darauf hin, dass sie durch inteme Formalitaten viel Zeit verlieren, die sie stattdessen lieber extem beim Kunden verwenden wiirden. Dies wird von Seiten der Zentrale bei Leica bestritten, da sich inteme Anforderungen, die von Leica gestellt werden, in den MSrkten nicht wesentlich unterscheiden. Im Juli 2004 wurde weltweit an 150 unabhangige Distributoren des Untemehmens, das die dazu erforderlichen Kontaktinformationen bereitgestellt hatte, ein vierseitiger Fragebogen versendet, der zu einem zufrieden stellenden Rucklauf von 54 brauchbaren Fragebogen (effektive Riicklaufquote von 36 Prozent) fuhrte. Zur Messung der Zufriedenheit wurde emeut auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Skala zuruckgegriffen, die anschliessend durch Mittelwertbildung zu einer Gesamtvariablen zusammengefasst wurde. Um die Gmppen der zufriedenen und imzufriedenen Distributoren vergleichen zu konnen, musste die als quasi-metrisch betrachtete Zufriedenheitsvariable auf ein niedrigeres Skalenniveau transformiert werden. Dazu wurde ein in der Literatur ublicher „Mediansplit" angewendet, um die Stichprobe nach der Zufriedenheit in zwei moglichst gleich grosse Gmppen zu unterteilen (s. Jaworski/Maclnnis 1989, S. 414 f.). Der Median liegt im vorliegenden Fall bei 4.71 von sieben Punktschritten, es ergeben sich zwei Gmppen mit jeweils 27 Fallen. An dieser Stelle sei noch einmal auf den Uberblick zu den sonstigen Informati-
Kapitel 3
74
onsquellen in Absatz 2.4.2.3 (S. 46 ff.) und Tabelle 2-6 (S. 47) verwiesen, die beim Erstellen der Fallstudie verwendet wurden. Interne AbsHmmung als Basis fur die Effektivit&t beim Kunden Die Gegentiberstellung der relativen Zeitverwendung zufriedener und unzufriedener Vertriebspartner erfolgt im vorliegenden Fall auf Basis der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede sowohl in der Hohe als auch in der Verwendimg der wdchentlichen Arbeitszeit (s. Abbildung 3-5, S. 74): Unzufriedem Distrtbutoran
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Zufriedene Distributoren
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Kundenzeit—i
*Auf Basis der durchschnittlichen W o c h e n w t M i t s z e i t
Abbildung 3-5:
Zeitverwendung und Zufiiedenheit von Distributoren der Leica Microsystems (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Zufriedene Distributoren arbeiten durchschnittlich 56.47 Stunden pro Woche und damit 12.86 Stunden mehr als ihre unzufriedenen KoUegen. Inwieweit sich die Mehrarbeitszeit kausal auf die Zufiiedenheit zurtickfUhren lasst, ist an dieser Stelle jedoch kaum zu beantworten. Bei ahnlichen Untersuchungen, wie sie z. B. von Mercer Management Consulting durchgefUhrt wurden (s. MMC 2003b, S. 5 f ) , wird der Zeit, die ein Vertriebspartner im unmittelbaren pers5nlichen oder telefonischen Kundenkontakt verbringt, eine besonders hohe Bedeutung beigemessen. Dies wird mit der Annahme begrundet, dass diese ,JCundenzeit" direkt die Verkaufszahlen und dadurch den Umsatz erhoht (MMC 2003b, S. 5). Im Fall Leica verwenden zufiiedene und unzufiiedene Vertriebspartner absolut gesehen etwa gleich viel ihrer Zeit auf den telefonischen und persdnlichen Kontakt zum
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
75
Kunden (s. Abbildung 3-5; „Kundenzeit"). Trotzdem erreichen zufriedene Distributoren eine hohere Effektivitat (gemessen nach Cravens et al. 1993, S. 58; s. Anhang G 6, S. 369) und realisieren ein wesentlich grOsseres Umsatzvolumen (s. Tabelle 3-4, S. 75) mit den Produkten der Leica Microsystems. Der unterschiedliche Verkaufserfolg kann also nicht durch die Hohe der fur den Kunden verwendeten Zeit erklart werden. Es bleiben zwei Ansatze, um zu erklaren, weshalb unzufriedene und zufriedene Distributoren unterschiedlich erfolgreich sind: erstens kann sich die Qualitat der mit dem Kunden verbrachten Zeit unterscheiden. So konnten hohere Verkaufe z. B. auf kompetentere Kundengesprache oder forderliches Verhalten im Kundenkontakt zuriickzufuhren sein. Zweitens konnen etwaige Unterschiede in der Verwendung der Zeit, die nicht im Kundenkontakt, sondem in dessen Vor- und Nachbereitung verbracht wird, eine Rolle spielen, weshalb sie naher betrachtet werden miissen. Diese zweitgenannte „Nicht-Kundenzeit" stellt ggf. eine kausale Grundlage fur die erstgenannte Qualitat der „Kundenzeit" dar.
Jahresumsatz 2003 (in I'OOO EUR) Effektivitat des Verkaufs (nach Cravens et al. 1993, S. 58)
Unzufriedene Distributoren
Zufriedene Distributoren
111.60
291.11
3.20
6.94
Dauer der Zusammenarbeit mit LMS (in Jahren)
4.14
14.24
Anzahl der Tage pro Jahr fUr Besuche beim Hersteller
10.03
23.24
Anzahl der Tage pro Jahr fUr Meetings mit anderen (extemen) Vertriebsmitarbeitem
7.87
19.91
Anzahl der Tage pro Jahr fur Schulung und Weiterbildung
7.07
12.35
Anzahl an Mitarbeitem im Vertriebsinnendienst (gesamt pro Distributor)
2.13
3.29
Tabelle 3-4:
Quantilsvergleich fur unzufi-iedene und zufriedene Distributoren der Leica Microsystems (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Die nicht mit dem Kunden verbrachte Zeit erklart 12.54 Stunden der Mehrarbeitszeit zufriedener Distributoren, die im Gegensatz zu ihren unzufriedenen KoUegen 37.83 Stunden ftir interne Tatigkeiten und Reisezeiten verbringen (s. Tabelle 3-4, S. 75). Fiir eine sorgfaltige kunden- und marktbezogene Planung setzen zufriedene Distributoren im Vergleich zu ihren unzufriedenen KoUegen etwa zwei Stunden mehr ihrer wochentlichen Arbeitszeit ein. Erhebliche Unterschiede zeigen sich insbesondere bei der internen Koordination mit anderen Abteilungen und der Zentrale sowie bei der administrativen Abstimmung, z. B. bei derfinanziellenund logistischen Abwicklung in Zusam-
76
Kapitel 3
menarbeit mit dem Hersteller Leica. So wenden zufriedene Distributoren 8.47 Stunden fur die Koordination mit dem Hersteller auf, wShrend es bei imzufriedenen Distributoren nur 4.36 Stunden sind. Das heisst, zufriedene Distributoren verbringen wochentlich mehr Zeit im Kontakt mit dem Hersteller, indem sie sich mit diesem oder auch mit anderen intemen Abteilungen abstimmen. Die engere Zusanmienarbeit der zufiiedenen Distributoren mit dem Hersteller macht sich auch in der Dauer der Zusammenarbeit bemerkbar: Diese arbeiten durchschnittlich 14.24 Jahre mit dem Hersteller zusanmien, wShrend unzufriedene Distributoren eine mit 4.14 Jahren wesentlich jiingere Beziehung aufweisen. Durch die langjahrige Erfahrung mit dem Hersteller k6nnen sich bei den zufriedenen Vertriebspartnem realistische Erwartungen herausbilden iiber das, was der Hersteller leisten kann, will und wird. Hierdurch wird der Unzufriedenheit vorgebeugt. Die lange Beziehungsdauer zu Leica kann als Resultat von Vertrauen und Verbundenheit betrachtet werden, das erst durch den Glauben in die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des Untemehmens und die Bereitschaft, kurzfristig auch Opfer auf sich zu nehmen, ermoglicht wird. Martin Vogler, Vice President Sales betont, dass „allein die Einarbeitung fur unsere Art von Produkten, die sehr komplex sind und nur wenige StandardlSsungen beinhalten, acht bis zwolf Monate dauert. Auch das Wissen um die Applikation bei den Kunden nimmt einen immer hSheren Stellenwert ein. So ben5tigen Distributoren eine sehr lange Unterstutzung imd „Aufsicht", die auch lange nach dem ersten Jahr noch angeboten wird." Wahrscheinlich ist die lange Beziehungsdauer aber auch Ursache von Vertrauen und Verbundenheit, die sich erst langfiistig herausbilden und festigen konnen. Vertrauen und Verbundenheit ihrerseits kdnnen, wie bereits weiter oben in Absatz 3.2.1 (S. 56) festgestellt wurde, als Basis fiir die Verkaufsleistung der Vertriebsmitarbeiter gesehen werden. Durch das beschriebene Kausalgeflecht wird, wie es scheint, der Markterfolg der zufriedenen Distributoren begiinstigt. Fur die bedeutende RoUe der starken intemen Verzahnung mit dem Hersteller spricht auch die mit grossem Abstand hohere Anzahl von Tagen (pro Jahr), die zufriedene Distributoren aufwenden, um Besuche beim Hersteller vorzunehmen oder andere Distributoren z. B. auf regionalen Sales-Meetings zu treffen (s. Tabelle 3-4). Vielleicht bewegt Leica die zufriedeneren Distributoren deshalb dazu, starker in ihr Know-How zu investieren, denn sie nutzen mehr Arbeitstage pro Jahr zur eigenen Schulung und Weiterbildung, was ihrem Erfolg ebenfalls forderlich ist. Um das Zustandekommen der Unterschiede zwischen zufriedenen und unzufriedenen Distributoren weiter zu untersuchen, wurden weitere Variablen analysiert. Etwas er-
Bedeutung der Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner
77
staunlich ist das Ergebnis, dass zufriedene Distributoren personlich starker in die „Nicht-Kundenzeit" investieren, obgleich sie durchschnittlich iiber mehr Ressourcen im Iimendienst verfiigen als unzufnedene Distributoren. Es konnten keine nennenswerten Unterschiede in der Landerzugehorigkeit, der Verantwortlichkeit in Bezug auf Produktgruppen oder der GrSsse des zustandigen Vertriebsteams ermittelt werden. Zufriedenheit als Ursache und Konsequenz enger Zusammenarheit Es lasst sich festhalten, dass der Vorbereitungszeit und der intemen Abstimmung scheinbar eine nicht zu unterschatzende Rolle fur die Effektivitat beim Verkaufsgesprach zukommt. Eine solide Planung und die Koordination schaffen die Grundlage ftir erfolgreiche Verkaufsgesprache bei Leica Distributoren. Ebenso scheint die Dauer der Beziehung durch Zufriedenheit begiinstigt, die ihrerseits wiederum Vorteile schafft, die zu hoherem Verkaufserfolg fiihren. Aus Sicht des Herstellers Leica scheint es daher vorteilhaft Massnahmen zu ergreifen, um die Zufriedenheit zu fordem. Im Rahmen der Befragung vom Juli 2004 wurden gleichzeitig Verbesserungsvorschlage der Distributoren erfasst, die auf einem mehrtSgigen intemationalen Distributorenmeeting im September 2004 gemeinschaftlich diskutiert und in Kleingruppen bearbeitet wurden (Befragung Leica II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Erste Ansatze zur Verbesserung der Zusammenarheit bieten die Ergebnisse, die in den Kleingruppen von Distributoren und Herstellem gemeinsam erarbeitet wurden. Martin Vogler betont: „Insgesamt lege ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitem grSssten Wert auf die Pflege einer guten Beziehung zu unseren Vertriebspartnem. Verkaufen ist ein ,Beziehungsdelikt'. Um dieses erfolgreich zu begehen, mtissen auch Vertriebspartner Beziehungen aufbauen, sowohl zum Kunden als auch zu anderen Mitgliedem der Vertriebsorganisation."
Die lokale Situation der Vertriebspartner
79
4 Die lokale Situation und ihre Einschatzung durch Hersteller und Vertriebspartner 4.1 Die lokale Situation und ihre Kontextfaktoren 4.1.1 Umwelt und Vertriebssystem als exteme und interne Komponenten Jede Beurteilung, die Vertriebspartner in Bezug auf die Vorteilhaftigkeit der Zusammenarbeit mit dem Hersteller vomehmen, erfolgt vor dem Hintergrund der von ihnen wahrgenommenen lokalen Bedingungen. Es wird unterstellt, dass der situative Kontext die Wirkungen der VertriebsgestaltuQg auf Einstellungs-, Verhaltens- und Erfolgsvariablen moderiert (Ozsomer/Prussia 2000, S. 27; Jaworski 1988, S. 25). Identische Aktivitaten des Herstellers konnen danach in einer bestimmten lokalen Situation fur den Erfolg des Vertriebspartners als dienlich beurteilt werden, wahrend sie in einer anderen Situation, so z. B. in einem anderen Landermarkt als unbrauchbar oder sogar hinderlich wahrgenommen werden (s. Kieser/Walgenbach 2003, S. 215). Gelingt es dem Herstelleruntemehmen, die Erfordemisse der lokalen Situation zu berucksichtigen, tragt er zur Zufriedenheit der Vertriebspartner und damit der Verkaufsleistung und dem Markterfolg bei. Die lokale Situation von Vertriebspartnem wird durch verschiedene Kontextfaktoren bestimmt. In Abhangigkeit der Zugehorigkeit zum Vertriebssystem (s. Absatz 2.3.1, S. 20) kann zwischen einer systemintemen und einer systemextemen Komponente der Situation unterschieden werden (s. Tomczak 1989, S. 11; Staehle 1977, S. 112f.; Kieser 1999a, S. 175; Belz 1993, S. 6 f). Die systeminteme Komponente der Situation betrifft samtliche Kontextfaktoren die dem Vertriebssystem angehoren imd im Einflussbereich von Mitgliedem des Vertriebssystems liegen (s. Jaworski 1988, S. 26). Die systemexteme Komponente hingegen umfasst solche Kontextfaktoren, die nicht Elemente des Vertriebssystems sind (s. Abbildung 4-1). Lehnt man sich an bestehende Konzeptualisierungen nach Jaworski (1988, S. 25) und Ruekert et al. (1985, S. 17) an, so gehoren zur systemintemen Komponente der lokalen Situation die Personen, die mit dem Management des lokalen Vertriebs betraut sind, die lokale Vertriebsorganisation sowie die Organisation des Herstelleruntemehmens, die einen Rahmen fur das lokale Vorgehen darstellt. Zur systemextemen Komponente gehCren das allgemeine lokale Umfeld sowie die spezifische Markt- und Kundensituation (s. KieserAValgenbach 2003, S. 217; Jaworski 1988, S. 25; RuekertAValker Jr. 1987, S. 3).
Kapitel 4
80
1
Manager des lokalen Vertriebs
„lnteme Komponente" Kontextfaktoren des Vertriebssystems
\ Organisation des Herstelleruntemehmens
Lolule
k / Situation des \ A Wlb I Vertriebs- 1 Wtk \ pwtners y
.. . . ^ Spezifische Marfct-und Kundensituation
1
J
Vertriebs- 1 organisation 1
fl V
* L w Allgemeines loltales Umfeld
\ Abbildung 4-1:
..Exteme Komponente" Kontextfaktoren der Umwelt
Interne und exteme Komponenten der lokalen Situation
Auf Basis der durchgefiihrten Interviews im Rahmen dieser Arbeit (s. „Explorative Interviews" in Tabelle 2-3, S. 37) konnten eine Reihe von Variablen identifiziert werden. Diese wurden auf der Gnindlage der bestehender Konzeptualisierungen (s. Ozsomer/Prussia 2000, S. 30; Gencturk/Aulakh 1995, S. 760; Jaworski 1988, S. 25; Ruekert et al. 1985, S. 17; RuekertAValker Jr. 1987, S. 3; Achrol et al. 1983, S. 30) sowie aufgnmd von Plausibilitatsiiberlegungen (s. Kieser 1999a, S. 175) den funf oben genannten Kontextfaktoren zugeordnet. Tabelle 4-1 zeigt diese Variablen, welche die interne und exteme Komponente der Situation von Vertriebspartnem weiter konkretisieren. Kontextfaktor Manager des lokalen Vertriebs
Lokale Vertriebsorganisation
Organisation des Herstellenintemehmens
Spezifische Markt- und Kundensituation
• • • • • • • • • • • • • • • • •
Variablen Fahigkeiten, Verbundenheit und Engagement, Erfahrung, PersOnlichkeit. Markterfolg, Ressourcen, Dauer der Zusammenarbeit, Rechtliche Zugehdrigkeit, Marktphase, Marktverantwortung. Branche, UntemehmensgrOsse, Ressourcenausstattung, Internationale Erfahrung, Untemehmenskultur. Wettbewerbssituation, Kundenstruktur und -bedtirfnisse.
Die lokale Situation der Vertriebspartner
81
AUgemeines lokales Umfeld
Tabelle 4-1:
• Politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische Bedingungen, • Zeitverschiebung, • Geografische Distanz. Kontextfaktoren und Variablen der lokalen Situation
Zahl und Benennung der Kontextfaktoren bleiben zwar langfiistig konstant, die Auspragung der Variablen aber, deren relatives Gewicht und Konstellation sind nach Staehle (1977, S. 114) im Zeitablauf variabel. Aus Sicht der Zentrale bedeutet dies, dass regelmassige Situationsanalysen erforderlich sind, um die Handlungskonzepte den Veranderungen der lokalen Situationen anzupassen. Die Variablen der Tabelle 4-1 stammen aus Einzelinterviews und Literaturhinweisen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Variablen konnen je nach Untemehmen und Schwerpunkt erganzt Oder weiter aufgesplittet werden. Auch die Zuordnung der Variablen zu den Kontextfaktoren sollte sich am jeweiligen Untersuchungszweck ausrichten und wurde im vorliegenden Fall nach eigenen Plausibilitatsiiberlegungen vorgenommen (s. Kieser 1999a, S. 175). Alle ftinf Kontextfaktoren sind gleichzeitig Forderung und Ansatzpunkt far die Entscheidungen und Massnahmen der Zentrale. Das Top-Management von Tochtergesellschaften fordert, dass sich die Zentrale zunachst mit der lokalen Situation vertraut macht, um „gute" Entscheidungen treffen zu k6nnen (Kim/Mauborgne 1993, S. 11), mit denen sie die lokale Professionalitat erhoht. Nach Belz (1994, S. 24) bereitet der Zentrale jedoch bereits allein die Erfassung der lokalen Situation haufig Schwierigkeiten. Dies betont die Notwendigkeit, Aktivitaten und Instrumente zu entwickeln, die einen besseren Informationsstand in den zentralen Stellen ermoglichen. Erst damit wird es moglich, ixber die situative Eignung von Entscheidungen und die Vorteilhaftigkeit deren potenzieller Anpassung zu urteilen.
4.1.2 Systemexteme Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.2.1
Fremdheitsgrad und Dynamik des allgemeinen Umfelds
Das allgemeine lokale Umfeld beschreibt die sozialen, politischen, regulativen, okonomischen und technologischen Bedingungen der Vertriebspartner (Jaworski 1988, S. 25; s. auch Belz/Reinhold 1999a, S. 55 ff). Der Fremdheitsgrad dieses Umfelds - im Vergleich zum Umfeld des Stammhauses - scheint hierbei von besonderer Bedeutung. Es besteht die Gefahr, dass Probleme und Losungen der Fiihrung, die im Land der Zentrale erfolgreich sind, ins Gastland tibertragen werden imd dort versagen. (Diilfer 1992, S. 170 ff) Der Entscheidungstrager in der Zentrale hat ein Informationsdefizit,
82
Kapitel 4
d. h. er kann die inhaltlichen Konsequenzen von Umfeldeinflussen nicht erkennen, da er die entsprechenden Umfeld-Elemente nicht zutreffend zu interpretieren weiss, bzw. „nicht versteht" (Dulfer 1992, S. 172, 191 f.). Die im Rahmen dieser Untersuchung gefuhrten Interviews untermauem den Hinweis von Diilfer (1992, S. 194), dass es sich aus Sicht der Hersteller um Umstande handelt, „auf die niemand gekommen wSre" (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Nach Sheth (2001, S. 6 ff.) gleichen sich die Umfeldfaktoren zumindest auf regionaler Ebene immer weiter an, so dass sie immer weniger Differenzienmg im Marketing verlangen. Vertriebsleiter berichten dariiber, dass sich insbesondere durch die EUbedingten Harmonierungsbestrebungen die technischen, kommerziellen und rechtlichen Anfordenmgen der MSrkte immer mehr angleichen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Ebenfalls tragen das einheitliche WShmngssystem sowie die erhohte Mitarbeitermobilitat in der EU dazu bei, dass landerspezifische Unterschiede an Bedeutung verlieren. Zwischen den Vertriebsregionen wie z. B. zwischen West- und Osteuropa, USA und Asien spielen die allgemeinen Umfeldbedingungen, die durch Wahrungsunterschiede, die politische Stabilitat, die Inflationsrate, das Bildungsniveau der Bevolkerung, oder die verfUgbare Infrastruktur beeinflusst werden, nach wie vor eine bedeutende Rolle (Belz/Reinhold 1999a, S. 55). Eine mangelhafte Infrastruktur fuhrt insbesondere in Entwicklimgslandem zu einer unzureichenden Verfugbarkeit in den Bereichen Transport, Kommimikation sowie der physischen, fmanziellen und Human-Ressourcen (s. Achrol et al. 1983, S. 57 f.). Die unzureichende Verfugbarkeit der Infrastruktur erfordert deshalb zumindest auf regionaler Ebene eine Anpassxmg des Steuerungsinstrumentariums fur Vertriebspartner imd der auf exteme Kunden gerichteten Marketing-Instrumente (Sheth 2001, S. 5). Nach Aussage von Mitarbeitem intemationaler Vertriebsgesellschaften wird die Haufigkeit und das Ausmass von Problemen, die auf die Unkenntnis der fremden Umfeldbedingungen zurCickzufUhren sind, in den StammhSusem weder ausreichend und zutreffend wahrgenommen noch gentigend berucksichtigt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). AUerdings muss andererseits auch betont werden, dass gerade die Anstrengungen, die in intemationalen Konzemen durch die Einrichtung von regionalen Headquarters untemonmien werden, dazu beitragen, die Unterschiede zwischen den Regionen zu beriicksichtigen. Haufig wird das Umfeld stark reduziert durch die Eigenschaften „Unsicherheit", „Dynamik" und „Komplexitat" beschrieben (s. Ruekert et al. 1985, S. 17 ff; Jaworski 1988, S. 28; Godet 1998, S. 322). Diese Eigenschaften geben den Grad der Instabilitat
Die lokale Situation der Vertriebspartner
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und der Unvorhersehbarkeit des allgemeinen Umfelds an (Jaworski 1988, S. 16). Je unsicherer das lokale Umfeld ist desto mehr Anpassungsfahigkeit und Flexibilitat benotigen die lokalen Vertriebspartner (Jaworski 1988, S. 28 f). Entscheidungen soUten starker dezentral getroffen werden (Ozsomer/Prussia 2000, S. 33), da das Management in der Zentrale in unsicheren, dynamischen Situationen nicht die notwendigen Kenntnisse besitzt, um im lokalen Markt zu operieren. Weiterhin muss die Zentrale auf Veranderungen der lokalen Bedingungen reagieren, indem sie das Ausmass ihrer Unterstiitzung verandert, wie z. B. bei der Deregulierung von Markten und dem dadurch entstehenden neuen lokalen Wettbewerbsdruck (Godet 1998, S. 322). Neben der Unsicherheit und Dynamik unterscheidet sich die Situation der Vertriebspartner durch die kulturellen Unterschiede zum Stammhaus. An dieser Stelle liessen sich viele exotische Unterschiede zwischen Landeskulturen nennen. Diilfer (1992, S. 108) definiert kulturelle Unterschiede zwischen Landem und Regionen als Unterschiede in der Form von „Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte, Brauch und alle(n) anderen Fahigkeiten und Gewohnheiten, die der Mensch als Mitglied einer Gesellschaft erworben hat". Kulturelle Unterschiede werden in der Literatur jedoch haufig eher in Form von Anekdoten zitiert, als wissenschaftlich untersucht (Sheth 2001, S. 5; anders: s. Hall 1960; Hofstede 1983; Hofstede 1998; Kluckhohn/Strodtbeck 1961). Fallbeispiel 4-1 ist eine von zahlreichen dieser Anekdoten, die dem Autor bei der Durchfuhrung der Interviews geschildert wurden. Europ&ische Reportinganforderungen und GeschSftspraktiken in China Corns Bausysteme GmbH, Koblenz, Deutschland Im weltweiten Reporting der Corns Bausysteme GmbH werden neben fmanziellen Kennzahlen auch andere Grossen, wie z. B. solche aus dem Personalwesen monatlich erfasst. Eine wichtige GrOsse ist dabei die Mitarbeiterzahl eines Untemehmensbereichs. In China kam es zu lokalen Schwierigkeiten beim Ausfiillen der elektronischen Formulare, die eine Angabe dieser monatlichen Mitarbeiterzahl vorsahen. Aus Sicht der in Europa ansassigen Zentrale konnte lange Zeit nicht nachvoUzogen werden, weshalb die chinesische Tochter nur unregelmassig und teilweise nur schwer nachvoUziehbare Angaben beztiglich der Mitarbeiteranzahl meldete. Erst nach einiger Zeit konnte festgestellt werden, dass die lokal iiblichen Geschaftspraktiken der Angabe einer monatlichen Mitarbeiterzahl entgegenstanden: In China ist es ublich, so auch bei Corns, dass bei Spitzenauslastungen noch morgens am Werkstor geeignete Mitarbeiter fur einen Tag rekrutiert werden. Zum grossen Teil werden diese auch nicht namentlich erfasst, sondem bar ausgezahlt. „Die stehen morgens vor dem Werkstor und da nimmt man so viel Mann, wie man braucht", so ein Mitarbeiter des Untemehmens. Dies war bei der Entwicklung der Eingabemaske, die nach europaischen Geschaftspraktiken entworfen war, nicht berucksichtigt worden. Fallbeispiel 4-1: Reporting und chinesische Geschaftspraktiken bei der Corns Bausysteme GmbH (EinzeUnterview Pritzkow 2002, s. Anhang A, S. 348)
Nach Belz (1994, S. 24) sind kulturelle Unterschiede in grundsatzlichen Rahmenbedingungen zwar wichtig, die konkrete Markt- und Untemehmensanalyse sei aber ent-
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Kapitel 4
scheidender (Belz 1994, S. 24). Unterschiede in den Markten sind durch Unterschiede in der Marktbearbeitung zu beriicksichtigen. Aus dem Fremdheitsgrad gegeniiber dem Stammhaus ergeben sich allerdings auch Unterschiede ftir die interne Zusammenarbeit, die bei der Untersttitzung und der Koordination durch die Zentrale beriicksichtigt werden soUten. Aus gesellschaftlich-kulturellen Bedingungen des Landes resultieren z. B. unterschiedliche Arbeitszeiten-, Werktags- und Feiertagsregelungen zwischen dem Stamm- und Gastland, aus denen Probleme in der telefonischen Kommunikation entstehen konnen. Es gibt u.U. nur wenige gemeinsame Werktage, wenn z. B. die Ruhetagsregelungen, wie in arabischen Landem, in denen der Freitag ein Ruhetag ist, wohingegen der Samstag und der Sonntag zur Woche gehoren, von denen des Stammlandes abweichen. Ausserdem sind unterschiedUche Feiertage in Zentrale und Niederlassungen haufig nicht bekannt, zumal sie in verschiedenen Gebieten eines Landes von der Religionszugehorigkeit bestimmt werden. Die Zeitverschiebung erschwert die Kommunikation ebenfalls, da bei kurzfristigen und wichtigen Entscheidungen eine telefonische Erreichbarkeit in der Zentrale u.U. nicht immer gegeben ist. Bei einer Zeitverschiebung von neun Stunden wird die telefonische Erreichbarkeit des Schweizer Herstelleruntemehmens fiir einen Vertriebspartner in Kalifomien zum Problem, da nur wenig gemeinsame Arbeitszeit besteht. Um geniigend Erreichbarkeit zu garantieren, mtissen Hersteller deshalb haufig nicht unwesentliche Ressourcen aufwenden, oder delegieren weitere Entscheidungskompetenzen an Vertriebspartner. Letztlich gehen kulturelle Unterschiede und Unterschiede in der Zeitzone meist einher mit der geografischen Distanz zum Herstelleruntemehmen. Mit zunehmender geografischer Distanz entzieht sich der Vertriebspartner dem physischen Einflussbereich des Herstelleruntemehmens (z. B. seltenere Besuche, weniger Kontrollmoglichkeiten, teure und zeitaufwendige Fluge). Ftir unterschriftspflichtige Dokumente wird viel Zeit benotigt. Eine kurzfristige Anderung im Rahmenvertrag mit einem Kunden, der in der Zentrale zur Unterschrift vorgelegt werden muss, verzogert die Zusammenarbeit mit dem Kunden ggf. erheblich. So benotigt ein per Einschreiben versandtes Dokument von Singapur nach Berlin ca. zehn Tage und nach Angaben der Deutsche Post AG fur den Riickweg (per Einschreiben) nach Singapur im Durchschnitt sechs bis acht Tage. Rechnet man flir die Bearbeitung des Dokumentes nur ein bis zwei Tage, so dauert allein der Transfer knapp drei Wochen. Auch in diesem Fall konnen Losungen wie Vorabbescheide per Fax und E-Mail hilfreiche Untersttitzung bieten, die aber in der Zentrale nicht immer akzeptiert werden.
Die lokale Situation der Vertriebspartner
4.1.2.2
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Anfordenmgen von Kunden und Wettbewerb
Das operative oder „Aufgaben"-Umfeld umfasst alle fur die lokale AufgabenerfuUung relevanten Parteien wie Kunden, Wettbewerber und lokale Lieferanten (Jaworski 1988, S. 25). Letztere spielen fUr die ErfuUung lokaler Vertriebsaufgaben eine eher untergeordnete Rolle und werden deshalb nicht weiter einbezogen. Aufgrund ihrer Bedeutung werden an dieser Stelle die folgenden Variablen der Kunden- und Wettbewerbssituation vertiefend erlautert: • Wettbewerbsintensitat und -position, • Art und Veranderung von Kundenwiinschen, • Struktur aus globalen und lokalen Kunden. Die Wettbewerbsintensitat definiert Jaworski als „degree of rivaltry among firms producing products that are close substitutes" (Jaworski 1988, S. 29). Die Wettbewerbsintensitat kann verschiedene Aspekte der Rivalitat betreffen, bspw. uber Produkte und Leistungen, Preise oder die Kommunikation. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Untemehmensfuhrung bei hoher Wettbewerbsintensitat dazu neigt, einen Fokus auf „Management by Objectives" zu legen und nicht etwa auf Prozessvorgaben, die in einem dynamischen Wettbewerb schwieriger zu iiberwachen sind (Jaworski 1988, S. 26; Ruekert et al. 1985, S. 18). Das Kundenverhalten, ihre Bediirfiiisse und lokale Anfordenmgen an die Produktgestaltung konnen sich massgeblich vom Stammland unterscheiden. Besonders in der Verhandlungsfuhrung spielen auch Mentalitatsunterschiede eine Rolle (Belz 1994, S. 24), was bspw. die Hilti AG nach einigen Schwierigkeiten dazu bewogen hat, in Asien den Niederlassungsleiter aus dem Gastland statt aus eigenen Reihen zu rekrutieren (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). An dieser Stelle zeigen sich auch die Beziehungen zwischen den Kontextfaktoren. So stellen die kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen des Gastlandes nicht nur fiir den Anbieter, sondem auch fur den Kunden und den Wettbewerb eine wichtige Rahmenbedingung dar. Das Headquarters hat im Vertrieb bei fast alien Instrumenten die Moglichkeit, zwischen international standardisierten und damit kosteneffizienten Losungen einerseits und lokal angepassten effektiven LCsungen andererseits zu wahlen. Wenn lokale Bedtirfhisse sich stark vom Heimatmarkt unterscheiden und sich der Zielmarkt stark verandert, ist es ftir Manager im Stammhaus schwierig, die notwendigen Kenntnisse zu haben, um im lokalen Markt angemessen zu reagieren (Ozsomer/Prussia 2000, S. 33; Gamier 1982, S. 894). Ozsomer/Prussia (2000, S. 33) konnten empirisch belegen, dass
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Kapitel 4
deshalb in Markten mit hohen Anforderungen an die lokale Kenntnis von Kunden und Wettbewerb, die lokal getroffenen Marketingentscheidungen tendenziell zu einer hoheren lokalen Performance fUhren als zentrale Entscheidungen. Sheth (2001, S. 7 ff.) relativiert allerdings die zuktinftige Bedeutung von lokalen Kundenbedtirfiiissen aus zwei Griinden: Erstens geht er von einer Entwicklung von „intemational differences" bin zu „transnational similarities" aus, in der sich die Bedtirfiiisse durch verschiedene Entwicklungen global immer Shnlicher werden. Zweitens betont er die zunehmende Bedeutung von „Global Accounts", die fUr Anbieteruntemehmen eine oftmals weltweit ahnliche Bearbeitung bedeuten und lokale Anpassimgen entbehrlich machen (Sheth 2001, S. 8). Die Unterscheidung der Kundenstruktur in lokale und globale Kimden („Global Accounts") wird ftir den Industriegiitervertrieb immer wichtiger. Einerseits verlangen globale Kunden Konzepte, die zwischen verschiedenen MSrkten abgestimmt sind. Andererseits treten landesspezifische Besonderheiten der verschiedenen Markte hSufiger in den Hintergrund, desto zentralistischer ein international tatiges Kundenimtemehmen gefuhrt wird. In Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Stammhaus und Vertriebspartner stellt die Betreuung international tStiger Kunden indessen eine zentrale Herausforderung dar. Es sind zentrale Konditionenvereinbarungen, Mehrfachanfragen des Kunden in verschiedenen Verkaufseinheiten und Kompetenzverschiebungen bei der Einfuhrung eines Global-Account Managements, die sich zu wichtigen Streitpunkten entwickehi konnen. Die landerubergreifende Koordination eines Kundenkontaktes bringt zwangslSufig eine Kompetenzverschiebung mit sich, die meist zu Gunsten von zentralen Koordinatoren, bspw. globalen Key-Account Managem erfolgt (Belz et al. 2004, S. 56). Da es sich bei den globalen Accounts meist auch in den einzelnen Landem um grosse und damit wichtige Kunden handelt, entstehen Interessenskonflikte zwischen Vertriebspartner und Herstellenmtemehmen, wenn die Abstimmung zwischen den Landem Kompromisse seitens der Vertriebspartner erfordert. Diese Aussage wird durch die Analyse der Boxplots in Abbildimg 4-2 unterstutzt, die auf Basis der „Vertriebsbefragung 2004" (s. Tabelle 2-3, S. 37) durchgeftihrt wurde.
87
Die lokale Situation der Vertriebspartner
FMIIe mit Schwerpunkt „6lobal0 Kunden" (1. Quartil)
(z-Werte)
-1.0+ niedrig -2.0-(-
Fiilie mit Schwerpunkt „Lokale Kunden" (4. Quartil)
I
Arithmetisches Mittel
(P<-10)
N
Abbildung 4-2:
Konfliktniveau bei globaler und lokaler Kundenstruktur (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Abbildung 4-2 vergleicht Vertriebspartner, deren Kundenstruktur uberwiegend aus international tatigen oder aber aus uberwiegend lokal tatigen Kundenuntemehmen besteht. Als Vergleichsmassstab dienen Verteilungsparameter des Konfliktniveaus zwischen Herstelleruntemehmen und Vertriebspartner. Zur Messung des Konfliktniveaus wurde emeut auf die Operationalisierung nach Mohr et al. (1996) zuriickgegriffen (s. Anhang G - 3, S. 367), die z-standardisierte Konfliktwerte liefert. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass sich der Nullpunkt des Konfliktniveaus nicht etwa aus inhaltlichen Aspekten ergibt, sondem aus der Transformation der Gesamtstichprobe in die Standardnormalverteilung. Deren Erwartungswert liegt definitionsgemass bei Null. Die ursprttnglich ordinal skalierte Variable „Kundenstruktur" wurde fUr den Gruppenvergleich in eine kategoriale Variable transformiert, weshalb die Quartile jeweils nicht exakt 25 Prozent der Faile auf sich vereinen. Das erste Quartil entspricht deshalb den Werten „1" und „2", das vierte Quartil den Werten „6" und „7" der urspriinglichen Skala. Als Ergebnis zeigt sich, dass das arithmetische Mittel bei Vertriebspartnem mit globalen Kunden jenes der Vertriebspartner mit lokalen Kunden tibertrifft. Das bedeutet, dass es bei solchen Vertriebspartnem, die eine hohe Anzahl intemationaler Kunden haben, die also in verschiedenen Landem des Anbieteruntemehmens tatig sind, zu haufigeren und stSrkeren Konflikten mit dem Hersteller kommt. Um eine Zufalligkeit
88
Kapitel 4
der Mittelwertunterschiede auszuschliessen, wurde aufgrund der leichten Abweichung von der Normalverteilung ein nicht-parametrischer Test ausgewShlt und durchgefuhrt. Der U-Test nach Mann und Whitney zeigt, dass eine ZufUUigkeit des Ergebnisses auf einem Niveau von 90 Prozent (p<.10) ausgeschlossen werden kann. Weiterhin zeigt Abbildung 4-2 bei den Vertriebspartnem mit lokalem Kundenschwerpunkt eine hohe Konzentration des Konfliktniveaus fUr Werte unterhalb des Medians. Dies weist darauf hin, dass fur eine grosse Anzahl der FSlle mit vorwiegend lokalen Kunden ein sehr niedriges Konfliktniveau zum Hersteller besteht. Allerdings gibt es oberhalb des Medians eine grosse Streuung der Werte. Dies weist auf andere Griinde hin, die ebenfalls Ursache fiir Konflikte sind, aber die Vertriebspartner in sehr unterschiedlichem Masse betreffen. Es iSsst sich festhalten, dass die landerubergreifende Kundenbetreuung eine wichtige Herausforderung fiir die Zusammenarbeit zwischen Industrieguterherstellem und intemationalen Vertriebspartnem darstellt. Das folgende Fallbeispiel zeigt Herausforderungen auf, denen sich die Emhart Glass S.A. durch die Intemationalisierung ihrer Kunden stellen muss. Konditionen far multinationale Kunden Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz (s. auch Fallbeispiel 3-1, S. 51) Transparenz und niedrigere Preise durch Global Sourcing Ein intemationaler Glashersteller mit diversen Gesellschaften in Europa und den USA war Kvmde bei Emhart Glass S.A.. In der Vergangenheit wurde der Kunde iiber viele Jahre hinweg von jedem Verkaufsburo recht unabhSngig bearbeitet. Je nach GrOsse und individueller Wichtigkeit der Glashiitte wurden fur Ersatzteile eigene d. h. lokale Konditionen vereinbart. Im Rahmen eines globalen Sourcing-Projektes des Kundenuntemehmens forderte schliesslich die Muttergesellschaft des Kunden eine „globale Preisliste" an. Im Folgenden hatten die lokalen Verkaufsbilros der Emhart Glass Schwierigkeiten, da nun individuell Rabatte auf Basis der neuen Preisliste verlangt wurden. Neuverhandlungen fanden auf offensichtlich tieferem Niveau statt. Das hatte zur Folge, dass weitere Schwierigkeiten dabei entstanden, die ,bevorzugten' Kunden auf ein hoheres Niveau zu heben. Die Einfuhrung des Euro behinderte zudem die M5glichkeit, Preisdifferenzen uber die Wahrung zu kaschieren imd erschwerte durch die Transparenz weiterhin das lokale Geschaft. Niedrigere Preise durch Mergers&Acquisitions Ein deutscher Glaskonzem, der aus historischen Griinden einen hohen Rabattsatz erhalten hatte, wurde durch eine englische Untemehmensgruppe ubemommen. Die englische Gruppe hatte trotz hoherem Einkaufsvolumen bis dahin einen geringeren Rabatt erhalten als das deutsche Untemehmen. Diu-ch den Austausch von Einkaufskonditionen mit dem akquirierten Untemehmen forderte die englische Gruppe deshalb eine Anpassimg auf das tiefere Niveau. „Verhandlungen laufen zz. noch, wir werden aber vermutlich nicht alles retten kOnnen. Zudem entsteht ein Vertrauensverlust, da den Englandem bisher gesagt wurde, dass sie die besten Konditionen hatten.", so Jann Hatz, Vice President Marketing der Emhart Glass S.A. _ _ _ _ _ ^ Fallbeispiel 4-2: Global Sourcing und M&A bei Kunden der Emhart Glass S.A. (Einzelinterview Hatz 2002, s. Anhang A, S. 348)
Die lokale Situation der Vertriebspartner
89
4.1.3 Systeminteme Kontextfaktoren der lokalen Situation 4.1.3.1
Spezifische Eigenschaften der Herstellerorganisation
Die spezifischen Eigenschaften der Herstellerorganisation stellen fur Vertriebspartner eine wichtige Rahmenbedingung dar, weil sie ftir die Zusammenarbeit und das Vorgehen am Markt bestimmend sind. Besonders wichtig fur die lokale Situation erscheinen die Branche, die Grosse und die Finanzkraft sowie die Erfahrung des Stammhauses im intemationalen Markt. Die Art der Produkte und Leistungen und damit die Branche bestimmen die Anforderungen an die Zusammenarbeit wesentlich (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 87 f.): Ein lokaler Verkaufer im Produktgeschaft (bspw. Chemikalien, Bohrmaschinen, Diibel, Fahrzeuge) ist anderen Anforderungen von Kundenseite und damit auch in der Zusammenarbeit ausgesetzt als ein Verkaufer von maschinellen Anlagen, die kundenspezifisch angepasst werden miissen. Der Informationsfluss und die Notwendigkeit einer Abstimmung, ggf. auch die Anzahl der intemen Kontakte, die fiir einen Kundenauftrag notwendig sind, konnen sich zwischen verschiedenen Branchen grundlegend unterscheiden. Backhaus (2003, S. 305) unterscheidet Geschaftstypen im Industriegiiterbereich nach dem Grad der Anonymitat und der SpezifitSt. Beides gibt an, ob Produkte mehrfach vorgefertigt an einen anonymen Markt verkauft oder kundenspezifisch in komplexen Projekten erstellt und vermarktet werden (Backhaus 2003, S. 305 f.). Letzterer Geschaftstyp stellt hochste Anforderungen an die Kompetenz der Vertriebspartner, an die Zusammenarbeit und an die Unterstutzung durch die Zentrale. Neben der Branche sind es die Grosse des Gesamtuntemehmens und dessen Finanzkraft, die einerseits iiber Spielraimie entscheiden, die in der Zusammenarbeit gewahrt werden konnen. Andererseits wird hierdurch aber auch iiber den zentralen Professionalitatsgrad entschieden und damit iiber die Anforderungen an die lokalen Vertriebspartner. Bei den Gesprachen mit Vertriebsleitem steUte sich heraus, dass grSssere Untemehmen haufig durch ihre Finanzkraft eine starkere KontroUe und Macht iiber ihre Vertriebspartner haben und diese deshalb straffer fuhren kdnnen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei muss allerdings unterschieden werden zwischen der Grosse des Gesamtuntemehmens und der Anzahl der fiir den intemationalen Vertrieb zustandigen Mitarbeiter in der Zentrale (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f). Je mehr Mitarbeiter sich in der Zentrale mit dem intemationalen Vertrieb beschaftigen, desto haufiger kommt es zu intemen Anfi-agen, Andemngen oder Vorgaben fiir den lokalen Vertrieb (Belz/Reinhold 1999a, S. 94) und es wird schwieriger, alle Mitarbeiter in der Zentrale mit den lokalen Gegebenheiten vertraut zu machen. Eine hohere
90
Kapitel 4
Mitarbeiterzahl im zentralen Vertrieb erm6glicht aber gleichzeitig eine bessere Erreichbarkeit und Verfiigbarkeit bei lokalem Bedarf, bspw. zur Begleitung bei Kundenbesuchen oder aber zur UnterstUtzimg bei anderen kaufmannischen oder technischen Problemen (Belz/Reinhold 1999a, S. 95). Letztlich ist aber auch die Erfahrung des Stammhauses im intemationalen GescMft fiir die Professionalitat der Unterstiitzung entscheidend (Eriksson et al. 2001, S. 23 ff.; Gencturk/Aulakh 1995, S. 761 f), die Vertriebspartnem in verschiedenen lokalen Situationen gewahrt wird. Es sind die langjahrigen Mitarbeiter aus der Zentrale, denen eine zunehmend bessere Einschatzung der lokalen Bedurfiiisse gelingt und die Erfahrung liber die Eignung verschiedener Handlungsaltemativen besitzen (Gencturk/Aulakh 1995, S. 762). Anzumerken bleibt, dass die situative Determinante „Herstellerorganisation" nur dann zwischen Vertriebspartnem differenziert, wenn Vertriebspartner verschiedener Unternehmen oder verschiedener Untemehmensbereiche miteinander verglichen werden. Fiir den Vergleich von Vertriebspartnem einer bestimmten Zentrale ist die Determinante hingegen weniger geeignet, da sie in Bezug auf die Finanzkraft, die Organisationsgrosse, die Branche und die Erfahrung ftir alle die gleiche Rahmenbedingung darstellt.
4.1.3.2
Merkmale der lokalen Vertriebsorganisation
Die lokale Vertriebsorganisation zeichnet sich zunSchst durch ihre lokalen Ressourcen und Kompetenzen aus. Einige der vom Autor befragten Untemehmen hatten gleichzeitig selbststandige Agenten, Vertretungen und auch mitarbeiterstarke Tochtergesellschaften in ihrem Vertriebspartnerportfolio (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Mit zunehmender Grosse einer Organisationseinheit kann auch ein zunehmender Ressourcenbedarf fUr die Koordination und KontroUe unterstellt werden (Ford/Slocum Jr. 1977, S. 565). Bei der Gestaltung des intemationalen Vertriebs wird dies haufig nicht beachtet: Trotz der unterschiedlichen GrSsse der lokalen Vertriebsorganisationen werden Reportinganforderungen oder die lokal zu verwendenden Marketinginstrumente der Einfachheit und Vergleichbarkeit halber haufig standardisiert. Auf Ressourcenprobleme, die insbesondere kleinere Niederlassungen bei der ErfUllung dieser standardisierten Anforderungen haben, geht die Zentrale haufig nicht ein. Dabei bedeutet ein umfangreiches Reporting fur eine Ein-Mann-Vertretung („One-man-Show") u.U. eine nicht zu bewaltigende Aufgabe, wahrend eine funfundzwanzigk5pfige Tochtergesellschaft den Anfordemngen durch ihre eigene Finanzbuchhaltung mtihelos gerecht werden kann (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).
Die lokale Situation der Vertriebspartner
91
Ebenso unterschiedlich wie die lokale Niederlassungsgrosse kann deren Position im lokalen Markt sein, die u. a. durch die Marktphase des Vertriebspartners, aber auch durch andere Kontextfaktoren wie das lokale Wettbewerbsumfeld und lokale Kiindenbediirfiiisse (i. S. v. Phase im lokalen Produktlebenszyklus) bestimmt wird. Insbesondere im Vergleich zu anderen Vertriebspartnem bestimmt die Grosse der Marktverantwortung iiber die Bedeutung eines Vertriebspartners aus Sicht der Zentrale. Fiir Vertriebspartner resultiert hieraus hieraus haufig die Intensitat der Betreuung durch den Hersteller. Ftir manche besonders wichtigen Landemiederlassimgen interessiert sich sogar der Vorstand in der Zentrale pers5nlich, wahrend andere u. U. nicht einmal dem Vertriebsleiter namentlich bekannt sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bine ftir Zentrale und Vertriebspartner bedeutende Variable der lokalen Situation stellt der fmanzielle Erfolg der lokalen Vertriebsorganisation dar. Dieser bildet einen Ausgangspunkt fur die Beurteilung aus Sicht der Zentrale und ist gleichsam ein wichtiger Prttfstein fiir das Vorgehen im Markt. Vermutlich deshalb hangen die Beurteilungen prozess- und ergebnisbezogener Zielgrossen durch die Zentrale miteinander zusammen: Das hochste Mass an Selbstbestatigung erhalten Mitarbeiter aus der Zentrale dann, wenn die Einhaltung ihrer eigenen Vorgaben bei Vertriebspartnem zum lokalen Erfolg fUhrt. Der lokale Erfolg eines Vertriebspartners scheint allerdings auch etwaiges dilettantisches Vorgehen zu heilen. D.h. die Zentrale ist im Falle zufirieden stellender finanzieller Ergebnisse bereit, Verstosse gegen ihre Prozessvorgaben zu akzeptieren (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). In diesem Fall lemen Mitarbeiter der Zentrale von der erfolgreichen Vorgehensweise des Vertriebspartners. Verst6sst ein Vertriebspartner jedoch gegen die zentralen Vorgaben ohne erfolgreich zu sein, riskiert er meist Sanktionen durch den Hersteller. Den Sanktionen entgehen die erfolglosen Vertriebspartner hingegen meist dann, wenn sie sich auf die Vorgaben der Zentrale berufen konnen. Vertriebsleiter aus der Zentrale weisen darauf hin, dass sich manche erfolglosen Vertriebspartner sogar systematisch aus der Verantwortung stehlen, indem sie die Regeln der Zentrale peinlichst genau befolgen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Es wurde im Rahmen dieser Arbeit bereits mehrfach darauf hingewiesen (s. Absatz 2.1.2, S. 12 ff.), dass in Theorie und Praxis haufig eine pauschale rechtliche Unterscheidung zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen vorgenommen wird (s. Weinhold-Stunzi 1999, S. 342). Diesem Vorgehen wurde in dieser Arbeit nicht vollstSndig entsprochen, da der Erklarungsbeitrag dieser Differenzierung in Bezug auf die
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Kapitel 4
Zusammenarbeit mit dem Herstelleruntemehmen begrenzt ist. Welche Bedeutung der rechtlichen AbhSngigkeit tatsSchlich zukommt, muss insbesondere hinterfragt werden, wenn man die Einflussm5glichkeiten der Zentrale betrachtet, durch die eine Bedeutung der Unterscheidung zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen meist begriindet wird. In der Praxis ist eine Bandbreite zwischen „quasi-angestelltem" Agenten, starken Handelsgesellschaften, untergebenen, aber ebenso de-facto unabhangigen Tochtergesellschaften zu beobachten, die sich frei bewegen (Weinhold-Stunzi 1999, S. 342). Haufig ergeben sich Unterschiede auch erst durch unterschiedliche Unterstutzung der Zentrale. So schliesst die Zentrale bspw. hSufig nur ihre Tochter an Informationssysteme an, ladt diese zu Schulungen ein oder bietet ihnen technische und kaufmannische Hilfestellung an, nicht aber ihren Vertretungen. Die Vermutung liegt nahe, dass unterschiedliches Engagement und unterschiedliche Leistung von Vertriebspartnem in unterschiedlichen rechtlichen Beziehungen zur Zentrale auf das - auch finanzielle - Engagement und das Vertrauen zuriickzufuhren sind, das die Zentrale selbst zu investieren bereit ist (s. Dttlfer 1992, S. 106; Belz 1999, S. 106 f.). Fur Vertriebspartner ergeben sich damit aus dem rechtlichen Verhaltnis sowie aus dem resultierenden Verhalten der Zentrale Unterschiede. Die Situation von Vertriebspartnem wird weiterhin durch die Dauer ihrer Marktprasenz und die Dauer der Zusammenarbeit mit dem Hersteller bestimmt. Fur Vertriebspartner, die sich in einer friihen Phase der Geschaftstatigkeit befinden, sollte die Zentrale eine Untersttitzung bieten, die den Startmoment erleichtert. So mussen bspw. umfangreiche Anstrengungen in den Bereich der Kommunikation investiert, AblSufe festgelegt und geeignete Mitarbeiter eingestellt und geschult werden. Die Unterstutzung in spateren Wachstums- und Reifephasen muss hingegen andere Schwerpunkte beriicksichtigen, so z. B. AktivitSten zur Festigung und zum Ausbau von Kundenbeziehungen. Die Untersttitzung durch die Zentrale nimmt damit tendenziell im Zeitverlauf ab und verSndert sich in den Inhalten je nach dem, wie sich die Bedtirfhisse der Vertriebspartner entwickeln. Die Phasenaufteilung und die in den verschiedenen Phasen benotigte Untersttitzung unterscheidet sich dabei branchen-, untemehmens- und vertriebspartnerspezifisch.
4.1.3.3
Pers6nlichkeit des lokalen Vertriebsmanagers
Neben der Zeitdimension gibt es viele weitere Einflussgrossen, welche die Situation der Vertriebspartner und damit deren Bedtirfiiisse in der Zusammenarbeit bestimmen. Die Person des lokalen Vertriebsverantwortlichen scheint eine zentrale Bedeutung ein-
Die lokale Situation der Vertriebspartner
93
zunehmen. Dies unterstreichen Vertriebsleiter aus der Zentrale, indem sie haufig nur den Namen des Niederlassungsleiters nennen, wenn Sie von einer bestimmten Landerniederlassung sprechen. (So z. B. „...beim Sanchez...", statt „...in der Niederlassung Spanien...". (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)) Auch Stauss/Schulze (1990, S. 155) betonen in ihren Ausftihrungen zur intemen Kundenorientierung, die Leitung des Subsystems, auf die ein internes Marketing in erster Linie abzielen soUte (Stauss/Schulze 1990, S. 155), also im vorliegenden Fall auf die Leitung der Niederlassung. Lokale Vertriebsverantwortliche unterscheiden sich u. a. in ihren FShigkeiten, ihrer Erfahrung, ihren Aufgaben und ihren Zielen. Auch die Einstellung zum Untemehmen und zum Beruf sowie das Engagement ist teilweise unterschiedlich. Hierbei wird die Komplexitat dieser personenbezogenen Eigenschaften im Begriff der „Personlichkeit" zusammengefasst. Stark vereinfachend kann man beziiglich der Zusammenarbeit samtliche Niederlassungsleiter durch die Dimensionen „Kompetenz" (KGnnen) und „Verbundenheit" (Wollen) beschreiben. Die Kompetenz kann dabei als Zusammenspiel verschiedener Fahigkeiten aufgefasst werden. Reinhold/Belz (2002, S. 42 f.; Belz/ Reinhold 1999a, S. 181 ff.) identifizieren sieben Fahigkeiten, die fur Niederlassungsleiter besonders bedeutend sind. Es lassen sich anhand der Kompetenz und der Verbundenheit mindestens vier verschiedene Typen von Niederlassungsleitem unterscheiden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37): Der Verwalter, der Landesfurst, der Kleinuntemehmer und der Aktionist. Jeder dieser Typen ist unterschiedlich zu behandeln. Die Beziehung zum „erfolgreichen Landesftirsten" ist gepragt durch Misstrauen, fehlende Offenheit und gegenseitige Vorwiirfe. Der Landesfurst verhalt sich wie ein nationaler Herrscher. Er hat ein sehr enges Verhaltnis zu den Kunden, einen ausserordentlichen Markterfolg und ein hohes Ansehen bei der lokalen Konkurrenz. Haufig wird die Zusammenarbeit dadurch erschwert, dass Landesfiirsten den Anschein erwecken, alle Vereinbarungen zu befolgen. Allerdings ist dies keineswegs immer der Fall. In der Zusammenarbeit erweist er sich meistens als schwierig. Die Zentrale traut sich nicht, sich durchzusetzen und einen Personalwechsel vorzunehmen, weil sie Kunden- und Marktanteilsverluste befiirchtet. Interveniert die Zentrale dennoch nachdrUcklich, so wird der Landesfurst versuchen, der Verantwortung zu entgehen, da er ,ja nur getan hat, was die Zentrale verlangt hat". Der „professionelle Untemehmer" zeichnet sich im Vergleich zum Dilettanten durch eine hohe Loyalitat zum Untemehmen aus. Bei Produktumstellungen, Kompetenzfra-
Kapitel 4
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gen und Cost-Sharing sind bei diesem Typen oft lange Diskussionen notig. Letztlich werden aber Losungen gefunden, die fUr beide Parteien zufiieden stellend sind. Der professionelle Kleinuntemehmer ist aus Sicht von Jann Hatz, Vice President Marketing, Emhart Glass S.A. fiir die Zentrale am angenehmsten und erfolgreichsten. 0ftmals entstehen beim Untemehmer innovative Vorschlage fUr neue Produkte und neue Services, die dieser bereits erfolgreich am Markt getestet hat, bevor er sie dem Hersteller vorschlagt.
Erfblgreicher LandesfOrst
Professioneller Untemehmer
Reaktivef Varwalter
Ideenreicher Aktionist
VefbundenheK
Abbildung 4-3:
Typologie zur DifFerenzienmg zwischen Vertriebspartnem
Der „ideenreiche Aktionist" fiihlt sich dem Untemehmen veipflichtet. Er versucht untemehmerisch tStig zu werden und gibt fortlaufend Produkt- und Serviceideen an die Zentrale weiter, die er sich selber ausdenkt oder die von Kimdenseite an ihn herangetragen werden. Er versucht mit viel Engagement Ideen umzusetzen und seine Position zu verbessem, hat aber wenig Markt- und Vertriebserfahrung. Haufig bleibt der Aktionist erfolglos. Oft sucht er den Kontakt zur Zentrale, um von neuen Planen zu benchten. Die Zentrale hat nicht selten Probleme den Aktionisten „einzufangen", da sich dieser hSufig kurzfristig ftir seine Ideen entscheidet statt langfristige Strategien zu verfolgen. Vertreter der Zentrale empfinden den „reaktiven Verwalter" als genauso unkompliziert in der Zusammenarbeit, wie auch erfolglos bei den Kunden. Verwalter sind oft im Markt noch nicht so gefestigt. Der Verwalter ftigt sich bedingungslos den Entscheidungen der Zentrale und befolgt samtliche Regeln. Schwierig wird es ftir die Zentrale immer dann, wenn der Verwalter eine Budgetverantwortung abstreitet, weil er Aktio-
Die lokale Situation der Vertriebspartner
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nen ausgefuhrt hat, die der Hersteller gewiinscht hatte. Dem Markt und dem Geschaft fUhlt sich der Verwalter wenig verpflichtet, er ist tendenziell zu wenig flexibel. Jeder der vier Typen ben5tigt eine unterschiedliche Untersttitzung. Bei den Typen „Verwalter" und ,Aktionist" fehlen Fahigkeiten in der Marktbearbeitung, die durch Schulung, Erfahrungsnmden oder Training on the Job erworben werden k6nnen. Darunter fallen z. B. gemeinsame Kimdengesprache mit einem erfahrenen Vertriebspartner. Die Kompetenz erhoht sich aber auch auf nattirliche Weise mit einer zunehmenden Erfahrung am Markt und durch soziale Adaptionsprozesse mit der zunehmenden Dauer der intemen Zusammenarbeit. Ziel der Zentrale muss sein, eine optimale lokale Kompetenz zu erreichen, die als Basis fur die lokale Professionalitat gesehen werden kann. „LandesfUrst" und „Verwalter" weisen beide eine geringe Loyalitat zum Untemehmen auf, die mit einem verbesserungsfahigen Engagement in der Zusammenarbeit einhergeht. Ziel sollte es sein, beide Typen zu etwas mehr Verstandnis for die Belange des Gesamtuntemehmens zu bewegen. Ebenso wird es wichtig sein, die Anliegen und Meinungen des Landesfursten zu verstehen und darauf zumindest mit symbolischen Annaherungen zu reagieren. Der Prozess dorthin ist nur durch haufige und intensive Kommunikation, haufige Besuche und Meetings sowie viel Geduld moglich. Die Griinde fUr ein fehlendes Engagement sind beim „Verwalter" und beim „Landesfiirst" unterschiedlich. Der „Landesfurst" wagt zwischen den Kundenwiinschen und den Anforderungen der Zentrale zugunsten ersterer ab. Der „Verwalter" hingegen zeigt weder auf Kunden- noch auf Untemehmensseite Engagement. Der Hersteller hat hierbei die Wahl, den „Verwalter" zu einem engagierten Verhalten zu motivieren oder ihn auszutauschen. Der lokale Niederlassungsleiter wird zur Schliisselfigur der intemen Kundenorientierung im intemationalen Vertrieb. Von seinen Entscheidungen hangt die Entwicklung der Niederlassung, der Personalentwicklung und der Position auf intemationalen Markten ab. Fiir die Zentrale stellt der Niederlassungsleiter und dessen Entwicklung deshalb einen zentralen Rebel fur das Management von intemationalen Vertriebsaktivitaten dar.
96
Kapitel 4
4.2 Differierende EinschStzungen der lokalen Situation Im Laufe des zugrunde liegenden Forschungsprojektes konnten auffallige Unterschiede von Vertriebspartnem und Zentrale in Bezug auf die Einschatziing der lokalen Situationen festgestellt werden. WShrend Vertriebspartner wiederholt auf die Komplexitat, Einzigartigkeit und hohen Erfordemisse ihrer lokalen Situation hinweisen, betonen Mitarbeiter der Zentrale, dass Unterschiede vielmehr in den Fahigkeiten der Vertriebspartner zu suchen seien als in den lokalen Rahmenbedingungen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Diskussion der moderierenden Bedeutung von lokalen Situationen soil deshalb an dieser Stelle um eine subjektive Komponente ergSnzt werden. Diese tragt zum besseren VerstSndnis der Verhaltensweisen in der Zusammenarbeit bei, die ebenfalls auf subjektiven Einschatzungen basieren.
4.2.1 Unterbewertung der lokalen Situation durch Hersteller Im Rahmen ihrer Koordinations- und Unterstutzungsfunktion (s. Reckenfelderbaumer 2001, S. 254) treffen Vertriebsverantwortliche in der Untemehmenszentrale fortlaufend Entscheidungen, bei denen sie die Situation von Vertriebspartnem einschatzen und iiber deren Berticksichtigung abwSgen miissen. Die auch in der Zentrale haufig knappen personellen undfinanziellenRessourcen werden dabei meist auf die aus zentraler Sicht wichtigsten Brennpunkte gerichtet (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94 f). Aus Sicht von Vertriebspartnem ist die Priorisierung der Zentrale haufig nur schwer nachvollziehbar. Dabei betonen Vertriebspartner die Unkenntnis der Zentrale iiber die lokalen Gegebenheiten als auch den fehlenden Willen, sich auf die Berticksichtigung situationsspezifischer Erfordemisse einzulassen (Kim/Mauborgne 1993, S. 11). Gewisse Informationsdefizite der Zentrale scheinen bedingt durch die raumliche Trennung systemimmanent. Diese sind durch die Arbeitsteilung sogar gewollt, da sich die Zentrale mit der Koordination und Unterstutzung der verschiedenen Vertriebspartner befasst, und nicht mit einzelnen Entscheidungen im lokalen Vertriebsprozess, fiir welche die Kompetenz der lokalen Vertriebspartner benStigt wird (Belz/Reinhold 1999a, S. 118). Deshalb scheint es eine bedeutende FShigkeit der Zentrale zu sein, die wesentlichen Informationen uber die Situationen in den Markten zu erfassen, unwesentliche hingegen unberticksichtigt zu lassen. So konnen auch bei einem unvoUstandigen Informationsstand gute Entscheidungen getroffen werden. Die Kommunikation mit den Vertriebspartnem und der auch durch Informations- und Berichtssysteme unterstutzte
Die lokale Situation der Vertriebspartner
97
Informationsfluss tragen zu besseren Entscheidungen der Zentrale bei. Trotzdem berichten Vertriebsleiter aus der Zentrale daniber, dass ihnen aus Ressourcengrunden nicht die Zeit bleibt, um personliche Besuche oder regelmassige Telefonate mit samtlichen Vertriebspartnem zu fuhren. Nach einer Studie, die Walti (1999, S. 53) unter Vertriebsleitem Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller durchgefuhrt hat, verzichten allerdings tiber 50 Prozent der Hersteller auch auf einen standardisierten Informationsaustausch zu ihren Vertriebspartnem. Zwar wiinschen sich die Hersteller nach eigenen Angaben mehr Information aus den Markten und bekunden damit ihre Miihe, lokale Markt- und Kundendaten zu bekommen (Walti 1999, S. 54). Uber 60 Prozent der Befragten geben allerdings an, dass ihre Vertriebspartner Besuchsberichte und Kundendaten nur spariich bereitstellen (Walti 1999, S. 54). Walti (1999, S. 53) berichtet aber weiterhin auch, dass die erstellten Berichte vom Hersteller haufig gar nicht konsequent ausgewertet werden, weshalb sie auch bei der Entscheidungsfmdung ungentigend berucksichtigt werden konnen. Demnach bereitet der Zentrale bereits allein die Erfassung der lokalen Situation haufig Schwierigkeiten (Belz 1994, S. 24). Durch das Informationsdefizit und die geografische Distanz der Zentrale begiinstigt, tritt ein weiteres Phanomen hervor, das der Beurteilung der lokalen Situation entgegensteht und in der Psychologic als „fundamentale Attributionsverzerrung" bekannt ist (s. Wottawa/Gluminski 1995, S. 174; Kanning et al. 2004, S. 230; Kanning 1999, S. 101 f). Danach besitzen Beurteiler eine grundsatzliche Tendenz, Handlungen anderer Personen eher auf deren spezifische Personenmerkmale zuruckzufiihren, als auf situative Faktoren (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Selbstverstandlich kann die personenbezogene Ursachenzuschreibung, also die Ursache im Vertriebspartner zu sehen, in vielen Fallen die Realitat zutreffend widerspiegeln (Kanning et al. 2004, S. 230). Dies ist jedoch keineswegs immer der Fall. Immer dann, wenn de facto eine Mischung von situativen und personenbezogenen Ursachen vorliegt, oder gar die situativen Ursachen das lokale Handeln in starkerem Masse bestimmen als die personenbezogenen, besteht eine erhohte Gefahr der systematischen Fehlbeurteilung (Kanning et al. 2004, S. 230). Diese Tendenz verstarkt sich insbesondere dann, wenn Griinde fiir den Misserfolg gesucht werden. Die Informationsdefizite der Zentrale in Bezug auf die lokale Situation tragen dazu bei, die Ursachen fiir Misserfolge in vertriebsverantwortlichen Personen oder der lokalen Organisation zu suchen, nicht aber in der sie umgebenden Umwelt. Ebenso betonen Kanning et al. (2004, S. 229), dass Fehler in der Beurteilung insbesondere dann auftreten, wenn die Beurteilung unter Belastung vorgenommen wird, so z. B. wenn wenig Zeit besteht. Dies konnte im Fall der Beurteilung durch die Zentrale,
98
Kapitel 4
angesichts der haufig angefuhrten knappen Ressourcenausstattung (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 94) den angesprochenen Effekt noch verstarken. Attributionsverzeming nehmen jedoch ab, je mehr psychologische NShe zwischen dem Betrachteten und dem Betrachter besteht (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Hierdurch erklart sich zum Teil, warum in den meisten Fallen die geografisch naher gelegenen Vertriebsgesellschaften bevorzugt behandelt werden,ttberderen Situation die Mitarbeiter der Zentrale haufig bessere Kenntnisse besitzen und zu denen haufig engere soziale Kontakte bestehen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Im Fall der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner muss ein weiterer Aspekt berucksichtigt werden, der in die Beurteilung hineinspielt und die Konstellation ein wenig abweichen iSsst: Die Verantwortung iiber die Unterstiitzung und Koordination liegt in der Kegel bei der Zentrale (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Eine Ursache fiir den Erfolg und Misserfolg lokaler Handlungen liegt damit auch in den Entscheidungen der Zentrale selbst und den durch sie veranlassten Massnahmen. Diese selbst stellen aus Sicht der Vertriebspartner eine wichtige Rahmenbedingung dar. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Zentrale in jenen Fallen stSrker dazu tendieren wird, Ursachen fur Misserfolg beim Vertriebspartner zu suchen, in denen das Selbstverstandnis und die Kultur in der Zentrale keine Reflexion und Selbstkritik zulassen. Es zeigt sich, dass eine objektive Beurteilung durch die Zentrale eine gleichzeitig wichtige wie herausfordemde Aufgabe darstellt. Um die lokale Situation ausreichend in der Vertriebsgestaltung beriicksichtigen zu kSnnen, bedarf es einer systematischen Behandlung dieser Beurteilungsfehler. Zusammenfassend lassen sich mehrere Ansatzpunkte fur eine Vermeidung von fundamentalen Attributionsverzemmgen ausmachen. Einerseits muss also ein geeignetes Instrumentarium gefunden und eingesetzt werden, mit dem die Informationsasymmetrien abgebaut werden k6nnen. Andererseits sind die personlichen Beziehungen zu den Mitarbeitem der dezentralen Vertriebsorganisation zu vertiefen, um ebenfalls eine ausgewogene Beurteilung zu unterstutzen. Eine Kultur, die auf Feedback basiert, Kritik zulasst und konstruktiv aufgreift, xmterstutzt ebenso eine objektive Beurteilung. Weiterhin kann bereits die Kenntnis der Zentrale iiber das Zustandekommen moglicher Beurteilungsfehler dazu eingesetzt werden, ihre eigene Reflexion zu verbessem und etwaige Verzemmgen zu vermeiden (s. Kanning 1999, S. 101 f.).
Die lokale Situation der Vertriebspartner
99
4.2.2 Uberbewertung der lokalen Situation durch Vertriebspartner Vertriebspartner beschreiben ihre eigene Situation haufig als ausgesprochen komplex, empfinden diese als einzigartig und weisen auf die hohen Anspruche bin, die der Umgang mit der Situation an sie stellt (Bakka 1986, S. 853). Weit mehr als die Halfte der Vertriebspartner schatzt ihre eigene Situation wettbewerbsintensiver ein, als die der Vertriebspartner in anderen Markten. Diese Tendenz in der Situationsbeurteilung konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit in verschiedenen Teiluntersuchungen festgestellt werden (Vertriebsbefragung 2004, Befragung Leica II, Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Um den Einfluss des Non-Response Bias einzugrenzen, der bei einer untemehmensiibergreifenden Untersuchung ein ggf. nicht zu unterschatzendes Gewicht besitzen kann, wird das Phanomen hier am Fallbeispiel der bei der Gallus Ferd. Riiesch AG durchgefuhrten Befragung veranschaulicht (Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Im Fall der Gallus Ferd. Ruesch AG wurden alle 82 intemationalen Vertriebspartner befragt, von denen 61 Vertriebspartner antworteten (74 Prozent). Die Vertriebspartner wurden gebeten, ihre lokale Wettbewerbssituation im Vergleich zu anderen Markten des Herstellers auf einer neunstufigen Skala einzuschatzen, bei der ein NuUpunkt die gleiche Situation wie in anderen Markten markierte. Zur Messung der Wettbewerbssituation wurde dabei eine Operationalisierung verwendet, die sich auf die Konzeptualisierung nach Jaworski/Kohli (1993, S. 68) stutzt. Mehr als in anderen Mdrkten
Weniger als in anderen Mdrkten
Der Wettbewerb in Ihrem illllllll Markt ist gross. 14%
iimmi
Es gibt viele Werbeschlachten in Ihrem Produktbereich.
Die Preiskonkun'enz in Ihrem Bereich ist erheblich.
Die Wettbewerber in Ihrem Produktbereich sind sehr stark. ^%
40%
60%
Relative HSufigkeit
a Weniger als in anderen Markten (-4, -3, -2, -1) Q Mehr als in anderen Markten (+1, +2, +Z, *A)
Abbildung 4-4:
3Gleich (0) -Arithmetisches Mittel
Verzerrte Einschatzung der lokalen Situation durch Vertriebspartner (Befragung Gallus II, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Abbildung 4-4 zeigt das Ergebnis der Selbsteinschatzung der Vertriebspartner. In Bezug auf alle vier Dimensionen des lokalen Wettbewerbs beurteilen die Vertriebspart-
100
KapiteU
ner ihre eigene Situation als ungleich herausfordemder im Vergleich zum Durchschnitt der Markte. Insbesondere ist die Preissituation hervorzuheben, die von 92 Prozent der Befragten starker bewertet wird als im Durchschnitt aller Markte. Offensichthch ist damit, dass auch die EinschStzungen der Vertriebspartner verzerrt sind. Schliesslich mttsste die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert bei einer fehlerfreien EinschStzung gemSss Definition Null ergeben. Die Verzerrungen der Beurteilung auf der Seite der Vertriebspartner lasst sich wiederum auf verschiedene Ursachen zuriickfiihren. Einerseits liegt auch auf der Seite der Vertriebspartner ein Informationsdefizit vor. Vertriebspartner sind ebenso wie die Zentrale nur eingeschrankt in der Lage, die Situation in anderen Markten einzuschatzen, die als Referenzmass flir die relative Einschatzung ihrer eigenen Situation dient. Dieses Informationsdefizit wird durch die Neigung verstarkt, die Richtigkeit eigener Aussagen uberzubewerten und gleichzeitig nur selektiv solche Informationen wahrzunehmen, die das bestehende Urteil bestatigen (Doring/Kanbach 2001, S. 6). Weiterhin konnen auch auf der Seite der Vertriebspartner Attributionsverzerrungen unterstellt werden, die dem Erhalt und der Erh5hung des Selbstwertes dienen. Bei der Selbstbeurteilung in Leistungssituationen wird Erfolg als persSnlicher Verdienst bewertet, wahrend begtinstigende Umweltfaktoren weniger starke Beachtung finden (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Misserfolge hingegen werden tendenziell nicht auf das Verschulden der eigenen Person zunickgeftihrt, sondem als Folge situativer Ursachen betrachtet (Wottawa/Gluminski 1995, S. 174). Dariiber hinaus wird bei der Selbstbeurteilung in Erfolgsfallen haufig auch die hinderliche Wirkung von Situationsvariablen hervorgehoben, um die eigene Leistung als Ursache fur den Erfolg noch besser darzustellen und den Selbstwert des Beurteilenden zu erhdhen (s. Kanning 1999, S. 104). Zusammenfassend iSsst sich festhalten, dass Vertriebspartner demnach sowohl bei Erfolg wie Misserfolg dazu neigen werden, die Herausforderung der Situation uberzubewerten. In Verhandlimgssituationen zwischen Zentrale und Vertriebspartner sind uber die Fehler in der Selbstbeurteilung hinaus auch Verzerrungen durch das Profilierungsstreben der Vertriebspartner zu erwarten, das eine Grundlage fur den Verhandlungserfolg bildet. Zu dem moglicherweise verzerrten Selbsturteil des Vertriebspartners konnen damit weitere Abweichungen von der Realitat entstehen, wenn sich ein Vertriebspartner gegenuber der Zentrale darstellt, um bestimmte Verhandlungsziele zu erreichen.
Die lokale Situation der Vertriebspartner
101
Es ist anzunehmen, dass sich die verzerrte Beurteilung der Situation auch auf die Erwartungen gegentiber der Zentrale auswirkt. Ein Vertriebspartner, der die eigene Situation als ungleich kritischer beurteilt als die Situation in anderen Markten, wird vermutlich auch besonders hohe Erwartungen an die Untersttitzung durch die Zentrale haben. Da die Zentrale nicht alien Forderungen nachkommen kann, erhoht sich durch die gesteigerten Erwartungen, die nicht erfullt werden, gleichzeitig die resultierende Unzufiiedenheit der Vertriebspartner. Um negative Konsequenzen der Unzufriedenheit zu vermeiden, soUten Beurteilungsverzerrungen deshalb weitgehend abgebaut werden. Psychologen weisen darauf hin, dass diese eine natiirliche Schutzfunktion flir das Individuum besitzen. Vielleicht soUte im Einzelfall zwischen den Konsequenzen aus der Unzufriedenheit und den Konsequenzen der fehlerfreien Attribution abgewagt werden. Einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Fehlbeurteilungen kann eine hohere Transparenz tiber die Situation in anderen MSrkten liefem. Zur Transparenz tragen sowohl subjektive Eindriicke und Berichte der Vertriebspartner anderer MSrkte bei als auch objektiv vergleichbare Marktinformationen wie Preisgrossen sowie Wettbewerbsinformationen zu Absatzmengen und Aktionen. Von einigen Herstellem wird der Austausch tiber die lokalen Situationen bereits auf den jahrlichen Vertriebstreffen gefordert (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Transparenz tiber objektiv vergleichbare Grossen, die von den Vertriebspartnem haufig gefordert werden, scheitert allerdings haufig am Widerstand der Zentrale, die ebenfalls in ihren Verhandlungen gerade diese Intransparenz nutzt.
4.3 Zwischenfazit: Morphologic zur Diagnose der lokalen Situation Gesttitzt auf die recht differenzierten Analysen von allgemeinen Rahmenbedingungen, Kunden und Wettbewerbsverhalten, Herstellerorganisation, lokaler Organisation und Vertriebsverantwortlichen lasst sich zusammenfassend fur das Kapitel 4 eine Morphologic der lokalen Vertriebssituationen ableiten. Um eine Ubersicht zu erleichtem, werden fur die einzelnen Merkmale nur die extremen Auspragungen und nicht etwa samtliche mogliche Zwischenstufen einbezogen. Die Kriterien und deren Zuordnung mtissen in verschiedenen Situationen tiberprtift und je nach Untemehmen sowie zeitlich unterschiedlich gewichtet werden. Aus praktischer Sicht ist es far Hersteller kaum moglich und nicht sinnvoU, annahemd alle Situationsvariablen bei der Planung von untersttitzenden Massnahmen mit einzubeziehen. Trotzdem kann eine tiberblicksartige Einschatzung Impulse fiir ein besseres Verstandnis der lokalen Situation geben.
102
Kapitel 4
1) Allgemeines lokales Umfeld Gleiches Umfeld wie beim Stammhaus - Fremdes Umfeld verglichen zum Stammhaus
1
Gleiche Wahnmg - Unterschiedliche Wahrung Gute Infrastruktur - Mangelhafte Infrastruktur Hohes Bildungsniveau -
Schlechtes Bildungsniveau
Vorhersehbare, stabile iind nachvollziehbare - Unsichere, dynamische und komplexe Umweltentwicklungen Umweltentwicklungen Ahnliche Kultur - Grosse kulturelle Unterschiede Geografische N ^ e - Grosse geografische Distanz Gleiche Arbeitszeiten - Keine gemeinsamen Arbeitszeiten 1
2) Kunden und Wettbewerb Geringe Wettbewerbsintensitat - Hohe Wettbewerbsintensitat (Produkte, Preise, Konraiimikation) (Produkte, Preise, Kommimikation)
1
- V6Uig verschiedene Kundenbedtirfhisse Gleichbleibende Kundenbedilrfhisse -
Schnelle VerSnderung der Kundenbedtirfiiisse
Ausschliesslich lokale Kunden - Ausschliesslich intemationale Kunden 3) HersteUerorganisation Standardisiertes Produktgeschaft - Komplexes Anlagengeschafl
1
Grosse HersteUerorganisation - Kleine HersteUerorganisation Finanzstarkes Herstelleruntemehmen - Finanzschwaches Herstelleruntemehmen Viele Mitarbeiter im zentralen Marketing - Wenige Mitarbeiter im zentralen Marketing Langjahrige international Erfahrung - Keine intemationale Erfahrung des Herstellers Kleine Anzahl Vertriebspartner - Grosse Anzahl Vertriebspartner 4) Lokale Vertriebsorganisation Kleine lokale Vertriebsorganisation - Grosse lokale Vertriebsorganisation
1
Tochtergesellschaft
-
Selbststandige Vertretung
Kleines Marktverantwortungsgebiet - Grosses Marktverantwortungsgebiet Verluste: Schlechter finanzieller Erfolg - Finanziell sehr erfolgreich Aufbau einer Marktpr^enz
- Bereits langjahrige Marktprasenz
Kurze Zusammenarbeit mit Zentrale - Langjahrige Zusammenarbeit mit Zentrale 5) Manager des lokalen Vertriebs Grosse Erfahrung in Branche und Geschaft - Keine Erfahrung in Geschaft Hohe Gesamtkompetenz (difFerenziert nach - Fehlende Kompetenzen (differenziert nach Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.) Belz/Reinhold 1999a, S. 181 ff.) Im Umgang einfache PersSnlichkeit - Komplizierte PersSnlichkeit im Umgang Starke Verbundenheit zum Hersteller - Geringe Verbundenheit zum Hersteller Tabelle 4-2:
Morphologic zur Diagnose von lokalen Vertriebssituationen
103
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
5 Dimensionen der Zusammenarbeit mit dem Hersteller und ihre Beurteilung 5.1 Konzeptionelle AnsMtze zur Systematisierung der Zusammenarbeit Um sich als Hersteller an den Erfordemissen der Vertriebspartner ausrichten zu konnen, ist es unerlasslich, die GegenstSnde zu kennen, die vom Vertriebspartner zur Beurteilung der Zusammenarbeit herangezogen werden. In der Literatur besteht keinesfalls Einigkeit daruber, welche Elemente fiir die Beschreibung und Erklarung der Zusammenarbeit zwischen Organisationen heranzuziehen sind (s. Weinhold-Stunzi 1999, S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241; Hakansson 1982, S. 14 f; Diller/Saatkamp 2002, S. 240; Belz/Reinhold 1999a, S. 120 ff; Renz 1998, S. 216). In dieser Arbeit wird deshalb eine Kombination von sich erganzenden Perspektiven vorgenommen, um ein moglichst voUstandiges Bild zu erhalten. Als Betrachtungsebenen werden die Austauschobjekte, die Geschaflsprozesse und die soziale Atmosphare der Interaktion herangezogen (s. Abbildung 5-1). Abbildung 5-1 zeigt die Ebenen der Interaktion, die vom Vertriebspartner im Kontext der lokalen Situation beurteilt werden.
,: ^- -*; jmtbii^^^iMei^ Zentrale
Abbildung 5-1:
•"" - -.: •'
'^
Vertriebspartner
Lokale Situation
Ebenen der Interaktion zwischen Hersteller und Vertriebspartner
5.1.1 Austauschobjekte als Geschaftsgrundlage Im Mittelpunkt einer Geschaftsbeziehung stehen sicherlich die Austauschobjekte derselben, namlich Produkte und Leistungen, Finanzstrome und Informationen (Weinhold-Stimzi 1999, S. 343; Homburg/Rudolph 1998, S. 241). Sie stellen die Grundlage fur die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner dar, weil durch sie erst der Vertriebspartner die Verkaufsaufgabe tibemehmen kann. Zu den speziellen Charakteristika der Austauschobjekte gehoren in aller Kegel der Umfang, die Qualitat und der Zeitpunkt, so z. B. die Attraktivitat der fmanziellen Konditionen, der Zeitpunkt der Information oder die Menge der erbrachten Leistungen (s. Homburg/Rudolph 1998, S. 242.). Die Beurteilung von Produkten und Leistungen aus
104
Kapitel 5
Sicht der Vertriebspartner erfolgt also nicht etwa alleine anhand deren Qualitaten und der Gestaltung, sondem ebenfalls anhand der bedarfsgerechten Bereitstellung (Tomczak 1997,8.281). Finanzstrome stellen das Pendant der WarenstrOme dar, well durch diese die Wertigkeit der WarenstrSme ausgedriickt bzw. der Beitrag zu den monetaren Zielen des Herstellers bemessen werden kann. Da ein Zahlungsstrom vom Vertriebspartner an den Hersteller fiir letzteren ganz im Gegensatz zum Vertriebspartner einen positiven Zielbeitrag bedeutet, stellt sich ein Interessenkonflikt ein. Der Wunsch nach besseren Konditionen ist damit mehr oder weniger systemimmanent. Unter Informationen werden in diesem Kontext verbale und nummerische Inhalte verschiedenster Natur verstanden (s. Weinhold-Sttinzi 1999, S. 344). Zwischen Hersteller und Vertriebspartner werden insbesondere Informationen zu Anfragen, Bestellungen, Auskunften, Kundenwiinschen etc., aber auch Fakturen, Mahnungen, Abrechnungen, Statistiken usw. ausgetauscht (Weinhold-StOnzi 1999, S. 344). Die interne Informationspolitik des Herstellers entscheidet, so z. B. im Vorfeld einer Sortimentsveranderung Mufig darttber, wie lokal agiert und welche Schritte beim Kunden geplant werden konnen. Beim Hersteller ist tendenziell ein Defizit in Bezug auf marktbezogene Informationen zu beobachten, wahrend lokal haufig interne Informationen iiber aktuelle Herausforderungen, die Strategien und das Vorgehen des Herstellers fehlen.
5.1.2 Geschaftsprozesse als Ablaufe der Interaktion Neben den Austauschobjekten sind die Interaktionsprozesse zu betrachten, die als Ablaufe die Zusammenarbeit bestimmen (s. Hakansson 1982, S. 14 f). Aus Sicht des Vertriebspartners erg^nzen die Zusammenarbeitsprozesse mit dem Hersteller die eigentlichen lokalen Kemprozesse des Vertriebs (Belz/Reinhold 1999a, S. 118). Aus diesem Grund wird der Vertriebspartner stets beurteilen, wie gut sich die Interaktionsprozesse mit dem Hersteller dazu eignen, die lokalen Prozesse zu unterstutzen. Die Vertriebspartner nehmen die Zusammenarbeit mit dem Hersteller dabei vor allem durch die verschiedenen Schnittstellen wahr, die sie in gemeinsamen Prozessen mit der Zentrale verbinden. AUgemein konnen bei den Interaktionsprozessen permanente Geschaftsprozesse der taglichen Zusammenarbeit unterschieden werden von gemeinsamen Projekten, die mit dem Hersteller durchgefiihrt werden (Diller/Saatkamp 2002, S. 240; s. Abbildung 5-2, S. 105). Entscheidend ist nach Diller/Saatkamp (2002, S. 240) der Wiederholungszyk-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
105
lus: Permanente Prozesse werden u.U. mehrere tausend Male wiederholt (z. B. Auftragsabwicklung) (Diller/Saatkamp 2002, S. 240), wahrend projektbezogene Prozesse eher selten stattfinden (z. B. Softwareumstellung) und haufig in Projektform organisiert sind (Diller/Saatkamp 2002, S. 240).
Lokale Prozesse
1
1
1
1
permanent
projektbezogen
1
1
Vertriebsmanagement
Operativer Vertrieb
,
j Marktbe1 arbeitung
Abbildung 5-2:
1
L...., ,...J
•. \ Auftragsab» / wicklung
, ,...J • \ / /
Kundenservice
, ' /
Lokale Prozesse des Industriegutervertriebs
Bei den permanenten Vertriebsprozessen, die das lokale Tagesgeschaft darstellen, lassen sich Prozesse des lokalen Vertriebsmanagements und operative Vertriebsaktivitaten unterscheiden. Das lokale Vertriebsmanagement kennzeichnet den Kemprozess der Koordination und Entwicklung samtlicher Vertriebsaktivitaten innerhalb einer Niederlassung. Hierzu gehort das Rekrutieren und die Entwicklung von Mitarbeitem, die rechtliche Landesvertretung, aber auch die interne und marktbezogene Analyse, Planung, Steuerung und KontroUe. Haufig liegen Kritikpunkte an der Unterstiitzung der Prozesse des lokalen Vertriebsmanagement in unzureichenden oder inhaltlich ungeniigenden Schulungen durch den Hersteller (Rosson 1977, S. 187) sowie umfangreiche Reportinganforderungen an die Vertriebspartner. Auch Entscheidungen tiber Erschliessung oder Selektion von Kundensegmenten, Streichung von Marken und Produkten und die Definition neuer Preiskorridore im Rahmen einer intemationalen Preisharmonisierung gehoren zu den Aufgaben des Vertriebsmanagements, die mit unterschiedlicher Starke der Beteiligung gemeinsam mit dem Hersteller geplant und umgesetzt werden. Bei den operativen Vertriebsprozessen unterscheiden Belz /Reinhold (1999a, S. 120 ff.) die Marktbearbeitung, die Auftragsabwicklung und den Kundenservice. Insbesondere bei Gewahrleistungsfi'agen entstehen bspw. hSufig Schwierigkeiten, weil sich Mitarbeiter in der Zentrale nicht ausreichend engagieren und damit zu Nachteilen fur eine weitere Bearbeitung durch den lokalen Vertriebspartner beitragen. Die Bedeutung der einzelnen Teilprozesse kann sich je nach Bran-
106
KapitelS
che stark unterscheiden (Belz /Reinhold 1999a, S. 125). So hat der Kimdenservice im Anlagengeschaft, wo bspw. ganze Produktionsanlagen geliefert werden eine hohere Bedeutimg als im ProduktgescMft. In diesem ist die Marktbearbeitung aus Sicht der Vertriebspartner zentral (Belz/Reinhold 1999a, S. 125 f). Anders als die peraianenten Aktivitaten werden projektbezogene Aktivitaten seltener und in unregelmassigen AbstSnden (meist in Projekten organisiert) durchgefuhrt. Eine besondere Bedeutimg im Marketing und Vertrieb haben die Auswahl und Implementierung von IT-Systemen und Software, so z. B. zur Unterstiitzung der Absatz- und Produktionsplanimg. Aber auch die Einfiihrung neuer Produkte und Leistungen wird teilweise nicht in der bestehenden Organisation realisiert, sondem je nach der Bedeutung durch spezielle Projektteams begleitet (Ottum/Moore 1997, S. 258). Ottum /Moore (1997, S. 265) bestatigten in ihrer Studie, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartnem, insbesondere der Informationsfluss zwischen den Beteiligten, die Misserfolgswahrscheinlichkeit einer Markteinfuhrung erheblich senken konnen. Insgesamt lasst sich festhalten, dass bei den projektbezogenen Aktivitaten aus Sicht der Vertriebspartner insbesondere die Unsicherheit und die Vorteilhaftigkeit von bevorstehenden Veranderungen eine RoUe spielen. Eine ungenttgende Betreuung durch den Hersteller in der Lancierungsphase von Projekten wirkt sich nach Belz/Reinhold (1999a, S. 91) fatal aus und ist hSufig nicht mehr zu korrigieren. Allerdings muss insbesondere bei den projektbezogenen Aktivitaten darauf hingewiesen werden, dass Schwierigkeiten in der Umsetzung und Misserfolg beim Erreichen der gewiinschten Projektziele keineswegs spezifische Probleme von Vertriebsorganisationen darstellen. Vielmehr sind Anderungsresistenz und mangelnde Flexibilitat der Mitarbeiter bei der Implementierung organisationaler Veranderungen in samtlichen Bereichen des Unternehmens zu beobachten (s. GaBner 1999, S. 2; Hammer/Champy 1994, S. 260). Allenfalls verstarken die geografischen, kulturellen imd sprachlichen Distanzen zwischen Hersteller und Vertriebspartner auftretende Probleme. Belz/Reinhold (1999a, S. 91) betonen, dass das Verhaitnis zwischen eingefuhrten und beibehaltenen Neuerungen im intemationalen Vertriebsmanagement kritischer ist als in jedem anderen Bereich des Marketing (Belz/Reinhold 1999a, S. 91). So versanden zahkeiche Initiativen, Vorgaben und neue Formen der Zusammenarbeit still (Belz/Reinhold 1999a, S. 91) oder entwickeln sich zu gefahrlichen Problem- oder Krisenherden.
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
107
5.1.3 Transaktionsatmosphare als soziale Ebene der Interaktion Als dritter Typ von Beurteilungsgegenstanden sind Merkmale der sozialen Interaktion zu nennen, die im Folgenden unter dem Begriff „Transaktionsatmosphare" zusammengefasst werden (s. Renz 1998, S. 216; Hakansson 1982, S. 369; Calaminus 1994, S. 100 ff.). Diesem „weichen" Faktor kommt bei der Bemteilung ein nicht zu unterschatzendes Gewicht zu, da er als „catch all" Variable in erheblichem Masse das Urteil iiber die beiden anderen Ebenen der Interaktion mit beeinflusst und gleichzeitig selbst wesentlich durch diese bestimmt wird (Calaminus 1994, S. 103 f.; Hakansson 1982, S. 21). Die Atmosphare bezeichnet eine soziale Ebene der Interaktion, die durch Aspekte wie bspw. Macht, Offenheit, Vertrauen und Erwartungen gepragt wird (s. Hakansson 1982, S. 21). Tomczak (1997, S. 277) spricht in diesem Zusammenhang von der Transaktionsatmosphare, die u. a. daruber entscheidet, wie beide Partner Spielraume nutzen, die ausserhalb der vereinbarten und messbaren Bereiche existieren. Die Atmosphare wird insbesondere durch die im Laufe der Zeit gesammelten gegenseitigen Erfahrungen und die damit verbundenen Adaptionsprozesse gepragt (Tomczak 1997, S. 277; Hakansson 1982, S. 17 f.). Die Transaktionsatmosphare fordert damit routinemassige Informationsflusse und die Bildung verlasslicher Erwartungen (Hakansson 1982, S. 18). In der Beziehung zwischen Industrieguterherstellem und intemationalen Vertriebspartnem sind folgende Elemente fiir die Atmosphare von besonderer Bedeutung: Die Macht und die Abhangigkeiten, die Konflikte und das Kooperationsverhalten, die Information und die Kommunikation, die Offenheit und das Vertrauen sowie die NShe, die Verbundenheit und das Zugehorigkeitsgefahl (Hakansson 1982, S. 21). Diese Variablen sind dabei interdependent und konnen je nach Situation zu vor- und nachteiligen Effekten fur die Interaktion fuhren (s. Hakansson 1982, S. 21). Eine besondere RoUe im Verhaltnis zwischen Herstelleruntemehmen und intemationalen Vertriebspartnem scheint das Zugehorigkeitsgefahl des Vertriebspartners zur Herstellerorganisation oder zum lokalen Markt und den Kunden zu spielen. Andersson/Forsgren (1996, S. 487) fanden bei einer Untersuchung von 78 Tochtergesellschaften schwedischer Untemehmen heraus, dass der Einfluss der Zentrale abnimmt, je hoher sich Vertriebspartner ihren Kunden zugeh5rig („embedded") fuhlen (Andersson/Forsgren 1996, S. 487). Weiterhin zeigte die Untersuchung, dass der Grad der sozialen Verwurzelung einer Vertriebstochter im Markt haufig grosser ist als intern zur Mutter (Andersson/Forsgren 1996, S. 504). Mitarbeiter in Tochtergesellschaften empfinden deshalb die KontroUe durch den Kunden haufig starker als die KontroUe
108
Kapitel5
durch das Stammhaus. Diese Problematik wird auch in den Untersuchungen von Williamson (1991; 1975) aufgegriffen, die den Vertriebspartner im Spannungsfeld „zwischen Markt und Hierarchic" einordnen (Williamson 1991; Williamson 1975). Ftir den Hersteller resulticrt hicraus ein Ziclkonflikt: Eincrseits ergeben sich aus dcr „Einbeddcdness" des Vertricbspartners, die auch als Dichte des Netzwerkes im lokalen Markt beschrieben werden kann (Andersson/Forsgren 1996, S. 492), erhebliche Vorteile, so z. B. mehr VerkSufe und h5here Eintrittsbarrieren fur die Konkurrenz. Andererseits muss die Zentrale mit zunehmender lokaler Verwurzelung ihrer Niederlassung eine schwindende EinflussmSglichkeit hinnehmen (Andersson/Forsgren 1996, S. 491). Auch sinkt mit steigender Embeddedness das Vertrauen des Vertricbspartners in die Zentrale (Granovetter 1985, S. 490). Benno Birke, Geschaftsfiihrer des Hydraulik-Systemherstellers Hoerbiger-Origa Systems spricht vom ,JCundensumpf*, in dem sich insbesondere altere Vertriebspartner befmden. Diese stehen der Zentrale hSufig nicht gesprSchsbereit und offen gegentiber, sondem verstehen sich als, Anwaite des Kunden". Tomczak (1997, S. 289) beschreibt mQgliche Varianten der sozialen Atmosphare auf einem Kontinuum zwischen der „vertrauensvollen Partnerschaft" und einer „von Misstrauen gepragten Zweckgemeinschaft". Je nach Auspragung der Atmosphare sind Unterschiede m der Interaktion zu beobachten (Hakansson 1982, S. 21). Im Fall einer „vertrauensvollen Partnerschaft" werden beide Parteien auf explizite und ausgefeilte Kontroll-, Uberwachungs- imd Sicherungsmechanismen verzichten. Da eine Ubervorteilimg der anderen Partei ausgeschlossen wird, kann in der Interaktion auf standige und langwierige sowie ftir beide Seiten kostspielige Verhandlungsprozesse verzichtet werden (Tomczak 1997, S. 289). Das Machtverhaitnis zwischen den Parteien wird von Tomczak (1997, S. 289) bei diesen Uberlegungen nicht explizit eingeschlossen. Nach den Ergebnissen von Gaski (1984) und Geyskens et al. (1999) ist jedoch zu vermuten, dass zwar nicht das Machtverhaltnis, jedoch die Austibimg von Macht zu Konflikten fUhrt. Diese senken wiederum das lokale Vertrauen imd die Verbimdenheit mit dem Herstelleruntemehmen (s. auch Coughlan et al. 2001, S. 245; Schogel/Tomczak 1995, S. 45).
5.2
Teilaspekte bei der Beurteilung der Zusammenarbeit in der Praxis
5.2.1 Vielschichtige Teilaspekte bei der Beurteilung durch Vertriebspartner Die konzeptionelle Differenzierung der Beurteilungsgegenstande in Austauschobjekte, Interaktionsprozesse und die soziale Transaktionsatmosphare zeigt zweierlei. Zum ei-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
109
nen wird deutlich, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Vertriebspartner verschiedene Betrachtungsebenen erfordert und damit eine hohe inhaltliche Komplexitat aufweist. Zum anderen kann keine Gruppe von Beurteilungsgegenstanden samtliche Elemente der Zusammenarbeit ausreichend erfassen. Abbildung 5-3 gibt noch einmal einen Uberblick iiber die drei Gruppen von Beurteilungsgegenstanden.
Austauschobjekte
Geschdftsprozesse Lokale Prozasse
Produkteund Leistunfleo , Vertr^bs-
Operativer Vertrieb
Soziale Atmosphere
VerbundenheitQ^^^^^jj Kulturelle ^'^'^^^^ Ndhe Respekt ^ ^ , ^ Sympathie
„_..,
|Marktbe^*, J^uf^s- \ \ Kunden-'.
Beurteilung durch die Vertriebspartner
Abbildung 5-3:
Konzeptionelle Ansatze zu den Beurteilungsgegenstanden der Zusammenarbeit
Es ist davon auszugehen, dass Vertriebspartner in der Realitat alle drei Gruppen in ihre Beurteilung integrieren. Denn bei genauem Hinsehen fallt auch auf, dass die gewahlten Perspektiven Uberschneidungen zulassen. So sind bspw. informationsbezogene Teilaspekte, wie z. B. „der Zeitpunkt der Information bei Lieferengpassen" inhaltlich weder eindeutig dem Austauschobjekt „Information" noch den Prozessen zuzuordnen, so z. B. den Teilprozessen „Auftragsabwicklung" und „Lieferung". Zu beiden Gruppen von Beurteilungsgegenstanden bestehen also inhaltliche Verkniipfungen. Umso konkreter die Teilaspekte der Zusammenarbeit sind und umso geringer folglich der Abstraktionsgrad ist, desto weniger ist es moglich die Teilaspekte eindeutig zuzuordnen. Soziale Aspekte verschmelzen mit prozessbezogenen Aspekten, da soziale Schwierigkeiten der Betroffenen in den Prozessen der Zusammenarbeit auftreten und wahrgenommen werden. Ebenso werden die Austauschobjekte haufig in dem prozessualen Kontext beurteilt, in dem sie von Bedeutung sind. So beurteilen Vertriebspartner bspw. hohe Preisvorgaben in Bezug auf die Marktbearbeitung negativ, die Zahlungsbedingimgen hingegen spielen beim Prozess der Auftragsabwicklung eine entscheidende RoUe.
Kapitel 5
no
Um die Querbeziehungen zwischen den verschiedenen Bezugspimkten der Beurteilung (s. Abbildung 5-3) m5glichst vollstSndig zu erfassen und realitStsnah zu beriicksichtigen, wurde auf Interviews von Praktikem zuruckgegriffen. Ftir den Kontext der vorliegenden Untersuchung konnten im Rahmen der explorativen Einzelinterviews (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37) 56 Teilaspekte erfasst werden, die in den verschiedenen Unternehmen als wichtige inhaltliche Aspekte der Zusammenarbeit gesehen werden und Gegenstand deren Beurteilung sind. Auf Basis der Arbeit von Ruekert/Churchill Jr. (1984) und den Hinweisen im Rahmen des zweistufigen Pretests (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.) verblieben letztlich 43 konkrete Teilaspekte, welche die Zusammenarbeit konkret beschreiben. Diese sind in Tabelle 5-1 dargestellt xmd wurden auf Basis inhaltlicher Gemeinsamkeiten zunSchst grob strukturiert. Um inhaltliche Verzerrungen auszuschliessen, sind sSmtliche Aspekte im englischen Wortlaut aufgefiihrt. Um den Uberblick zu erleichtem, wurden die Teilaspekte verktirzt, die ausfuhrliche Benennimg der Indikatoren ist aus dem Fragebogen im Anhang D (S. 355) ersichtlich. Weiterhin wurde versucht, die einzelnen Teilaspekte den Beurteilungsgegenstanden zuzuordnen (AO = Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphere). Hierbei zeigen sich die angesprochenen inhaltlichen Cfberschneidungen besonders deutlich, - eine eindeutige inhaltliche Zuordnung ist in vielen Fallen nicht mSglich.
Teilaspekte (englisch) Products and services... New product market opportunities The width of the products and services offered Overall quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Support with manuals, handbooks etc. Promotional and general support... Technical and commercial training offered Sales promotion material and product documentations Internal coordination of marketing-instruments IT-support and access to the manufacturer's IT-systems Information about competition, market and customers
Gegenstand AO PR SA
• • •
€ •
0 •
0
c •
0 0 0 0 0 0 0 • 0 0 0 0 0 0 • 0 • 0 0 •
Teilaspekte (englisch) Order handling... Order handling by the manufacturer Meeting of promised delivery dates AvailabiUty of products and parts Handling of damaged products/ warranty cases Social interaction... Overall fairness and honesty of manufacturer Interest of the manufacturer helping to accomplish your goals Overall manner you were treated by manufacturer Cleamess of responsibiUties and number of contact persons Culture and treating of your values... Dealing with your local customs and values
Gegenstand AO PR SA
0
0 c • 0 0 0 • € € 0 •
0 0 • 0 C • 0 0 • 0 • € 0 0
•
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit Relationship with the manufacturer's sales representative Support during local pnce wars
0 •
0 €
Financial conditions... Profits generatedfrommanufacturer's product lines Sales growth potential from manufacturer's product lines
•
o o
Manufacturer credit poHcies
•
0
The manufacturer's overall paying behavior
€
•
Customerfinancingprograms
•
0 0 0
•
111
•
Way of respecting and treating your culture
0
Understanding your language
0 0 0 0 0 0 0
Similarity of your values and the manufacturer's Dealing with different time zones and distances Information and communication behavior... Information about bottlenecks Number, design and usefuhiess of documents/forms Response times to your requests
0 0 0 0
0 • € • 0 • C €
•
0 0 C 0
c 0 0
Incentive programs (bonuses, Availabihty in emergency cases • contests, trips) Inter-ZIntracompany prices of Frequency of exchanging • products and services information Manner of determining budgets Informal exchange of informa• and prices tion Sharing of joint project costs Customer and market• (tradeshows etc.) information, demanded Financial reporting required by Timeliness and completeness of • • the manufacturer information you get Beurteilungsgegenstdnde: AO = Austauschobjekt, PR = Prozesse, SA = Soziale Atmosphare
c
0
c
e
0 0
c
• • •
c 0 0
€ c • C € 0 0 •
Starke des inhaltlichen Bezugs zu Beurteilungsgegenstdnden: 0 = Kein Bezug, • = Starker Bezug, C = Mittlerer Bezug Tabelle 5-1:
Teilaspekte bei der Beurteilung des Herstellers im Wortlaut der Untersuchung
Die in Tabelle 5-1 aufgelisteten Teilaspekte lassen sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten zu sieben Gruppen zusammenfassen. Die Gruppen „Produkte und Services", „Soziale Interaktion", „Marketingsupport" und „Finanzielle Konditionen" stimmen dabei inhaltlich mit den empirischen Ergebnissen von Ruekert/Churchill Jr. (1984, S. 229) iiberein. Hinzu kommen eine logistische Gruppe „Auftragsabwicklung", eine Gruppe „Kultur und Werte" sowie eine Gruppe mit Aspekten der „Information und Kommunikation".
5.2.2 Ergebnisse der Beurteilung Schweizer Industriegiiterhersteller Auf Basis der in Tabelle 5-1 (S. Ill) vorgestellten Teilaspekte der Zusammenarbeit konnte die Zusammenarbeit mit Schweizer Industrieguterherstellem aus Sicht europaischer Vertriebspartner beurteilt werden. Ftir einen Uberblick zu Details der Studie sei an dieser Stelle auf die Darstellung in Absatz 2.4.2.2 (S. 39 ff; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) verwiesen.
Kapitel 5
112
Ftir die Beurteilung war neben den inhaltlichen Teilaspekten der Zusammenarbeit ein Mass zu finden, das die Entsprechung von Erwartung und Wahmehmung in Bezug auf die Teilaspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Vertriebspartner erfasst. Dazu wurde wiederum auf eine direkte Zufriedenheitsmessung zuruckgegriffen, die als Ergebnis zwischen der erwarteten und der wahrgenommenen AusprSgung des beurteilten Teilaspektes zu interpretieren ist. Eine hohe Zufriedenheit spiegelt also die Situation wider, in der die wahrgenommene Auspragung die Erwartungen iibersteigt. Um weiterhin eine Priorisierung zwischen den Teilaspekten vomehmen zu konnen, wurde ftir jeden Teilaspekt die Bedeutung ftir die lokale Geschaftst^tigkeit erfasst. So kann vermieden werden, dass man sich falschlicherweise auf Teilaspekte konzentriert bei denen zwar eine hohe Unzufiiedenheit besteht, die aber fiir die eigentliche Geschaftstatigkeit eine eher nachrangige Bedeutung besitzen. Abbildung 5-4 zeigt solche Teilaspekte der Zusammenarbeit mit Schweizer Industrieguterherstellem, bei denen diese aus Sicht ihrer europaischen Vertriebspartner besonders stark oder besonders schwach beurteilt wurden. Schwtehen Schweizerischer IndustriegOterhersteller
Stilrfcen Schweizerischer lnclu«triegOterherstellf
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1
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Gesamte Art und Weise, in der Sie behandelt werden. Qualrtdt und Design von Produkten und Services.
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Umgang des Herstellers mitt | Zeitzonen und Distanzen, Angebotsbreite von Produkten und Servnes.
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Fairness und Ehrlichkeit des Herstellers.
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Verrechnungspreise fOr Produkte und Leistungen.
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13.99 a
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Finanzierungsprogramme for Kunden.
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3.87 —H
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1
1
Bedeutung
••Bedeutung -o-Zufriedenheit
Abbildung 5-4:
Stirfcen: FOnf Teilaspekte mit den h6chsten Zufriedenheitswerten Schwichen: FOnf Teilaspekte mit den nie
Schweizer Hersteller aus Sicht europaischer Vertriebspartner (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Eine hohe Zufriedenheit besteht bei Aspekten der sozialen Atmosphare und dem Produkt- und Leistungsangebot. Die Fairness und die Ehrlichkeit sowie die Art und Wei-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
113
se, in der Hersteller ihre Vertriebspartner behandeln, erhalten die hochste Zufriedenheit. Aus Sicht der Vertriebspartner kommt diesen Teilaspekten ebenfalls eine besonders hohe Bedeutung zu. Die Qualitat und das Design von Produkten und Leistungen erhalt jedoch von samtlichen Aspekten die hochste Bedeutung. Gleichzeitig zeigen sich die Vertriebspartner mit diesem Aspekt ausserst zufiieden. Auch mit der Sortimentsbreite der Hersteller besteht eine hohe Zufriedenheit, die aus Sicht der Vertriebspartner ebenfalls fiir das lokale Geschaft wichtig zu sein scheint. Lediglich dem Aspekt „Umgang mit verschiedenen Zeitzonen und geografischen Distanzen" kommt aus Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise geringere Bedeutung zu, wahrend grundsatzlich eine hohe Zufriedenheit besteht. Griinde hierfur konnen in der Tatsache liegen, dass die Effekte der europaischen Distanzen und der geringen Zeitverschiebung nicht so stark ins Gewicht fallen, wie dies bei amerikanischen und asiatischen Vertriebspartnem der Fall sein konnte. Die Schwachen der betrachteten Industriegtiterhersteller bestehen in den Teilaspekten, bei denen die hochste Unzufriedenheit besteht. Hierzu gehoren insbesondere Aspekte der Informationspolitik und der fmanziellen Konditionen. Der Information im Fall von Engpassen wie Lieferverzogerungen und technischen Schwierigkeiten wird das grosste Gewicht zugemessen. Griinde hierfur liegen sicherlich in der Bedeutung der Liefertreue, die aus Kundensicht haufig wichtiger ist, als die Dauer bis zur Auslieferung. Obwohl die grossten Unzufriedenheiten der Vertriebspartner im Bereich der Finanzierungsprogramme fur Kunden und der Incentivierung durch den Hersteller bestehen, messen die Vertriebspartner diesen beiden Teilaspekten eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu. Eine besondere Beachtung verdienen die Hohe der Verrechnungspreise. Ihnen kommt aus Sicht der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu, jedoch besitzen sie denfiinfiiiedrigstenZufriedenheitswert aller 43 eingeschlossenen Indikatoren. AUerdings tiberrascht dieses Ergebnis wenig, da Schweizer Hersteller aufgrund ihrer komparativ hohen Produktionskosten eher auf die Wettbewerbsstrategie der Qualitatsfuhrerschaft setzen, die hohe Preise rechtfertigt und im Niedrigpreissegment weniger konkurrenzfahig sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37).
5.3 Empirische Dimensionen der Beurteilung und ihre Kontextabh^ngigkeit 5.3.1 Empirische Analyse der Dimensionalitat der Beurteilung Bei der qualitativen Analyse der vielfaltigen Aspekte, die von Vertriebspartnem zur Beurteilung der Zusammenarbeit herangezogen werden, konnten bereits erste inhaltliche Zusammenhange zwischen den Teilkriterien der Beurteilung aufgezeigt werden.
114
Kapitel5
Ebenfalls wurde in Tabelle 5-1 (S. 111) bereits eine erste inhaltliche Gruppierung vorgenommen, die jedoch lediglich auf subjektiven Einschatzimgen in Bezug auf die inhaltliche Nahe der Aspekte beruht. Hierauf aufbauend wxirde deshalb versucht, die Daten der quantitativ-empirischen Erhebung (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39) zu nutzen, um die Dimensionen der Beurteilung durch Vertriebspartner mittels multivariater Analyseverfahren zu errechnen (s. Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37). Gegenstand waren die in der qualitativen Analyse eraiittelten 43 Teilaspekte der Zusammenarbeit (s. Tabelle 5-1, S. 111). Diese wurden durch siebenstufige Ratingskalen und verbal umschriebene Pole („Very dissatisfied" - „Very satisfied") in Anlehnung an das Vorgehen von Homburg/Rudolph (1998, S. 250) erfragt. Ziel war es, eine Skala zu entwickeln, mit der die Zufriedenheit der Vertriebspartner (im Weiteren „SALESSAr* von „SALESpartner SATisfaction") und deren Dimensionen gemessen werden kdnnen. Der erste Schritt, um die DimensionalitSt der Beurteilung zu ermitteln, war eine explorative Faktorenanalyse. Im vorliegenden Fall wurde auf eine Hauptachsenanalyse zuriickgegriffen, da die Faktoren gefunden werden sollten, die fur die Beurteilung der Zusammenarbeit verantwortlich sind (Backhaus et al. 2000b, S. 286). Um die Unabhangigkeit der gesuchten Dimensionen zu sichem, wurde eine rechtwinklige VarimaxRotation durchgefiihrt. ErgSnzend wurde die von Homburg/Rudolph (1998, S. 253) vorgeschlagene schiefwinklige Oblimin-Rotation eingesetzt, um die Methodeninvarianz zu untersuchen (s. Btihner 2004, S. 166). Bei maximaler Korrelation zwischen den Faktoren (delta = 0) fuhrt diese zur selben Faktorenstruktur wie die rechtwinklige Rotation, allerdings fallen die Faktorladungen nicht so deutlich aus (s. Anhang I, S. 374). Die explorative Faktorenanalyse bestatigte die aus qualitativen Uberlegungen postulierte siebendimensionale Struktur, erforderte jedoch die Elimination einer grossen Anzahl von Indikatoren (s. Tabelle 5-2, S. 116). Konnten einzelne Indikatoren keinem Faktor zugeordnet werden oder liessen sie sich nicht eindeutig nur einem Faktor zuordnen, so wurden diese eliminiert (s. Churchill Jr. 1979, S. 69). Als Eliminationskriterium im Rahmen der explorativen Faktorenanalyse sollte eine Faktorladung nicht unter dem Schwellenwert von .50 liegen, bzw. nicht mehr als eine Faktorladung von uber .50 bei einem Indikator existieren (Backhaus et al. 2000b, S. 269 f). Insgesamt wurden schrittweise eine Anzahl von 20 Indikatorvariablen ausgeschlossen. Die Ladungsmatrix der verbleibenden 23 Indikatoren weist eine hohe Eignung auf Lediglich die Indikatorvariable „Manufacturer credit policies" zeigt eine geringfiigige Unterschreitung des von Backhaus et al. (2000b, S. 286) geforderten Mindestwertes. Jedoch
115
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
erfullt diese das Fumtratt-Kriterium (Fumtratt 1969, S. 66), nach dem ein Item dann einem Faktor zugeordnet werden soUte, wenn die quadrierte Ladung mindestens 50 Prozent der Itemkommunalitat erklart. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben.
New product market opportunities The width of the products and services offered Quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Order handling by manufacturer Meeting of promised delivery dates Availability of products and replacement parts Support with manuals, handbooks, etc. Sales promotion material and documentations Manufacturer credit policies Customer financing programs Incentive programs (bonuses, contests, trips) Sales support relationship with the sales rep Overall fairness and honesty of manufacturer Interest and concern to help you Overall manner you were treated Dealing with your local customs and values Way of respecting and treating your local culture Understanding your language Similarity of your values and the manufacturer's Manufacturer's response times to your requests
Faktoren und Faktorladungen (nach rechtwinkliger Rotation) 4 5 3
6
7
.118
.120
.070
-.004
.119
.011
.177
.144
-.089
.124
.057
.260
.043
.077
.158
.181
.024
-.004
.138
.631
.172
.175
.256
.203
.090
.063
.683
-.010
.045
.162
.149
.246
.246
.712
.023
.073
.144
.075
.163
.376
-.036
.651
.044
.149
.098
.245
.255
.146
.644
.140
.176
.085
.091
.031
.049
-.013
.437
.159
.149
.205
.095
.084
.095
.711
.034
.066
.042
.067
.068
.071
.647
.120
.150
.087
.310
.160
.280
.125
.507
.097
.178
.144
.217
.140
.062
.658
.195
.294
.218
.207
.101
.149
.679
.152
.126
.143
.133
.057
.142
.739
.141
.140
.278
.176
-.036
.150
.095
.625
.200
.216
.136
-.079
.099
.335
.712
.274
-.136
.031
.180
.163
.044
.612
-.151
.003
.269
.172
.142
.234
.509
.194
.173
.295
.143
.143
.144
.189
.571
1
2
.587
.191
.204
.172
.653
.070
.137
.533
.249
.572
116
Kapitel 5
Timeliness of receiving necessary information Completeness of information you get Tabelle 5-2:
.173
.211
.084
.172
.216
.008
.679
.150
.161
.181
.162
.292
.142
.577
Ergebnisse einer explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufriedenheitsindikatoren
In einem nachsten Schritt wurde mit Hilfe des Cronbachschen Alphas die Reliabilitat jeder einzelnen Dimension separat untersucht. Samtliche Dimensionen zeigten im Rahmen dieser Reliabilitatsanalyse sehr zufrieden stellende a-Werte, die teilweise deutlich hoher lagen als der von Nunnally (1978, S. 245) vorgeschlagene Richtwert von .70. Die anschliessende emeute einfaktorielle explorative Faktorenanalyse ergab bei alien Dimensionen die gewiinschte Einfaktorenl5sung, die erklarte Gesamtvarianz lag in alien Fallen hoher als die von Homburg/Giering (1996, S. 12) geforderten 50 Prozent. Es gab demnach keinen Gnmd, weitere Indikatoren aus der Analyse auszuschliessen. In einem letzten Schritt schliesslich wurde jede einzelne Dimension noch einmal mit Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse untersucht. Der Faktor 3 „Marketingund Verkaufssupport" musste von dieser Betrachtung ausgeschlossen werden, da eine Anzahl von zwei Indikatorvariablen eine negative Anzahl von Freiheitsgraden besitzt. Ftir die restlichen Dimensionen kam als Schatzverfahren wiederum die robuste Maximum-Likelihood-Methode zum Einsatz. Bei der SchStzung erwiesen sich samtliche Regressionsgewichte auf dem 1-Prozent-Niveau als signifikant. Samtliche Indikatorreliabilitaten lagen deutlich uber dem geforderten Wert von .40 (Homburg/Baumgartner 1995a, S. 170). Lediglich die Indikatorreliabilitat des Indikators „Similarity of your values and the manufacturer's" erreichte nur knapp den geforderten Wert, wurde aber ebenfalls aus Grunden der Inhaltsvaliditat beibehalten. Die durchschnittliche erfasste Varianz und die FaktorreliabilitSten erreichten in alien Fallen die Mindesthohe von .50 bzw. .60 (Jensen 2001, S. 95 f.; Homburg/Baumgartner 1995a, S. 170). Ftir eine zusammenfassende Darstellimg der Giitekriterien erster und zweiter Generation sei an dieser Stelle noch einmal auf Tabelle 3-2 (S. 62) verwiesen. Tabelle 5-3 (S. 117) stellt noch einmal sSmtliche Giitekriterien der siebenfaktoriellen SALESSAT-Skala mit den verbleibenden 23 Indikatoren dar. Der Vollstandigkeit halber sind auch einige Giitekriterien der ersten Generation aufgefuhrt. Es bleibt festzuhalten, dass sich die Faktorenstruktur der quantitativen Datenanalyse ausgesprochen gut mit den Vermutungen aus der qualitativen Analyse (s. Tabelle 5-1, S. 111) deckt.
117
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
Faktorl: "Produkte und Leistungen"
Faktor 2: "Zuverlassigkeit bei Abwicklungund Liefenmg" Faktor 3: "Marketingsupport" Faktor 4: Konditionen"
Faktor 5: "Soziale Interaktion"
Faktor 6: "Umgangmit Kulturund Werten" Faktor 7: "Inforaiationsund Kommunikationsverhalten"
IR .53
T 6.13
I/T .57
.46
7.40
.55
.54
8.64
.55
.45
8.41
.49
.55 .59
11.82 12.88
.65 .66
Availability of products and replacement parts
.61
12.53
.67
Support with manuals, handbooks, etc. Sales promotion material and documentations
.* _*
_* .*
.57
.48 .57
5.99 7.70
.49 .52
.63
6.72
.64
.47
11.20
.61
.52
11.94
.64
.63 .63 .58
13.47 13.42 7.23
.72 .71 .56
.74
4.10
.61
.47
10.42
.61
.35
9.50
.56
.49
10.85
.61
.75
13.49
.70
.48
10.75
.60
Indikator New product market opportunities The width of the products and services offered Quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Order handling by manufacturer Meeting of promised delivery dates
Customerfinancingprograms Incentive programs (bonuses, contests, trips) Sales support relationship with the sales rep Overall fairness and honesty of manufacturer Interest and concern to help you Overall manner you were treated Dealing with your local customs and values Way of respecting and treating your local culture Understanding your language Similarity of your values and the manufacturer's Manufacturer's response times to your requests Timeliness of receiving necessary information Completeness of information you get
.57
CA
FR
DEF
.79
.80
.51
.81
.81
.59
.72
_*
_*
.78
.79
.56
.84
.84
.57
.82
.82
.54
.79
.80
.57
IR = Indikatorreliabilitat, t = t-Wert der Faktorladung, I/T = Item-to-Total-Korrelation, CA = Cronbachsches Alpha, FR = Faktorreliabilitat, DEF = Durchschnittlich erfasste Varianz, * Bei zwei Indikatoren ist die Berechnung dieser Masse nicht mdglich. Tabelle5-3:
Giitekriterien erster imd zweiter Generationfiirdie SALESSAT-Skala
5.3.2 Inhaltliche Interpretation der ermittelten Beurteilimgsdimensionen Jede einzelne Dimension der SALESSAT-Skala stellt einen inhaltlichen Schwerpunkt der Zusammenarbeit und damit gleichzeitig einen Ansatzpunkt fiir mogliche Massnahmen des Herstellers dar. Die SALESSAT-Skala ermoglicht es, die Dimensionen der Zusammenarbeit messbar zu machen und im Zeit- oder Untemehmensvergleich
Kapitel 5
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einzusetzen. Fiir den Einsatz im Untemehmensvergleich liegen dem Autor bereits erste Erfahrungen vor. Neben der Zufriedenheitsbeurteilung spielt aus Sicht der Vertriebspartner die unterschiedliche Bedeutung der Dimensionen fur die lokale Geschaftstatigkeit eine wichtige RoUe. Die Bedeutung fur die lokale Geschaftstatigkeit wurde neben der Zufriedenheit ebenfalls fiir samtliche Teilaspekte der Zusammenarbeit erhoben. Auch hierzu wurde auf eine siebenstufige Ratingskala, in diesem Fall mit den Polen „Low importance" und, fligh importance" zuriickgegriffen.
B«dMitung fOr
Abbildung 5-5:
Bedeutung der Beurteilungsdimensionen fUr die lokale GeschaftstStigkeit
Abbildung 5-5 zeigt die Bedeutung der einzelnen Dimensionen als arithmetischen Mitteiwert. Als Information iiber die Streuung der Einschatzungen sind zusatzlich die Spannweite und der Median eingezeichnet. Die Abbildung wird in den nachfolgenden Absatzen naher erlautert und interpretiert.
5.3.2.1
Die „Produkt- und Leistungspolitik"
Fiir das lokale Geschaft von enormer Bedeutung ist die Produkt- und Leistungspolitik des Herstellers. Es erstaunt nicht, dass diese aus Sicht des Vertriebspartners eine der wichtigsten Dimensionen darstellt (Arithmetisches Mittel 5.59). Denn die Attraktivitat des Vertriebspartners fUr die Kunden im lokalen Markt wird durch die Fahigkeit bestimmt, dessen Bedtirfnisse moglichst gut zu befriedigen. Vertriebspartner sind deshalb in hochstem Masse daran interessiert, durch innovative, marktgerechte Losungen des Herstellers die Konkurrenz zu uberfliigeln. AUerdings hat der Wert von Innovation
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
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fur manche Kundensegmente auch Grenzen, wenn es um Standardlosungen geht. Andrew Coomber, Sales Manager bei Sulzer Metco UK Ltd., England, betont (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): "We produce equipment, which can be hard to sell because it is too expensive. We tend to overengineer for some market places." Neben der Innovativitat spielen selbstverstandlich, da sie aus Sicht der Kunden kaufbestimmend sind, auch Aspekte der Qualitat und des Designs von Produkten und Services eine Rolle sowie die Breite des Sortimentes. Auch die Haufigkeit, in der neue Produkte und Services eingefUhrt werden, ist aus Sicht der Vertriebspartner bestimmend: Werden nur selten neue Produkte und Services in den Markt eingefUhrt, erschwert dies den Verkauf, der sich nicht durch Innovation vom Wettbewerb differenzieren kann. Ist die Haufigkeit der Einfuhrung neuer Produkte und Leistungen allerdings zu hoch, entstehen lokal andere Probleme: So belasten „Rustkosten", die durch zusatzliche Schulungen, neue Dokumentationen, Verkaufsunterlagen, Konformitatserklarungen und andere Kommunikationsanstrengungen entstehen, das TagesgeschSft. Auch kann es hierdurch dazu kommen, dass der Einftihrungsphase fiir einzelne Produkte nicht die angemessene Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, da man sich zwischen Tagesgeschaft und der Vielzahl von Neueinfuhrungen verzetteh. Josef Vilana, Vertriebsmanager bei der Sulzer Metco Europe GmbH in Madrid, Spanien, fordert deshalb (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): "Manufacturer should better analyze the market needs when designing new products."
5.3.2.2
Die „Zuverlassigkeit bei Abwicklung und Lieferung"
Als wichtigste Dimension fiir die Beurteilung des Herstellers giU bei Vertriebspartnem die „Zuverlassigkeit bei der Abwicklung xmd bei der Lieferung der Leistung". Die hohe Bedeutung, die Vertriebspartner dieser Dimension zumessen (Arithmetisches Mittel 5.95), deckt sich mit den Ergebnissen einer Untersuchung von Belz (2002, S. 185) die unter Fiihrungskraften in marktnahen Funktionen (insbesondere Geschaftsfiihrer, Marketing- und Verkaufsverantwortliche) Schweizer, deutscher und osterreichischer Untemehmen durchgeftihrt wurde. Aus Sicht der Vertriebspartner hat die Zuverlassigkeit des Herstellers in dieser „logistischen" Dimension eine ganz besondere Funktion: Wie aus einer intemen Studie der BASF AG hervorgeht, messen Kunden der Zuverlassigkeit der Lieferung haufig eine hShere Bedeutung zu als der Lieferdauer (Befragung BASF II, s. Tabelle 2-3, S. 37). Das Vertrauen, dass die mit dem Vertriebspartner vereinbarten Konditionen eingehal-
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Kapitel 5
ten werden, ist schliesslich fur Kunden die Basis, um eigene Produktionsplanungen imd die eigene Lieferfahigkeit wiedenim ihren Kunden garantieren zu konnen. Stefan Aldborg, Sales Manager der ABB Automation Technology AB in Vasteras, Schweden, betont hierzu (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „Trust is the name of the game". Die ZuverlSssigkeit des Herstellers entscheidet dariiber, ob der Vertriebspartner seine Versprechen gegentiber dem Kunden halten kann und damit das Vertrauen des Kunden sichert, fbrdert oder aber verliert. Die Zuverlassigkeit des Herstellers erhait aus Sicht des Vertriebspartners die hochste Prioritat in dessen Beurteilung. Dies liegt in der Bedeutung dieses Aspektes fur den Kunden begriindet. Der Kunde und die Beziehung zum Kunden bilden die Grundlage fiir die Machtposition des Vertriebspartners, die Verkaufszahlen und davon abhangige variable Gehaltsbestandteile. Selbst soziale Nutzen, die ein Vertriebspartner bei hoher Embeddedness unmittelbar aus der Kundenbeziehung bezieht, werden durch eine schlechte Marktleistung gefShrdet. Die Bedeutung der Zuverlassigkeit ubertragt sich damit vom Kunden auf den Vertriebspartner.
5.3.2.3
Der „Marketing- und Verkaufssupport"
Die Bedeutung des Supports in Marketing und Verkauf (Arithmetisches Mittel 5.45) ergibt sich fur Vertriebspartner bereits im Tagesgeschaft: Vor allem produktbezogenes Material, das der Hersteller zur Untersttitzung der dezentralen Vertriebsprozesse bereitstellt, fiihrt zu hSheren Verkaufserfolgen. Hierbei geht es um Informationen rund um das Produkt, erganzendes Zubeh5r imd eine klare Beschreibimg der komparativen Konkurrenzvorteile. Wolfgang Fleischfresser, GeschaflsfUhrer des Industriegtiterhandels HAT Hansa TMP im italienischen Modena (Vertriebsbefragimg 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „Often we don't know where is the strength of a product and where could be its potential in the market." Rainer Mehrer, Manager Group Marketing and International Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, sieht grosse Chancen und Umsatzpotenziale, die im Marketing- und Verkaufssupport liegen. Unter der Parole „Easy Buying - Easy Selling" versucht er, in der Marktorganisation den Vertriebspartnem mSglichst schnell die Unterstutzung zu geben, die sie brauchen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Nach seiner Einschatzung versuchen insbesondere Mitarbeiter in unabhangigen Vertretungen die Produkte zu verkaufen, die sie leicht verkaufen konnen. „Ich muss den Vertriebspartner dazu befahigen, dass er meine Produkte leichter verkaufen kann als die anderer Hersteller", so Mehrer. Ein guter Support im Marketing und Verkauf erleichtert es dem Verkaufer, mehr zu ver-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
121
kaufen, was zur Erreichung der Ziele des Herstellers beitragt. Dies bestatigt auch Markus Kistler, Letter Verkauf und Marketing des Baumaschinenhandlers Probst Maveg SA in Lyss, Schweiz. Er verweist dabei auf vielfaltige Vorteile, die sich ftir Vertriebspartner aus Prospekten in landesiiblicher Sprache, umfangreichen Verkaufsunterlagen und Schulimgen mit diesen, Informationen zu Produktdetails und Argumentationshilfen ergeben. Sie erleichtem eine Abgrenzung und helfen, den Kunden zu iiberzeugen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). So bieten manche Hersteller so genannte „Produkteseiten" an, auf denen eigene und fremde Produkte anhand der wichtigsten technischen Daten verglichen werden. Hierdurch wird es dem Vertriebspartner erleichtert, vor dem Kunden die richtigen Argumente zu treffen.
5.3.2.4 Die „Finanziellen Konditionen" Der Faktor „Finanzielle Konditionen" beinhaltet die Politik des Herstellers in Bezug auf Finanzienmgshilfen und Incentivierung. Dazu gehoren sowohl Bedingungen, um Ware zu iiberlassen und zu liefem, als auch Unterstutzung von Erweiterungsfinanzierungen. Finanzierungsprogramme fur Kunden wie z. B. Leasing und Vorfinanzierung gehoren heute zu wichtigen Marketinginstrumenten im Bereich des Pricing und erlauben auch finanzschwachen Kunden den Erwerb der Leistungen, wodurch sich der Markt ftir den Anbieter vergrSssert. Die Unterstutzung des Kunden in Finanzierungsfragen spielt insbesondere aus Sicht deutscher und Schweizer Hersteller eine besondere Rolle, da diese aufgrund ihrer Herstellkosten zu hoheren Verkaufspreisen anbieten miissen. Zu den finanziellen Konditionen des Herstellers zahlen auch die Programme der Incentivierung, die durch attraktive Boni, Verkaufswettbewerbe oder Reisemoglichkeiten wichtige Anreize geben und die Vertriebsmitarbeiter zu hoheren Leistungen motivieren konnen. Der Faktor 4 „Finanzielle Konditionen" erhalt von alien sieben Faktoren mit dem arithmetischen Mittelwert von 4.55 die geringste Bedeutung fiir das lokale Geschaft. Bei genauer Betrachtung fallt auf, dass diese Dimension aber auch die grosste Streuung aufweist. Mehr als 50 Prozent der Befragten schatzen seine Bedeutung hoher ein (s. Abbildung 5-5, S. 118). Eine Detailanalyse (s. Abbildung 5-6, S. 122) zeigt, dass befragte Verkaufsleiter (Arithmetisches Mittel von 4.73) denfinanziellenKonditionen ein erheblich hoheres Gewicht beimessen als befi-agte Geschaftsfuhrer (Arithmetisches Mittel von 4.27; Signifikanz des Mittelwertunterschiedes auf dem 1-Prozent-Niveau). Dies mag an der unmittelbaren Betroffenheit liegen: Verkaufsleiter im Kundenkontakt nehmen unmittelbar die Probleme wahr, die aus fehlenden Finanzienmgshilfen resul-
Kapitel 5
122
tieren. Ebenfalls richten sich Boni und andere Incentivierungsprogramme des Herstellers vorrangig an die Vertriebsmitarbeiter und machen Verkaufsleiter damit in besonderem Masse betroffen.
GMChiftsfOhrar
f
Tochterg«sellschaften
VcrtriebsMtM-
!=*=+ o a
3
i , ••....-...!•::: i ..
T....:: 0
o -o-
0
, Arithm. Mittel 4.27*N
102
4.73***
Distributoren
1
87
Arithm. Mittel N
4.43*** 179
4.97*** 54
1
1 1
|***:p
Abbildung 5-6:
Bedeutung der Beiirteilungsdimension, Jinanzielle Konditionen" und Verteilimg fur verschiedene Fallgnippen
Eine weitere Analyse zeigt (s. Abbildung 5-6), dass sich auch die Einschatzungen der Mitarbeiter von Tochtergesellschaften von denen unabhangiger Distributoren unterscheiden. Distributoren messen den finanziellen Konditionen eine signifikant (1Prozent-Niveau) h6here Bedeutung (4.97) zu als die Mitarbeiter von Tochtergesellschaften (4.43). Dies scheint die hohe Streuung plausibel erklSren zu k5nnen, da sich die Beziehung zwischen Hersteller und Distributoren nicht wie bei Tochtergesellschaften durch eine rechtliche Zugeh5rigkeit, sondem hauptsSchlich durch kommerzielle Interessen an einer Zusammenarbeit bestimmt. Das Interesse an finanziellen Aspekten der Zusammenarbeit ist also bei rechtlich unabhangigen Vertriebspartnem gerade die Basis fiir die Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Einen guten Uberblick zur Problematik der finanziellen Konditionen fiir Tochtergesellschaften und Vertretungen fmdet sich bei Belz/Reinhold (1999a, S. 159 ff.).
5.3.2.5
Die „Soziale Interaktion"
Wie bereits mehrfach erlautert (s. Absatz 5.1.3, S. 107), spielen aus Sicht der Vertriebspartner auch verschiedene Aspekte der „Sozialen Interaktion" mit dem Hersteller eine wichtige Rolle. Die Dimension „Soziale Interaktion" erhalt in der vorliegenden
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
123
Untersuchung allerdings nur eine mittlere Bedeutimg (Arithmetisches Mittel 5.56; Rang vier von sieben). Zu den Aspekten der sozialen Interaktion gehoren insbesondere die Fairness und Ehrlichkeit des Herstellers, das Interesse und die Sorge, die der Hersteller fur die Erreichung der Ziele eines Vertriebspartners zeigt. Aber auch die gesamte Art und Weise, in der ein Vertriebspartner vom Hersteller oder dem regionalen Headquarters des Herstellers behandelt wird, stellt eine wichtige Facette der sozialen Interaktion dar. Die Bedeutung der Dimension „Soziale Interaktion" ist allerdings nicht unumstritten (s. Abbildung 5-5, S. 118). Der Median weist nach der „Zuverlassigkeit bei Abwicklung und Lieferung" den hochsten Wert auf (s. Abbildung 5-5, S. 118). Das bedeutet, mindestens 50 Prozent der Befragten messen der Bedeutung dieser Dimension den Wert 5.58 oder hoher zu. Das arithmetische Mittel wird also in erheblichem Masse durch die Streuung nach unten beeinflusst. Mit anderen Worten messen die Halfte der Befragten der sozialen Interaktion einen ausgesprochen hohen Punktwert zu. Es gibt jedoch auch einige Befragte, die eine ganzlich abweichende Einschatzung vertreten und die Aspekte der sozialen Interaktion fur unbedeutend halten. Diese wenigen Extremwerte im unteren Wertebereich beeinflussen damit das arithmetische Mittel erheblich. Die Bedeutung der sozialen Aspekte der Interaktion fur die Einstellung der Vertriebspartner und das Verhalten gegenuber Kunden und dem Hersteller wurde bereits vertiefl (s. Kapitel 3, S. 49 ff.). Henrik Sjowall, Vertriebsmitarbeiter der UAB Geotronics Vilnius in Vilnius, Litauen, betont noch einmal die Bedeutung der sozialen Aspekte (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „There must be a certain ,feel good factor' too, since we are no robots. All business is personal in the end."
5.3.2.6
Der „Umgang mit Kultur und Werten"
Ebenfalls im Kontext der sozialen Beziehungen zwischen Hersteller und Vertriebspartner angesiedelt, befmdet sich die Dimension „Umgang mit Kultur und Werten". Obgleich Aspekte der kulturellen Unterschiede zwischen Landem und Organisationseinheiten vielfach zum Gegenstand von Anekdoten (s. Absatz 4.1.2.1, S. 81) imd wissenschaftlicher Diskussionen gemacht wurde (einen Uberblick geben Kutschker /Schmid 2002, S. 655 ff.; Belz/Reinhold 1999a, S. 56 ff.), schenken die Vertriebspartner diesen kulturellen Aspekten auffallend wenig Beachtung (Arithmetisches Mittel 4.91). Zu den beurteilten Teilaspekten gehoren etwa der Umgang des Herstellers mit den lokalen Gebrauchen und Werten, die Ahnlichkeit dieser lokalen Werte mit denen
124
Kapitel 5
des Herstellers, die Art und Weise, in der der Hersteller diese Kultur des Gastlandes respektiert und behandelt sowie das VerstSndnis der lokalen Sprache und Schrift. Griinde flir die aus Sicht der Vertriebspartner geringe Bedeutung dieser Dimension liegen einerseits in der schon aufgezeigten zunehmenden Ahnlichkeit der Kulturen im regionalen Kontext. Die Bedeutung der kulturellen Dimension f^Ut demnach bei einer weltweiten Befragung weit hSher aus, als es bei der vorliegenden regionalen Fokussierung der Fall war. Andererseits ist die Bedeutung von kulturellen Aspekten, da diese auf einer wertemSssigen, teilweise unbewussten Sinnesebene liegen, nach Ansicht des Autors nur schlecht ilber eine direkte Befragung erfassbar und den Befragten ggf. gar nicht bewusst. Darttber hinaus ist es mSglich, dass die Bedeutung kultureller Aspekte aufgrund der Tendenz zur extemen Ursachenattribution teilweise in der Wissenschafl und aus Sicht der Zentrale tiberschatzt wird, wenn diese das Scheitem einer Marketingimplementienmg begrttnden.
5.3.2.7
Das „Informations- und Kommunikationsverhalten"
"Information is the key, that 'opens' all sales channels" unterstreicht Krzysztof Lubowiecki. Sales Manager der ABB in Lodz, Polen (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Als letztgenannte Dimension der Beurteilimg des Herstellers kommt dem „Informations- und Kommunikationsverhalten" aus Sicht der Vertriebspartner die drittstSrkste Bedeutung zu. Zu wichtigen Teilaspekten dieser Dimension gehoren z. B. die Lange der Reaktionszeiten auf Anfragen an den Hersteller, die Zeitigkeit mit der der Hersteller informiert sowie die VoUstSndigkeit von Informationen die der Vertriebspartner vom Hersteller erhalt. Zu den Informationen, die der Hersteller dem Vertriebspartner zuganglich machen kann, geh5ren insbesondere produkt-, leistungs-, kunden- und wettbewerbsbezogene Informationen. So gewShrleistet eine filihe Information liber mogliche Lieferengpasse, dass der Kunde ebenso fitihzeitig informiert wird und sich dementsprechend einrichten kann. Informationen zu Wettbewerbem imd deren Strategien in anderen Markten unterstiitzen unmittelbar den Verkauf, wie auch Informationen tiber das Vorgehen von Kunden in anderen MSrkten. Vertriebspartner weisen darauf hin, dass Kunden iiber NeuprodukteinfUhrungen iiber andere KanSle fi^er und besser informiert sind als die Vertriebspartner selbst. Hierdurch leidet die vom Kunden wahrgenommene Kompetenz sowie das Vertrauen des Kunden in den Vertriebspartner.
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
125
Belz/Reinhold (1999a, S. 147) sprechen sogar von der „Kommimikativen Ftihrung" der Niederlassimgen, wodurch sie die zentrale Bedeutung der Information im Machtgefuge zwischen Hersteller und Vertriebspartner in den Mittelpunkt riicken. Und trotzdem wird dem Stellhebel der Kommunikation in vielen Untemehmen keine ausreichend hohe Aufinerksamkeit geschenkt. So werden zwar haufig Informationssysteme eingefiihrt, die aber nicht den Mdglichkeiten entsprechend genutzt werden (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 238 ff.). Francisco Mesquita, Sales Manager der Handelsgesellschaft Caupel LDA in Porto, Portugal, betont zurecht (Vertriebsbefragimg 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „With all the new ways to inform, the manufacturer should provide more and better information about all the new that happens in the company and in the other markets."
5.3.3 Abhangigkeit der Beurteilungsdimensionen von lokalen Kontextfaktoren Die Vermutung liegt nahe, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit selbst unmittelbar durch die Situation beeinflusst wird, in der diese vorgenommen wird (Achrol et al. 1983, S. 55). Zieht man die Zufiriedenheit als Beurteilungsmassstab heran, so kann man sich das Zustandekommen eines situativen Einflusses am besten vergegenw^rtigen. Denn die Zufriedenheit ist das Ergebnis eines Beurteilungsprozesses, bei dem die wahrgenommene Auspragung des Beurteilungsgegenstandes mit der normativerwarteten Auspragung verglichen wird (s. Parasuraman et al. 1985, S. 42; Parasuraman et al. 1991, S. 422). Folglich konnen situative Unterschiede in der Beurteilung dann entstehen, wenn sich entweder die Erwartungen oder aber die wahrgenommene Auspragung des Beurteilungsgegenstandes in Abhangigkeit von der Situation andem. Diese Vermutung wird durch die im Rahmen dieser Untersuchung gefahrten qualitativen Experteninterviews erhartet (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Vertriebspartner, die sich in einer besonderen Situation befmden, haben besondere Erwartungen an die Unterstutzung durch den Hersteller, so z. B. an die PreisspielrSume und finanzielle Konditionen in besonders intensiven Wettbewerbssituationen. Um die vermutete Situativitat der Beurteilung quantitativ-empirisch zu iiberprufen, wurden stellvertretend fur jede der flinf Gruppen von Kontextfaktoren jeweils eine Variable ausgewahh. Als Auswahlkriterien galten dabei inhaltliche Uberlegungen, die aus den Interviews resultierten ebenso wie Erkenntnisse ahnlicher wissenschaftlicher Untersuchungen und den dort gewahlten situativen Variablen (s. Jaworski/Kohli 1993, S. 55; Kumar et al. 1995, S. 64; Mohr et al. 1996, S. 113). Im Einzelnen werden die
Kapitel 5
126
„Unsicherheit des lokalen Umfelds", die „lokale Wettbewerbsintensitat", die „Profitabilitatssituation des Herstellenmtemehmens", die „Gr6sse der lokalen Vertriebsorganisation" sowie die ,JDauer der Beziehung mit dem Herstellenmtemehmen" herangezogen, um die Auspragung der fiinf Kontextfaktoren der lokalen Situation zu erfassen (s. Abbildung 5-7, S. 126).
Lokale Kontextfektoren
Loltale Beurteilung
Variablen
Allgemeines lokales UmfeM
• Unsicherheit des Umfoldes,
^
Spezifische Markt-und KundensJtuation
•Wettbevwbsintensitat,
^
Organisation des Herstelieruntemehmens
• Pmfihihilitflt
^
des Herstellers,
"
Abbildung 5-7:
• GrOsse der loluilen Organisation,
Managerdes lolcaien Vertriebs
• Beziehungsdauer zum Hersteller.
^
^
V-
LoiuieVertriebsorganisation
^
.doZHiie
^^^^^^^^H
^^nteralction^^^^PIH^^^^ ^ ^ ^ ^ ^ • | ^ ^ ^ ^ \ K u l t u r unci^V
^^^^^^^^^
Vermuteter Einfluss der Situation auf die Beurteilung durch Vertriebspartner
Zur Uberpnifung der vermuteten Kausalbeziehungen zwischen den Kontextvariablen und der Beurteilung der Zusammenarbeit wurden sieben multiple Regressionsmodelle errechnet, die Auskunft iiber die Gtite und die Starke der Beziehungen geben. Eine vor der Durchfuhnmg der Regressionsanalyse vorgenommene Uberpnifung der Pramissen, insbesondere der HeteroskedastizitSt, der Autokorrelation sowie der Multikollinearitat (s. Backhaus et al. 2000b, S. 33 ff.) deutet auf eine gute Eignung des Datenmaterials hin. Tabelle 5-4 fasst die Ergebnisse der Regressionsmodelle zusammen. Eine ausfuhrliche Erlauterung der Operationalisierung der situativen Variablen und eine Interpretation der Ergebnisse wird in den folgenden Absatzen 5.3.3.1 (S. 127) bis 5.3.3.5 (S. 134) gegeben. Ftir anschauliche Darstellungen und ErlSuterungen zu den Verfahren der Regressionsanalyse und der multiplen Regressionsanalyse sei an dieser Stelle auf Schira (2003, S. 105 ff. und S. 535 ff.) und Backhaus et al. (2000b, S. 1 ff.) verwiesen. Die Gute und die inhaltlichen Ergebnisse der in Tabelle 5-4 dargestellten multiplen Regressionen werden im Folgenden fiir jede der Kontextvariablen inhaltlich vertieft.
127
Multiple Regression Faktor 1 (zSatOl) • Unsicherheit des Umfelds • Wettbewerbs• Profitabilitat des Herstellers • Lokale Anzahl Mitarbeiter • Beziehungsdauer
P (standardisierte Regressionskoeffizienten) Faktor 6 Faktor 2 Faktor 5 Faktor 3 Faktor 4 (zSat06) (zSat02) (zSat04) (zSat05) (zSat03) _ 24*** -.13** -.23***
.13**
.02
.13**
-.10
.06
.07
.03
.26***
.16**
.12*
.13*
.16**
.22***
.13**
-.15**
-.15**
-.18***
-.01
-.25***
-.10
_ j9***
.10
-.03
.11*
.15**
.07
.04
.06
.36 .13 6.12 .000
.40 .16 8.22 .000
.31 .10 4.83 .000
.34 .12 6.15 .000
Globale Giitekriterien des Modells R .36 .29 .35 R^ .13 .08 .12 F-Wert 6.62 4.05 6.15 Signifikanz.000 .002 .000 niveau n = 238;n. s.:p> .10,*:p< 10,**:p< 05, ***:p< .01 Tabelle 5-4:
Faktor 7 (zSat07) -.23***
Multiple Regression der situativen Einflusse auf die Dimensionen der Beurteilung
5.3.3.1 Lokale Unsicherheit erschwert Vorgehen des Herstellers Die Forschung in Distributionskanalen hat gezeigt, dass die Unzufriedenheit, die Frustration und Konflikte in der Zusammenarbeit zwischen Herstellem und Vertriebspartnem in unsicheren Umweltbedingungen zunehmen (Achrol et al. 1983, S. 56). Vertriebspartner woUen unter unsicheren Umweltbedingungen ein Hochstmass an Flexibilitat erhalten (Dwyer et al. 1987, S. 21 ff.), zeigen weniger Commitment, insbesondere unabhangige Vertretungen glauben weniger an die Fortfuhrung der Beziehung zum Hersteller (Kumar et al. 1995, S. 57). Die Verkaufsergebnisse gehen in solch unsicheren Situationen haufig zuriick. Vertriebspartner neigen starker zu einer extemen Ursachenattribution (Kumar et al. 1995, S. 57; s. Absatz 4.2.2, S. 99), da sie wissen, dass die Einflussmoglichkeit des Flerstellers geringer ist als in stabilen Situationen, die sie sich aber in dieser Situation starker wiinschen. Zur Messung der Variable „Unsicherheit des lokalen Umfelds" („Environmental uncertainty") wird auf ein semantisches Differenzial von Kumar et al. (1995, S. 64) zuruckgegriffen. Dieses misst, wie volatil und unvorhersehbar sich das Verkaufsgebiet des Vertriebspartners in Bezug auf die Produkte und Leistungen des Herstellers dar-
128
Kapitel 5
stellt (Kumar et al. 1995, S. 59). Mit steigender Unsicherheit sind gesteigerte Erwartiingen an den Hersteller iind damit eine tendenziell sinkende Zufriedenheit verbunden (s. Abbildimg 5-8). Der Vergleich zwischen Vertriebspartnem in Situationen mit hoher Unsicherheit (4. Quartil) mit solchen in Situationen mit geringer Unsicherheit (1. Quartil) zeigt den Einfluss der wahrgenonmienen Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilimg der Zusammenarbeit des Herstellers deutlich. .Produkteund Leistungen'
'7
.informations- und Kommunikationsverhalten'
6
wx // .Umgang mit Kultur und Werten"
(*)
.ZuverUissigkeit bei At)wickkjng undUefomng'
5.12
3 S.
^I^J*^"*""''^ y—*''''^'\\ \ \
2
\
X
•*"«~i^ .Marketingsupport*
/ 5.30
\\
\ Yl7
\ \J
—^•''' *-^
\ )r
.Soziale
'-^—
Interaktion'
.Rnanzielle Konditk)nen'
(-)
r*)
HoheUnsKhertieitdes Umfekto (4. Quartil. ns69)
•>••— Geringe Unsichertieit des Umfekt8(1. Quartil. ns46) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden
7 =: sehr zufrieden
n. 8.: p > .10, *: p < .10. **: p < .05. ••:p<.01 *
Abbildung 5-8:
Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds auf die Beurteilung des Herstellers
Bei hoher Unsicherheit fallt das Zufriedenheitsurteil in Bezug auf samtliche Dimensionen der Zusammenarbeit deutlich geringer aus als im Fall einer geringen wahrgenommenen Unsicherheit. Ein Test auf Mittelwertgleichheit bestatigt das Ergebnis fiir die einzelnen Dimensionen auf dem jeweils angegebenen Signifikanzniveau (s. Abbildung 5-8). Die stSrksten Unterschiede in der Beurteilung liegen bezogen auf das „Informations- und Kommunikationsverhalten" des Herstellers vor. Aus Sicht des Vertriebspartners tragt gerade die Information Uber neue Entwicklungen, Innovationen und Strategien des Herstellers dazu bei, Unsicherheiten abzubauen. Besonders deutliche Unterschiede liegen auch in der Beurteilung des „Marketingsupports" und den „Finanziellen Konditionen". Beide Aspekte helfen dem Vertriebspartner in besonderem Masse, seine Position im Markt zu stSrken und dariiber Unsicherheiten zu beseitigen.
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
129
Die Ergebnisse des Quartilsvergleichs decken sich hinsichtlich der Signifikanz sowie der Richtung und der Starke der Zusammenhange mit den Ergebnissen der multiplen Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 127). Lediglich die Signifikanz des eher schwachen negativen Zusammenhanges mit der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistiingen" kann bei der multiplen Regression nicht auf dem 10-Prozent-Niveau bestatigt werden. Da der Mittelwertunterschied dieser Dimension beim Quartilsvergleich auf dem 1-Prozent Niveau signifikant ist, deutet dies darauf hin, dass die Beurteilung der „Produkte und Leistungen" fiir einen mittleren Bereich der Unsicherheit (Falle des 2. und 3. Quartils) keine Assoziation mit der Situation zulasst. Die Unsicherheit als Determinante der Beurteilungsdimension „Produkte und Leistungen" erhalt folglich vor allem in Extremsituationen mit sehr starker oder sehr schwacher Unsicherheit ihre hochste Relevanz.
5.3.3.2 Hohe Wettbewerbsintensitat erfordert fmanzielle Spielraume Die lokale Wettbewerbsintensitat besitzt aus Sicht der Vertriebspartner eine besondere Bedeutung, wie bereits die Ausfuhrungen zu Abbildung 4-4 (S. 99) in Absatz 4.2.2 (99 ff.) gezeigt haben. Die Wettbewerbsintensitat erfasst dabei, in wie weit Wettbewerber sich durch ihr Verhalten, ihre Ressourcen und ihre Fahigkeiten im Vergleich zum Anbieter differenzieren konnen (Jaworski/Kohli 1993, S. 59 f.). Wie Kohli/Jaworski (1990, S. 15 f.) herausfanden, kann eine Vertriebsorganisation bei fehlender oder geringer Wettbewerbsintensitat selbst dann gute Ergebnisse erzielen, wenn sie nicht marktorientiert und ihr Produkt- und Leistungsangebot nicht optimal auf Kundenbedtirfhisse abgestimmt ist, da die Kunden keine Altemativen besitzen und auf die Produkte und Leistungen des Anbieters angewiesen sind. Im Gegensatz dazu haben Kunden in wettbewerbsintensiven Situationen viele Altemativen, um ihre Bediirfiiisse und Wiinsche zu befriedigen (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Daraus ergibt sich, dass eine Organisation, die Kundenwunsche nicht so gut wie der Wettbewerb bedient, in wettbewerbsintensiven Zeiten Kunden an Wettbewerber verliert und damit schlechtere Marktergebnisse erzieU (Jaworski/Kohli 1993, S. 57). Die Forderung nach einer starkeren Orientierung an den Bedtirfiiissen des Kunden wird von Vertriebspartnem deshalb in wettbewerbsintensiven Situationen mit mehr Nachdruck gestellt. Die zur Messung der Variable „Wettbewerbsintensitat" („Competitive Intensity") verwendete Operationalisierung entspricht der von Jaworski/Kohli (1993, S. 68) verwendeten Muli-Item Skala. Die multiple Regressionsanalyse in Tabelle 5-4 (S. 127) weist
Kapitel 5
130
ftir die unabhangige Variable Wettbewerbsintensitat lediglich einen einzelnen signifikanten Zusammenhang auf, der auf dem 5-Prozent-Niveau zur Beurteilimgsdimension „Marketingsupport" besteht. Es erstaimt, dass es sich hierbei um einen positiven Zusammenhang handelt, d. h., die Beurteilimg des Marketing-Supports fallt mit steigender Wettbewerbsintensitat tendenziell besser aus. Der Quartilsvergleich mit dem entsprechenden t-Test auf Mittelwertgleichheit fUhrt zum selben Ergebnis. J»rodu*cteund Leistu 8.) .Informations- und Kommunikationsverhalten* . (n. 8.) ^
6
.ZuverlflS8igkeit bei AtMinckking und Liofefung" (n. 8.)
175
.Umgang mit i f S f e i T ^ ' ^ ' ' / \ ^ ~ ^ * " 7 ; ^ A ^ Kulturund »—-^ NJ**' / \ ' y ^ ^• ' — ^ .Martcetingaupport" Werten" \ / \ yr
D
-'•—
.Soziale •nteraWion(n. 8.)
.Finanzielle Konditionen" («)
Hohe Wettbewerbsintensitat (4. Quartil, n=58)
—•— Geringe Wettbewerbsintensitat (1. Quartil, n=58) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden,.... 7 = sehr zufrieden n. 8.: p > .10,': p < .10, **: p < .05, " •: p < .01
Abbildung 5-9:
Marketingsupport und finanzielle Konditionen als zentrale Ansatzpimkte in umkampften M^kten
Als Erklarung hierfiir bieten sich wiederum zwei Ansatzpunkte an. Es ist zu hinterfragen, in welchem Masse sich die Erwartungen in Bezug auf den Marketingsupport verandem. Hier ist sicherlich mit einer steigenden Erwartungshaltung gegeniiber dem Hersteller zu rechnen, die allerdings damit das Ergebnis nicht zu erklaren hilft. Lenkt man den Blick auf die wahrgenommene AusprSgung des Beurteilungsgegenstandes, die dem Vertriebspartner als Referenzmass ftir die Beurteilung dient, so erhSlt man einen weiteren Ansatzpunkt. Hersteller neigen in verscharften Wettbewerbssituationen eher dazu, zusatzlichen Support im Bereich der Verkaufsunterlagen, Prasentationen Oder gemeinsamen Kundenbesuchen zu geben. Massnahmen in diesem Bereich sind fur den Hersteller mit geringeren Kosten verbimden, als weitgehende Eingestandnisse bei den finanziellen Konditionen. Die von Fredy A. Lienhard, President und Delegierter des Verwaltungsrates, Lista Holding AG, Erlen (Schweiz) aufgezeigten Ansatze fur Marketinganstrengungen in turbulenten Zeiten scheinen diese Uberlegungen zu besta-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
131
tigen: „Look for new market niches, no price-war, continue sales promotion and improve tracking of all marketing programs" (Belz et al. 2003, S. 45). Dies zeigt sich auch im Quartilsvergleich, denn wShrend die Zufiiedenheit mit dem Marketingsupport in wettbewerbsintensiven Situationen steigt, sinkt die Zufiiedenheit mit den fmanziellen Konditionen des Herstellers (Signifikanzniveau von 5-Prozent) als Ergebnis einer steigenden Erwartungshaltung des Vertriebspartners.
5.3.3.3 Krisen des Herstellers setzen Vertriebspartner unter Druck In den letzten Jahren waren viele deutsche und Schweizer Industriegiiterhersteller in starkem Masse von den negativen konjunkturellen Entwicklungen betroffen. Als Hersteller aus Landem mit vergleichsweise hohen Herstellkosten, zeigte sich bei diesen eine vergleichsweise geringe Flexibilitat, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Als Folge dessen hatten und haben etliche Hersteller erhebliche Schwierigkeiten, ihr Geschafl profitabel zu erhalten und waren gezwungen, umfangreiche Sparmassnahmen und Umstrukturierungen in Gang zu setzen. Prominente Beispiele waren z. B. ABB und Von Roll. Nach einer Studie der Mercer Management Consulting Schweiz waren von 20 fiihrenden Industriegiiterherstellem der Schweiz im Zeitraum Juni 2001 bis Juni 2002 17 Hersteller von EBIT-Schrumpfungen von bis zu 100 Prozent betroffen, 15 der 20 Untemehmen mussten zum Teil erhebliche Umsatzriickgange hinnehmen (MMC 2003a, S. 21). Die Hersteller Sulzer, Saurer, Unaxis, Von Roll, Leica Geosystems und Mikron Holding erzielten im Berichtsjahr 2001 sogar einen negativen EBIT. Im Folgejahr verzeichneten die ABB, Georg Fischer, Unaxis und Bucher Verluste, die teilweise in Rekordhohe lagen. Die Unsicherheit des Herstellers und die von diesem initiierten Programme zur Verbesserung der finanziellen Lage ubertragen sich auch auf seine intemationalen Vertriebspartner. Diese sind von geringeren Ressourcen im Stammhaus und resultierenden Knappheiten bei der Untersttitzung ebenso betroffen wie durch ambitionierte bis unrealistische Zielvorgaben und Streichungen im Produkt- und Leistungsportfolio. Hersteller gehen bei der Umsetzung von neuen Zielen meist nicht differenziert vor, daher mtissen haufig profitable Tochtergesellschaften mit effizienten Strukturen die Massnahmenpakete in gleichem Masse tragen wie Vertriebspartner mit erheblichen Verbesserungspotenzialen.
Kapitel 5
132
Der Einfluss, den die Profitabilitatssituation des Herstellers auf die lokale Beurteilung hat, wird durch die multiple Regressionsanalyse in Bezug auf alle Dimensionen der Zusammenarbeit signifikant bestatigt. (s. Tabelle 5-4, S. 127). Auch der Gruppenvergleich von Vertriebspartnem, deren Hersteller iiber eine hohe respektive geringe Profitabilitat verfugen, zeigt die resultierende Diskrepanz in der Beurteilung. Die beiden Gruppen der geringen und hohen Profitabilitat wurden, da es sich bei der vorliegenden Variable um eine ordinale Skala handelt, durch die Zusammenlegung der jeweils extremsten Kategorien gebildet, fiir die Nennungen vorlagen. Auch hierbei weisen die Mittelwertvergleiche in samtlichen Dimensionen mindestens auf dem 5-Prozent-Niveau signifikante Unterschiede auf Der starke Einfluss der Herstellersituation auf die lokale Beurteilung wird damit nachhaltig bestStigt. J^rodukteund Leistungen' {T) .Informations- und Kommunikationsvertialten' I
6
)
11
1 1 i 1 .Umgang mit Kultur und \ Werten'
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.Zuverttssigkeit beiAbwtokhjng undLiefening' t***\ \ I
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.Soziale Intaraktion
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.Finanzielle Konditk)nen'
r*)
.Marketingsuppoff {**) — * — Geringe Profitabilitat des Herstelieruntemehmens (Kategorien .Rather, Mainly und Highly unprofitable". n=32) - " » - Hohe ProfitabiNtat des Herstelleruntemehmens (Kategorien Highly und Mainly profitable. n=62) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden
7 = sehrzufrieden
n. s.: p > .10, •: p < .10. **: p < .05, ***: p < .01
Abbildung 5-10: Einfluss der Profitabilitat des Herstellers auf die Zufiiedenheit mit den Beurteilungsdimensionen
5.3.3.4
Grosse Vertriebspartner stellen hohere Anspriiche
Der Einfluss des situativen Faktors „Organisationsgr6sse" auf die Spezialisierung, die Delegation, den Koordinationsaufwand oder generell die Biirokratisierung einer Organisation wurde bereits vielfach zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht (s. KieserAValgenbach 2003, S. 209 ff; Ford/Slocum Jr. 1977, S. 564 ff; Weber 1972, S. 551 ff). Die Grosse einer lokalen Vertriebsorganisation hat, wie es
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
13 3
scheint, einen nicht zu unterschatzenden Einfluss auf das Verhaltnis zum Herstellenmtemehmen. Wahrend grosse lokale Vertriebsorganisationen zusatzliche Anstrengungen im Verkauf selbst schultem konnen (Mohr et al. 1996, S. 110), so z. B. bei Messeauftritten und bei den Verkaufsunterlagen, fehlen hierzu den kleineren Vertriebspartnem die notwendigen zeitlichen und finanziellen Ressourcen. Andererseits besitzen grosse Vertriebsorganisationen aber aufgrund ihres hoheren Spezialisierungsgrades und der grosseren Arbeitsteilung auch eine h6here Professionalitat und Formalisierung bei den verschiedenen Teilprozessen der Zusammenarbeit (s. KieserAValgenbach 2003, S. 210). Gr6ssere lokale Vertriebsorganisationen besitzen in der Kegel mehr Erfahrung in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellem und kennen die Moglichkeiten, die auf Herstellerseite bestehen. Insgesamt erwachsen deshalb hohere Anforderungen an die Art und den Umfang der Unterstutzung durch den Hersteller. Die Organisationsgrosse eines Vertriebspartners wurde in dieser Untersuchung, wie in der Literatur verbreitet, durch die Anzahl der Mitarbeiter in der lokalen Vertriebsorganisation gemessen (s. Mohr et al. 1996, S. 110). Die multiple Regressionsanalyse (s. Tabelle 5-4, S. 127) zeigt negative Zusammenhange zwischen der Grosse der lokalen Organisation und der Zufriedenheit mit den sieben Beurteilungsdimensionen, jedoch nur fur funf dieser Dimensionen sind die Zusammenhange auch auf dem 5-Prozent Niveau signifikant. Fiir die fiinf Beurteilungsdimensionen „Produkte und Leistungen", ,Abwicklung und Lieferung", „Marketing-Support", „Soziale Interaktion" und „Information und Kommunikation" bedeutet dies, dass mit steigender Organisationsgrosse die Differenz zwischen erwarteter und wahrgenommener Leistung zunimmt. Dem Hersteller fUUt es also schwerer, die Erwartungen des Vertriebspartners zu erfallen, je grosser dessen lokale Vertriebsorganisation ist. Am stSrksten fallen Erwartung und Leistung in den Bereichen der „Sozialen Interaktion", der „Information und Kommunikation" sowie des „Marketing-Supports" auseinander. Fiir die Dimensionen „Finanzielle Konditionen" und „Kultur und Werte" besitzen die Regressionskoeffizienten keine Signifikanz auf dem 10-Prozent-Niveau. Der Quartilsvergleich zwischen dem ersten und vierten Quartil der Organisationsgrosse bringt erstaunliche Ergebnisse zutage (s. Abbildung 5-11, S. 134). Lediglich far die beiden Dimensionen „Finanzielle Konditionen" und „Kultur und Werte" liegen deutliche Mittelwertunterschiede zwischen den Gruppen vor, der Mittelwertunterschied fiir die Beurteilungsdimension „Kultur und Werte" ist auf dem 1-Prozent-Niveau hochsignifikant. Fiir die anderen fanf Dimensionen liegen hingegen weder erkennbare Mit-
Kapitel 5
134
telwertunterschiede vor, noch sind diese auf dem 10-Prozent-Niveau signifikant (s. Abbildung 5-11,8.134). Dies lasst darauf schliessen, dass der Umgang mit, JCultur und Werten", wie auch die „finanziellen Konditionen" gerade fUr sehr kleine Vertriebsorganisationen eine besondere Bedeutung besitzen. Kleine und grosse lokale Organisation werden durch den Umgang des Herstellers mit, JCultur und Werten" aussergewohnlich stark unterschieden (s. Abbildung 5-11), wahrend sich fUr die Gesamtheit der Falle (s. Tabelle 5-4, S. 127) weder ein deutlicher noch ein signifikanter Zusammenhang ergibt. Fur die anderen ftinf Dimensionen stellt sich dies genau andersherum dar: Fiir die Gesamtheit der Falle ist ein signifikanter linearer Zusammenhang zwischen der Organisationsgrosse und der Beurteilung erkennbar (s. Tabelle 5-4, S. 127). Fiir die Extrema der kleinen und grossen Vertriebsorganisationen (1. und 4. Quartil) sind die Mittelwertunterschiede jedoch nicht signifikant. .Produtrteund Leistungen*
J".Informations- und KommunikationsverhaKen' (n. s.) N
6
.Zuveriflssigkeit bei Abvvickiung >• undUefenjng' (n.8.)
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3
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.Umgang mit ^^iL^—"^ Kultur und v — ^ ' ^ ^ v ^ Werten" \ \
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.'V4.97 •^'^—, .Marketingsupport* (n. 8.)
5^7* — * — GrossetokaleOrganisatfon (4. Quartil. n=51) .Soziale Interaktion* (n. 8.)
.Finanzielle Konditionen' (n.8.)
—*— Kleine k)kale Of9anisatk)n (1. Quartil, n=S6) Achsenbeschriftung: 1 = sehr unzufrieden
7 = sehrzufrieden
n. 8.: p > .10,': p < .10, •*: p < .05, *"•: p < .01
Abbildung 5-11: Beurteilung der Zusammenarbeitfiirunterschiedliche Grfissen der lokalen Vertriebsorganisation
5.3.3.5
Zunehmende Beziehungsdauer bringt Erleichterungen
Bereits Hakansson (1982, S. 17) betont, dass die Dauer der Zusammenarbeit zwischen zwei Organisationen durch die Anzahl der persOnlichen Erfahrungen im sozialen Austauschprozess wesentlich iiber das Zustandekommen von Vertrauen und den Erfolg der Geschaftsbeziehung bestimmt. Wie Anderson/Weitz (1989, S. 320) gezeigt haben.
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
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11£
erhoht sich das Vertrauen und verbessert sich die Erwartungsbildung in reifenden Beziehungen zwischen Hersteller imd Vertriebspartner. Kumar et al. (1995, S. 57) zeigen, dass sich die Gesamtqualitat der Beziehung zum Hersteller im Laufe der Zeit erhoht. Frazier (1983, S. 68) und Dwyer et al. (1987, S. 11 ff.) argumentieren, dass rationale Vertriebspartner Beziehungen zu solchen Herstellem vermeiden werden, bei denen sie sich nicht gut behandelt fUhlen. Wenn gewiinschte Ergebnisse nicht erzieh werden konnen, kann die Beziehung schnell enden (Kumar et al. 1995, S. 57). Erhalten Vertriebspartner hingegen die gewiinschten Ergebnisse aus der Zusammenarbeit zum Hersteller, bereitet dies den Weg fiir eine tiefere Zusammenarbeit (Kumar et al. 1995, S. 57). Nach dieser Ansicht besitzt die zufrieden stellende Zusammenarbeit schon in frtihen Phasen eine wichtige Bedeutung und ist notwendige Bedingung fUr eine Ausweitung der Zusammenarbeit. Die Dauer der Beziehung zum Herstelleruntemehmen wird, wie von Mohr et al. (1996, S. 113) vorgeschlagen, als Single-Item Indikator gemessen, der erfasst, wie lange der Vertriebspartner bereits die Produkte und Leistungen des Herstellers verkauft (s. Kumar et al. 1995, S. 59). Die multiple Regression der Beziehungsdauer mit den sieben Beurteilungsdimensionen kann lediglich einen Zusammenhang fiir die Dimensionen „Marketingsupport" imd „Finanzielle Konditionen" signifikant bestatigen. Demnach steigt mit der Dauer der Beziehung zum Hersteller die Zufriedenheit mit dem Marketing-Support und mit den fmanziellen Konditionen (s. Tabelle 5-4, S. 127). Verantwortlich ftir diesen Zusammenhang ist ggf. die Zuveriassigkeit von Erwartungen, die sich auf Grundlage der langjahrigen Erfahrung mit dem Hersteller verbessert. Der Quartilsvergleich kommt zu ahnlichen Ergebnissen. Ftir die Beurteilungsdimensionen „Informations- und Kommimikationsverhalten", „Produkte und Leistungen" und „Abwicklung und Lieferung" kann auch hier kein signifikanter Mittelwertunterschied ermitteh werden. Fiir die Dimension „Finanzielle Konditionen" besteht im Quartilsvergleich ebenfalls kein signifikanter Mittelwertunterschied. Im Bereich des „Marketing-Support" kann - wie in der Regressionsanalyse - ein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Hinzu kommen die Dimensionen „Kultur und Werte" und „Soziale Interaktion", fur die beim Quartilsvergleich ebenfalls ein deutlicher, wenn auch nur schwach signifikanter Zusammenhang ermittelt werden kann (s. Abbildung 5-12, S. 136).
Kapitel 5
136
.Produkte und Leistungen'
Jn.8.)
61
.Informations- und KommunikationsvertiaRen' . (n. 8.) ^
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.Finanzielle Konditionen' (n. 8.)
^
Lange Dauer der Beziehung zum Hersteller (4. QuartH, n=63)
—•—
Kurze Dauer der Beziehung zum Herstener(1.Quartil.n=56) Achsenbe8chriftung: 1 = sehr unzufrieden
7 = sehr zufrieden
n. 8.: p > .10, •: p < .10. **: p < .05. —: p < .01
Abbildung 5-12: Unterschiede der Beurteilung bei unterschiedlicher Dauer der Beziehung zum Hersteller
Insgesamt lasst sich damit festhalten, dass der Einfluss der Beziehungsdauer auf die Beurteilung der Zusammenarbeit ausgesprochen schwach ausfallt. Nach der Argumentation der weiter oben aufgeftihrten Autoren wMre anzunehmen gewesen, dass insbesondere die Dimensionen „Soziale Interaktion", ,JtCultur und Werte" und „Information und Kommunikation" besonders stark durch die Dauer der Zusammenarbeit beeinflusst wiirden, da sie direkten Bezug zu den sozialen Aspekten der Zusammenarbeit und den dort agierenden Akteuren aufweisen. Nach den hier vorliegenden Ergebnissen scheint es also, als wurde die Bedeutung der Beziehimgsdauer zum Hersteller tendenziell tiberbewertet.
5.4 Zwischenfazit: Spannungsfeld zwischen Situation und Vertriebsgestaltung An dieser Stelle werden die Ergebnisse der Abschnitte 5.1 (S. 103 ff.) bis 5.3 (S. 113 ff.) noch einmal zusammengefasst. Zentrale Ergebnisse der vorangegangenen Abschnitte imd Absatze waren: • Die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller erfolgt anhand vielfaltiger Teilaspekte, die durch bisherige konzeptionelle Ansatze (s. Abschnitt 5.1, S. 103 ff) nicht vollstandig erfasst werden. Die Auswertung der explorativen Interviews, die der Autor in der Vertriebsorganisation intemationaler Industriefirmen gefixhrt hat (s. Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37), zeigt die Vielfalt der Beur-
Inhaltliche Dimensionen der Zusammenarbeit
137
teilungsaspekte in der Praxis (s. Tabelle 5-1, S. 111). Im Rahmen der quantitative!! Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) wufden die identifizierten Beurteilungsaspekte genutzt, um die ftihrenden Schweizer Industriegtiterhersteller aus Sicht der europaischen Vertriebspartner zu beurteilen (s. Absatz 5.2.2, S. I l l ff.). Eine Analyse zeigt, dass Vertriebspartner insbesondere finanzielle Aspekte und die Informationspolitik Schweizer Hersteller bemangeln (s. Abbildung 5-4, S. 112). • Uber die exemplarische Beurteilung der Schweizer Hersteller hinaus konnte durch eine mehrstufige Datenanalyse die Dimensionalitat der Beurteilung durch die Vertriebspartner ermittelt werden (s. Absatz 5.3.1, S. 113 ff.). Es wurden sieben Beurteilungsdimensionen identifiziert, die von Vertriebspartnem zur Beurteilung eines Herstellers herangezogen werden. Die einzelnen Dimensionen sind die „Produktund Leistungspolitik", die „Zuverlassigkeit bei Abwicklung und Lieferung", der „Marketing- und Verkaufssupport", die „Konditionenpolitik", die „soziale Interaktion", der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten" sowie das „Informations- und Kommunikationsverhalten" des Herstellers. Fiir jede der sieben Dimensionen wurde die relative Bedeutung fiir den lokalen Geschaftserfolg ermittelt und ausfuhrlich interpretiert (s. Absatz 5.3.2, S. 117 ff. und Abbildung 5-5, S. 118). • Im Weiteren wurde untersucht, inwieweit die Beurteilung durch die Vertriebspartner vom lokalen Kontext abhSngt (s. Absatz 5.3.3, S. 125 ff.). Es zeigt sich, dass die einzelnen Kontextvariablen in unterschiedlichem Masse Einfluss auf die verschiedenen Beurteilungsdimensionen besitzen (s. Tabelle 5-4, S. 127). Besonders deutlich wurde der Einfluss der Situationsvariablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds", „Profitabilitat des Herstellers" und „Gr6sse der lokalen Vertriebsorganisation" auf die Beurteilung der Zusammenarbeit (s. Absatz 5.3.3.1, S. 127 ff; Absatz 5.3.3.3, S. 131 ff.; Absatz 5.3.3.4, S. 132 ff.). Bei der Interpretation wurde herausgestellt, dass sich im Kontext der lokalen Situation die Erwartungen an die Leistungen des Herstellers zu andem scheinen, weshalb sich die Zufriedenheit mit dem Hersteller bei gleich bleibender Unterstiitzung durch diesen massgeblich verandem kann.
138
Kapitel 5
Abbildung 5-13: Lokale Beurteilung im Spannungsfeld von Situation und Vertriebsgestaltung
Insgesamt zeigt sich damit, dass die Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem Hersteller nicht alleine von dessen Vertriebsgestaltung abhangig ist, sondem ebenso durch die lokale Situation und deren VerMndenmgen bestimmt wird. Die lokale Beurteilung befindet sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einfliissen der lokalen Situation und der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S. 138).
Vertriebsgestaltimg des Herstellers
139
6 Ansatzpunkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung 6.1 Uberblick zu AnsStzen der Vertriebsgestaltung Vertriebspartner fordem vielfach, mit ihren Anliegen starker bei der Vertriebsgestaltung des Herstellers beriicksichtigt zu werden. Zwar erkennen viele Hersteller die Vorteile, die mit einer besseren Zusammenarbeit verkntipft sind, doch in den wenigsten Untemehmen werden systematisch Losungen entwickelt, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit aktiv zu verbessem. Die Ausfuhrungen in Kapitel 3 (S. 49 ff.) haben bereits gezeigt, dass die Zufiiedenheit der Vertriebspartner eine wichtige Voraussetzung darstellt, um mitarbeiter- vmd marktbezogener Ziele des Herstellers zu erreichen. Um eine hohe Zufiiedenheit herzustellen, miissen Hersteller die Situation berucksichtigen, in der sich Vertriebspartner befinden. Die in dieser Arbeit empirisch ermittelten Beurteilungsdimensionen (s. Abschnitt 5.3, S. 113 ff.) und deren situative AusprSgung (s. Absatz 5.3.3, S. 125 ff.) geben Anhaltspunkte fiir eine Vertriebsgestaltung, die in besonderem Masse der Zufiiedenheit intemationaler Vertriebspartner Rechnung tragt. Die Relevanz (s. Kapitel 3, S. 49 ff.) und die Determinanten (Kapitel 4, S. 79 ff und Kapitel 5, S. 103 ff.) der Zufiiedenheit unter Vertriebspartnem als zwei von drei zentralen Forschungsfragen dieser Arbeit (s. Abschnitt 1.3, S. 6) wurden bereits eingehend untersucht. Die dritte noch zu beantwortende Forschungsfi'age fokussiert die Altemativen, die einem Hersteller zur Verbesserung der Zusammenarbeit zur Verfiigung stehen. Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage werden mSgliche Ansatzpunkte der Vertriebsgestaltung und deren situative Eignung naher untersucht. Es stellt sich die Frage, aus welchen Strategien und Massnahmen der Hersteller generell wahlen kann (s. Abschnitt 6.2, S. 140 ff. und 6.3, S. 160 ff), inwieweit diese die lokale Situation berucksichtigen miissen und in welcher Abfolge der Hersteller sein Vorgehen vorteilhafter Weise organisieren sollte (s. Abschnitt 6.4, S. 249 ff). Die Unterscheidung in strategische und operative Ansatze wird anhand der Fristigkeit und dem Konkretisierungsgrad der Gestaltungsaltemativen vorgenommen. Diese Unterscheidung wird den Ansatzpunkten nicht in jederlei Hinsicht gerecht. Denn bspw. Teamorganisationen (Absatz 6.3.4, S. 181 ff) oder das Informationsmanagement (Absatz 6.3.8, S. 231 ff ) besitzen sowohl strategische als auch operative Aspekte. Obgleich die Strukturierung demnach keine absolute TrennschMe besitzt, ermoglicht sie es zwischen richtungweisenden Grundoptionen und konkreten Stossrichtungen zu unterscheiden.
Kapitel 6
140
Um ein systematisches Vorgehen bei der Um- und Durchsetzung von Aktivitaten zur Verbessenmg der Zusammenarbeit zu untersttitzen, wird als erganzender Zugang eine dynamische Betrachtung herangezogen (s. Abschnitt 6.4, S. 249 ff.). Dabei wird ein vierstufiger Managementprozess modelliert und beschrieben, der Hersteller bei der Diagnose der Zusammenarbeit, der Planung und Gestaltung von Massnahmen sowie deren KontroUe anleitet. Anschliessend erfolgt anhand der erarbeiteten Ansatze in Abschnitt 6.5 (S. 260 ff.) eine Analyse konkreter Untemehmen in Form von Fallstudien. Diese Durchdringung trSgt zimi besseren VerstSndnis der situativen Differenzierung der Vertriebsgestaltung bei. Abbildung 6-1 (S. 140) zeigt die gewShlten ZugSnge zur Vertriebsgestaltung des Herstellers und deren Verzahnung mit der Situation des Vertriebspartners und bildet damit den gedanklichen Rahmen fiir Kapitel 6. Abschnitt
Inhalte
Perspektive
Sintegische Konfiguratioti Operative Koordiiution und Untetstat2ung
H
Prozessder Vertriebsgestaltung
vL
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Abschnitt 6.2
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A1
Abschnitt 6.3
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Abschnitt 6.4
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Abschnitt 6.S
^m
UntemehmensMlie
^ 4 Abbildung 6-1:
1
Ansatzpimkte, Prozess und situative Differenzierung der Vertriebsgestaltung
6.2 Strategische Konfiguration der Vertriebsorganisation 6.2.1 Strategische Stellhebel der Konfiguration In der Literatur zur Organisationstheorie werden verschiedene Konzepte und Masse zur Erfassung und Beschreibxmg von formalen Organisationsstrukturen vorgeschlagen (s. KieserAValgenbach 2003, S. 71 ff.). Hierzu gehoren bspw. die Spezialisienmg, die Partizipation, die Zentralisierung imd die Formalisierung (s. KieserAValgenbach 2003, S. 71; Ruekert et al. 1985, S. 15; DwyerAVelsh 1985, S. 399). Ghoshal/Nohria (1989, S. 325) halten die Zentralisierung und Formalisierung fur die wichtigsten Konstrukte bei der Analyse intemationaler Marktorganisationen. Ferrell/Skinner (1988, S. 104) heben neben Formalisierung und Zentralisierung die Bedeutung verschiedener „forma-
141
Vertriebsgestaltung des Herstellers
ler Fiihrungsstile" hervor, die Marktorganisationen pragen. Zu den formalen Ftihrungsstilen gehoren insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Fiihrungsstile, die nach Gencturk/Aulakh (1995, S. 757 f.) den intemationalen Vertrieb in besonderem Masse kennzeichnen (s. auch Jaworski/Maclnnis 1989, S. 407). Auf Basis der von Ferrell/Skinner (1988, S. 104) vorgeschlagenen Auswahl und der Konzeptualisierung von Jaworski/Maclnnis (1989, S. 407) werden im Folgenden die Zentralisierung, die Formalisierung und ergebnis- und prozessorientierte Fiihrungsstile herangezogen, um die „strategische Konfiguration" der intemationalen Vertriebsorganisation zu erfassen. Durch den Begriff „strategische Konfiguration" soil einerseits der allgemeine und in der Kegel langfristige Charakter dieser Stellhebel zum Ausdruck gebracht werden. Andererseits wird durch den Begriff der „Konfiguration" betont, dass es sich um Rahmenbedingungen fiir Vertriebspartner handelt, die allerdings aus der Perspektive des Herstellers beeinflussbar sind (s. DwyerAVelsh 1985, S. 400). Der Grad an Zentralisierung bezieht sich auf die hierarchische Ebene, die Entscheidungsautoritat besitzt (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Entscheidungen, die an niedrigere Ebenen delegiert werden, bezeichnet man als dezentralisiert, Entscheidungsbefugnisse, die auf Top-Ebene behalten werden, hingegen als zentralisiert (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) weisen darauf hin, dass durch die Zentralisierung von Entscheidungskompetenz die zentralen Einheiten begiinstigt werden, weshalb es insbesondere in der Zusammenarbeit mit starken Vertriebspartnem zu emsthaften Auseinandersetzungen kommt. Tabelle 6-1 fasst die wichtigsten Griinde zusammen, die Untemehmen bei der Entscheidung zu zentralem oder dezentralem Vorgehen im intemationalen Vertrieb antreiben. Wie in Tabelle 6-1 dargestellt, lasst sich einerseits zwischen Faktoren der extemen Situation unterscheiden, die zur Zentralisierung oder Dezentralisierung fiihren und andererseits den Vorteilen, die sich Untemehmen aus der jeweiligen Altemative versprechen. Cavusgil/Myers (2000, S. 56) betonen, dass die Herausforderung darin liegt, die Balance zu halten zwischen der Kostenerspamis und der Erhohung von Margen auf der einen Seite und der Befriedigung von Kundenbediirfiiissen und der Erhaltung der lokalen Wettbewerbsfahigkeit auf der anderen Seite. Griinde
Zentrales Vorgehen
Dezentrales Vorgehen
Exteme Situation
• Zunehmende Konvergenz im Nachfrageverhalten, • Akzeptanz von globalen Marken, • Harmonisierung von intemationalen Standards und Verfahren,
• Nationalstaaten und Protektionismus, • Tarifliche und aussertarifliche Handelshemmnisse, • Einzigartige Branchen- und Produktstandards,
Kapitel 6
142
Interne Vorteile
• Diffusion einheitlicher Technologien, • Integration nationaler Markte durch Wirtschaftsunionen, • Internationale Professionalitat und Koordiniertheit des Wettbewerbs. • Kostenreduktion, • Synergien in zentralen Aktivitaten, • Zentrales Know-How und zentrale Ressourcen, • Verbesserte und einheitliche Qualitat von Produkten und Prozessen, • StSrkere Mfiglichkeit zur KontroUe und Oberwachung.
Tabelle 6-1:
• Lokale Markterfordemisse: Kundenbediirfiiisse, Wettbewerbssituation, Vertriebsstrukturen, • Kulturelle Differenzen, • Geografische Trennung. • Mdglichkeit auf lokale Bediirfiiisse einzugehen, • Schnelle Reaktionsm5glichkeiten auf wechselnde Umweltbedingungen, • Nutzung lokaler Talente und FShigkeiten, • Schaffung von untemehmerischem Geist, Verantwortlichkeitsgefuhl und Moral, • Erh5hung der lokalen Wettbewerbsfahigkeit, • Erhalt der Ergebnisverantwortlichkeit lokaler Manager.
Exteme Situation und interne Vorteile als Determinanten der Zentralisierung (In Anlehnung an Cavusgil/Myers 2000, S. 55 f.)
Wie bereits welter oben erwahnt, wird neben der Zentralisierung Mufig die Formalisierimg herangezogen, um das Wesen von intemationalen Organisationen zu analysieren (Ghoshal/Nohria 1989, S. 325). Formalisienmg umfasst die Standardisierung und Dokumentation von AblSufen, Regeln und Rollen sowie deren Umsetzung (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). Unter Formalisienmg fallen damit alle Ansatze zur Standardisierung von Informations-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozessen bei der Entwicklung und Durchsetzxmg von Massnahmen im Marketing und Vertrieb (Backhaus et al. 2000a, S. 369). Diese untemehmensweite Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Entscheidungsfmdung wird in der Literatur zum intemationalen Marketing auch hSufig als Prozessstandardisierung bezeichnet (Backhaus et al. 2000a, S. 369). Aus Sicht des Herstellers wird die Formalisienmg meist unter Effizienzgesichtspunkten betrachtet. Backhaus et al. (2000a, S. 370) heben die folgenden Vorteile eines formalisierten Vorgehens hervor: • Entlastung von Planungs- imd Entscheidungsinstanzen, • Realisienmg organisatorischer Rationalisierungspotenziale, • Vereinfachung der Koordination durch Schaffung von Transparenz der Entscheidungsfindimg, • Erleichterung landerttbergreifender ControUingmassnahmen und • Sicherstellung einer Abstimmung landerspezifischer Massnahmen. Formalisienmg bestimmt somit den Grad an Autonomic imd den Entscheidungsspielraum eines Vertriebspartners (Dwyer/Oh 1987, S. 356). In der Forschung wird betont,
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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^
143
dass die weitgehenden Befolgung von Regeln und definierten Ablaufen haufig negative Folgen fur die Betroffenen mit sich bringt (Geyskens et al. 1999, S. 228). Dwyer/Oh (1987, S. 356) nennen bspw. die intrinsische Motivation eines Vertriebspartners, die durch Formalisierung reduziert wird. Als drittes Merkmal zur Beschreibung der formalen Marktorganisation wird der formale Fiihrungsstil des Herstellers herangezogen (s. Jaworski/Maclnnis 1989, S. 407). Auf Basis zentraler Forschungsbeitrage zur organisationalen Ftihrung (s. Child 1972; Jaworski 1988; Ouchi 1979) kSnnen formale Fuhnmgsstile in Anlehnung an Gencturk/Aulakh (1995, S. 757) als „management-initiated mechanisms [Anm. d. Verf.; „verstanden werden,"] that are designed to regulate organizational activities to ensure their conformance to established expectations." Dabei kSnnen insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Ftihrungsstile unterschieden werden (Gencturk/ Aulakh 1995, S. 757), die sich in Abhangigkeit von der lokalen Situation der Vertriebspartner unterscheiden konnen (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnem eher zu ergebnisbezogener KontroUe, wahrend der Hersteller bei weniger erfolgreichen Vertriebspartnem versucht, uber ein starkeres Eingreifen in die Vorgehensweise des Vertriebspartners die Position am Markt zu verbessem (s. auch Absatz 4.1.3.2, S. 90). Damit es dem Hersteller gelingt, eine strategische Konfiguration der intemationalen Vertriebsorganisation vorzunehmen, die optimal auf die korrespondierenden Situationen abgestimmt ist, sind nicht nur Kenntnisse tiber die lokale Situation erforderlich. Vielmehr wird auch die Kenntnis tiber die Eignung der verschiedenen Konfigurationsaltemativen fiir die verschiedenen Situationen benotigt, um tiber deren Einsatz zu entscheiden (Gencturk/Aulakh 1995, S. 756; Dwyer/Welsh 1985, S. 401; Stem/Reve 1980, S. 54). An diese Gedanken schliesst Absatz 6.2.2 an, in dem die Wirkungen der vorgestellten Konfigurationsahemativen in verschiedenen Situationen untersucht werden. 6.2.2 Situative Differenzierung der Vertriebskonfiguration 6.2.2.1 Methodischer Exkurs zur moderierten Regression In diesem Absatz werden wichtige methodische Grundlagen erlautert und ein Konzept vorgeschlagen, um die situative Eignung der strategischen Konfigurationsahemativen zu tiberpriifen. In diesem Zusammenhang konnen drei Gruppen von Variablen unterschieden werden. Hierzu gehoren Variablen der strategischen Konfiguration, der loka-
144
Kapitel 6
len Situation und der lokalen Ergebnisse. Abbildung 6-2 (S. 144) zeigt die drei Variablengruppen und deren Zusammenhange. Variabten dar lokalan Sttuation
VariaMandarstrategiachan Konflgunrtion
| Modariarender
**^ Direkters Effekt
Variablan dar lokalan
Dirakter ~ Effekt '
Abbildung .6-2:
Vermutete Beziehungen zwischen Regressor, Regressant und Moderatorvariablen
Als Variablen der strategischen Konfiguration werden die bereits in Absatz 6.2.1 (S. 140 ff.) vorgestellten Altemativen ,^entralisierung", „Formalisierung" und „Fuhrungsstile" herangezogen. Details zur Messung der jeweiligen Variablen finden sich in den Absatzen 6.2.2.2 (S. 147 ff.), 6.2.2.3 (S. 150 ff.) und 6.2.2.4 (S. 153 ff.). Um die Wirkungen der verschiedenen Konfigurationsaltemativen zu erfassen, ist ein Bewertungsmassstab fiir die lokalen Ergebnisse festzulegen. Als Ergebnisgrossen kommen verschiedene (bereits in Absatz 3.1.1, S. 49 ff aufgezeigte) wirtschaftliche, effektivitats- und potenzialbezogene Zielgrdssen in Betracht, wie z. B. die lokale Verkaufsleistung oder der wirtschaftliche Markterfolg. In der voriiegenden Untersuchung wird die lokale Zufriedenheit der Vertriebspartner („Channel Member Satisfaction") als Ergebnisgrosse herangezogen, da untersucht werden soil, ob und wie unterschiedlich die Konfigurationsaltemativen in verschiedenen lokalen Situationen aus Sicht des Vertriebspartners beurteilt werden (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 760). Fur die Messung der Variablen „Channel Member Satisfaction" wird hierbei wiederholt auf die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte und validierte Skala zuriickgegriffen. Das verwendete Messmodell der Variablen „Channel Member Satisfaction" sowie die Angaben bezuglich der ErfUllung von Giitekriterien erster und zweiter Generation finden sich in Anhang G - 1 (S. 365). Als letzte Gruppe von Variablen sind die Variablen der lokalen Situation zu erfassen, deren moderierende Effekte untersucht werden sollen. Hierzu werden die bereits in
Vertriebsgestaltung des Herstellers
145
Absatz 5.3.3 (S. 125 ff.) vorgestellten Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds", „Lokale Wettbewerbsintensitat", „Grosse der lokalen Organisation" und „Beziehungsdauer mit dem Hersteller" verwendet. Die in Absatz 5.3.3 (S. 125 ff.) berUcksichtigte Situationsvariable „Profitabilitat des Herstelleruntemehmens" wird an dieser Stelle von der Untersuchimg ausgeschlossen, da zu vermuten ist, dass sie stark mit der Vertriebsgestaltung des Herstellers assoziiert ist. Die Variable wirkt durch ihren Einfluss auf die Vertriebsgestaltung des Herstellers zwar indirekt auch auf die lokale Situation, allerdings diskriminiert sie damit im vorliegenden Modell nicht ausreichend scharf genug von den Gestaltungsvariablen. Eine klare Zuordnung ist damit nicht moglich. Um die vermuteten Moderatoreffekte der situativen Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds", „Wettbewerbsintensitat", „Organisationsgr6sse" und „Beziehungsdauer" zu testen, wird fiir jede Konfigurationsaltemative eine hierarchische moderierte Regressionsanalyse durchgefuhrt. Dabei werden sowohl direkte Effekte als auch indirekte Moderatoreffekte beriicksichtigt. Das Vorgehen im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse wird im Folgenden kurz erlautert. Zunachst sei angenommen, dass die Ergebnisvariable Y eine lineare Funktion der Konfigurationsvariable X sei. (1)
y = a + b'x
Demnach wird also unterstellt, dass sich die Ergebnisse Y andem, wenn sich die Konfigurationsvariable X Sndert. Weiterhin wird angenommen, dass die Anderungen in Y auf die Veranderungen der Variablen X zuruckzufuhren sind. Zur Schatzung dieser linearen Beziehung konnte eine einfache Regressionsanalyse herangezogen werden. In Absatz 5.3.3 (S. 125 ff.) wurde bereits erortert und empirisch iiberpriift, dass ebenfalls direkte Effekte der Anderungen von Situationsvariablen S auf die lokale Zufriedenheit wirken. Die Gleichung (1) ist dementsprechend um unabhangige Situationsvariablen zu ergSnzen. (2)
y = a + brx + b2'S
Neben dem direkten Effekt der Variablen S auf die Ergebnisgrosse Y ist femer davon auszugehen, dass die Starke der Beziehung zwischen der Konfigurationsvariablen X und der Ergebnisvariablen Y (X -> Y) durch die Situationsvariable S moderiert wird. Mit anderen Worten ist der Regressionskoeffizient Bi abhangig von der Situationsvariablen S. Daraus ergibt sich Gleichung (3). (3)
b]=c
+ d's
Kapitel 6
146
Setzt man Gleichung (3) in Gleichung (2) ein, so ergibt sich neben den direkten Beziehungen von X und S auf Y noch der Interaktionsterm zwischen den Gestaltungsvariablen X und den Situationsvariablen S. Der Interaktionsterm gibt an, inwiefem die situative Variable die Beziehung zwischen den Variablen X und Y moderiert und wird deshalb auch als „Moderatoreffekt" oder, Jnteraktionseffekt" bezeichnet. (4)
y =
a-^(c-\'d-s)'X-\-b2'S
=a+
C'X-^h2'S-^d'S'X
= Konstante + direkter Effekt X + direkter Effekt S + Interaktionsterm (X, S) Durch eine hierarchische, moderierte Regressionsanalyse konnen nun die verschiedenen in Gleichung (4) dargestellten Parameter (direkter Effekt X, direkter Effekt S, Interaktionsterm X, S) in einem „ModeH" geschStzt werden. Dabei werden wie bei der ,Jdassischen" multiplen Regression Giitemasse ftir die Qualitat des Gesamtmodells sowie der einzelnen Parameter angelegt. Ein besonderes Vorgehen schlagen Sharma et al. (1981, S. 293 f ) fiir die hierarchische, moderierte Regression vor. Demnach wird in einem vierstufigen Vorgehen zunSchst ein Modell geschStzt, das lediglich die direkten Effekte der Gestaltungsvariablen enthalt (siehe Gleichung (1); Abbildung 6-3, S. 146 „Modell 1").
Situation
Situation ^
^MB ^^^^^Q
DE
mmiH
•'|9HH|||U|
wumw^n
\
DE
DE
HH^^^H
^^^^^^Q fll
DE
»ffi^H -uHjannn
DE = Direkter Effekt, ME = ModeratoreffMA
Abbildung 6-3:
Mehrstufiges Vorgehen der hierarchischen, moderierten Regression
In einem zweiten Schritt wird ein erweitertes Modell geschatzt, das die direkten Effekte der situativen Variablen mit berilcksichtigt (siehe Gleichung (2); Abbildung 6-3, S. 146 „Modell 2"). In einem dritten Schritt werden auch die Interaktionsterme zwischen Gestaltungs- und Situationsvariablen aufgenommen (siehe Gleichung (4) ; Abbildung 6-3, S. 146 „Modell 3"). In einem vierten Schritt wird letztlich die Veranderung der Qualitat der Modelle anhand des partiellen F-Tests beurteilt. Dieser gibt an, ob sich die ErklSrungskraft des Modells auf den drei Stufen durch Hinzufxigen der jeweiligen Va-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
147
riablen erhSht (Krafft 1995, S. 367). Diesem Vorgehen wird in den folgenden AbsStzen 6.2.2.2 (S. 147 ff.), 6.2.2.3 (S. 150 ff.) und 6.2.2.4 (S. 153 ff.) gefolgt. Vor der DurchfUhrung der einzelnen Regressionsanalysen wurde die Pramisseneinhaltung iiberprtift. Die VIF-Werte, die Durbin-Watson-Statistik sowie der KolmogorovSmimov-Test deuten nicht auf schwerwiegende Verletzungen der Pramissen hin (s. Skiera/Albers 2000, S. 222). Ebenfalls wurden bei jeder der Analysen, die fur die vier unterschiedlichen Konfigurationsaltemativen durchgefUhrt wurden, jeweils zwischen zwei und vier Ausreisser eliminiert, wodurch sich die Modellgiite merklich verbesserte.
6.2.2.2
Zentralisierung von Entscheidungen
Als erste der vier Konfigurationsaltemativen wird die situative Eignung der Variable „Zentralisierung" untersucht werden. Die Messung der Variable „Grad der Zentralisierung" wurde in Form einer Multi-Item Skala in Anlehnimg an Ferrell/Skinner (1988, S. 107 f.) mit fiinf Indikatorvariablen vorgenommen, deren Konzeptualisienmg und Operationalisierung wesentlich auf die Arbeit von John (1984, S. 171 ff.) zuruckgeht. Die Ergebnisse der Konstruktmessung ergaben fur das Konstrukt „Zentralisierung" eine sehr hohe Eignung. Die Ergebnisse der Messung befmden sich im Anhang G - 7 (S. 369). Wie bereits fhiher angefuhrt, zeigen verschiedene Studien, dass Vertriebsbeziehungen, in denen die Entscheidungskompetenz beim Hersteller monopolisiert ist, grundsatzlich zu einer grosseren psychischen Distanz und Frustration gegeniiber dem Hersteller fuhren (s. Geyskens et al. 1999, S. 228; Dwyer/Oh 1987, S. 356; John 1984, S. 279). Wie die Untersuchungen von Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353) zeigen, besteht diese negative Assoziation auch zwischen dem Grad der Zentralisierung und der Zufriedenheit der Vertriebspartner. Es stellt sich die Frage, ob und inwiefem sich die Beziehung zwischen der Zentralisierung und deren lokaler Vorteilhaftigkeit und Akzeptanz abhangig von der lokalen Situation verandem. DwyerAVelsh (1985, S. 401) zeigen, dass unterschiedliche lokale Situationen iiber die Vorteilhaftigkeit ebenso unterschiedlicher Altemativen der Vertriebsgestaltung bestimmen. Obwohl heterogene Situationen von Vertriebspartnem den Bedarf an spezialisierten Losungen und dezentralisierten Entscheidungsstrukturen zugunsten einer hohen Effektivitat suggerieren, verhindem diese haufig eine Steige-
148
Kapitel 6
rung der EfFizienz imd wirken damit negativ auf die Untemehmensergebnisse (Dwyer AVelsh 1985, S. 401; siehe auch Tabelle 6-1, S. 142). Trotzdem pragen situative Einfltisse die dyadischen Stmkturen iind Prozesse in Marketing- und Vertriebskanalen (Stem/Reve 1980, S. 55). Mit Hilfe der Erfassung der „lokalen Unsicherheit" zeigten Stem/Reve (1980, S. 61) die Interdependenzen zwischen Verandenmgen der Situation und korrespondierenden Veranderungen in der Konfiguration der Vertriebskanaie und dem Verhalten der beteiligten Mitarbeiter (s. Stem/Reve 1980, S. 61; Dwyer/Welsh 1985, S. 398). Je grosser die Komplexitat eines lokalen Umfelds und je grosser dessen Dynamik ist, desto gr6sser sind die Schwierigkeiten von zentralen Entscheidungstragem die relevanten Informationen iiber die lokale Umwelt zu erfassen und zu beriicksichtigen (Dwyer/Welsh 1985, S. 400). Homogene lokale Situationen, mit geringer Unsicherheit, geringer Dynamik und niedriger Wettbewerbsintensitat begtinstigen hingegen ein zentralisiertes Vorgehen (Dwyer AVelsh 1985, S. 401). Auch die Grosse der lokalen Organisation wurde teilweise als wichtige Determinante bei der Entscheidung fUr oder gegen ein zentralisiertes Vorgehen herangezogen (s. Ghoshal/Nohria 1989, S. 326). Die lokale Organisationsgrosse bestimmt den Umfang von Aufgaben, die ein Vertriebspartner im Rahmen der Vertriebsziele lokal wahmehmen kann. Fiir kleine Vertriebspartner bedeutet die Zentralisierung von Aufgaben und Entscheidungen eine lokale Entlastung. Wie Ghoshal/Nohria (1989, S. 326) betonen, empfmden grosse Niederlassungen die Zentralisierung hingegen als Einschrankung lokaler Kompetenzen. Hersteller tendieren deshalb dazu, Aufgaben und Entscheidungen an grosse Niederlassungen zu delegieren, wahrend sie diese bei kleineren Vertriebspartnem zentral erledigen (Ghoshal/Nohria 1989, S. 326). Im Laufe der Beziehung zum Hersteller erlangen Vertriebspartner nicht nur weit reichende Kenntnisse iiber die Produkte, Technologien, Ziele und Prozesse des Herstellers, sondem auch tiefgehende Erfahrungen und Wissen tiber die fur den Hersteller relevanten lokalen Marktsegmente und deren Bearbeitung (Bakka 1986, S. 854 f). Mit zunehmender Beziehungsdauer scheint deshalb die Dezentralisienmg, im Sinne einer Verlagenmg von Entscheidungskompetenzen hin zu den Vertriebspartnem, aus Sicht von Herstellem und Vertriebspartnem mit Vorteilen verbunden. Tabelle 6-2 (S. 149) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Gtitekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle. Zur Beurteilung der Modelle mtissen zunachst die globalen Gutemasse betrachtet werden. Das R^ ist in alien drei Modellen hoch signifikant. Das bedeutet, dass der Erklarungs-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
149
beitrag der einbezogenen Variablen in alien drei Modellen mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99-Prozent von Null verschieden ist. Um zu iiberpriifen, ob die Veranderung des R^, die durch das Hinzufugen der Situations- und Interaktionsvariablen entsteht, zu einer signifikanten ErhShung des R^ fuhrt, kann der partielle F-Wert herangezogen werden (Chow 1960, S. 594 f.). Hierbei zeigt sich, dass die Aufiiahme der situativen Variablen zu einer signifikanten Erhohung des R^ fUhren (Modell 2). Durch das Hinzufugen der Interaktionsterme (Modell 3) wird jedoch keine signifikante Veranderung der Erklarung mehr erreicht (partieller F-Wert = 1.096). Moderierte multiple Regression Unabhangige Variablen Zentralisienmg (zcentra) Unsicherheit des Umfelds (zuncert) Wettbewerbsintensitat (zcomp) Grosse der lokalen Organisation (zj05.1_l) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_l) IE: zcentra * zuncert IE: zcentra * zcomp IE: zcentra* zj05.1_l IE: zcentra * zj03_l Globale Giitekriterien des Modells R R^ Korrigiertes R^ Verandenmgen im R^ F-Wert Partieller F-Wert
Modell 1 -.177***
Modell 2 -.149*** -.228*** .058 "-.265*** " ".0"80
Modell 3 -.183*** - 219*** .055 -.335*** .093 .107* -.014 -.088 .040
.177 .031 .027 .031 7.625*** 7.625***
.374 .140 .121 .108 7.525*** 7.297***
.395 .156 .122 .016 4.675*** 1.096
n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01; IE == Interaktionseffekt Tabelle 6-2:
Moderierte Regression zwischen Zentralisierungsgrad und lokaler Zufriedenheit
Auf der Ebene der einzelnen Parameter zeigt sich bereits im Modell 1, dass eine steigende Zentralisienmg - wie vermutet - zu einer geringeren Zufriedenheit der Vertriebspartner in der Zusammenarbeit fuhrt. Ebenfalls nehmen die situativen Variablen „Unsicherheit des lokalen Umfelds" und „die lokale Organisationsgrosse" einen direkten Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit (siehe Modell 2). Wie bereits in Absatz 5.3.3 (S.125 ff.) diskutiert und in Tabelle 5-4 (S. 127) fur die verschiedenen Dimensionen der Zufriedenheit aufgezeigt wurde, besteht ein negativer direkter Zusammenhang zwischen den beiden oben genannten situativen Variablen und der Zufriedenheit der Vertriebspartner. Diese direkten Beziehungen werden auch in Mo-
150
Kapitel6
dell 3 bestatigt. Direkte Effekte der situativen Variablen „Wettbewerbsintensitat" und „Beziehungsdauer" k5nnen hingegen nicht bestatigt werden. Ein leichter auf dem 90-Prozent signifikanter Interaktionseffekt zeigt sich zwischen der Situationsvariable „Unsicherheit" und der Gestaltungsvariable ,^entralisierung". Dieser positive Interaktionskoeffizient zeigt, dass der negative Effekt der Zentralisierung auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner in unsicheren Situationen abgeschwacht wird. D.h. in unsicheren Situationen fUhrt die Zentralisierung zu einer geringeren Abnahme der Zufriedenheit als bei sicherem lokalem Umfeld. AUerdings dtirfen bei dieser Betrachtung die H6he der direkten Effekte der Situations- und Gestaltungsvariablen nicht unberiicksichtigt bleiben. Der standardisierte Regressionskoeffizient des Interaktionsterms fSllt namlich geringer aus als der standardisierte Regressionskoeffizient der Situationsvariable „Unsicherheit des lokalen Umfelds". Es ist deshalb davon auszugehen, dass eine Erhohung des Zentralisienmgsgrades unabhSngig von der AusprSgung der untersuchten Situationsvariablen zu einer Verringerung der lokalen Zufriedenheit fUhrt.
6.2.2.3
Formalisierung von Strukturen, AblSufen und Regeln
Aus bereits erlauterten GrOnden (s. Absatz 6.2.1, S. 140 ff.) streben Hersteller haufig eine Formalisierung von AblSufen, Regehi und RoUen sowie deren Umsetzung an (Ferrell/Skinner 1988, S. 104). An dieser Stelle soil uberpriift werden, ob das Ausmass der Formalisierung iiber die Zufriedenheit der Vertriebspartner bestimmt und in welchen Situationen die Formalisierung besonders geeignet ist. Die Messung der Variable „Grad der Formalisierung" wurde dazu nach der Konzeptualisierung und Operationalisierung von Ferrell/Skinner (1988, S. 107) durchgefuhrt. Ferrell/Skinner (1988, S. 107) erfassen den Grad an Formalisierung mit einer reflektiven Multi-Item Skala, die sechs Indikatorvariablen umfasst. Die Messimg des Konstruktes „Formalisierung" erreichte trotz der Eliminierung einer hohen Anzahl von Indikatoren keine hohe Gute. Die ReliabilitSt verfehlt mit einem Cronbach'schen Alpha von .60 knapp die vielfach geforderte H6he von .70. AUerdings ist die schwierige Erfassung der „Formalisierung" kein spezifisches Problem der vorliegenden Untersuchung, sondem bereits seit langem bekannt. Dwyer/Oh (1987, S. 350) zeigen die Probleme und die unzureichende Auspragung der Giitekriterien auf, die bei der Messung des Konstruktes „Formalisierung" aus zahlreichen Untersuchungen hervorgegangen sind (s. John 1984; John/Reve 1982; Spekman/Stem 1979; Phillips 1982). Bei der In-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
151
terpretation der Analyseergebnisse ist in diesem Fall jedoch eine besonders hohe Sorgfalt geboten. Die Ergebnisse der Messung befmden sich ebenfalls im Anhang G - 8 (S. 370). Das Ausmass der Formalisienmg einer Vertriebsorganisation bestimmt den Grad an Autonomie und Kompetenz der Vertriebspartner und reduziert dadurch haufig deren intrinsische Motivation (Geyskens et al. 1999, S. 228; Boyle/Dwyer 1995, S. 196 f.). Eine Meta-Untersuchung von Geyskens et al. (1999, S. 230) zeigt eine geringe, aber negative Assoziation zwischen dem Grad der Formalisienmg und der lokalen Zufriedenheit. Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass ein hohes Ausmass an Formalisienmg haufig zu Interessenkonflikten zwischen Hersteller und Vertriebspartner fUhrt. Nach DwyerAVelsh (1985, S. 401) begiinstigen homogene lokale Situationen, in denen geringe Unsicherheit, wenig Wettbewerb und eine gute Vorhersehbarkeit der zukunftigen Marktentwicklung gegeben sind, ein fomialisiertes Vorgehen. Denn bereits die Erfassung relevanter Infonnationen iiber die lokale Umwelt wird durch eine solche Situation erieichtert (DwyerAVelsh 1985, S. 400). In dynamischen Situationen ist es dem Hersteller hingegen nur schwer moglich, ausreichend iiber die lokalen Vorgange informiert zu sein und sinnvoUe Regeln und Vorgehensweisen zu definieren, da sich die Umwelt haufig andert (Jaworski 1988, S. 28). Aus diesem Grund tendieren Hersteller im Falle grosser Heterogenitat lokaler Situationen zu einem geringeren Grad an Formalisienmg von Informationsprozessen und Dokumentationen (DwyerAVelsh 1985, S. 400). Ghoshal/Nohria (1989, S. 325) betonen, dass sich bei zunehmender Organisationsgr5sse die unabhangigen Interessen einer Vertriebsgesellschaft andem. So erwarten grossere Vertriebspartner eine umfassendere Autonomie in ihrem Vorgehen, was haufig den Interessen der Hersteller widerspricht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 325) und einer Formalisienmg entgegensteht. Es ist deshalb zu vermuten, dass der negative Zusammenhang zwischen Formalisienmg und der lokalen Zufriedenheit bei grosseren Niederlassungen entsprechend starker ausfallt. Eine wichtige Eigenschaft formalisierter Strukturen ist, dass sie als ein administrativer Mechanismus fur den Hersteller nur wenig Aufwand bedeuten und daniber hinaus helfen, den zentralen Aufwand, etwa bei der Auswertung intemationaler Ergebnisse, zu reduzieren. Ghoshal/Nohria (1989, S. 327) betonen, dass weder die Institutionalisierung noch die Abwicklung formalisierter Prozesse einen hohen ressourcenmassigen Einsatz fiir das Management des Herstellers mit sich bringt. Hinzu kommen weitere Vorteile einer Formalisienmg, so z. B. dass der Austausch zwischen Vertriebspartner
152
Kapitel6
und Hersteller auch in Konfliktfallen geregelt weitergefuhrt wird und dass mit der Zeit eine grosse Vorhersehbarkeit und Planbarkeit durch die Vereinfachung erreicht wird, die durch Routine und Regeln entsteht (Ghoshal/Nohria 1989, S. 328). Es ist deshalb davon auszugehen, dass eine Formalisienmg insbesondere in langjahrigen Beziehungen zwischen Hersteller und Vertriebspartner zu Vorteilen ftihrt, da sich verlassliche Erwartungen herausbilden konnen, die auch fur den Vertriebspartner zu einer hoheren Verlasslichkeit und besseren Planbarkeit fiihren. Tabelle 6-3 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Giltekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle. Moderierte multiple Regression Unabhangige Variable Formalisienmg (zform) Unsicherheit des Umfelds (zuncert) WettbewerbsintensitSt (zcomp) Grdsse der lokalen Organisation (zj05.1_l) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_l) IE: zform * zuncert IE: zform * zcomp IE: zform *zj05.1_l IE: zform * zj03_l Globale Giitekriterien des Modells R
rKorrigiertes R^ Veranderungen im R^ F-Wert Partieller F-Wert
P (standardisierte Regressionskoefflzienten) Modell 3 Modell 2 Modell 1 .074 .054 .117* -,271*** -.274*** .058 .073 -.075 -.067 .068 .053 .025 -.021 .004 .187*** .117 .014 .009 .014 2.919* 2.919*
.311 .097 .075 .083 4.425*** 4.749***
.361 .131 .092 .034 3.374*** 1.957*
n = 215; n. s.: p > .10, »: p < .10, **: p < .05,***:p<.01;IE == Interaktionseffekt Tabelle 6-3:
Moderierte Regression zwischen Formalisienmgsgrad und lokaler Zufriedenheit
Die drei Modelle zur Schatzung der Formalisienmg weisen im vorliegenden Fall alle drei signifikante Beitrage zur Erkiarung der Gesamtvarianz auf. Allerdings muss betont werden, dass die Signifikanz der einfachen Regression zwischen der Formalisienmg und der lokalen Zufriedenheit lediglich auf dem 90-Prozent-Niveau vorliegt. Der Konfigurationsparameter „Formalisierung" kann gerade einmal 1 Prozent an der Gesamtvarianz der lokalen Zufriedenheit erklaren (Modell 1). Durch das Hinzufiigen von situativen Variablen und Interaktionstermen wird der Erklanmgsbeitrag jedoch jeweils signifikant erhoht (siehe partieller F-Wert Modelle 2 und 3). Die Gesamterklanmgs-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
153
kraft ist im Fall der Modelle 2 und 3 jeweils auf dem 99-Prozent-Niveau signifikant von Null verschieden. Auf Ebene der Modellparameter fdllt zunachst auf, dass der direkte Zusammenhang zwischen Formalisierung und lokaler Zufiiedenheit nur schwach und far die Modelle 2 und 3 nicht signifikant ausfallt. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass ein linearer direkter Zusammenhang zwischen dem Grad an Formalisierung und der lokalen Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit besteht. Es existiert also kein genereller Zusammenhang zwischen dem Ausmass, zu dem der Hersteller seine Ablaufe formalisiert, und der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner. Bei der Betrachtung von direkten Effekten der situativen Variablen fallt emeut der Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds ins Gewicht (s. auch Absatz 6.2.2.2, S. 147 ff) (s. Modell 2). Dieser direkte Effekt wird auch in Modell 3 bestatigt. In Modell 3 zeigt sich weiterhin, dass neben dem direkten Einfluss der lokalen Unsicherheit auch ein Moderatoreffekt von der Dauer der Beziehung mit dem Hersteller und dem Formalisierungsgrad besteht. Dieser Effekt zeigt sich auf dem 99-ProzentNiveau hoch signifikant. Die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist also weder direkt vom Grad der Formalisierung abhangig noch besteht ein direkter Zusammenhang zur Dauer der Beziehung. Es besteht jedoch ein Interaktionseffekt zwischen beiden Einflussfaktoren. Dieser fiihrt dazu, dass durch die Formalisierung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner bei steigender Beziehungsdauer eine hohere Zufriedenheit der lokalen Vertriebspartner erreicht werden kann. Diese Erkenntnis erscheint insbesondere im Hinblick auf die Vermutungen plausibel, die in Bezug auf Vertrauen und die Bildung verlasslicher Erwartungen angestellt wurden (s. Ghoshal/Nohria 1989, S. 327). Im Laufe der Beziehung konnen sich verlSssliche Verhaltens- und Erwartungsmuster bilden. Die Formalisierung tragt damit dazu bei, die Planungs- und Erwartungssicherheit auf beiden Seiten - also auch fur die Vertriebspartner - zu erh5hen.
6.2.2.4 Ergebnis- und Prozessorientierung von Ftihrungsstilen Als drittes Merkmal der Vertriebsstruktur (s. Ferrell/Skinner 1988, S. 104) werden an dieser Stelle Fiihrungsstile auf ihre situative Eignung untersucht. Gencturk/Aulakh (1995, S. 755) heben hervor, dass das Management des Herstellers zur Berttcksichtigung der verschiedenen interdependenten Vorgange zwischen unterschiedlichen Landem Steuerungsmechanismen benotigt, die einerseits lokale Unterschiede und Bedin-
154
Kapitel6
gungen einbeziehen, andererseits aber in der Lage sind, die Vorteile der globalen Moglichkeiten zu nutzen. Jaworski (1988, S. 25) betont, dass die Wirkung verschiedener Fiihrungsstile auf psychologische Verhaltens- und Ergebnisgrossen durch die Situation moderiert wird, in der sie ihre Anwendimg finden. Es konnen insbesondere ergebnis- und prozessorientierte Fiihrungsstile unterschieden werden (Jaworski/ Mac Innis 1989, S. 407; Gencturk/Aulakh 1995, S. 757). Dabei muss festgehalten werden, dass sich diese beiden Fuhrungsstile nicht ausschliessen. Vielmehr konnen in einer bestimmten Situation beide, keiner oder nur einer der beiden Fiihrungsstile vorliegen (Jaworski/Maclnnis 1989, S. 408). In der Praxis finden beide Fuhrungsstile haufig einen erganzenden Einsatz (Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). Wie bereits in Absatz 4.1.3.2 (S. 90 ff.) gezeigt, kann sich der Fiihnmgsstil in Abhangigkeit von der lokalen Situation der Vertriebspartner durchaus unterscheiden (s. Gencturk/Aulakh 1995, S. 755). So tendieren Hersteller bei erfolgreichen Vertriebspartnem eher zu ergebnisbezogener KontroUe, wShrend der Hersteller bei weniger erfolgreichen Vertriebspartnem versucht, ttber ein starkeres Eingreifen in die Vorgehensweise die Position am Markt zu verbessem. Jaworski (1988, S. 26) kritisiert, dass bis Ende der 1980er Jahre keine Forschungsergebnisse zu den moderierenden Effekten vorlagen, die Umweltvariablen auf die Fiihrungsstile imd deren Wirkungen ausiiben. Auch heute existieren nur wenige Untersuchungen, die sich dieser Fragestellung annehmen (s. z. B. Gencturk/Aulakh 1995). Ergebnisorientierter Fuhrungsstil Ergebnisorientierte Fiihrung, die auch unter dem Begriff „Management by objectives" bekannt ist, zeichnet sich dadurch aus, dass Leistungsziele vorgegeben werden, an deren Erreichung der Hersteller den Vertriebspartner bewertet (Jaworski 1988, S. 27). Wird das Leistungsziel vollstSndig erreicht, muss der Hersteller keine Kenntnisse uber die Griinde imd kausalen Zusanmienhange der Zielerreichung besitzen, um Vertriebspartner wieder auf Kurs zu bringen (Jaworski 1988, S. 27). Vielmehr wird die Kenntnis um die Mittel und Wege zur Zielerreichung an die Vertriebspartner delegiert (Jaworski 1988, S. 27). VoUstSndige Ergebnisorientierung der Fiihrung liegt also bspw. dann vor, wenn das Management des Herstelleruntemehmens die Vertriebspartner dazu anhalt, ihre Verkaufsziele zu erh6hen, ohne aber die Vorgehensweise naher zu spezifizieren oder vorzugeben (Jaworski 1988, S. 27).
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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Zur Messung des ergebnisorientierten Ftihrungsstils wurden im vorliegenden Fall auf die Skalen von Jaworski/Maclnnis (1989, S. 416) zuruckgegriffen. Die Messung fUhrte zu sehr zufrieden stellenden Ergebnissen (s. Anhang G - 9, S. 371) Gmndsatzlich kann ein positiver Zusammenhang zwischen einem ergebnisorientierten Fiihrungsstil und der Zufriedenheit der Vertriebspartner unterstellt werden. Den Zusammenhang zwischen Zielsetzung, Messung, Feedback und Belohnung zeigen bereits die richtungsweisenden Untersuchungen von Vroom (1964, S. 246) und Lawler Ill/Porter (1967, S. 25 ff.). Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) weisen darauf hin, dass die Beziehung zwischen der ergebnisorientierten Fiihrung und der Zufriedenheit massgeblich davon abhangt, wie gut es dem Management gelingt, adaquate Ziele zu setzen, deren Erreichung zu erfassen, zu bewerten und angemessen zu belohnen. Unterschiedliche lokale Situationen der Vertriebspartner konnen fiir Industriegtiterhersteller die verschiedenen Stufen des von Schwab/Cummings (1970, S. 418 f.) aufgezeigten Prozesses behindem oder sogar unterstutzen. Wenn Manager des Herstellers nicht in der Lage sind, die lokale Situation und die lokalen Aktivitaten zu erfassen, ist davon auszugehen, dass ein ergebnisorientierter Fiihrungsstil nicht seine optimale Anwendung fmdet (Jaworski et al. 1993, S. 408). Dies ist z. B. in Situationen lokaler Unsicherheit oder bei einer hohen lokalen Wettbewerbsintensitat der Fall. Jaworski (1988, S. 26) vermutet, dass eine hohe Ergebnisorientierung der Fiihrung insbesondere in wettbewerbsintensiven Situationen zu dysfunktionalem Verhalten fuhrt, woraus eine geringere Zufriedenheit der Vertriebspartner impliziert werden kann. Andererseits neigen Hersteller gerade in Situationen mit hohem lokalem Wettbewerb zu einem ergebnisorientierten Fiihrungsstil (Jaworski 1988, S. 29), da auch sie nicht in der Lage sind, die lokalen Prozesse adSquat mitzuverfolgen und prozessorientiert zu fuhren. Hierdurch wird in wettbewerbsintensiven Situationen die Zufriedenheit der Vertriebspartner zusStzlich belastet. Je grosser eine Organisation ist, desto h5her ist die Tendenz zu formalisierten Ablaufen, Regehi und Kontrollsystemen (KieserAValgenbach 2003, S. 209 ff.). Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass insbesondere grosse lokale Vertriebsorganisationen in der Lage und dazu bereit sind, notwendige Dokumentationen und Reportings, die fiir eine Beurteilung im ergebnisorientierten Sinne benotigt werden, zu unterstiitzen (Bakka 1986, S. 858). Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass die Zufriedenheit mit ergebnisorientierten Fiihrungsansatzen in grossen lokalen Vertriebsorganisationen hoher ist, als dies bei kleineren Vertriebspartnem aufgrund des formalen Aufwandes der Fall sein diirfte.
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Kapitel6
Mit zimehmender Beziehungsdauer und damit einem grosseren Erfahnmgsschatz in der Zusammenarbeit wird es dem Hersteller erleichtert, geeignete Zielsetzungen fur einen Vertriebspartner zu formulieren und deren Erreichung hinreichend zu uberpriifen und zu bewerten (Rosson 1990, S. 206 f.). Es wird daher angenommen, dass die Zufriedenheit von Vertriebspartnem bei einem ergebnisorientierten Fiihrungsstil mit zunehmender Beziehungsdauer steigt. Tabelle 6-4 (S. 156) zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Giitekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle, die den Zusammenhang zwischen dem Grad der ergebnisorientierten Fiihrung und der lokalen Zufriedenheit abbilden.
Unabhdngige Variable Ergebnisorientierte Fuhrung (zoutpc) Unsicherheit des Umfelds (zimcert) Wettbewerbsintensitat (zcomp) Grdsse der lokalen Organisation (zj05.1_l) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_l) IE: zoutpc * zuncert IE: zoutpc * zcomp IE: zoutpc *zj05.1_l IE: zoutpc * zj03_l
p (standardisierte Regressionskoeffizienten) Modell 3 Modell 2 Modell 1 .114* .108* .148** -.229*** -.244*** .062 .058 -.184** -.265*** .071 .076 .038 .076 -.116 .069
Globale Giitekriterien des Modells R |R^ Korrigiertes R^ Veranderungen im R^ F-Wert Partieller F-Wert
.148 .022 .018 .022 5.308** 5.308**
.370 .137 .118 .115 7.353*** 7.714***
.390 .152 .119 .016 4.555*** 1.049
n = 240; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, **• : p < .01; IE = Interaktionseffekt Tabelle 6-4:
Moderierte Regression zwischen Grad an ergebnisorientierter Fiihrung und lokaler Zufriedenheit
Bei der hierarchischen, moderierten Regression der Variablen ,3rgebnisbezogene Fiihrung" auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner ist fiir alle drei Modelle eine hohe Signifikanz auf dem 95- bzw. 99-Prozent-Niveau festzustellen. Die dem Modell hinzugefugten Situationsvariablen f^hren zu einer signifikanten Erh5hung des Erklarungsbeitrages des Modells (s. Modell 2). Die Beriicksichtigung der Interaktionseffekte hingegen, bringen keine signifikante Erhohung des R-Quadrates mit sich (siehe Modell 3).
Vertriebsgestaltimg des Herstellers
157
Auf der Ebene der einzelnen Parameter ist zunachst der direkte, positive Effekt des ergebnisbezogenen Fiihrungsstils zu beachten, der in jedem der drei Modelle mindestens das Signifikanzniveau von 90 Prozent erreicht. Demnach wirkt sich die Ergebnisorientierung in der Fiihrung positiv auf die Beurteilung aus Sicht der Vertriebspartner aus. Vertriebspartner woUen also an ihren Erfolgen gemessen werden. Ein ergebnisorientierter Fiihrungsstil trSgt damit unabhSngig von der lokalen Situation zu einer Erhohung der lokalen Zufriedenheit der Vertriebspartner bei. An direkten Effekten der Situationsvariablen bestatigt sich wiederholt der Einfluss der Unsicherheit des lokalen Umfelds sowie der Grosse der lokalen Organisation auf die lokale Zufriedenheit. Interaktionseffekte zwischen der Gestaltungsvariablen „Ergebnisorientierter Fiihrungsstil" und den aufgenommenen Situationsvariablen haben hingegen keinen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Die zufriedenheitssteigemde Wirkung der Ergebnisorientierung hSngt demnach nicht - wie vermutet - von der lokalen Situation ab, sondem besteht unabhangig von dieser. Prozessorientierter Fiihrungsstil Ein prozessorientierter Fiihrungsstil setzt an der Vorgehensweise bzw. an den Prozessen an, mit denen bestimmte Ziele erreicht werden soUen (Jaworski 1988, S. 26). Der Fokus liegt also auf dem Verhalten und den Aktivitaten der Vertriebspartner und nicht etwa beim Endresultat. Im Falle einer voUstandigen Prozessorientierung des Fiihrungsstils macht der Hersteller den Vertriebspartner also fiir die Einhaltung eines vorgeschriebenen Prozesses verantwortlich, nicht aber fiir die Erreichung der Zielsetzungen (Jaworski 1988, S. 26). Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Management des Herstellers die Vertriebspartner an der Anzahl von Mailings oder Kundenbesuchen misst, nicht aber am Umsatz. In der Praxis wird dieser Fall eher als theoretisch betrachtet, meist findet sich im Fiihrungsstil eine Mischung zwischen Ergebnis- und Prozessorientierung wieder (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Als Messmodelle des prozessorientierten Fiihrungsstils wurden im vorliegenden Fall die Skalen von Jaworski/Maclnnis (1989, S. 416) verwendet. Die Messung flihrte zu sehr zufrieden stellenden Ergebnissen, die im Anhang G -10 (S. 371) detailliert einzusehen sind. Vielfach wird angefiihrt, dass eine prozessorientierte Fiihrung eine direkte, personliche Uberwachung, ein hohes Mass an Einbezug des Managements und ggf. Interventionen in die lokalen Prozesse erfordert (Gencturk/Aulakh 1995, S. 759). Dazu muss das Management des Herstellers genau wissen, was in den lokalen Gesellschaften getan wird
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Kapitel6
iind wie dies geschieht. Deshalb liegt es in der Natur der prozessorientierten Fiihrung, dass das Management des Herstellers grossere zeitliche und aufwandsmSssige Ressourcen in die tfberwachung der lokalen Aktivitaten investieren muss (Gencturk /Aulakh 1995, S. 759). Sind die Manager des Herstellers in der Lage, die lokale Situation und die lokalen Aktivitaten zu erfassen, so z. B. bei geringer Dynamik der lokalen Situation, geringer Wettbewerbsintensitat imd geografischer Nahe des Vertriebspartners, so kann davon ausgegangen werden, dass ein prozessorientierter Fiihnmgsstil aus Sicht der Vertriebspartner eher akzeptiert wird als in dynamischen unsicheren Situationen (Jaworski et al. 1993, S. 408). Auch bei der Betrachtung des prozessorientierten Ftihrungsstils ist die Grosse einer lokalen Organisation als situative Variable mit einzubeziehen. Kleinere Organisationen sind aufgrund geringerer Ressourcen Mufig nur schwer in der Lage, den formalisierten Anforderungen gerecht zu werden und empfinden diese tendenziell als zusatzliche Belastung. Andererseits kann eine starke Fiihrung in Bezug auf die Vorgehensweise und die weitgehende Einbringung von zentraler Managementkompetenz auch eine wichtige Untersttttzung, insbesondere fiir junge Niederlassungen, mit sich bringen. Diese beiden gegenlSufigen Trends gleichen den moderierenden Effekt der beiden Variablen je nach Gewichtung vermutlich aus. Tabelle 6-5 zeigt die Ergebnisse der hierarchischen, moderierten Regression sowie lokale und globale Giitekriterien der drei einzelnen Regressionsmodelle.
Moderierte multiple Regression Unabhdngige Variable Prozessorientierte Fuhning (zprocc) Unsicherheit des Umfelds (zimcert) Wettbewerbsintensitat (zcomp) Grosse der lokalen Organisation (zj05.1_l) Beziehungsdauer zum Hersteller (zj03_l) IE: zprocc * zimcert IE: zprocc * zcomp IE: zprocc * zj05.1_l IE: zprocc * zj03_l Globale Giitekriterien des Modells R R^
P (standardisierte Regressionskoeffizienten) Modell 3 Modell 2 Modell 1 .056 .050 .067 -.264*** -.267*** .075 .071 -.264* -.269*** .084 .077 .044 .060 .003 .025 .067 .004
.366 .134
.373 .139
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Vertriebsgestaltung des Herstellers Komgiertes R^ Veranderungen im R^ F-Wert Partieller F-Wert
.000 .004 1.051 1.051
.115 .129 7.124*** 8.608***
.105 .006 4.080*** .372
n = 240;n. s.:p>.10, * P< .10,** p < .05, ***:p<.01; IE == Interaktionseffekt Tabelle 6-5: Moderierte Regression zwischen Grad an prozessorientierter Fiihrung und lokaler Zufriedenheit
Die Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses eines prozessbezogenen Ftihrungsstiles auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner soUen hier der Vollstandigkeit halber aufgefUhrt werden. Es zeigt sich bereits auf der Ebene des Gesamtmodells, dass weder die Konfigurationsvariable „Prozessorientierter Ftihrungsstil" noch deren Interaktion mit den Situationsvariablen signifikante Erklarungsbeitrage liefem. Als einzige Variablengruppe haben die unabhangigen Situationsvariablen „lokale Unsicherheit" und „lokale Organisationsgrosse" einen jeweils direkten Effekt auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Deshalb weisen die Modelle 2 und 3 jeweils signifikante F-Werte auf. Die Prozessorientierung der Fiihrung scheint damit aus Sicht der Vertriebspartner nicht relevant fiir die Zufriedenheitsbeurteilung zu sein, was auch durch verschiedene lokale Situationen keine Anderung erfahrt.
6.2.3 Zwischenfazit: Vertriebskonfiguration und situative Differenzierung Im vorangegangenen Absatz 6.2.2 (S. 143 ff.) wurden die strategischen Altemativen der Konfiguration von intemationalen Vertriebsorganisationen untersucht. Es wurde analysiert, ob und inwieweit sich die Konfiguration an den lokalen Situationen ausrichten sollte. Die Analyse kam zu folgenden Ergebnissen: • Die Zentralisierung von Entscheidungen fahrt zu einem Abbau lokaler Kompetenzen und deshalb unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarbeit. Insbesondere bei grosseren Vertriebspartnem und in Situationen lokaler Unsicherheit ist die lokale Zufriedenheit gering. Es konnte jedoch nur ein schwacher signifikanter Interaktionseffekt zwischen dem Zentralisierungsgrad und der lokalen Unsicherheit festgestellt werden, der die Erklarungskraft des Modells nicht signifikant erhohte. Der negative direkte Effekt der Zentralisierung von Entscheidungen auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner wird also durch die lokale Situation weder abgeschwacht noch verstarkt (s. Tabelle 6-2, S. 149). • Der Grad an Formalisierung von Strukturen, Abldufen und Regeln besitzt lediglich einen schwachen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Dieser begriindet sich in der Vereinfachung und Vorhersehbarkeit von Ablaufen und Ent-
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Kapitel6
scheidimgen, die durch die Foraialisienmg erhSht werden. Femer zeigte die Untersuchung, dass die Formalisiemng bei zunehmender Beziehungsdauer zum Vertriebspartner zu einer starken Zunahme der Zufriedenheit fuhrt. Das bedeutet, dass gerade in langjahrigen Beziehungen die Vorteile der Formalisiemng auch von Vertriebspartnem erkannt und akzeptiert werden (s. Tabelle 6-3, S. 152). • Zwischen der Ergebnisorientierung des Fiihrungsstils und der lokalen Zufriedenheit konnte ein positiver Zusammenhang festgestellt werden (Tabelle 6-4, S. 156). Es existiert allerdings kein Einfluss von situativen Variablen auf diese Beziehung. Ebenfalls konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Prozessorientierung des Fiihrungsstils und der Zufriedenheit der Vertriebspartner nachgewiesen werden. UnabhSngig von der lokalen Situation spielt die Prozessorientierung des Managements damit keine Rolle fur die Zufriedenheit der Vertriebspartner. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass insbesondere die lokale Unsicherheit des Umfelds und die Dauer der Beziehimg zum Vertriebspartner bei der strategischen Konfiguration zu beachten sind. Dariiber hinaus scheint es angebracht, auch die direkten Zusammenhange zwischen den Konfigurationsaltemativen und der lokalen Zufriedenheit zu beachten, wenn iiber deren Einsatz entschieden werden soil.
6.3 Operative Koordination und Unterstiitzung der Zusammenarbeit 6.3.1 Ansatzpunkte der operativen Vertriebsgestaltung Um die operative Zusammenarbeit zu intemationalen Vertriebspartnem zu verbessem, stehen Herstellem vielfaltige Ansatzpunkte zur VerfUgung. Bei den Gestaltungsbereichen der Zentrale lassen sich insbesondere Aufgaben der Koordination und der Unterstiitzung unterscheiden (Reckenfelderbaumer 2001, S. 253), die im Folgenden unter der Bezeichnung „operative Vertriebsgestaltung" zusammengefasst werden. Dem Hersteller stellen sich diesbezuglich Fragen auf verschiedenen Konkretisierungsebenen: • Uberblick: Welche Gestaltungsansatze stehen generell zur VerfUgung? • Selektion: Welcher Ansatz ist fiir die entsprechende Problemstellung geeignet? • Gestaltung: Wie ist ein gewahlter Ansatz auszugestalten, so dass er optimal zur Verbesserung der Zusammenarbeit beitragt? Um einen ersten Uberblick zu erhalten, welche Gestaltungsmassnahmen intemationale Vertriebspartner vorschlagen, wurden diese im Rahmen der europaischen Befragung (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.; Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) ungesttitzt
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
aufgefordert, geeignete Losungsansatze fiir die Verbessening der Zusammenarbeit zu formulieren. Abbildung 6-4 (S. 161) zeigt als ein Ergebnis der Befragung die zwanzig meist genannten Losungsansatze und die relative Haufigkeit ihrer Nennung. An dieser Stelle sei nur kurz auf die ftinf meist genannten Losungsvorschlage eingegangen.
Gemeinsame Kundenbesuche Informelle Netzwerke Integration bei Entwicklung und Markteinftihrung Gemeinsame Werte und Kultur Koordination von Preisen Antwortzeiten, Flexibility und UnterstQtzung Service Level Agreements jahrliche Salesmeetings Informationen Qber andere Mdrkte
Kenntnis der lokalen Situation
Abstimmung von Zielen
Gemeinsame Infonnationssysteme
* Offene Antwortkategorien nachtraglich zugeordnet. Angaben in Prozent der 163 Antwortenden.
Abbildung 6-4:
Ansatze der Vertriebspartner zur Verbessening der Zusammenarbeit (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Am haufigsten wurde die Verbessening der intemen Kommunikationskanale genannt. Dabei wurde insbesondere auf die Verwendung und Institutionalisierung von Instrumenten hingewiesen, die den taglichen Informationsfluss unterstiitzen. Als zweith^ufigster Ansatz wurde die Entwicklung einer gemeinsamen strategischen Orientierung angefuhrt. Hierbei stehen ftir Vertriebspartner die Transparenz, die Mitentwicklung und die konsequente Orientierung an der Strategie im Vordergrund. Auch das KeyAccount Management, das von uber vierzehn Prozent der Befragten als Gestaltungsansatz aufgezeigt wurde, besitzt gegenwartig eine enorme Bedeutung. Diese ist u.a auf die hohe Kundenkonzentration, zunehmende Professionalitat in der Einkaufsorganisation der Kunden und das intemationale Engagement von Kundenuntemehmen zuriickzufiihren (Belz et al. 2004, S. 29 ff). Die Befragten hoffen, durch Key-Account Management eine Uber Landergrenzen hinweg koordinierte Bearbeitung der wichtigsten Kunden zu erreichen und damit Koordinationsdefizite zu tiberwinden, die Kunden bisher fur ihre eigenen Zielsetzungen nutzen konnten.
162
Kapitel 6
Elf Prozent der Befragten sind der Meinung, dass auch der Bereich der Schulungs- und Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers Potenzial ftir die Zusammenarbeit besitzt. Vertriebspartner sind dabei davon iiberzeugt, dass durch die Anzahl iind die QualitSt der angebotenen Schulungen der lokale Verkauf in hohem Masse gesteigert werden kann. Ebenso viele Befragte schlagen eine Projektorganisation fiir verschiedene Entscheidungsbereiche der Vertriebsorganisation vor. Durch ein gemischtes Projektteam sollen das Wissen, die Erfahnmg und das Interesse der Vertriebspartner besser benicksichtigt werden und, z. B. im Falle der Einfiihrung eines neuen Produktes, zum Gelingen des Vorhabens beitragen. Die in Abbildung 6-4 aufgefiihrten GestaltungsansStze besitzen unterschiedliche Konkretisierungsebenen. Teilweise werden konkrete einzelne Massnahmen genannt wie z. B. „gemeinsame Kundenbesuche", teilweise handelt es sich aber auch um Vorschlage die Programmcharakter besitzen und ein komplexes organisatorisches Unterfangen mit strategischen Teilaspekten darstellen wie z. B. eine „Projektorganisation" oder das „Key-Account Management". In Tabelle 6-6 (S. 162) wurden deshalb einzelne Massnahmen zu inhaltlichen „Losungspaketen" zusammengefasst und nach der jeweiligen Stossrichtung kategorisiert. Eine ausftihrliche Diskussion der einzelnen in Tabelle 6-6 (S. 162) aufgefiihrten Gestaltungsansatze fmdet sich in den Absatzen 6.3.2 (S. 163 ff.) bis 6.3.8 (S. 231 ff.). r
Ldsungspakete 1) 2) 3) 4)
Internationales Key-Account Management, Horizontale Koordination zwischen Geschaftsbereichen, Trennung von Koordinations- und Unterstiitzungsfunktion, Honorierungssysteme ftir zentrale Einheiten,
5) Regionalzentren statt weltweites Vorgehen, 6) Verzahnimg bei Aufgaben des Personalwesens, 7) Koordinations-und Planungsteams, 8) Projektorganisation beim Neuproduktmanagement, 9) Integrierte Kundenbetreuung durch Teams, 10) Informelle Netzwerke und persdnliche Beziehungen, 11) Markt- und serviceorientierte Untemehmenskultur, 12) Segmentierung von Vertriebspartnem, 13) Systematische Differenzierung nach Beziehimgsphasen, 14) Herstellersupport in Marketing und Vertrieb, 15) Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung, 16) Interne Vereinbamngen, Verrechnungspreise und Garantien, 17) Zentrale Professionalitat und Ressourcenausstattung,
Stossrichtung Zentrale Stnikturen Vertikale Stnikturen Teamorganisation
Kultur und Soziales Segmentierung
Zentrale Ressourcen
18) Informationslieferung, -austausch und -versorgung, Informationsmanagement 19) Einsatz von IT-Systemen und -Tools. Tabelle 6-6: Losungsansatze des Herstellers zur Verbesserung der Zusammenarbeit
Vertriebsgestaltung des Herstellers
163
Um die eingangs (S. 160) aufgezeigte Frage der „Selektion" von Gestaltungsaltemativen zu beantworten, muss gepriift werden, ob sich ein Losungsansatz fur den Problemkontext eignet. Dazu konnen die Losungspakete in den Kontext der sieben Beurteilungsdimensionen der Zusammenarbeit gesetzt werden, die in Abschnitt 5.3 (S. 113) entwickelt wurden. Aufgrund von inhaltlichen Oberlegungen wurde die in Abbildung 6-5 (S. 163) vorgeschlagene Zuordnung vorgenommen. Eine eineindeutige Zuordnung ist aufgrund inhaltlicher Uberschneidungen der Gestaltungsaltemativen sicherlich weder moglich noch ratsam. Vielmehr miissen die Losungsansatze so gewichtet werden, dass die inhaltlichen Schwerpunkte der sieben Beurteilungsdimensionen zufrieden stellend abgedeckt werden. Hersteller, die Kenntnisse tiber die Defizite ihrer Vertriebsorganisation besitzen, konnen damit die Zusammenstellung ihrer Losungspakete optimal wahlen.
Leistungen
Konditionen
Soziales
Abbildung 6-5:
Verbindung von Losimgspaketen und sieben Beurteilungsdimensionen
6.3.2 Ansatzpunkte der Koordination in zentralen Strukturen Im Folgenden werden Gestaltungsaltemativen zur Koordination aufgezeigt, die an der zentralen Aufbauorganisation des Herstellers ansetzen. AUe AnsStze werden in Bezug auf ihre Wirkung und Eignung fur die Zufriedenheit in der Zusammenarbeit diskutiert.
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Kapitel6
6.3.2.1 Internationales Key-Account Management Internationales Key-Account Management ist zugleich Chance und Gefahr fiir die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartnem. Milliner (2002, S. 39 ff.) kommt in seiner empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Zusammenarbeit mit den Vertriebspartnem die grosste Herausforderung ist, die sich Herstellem bei der Bearbeitung intemationaler Schliisselkunden stellt. Potenziale durch landeruhergreifende Koordination In der Einkaufsorganisation der Kunden wurde der landertibergreifende Informationsaustausch liber Preise und Qualitaten in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Das macht es fur den Hersteller zunehmend schwieriger, Preisspielraume zwischen verschiedenen Landermarkten zu nutzen. Homburg et al. (2004, S. 52) sprechen sogar von einem , JCoordinationswettlauf * zwischen der Verkaufsorganisation des Anbieters und der Einkaufsorganisation des Kunden, bei dem diejenige Organisation gewinnt, die besser in der Lage ist, ihre intemationalen Aktivitaten zu koordinieren. Im ungiinstigsten Fall gelingt es dem Einkauf des Kundenuntemehmens, Leistungen schwerpunktmassig aus Niedrigpreislandem des Anbieters zu beziehen, in denen die gtinstigsten Konditionen gewahrt werden. Beim Hersteller erhohen in diesem Fall wenige Vertriebspartner ihre Marktergebnisse, wahrend viele Vertriebspartner sowie der Hersteller einen kumuliert hoheren Betrag verlieren. Durch eine Koordination auf Herstellerseite gewinnt deshalb nicht nur der Hersteller selbst, sondem zumindest langfristig auch die Mehrheit der Vertriebspartner in den wichtigen hochpreisigen Markten. Neben den preislichen Effekten betonen Belz et al. (2004, S. 33 ff.) zudem die Moglichkeit, die Beziehung zum intemationalen Key-Account zu vertiefen, eine Abwanderung des Kunden zu verhindem imd Cross-Selling Potenziale zu erschliessen. Bei der organisatorischen Verankerung des intemationalen Key-Account Management muss festgelegt werden, wer die Rolle des intemationalen Key-Account Managers einnimmt und wo dieser angesiedeh ist (Belz et al. 2004, S. 284 ff). Besonders hervorzuheben sind zwei geografische Altemativen. Entweder wird eine Person mit Vertriebserfahrung ausgewahlt, die in der Zentrale des Herstellers sitzt. Ein wichtiger Vorteil liegt hierbei in der Nahe zu den zentralen Vertriebsprozessen. Oder aber, der international Key-Accoimt Manager wird in dem Land installiert, in dem sich die zentrale Einkaufsabteilung des intemationalen Key-Accounts befindet. Vorteile dieses Vorgehens liegen in der geografischen und kulturellen Nahe zum Kundenuntemehmen.
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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Zusammenfassend lasst sich damit festhalten, dass samtliche Altemativen des intemationalen Key-Account Management eine Zentralisiemng von kundenbezogenen Entscheidungen bedingen, durch die eine landerubergreifende Koordination erst moglich wird. Die Zentralisiemng bedeutet dabei nicht unbedingt eine Konzentration dieser Entscheidungskompetenz auf die zentrale Organisation des Herstellers, sondem kann auch von dezentralen Organisationseinheiten im Stammland des Kunden wahrgenommen werden. Internationales Key-Account Management bedeutet damit unabh^ngig von der gewahlten Alternative fiir die meisten Vertriebspartner einen Verlust an Entscheidungsfreiheit und Macht, da kundenbezogene dezentrale Entscheidungen iSnderiibergreifend aufeinander abgestimmt werden miissen. Umstellung und operative Koordination Bei der Umstellung der kundenbezogenen Koordination von der Landesgesellschaft weg und hin zum iMnderubergreifenden Key-Account Manager kommt es haufig zu Widerstanden. Starke Vertriebspartner wollen haufig keine Kompetenz und Macht abgeben. "Account managers end up investing a lot of their energy simply fighting internal battles - for systems, support, or money - instead of spending time in front of the customer" (Toland 2004, S. 47). Diese oder ahnliche Aussagen hort man bei vielen der oftmals vorher so euphorisch gestarteten Key-Account Management-Projekte. Die grosste Herausforderung des Key-Account Management liegt nSmlich in der Uberwindung historisch gewachsener Organisationsstrukturen (Barth/Lockau 1998, S. 84). Eine der aus Sicht von Vertriebspartnem wichtigsten Entscheidungen, die im Rahmen des intemationalen Key-Account Management getroffen werden, betrifft die Harmonisierung von Preisen (s. Miihlmeyer/Belz 2000, S. 77f). Die zentrale Frage fiir Vertriebspartner ist, ob Umsatze, die der Key-Account dezentral mit dem Vertriebspartner tatigt, weiterhin dezentral iiber die Vertriebspartner abgerechnet werden oder nicht (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Werden die lokalen Umsatze oder Deckungsbeitrage eines intemationalen Key-Accounts nach der Einfiihrung des intemationalen Key-Account Managements zentral verrechnet und bei der Incentiviemng der Vertriebspartner nicht mehr beriicksichtigt, ergeben sich Konflikte. Haufig zahlen die intemationalen Key-Accounts auch lokal zu den bedeutendsten Kunden und bestimmen damit massgeblich die lokalen Ergebnisse. In der Praxis existieren zz. erst wenige Ansatze, um diesen erheblichen Konfliktpotenzialen zu begegnen. Fallbeispiel 6-1 zeigt, wie die Hoerbiger-Origa Systems GmbH durch eine „schrittweise Entschadi-
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Kapitel6
gung" Konfliktpotenziale reduziert imd damit zur Umstellung auf intemationales KeyAccount Management beigetragen hat. Mehrperiodische Entschftdigung fQr Vertriebspartner Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Altenstadt, Deutschland Die Hoerbiger-Origa Systems GmbH ist Teil der Hoerbiger-Gruppe mit Hauptsitz in Altenstadt, Deutschland, die im Jahr 2003 mit ca. 4*350 Mitarbeitem einen Umsatz von 519 Mio. EUR erzielte. Die Gruppe beschaftigt sich mit den drei Bereichen Kompressortechnik, Antriebstechnik und Automatisienmgstechnik. Der Bereich Automatisienmgstechnik, zu dem die Hoerbiger-Origa Systems GmbH gehort, erwirtschaftet mit 187 Mio. Euro ca. 36% des Gesamtumsatzes imd ist auf Komponenten und Systeme der Fluidtechnik (Hydraulik und Pneumatik) spezialisiert. Der weltweite Vertrieb im Bereich der Standardpneumatik ist tiber sogenannte Intercompanies (ICOs) organisiert, die juristisch selbststSndige Tochtergesellschaften sind und neben dem reinen Vertrieb (der aufgrund der rechtlichen Selbststandigkeit bei Hoerbiger als , JIandelsgeschaft" bezeichnet wird) teilweise auch die Veredlung von Komponenten ubemehmen. Zur besseren Bearbeitung und Betreuung von intemationalen Schliisselkunden wurde im Jahr 2002 schrittweise damit begonnen, die Betreuung in den intemationalen Markten von den ICOs auf KeyAccount Manager umzustellen. Benno Birke, Geschaftsfuhrer der Hoerbiger-Origa Systems GmbH betont: ,>lan muss den ICOs zur Umstellung auf das Key-Account Management M^rkte wegnehmen." Im Jahr 2003 waren bereits ca. 35 Prozent der Markte umgestellt, was zuvor im Rahmen einer zwolfmonatigen Planungsperiode vorbereitet worden war. Den ICOs wurden zunSchst die Ziele und Vorteile der Key-Account-Strategie erlautert. Da die Verrechnung der kundenbezogenen Umsatze nach der Umstellung ausschliesslich zentral erfolgen soUte, fielen mit der Umstellung grosse Teile der Incentivierung von ICOs weg und lokale Ergebnisse wurden geschmalert. Es stellte sich deshalb die Herausforderung, die ICOs zur Ubergabe der Kundenkontakte zu motivieren. Dabei soUte die lokale Bereitschaft erhalten werden, Key-Account Manager wohlwoUend zu unterstUtzen. Einen Kompromiss fand man, indem man sich dazu entschloss, die ICOs iibergangsweise noch an den mit Key Accounts realisierten Umsatzen zu beteiligen, um zumindest fUr eine „Ubergangsperiode" etwaige UmsatzausfKlle teilweise zu kompensieren. Man entschied sich fiir ein standardisiertes Vorgehen um die Obergabe der Kundenbetreuung und -verantwortung von ICOs an KeyAccount Manager zu regeln. Danach bestimmt ein ,3asisvertrag", der von der Untemehmensbereichsleitung vorgegeben wird, dass ICOs nach Abgabe eines Kunden an das Key-Account Management fur den Planungszeitraum von drei Jahren eine Umsatzbeteiligung an den mit dem Key Account realisierten Umsatzen i. H. v. fUnf Prozent erhalten. In einzelnen Fallen, in denen von der Seite der ICOs ein besonders hoher Aufwand fiir die Betreuimg des Key Accounts erbracht werden muss, werden teilweise zusatzliche Provisionen ausgehandelt. Damit fallen die Margen der ICOs nach der Ubergabe des Kunden nicht voUstandig weg, sondem werden lediglich abgeschwacht. Der Planungszeitraum von drei Jahren erlaubt es den ICOs dartiber hinaus, sich an die veranderte Situation anzupassen. Mit Hilfe dieses Vorgehens erzielte die Hoerbiger-Origa Systems GmbH unterschiedliche Ergebnisse. In wenigen Ausnahmefallen wurden aus Grunden lokaler Besonderheiten Kimden beim ICO belassen. Die meisten intemationalen Key-Account Manager stammen zumindest aus dem Stammland oder kulturell nahe stehender Regionen des Kundenuntemehmens. Auch wenn mit diesem Vorgehen nicht samtliche Konflikte bei der Ubergabe von Kundenkontakten an das Key-Accoimt Management gel5st werden konnen, werden Spannungen abgeschwacht und die Implementierung des landeriibergreifenden Key-Account Managements durch die Einbeziehung der ICOs wirksam unterstiitzt. Fallbeispiel 6-1: Mehrperiodische Entschadigung bei der Hoerbiger-Origa Systems GmbH (Einzelinterview Birke 2003, s. Anhang A, S. 348)
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
Das Beispiel Hoerbiger-Origa zeigt die Moglichkeit, Vertriebspartner zu einer Ubergabe der Kundenverantwortung zu bewegen. Ausserdem zeigt es, dass auch die Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner zu bedenken ist, die in Bezug auf die ubrigen Kunden besteht. Der intemationale Key-Account Manager benOtigt die Unterstiitzung durch die bestehende Vertriebsorganisation in den intemationalen Markten. Aus diesem Grund erlauben einige Firmen ihren Key-Account Managem die Zeit von anderen Mitarbeitem zu ,Jcaufen" (Maister 1999, S. 64). Hierdurch wird die Teilnahme und Unterstiitzung des Key-Account Management gefordert, bis sich erste langfristige Erfolge zeigen (Maister 1999, S. 64). Anders als im Fall Hoerbiger gibt es viele Hersteller, die sich auf einen Kompromiss einigen. Danach werden intemationale Vertriebspartner weiterhin an den mit intemationalen Key-Accounts erzielten Umsatzen gemessen, obwohl diese nicht mehr in ihren eigentlichen Zustandigkeitsbereich fallen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dadurch ergeben sich allerdings Konflikte anderer Art, insbesondere dann, wenn globale Agreements die weltweiten Preise flir den Kunden vereinheitlicht regeln. In dieser Situation mtissen gerade Vertriebspartner in hochpreisigen Markten (s. Abbildung 6-6, S. 167; ,J^and B") Margen einbussen, wenn zentrale Preisvereinbarungen mit dem Kunden zu einem weltweit mittleren PreisgefUge fuhren (siehe Abbildung 6-6, S. 167; „Ohne Transfer"). Als L5sung dieser Konflikte sind Transferzahlungen zwischen Niedrigpreislandem („Land A" und „Land C") und HochpreislSndem („Land B") denkbar.
pro Stiick
pro Stuck
Land A
Abbildung 6-6:
Land B
Land C
Land A Land B
Land C
Land A
Land B
Land C
Transferzahlungen im Rahmen der Preisharmonisierung fiir intemationale Key-Accounts
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Kapitel6
Eine besondere Berucksichtigung ben5tigen in diesem Falle Vertretungen, die vor allem in niedrigpreisigen Nebenmarkten von dem gesicherten hoheren Preisniveau profitieren wtirden. In diesem Fall bestehen zwei Moglichkeiten fiir eine Transferzahlimg. Durch einen direkten Transfer wird die Differenz zwischen altem und neuem Preisniveau unmittelbar an den Hersteller gezahlt. Hierbei werden Vertretungen dazu neigen, eine Erhohung des ,^arktpreisniveaus" vorzugeben, um mdglichst wenig Transfers zahlen zu miissen. Bei diesem Konflikt kann sich der Hersteller allerdings an den durchschnittlich erzielten Preisen mit den lokalen Kunden orientieren, mit denen keine globalen Agreements bestehen. Eine andere MQglichkeit ist, dass Vertretungen hohere Verrechnungspreise ftir Lieferungen an Key-Accounts zahlen miissen und so den Transfer indirekt bezahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Akzeptiert die dezentrale Organisationen des Kunden die in globale Agreements vereinbarten Preise, so kann eine lokale Vertretung auf diese Weise dennoch ihre Margen erhalten. Bei der konkreten Konzeption solcher Transferzahlungen und der Ausgestaltung der VertretungsvertrSge sind daruber hinaus lokale Steuergesetze zu beachten, die zum Teil einem intemen Gewinntransfer entgegenstehen. In der Realitat ist femer davon auszugehen, dass der in globalen Agreements vereinbarte Preis geringer ausfSUt, als der in Abbildung 6-6 (S. 167) eingezeichnete Durchschnittspreis. Der Grund dafUr ist die bessere Verhandlungsbasis des Kunden aufgrund der kumulierten Mengen. Damit wird er sich bei Preisverhandlungen am bisher international niedrigsten Preis orientieren. Aus diesem Grund konnen auch Transferzahlungen fur Vertriebspartner aus Hochpreisiandem nicht den vollstandigen entgangenen Umsatz ausgleichen. Auf lange Frist verhindert ein solches Vorgehen aber zumindest, dass grosse Teile der key-accountbezogenen Nachfrage in Niedrigpreislander abwandem. Damit liegt dieses Vorgehen auch im Interesse der einflussreichen lokalen Geschaftsfiihrer.
6.3.2.2
Horizontale Koordination zwischen Geschaftsbereichen
Wenn bisher vom Hersteller oder der „Zentrale" die Rede war, wurden unter diesem Begriff diejenigen zentralen AufgabentrSger verstanden, die durch die Koordination und Unterstutzung der Vertriebspartner zur Erfullung von Vertriebsaufgaben beitragen (s. Reckenfelderbaumer 2001, S. 253 f). Eine besondere Herausforderung stellt sich, wenn eine Vertriebsorganisation von verschiedenen Geschaftsbereichen bzw. Business-Units genutzt wird. Aus Sicht der Vertriebspartner existieren dann mehrere Zentralen: Die verschiedenen Geschaftsbereiche stehen sich mit ihren Produkt- und Leis-
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
tungsspektren im Wettbewerb um die Ressource „Vertriebsorganisation" gegenuber (Kullmaim/Kuhl 1998, S. 43). Dabei konnen sich Strategien, Zeitplane und Anforderimgen der Geschaftsbereichsleiter in der „Zentrale" massgeblich unterscheiden, da die Marketingabteilungen der Bereiche ihre Plane zur Markteinfuhnmg und -bearbeitung weitgehend unabhangig voneinander ausarbeiten (KuUmann/Kuhl 1998, S. 43). Hierdurch entstehen unterschiedliche Anfordemngen und Vorgaben, die aus Sicht der Vertriebspartner oftmals widerspruchlich und teilweise weder inhaltlich noch zeitlich miteinander vereinbar sind. Hierdurch werden die von den Geschaftsbereichen unabhangig voneinander entwickelten Plane im Ergebnis ihrer Umsetzung interdependent. Bine Untersuchung von Thomaszik/Hanser (2004, S. 36) betont die Bedeutung dieses Aspektes. 35.8 Prozent der Befragten nennen die Verbesserung der intemen Schnittstellen zwischen verschiedenen Untemehmensbereichen und Abteilungen als wichtigsten Ansatzpunkt bei der Optimierung ihrer Vertriebsorganisation. Auch Hungenberg (1992, S. 349) weist auf die Wertbeitrage hin, die von der Zentrale durch eine horizontale Koordination der damit interdependenten Geschaftsbereiche erreicht werden k5nnen (s. Abbildung 6-7, S. 169).
Geschaftsbereich A
Geschdftsbereich B
Geschaftsbereich C
Internationale Division
'•*c"C— ; ; ' • ; : ; ; ;
*'***-,
lIMlHil
'"*'**--«." '*S.-..^
• Land1 • Land 2
• Landl • Land 2
ReiE^a
-*
|-
Land1 Land 2
Abbildung 6-7:
Geschaftsbereiche und intemationale Vertriebsorganisation (In Anlehnung an Kutschker/Schmid 2002, S. 486)
Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Vertriebsgesellschaften entstehen vor allem dadurch, dass sich die Geschaflsbereichsstrukturen haufig nicht auch in den Tochtergesellschaften wieder finden (Lach 2001, S. 63). Das ist insbesondere in kleineren Markten der Fall, in denen wenige Mitarbeiter ein dementsprechend breites Produkt-
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Kapitel6
portfolio bedienen. Zu Konflikten kommt es, da jeder Geschaflsbereich zunachst die eigenen Ziele anstrebt und von der Vertriebsorganisation eine besondere Aufmerksamkeit fiir seine Produkte fordert (Lach 2001, S. 63; Kullmann/Kiihl 1998, S. 44). Es resultiert ein Interessenkonflikt ftir die Tochtergesellschaft, da Ressourcen bei anderen Produkten abgezogen werden miissen, um sich um ein neues Produkt zu kiimmem. Als Antwort hierauf erhdhen GescMftsbereichsleiter hSufig ihren Druck auf die Vertriebspartner, wenn sie der Meinung sind, ihre Produkte wtirden vemachlassigt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierdurch entstehen Fronten und Konflikte, was dauerhaft einer wirksamen Marktbearbeitung entgegenstehen muss. Altemativ zur Machtaustibung besteht fUr Geschaftsbereichsleiter die Moglichkeit, sich dem intemen Wettbewerb um die Gunst der Vertriebsorganisation zu stellen und zu versuchen, ihre Aktivitaten besser auf die Bediirfiiisse der Vertriebspartner abzustimmen. Ehirch eine offene Kommunikation, fruhzeitige und umfassende Informationen z. B. iiber den Markt des neuen Produktes sowie kommerzielle und technische Unterstiitzung kdnnen Tochtergesellschaften das neue Produkt ressourcengunstiger ins Sortiment aufiiehmen. Sie erhalten dadurch den Anreiz, die Produkte der GeschSftsbereiche zu untersttitzen, die ihnen dafur die beste Ausgangssituation schaffen. Aus Sicht des Gesamtuntemehmens ergeben sich aus diesem intemen Wettbewerb Vorteile, da sich die Leistungsfahigkeit der Vertriebsorganisation im Gegensatz zu einer machtbasierten L5sung stetig verbessert. Es handelt sich um eine Form der Selbstkoordination. Als wichtige Voraussetzung hierfiir miissen allerdings machtbasierte Losungen verhindert werden, die den intemen Marktmechanismen entgegenstehen. Auf Untemehmensebene besteht bis zu einem gewissen Grad altemativ auch die Moglichkeit, eine direkte inhaltliche und zeitliche Abstinmiung der MarketingplSne der verschiedenen Bereiche vorzunehmen (Kullmann/KUhl 1998, S. 45), wie z. B. durch eine Stabsstelle unter der Verantwortung des Leiters der intemationalen Division. Nur wenn die MarketingplSne der Geschaftsbereiche einer gewissen KontroUe unterliegen, kann sichergestellt werden, dass Vertriebspartner und Kunden ein stimmiges Bild des Gesamtuntemehmens erhalten. Fallbeispiel 6-2 zeigt, wie das Untemehmen Emhart Glass durch eine Rezentralisierung von Entscheidungen ihre Koordination verbessert hat.
171
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Interne Koordination durch Central Sales Administration (CSA) Emhart Glass S.A., Cham, Schweiz Die Emhart Glass S.A., eine Tochter der Bucher Industries mit Sitz in Cham (CH), ist ein weltweit ftihrender Hersteller von Maschinen fiir die Glasbehalterindustrie (s. auch Fallbeispiel 3-1, S. 51). Zu ihren Produkten gehoren Maschinen fur Glaskonditionierung, zum Formen von Behaltem bis zur Konfektion der Flaschen sowie Maschinen fur die optische Endkontrolle von Glasbehaltem. Die etwa 900 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2003 einen Umsatz von ca. 263.9 Mio. CHF.
EMHAtmiASS
ilSrtup I
r Group ^ Ij Specialized •Manufacturing Units
IT Transfer Price Production Planning Manufacturing
Zum Vertrieb setzt das Untemehmen primar auf eigene Tochtergesellschaften, vor allem in kleineren Markten werden aber auch unabhangige Vertretungen hinzugezogen. Gerade in den wichtigsten Markten ist das Untemehmen mit Tochtergesellschaften vertreten, deren Handlungsspielraum beim profitablen Verkauf von Maschinen und Ersatzteilen ursprunglich nur durch die U6he der Transferpreise begrenzt war, die beim intemen Bezug an die „Manufacturing Units" zu entrichten waren (siehe Abbildung „Initial Setup"). V Setup I Specialized Manufacturing Units
EMHAFTGIASS Production Planning Manufacturing
Acquisition
Eine kunden- und wettbewerbsseitige Konzentration des Marktes sowie rUcklaufige Wachstumsraten forderten eine bessere Koordination der intemen und intemationalen Aktivitaten. Die geringere Auslastung der Produktion, sinkende Marktpreise und hohe Overheadkosten in den Vertriebsgesellschaften belasteten das Ergebnis des Untemehmens. Die landeriibergreifende Koordination von Preisen und Konditionen wurde durch die dezentrale Organisation weiterhin erschwert. Weder die Aktivitaten der Manufacturing Units, die ihre Produktlinien iiber die gleiche Verkaufsorganisation vertreiben, konnten in dieser Konstellation koordiniert werden. Noch konnten Redundanzen in den dezentralen Vertriebseinheiten vermieden werden. Um Kosten zu senken und die inteme Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren voranzutreiben, wurde eine Reorganisation durchgesetzt. Dazu wurden
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Kapitel6
wesentliche Managementkompetenzen aus den Landergesellschaften abgezogen und in einer zentralen Stelle, der so genannten „Central Sales Administration" konzentriert (s. Abbildung „New Setup"). Die Central Sales Administration (CSA) ubemimmt samtliche administrativen Vertriebsentscheidungen und stellt den Vermittler zwischen den Manufacturing Units und den Vertriebsgesellschaften dar. Vertriebsgesellschaften konzentrieren sich nun ausschliesslich auf Aufgaben der Marktbearbeitung und werden von Backoflficeaktivitaten befreit. CSA ubemimmt diese Aufgaben und stimmt die Auftrage und Spezifikationen mit den Produktionseinheiten ab. Interne Informationen und solche iiber die Markte werden damit in einer Stelle konzentriert. Das Untemehmen reduziert damit die Komplexitat fiir die einzekien Produktions- und Vertriebseinheiten und verbessert nachhaltig die interne Kommunikation und Abstimmung. Fallbeispiel 6-2: Central Sales Administration (CSA) bei Emhart Glass S.A. (Hatz 2004, S. 19 ff.)
6.3.2.3
Trennung von Koordination und Untersttttzung
Nach Hungenberg (1992, S. 342) muss die Zentrale, wie alle anderen Untemehmensbereiche zunehmend ihren Beitrag zur Steigerung des Untemehmenswertes nachweisen und damit ihre Existenzberechtigung sichem. Zu den zentralen Aufgaben der Zentrale gehoren, wie bereits betont wurde, die Koordination und Untersttttzung der Vertriebspartner zur ErfUUimg der Vertriebsaufgaben (s. ReckenfelderbSumer 2001, S. 253). Die Qualitat mit der die Zentrale beide Aufgabenbereiche erfullt, kann demnach als Kriterium zur Beurteilung der zentralen LeistungsfMhigkeit herangezogen werden (Hungenberg 1992, S. 341). Die Untersttttzung durch die Zentrale wird auch von Vertriebspartnem als wichtiges Beurteilungskriterium herangezogen. Dazu gehSren finanzielle Hilfen, Dokumentationen und Verkaufsmaterial sowie die Bereitstellung von kunden- und wettbewerbsbezogenen Informationen. Je starker die Vertriebsmanager der Zentrale allerdings neben der Koordination auch gleichzeitig Aufgaben der Untersttttzung ttbemehmen und verantworten, desto mehr besteht die Gefahr der Unangreifbarkeit ihrer Leistung. Fehlende Oder mangelhafte Untersttttzung der Vertriebspartner kann leicht vom involvierten Vertriebsmanager durch ttberzogene Forderungen der Vertriebspartner begrUndet und abgetan werden, um nicht die eigene Leistungsfahigkeit in Frage zu stellen. Eine personelle Verquickung von Koordinations- und Untersttttzungsaufgaben steht damit einer differenzierten Beurteilung und Kritik im Wege. Eine hohere Leistungsfahigkeit der Vertriebsorganisation, die durch eine optimale Untersttttzung der Vertriebspartner erreicht werden kann, wird hierdurch erschwert. Es bedarf deshalb einer eindeutigen Kompetenzabgrenzung zwischen koordinierenden und unterstutzenden Akteuren sowie einer KontroUinstanz, die nicht gleichzeitig un-
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
mittelbare Verantwortung fur die Unterstutzimgsleistungen besitzt und im Stande ist, disziplinarische Massnahmen einzuleiten (s. Abbildung 6-8, S. 173). Hungenberg (1992, S. 353) geht sogar soweit, eine rechtliche Unabhangigkeit zentraler „Service-Center" zu fordem, deren Leistungen nach Moglichkeit marktpreisorientiert abgerechnet werden. Dem schliesst sich Reckenfelderbaumer (2001, S. 263) an, der betont, dass ohne marktahnliche Gestaltungsspielraume von den Servicebereichen nicht emsthaft verlangt werden konne, wettbewerbskonforme und kundenorientierte Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Ausserdem sei es unverzichtbar, Anforderungen wie Qualitat, Liefertreue und Gewahrleistung zu marktublichen Bedingungen fur die Leistungen der Zentralfunktionen festzulegen (Hungenberg 1992, S. 353). Koordinations- und Unterstiitzungsleistungen der Zentrale werden dadurch transparent und fiir eine Beurteilung zuganglich. Durch die personelle Trennung der Verantwortlichkeiten fiir Koordination und Unterstutzung, wie sie in Abbildung 6-8 gezeigt wird, wird zudem die Unterstutzung der Vertriebspartner als eigenstandige wertschaffende Aufgabe betont. Die Form, in der diese Trennung in Organisationen realisiert wird, hangt sicherlich u. a. von der Grosse und Finanzkraft des Herstelleruntemehmens ab. Ein geeigneter Ansatz, der die Transparenz und Verlasslichkeit zentraler Leistungen erhoht, stellt z. B. die Vereinbarung von „Service-Level-Standards" dar. Dieser wird in Absatz 6.3.7.3 (S. 222 ff.) nSher erlautert.
_
Geschdftsbereich C
Abbildung 6-8:
GeschSflsbereich B
Geschdftsbereich A
Shared-Service Center
Internationale Division
Organisatorische Trennung von Koordinations- und Unterstutzungsfiinktion
Der Einsatz von Service-Centers erfreut sich in den letzten Jahren grosser Beliebtheit. Vor allem administrative Leistungen wie rechtliche, technische, wirtschaftliche und
174
Kapitel6
steuerliche Beratung, Logistikdienstleistungen, Marktforschung, Buchhaltung zentraler Rechnungserstellung sowie IT-Dienstleistungen werden bereits in hohem Masse durch zentrale Service-Centers realisiert (Reckenfelderbaumer 2001, S. 263; Neilson et al. 2005, S. 3). Weltweit und auch auf regionaler Ebene realisieren diese einen Grossteil von Untersttitzungsleistungen, die bisher vor allem Backoffice-Aufgaben betreffen. Einer aktuellen Studie von Booz Allen Hamilton zufolge wird sich der Einsatzbereich der Shared-Service-Center jedoch in Zukunft auch bis hin zur Unterstiitzung bei kundenbezogenen Prozessen erstrecken (s. Neilson et al. 2005). Hierdurch konnen einerseits eine grosse Anzahl an lokalen Aktivitaten zentralisiert werden, wodurch Synergien entstehen. Andererseits wird Vertriebspartnem eine hohe Qualitat der UnterstUtzung garantiert. Das entlastet die administrativen Prozesse des Vertriebspartners weitgehend, der sich daher zunehmend auf seine Kemkompetenz, die Kundenbetreuung, konzentrieren kann.
6.3.2.4
Honorierungssysteme fiir zentrale Einheiten
In der Literatur zum Vertriebsmanagement wurde die Thematik der Honorierungssysteme bereits vielf^ltig aufgegriffen und diskutiert (s. Belz/Reinhold 1999a, S. 159; Kraffl 1995). Die Diskussion bezieht sich allerdings weitgehend auf Vergiitungsfragen, die Tochtergesellschaften, Vertretungen oder Aussendienstmitarbeiter betreffen. Bedingungen und Anforderungen an Honorierungssysteme fur die zentralen Einheiten, die aus der Bedeutung der Vertriebspartner resultieren, wurden dabei nicht formuliert. Wenn die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit den Leistungen der Zentrale jedoch als wichtige Voraussetzung fiir den Erfolg einer intemationalen Untemehmung begriffen wird, muss diese im Zielsystem der Zentrale messbar erfasst,tiberpruftund incentiviert werden. Auch Mitarbeiter der Zentrale mtissen sich fur die Qualitat ihrer Leistungen verantworten und werden dadurch zu Hdchstleistungen motiviert. Dies ist offenbar nur selten der Fall. Wie Belz/Reinhold (1999a, S. 23) betonen, mussen sich Zentralen oft nur an sich selbst messen. Zu den herkommlichen GrSssen wie Kosten, Umsatzen, Deckungsbeitragen und Verkaufen mussen weitere Kennzahlen hinzutreten, die die Leistungsfahigkeit der Zentrale in Bezug auf die Koordination und Untersttitzung der Vertriebspartner widerspiegeln. Hierzu konnen einerseits weitere objektive Kennzahlen herangezogen werden, die Aufschluss tiber die erbrachte Leistung der Zentrale geben. So spielen die Lieferzuver-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
175
lassigkeit und Lieferdauer aus Sicht von Vertriebspartnem und Kunden eine zentrale Rolle bei der Beurteilung eines Herstellers (Lach 2001, S. 290). Aber auch Kennzahlen wie die Abwandenmgsrate von Vertriebspartnem als Resultat der Zusammenarbeit kann Aufschluss tiber die Art und Weise geben, mit der es der Zentrale gelingt, die Anforderungen der Marktpartner zu erfiillen. Um einen direkten und fur verschiedene Gestaltungsbereiche differenzierten Eindruck der Zentrale zu erhalten, kann auch subjektives Datenmaterial fur die Beurteilung der Zentrale hinzugezogen werden. Durch eine Indexierung der Zufriedenheitswerte kann ein Zeitvergleich wertvoUe Hinweise geben, inwieweit es dem Hersteller gelingt, auf die verschiedenen Anforderungsbereiche der intemationalen Vertriebsorganisation zu reagieren. Durch die Befragung der Vertriebspartner erhah man neben einer Beurteilungsgrundlage ftir die Leistungsqualitat der Zentrale auch Hinweise ftir die Gestaltung der Vertriebsorganisation.
Klassische Gr6ssen
Erweiterte Gr5ssen • VetfUgbarkeiten,
•Deckungsbeitrdge,
• Lieferzuveriassigkeit,
• Kosten,
• Lieferdauer,
• Gewinn,
• Innovationsrate, NeuprodukteinfQhrungen,
• Marktanteile.
..'
• Vertriebspartnerfluktuation, • Konditionalstrafen, Vertragsstrafen, • Anzahl juristischer Verfahren.
Daten aus der Buchhaltung und dem Controlling
Abbildung 6-9:
Support
\ Konditionen
Zufriedenhelts-Befragung unter Vertriebspartnem
Objektive und subjektive Kennzahlen zxir Beurteilung der Zentrale
6.3.3 Ansatzpunkte der Koordination in vertikalen Strukturen Neben der Koordination der zentralen Einheiten steUt auch die Koordination in vertikalen Organisationsstrukturen einen wichtigen Ansatzpunkt dar, um die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem zu verbessem. Wichtige Ansatze zur Koordination sind dabei zum einen der Einsatz von Regionalzentren und zum anderen die Verzahnung des Personalmanagements. Beide Ansatze werden im Folgenden dargestellt.
176
6.3.3.1
Kapitel6
Regionalzentren statt weltweites Vorgehen
Neben Funktionen, Geschaftsbereichen und Produkten kann als primares Strukturierungskriterium auf der ersten Hierarchieebene nach der Untemehmensleitung auch der Regionalaspekt stehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 503). Egelhoff (1982) betont, dass Regionalstnikturen vor allem dann von Untemehmen gewShlt werden, weiin sie in einem hohen Umfang international tatig sind, starke regional- und landerspezifische Anpassimgen notwendig sind und Verhandlungen mit auslandischen Regierungsstellen, Behorden oder VerbSnden eine zentrale Rolle ftir den Geschaftserfolg spielen. Top-Manager der Regionalsparten sowie deren Ressorts kdnnen sowohl in der Zentrale als auch in der betreffenden Region ihren Sitz haben. AUerdings bietet es sich hSufig an, die Regionalbereiche in den entsprechenden Regionen anzusiedeln und nicht am Stammsitz der Untemehmung (Kutschker/Schmid 2002, S. 505). Dafiir spricht vor allem die grdssere Nahe zum Markt, aber auch das Argument des politischen Einflusses. Regionalzentren k6nnen als unabhSngige rechtliche Gesellschaft aufgesteUt werden, die sich weder im Stammhaus noch in den LSndemiederlassungen befindet (Schutte 1996, S. 29). Es ist aber im anderen Extrem auch denkbar, einzelne Manager des Stammhauses oder von Niederlassungen als kleinste organisatorische Einheit ftir regionale Verantwortlichkeiten einzusetzen (Schiitte 1996, S. 29). Unabhangig von ihrer organisatorischen Aufstellung reprSsentieren Regionalzentren damit gegeniiber der Zentrale gewissermassen als ,3otschafter" die verschiedenen Regionen (Frese 1995, S. 421) und anderseits gegenUber den Vertriebspartnem die regionalen Interessen der Zentrale. Regionalzentren managen damit die Spannimg zwischen den zentralen Effizienzwtinschen des Herstellers und den Bemtihungen der Landergesellschaften nach lokaler Effektivitat (Sullivan 1992, S. 238). Der hSufig notwendigen Anpassung von Strategien an Regionen, L^ndergruppen und LSndermarkten kann durch eine Regionalorganisation besser Rechnung getragen werden. Gleichzeitig ermSglicht sie eine bessere Nutzung von lokalem bzw. regionalem Know-How (Kutschker/Schmid 2002, S. 504). Sowohl kulturelle als auch informationsbezogene Distanzen zu den Vertriebspartnem konnen in hohem Masse tiberwunden werden. Durch die Einrichtung von Regionalstnikturen kann damit ein wichtiger Schritt zur Absicherung der Kooperation zwischen der Zentrale und den Landesgesellschaften untemommen werden. Fallbeispiel 6-3 zeigt, wie die Bosch Sicherheitssysteme GmbH ihren Vertrieb in der Asien-Pazifik-Region durch den Einsatz einer Regionalzentrale professionalisierte.
177
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Regional Headquarters manages Asia-Pacific operations Bosch Security Systems Pte Ltd., Singapore, Singapore As part of the Robert Bosch Group, established in Germany in 1886, Bosch Security Systems grew out of the former Bosch Telecom in 1984. The company was, however, involved in security business much earlier than this, since as early as 1921. Although the history of Bosch Security Systems is relatively short, the history of its parent company and the origins of its Asia-Pacific headquarters are rather more extensive. Today Bosch has sales in excess of EUR 36 bn in 2003 and is active in 38 countries around the world, spread over five continents. Bosch Security Systems is a division of Bosch that develops, manufactures and sells a range of fire, intrusion, CCTV, access control, management and communication products including public address, voice alarm and conference microphones. Bosch Security Systems has its main headquarters in Germany and also regional headquarters for Europe, the Middle East and Africa, for the Asia-Pacific region and the US. Bosch Security Systems Asia-Pacific has more than 750 employees and operates regional sales offices in Australia, New Zealand, Malaysia, Indonesia, Thailand, Philippines, Taiwan, Japan, Hong Kong/China, India, Vietnam and South Korea. The headquarters for iie Asia-Pacific- Region is in Singapore, where its main business is in video products and systems (CCTV), communications and intrusion detection. The headquarters is run by Bosch Security Systems Asia Pacific VP Philippe Huinck and deputy VP James Ang. Dutch by birth, Huinck has held his position since 2002, after 11 years of holding various management positions in the US, Netherlands, Hong Kong and Singapore. Ang is a Singaporean who worked for Philips Electronics for 18 years holding positions in Vietnam, Indonesia and Singapore. Together they steer the Asia-Pacific business.
BOSCH
Headquarters (HQs)
1 North America
1
Latin America
1
Asia Pacific (Singapore)
1
Europe, JVIiddie East, Africa
Regional sak sorfflces Australia, Hong Kong/China, India, Indonesia, Japan, Malaysia, New Zealand, Philippines, South Korea, Taiwan, Thailand, Vietnam.
'Bosch Security Systems is committed to its strategy of developing a global presence and has chosen Singapore as its strategic location for its regional headquarters to better serve our customers in the Asia-Pacific region,' says Singapore marketing manager Madeline Hia. 'This regional operation of 42 people offers front-office/back-office functions such as sales, marketing, technical and customer support, training, logistics, finance and accounting. It also serves as a regional logistics hub providing support to its customers and sales subsidies in the region.' As Asia is one of the most diverse regions in the world, the company's approach to business is shaped accordingly: 'Our strategy is to have local people in the local market to deal with the local custom-
178
Kapitel6
ers,' Hia explains. *The key is to have local team to obtain first hand information about local requirements. Then we can provide the best support to the individual market. We want to continue to build brand awareness, expand our business and grow market share in the market. Our intention is to make business grow faster in this region.' *The Asia-Pacific is likely one of the most diverse regions in the world,' Huinck confirms. 'We cover Pakistan to New Zealand, and Japan to Indonesia. Some markets, such as Japan and Singapore, are more developed than many European countries - they all have different languages, currencies and policies so our strategy is to have local people in local markets to deal with local customers. There is no exception to this rule. 'Take China,' he continues. 'Five years ago, we hardly had any manuals in Chinese but the sales people were saying that they needed local manuals. Now almost everything is available in Chinese. Even the software is in Chinese. The Japanese want everything to be perfect. They have a list of requirements and if your product hits 98 points out of a total of 100, say, that means they are not ready to buy it. If you want to do business in Japan, you have to make sure that your products meet all of their requirements.' ^_____^__^ Fallbeispiel 6-3: Regionakentrum Asia-Pacific der Bosch Sicherheitssysteme GmbH (Bosch 2005)
6.3.3.2
Verzahnung der Aufgaben des Personalwesens
Ein weiterer Ansatzpunkt fiir die Koordination der Zusammenarbeit mit intemationalen Vertriebspartnem liegt in einer engen Verzahnung bei den Aufgaben des Personalwesens (Homburg/Krohmer 2003, S. 1037; Krafft/Haase 2004, S. 16; Walti 1999, S. 224). Die dezentrale Struktur und die heterogenen Anforderungen an Mitarbeiter schaffen im Vertrieb eine besonders hohe Komplexitat (Homburg/Krohmer 2003, S. 1037 f.). Die Zusammenarbeit mit intemationalen Vertriebspartnem erfordert eine sorgfaltige Mitarbeiterselektion und eine gezielte Mitarbeiterentwicklung. Die hohe Bedeutung einer systematischen Mitarbeiterselektion fiir zentrale und dezentrale Aufgaben in der Vertriebsorganisation ergibt sich aus dem betrachtlichen Risiko, das mit Fehleinstellimgen verbimden ist (Homburg/Krohmer 2003, S. 1039). Hohe Weiterbildungskosten im Fall mangelnder FShigkeiten der neuen Mitarbeiter, eine hohe Mitarbeiterfluktuation, die damit verbundenen Kosten sowie die Beeintrachtigung von Kundenbeziehungen sind Beispiele fur Konsequenzen, die aus einer fehlerhaften Mitarbeiterselektion resultieren kfinnen (s. Homburg/Krohmer 2003, S. 1040). Walti (1999, S. 224) betont deshalb, dass eine Methodik zu entwickeln sei, um potenzielle Kandidaten systematisch zu evaluieren. Hersteller und Vertriebspartner konnen dazu gemeinsame Anforderungsprofile erarbeiten (Walti 1999, S. 224), die sowohl die lokalen Marktbedingimgen als auch die Untemehmenssituation des Herstellers berucksichtigen. Wichtige Variablen eines solchen Anforderungsprofils konnen bspw. sein: Ausbildung, Branchenerfahrung, technologische Kompetenz, sprachliche Kompetenz, Datenbank- und Softwarekenntnisse, Personlichkeitsmerkmale sowie personliche Netz-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
179
werke (Cespedes 1995, S. 62 f.). Durch den Einsatz gemeinsamer Rekrutierungsrichtlinien konnen auf diese Weise Mitarbeiter in Zentrale und bei Vertriebsgesellschaften gewonnen werden, die durch gemeinsame und ubergreifende Fahigkeiten eine Zusammenarbeit erleichtem (Krafft/Haase 2004, S. 16; Cespedes 1995, S. 62). Klumpp (2000, S. 179 ff.) misst der gemeinsamen Mitarbeiterentwicklung eine besonders hohe Bedeutung bei. Hierbei ist der organisationsiibergreifende Personaleinsatz besonders hervorzuheben. Durch Personalrotation oder temporare Mitarbeitertransfers konnen neben einem sachlichen Inforaiationsaustausch ein emotionaler Fit zwischen zentralen und dezentralen Einheiten hergesteUt werden (Klumpp 2000, S. 179; Edstrom/Galbraith 1977, S. 255). Manche Hersteller beziehen einen mehrmonatigen Arbeitsaufenthalt bei einem intemationalen Vertriebspartner als Station ftir Ftihrungsnachwuchs vor der Ubemahme von TStigkeiten im Stammhaus mit ein. Durch den personellen Austausch erhahen Mitarbeiter einen tiefen Einblick in die Interessen, die Denk- imd Arbeitsweise ihres Counterparts, wodurch die Entwicklung der Vertriebsorganisation eine ganzheitliche Sichtweise erhalt. Die Intensitat der Personalrotation wird dabei durch die Anzahl der ausgetauschten Mitarbeiter, die Dauer des Austausches und die Aufgaben, die in der anderen Funktion iibemommen wurden, bestimmt (Klumpp 2000, S. 180). Allerdings sind fur die Umsetzung einer solchen Rotation in der Praxis haufig interne Hiirden zu iiberwinden. Ausgetauschte Mitarbeiter konnen nicht von Beginn an mit voUer Produktivitat an einer neuen Aufgabe arbeiten. Deshalb verlangt ein solches Vorgehen von den Beteiligten die Uberzeugung, dass sich kurzfristige Produktivitatsverluste langfristig in Form von verminderten Reibungsverlusten, einer effizienteren Vertriebsorganisation und damit hoheren Verkaufsergebnissen auszahlen. Eine weitere Moglichkeit, um zentrale und dezentrale Organisationseinheiten im Rahmen des Personalwesens mental und personell enger zu verbinden, besteht in durchlassigen Karrierepfaden (Krafft/Haase 2004, S. 16). In vielen Traineeprogrammen, die auf zentrale Fiihrungspositionen im Verkauf hinfUhren, wird vorgeschrieben, dass vorher eine mehrjahrige Tatigkeit im dezentralen Verkauf wahrgenommen werden muss. Auch hierdurch wird ein ganzheitliches Denken der Fiihrungskrafte untersttitzt, das sich in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationseinheiten bemerkbar macht. Fallbeispiel 6-4 zeigt, wie die Royal Dutch/Shell Group durch gezielte UnterstUtzungskonzepte den intemationalen Transfer von Mitarbeitem in der Gruppe vorantreibt.
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Kapitel6
Internationale Mitarbeitertransfers durch ^ u a l Career Couples'* Royal Dutch/Shell Group, London, England Die Royal Dutch/Shell Gruppe ist cine der grSssten Untemehmensgruppen der Welt. Sie entstand im Jahr 1907 aus einem Zusammenschluss der N.V. Koninklijke Nederlandsche Petroleum Maatschappij, Den Haag, und The "Shell" Transport and Trading Company p.l.c., London. Im Jahr 2003 belief sich der Nettogewinn der Gruppe auf Basis laufender Kosten auf USD 12.5 Mrd. In den fiinf Geschaftsbereichen Exploration und Forderung von Ol und Erdgas, Verarbeitung und Vertrieb von Mineralol, Erdgas/Strom, Chemie und emeuerbare Energien werden rund 115*000 Mitarbeiter in liber 145 Landem weltweit beschaftigt. Eine Karriere auf dem Berufsweg zwischen dem 25. bis zum 60. Lebensjahr umfasst bei Shell etwa zehn bis zwolf Positionen. Die permanente theoretische Aus- und Weiterbildung erfolgt durch interne und exteme Kurse. Einen zentralen Stellenwert nimmt das Training „on the job" ein. Zur Karriere gehoren vor allem ftlr Hochschulabsolventen, die zu einem spateren Zeitpunkt Fiihrungsverantwortung iibemehmen wollen, auch Auslandsaufenthalte. Daftir existieren verschiedene Programme: • Eurodevelopment Assignments: Einsatze von zwei bis drei Jahren fiir junge Mitarbeiter bis 35 Jahre innerhalb Europas, teilweise auch weltweit. • Europrofessional Assignments: drei- bis funfjahrige Einsatze fur erfahrene Mitarbeiter, Spezialisten Oder Manager, die zum Gelingen in einer anderen Niederlassung beitragen. • International Employment: Mitarbeiter, die fiir eine intemationale Laufbahn angestellt werden. Bei Shell waren 1996 laut einer intemen Studie rund 5700 Mitarbeiter ausserhalb ihres Heimatlandes beschaftigt, das sind rund 5.35 Prozent aller Mitarbeiter. Es handelt sich um so genannte ,3xpatriates", die fiir eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren versetzt werden. Auch Job-Rotation wird im Untemehmen bereits seit Anfang des Jahrhunderts eingesetzt und wird als absolute Selbstverstandlichkeit gesehen. Job-Rotation bietet rund einem Viertel aller Mitarbeiter die Gelegenheit, ihre Stelle etwa im Dreijahresrhythmus innerhalb der Firmengruppe zu wechseln. TOOLS zur FOrdvning von „Dual Carew Coupt**"
Shell betrachtet die intemationalen Arbeitsaufenthalte im Rahmen der Karriereentwicklung fiir einen wesentlichen Erfolgsfaktor des Untemehmens. Um die Bereitschaft der Mitarbeiter fiir intemationale Transfers zu erhfihen, hat sich Shell ausgiebig mit den Hemmnissen beschaftigt, die Mitarbeiter von einem Transfer abhalten. Es wurden Konzepte entwickelt, die auch die privaten Umstande der Mitarbeiter beriicksichtigen, die in den haufigsten Fallen Grund fiir eine Ablehnung der intemationalen Transferprogramme darstellten. Unter dem Schlagwort ,J)ual Career Couples (DCC)" wurden Losungen entwickelt, die an der gemeinsamen Lebensplanung von Mitarbeitem und deren Ehepartnem ansetzen. Die Abbildung zeigt Instrumente, die im Rahmen des DCC-Programmes eingesetzt werden. Die gmppeninteme Mitarbeiterdatenbank „Hermes" enthalt nicht nur Daten uber mnd 35'000 Mitarbeiter. Dariiber hinaus sind Angaben daruber erfasst, ob Partner gmndsatzlich an einer Stelle bei Shell interessiert sind, ob der Partner den Kandidaten bei einem intemationalen Einsatz begleiten wiirde und falls ja, ob dieser von Shell oder einer befreundeten Firma angestellt werden soUte. Das „Career
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Spouses Network" umfasst 35 Internationale Konzeme, die eine Vereinbarung getroffen haben, sich gegenseitigttberoffene Stellen zu informieren und die begleitenden Partner zu berucksichtigen. Hierdurch wird es erleichtert, fur Partner eine Stelle zu finden, selbst wenn Shell keine geeignete Vakanz besitzt. Uber E-Mail werden wochentliche Vakanzen in der gesamten Untemehmensgruppe veroffentlicht. Fiir die Bewerbung bei anderen Firmen steht bei Shell eine interne Beratungsstelle zur Verfugung, die den begleitenden Partnem hilft, die richtige Form der Bewerbung zu finden, PrSsentationsfahigkeiten zu verbessem und damit Berufschancen in fremden Landem zu optimieren. Um ein schnelles und rationelles Einleben zu erleichtem, stellt Shell Mittel und Ideen zur VerfUgung, um auf freiwilliger Basis ein Netzwerk aufzubauen, das nicht selten von den nichtberufstatigen Partnem geleitet wird. Daruber finanziert der Konzem ftir den berufsbedingten Studienwechsel eines Partners Aus- und Weiterbildungsmassnahmen, um sich den veranderten Bedingungen anzupassen. Die fmanzielle Kompensation ist bei Shell grossziigig. Auch Pendlerl5sungen („grass widower") werden fmanziell untersttitzt, da neben den Reisekosten auch zusatzliche Kosten ftir eine zweite Wohnung, fur Haushaltshilfen oder bei der Kinderbetreuung anfallen. Arbeiten beide Partner bei Shell, kann einer der beiden fur eine Zeit von drei bis vier Jahrenfi*eigestelltwerden. Die Pensionskasse, andere Versicherungen sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes bleiben in diesem Fall bestehen. Bei gewissen Stellen existiert die Moglichkeit des Jobsharing und der Teilzeitbesetzung. Im Jahre 1992 wurde der Bedarf nach Kinderkrippen und Horten untersucht, konnte aber nicht nachgewiesen werden. Bisher werden Kinder von Expatriates ab drei Jahren in der Kegel auf Kosten der Shell in Internaten und Privattagesschulen ausgebildet, woniber das Paar eigenstandig entscheidet. Es muss betont werden, dass nicht alle genannten Pimkte in samtlichen Landem umgesetzt werden konnten. In der Schweiz ist es bspw. fiir Partner von Auslandem aufgrund fehlender Arbeitsbewilligungen nicht gestattet zu arbeiten. In anderen Landem konnten Massnahmen aufgmnd von religiSsen Oder kulturellen Griinden nicht umgesetzt werden. Jedoch schafft Shell ftir seine Mitarbeiter vergleichsweise gute Voraussetzungen ftir eine Vereinbarkeit des Auslandsaufenthaltes mit der personlichen Situation. Hier liegt sicherlich der Gmnd ftir eine besonders hohe Akzeptanz der Auslandseinsatze und die hohe Anzahl von Expatriates im Untemehmen. Shell schafft damit die Voraussetzung ftir eine gute Zusammenarbeit in der intemationalen Organisation. Fallbeispiel 6-4: „Dual Career Couples" bei der Royal Dutch/Shell Group (Kuenzle 1997, S. 181-200; Shell 2004)
6.3.4 Koordination durch Organisation in Teams Neben den Koordinationsansatzen durch Gestaltung der Primarorganisation gewinnen in den letzten Jahren Ansatze der Teamorganisation zunehmend an Bedeutung. Im Folgenden werden Einsatzmoglichkeiten der Teamorganisation diskutiert, die Hersteller in der Zusammenarbeit mit intemationalen Vertriebspartnem bei Planungsprozessen, dem Neuproduktmanagement und der Kundenbetreuung unterstutzen. 6.3.4.1 Koordinations- und Planungsteams Wie bereits aufgezeigt, sind in intemationalen Vertriebsorganisationen eine Vielzahl von komplexen Entscheidungen zu treffen, die verschiedene Dimensionen wie z. B. Untemehmensfunktionen und -bereiche, Produkte, Kundengmppen, Regionen, Lander und Vertriebsformen betreffen. Der optimalen Abstimmung von zentralen Entscheidungen auf die Bedtirfhisse der Mitglieder der Vertriebsorganisation steht damit eine
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Kapitel6
hohe Komplexitat gegeniiber, der aus zentraler Sicht auch bei besten Absichten nur teilweise zu begegnen ist. Um die verschiedenen Entscheidungsdimensionen bei der Planung und Koordination im Vertriebsmanagement entsprechend beriicksichtigen zu konnen, greifen manche Untemehmen auf eine Teamorganisation zuruck, die die Primarorganisation als SekundSrorganisation erganzt (Gall/Miihlmeyer 2000, S. 36; Kutschker/Schmid 2002, S. 620). In diesem Zusammenhang soil auf die Zusammensetzung der Teams, die Aufbauorganisation, die Koordination der Teams und die Entscheidungsbereiche eingegangen werden. Charakteristisch fiir international tatige Untemehmen ist, dass den Planungsteams neben Mitarbeitem unterschiedlicher Funktionalbereiche, unterschiedlicher Produktbereiche und unterschiedlicher Hierarchieebenen auch ReprSsentanten aus Mutter- und Tochtergesellschaften beiwohnen (Wittmer/Putze 2000, S. 31; Kutschker/Schmid 2002, S. 624). In manchen Fallen wird ein so genanntes Kemteam (A-Mitglieder) eingerichtet, in dem ausgewShlte Entscheidungen in kleinerer Runde getroffen werden konnen (Wittmer/Putze 2000, S. 30; Kutschker/Schmid 2002, S. 624). Wittmer/Putze (2000, S. 30) schlagen eine Kemteamgr5sse von ca. 6-10 Mitgliedem vor, die sich regelmassig personlich treffen xmd flir die Ergebnisse der Teamarbeit verantwortlich sind. B-Mitglieder nehmen in eingeschranktem Masse an Treffen teil, C-Mitglieder hingegen nehmen nicht an Teanmfieetings teil, sind jedoch sowohl als Empfanger als auch Lieferanten in den Informationskreislauf des Teams eingebunden (Wittmer/Putze 2000, S. 30). Der Einsatz modemer Informations- und Kommunikationstechnologie erleichtert die Teamarbeit gerade in intemationalen Organisationen (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Ein Vorwurf, der haufig aus den Tochtergesellschaften geSussert wird, ist von Informationen aus der Untemehmenszentrale weitgehend ausgeschlossen zu sein (Gall/Miihlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31). Die Arbeit mit Teams kann diesen Informationsmissstand beheben, wenn geeignete Verteilerlisten ftir Informationen wie Besuchsberichte, Kundenprofile, Wettbewerbsinformationen, Umsatzentwicklung etc. entworfen werden (Gall/Mtthlmeyer 2000, S. 36; Wittmer/Putze 2000, S. 31). Der Umfang und die Art der zur VerfUgung gesteUten Informationen konnen sich ebenfalls an Kern und Schalen der Teamorganisation orientieren, um eine Informationsiiberflutung zu verhindem (Wittmer/Putze 2000, S. 31). Als wichtige Ergebnisse der Teamorganisation kOnnen die Sammlxmg und Systematisierung globaler Informationen iiber Kunden, Branchen und Wettbewerber festgehalten werden. Durch die Einbindung der verschiedenen Perspektiven und Interessen
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wird eine globale Sichtweise erzielt, die ein besseres Verstandnis und eine starkere Berucksichtigung verschiedener Kulturen, Markte und Denkansatze
erm6glicht
(Gall/Mtihlmeyer 2000, S. 36 f.). Wittmer/Putze (2000, S. 31) berichten, dass auch die Kosten fiir die Informationsbeschaffung abnehmen, da Doppelarbeit drastisch vermieden wird. Durch die Teamorganisation erkennen die Beteiligten ihre Verantwortung fiir den Erfolg beim Kunden in hOherem Masse als zuvor, wodurch ein hoheres Engagement erzielt wird (Wittmer/Putze 2000, S. 31). Das Fallbeispiel 6-5 (S. 184) zeigt, wie die Degussa AG durch eine globale Teamorganisation die Zusammenarbeit mit ihren Tochtergesellschaflen und Vertretungen nachhaltig verbessem konnte. Globale Teamorganisation verbindet zentrale Effizienz und dezentrale EffektivitSt Degussa AG, Geschaflsgebiet Polyurethane-Additives, Essen, Deutschland Degussa ist ein multinationales Untemehmen und im Gebiet der Spezialchemie tatig. Das GescMftsgebiet „Goldschmidt Polyurethane Additives" mit Sitz in Essen wird mit einem Geschaftsvolumen von ca. 150 Millionen Euro und einem Auslandsumsatz von etwa 80 Prozent besonders stark vom intemationalen Geschaft bestimmt. Die Primarorganisation des intemationalen Vertriebs ist im Geschaftsgebiet Polyurethane Additives zunachst klassisch nach Regionen aufgeteilt, denen die jeweiligen Landergesellschaften und Vertretungen unterstellt sind. Die Business Line „Goldschmidt Polyurethane Additives" arbeitet seit dem Jahr 1997 erganzend mit einer globalen Teamorganisation (GTO). Durch die Einfuhrung der GTO wurde die Strategieentwicklung weitgehend an die Teams delegiert, die Strategien fur Accounts und MSrkte entwickebi und diese nach Freigabe durch das Management selbst umsetzen. Konkrete Aspekte der kurz- und mittelfristigen Strategien, die durch die Teams entwickelt werden sind z. B. Umsatz- imd Mengenplanungen, Marktanteilsziele, globale Preisstrategien, SWOT-Analysen, Aktuelles und Organisatorisches bei Kunden und Wettbewerbem, Vorschlage zu eigenen Reaktionen, Trends, Analysen und ggf. Anpassung des Produktprogramms sowie die Einfuhrung von Neuprodukten. Die Teamorganisation unterstutzt daniber hinaus das interne Networking und verbessert hierdurch die persSnliche Kommunikation. Aktiv involviert sind in die GTO ca. 50 Mitarbeiter aus technischen und kaufinSnnischen Bereichen, aus der Zentrale xmd den weltweiten Vertriebstochtem. Wie das Beispiel in der Abbildung zeigt, kann die Zahl der Mitglieder in einem globalen Team erstaunlich gross sein. Neben der grossen Zahl als solcher ist interessant, dass die Mehrheit der Teammitglieder nicht in der Zentrale, sondem in den lokalen Markten und damit nah bei ihren Kunden stationiert ist. In der Tat sind in diesem Team Mitarbeiter aus zw6lf verschiedenen Landem und funf Kontinenten beteiligt. Um die optimale Teamstarke von 6 bis 10 Mitarbeitem pro Gruppe in Meetings nicht zu tiberschreiten, wurde eine abgestufle Teammitgliedschaft installiert. Der so genannte A-Kreis involviert Mitarbeiter, die regelmassig mit wichtigen Entscheidungstragem der jeweiligen Kunden bzw. Branchen zusammenarbeiten. Diese A-Mitglieder treffen sich zweimal jahrlich im Rahmen der Team-Meetings und sind verantwortlich fur die Planung, Strategic sowie Ergebnisse des Key-Accounts bzw. der Industrie. B-Mitglieder nehmen hingegen nur gelegentlich an Teamtreffen teil. C-Mitglieder nehmen nicht an den Treffen teil, sind jedoch in den Informationskreislauf des Teams eingebunden. Die Festlegung der Teammitgliedschaften erfolgt in Abstimmung mit dem Management-Team. Wichtige Merkmale der Teamzusammensetzimg sind Kundennahe, Intemationahtat und Cross-Funktionalitat.
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Kapitel 6
27 • lOausderZentrale. • 17auslokalen
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Aus Sichtweise der Zentrale kann der Einsatz der GTO als durchweg positiv beurteilt werden. Kurz nach der Einfuhnmg war der Ansatz teilweise etwas zu „demokratisch", weshalb die Entscheidungsprozesse zunSchst langsamer wurden, als unbedingt nQtig. Niederlassungen und Vertretungen hatten in dieser Startphase einen gewissen Mehraufwand und den Verlust an lokaler Macht zu verzeichnen. Jedoch konnte keine Erhdhung der Mitarbeiterfluktuation beobachtet werden. Die vielfach beobachteten Konflikte an den Schnittstellen zwischen separaten (Stabs-) Funktionen, wie z. B. Key-Account Management, Marketing etc., und den ,Operativen* sind abgeschafft, da es diese separaten Funktionen nicht mehr gibt. Die Organisation ist damit flach, dezentral und kundennah. Entscheidungsbefugnisse sind de facto weitgehend an die Teams delegiert. Dies setzt durch hohere Motivation, grfissere EntscheidimgsflexibilitSt und -geschwindigkeit zusStzliche Energie fur die Organisation frei. Die GTO ist als lemendes Netzwerk angelegt. Peraianente interne Best-PracticeVergleiche werden durch exteme Benchleaming-Projekte ergSnzt. AUe Aktivitaten sind auf die jeweiligen Schlusselerfolgsfaktoren fokussiert, die kontinuierlich uberpriift und gegebenenfalls aktualisiert werden. Im Einzelnen konnten mit der Einfuhnmg der globalen Teamorganisation im Geschaftsgebiet,J*olyurethane Additives" der Degussa AG damit zahkeiche potentielle Konfliktfelder im intemationalen Vertrieb entscharft werden. Hierzu gehfiren insbesondere lokale Personalentscheidungen und die allgemeine Strategic des Geschaftsgebiets. Aspekte, die auf Landerebene entscharft werden konnten, sind weiterhin die Koordination intemationaler Kunden, lokale Betreuung der Kunden, Lieferbereitschaft und -fahigkeiten sowie der Umgang mit Garantien und Reklamationen. Auch Kommunikationsprobleme, die aufgrund fehlendem, globalen oder cross-funktionalen Denken oder dem starken Einfluss lokaler Geschaftsftihrer bestanden, konnten iiberwunden werden. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen, um UmsStze und ErtrSge international zu optimieren. Fallbeispiel 6-5: Globale Teamorganisation der Degussa Goldschmidt AG (Einzelinterview Putze 2002, s. Anhang A, S. 348; Schmitz/Putze 2004, S. 34 ff.)
6.3.4.2
Teamorganisation beim Neuproduktmanagement
Die Markteinfiihrung von neuen Produkten bestimmt die Zukunft eines Untemehmens in besonderem Masse (Belz et al. 1996, S. 71). Denn Hersteller tatigen haufig bereits im Vorfeld hohe Investitionen fur die Forschung und Entwicklung. Zudem bringt auch die eigentliche Markteinftihrung durch Kommunikationsanstrengungen, Schulungen
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und Messeauftritte grosse finanzielle Risiken mit sich. Erfolglose Produkte sind fur Untemehmen mit hohen Kosten verbunden und gefahrden nicht selten dessen Fortbestand. In einer von Kiepe (2004, S. 40) durchgefuhrten Untersuchung im Top-Management deutscher Hersteller nannten 46 Prozent der Befragten die inkonsequente Umsetzung als grosstes Hindemis fur die Einfuhrung neuer Produkte. Vertriebspartner bemSngeln hingegen haufig die Markttauglichkeit der Neuprodukte und fordem eine starkere Integration bei Entwicklung und Markteinfuhrung (s. Abbildung 6-4, S. 161). Auch Josef Vilana, Sales Manager bei der Sulzer Metco Europe in Madrid, Spanien, fordert (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): "The manufacturer should better analyze the market needs when designing new products. The goal should be a mixed global-local organization, where local needs are taken into account, as well." In vielen Fallen kommt es sogar vor, dass Tochtergesellschaften und Kunden nach wunschenswerten Funktionalitaten fiir Neuprodukte gefragt werden, die dann aber bei der Realisierung nicht beriicksichtigt werden (Lach 2001, S. 58). Dadurch wird die Unzufriedenheit noch erhoht (Lach 2001, S. 58). Im Folgenden wird aufgezeigt, wie Hersteller durch die starkere Einbeziehung von Vertriebspartnem zum Erfolg von Neuprodukteinfiihrungen beitragen kSnnen. Die Bildung und der Einsatz von Teams zwischen Hersteller und Vertriebspartner fmdet dabei als zentraler Losungsansatz eine besondere Berucksichtigung. Ideengenerierung undSelektion Leiter von Tochtergesellschaften mtissen uber viel Geschick, Hartnackigkeit und Gltick verfligen, wenn sie eigene Initiativen realisieren woUen (Birkinshaw/Fry 1999, S. 52). Birkinshaw/Fry (1999, S. 52) sprechen sogar von einem inneren „Immunsystem des Untemehmens", das alle von aussen eindringenden Vorschlage und Initiativen abtotet, in der Furcht, sie konnten den iibrigen Organismus infizieren. VorschlSge aus den Tochtergesellschaften erliegen damit haufig der Skepsis der Zentrale in Bezug auf ihren Nutzen und ihre Realisierbarkeit (Lach 2001, S. 59 f; Birkinshaw/Fry 1999, S. 58). In Neuproduktvorschlagen der Vertriebspartner sehen Mitarbeiter aus der Zentrale haufig den blossen Opportunismus der „Schaffung eines eigenen Reiches", weshalb sie die dezentralen Initiativen haufig auch dann unterbinden, wenn zunachst keine zentralen Ressourcen eingebunden werden (Birkinshaw/Fry 1999, S. 62).
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Kapitel6
Die Erfassung, der Austausch und die Nutzung von Marktinformationen stellen die wichtigsten Determinanten to den Erfolg und Misserfolg der Einfuhning neuer Produkte dar (Ottum/Moore 1997, S. 258). Trotzdem werden Marktinformationen nur selektiv an die Zentrale weitergeben (Ottum/Moore 1997, S. 261), wodurch die Generierung von Ideen fUr Neuprodukte stark dezimiert wird und fur die Selektion ein dementsprechend eingeschrankter Ideenpool zur VerfUgung steht. Ottum/Moore (1997, S. 262) schlagen deshalb bereits bei der Generierung von Produktideen ein gemeinsames Vorgehen von Hersteller und Vertriebspartner vor. Birkinshaw/Fry (1999, S. 59) gehen sogar soweit, die umfassende Delegation der Verantwortlichkeit fiir Neuproduktinitiativen an die Tochtergesellschaften zu fordem. Auf dem Kontinuum zwischen voUstandig zentralisiertem und voUstandig dezentralisiertem Vorgehen sind verschiedene Abstufungen denkbar. Eine mit vergleichsweise wenig Aufwand verbundene Moglichkeit, der Zentrale ein besseres Bild des Marktes zu ermoglichen und damit Markteindrucke in neue Produkte zu leiten, besteht bspw. in gemeinsamen Kundenbesuchen. Dr. Pius Baschera, CEO der Hilti AG betont die Bedeutung gemeinsamer Kundenbesuche (Baschera 2004). Bei Besuchen in intemationalen Tochtergesellschaften des Konzems lege er Wert darauf, mit Aussendienstmitarbeitem Kunden in verschiedenen Landesteilen zu besuchen. Hierdurch lasse sich die Zufriedenheit imd Wahmehmung des Kunden am besten erfassen. Auch durch GesprSche mit Aussendienstmitarbeitem stelle sich schnell heraus, welche Probleme und Verbesserungsvorschlage existieren. Eine Investition in diese „Kontaktzeit" sei haufig mindestens so wertvoU und ergiebig wie die anschliessenden Prasentationen wahrend des ofFiziellen Veranstaltungsteils in den Tochtergesellschaften. Diese Art der Ideengenerierung nennt man auch „Shadowing", das z. B. von MettlerToledo eingesetzt wird. Dazu werden Mitarbeiter der Zentrale ganz bewusst zu Tochtergesellschaften geschickt, irai bei Besuchen neue Produktideen und Optimierungspotenziale zu finden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei Rieter wird das Shadowing gar als die Hauptquelle der Ideengenerierung bezeichnet. Dabei wird darauf geachtet, dass jeder Kundenbesuch eines Verkaufers oder eines Servicemitarbeiters uber das Intranet in speziellen Formularen rapportiert wird (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die durch das „Shadowing" gewonnenen Informationen vermitteln aber selbstverstandlich nur eine unvollstandige Momentaufiiahme, die stark durch die Auswahl der Kunden und dem Zeitpunkt der Besuche bestimmt wird. Es besteht die Gefahr, dass
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Mitarbeiter der Zentrale die Aussagekraft dieser Informationsbasis tiberschatzen. Um dieses Defizit auszugleichen, hat man bei der Wampfler AG einen altemativen Weg der Ideengenerierung eingeschlagen. Fallbeispiel 6-6 (S. 187) zeigt Instrumente, die bei der Wampfler AG hinzugezogen werden, um Ideen zu erfassen und tiber deren Realisierbarkeit zu entscheiden. Instrumente der Ideengenerierung und Selektion Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit fUhrender Hersteller von mobiler Energie- und Dateniibertragung sowie Handlingstechnik. Das Untemehmen realisierte im Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitem weltweit durch 27 Tochtergesellschaften und 21 Vertretungen reprSsentiert.
Innovationstage Wampfler geht mit dem einmal jahrlichen Zusammentreffen, den ,Jnnovationstagen" neue Wege. Zu dieser Tagung werden Mitarbeiter aus alien Abteilungen und alien Tochtergesellschaften eingeladen. Aus dem bunten Gemisch der Mitarbeiter werden nach dem Zufallsprinzip Teams zusammengestellt. Das Ziel des Tages ist es, einen unkomplizierten Austausch zwischen den Mitarbeitem herzustellen. In den Gruppen wird ein out-of-the-box-thinking angestrebt, in denen innovative LCsungen gesucht werden soUen. Es werden bewusst keine direkten Zielprodukte vorgegeben. Dies erlaubt es, dass mittels Brainstorming und anderer Kreativitatstechniken voUig neue Ideen generiert werden. Neben neuen Produktideen leisten die Innovationstage einen grossen Beitrag fur eine gute Beziehung zwischen den beteiligten Parteien, da der personliche Austausch gefordert wird. Nach Aussagen von Michael Ibarth, Product Manager in der Zentrale, wird der Ansatz der Innovationstage von den Beteiligten gut aufgenommen und ftihrt ebenso zu einer hoheren Zufriedenheit der Mitarbeiter. Die Selektion und Weiterverarbeitung der gesammelten Ideen erfolgt in der Zentrale, die ein Feedback an sSmtliche Teilnehmer verschickt. Expertengruppen Zur Ideenfindung werden Gruppen aus Vertretem der wichtigsten Markte zusammengestellt und nach Kundenwunschen und Problemen befragt. Hier findet ein zielgerichtetes Suchen nach Produktlosungen statt. Ein Vorteil dieses Ansatzes liegt in der hohen Produktivitat, da es sich um ein eingespieltes Team von Experten handelt. Durch die regelmassige Zusammenarbeit kOnnen der Zusammenhalt und der persSnliche Kontakt unter den Mitglieder der Gruppe als sehr gut eingestuft werden. AUerdings birgt dieser sehr professionelle Ansatz die Gefahr, dass immer wieder dieselben Markte und inmier die gleichen Leiter der Tochtergesellschaften befragt werden und somit keine Gleichberechtigung der Tochtergesellschaften stattfindet. Es stellt sich auch die Frage, wer wieviel Mitspracherecht in einem solchen Gremium hat. Als Losungen bieten sich deshalb eine regelmassig wechselnde Besetzung der Expertengruppe und die klare Kommunikation der Rechte der beteiligten Parteien an. Eine Weiterentwicklung von Ideen wird auch in diesem Fall durch die Zentrale vorgenommen. Fallbeispiel 6-6: Innovationstage und Expertengruppen bei der Wampfler AG (Einzelinterview Ibarth 2004, s. Anhang A, S. 348)
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Konzept und technische Entwicklung Auf Basis der gesammelten und selektierten Ideen werden Produktkonzepte erarbeitet und bewertet. Hierbei kann auf gemischte Teams zuriickgegriffen werden, allerdings spielt offenbar gerade ftir die Einschatzung von Entwicklungskosten zentrales KnowHow eine wichtige RoUe. Und trotzdem scheint es wichtig, Vertriebspartner auch in dieser Phase unbedingt gelegentlich zu inforaiieren. In Interviews wurde dariiber berichtet, dass es teilweise Entwicklungsprojekte gibt, bei denen bis zu drei Jahren nach der Ideenabfrage und Selektion kein Austausch mehr mit den Vertriebspartnem erfolgt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Allerdings konnen Mitarbeiter unterschiedlicher Markte gerade bei der Konkretisierung von Positionierungszielen und technischer Ausstattung wertvolle Hinweise geben. Einige Autoren empfehlen nachdriicklich die gemeinsame Entwicklung mit einem ,J.ead-User" durch ausgewahlte Tochtergesellschaften (Birkinshaw/Fry 1999, S. 58; Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Ein entscheidender Vorteil liegt haufig in der Motivation der beteiligten Niederlassung, die sich fiir ihren Produktvorschlag nach alien Kraften einsetzt (Belz/Reinhold 1999a, S. 150) und dariiber hinaus betrachtliche fmanzielle, personelle und zeitliche Ressourcen investiert, die wegen der hohen Anzahl an Projekten in der Zentrale haufig nicht zu mobilisieren waren. Es entstehen hierdurch detaillierte Konzepte, die in hohem Masse die Anforderungen der MSrkte bzw. des Lead-Users berucksichtigen. Andererseits besteht die Gefahr, dass die von einzelnen Niederlassimgen entwickelten Konzepte die Anforderungen anderer Markte oder die Realisierbarkeit im Rahmen des Gesamtuntemehmens bzw. der Gesamtstrategie vemachlassigen. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, auch bei der dezentralen Konzeption imd Entwicklung ein begleitendes Teammanagement einzurichten, das die Interessen anderer Markte und die zentrale Sichtweise mit berttcksichtigt. Manche Hersteller verzichten allerdings ganzlich auf diese kontinuierliche Betreuimg und integrieren sich erst wieder in den Prozess, wenn erste Ergebnisse mit Lead-Usem Oder gleich beziiglich der kompletten EinfUhrung in einem ,J.ead-Country" vorliegen und die Ubertragbarkeit auf andere Marktetiberpruftwerden kann. Nach der voUzogenen Einfiihrung im Lead-Land soUte eine Prasentation des Konzeptes und eine Berichterstattung zu den Erfahrungen mit dem Neuprodukt so z. B. auf dem jahrlichen Sales-Meeting stattfinden. Durch die dezentrale Entwicklung gelingt es der Zentrale, Motivations- und Vertrauenseffekte fiir die Ubemahme des Produktes bei anderen Vertriebspartnem zu erzeugen. Vorschlage des Lead-Landes werden von anderen Landerverantwortlichen ggf kompetenter eingeschatzt und besser aufgenommen. De-
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zentrale Kompetenzen und Ressourcen warden dadurch besser genutzt und damit die Zentrale entlastet. ProdukteinfUhrung in internationale Markte Bei der Einfiihnmg eines Neuproduktes in die verschiedenen Markte, die in der Kegel auch mit der Abschaffung von VorgSngerprodukten verbunden ist, kann auf die Erfahrimgen aus dem Lead-Land zuruckgegriffen werden. AUerdings sind fiir eine Ubertragbarkeit der Erfahmngen auch die unterschiedlichen Situationen verschiedener Regionen und Lander zu beachten. Eine Teamorganisation schafft deshalb auch in dieser Phase Vorteile fur eine reibungslose Einfiihrung. Neben der Wahl zwischen einem parallelen und einem sequenziellen Markteinfuhrungsmodus spielen die Information und die Unterstutzung der Vertriebspartner eine entscheidende RoUe (Belz et al. 1996, S. 74). Hierzu gehSren diefruhzeitigeund verbindliche Information zu Meilensteinen wie Produktvorstellungen, Materialbereitstellung, Lieferterminen und Messeprasenzen, wie auch die finanzielle und inhaltliche Unterstutzung der Vertriebspartner bei kommunikativen Massnahmen der Markteinfiihrung (Lach 2001, S. 63). Auch der Umgang mit haufig auftretenden Terminverschiebungen oder kurzfiistigen Terminproblemen bedarf eines professionellen Kommunikationsmanagements der Zentrale. Zwar sind Vertriebspartner grundsatzlich von der Notwendigkeit von Neuprodukten tiberzeugt, da sie hierdurch neue Differenzierungsmoglichkeiten erhalten. Neuprodukte bedeuten allerdings fur Tochtergesellschaften auch erheblichen Aufwand. Sie teilen deshalb haufig nicht die Euphoric der Mitarbeiter des Stammhauses, die sich gewohnlich bereits lange mit dem Neuprodukt beschaftigt haben (Lach 2001, S. 63). Das folgende Fallbeispiel 6-7 (S. 190) zeigt, wie die Novozymes AG durch einen teamorientierten Ansatz die Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften bei der Eliminierung und Einfuhrung von Produkten nachhaltig verbessem konnte. Teamorganisation bei der NeuprodukteinfOhrung Novozymes Switzerland AG, Dittingen, Schweiz Seit 1941 stellt die Novozymes AG Enzyme her, welche an die technische Industrie (Waschmittel, Textil-, Zuckerindustrie) und die Nahnmgsmittelindustrie (Brauerei-, Back-, Fruchtsaftindustrie, Alkohol) verkauft werden. Novozymes ist heute mit etwa 4'000 Mitarbeitem der weltweit grOsste Hersteller von industriellen Enzymen. Im zentralen Marketing des mittelstandischen Feinchemieuntemehmens war man zu dem Schluss gekommen, dass ein seit Jahrzehnten verkauftes Produkt eliminiert werden soUte, da dieses weltweit nur noch an wenige Kunden verkauft wurde. Zudem existierten zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Nachfolgeprodukte, die aus Sicht des Herstellers dem alten Produkt technisch uberiegen waren. Ein
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europaischer Vertriebspartner, einer von den wenigen, die das Produkt noch verkauften, hatte es erst wenige Wochen vorher mit sehr viel Engagement und Uberzeugungskrafl geschafft, einen neuen Grosskunden fur das Produkt zu gewinnen. Der Grosskunde hatte bereits seine Rezepte und Maschineneinstellungen tiberpnift und ftlr die Produktion entsprechend angepasst. AUerdings wurde der Vertriebspartner erst einen Monat vor der Produktumstellung informiert, sodass es zu einem Streit zwischen ihm und der Zentrale kam. Eine weitere Facette bekam der Ablauf, als die Zentrale keine zusatzlichen Budgets ftir die Einftihrung des neuen Produktes bereitstellte, sondem vom Vertriebspartner verlangte, „selbst darOber zu entscheiden, ob das Stttck Marktanteil bei uns bleibt oder bei der Konkurrenz". Als Folge der unzureichenden Kommunikation und Information im Vorfeld der Umstellung war nicht nur das VerMltnis zum betroffenen Vertriebspartner beschadigt. Auch auf Kundenseite wurde das Vertrauen in die Kompetenz des Vertriebspartners erheblich beeintrachtigt. Es entstanden erhebliche Kosten beim Endkimden, die mit einer emeuten Umstellung der Produktion verbunden
novozym^**
Ausgangslage: Produkt wird nur noch wenig verkauftund soil eliminiert werden,
• Umstetlungsplflne durch Team entwickein,
Technisch Qberlegene Nachfolgeprodulcte.
• Kunden und Vertriebspartner t)ereits Monate im voraus informieren,
Europflischer VertriebsfMrtner hat Produkt noch erlblgrekii verkauft, Wenige Wochen vorher Vertrag mtt neuem Grosskunden, Kunde hat t>ereit8 seine Rezepte und Maschineneinstellungen angepasst, Vertrietwpartner wird erst einen Monat vor der Produktumstellung informiert Keine zusfltzlkdwn Budgets fOr die EinfOhning des neuen Produktes.
Ausgangslage
• NeueinfOhrung eines Produktes rechtzeitig tHJdgetieren, • Kommunikatkjn wShrend der Umstellung Vor- und Nachteile neuer Produkte realistisch fOr Kunden und Vertriebspartner ertdutem, FrOhzeitig Materialproben an Vertriebspartner und Kunden herausgegeben, um sk:h vertraut machen zu kOnnen.
LOsungsansatz
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Bei der Novozymes AG wurde deshalb intensiv nach L5sungen gesucht, um Shnliche Konsequenzen fur die Zukunft auszuschliessen. Vom Untemehmen wurde daher ein Konzept entwickelt, das fur zuktinftige ,4*roduktumstellungen** berilcksichtigt werden soil. Dabei werden Umstellungsplane durch ein crossfunktionales Team entwickelt, das die Kunden und Vertriebspartner bereits Monate vor der Einftihrung im voraus informiert und realistische BudgetvorschlSge ausarbeitet. Um die Produktumstellung operativ mdglichst reibungslos bei Vertriebspartnem und Kunden durchzufuhren werden diese umfangreich informiert, es werden Vor- und Nachteile des neuen Produktes realistisch ftir Kunden und Vertriebspartner erlautert und frtihzeitig Proben an Vertriebspartner und Kunden herausgegeben, damit sich diese vertraut machen kSnnen. Der Marketingleiter im geschilderten Fall betont, dass sich selbstverst^ndlich nicht alle Interessengegensatze auflosen lassen. Jedoch ist er iiberzeugt, dass die gemeinsam mit Vertriebspartnem entwickelten Schritte zukiinftig eine sanfte und einvemehmliche Umstellung von Produkten ermoglichen werden. Fallbeispiel 6-7: Produktumstellungen durch Teams bei der Novozymes AG (Einzelinterview Issenhuth 2002, s. Anhang A, S. 348)
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6.3.4.3 Integrierte Kundenbetreuung durch Teams In den vergangenen Jahren wurde das „Teamselling" zu einem wichtigen Schlagwort in der Vertriebspraxis, das in zahlreichen Beitragen zu modemen Ansatzen des Vertriebsmanagements thematisiert wird (Stock 2003; Homburg/BCrohmer 2003, S. 981 ff.). Der Ansatz der Teamorganisation leistet nicht nur fur Koordinationszwecke bei Planung und Neuproduktmanagement wertvolle Beitrage (s. 6.3.4, S. 181). Auch bei der operativen Marktbearbeitung kann ein Teamansatz im intemationalen Vertrieb besondere Hilfestellung leisten. Die hohe Bedeutung von Teams an der Schnittstelle des Untemehmens mit seinen Kunden resultiert aus der besonderen Intensitat, die Kundenbeziehungen im Industriegiitergeschafl besitzen (Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Hieraus ergibt sich wiederum die Notwendigkeit, umfassende Kompetenzen an der Schnittstelle zum Kunden anzusiedeln, die in der Kegel allerdings nicht mehr von einer einzelnen Person geleistet werden konnen (Cespedes 1995, S. 61 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 981). Dies ist bei global agierenden Kunden in besonders starkem Masse der Fall, da sowohl landeriibergreifende als auch nationale Merkmale des Kunden beachtet werden mtissen und durch die Kompetenzen des Anbieters abzudecken sind. Cespedes (1995, S. 63) sieht den wichtigsten Einsatzbereich multifunktionaler Kundenteams deshalb bei Grosskunden, die an verschiedenen Standorten tatig sind und daher einer besonderen zentralen Abstimmung bediirfen. Als eine besondere Form der Kundenbetreuungsteams sind Key-Account Teams deshalb heute bereits stark verbreitet, denn die hohen Anforderungen bei der Betreuung globaler und intemationaler Grosskunden lassen sich nur noch durch kundenfokussierte Vertriebsteams bewaitigen (Zupancic 2000, S. 220). Wie eine empirische Untersuchung von Zupancic (2001, S. 14) zeigt, gehoren das proaktive Erkennen und Befriedigen von Kundenbediirfhissen, Effizienzsteigerungen in der Kundenbearbeitung, die Verbesserung der intemen Kommunikation und die Forderung der landerUbergreifenden Zusammenarbeit zu den wichtigsten Zielen, die durch den Einsatz von intemationalen Kundenbetreuungsteams verfolgt werden. Der Kunde ist im Falle einer Betreuung durch das Kundenteam nicht mehr „Eigentum" des Vertriebpartners, sondem er und seine Mitarbeiter werden Partner einer Vielzahl von Mitarbeitem der Anbieterorganisation, die bei ihm und fur ihn tatig sind (Hauser 1994, S. 46). Hieraus erwachsen fur die Bearbeitung des Kunden und der engeren Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem grosse Chancen, aber auch die schwere Aufgabe, Vertriebspartner zu einer Neuorientierung zu bewegen. Auch Zupancic (2000, S. 220) betont die Herausforderung, bei der Kundenbetreuung durch gemein-
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Kapitel6
same Teams, die nationalen Interessen der Landemiederlassung mit den intemationalen Interessen des Gesamtimtemehmens zu vereinbaren. Es ist darauf hinzuweisen, dass auch im Fall von Kundenbetreuungsteams die Zugehorigkeit von Mitarbeitem zum Team auf VoUzeitbasis oder auch punktuell ausgestaltet werden kann (Zupancic 2001, S. 12). In diesem Zusammenhang kann imterschieden werden zwischen dem engeren Selling-Team imd dem weiteren Selling-Center. Dem Selling-Team geh6ren Personen an, die ausschliesslich im Team tatig sind (Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Es scheint im intemationalen Vertrieb angebracht, im Selling-Team Mitarbeiter aus zentralen und dezentralen Einheiten permanent zu integrieren, um die informellen Kontakte zwischen den Mitarbeitem und dariiber gegenseitige Erfahrungen imd Wissen auszutauschen. Je nach Bedeutung des Kunden, kann auch dessen Integration in das Team eine sinnvoUe Massnahme darstellen, wie es bei Key-Accoimt Teams heute bereits weit verbreitet ist (s. Zupancic 2001). Im Selling-Center finden sich hingegen Personen, die auch Aufgaben ausserhalb des Teams wahmehmen und nur im Hinblick auf spezielle Aufgabenstellungen zum Team hinzugezogen werden. (Homburg/Krohmer 2003, S. 982). Eine wichtige RoUe spielen im Selling-Center neben Verkaufsmitarbeitem auch Mitarbeiter aus anderen Untemehmensbereichen wie z. B. dem Produktmarketing, dem Service, der Logistik oder aus technischen Bereichen wie der Herstellung (Cespedes 1995, S. 62). Durch die enge Verkniipfung der unterschiedlichen Kompetenzen, konnen damit Leistungen erstellt werden, die in hohem Masse auf die Bediirfiiisse von Kimden abgestimmt sind und einen deutlichen Mehrwert liefem konnen. Darunter f^llt z. B. die umfassende Beratung des Kunden im Vorfeld der Leistungserstellung durch die Einbindung von Servicetechnikem der Zentrale. Fallbeispiel 6-8 (S. 194 ff.) zeigt, wie der Industriegtiterhersteller Mettler-Toledo die interne Abstimmung und damit seine VerkSufe durch den Einsatz von Kundenbetreuungsteams verbessem konnte. Kundenbetreuungsteams steigern europilische Verkiiufe Mettler-Toledo, Giessen, Deutschland Die Mettler-Toledo International Inc. ist ein fiihrender globaler Anbieter im Bereich Prazisionsinstrumente und weltgrOsster Hersteller von Wiegeinstrumenten fiir Laboranwendungen, Industrie und Lebensmittelhandel. Mit 8'500 Mitarbeitem erzielte das Untemehmen im Jahr 2003 einen Umsatz von iiber 1,3 Mrd. USD, wovon tiber 86 Prozent ausserhalb Zentraleuropas generiert wurden. Bereits im Jahre 1995 entschloss man sich in der Vertriebsorganisation bei Mettler-Toledo start mit vielen verschiedenen „Einzelkampfem" aus zentralen und dezentralem Vertrieb, Marketing und Service zu arbeiten, in alien Bereichen auf Teamselling umzustellen. Dabei wurden Kundenbearbeitungsteams eingesetzt, die aus Aussendienst, Servicetechnikem und Mitarbeitem der Dialogzentrale (administrative Arbeiten wie Auftragsabwicklung und Factoring) bestehen. Diese Kundenbearbeitungs-
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
teams arbeiten dicht mit zentralen Planungsteams zusammen (s. Absatz 6.3.4.1, S. 181), so genannten , Jachteams", die auf Spartenebene fur die uberregionale Planung verantwortlich sind. Die Koordination zwischen Fachteams und Kundenbearbeitungsteams wird durch den „Linking Pin" Ansatz hergestellt, der die Gruppen durch gemeinsame Gruppenmitglieder miteinander verknupft und so fur eine Selbstabstimmung sorgt. MEmmimiDO
Der Einstieg ins Teamselling bedeutete bei Mettler-Toledo eine minutiose Planung einzelner Umstellungsphasen, die mehrere Schritte umfasste. Dazu gehorten Treffen der Projektgruppe, Festlegung von Teamzielen und Anforderungen der Mitarbeiter sowie „Kontraktierung" der Mitarbeiter und Schulungen im Rahmen eigens dafiir konzipierter Teambildungsworkshops. Zu den wichtigen gemeinsamen Teamaufgaben gehoren die Erstellung von Kundenkommunikationsplanen und operativen Marketingplanen, Kundenentwicklungsplane fur Grosskunden sowie die Wahmehmung von Aktivitaten fur und mit den Kunden. Insbesondere die Abstimmung von Verkaufsforderungsmassnahmen, Schulungen, Services und Preisen wird durch die Teamlosung erleichtert. Durch die personelle Verkniipfung wird die Kommunikation und damit der Wissensaustausch erleichtert. Walter Bosch, Geschaflsbereichsleiter Labor erklart: „Zwei Kundenbereiche wurden zusammengelegt, und wir konnten so das Know-how aus Servicetechnikem und Verkaufsmitarbeitem im Aussendienst btindeln". Die Zusammenarbeit in Teams und die Einbindung von Servicemitarbeitem brachte im Prozessbereich Industrie konkrete Vorteile: • Die Kontakthaufigkeit bei den 130'000 Kunden konnte mit vier bis sechs Kontakten pro Jahr und Ansprechpartner deutlich erhoht werden, • Kunden werden besser betreut, neue Kundenbedurfiiisse und Verkaufschancen schneller erkannt, • Es entsteht mehr Kundenzufriedenheit, • Ablauf und Prozessmanagement werden wesentlich effektiver gesteuert, • Kundenauftrage und Serviceleistungen konnen schneller und effizienter abgewickelt werden, • Reisekosten werden insgesamt reduziert, • Cross-Selling-Aktivitaten erhohen sich. Im Mettler-Toledo-Bereich Industrie zahlte sich die Umstellung auf Teamselling aus: Noch mehr Marktnahe und Innovation bei neuen Produkt- und Vermarktungskonzepten entstehen, weil sich die Mitarbeiter des Teams, "Informationen direkt von Kunden und vom Markt holen, aber gleichzeitig auch zeitnahe Informationen aus den Produktionsabteilungen", so Andreas Fuhrlander, Manager Business Process Industrie fur Zentraleuropa. Zum Teil werden in den Teams auch Servicetechniker mit neuen Aufgaben, bspw. dem Verkauf von WartungsvertrSgen beauftragt. Nach seiner Einfuhrung erzielte dieses "Aufgaben-Switching" eine Steigerung des Geschafts mit Wartungsvertragen von 24
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Kapitel6
Prozent. Insgesamt steigerte sich der Umsatz durch Teamselling entgegen der Marktentwicklung in I alien Bereichen um 15 Prozent. Fallbeispiel 6-8: Teamselling bei der Mettler-Toledo AG (Krah 1999; Mettler 2004)
6.3.5 Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen Neben formalen Koordinationsmechanismen der Organisationsstmktur werden Entscheidungen und Prozesse in der Vertriebsorganisation haufig in hohem Masse durch informelle Steuerungsmechanismen mitbestimmt (Jaworski 1988, S. 27). Zu diesen informellen Mechanismen gehoren persOnliche Beziehungen, informelle Netzwerke und kulturelle Aspekte. Die k5nnen von Herstellem zwar kaum unterdriickt werden, es bestehen aber M5glichkeiten, sie zielgerichtet zu unterstUtzen und zu nutzen. Im Folgenden werden die drei genannten Ansatze der informellen Koordination vorgestellt und auf ihren Koordinationsbeitrag ttberprilft. 6.3.5.1
Informelle Netzwerke und pers5nliche Beziehungen
Fiihrungskrafle aus der Vertriebsorganisation berichten immer wieder uber die Bedeutung informeller Netzwerke und pers5nlicher Beziehungen als informale Steuerungsmechanismen im intemationalen Management (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies bestatigen auch Belz/Reinhold (1999a, S. 147) in ihrer Untersuchung. Zu den wichtigsten Voraussetzungen, um die personlichen Beziehungen zwischen Vertriebsverantwortlichen des Stammhauses und den Mitarbeitem der Vertriebspartner herzustellen und zu unterstUtzen gehSren die ReisetStigkeit der Vertriebsleiter und deren Sprachkompetenz (Belz/Reinhold 1999a, S. 149). Dr. Robert Sum, CEO der Nanosurf AG aus Liestal, Schweiz, sieht sogar einen direkten Zusammenhang zwischen dem Verkaufserfolg und der Haufigkeit des Kontaktes mit intemationalen Vertriebspartnem. Die BesuchshSufigkeit durch Vertreter der Zentrale wird haufig als wichtigste Determinante fur die pers5nliche Beziehung zu Vertriebspartnem gesehen. Denn der Besuch bringt nicht nur den personlichen Austausch, sondem zeigt daruber hinaus auch die WertschStzung gegentiber dem Vertriebspartner imd das diesbeztigliche Engagement der Zentrale. Untersuchungen zeigen, dass die Dichte und die Qualitat der personlichen Beziehimgen von der geografischen Distanz abhangig ist (Allen 1985, S. 238), die vermutlich wiederum stark iiber die HSufigkeit der Besuche bestimmt. Diese Aussage deckt sich mit der Einschatzung intemationaler Vertriebspartner, die insbesondere die nationalen Vertriebsleiter im Vorteil sehen, die in der Zentrale sitzen und „die jeden Mittag Geschaftsbereichsleiter sowie intemationale Vertriebs- und Logistikverantwortliche in der Kantine treffen", so der Geschaftsfuhrer einer intemationalen
Vertriebsgestaltung des Herstellers
195
Tochtergesellschaft (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ermogliche es, Anliegen auf informellen Wegen zu klaren und durchzusetzen. Je weiter eine Vertriebsgesellschaft geografisch vom Stammhaus entfemt liegt, desto ressourcenintensiver wird die pers5nliche Betreuung. Abbildimg 6-10 (S. 195) zeigt, dass die Anzahl der personlichen Besuche durch Vertreter der Zentrale mit zunehmender Distanz zum Stammhaus abnimmt.
Anzahl der Klassenmitglieder
<1'000
<1'500
<2'500
<5'000
Geograflsche Distanz zum Stammhaus (Klassen in l(m)
Abbildung 6-10: Geografische Distanzen als Determinante der Besuchshaufigkeiten (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Noch deutlicher wird dies bei Betrachtung kumulierter Haufigkeiten (s. Tabelle 6-7, S. 196). Nahezu alle befragten Vertriebspartner werden mindestens einmal pro Jahr durch Vertreter der Zentrale personlich besucht. Die hellgraue (Kumulierte Haufigkeit > 20 Prozent) und dunkelgraue Schattienmg (Kumulierte Haufigkeit > 50 Prozent) zeigen, dass naher gelegene Vertriebsgesellschaften deutlich haufiger besucht werden als solche mit erheblicher geografischer Distanz. 1st die Distanz zum Stammhaus geringer als 100 Kilometer, werden 52.4 Prozent der Befragten mindestens funf mal pro Jahr besucht, was bei einer Distanz von I'OOO bis 1*500 km nur noch auf 23.1 Prozent der Befragten zutriffr. Uberschreitet die Distanz zum Stammhaus 2'500 km, werden 35.3 Prozent mindestens drei mal pro Jahr besucht, was bei einer Distanz zwischen 100 und 300 km bei rund 82 Prozent der Befragten der Fall ist. In Bezug auf die in Abbildung 6-10 (S. 195) und Tabelle 6-7 (S. 196) dargestellten Befragungsergebnisse ist die letzte Klasse (km > 5'000) von der Interpretation auszu-
196
Kapitel 6
schliessen, da es sich um eine „Sammelklasse" handelt, die eine Vollstandigkeit der Daten garantiert, allerdings keine obere Klassengrenze besitzt und daher die Ergebnisse verzent. <100
Geografische Distanz zum Stammhaus (Klassen in km) <30^^<750
0 Anzahl 1-2 Besuche 3-4 pro Jahr 5-6 (kumu1 15.4% 12.9% 7-10 liert) " 11-15 6.5% 11.5% 5.0% 18.2% 8.9% >16 7.7% 6.5% 9.5% 0.0% 9.1% 6.7% Tabelle 6-7: Kumulierte Haufigkeiten der Besuche pro Distanzklasse (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
^mC11.8% 11.8% 0.0%
>5'000 100.0% 100.0% 86.7% 60.0% 60.0% 26.7% 6.7%
Angesichts der Bedeutung personlicher Beziehungen zwischen zentralen und dezentralen Mitarbeitem stellt sich aus Herstellersicht die Frage, ob diese gefordert werden sollen und wie die personlichen Beziehungen instrumentalisiert werden konnen, um Verkaufsziele besser zu erreichen. Die vielfaltigen Anstrengungen, die Hersteller untemehmen, um die personlichen Beziehungen zwischen Mitgliedem der Vertriebsorganisation zu vertiefen, legen nahe, dass Hersteller an die positiven Wirkungen der personlichen Netzwerke glauben. Dies betont auch die Arbeit von Jaworski (1988, S. 27), die von inforaieller Steuerung spricht, durch die formale Steuerungsmechanismen des Managements vielfach entlastet werden. Die bereits vorgestellten Ansatze der Regionalorganisation (s. Absatz 6.3.3.1, S. 176 ff.) tragen durch kurzere Distanzen zu einer grosseren Nahe bei. An dieser Stelle muss noch einmal betont werden, dass die in Tabelle 6-7 (S. 196) dargestellten Ergebnisse aus der regionalen Untersuchung stammen. Es kann vermutet werden, dass bei grosseren geografischen Distanzen Besuche wesentlich seltener stattfinden oder gSnzlich entfallen. Dies scheint paradox, da kulturelle und sprachliche Distanzen eine personliche Beziehimg gerade zu diesen Vertriebspartnem zusatzlich erschweren imd deshalb sogar haufigere Besuche notwendig machen wurden als in geografisch nahe gelegenen Landem. Es muss festgehalten werden, dass sich informelle Kontakte damit keineswegs dem Management durch den Hersteller entziehen. Selbstverstandlich kann der Hersteller nicht direkt befehlen, Frexmdschaften zu schliessen oder diese zu entwickeln. Vielmehr bestehen indirekte Moglichkeiten, die in der Schaffimg geeigneter Bedingungen liegen (Allen 1985, S. 223). Mitarbeiter mtissen sich zunachst personlich treffen, um sich einander bekannt zu machen und sich kennen zu lemen (Allen 1985, S. 223). Es liegt zu einem hohen Masse im Einflussbereich des Herstellers, dafur zu sorgen, dass
Vertriebsgestaltung des Herstellers
197
solche personlichen Treffen stattfinden. Gemeinsame Projekte bringen Mitarbeiter zusammen, die sich andemfalls nicht kennen wtirden (Allen 1985, S. 226). Diese Massnahmen erbringen damit neben ihren primaren Zielsetzungen auch wichtige indirekte Beitrage zur Kommunikation und den personlichen Netzwerken in der Vertriebsorganisation. Auch Besuche durch Mitarbeiter der Zentrale in den Markten oder zentrale Events wie Vertriebstagungen helfen dabei, persSnliche Beziehungen zu unterstutzen. Eine besondere RoUe spielen Symposien und Tagungen, so z. B. die von vielen Herstellem jahrlich durchgefUhrten Vertriebstreffen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Diese konnen ebenso genutzt werden, um die Kommunikation und die Kontakte unter den Vertriebspartnem zu fordem. Allerdings bergen Veranstaltungen dieser Art aufgrund der eher grossen Anzahl von Anwesenden die Gefahr, dass der Aufbau Oder die Pflege von personlichen Beziehungen zur Zentrale untergeht. Meist treffen wenige Mitarbeiter der Zentrale auf eine hohe Anzahl von Vertriebspartnem. In der vorliegenden Untersuchung Schweizer Industriegiiterhersteller betreuen Zentralen durchschnittlich weltweit 188 Vertriebspartner (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Obgleich diese hohe Anzahl in starkem Masse durch die Grosse der untersuchten Industriekonzeme bestimmt wird, iSsst sich leicht ableiten, wie viele zentrale Mitarbeiter in die Betreuung wahrend eines Vertriebstreffen involviert sein mtissten, um intensive personliche Gesprache fiihren zu konnen. Eine Losungsmoglichkeit stellen Tagungen in kleinerem Rahmen dar, was aber finanzieller Zusatzaufwendungen bedarf und deshalb haufig abgelehnt wird. Bei regionaler Fiihrung wird haufig anstatt auf zentrale Vertriebstreffen auf regionale Treffen gesetzt, wodurch wiederum eine bessere Betreuung moglich wird und der Ressourcenaufwand damit dezentralisiert werden kann.
6.3.5.2 Kunden- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale In vielen Branchen ist heute zu beobachten, dass Kundenorientierung und Kundennahe immer wichtiger werden. Verscharfte Wettbewerbsbedingungen, zunehmende Deregulierung, steigende Kundenanspruche und eine hohere Wechselbereitschaft konfrontieren Hersteller mit standig wachsenden Anforderungen an Qualitat, Innovationsgeschwindigkeit und auch Kosten ihrer Produkte (Harmeier 2004, S. 1; Hungenberg 1992, S. 342). Um erfolgreich zu sein, miissen sich Untemehmen starker als bisher an den Anspriichen von Kunden orientieren (Harmeier 2004, S. 2; Von der Oelsnitz 2002, S. 54). Der positive Einfluss von Kundenorientierung auf den okonomischen Erfolg
198
Kapitel6
konnte bereits in zahlreichen Studien empirisch bestatigt werden (s. Homburg/Becker 2000, S. 20; Narver/Slater 1990, Bnihn 2002, S. 22). Defizite der Kundenorientierung bestehen bei vielen Herstellem sowohl in der Ermittlung von Kundenanforderungen, als auch in der Umsetzung der kundenorientierten Ausrichtung (Hanneier 2004, S. 2). Anforderungen an Kundennahe sind umso schwieriger zu erfassen und zu erfUllen, je weiter entfemt vom Kunden und vom lokalen Wettbewerb Entscheidungen getroffen werden und je weniger differenziert diese auf die Besonderheiten einzelner MSrkte und Kunden eingehen (Hungenberg 1992, S. 342). In intemationalen MMrkten beeintrSchtigt die Notwendigkeit grosserer Kundennahe deshalb die Mdglichkeit,
wichtige
Entscheidungen zentral zu
treffen
(Hungenberg 1992, S. 342). Untersuchungen zur „Embeddedness" von Verkaufsorganisationen haben gezeigt, dass sich Vertriebspartner in besonderem Masse fiir die Anliegen ihrer lokalen Kunden einsetzen und diese gegenilber dem zentralen Marketing und Vertrieb vertreten (s. Andersson/Forsgren 1996). Das unterstreicht, dass eben nicht die Vertriebspartner, sondem vor allem die zentralen Marketing- und Vertriebseinheiten zu einer noch hSheren Kundenorientierung bewegt werden mussen. Je mehr Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, desto starker muss diesen marktfemen Einheiten das Wissen und die Bedeutung kunden- und marktbezogener Besonderheiten vermittelt werden. Denn die Orientierung an den Bedtirfhissen von Kunden setzt fiir Mitarbeiter der Zentrale zunSchst eine gewisse Kenntnis iiber diese Bediirfiiisse voraus. Nur „vor Ort" in den Markten ist das Wissen und die Erfahrung uber die tatsachlichen Kunden- und Marktanforderungen vorhanden (Hungenberg 1992, S. 342). Und nur die Vertriebspartner versptiren meist iiberhaupt den Erfolgszwang, unangenehme „SonderwOnsche" zu erfUllen oder Spezialaspekte zu beriicksichtigen (Hungenberg 1992, S. 342). Deshalb gilt es, die Vertriebspartner aktiv zu integrieren, um die Kundenorientierung auch in der Zentrale zu verstarken. Allerdings mttssen auch in der Zentrale die Voraussetzungen daftir geschaffen werden, damit die Mitarbeiter kundenorientierte Verhaltensweisen an den Tag legen konnen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 263). Um in der Zentrale eine marktorientierte Kultur zu unterstiitzen, kann der Einfluss
des Top-Managements
genutzt werden.
Jaworski/Kohli (1993, S. 55) fanden heraus, dass eine BestSrkung der Bedeutung der Marktorientierung durch das Top-Management gut dazu geeignet ist, um diese voranzutreiben. Auf diesem Wege k5nnen Mitarbeiter einer Organisation dazu angeleitet werden, sich an Markten und deren Veranderungen zu orientieren, diesbeztigliche Informationen auszutauschen und die Verantwortung fiir die Erfiillung von Kundenbe-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
199
diirfiiissen zu iibemehmen (Jaworski/Kohli 1993, S. 55). Je welter Organisationseinheiten von den MSrkten entfemt sind, desto weniger verspuren diese den Druck, der aus den Anforderungen der Kunden entsteht. Die Weichenstellung muss deshalb durch Manager vorgenommen werden, die den Vertriebsverantwortlichen in der Zentrale iibergeordnet sind. Und trotzdem gehen viele Programme zur Steigerung der Kundenorientienmg einseitig von der Zentrale aus (Belz/Reinhold 1999a, S. 23). Die Zentrale scheint darin eine Chance zu sehen, die Zentralisierung und damit ihre Position zu verstarken, obgleich dies ausgerechnet fiir das Thema Kundenorientienmg paradox erscheint. Lach (2001, S. 64) spricht von einem „Kolonialdenken" des Stammhauses, das mit verschiedenen Massnahmen versucht, alles unter seiner Kontrolle zu behalten. Dabei gehen Mitarbeiter in der Zentrale hSufig unbewusst davon aus, Dinge besser zu wissen (Lach 2001, S. 64). Mitarbeiter der Zentrale erkennen nicht, dass sie erst durch die Kompetenzen der Tochtergesellschaft einen Zugang zu intemationalen Markten und den Kunden erhalten, da niemand den Markt so gut kennt, wie die vor Ort Tatigen (Walti 1999, S. 40). Viele Vertriebspartner wiirden geme Verbesserungen anstossen, das Stammhaus hat aber haufig gar kein wirkliches Interesse an diesem Wissen (Lach 2001, S. 64). Die Kommunikation und der Erfahrungsaustausch zwischen Zentrale und Vertriebspartner leidet hierdurch imd verhindert, dass die Zentrale iiberhaupt aktuelle und wichtige Informationen iiber die Kunden erhalt, um sich an diesen auszurichten. Auch wird in vielen Fallen der Wert von qualitativen Erfahrungsberichten der Vertriebspartner im Vergleich zu quantitativen Marktforschungsergebnissen von der Zentrale unterschatzt (Explorative Interviews, Tabelle 2-3, S. 37). Die in Tabelle 6-8 (S. 200) dargestellten Stossrichtungen k6nnen ein kundenorientiertes Vorgehen in intemationalen Vertriebsorganisationen voranbringen (s. Jendrosch 2001, S. 159 ff.; Homburg 1995, S. 34 ff.). Stossrichtung Geringere Prozessstandardisierung
Eriauterung Ein Ubermass an Formalisienmg und Standardisierung wird gerade von solchen Kunden als problematisch erlebt, die aus dem fur sie vorgesehenen Raster fallen. Durch Computereingabemasken und Bestellformulare begrenzen Untemehmen haufig die Option fur die von der Regel abweichenden Ldsungen. Sofem Mitarbeiter nicht iiber die Handlungsfi-eiraume verftlgen, eigenstandig und uber die Regehi hinweg im Sinne des Kunden zu entscheiden, kommt es zu Frustration in Vertriebsgesellschaften und Abwanderung von Kunden. Es sind deshalb Vorgehensweisen zu entwickeln, die es Vertriebspartnem erlauben, in Ausnahmefallen systematisch und nach vorgegebenen Schritten weitergehende Ldsungen fur die Kundenanliegen zu suchen. Es sind ggf. pro Vertriebspartner Kontingente an AusnahmefUUen zu definieren, um die Synergien einer Prozessstandardisierung nicht aufgeben zu miissen.
Flache Hierarchien
Ein organisatorischer „Wasserkopf' mit langen Dienst- und Entscheidungswegen wird von Vertriebspartnem und Kunden haufig als biirokratisch und inflexi-
200
Kapitel 6 bel erlebt. Kundennahe ist in hierarchischen Organisationen nur dann moglich, wenn Kunden die intem beschrittenen Dienstwege gar nicht merken. Flache Hierarchien und direkte Kommimikationswege verkurzen entsprechend die Dienstwege imd stellen eine grfissere NShe zum Kunden her.
Delegation von Kompetenz (Empowerment)
Mitarbeiter, die flexibel, schnell und im Sinne des Kunden handehi soUen, benotigen auch die entsprechenden Befugnisse fiir ihre Aufgaben. Diese reichen von Auskunftsrechten Qber Entscheidungskompetenzen bis hin zu Umsetzungsmoglichkeiten.
Mehr Selbstabstimmimg
Wenn Mitarbeitem die MGglichkeit zur intemen Regelung auf dem ,Jcleinen Dienstweg" fehlt, so steigt der exteme Regelimgsbedarf und damit der zeitliche Aufwand. Kunden verlangen aber rasche Entscheidungen, Auskunfte oder Angebote vor Ort. Zeitliche VerzOgerungen fuhren hingegen zu Unzufriedenheit bei alien Beteiligten.
Weniger Papierkrieg
Mitarbeiter fUrchten mitunter, fur Entscheidimgen, die nicht schriftlich angeordnet Oder belegt waren, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Umfangreiche Dokumentationsarbeiten halten jedoch von der eigentlichen Arbeit am Kunden ab. Der biirokratische Aufwand ist deshalb zu bekampfen, da er Ressourcen bindet und damit die InnovativitSt und Marktprtlsenz lahmt.
Mehr interne Markte
Kundenorientierung am Markt soUte sich auch in einem intemen Marktdenken niederschlagen. Mitarbeiter, Teams und Profit-Center miissen im intemen Wettbewerb versuchen, mfiglichst gut die Bedur&isse intemer und extemer Kunden zu bedienen. Inteme Verrechnungspreise und inteme Qualitatsbeurteilungen, die auch fur inteme Dienstleistungen konzipiert werden konnen, sind dabei wichtige Instrumente.
1 Breitere Kompetenzen
H6here Spezialisierung von Mitarbeitem und die damit verbundene Verteilung von Zustdndigkeiten ftihren zu einem hohen Koordinationsaufwand. Dies bedeutet, dass Kunden und Vertriebspartner mit langen Dienstwegen und wechsekiden Ansprechpartnem konfrontiert werden. Insbesondere der ,J^irst-level Support" soUte deshalb tiber eine breite Kompetenz verftigen und den Prozess von internen und extemen Anfragen in den meisten Fallen selbst I6sen oder aber koordinierende begleiten kdnnen.
1 Weniger Planungstechnokratie
Kundenorientierung verlangt schnelle Reaktion auf Kundenwiinsche, die jedoch dann nicht erftlllt werden kdnnen, wenn die betrieblichen Reaktionszeiten aufgrund intemer Abstimmungsprozessen verlangsamt sind. Die Neigung zur Perfektion und zur Genauigkeit mit der resultierenden Langsamkeit wird von Kunden haufig nicht so stark honoriert, wie eine raschere Planung und Umsetzung, die auf beilaufige Details bewusst verzichtet.
Tabelle 6-8:
Stossrichtungen zur Erhfihimg der Kunden- und Serviceorientierung (In Anlehnung an Jendrosch 2001, S. 159fif.;Homburg 1995, S. 34 ff.)
Aufbauend auf die Einsicht, dass kundenbezogenes Wissen vor allem bei Vertriebspartnem vorliegt, stellt sich die Frage, inwieweit eine direkte Kundenorientierung iiberhaupt von den zentralen Stellen des Herstellers ausgehen kann. Je hSher die Anzahl der Hierarchieebenen und das Mass an Zentralisiening, desto langer sind inteme Entscheidungs-, Informations- und Kommunikationswege (Harmeier 2004, S. 5). Es scheint eher der Fall, dass Zentralen dadurch Kundenorientierung unterstutzen konnen, indem sie eine hohe Flexibilitat und Anpassungsfahigkeit an Kundenwiinsche herstel-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
201
len (Bruhn 2003, S. 15; Belz 2002, S. 237), Entscheidungswege verktirzen und starker dezentralisieren (Harmeier 2004, S. 5). Erganzend zur Kundenorientierung wird deshalb eine starkere Orientierung an den Anforderungen der Vertriebspartner vorgeschlagen, deren Kompetenz in Markt- und Kundenkenntnis liegt. Eine serviceorientierte Kultur in der Zentrale, die sich in hohem Masse an den Bediirfhissen der Vertriebspartnem orientiert, dient als Voraussetzung ftir die Erreichung einer hohen KimdennShe. Belz/Reinhold (1999a, S. 38) fordem, das gesamte Vertriebsmanagement auf die Schaffung von Kundenvorteilen auszurichten. Dazu sind die Ziele des Gesamtuntemehmens, die der Vertriebszentrale und der Vertriebspartner auf die Bedurfiiisse der Kunden auszurichten (Belz/Reinhold 1999a, S. 38). AUe betroffenen Ebenen sind aufeinander abzustimmen (s. Abbildung 6-11, S. 201). Dabei ist es ntitzlich, die unmittelbar nachgelagerte Stufe als intemen Kunden zu verstehen (Belz/Reinhold 1999a, S. 38), denn an deren Anforderungen mtissen sich zentrale Einheiten messen lassen.
K Vorteile \ Vorteile \ des )• der ) Untemehmens /Vertriebszentrale /
Vorteile des Vertriebspartners
«-
Fliessrichtung notwendiger Infbrmationen
Abbildung 6-11: Kundenvorteile als Bezugspunkt fur den Vertrieb (In Anlehnung an Belz/Reinhold 1999a, S. 38)
Um die Kundenvorteile zu erreichen, mussen in der Zentrale die Bedtirfhisse von Vertriebspartnem bekannt sein und wirkungsvoll unterstutzt werden. Eine Unterstutzung der Vertriebspartner, die effektiver ist als die der Konkurrenz, kann wiederum tiberlegene Kundenvorteile schaffen. Rainer Mehrer, Leiter Group Marketing und Leiter International Field Sales bei der Wampfler AG in Weil am Rhein, Deutschland, fasst diese Philosophic unter dem Begriff „Easy Buying, Easy Selling" zusammen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Danach benotigt die Zentrale eine serviceorientierte Kultur, um Vertriebspartnem moglichst schnelle und akkurate Unterstutzung geben zu konnen. Dabei muss sich die Unterstutzimg unmittelbar an den Bedtirfiiissen
202
Kapitel 6
des Vertriebspartners ausrichten und befahigt diesen dazu, mehr und einfacher zu verkaufen. Die Vorteile des Kunden verhelfen damit dem Vertriebspartner zu hoheren Verkaufen und dem Hersteller zu besseren Ergebnissen. Die Vertriebsphilosophie der Wampfler AG ist damit richtungsweisend. Es wird zur Kemitnis genommen, dass es der Zentrale nur in eingeschranktem Masse moglich ist, die Bedtirfiiisse und Besonderheiten intemationaler Kunden und Wettbewerber zu erfassen. Die Serviceorientierung der Zentrale tritt damit an Stelle einer unmittelbaren Orientierung am Kunden. Kundenorientierung wird in gewissem Masse an die Vertriebspartner delegiert. Durch die ErfUUung der Serviceansprttche von Vertriebspartnem, die aus den Erfordemissen der MSrkte erwachsen, wird die Zentrale damit der Maxime der Marktorientierung gerecht und leistet wertvolle BeitrSge, um eine hohe Kundennahe zu gewahrleisten.
6.3.6 Professionelle Untersttitzung durch systematische Differenzierung Wenn in dieser Arbeit im Rahmen des intemen imd vertikalen Marketing gefordert wurde, dass sich das Vertriebsmanagement mit seinen Massnahmen an den Bediirfhissen imd der Situation der Vertriebspartner ausrichten soil (s. Absatz 2.3.1, S. 20 ff.), muss sich diese Forderung der Frage nach ihrer Wirtschaftlichkeit stellen. Die Segmentierung von Vertriebspartnem und die Differenzierung von Massnahmen werden im Folgenden als AnsStze vorgestellt, um die Untersttitzung des Herstellers zu verbessem und um neben den Bedtirfiiissen der Vertriebspartner auch die Ziele und Restriktionen des Herstellers zu berttcksichtigen. 6.3.6.1
Segmentierung von Vertriebspartnem
Als Mittelweg zwischen voUstSndiger Standardisierung und voUstSndiger Individualisierung kann die Segmentierung von Vertriebspartnem mit einer modularen Leistungsgestaltung herangezogen werden (Belz/Reinhold 1999a, S. 179; Belz 1998, S. 599). Ein solches Vorgehen wird von Belz/Reinhold (1999a, S. 179) ausdrucklich empfohlen. Hierbei werden Vertriebspartner zu Gruppen zusammengefasst, die in Bezug auf bestimmte Merkmale homogen sind und daher bezogen auf ihre Bedtirfhisse eine hohe Ahnlichkeit aufweisen. Die Segmentl6sung besitzt den Vorteil, systematisch auf die Bedurfiiisse eingehen zu konnen und gleichzeitig durch ein gewisses Ausmass an Synergien die Kosten einzuschranken.
203
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Zur Segmentienmg der Vertriebspartner kommen bediirfnis- und potenzialbezogene Kriterien sowie deren Kombination in Betracht (s. Abbildung 6-12, S. 203). Bedurfnisbezogen wird in der Praxis haufig nach Sprach- und Kulturraumen sowie der rechtlichen Konstellation imterschieden, so z. B. durch unterschiedliche Betreuungskonzepte fUr Tochtergesellschaften und Distributoren. Um regionalen Unterschieden zu begegnen, besitzen viele Grossuntemehmen regionale Zentralen, die ein differenziertes Vorgehen sicherstellen (s. Absatz 6.3.3.1, S. 176).
HHHj^^ffiQyHH^HHj
±
• Region und Kultur,
^^^^^^^BWalailiiKHiraHiwBi^^^^^^^B
d • Umsatze,
• Rechtliche ZugehOrigkeit,
• DeckungsbeitrSge,
• Dauer der Zusammenarbeit,
• Kosten,
• GrOsse der Gesellschaft,
• Gewinn,
• Wettb^werbs- und Rahmenbedingungen etc.
• Marktgr6sse, • Mitarbeiterzahl etc.
Abbildung 6-12: Bedurfnis- und potenzialbezogene Segmentierungskriterien
Ebenso einfach zu erheben, aber seltener fiir eine systematische Differenzierung genutzt werden hingegen die Beziehungsdauer zu Vertriebspartnem sowie die Grosse der lokalen Gesellschaft. Dies ist erstaunlich, da diese Merkmale meist uber die Erfahrung des Vertriebspartners und die lokale Ressourcenstarke bestimmen. Deshalb pragen sie die Bediirfhisse in besonderer Weise und legen eine besondere Beriicksichtigung nahe. Am schwierigsten zu ermitteln, da sie fiir den Hersteller einerseits schwer erfassbar und andererseits starken Veranderungen ausgesetzt sein konnen, sind Merkmale des lokalen Marktes und des lokalen Umfelds. Hierzu geh5ren etwa die Wettbewerbsintensitat, die Dynamik der technologischen Veranderungen oder aber die Veranderung von Kundenbediirfhissen. Dem Autor sind zum bisherigen Zeitpunkt keine Untemehmen bekannt, die markt- und umfeldbezogene Variablen in die Segmentienmg ihrer Vertriebspartner einbeziehen. Vielmehr werden in Ausnahmesituationen haufig individuelle Losungen gefimden. Hierin ist allerdings ein Problem zu sehen, da die Zentrale in der Regel nicht iiber adaquate Beurteilungsmoglichkeiten dieser Situationsvariablen verfiigt. Es ergeben sich die Schwierigkeiten der Beurteilungsverzerrung, wie sie bereits in Abschnitt 4.2 (S. 96 ff.) vorgestellt und diskutiert wurden. Um dies zu ver-
204
Kapitel 6
meiden, miissen Wege gefunden werden, um markt- und umfeldbezogene Merkmale systematisch zu erfassen und in die Beurteilung der lokalen Situation mit einzubeziehen. Neben den bediirfiiisorientierten Merkmalen konnen potenzialbezogene Merkmale zur Segmentienmg der Vertriebspartner herangezogen werden. Diese besitzen in der betrieblichen Praxis bisher wohl die meiste Verbreitung. Die Leica Microsystems AG und die Feintool AG unterscheiden nach der Marktgr6sse A-, B- und C-Distributoren, fiir die sie jeweils unterschiedliche Betreuungskonzepte besitzen (Befragung Leica I, s. Tabelle 2-3, S. 37; Belz et al. 1996, S. 59; Walti 1999, S. 221). Die Leistungssysteme fur die unterschiedlichen Segmente konnen unterschiedliche Unterstutzungsleistungen, Vorgaben und Forderungen enthalten, die vom Hersteller zu entwickeln sind. Es k6nnen Betreuungsmodule bspw. zu Produkten, Preisen, Services, Verkaufsforderung und Logistikleistungen entwickelt werden, die in verschiedenen Intensitaten kombinierbar sind (Belz 1998, S. 599f). Aufgrund von Profitabilitatsgesichtspunkten erhalten AVertriebspartner eine stMrkere Betreuimg als C-Vertriebspartner, die in Markten tatig sind, die fiir den Hersteller eine nachrangige Bedeutung besitzen. Gleichzeitig entstehen hieraus fiir Vertriebspartner Anreize, die Ergebnisse in ihrem Vertriebsgebiet massiv zu erhohen, um statt einer „C-Betreuung" eine ,3-Betreuimg" zu erhalten. Zusammenfassend iSsst sich festhalten, dass ein segmentbezogenes Konzept eine systematische proaktive Betreuung von Vertriebspartnem unter Einbezug lokaler Bedurfnisse ermoglicht. Es ilberwindet damit die oftmals reaktive Vorgehensweise globaler Konzepte, bei der erst in Notfallsituationen individuelle Losungen ftir betroffene Vertriebspartner gefunden werden. Fallbeispiel 6-9 (S. 206) zeigt die Segmentierung und modulare Unterstutzung von Vertriebspartnem bei der Feintool AG. Segmentierung und modulare Unterstfltzung von Vertriebspartnem Feintool AG, Lyss, Schweiz Die Feintool AG mit Sitz in Lyss, gehOrt zu den grOssten Industriegiiteruntemehmen der Schweiz. Im Geschaftsjahr 2003/2004 erzielte der fuhrende Technologie- und Lfisungsanbieter mit seinen 1777 Mitarbeitem in den Bereichen Anlagebau und Zuliefergeschaft einen Umsatz von 452 Mio. CHF. Im Zentrum der Vertriebsprofessionalisienmg steht bei Feintool die Steigerung der Vertriebskompetenz. Mit einem Stufenkonzept wird versucht, den Know-how Transfer mit Vertriebspartnem zu optimieren, die Kompetenz der Vertriebseinheiten zu steigem und die Zusammenarbeit zwischen Zentrale und lokalen Partnem zu verbessem. Die SpezifitSt der angebotenen Problemlosungen erfordert bei Vertriebspartnem vertiefte Kennmisse und Erfahrungen in Bezug auf die Produkte und deren Anwendungsmoglichkeiten. Zur Segmentierung der Vertriebspartner wird in einem ersten Schritt nach dem Kriterium der rechtlichen ZugehCrigkeit unterschieden und in einem zweiten Schritt bei unabhangigen Vertretungen nach dem Potenzial der MSrkte, das wiederum die Vertragsgestaltung deter-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
205
FEINTDOL
Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, USA, Japan, China u.a.
Brasilien, Italian, Korea, Osten-eich, Polen, Russland, Schweden, Spanien, u.a.
Argentinian, Australian, Baltikum, Bulgarian, Indian, Iran, Kroatien, Rumanian, u.a.
Agypten, Belgian, Finnland, Indonesien, Israel, Malaysia, Neuseeland, Norwegen, u.a.
Zusammenaiteitsvertrag
Agenturvertrag mit jahritoher KOndlgungsmOglichkeit
Agenturvertrag mit laufender KQndigungsmOgltehkeit
Gentlemen Agreement
Insgesamt ist Feintool in 47 Landem aktiv. In den HauptmSrlcten existieren eigene Vertriebsgesellschaflen, mit denen ein Zusammenarbeitsvertrag besteht. In anderen Markten werden unabhangige Vertretungen eingesetzt. Dabei k5nnen nach ihrem Potenzial drei Typen von Markten unterschieden werden: Potenzialstarke „Schwerpunktmarkte" werden von A-Vertretungen bearbeitet, mit denen ein Agenturvertrag besteht, der eine jahrliche Kundigungsmoglichkeit besitzt. Ftir Nebenmarkte sind BVertretungen verantwortlich, mit denen ebenfalls Agenturvertrage bestehen, die allerdings laufende Kiindigungsmoglichkeiten offen halten. In Markten mit geringerer Bedeutung (ibemehmen CVertretungen die Marktbearbeitung. Mit diesen besteht lediglich ein „Gentlemen Agreement". Allerdings behalten sie ihren Status ftir maximal drei Jahre und werden dann zu B-Vertretem oder scheiden aus. Fur die Information und Unterstutzung besitzt Feintool ein modulares Konzept, das die vier Vertriebspartnersegmente differenziert betreut.
# FEINTOOL
nnn
•• Moduli
B
••"
Modul4
Modul3
ModulS
Modul2
Modul2
Modul2
Moduli
Moduli
Moduli
Schwerpunktmdri(te
Hauptmdrtcte
Modul 1: Das Modul 1 zielt hauptsachUch darauf ab, das Interesse der Vertriebspartner zu wecken und aufzuzeigen, was das Untemehmen leisten kann. Es wird in erster Linie die Losungskompetenz von Feintool nachgewiesen. Dazu werden Prospekte, Verfahrensvergleiche, Musterteile und Angebote zur Verfugung gestellt. Modul 2: Das Modul 2 zeigt dem Vertriebspartner auf, welche Vorteile sich ihm aus dem Know-How des Herstellers ergeben. Vertriebspartner soUen erkennen, dass ihre Kompetenz sich in Kundengesprachen und Verkaufen bezahlt macht. Hierzu werden Betriebsrundgange veranstaltet, Anwendungsbeispiele mit Kostenvergleichen demonstriert und Nachweise fur den Kundennutzen erbracht.
Kapitel 6
206
Modul 3: Das Modul 3 kntipft an der Kundenberatung und dem Kundenbedarf an. Es werden VerfahrensmOglichkeiten und Anwendungen sowie deren Grenzen erlSutert und aufgezeigt. Technische und betriebswirtschaftliche Seminare geben damit eine Gnmdlage fUr die technische xrnd betriebswirtschaftUche Beratung des Kunden. Modul 4: Das Modul 4 vertieft das Wissen des Vertriebspartners und gibt detaillierte Einblicke in die Feintool-L6sung und deren Nutzen ftir den Kunden. Es wird eine fachlich anspruchsvoUe Beratung und Betreuung des Kunden ermdglicht, die z. B. durch Ausbildungen in den Bereichen der Konstruktionstechnik und Werkzeugherstellung ein fachliches Fundament erhalten. Das erklarte Ziel von Feintool ist es, die Vertriebspartner durch eine differenzierte Unterstiitzung auf eine hoherc Stufe zufiihrenand die Vertriebskompetenz global zu steigem. Fallbeispiel 6-9: Segmentierung und modulare Unterstutzung bei der Feintool AG (Walti 1999, S. 216 ff.; Feintool 2005)
6.3.6.2
Differenziemng nach der Beziehungsdauer
Eine besondere Deteraiinante der Bedtirfhisse intemationaler Vertriebspartner stellt die Dauer der Beziehung zum Hersteller dar. Im Laufe der Zusammenarbeit verandem sich die Kompetenzen, der Erfahrungsschatz und die Mitsprachemoglichkeiten der Vertriebspartner. In jungen Beziehungen zur Zentrale sind Vertriebspartner Susserst gehorsam, die Kontrolle liegt unbestreitbar bei dem Hersteller, der iiber technologische Kompetenz, finanzielle Ressourcen und iiber Managementsysteme verfiigt, durch die er das Verhalten der Vertriebspartner in hohem Masse bestimmt (Bakka 1986, S. 852; s. Abbildung 6-13, S. 206). HSufig stammen Fiihrungskrafte in jungen Tochtergesellschaften oder bei der EinfUhrung eines Produktbereiches aus dem Stammhaus und integrieren damit die Regeln der Zentrale (Bakka 1986, S. 852).
fiMfStelwr • Technologie, • Ressourcen, •Menagement Systeme.
^jf
MachtlMsis der Part»i«n
Vertriebspartner • Marketing, • KundenloyaliUt. • PersOnliche Ambitionen. |
,-''
,*'"
niedrig jung
Beziehungsdauer
Abbildung 6-13: Veranderung der Machtbasis uber die Zeit (Bakka 1986, S. 851)
207
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Im Laufe der Zeit entwickeln Vertriebspartner jedoch eine eigene Machtbasis. Die Erfahnmgen und damit steigende lokale Kompetenz in Bezug auf lokale Kunden und Wettbewerber fuhrt zu einer hoheren Entschlossenheit und Uberzeugung gegenuber den Massnahmen der Zentrale. Diese wird zunehmend mit kulturellen Unterschieden konfrontiert, wodurch Spannungen entstehen (Rosson 1990, S. 207; Bakka 1986, S. 852). Das lokale Management bringt zunehmend die Interessen grosser lokaler Kunden ins Gesprach und entwickelt einen lokalen Ehrgeiz. Aus Sicht des Herstellers ist dies durchaus positiv zu bewerten, rufl allerdings in der Zusammenarbeit Konflikte hervor. Die Entwicklung von Tochtergesellschaften in der Beziehung zum Hersteller kann in eine Aufbau-, Wachstums- und Reifephase unterteilt werden. Anhand der Phaseneinteilung werden Unterschiede in der lokalen Situation deutlich, die im Laufe der Zeit entstehen. Hieraus erwachsen fiir den Hersteller - wie bereits angefuhrt - unterschiedliche Ansatzpunkte fur eine Koordination und Unterstutzung der Vertriebspartner. Abbildung 6-14 (S. 207) zeigt Schwerpunkte in Situationen und Massnahmen.
1
Bezlshungsphass
1
4[||^^^^^^B|| 1
Lokale Situation
i
1
• 6eringe Kunden-, Produkt- und Untemehmenskenntnisse, • Wenig Erftihrungen in Zusammenarbeit, • Zeitlicher und finanzieller Aufwand fQr Ingangsetzung, • Druck und kurzfristige Orientiemng, • Hoher Kommunikationsaufwand, • Neuentwicklung von Abiaufen und Vertialtensweisen, • Rekrutierung einer Vertriebsmannschaft.
T
1 Zantrale Unterstutzung | . — 1 1
• Produkt- und Verkaufsschuiungen, • Umfangreiche Dokumentationen und HandbUcher, • Ausreichende finanzielle Unterstutzung, • Inhaltliche Beratung, • Hdufige Meetings und Telefonate.
•^
• Eingliederung in Spielregein, • Erste Erfahrungen und Konflikte, • Aufbau von Kenntnissen Qber Kunden und Markt, • Einbindung in Vertriebsplanung des Herstellers, • Festigung und Ausbau von Kundenbeziehungen.
I
! • FrQIizeitige Information Uber 1 Aktivitaten, ! • Erfalirungsaustausch mit Zentrale ; und anderen Vertriebspartnern, i • Anpassung an ; Untemehmensstandards, j • Prioritaten bei der ; Konditionengestaltung. t
r"
'
^it
• Sehr gute Markt- und Kundenkenntnisse, • Festes Rollenverstandnis und Bild Qber Zentrale, • Prozesse sind bekannt. Diskussionen Qber Details, • Hohe Produkt- und Anwendungskenntnisse, • Etablierter Name im Markt, bei Kunden und Konkun'enz.
I
• Regelmassige Besuche und Vertriebsmeetings, • Veranderungen der Rahmenbedingungen frOh ankQndigen, • Marktinformationen als Innovationspotenzial.
_,
Abbildung 6-14: Massnahmenschwerpunkte im Laufe verschiedener Beziehungsphasen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Aufbauphase: Unterstutzung auf alien Ebenen Am Anfang der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner steht der Aufbau intemer und extemer Kontakte. Vertriebspartner haben meist weder Kenntnisse tiber
208
Kapitel 6
Produkteigenschaften, noch besitzen sie Netzwerke bei den relevanten Kundengruppen im Markt. Dazu kommen die ebenfalls fehlenden Erfahnmgen in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller. Selbst in Fallen, in denen ein Manager der Zentrale ftir den Aufbau einer Tochtergesellschaft eingesetzt wird, findet sich dieser haufig in einer neuen RoUe wieder. Der bis dato im lokalen Markt noch unbekannte Vertriebspartner muss sich lokal etablieren, wozu umfangreiche Kommunikationsanstrengungen notwendig sind. Wahrenddessen bestehen von Seiten der Zentrale bereits Umsatzziele. Lokal sind die Anstrengungen allerdings zunSchst auf den Aufbau von Infrastruktur und die Rekrutierung einer kleinen Vertriebsmannschaft gerichtet, die geschult und mit den Strategien und Vorgehensweisen des Untemehmens vertraut gemacht werden muss (Bakka 1986, S. 852). Fur das lokale Management entsteht hieraus ein enormer Druck. Es wird versucht, trotz dieser umfangreichen intemen Rttstkosten erste Ergebnisse im Markt zu erzielen. Je h5her der Druck dabei wird, der auf dem lokalen Manager lastet, desto starker ist eine Konzentration auf kurzfristige Umsatzerreichung zu beobachten (Bakka 1986, S. 852). Dabei werden erste Forderungen nach besserer VerkaufsunterstUtzung an die Zentrale formuliert und Unterlagen in Landessprache verlangt statt englischsprachiges Material (Bakka 1986, S. 852). Aussendienstmitarbeiter arbeiten zu diesem Zeitpunkt weitgehend eigenstSndig in Bezug auf ihre Routenwahl, Zeitplanung und Umfang des Reportings. Allerdings registriert die Zentrale diese lokalen Improvisationen und fordert mehr systematische imd wirtschaftliche Denkweise. Mit der Zeit adaptieren die lokalen Manager einige grundsStzliche Regeln und Anforderungen der Zentrale. So z. B. bei der Auswahl und systematischen Betreuung von Kunden, der Erstellung von Angeboten nach zentralen Preislisten oder bei der Gestaltung von Messeauftritten und Anzeigen. Der Hersteller kann den Vertriebspartner in dieser Aufbauphase in vielerlei Hinsicht unterstutzen, um die lokale GeschSftstatigkeit in mSglichst kurzer Zeit in Gang zu setzen (Arnold 2000, S. 136). Die Untersttttzung betrifft dabei sSmtliche lokale Funktionen. Zunachst mtlssen Budgets ftir die lokalen Kommimikationsanstrengungen festgelegt werden sowie ftir interne Infrastruktur wie Biiro- und EDV-Ausstattung, Geschaftswagen und Verkaufsmaterialien (Amold 2000, S. 136). Um lokale Mitarbeiter moglichst schnell „verkaufsfMhig" zu machen, kann der Hersteller Produkt- und Verkaufsschulungen durchfUhren. Dokumentationen, Handbticher und Verkaufsunterlagen unterstutzen bei der Kundenakquisition ebenso wie gemeinsame Kundenbesuche mit Technikem oder Managem aus der Zentrale. Denn da der Kunde noch keine Erfahrung
209
Vertriebsgestaltung des Herstellers
mit dem Anbieter hat, treten Vertrauenseigenschaften an diese Stelle, so z. B. die Zuversicht in das Bemiihen des Herstellers, die Kundenwunsche zu erfiillen. Als wichtige Investition kann das Bestreben der Zentrale gesehen werden, personliche Beziehungen zu den lokalen Mitarbeitem zu entwickeln. Dazu ist der haufige und regelmassige personliche Austausch zwischen zentralen und dezentralen Mitarbeitem, etwa in Form von Meetings heranzuziehen. Telefonischer und elektronischer Austausch wird von Managem haufig eher als ungeeignet fUr die Herstellung oder Vertiefung von pers5nlichen Beziehungen angesehen (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Die Bedeutung, die personliche Beziehungen zum Stammhaus insbesondere in der Aufbauphase einer Niederlassung besitzen, hat auch die Wampfler AG erkannt. Diese setzt ein so genanntes „Patenschaftskonzept" ein, um den informellen Austausch zwischen Niederlassung und Stammhaus bei jungen Niederlassungen systematisch zu fordem (s. Fallbeispiel 6-10, S. 210). Patenschaftskonzept zur Betreuung junger Niederlassungen Wampfler AG, Weil am Rhein, Deutschland (s. auch Fallbeispiel 6-6, S. 187) Die Wampfler AG mit Hauptsitz in Weil am Rhein, Deutschland, ist ein weltweit fiihrender Hersteller von mobiler Energie- und Datenubertragung sowie Handlingstechnik. Das Untemehmen realisierte im Jahr 2003 ein Umsatzvolumen von rund 70 Mio. EUR und wird mit 500 Mitarbeitem weltweit durch 27 Tochtergesellschaften imd 21 Vertretungen reprasentiert. Der Exportanteil des deutschen Unternehmens betragt ca. 70 Prozent vom Gesamtumsatz. Die Wampfler AG hat bereits vor einiger Zeit ein ,J*atenschaftskonzept" zur Betreuung junger Niederlassungen eingefuhrt. Die Grundtiberlegung war hierbei, dass Niederlassungen vor Ort umso erfolgreicher sein kSnnen, desto enger die Anbindung an die Zentrale ist. Aus diesem Grund woUte man die personliche Anbindung zwischen dem Management des Stammhauses und den Niederlassungen besonders in der kritischen Phase der Neugrundung verstarken. Das Konzept sieht die , J*atenschaft" eines Mitarbeiters aus dem Stammhaus fur ein oder mehrere Fiihrungskrafte aus intemationalen Vertriebsgesellschaften vor.
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Rainer Mehrer, Manager Group Marketing & International Field Sales, ist ,J*ate" der italienischen Vertriebsgesellschafl Wampfler s.r.l. in Melegnano, Italien, deren Griindung er massgeblich mitgestaltet hat. Als Pate ist Herr Mehrer personlicher Ansprechpartner des itaUenischen Niederlassungsleiters. Dieser meldet sich je nach Bedarf und erkundigt sich nach Neuigkeiten und der Stimmungslage
210
Kapitel6
in der Zentrale. Insbesondere vor Meetings kdnnen Themen besprochen werden, die in der Zentrale von aktueller Bedeutung sind. Der italienische Niederlassungsleiter kann sich durch diesen informellen Gedankenaustausch besser auf Meetings vorbereiten und erhfiht damit den Wert gemeinsamer Diskussionen mit der Zentrale. Rainer Mehrer ist vom Patenschaftskonzept uberzeugt. Kritisch sieht er zwar die Gefahr, dass Paten persOnlich gefarbte Meinungen an die Niederlassungen weitergeben. AUerdings iiberwiegt aus seiner Sicht der Vorteil, die lokalen Niederlassungsverantwortlichen zu integrieren und damit die Basis fiir eine optimale Zusammenarbeit zu legen. Aufgrund der ausschliesslich positiven Erfahnmgen plant das Untemehmen, das Patenschaftskonzept ggf. auch auf bestehende Niederlassungen auszuweiten. Fallbeispiel 6-10: Patenschaftskonzept bei der Wampfler AG (Einzelinterview Mehrer 2002, s. Anhang A, S. 348)
Wachstumsphase: Zunehmende Selbststandigkeit Im Laufe der Zeit etablieren sich beim Vertriebspartner die Prozesse, es bilden sich Netzwerke zum Markt hin sowie zum Stammhaus. Es kann bei positiver Marktentwicklung eine zunehmende Stabilisierung des Vertriebspartners beobachtet werden, die bei der Zentrale hSufig das Bedurfiiis nach einer starkeren Einbindung in die Planung des Untemehmens hervomift. Die Zentrale verlangt nun umfangreiches Datenmaterial fur ein bis zwei jahrliche Planungen (Bakka 1986, S. 853). Dazu muss der Vertriebspartner grundliche Analysen zu Kunden, Wettbewerbem, Verkaufs- und Ergebniszielen, MarketingaktivitSten und kosten, zur Produktpositionierung und weiteren lokalen Grossen darlegen. Vertriebspartner reagieren auf diese Forderung zunachst positiv, da sie die Moglichkeit sehen, sich mit positiven Zahlen und Studien zu schmiicken, die sie von 5ffentlichen Statistiken, IndustrieverbSnden, Marktstudien und personlichen Kontakten zusammengetragen haben (Bakka 1986, S. 854). Dariiber hinaus reizen die Moglichkeiten, die der Hersteller im Gegenzug liefem kann. Dazu gehort die Lieferung weltweiter Vergleichszahlen zu MSrkten, Kunden, Wettbewerbem und Verkaufen, mit denen sich Vertriebspartner selbst einschatzen und ranken konnen. Leider nutzen Hersteller diese M6glichkeit der Unterstutzung nur selten (siehe auch Abbildung 5-4, S. 112 imd Abbildung 6-4, S. 161). Stattdessen dienen die Informationen iiber den lokalen LSndermarkt meist dazu, neue Konditionen fur den nun wachsenden Vertriebspartner festzulegen. Hierzu gehoren neben hohen Verkaufszielen, niedrigere Marketingbudgets und dem Wegfall zusatzlicher Unterstutzung bei der Kommunikation auch hohe Gemeinkosten der Zentrale, die nun von der Tochtergesellschaft mit zu tragen sind. Dariiber hinaus kann die Einbindung in interne Transferpreise, die aus steuerlichen Griinden den lokalen Gewinn auf Null reduzieren, eine zusatzliche Demotivation fiir das lokale Management mit sich bringen (Bakka 1986, S. 854). Insgesamt verandert sich die Situation fiir das lokale Management unerwartet bedrohlich, da die ersten Erfolge und die vermeintliche Stabilisierung ins Wanken ge-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
211
raten. Zu diesem Zeitpunkt entsteht lokal eine hohe Demotivation und Unzufriedenheit, der im Nachhinein nur schwer zu begegnen ist (Rosson 1990, S. 207). Aus diesem Grunde scheint es notwendig, Vertriebspartnem von Beginn an eine hohe Transparenz iiber die gewahrte Untersttitzung und deren Planung zu geben. Genaue Programme, die den Zeitpunkt von Kiirzungen vorhersehbar und damit auch lokal planbar machen, konnen erste Transparenz schaffen. Durch ein stufenweises Vorgehen kann vermieden werden, dass es kurzfristig zu Engpassen durch die verSnderte Konditionengestaltung kommt. Erfahrene Niederlassungsleiter anderer Lender konnen wichtige Hinweise zur Uberbriickung dieser Zeit geben. Bakka (1986, S. 854) halt insbesondere die fruhzeitige Kommunikation bevorstehender Konditionenveranderungen fur unerlasslich, um die Harmonie in der Zusammenarbeit wahren zu konnen. Durch die Erlauterung der Hintergrunde und der daraus folgenden Prioritaten bei der Konditionenanderung kann wichtige Akzeptanz gewonnen werden. So erfolgt eine schrittweise Anpassung an die Standards der Marketingplanung im Gesamtuntemehmen. Reifephase: Spezialist des lokalen Marktes Hat der Vertriebspartner die voUstandige Integration in die Vorgehensweise und die Prinzipien des Herstellers voUzogen, steht einer stabilen Zusammenarbeit nichts mehr im Wege. Zu diesem Zeitpunkt ist der Vertriebspartner ein Spezialist des lokalen Marktes und fuhlt sich seinen Kunden in hohem Masse verpflichtet. Er ist bei Kunden und Wettbewerbem bekannt und stellt einen etablierten Anbieter im Markt dar. Intern haben sich inzwischen haufig Bilder iiber den Hersteller verfestigt. Die Anbindung an diesen und die „Spielregeln" sind bekannt, so dass es nur wenige operative Reibungspunkte gibt. Konflikte treten vor allem dann auf, wenn die gefestigten Strategien, Prioritaten oder Prozesse verletzt oder verandert werden (Rosson 1990, S. 208). Der Vertriebspartner ist in dieser Situation ein kompetenter Ansprechpartner fiir samtliche Belange des lokalen Marktes. Aus diesem Grunde dient er nicht selten als Quelle fur neue Produktideen (s. Absatz 6.3.4.2, S. 184 ff.) und kann ebenso bei der Entwicklung marktorientierter Strategien wirkungsvoUe Unterstutzung leisten (s. Absatz 6.3.4.1, S. 181 ff). Herstellem muss es demnach gelingen, in dieser Reifephase der Beziehung eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner zu erhahen und deren Marktkompetenz optimal einzusetzen. Das gih z. B. bei der Beratung oder bei einer Partnerschaft fiir junge Niederlassungen in anderen Markten. Rosson (1990, S. 206) betont, dass die langfristige Zusammenarbeit in einer gefestigten Beziehung zu
212
Kapitel6
Vertriebspartnem erfolgskritischer ist als die Phase der anfanglichen Ingangsetzung (s. auch Arnold 2000, S. 136 f.).
6.3.7 Untersttitzung durch zentrale Ressourcen Die zentralen Stnikturen und Ressourcen des Herstellers besitzen nicht nur wie dargestellt wurde eine hohe Bedeutung fUr die Aufgaben der Koordination (s. Absatz 6.3.2, S. 163 ff.), sondem auch fUr die UnterstUtzung der Vertriebspartner. Im Folgenden werden Ansatze zur systematischen Gestaltung der zentralen Unterstutzungsleistungen und zu deren Verrechnung diskutiert. Ausserdem werden die Voraussetzungen thematisiert, die intern vorliegen miissen, um die zentrale Leistungsfahigkeit sicherzustellen. 6.3.7.1
Herstellersupport in Marketing und Vertrieb
Durch eine professionelle Verkaufsuntersttitzung konnen Hersteller den Erfolg ihrer intemationalen Vertriebspartner massgeblich mitbestimmen. Um die eigentliche industrielle Kemleistung herum, die im Zentrum der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner steht (Hakansson 1982, S. 15), bestehen zahlreiche „Untersttttzungsleistungen", die der Hersteller einsetzen kann, um die lokale Wettbewerbsfahigkeit des Vertriebspartners zu erhohen. Zur Systematisierung der Kombination intemer Leistungen der Zentrale wird hier eine Analogic zum Leistungssystemansatz nach Belz et al. (1997, S. 29) herangezogen und anhand eines Schalenmodells dargestellt. Die umhtillenden Schalen heben die Bedeutung der begleitenden Leistungen in den Vordergrund, durch die eine Differenzierung beim Vertriebspartner moglich wird. Im Kern des Schalenmodells steht das industrielle Leistungsangebot, durch das die Probleme des Kunden gelost werden sollen. Diese „Kemleistung" ist unabdingbare Geschaftsgrundlage zwischen Kunde und Vertriebspartner und begriindet damit iiberhaupt erst die Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Die Gestaltung der Kemleistung bestimmt weitgehend iiber die FShigkeit des Vertriebspartners, Bediirfnisse des Kunden zu losen. Sie bestimmt deshalb in ebenso hohem Masse iiber die Zufriedenheit des Vertriebspartners mit dem Hersteller. Die Moglichkeiten und Chancen der Abstimmung zwischen Hersteller und Vertriebspartner im Prozess von der Idee iiber die Entwicklimg bis zur Einfiihnmg neuer Produkte wurde bereits in Absatz 6.3.4.2 (S. 184 ff.) diskutiert. Durch ein gemeinsames Vorgehen konnen uberlegene Kundenvorteile geschaffen werden, die Vertriebspartnem zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen verhelfen.
213
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Neben dieser Kemleistimg stehen dem Hersteller weitere Ansatzpimkte zur Verfugung, um die lokale WettbewerbsMigkeit des Vertriebspartners zu unterstutzen. Diese zielen auf die Unterstiitzung bei den lokalen Verkaufs- imd sonstigen Geschaftsprozessen ab. Herstellem erSffiien diese Leistungen insbesondere bei unabhangigen Vertretimgen eine MOglichkeit, sich gegeniiber anderen Herstellem im Portfolio zu differenzieren (Rosenbloom 1990, S. 54 f). Bezugspunkte der Untersttitzungsleistungen des Herstellers konnen vom konkreten Kundenprozess bis hin zu intemen Prozessen der lokalen Organisation reichen. Die Schalen des in Abbildung 6-15 (S. 213) dargestellten Leistungssystems sind in abnehmender Reihenfolge ihres Bezugs zu den Kundenprozessen angeordnet.
Lokale GeschSftsprozesse Lokale Verkaufsprozesse (Back-End) Lokale Verkaufsprozesse (Front-End)
Finanzieile ZuschUsse Informatlonsversorgung Infrastruktur Interne Services Verkaufsunterlagen
Kundenbezug
Kundenprozesse
z. 8. Produktprospekle z. B. Begleitung dutch Techniker z. a IT-Tools zur Auftragsabwicklung z. B. Rundschreiben zu Intemen Projekten z. B. Subventionienjng von lokalen Investltlonen
Abbildung 6-15: Schalenmodell eines Leistungssystems fiir Vertriebspartner (In Anlehnung an Belzetal. 1997,8.29)
Im Folgenden sollen kurz die einzelnen Schalen erlautert werden: • Verkaufsunterlagen: Durch professionelle Verkaufsunterlagen kann der Hersteller das Auftreten und die Kompetenz des Vertriebspartners beim Kunden unterstutzen. Gleichsam wird die Einhaltung eines untemehmensweiten Corporate Designs sichergestellt. Wichtige Verkaufsunterlagen, die den Vertriebspartner im Kundenkontakt unterstutzen konnen, sind vorgefertigte Verkaufsprasentationen for neue Produkte (s. Belz/Bussmann 2002, S. 281). Aber auch Argumentationshilfen, die Vorteile im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen, und Verkaufsvideos mit Anwendungsdemonstrationen gehoren zu den Verkaufsunterlagen, die Hersteller
214
Kapitel6
bereitstellen konnen. Um den Informationsbedarf des Kunden sowohl in Bezug auf technische Details zu stillen als auch aufzuzeigen, wie Kunden durch die Losung des Herstellers eigene Wettbewerbsvorteile erzielen k5nnen, konnen daruber hinaus umfangreiche Dokumentationen wie Handbilcher, Prospekte und DatenblStter eingesetzt werden. • Interne Services: Neben den Materialien ftir den Verkaufsprozess kann der Hersteller auch interne Dienstleistungen anbieten, bei denen er selbst aktiv wird. Gemeinsame Kundenbesuche mit Vertretem aus der Zentrale oder mit Anwendungstechnikem konnen sowohl in der BeratungsqualitSt fiir den Kunden, als auch in der diesem entgegengebrachten WertschStzung entscheidende Differenzierung gegenUber der Konkurrenz bringen. Aber auch von der Zentrale durchgeflihrte Marktforschungen, Schulungen oder Events fUr Kunden und Vertriebspartner erhohen die lokale Kompetenz und ftihren hSufig zu h5heren VerkSufen. • Infrastruktur: Anstatt immittelbaren Support filr den Verkauf beim Kunden (FrontEnd) zu geben, kSnnen Hersteller ebenso die Professionalitat der lokalen Infrastrukturen und Prozesse (Back-End) untersttitzen. Wichtige Stellhebel sind hierbei der Einsatz von IT-Systemen und Tools, so z. B. flir eine effiziente Auftragsabwicklung (s. Belz et al. 1996, S. 78; Belz/Bussmann 2002, S. 280). Vertriebspartner konnen durch die Professionalisierung ihrer lokalen Prozesse wiederum ihre Veriasslichkeit gegeniiber dem Kunden verbessem, so z. B. in der Einhaltung von Lieferterminen Oder der realistischen Einschatzung von Verfilgbarkeiten. Daruber hinaus kann der Hersteller Infrastruktur bereithalten, die lokale Marketingaktivitaten ermSglichen. So z. B. durch die zentrale oder regionale Anschafiung von Messematerialien und Messestanden, Demogeraten und Muster, die fUr einzelne Vertriebspartner nicht finanzierbar sind (s. Walti 1999, S. 208). • Informationsversorgung: Informationen bilden die Basis fiir eine lokale Strategiefindung und die Anpassung lokaler Prozesse. Auswertungen iiber die lokale Verkaufsleistung im Landervergleich bilden die Grundlage flir Selbsteinschatzungen und Zielsetzungen. Produkt-, wettbewerbs- und kundenbezogene Daten wiederum ermSglichen die Strategiebildung (Belz et al. 1996, S. 78). Im operativen Kontext sind allerdings auch Projekte, Personalia und andere Interna des Herstellers flir den Vertriebspartner von Bedeutung, um eigene Vertriebsprozesse anzupassen und die Entwicklungen in der Herstellerorganisation mitverfolgen zu k5nnen. Vielfach existieren aus diesem Grunde interne Newsletters, die alle Mitglieder der Vertriebsorganisation iiber Neuigkeiten auf dem aktuellen Stand halten oder Intranetanwen-
215
Vertriebsgestaltung des Herstellers
diingen, die einen direkten Austausch ermoglichen (s. Belz/Bussmann 2002, S. 281). • Finanzielle Zuschusse: Als wichtiger Ansatzpimkt der Unterstiitzimg der lokalen Geschaftsprozesse sind finanzielle Zuschusse zu nennen. Diese k6nnen in unterschiedlichen Formen gewahrt werden. Gerade beim Aufbau oder der Erweiterung der lokalen Prasenz werden haufig direkte Zuschusse in Form von Budgets gewahrt. In schwierigen Wettbewerbssituationen sind allerdings auch Zuschtisse zu Werbekosten, Messen, Nachlasse bei Transferpreisen oder Vereinfachung von Zahlungsbedingungen moglich, durch die die lokale Finanzkraft gestarkt wird (Rosenbloom 1990, S. 55). So z. B. auch durch Konsignationslager, die lokale Kapitalbindungskosten senken und die Liquiditat der Vertriebspartner erhohen. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass dem Hersteller damit eine Vielzahl von Ansatzpunkten zur Unterstatzung der Vertriebspartner zur Verfugung stehen. Abbildung 6-16 (S. 215) zeigt noch einmal die verschiedenen Ansatzpunkte im tJberblick.
''
1^
Verkaufe-^^ s^unterlagen^
/ " " ^ Interne ^ Vs.^Services^X
Verkaufeprdsentatjonen,
• Gemeinsame Kundenbesuche,
Argumentationshilfen,
• Technische VerkaufeunterstQtzung,
HandbQcher, Prospekte und Datenbiatter,
• Interne Marktforschung,
Verkaufevideos.
• Events fOr Kunden und Vertriebspartner, • Schulung und Weiterblldung.
• IT-Systeme, • IT-Tools, • DemogerSte, • Muster, • Messestand, Messematerialien, Exponate.
• Auswertungen zur Verkaufsleistung, • Produkt-, Wettbewerbs- und Kundendaten,
• Werbekostenzuschuss, • Subventionieaing von Bauvorhaben, • MessezuschQsse,
• Rundschreiben zu Neuprodukten,
• Nachldsse bei Transferpreisen,
• Newsletter zu Internes, Meilensteinen etc.
• Konsignationslager, • Rabattteilung.
Bezugspunkt
Organisation
Abbildung 6-16: AnsStze der Unterstutzung von Vertriebspartnem durch den Hersteller
6.3.7.2
Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung
Die Aus- und Weiterbildung von Vertriebspartnem in Bezug auf Produkte und Verkaufsprozesse des Herstellers bilden eine der wichtigsten Schnittstellen in der Beziehung von Zentrale und Vertriebspartnem. Tomczak (1997, S. 76) betont, dass Herstel-
Kapitel 6
216
ler schliesslich nicht nur von der Bereitschaft, sondem ebenso von der Fahigkeit der jeweiligen Vertriebspartner abhSngig sind. Schulungsdefiziten des Verkaufspersonals muss demnach eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden (Tomczak 1997, S. 77). Aufgrund ihrer grossen Bedeutung soil auf den Gestaltungsansatz der Weiterbildungsmoglichkeiten vertiefend eingegangen werden. Inhalte der Weiterbildungsmassnahmen des Herstellers beziehen sich auf die Kenntnisse und FShigkeiten, die der Vertriebspartner bei der Planung und Marktbearbeitung benotigt. Dazu gehOren insbesondere (s. Belz et al. 1996, S. 61 f.; Homburg/Krohmer 2003, S. 1052): • Kommerzielles und technisches Fachwissen, • interaktionsbezogene Fahigkeiten sowie • analytische und konzeptionelle FShigkeiten. Kommerzielles Fachwissen umfasst sfimtliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die Vertriebspartner zum Verkauf ihrer Produkte nutzen. Hierzu gehort vor allem das Wissen aber Kunden imd Wettbewerber sowie ilber Instrumente der operativen Marktbearbeitung (s. Tabelle 6-9, S. 217). Das kommerzielle Fachwissen kann sich damit tiber samtliche Ebenen von marktbezogenen Gegebenheiten bis hin zu intemen Prozessen und Vorgehensweisen beziehen. Im Mittelpunkt stehen die betriebswirtschaftlichen Aspekte des operativen Verkaufs, so z. B. Verkaufsargimiente fur die verschiedenen Kundensegmente imd Altemativen bei der Konditionengestaltung. Tabelle 6-9 (S. 217) zeigt Beispiele zu den verschiedenen inhahlichen Weiterbildungskategorien.
Inhalte der Weiterbildung Kommerzielles Fachwissen
Technisches Fachwissen
Beispiele •
Kenntnis der komparativen Konkurrenzvorteile (z. B. Fertigungsprozess 20 % beschleunigen, geringere Abrichtzeiten, Lebensdauer, Prazision), • Kenntnis von Preisen und Konditionen (z. B. Verrechnung von Einzelleistungen, Rabattpolitik, Finanzierungsangebote, Zusatzleistungen, Lieferfnsten), • Kenntnis der potenziellen Zielgnippe (z. B. Formenbau, Automobilindustrie, Werkzeugmaschinenindustrie, Elektronik-ZHalbleiterhersteller), • Kenntnis des Anspnichsniveaus der verschiedenen Zielgruppen (z. B. Zeit- und Qualitatsvorgaben), • Kenntnis der Zustandigkeiten und Ansprechpartner beim Hersteller (z. B. Preisverhandlungen, Reparaturen, Reklamationen). • Detailkenntnisse der Produkte im Sortiment (z. B. technische Werte, Funktionsweise), • Kenntnis der Produktionsverfahren beim Kunden (z. B. Fertigungstiefe und Lieferanten, Montage, Kapazitaten), • Kenntnis technischer Details und Nachteile von Konkurrenz- und Substituti-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
217
onsprodukten (z. B. von Billiganbietem aus Femost). Verhandlungskompetenz und Beziehung zum Buying-Center (z. B. den Sales
Interaktions
•
Fahigkeiten
partner, Kontaktpflege mit Entscheidungstragem), Flexibilitat im Umgang mit Kundenproblemen (z. B. Beriicksichtigung von Sonderwunschen, Vermittlerfunktion zum Hersteller). • Kenntnisse zur strategischen Positionierung und Marketingkonzept des Herstellers, • Kenntnisse zur Zielgruppen- und Wettbewerbsanalyse, • Erkennen von Markttrends und verandertem Kimdenverhalten. •
Analytische und konzeptionelle Fahigkeiten Tabelle 6-9:
Inhalte der Weiterbildung von Vertriebspartnem (In Anlehnung an Belzetal. 1996,8.61 f.)
Das technische Fachwissen der Vertriebspartner stellt eine wichtige Voraussetzung dafiir dar, dass Kunden kompetent beraten werden konnen und die Leistungen sinnvoll auf die Anwendungsbereiche des Kunden abgestimmt werden. Vertriebspartner mtissen dabei sowohl technische Anwendungsfelder des Kunden kennen und verstehen, als auch die technischen Spezifikationen und Einsatzbereiche des eigenen Leistungsspektrums beherrschen. Nur so wird es moglich, die Vorteile der eigenen LSsung fiir den Kunden hervorzuheben und nachhaltig unter Beweis zu stellen. Uber die technischen und kommerziellen Fahigkeiten hinaus, muss der Vertriebspartner auch im Bereich der „Interaktionsqualitat" professionell vorgehen. Kenntnisse zur systematischen Auswahl von Gesprachspartnem und -inhalten beim Kunden, zum Vorgehen bei Verhandlungen sowie Spielraume bei und Strategien fiir den Umgang mit Problemsituationen und Sonderwtinschen des Kunden, schaffen sowohl in der Zusammenarbeit zwischen Kunde und Vertriebspartner als auch in der Beziehung zum Hersteller eine hohere Professionalitat und verhindem Konflikte. Auch analytische und konzeptionelle Fahigkeiten des Vertriebspartners konnen durch Weiterbildungsmassnahmen unterstutzt werden. Hierzu gehoren betriebswirtschaftliche Kenntnisse, die fur die Planung der lokalen Marktbearbeitungsstrategie notwendig sind. Techniken der Zielgruppen- und Wettbewerbsanalysen und der daraus folgenden strategischen Positionierung und Verkaufsplanung gehoren zu den wichtigen analytischen und konzeptionellen Fahigkeiten, die insbesondere vom lokalen Vertriebsmanagement verlangt werden. Diese erlauben es, professionelle Marketingkonzepte zu erstellen, die als Basis fiir die ein- oder mehrjahrige Planung dienen. Hersteller miissen der Frage nachgehen, welche dieser vielfaltigen Kenntnisse tiberhaupt vermittelt werden konnen bzw. vermittelt werden sollen und dariiber hinaus, welche geeigneten Weiterbildungsmassnahmen fiir diese Vermittlung zur Verfugung stehen. Tabelle 6-10 (S. 218) zeigt verschiedene Formen der Weiterbildung imd die
Kapitel 6
218
dabei primar vermittelten Inhalte. Grundsatzlich unterschieden werden dabei einerseits autodidaktische Weiterbildungsformen, die das Selbststudium der Vertriebspartner unterstutzen, und andererseits persSnliche Weiterbildungsformen, die eine Wissensiiberaiittlung im personlichen Kontakt vomehmen. An autodidaktischen Weiterbildungsformen stehen Schulungshandbiicher, Videos und E-Leaming-Applikationen zur VerfUgung. Schulungshandbiicher konnen insbesondere zur produktbezogenen und anwendungstechnischen Ausbildimg verwendet werden. Das Nachschlagen technischer Details imd Dokumentationen wird damit erm5glicht. Allerdings muss auch der Aufwand betont werden, der mit der Erstellung didaktisch brauchbarer Schulungshandbiicher verbunden ist. Vertriebspartner betonen, dass sich Hersteller hSufig auf die Aneinanderreihung technischer Details beschranken, weshalb dieses Instrument zu Schulungszwecken hSufig ungeeignet ist. Zu Dokumentationszwecken ist es hingegen zu empfehlen. PrimSr vermittelte Inhalte
Weiterbildimgsforai
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III
Beispiele
f\
Fachseminar zur Erstellung von Kundenstrategien ^ Training zur Anwendung von Trainings Verkaufstechniken Lehrgang zur Anwendung neuer Lehrgange SoftwarelQsungen Aussendiensttagung zum Austausch Tagungen von Markttrends Coaching von Coaching Vertriebsleitem Lemen durch Begleitung eines erfahrenen VertriebspartBeobachtung ners durch eine Nachwuchskraft SchulungsSchulungshandbiicher zur handbiicher Anwendungstechnik Videos zu Techniken Videos der GesprSchsfiihrung CD-Roms und Intranetanwendungen E-Leaming zur produktbezogenen Schulung O = trifft nicht zuj^#j= triffl zu; C = triffl teilweise zu Tabelle 6-10: Inhahe und Anwendungen von Formen der Weiterbildung ftir Vertriebspartner (In Anlehnung an Homburg/Krohmer 2003, S. 1053) Seminare
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Videoaufiiahmen, die kommentiert oder unkommentiert das Vorgehen bei Kundengesprachen beschreiben, sind von hohem didaktischen Wert. Die Erstellung solcher Vi-
Vertriebsgestaltimg des Herstellers
219
deos ist mit geringerem Aufwand verbunden, da nicht samtliche verhaltensbezogenen Aspekte expliziert werden miissen. Nachteile liegen darin, dass Videos hSufig auf fiktionalen Kundengesprachen basieren, die wesentliche Details oder Herausfordenmgen der verschiedenen Markte unberiicksichtigt lassen. Videoaufiiahmen kdnnen deshalb eher als erganzendes Instrument eingesetzt werden, das sowohl interaktionsbezogene als auch fachliche Kenntnisse untersttitzt. Uber die Bedeutung und das Potenzial des E-Leamings gehen die Meinungen auseinander. Zwar erm5glicht diese autodidaktische Weiterbildimgsform, verschiedene Medien wie Videotibertragung, Hor- und Schriftbeitrage miteinander zu verbinden. Trotzdem sehen Homburg/Krohmer (2003, S. 1053) den Anwendungsbereich des E-Leamings vor allem bei den fachlichen Kenntnissen. Die personlichen Weiterbildungsformen nehmen bei Herstellem Mufig einen hoheren Stellenwert ein als autodidaktische. Seminare, Trainings und LehrgSnge sind sicherlich die am meisten verbreiteten Instrumente zur Weiterbildung von Mitgliedem der Vertriebsorganisation. Dabei unterscheiden sich Seminare, Trainings und LehrgSnge vor allem bei den Schwerpunkten der vermittelten Kenntnisse. Wahrend Schulungen meist technisches und betriebswirtschaftliches Fachwissen sowie konzeptionelle Fahigkeiten vermitteln, legen Trainings den Schwerpunkt auf die Anwendung. Lehrgange verbinden beide Ansatze und bilden damit den breitesten Ansatz der Weiterbildung. AUe drei Ansatze besitzen ahnliche Vor- und Nachteile. Sie ermoglichen es, durch die physische Prasenz der Teilnehmer den Wissensstand in der Vertriebsorganisation in der Interaktion zu erleben und geben dem Hersteller damit Implikationen fur die interne Kommunikation und die aktuellen Fahigkeiten, mit denen er bei der Marktbearbeitung rechnen kann. Neben den primaren Weiterbildungszielen der Seminare, Trainings und Lehrgange ergeben sich Vorteile durch den personlichen Kontakt und Austausch der Teilnehmer untereinander und mit dem Hersteller. Dies ist auch bei Tagungen, Coaching und Begleitungen der Fall (s. „Patenschaftskonzept", Fallbeispiel 6-10, S. 210), und nicht selten deren primare Zielsetzung. AUerdings muss auch betont werden, dass Schulungsangebote der Hersteller haufig unter mangelnder Teilnahme durch die Vertriebspartner leiden. Griinde sind meist eine mangelhafte Qualitat der Schulungen und eine fehlende Differenzierung des Schulungsangebotes: • Mangelhafte Qualitat: In manchen Fallen ist die Qualitat der Schulungen unzureichend. Wenn die Konzeption imd Durchftihrung der Schulungen an Hilfskrafte delegiert werden, die keine oder nur wenig Vertriebserfahrung besitzen, kann das Potenzial der Schulungen nicht ausgenutzt werden. Mangelhafte organisatorische Vor-
220
Kapitel 6
bereitung, die sich in VerspStungen, Wartezeiten oder technischen Problemen am Schulungstag aussert, wird von Vertriebspartnem stark bemangelt, da diese hSufig erhebliche zeitliche und finanzielle Ressourcen aufwenden miissen, um an zentralen Schulimgsterminen teilnehmen zu k5nnen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die ProfessionalitSt in der Vorbereitung muss deshalb unter alien Umstanden diirch Vertriebsverantwortliche in der Zentrale sichergestellt werden. • Fehlende Differenzierung: HSufig werden Schulungen nicht ftir verschiedene Vertriebspartner differenziert. Heute ist es vielfach der Fall, dass Schulungen ausschliesslich auf AnfMngemiveau stattfinden, wodurch erfahrene Vertriebspartner abgeschreckt werden. Manche Hersteller setzen deshalb Wissenstests ein, um das Kenntnisniveau von Vertriebspartnem zu bestinmien und imterschiedliche Seminarlevels anbieten zu k5nnen. Auch findet hSufig keine regionale Differenzierung statt, die durch inhaltliche Abstimmung auf die Region vor allem bei kommerziellen Seminaren erhebliche Vorteile bieten kdnnen. Dariiber hinaus wird durch ein weltweit standardisiertes Angebot in englischer Sprache hSufig eine weitere Barriere geschaffen, die insbesondere lateinamerikanische Vertriebspartner von einer Teilnahme femhait (Befragung Leica I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Eine geringe Teilnahme an den angebotenen Seminaren fUhrt indessen bei Herstellem nicht dazu, dass diese auf den Priifstand gestellt, verbessert und damit attraktiver werden. Vielmehr werten viele Hersteller eine fehlende Teilnahme als mangelhaftes Interesse und reduzieren das eigene Engagement, was nicht selten auch zu einer Reduktion im Schulungsangebot ftihrt. Auch die wirtschaftlich angespannte Lage in europaischen Landem hat dazu gefiihrt, dass bei Schulungen erhebliche Kiirzungen vorgenommen wurden (Mansfeld 2004, S. 66). Hierdurch konterkariert der Hersteller allerdings seine eigenen Interessen, die in einem besseren Ausbildungsniveau seiner Vertriebsorganisation liegen. Um das Ausbildungsniveau und die Motivation der Vertriebspartner zu erhohen, miissen deshalb massive Anstrengungen zur Verbesserung von Schulungen untemommen imd dem Abbau von intemen Weiterbildimgsangeboten Einhalt geboten werden. Ebenso miissen Konzepte ausgearbeitet werden, die vor allem auch fur Mitarbeiter unabhangiger Vertretungen Anreize bieten, Schulungen des Herstellers zu besuchen und ihren Kenntnisstand zu verbessem. HSufig werden Vertretungen nur unzureichend eingebunden, woraus unterschiedliche Ausbildimgsstande zwischen Tochtergesellschaften und Vertretungen resultieren. Hier liegen Potenziale filr die Verkaufsqualitat und damit fur die Verkaufsergebnisse in vielen intemationalen Markten. Fallbeispiel 6-11 (S. 222) zeigt den Aufwand, der bei Siemens fur technisches und
Vertriebsgestaltung des Herstellers
221
betriebswirtschaftliches Training bei der intemationalen Neuprodukteinfuhrung betrieben wird. Technisches und betriebswirtschaftliches Training vor der MarkteinfiUhrung Siemens Building Technologies AG, Zurich, Schweiz Der Siemens Bereich "Building Technologies" (SBT) mit Stammsitz in Zug wurde am 1. Oktober, 1998 durch Integration des Industrieteils der fruheren Elektrowatt-Gruppe, Zurich, in die Gebaudetechnikaktivitaten der Siemens AG, Miinchen, gegriindet. Die Fachkompetenz der ehemaligen Cerberus, Landis & Staefa und Siemens wurde in einer einzigen Organisation zusammengefasst. Zusammen mit den Bereichen „Automation and Drives", „Industrial Solutions and Services" und „Logistics and Assembly Systems" reprasentiert Building Technologies das Arbeitsgebiet „Automation and Control". Building Technologies ist in alien Disziplinen der Gebaudetechnik zuhause - von der Heizungs-, Ltiftungs- und Khmaregelung bis hin zur Brandmeldung, Lfischung, Evakuierung, Zutrittskontrolle, Videouberwachung und Alarmanlage. Insgesamt erzielten die 28'159 Mitarbeiter der Building Technologies im Jahr 2004 weltweit einen Umsatz von EUR 4.247 Mrd., von dem etwa 65 Prozent auf Europa entfallen. Building Technologies unterhalt in 42 Landem der Weh mehr als 500 Niederlassungen und fertigt in acht Produktionsstatten in Europa, USA und Asien. Zur Vorbereitung auf Neuprodukteinfuhrungen werden bei Siemens Building Technologies umfangreiche produktbezogene Schulungsmassnahmen durchgefiihrt, die als wichtige Voraussetzung ftir den Erfolg gesehen werden. Die Abbildung zeigt den Zeitplan der MarkteinfUhrung fur das Desigo Gebaudeautomationssystem. Durch Schulungen und Trainings wurde die Grundlage fur eine hohe Akzeptanz und fundiertes produktbezogenes Wissen in der Vertriebsorganisation gelegt. Vor der Erprobung und Markteinftihrung wurden Mitarbeiter in der SBT-Zentrale in Zug, Schweiz, und in den Landem auf ihre Aufgaben vorbereitet und damit ein reibungsloser Wissenstransfer sichergestellt. Inhalte waren dabei sowohl technischer als auch betriebswirtschaftlicher Natur. Die Schulungsmassnahmen wurden von tiber 600 Verkaufsberatem und 400 Techniker aus 24 Landem als Vorbereitung auf die bevorstehende Markteinftihrung besucht. Insgesamt investierte Siemens Building Technologies damit ftir das Produkt Desigo iiber 5'000 Trainingstage ftir Engineering und 1*500 Trainingstage ftir Verkaufsschulungen. Zeitplan fOr die Marlcteinftilirung des Desigo Gebaudeautomationssystems
Schulungsphase
}.
• Vorbereitung auf EinfOhrung und Wissenstransfer, • DurchfQhrung in Zentrale und in LSndem, • Teilnehmer aus 24 Landem, • 600 Vertriebsmitart)eiter und 400 Techniker, • 5*000 Trainingstage fOr technische Schulungen (.Engineering"), • 1'500 Trainingstage fOr betriebswirtschaftiiche Verkaufsschulung.
SIEMENS
MarkteinfUhrung
Erprobungsphase • 20 Feldtestprojekte, • Sechs Ldnder,
EinfUhrungsphase
• Sechs Monate, • Feedback von Fachieuten der Zentrale, • Ergebnis: Freigabeversion.
• Start: Offizielle Verkaufsfreigabe, • Alle europdischen Lender, • Diverse MarkteinfOhrungs- und ProjektaktivitSten, • Auch: Berichte in Fachpresse.
222
Kapitel 6
Die darauf folgende MarkteinfUhnmg verlief in zwei aufeinander abgestimmten Zeitphasen. In einer ersten Phase wurden mit sechs Ldndem ca. 20 Feldtestprojekte abgewickelt. In dieser sechsmonatigen Erprobungsphase wurden die Projekte intensiv von Fachleuten aus der Zentrale begleitet und das Feedback in die endgtiltige Freigabeversion eingearbeitet. Ebenso gaben der Einsatz in zahlreichen Bauten Aufschluss tiber die Bewlihrung des Systems beim Kunden. Die zweite Phase begann im Dezember 2003 mit der offiziellen Verkaufsfreigabe in alien europSischen Landem. Mitte 2004 liefen in nahezu ganz Europa diverse MarkteinfUhnmgs- und Projektaktivitaten, die EinfUhrung wurde bereits zu diesem Zeitpunkt als erfolgreich bewertet. Das Untemehmen fuhrt den Erfolg des Projekte wesentlich auf die gewissenhafte Marketingplanung und Verkaufsvorbereitung zuriick. Fallbeispiel 6-11: Trainingsaufwand bei der Siemens Building Technologies AG (Wigger 2004; Siemens 2005)
6.3.7.3
Interne Vereinbaningen, Verrechnungspreise und Garantien
Ungeniigende telefonische Erreichbarkeit, mangelnder technischer Support, fehlende Informationen oder verspatete Lieferungen sind Beispiele fiir die oftmals von Vertriebspartnem bem^ngelten Defizite in der Untersttttzung durch die Zentrale. Fehlende Steuenmgsmechanismen ftihren dazu, dass die QualitSt der Untersttttzung in hohem Masse von der Qualifikation und der intrinsischen Motivation der Mitarbeiter der Zentrale abhangen. An dieser Stelle muss wiederholt zwischen den Koordinationsaufgaben und den Untersttttzungsaufgaben der Zentrale differenziert werden (s. Absatz 6.3.2.3, S. 172 ff.). Wahrend Koordinationsaufgaben vor allem die Abstimmung verschiedener Unternehmensbereiche und LSnderaktivitaten betreffen, entlasten Untersttttzungsaufgaben die einzelnen Vertriebspartner durch eine zentrale Leistungserstellung (Reckenfelderbaumer 2001, S. 254). Hierdurch konnen einerseits Synergieeffekte genutzt werden, andererseits erreicht man in vielen Fallen eine qualitativ hfiherwertige Leistung als bei dezentraler Erbringung, da Zentralbereiche in verschiedenen Bereichen auf uberlegenes Know-How zurttckgreifen kSnnen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 254). Zu diesem Know-how gehQren etwa technische Kenntnisse, iSnderttbergreifende Kundenund Wettbewerbsaktivitaten sowie Marktforschungserfahrung. Hierin liegt der Grund, warum Schulungen, Marktforschimg oder Rechts- und IT-Beratung haufig durch die Zentrale realisiert werden. Verschiedene Autoren empfehlen, sSmtliche zentrale Untersttttzungsleistungen in so genannten intemen „Service-Centers" zu organisieren (Reckenfelderbaumer 2001, S. 263; Hungenberg 1992, S. 352; s. Absatz 6.3.2.3, S. 172 ff). Diese stellen innerbetriebliche Aquivalente zu den auf extemen Markten agierenden „Profit-Centers" dar und erzielen durch ihre marktahnlichen Gestaltungsspielraume nachdrucklich wettbewerbskonforme und (interne) kundenorientierte Verhaltensweisen (Malone 2004, S.
Vertriebsgestaltung des Herstellers
223
29 ff.; Reckenfelderbaumer 2001, S. 263). Damit gehen sie iiber die heute noch weit verbreiteten Cost-Center deutlich hinaus, deren Zustandigkeit entsprechend auf nicht marktf^hige Koordinationsaufgaben beschrankt werden sollte (Reckenfelderbaumer 2001, S. 263; Hungenberg 1992, S. 352). Um die Qualitat der durch die Zentrale gewahrten Unterstiitzung zu verbessem, stehen verschiedene GestaltungsansStze zur Verfiigung. Eine zunehmende Relevanz besitzen „Service Level Agreements" in Verbindung mit Transferpreisen imd „Inteme Garantien". Service-Level Agreements in Verbindung mit Transferpreisen Service Level Agreements (SLA) defmieren die Art und den Umfang der intemen Leistungen, die zentrale Anbieter fur Vertriebspartner erbringen. Gleichzeitig verpflichten sich die zentralen Service-Center, den Service in einer festgelegten Qualitat zu leisten (z. B. garantierte Verfugbarkeiten, Response Times, maximale Fehlerraten usw.) und legen Verfahren zum LeistungscontroUing fest. Durch die Einfuhrung von Service Level Agreements wird damit die tatsachliche Leistung der Zentrale transparenter. Auch tragen SLA dazu bei, die Kommunikation zwischen Herstellem und Vertriebspartnem zu optimieren und letztere bei der Definition ihrer Anforderungen mit in die Pflicht zu nehmen. Kombiniert werden konnen Service-Level-Agreements mit Transferpreisen, die fur imtemehmensinteme Lieferungen und Leistungen festgelegt werden (Kutschker/Schmid 2002, S. 1016). Wahrend unmittelbar marktfahige Leistungen wie Produkte und Logistikdienstleistungen bereits seit langem durch inteme Verrechnungspreise Berticksichtigung finden, werden in der Praxis auch zunehmend intangible Unterstutzungsleistungen mit Preisen versehen. Inteme Preise besitzen verschiedene Funktionen: Sie bemessen den Wert der Leistung, verlagem damit den Gewinn und tragen zur Selbstkoordination des Unternehmens bei (Kutschker/Schmid 2002, S. 1019 ff), da inteme Anbieter und Nachfi-ager nur dann die Leistungen austauschen werden, wenn die Konditionen auf beiden Seiten vorteilhafl erscheinen. Dies bedeutet, dass Unterstutzungsleistungen von Vertriebspartnem nur in soweit beanspmcht werden, dass unter der Voraussetzung des intemen Preises positive Ergebnisbeitrage generiert werden konnen. Andererseits berucksichtigt der Preis die Kosten auf der Anbieterseite und verhindert damit, dass wertvolle inteme Kapazitaten von Vertriebspartnem fiir sinnlose Aktionen verschwendet werden (Malone 2004, S. 28).
224
Kapitel 6
Selbstverstandlich ist die Situation im Untemehmen nicht mit einer marktlichen Situation gleichzusetzen. Gerade in kleineren und mittelstSndischen Untemehmen besitzen Anbieter in der Zentrale hSufig eine Monopolstellung, die eine freie Verhandlung der intemen Preise verhindert. In grossen Untemehmen ist hingegen zu bedenken, dass hohe Gemeinkostenumlagen die Hohe von auf Kostenbasis kalkulierten Preisen in die Hohe treiben konnen. Aus diesem Gmnd schlagen {Hungenberg #32} ({, 1992 #32}, S. 353) und Kutschker/Schmid (2002, S. 1017 ff.) verschiedene altemative marktpreisund kostenorientierte Verfahren vor, um die optimale Hohe der Transferpreise zu ermitteln und festzulegen. Bei den Transferpreisen ftir inteme Services sind neben der Hohe zudem verschiedene Preismodelle denkbar. Neben einer vollstandig von der Inanspmchnahme abhSngigen Verrechnung (Abbildxmg 6-17, S. 224; „Konditionen A") ist z. B. denkbar, Vertriebspartnem je nach Gr5sse bestimmte Kontingente „gutzuschreiben", so dass erst nach deren Verzehr zusatzliche Kosten ftir die Vertriebspartner anfallen.
hoch
Konditionen A Prais Ixniir. Kosten ^
^
^
^
^
^
^
Konditionen B
^
niedrig ^ ^ ^ •contingent
^
niedrig
Abbildimg 6-17:
hoch Ljeistungsumteng
Verrechnungsmodelle flir inteme Dienstleistungen
Als Nachteil der SLAs in Verbindung mit dienstleistungsbezogenen Verrechnungspreisen ist sicher der inteme Rustaufwand und die Koordination dessen zu nennen. NUT wenn die intemen Vereinbamngen prSzise ausgearbeitet sind und Verstosse gegen die vereinbarten Service-Level messbar und sanktionierbar gemacht werden, stellt sich der gewiinschte Koordinationseffekt ein. Auch die systematische Erfassung und Verrechnung von intemen Dienstleistungen benStigt einen nicht zu unterschatzenden Ressourcenaufwand. Diesen erheblichen Riistkosten stehen jedoch Synergieeffekte entge-
225
Vertriebsgestaltung des Herstellers
gen, da die Leistungserstellung zentralisiert werden kann. Auch ist eine hohere Qualitat in der Leistungserstellung zu erwarten, da sich die zentralen Einheiten dementsprechend spezialisieren konnen. Das folgende Beispiel der Zement AG (Name aus Vetraulichkeitsgriinden geandert) zeigt, wie es dem intemationalen Untemehmen gelungen ist, durch die Einfuhrung von SLAs die zentrale Durchfuhrung intemer Dienstleistungen durch Service-Centers zu etablieren und transparent zu gestalten. Service-Level Agreements bei der Zement AG Zement AG, Schweiz Die Zement Gruppe ist ein weltweit fiihrender Anbieter von Zement, Kies, Sand und Transportbeton. Das Untemehmen mit Sitz in der Schweiz besitzt heute eine starke Marktprasenz in uber 50 Landem auf alien Kontinenten und beschaftigt mehr als 37*000 Mitarbeiter. Der „Global Player" erzielte im Jahr 2004 einen Umsatz von CHF 9 Mrd., davon mehr als 57 Prozent ausserhalb Europas. Seit langem legt die Zement Gruppe einen Hauptakzent auf kontinuierliche Kostensenkungen. In den vergangenen Jahren wxirden bei der Zement AG samtliche zentralen und dezentralen Prozesse, insbesondere im Bereich der Administration und IT kritisch auf ihren optimalen Erbringungsort hin untersucht. Insbesondere Back-End-Prozesse, die aus Kundensicht nicht notwendig dezentral erstellt werden mtissen, wurden in den Durchfuhrungsbereich regionaler „Shared-Service Center" verlegt, wozu die ,^ement Support Ltd." gegrundet wurde. Durch die Errichtung regionaler „IT-Service Centers" zeigten sich substantielle Einsparungspotentiale. Dies bedeutete aber ein partielles Verlassen der klassischen Aufbauorganisation des Konzems, bei dem die Konzemleitung nach geografischen Gesichtspunkten ftihrte, die unterstiitzenden Konzemstabe in einer eigenen AG gebtindelt waren und die Landergesellschaften bisher eigenverantwortlich alle notwendigen Untemehmensfunktionen fuhren durften. Der Beschluss, sechs regionale Service-Centers aufzubauen brachte mit sich, dass die Landergesellschaften ihre eigenen Kompetenzen im Bereich der Back-OfRce Prozesse weitestgehend an diese regionalen Service-Centers abzutreten hatten. Dieser Prozess ist heute bei fiinf davon abgeschlossen, beim sechsten noch im Gange. ServiceCenter RegtonC
^^^
ServiceCenter Regions
.m
Zement Group Support Ltd.
North & Latin America
^8^ Zement AG
Untemehmensleitung
Central Europe
East Europe
Asia and Mittle East
Philippines, Australia, New Zealand
Africa
Zustflndigkeitobereiche im Management efnes Service Centers Land1
Land 2 4
Lands 4
• Service Analyse und Sen/ice Portfolio, • Service Organisation, • Service Level Definitionen, • Service Continuity l\^assnahmen, • Service Policy und Prozesse (z.B. Change Management), « Service Management Tools Architel(tur.
226
Kapitel 6
Zu den Aufgaben der Service-Center gehfiren heute die Unterstutzung, die Beratung und die Bereitstellung von Management-Tools in den Bereichen Personalentwicklung, Informationstechnologie, Produktentwicklung, Konstruktion, Marktforschung, Marketing und Logistik. Dazu erbringen sie ftir die Niederlassungen der Region weitgehend alle administrativen Prozesse, die keine lokale DurchfUhrung erfordem wie z. B. die Rechnungserstellung und Buchhaltung, logistische Abwicklung, Pflege und Bedienung von Datenbanken wie Warenwirtschaftssystemen, Aufbereitung von Managementinformationen und der Einsatz von CRM-Systemen. Die Schritte zur Umsetzung der Zentralisiening, auch wenn sie ,^ur" an regionale Service-Centers und nicht an die Konzemzentrale erfolgte, mussten laut Sandy Keys, Head Service & Information Center, „gut geplant und klar strukturiert werden, denn jedes Abtreten von Fuhrungskompetenzen kann zu Bedenkenfiihren".So bedeutete die Regionalisierung der Backoffice-Prozesse fiir die Landerverantwortlichen einen Verlust an direkter Einflussnahme, eine ErhOhung des Koordinationsaufwandes sowie die Mitbestimmung anstatt des bisherigen AUeinentscheides. Gleichzeitig entstand eine zusatzliche Transparenz, da die Zusammenarbeit nun eine noch starkere Integration zentraler und dezentraler Prozesse verlangte. Beides fuhrte ebenso, zumindest aus der Sicht der dezentralen Einheiten, zu einem Verlust von lokaler Flexibilitat. Denn in der veranderten Konstellation haben Niederlassungsleiter keinen disziplinarischen Einfluss mehr auf die Sicherstellimg der Qualitat und der Rechtzeitigkeit von Services, die seither zentral erbracht werden. So z. B. auf die rechtzeitige Erstellung von Rechnungen oder auf die Benicksichtigung von „Change Requests" des Kunden. Aus diesem Grunde war es im Rahmen des Change Managements wesentlich, die Benefits auch fUr die Landerverantwortlichen sichtbar zu machen, diese bei der Durchfuhrung zu messen, die neue Kompetenzverteilung klar darzustellen sowie mit Service-Level Agreements zu arbeiten. Die „Service-Level Agreements" stellen bei der Zement AG einen intemen, aber dennoch einklagbaren Vertrag iiber die zu erfuUenden Pflichten der verschiedenen Parteien dar. Aus Sicht von Keys stellen Service Level Agreements ein ideales Mittel dar, um so genannte "Back-end" Prozesse an Dritte, in diesem Falle an die eigenstdndigen Service-Centers, zu delegieren. Der Niederlassimgsleiter kauft damit zu intemen Verrechnungspreisen die vom Shared-Service Center angebotenen Dienstleistungen ein und kann berechtigt gegen einen Verstoss von Termin- oder QualitStsvereinbarungen vorgehen. Die Vereinbarungen konnen sich auf vielfHltige Leistungen beziehen. So z. B. neben den oben genannten Prozessen auch auf die Obemahme lokaler Lagerverwaltung und die Sicherstellung bestimmter Vorrate in den lokalen Zementsilos. Die SLAs regehi Konditionalstrafen und sichem damit die ErfuUung lokaler Interessen. Sandy Keys betont, dass sich eine eingehende Diskussion von SLAs besonders in einem fnihen Stadium des Change-Prozesses lohnt und dass SLAs sSmtliche grundsStzlichen Leistungsbeziehimgen regehi sollen, nicht aber Einzelheiten. Denn ansonsten entstiinden schnell unhandliche Dokumente, die fur den Leistungserbringer erstickend wirken und im entscheidenden Konfliktfall doch Liicken aufweisen. SLAs sollten sich auf diejenigen Elemente konzentrieren, die ftir das Geschaft des Leistungsempfangers wesentlich sind (bspw. die maximale Wartezeit zum Druck eines Lieferscheins, weil hier Kunden des Leistungserbringers betroffen sind) und sollten nach Keys das weglassen, was interne Fragestellungen des Leistungserbringers betrifft (bspw. die Zahl der Arbeitsplatze in einem Hotline Buro). Heute kann man festhalten, dass die Erfahrungen der Zement Gruppe mit Service-Level Agreements positiv sind. Gegenwartig wird in einer Region ein Service Center aufgebaut, das eine Reihe weitergehendes Aktivitaten aus dem Bereich Finanzen und Administration ftir die ganze Region ubemehmen wird. Hierftir sind in einem n^chsten Schritt messbare Leistungskriterien zu bestimmen, die die Grundlage ftir die Entwicklung eines SLAs bilden. Fallbeispiel 6-12: Service-Level Agreements bei der Zement AG
Vertriebsgestaltung des Herstellers
227
Garantienfur die interne Leistungsqualitdt Eine Alternative zur Sicherstellung der intemen Leistungsqualitat, die der „Intemen Garantien", zeigt Hart (1995, S. 64 ff.) auf. Er setzt dabei nicht wie das Konzept der Verrechnungspreise bei dem Entgelt ftir die Erbringung der Leistung an, sondem verlangt eine Bestrafung fiir die Nicht-ErfUllung bzw. die ungenugende Erfullung einer Leistung. Interne Garantien sind Versprechen, die von den fUr die Leistimgserbringung Verantwortlichen gemacht werden. Im intemationalen Vertrieb betrifft dies die Mitarbeiter der zentralen Vertriebsorganisation, die ein bestimmtes Leistimgsniveau fur UnterstUtzungsleistungen festlegen und bei Verstoss eine interne Entschadigung zahlen. Die Entschadigung hat dabei zweierlei Zwecke: Zum einen werden Verluste und Unzufriedenheit auf der Seite der Vertriebspartner zumindest symbolisch kompensiert. Zum anderen wird den Zentralverantwortlichen hierdurch der Anreiz gegeben, ihre Leistungsversprechen einzuhalten (Hart 1995, S. 65). Um interne Garantien in der Vertriebsorganisation einzusetzen, sind vier Schritte zu bewaltigen (Hart 1995, S. 66): • Schritt 1: Die Zentrale muss ihre eigenen Aufgaben und ihre Mission klar erkennen und festlegen, • Schritt 2: Vertriebspartner als interne Kunden miissen erkannt werden, ggf sind verschiedene Mitarbeitergruppen auf Vertriebspartnerebene zu unterscheiden (z. B. Fiihrungsverantwortliche, Verkaufspersonal, Innendienst), • Schritt 3: Die imterschiedlichen Praferenzen der Vertriebspartner miissen erkannt werden, • Schritt 4: Es miissen interne Garantien gestaltet werden, die an diesen dezentralen Bediirfnissen ansetzen und Sanktionsmechanismen flir den Fall eines Verstosses vorsehen. Der grOsste Vorteil der Ahemative „Intemer Garantien" ist gleichzeitig ihr grosster Nachteil: Interne Garantieversprechen zu tatigen und bei Nichteinhaltung dieser zu sanktionieren, liegt im Einflussbereich der zentralen Verantwortlichen und ist ohne Restrukturierung und grosseren Ressourcenaufwand realisierbar. Der Ansatz eignet sich deshalb insbesondere auch fiir kleinere Untemehmen, die keine Ressourcen besitzen, um ein umfassendes internes Berichtswesen zur Erfassung der Leistungsqualitat und der Transferpreise zu fiihren. Selbst einzelne Abteilungen konnen interne Garantien auf eigene Initiative hin ins Leben rufen (Hart 1995, S. 66). Leider bringt diese
228
Kapitel 6
Starke Flexibilitat auch den Nachteil mit sich, dass interne Garantien, wenn deren Einhaltung nicht nachhaltig tiberprttft wird und wenn sie nicht auf Direktive des TopManagements hin eingefiihrt werden, leicht der Erosion des Tagesgeschafts unterliegen und mit der Zeit aufweichen. Es liegt in diesem Falle haufig bei der Konsequenz und Nachhaltigkeit des Vertriebsmanagements, ob interne Garantien langfristig aufrecht gehalten werden kQnnen oder nicht. Hart (1995, S. 66) schlagt deshalb vor, das Konzept durch das Top-Management im Untemehmen zu verankem und damit langfristig zu etablieren. Ansatzpunkte um interne Garantien zu professionalisieren, k5nnen dabei in der eigenen Abgabe von Garantien durch das Top-Management liegen, in der Erstellung von RichtUnien, der Einfuhrung von Systemen, welche die Einhaltung der Garantieversprechen erfassen, in zusatzlichen Budgets ftir Technologic und Personal sowie in der Einflussnahme bei der Auswahl von Aktivitaten zur Erhohung der intemen Dienstleistungsqualitat (Hart 1995, S. 66). Interne Garantien k5nnen somit in vielfaltiger Weise und mit unterschiedlich starkem Engagement eingesetzt werden, was Herstellem insbesondere die Moglichkeit zu „Pilotprojekten" gibt, ohne grossere Investitionen tatigen zu miissen. Interne Garantien stellen damit insbesondere ftir kleinere Untemehmen und ressourcenbeschrankte Abteilimgen cine attraktive Alternative dar, um die Qualitat der intemen Leistungen der Zentrale systematisch zu verbessem.
6.3.7.4
Zentrale Professionalitat und Ressourcenausstattung
Nach Belz/Reinhold (1999a, S. 178) stehen die Fahigkeiten der Zentrale im Mittelpunkt des Vertriebsmanagements. Denn diese bestimmen massgeblich dariiber, wie erfolgreich im Markt vorgegangen werden kann (Belz/Reinhold 1999a, S. 178). Nur wenn es gelingt, die professionelle Koordination der intemationalen Aktivitaten mit einer treffenden Unterstiitzung der Vertriebsorganisation zu verbinden, erreicht diese ihre hochste Effektivitat. In der Praxis wird der Professionalitat der Zentrale haufig nur wenig Aufinerksamkeit geschenkt, obwohl von dieser die Betreuung der Vertriebspartner und damit in hohem Masse auch die Vertriebsergebnisse abhangen. Stattdessen konzentrieren sich Mitarbeiter des Herstellers oftmals auf die Professionalisierung und Mobilisierung der Vertriebspartner (Walti 1999, S. 167 ff), schreiben diesen die Griinde fur unzufriedenstellende Marktergebnisse zu und ubersehen leicht die Schwachen der eigenen Ftihrung und Unterstiitzung. Viele Ftihrnngskrafte im Stammhaus unterschatzen zudem, welche
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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enorme Bedeutung kulturellen Aspekten und personlichen Beziehungen im intemationalen GescMft zukommt (Belz et al. 1996, S. 29), da sie sich im Heimmarkt selbstverstandlich und oft unbewusst darauf abstutzen (Belz/Reinhold 1999a, S. 186). Auch iiberschatzen Mitarbeiter der Zentrale haufig ihre eigenen Kenntnisse (Hungenberg 1992, S. 342). Es scheint daher ratsam, den Blickwinkel zu andem und auch die Fahigkeiten der zentralen Einheiten auf den Priifstand zu stellen, um eine wirkungsvoUe Koordination und Unterstutzung der Vertriebsorganisation sicherzustellen. Dazu mtissen Soil- und IstProfile der erforderlichen zentralen Kompetenzen entwickelt werden (Belz/Reinhold 1999a, S. 183). Als Prtifstein fur die Kompetenzen der Zentrale kann die Beurteilung durch die Vertriebspartner herangezogen werden. Ein Zeitvergleich gibt Aufschluss uber den Erfolg von eingeleiteten Verbesserungen. Belz/Reinhold (1999a, S. 181 ff.) formulieren acht Kompetenzdimensionen, iiber die die Zentrale flir ein professionelles Vorgehen verfUgen muss. Dazu gehoren interne und exteme Kommunikationskompetenz, Leistungs- und Beziehungskompetenz, Fiihrungskompetenz sowie operative, kommerzielle und strategische Kompetenz, die als Anforderungen an die Zentrale gestellt und kontinuierlich weiterentwickeh werden milssen. Die Vielfalt der benOtigten Kompetenzen und die zu deren Entwicklung bestehenden Gestaltungsansatze lassen bereits den Umfang und die Komplexitat der zentralen Koordinations- und Unterstiitzungsaufgabe erahnen. Selbst wenn die Zentrale sich iiber die optimale Schwerpunktsetzung beim Weiterentwickeln ihrer Fahigkeiten bewusst ist, scheitem viele dieser Vorhaben an ungentigenden Ressourcen des Stammhauses (Belz/Reinhold 1999a, S. 209). Belz/Reinhold (1999b, S. 29) geben an, dass es in der Investitionsgtiterbranche nicht aussergewohnlich sei, dass 2 bis 3 Mitarbeiter in der Zentrale 40 bis 60 Agenten oder Niederlassungen in unterschiedlichen Markten betreuen. Dafur sprechen auch die Ergebnisse der vom Autor durchgefiihrten Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die bereits weiter oben (s. Absatz 6.3.5.1, S. 194 ff.) angestellten Uberlegungen zur Kontakthaufigkeit machen deutlich, dass bei einer geringen Ressourcenausstattung der Zentrale eine Unterstutzung der Vertriebspartner erheblichen Restriktionen unterliegt. Reisezeiten, Konzepte fiir die Mitarbeiterentwicklung durch Schulungen und Weiterbildung, Mitarbeitertransfers, telefonische und elektronische Betreuung sowie die Abwicklung von Garantiefallen benotigen zentrale Mitarbeiterressourcen, die haufig nicht vorhanden sind.
Kapitel 6
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Bivariate Regression
Unabhangige Variable Relative Ressourcen (Anzahl Vertriebspartner zu Anzahl Mitarbeiter im zentralen Marketing und Veitieb)
Channelmember-Satisfaction (zsat) SignifiR^ kanz(sUmtodisiert) niveau -.351 ***
.123
.003
n = 71; n. s.: p > .10, *: p < .10, **: p < .05, ***: p < .01 Tabelle 6-11:
Bivariate Regression zu den Wirkungen der zentralen Ressourcenstarke (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Die Analyse des empirischen Datenmaterials zeigt sehr deutlich diesen Zusammenhang (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dazu wurde durch eine bivariate Regressionsanalyse untersucht, ob das Verhaltnis zwischen der Ressourcenausstattung der Zentrale und der Anzahl der zu betreuenden Vertriebspartner eine Auswirkung auf die Zufiriedenheit der Vertriebspartner besitzt (s. Tabelle 6-11, S. 230). Die Zufriedenheit wurde in diesem Fall emeut durch die von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Multi-Item Skala gemessen. Es zeigt sich ein starker negativer Zusammenhang zwischen den relativen Ressourcen und der Zufriedenheit sowie ein grosser Beitrag der relativen Ressourcen zur Erklarung der Gesamtstreuung der Zufriedenheit. Damit wird die Vermutung unterstiitzt, dass die QualitSt der Betreuung und damit die Zufriedenheit abnimmt, je mehr Vertriebspartner von einem Mitarbeiter der Zentrale betreut werden. Durch eine professionelle Planimg von zentralen Aufgaben und Aktivitaten sowie der benotigten imd verfUgbaren Ressourcen kann der Hersteller jedoch versuchen, die Qualitat zentraler Leistungen zu optimieren. Zentrale Vertriebseinheiten miissen festlegen, welche Fimktionen sie mit welchem Ressourcenumfang erfUUen woUen, um eine optimale Untersttitzung und Koordination der Vertriebspartner zu erreichen. Dazu werden samtliche wertschaffende Aktivitaten erfasst und strukturiert. Erst wenn sich die zentralen Einheiten tiber die von ihnen zu erfUUenden Funktionen und konkreten Aufgabeninhalte bewusst sind, kann eine Planung und Gestaltung erfolgen. Dem Stammhaus stehen dabei insbesondere die in Abbildung 6-18 (S. 231) dargestellten Stellhebel zur VerfUgung.
231
Vertriebsgestaltimg des Herstellers
Stossrichtung VergrOssem
• Ausweitung zentraler Vertriebsressourcen. Rekrutierung zusatzlicher Mitarbeiter. • Entlastung durch den Einsatz von Infonnationssystemen und durch die Vereinfachung Oder Standardisierung von Prozessen.
Einsparen
Ubertragen
• Gdnzlicher Verzicht auf ausgewShlte Aufgaben.
• Dezentralisierung und Delegation von Aufgaben an Vertriebspartner und Teams. • Konsequente BQndelung administrativer Aufgaben und Delegation an geringer qualifizierte Mitarbeiter mit geringeren Lohnltosten.
Abbildung 6-18: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen
Jede dieser Gestaltimgsaltemativen kann dabei helfen, die Zentrale mit den notwendigen Ressourcen auszustatten, um die angestrebten Aufgaben zu erfUllen. Eine Nutzwertanalyse zentraler Aufgaben kann aus Sicht der Vertriebspartner wertvolle Aufschltisse geben, wenn tiber die Reduktion von zentralen Aufgaben entschieden werden soil. Es werden damit die Voraussetzungen geschaffen, eine optimale UnterstUtzung und Koordination zu gewahrleisten.
6.3.8 Koordination und UnterstUtzung durch Information Die Bedeutung, die Informationen bei der Koordination der Vertriebsorganisation imd bei der UnterstUtzung der Vertriebspartner zukommt, wurde bereits mehrfach deutlich. Im Folgenden werden Ansatze diskutiert, welche die verschiedenen Informationsstrome zwischen Hersteller und Vertriebspartner fbrdem, und M5glichkeiten dargestellt, die durch den Einsatz von Infonnationssystemen und -Tools er6f&iet werden. 6.3.8.1
Informationslieferung, -austausch und -versorgung
Der Informations- und Wissenstransfer in international tStigen Untemehmen wird in den letzten Jahren besonders intensiv diskutiert (Kutschker/Schmid 2002, S. 1022). Da der Zentrale durch unterschiedliche Aufgaben und geografische Distanzen nur sehr imvoUstandige Informationen zur Verfiigung stehen, lassen sich hSufig weder Marktpotenziale noch Marktanteile zuverlassig abschatzen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Aktionen der Zentrale werden daher haufig zu einem „Blindflug" (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Auch die Qualitat der Informationen ist haufig ungenUgend. Belz/Reinhold (1999a, S. 24) sprechen von Versteckspielen der Niederlassungen, da Planungsinformationen haufig politisch statt objektiv gepragt seien. IndustriegUterher-
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Kapitel 6
steller konnen sich teilweise nicht einmal auf eine Kundendatenbasis stiitzen (Kundenentwicklung, Buying-Centers, Umsatzpotenziale usw.), well Niederlassungen diese Inforaiationen sorgsam im eigenen Besitz pflegen (Belz/Reinhold 1999a, S. 24). Der Informationsaustausch wird damit durch Machtspiele behindert (Von Krogh et al. 2000, S. 125). Aber auch Hersteller stehen in der Kritik. HSufig erhalten Vertriebspartner benotigte Informationen nur imvoUstandig, gar nicht oder zu spat. So z. B. bei der Einfuhrung neuer oder der Abschaffiing bestehender Produkte (s. Fallbeispiel 6-7, S. 190). Potenziale, die sich durch landeriibergreifende Kimden- und Wettbewerbsanalysen ergeben, erschliessen Hersteller nur selten. Vertriebspartnem entgeht hierdurch wichtige Untersttitzung. Darttber hinaus stellen sich auch Demotivationseffekte ein, da Vertriebspartner nur selten Feedback auf die meist umfangreichen Reportings erhalten (Belz et al. 1996, S. 57). Der lokale Aufwand fUr die Erfassung und Aufbereitung von Informationen scheint aus Sicht der Vertriebspartner verschwendet, wenn Zahlen auf dem zentralen „Zahlenfriedhof * landen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Informationsdefizite und Handlungsbedarf bestehen damit sowohl in der Zentrale als auch bei Vertriebspartnem. Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff.) stellen drei generelle Prinzipien auf, um die QualitSt des Informationsaustausches zu verbessem. Es soUen Anreize gesetzt werden (,J*rinzip eins"), Regeln fiir die Kommunikation festgelegt werden („Prinzip zwei") imd eine aktive Fiihrung der intemen Kommunikationsprozesse sichergesteUt werden (,JPrinzip drei") (Von Krogh et al. 2000, S. 132 ff). Bezieht man die drei Prinzipien nach Von Krogh et al. (2000, S. 132 ff) auf den konkreten Informationsaustausch zwischen Hersteller imd Vertriebspartner zeigen sich neue Gestaltungsansatze. Die Strukturierung des Informationsaustausches kann durch eine Orientierung an dessen Fliessrichtung erfolgen (Kutschker/Schmid 2002, s. 1023). Als Adressaten und Absender der Information kommen, wenn an dieser Stelle nicht weiter in Abteilungen differenziert wird, Hersteller und Vertriebspartner in Betracht. Abbildung 6-19 (S. 233) zeigt die sich ergebenden vier Kombinationsmoglichkeiten.
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
Vertriebspartner
Hersteller
^
^
L
^
HTrh
^ Vertriebspartner
Abbildung 6-19: Absender und Adressaten intemer Inforaiationen
Der Absender der Information entscheidet (iber Richtung, Umfang, Qualitat, Zeitpunkt und Inhalt der Information. Der Adressat hingegen urteilt dariiber, ob die erhaltene Information fiir seine Zwecke geeignet ist. Inhalte konnen dabei vielfaltige Bereiche betreffen. Tabelle 6-12 (S. 233) zeigt beispielhaft die Inhalte intemer Informationsfliisse fur die vier Kombinationen. Diese werden im Folgenden naher erlautert. Inhalte interner Informationsfliisse Fall 1: Bottom-Up Fall 3: Top-Down Fall 2: Horizontaler Lieferung Versorgung Austausch • Produkt-,Wettbe• Logistische, technische • Erfahrungsaustausch zu und preisliche Auftragswerbs- und KunProdukten und Leistundaten, den-informationen, gen des Herstellers, • Besuchsberichte des • Logistikinformati• Marktbearbeitung und Aussendienstes, Strategie der Wettbeweronen. ber, Schwachen von • Kunden- und segmentbe• Informationen zu Wettbewerbsprodukten, zogene Daten, Wettbeintemen Projekten werbssituation, und Prozessen, • Markttrends bei Kunden in anderen Markten, • Finanzielles Reporting, • Strategien und Instrumente der • Planzahlen zu Verkaufen • Tipps zur MarktbearbeiMarktbearbeitung. tung, Verkaufsargumenund Marketingaktivitaten fur die zentrale Planung. te. Tabelle 6-12: Inhalte intemer Informationsflusse
Fall 4: Zentraler Austausch • Internationale Marktaktivitaten der BusinessUnits und anderen zentralen Abteilungen.
Fall 1: yyBottom-Up Lieferung** Die „Bottom-Up Lieferung" gehort zu den Standardaufgaben im Vertrieb. Neben logistischen und technischen Informationen der Auftragsabwicklung fordem Hersteller meist finanzielle Ist- und Planzahlen fur ihre zentralen Planungsprozesse. In den letzten Jahren werden von Herstellerseite zunehmend Anstrengungen untemommen auch
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Kapitel 6
Informationen zur Marktbearbeitung, zu Kunden und Wettbewerbem zu erhalten (Walti 1999, S. 54). Die Erfassung, Aufbereitung und Cfbermittlung dieser Daten bedeutet fUr Vertriebspartner einen nicht unwesentlichen Aufwand (Arnold 2000, S. 137). Hersteller fordem standardisiertes, umfangreiches Datenmaterial, das in den meisten Fallen lokal erst beschafft werden muss (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Erfolgen diese Reporte in Papierform, was durch unterschiedliche IT-Systeme hervorgerufen werden kann, wird die Weiterverarbeitung miihselig (Walti 1999, S. 53). Mehrheitlich gelangen Reportinginforaiationen nur an einen engen Personenkreis in der Zentrale und werden dadurch nicht konsequent ausgewertet (Walti 1999, S. 53). Zudem dienen die an die Zentrale adressierten Berichte hSufig primar KontroUzwecken, anstatt zielgerichtete Massnahmen auszulfisen (Walti 1999, S. 53). Vertriebspartner hinterfragen nicht selten den Nutzen, der sich aus dieser umfangreichen Datensammlung ergibt, und verzichten auf die voUstandige Ubermittlung der gewiinschten Daten (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die nach dem ersten Prinzip nach Von Krogh et al. (2000, S. 132) geforderten Anreize zur Kommunikation konnen bei Vertriebspartnem durch den Einbezug der Informationsqualitat in die Incentivierung und die Konditionengestaltung gesetzt werden. Dartiber hinaus kann der Hersteller das Zahlenmaterial aufbereiten und den Vertriebspartnem Feedback anbieten (Arnold 2000, S. 136). Die Einhaltung von Regeln zur Informationsiibermittlung werden hierdurch untersttitzt (,J*rinzip zwei"). Aber auch die generelle Gestaltung des geforderten Informationsumfangs soUte vom Hersteller regelmassig auf seine ZweckmSssigkeit ilberprtift werden. Unn5tig erhobene Informationen binden wichtige Ressourcen und belasten die Zusammenarbeit. Hier ist weniger mehr.In der Praxis fiihren Hersteller ihre Vertriebsgesellschaften ohnehin selten an mehr als einer Hand voU zentraler Kennzahlen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Einer iibereifrigen Datensammlung der Zentrale ist deshalb Einhalt zu gebieten. Fall 2: „Horizontaler Austausch^ Der horizontale Austausch zwischen Vertriebspartnem betrifft in erster Linie Marktinformationen und Informationen der Marktbearbeitung. Durch den Austausch k5nnen Vertriebspartner abgestimmter agieren und ilberlegene Bearbeitungsstrategien entwickeln. Der markttibergreifende Austausch von Ideen kann die Leistung verbessem und fiihrt haufig zu einer hSheren Stimmigkeit in der Durchfuhrung intemationaler Strategien (Amold 2000, S. 137). Vereinzelt fmdet der Austausch zwischen den Vertriebspartnem auf Intranetplattformen, unsystematisch durch pers5nliche Beziehungen oder
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_ ^
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Gesprache im Rahmen gemeinsamer Meetings statt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier ist eine Entlastimg und Koordination durch die Zentrale mSglich imd sinnvoll. Insbesondere die systematische Erfassung und Auswertung landerttbergreifender Informationen (iber international agierende Kunden und Wettbewerber kann fUr einzelne Vertriebspartner ausserst hilfreich sein. Zumal bei einer zentralen LFbemahme von Informationsaufgaben die ZustSndigkeiten eindeutig geklart werden konnen. Ein Vorgehen durch die Zentrale setzt selbstverstandlich die Mitwirkung der Vertriebspartner voraus. Der Nutzen, den Vertriebspartner in der diesbeziiglichen Informationsleistung der Zentrale sehen, bestimmt vermutlich weitgehend iiber deren Mitwirkung. Hersteller miissen sich deshalb bei Ubemahme dieses intemen Austauschdienstes ganz besonders am Urteil der Vertriebspartner messen lassen. Ftir Vertriebspartner konnen hierdurch wichtige Informationen zu Kunden, Wettbewerbem oder Best-Practices bei der Marktbearbeitung in den verschiedenen Markten bereit gestellt werden. Dies wird in vielen Fallen durch zentral aufbereitete Newsletter realisiert (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37), so z. B. bei der Wampfler AG durch den monatlich erscheinenden Newsletter „Wampflercom" oder bei Feintool durch den Newsletter „Rep-Flash", der fur Distributoren erstellt wird. Vorteile der zentralen Koordination von Marktinformationen werden bspw. von der Hilti AG durch ein so genanntes „Competition radar" realisiert (s. Fallbeispiel 6-13, S. 236). In diesem Fall werden die Aufgaben der Sammlung, Aufbereitung und Verteilung von Informationen an die zentralen Stellen delegiert. Hierdurch entstehen Synergien und ebenso wertvoUe Informationen fur Zentrale und Vertriebspartner. Im Zentrum des „Competition radars" steht das Ziel, Informationsdefizite in Bezug auf Wettbewerber horizontal zwischen den Markten abzubauen. ^Competition Radar" bei der HILTI AG Hilti AG, Schaan, Liechtenstein Die Hilti Gruppe ist ein weltweit fuhrendes Untemehmen im Bereich der Befestigungs- und Abbautechnik. Mit den Produktlinien Bohr- und Abbautechnik, Direktbefestigung, Diamanttechnik, Diibeltechnik, Brandschutz- und Schaumsysteme, Installationstechnik, Positionier-Systeme, Schraubtechnik sowie Sage- und Schleiftechnik steht das Untemehmen flir Innovation, Qualitat und Kundennahe. Hihi ist weltweit in uber 120 Landem prasent. Zwei Drittel der mehr als 15'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in den Verkaufsorganisationen, im Engineering und im Kundendienst unmittelbar fur die Kunden tatig. Im Jahr 2004 hat Hilti weltweit einen Umsatz von 3'299 Millionen Schweizer Franken erzielt. Dr. Pius Baschera, CEO des Weltkonzems setzt auf integrierte Kundenlosungen und Methoden, die dabei helfen, latente Kundenbedurfnisse aufzudecken und Informationsvorspriinge zu generieren. Eine dieser innovativen Managementmethoden ist das „Competition radar", mit dem die intemationalen Aktivitaten der Konkurrenz zentral erfasst werden, um bei Strategiefmdung und bei operativen Massnahmen eine hOhere Entscheidungsqualitat herbeizufuhren. _____^___
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Kapitel 6
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• Klar«V«rantwortiichk0itindar Zentrale. • GeregelteVenuitVMNtlichkeitonin d6n VertrisbsgosQHschsfton, • RegahnissigarAustausch, • Quelle fOrmarM-und organlsalionsbazogana Innovation, • ZaNnaha Idendfizierung krWachar Entwiddungan, StiategieentMicMung.
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Dazu wurden in der Liechtensteiner 2^ntrale und in den weltweiten Vertriebsgesellschaflen Verantwortlichkeiten definiert, die in der Regel bei den lokalen Marketingverantwortlichen liegen. Der beauftragte Mitarbeiter in der Zentrale ftihrt jeden Monat Videokonferenzen und Telefonate mit den dezentral Verantwortlichen durch und bespricht lokale Aktionen, Innovationen, Preisstrategien und Verkaufsargumentationen des Wettbewerbs. Durch die regelmassige Aufarbeitung der lokalen Wettbewerbssituation der verschiedenen Markte erhalt die Zentrale ein gutes Bild iiber die allgemeine Situation in den MSrkten als auch in Bezug auf die landeriibergreifenden Strategien der Wettbewerber. Testlaufe fiir Neuprodukte, Dienstleistungen, Managementmethoden und Verkaufsunterlagen der Wettbewerber kfinnen damit entdeckt und bewertet werden, bevor sie in weiteren Markten das Geschaft der Hilti gefShrden kfinnen.,Jm Ergebnis" halt Dr. Baschera fest, „fuhrt dies zu weniger Uberraschungen. Wir sind stSndig iiber das Vorgehen der Konkurrenz informiert und k5nnen ggf. proaktiv Massnahmen einleiten anstatt uns reaktiv verteidigen zu miissen." Zudem diene das Competition radar als Quelle fiir Innovation, da auch Best-Practices der Wettbewerberfrtihentdeckt werden. Fallbeispiel 6-13: Competition Radar bei der Hilti AG (Baschera 2004, Folic 10)
Fall 3: „ Top-Down Versorgung** Die „Top-Down Versorgung" betrifft zum einen die Versorgung der Vertriebspartner mit intemen Prozessen und Projekten in der Zentrale, zum anderen die Versorgung mit aufbereiteten Informationen aus den anderen Markten. Vertriebspartner haben durch die raumliche Trennung ein natttrliches Defizit an Informationen iiber interne Prozesse, Projekte und Entwicklungen in der zentralen Herstellerorganisation (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dem Hersteller muss es deshalb gelingen, die fur den Vertriebspartner relevanten Informationen zu erfassen und zu vermitteln. Dazu gehoren bspw. Anderungen in Ablauf- imd Aufbauorganisation, Anderungen in Zustandigkeiten oder Personalwechsel. Aber auch die Entwicklung neuer Produkte, Strategiewechsel oder die Einfiihnmg neuer Instrumente, so z. B. neuer Tools und Informationssysteme sind aus dezentraler Sicht ohne Kommunikationsmassnahmen des Herstellers meist nicht bekannt und tiberraschen diese haufig erst bei der Einfuhrung. Interne Informationen sollten deshalb systematisch aufbereitet und verteilt werden. Bei
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Mettler Toledo wird aus diesem Gnind ein Kommunikationspaket fiir samtliche Markte zusammengestellt, das Pressemitteilungen, Prospekte und andere visuelle Mittel enthalt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Rieter Schweiz prasentiert zweimal jahrlich eine Product Road Map, in der neue Produkte und Entwicklungen vorgestellt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Neben den Informationen iiber zentrale Aktivitaten und Anderungen, gehSren die Information zur Abwicklung von Auftragen sowie aufbereitete Marktinformationen ebenfalls zu den Informationspflichten der Zentrale. Bei der Abwicklung sind insbesondere logistische Informationen zu Lieferterminen entscheidend. Haufig werden Vertriebspartner bei Nicht-Einhaltung von Lieferzeiten erst spat oder gar nicht informiert, weshalb auch beim Kunden hochste Unzufiiedenheit entstehen kann (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierfiir sind interne Informationsstandards zu setzen, deren Verletzung sanktioniert werden muss. Auch bei der Aufbereitung und Verteilung von Markt- und Finanzinformationen sind bei Herstellem haufige Defizite zu beobachten. Bei 51 Prozent der von Belz et al. (1996, S. 57) befragten Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller existiert kein standardisiertes Berichtssystem mit den Vertriebspartnem. Vertriebspartner kritisieren wie bereits oben erwahnt, dass sie nur selten Feedback auf die von ihnen gestalteten Reportings erhalten (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Gerade hier miissen zum einen Regeln fur die Mitarbeiter der Zentrale geschaffen werden, Informationen regelmassig und systematise!! aufzubereiten und zu verteilen. Zur Einhaltung dieser Regeln sind zum anderen Anreize zu setzen. Auch hierbei konnte die Incentivierung an die Einhaltung von gesetzten Informationsstandards oder die von den Vertriebspartnem wahrgenommene Informationsqualitat gekoppelt werden. Fall 4: „Zentraler Austausch*' Der vierte Typ des Informationsflusses besteht in der zentralen Herstellerorganisation und betrifft deshalb nur indirekt die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner. Adressat und Absender stammen jeweils aus der Zentrale des Herstellers. In Absatz 6.2.2.2 (S. 147 ff) wurde bereits auf die Relevanz der Abstimmung zwischen den zentralen GeschSflsbereichen des Herstellers verwiesen, die gemeinsam die Vertriebsorganisation nutzen. Ungentigender Informationsfluss und mangelnde Abstimmung fuhren zu Doppelbelastungen und widersprlichlichen strategischen Vorgaben bei den Vertriebspartnem. Ein Informationsaustausch zwischen zentralen Abteilungen des Herstellers ist deshalb unabdingbare Voraussetzung fUr die inhaltliche und
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Kapitel 6
zeitliche Abstimmung und damit fUr konsistente Strategien iind eine effektive sowie effiziente Umsetzung in der Vertriebsorganisation.
6.3.8.2
Einsatz von IT-Systemen und -Tools
In den letzen 15 Jahren haben in Vertriebsorganisationen so viele neue IT-Systeme und verkaufsuntersttttzende Tools ihren Einsatz gefunden, wie in sonst kaum einem anderen Untemehmensbereich (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Informations- und Kommunikationstechnologien lassen sich unterscheiden in kommunikationsunterstutzende Methoden und informationsverarbeitende Systeme. Diese werden in den folgenden AbsStzen einzeln vorgestellt und diskutiert. KommunikaHonsunterstUtzende Methoden Kommunikationsuntersttttzende Methoden erm6glichen den Austausch zwischen zwei Personen, die zeitlich und bzw. oder raumlich von einander getrennt sind (Cristofolini 2005, S. 182 ff.), wie z. B. Mitarbeiter aus Hersteller- und Vertriebspartnerorganisationen. Kommunikationsuntersttttzende Methoden bieten sich in solchen Fallen an, in denen das zu transferierende Wissen implizit vorliegt, also zwischen einzelnen Personen direkt ausgetauscht werden muss. Dazu stehen in der Vertriebsorganisation eine untiberschaubare Anzahl von Instrumenten zur Verfugimg. Abbildung 6-20 (S. 239), die aus einer Studie in der Halbleiterindustrie stammt (s. Almeida/Grant 1998), vermittelt einen Uberblick zu den Instrumenten ftir die international Kommunikation und den Wissenstransfer. Besondere Aufschlttsse gibt dabei die Einordnung der Instrumente nach der Anzahl der Adressaten und der M6glichkeit, das Wissen zu explizieren („Kodifizierungsm6glichkeit"). Es zeigt sich, dass die MOglichkeit Wissen zu explizieren, ein Kontinuum mit vielen Zwischenstufen darsteUt. Der handlimgsleitende Aspekt der Abbildung 6-20 liegt in der Konsequenz der beiden Dimensionen ftir die Akteure in der Vertriebsorganisation. Diese bestimmen ttber den Aufwand der Kommunikation und der Eignung des Mediimis fiir die jeweiligen Inhalte. Bei den vorgestellten Massnahmen handelt es sich um bekannte, zum grossen Teil bereits in den Abs^tzen 6.3.1 (S. 160 ff.) bis 6.3.7 (S. 212 ff.) thematisierten GestaltungsansStze, die Funktionen beim Austausch und der Vermittlung von Informationen tibemehmen (Kutschker/Schmid 2002, S. 1023; Abbildung 6-20, S. 239).
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
Viele EmpfSnger
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Abbildung 6-20: Instrumente des intemationalen Wissenstransfers (In Anlehnung an Almeida/Grant 1998, Punkt 6)
Almeida/Grant (1998) betonen, dass eine Nutzung von IT-Systemen immer eine Erfassung und damit Explikation von Wissen voraussetzt. IT-Systeme sind deshalb nur fiir den Transfer von Informationen zwischen Hersteller und Vertriebspartner geeignet, die eine hohe Kodifizierungsmoglichkeit aufweisen. Manche Mitarbeiter klagen dartiber, dass sich viele Probleme in der Zusammenarbeit durch den vermehrten Einsatz von E-Mail verscharft haben (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Auch Kutschker/Schmid (2002, S. 625) wamen davor, den Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologie trotz vieler Verbesserungen in der Zusammenarbeit allzu euphorisch zu beurteilen: Bei vielen Untemehmen hat sich in den vergangenen Jahren schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass ohne face-to-face Kommunikation wesentliche Probleme in der Abstimmung auftreten und der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien keineswegs persOnliche Kontakte und Treffen der Mitarbeiter ersetzen kann (Kutschker/Schmid 2002, S. 625). Dies ist insbesondere auf zwei Griinde zurttckzufiihren. • Erstens k5nnen implizite Wissensinhahe iiber elektronische Wege nur bedingt ausgetauscht werden. E-Mails besitzen eine geringere Kodifizierungsmoglichkeit im Vergleich zu TelefongesprSchen, die wiederum gegeniiber pers6nlichen Beratungen Defizite aufweisen (s. Abbildung 6-20, S. 239). Bei der Wahl des Mediums ist somit immer zu beachten, welche Rolle die impliziten Inhalte fiir die Zusammenarbeit besitzen. Dazu gehSren z. B. Stimmimgen, emotionale Beziehungsaspekte wie Ausdriicke von Sympathie und Vertrauen. In vielen Fallen ist deshalb einer E-Mail ein
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Kapitel 6
Telefonat vorzuziehen und einem Telefonat der persSnliche Kontakt. Dem steht die Herausfordening entgegen, dass sich der Aufwand pro Adressat fur den Absender der Information genau entgegengesetzt verMlt. Hersteller neigen wegen des geringeren Aufwandes dazu, mit elektronischen Instrumenten wie Datenbanken und EMail Informationen an m5glichst viele Adressaten zu kommunizieren (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hier liegen allerdings Gefahren fUr die personliche Nahe der Beteiligten, die eine wichtige Voraussetzung der Zusammenarbeit darstellt. Es ist daher eine Balance zu finden zwischen dem Aufwand der Kommunikation und der Vermittlung impliziter Wissensinhalte. • Der zweite Grund fur eingeschrankte Einsatzmdglichkeiten elektronischer Informationssysteme liegt gerade im geringen Aufwand, den die Erstellung pro Adressat verursacht. Hieraus resultiert nicht selten eine Informationsiiberflutung der Adressaten. Es besteht die grosse Gefahr, dass untemehmensintemer „spam-artiger" unpersSnlicher E-Mailverkehr entsteht, der die Vorteile der Systeme reduziert. Empfanger der Nachrichten benOtigen einen hohen Aufwand, um wichtige und unwichtige Nachrichten zu selektieren. Vertriebsleiter erhalten nicht selten zwischen 60 und 90 E-Mails pro Tag (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Einzelne Nachrichten konnen neben dem Tagegeschaft teilweise nicht mehr zur Kenntnis genommen, geschweige denn zeitgerecht beantwortet werden. In dieser Situation riickt das Telefon fur Hersteller immer hSufiger wieder in den Fokus, um iiberhaupt wahrgenommen zu werden, was die Voraussetzung darstellt, um Inhalte tibermitteln zu kSnnen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Der Einsatz elektronischer Informationssysteme kann also neben kommunikationsunterstutzenden Funktionen auch kommimikationshemmende Effekte hervorrufen. Aus diesem Grund mtissen Hersteller zum einen darttber entscheiden, welche Inhalte je nach Bedeutung impliziter Informationen mit welchen Instrumenten tibermittelt werden soUen. Zum anderen sind Regeln aufzustellen, die den elektronischen Datenfluss, insbesondere E-Mailverteiler imd Groupware-Anwendungen systematisch gestalten und verhindem, dass durch eine imsystematische Verteilung von Informationen in der Vertriebsorganisation die EffektivitSt der kommunikationsuntersttttzenden Methoden erlahmt. Informationsverarbeitende
Systeme
Neben den kommunikationsunterstiitzenden Methoden werden im Vertrieb eine grosse Anzahl informationsverarbeitender Systeme eingesetzt, die als Medium zur Speiche-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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rung und Bereitstellung von Informationen genutzt werden konnen (Cristofolini 2005, S. 182 ff.). In der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner bringen diese Systeme mehrere Vorteile mit sich. Sie ermoglichen es, auf einen gleichen aktuellen Datenbestand zuruckgreifen zu k6nnen, sie helfen dabei, eine Mehrfacherfassung von Daten zu vermeiden und sie sichem durch automatisierte Anwendungen gleichzeitig eine einheitliche Qualitat und entlasten dezentrale Prozesse des Vertriebspartners. Zu den wohl wichtigsten informationsverarbeitenden Systemen gehoren gemeinsame Warenwirtschaftssysteme, gemeinsame Kundendatenbanken und Anwendungen zur Verkaufsunterstutzung. Gemeinsame Warenwirtschaftssysteme geben die Moglichkeit, Lager- und Auftragsbestande sowie finanzielle Informationen jederzeit verfugbar zu machen. Allerdings relativieren sich die nicht imerheblichen Einfuhrungskosten vor dem Hintergrund aller Vorteile hSufig, sodass Systeme oftmals nur bei grossen Tochtergesellschaften eingefUhrt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Von Vertriebspartnem wird der Einsatz neuer Informationssysteme haufig kritisch betrachtet. Denn fur die Implementierung und Lizenzkosten sind meist erhebliche Investitionen zu tatigen, an denen sich Hersteller nur geringfUgig beteiligen. Um zentrale, landeriibergreifende Datenbestande optimal zu nutzen, miissen zudem die lokalen Prozesse standardisiert werden und bestehende Formulare angepasst werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierbei konnen zwangslSufig nicht alle lokalen Bedtirfhisse erfUUt werden (s. Fallbeispiel 4-1, S. 83). Vertriebspartnem ergibt sich daher der Eindruck, dass das neue zentrale System ihre Bedtirfiiisse schlechter erfullt als bereits bestehende „selbstgestrickte" Losungen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Bei der Einfiihrung entsteht zudem enormer Schulungsaufwand und vor allem in der Anfangsphase haufig eine ausserst zuruckhaltende Nutzung der Systeme (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hieraus verringert sich der Nutzen des Systems, da Daten unter Umstanden unvollstandig oder nicht aktuell eingepflegt sind. Neben den gemeinsamen Warenwirtschaftssystemen spielen im Verkauf insbesondere gemeinsame Kundendatenbanken bzw. CRM-Systeme eine RoUe, die zum Teil als Modul in die Warenwirtschaftssysteme integriert (z. B. my SAP CRM) oder als „Stand-alone Losung" eingesetzt werden (z. B. Siebel). Die Sammlimg und Auswertung detaillierter Markt- und Kundenformationen eroffhet ftir Hersteller neue Dimensionen der Kundenanalyse imd -bearbeitung (Walti 1999, S. 167). Jedoch bedeutet die
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Kapitel 6
Preisgabe detaillierter Kimdeninformationen fiir Vertriebspartner gleichzeitig ein stiickweit Machtverlust. Einige Vertriebspartner sehen die Gefahr, dass Hersteller die Kunden direkt ansprechen iind den Vertriebspartner umgehen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies ist insbesondere bei gefestigten Kundenbeziehungen der Fall. In der Tat gaben Hersteller im Rahmen der durchgefUhrten Einzelinterviews an, diese „Entwaffiiung" des Vertriebspartners ftir eigene Interessen zu nutzen und auszuspielen (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Dies fUhrt dazu, dass Kundendaten von Vertriebspartnem hSufig nicht detailliert, wahrheitsgemass und vollstandig in Datenbanken eingepflegt werden (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Datenbasis ist deshalb in vielen Fallen nicht geeignet, um Strategien der Marktbearbeitung zentral zu entwickeln. Hersteller miissen versuchen, diesen Kreis zu durchbrechen, indem sie sich dazu verpflichten, nicht ohne das EinverstSndnis des Vertriebspartners mit den Kunden in Kontakt zu treten. Regelverstosse sind auch in diesem Fall zu sanktionieren, um das Vertrauen sicherzustellen. Neben der Nutzung zentraler Datenbanksysteme spielen im Vertrieb zunehmend auch verkaufsuntersttitzende Anwendungen eine RoUe. Alex Biihrer, Partner und Leiter des „Industrial and High Tech Sectors" von McKinsey & Company Schweiz Inc. halt insbesondere Sales-Support Tools zur Kundenentwicklung, Angebotserstellung und Pricing fur besonders hilfreich, um die Effizienz zu erhohen (Einzelinterview Biihrer 2004, s. Anhang A, S. 348). Die Tools imtersttitzen Vertriebspartner vor allem bei administrativen Aufgaben imd ftihren neben einer Entlastung hSufig auch zu einer Steigerung der Qualitat. AUerdings sind dem Einsatz von Tools zur Verkaufsunterstutzung auch Grenzen gesetzt. Vor allem in grossen Organisationen wird eine uniiberschaubare Anzahl von Tools eingesetzt, die einen neue Komplexitat bei deren Auswahl und entsprechende Anwendungskenntnisse voraussetzt. Andreas Keiger, Vertriebsmanager bei der ABB Automation Products GmbH in Lampertheim, Deutschland berichtet (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37): „To support and offer ten product lines, we have to use more than 60 different tools". Dennoch wird der Wert verkaufsunterstUtzender Tools von Vertriebspartnem als Susserst hoch eingeschatzt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Fallbeispiel 6-14 (S. 243) zeigt ein von der Geschaftseinheit „Minerals and Mining" der ABB Schweiz AG eingesetztes Tool zur Angebotserstellung und dessen Vorteile aus Sicht eines Vertriebsmanagers.
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
Support-Tools zur AngebotsersteUung bei ABB ABB Schweiz AG, Baden, Schweiz Die ABB AG ist weltweit fUhrend in der Energie- und Automationstechnik. Der Konzem beschaftigt rund 102*000 Mitarbeitende in iiber 100 Landem, davon rund 5'000 Mitarbeitende in der Schweiz. Die Business Unit ,>linerals" verkauft weltweit Planungs- und Engineeringleistungen von elektrischen Anlagen. Der Verkauf und die AngebotsersteUung verlangen von Mitarbeitem ein weit reichendes technisches Know-how (s. Absatz 4.1.3.1, S. 92). So werden bei der Spezifikation ftir die elektrischen Anlagen einer Zementfabrik neben detaillierten Inforaiationen uber die GrSsse und den Typ der Anlage Kenntnisse iiber technische Komponenten bendtigt um zu einer mOglichst zuverlassigen Kalkulation zu gelangen. Um die gegebene Komplexitat zu verringem, stellt die Badener Zentrale verschiedene Support-Tools zur Verfugung. Dazu gehOren z. B. Applikationen, die Spezifikationen erstellen, die wiederum Grundlage der Angebotskalkulation sind (s. Screenshot). Ausserdem gehSren dazu teilstandardisierte Beschreibungen und Support-Tools, in denen die Hauptparameter fUr das Bauprojekt eingegeben werden und die Erstellung von Offerten fast voUstSndig automatisiert erfolgt. Bei den am weitesten entwickelten Support-Tools werden die Parameter eingegeben und man bekommt „auf Knopfdruck" ein komplettes Angebot. Bei ABB sind die Mitarbeiter damit in der Lage, innerhalb von 24 Stunden ein vollstSndiges Angebot zu erstellen. Unterschiedliche Ausfuhrungen der Anwendimg beMigen das Untemehmen diesen zeitlichen Standard einzuhalten unabhangig davon, welche Anforderungen der Kunde hat und welche Planungsbasis er zur Verfugung stellt. Adrian Schenk, Vertriebsmanager des Untemehmens betont: „Durch professionelle Tools konnen wir jedem Kunden in 24 Stunden ein umfassendes und professionell ausgearbeitetes Angebot unterbreiten. Dies gilt sowohl fur Kxmden aus dem Nahen Osten, die vor dem Bau einer Zementfabrik haufig nur vage Vorstellungen uber die monatlichen Produktionsmengen besitzen, als auch ftir europaische Kunden, die mit detaillierten Planen, Anforderungen und einer genauen Angabe von Parametem zu uns kommen." Das Untemehmen unterstutzt durch den Einsatz von Tools zur Angebotserstellung damit nicht nur ein professionelles und einheitliches Vorgehen, sie schaffen dariiber hinaus eine wesentlich hShere Produktivitat der Mitarbeiter.
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Fallbeispiel 6-14: Support-Tools zur AngebotsersteUung bei der ABB AG (Einzelinterview Schenk 2004, s. Anhang A, S. 348)
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Kapitel 6
6.3.9 Zwischenfazit: Empirische Ergebnisse zur operativen Vertriebsgestaltung Um die qualitative Diskussion der verschiedenen Gestaltungsansatze der Absatze 6.3.1 (S. 160 ff.) bis 6.3.8 (S. 231 ff.) zu erganzen, wurde ein Grossteil der Ansatze auch bei der quantitativ-empirischen Untersuchung berucksichtigt (Vertriebsbefiragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37). Zwar gehen die bereits untemommenen qualitativen Uberlegungen in Bezug auf ihre Anzahl iind den Differenzienmgsgrad bei den Gestaltungsansatzen weit iiber die im Folgenden dargestellten empirischen Ergebnisse hinaus. Jedoch bietet die quantitative Analyse die M5glichkeit, die Wirkungen der einzelnen Ansatzpunkte zu quantifizieren und miteinander zu vergleichen. Abbildung 6-21 (S. 247) und Abbildung 6-22 (S. 248) zeigen die Ergebnisse eines Mittelwertvergleiches zwischen der Gruppe der zufriedenen und der Gruppe der unzufriedenen Vertriebspartner. Die Zufiriedenheit wurde hierbei durch das von Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) entwickelte Konstrukt „Channel-Member Satisfaction" gemessen. Bei der Gruppe der „unzufriedenen Vertriebspartner" handelt es sich um Falle, die unterhalb der 34. Perzentile liegen, bei der Gruppe der „zufriedenen Vertriebspartner" um FSlle die oberhalb der 66. Perzentile liegen. Diese Dreiteilung wurde aufgrund ihrer grfisseren TrennschSrfe einem Mediansplit vorgezogen. Fiir beide Gruppen sind jeweils die Mittelwerte in Bezug auf die aktuelle Bedeutung des jeweiligen Gestaltungsansatzes dargestellt. Die Stemchen zeigen, auf welchem Signifikanzniveau der Mittelwertunterschied angenommen werden kann, was mit Hilfe eines t-Teststiberpriiftwurde. Im Ergebnis zeigt sich, dass siebzehn von dreiundzwanzig Mittelwertunterschieden mindestens auf dem 90-Prozent-Niveau signifikant sind. Dies bedeutet, dass ein zufalliges Zustandekommen der Unterschiede in Bezug auf den Einsatz der verschiedenen Ansatze zwischen zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnem in den meisten Fallen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Intensitat, mit der die verschiedenen Ansatze der Vertriebsgestaltimg in einem Untemehmen zum Einsatz kommen, iiber die Zufriedenheit der Vertriebspartner bestimmt. Streng genommen kann an dieser Stelle allerdings weder eine Aussage iiber einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Variablengruppen gemacht werden nochttberdie Richtung der Kausalitat, da hierzu fur die einzelnen Ansatze und ihren Einfiuss auf die Zufriedenheit Theorien herangezogen werden miissten, die entsprechende Hypothesen implizieren. Auf Basis der durchgefahrten Einzelinterviews (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37) sowie der von Geyskens et al. (1999, S. 230) und Dwyer/Oh (1987, S. 353) aufgezeigten Beziehun-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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gen zwischen Gestaltungsvariablen des Herstellers und der Channel-MemberSatisfaction wird an dieser Stelle ein Zusammenhang zwischen der Variablengruppe „Ansatze der operativen Koordination und Unterstutzung" und der Zufiiedenheit der Vertriebspartner unterstelh (s. auch Abschnitt 5.4 (S. 136 ff.) und Absatz 6.2.1 (S. 140)). Die Gestaltungsans^tze werden in Kurzform genannt (s. Abbildung 6-21, S. 247 und Abbildung 6-22, S. 248), die ausfiihrliche Bezeichnung fmdet sich im Fragebogen (s. Anhang D, S. 355) und teilweise in der unten stehenden Erlautenmg. Insgesamt lasst sich festhalten, dass in der uberwiegenden Mehrheit der Falle ein starkerer Einsatz der GestaltungsansStze durch den Hersteller zur Zugehorigkeit zur Gruppe der zufriedenen Vertriebspartner fuhrt. Im Einzelnen sind folgende Ergebnisse zu verzeichnen: •
Koordinationspotenziale in zentralen Strukturen: Bei den drei Ansatzen zur Koordination in zentralen Strukturen zeigt sich ein deutlicher und signifikanter Unterschied in der Bedeutung der Ansatze zwischen den beiden Gruppen (s. Abbildung 6-21, S. 247). Durch intemationales Key-Account Management konnen intemationale Aktivitaten der Kundenuntemehmen koordiniert werden, woraus iiberwiegend Vorteile fUr die Vertriebspartner entstehen (s. Absatz 6.3.2.1, S. 164 ff.). Die Harmonisierung von Zielen und die gemeinsame strategische Orientierung bilden die Basis fur gemeinsame Interessen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 174 ff) und gemeinsame Vorstellungen dariiber, wie Prioritaten zu setzen sind, um die gewiinschten Zielsetzungen zu erreichen. Die Mittelwertunterschiede sind far alle drei Gestaltungsansatze signifikant.
•
Koordinationspotenziale in vertikalen Strukturen: Keiner der Ansatze zur Verzahnung des zentralen und dezentralen Personalwesens (s. Absatz 6.3.3.2, S. 178 ff) zeigt einen deutlichen oder signifikanten Mittelwertunterschied zwischen den Gruppen auf (s. Abbildung 6-21, S. 247). Es kann somit kein Einfluss der iibergreifenden Karrierepfade, gemeinsamer Rekrutierungsanforderungen und der Personalrotation auf die Zufiiedenheit der Vertriebspartner ausgemacht werden, sodass der Einsatz dieser Ansatze kritisch hinterfragt werden muss.
•
Koordination durch Organisation in Teams: Die Gestaltungsansatze der Teamorganisation (s. Absatz 6.3.4, S. 181 ff) zeigen deutlichen Einfluss auf die Zufiiedenheit der Vertriebspartner, der in alien Fallen signifikant ist (s. Abbildung 6-21, S. 247). Kundenbetreuungsteams und gemeinsame Kundenbesuche tragen in besonderem Masse zur Zufiiedenheit der Vertriebspartner bei. Aber auch projektbasierte Teamorganisation, gemeinsame Planungsanstrengungen und eine systemati-
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Kapitel 6
sche Projektbewertimg helfen deutlich, die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner zu fbrdem. •
Koordination durch Kultur und soziale Beziehungen: Die Massnahmen, die ein Hersteller nutzen kann, um um eine gemeinsame Untemehmenskultur und stSrkere personliche Beziehungen aufzubauen, fiihren zu unterschiedlichen Ergebnissen (s. Abbildung 6-21, S. 247). Die FSrderung inforaieller Netzwerke (s. Absatz 6.3.5.1, S. 194) steigert die Zufriedenheit der Vertriebspartner merklich. Gemeinsame Untemehmensevents wie gemeinsame Feiem, Reisen oder Sportveranstaltungen scheinen hingegen weitgehend wirkungslos zu bleiben. Der starkste Einfluss ergibt sich bei jShrlichen Sales-Meetings, auf denen sich die Mitglieder der Vertriebsorganisation treffen. Sales-Meetings erfiillen mehrfachen Nutzen, da sie Informationszwecke, Schulimgen, den Erfahrungsaustausch und die Vertiefung pers6nlicher Beziehungen miteinander verkniipfen. Obgleich die Durchftihrung von Sales-Meetings hSufig erhebliche Defizite besitzt (Belz/Reinhold 1999a, S. 21 ff.), scheint sie dennoch besonders effektiv, um die Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation zu verbessem.
•
Professionelle Unterstutzung durch systematische Differenziemng: Der Ansatz der Segmentierung (s. Absatz 6.3.6.1, S. 202) nach der Grdsse oder der rechtlichen Anbindung der Vertriebspartner sowie einer entsprechenden Differenzierung bei den Massnahmen zeigt keine Wirkungen bei der Zufriedenheit von Vertriebspartnem (s. Abbildung 6-22, S. 248). Auch hier muss der Einsatz kritisch betrachtet werden, da er mit erheblichen intemen Kosten verbunden ist.
•
Unterstutzung durch zentrale Ressourcen: Schulungen, die der Hersteller in technischen und betriebswirtschafllichen Feldem anbietet, werden von Vertriebspartnem in hohem Masse begriisst (s. Abbildung 6-22, S. 248). Gute Kenntnisse iiber Produkte und deren Vermarktung bilden schliesslich die Grundlage fUr erfolgreiche VerkaufsaktivitSten in den lokalen MSrkten. Auch die Vereinbarung und transparente Verrechnimg der intern vom Hersteller erbrachten Leistungen fiihren zu einer hSheren Zufriedenheit der Vertriebspartner. Durch die geregelte Verantwortlichkeit des Herstellers fUr die Erbringung der vereinbarten intemen Leistungen steigt das Vertrauen in die VerlSsslichkeit und die Durchsetzung von Anspriichen im Falle einer NichterfUUung. Es kann kein positiver Einfluss der Zentralisierungsbestrebungen des Herstellers auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner gemessen werden.
247
Vertriebsgcstaltung des Herstellers
Aktueller Status Quo in der Vertriebsorganisation
Key-Account Management*
Abstimmung von Zielen*** Gemeinsame strategische Orientierung*** Obergreifende Karrierepfade Gemeinsame Rekrutierungsanforderungen Job Rotation und Transferprogramme
Projektorganisation** Gemeinsame Planung und Budgetierung** Systematische Projektbewertung**
Kundenbetreuungsteams*** Gemeinsame Kundenbesuche***
Informelle Netzwerke**
Gemeinsame Veranstaltungen Jahrliche Salesmeetings*** Gemeinsame Werte und Kultur***
•—Unzufrieden (N-Til 1)
—X—Zufrieden (N-Til 3)
Signifikanz des Mittelwertunterschiedes zwischen den Gruppen: * a < . l , * * a < . 0 5 , ***a<.01 Abbildung 6-21: Einsatz operativer Gestaltungsansatze bei zufriedenen und unzufriedenen Vertriebspartnem (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
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Kapitel 6
Keine Bedeutung 1 2
Aktueller Status Quo in der Vertriebsorganisation 3
4
5
Hohe Bedeutung 6 7
Segmentiening von Vertriebspartnera Gemeinsame Schulung und Weiterbildung*** Service Level Agreements*** Zentralisierung lokaler Funktionen Interne Kommunikationskan&le*** Definierte Informationsstandards*** Information tlber andere MSricte***
Gemeinsame Kundendatenbank**
•—Unzufrieden(N-Til 1)
-X—Zufrieden (N-Til 3)
Signifikanz des Mittelwertimterschiedes zwischen den Gruppen: •a<.l,**a<.05,***a<.01 Abbildung 6-22: Einsatz operativer Gestaltungsans&tze bei zufriedenen iind unzufriedenen Veitriebspartnem (Fortsetzung) (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S.37)
•
Koordination und Unterstiitzung durch Information: Die Anstrengungen, die Hersteller im wichtigen Bereich der intemen Informationspolitik untemehmen, zeigen einen iiberaus starken Einfluss auf die Zufriedenheit in den Markten. Jede der vier aufgenommenen AnsStze (s. Abbildung 6-22, S. 248) weist hoch signifikante Mittelwertunterschiede bei den Grappen auf. Der Ausbau intemer Kommunikationskanaie, die Definition von Informationsstandards sowie die Unterstiitzung durch Informationen aus anderen Markten zeigen allesamt einen starken Einfluss auf die Zufiiedenheit der Vertriebspartner. Auch der Einsatz einer gemeinsamen Kundendatenbank kann wie es scheint, zur Erhohung der Zufriedenheit von Vertriebspartnem bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller beitragen (s. Abbildung 6-22, S. 248).
249
Vertriebsgestaltung des Herstellers
6.4 Prozess einer kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit 6.4.1 Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung Die hohe Bedeutung der Zufriedenheit der Vertriebspartner in einer intemationalen Marktorganisation fordert ein systematisches Vorgehen. Dazu wird ein typischer Managementprozess zur Umsetzung einer intemen Kundenorientierung modelliert (s. auch Absatz 6.3.5.2, S. 197 ff.), wie er bspw. von Bruhn (2002, S. 29) vorgeschlagen wird. Der Prozess beinhaltet die vier Phasen der Diagnose, der Planung, der Umsetzung und der Kontrolle (s. Abbildung 6-23, S. 249). Zunachst sind die Situation und die Bediirfiiisse der intemationalen Vertriebspartner als „inteme Kunden" zu analysieren (Rosenbloom 1990, S. 53). Hierzu muss festgelegt werden, ob samtliche oder nur bestimmte Vertriebspartnergruppen betrachtet werden soUen. Durch die Befragung der ausgewahlten Vertriebspartner konnen Verbesserungspotenziale bei den Massnahmen des Herstellers identifiziert werden. Im nachsten Schritt, der Planung, werden Ziele und Strategien festgelegt, um die Zusammenarbeit zu verbessem (Rosenbloom 1990, S. 53). In der Phase der Umsetzung fmden die zuvor festgelegten Massnahmen der intemen Kundenorientierung ihren Einsatz, deren Erfolg in der Kontrollphase auf dem Prufstand steht. In dieser letzten Phase ergeben sich wichtige Hinweise, die notwendige Verbesserungen bei der Vorgehensweise aufzeigen konnen. Im Folgenden werden die in einzelnen Prozessphasen zum Einsatz kommenden Instrumente und die zu treffenden Entscheidungen vorgestellt und diskutiert.
• Zu t>etraclitende Vertriebspartner festlegen,
• Zeit-und Organisationsvergleiche durchfQhren, • Erfolge von Massnahmen evaluieren,
• Lol(ale Situationen und BedUrfnisse erfassen und analysieren,
• Hinweise fOr Planung erart)eiten.
• Verbessemngspotenziale identifizieren.
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^^K e o^^B^ • Technische, finanzielle und personelle Ressourcen mobilisieren,
• Ziele und Strategien in der Zusammenarbeit festlegen und priorisieren,
• Marktorganisation infomiieren und Widerstande uberwinden.
• Strategien und Massnahmen i^onfigurieren, • interne Ven-echnung und Budget bestimmen.
Abbildung 6-23: Vierphasen-Prozess zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit
250
Kapitel 6
Die dynamische Betrachtung ermoglicht es Herstellem, ein konkretes Vorgehen zu modellieren. Sie kSnnen die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem voranbringen, indem sie die vorgestellten GestaltungsansStze entsprechend ihrer Ressourcenstarke auswahlen und einsetzen.
6.4.1.1 ,JDiagnose": Potenziale identifizieren Eine griindliche Diagnose steht am Anfang einer systematischen Verbessenmg der Zusammenarbeit. Dazu ist festzulegen, welche Vertriebspartner betrachtet werden sollen. Eine Befragung gibt Aufschluss fiber lokale Situationen und hilft, Verbesserungspotenziale zu identifizieren, die als Basis der Konfiguration von Massnahmen dienen. Zu betrachtende Vertriebspartner festlegen In einem allerersten Schritt muss festgelegt werden, ob alle Vertriebspartner befragt werden sollen oder nur ausgewahlte (bspw. nach Erfolg, Region, Konflikthaufigkeit, rechtlicher ZugehSrigkeit). Bei der Bestinmiung der zu befragenden Einzelpersonen, der „intemen Kxmden", kommen einerseits lokale GescMftsfuhrer, andererseits aber auch produkt- oder bereichsverantwortliche Vertriebsmitarbeiter, etwa bei Vertretungen Oder ggf. Verkaufspersonal in Frage. Die Identifizierung des zu befragenden Personenkreises stellt insbesondere in grossen Konzemen mit intemationalen Standorten eine grosse Herausforderung dar und ist mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden (Kunzel 1999, S. 177). Es existiert eine grosse Anzahl an Marketing- und Vertriebsmitarbeitem, die als potenzielle interne Kunden in Frage kommen. Hierzu gehoren bspw. die lokale GeschaftsfUhrung, Mitarbeiter des lokalen Marketing, der Kommunikationsabteilung, der lokalen Servicebereiche, der Vertriebsleitung und des Vertriebsaussendienstes. Zunachst muss deshalb entschieden werden, welche Mitarbeiter iiberhaupt befragt werden sollen. Es k6nnen bspw. Mitarbeitergruppen aus Funktionsbereichen des Untemehmens ausgewShlt werden, die sich in der Zusammenarbeit als besonders problematisch erweisen. So k6nnen in dieser Phase z. B. Mitarbeiter des Vertriebsaussendienstes im Mittelpunkt stehen, weil sich etwa die Zusammenarbeit mit diesen als besonders konfliktreich darstellt. Auch kdnnen Eingrenzimgen auf bestimmte geografische oder kulturelle Gebiete sowie die hierarchische Stellung vorgenommen werden, um auch hier die Sichtweise von in sich homogenen Gruppen zu erfassen. Der Eingrenzung sind aus theoretischer Sicht wenige Grenzen gesetzt, auch Kombinationen verschiedener Segmentierungskriterien sind denkbar. In der Praxis sind jedoch meist
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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konkrete Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen intemen WertschSpfungspartnem der Grund fur eine genauere Betrachtung und eine entsprechende Beriicksichtigung im Management. Deshalb sind die „intemen Kimdensegmente" in der Praxis meist bereits beim Zustandekommen des Projektes festgelegt. Merkmale der lokalen Situation erfassen Wurde eine „inteme Kundengruppe" ausgew^hlt, kann diese nach Verbessemngspotenzialen befragt werden. Hierbei geniigt es nicht, direkt nach den zu verbessemden Aspekten zu fragen. Es sollten auch situative Variablen erfasst werden (s. Kapitel 4, S. 79 ff.), die Hersteller fur die Ursache unterschiedlicher lokaler Bediirfiiisse halten (Rosenbloom 1990, S. 54). Zwar lassen sich diese lokalen Rahmenbedingungen meist nicht vom Hersteller beeinflussen. Sie tragen allerdings zum besseren Verstandnis der lokalen Bediirfiiisse bei und erhohen damit die Zielgenauigkeit der Vertriebsgestaltung (Rosenbloom 1990, S. 54). Situative Unterschiede, die Unzufiiedenheit verursachen, liegen dabei z. B. in den unterschiedlichen Bedtirfiiissen extemer Kunden, in lokalen Kulturen, Normen und Gesetzen sowie in der geografischen Distanz (s. Kapitel 4, S. 79 ff.). Haufig fuhrt auch die meist in der Anfangsphase der intemationalen Aktivitaten noch geringe lokale Kompetenz zu besonderen Bedtirfiiissen an die zentrale Unterstutzung und Fiihrung (s. Absatz 4.1.3.3, S. 92 ff und Absatz 6.3.6.2, S. 206 ff.). Verbesserungspotenziale identifizieren Um die wesentlichen Beurteilungskriterien der intemen Zusammenarbeit aus dem Blickwinkel der Vertriebspartner zu ermitteln, empfehlen sich Fokusgruppengesprache und Interviews mit Vertriebspartnem. Bei der Zusammensetzung der Teilnehmer ist darauf zu achten, dass man je nach Problemlage moglichst unterschiedliche Vertriebspartner mit einbezieht (bspw. unabhSngige und abhSngige, grosse und kleine, Kemund Nebenmarkte, erfolgreiche und erfolglose, erfahrene und unerfahrene), um ein m6glichst breites Spektrum an Wahmehmungsdimensionen zu erhalten. Bereits durch die offene Diskussion im Rahmen eines interaktiven Workshops werden unterschiedliche Sichtweisen der Parteien deutlich und konnen begriindet und vertieft werden. Um den Aufwand zu begrenzen, konnen Fokusgruppeninterviews bspw. im Rahmen des jahrlichen Sales-Meetings durchgefuhrt werden. Als Ergebnis dieses Schrittes kann eine Liste der ermittelten Verbesserungspotenziale erstellt werden, anhand derer samtliche betrachtete Vertriebspartner eine Bewertung der Teilaspekte vomehmen kSnnen. Hierbei ist zum einen die Zufriedenheit mit dem jeweiligen Teilaspekt zu erfi*agen,
252
Kapitel 6
zum anderen die Relevanz, die der Vertriebspartner dem Teilaspekt fur seine lokale Geschaftstatigkeit beimisst. Ftir die Bewertung der Teilaspekte empfiehlt sich aus Kostengriinden eine standardisierte schriftliche Befragung, in der auch die entsprechenden Situationsvariablen erfasst werden kSnnen. Beispiele fur relevante Teilaspekte in der Zusammenarbeit wurden bereits in Tabelle 5-1 (Abschnitt 5.2, S. I l l ) aufgezeigt. Zur weiteren Analyse kdnnen Befragungsergebnisse in Form einer Matrix dargestellt werden (s. Abbildung 6-24, S. 252). Auf der Basis der Einordnung in die Matrix wiederum k5nnen die zufriedenheitsrelevanten Teilaspekte der Zusammenarbeit priorisiert werden. Abbildung 6-24 (S. 252) zeigt beispielhaft das Ergebnis einer Befragimg, die vom Autor bei einem mittelstSndischen Industrieuntemehmen durchgefuhrt wurde. Die Bezeichnungen der Teilaspekte wurden dabei im urspriinglichen englischen Wortlaut der Untersuchung belassen.
•OocudMnti m d tonns
-Products/
•Premodon malarial aAvaiMiMity
•ftaw j_-___,
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•Warranty casM quatty
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Zufri«denheit »of infofmaQOf
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Bedeutung
Abbildung 6-24: Teilaspekte der Zusammenarbeit im Zufriedenheits-Bedeutungs-Diagramm
Bei der Einordnung in das Diagramm kann das praktische Probleme auftreten, dass nicht klar ist, wo die Grenzen fiir die Quadranten festzulegen sind. Dabei ist schliesslich immer ein gewisser Ermessensspiekaum gegeben. Der Autor halt es fur sinnvoU, die Achsen der Matrix eher als ordinal denn als metrisch skaliert zu verstehen. Die Lage der Teilaspekte in der Matrix gibt demnach vor allem Aufschluss iiber die relative Bedeutung und Zufriedenheit zueinander. Betrachtet man bspw. die Verteilung der Zufriedenheit in verschiedenen empirischen Datensatzen, stellt man haufig eine
Vertriebsgestaltung des Hcrstellers
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Rechtssteilheit fest. Dies lasst darauf schliessen, dass Befragte dazu neigen, sich eher als zufrieden einzustufen, denn als unzufiieden. Das Ergebnis in Bezug auf einen bestimmten Teilaspekt ist deshalb immer im Vergleich zu anderen Teilaspekten zu sehen und entzieht sich einer absoluten Betrachtimg. Um dieser Erkenntnis gerecht zu werden, kaiin der Ursprung des Koordinatensystems durch den Schwerpunkt der Punktewolke (arithmetisches Mittel von Zufiiedenheit und Bedeutung tiber alle Variablen und alle Faile) gelegt werden.
6.4.1.2 „Planung": Massnahmen festlegen Nachdem die Koordinaten des Diagramms festgelegt wurden und samtliche fiir die Zusammenarbeit relevanten Aspekte erfasst und in das Diagramm aufgenommen wurden, kann bereits eine Priorisierung vorgenommen werden. Wichtig und zugleich dringend scheint eine Verbesserung der Teilaspekte, die in Quadrant 1 liegen (s. Abbildung 6-25, S. 254). Diese weisen trotz ihrer hohen Bedeutung fiir die lokale Geschaftstatigkeit keine zufrieden stellende Auspragung auf. Gerade aufgrund ihrer hohen Bedeutung bergen diese Aspekte der Zusammenarbeit besondere Konfliktpotenziale in sich. Hierzu gehOren im oben dargesteUten Beispiel (Abbildung 6-24, S. 252) die vom Hersteller zur Verfiigung gestellten Marktinformationen, Transferpreise, Unterstutzung in Preiskampfen, Lange von Antwortzeiten, Informationen bei Engpassen sowie die allgemeine Gestaltung von Margen der Produkte. Ziel ist es fiir diese Aspekte Losungsaltemativen zu finden, die die Zufriedenheit erhohen und so dazufiihren,dass sich die Aspekte in den Quadranten 3 bewegen. Weiterer Handlungsbedarf besteht bei den Teilaspekten, die sich in Quadrant 4 befinden. In Bezug auf diese Aspekte besteht bei den Vertriebspartnem eine hohe Zufriedenheit, obwohl sie nach deren Einschatzung keine RoUe fiir die lokale Geschaftstatigkeit spielen. An dieser Stelle kann der Hersteller Ressourcen einsparen, indem er sein Engagement und seinen zeitlichen Einsatz bei betroffenen Aspekten abbaut. Freiwerdende Ressourcen kdnnen fiir Teilaspekte in Quadrant 1 reinvestiert werden. Durch die veranderte Schwerpunktbildung nimmt die Zufriedenheit mit den Aspekten des Quadranten 4 ab und wird damit der geringen Bedeutung gerecht. Den dadurch in Quadrant 2 befindlichen Aspekten muss der Hersteller kein weiteres Engagement entgegenbringen. Jedoch soUte er diese beobachten, da exteme EinflUsse wie z. B. Veranderung rechtlicher Rahmenbedingungen oder von Kundenbediirfiiissen die Bedeutung einzelner Aspekte erhohen kOnnen. In diesem Fall ist ggf zu intervenieren. Es
Kapitel 6
254
stehen damit drei strategische Altemativen zur Verfiigung: Verbessem, Einsparen und Beobachten. Exteme EinflQsse verdndem Bedeutung
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Abbildung 6-25: Optionen zur Priorisienmg und Behandlung von Teilaspekten
Fiir die ausgewShlten Aspekte kann nun eine Zielposition festgelegt werden. Vorteilhaft ist es an dieser Stelle, Datenmaterial anderer Messungen (z. B. aus den Voijahren) Oder von weiteren Untemehmen als Benchmark einzusetzen. Auf diese Weise gelingt es, den eigenen Standort zu reflektieren und auch bei der Bestimmung der Ziele ein besseres FingerspitzengefUhl zu entwickeln. Ggf. mtissen an dieser Stelle Teilaspekte von der Analyse ausgeschlossen werden, etwa weil sich bereits aktuelle Projektgruppen ihrer annehmen. Hierbei ist die Information niltzlich, ob sich die ggf. bereits eingeleiteten ersten Massnahmen als wirksam erweisen oder nicht. Das kann bereits durch die Befragung erfasst werden. Ist die Zielposition bestimmt imd sind die zu betrachtenden Teilaspekte abgegrenzt, stellt sich die Frage, wie die Zufriedenheit mit einzelnen Teilaspekten erhSht werden kann. Hierzu stehen dem Untemehmen eine grosse Anzahl von Massnahmen zur Verftigimg (s. Abschnitt 6.3, S. 160). Die Strategien hangen dabei von den inhaltlichen Bezugspunkten der identifizierten Aspekte der Zusammenarbeit ab. Das strategische Entscheidungsfeld gestaltet sich bspw. bei Aspekten der Kultur und Kommunikation grundlegend anders als bei Aspekten der Unterstiitzung bei der Auftragsabwicklung Oder beim After-Sales Services. Eine gute Kenntnis der Problemlage ist notwendig, um einerseits moglichst gute Problemlosungen zu finden, andererseits aber auch die
Vertriebsgestaltung des Herstellers
255
Kosten fur die Losungen in einem vemunftigen Rahmen zu halten. Hinweise von Vertriebspartnem oder ggf. gemeinsame Losungsworkshops geben auch hierbei entsprechend Aufschluss und helfen, adequate L5sungen zu entwickeln. Dabei k5nnen gleichzeitig die Vertriebspartner verpflichtet werden, die gemeinsam entwickelten Massnahmen auch umzusetzen. Die fUr die Verbesserung der Zusammenarbeit zus^tzlich benotigten Budgets hangen selbstverstandlich grundlegend von den gewShlten Strategien und Massnahmen ab. Die organisatorische Umgestaltung z. B. durch die Einfuhrung landerubergreifender Verkaufsteams schlagt sich anders nieder als die Einfuhrung eines Newsletters, der die Kommunikation zu den dezentralen Einheiten unterstutzt. Zudem muss die Verteilung des Budgets auf die zentralen und dezentralen Einheiten berucksichtigt werden. Teilweise kann das zur VerfUgung stehende Budget fur bestimmte Massnahmen (aus Sicht zentraler Bereiche) dadurch erhoht werden, indem Mitarbeiter intemationaler Vertriebseinheiten iiberzeugt und an den ben6tigten Mitteln beteiligt werden.
6.4.1.3
„Umsetzung": Informieren und mobilisieren
Bedeutsam fur eine konsequente Implementierung ist zum einen die Umsetzung im Siime der Festlegung von konkreten Inhalten und Massnahmen und zum anderen die Durchsetzung dieser im Sinne der Erzielung einer breiten Akzeptanz der Umsetzungsmassnahmen in der gesamten Vertriebsorganisation (Belz 1981, S. 382). Zunachst muss, wie bereits betont, die Finanzierbarkeit der Losungen sichergestellt werden. Dazu sind zusatzliche Ressourcen aus zentralen Budgets zu mobilisieren oder aber Ktirzungen an anderer Stelle vorzunehmen. Dies hangt vor allem vom Umfang des Vorhabens ab. Ebenso miissen detaillierte Plane zur technischen Umsetzung erarbeitet werden. Insbesondere bei der Einfuhrung neuer IT-Tools und -Systeme konnen bereits kleinere technische Fehler zum Zeitpunkt der Umsetzung eine Inakzeptanz gegeniiber der Anwendung hervorrufen, wodurch das Vorhaben leicht scheitem kann. Die inhaltliche, technische und fmanzielle Stimmigkeit der Losungsansatze ist allerdings nur die notwendige Bedingung fiir den Erfolg der Massnahmen. Als hinreichende Voraussetzung ist dariiber hinaus die Uberzeugung und Mobilisierung der Mitarbeiter in der Vertriebsorganisation gefordert. Denn bei der Umsetzung tiberwiegen nicht die sachlichen, sondem die emotionalen, personellen und kulturellen WiderstSnde gegen Massnahmen, die von der Zentrale getroffen werden (Belz 1981, S. 380; Belz 1998, S. 620). Vor allem die Mitarbeiter
256
Kapitel 6
der Zentrale, aber auch alle anderen an der Entwicklimg von Losungen beteiligten Mitarbeiter der Vertriebsorganisation haben die Aufgabe, diese Uberzeugungsarbeit zu leisten. Bestehende Zweifel und falsche Vorstellungen miissen abgebaut (Belz 1981, S. 363) und der Nutzen der Losungen verdeutlicht werden. Indem Vertriebspartner bereits bei Diagnose und Planung konsequent einbezogen werden, werden die Massnahmen eher akzeptiert. Ggf. sind einzelne Teams aus dezentralen und zentralen Mitarbeitem zu bilden, die jeweils als ,J*ate" ftir ihre L5sung einstehen und weit reichende Informations- und ErklSrungsarbeit iibemehmen. Auch Leiter von Vertriebsgesellschaften mussen an der inhaltlichen Umsetzung arbeiten und diese mit ihren Mitarbeitem vorantreiben und stutzen (George/Gronroos 1995, S. 72 ff.). AUerdings darf nicht der Eindruck entstehen, Vertriebsleiter aus der Zentrale hatten in erster Linie WiderstSnde der Vertriebspartner zu ilberwinden. Von diesen werden Losimgen, die an ihren Problemen ansetzen, teilweise sehr begriisst und sogar unterstiitzt. Jedoch sind auch in der Zentrale meist mehrere Abteilungen von den erarbeiteten Losimgsansatzen betroffen. Die eigentliche Herausforderung besteht deshalb fiir Vertriebsleiter aus der Zentrale meist darin, die intemen Htirden im Stammhaus zwischen Marketing, After-Sales Services, Logistik, Produktion und je nach Spezialisierungsgrad weiteren zentralen Abteilungen zu Uberwinden. Hierzu bedarf es hSufig neben einer umfangreichen Information und informellen Absprachen auch einem TopManagement Support, der sicherstellt, dass die Bedeutung des Vorhabens sich auch dort manifestiert. Es bietet sich daher an, Mitarbeiter der jeweils betroffenen Abteilungen ebenfalls in die Entwicklung von Ldsungen einzubinden. Damit wird die Voraussetzung dafur geschaffen, dass die Massnahmen erfolgreich umgesetzt werden. Vertriebspartner berichten teilweise darttber, dass bereits angektindigte Massnahmenpakete nie zum Einsatz gekommen sind (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Hierdurch werden das Misstrauen imd die Vorurteile gegentiber dem Hersteller weiter geschiirt. Gleichzeitig nimmt die Bereitschaft der Vertriebspartner ab, sich bei weiteren Projekten der Zusammenarbeit zu engagieren, was deren Erfolgswahrscheinlichkeit senkt. Die konsequente imd gewissenhafte Umsetzung steUt somit die herausfordemdste Aufgabe im Prozess zur Verbesserung der Zusammenarbeit dar.
6.4.1.4
„Kontrolle": Zeit- und Organisationsvergleiche
Nach der Umsetzung einzelner Massnahmen konnen einmalige oder regelmassige Kontrollen eingesetzt werden, um Fortschritte zu erfassen. Bei der Kontrolle wird
Vertriebsgestaltung des Herstellers
257
noch einmal deutlich, ob die formulierten Ziele hinreichend prazise formuliert wurden und inwieweit diese realisiert werden konnten. Konnten Ziele nicht hinreichend erfiillt werden, lasst dies zweierlei Riickschltisse zu: Zum einen ergibt sich ein Bild iiber die Realitatsnahe der Zielbildung. Die verantwortlichen Manager erhahen ein Gefuhl dafur, in welchem Ausmass Steigerungen der Zufriedenheit realistischerweise iiberhaupt moglich sind. Zum anderen gibt eine schlechte Zielerreichung auch Hinweise ftir die Auswahl und den Einsatz der Massnahmen, die bei der weiteren Umsetzung zu benicksichtigen sind. Die KontroUphase ist deshalb unerlasslich, um die Qualitat des Managementprozesses zu verbessem. Sie spielt ebenso eine wichtige RoUe fiir die Manager im Stammhaus, die nicht selten in der intemen Kritik stehen und in der Herstellerorganisation die Kosten und Erfolge ihrer Aktivitaten detailliert kommunizieren und verteidigen mtissen. Zur KontroUe konnen Zeit- und Grganisationsvergleiche herangezogen werden. Zeitvergleiche geben einen guten Aufschluss daruber, wie sich die betrachteten Zufriedenheitswerte im Verlauf der Zeit entwickeln. Zeitvergleiche sind insbesondere fiir die Wirkungskontrolle der eingesetzten Massnahmen heranzuziehen. Ob sich die Zusammenarbeit in einer Vertriebsorganisation im Laufe der Betrachtungsperiode verbessert hat, kann damit iiberprUft werden. AUerdings kann keine Aussage daruber getroffen werden, ob die Zusammenarbeit im Vergleich zum Wettbewerb eine bessere oder schlechtere Ausgangsposition verschafft. Untemehmen benotigen deshalb weitere Bezugspunkte, mit denen sie ihre Zusammenarbeit vergleichen konnen. Da ein direkter Vergleich mit Wettbewerbsorganisationen meist aus strategischen Griinden ausgeschlossen wird, Ziehen Hersteller entweder Vertriebsorganisationen anderer Divisionen oder anderer Hersteller heran, um durch ein Benchmarking ihre eigene Position zu ermitteln. Zeit- und Grganisationsvergleiche schliessen sich nicht aus, vielmehr erzeugen sie ein ergSnzendes Bild tiber den Stand der Zusammenarbeit. Abbildung 6-26 (S. 258) zeigt die Moglichkeiten der KontroUe. Neben der Wahl des Vergleichsobjektes k5nnen unterschiedliche Inhalte zum Gegenstand eines Vergleiches gemacht werden. Die Zufriedenheit mit Teilaspekten oder aber die Zufriedenheit mit der gesamten Zusammenarbeit konnen als Vergleichsinhalt dienen. Der Vergleich von Teilaspekten ist zum einen ftir eine detaillierte Diagnose, zum anderen aber auch fur die WirksamkeitskontroUen der Massnahmen heranzuziehen. Die Teilaspekte geben Aufschluss iiber das Zustandekommen von Gesamturteilen. Beim Organisationsvergleich kann bspw. die Bedeutung von Teilaspekten aufgrund von Branchenunterschieden stark variieren. Diese Unterschiede konnen durch eine
258
Kapitel 6
Detailanalyse von Teilaspekten ebenfalls aufgedeckt werden. Analysen der Teilaspekte geben dem verantwortlichen Management damit wichtige Informationen fur die Planung und den Einsatz von Massnahmen zur Verbessenmg der Zusammenarbeit.
Gesamtindex
Dimenstonen
Gesamtzufriedenheit • FIrma x: 25.47 Punkte,
• FIrma y: 26.59 Punkte, • Firma z: 29.01 Punkte.
§ Gesamtzufriedenheit •Zeitpunktt-1: 26.12 Punkte. •ZeitpunkttO: 25.47 Punkte.
Abbildimg 6-26: Zeit- und Organisationsvergleich ftir Teilaspekte und Gesamtzufriedenheit
Fiir die Gesamtbeurteilung der Zusammenarbeit scheint es sinnvoll, eine Komprimierung der Daten vorzunehmen, um die aspektttbergreifende Leistungsfahigkeit der Zentrale schnell und tibersichtlich darstellen zu kSnnen (Stauss/Neuhaus 1995, S. 595). Diese konnen ggf. auch fiir die Leistungsbewertung des zentralen Vertriebsmanagements herangezogen werden (s. Absatz 6.3.2.4, S. 174). Hierbei scheinen zwei Aggregationsstufen sinnvoll: Ein globales Mass fiir die Gesamtzufriedenheit gibt einen GesamtUberblick. Masse fiir die einzelnen Beurteilungsdimensionen geben hingegen Einblicke in die verschiedenen intemen Leistungsdimensionen des Herstellers. Dabei kann in beiden Fallen ein Ratingverfahren imd ftir zeitliche Vergleiche ggf. eine Indexierung vorgenommen werden, die Zufiiedenheitsurteile und Bedeutungen der Teilaspekte miteinander verbindet (Stauss/Neuhaus 1995, S. 595 f.). Als Grundlage der Berechnung eines Ratingwertes dienen Daten aus einer standardisierten Befiagung der Vertriebspartner. Zufiiedenheits- und Bedeutungswerte zu den einzelnen Teilaspekten kftnnen dabei durch fiinf- oder siebenstufige Ratingskalen erhoben werden. Siebenstufige Ratingskalen erhohen einerseits die Komplexitat fur den Befragten, weisen andererseits aber meist eine hohere Streuung auf, weshalb sie besseren Aufschluss geben konnen. Aus diesen Daten berechnet man die arithmetischen Mittelwerte samtlicher Zufiiedenheits- und Bedeutungswerte (Gleichung 1 und Glei-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
259
chung 2). Auf Basis der Mittelwerte kann schliesslich der Ratingwert R ermittelt werden (Gleichung 3). (1)
z,. = Mittelwert der Zufriedenheitsvariahle Zf iiher alle Fdllefi fur i = 1 bis n undj = 1 bis m Zf = — 2^ Zy, fur i = 1 bisn undj = 7 bis m ^
m
(2)
bf = Mittelwert der Bedeutungsvariable bt ilber alle Fdllefj^ fur i = 1 bis n undj = 1 bis m 1 ^ bf = — A^/, > fu^ i = 1 bis n undj = 1 bis m
(3)
S = Salespartner-Satisfaction Score 5* = — Y Z; • Z?,., fur i = 1 bis n n„
Der Maximalwert des Ratings liegt bei siebenstufigen Skalen demnach bei einem Wert von 49, der Minimalwert bei 1. In der Realitat liegen Werte irgendwo zwischen diesen Grenzwerten. Um auch Vergleiche mit solchen Befragungsergebnissen herstellen zu kSnnen, bei denen andere Ratingskalen verwendet wurden, ist der tatsachlich erreichte Wert ins Verhaitnis zum Maximalwert zu setzen. Hierdurch erhalt man eine relative Pxmktwerterreichung. Dem Autor bekannte Untemehmen, die nach diesem Verfahren die Zufriedenheit ihrer Vertriebsorganisation evaluieren, erreichen zwischen 50 und 65 Prozent der maximalen Punktzahl. Andere Verfahren ermitteln lediglich die Summe der Produkte aus mittleren Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen. Einem solchen Vorgehen ist das vorgestellte Verfahren iiberlegen, denn es ist gegen Verzerrungen resistent, die durch Hinzufiigen, VerSnderung oder Entfemen einzelner Variablen entstehen. Dies ist in der Praxis im Laufe der Zeit haufig notwendig, da sich durch technologische, markt- und organisationsbezogene Ver^nderungen die wichtigen Teilaspekte und damit die zu erfassenden Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen andem. Das aufgezeigte Verfahren lasst sich selbstverstandlich auch fur die Analyse der einzelnen in Abbildung 6-26 (S. 258) dargestellten Beurteilungsdimensionen verwenden (s. auch Abschnitt 5.3, S. 113 ff.). Dazu sind pro Dimension lediglich die jeweils zugehorigen Zufriedenheits- und Bedeutungsvariablen mit einzubeziehen. Es ergeben sich in diesem Fall je nach Auswertung Punkt- oder Verhaltniswerte pro Beurteilungsdimension.
260
Kapitel 6
6.4.2 Zwischenfazit: Nachhaltigkeit durch systematisches Vorgehen Es hat sich in Absatz 6.4.1 (S. 249 ff.) gezeigt, dass fur eine nachhaltige Verbessenmg der Zusammenarbeit nicht alleine die Kenntnisse iiber mogliche GestaltungsansStze ausreichen. Vielmehr milssen Instnimente eingesetzt werden, um eine griindliche Diagnose der Zusammenarbeit zu ermdglichen. Das Bauchgefuhl des Stammhausmanagers fuhrt haufig zu anderen Ergebnissen als die Befragung der Vertriebspartner selbst. Fehleinschatzungen in der Diagnose fiihren leicht dazu, dass Massnahmenpakete ihr Ziel verfehlen. Es zeigt sich, dass bereits eine schriftliche Befragung und Auswertung ein hohes Ausmass an Detailplanung und Tiefgang verlangen. FUr die Auswahl und Umsetzung von Massnahmen werden hingegen andere Fahigkeiten benotigt. Es ist abzuschStzen, welchen Aufwand, welche Wirkung in der Zusammenarbeit imd welche Wahrscheinlichkeit der reibimgslosen Umsetzimg die zur Verfugung stehenden Massnahmen mit sich bringen. WShrend der Umsetzung sind soziale Kontakte zu nutzen und personelle WiderstSnde durch Uberzeugung und Fingerspitzengefuhl zu uberwinden. Erst durch eine regelmSssige Kontrolle mit Hilfe von Zeitund Organisationsvergleichen gelingt es, objektiv den Erfolg der Anstrengungen imd die Position der Vertriebsorganisation zu ermitteln. Hierdurch werden Potenziale und Starken im intemationalen Vertrieb sichtbar. Durch eine systematische imd regelmassige Wiederholung des Prozesses kann die WettbewerbsfShigkeit der Vertriebsorganisation kontinuierlich verbessert werden, die die Basis fiir nachhaltigen Vertriebserfolg darstellt.
6.5 Fallstudien zur situativen Vertriebsgestaltung 6.5.1 Zielsetzimg und Selektion der Fallstudien Der Abschnitt 6.5 untersucht, wie drei unterschiedliche Firmen die Zusammenarbeit mit intemationalen Vertriebspartnem gestalten. Die Betrachtung der Untemehmenssituationen und Losungen in einem Gesamtzusammenhang scheint ergiebig, um die in den vergangenen Abschnitten 6.2 (S. 140 ff.) bis 6.4 (S. 249 ff.) erarbeiteten operativen und strategischen GestaltungsansStze zu illustrieren. Dariiber hinaus konnen Gestaltungsansatze in ihrem situativen Kontext dargestellt sowie Einflussfaktoren und Zusammenhange bei der Wahl und dem Einsatz der Gestaltungsansatze interpretiert werden. Damit tragt die inhaltliche Durchdringung der Falle „BASF AG", „Gallus Ferd. Rtiesch AG" und „Nanosurf AG" dazu bei, die Antworten auf die Forschungsfragen 2 und 3 (s. Abschnitt 1.3, S. 6 ff.) noch einmal in einen konkreten Zusammenhang zu stellen.
261
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Zur Datenerhebung wurde in den drei Fallen eine Kombination aus heuristischen, qualitativ-empirischen und quantitativ-empirischen Methoden eingesetzt. An dieser Stelle sei noch einmal auf die Details der eingesetzten Methoden verwiesen, die bereits in den Absatzen 2.4.1 (S. 34 ff.) und 2.4.2.3 (S. 46) ausfiihrlich dargestellt und erdrtert wurden (s. Tabelle 2-3, S. 37 und Tabelle 2-7, S. 48). Bei der Auswahl der Fallstudien wurde das Ziel verfolgt, solche Untemehmen mit einzuschliessen, die moglichst unterschiedliche Ausgangslagen besitzen. Dazu wurden ein Kleinuntemehmen, ein mittelstandisches Untemehmen und ein Grosskonzem herangezogen, die jeweils aus unterschiedlichen Branchen stammen und verschiedene Vertriebsorganisationen aufweisen. Die Unterschiedlichkeit der FSlle soil Parallelen und Akzente betonen, die sich in der Zusammenarbeit mit intemationalen Vetriebspartnem imd deren Gestaltung fur den Hersteller ergeben. Abbildung 6-27 (S. 261) zeigt die unterschiedlichen Konstellationen der betrachteten Untemehmensfalle. Die Herstelleruntemehmen haben verschiedene Untemehmensgrossen, die sich u. a. in Unterschieden in der Vertriebsorganisation niederschlagen.
Kleinuntemehmen 0LASEROP7TC5S
herstellerelgen
kooperativ
Untemehmensfalle
Vertriebsform
Abbildung 6-27: UntemehmensgrOsse und Vertriebsformen als Rahmenbedingungen der Fallstudien
• Die Nanosurf AG ist ein Schweizer Kleinuntemehmen am Standort Liestal. Der weltweite Vertrieb von Hightechgeraten wird aus Ressourcengrunden (Sum /Reinhold 2004, S. 32) ausschliesslich von herstellerfremden Distributoren wahrgenommen.
262
Kapitel 6
• Die Gallus Ferd. Riiesch AG ist ein mittelstandisches Untemehmen in der grafischen Industrie mit Hauptsitz in St. Gallen, Schweiz. Das Untemehmen setzt international verschiedene Vertriebsformen ein. So existieren in wichtigen MSrkten, in denen das Untemehmen bereits seit vielen Jahren present ist, eigene Vertriebsgesellschaflen. Seit einigen Jahren kooperiert Gallus eng mit dem Untemehmen Heidelberg, das sich im Jahr 1999 bei Gallus beteiligt hat imd iiber dessen Vertriebsgesellschaften Gallus insbesondere in starken WachstumsmSrkten wie Osteuropa, Asien und Lateinamerika present ist. In anderen MSrkten greift man hingegen auf unabhangige Distributoren zurUck. • Die BASF AG mit Hauptsitz in Ludwigshafen geh6rt mit etwa 46'500 Mitarbeitem in Deutschland zu den grfissten industriellen Arbeitgebem des Landes und ist der grosste Chemiekonzem weltweit. Die im Fall betrachtete Division Feinchemikalien erfuhr im Jahre 2001 eine Reorganisation, seitdem werden Vertriebsaufgaben in den verschiedenen MMrkten ausschliesslich von herstellereigenen Vertriebsmitarbeitem wahrgenommen. Die folgenden AbsStze 6.5.2 (S. 262 ff.) bis 6.5.4 (S. 288 ff.) zeigen die Anstrengungen, die von den Herstellem „Nanosurf AG", „Gallus Ferd. Ruesch AG" und „BASF Fine Chemicals Europe" zur Verbessemng der Zusanunenarbeit mit ihren intemationalen Vertriebspartnem durchgeftihrt wurden. Samtliche Infomiationen zu den Fallen stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, aus der in Tabelle 2-7 (S. 48) dargestellten Datenbasis.
6.5.2 Die Nanosurf AG: Vertriebsgestaltung im Kleinuntemehmen Der Fall der Nansosurf AG zeigt, wie ein Kleinimtemehmen mit flachen Hierarchien und geringer Ressourcenstarke vorgeht, um die Zusammenarbeit mit intemationalen Distributoren zu verbessem. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie sind die Ubernahme von Infomiationsaufgaben durch den Hersteller (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 231 ff.), der Umgang mit Spezialanfragen und deren Integration in den Prozess des Neuproduktmanagements (s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 184 ff.) sowie die Weiterentwicklung des Reporting (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 238 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 231 ff.). 6.5.2.1
Ausgangslage bei Nanosurf
Die Nanosurf AG ist ein Hightech-Untemehmen im schnell wachsenden Markt der Nanotechnologie und ein Spin-off der Universitat Basel. Seit der Griindung im Jahr
Vertriebsgestaltung des Herstellers
263
1997 hat das Untemehmen ein bemerkenswertes, organisches Wachstum erlebt und beschafligt zz. achtzehn Mitarbeiter. Der Firmensitz ist der Technologiepark „Tenum" in Liestal, Schweiz, von wo aus das Untemehmen innovative und preiswerte RasterSondenmikroskope mit Auflosimgen im Nanometer-Bereich entwickelt, produziert und vertreibt. Organisation im Stammhaus In den ersten Jahren nach der GrOndung gab es zur Organisationsentwicklung bei Nanosurf kein explizites, auf Papier festgehahenes Konzept. Alle wichtigen Entscheidungen wurden demokratisch gefaUt, wobei alle Mitarbeiter sehr weite Spieb-aume besassen. Konflikte wurden nach Angaben der Mitarbeiter „offen und fair ausgetragen und nicht durch eine starre Hierarchie unterdruckt" (Befragung Nanosurf I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Vorteile der schnellen Kommunikation und der hohen Flexibilitat, die diese Konstellation ermSglichte, wurden allerdings mit der Zeit durch verschiedene Nachteile iiberlagert, so z. B. durch Redundanzen, Unklarheiten in der ZustSndigkeit und Unstimmigkeiten. Aufgrund der zunehmenden Untemehmensgrdsse wurde deshalb im September 2003 eine starkere organisationale Strukturierung vorgenommen. An der Spitze des Untemehmens stehen nun Dr. Robert Sum als CEO und Dr. Lukas Howald als Verwaltungsratsprasident. Nanosurf besitzt die drei Organisationseinheiten Produktion, Produktentwicklung sowie Marketing und Verkauf Weitere Funktionen wie bspw. der Einkauf werden je nach Bedarf von den operativen Kemabteilungen selbst wahrgenommen. Produktportfolio des Untemehmens Das Untemehmen verfiigt tiber drei Produktlinien, die auf unterschiedliche Kundensegmente abzielen: • „easyScan STM" ist eine Losung fUr die Marktnische schulische und universitare Ausbildung sowie angewandte Forschung, • „easyScan AFM" wird auf dem Massenmarkt fur industrielle QualitatskontroUen sowie industrielle Forschung und Entwicklung angeboten, • „easyPLL" ist ein „Top-Level" Technologiebaustein far professionelle Anwendungen in der Grundlagenforschung. T>iQ wichtigen Vorteile sSmtlicher Nanosurf-Produkte liegen in ihrer einfachen und mobilen Nutzung sowie den relativ niedrigen Anschaffungskosten. Mit der Kommerzialisienmg eines Mikroskops zur OberflSchenanalyse, das einfacher aufgebaut ist als
264
Kapitel 6
die Konkurrenzgerate und zu einem wesentlich giinstigeren Preis angeboten werden kann, hat die Nanosurf AG den Markteintritt gut geschafft. Obwohl die Nanosurf AG zu den kleineren Anbietem auf dem Weltmarkt von iiber 100 Mio. Euro gehdrt, hat sie mit ihren innovativen LQsungen die Marktnische fiir Gerate zur Ausbildung von Studierenden an Hochschulen und Fachhochschulen erfolgreich besetzt und bietet zudem fUr industrielle Kunden ein preiswertes und robustes Einstiegsgerat fiir die Oberflachenanalyse im Nanometerbereich. Internationale Vertriebsorganisation Verantwortlich fUr den Vertrieb ist Dr. Loris Scandella, der die Abteilung Marketing und Verkauf leitet. Wie in der Branche tiblich, werden die physikalisch-chemischen Messgerate auch bei Nanosxuf ilber technisch versierte und qualifizierte Distributoren abgesetzt. Es wurden solche Distributoren ausgewShlt, die komplementare Analytikinstrumente anderer Wettbewerber verkaufen und deshalb zwar Zugang und Kenntnisse Uber Kunden imd lokale MSrkte besitzen, aber trotzdem nicht in Konkurrenz zu den Nanosurf-Produkten stehen. Die im Branchenvergleich hohen Margen von bis zu 45 Prozent machen Nanosurf fUr Distributoren ausgesprochen attraktiv. Ein Vertrieb uber eigene Tochtergesellschaften war und ist fiir das Untemehmen bisher aufgrund der geringen Finanzkraft weder finanzierbar noch ware dies aufgrund der kleinen Marktvolumina in den einzehien Regionen rentabel. Die Distribution erfolgt deshalb hauptsSchlich diu-ch das Vertriebsnetz von weltweit achtzehn unabhangigen Partnem. Gesondert betrachtet werden muss der Markt der Ausbildung, welcher zentral vom deutschen Didaktikvertrieb, der LD Didactic GmbH (ehemals „Leybold Didactic") gefiihrt wird. In Landem und Regionen ohne lokalen Vertriebspartner und fur Spezialanfertigungen fmdet ein Direktvertrieb ab Werk statt. Die Distributoren sind fiir Nanosurf der mit Abstand umsatzstarkste Verkaufskanal, mit dem das Untemehmen zz. 32 Lander in den Regionen Europa, Asien, Amerika und Ozeanien abdeckt (Abbildung 6-28, S. 265). Dazu folgende Details: • Europa: Im Jahr 1997 hat die Gesellschaft die ersten Vereinbarungen mit einigen Distributionspartnem abgeschlossen. AnfSnglich wurde in erster Linie die Marktregion Europa bearbeitet, wo heute noch der grosste Umsatzbeitrag erzielt wird. In Kontinentaleiu-opa erfolgt der Vertrieb durch eine einzige Vertriebsgesellschaft, die Schweizer Schaefer Holding AG und ihre jeweiligen intemationalen Tochtergesellschaften, welche fiir verschiedene Gebiete verantwortlich sind. Fiir Grossbritannien
Vertriebsgestaltung des Herstellers
265
und Irland hat Nanosurf einen weiteren Distributor gewahlt, der besondere Marktkenntnisse besitzt undfrtiherfur einen Wettbewerber gearbeitet hat. • Amerika: In den USA ist fur Nanosurf ein einzelner Distributor zustandig, der bis dahin bei einem Spezialhandler gearbeitet und dort bereits Nanosurf- und Komplement^rodukte verkauft hatte. Nachdem dieser eine eigene Vertriebsgesellsehaft gegriindet hatte, wurde er zum alleinigen Vertriebskanal fur die USA und konnte einen massiven Anstieg der UmsStze bewirken. • Asien und Ozeanien: Asien stellt fiir die Nanosurf AG ein Aufbaumarkt dar. Durch Forschungskontakte hatte man zunSchst einen Distributor in Japan gefunden. Diese erste asiatische Geschaflsverbindung und die daran ankntipfenden Erfolge haben weitere Turen geoffhet. Inzwischen besitzt Nanosurf einen koreanischen Distributor und weitere Vertriebsvertrage fur Malaysia, Thailand, Vietnam, die Philippinen, Indonesien und Taiwan. Vor allem die Erschliessung des chinesischen Marktes hatte zunachst einige Sorgen bereitet, ist aber seit Januar 2002 durch einen Distributor mit Niederlassungen in Hongkong, Peking und Shanghai gut fortgeschritten. Abbildung 6-28 zeigt die intemationale Landerprasenz des High-Tech Untemehmens im UberbUck.
nanoSmf O 18 Distributoren in 1 32 Landern
I^B^ 1 1
r^ " ^ *
Abbildung 6-28: Landerprasenz der Distributoren bei der Nanosurf AG
266
6.5.2.2
Kapitel 6
Diagnose der Zusammenarbeit
Die Konzeption eines geeigneten intemationalen Vertriebssystems war laut Nanosurf AG die grSsste Herausfordemng bei der Vergrdssenmg des Geschaftes. Weil der Heimatmarkt zu klein ist, musste zwingend ein intemationales Netzwerk von Distributoren bzw. Fachhandlem aufgebaut werden (Sum/Reinhold 2004, S. 32). Fur das Unternehmen stand in den Jahren 2002 und 2003 insbesondere die Erweitenmg der Verkaufe in den Randrnfirkten ausserhalb Europas im Vordergnmd. Obwohl diese zu den vertraglich vereinbarten Verkaufsgebieten gehSren, wurden sie nur ungeniigend bearbeitet. Aus diesem Grunde entschloss man sich, das jahrliche Distributorenmeeting im Jahr 2003 dazu zu nutzen, die MSrkte und ihre Anfordenmgen besser kennen und verstehen zu lemen, die Kompetenzen der Distributoren zu fbrdem und Ansatzpunkte fUr eine Verbesserung der Zusammenarbeit zu identifizieren. Dr. Robert Sum betont, dass „der Geschaftserfolg [...] eng mit der Intensitat der Zusammenarbeit zwischen Distributoren und Nanosurf korreliert". Abbildung 6-29 (S. 267) zeigt den Aufbau und die Inhalte des dreitSgigen Distributorenmeetings sowie einen Auszug aus der Begrllssungsprasentation, der sich an diesen Zielen ausrichtet. Am ersten Tag des Distributorenmeetings standen Veranderungen beim Personal und bei den Zustandigkeiten, finanzielle Ergebnisse imd Entwicklungen des vergangenen Jahres sowie Neu- und Weiterentwicklungen von Produkten auf dem Programm. Hierdurch soUten die Distributoren Einblicke in die aktuellen Themen und Entwicklungen der Zentrale bekommen und Kompetenzen in Bezug auf die Produkte und Organisation des Herstellers erhalten. Der zweite Tag hingegen diente im Wesentlichen dem Austausch zwischen den Distributoren und der Darstellung imd Diskussion von marktbezogenen Anfordenmgen. U. a. wurden Konkurrenz- und Kundenanalysen durchgefuhrt. Der Vertriebsleiter Dr. Scandella erhielt hierdurch zum einen einen tieferen Einblick in den kunden- und wettbewerbsbezogenen Status Quo der Markte. Zum anderen konnten Hinweise zu Verkaufsargumenten der verschiedenen Markte und zum Vorgehen der Wettbewerber wertvolle Emsichten fur Distributoren untereinander geben.
Vertriebsgestaltung des Herstellers
YSf
267
Organisation
1
Statistics
\
Monday ip|iiJH
^ ^
IVIarket Reporting /
^
Communication y
^ ^ ^
(
1
New Products^r
M
^ V
Customer
Competitor
Wednesday
• Tag 1 (Montag): ->Organisationale Veranderungen bet Nanosurf. -^Verfcaufs- und Marktentwicklungen, -^Neuentwicklungen und Produkte.
Distributor
Relation
^
Aufbau und inhalte des Distributorenmeetings
Sales Meeting 2003
• Tag 2 (Dienstag): -^Workshops und Erfahrungsberichte zu Mdrkten, Kunden und Wettbewerbern, -^Hinweise zur Marktbearbeitung, ->Befragung der Distributoren.
1
• Tag 3 (Mittwoch): ->Diskussk>n der Befragungsergebnisse, -^Workshops zu Verbesserungspotenzialen und LOsungen in der Zusammenarbeit.
/
Tuesday
NtnotarfAG'Simrt h..m.m^l,rN«K.Kt>n.«>N>r^noKw
]
nanoSurf
Abbildung 6-29: Inhalte und Aufbau des Distributorenmeetings bei der Nanosurf AG
Am Abend des zweiten Tages fullten die Distributoren den von Nanosurf entwickelten Fragebogen zur Zusammenarbeit mit dem Hersteller aus. Auf Basis der Ergebnisse dieser Befragung konnten schliesslich am dritten Tag Schwerpunkte fiir Verbesserungen in der Zusammenarbeit festgesetzt und konkrete L6sungen entwickelt werden. Das Vorgehen im Rahmen der ,JDiagnose" am dritten Tag wird im Folgenden beschrieben. Von besonderer Bedeutung sind dabei die standardisierte Befragung der Distributoren und die Entwicklung von Losungen in Workshops. Standardisierte Befragung der Distributoren Bereits im Vorfeld des Distributorenmeetings wurde der erwShnte Fragebogen als eine ausfuhrliche Liste der Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit entwickelt. In dieser „Longlist" waren samtliche konkreten Aspekte erfasst, die in der Zusammenarbeit zwischen Nanosurf und den Distributoren eine Rolle spielen. Um Schwerpunkte bei Massnahmen der Verbesserung setzen zu konnen, sollten Zufiriedenheit und Bedeutung der Aspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Distributoren bewertet werden. Auf Basis dessen konnte eine Auswahl getroffen werden, die am dritten Tag des Distributorenmeetings von Kleingruppen im Rahmen von Workshops intensiv bearbeitet wurde. Der Fragebogen wurde von den verschiedenen Distributoren am zweiten Tag des Distributorenmeetings ausgefiillt. Die Teilnehmer stammten aus folgenden Landem: China, Deutschland, England, Frankreich, Japan, Mexiko, Schweiz, Singapur, Stidkorea, Taiwan, USA. Der Fragebogen enthielt z. B. Fragen zu den folgenden Aspekten:
Kapitel 6
268
Informationsaustausch zwischen der nationalen Vertretung und Nanosurf, der Zufiiedenheit mit gemeinsamen Projekten, Planung und Marketingmanagement des Herstellers, Verkaufsinstrumente und Verkaufsaktivitaten, Bestellabwicklung, soziale Aspekte der intemen Zusammenarbeit, Zentralisierung und Aufgabenverteilung in Marketing und Verkauf, Koordination mit dem Hersteller und Wechsel der Marketingstrategie durch die Nanosurf. Zur Auswertung wurden Durchschnittswerte zur Zufriedenheit und zur Bedeutung pro Aspekt in der Zusammenarbeit ermittelt. Die auf einer Ftinferskala erfassten Zufriedenheits- und Bedeutungswerte liessen dabei durch die Multiplikation eine Verdichtung zu einem Ratingwert zu. Die maximale Punktzahl 25 hatte durch die Multiplikation der hochsten Unzufriedenheit (ftinf Punkte) bei hOchster Bedeutung (funf Punkte) erreicht werden konnen (s. auch Abbildung 6-25, S. 254). Es waren die Aspekte zu fokussieren, die hohe Unzufriedenheit bei hoher Bedeutung aufwiesen. Aus diesem Grund wurde auf Basis des Ratingwertes eine Rangreihe gebildet. Tabelle 6-13 zeigt die nach dem Unzufiiedenheitsrating zehn wichtigsten Aspekte im Fall Nanosurf im Wortlaut der Befiagung. Die Prioritatenliste stelh ein Ranking iiber die gesamte Vertriebsorganisation dar. Die Bildimg und Zuordnung zu inhaltlichen Feldem wurde gemeinsam mit den Distributoren vorgenommen und diente der Bildung von Workshop-Gmppen.
iRang
Ratingwert
Inhaltliches Feld
1 Infonnation about competition, market and customers provided by Nanosurf.
11.92
Information and Communication
2 Nanosurf support during local price wars.
Aspekte der Zusammenarbeit
11.56
Financial Issues
3 Extent to which the distributor is allowed to fulfill special customer requests.
11.43
Sales-Organization
4 Sharing ofjoint projects costs (fairs and expositions, intemetsite, special offers etc.).
10.54
Financial Issues
5 Customer financing programs (including leasing and prefinancing).
10.36
Financial Issues
6 Targeting new customer segments.
10.35
Sales-Organization
7 Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts etc.).
10.12
Infonnation and Communication
8 Customer and market-related information, demanded by Nanosurf
10.01
Information and Commimication
269
Vertriebsgestaltung des Herstellers 9 Nanosurf responding and reacting time if problems concerning customer services occur (complaints, reclamations, warranty claims). 10 Clearness of responsibilities and number of persons responsible for your requests. Tabelle 6-13:
9.94
Sales-Organization
9.85
Sales-Organization
Aspekte der Zusammenarbeit in der Rangreihe ihrer Ratingwerte
Entwicklung von Losungen in gemeinsamen Workshops Die in Tabelle 6-13 gezeigten Aspekte der Zusammenarbeit wurden zunachst den Distributoren prasentiert, erlautert und diskutiert. Bereits an dieser Stelle zeigte sich die Betroffenheit der Beteiligten, die unmittelbar damit begannen, Details und Ursachen fiir die Schwierigkeiten zu erortem. Um LSsungen strukturiert und zielorientiert diskutieren und entwickeln zu konnen, wurden die Aspekte - wie bereits erwahnt - zu inhaltlichen Feldem zusammengefasst und Workshop-Teams gebildet, die jeweils ein inhaltliches Feld bearbeiteten. Die Workshop-Teams wurden durch Selbstzuordnung der Distributoren gebildet, jedem Team wurden zu Moderations- und Dokumentationszwecken zwei Mitarbeiter der Zentrale zugewiesen. Insgesamt wurden drei inhaltliche Felder und entsprechend drei Teams gebildet: „Sales-Organization", „Financial Issues" und „Information and Communication" (s. Abbildung 6-30). RANKING BY DIS-SATISFACTION AND IMPORTANCE
namSurf 11nformation about competition, market and customers provided by Nanosurf 2 Nanosurf support during local price wars. 3Extent to which the distributor is allowed to fulfill special customer requests. 4Sharing of joint projects costs (fairs and expositions, intemetsite, special ofters etc.). 5 Customerfinancingprograms (including leasing and prefinancing). e Targeting new customer se^ents. 7Financial reporting, required by Nanosurf (Sales forecasts etc.). SCustomer and marttet-related information, demanded by Nartosurf. 9 Nanosurf responding and reacting time if problems conceming customer services occur (complaints, reclamations, warranty claims). 10 Clearness of responsibilities and number of persons responsible for your belongings at Nanosurf.
11.917 Information & Communication 11.563 ^ H ^ n n ^ ^ H 11.432 10.542 10.364 10.349
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^HHH
II^H Bll^^
10.118 Infonmation & Communication 10.012 Information & Communication 9.941
9.846
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DISTRIBUTORS SEE POTENTIAL FOR IMPROVEMENT AT INFORMATION. FINANCE AND ORGANIZATION
THREE TEAMS, EACH WORKING ON ONE TOPIC
Abbildung 6-30: Prasentationsfolie bei der Teambildung fur Workshops
Aufgabenstellung fUr die Teams war es, die Probleme in ihrem inhaltlichen Feld und deren Auswirkungen genau zu beschreiben, Beispiele zu nennen und Losimgen zu entwickeln. Als Ergebnis soUten die Distributoren jeweils drei Powerpointfolien vor
!
270
Kapitel 6
den anderen Gruppen prSsentieren aus denen die Problemlage, die Beispiele und entwickelte LdsungsansStze ersichtlich wiirden. Ergebnisse der Workshops In den Workshops stellte sich heraxis, dass zunSchst eine weitere inhaltliche Konkretisienmg der einzelnen Probleme vorzunehmen und eine weitere Auswahl zu treffen war. Teilweise bestanden bei einzelnen Distributoren keine konkreten Erfahningen mit einem Aspekt der Zusammenarbeit, es wurde ihm keine Bedeutimg zugemessen oder aber Aspekte wurden ftlr nicht lOsbar gehalten. So gestanden Vertriebspartner ein, dass kein wirklicher Preiskampf in ihren Markten herrsche und ihnen bewusst sei, dass Nanosurf keine voUstandigen MessestSnde fiir Distributoren finanzieren konne. Jede Gruppe grenzte somit ihren Problemkreis weiter ein. Zur Verbesserung der Zusammenarbeit wurden als Ergebnis der Workshops insbesondere folgende Ans^tze vorgesteUt: • Unteriagen und Inforaiationen zur Verkaufsuntersttttzung, • Intemetportal zur besseren Information der Distributoren, • systematischer Umgang mit technischen Spezialanfragen, • tfberarbeitung von Inhalten und Umfang des Reportings. In den folgenden Absatzen werden die einzehien AnsStze imd ihre spStere inhahliche Ausgestaltung vorgestellt und diskutiert. Weitere AnsStze wurden zwar diskutiert, aber im Untemehmen bisher nicht weiter verfolgt oder gelost. Dazu gehoren Finanzierungsmodelle fUr Kunden, Kostenbeteihgungen bei gemeinsamen Projekten und die landerspezifische Unterstiitzung beim Erschliessen neuer Kundensegmente. Die „Unklarkeit von Verantwortlichkeiten" (s. Tabelle 6-13, S. 269; „Rang 10") wurde ebenfalls von der weiteren Analyse ausgeschlossen, da aus Sicht des Herstellers die Effekte der kurz vor dem Distributorenmeeting vorgenommenen Reorganisation in der Zentrale noch nicht abzuschStzen waren. 6.5.2.3 Planung und Umsetzung von L6simgen 6.5.2.3.1 Informationen zur Verkaufsuntersttttzung Im Bereich des Informationsaustausches wurde ein grosser Spielraum fUr Verbesserungen gesehen. Distributoren forderten von Nanosurf die Aufbereitung und Bereitstellung verkaufsunterstutzender Informationen und Unteriagen (s. Tabelle 6-13, S.
Vertriebsgestaltung des Herstellers
271
269; „Rang 1"). Dazu geh5ren einerseits aktuelle Dokumentationen und Handbiicher zu den angebotenen Produkten, andererseits aber auch Informationen zu Wettbewerbem, Wettbewerbsprodukten, Kunden imd Kundenanwendungen. Handbucher und Sales CD Trotz des Bestrebens der Nanosurf AG nach besonders einfachen Bedienungskonzepten, bleiben Rasterkraft- und Rastertunnel-Mikroskope technisch anspmchsvoUe GerSte. Die Verkaufer in den Vertretungen miissen genau wissen, welche Bediirfhisse die Nanosurf-Produkte erfiillen, damit die richtigen potentiellen Kunden angesprochen werden k5nnen. Dazu benStigen sie ausfuhrliche Kenntnisse tiber die Produktspezifikationen, -eigenschaften und -anwendungen. Bisher wurden Fragen zu technischen Details insbesondere durch den technischen Support beantwortet, der von einem Mitarbeiter als Nebentatigkeit iibemommen wurde. Aufgrund der eingeschrankten personellen Ressourcen war es nicht mSghch, Anfragen immer zeitnah zu beantworten. Daher hat die Nanosurf AG einerseits die personellen Ressourcen im Support der Distributoren erhoht und andererseits durch schriftliche Unterlagen wie Handbucher und eine „Sales CD" die Moglichkeit geschaffen, unmittelbar auf benotigte Informationen zuzugreifen. Die Handbiicher werden Distributoren und Kunden bereits in verschiedenen Sprachen zur VerfUgung gesteUt. Die Sales CD, auf der Neuigkeiten und Produktinformationen enthalten sind, wird zweimal jahrlich an die Distributoren versandt. Wetthewerbsinformationen Die Distributoren bemangelten die fehlende Information tiber Wettbewerber, deren Produkte und die Vor- und Nachteile dieser im Vergleich zu Nanosurf. Sie wtinschten sich daniber hinaus eine Argumentationsliste, die ihnen Ansatzpunkte fiir ein erfolgreiches VerkaufsgesprSch gibt. Nach ihrer Aussage stellen Konkurrenten ihren Distributoren bereits technische Argumentationshilfen zur Verfiigung, die wichtige technische Details und tiberlegene Funktionen im Vergleich zu Konkurrenzprodukten aufzeigen. Hierdurch werden fehlende technische Kenntnisse der Distributoren ausgeglichen und der Verkauf wesentlich erleichtert. Nanosurf hat diesbeziiglich bereits Aktionen untemommen. Zunachst wurden Dokumentationen mit wichtigen Untemehmensinformationen zu Wettbewerbem, zu deren Produktportfolio und den Marktanteilen erstellt. Ebenso konnte eine qualitative Argumentationshilfe erarbeitet werden, die Vorteile und Abgrenzimgen der NanosurQ)ro-
272
Kapitel 6
dukte im Vergleich zur Konkurrenz sowie die Verkaufsargumente der Konkurrenz aufzeigt, soweit diese bekannt sind (s. Abbildimg 6-31, S. 272).
nanoSurf >s?!
Information on the Competition
Nanoplcs 2100
• Scan range from 500nm to 800pm • Self-sensitive cantilever (no laser adjustment) • patented Sample Scan Mode (float & dive) Scans tip
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Abbildung 6-31: Auszug aus der Prasentation zu Wettbewerbsinforaiationen
Noch nicht fertig gestellt sind quantitative Argumentationhilfen zu einzelnen Produkten. Hierzu mtissen die eigenen Instrumente und die Konkurrenzinstrumente an identischem Probenmaterial getestet und diese Messungen ausgewertet werden. Ziel ist es, pro Instrument der Wettbewerber eine Vergleichsseite mit Spezifikationen zu erstellen. Jedoch mussen hierzu zunSchst Kunden gefiinden werden, die solche Messvergleiche mit ihren KonkurrenzgerSten zulassen. Auf Basis der zz. durchgeftihrten Testergebnisse sollen die qualitativen Argumentationshilfen um quantitative Messergebnisse erweitert werden. Referenzlisten und Success Stories Nanosurf hat damit begonnen, fUr Distributoren eine Liste mit Referenzen und Success Stories fUr spezielle Kundenanwendungen zusammenzustellen. Distributoren berichten, dass der Konkurrent Alcatel bereits ein regelm^ssiges „Information Bulletin" ftir seine Vertriebspartner zusammenstellt. Nanosurf hat sich dazu bereit erklart, ein eigenes Bulletin zu verschicken, wenn neue Informationen verfugbar sind (Befragung Nanosurf I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die Distributoren sollten hierzu Informationen und Success Stories an Nanosurf senden, die von diesen regelmSssig an die anderen Distributoren weitergeleitet und ggf auf weiteren Distributorenmeetings vorgestellt werden.
273
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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Success Story: DFM-CYTO-ANALYSIS PU Berlin. Mtd. Physlk uml Lastfrntdlzin
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Application: Connbination easyScan DFM + ME Inverted Microscope
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• High Resolution scan head with larger z-range * Liquid Scanning
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Abbildung 6-32: Auszug aus der Prasentation der „Success Story FU Berlin"
Leider blieben zahlreiche Versuche in diese Richtung bisher weitgehend erfolglos, da Nanosurf nur wenige Informationen aus den Markten erhielt. Kimdenuntemehmen, so z. B. Forschungsinstitute und -labors woUen vielfach ihre Arbeitsmethoden geheim halten und sind nicht bereit, den Einsatz ihrer Messinstrumente bekannt zu geben. Eine Referenzliste konnte aus diesem Grunde bisher nicht erstellt werden. Auch Success Stories wurden nur von wenigen Distributoren zur Verfugung gesteUt, weil auch hier die Vertraulichkeit gegentiber den Kunden gewahrt werden musste, die die Nutzung von Nanosurf-Produkten als eigenen Konkurrenzvorteil begreifen und Anwendungsinformationen haufig nicht weitergeben woUen. Abbildung 6-32 zeigt einen Auszug aus der Success Story bei der Freien Universitat Beriin, die eine spezielle Anwendung der Nanosurf-Produkte nutzt. 6.5.2.3.2 Intemetportal fiir Distributoren Um die einzelnen Informationen zu Produkten, Kunden und Wettbewerbem integriert bereitzustellen und im Vergleich zur Sales CD eine noch hohere Aktualitat zu erzielen, die insbesondere auch fiir Software-Updates und Neuentwicklungen von Bedeutung ist, hat man sich dazu entschieden, ein geschtitztes Intemetportal fur Distributoren einzurichten (s. Tabelle 6-13, S. 269; „Rang 1"). Dieses Portal soil in Zukunft auch fur den Austausch zwischen den Distributoren genutzt werden konnen. Durch die Ausrichtung auf die spezifischen Informationsbediirfhisse der Distributoren werden die lokale Kompetenz und damit die Verkaufe erhoht. Inhalte, die fiir ein solches Informationsportal vorgeschlagen wurden, sind:
274
Kapitel 6
• Monatlicher Newsletter mit aktuellen Entscheidungen und Neuprodukt- und Produktweiterentwicklungen von Nanosurf, • Wettbewerbsticker mit Informationen ttber Wettbewerber, deren Produkte und Verkaufsaktivitaten, • Success Stories zu Kundenanwendungen, • Dokumentationen und Handbticher zu Produkten und technischen Details, • Software und Software-updates zu den Nanosurf-Produkten, • Diskussionsforum ilber Verbesserungen, zukunftige Produktentwicklungen und Markttrends, • Frequently Asked Questions mit besonderer Benlcksichtigung der Supportfiinktion ftir die unterschiedlichen Produktgruppen. Der Einsatz des Internets ftir den intemen Informationsaustausch wurde bis zum Vertriebstreffen 2003 auf eine Download-Seite mit Fotos von Produkten und Softwarepaketen beschrankt. Die Bereitstellung von Downloadmaterialien wie Software, Dokumentationen und Informationen iiber das Internet wurde deshalb von den Distributoren bisher besonders bemSngelt. Auch wurde eine starkere marktubergreifende Vemetzung von den Distributoren gefordert.
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nanoSurf
Abbildung 6-33: Zugriffsgeschfltztes IntemetportalflirDistributoren Die meisten dieser Mangel wurden durch den Einsatz eines selbst entwickelten Internetportals ftir Distributoren behoben. Die passwortgeschiitzte Intemetseite stellt zu den einzelnen Produktlinien verkaufsuntersttitzende Materialien (z. B. Broschiiren, Poster, Bildmaterial), Dokumentationen (z. B. Handbticher, technische Steckbriefe) sowie
Vertriebsgestaltung des Herstellers
275
Software, Informationen zu Zubehor und Antworten zu haufigen Fragen bereit. Dartiber hinaus werden monatliche Newsletter veroffentlicht und archiviert, Presseinformationen, Success Stories und Wettbewerbsinformationen bereitgestellt. Eine Losung fur die Kommunikation der Distributoren untereinander in Form eines Forums „Nanosurf Talk" ist in Planung. Nanosurf spricht von einem „Distributorennetzwerk", das starker unterstutzt werden soil und die Distributoren untereinander starker verbindet. Das Teilen der Erfahrungen und der individuellen Problemldsungen wird von Nanosurf aufgrund der technisch anspruchsvoUen Produkte als wichtige Erfolgsgrundlage gesehen. Aber nicht nur die hfihere Professionalitat der Distributoren liefert hierbei einen wichtigen Erfolgsbeitrag. Auch die Dezentralisierung des Wissenstransfers entlastet die zentralen Ressourcen und weitet damit die MGglichkeiten des Supports aus.
6.5.2.3.3 Umgang mit technischen Spezialanfiragen Ein besonders intensiv diskutierter Punkt in der Zusammenarbeit zwischen Nanosurf und den Distributoren ist die Bereitschaft des Herstellers, auf spezielle Kundenanfragen zu reagieren und Sonderl6sungen anzubieten (s. Tabelle 6-13, S. 269; „Rang 3"). Zusatzliche Betriebsarten, individuelle Produktanpassungen, Anpassungen der Software und gemeinsame Entwicklungsinitiativen sind Beispiele fiir Speziallosungen, die von Distributoren gefordert wurden. Es wurde dabei von Distributoren die Meinung vertreten, dass durch technische Modifikationen auch weitere Kundensegmente angesprochen und bedient werden konnten. Nanosurf stand diesen Anliegen in der Vergangenheit sehr kritisch gegeniiber, da hierdurch Komplexitatskosten entstehen, die oftmals bis zu einer Verfiinffachung der Preise ftihren k5nne. Die zentralen Wettbewerbsvorteile der bestehenden Nanosurf Losungen, die insbesondere in der einfachen Anwendung und in den geringen Kosten liegen, werden hierdurch aufgeweicht. Nach eigenen Ermittlungen des Herstellers benotigen die geforderten Spezialanwendungen nicht nur in der Entwicklung zusatzliche Ressourcen. Insbesondere fallen wegen fehlender Standardisierung weitaus hohere Kosten im technischen Support an, denn Spezialanfragen konnen bis zu 80 Prozent der gesamten Supportzeit vereinnahmen. Als Kompromiss hat man sich deshalb dazu entschlossen, nur auf geringe Abweichungen von den Standardl5sungen einzugehen. Um dem dadurch steigenden Supportaufwand Rechnung zu tragen, hat man Handbticher und andere Dokumentationen erstellt
276
Kapitel 6
sowie die personellen Ressourcen im Support auf eine voile Mitarbeiterstelle ausgeweitet. Liegen Anwendungsbereiche der Kundenprobleme hingegen weit von den Kemanwendungen der Nanosurfprodukte entfemt, wie z. B. Messungen in Fltissigkeiten anstatt in Luft, werden diese Anfragen nicht realisiert. Auch wenn hierdurch potenzielle Ums^tze verloren gehen, bildet diese Entscheidung nach Einschatzung Nanosurfs die Basis f!ir die nachhaltige Profitabilitat des Wachstums. An dieser Stelle wurde eine weitere strategische Entscheidung getroffen: Spezialanfragen werden bei Nanosurf in Zukunft systematisch erfasst und bei der Haufung eines Bedarfs in bestimmten Anwendungsfeldem an die Entwicklungsabteilung weitergegeben. Hier konnen Aufwand und Potenziale abgeschStzt werden. 1st man der Meinung, dass ganze Marktsegmente mit einer Ldsung bedient werden kQnnen, wird man ggf. den Entwicklungsaufwand investieren.
6.5.2.3.4 Neukonzeption des Reportings Zu Planungszwecken in Produktion und Marketing soUen Distributoren bei Nanosurf quartalsweise einen ,JDistributor's report" erstellen und iibermitteln. Diese Reporte enthalten u. a. wichtige Informationen iiber Kunden, Kundenbediirfiiisse, Werbeinitiativen, kuTzfristige Verkaufsplanxmg, Konkurrenz und Marktlage des jeweiligen Distributors. Im bisherigen Reporting mussten Distributoren Informationen zu zwolf verschiedenen inhaltlichen Bereichen erstellen. Diese Informationswiinsche des Herstellers werden von Distributoren als unverhaltnismassig hoch eingeschStzt. In der Vergangenheit fuhrte dies dazu, dass Distributoren die Reportings nicht oder nur unvollstSndig erstellten. Im ersten Quartal des Jahres 2003 wurde schliesslich trotz mehrmaliger Ermahnung von nur drei Distributoren ein Reporting bei Nanosurf eingereicht. Die hieraus resultierende fehlende Aussagekraft sowie die Unzufriedenheit der Distributoren (s. Tabelle 6-13, S. 269; „Rang 7") bestarken die Notwendigkeit einer Veranderung der bestehenden Vorgehensweise. Einige Distributoren kritisierten, dass die bendtigte Zeit zum Ausfullen des quartalsweise geforderten Reportings zu hoch sei. Insbesondere die Erfassung und schriftliche Beschreibung der Aktivitaten von Kunden und Wettbewerbem erzeuge lokal einen verhaltnismassig grossen Aufwand. Man entschloss sich deshalb dazu, das Reporting in Inhalt und Umfang zu iiberarbeiten. Nanosurf erklarte sich bereit, das Format des Reportings nach Massgabe der Vorschlage der Distributoren zu verSndem.
277
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Dazu wurden die inhaltlichen Informationskategorien iiberarbeitet und von 12 auf 10 Kategorien reduziert (s. Abbildung 6-34). Der von den Distributoren beschriebenen Schwierigkeit, die qualitativen Kunden- und Wettbewerbsinformationen schriftlich festzuhalten und fur Nanosurf brauchbar zu iibemiitteln, wurde durch den Wechsel des verwendeten Mediums erreicht. Informationen zu Kundenbedtirfhissen, Neuproduktvorschlage und Wettbewerbsaktivitaten werden nach der neuen Vorgehensweise nicht mehr schriftlich ubermitteU. Stattdessen werden die Distributoren von Nanosurf telefonisch kontaktiert und zu den entsprechenden Informationskategorien befragt. Dieser vermehrte personliche Kontakt tragt ebenfalls zu einer Verbesserung der Beziehung bei. Die Anzahl der schriftlich zu ubermittelnden Informationskategorien wurde damit von 12 auf 6 halbiert. Der zeitliche Aufwand fur Distributoren sinkt im Vergleich zu vorher hingegen auf ca. ein Drittel, da der iiberdurchschnittliche Aufwand fur die schriftliche Formulierung der qualitativen Informationen wegfallt. Die Veranderung des Vorgehens wird sowohl aus Sicht des Herstellers als auch aus Sicht der Distributoren als voUer Erfolg angesehen. Ftir den Hersteller hat sich die Verftigbarkeit und die Qualitat der Informationen erhoht, wahrend Distributoren ihren Aufwand zur Erstellung des Reportings senken konnten. I Altes Reporting | -
Reporting 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
General information Customer Contacts (this infonrtation is for Nanosurf only) Short tenD sales forecast (this infbmnation is for Nanosurf only) Lost sales (this infbnnation is for Nanosurf only) Customer's need, instmmental improvements and new product ideas (infomiation shared with other distributors) Contact with old Nanosurf customers (infonnation shared with other distributors) Promotional and advertising activities (infomnation shared with other distributors) Exhibitions, trade fairs, symposiums, conferences (infomiation shared with other distributors) Marketing activities (information shared with other distributors, part is published on the intemet) Competitor observations (infomiation shared with other distributors) Market information (information shared with other distributors) Other (infonnation shared with other distributors)
[Neues Reporting[-
ys?! Reporting 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Fororarder Customer contacts (this infonnation is for Nanosurf only) Contact after 6 months of sale for customer satisfaction Qhis information is for Nanosurf only) Short term sales forecast (this information is for Nanosurf only) IMPORTANT Short term marketing forecast activities (fairs, exhibitions., is published on our homepage) Your publications and advertisements from last quarter
To be regularly requested by phone in future: 7. 8. 9. 10.
Customer's need, instrumental improvements and new product ideas Exhibitions, trade fairs, symposiums, conferences taken part in the last quarter Competitor observations Market information
nanoSurf
Abbildung 6-34: Inhalte des alten und neuen quartalsweisen Reportings
278
6.5.2.4
Kapitel 6
Kontrolle und weiteres Vorgehen
Auf dem Distributorenmeeting im Jahre 2003 wurden Schwerpunkte ftir Verbesserungen festgelegt und erste LOsungsansStze vorgeschlagen. Die Detailplanimg und die Umsetzung der Vorschlage wurden im Laufe des Geschaftsjahres 2003/2004 beim Hersteller in Gang gesetzt. Im Jahr 2004 wurden die L6simgen in Form eines Zeitvergleiches beurteilt. Allerdings wurden hierzu keine quantitativen Vergleichsgr6ssen herangezogen, sondem eine qualitative Beurteilung durch die Distributoren auf dem Distributorenmeeting 2004. Es zeigten sich bereits erste Erfahrungen mit der Umsetzung der Massnahmen und deren Erfolg. Zum Teil gaben Distributoren Vorschlage fiir die Weiterentwicklung der L6sungsansatze, so wurden z. B. weitergehende Wettbewerbsanalysen gefordert. Auch Nanosurf prSsentierte weitere Ansatzpunkte ftir die Professionalisierung der Vertriebsorganisation, so z. B. durch weitere personelle VerSnderungen im Support der Distributoren, der Konzeption von Bewertungskriterien fiir Distributoren und durch die Verdopplung des zentralen Aufwandes bei der Bereitstellung von Applikationen auf dem Intemetportal fiir Distributoren. Eine emeute Beurteilimg und Weiterentwicklung ist fiir das Distributorenmeeting im Jahr 2005 geplant.
6.5.2.5
Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie
Der Fall der Nanosurf AG zeigt Ansatzpunkte fiir die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Distributoren imter der Berttcksichtigung knapper Ressourcen. Der Weg tiber Distributoren erdf&iete dem High-tech Untemehmen die M5glichkeit, schnell und effizient in den Besitz intemationaler MarktprSsenz zu gelangen. Der Engpass an produkt- und organisationsbezogenem Wissen der Distributoren konnte durch verschiedene Informationsansatze abgebaut werden. Dank der komfortablen Margenstruktur und dem eher geringen Wettbewerb war es somit m5glich, fiir Distributoren ein attraktiver Zulieferer zu werden. Bei weiter steigenden VerkSufen wird das Untemehmen in grossen MSrkten allerdings vermutlich an die Grenze der DistributorenlSsung stossen. Dr. Robert Simi und Dr. Loris Scandella gehen davon aus, dass sich ab einem Umsatzvolumen von ca. 2 Mio. CHF in einem Markt tiber den Aufijau einer eigenen Niederlassung nachgedacht werden muss. In manchen Markten wird diese Schwelle wohl bald erreicht sein. Aus der Zusammenarbeit mit eigenen Tochtergesellschaften resultieren fiir das Untemehmen neue Herausforderungen.
Vertriebsgestaltung des Herstellers
279
In Zukimft will Nanosurf seine Anstrengungen im wichtigen Marktsegment der industriellen Anwendung verstarken. Hier konnen die bereits mit Distributoren diskutierten Finanzierungs- und Leasingl5sungen eine neue Bedeutung erhalten. Denn in diesem Segment spielen steuerliche Aspekte und Wirkungen auf das Umlaufverm5gen bzw. die Kapitalbindungskosten des UmlaufvermSgens eine sehr viel hohere RoUe als im Segment der Universitaten und universitatsnahen Forschungslabors. Aus der neuen Schwerpunktsetzung bei den bearbeiteten Segmenten kSnnen deshalb unmittelbar neue Anforderungen fiir die Zusammenarbeit folgen. Dies gilt vermutlich auch fiir Bestrebungen asiatischer Distributoren, die eine Erschliessung neuer Kundensegmente fiir ihre MSrkte fordem. SoUte sich Nanosurf hierzu entschliessen, sind ebenfalls Anpassungen in der von Distributoren ben6tigten Unterstutzimg zu erwarten. Die regelmSssigen Feedbacks und Diskussion von Losungen auf den Distributorentreffen der Nanosurf AG bilden eine gute Grundlage fiir diese kontinuierliche Anpassung und fur eine nachhaltige Professionalisierung der Zusammenarbeit in der intemationalen Vertriebsorganisation.
6.5.3 Die Callus Ferd. Rtiesch AG: Vertriebsgestaltung im Mittelstand Die Fallstudie Gallus Ferd. Rtiesch AG zeigt, wie ein mittelstandisches Untemehmen mit einer gewachsenen Organisationsstruktur vorgeht, um die Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften, kooperativ genutzen Vertriebsgesellschaften und unabhangigen Distributoren zu gestalten. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie liegen bei der Bereitstellung kunden- und wettbewerbsbezogener Informationen (s. auch Absatz 6.3.7.1, S. 212 ff.; Absatz 6.3.8.1, S. 231 ff), der Gestaltung und Sicherstellung von Margen und Transferpreisen (s. auch Absatz 6.3.7.2, S. 215 ff; Absatz 6.3.4.2, S. 184 ff) sowie bei der Entwicklung von verkaufsunterstiitzenden Finanzierungsprogrammen fiir Kunden (s. Absatz 6.3.7.1, S. 212 ff). 6.5.3.1
Ausgangslage bei Gallus Ferd. Rtiesch
Die Gallus Ferd. Rtiesch AG wurde im Jahr 1923 gegrtindet und ist mit ca. 500 Mitarbeitem ein mittelstandisches Untemehmen der grafischen Industrie mit Hauptsitz in St. Gallen, Schweiz. Das Untemehmen entwickelt, produziert, vertreibt und unterhSlt Dmcksysteme fiir die weltweite Etikettendmckindustrie. Entwicklung und Produktion befmden sich an den beiden Hauptstandorten in St. Gallen und Langg6ns-0berkleen, Deutschland. Mit einem Umsatz von etwa 120 Mio. EUR pro Jahr ist Gallus Welt-
280
Kapitel 6
marktfuhrer in diesem Bereich. Der weltweite Marktanteil von Gallus betragt etwa 30 Prozent. Seit 1999 halt die Heidelberger Druckmaschinen AG aus Heidelberg, Deutschland, nmd 30 Prozent des Eigenkapitals an der Gallus Holding AG. Die Heidelberger Druckmaschinen AG ist WeltmarktfUhrer fUr LSsungen in der Pre-Press-, Press- und Post-Pressindustrie. Die beiden Untemehmen kooperieren in den Geschaflsbereichen Marketing, Vertrieb und Technologic. Produkte und Kunden des Uniernehmens Die Gallus-Gruppe spricht mit ihrem Produktportfolio derzeit vor allem die Etikettendruckindustrie an und steht nach eigenen Angaben in diesem Segment weltweit fur Qualitat und Innovation. Die modulare Bauweise der Gallus-Druckmaschinen ermoglicht flexible EinsatzmSglichkeiten auch fur Spezialsegmente des Verpackungsdrucks (z. B. Faltschachteln). Im Markt der Etikettendrucker erhohte sich in den letzten Jahren der Kostendruck. Einerseits fuhren Zusammenschltisse und Insolvenzen zu einer starkeren Konzentration des Marktes. Andererseits sehen sich die Etikettendrucker zunehmend mit kleiner werdenden Auftragsgr6ssen bei ktirzeren Lieferfristen konfrontiert. Hierdurch schwinden Skaleneffekte und die stUckbezogenen Riistkosten steigen. Der Margendruck fiihrt bei vielen Anbietem zu einer hohen Unsicherheit iiber die Zukunfl des Geschaftes. Auch fmdet in der nachgelagerten Marktstufe eine Intemationalisierung statt, die vor allem durch die Abnehmer der Etiketten getrieben wird. Insbesondere Markenartikelhersteller suchen die Zusammenarbeit mit intemationalen Etikettendruckem, die global tatig sind, aber gleichzeitig die lokale Versorgung sicherstellen kdnnen. Um diesen Entwicklungen gerecht zu werden, hat Gallus Drucksysteme entwickeh, die durch geringe Makulatur, kurze Einrichtzeiten und geringe Ausfallzeiten auch fur kleine Auflagen eine rentable Produktion ermoglichen. Gallus versucht damit einen Beitrag zu leisten, um die Wertschopfungskette ihrer Kunden zu optimieren. Internationale Vertriebsorganisation Die Gallus-Gruppe ist schon seit Jahrzehnten international tatig und belieferte bereits im Jahre 1955 die ersten Kunden in Grossbritannien. Durch die Kooperation mit der Heidelberger Druckmaschinen AG im Jahr 1999 hat der Begriff Intemationalitat bei Gallus eine neue Dimension erhalten. Heidelberger ermoglicht der Gallus-Gruppe, auf
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Vertriebsgestaltung des Herstellers
ein globales Vertriebsnetz der grafischen Industrie zuruckzugreifen und in neue Markte hineinzuwachsen. Zz. setzt die Gallus Ferd. Riiesch AG fur die intemationale Marktprasenz verschiedene Vertriebsforaien ein. In wichtigen Markten, in denen das Untemehmen bereits seit vielen Jahren prasent ist, existieren eigene Vertriebsgesellschaften. Dank der Kooperation mit dem Untemehmen Heidelberg ist Gallus nun auch in starken Wachstumsmarkten wie Osteuropa und Asien prasent. In anderen Markten greift man hingegen nach wie vor auf unabhangige Distributoren zurtick. Abbildung 6-35 zeigt die von der Gallus Ferd. Riiesch AG genutzte weltweite Vertriebsorganisation. Das Untemehmen ist vor allem in Westeuropa, Australien und den USA mit eigenen Tochtergesellschaften und Vertretungen tatig. Die Marktregionen Osteuropa, Lateinamerika, Afrika, Naher Osten und Asien werden hingegen durch Vertriebspartner der Heidelberger Dmckmaschinen abgedeckt.
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Abbildung 6-35: Weltweite Vertriebsorganisation bei Gallus Ferd. Ruesch
Seit dem Jahr 2001 besitzt Gallus Regionalzentren, so genannte „Hubs" fur die vier Wirtschaftsraume „Zentraleuropa", „Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika", „AsiaPacific und Lateinamerika" sowie „Nordamerika". In den regionalen Hubs konnen Entscheidungen fur Regionen angepasst und landerubergreifend pro Region Aktivitaten und Ressourcen gebtindelt werden. So k5nnen z. B. Vorfuhrmaschinen regional bereit gesteUt werden, wodurch erst moglich wird, dass Gallus weltweit Etikettendmckmaschinen vorfiihren kann. Ebenso bietet Gallus den Kunden regional an, Ma-
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Kapitel 6
schinenoperateure auszubilden. Zudem wird es leichter, die First Level Support Strategie umzusetzen. Eine hohe technische Kompetenz wird in den Regionalzentren gebtindelt. Um die Risiken bei der Neuinstallation von komplexen Drucksystemen zu reduzieren, werden Mitarbeiter aus der Vertriebspartnerorganisation zu lokalen technischen Spezialisten ausgebildet, was ebenfalls auf regionaler Ebene erfolgen kann. 6.5.3.2 Diagnose der Zusammenarbeit In der Sitzung des Verwaltungsrates der Gallus Gnippe im November 2003 wurde beschlossen, die Vertriebsorganisation und insbesondere die Zusammenarbeit mit den Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen AG auf den Priifstand zu stellen. Ziel war es, Potenziale aufzudecken und Verbesserungen vorzunehmen, da eine effektive Vertriebsorganisation bei Gallus als eine der wichtigsten strategischen Ressourcen im intemationalen Wettbewerb gesehen wird. Vorgehensweise bei der Diagnose Klaus Aarestrup, Leiter Marketing und Vertrieb bei Gallus, wurde mit der Aufgabe betraut, Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem zu identifizieren und Ansatze zu deren L5sung vorzuschlagen. Die Ergebnisse und mogliche Losungsansatze soUten bereits auf der nSchsten Verwaltungsratssitzung im August 2004 vorgestellt werden. Klaus Aarestrup entschloss sich zu einer standardisierten Befragung, um die Meinungen mCglichst aller Vertriebspartner erfassen zu k5nnen. Zunachst wurde in mehreren intemen Workshops in der Zentrale ein Fragebogen mit samtlichen Aspekten erstellt, die fiir die Zusammenarbeit wesentlich erschienen. Der Fragebogen wurde vor dem Versand durch Vertriebspartner aus den verschiedenen Regionen getestet imd ausfUhrlich beurteilt. Dadurch konnten imklare Formulierungen aufgedeckt und im Fragebogen abgeSndert werden. In der endgiiltigen Version des Fragebogens mussten die Befragten einschStzen, wie hoch ihre Zufiiedenheit mit bestimmten Aspekten der Zusanmienarbeit ist, welche Bedeutung sie diesem Aspekt beimessen und ob Gallus sich diesbeztiglich innerhalb der letzten 12 Monate verbessert hat oder nicht. Der englischsprachige Fragebogen wurde im Mai 2004 elektronisch an 82 Vertriebspartner versandt. Es nahmen sowohl Vertriebsgesellschaften der Heidelberger Druckmaschinen AG, eigene Tochtergesellschaften und unabhSngige Distributoren an der Befragung teil. Nach einer schriftlichen Aufforderung durch Klaus Aarestrup und einer telefonischen Nachfassaktion konnten schliesslich 61 Vertriebspartner zu einer
283
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Antwort bewegt werden, was immerhin einer Rucklaufquote von 73 Prozent entspricht. Bei den meisten Befragten handelte es sich um lokale Geschaftsftihrer und Vertriebsleiter. Die Daten wurden anschliessend einem Plausibilitatscheck unterzogen und mit Hilfe eines zuvor erstellten Auswertungsplanes analysiert. Nach der Prasentation der Ergebnisse vor dem Verwaltungsrat erhielten schliesslich samtliche Mitglieder der intemationalen Vertriebsorganisation ein knappe Zusammenfassung. Ergebnisse der Untersuchung Das Ergebnis der Befragung umfasste die Beurteilung samtlicher Aspekte der Zusammenarbeit aus Sicht der Vertriebspartner. Abbildung 6-36 (S. 283) zeigt als zentrales Analyseergebnis ausgewahlte Aspekte der Zusammenarbeit und deren Bewertung aus Sicht der Vertriebspartner im Wortlaut der Untersuchung. Bei der Befragung wurden insgesamt 49 Aspekte beurteilt und einer Analyse unterzogen. An dieser Stelle wird der Fokus auf kritische Aspekte gelegt, die Ansatzpunkte fur eine Verbesserung darstellen. Aus Vertraulichkeitsgriinden wird darauf verzichtet, die absoluten Werte in Bezug auf Zufriedenheit, Bedeutung und Entwicklung anzugeben. Die relative Darstellung der Aspekte in Abbildung 6-36 (S. 283) fuhrt jedoch zu den gleichen Handlungsimplikationen.
gallus Zufriedenheit
Legende: Anteil der Vertriebspartner, die lauben, dass sich Gallus in en letzten 12 Monaten Sverijessert hat:
Gering
Gering
Bedeutung
% Weniger als 40 % ^ Zwischen 40 und 60 % O Mehr als 60 %
Anm. d. Verf.: Aus VertraulichkeitsgrOnden wurden die Bezeichnung im Diagramm anonymisiert. Issues waren z. B.: .Martlet inforniation', .Incentive programs", .Technical and commercial training", .Credit policies", .Sales growth potential of products", .Hamionizing international prices", .Fairness and honesty", .Transfer prices", .Profits from products", .Customer financing programs" und .IT-support".
Abbildung 6-36: Ausgewahlte Aspekte der Zusammenarbeit bei Gallus
284
Kapitel 6
Eine besonderer Stellenwert kommt den Finanzieningsprogrammen fur Kunden zu, denn bei diesem Aspekt ist eine hohe Bedeutung ist mit niedriger Zufriedenheit der Vertriebspartner gekoppelt. Weniger als 40 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sich Gallus in den letzten 12 Monaten in Bezug auf angebotene Finanzienmgsprogramme verbessert hat. Die beiden Aspekte „Transferpreise" und „Profitmargen" hangen inhaltlich zusammen und zeigen Shnliche Ergebnisse, da die Hohe der Transferpreise bei einem gegebenem Verkaufspreis die Marge bestimmt. Bei beiden Aspekten besteht eine Unzufriedenheit bei gleichzeitig hoher Bedeutung fiir die Vertriebspartner. Nur wenige Vertriebspartner sehen Verbesserungen in den letzten 12 Monaten. Dagegen wird bei Gallus bereits seit einiger Zeit an einer verbesserten intemen Kommunikation mit den Vertriebspartnem gearbeitet. In diesem Rahmen wurden z. B. Wettbewerbs- und Kundeninformationen bereitgestellt, die durch eine weltweite Marktbefragung erhoben worden waren. Obgleich sich aus Sicht der Vertriebspartner bereits Verbesserungen eingestellt haben, soil die Versorgung der intemationalen Verkaufs- imd Serviceorganisation mit marktbezogenen Informationen weiter verstarkt werden. Mit den drei weiteren in Abbildung 6-36 (S. 283) genannten Aspekte des „Verkaufspotenzials der Produkte", des „technischen und betriebswirtschaftlichen Trainings" sowie der ,J^aimess und Ehrlichkeit" des Herstellers Gallus besteht aus Sicht der Vertriebspartner eine vergleichsweise hohe Zufriedenheit. Diese Aspekte benotigen somit derzeit keinerlei Veranderungen. Bei Gallus wurden deshalb die drei Aspekte ,3ereitstellimg von Marktinformationen", „Transferpreise imd Margen der Produkte" und „Finanzierungsprogramme fur Kunden" weiter verfolgt, irni eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen.
6.5.3.3
Planung und Umsetzung von Ldsungen
6.5.3.3.1 Bereitstellung von Marktinformationen Die Bereitstellung von marktbezogenen Informationen, insbesondere in Bezug auf Kunden imd Wettbewerb, wurde im letzten Jahr bereits weitgehend verbessert. Die Leiterin des Bereiches Marktkommimikation, Gerda Gerschwiler ftihrte intemationale KundenbefiBgungen durch. U. a. wurden ftir die Unterstutzung der Vertriebspartner „Sales Kits" entworfen, die eine bessere Kundenbetreuung ermoglichen. Dazu gehoren Massnahmen im Bereich der technischen Schulung der Vertriebspartner, es wurde teilweise zusatzliches Personal fur den technischen Support eingestellt sowie die
Vertriebsgestaltung des Herstellers
285
schnellere Verteilung von Marketing- und Vertriebsinformationen durch einen Marketing Newsletter sichergestellt. Die Vertriebspartner wiinschen sich dariiber hinaus, Informationen zu Wettbewerbem sowie Vergleichstests und Dokumentation zu Wettbewerbsprodukten bereitgestellt zu bekommen. In der Marketing- und Vertriebsleitung wurde die Bereitstellung umfangreicher Wettbewerbsinformationen kontrovers diskutiert. Man ist sich bewusst, dass die Kenntnis der Wettbewerbsprodukte besonders fiir unerfahrene Vertriebsmitarbeiter eine wichtige Argumentationshilfe bietet. Es konnte jedoch auch sein, dass diese missbraucht wird, um iiber die fehlende Kenntnis der eigenen Produkte abzulenken. Hier sieht der Vertriebsleiter Aarestrup eine Gefahr, denn gerade unerfahrene Vertriebspartner konnen bei der umfangreichen Bereitstellung von Informationen zu den Nachteilen der Wettbewerbsprodukte schnell dazu neigen, sich beim Kunden daniber zu profilieren, dass sie Wettbewerbsprodukte schlecht machen. Der Vergleich zwischen Losungen von Gallus und denen der Konkurrenz steht nach Aarestrup eindeutig den Kunden zu, nicht aber dem Vertriebspartner. Die Profilierung auf Kosten der Konkurrenz faUt nach Einschatzung Aarestrups mittelfiistig allzu leicht wieder auf den Vertriebspartner und damit auf Gallus zuriick. Klaus Aarestrup fuhrt die Unzufnedenheit beziiglich wettbewerbsbezogener Informationen somit zumindest teilweise und insbesondere bei unerfahrenen Vertriebspartnem auf die fehlende Kenntnis von technischen und kommerziellen Vorteilen der GallusLosungen zurtick. Wesentliche Ansatzpunkte liegen demnach nicht nur in der Bereitstellung zusatzlicher Informationen, sondem vor allem in der Ausweitung von Schulungen und technischem Training. Fiir VerkSufer, die wegen unzureichender Kenntnisse bisher nicht in der Lage waren, die Starken der Produkte darzustellen und dariiber zu verkaufen, soUen eigene produktbezogene Schulungen angeboten werden.
6.5.3.3.2 Veranderung von Margen und Transferpreisen Der Hohe der Transferpreise und Profitmargen der verschiedenen Produkte aus Sicht der Zentrale und der Vertriebspartner eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu. Dies ist nicht nur der Fall, weil sie direkten Einfluss auf die zentralen und dezentralen CashFlows und Gewinne besitzen. Dariiber hinaus sind Aspekte des Commitments und der Kultur zu beachten. Denn Gallus ist weltweit als hochpreisiger Qualitatsfiihrer positioniert. Die Zentrale sieht deshalb die Kritik am Preisniveau teilweise auch als Mangel an Vertrautheit und Verbundenheit mit den Positionierungszielen des Herstellers.
286
Kapitel 6
Gallus formulierte zur LQsung der Unzufiiedenheit mit Margen und Transferpreisen deshalb zwei verschiedene AnsStze, die zz. ausgearbeitet werden: • „Retrainings": Um die Kenntnisse und Durchsetzung in Bezug auf die Positionierungsziele des Herstellers Gallus zu untersttttzen, sieht man auch hier aktuellen Schulungsbedarf. Es ist ein so genanntes ,^etraining" durchzufUhren, das Vertriebspartner mit geeigneten Kundensegmenten und Verkaufsargumenten vertraut macht, xmi die strategische Positionierung aufrecht zu erhalten. • ,, Open-Book Dialoge": Die hohe Unzufriedenheit mit Margen und Transferpreisen besteht insbesondere bei Vertriebspartnem, die in Schwelleniandem tatig sind. Als mogliche Grttnde fiir die Unzufriedenheit sieht Klaus Aarestrup zu hohe Erwartungen, die z. B. durch ungtinstige lokale Kostenstrukturen zustande kommen kSnnen. Dem kann nach EinschStzung Aarestrup nicht durch standardisierte Massnahmen der Zentrale begegnet werden, sondem bedarf der personlichen Kommunikation. Deshalb hat man sich dazu entschlossen, den Vertriebsgesellschaften so genannte „Open-Book Dialoge" anzubieten. „Open Book" bedeutet, dass beide Partner mit offenen Karten spielen und sich zu emsthaften Diskussionen und Beratungen auf Basis von intemem Zahlenmaterial bereit erklSren. Durch die Kombination der beiden Stossrichtungen versucht Gallus, die Zufriedenheit der Vertriebspartner mit den Transferpreisen und Margen zu erhShen.
6.5.3.3.3 Finanzierungsprogramme fiir Kunden Die hOchste Unzufriedenheit, die bei Vertriebspartnem in der Zusammenarbeit mit Gallus besteht, betrifft fehlende Finanzierungsprogramme fiir Kunden. Wie bereits weiter oben erwahnt, ist Gallus allerdings nicht in der Lage, eigene Kreditprogramme fur Kunden in sSmtlichen Markten anzubieten. Als Alternative kann auch Leasing fur fmanzschwache Kunden eine Hilfe bei der Finanzierung darstellen. Leasing ermoglicht die Wahrung von Liquiditat. Ftir grfissere Kundenuntemehmen stehen hSufig auch die dadurch geringeren Kapitalbindungskosten imd steuerlichen Vorteile im Vordergrund. Klaus Aarestrup sieht LeasinglGsungen fiir eine gute Alternative zur reinen Kreditvergabe. In entwickelten MSrkten arbeitet Gallus bereits mit lokalen Leasinggesellschaften zusammen. Diese kaufen die Maschinen bei Gallus und verleasen diese an die Kundenuntemehmen. Fiir Gallus anderte sich daher fmanziell nichts, jedoch wUrde
Vertriebsgestaltung des Herstellers
287
Vertriebspartnem ein wichtiges Verkaufsinstrument an die Hand gegeben, das insbesondere Verkaufe an kleine finanzschwache Kunden fordert. Ein weitaus grSsserer Bedarf und zugleich eine grossere Dringlichkeit der Finanzierungsl6sungen besteht in schwachen Markten wie z. B. Argentinien. In diesen LSndermarkten sind Leasingmodelle nicht mSglich, denn es existieren keine lokalen Leasinggesellschaflen, die Geld zur VerfUgimg stellen. L6sungen fiir die Finanzierung in Landermarkten, in denen keine Leasinggesellschaften bestehen, existieren bislang jedoch nicht.
6.5.3.4
Kontrolle und weiteres Vorgehen
Eine Prasentation der Untersuchungsergebnisse auf der Sitzung des Verwaltungsrates im August 2004 hat ein Bewusstsein fur die Starken und Schwachen von Gallus in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem erzeugt. Investitionen in die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnem wurden hierdurch unterstutzt. Um Verbessenmgen systematisch erfassen, beurteilen und weitertreiben zu k6nnen, sieht man bei Gallus fiir die Zukunft zwei Ansatzpunkte der Kontrolle vor: • Regelmdssige Wiederholung: Die Diagnose soil in regelmassigen Abstanden von zwei Jahren wiederholt werden. Hierdurch werden der Erfolg eingeleiteter Massnahmen erfasst und neue Schwachstellen fmhzeitig identifiziert. Der zeitliche Abstand von zwei Jahren steUt sicher, dass emeute Erhebungen bereits die Wirkungen der Verbesserungsmassnahmen enthalten, die zum Teil mit der Geschaftsleitung abgestimmt werden miissen. • Benchmarking: Klaus Aarestmp will neben dem Zeitvergleich auch ein Benchmarking der Vertriebsorganisation vomehmen. Durch den Vergleich mit anderen Untemehmen kann weiterer Handlungsbedarf identifiziert werden. Zz. werden dazu mSgliche Benchmarking-Partner ermittelt, bewertet und zu einer Teilnahme eingeladen.
6.5.3.5
Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie
Der Fall Gallus zeigt die Moglichkeiten und Einschrankungen, denen sich Vertriebsverantwortliche im Mittelstand ausgesetzt sehen, wenn sie die Zusammenarbeit in der Vertriebsorganisation verbessem wollen. Finanzierungslosungen sind zum einen nur begrenzt mOglich. Zum anderen bestehen durch klare Organisationsstrukturen und ho-
288
Kapitel 6
here Spezialisierung imd Arbeitsteilung formale Anfordenmgen an das Vorgehen und die Entscheidungskompetenzen. Der Einbezug des Verwaltimgsrates und der Geschaftsfuhrung und die damit verbundenen personellen und zeitlich langeren Entscheidungswege kosten Flexibilitat. Andererseits gelingt es dem Untemehmen mit einer hohen Professionalitat vorzugehen um LOsungen zu entwickeln. In Zukunft werden regionale Meetings der Vertriebspartner durchgefiihrt, bei denen die LosungsansStze der Zentrale weiterentwickelt werden sollen. Klaus Aarestrup will damit die Voraussetzung fur eine noch h5here Akzeptanz bei der Umsetzung schaffen und bildet damit die Gnindlage fiir eine hohe Effektivitat der strategisch so wichtigen intemationalen Vertriebsorganisation.
6.5.4 Die BASF AG: Vertriebsgestaltung im Grosskonzem Die Fallstudie BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE) zeigt, wie ein Grosskonzem mit komplexen Organisationsstrukturen vorgeht, um die Zusammenarbeit in seiner europaischen Vertriebsorganisation zu verbessem. Besondere Schwerpunkte der Fallstudie liegen im Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienst (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 231 ff.; Absatz 6.3.4.3, S. 191 ff.; Absatz 6.3.5.1, S. 194ff), bei der Abstimmung im Planungsprozess (s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 222 ff.; Absatz 6.3.5.2, S. 197 ff.) sowie der Verbesserung des Vorgehens bei der Beantwortung von Kundenanfragen (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 231 ff.; Absatz 6.3.5.2, S. 197 ff.; Absatz 6.3.7.3, S. 222 ff.). 6.5.4.1
Ausgangslage bei BASF Fine Chemicals Europe
Die Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF) wurde im Jahr 1865 gegrttndet und ist heute ein weltweit ftihrender Zulieferer in seinen Sektoren Petrochemikalien, Plastik. Performance Chemikalien, 01 & Gas und Feinchemikalien wie z. B. Produkte fiir die pharmazeutische Industrie. Im Jahr 2004 beschaftigte das Untemehmen mit Hauptsitz in Ludwigshafen, Deutschland, weltweit etwa 82*000 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 37.5 Mrd. Euro. Die regionale Business Unit,J^harma", die zur regionalen Division „Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia" (RBU FCE) geh5rt, wird von Business Director Michael Lappas geleitet. Wichtige Produkte in diesem Bereich der BASF sind Wirk- und Tragerstoffe, wie sie z. B. zur Herstellung von Tabletten eingesetzt werden. Zu den Kunden zahlen bekannte Pharmauntemehmen wie z. B. Pfizer, GlaxoSmithKline, Novartis und Bayer.
Vertriebsgestaltung des Herstellers
289
Aktuelle Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma Die gegenwartige Situation des Bereiches Pharma stellt das Untemehmen vor eine grosse Herausforderung. Seit Jahren ist es BASF im Pharmageschaft nicht gelungen, neue „Blockbuster-Produkte", deren jahrlicher Umsatz 1 Mrd. USD iibersteigt, auf den Markt zu bringen. In zunehmendem Masse werden allerdings bestehende Produkte, deren Patentschutz inzwischen abgelaufen ist, durch indische und asiatische Konkurrenten kopiert und teilweise zu Preisen verkauft, die weit unter den BASF-Preisen liegen. Der schwache Dollar gibt diesen Konkurrenten zusatzliche Kraft. Gleichzeitig ist der Markt der Pharmauntemehmen besonders stark von Untemehmenskaufen und zusammenschltissen betroffen. Hierdurch entstehen Kundenuntemehmen mit enormer Kaufkraft. Diese Tendenz als auch die Zentralisierungsbestrebungen im Einkauf der Kundenuntemehmen fUhren zu zusatzlichem Druck auf Preise und Konditionen. Insbesondere verlangt dies eine entsprechend professionelle Koordination des Vorgehens bei Schltisselkunden zwischen verschiedenen Markten und Regionen. Regulatorische Erfordemisse im europaischen Pharmageschaft (z. B. Analysen, Eintragungen, Zertifikate), wie sie zum Schutze des Verbrauchers von staatlicher Seite eingerichtet sind, stellen an die Hersteller von Wirk- und Tragerstoffen hohe Anforderungen. So sind Pharmauntemehmen dazu verpflichtet, bei den lokalen Behorden fur jedes Medikament ein so genanntes „Dmg Master File" einzureichen, das alle Inhaltsstoffe und Lieferanten mit detaillierten beglaubigten Angaben erfasst. Die BASF besitzt in Bezug auf die Erfiillung der geforderten Vorschriften eine vergleichsweise hohe Kompetenz, die bei asiatischen und indischen Wettbewerbem erst langsam aufgebaut werden kann. Aussen- und Innendienstmitarbeiter halten unterdessen die im Vergleich zur asiatischen Konkurrenz grossere rSumliche Nahe zu den Kundenuntemehmen und die dadurch hohere Lieferfahigkeit bei Engpassen im Kundenuntemehmen ftir eine weitere besondere Starke der BASF, die eine Abwanderung von Kunden verhindere. ,3s ist bereits vorgekommen, dass wir erst morgens um zehn Uhr einen Kunden am Telefon hatten, dem wir bereits am Mittag eine Liefemng nach Danemark schicken konnten", so Annie Janning, Sales Manager im Bereich Pharma. Sarah Ervine. Head of Sales, kennt eine Vielzahl von Kunden, die einen besonderen Anspmch an die Liefersicherheit stellen und dem Hersteller daher den erzeugten Zusatzaufwand in Form eines „Insurance-Premiums" vergiiten. Abbildung 6-37 zeigt die aktuellen Herausforderungen des Bereiches FCE Pharma. Dabei sind Herausforderungen zu unterscheiden, die den gesamten europaischen Pharmamarkt betreffen, solche, die ausschliesslich die Organisationseinheit BASF
290
Kapitel 6
FCE Pharma betreffen imd die, die fUr den gesamten BASF-Konzem von Bedeutung sind.
D-BASF TTw Chwnical Company
Abbildimg 6-37: Aktuelle Herausforderungen im Bereich Pharma der BASF FCE
In letzter Zeit berichten die Aussendienstmitarbeiter allerdings, dass die Kundenunternehmen bereits in vielen Fallen asiatische xind indische Konkurrenz als Zweit- irnd Drittlieferanten in ihre Drug Master Files haben eintragen lassen. Andere Kimden sammeln bereits Erfahning mit diesen Produkten, wodurch sich der Druck auf die BASF erhdht. Insbesondere in England sei dieser Wettbewerb am stSrksten und die BASF verliert zunehmend Marktanteile. Auch betonen die Aussendienstmitarbeiter, dass nicht nur die Kunden an Erfahrung xmd Vertrauen zu den Asiaten gewinnen, ebenso erzielen die asiatischen Untemehmen eine immer grSssere Kenntnis tiber die europaischen MSrkte, eine h5here ProfessionalitSt im Verkauf und bauen personliche Beziehungen zu den Kunden auf. Die Strategie der BASF konne diesbezUglich nur im Bereich des Cross- und Upsellings liegen, so ein Aussendienstmitarbeiter. Denn die BASF FCE Pharma sei bereits bei alien wichtigen Kunden als Lieferant vertreten, so dass kaum MSglichkeiten der Neukundenakquisition bestehen. Europaische Vertriebsorganisation FCE-Pharma In dieser angespannten Situation stehen die Effizienz und EffektivitSt der europaischen Vertriebsorganisation in besonderem Masse auf dem Prufstand. Erst im Jahr 2001 wurde die Vertriebsorganisation im Rahmen der Reorganisation „Triple F - Fit For Future" grundlegend neu organisiert. Die neue Vertriebsorganisation zeichnet sich durch geringe lokale Ressourcen und einen hohen Grad an Zentralisierung in der Re-
291
Vertriebsgestaltung des Herstellers
gion aus (s. Abbildimg 6-37, S. 290). So wurden samtliche Aufgaben des Vertriebsinnendienstes von der ZustSndigkeit der Landergesellschaften in die Zentrale nach Ludwigshafen verlegt (s. Abbildung 6-38, „Sales & Supply Center (SSC)")- Im Sales & Supply Center arbeiten Mitarbeiter, die aus vierzehn verschiedenen Landem stammen und Verkaufsgebieten in ihrer jeweiligen Heimatregion zugeordnet sind. Dadurch soil vor allem sprachlichen und auch kulturellen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Kunden und Account Managem aktiv begegnet werden. Daruber hinaus befinden sich die Mitarbeiter des Sales & Supply Centers in unmittelbarer Nahe zu den Mitarbeitem der Logistikabteilung, um auch diese Schnittstelle mSglichst effizient zu gestalten.
Vorstandsebene (Oakley)
^i
Strategisches ._Marketi_na __
FC Europe, Afriica, West Asien (FCE) (Dr. Meyer)
FC SQdameril(a
Business Unit FCE Cosmetics
The Chamical Company
Abbildung 6-38:
Division Fine Chemicals (FC) (Laudenbacli)
Business Unit FCE Human Nutrition
Business Unit FCE Pharma
Sales & Supply Center (Beenken)
Sales (Ervine)
SSC Account Manager (Ludwigshafen)
Account Manager (Verkaufsgebiete)
Business Unit FCE Animal Nutrition
Regionaies Marketing (Hoffmann)
Mari^eting
Kommerzielles Marketing
Organisatorische Einordnung des Bereichs FCE Pharma
Das regionale Marketing passt die globalen Marktstrategien des strategischen Marketing regional an und entwickelt Konzepte zu dessen Umsetzung, so z. B. in Bezug auf technische Fragestellungen und die Preisgestaltung. Die Kunden werden unterdessen in alien europSischen MSrkten vor Ort durch herstellereigene Vertriebsmitarbeiter („Account Manager") des Konzems betreut. Durch den Abbau lokaler Kompetenzen und Ressourcen hat sich die Situation dieser Account Manager in den letzten Jahren erheblich verandert. Insbesondere die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitem des Sales & Supply Centers wird von den Account Managem als wichtige neue Voraussetzung gesehen, um erfolgreich zu verkaufen. Beide Abteilun-
292
Kapitel 6
gen sehen sich knappen Ressourcen gegeniiber, die durch die Reorganisation verursacht wurden. Dartiber hinaus sind EngpSsse bei der produzierten Ware zu beobachten, da in der Produktionslogistik ein Abbau sSmtlicher Lager zur Senkung der „Working capital costs" vorgenommen wurde. Sowohl Mitarbeiter des Sales & Supply Centers als auch die Verkaufsmitarbeiter in den verschiedenen Landermarkten werden aufgnmd ihrer Aufgaben im Kundenkontakt bei BASF als ,Account Manager" bezeichnet. Hierdurch soil die wichtige Bedeutung der Backoffice-Funktionen fur die Betreuung des Kunden betont werden. Da dieser Begriff jedoch keine Unterscheidung zwischen beiden Mitarbeitergruppen zulasst, wird an dieser Stelle fUr diese Arbeit eine begriffliche Differenzierung der Account Manager in „Innen- und Aussendienst" vorgenommen.
6.5.4.2
Diagnose der Zusammenarbeit
Nachdem im Januar 2004 das dritte Jahr nach dem Start der Reorganisation „Triple F" vergangen war, entschied Michael Lappas, Business Director Pharma & Human Nutrition, sich dazu, den Status Quo der Vertriebsorganisation aus Mitarbeitersicht zu erfassen. Die angespannte Marktsituation stellte hohe Anforderungen an die Leistungsfahigkeit der Vertriebsorganisation. Es bestand die Unsicherheit, ob die erheblichen organisationalen Anderungen durch „Triple F" diesen Anforderungen gerecht wurden. Dadurch entstand eine gewisse Dringlichkeit. Ziel war es, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und ggf. Massnahmen einzuleiten, die ziu* Verbesserung der intemen Zusammenarbeit und damit zur Verbesserung der Kompetenz am Markt fiihren sollten. Um ein moglichst umfassendes Bild iiber die Eignung der neuen Entscheidungsstrukturen und Prozesse in der europaischen Vertriebsorganisation zu erhalten, wurden Vertreter samtlicher Abteilungen und Hierarchieebenen mit einbezogen. Es wurde ein Projekt aufgesetzt, in dem zwischen April und Juni 2004 eine Anzahl von 18 Einzelinterviews und 6 Gruppeninterviews in verschiedenen europaischen Biiros und der Zentrale in Ludwigshafen durchgefUhrt wurde (s. Abbildung 6-38, S. 291). Fur die Leitung des Projektes und die Durchfiihrung der Interviews wurde auf einen extemen Dienstleiter zuruckgegriffen. Hierdurch sollte eine moglichst unvoreingenommene Sicht erzielt und interne Mitarbeiter im Tagesgeschafl nicht weiter belastet werden. Die Interviews wurden schriftlich dokumentiert und die Ergebnisse in Form von Powerpointprasentationen fiir die verschiedenen intemen Gruppen aufbereitet.
Vertriebsgestaltung des Hcrstellers
293
Aus der Vielzahl von Meinungen konnten aufgrund der Haufigkeit ihrer Nennung und der von den Gesprachspartnem dargestellten Relevanz drei wesentliche Aspekte der Verbesserung dargestellt werden. Dazu gehoren eine starkere „Verzahnung von Innenund Aussendienst", eine bessere „Planungsgenauigkeit und transparente Warenpriorisierung" sowie die „Antwortqualitat und -geschwindigkeit fiir Kundenanfragen". Die drei Problembereiche und erste LosungsansStze zu deren Verbesserung werden im Folgenden vorgestellt.
6.5.4.3
Planung und Umsetzung von Losungen
6.5.4.3.1 Informationsaustausch von Innen-und Aussendienst Bei der BASF-intemen Untersuchung konnten Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit zwischen Account Managem im Innen- und Aussendienst identifiziert werden, die beiden Parteien bewusst waren. Account Manager im Innen- imd Aussendienst sehen sich selbst im Spannungsfeld zwischen den aktuellen intemen Restriktionen und den extemen Anforderungen der Kunden. Zu den intemen Restriktionen gehoren die Komplexitat der BASF-Organisation, geringe Warenverfugbarkeiten aufgrund der Produktions- und Lagerhaltungspolitik sowie knappe Ressourcen wegen der restriktiven Einstellungspohtik. Der Innendienst wurde daruber hinaus durch viele interne Projekte belastet, durch Umstellungszeiten und Ineffizienzen wegen der Einfuhrung neuer IT-Systeme sowie durch die zz. noch nicht voll ausgereiften Kompetenzen neuer Mitarbeiter im technischen Marketing (s. Abbildung 6-37, S. 290). Die Erfullung der Kundenanfragen wird in vielen Fallen diu-ch die genannten Restriktionen eingeschrankt. Kundenanfragen betreffen meist Spezialwunsche zu Produkten, landessprachliche Dokumentationen, technische und rechtliche Beratung, Zahlungsund Lieferkonditionen, technische Kundenfragebogen fur die Erstellxmg eines „Drug Master Files", Qualitatsbeanstandungen und -fragen sowie in besonderem Masse auch kurzfristige Lieferungen. Account Manager im Innen- und Aussendienst versuchen in dieser Situation eine Balance zu fmden, um Anfragen trotz der genannten Restriktionen optimal zu beantworten. So kann z. B. bei kurzfiistigen Engpassen des Kunden durch Teil-, Nach- und Expresslieferungen oder „Quarantane-Lieferungen" (Lieferung ohne Analysezertifikat auf Risiko des Kunden) eine Losung erreicht werden. Wahrend die Aussendienstmitarbeiter ein grosses marktbezogenes Wissen tiber Wettbewerber und Kunden einer Verkaufsregion besitzen, haben Innendienstmitarbeiter im Sales & Supply Center detaillierte interne Kenntnisse tiber interne Logistik- und IT-
Kapitel 6
294
Projekte imd andere organisationsbezogene Informationen. Selbst in Bezug auf das Wissen tiber gemeinsam betreute Kunden unterscheiden sich Aussen- und Innendienstmitarbeiter erheblich (s. Abbildung 6-39).
^^^BS^^^^^^^^H
Kundenorganisation
• Kontakt in der Kundenorganisation: VerantwoiHicher Einkaufsleiter, • Gesprdchsinhalte: Strategische
1
Fragen, Entwicklung des Kunden, • Kontakthdufigkeit: 1-4 mal pro Jahr.
w
MHarbeiter 1
^^^^^^^^^^^^^1
MHarbeiter 2
Kundenorganisation
• Kontakt In der Kundenorganisation: Mitart)eiter der Einkaufs- oder Logistikabteilung,
Purchasing manager
• Gesprdchsinhalte: Details zu At>wicklung und Lleferung, • Kontakthdufigkeit: Tdglich Oder wOchentlich.
1 Mitarbeiter 3
• 1
4 ii^
BASF Th»Chomical Company
Abbildung 6-39: Unterschiedliche Ansprechpartner in der Kundenorganisation
Aussendienstmitarbeiter treffen sich je nach Bedeutung des Kirnden ein bis viermal pro Jahr mit dem Einkaufsleiter des Kxindenuntemehmens. Die Inhalte der Gesprache sind meist strategischer Natur und betreffen die Ausgestaltung und VerlMngenmg langfristiger Vertrage oder die strategische Weiterentwicklung der Partnerschafl mit dem Kundenuntemehmen. Die Mitarbeiter im Sales & Supply Center (SSC) hingegen tibemehmen die Abwicklung der Geschaftsprozesse mit dem Kunden. Ansprechpartner auf Kundenseite sind meist Mitarbeiter aus der Einkaufs- oder Logistikabteilung, mit denen Details iiber Abwicklung und Lieferung besprochen werden. Durch den haufigen Kontakt zu diesen Mitarbeitem besteht ein sehr nahes soziales Verhaltnis und daher ein hohes Mass an informeller Information ilber die Entwicklungen im Kundenuntemehmen. Mitarbeiter des SSC verfUgen hierdurch tiber Wissen iiber das Kimdenuntemehmen, das dem Aussendienst nicht zugSnglich ist, obwohl es teilweise eine hohe Relevanz besitzt. Dies gilt vice versa ftir die Informationen des Aussendienstes. Der verstarkte Informationsaustausch zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitem ist unabdingbar, um die Betreuung des Kunden weiter zu professionalisieren. Abbildung 6-40 zeigt Ansatzpunkte, die bei BASF zur Verbessenmg des Informationsaustausches herangezogen werden.
295
Vertriebsgestaltung des Herstellers
Gemeinsame Kundenbesuche
ErhOhte Nutzung von .SalesneT
Gemeinsame Entwicklung von .Customer Concepts"
Regelmdssige Treffen
D-BASF The Chemiuri Corr^Mny
Abbildung 6-40: Ansatzpunkte zur Verbesserung des Informationsaustausches
• Erhdhte Nutzung von „Salesnet": Bei Salesnet handelt es sich um eine erst vor kurzem eingefuhrte Kimdendatenbank, die von Mitarbeitem des SSC ebenso genutzt werden soil wie vom Aussendienst. Das Ziel besteht darin, beiden Abteilungen die gleichen aktuellen Kundeninformationen verfUgbar zu machen. Aussendienstmitarbeiter bemangeln, dass die Kundeninformationen von SSC-Mitarbeitem nur unzureichend gepflegt werden. Hierdurch entstehen Ineffizienzen und Fehler in der Kundenbearbeitung. In Zukunft wird die Nutzung des Informationssystems Salesnet als Zielsetzung bei der Mitarbeiterbewertung mit aufgenommen. Hierdurch wird sichergestellt, dass Entscheidungen beztiglich der Kundenbetreuung auf dem hochsten verfUgbaren Informationsstand basieren konnen. • Gemeinsame Kundenbesuche: In Zukunft werden gemeinsame Kundenbesuche von Aussen- und Innendienstmitarbeitem ausdriicklich untersttitzt. Hierdurch werden einerseits die personlichen Beziehungen zwischen Innendienst und Kunden gezielt gefbrdert. Durch eine Teilnahme an gemeinsamen Gesprachen mit der Einkaufsleitung wird andererseits die Bedeutung imd Kompetenz des Innendienstes aus Sicht der Kunden gestarkt. Durch die gemeinsajnen Eindrticke beim Kunden wird darttber hinaus die soziale Bindung zwischen Innen- und Aussendienstmitarbeitem gefestigt und erhah eine breitere gemeinsame Basis. • Gemeinsame Entwicklung von „Customer Concepts": Um das komplementSre Kundenwissen optimal zur Entwicklung kundenbezogener Strategien und Massnahmen zu nutzen, werden kundenbezogene Bearbeitungskonzepte, so genannte „Customer Concepts", gemeinsam ersteUt. Hierdurch verbessert sich einerseits die
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Kapitel 6
Informationsgrundlage fur die Konzepte. Andererseits stellt die gemeinsame Entwicklung aber auch sicher, dass Account Manager im Innen- und Aussendienst beim Kunden gleiche Ziele verfolgen und mit identischen Strategien vorgehen. Hierdurch wird die Kundenbearbeitung weiter professionalisiert. • Regelmdssige Treffen: RegelmSssige Treffen zwischen SSC-Mitarbeitem und Aussendienstmitarbeitem kSnnen den Austausch von Informationen ebenso verbessem wie die sozialen Bindungen zwischen den Parteien, wodurch die Effizienz erhoht werden kann. Individuelle Treffen, wie z. B. im Rahmen der Vor- oder Nachbereitung von Kundenterminen oder der Erstellung von Customer Concepts stellen einen ersten Schritt zur Verbessenmg der Beziehimgen dar. Dariiber hinaus konnen auf Gruppenbasis Treffen arrangiert werden, um nicht nur auf Individualebene gemeinsame Zielsetzungen zu diskutieren, sondem auch sicherzustellen, dass die allgemeine strategische Ausrichtung auch gruppentibergreifend einheitlich ist.
6.5.4.3.2 Planungsgenauigkeit imd Warenzuteilung Die restriktive Lagerhaltungspolitik des Konzems verlangt von den Mitarbeitem in der Vertriebsorganisation bei der Planung eine hShere Genauigkeit, um trotz der eingeschrankten Lagerbestande eine hohe Verfilgbarkeit zu gewahrleisten. Es stellten sich im Bereich FCE-Phanna zwei Problembereiche heraus: Erstens muss die Planungsgenauigkeit erhoht werden. Zweitens muss fiir die Ubergangszeit ein Vorgehen zur Zuteilung von Waren bei knapper Verfugbarkeit gefimden werden. Planungsgenauigkeit Im Planungsprozess konnten verschiedene Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen identifiziert werden. Zur Produktionsplanung miissen zunachst die Aussendienstmitarbeiter abhSngig von den Produkten zweimal jShrlich angeben, welche Planmengen sie ftir welche Artikel bei welchem Kunden ftir den Planungszeitraum annehmen. Als Zahlenbasis dienen zum Teil Schatzungen des Kunden, die auf deren eigener Produktionsplanung basieren, oder aber die Einschatzung des Aussendienstmitarbeiters. Dieses Zahlenmaterial wird durch die Mitarbeiter des SSC iiber die Kunden und Markte zusammengefasst, sodass Plandaten pro Artikelnummer bestehen, die nach einem Plausibilitatscheck an das strategische Marketing weitergegeben werden. Gemeinsam mit Kollegen aus der Produktion finden so genannte „Production meetings" statt, auf
Vertriebsgestaltung des Herstellers
297
deren Basis der zu produzierende iind damit fiir den Vertrieb verfugbare Warenbestand festgelegt wird. Bei der Planung entsteht bei der BASF FCE-Pharma ein grosses Konfliktpotenzial, das in einer schlechteren Warenverfugbarkeit resultiert und damit unmittelbar die Qualitat der Leistung fur den Kunden betrifft. Eine BASF-inteme Studie hat gezeigt, dass die Kunden im Bereich FCE-Pharma der LieferzuverlSssigkeit eine wesentlich hohere Bedeutung zumessen als der Lieferdauer. Die Verfugbarkeit bestellter Ware ist somit ein wichtiges Kriterium, an dem der Kunde die Kompetenz der Mitarbeiter in kimdennahen Untemehmensbereichen misst. Konflikte kommen durch die wechselseitige Interaktion der beteiligten Abteilungen im Planungsprozess zustande. Es tritt der so genannte „Bullwhip-Effekt" auf, bei dem sich die Planungsgenauigkeit schrittweise verschlechtert (Abbildung 6-41, S. 297).
2. Runde: 4'4'
D-BASF The Chemtcal Company
Abbildung 6-41: Bullwhip-Effekt beim Planungsprozess der FCE-Pharma
Nachdem SSC-Mitarbeiter im Kundenkontakt und Aussendienstmitarbeiter ihre Planzahlen abgegeben haben, werden diese, meist im Rahmen eines „Plausibilitatschecks" durch einen Mitarbeiter, der im SSC die Planung tibemimmt nach Absprache mit dem jeweiligen Account Manager nach unten korrigiert. Auch das strategische Marketing und die Produktion, die unnotige Lagerbildung vermeiden wollen, schatzen Zahlen aus den Markten haufig als zu optimistisch ein und fuhren emeut Kiirzungen durch. Bei einer guten Ausgangsplanung durch Aussendienst und SSC stellt sich damit eine Knappheit bei der Warenverfugbarkeit ein. Hierdurch konnen Aussendienst und SSC gegeniiber dem Kunden ihre Lieferversprechen nicht einhalten und neigen dazu, in der nachsten Planungsperiode noch optimistischere Zahlen anzugeben. Hierdurch verstarkt
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Kapitel 6
sich das Misstrauen der anderen Abteilungen und erhSht deren Abziige. Damit verschlechtert sich die Qualitat der Planung in jeder Periode weiter. Um den Bullwhip-Effekt zu durchbrechen und die Planungsgenauigkeit zu erhohen, hat Laura Beenken, Leiterin des SSC verschiedene Anstrengungen untemommen. Zz. wird ein Konzept umgesetzt, das bereits erste Erfolge gebracht hat. • Feedback Aussendienst und SSC: Bisher erhielten SSC und Aussendienst kein Feedback tiber die Genauigkeit ihrer Planung, d. h. eine Aufstellung von geplanten und tatsachlich verkauften Mengen pro Artikel und Kimde. Daher fehh bei den Mitarbeitem jegliche Kenntnis dariiber, wie gut ihre eigene Planung denn eigentlich war. Verbessenmgen der eigenen Planung kOnnen daher nicht systematisch erfolgen. Falsche Schltisse, die aus der mangelnden VerfUgbarkeit resultieren, verstarken den Bullwhip-Effekt zusatzlich. In Zukunft erhalten die Innen- und Aussendienstmitarbeiter deshalb eine Aufstellung der durch sie geplanten und realisierten Grossen. Fiir die Zukunft wird daniber nachgedacht, die Planungsgenauigkeit auch in die Bewertung der Mitarbeiter mit einzubeziehen. Der Plausibilitatscheck durch den Planungsmitarbeiter im SSC f^Ut in diesem Fall weg. • Service Level Agreements mit der Produktion: Dartiber hinaus sind interne Service Level Agreements mit den produzierenden Einheiten zu schliessen. Darin wird vereinbart, dass die durch die Planimg intern „bestellte" Ware auch bereitgestellt werden muss. Fiir die interne Nicht- oder SpStlieferung sind Konditionalstrafen zu vereinbaren, durch die Komplexitaten und EntschSdigungen in der Zusammenarbeit mit Kunden finanziert werden kdnnen. Ausserdem wird der Anreiz gesetzt, die exakte Menge bereitzustellen, die geplant wurde. Die Marktorganisation geht dabei ihrerseits die Verpflichtung ein, die Kapitalbindungskosten fiir etwaige Uberproduktionen zu iibemehmen. Dadurch wird auch hier der Anreiz gesetzt, moglichst genau zu planen. Zz. werden BASF-intern noch keine Konditionalstrafen verhangt, wie sie gegenuber extemen Partnem iiblich sind. Michael Lappas und Laura Beenken gehen allerdings davon aus, dass die Mitarbeiter hierdurch mit der Zeit das notige Know-How fiir eine optimale Planung entwickeln, die sich hierdurch schrittweise verbessem wird. Zuteilung von Waren bei knapper VerfUgbarkeit Ein weiteres Problem ist die Priorisierung und Zuteilung des verfiigbaren Warenbestandes im Falle von Engpassen. Das Problem wird zwar mit zunehmender Planungsgenauigkeit abnehmen, jedoch wird aufgrund kurzfiristiger Anfragen bedeutsamer
Vertriebsgestaltung des HerstcUers
299
Kunden immer das Problem bestehen, einen verfugbaren Warenbestand zuzuteilen. Account Manager im Aussen- und Innendienst sehen die Zuteilung von Waren als kritisch fiir das Vertrauen des Kunden in sie und den Hersteller. Sie bem^ngeln, dass die Priorisierung von Waren haufig nicht die Qualitat des Forecasts widerspiegelt. Stattdessen entscheiden intemer „Warenklau", d. h. die Zuteilung in der Logistik nach dem Prinzip der Schnelligkeit und die Bedeutsamkeit des Kunden haufig uber eine Zuteilung. Aussendienstmitarbeiter, deren SSC-Partner langsamer reagierten als andere, batten in manchen Fallen das Nachsehen, obwohl die Bestellungen ordnungsgemass in der Planung beriicksichtigt waren. Bei Kunden wurde hierdurch vielfach das Vertrauen in der Lieferzuverlassigkeit verletzt, was in einzelnen Fallen sogar zum Wechsel zu Zweitlieferanten ftihrte. Aussendienstmitarbeiter wurden damit durch die fehlende Verfugbarkeit teilweise sogar „bestrafl", da sich ihr Zielerreichungsbonus nicht auf die von Kunden bestellte, sondem die in Rechnung gestellte Ware bezieht. Da selbstverstandlich ohne Auslieferung auch keine Rechnung ersteUt wird, verringert sich durch mangelnde Verfugbarkeit der Bonus der Aussendienstmitarbeiter. Aussendienst- und SSC-Mitarbeiter betonen, dass es bei manchen Artikelgruppen zu haufigen Knappheiten kommt. Die bereits weiter oben genannten Anstrengungen zur Vermeidung von allgemeinen Knappheiten und zur Verbesserung der Planimg helfen dabei, das Problem seltener und damit weniger gewichtig zu machen. Im Weiteren miissen aber auch Regeln gefunden werden, die transparent iiber die Warenzuteilung zu entscheiden helfen. WillkOrliche Verteilungen nach dem Prinzip des Schnelleren sind zu untersagen und ggf. zu sanktionieren. Denkbar ware es, eine Verbindung zwischen der Planungsgenauigkeit und der Zuteilung herzustellen, sodass genaue Planung durch ebenso genaue Lieferfahigkeit belohnt wird. AUerdings wird von Account Managem im Aussendienst befUrchtet, dass dies nicht umsetzbar ist. Account Manager, deren bedeutsame Schliisselkunden kurzfristige Anfragen stellen, wurden auch im Falle schlechter Planungsgenauigkeit bevorzugt, so die Befurchtung. Dieses Problem wiirde allerdings abgeschwacht, wenn die Planungsgenauigkeit ins Zielsystem der Account Manager aufgenommen wird. Trotzdem sind Kompromisse fur Kunden zu fmden, die trotz einer hohen Planungsgenauigkeit ihres Account Managers mit Lieferengpassen konfrontiert weden. Zz. sind diese Probleme bei BASF noch nicht gelost. Es wurde allerdings bereits angekundigt, dem „Warenklau" durch starkere Sanktionen entgegenzuwirken. Weitere Massnahmen zur Regelung der Warenpriorisierung bei Engpassen sind zz. nicht ge-
300
Kapitel 6
plant, da gnmdsatzlich erwartet wird, dass diese in den Hintergrund treten werden, sobald die aufgezeigten Verbesserungen bei der Planung greifen und zu einer hoheren Verfiigbarkeit fiihren.
6.5.4.3.3 Beantwortung von Kundenanfragen Der europaische Pharmamarkt zeichnet sich in besonderem Masse durch seine regulatorischen Anfordeningen der Kunden- und Zuliefenintemehmen aus. Wie bereits erwShnt, sind bei der Zulassung von Medikamenten umfangreiche Dokumentationen und Analysezertifikate zu erstellen, die in einem, J)rug Master File" einzusehen sind. Selbst die Verpackungen von Standardstoffen miissen hohen Anspruchen geniigen. Obgleich die Harmonisierungsbestrebungen der EuropSischen Union bereits viele Anfordeningen der nationalen Zulassungsstellen vereinheitlichen, sind dennoch eine Vielzahl von landesspezifischen rechtlichen und technischen Voraussetzungen zu beachten. Neben der unmittelbar auftragsbezogenen Abwicklung betreffen Kundenanfragen deshalb Mufig technische und rechtliche Details, die einer rechtsverbindlichen Klanmg bedurfen. Ein Teil dieser Anfragen beantworten Account Manager aus Aussen- und Innendienst unmittelbar selbst als ,J^irst Level Support". Haufig wird jedoch die UnterstUtzung durch spezialisierte Abteilungen ben5tigt, wodurch sich der Prozess bis zur Beantwortung der Kundenanfragen deutlich verzogert. Hierdurch gerat die Kundenzufriedenheit in Gefahr. Mitarbeiter des SSC betonen, dass auch die Wettbewerbsfahigkeit leidet, da der Kunde in dieser Situation „Technische Fragebogen" meist gleichzeitig an die verschiedenen Lieferanten versendet und die Beantwortungszeiten und -qualitaten unmittelbar miteinander vergleichen kann und in seine Beurteilung des Lieferanten einschliesst. In der Vergangenheit betrafen die Verz5gerungen bei der Beantwortung solcher Anfragen meist Mitarbeiter aus dem SSC. Diese sind in vielen Fallen nicht autorisiert, technische Fragen selber zu beantworten oder der spezialisierten Einheit direkt zuzustellen. Kundenanfragen mtlssen zunachst an das regionale Marketing weitergeleitet werden, das sich imi die Weiterverfolgung kttnmiert (s. Abbildung 6-42, S. 301). Konnen die Anfragen nicht unmittelbar im regionalen Marketing beantwortet werden, durchlSuft eine Kimdenanfrage leicht mehr als drei Abteilungen. Bei einer nur geringen Verweildauer einer Anfrage pro Abteilung kOnnen mehrere Wochen verstreichen. Wenn Kundenanfragen schrifllich nicht klar formuliert sind, kann es zudem dazu kommen, dass sie an Spezifitat verlieren. Das gilt insbesondere dann, wenn Antworten telefonisch ubermittelt werden. Auch hierdurch leidet die Qualitat. Haufig beantworten
301
Vertriebsgestaltung des Herstellers
interne Abteilungen samtliche Anfragen ausschliesslich in deutscher Sprache stichwortartig oder „unpolitely", wie Mitarbeiter des SSC betonen. Durch die dadurch notwendigen Ubersetzungen und Umformulierungen durch das SSC verlieren die Antworten haufig weiter an Qualitat.
Kunde
<=•
Sales & Supply Center
Strategisches Marketing
Regionales Marketing
< ^
<^=3
D-BASF The Chemical Company
Abbildung 6-42: Beispielhafter Inforaiationsfluss einer Kundenanfrage
Bisher besitzt die BASF keine Losung, um dem Problem, das durch die komplexe formale Struktur verstarkt wird, voUstandig zu begegnen. Um eine effiziente Regelung zu fmden, wurde jedoch daruber nachgedacht, eine „Postbotenfunktion" zu installieren. Dem ,J*ostboten" werden Kundenanfragen, die nicht im ersten Support-Level gelost werden konnen, zugesteUt. Dieser tibemimmt als „Request Owner" die Verantwortung fur die Qualitat und Geschwindigkeit der Beantwortung. Im Rahmen dessen konnen Service Standards fiir die Beantwortung festgelegt werden. Der „Postbote" muss iiber hervorragende Kenntnisse der intemen Strukturen und Verantwortlichkeiten verfugen, denn er leitet die Kundenanfragen unmittelbar an die spezialisierte Abteilung weiter und kontrolliert deren Beantwortung. Eine erste Optimierung wurde bereits bei den Prozessen zur Beantwortung von technischen Fragebogen vorgenommen. Heute werden die entsprechenden Anfragen direkt von einer zentralen Qualitatsmanagementstelle im Untemehmensbereich bearbeitet und beantwortet. Zz. werden daruber hinaus das „Postbotenkonzept" auf seine Machbarkeit hin untersucht und weitere Moglichkeiten zur Verbesserung der zentralen Verarbeitung von Kundenanfragen erarbeitet.
6.5.4.4
KontroUe und weiteres Vorgehen
Um den bisher erarbeiteten Losungsansatzen gezielt nachzugehen, sieht der Projektplan vor, Teams zu bilden und mit der Bearbeitung zu betrauen. Der Erfolg der Massnahmen kann im Fall der BASF FCE Pharma erst einige Zeit nach ihrer Umsetzung
302
Kapitel 6
kontrolliert werden, nachdem erste Erfahnmgen in der neuen Konstellation bestehen und etwaige Angste vor Verandemngen iiberwunden sind. Auf der ,JH[ead-ofs"PrSsentation wurden die Diagnoseergebnisse mit dem Management von SSC, Vertrieb und regionalem Marketing sowie dem Business Director Michael Lappas und dem Group Vice President RBU FCE Dr. Joachim Meyer diskutiert (s. Abbildung 6-43).
D-BASP PreMntation of results
^Hsad-ofs" prtssntation
• Dr. Joachim Meyer,
The Chamical Company
Inform organization
Set up a project
• Headofs. • Mr. Michael Lappas,
• Mr. Michael lappas.
• Dr. Joachim
• Present results,
• Present results,
• Inform participants,
• Discuss questions and smgle issues,
• Discuss questions and single issues.
a Inform others?
• Set focus for further steps. Sep 2004
• Select most important issues,
• Pilot project and experience,
• Organize teams,
• Diagnosis and transfer in other BUS.
• Develop solutions.
1
Nov 2004
Dec 2004
1
tbd
1
Abbildung 6-43: Auszug einer Prasentation zur Entwicklung und Umsetzung von Massnahmen
Einige der vorgeschlagenen Schritte wurden nach ihrer Ausarbeitung bereits implementiert. Ausserdem soil im Quervergleich eine Kontrolle zwischen den verschiedenen Business Units der Fine Chemicals Europe durchgefuhrt werden (s. Abbildung 6-38, S. 291). Diese verfUgen seit der Reorganisation „Triple F" iiber eine fast identische Aufbauorganisation. Durch eine Diagnose soil herausgefunden werden, ob Probleme gleich gelagert sind und ob diesen mit ahnlichen LfisungsvorschlSgen begegnet werden kann. EHirch den Transfer von Best-Practices zwischen den Vertriebsorganisationen der verschiedenen Business Units kann deren Wettbewerbsf^higkeit schrittweise erhOht werden.
6.5.4.5
Zusammenfassung und Ausblick zur Fallstudie
Die Fallstudie BASF FCE Pharma hat gezeigt, welche erheblichen Herausforderungen sich durch die komplexe Aufbauorganisation eines Konzems selbst auf europ^ischer Ebene fur Mitarbeiter stellen. Die VerbesserungsvorschlSge konnten im Fall BASF FCE Pharma wegen der hohen Spezialisiemng der zentralen und dezentralen Einheiten nicht durch einen standardisierten Fragebogen erfasst werden. Um der Komplexitat der Konzemorganisation gerecht zu werden, musste ein qualitatives Vorgehen herangezo-
Vertriebsgestaltung des Herstellers
303
gen werden. Die Umsetzung dieses qualitativen Vorgehens war im vorliegenden Fall fiir das Untemehmen mit erheblichen zeitlichen und finanziellen Ressourcen verbunden. Gleichzeitig ermoglichte ein qualitativer Ansatz, die Mitarbeiter gezielt und tiefgehend nach eigenen Verbessemngsvorschlagen zu befragen. Als nSchste Schritte stehen die weitere Ausarbeitung und die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen an. Der Vergleich und der Transfer zwischen Business Units scheint ein geeigneter Ansatz, um auch beim Verbesserungsprozess Synergien zu nutzen. Die Komplexitat und Grosse der Organisation und die dadurch ausgesprochen hohe Verteilung von Verantwortlichkeiten stellen besondere Anforderungen an ein solches Vorgehen. Sie fuhren trotz der enormen finanziellen Ressourcen zu einer gewissen Schwerfdlligkeit bei der Entscheidungsfindung und zu zahlreichen Kompromissen bei der Umsetzung von Massnahmen. 6.5.5 Zwischenfazit: Situationsgerechte Differenzierung und beschrankte Handlungsspielraume Die Fallstudien Nanosurf, Gallus und BASF haben drei ausserst imterschiedliche Vertriebsorganisationen gezeigt (s. Abbildung 6-27, S. 261). Unterschiede bestanden vor allem beim Grad der Zentralisierung und der Formalisierung von Prozessen, die bei den Herstellem in der Reihenfolge der Untemehmensgrosse zunehmen (s. Tabelle 6-14, S. 304). Das Ausmass der Spezialisierung und die damit verbundene Komplexitat der Arbeitsteilung stellt an die Vertriebsverantwortlichen im Fall BASF andere Anforderungen als an die Vertriebsverantwortlichen im Fall Nanosurf. Die Untemehmensgrosse und die damit verbundenen finanziellen Ressourcen ermoglichen und begrenzen in alien drei Untemehmen auf unterschiedliche Weise die Handlungsspielraume. Es zeigte sich, dass fiir die drei Untemehmen in ihrer spezifischen Situation die grtindliche Diagnose und die gezielte Selektion von Problemschwerpunkten eine Gmndlage fiir die Verbesserung der Vertriebsorganisation darstellte. Zur Losung der durch die Diagnose identifizierten Problembereiche wurde in den Untemehmen jeweils selektiv auf die Gestaltungsansatze zuriickgegriffen, die in dieser Arbeit dargestellt wurden (s. Abschnitt 6.3, S. 160 ff). Gerade in der spezifischen Zusammenstellung und Anpassung der Gestaltungsansatze scheint eine wichtige Herausfordemng fiir die Hersteller zu liegen. Um sich dies zu vergegenwartigen, sind in der folgenden Tabelle 6-14 samtliche Gestaltungsansatze der Abschnitte 6.2 (S. 140) und 6.3 (S. 160 ff) aufgefiihrt, um diese in den Kontext der unterschiedlichen drei Falle zu setzen. Die Tabelle 6-14 zeigt fur jede Kombination von Fallen und Gestaltungsansatzen zweierlei. Zum einen
304
Kapitel 6
wird der Status quo jedes Gestaltungsansatzes vorgestellt, der vor der Diagnose der Zusammenarbeit als Ausgangslage bei den drei Untemehmen gegeben war. Zum anderen demonstriert Tabelle 6-14 das Aussmass, in dem bei der Umsetzung der identifizierten Verbessenmgsvorschiage Veranderungen vorgenommen wurden.
Gestaltungsansiitze Strategische Konfiguration Grad der Zentralisienmg Grad der Formalisierung Grad der Ergebnisoricntierung des Fuhrungsstils Grad der Prozessorientierung des Ftihrungsstils Operative Koordination und Unterstfltzung Koordination in zentralen Strukturen Internationales Key-Account Management Horizontale Koordination zwischen Geschaftsbereichen Trennung von Koordination und Unterstutzung Differenzierte Honorierungssysteme fiir zcntrale Einheiten Koordination in vertikalen Strukturen Regionalzentren statt weltweites Vorgehen Verzahnung bei Aufgaben des Personalwesens Koordination durch Teams Koordinations- und Planungsteams Teamorganisation beim Neuproduktmanagement Integrierte Kundenbetrcuung durch Teams Koordination durch Kultur undsoziale Beziehungen Informelle Netzwerke und persQnliche Beziehungen Markt- und serviceorientierte Kultur in der Zentrale Systematische Differenzierung der Unterstutzung Segmentierung von Vertriebspartnem Systematische Differenzierung nach Beziehungsphasen Unterstutzung durch zentrale Ressourcen Herstellersupport im Marketing und Vertrieb Technische und betriebswirtschaftliche Weiterbildung Interne Vereinbarungen, Verrechnungspreise und Garantien Zentrale Profcssionalitat und Ressourcenausstattung Koordination und Unterstutzung durch Information Informationslieferung, -austausch und -versorgung Einsatz von IT-Systemen und -Tools Ausprdgung vor der Diagnose: O = geringe, C) = mittlere, • = starke
UntemehmensfMlle Nanosurf Gallus BASF Ferd. FCE AG Riiesch AG
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Verdnderungen durch die Umsetzung neuer Losungen: D = keine, B = teilweise, M = starke Tabelle 6-14: Bedeutung der Gestaltungsansatze in den drei Untemehmensfallen
Vertriebsgestaltung des Herstellers
305
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass nicht alle in Tabelle 6-14 aufgefuhrten Ansatze auch in den drei Fallstudien thematisiert wurden. So waren bspw. die Aspekte des Key-Account Management nicht Gegenstand der Fallstudien (s. auch Absatz 6.3.2.1, S. 164 ff.), obwohl sie bei Gallus und BASF eine stratgisch bedeutende Rolle spielen. Zusammenfassend lasst sich bemerken, dass die Nutzung der verschiedenen Gestaltungsansatze mit zunehmender Untemehmensgrosse steigt. Wahrend Nanosurf nur wenige der vorgestellten Gestaltungsansatze einsetzt, wShlt BASF zahlreiche der vorgeschlagenen Ansatze (s. Tabelle 6-14, S. 304). Vermutlich fuhrt dies dazu, dass die neuen Losungen zur Vertriebsgestaltung bei der BASF AG ebenfalls wesentlich mehr Bereiche betreffen als im Fall Gallus und Nanosurf. Im Detailvergleich der einzelnen Falle zeigen sich verschiedene Tendenzen, die zum einen bestehende Theorien bestatigen und zum anderen als exploratives Ergebnis die Basis fiir zukiinftige Forschung darstellen konnen. Detailergebnisse sind: • Die klassischen Annahmen iiber den Zusammenhang zwischen Organisationsgrosse und den Konfigurationsvariablen „Zentralisierung" und „Formalisierung" scheinen sich abermals zu bestatigen (s. auch KieserAValgenbach 2003, S. 201 f.). Die Auspragungen der beiden Variablen nehmen bei den betrachteten Fallen mit steigender Organisationsgrosse zu. Wahrend bei BASF weitgehend alle marktbezogenen Entscheidungen in der Zentrale getroffen werden, nutzt man bei Nanosurf starker die marktbezogene Kompetenz der Distributoren und delegiert Entscheidungen der Marktbearbeitung weitgehend an diese. Wahrend bei BASF umfangreiche Marktinformationen fristgerecht in Informationssystemen abgelegt und durch standardisierte Prozesse weiterverarbeitet werden, besteht bei Nanosurf allenfalls im Bereich des Reportings ein defmierter Prozess, der allerdings bislang nur unzureichend etabliert ist. Die Ergebnisorientierung des Ftihrungsstils hangt - wie es scheint - nicht von der Grosse der Organisation ab, die Prozessorientierung nimmt hingegen bei den betrachteten Fallen mit steigender Organisationsgrosse zu. Dies zeigt sich auch an der Standardisierung der Prozesse und dem starkeren Einbezug von Prozessvorgaben in die Incentivierung im Fall der BASF AG. • Die in Tabelle 6-14 (S. 304) dargestellten Untemehmensfalle zeigen weiterhin, dass die Koordinationsansdtze in zentralen Organisationseinheiten mit steigender Organisationsgrosse starker genutzt werden (s. auch Absatz 6.3.2, S. 163 ff.; Absatz 6.3.3, S. 175 ff und Absatz 6.3.4, S. 181 ff). Dies kann durch die hohere Spezialisierung und Arbeitsteilung begriindet werden, die eine Vielzahl von Schnittstellen schafft und eine Koordination umso notwendiger macht. Dies schlagt sich einerseits
306
Kapitel 6
in der Professionalisiening der Honorierungssysteme nieder, die als formelle Koordinationsmechanismen eine wichtige RoUe spielen (s. Absatz 6.3.2.4, S. 174 ff.). Andererseits werden, so z. B. bei der BASF informelle Koordinationsmechanismen bewusst imterstUtzt, indem eine engere pers5nliche Zusammenarbeit zwischen SSC und Aussendienst gefbrdert wird (s. auch Absatz 6.3.4.3, S. 191; Absatz 6.3.5.1, S. 194 ff.). • Aber auch in der Koordination der vertikalen Organisation und mdglichen Teamorganisationen zeigt sich der Einfluss der Organisationsgrosse. Gallus besitzt erste Ansatze zur Regionalorganisation (s. auch Absatz 6.3.3.1, S. 176 ff.), wahrend Nanosurf alle weltweiten Entscheidungen von Liestal aus trifft und bei der BASF AG bereits auf der Ebene der Division eine Trennung zwischen den Geschaftsregionen besteht. Bei der BASF AG bestehen differenzierte Aufgabenbeschreibungen und Konzepte, die das Vorgehen und den Einbezug von den verschiedenen marktnahen Abteilungen bei der Planung, NeuprodukteinfUhnmg und Kundenbetreuung regeln. Konzepte der Teamorganisation sind bei BASF fester Bestandteil in der Abstimmung zwischen den verschiedenen Abteilungen. Bei Gallus bestehen durch die Einbindung der Regionen erste AnsStze zur Teamorganisation bei der Neuprodukteinfuhrung (s. auch Absatz 6.3.4.2, S. 184 ff.). Nanosurf hingegen delegiert weitgehend alle Entscheidungen bei der Einftihrung neuer Produkte an die Distributoren und vertraut auf deren Marktkompetenz. • In Bezug auf informelle Netzwerke und personliche Beziehungen zeigt sich ein gemischtes Bild. Bei Nanosurf ist die personliche Nahe zwischen den verschiedenen Akteuren in der Vertriebsorganisation aufgrund der flachen Hierarchien naturgemass hoch (s. auch Absatz 6.3.5.1, S. 194 ff.). Distributoren kennen sSmtliche Mitarbeiter aus den fur sie relevanten Bereichen personlich, eine geringe Biirokratie senkt allerdings die Notwendigkeit der informellen Netzwerke aus Sicht der Distributoren. Bei der BASF AG spielen die informellen Netzwerke und die personlichen Beziehungen aus Sicht der Aussen- imd Innendienstmitarbeiter hingegen eine zentrale RoUe. Ein hoher Grad an Biirokratisierung und Formalisierung verlangert Entscheidungsprozesse und erh6ht die Anzahl der an der Entscheidungsfmdung beteiligten Mitarbeiter. Informelle Netzwerke erlauben es den Beteiligten, eine hohere Effizienz in der Entscheidungsfindung zu erreichen und bspw. durch die schnellere Beantwortung von Kundenanfragen auch die Effektivitat am Markt zu erhohen. Gleichzeitig ist die Bildung und Festigung informeller Netzwerke und personlicher Beziehungen in einem Grosskonzem aufgrund der ungleich grosseren Anzahl an
Vertriebsgestaltung des Herstellers
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beteiligten Mitarbeitem in der Marktorganisation mit gr5sseren Herausforderungen verbunden. Gallus befindet sich in der Mitte dieses Spanungsfeldes zwischen der Notwendigkeit informeller Netzwerke einerseits und der Bildung dieser andererseits. Die Markt- und Serviceorientienmg in der zentralen Untemehmenskultur zeigt bei alien drei Untemehmen Potenziale auf (s auch Absatz 6.3.5.2, S. 197 ff.). In alien drei Fallen wurde deshalb Anstrengungen untemommen, die Potenziale der zentralen Kultur zu realisieren. • Die Differenzierung in der Unterstiitzung der Vertriebspartner ist nur bei Gallus stark ausgepragt. Dies liegt an der bereits in Abbildung 6-27 (S. 261) dargestellten gemischten Vertriebsorganisation, deren unterschiedliche Arten von Vertriebspartnem verschiedene Forderungen an die Betreuung durch den Hersteller richten. Weder Nanosurf noch BASF besitzt Konzepte zur Segmentierung der Vertriebspartner (s. auch Absatz 6.3.6.1, S. 202 ff.). Ebenfalls wird bei keinem der Untemehmen die Betreuung nach der Dauer der Beziehung differenziert (s. auch Absatz 6.3.6.2, S. 206 ff.). • Bei der Unterstiitzung durch zentrale Ressourcen zeigt sich, dass die Finanzkraft und die Komplexitat der Herstellerorganisation unterschiedliche Vorgehensweisen bedingen. So stehen zur Weiterbildung der Mitarbeiter oder der Kreditvergabe bei der BASF weitaus grSssere Budgets zur Verfugung als bei Gallus oder Nanosurf (s. auch Absatz 6.3.7.1, S. 212 ff; Absatz 6.3.7.2, S. 215 ff). Allerdings verlangt die hohe Arbeitsteilung bei der Unterstiitzung eine hohere Koordination, die bspw. beim Planungsprozess durch die Vereinbarung intemer Service Level gesteuert wird (s. auch Absatz 6.3.7.3, S. 222 ff). AUe drei Untemehmen haben erhebliche Anstrengungen untemommen, um insbesondere den Bereich der zentralen Unterstiitzung starker zu gewichten (s. auch Absatz 6.3.7.4, S. 228 ff). • Informationslieferung-, -austausch und -versorgung spielen in alien drei Untemehmen eine wichige RoUe und besitzen Verbesserungspotenzial (s. auch Absatz 6.3.8.1, S. 231 ff). Hierin liegen grosse Gemeinsamkeiten der drei FSlle. Die Losungen, die von Nanosurf, Gallus und BASF zur Verbesserung der Zusammenarbeit gewahh wurden, fordem gezielt, doch auf imterschiedliche Weise den Informationsfluss zwischen den Mitgliedem der Marktorganisation. Unterschiedliche Strukturen und Ablaufe benStigen andere Ansatze, um den Informationsfluss zu unterstutzen. Dabei werden von den Untemehmen in unterschiedlich hohem Ausmass Informationssysteme und -Tools eingesetzt (s. auch Absatz 6.3.8.2, S. 238 ff). Wahrend die Nanosurf AG bisher ausser dem Intemet keine elektronische Plattform mit ihren
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Kapitel 6
Distributoren genutzt hat, besitzen die Mitarbeiter bei BASF eine Vielzahl von elektronischen Verbindungen, so z. B. durch Applikationen zur kunden- und marktbezogenen Planung, zur Berichterstattung, iiber die Kimdenbetreuung und zum finanziellen Reporting. Die Analyse der drei Untemehmensfalle ,J^Janosurf', „Gallus" und „BASF" hat gezeigt, dass sich die Vertriebsgestaltung des Herstellers in hohem Masse am Koordinationsbedarf der zentralen Organisation sowie der fmanziellen und inhaltlichen Fahigkeit zur Unterstutzung der Vertriebspartner ausrichten muss. Samtliche Gestaltungsansatze, die in den Abschnitten 6.2 (S. 140) bis 6.3 (S. 160 ff.) dargestellt wurden, benotigen somit einer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstelluntemehmens. Die Moglichkeiten, eine hohe Zufriedenheit bei Vertriebspartnem herzustellen, scheinen dabei nicht unmittelbar von den fmanziellen Ressourcen des Herstellers abzuhangen. Vielmehr scheint dem Geschick des Herstellers eine wichtige Bedeutung zuzukommen, geeignete GestaltungsansStze auszuwahlen und im Rahmen der gegebenen Spielraume anzupassen imd umzusetzen.
Schlussfolgerungen
309
7 Schlussfolgerungen fiir Forschung und Praxis Die vorliegende Arbeit setzt an einem Problem der betriebswirtschaftlichen Praxis an und entwickelt mit Hilfe eines theoriegeleiteten Vorgehens Losungsansatze. Schlussfolgerungen dieser Arbeit ergeben sich daher in zweierlei Hinsicht: Zum einen ergeben sich Folgerungen fiir die betriebswirtschaftliche Forschung, zu deren Erkenntnisfortschritt die Arbeit beitragt. Zum anderen ergeben sich Folgerungen fiir die Vertriebspraxis, die durch die vorliegende Arbeit bei der L6sung bestehender Probleme imterstiitzt werden soil. 7.1 Folgerungen fiir die betriebswirtschaftliche Forschung 7.1.1 Inhaltlicher, theoretischer und methodischer Erkenntnisbeitrag Die Leistung einer wissenschaftlichen Arbeit kann an ihrem Erkenntnisbeitrag fiir die bestehende Forschung gemessen werden, welcher im Folgenden unter inhaltlichen, theoretischen und methodischen Gesichtspimkten betrachtet wird. Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten Zu Beginn dieser Arbeit wurde das Forschungsproblem im Kontext von vier benachbarten Forschungsgebieten dargestellt, die durch ihre unterschiedlichen Perspektiven dazu beitragen, es zu durchdringen (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.; Abbildung 2-10, S. 33). Durch die konsequente konzeptionelle und empirische Verflechtung mit den vier Forschungsgebieten, kann die Arbeit selbst wiederum wesentliche BeitrSge zu deren Weiterentwicklung stiften (s. Abbildung 7-1, S. 309). Internes und vertikales Marketing
rnternationalesVertriebs-
^
und Mark«tingmanagement
^
• ^
Beitrag der Dissertation
H^ ^^
Zufriedenheits- und Konfliktforschung
Interaktionsansatz
Abbildung 7-1:
Inhaltlicher Beitrag zu benachbarten Forschungsgebieten
• Beitrag zum intemen und vertikalen Marketing: Die konzeptionellen Perspektiven des intemen und vertikalen Marketing werden in dieser Arbeit in dreierlei Hinsicht
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Kapitel?
weiterentwickelt. Erstens findet eine Anwendung auf den landerubergreifenden Kontext statt. Damit besitzen kulturelle, informationsbezogene und soziale Aspekte des intemen Marketing bei der Diagnose und bei der Massnahmengestaltung eine hohere Bedeutung als bei bisherigen Untersuchxmgen im nationalen Kontext (s. Abschnitt 5.3, S. 113 ff.). Zweitens wird die Perspektive des intemen Marketing im Rahmen dieser Arbeit auf den konkreten Kontext der Beziehungen im Vertriebssystem zwischen Hersteller und Vertriebspartnem bezogen, was bereits von Stauss/Schulze (1990, S. 155) to das von ihnen so bezeichnete „systeminteme Marketing" vorgeschlagen worden war. Drittens bleibt diese Arbeit nicht ausschliesslich auf einer konzeptionellen Betrachtungsebene wie zahlreiche bisherige Beitrage zum intemen und vertikalen Marketing. Stattdessen werden qualitative und quantitative empirische Methoden eingesetzt, um die Komponenten und Detemiinanten der Zufriedenheitsbeurteilung der Vertriebspartner als „inteme Kunden" zu durchdringen (s. Tabelle 2-3, S. 37). • Beitrag zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung: Die vorliegende Arbeit leistet drei wesentliche inhaltliche BeitrSge zur Zufriedenheits- und Konfliktforschung in DistributionskanSlen. Erstens wurde untersucht, welche Auswirkungen die Zufriedenheit auf vorOkonomische und 5konomische Zielgrossen besitzt (s. Abschnitt 3.2, S. 56 ff.). Damit wurde der von Schwab/Cummings (1970, S. 410) und Herzberg (1968, S. 53 ff.) gewShlte Kausalausschnitt zwischen Zufriedenheit, Verhaltensund Erfolgsgrossen aufgegriffen und auf den Kontext der Vertriebsorganisation bezogen untersucht (s. Absatz 2.3.2, S. 25 ff.). In der Forschung zur Zufriedenheit in Vertriebsorganisationen wurde der gewShlte Kausalausschnitt zur Zufriedenheit intemationaler Vertriebspartner nach Wissen des Autors damit zum ersten Mai aufgegriffen. Zweitens wurde in den qualitativen Interviews und der quantitativempirischen Untersuchung ein Schwerpunkt auf die Vertriebsregion Europa gelegt (s. Tabelle 2-3, S. 37). Damit wird die bereits seit langem amerikanisch gepragte Forschung zur Zufriedenheit in Distributionskanaien (s. z. B. Ping Jr. 2003; Siguaw et al. 2003; Goodman/Dion 2001; Ruekert/Churchill Jr. 1984) um eine erste empirische Untersuchung dieses PhSnomens in europSischen Vertriebsorganisationen erganzt. Drittens emiittelte die Untersuchung die Dimensionen der Zufriedenheit mit dem Hersteller in einem intemationalen Kontext (s. Abschnitt 5.3, S. 113 ff) und tiberpriifle sie auf ihre AbhSngigkeit von lokalen Situationsvariablen (s. Absatz 5.3.3, S. 125 ff). Der Internationale Bezug fehlt in bisherigen Untersuchungen zur „Channel Member Satisfaction" vollstandig, was auf die starke amerikanische Pragung des Forschungsfeldes zurlickzufuhren ist.
Schlussfolgerungen
311
• Beitrag zum Interaktionsansatz: Der Interaktionsansatz als vomehmlich qualitatives Forschungsgebiet (s. Homburg 2000, S. 215) wird durch die quantitative Untersuchung in Teilbereichen erstmals empirisch fundiert. Die Konzeptualisierung von Elementen und Prozessen der Zusammenarbeit, wie sie im klassischen IMP-Modell vorgenommen wurde, wird durch die empirische Analyse entschieden weiterentwickelt (s. Absatz 5.3.1, S. 113 ff). Als eine von sehr wenigen Untersuchungen (s. z. B. Fairhead/Griffin 2001; Solberg 2000) betrachtet die vorliegende Arbeit dabei neben interorganisationalen Interaktionsbeziehungen auch die intraorganisationale Zusammenarbeit. Auch der Interaktionsansatz wird durch den zu Grunde gelegten intemationalen Kontext der betrachteten Interaktionsbeziehung erweitert (s. Absatz 5.3.2, S. 117 ff.). • Beitrag zum Forschungsfeld „internationales Vertriebs- und Marketingmanagement": Der zentrale inhaltliche Beitrag dieser Arbeit zum Forschungsfeld des internationalen Vertriebs- und Marketingmanagements liegt in der gewShlten Perspektive der Tochtergesellschaften und Vertretungen. Damit kommt die Arbeit den vielfach geSusserten Forderungen nach, die dezentrale Perspektive starker zu betrachten und zu erklaren (s. Stewart 1995; Gupta/Govindarajan 1991; Gupta/Govindarajan 1994, S. 455; Renz 1998, S. 78; Belz/Reinhold 1999a, S. 221). Darttber hinaus wurden strategische Konfigurationsaltemativen unter der Berucksichtigung der dezentralen Perspektive iiberpnift, die Eignung dieser Altemativen for verschiedene lokale Situationen untersucht und anhand des empirischen Datenmaterials interpretiert (s. Absatz 6.2.2, S. 143 ff). Damit wurden nicht nur die Beurteilungen durch die Vertriebspartner analysiert, sondem auch konkrete Konsequenzen fur die Vertriebsgestaltung des Herstellers herausgearbeitet. Beitrag zur theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes Als theoretische Perspektive wurde in dieser Arbeit der situative Ansatz herangezogen, der die Vorgehensweise pragte und tiber die Wahl der eingesetzten Methoden bestimmte (s. Absatz 2.2.2, S. 18 ff). Bin Beitrag dieser Arbeit besteht darin, dass sie den situativen Ansatz in einem konkreten Anwendungskontext durch quantitativempirische Analysen tiberpriift und damit stutzt. Weiterhin wurden eine Konzeptualisierung for den lokalen Kontext erarbeitet (s. Abschnitt 4.1, S. 79 ff) sowie Altemativen der Vertriebskonfiguration und deren Eignung in verschiedenen lokalen Situationen untersucht (s. Absatz 6.2.2, S. 143 ff).
312
Kapitel?
Die erzielten Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass den direkten Effekten von Situation und Vertriebskonfiguration im Vergleich zu den Interaktionseffekten eine hohe Aufmerksamkeit zukommen muss (s. Absatz 6.2.3, S. 159 ff.). Lediglich im Fall der Konfigurationsvariable ,J^ormalisienmg" fUhrt der starke, signifikante Interaktionseffekt zu einer schwach signifikanten Verbesserung des Bestimmtheitsmasses (s. Tabelle 6-3, S. 152). Es scheint daher in besonderem Umfang geboten, in zukiinftigen Forschungen die Starke von direkten Effekten und Interaktionseffekten zu erfassen und zu vergleichen, um damit Aussagen iiber eine professionelle Vertriebsgestaltung treffen zu kdnnen (s. Absatz 6.2.3, S. 159 ff.). Die Relevanz der situativen Abstimmung, wie sie von einigen Autoren im Bereich Vertriebsmanagement vermutet wird (s. Jaworski 1988; Ghoshal/Nohria 1989; Donaldson 2001, S. 12), wird durch die Ergebnisse dieser Arbeit insgesamt eher abgeschwacht. Denn wie sich gezeigt hat, wird die Zufriedenheit der Vertriebspartner wesentlich durch die direkten Effekte bestimmt, wahrend den Interaktionseffekten nur eine geringe Bedeutung zukommt. Methodische Beitrdge dieser Arbeit Die wesentlichen methodischen Beitrdge dieser Arbeit liegen in dem erganzenden Einsatz qualitative! und quantitative! Methoden, der expliziten Aufiiahme von Kontextvariablen im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse sowie in der mehrdimensionalen Weiterentwicklung des Messinstruments zur Erfassung des Konstrukts „Channel Member Satisfaction". Ein erster wesentlicher Impuls dieser Arbeit bezieht sich auf den komplementaren Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden (s. Absatz 2.4.1, S. 34 ff). Beide Arten der empirischen Analyse dienen unterschiedlichen Zwecken im Forschungsprozess (s. Abbildung 2-11, S. 35) und sind daher keineswegs als konkurrierende Konzepte anzusehen (s. auch Homburg 2000, S. 215). Wie sich in der Arbeit gezeigt hat, sind rein qualitativ orientierte ForschungsansStze (wie z. B. der Interaktionsansatz der IMPGroup, s. Absatz 5.1.1, S. 103 ff.; Homburg 2000, S. 215) ebenso abzulehnen wie rein quantitativ orientierte die auf eine vorhergehende, umfassende qualitative Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsobjekt verzichten (s. auch Tomczak 1992, S. 79; Homburg 2000, S. 215). Die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden ist aus Sicht des Autors die einzige MSglichkeit, um das Phanomen der „Zusammenarbeit zwischen Herstellem und Vertriebspartnem" vollstandig zu durchdringen und daruber hinaus realistische Gestaltungsempfehlungen ftir die Praxis erarbeiten zu k6nnen. Der komplementare Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden in dieser
Schlussfolgerungen
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Arbeit kann als wichtiger Orientienmgspunkt fUr zukunftige Untersuchimgen in der organisationalen Forschung dienen. Ein weiterer wichtiger methodischer Beitrag dieser Arbeit resultiert unmittelbar aus der eingenommenen theoretischen Perspektive des situativen Ansatzes und besteht in der expliziten Aufiiahme situativer Variablen in die Datenanalyse. Die explizite Aufnahme situativer Variablen in AbhSngigkeitsanalysen, wie sie in dieser Untersuchung z. B. im Rahmen der moderierten Regressionsanalyse vorgenommen wurde (s. Absatz 6.2.2, S. 143 ff.), ist aus Sicht des Autors uberlegen, wenn das Analyseziel darin besteht, Handlungsempfehlungen fur die Praxis abzuleiten. Die konzeptionelle Differenzierung zwischen direkten Effekten und Interaktionseffekten der Situations- und Gestaltungsvariablen auf den Regressant „Zufiiedenheit" ermoglichte eine hohe Trennscharfe bei der Interpretation und differenzierte Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Konfiguration der Gestaltungsvariablen (s. Absatz 6.2.3, S. 159 ff). Zwar entsteht eine hohere KomplexitSt, wenn auch situative Variablen in die Modelle einbezogen werden. Diese ist aber aus Sicht des Autors angesichts der deutlich hoheren Aussagekrafl vertretbar, die im Vergleich zur Untersuchung einfacher Zusammenhange erzielt werden kann. Eine starkere Beriicksichtigung von situativen Variablen kann die empirische betriebswirtschaftliche Forschung aus Sicht des Autors deshalb in hohem Masse bereichem (s. Homburg 2000, S. 216) und dazu beitragen, ihre Relevanz fiir die Praxis starker unter Beweis zu stellen. Der dritte wesentliche methodische Beitrag dieser Arbeit liegt in der stufenweisen Entwicklung eines Instruments, das eine mehrdimensionale Messung von Zufriedenheit der Vertriebspartner mit ihren Herstellem ermoglicht (s. Absatz 5.3.1, S. 113 ff.). Hierdurch wird die haufig in der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung vernachiassigte Problematik der Konstruktmessung aufgegriffen (Homburg 2000, S. 215) und fiir den konkreten Kontext der Beziehung zwischen Hersteller und Vertriebspartner weiterentwickelt. Das aufwendige Vorgehen bei der Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messinstruments stellt sicher, dass bei der Analyse von AbhSngigkeitsbeziehungen auch wirklich die Validitat und Reliabilitat der Messung der Konstrukte gegeben sind. Nach Homburg (2000, S. 215) ist dies bei vielen betriebswirtschaftlichen Analysen bis heute nicht der Fall, weshalb ihm der Beitrag vieler dieser Analysen zum Erkenntnisfortschritt als besonders zweifelhaft erscheint. Die Konstruktmessung der „Channel Member Satisfaction" im intemationalen Kontext bildet die Basis, um die Zufriedenheit intemationaler Vetriebspartner auch in zukunftigen Forschungen zu erfassen und ihre Beziehung zu assoziierten Konstrukten iiberpriifen
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zu konnen. Im vorliegenden Fall wurden deshalb umfangreiche Informationen zur Validitat und Reliabilitat des Konstruktes zur Verfugung gestellt (s. Tabelle 5-2, 116; Tabelle 5-3, S. 117; Anhang I - 1 , S. 375).
7.1.2 Restriktionen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf Ansatzpunkte ftir zuktinflige Forschung im Bereich der Zusammenarbeit zwischen Herstellem und Vertriebspartnem ergeben sich vor allem aus den Restriktionen der vorliegenden Arbeit. Denn wie bei jeder wissenschaftlichen Durchdringung mussten in verschiedenen Stufen des Forschungsprojektes Einschrankungen des Untersuchungsbereiches vorgenommen werden, um die Umsetzbarkeit zu gewShrleisten und prazise Ergebnisse zu erhalten. Eine erste Restriktion liegt in der Beschrankung auf Schltisselinformanten der Vertriebspartnerorganisation im Rahmen der quantitativ-empirischen Untersuchung. Duch die Einbeziehung weiterer Perspektiven k5nnen zusStzliche Erkenntnisse zu Tage gefbrdert werden. Zukiinftige Untersuchungen kdnnten insbesondere versuchen, die besonders aufwendige quantitativ-empirische Erhebung in der Dyade zwischen Hersteller und Vertriebspartner sowie zwischen Vertriebspartner und Kunde durchzufuhren. Hieraus k5nnen insbesondere wichtige Erkenntnisse ftir die kausalen Wirkungsbeziehungen von Einstellungs- xmd Verhaltensvariablen zwischen den Partnem in der jeweils betrachteten Dyade gewonnen werden. Durch ein solches Vorgehen konnte ebenfalls das in der qualitativen Untersuchung bestehende Problem iiberwunden werden (s. Absatz 2.4.2.1, S. 37), die Auswirkungen zu messen, die eine schlechte Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner auf die Zufnedenheit und das Vertrauen des Kunden besitzen. Eine zweite Restriktion liegt in der begrenzten Zahl an untersuchten Determinanten, die in die verschiedenen Modelle dieser Arbeit einbezogen werden konnten (s. Abbildung 3-2, S. 60; Abbildung 5-7, S. 126; Abbildung 6-2, S. 144). So wurde z. B. bei den situativen Variablen eine Auswahl getroffen, um eine tiefergehende Analyse zu ermoglichen. Bereits die Tabelle 4-1 (S. 81) zeigte eine iiber die einbezogenen Situationsvariablen hinausgehende Anzahl von Variablen, die aus Sicht der Vertriebspartner bei der Vertriebsgestaltung des Herstellers Beriicksichtigung fmden soUten (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die zuktinflige Forschung sollte sich dieser Variablen annehmen.
Schlussfolgerungen
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Eine dritte Restriktion der Untersuchung liegt darin, dass das Untersuchungsobjekt auf den Industriegutervertrieb eingegrenzt worden ist. Eine derartige Eingrenzung war uneriasslich, um zu aussagekraftigen, empirisch gestutzten Ergebnissen zu gelangen. Eine Ausweitung der ohnehin sehr umfassenden empirischen Erhebung auf Konsumguter- und Dienstleistungsuntemehmen und deren Vertriebspartner, hatte den Rahmen der Arbeit gesprengt. Es ist zwar davon auszugehen, dass die im Rahmen der Konzeptualisienmg herausgearbeiteten Beurteilimgsdimensionen der Zusammenarbeit (s. Absatz 5.3.1, S. 113 ff.) sowie die Ansatze der Vertriebsgestaltung (s. Abschnitt 6.1, S. 139 ff.) prinzipiell auch im Konsumgtiter- bzw. Dienstleistungsbereich zutreffen. Allerdings ist ebenfalls anzunehmen, dass eine direkte Ubertragbarkeit der Ergebnisse auch ihre Grenzen besitzt. Diese sind durch Unterschiede in der Aufbauorganisation des intemationalen Vertriebs, durch Unterschiede in der Bedeutung technischer Interaktionsdimensionen sowie der Komplexitat der angebotenen Leistung begrundet. Eine mogliche Aufgabe fur weitere wissenschaftliche Arbeiten zum Themenkomplex der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und intemationalen Vertriebspartnem liegt deshalb darin, die Konzeptualisierung und Operationalisierung sowie die Ansatze der Vertriebsgestaltung zu ubertragen und anzupassen. Eine vierte Restriktion der Untersuchung liegt in der verwendeten Datengrundlage. Sie besteht auf Herstellerseite fast ausschliesslich aus Schweizer und deutschen Unternehmen. Auf der Seite der Vertriebspartner wurden bei der quantitativen Befragung und bei den qualitativen Interviews fast ausschliesslich europSische Mitarbeiter befragt. Diese Einschrankung ergibt sich nicht aus der in Absatz 2.1.1 (S. 9 ff) vorgenommenen Eingrenzung des Untersuchungsobjektes. Sie resultiert im Wesentlichen aus der Notwendigkeit, die Komplexitat und den Aufwand der Datenerhebung zu begrenzen (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff). Es wird an dieser Stelle deshalb darauf hingewiesen, dass die Besonderheit des Datensatzes auch Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse haben konnte, was bei den einzelnen Analysen bereits mehrfach betont wurde. So ist es z. B. denkbar, dass der Beurteilungsdimension „Kultur und Werte" eine hohere Bedeutung zugemessen wird, wenn Datensatze von Vertriebspartnem aus aussereuropaischen LSndem in die Analyse eingeschlossen wiirden (s. Absatz 5.3.2.6, S. 123 ff). Die Ausweitung der Untersuchung auf weitere Marktregionen bietet daher einen interessanten Ansatzpimkt fur zuktinftige Forschungsarbeiten. Als weiterer Ansatzpunkt fiir zuktinftige Forschungen, der allerdings keine unmittelbare Restriktion der vorliegenden Arbeit darstellt, ist die Durchftihrung von Replikationsstudien zu nennen. Dieser Ansatzpunkt bezieht sich insbesondere auf die entwi-
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ckelte Skala zur Messung der einzelnen Dimensionen der Zufriedenheit der Vertriebspartner (s. Absatz 5.3.1, S. 113 ff.). Replikationsstudien haben z. B. im Zusammenhang mit der SERVQUAL-Skala zur Messung der Dienstleistungsqualitat interessante Ergebnisse geliefert, die auch zur Modifikation des urspriinglichen Messmodells gefUhrt haben (s. Parasuraman et al. 1991; Babakus/Boller 1992; Babakus et al. 1993). Emeute Erhebungen geben damit die M6glichkeit, das Messmodell zu validieren, eventuelle Schwachen zu beheben und damit zu einer noch hoheren Gtite der Messung zu gelangen.
7.2 Folgerungen fQr die internationale Vertriebspraxis Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Beobachtung, dass in der Zusammenarbeit zwischen Industriegiiterherstellem und intemationalen Vertriebspartnem ein bedeutendes Ausmass an Unstimmigkeiten, Unzufriedenheit und Konflikten vorliegt, das bislang weder in der Praxis (s. Abschnitt 1.2, S. 3 ff.) noch in der betriebswirtschaftlichen Forschung zufrieden stellend gel6st wird (s. Abschnitt 2.3, S. 20 ff.). Der Blickwinkel der Vertriebspartner war der Bezugspunkt fiir die gesamte Untersuchung. Die Ergebnisse dieser Arbeit im Hinblick auf die Auswirkungen, die Determinanten und die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Vertriebspartner lassen zahlreiche Schlussfolgerungen fur die Untemehmenspraxis zu. Die wichtigsten Folgerungen, die sich fur die Vertriebspraxis aus den Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit ergeben, werden im Folgenden dargestellt. Folgerung 1: Potenziale des dezentralen Blickwinkels erkennen In der Untemehmenszentrale werden die Bedeutung des dezentralen Blickwinkels und die Potenziale, die sich durch eine bessere Zusammenarbeit ergeben, vielfach unterschatzt (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass die Zufriedenheit der mtemationalen Vertriebspartner einen wesentlichen Einfluss auf das Erreichen der verschiedenen Ziele besitzt, die Hersteller im Vertrieb verfolgen (s. Abschnitt 3.1, S. 49 ff.). So kommt es durch Unzufriedenheit der Vertriebspartner in der Zusammenarbeit bspw. zu Umsatzausfallen, zusatzlichen Kosten durch Fehlspezifikationen, Mitarbeiterabwanderung und ineffizienten Prozessen (s. Fallbeispiel 3-2, S. 56). Durch eine Analyse des quantitativ-empirischen Datenmaterials (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37) zeigte sich daruber hinaus, dass die Zufriedenheit in hohem Masse Einfluss auf das Vertrauen, die Verbundenheit zum Hersteller sowie auf Konflikte hat, die mit dem Hersteller bestehen (s. Abschnitt 3.2,
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S. 56 ff.). In der statistischen Analyse konnte nachgewiesen werden, dass hierdurch die Verkaufstatigkeit eingeengt wird und der Markterfolg von Vertriebspartnem abnimmt (s. Absatz 3.2.3, S. 68 ff.). Die Fallstudie „Leica Microsystems" gewahrte einen tiefen Einblick in die intemen WirkungszusammenhSnge (s. Abschnitt 3.3, S. 72 ff). Es zeigte sich, dass sich die Intensitat der Zusammenarbeit und die Zufriedenheit der Distributoren auf die lokale Kompetenz, die Qualitat der Kundengesprache und die daraus resultierenden Verkaufe auswirken. Es lasst sich also festhalten, dass die Zusammenarbeit mit intemationalen Vertriebspartnem die Umsatze und Kosten des Herstellers erheblich beeinflusst. Die Potenziale, die sich aus der Verbesserung der Zusammenarbeit ftir Hersteller ergeben, mtissen allerdings von vielen Herstellem zunachst erkannt werden. Hierin liegt ein erster wichtiger Ansatzpunkt fiir die Praxis. Nehmen Sie Unzufriedenheit undKonflikte in der Zusammenarbeit ernst und beriicksichtigen Sie diese in Ihren Entscheidungen!
Folgerung 2: Hindernisse bei der Einschatzung der lokalen Situation abbauen Internationale Vertriebspartner beschreiben ihre lokale Situation haufig als ausgesprochen komplex und einzigartig (Explorative Interviews, s. Tabelle 2-3, S. 37). Sie weisen dariiber hinaus auf die hohen Anspruche hin, die der Umgang mit dieser Situation an sie steUt (Bakka 1986, S. 853). In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Einschatzung der lokalen Situation bei Herstellem und Vertriebspartnem systematischen Verzemmgen unterliegt (s. Abschnitt 4.2, S. 96 ff). Wahrend Hersteller dazu neigen, die GrOnde fur lokalen Misserfolg in der Person des Vertriebsverantwortlichen zu suchen (s. Absatz 4.2.1, S. 96 ff), besteht bei Vertriebspartnem die Tendenz, den Einfluss der extemen Situation zu tiberschatzen und die eigene Leistung besser darzustellen, als sie eigentlich ist (s. Absatz 4.2.2, S. 99 ff). Durch die Erfahmng, die Hersteller und Vertriebspartner im Hinblick auf die gegenseitigen Einschatzungen der lokalen Situation in der Interaktion entwickeln, entfemen sich die Einschatzungen im Laufe der Zeit immer weiter von der Realitat. Hersteller mtissen deshalb konkrete Anstrengungen untemehmen, um m5glichst gute Einschatzungen der lokalen Situation zu erhahen. Ein wichtiger Ansatzpunkt liegt in der Unterstutzung eines landeriibergreifenden Informationsaustausches, der Vertriebs-
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partner tiber das Preisniveau, Konkurrenzaktivitaten und Massnahmen in anderen Landem in Kenntnis setzt. Hersteller kfinnen Inforaiationssysteme und personliche Besuche dazu einsetzen, den eigenen Informationsstand zu verbessem. Allerdings muss dazu eine gewisse Offenheit der Untemehmenskultur sowohl in der Zentrale als auch bei Vertriebspartnem vorliegen, damit eventuelle FehleinschStzungen als Grundlage fur Verbesserungen begriffen werden und nicht etwa die Basis fiir weitere Konflikte darstellen. Eine realistische Einschatzung der Situation durch Hersteller und Vertriebspartner bildet die Voraussetzung, um Massnahmen und Konditionen optimal auf lokale Gegebenheiten anzupassen. Hierin liegt ein zweiter wichtiger Ansatzpunkt fur die Praxis. Untemehmen Sie Anstrengungen, um die Vertriebspartner undsich selbst moglichstgut tiber lokale Gegebenheiten zu informieren!
Folgerung 3: Konditionenpolitik ist nur eine von sieben Stossrichtungen Bei Herstellem herrscht hSufig die Annahme vor, Konflikte und Unzufriedenheit in der Zusammenarbeit seien vomehmlich durch die finanzielle Konditionenpolitik bestimmt, die auf systemimmanente Interessenunterschiede zuruckzufuhren und damit nicht auflosbar sei. Die Ergebnisse dieser Arbeit belehren eines Besseren. Die lokale Zufriedenheit betrifft insgesamt sieben inhaltliche Dimensionen, anhand derer die Vertriebspartner die Leistung des Herstellers in der Zusammenarbeit beurteilen. Dazu gehoren neben der , JConditionenpolitik" auch die „Produkt- und Leistungspolitik", die ,^uverlassigkeit bei Abwicklung und Lieferung", der ,>larketing- und Verkaufssupport", die „soziale Interaktion", der „Umgang mit lokaler Kultur und Werten" sowie das „Informations- und Kommunikationsverhalten" des Herstellers. Je nachdem, welche der Leistungsdimensionen aus Sicht der Vertriebspartner vom Hersteller nicht zufrieden stellend erfUUt wird, ergeben sich unterschiedliche Moglichkeiten, die Zusammenarbeit zu verbessem. Auch hierzu wird eine Kultur in der Zentrale verlangt, die Selbstkritik zulSsst. Denn samtliche Leistungen des Stammhauses stehen auf dem Priifstand, weshalb Andenmgsvorschlage und Massnahmen leicht mehrere zentrale Abteilungen betreffen k5nnen. Beim Beispiel der ,^uverlassigkeit bei Abwicklung und Lieferung" kann, wie sich in der Fallstudie BASF gezeigt hat (s. Absatz 6.5.4, S. 288 ff), z. B. die Warenverfugbarkeit von den verschiedenen Abstimmungsprozessen zwischen Aussendienst-, Innendienst-, Logistik-, Produktions-
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und Marketingabteilungen abhSngen. Die aufgezeigten sieben Dimensionen stellen dem Hersteller eine breite Auswahl von Ansatzpunkten zur Verfugung, um die Zusammenarbeit mit intemationalen Vertriebspartnem zu verbessem. Um geeignete Ansatzpunkte aufzudecken, muss der Hersteller demnach die Bereitschaft besitzen, samtliche Leistungskategorien auf den Prufstand zu stellen und geeignete Massnahmen ggf. auch abteilungsiibergreifend durchzusetzen. Hierin liegt ein wichtiger dritter Ansatzpunkt fur die Praxis. Erkennen Sie die vielfdltigen Ansatzpunkte, die Ihnen zur Verfugung stehen, um die Zusammenarbeit mit Ihren Vertriebspartnem zu verbessem!
Folgerung 4: Unrealistischen Erwartungen gezielt entgegentreten Die Unsicherheit des lokalen Umfelds, die Profitabilitat des Herstellers und die Grosse der lokalen Vertriebsorganisation bestimmen die Situation vor Ort. Sie besitzen damit einen entscheidenden Einfluss auf die Bediirfnisse der Vertriebspartner und die daraus folgenden Erwartungen, die Vertriebspartner gegentiber dem Hersteller entwickeln. Die lokale Beurteilung befmdet sich damit im Spannungsfeld zwischen den Einflussen der lokalen Situation und der Vertriebsgestaltung des Herstellers (Abbildung 5-13, S. 138). Unzufriedenheit der Vertriebspartner entsteht, wenn Erwartungen an die Zusammenarbeit mit dem Hersteller nicht erfullt werden k6nnen. Bei steigenden Erwartungen, die durch Anderungen der lokalen Situation hervorgerufen werden, kann damit Unzufriedenheit entstehen, obwohl der Hersteller seine Unterstiitzung nicht andert bzw. es unterlasst, eine Anpassung an die lokale Situation vorzunehmen. Um Unzufriedenheit zu verringem oder vorzubeugen, konnen Hersteller demnach durch offene, fitihzeitige Kommunikation und konsequentes Verhahen dazu beitragen, dass sich keine unrealistischen Erwartungen bilden konnen. Damit kSnnen Hersteller der Unzufriedenheit, die durch eine Verscharfring der lokalen Situation hervorgerufen wird, begegnen, ohne die operative Vertriebsgestaltung anpassen zu miissen. Hierin liegt ein vierter wichtiger Ansatzpunkt fur die Praxis. Kommunizieren Sie offen undfrUhzeitig, umfalschen Erwartungen der Vertriebspartner gezielt entgegenzutreten!
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Kapitel 7
Folgerung 5: Zufriedenheit der Vertriehspartner bei der strategischen Vertriebskonfiguration berucksichtigen Vertriehspartner fordem vielfach von Herstellem, ihre lokale Situation bei der strategischen Vertriehskonfiguration zu heriicksichtigen. Auch in der Literatur wird haufig vermutet, dass je nach lokaler Situation ein unterschiedliches Mass an Zentralisierung, Formalisierung, Ergehnis- und Prozessorientierung zu wShlen ist, um die optimale Voraussetzung fUr die lokalen Vertriehspartner zu schaffen (s. Donaldson 2001, S. 12). Die vorliegende Untersuchung widerlegt diese Annahme zumindest teilweise. Denn die Wahl der Konfigurationsaltemativen hat zwar einen grundsatzlichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriehspartner. Doch dieser Einfluss unterscheidet sich in den meisten Fallen nicht von Situation zu Situation, sondem ist ehen grundsatzlich gegehen. Fiir einzelne strategische Konfigurationsaltemativen ergahen sich folgende Untersuchungsergehnisse (s. Ahsatz 6.2.2, S. 143 ff.): 1. Die Zentralisierung von Entscheidungen fiihrt zu einem Ahhau lokaler Kompetenzen und deshalh unweigerlich zu einer geringeren Zufriedenheit in der Zusammenarheit (s. Tahelle 6-2, S. 149). Dies ist fast ganzlich unabhangig von der lokalen Situation der Fall. Lediglich in Situationen von grosser Unsicherheit des lokalen Umfelds giht die Zentralisierung den Vertriehspartnem etwas mehr Sicherheit, weshalb die Unzufriedenheit etwas geringer ausfMllt. Es existieren allerdings keine lokalen Situationen, in denen aus Sicht der Vertriehspartner ein zentrales Vorgehen insgesamt Vorteile schafft und positiv heurteilt wird. Hieraus folgt einerseits, dass Hersteller diese direkte zufiiedenheitssenkende Wirkung der Zentralisierung und die daraus resultierenden Konflikte, Umsatz- und Kostenwirkungen stets heriicksichtigen mtissen, wenn tiher eine weitere Zentralisierung nachgedacht wird. Andererseits ergehen sich ftir Hersteller auch Chancen durch eine Dezentralisienmg, die damit zum wirksamen Ansatzpunkt wird, um die Zufriedenheit der Vertriehspartner zu erhohen. 2. Der Grad der Formalisierung von Strukturen, Abldufen undRegeln hesitzt lediglich einen schwachen, positiven Einfluss auf die Zufiiedenheit der Vertriehspartner. Dieser hegrundet sich dadurch, dass Ahiaufe und Entscheidungen durch die Formalisierung vereinfacht werden imd ihre Vorhersehharkeit zunimmt (s. Ahsatz 6.2.2.3, S. 150 ff.). Gerade in langjahrigen Beziehungen zum Hersteller werden die Vorteile der Formalisierung von Vertriehspartnem erkannt und akzeptiert. Formalisierung fiihrt hei zunehmender Dauer der Beziehung zum Vertriehspartner deshalh zu einer Erhohung der Zufiiedenheit (s. Tahelle 6-3, S. 152). Die Formalisierung hat dem-
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nach positive Auswirkimgen auf die Zusammenarbeit, die langfristig sogar zunehmen. Dem Hersteller steht damit in der Formalisierung ein wichtiger Ansatzpunkt zur Konfiguration des Vertriebs zur Verfugung. 3. Je hoher die Ergehnisorientierung des Fiihrungsstils ist, desto zufriedener sind Vertriebspartner, bezogen auf die Zusammenarbeit mit dem Hersteller (Tabelle 6-4, S. 156). Hersteller konnen die Zufriedenheit der Vertriebspartner also unabhangig von der lokalen Situation dadurch erhohen, dass sie ergebnisorientiert fuhren. Dazu sind realistische Leistungsziele transparent zu kommunizieren und Vertriebspartner danach zu bewerten, wie gut sie die festgelegten Ziele erreichen. Durch ein hohes Mass an Ergebnisorientierung werden die Verantwortungen und die Kenntnis iiber die Mittel und Wege zum Erreichen der Ziele an die Vertriebspartner delegiert, wodurch deren lokale Kompetenz optimal genutzt werden kann. Vertriebspartner sind hierdurch motiviert und fuhlen sich in ihrer Kompetenz respektiert, wodurch die Zufriedenheit ebenfalls zunimmt. 4. Die Prozessorientierung des Fiihrungsstils hingegen besitzt keinen Einfluss auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner (s. Absatz 6.2.2.4, S. 153 ff.; Tabelle 6-5, S. 159). Demnach kann der Hersteller einerseits prozessorientierte AnsStze einsetzen, ohne die Zufriedenheit der Vertriebspartner zu beeinflussen. Andererseits gibt ihm diese Konfigurationsaltemative keinen Ansatzpunkt, um die Zufriedenheit der Vertriebspartner mitzubestimmen. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass die Wirkungen der strategischen Ansatzpunkte kaum von der lokalen Situation bestimmt werden. D. h., dass spezifische lokale Situationen weder die Wirkung der Konfigurationsaltemativen auf die Zufriedenheit der Vertriebspartner einschranken noch dazu beitragen, dass sie eine starkere Wirkung entfalten. Die strategische Vertriebskonfiguration sollte sich deshalb auch nicht an der spezifischen lokalen Situation der Vertriebspartner orientieren. Allerdings mtissen sich Hersteller stets dariiber bewusst sein, dass die Zentralisierung, Formalisierung und Ergebnisorientierung Auswirkungen auf die Zufriedenheit besitzen. Sie bilden deshalb Ansatzpunkte, um unabhangig von der lokalen Situation etwaige Unzufriedenheiten zu beseitigen bzw. die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit zu erhohen. In der Berucksichtigung der Zufriedenheit bei der Auswahl und dem Einsatz der strategischen Altemativen der Vertriebskonfiguration liegt ein frinfter wichtiger Ansatzpunkt fur die Praxis.
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Kapitel 7
Seien Sie sich uber die Zufriedenheitswirkungen strategischer Konfigurationsalternativen bewusst und treffen Sie strategische Konfigurationsentscheidungen weitgehend unabhdngig von lokalen Situationen der Vertriebspartner!
Folgerung 6: Koordination und UnterstUtzungprofessionalisieren Neben den Ansatzen der strategischen Konfiguration der Vertriebsorganisation stehen Herstellem zahlreiche operative Ansatze zur VerfUgung, um ihre Aufgaben der Koordination und Unterstiitzung der Vertriebspartner zu professionalisieren. Stossrichtungen liegen dabei in zentralen und vertikalen Strukturen, in Ansatzen der Teamorganisation, der Kultur und sozialen Beziehungen, der Segmentienmg und Differenzierung, in der Unterstiitzung durch zentrale Ressourcen sowie im Informationsmanagement (s. Tabelle 6-6, S. 162). Eine besondere Bedeutung kommt der in dieser Arbeit geforderten personellen Trennung von Koordinations- und Untersttitzungsaufgaben der Zentrale zu. Wie gezeigt wurde, ftihren die hSufige personelle Verquickung und die mangelnden zentralen Ressourcen dazu, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Qualitat von Unterstutzungleistungen in der Zentrale nur unzureichend erfolgt (s. Absatz 6.3.2.3, S. 172 ff.). AnsStze der Trennung von Koordination und Unterstutzung, wie sie bspw. durch Shared-Service Center und interne Vereinbarungen geschaffen werden, helfen dem Hersteller dabei, die zentrale Leistungsfahigkeit zu erhShen und zu verrechnen. Leistungen der Zentrale, durch die Vertriebspartner unterstutzt werden konnen, erhalten auf diese Weise eine hohe Transparenz. Ebenfalls tragen ServiceCenter Ansatze dazu bei, dass sich bei Vertriebspartnem realistische Erwartungen und Wertschatzungen gegeniiber den Leistungen des Herstellers entwickeln k5nnen. Ftir Vertriebsverantwortliche des Herstellenmtemehmens stellt die vorliegende Arbeit drei Orientierungshilfen fiir die operative Vertriebsgestaltung zur VerfUgung. Erstens wird ein Uberblick zu 19 Lfisungsansatzen vermittelt, die dem Hersteller generell zur Verbesserung der Zusammenarbeit zur VerfUgung stehen (s. Abschnitt 6.3, S. 160 ff.). Zweitens werden GestaltungsansStze dahingehend beurteilt, inwieweit sie fUr verschiedene spezifische Problemstellungen geeignet sind. Drittens wurden Moglichkeiten aufgezeigt, um die gewShlten AnsStze so auszugestalten, dass sie optimal zur Verbesserung der Zusammenarbeit beitragen. Die Fahigkeit des Herstellers, geeignete Losungsansatze auszuwahlen und fUr spezifische Problemstellungen anzupassen, stellt eine wichtige Herausforderung dar, der mit Hilfe dieser Arbeit besser begegnet werden kann. Hierin liegt ein sechster wichtiger Ansatzpunkt fUr die Praxis.
Schlussfolgenmgen
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Verstehen Sie sich als „ internen Dienstleister" und betreiben Sie ein aktives Qualitdtsmanagement fur Ihre internen Koordinations- und Unterstutzungsleistun2en!
Folgerung 7: Systematisches Projekt statt „Blitzaktionen** zur Verbesserung Fiir eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit reicht die alleinige Kenntnis tiber mdgliche GestaltungsansStze nicht aus. Reaktive „Blitzaktionen" zur Unterstiitzung einzelner Vertriebspartner in Notfallen konnen die Potenziale der Vertriebsorganisation nicht ausschopfen. Vielmehr muss ein systematisches Vorgehen entwickelt werden, um eine griindliche Diagnose der Zusammenarbeit zu ermoglichen und die Zusammenarbeit im Zeitablauf kontinuierlich zu verbessem. In Abschnitt 6.4 (S. 249) dieser Arbeit wurde ein Vorgehen aufgezeigt, an dem sich Hersteller zur Verbesserung der Zusammenarbeit orientieren kSnnen. In einem vierstufigen Prozess sind Verbessungspotenziale in der Zusammenarbeit zu identifizieren („Diagnose"), Massnahmen festzulegen („Planung"), Beteiligte in der Vertriebsorganisation zu informieren und mobihsieren („Umsetzung") sowie Zeit- und Organisationsvergleiche durchzufUhren. Durch eine regelmSssige und systematische Wiederholimg des Prozesses kann die ZusanMnenarbeit in der Vertriebsorganisation kontinuierlich verbessert werden. Hierin liegt ein siebter wichtiger Ansatzpunkt fur die Praxis. Starten Sie ein Projekt zur systematischen Verbesserung der Zusammenarbeit und benennen Sie Projektverantwortliche!
Folgerung 8: Massnahmen unternehmensspeziflsch anpassen Die Analyse der drei Untemehmensfalle „Nanosurf *, „Gallus" und „BASF" zeigt das konkrete Vorgehen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in drei verschiedenen Untemehmen. Die unterschiedlichen Ausgangslagen stellen an die Vertriebsverantwortlichen unterschiedliche Anforderungen. Die Untemehmensgr5sse und die damit verbundenen fmanziellen Ressourcen ermSglichen und begrenzen in alien drei Unternehmen auf imterschiedliche Weise die Handlungsspielraume. Einige der GestaltungsansStze, die in den Abschnitten 6.2 (S. 140) bis 6.3 (S. 160 ff.) dargestellt wurden, zeigen sich in den Fallstudien in ihrer spezifischen Anpassung an den Kontext des Herstelluntemehmens.
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Kapitel 7
Damit wird deutlich, dass die Moglichkeit, Zufriedenheit bei Vertriebspartnem herzustellen, vom Geschick des Herstellers abhSngt. Dieser muss in der Lage sein, geeignete Gestaltungsansatze auszuwahlen und im Rahmen der gegebenen Spielraume anzupassen. So war das Kleinuntemehmen Nanosurf trotz eingeschrankter finanzieller Ressourcen durchaus in der Lage, die Zusammenarbeit mit intemationalen Distributoren zu verbessem, indem schnell und flexibel gemeinsam mit den Distributoren praktikable Losungen erarbeitet und umgesetzt wurden. In alien drei Untemehmensf^llen wurden die Projekte zur Verbesserung der Zusammenarbeit durch das pers5nliche Engagement von Vertriebsleitem in der Zentrale entschieden vorangetrieben. Es wurden in jedem der Untemehmen gemeinsam mit Mitgliedem der Vertriebsorganisation spezifische Losungen erarbeitet, die der Gr6sse und den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Untemehmens in hochstem Masse Rechnung tragen. Der allererste Schritt zur Verbesserung der Zusammenarbeit bestand jedoch bei alien drei Untemehmen in der Bereitschaft von Fiihnmgskraften der Zentrale, sich selbst und die eigenen Leistungen einer Beurteilung zu stellen. Diese achte und letzte wichtige Folgerung ist gleichzeitig der allererste Schritt fur sSmtliche Ansatze zur Verbesserung der intemationalen Zusammenarbeit. Suchen Sie nach spezifischen Losungen fUr Ihre Vertriebsorganisation undprilfen Sie genau, welche Voraussetzungen in Ihrem Untemehmen gegeben sind! Der intensive Austausch mit Vertriebspartnem wirdlhnen bei der Entwicklung von Losungsaltemativen helfen. Treffend hat ein intemationaler Distributor der Leica Microsystems diese Forderung an den Herstellerformuliert: „Listen, listen, listen, and then talk. *'
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347
Anhang
Anhang Anhang A
Teilnehmer explorativer Einzelinterviews
348
Anhang B
Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002
351
Anhang C
E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung
352
Anhang D
Fragebogen der quantitativen Befragung
355
Anhang E
Rticklaufstatistik der Datenerhebung
363
Anhang F
Gesamtzufriedenheit europSischer Vertriebspartner
364
Anhang G
Giitekriterien der Messmodelle
365
Anhang H
Messergebnisse zur Diskriminanzvaliditat
372
Anhang I
Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation
374
Anhang J
Einzel- und Gruppeninterviews im Rahmen der Fallstudien
376
348
Anhang
Anhang A TeUnehmer explorativer Einzelinterviews Im Folgenden werden die Einzelinterviews, die im Rahmen der Untersuchung gefuhrt wurden, aufgelistet. SSmtliche Interviews hatten explorativen Charakter und folgten der in Absatz 2.4.2.1 dargestellten Vorgehensweise. Anhand der Befragungsteilnehmer konnen drei Typen von Interviews imterschieden werden: Interviews mit Fuhrungskraften aixs dem Herstelleruntemehmen (Typ 1), Interviews mit Vertriebspartnem (Typ 2) und Interviews mit sonstigen Experten im Themenbereich des Industriegiitervertriebs (Typ 3). Die Angabe des Ortes bezieht sich bei personlichen Interviews auf den Ort der Durchftihrung und bei telefonischen Interviews auf den Firmensitz. Birke, Benno (2003), Hoerbiger-Origa Systems GmbH, Geschaftsfiihrer, telefonisches Interview, Typ 1, 17.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Altenstadt, Deutschland. Bollinger, Hans-Peter (2002), Wirtgen GmbH, Sales Manager Central Europe, personliches Interview, Typ 1,05.08.2002, Dauer: 120 Minuten, Windhagen, Deutschland. Btihrer, Alex (2004), McKinsey & Company Schweiz, Partner und Leiter des "Swiss Industrial and High Tech Sectors", telefonisches Interview, Typ 3, 17.02.2004, Dauer: 60 Minuten, Zurich, Schweiz. Dvorak, Zbynek (2004), Wampfler AG, GeschaflsMirer Wampfler Tschechien, telefonisches Interview, Typ 2,19.04.2004, Dauer: 55 Minuten, Chrudim, Tschechien. Felber, Heinz (2003), Hilti AG, Leiter Marktregion Europa 2, telefonisches Interview, Typ 1, 27.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Schaan, Fiirstentum Liechtenstein. Filz, Alexander (2004), Mettler-Toledo Gmppe, Head of Communications Mettler-Toledo Group, telefonisches Interview, Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Greifensee, Schweiz. Dr. Fontana, Giatgen-Peder (2002), Fontana Projects Ltd. Co., Geschaftsfuhrer, personliches hiterview, Typ 3,04.12.2002, Dauer: 120 Minuten, Bem, Schweiz. Fiillemann, Mark (2002), Holcim Group Support Ltd., Direktor, Head Holcim Information Platform, telefonisches Interview, Typ 1, 26.11.2002, Dauer: 55 Minuten, Holderbank, Schweiz. Greschner, Alexander (2004), Ammann Gruppe, Leiter Strategisches Marketing, personliches Interview, Typ 1,23.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Langenthal, Schweiz. Hatz, Jann J. (2002), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview, Typ 1,26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Cham, Schweiz. Hatz, Jann J. (2004), Emhart Glass S.A., Vice President Marketing, telefonisches Interview, Typ 1, 14.04.2004, Dauer: 80 Minuten, Cham, Schweiz. Haupold, Ralf (2004), Wampfler Representative Office (RO) East and South Europe, Leiter RO, telefonisches Interview, Typ 1, 23.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Dresden, Deutschland. Dr. Helling, Volker (2004), Georg Fischer, Automotive, Technology Unit Eisenguss, Leiter Zentrales Marketing und Verkauf, personliches Interview, Typ 1, 16.07.2004, Dauer: 140 Minuten, Singen, Deutschland.
Anhang
349
Hilti, Rupert (2002), Hilti AG, ehemaliger Verantwortlicher Grosskunden International, personliches Interview, Typ 3, 08.06,2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Ibarth, Michael (2004), Wampfler AG, Product Manager, telefonisches Interview, Typ 1, 07.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Weil am Rhein, Deutschland. Issenhuth, Frederic (2002), Novozymes AG, Global Marketing Manager, telefonisches Interview, Typ 1,26.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Dittingen, Schweiz. Jenzer, Lukas (2004), Ammann Gruppe, Leiter Kommunikation weltweit, pers6nliches Interview, Typ 1,15.04.2004, Dauer: 45 Minuten, Langenthal, Schweiz. Kistler, Markus (2003), Probst Maveg SA, Leiter Marketing und Verkauf, telefonisches Interview, Typ 2, 03.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Lyss, Schweiz. Dr. Klumpp, Thomas (2002), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, persOnliches Interview, Typ 1,18.06.2002, Dauer: 90 Minuten, Hinwil, Schweiz. Dr. Klumpp, Thomas (2004), WRH Marketing AG, Direktor Marketing, telefonisches Interview, Typ 1, 05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Hinwil, Schweiz. Koch, Thomas (2003), Ruag AG, Geschaftsbereich Aerospace Aircraft, Marketing- und Verkaufsleiter, telefonisches Interview, Typ 1, 23.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Emmen, Schweiz. Kraft, Wolfgang (2003), Ferag Deutschland GmbH, Geschaftsfuhrer, telefonisches Interview, Typ 2, 05.02.2003, Dauer: 90 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland. Kraft, Wolfgang (2004), Ferag Deutschland GmbH, Geschaftsfuhrer, telefonisches Interview, Typ 2, 28.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Sulzbach a.T., Deutschland. Kunert, Dieter (2004), ABB Schweiz AG, Geschaftsbereich Low Voltage Products, Leiter Marketing imd Vertrieb, personliches Interview, Typ 1, 20.04.2004, Dauer: 45 Minuten, Baden, Schweiz. Kunst, Thomas (2004), Intraco (Agent der Ferag GmbHfiirdie ehemalige Sowjetunion), Geschaftsfiihrer, telefonisches Interview, Typ 2, 26.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Moskau, Russland. Lefevere, Werner (2004), Emhart Glass GmbH, Verkaufsdirektor Markt 2, personliches Interview, Typ 1, 27.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Neuss, Deutschland. Loos, Joelle (2002), GEMEX Trading, Ehemalige Mitarbeiterin im intemationalen Einkauf, personliches Interview, Typ 3, 04.04.2002, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Mehrer, Richard (2003), Wampfler GmbH, Manager Group Marketing & International Field Sales, telefonisches Interview, Typ 1, 22.01.2003, Dauer: 120 Minuten, Weil am Rhein, Deutschland. Mittelholzer, Leo (2002), Holcim Schweiz AG, Geschaftsfiihrer, telefonisches Interview, Typ 2, 09.12.2002, Dauer: 90 Minuten, Holderbank, Schweiz. Dr. Muhlmeyer, Joachim (2002), BASF AG, Fine Chemicals Europe, Manager Business Processes, personliches Interview, Typ 1, 27.05.2002, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Neun, Winfiied (2003), K.O.M. GmbH, Geschaftsfuhrer, persSnliches Interview, Typ 3, 30.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Allensbach, Deutschland.
350
Anhang
Pollhuber, Alois (2003), Ferag Austria AG, Geschaftsfuhrer, personliches Interview, Typ 2, 15.01.2003, Dauer: 60 Minuten, Wien, Osterreich. Pritzkow, Jan (2002), Corns Bausysteme GmbH, Export Sales Director, pers5nliches Interview, Typ 1,05.08.2002, Dauer: 140 Minuten, Koblenz, Deutschland. Puchner, Gerald (2004), ABB Schweiz AG, Geschaflsbereich Low Voltage Products, Leiter Entwicklung und Konstruktion ABB CMC, pers5nliches Interview, Typ 1, 13.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Baden, Schweiz. Putze, Thomas (2002), Degussa AG, Geschaftsbereich „Goldschmidt Polyurethane Additives", Business Director Europe, Middle East, Africa, pers5nliches Interview, Typ 1,25.06.2002, Dauer: 120 Minuten, Essen, Deutschland. Rufo, Silvano (2004), Rieter Machine Works Ltd., Geschaftsbereich Textile Systems, Geschaflseinheit Parts & After Sales, Marketing Leiter, telefonisches Interview, Typ 1,15.04.2004, Dauer: 90 Minuten, Winterthur, Schweiz. Saacke, Hans-Herbert (2002), SAACKE GmbH & Co. KG, Geschaftsfuhrer, telefonisches Interview, Typ 1,11.12.2002, Dauer: 100 Minuten, Bremen, Deutschland. Schenk, Adrian (2004), ABB Schweiz AG, Geschaftseinheit Minerals, Sales Manager Composite Plant Projects, telefonisches Interview, Typ 1, 16.02.2004, Dauer: 90 Minuten, Baden, Schweiz. Schopferer, J6rg (2004), Wampfler Ltda., General Manager, telefonisches Interview, Typ 2, 22.04.2004, Dauer: 70 Minuten, SSo Luis, Brasilien. Smolen, Rastislav (2004), Smolen (Unabhangige Vertretung der Wampfler AG), Geschaftsfuhrer, Typ 2, Gesprachsleitfaden elektronisch beantwortet am 28.04.2004, Bratislava, Slowakei. Strieker, Markus (2004), Corns International, Vize Director und Vertriebsleiter, telefonisches Interview, Typ 2,05.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Basel, Schweiz. Van Kempen, Pierre (2004), Wampfler B.V., Geschaftsfiihrer, telefonisches Interview, Typ 2, 13.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Haarlem, Niederiande. Dr. Walti, Christian (2002), ABB Business Services Ltd., Senior Consultant, personliches Interview, Typ 1,22.05.2002, Dauer: 120 Minuten, Baden, Schweiz. Werder, Gustav (2002), Hitachi Schweiz AG, Ehemaliger Geschaftsfiihrer, personliches Interview, Typ 3,27.11.2002, Dauer: 180 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Wyss, Bemhard (2004), Wampfler Schweiz AG, Geschaftsfuhrer, telefonisches Interview, Typ 2, 13.04.2004, Dauer: 60 Minuten, Th6rishaus, Schweiz.
Anhang
351
Anhang B Regionale Umsatzverteilung im Jahr 2002 Die folgende Tabelle zeigt die regionale Umsatzverteilung der zwanzig grossten Schweizer Industriegtiterhersteller im Jahre 2002. Samtliche Daten beruhen auf einer Analyse der GescMftsberichte aus dem Jahr 2003 (Geschaftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37). Regionale Umsatzanteile Nord- und Asien Stidamerika
Gesamtumsatz Naher, Mitt2002 lerer Osten, (in Mio. CHF) Afrika AEB 3r008 22% 7% 56% 14% Scliindler 7888 k.A. k.A. k.A. k.A. Georg Fischer 3'417 12% 77% 11% 0% Rieter 2'976 45% 1% 31% 23% SIG 2'826 78% 8% 3% 11% Saurer 2'490 35% 0% 20% 0% Mettler Toledo 2*057 40% 13% 47% 0% Sulzer r946 39% 37% 5% 19% Unaxis 1'490 46% 1% 23% 31% Bucher Industries 1*481 76% 5% 13% 6% Bobst 1*478 53% 25% 5% 18% Btihler 1*351 42% 25% 19% 13% Von Roll 1*213 79% 2% 15% 4% 1'067 Endress+Hauser 67% 2% 18% 16% 1*009 Agie Charmilles 22% 0% 61% 17% Ruag 1*006 92% 2% 6% 0% Conzzeta 909 77% 13% 10% 0% 790 Leica Geosystems 50% 27% 6% 17% WMH 756 54% 44% 2% k.A. Kardex Remstar 550 80% 15% 5% 0% 3*385 Durchschnitt 62% 22% 6% 10% Anhang B - 1 : Regionale Umsatzverteilung Schweizer Industrieguterhersteller im Jahr 2002 (Geschaftsberichtsanalyse I, s. Tabelle 2-3, S. 37) Hersteller
Europa
352
Anhang
Anhang C E-Mail-Kommunikation bei der quantitativen Befragung Ankiindigung Eine Woche vor dem Versand des Fragebogens wurde an samtliche potenzielle Teilnehmer eine E-Mail verschickt, in der die bevorstehende Befragung angekundigt und urn Mithilfe gebeten wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.).
"as^csEra^r^i^^i^^^^i^^^^^^^M l^ao4y^i;fmm
]O'k't&>^tgt^^|jo^" "O^^^jJ'^^Q^^
c h j ^ Chillis" Aifa««ibawichi^Chi*»SctwteM*H). XJ^RE Suvqi^onIndirtHl
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Kopi« BKndkopM Thwn* RE: Survey on lndu*tn«l Salat (Vatchdog': checked]
Dcir lb. Flimmer,
I
I im doctoral ttudeat it the Univenity of St.GiIlen (Svitzedind) tnd cturently wntingmy then* vhich titles "btemationil Sales of Lidustnal Goods &om a Substdianes' aad Disttibutocs' Point of Viev". In the context of my research. I viU conduct a written questionnaire-sunrey and therefore I would bke to send you a questionnaire nest week. The file attached will give you an idea about the challenges, I am dealing vith in my research I would be pleased, if you support my research as the quality and success of my research will strongly depend on the number of participants As a matter of oourse I will provide you a management summary <^ the survey results. Thank you very muchfoeyour suppocti vnth best regardsfiomSwitzerland Guistian Schmitz
i
Dipl.-Kfin. Ouistian Sdunitz Doctoral Candidate Listitute of Marketing and Retailing University of St.GaUen (OfH-HSG) Bodanstrasse 8 CH-9000 St.Gallen Phone: ++41/(0)71/224-25 01 Far ++41/(0)71/224-28 57 http; //ffw.imh wiitp ffi f\f'Hf
O! Anhang C - 1 :
S^u^^n E-Mail zur Vorankundigung der schriftlichen Befragung (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Anhang
353
Versand Die folgende Abbildung enthalt das Anschreiben, das beim tatsachlichen Versand der Fragebogen verwendet wurde (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Der E-Mail hing der Fragebogen als Attachement in Form eines Adobe-PDF-Dokumentes an (s. Anhang D, S. 355 ff.). ^Hi^W
jouiss^^tsmmwo*< -o^gr-i j.^^ci^{ j g ao o^i>laj
^^•\al
1 ^ QwMw Sehmite • Ale Dokume... x | ^ WG:
m
|
<mftf«i.cri«tofalini 04.02.200417:18
8lindkopi« | u,...jiui„. Thema |WG Quettionnaire on Sales of Industrial Goods [Valchdog' checked)
Dear Dr. Cnstofohni,
1
I am doctoral student at the University of St Gallcn (Switaeiiand) and currently writing my thesis which titles "Intemational Sales of Industrial Goods from a Subsidiaries' and Distributors' Point of View". In the context of my research, I am conducting a questionnaire-survey for which I need your help. Enclosed, you will fmd my questionnaire, which I kindly ask you to fill out.
n
Althougjh I dont have a budget to compensate you for your valuable efforts, I can offer you the following advantages: • Of course I will provide you with the survey results, - You should know that you support the ne^ected &eld of research in industrial sales, • The first 50 senders will have the chance to win one of 20 copies of the book „Peiformancc SeUing" (price 58,50 Euro). Please send/fine me the questionnaire until February 20tti 2004.1 would be pleased if you could support my research as if s quality and success will stion^y depend on the number of participants. Thank you very much for your generous support! ^ t h best regards from Switaedand Quistian Schmit2
1^
P.S.: la the case of technical problems, just send me a short email. Dipl.-Kfm. Christian Schmit2 Doctoral Candidate fostitute of Marketing and RetaiUng
QG^ Anhang C - 2:
3^3S! Anschreiben zur Befragung mit angehangtem Fragebogen (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
3(aS
Anhang
354 Nachfassaktion
Die potenziellen Teilnehmer, die bis zum Verstreichen der Abgabefrist nicht auf die Befragung reagierten, soUten mit dem folgenden Schreiben zu einer Teilnahme bewegt werden (s. Absatz 2.4.2.2, S. 39 ff.). Es war auch bei diesem Schreiben ein Fragebogen angehangt (s. Anhang D, S. 355 ff.).
^::^x^E:^::^z^^^m^^^^^^^^m^^^^^^^'LL
" LFL.:..'-..'L'. ^.. ".r:' u -"IJ:.':':..!:...: -'V " Aibei*>wk»|'it^CWiliwSdiitepwMJ^^. X FRIENDLY REMINOEF) INOEF) x 1
m
^'^^.—
|chri>1ian tchmit2@uni»g.ch 25.03.2M4 17:53
Kopi* BtindiopM JRe: FRIENDLY REMINDER - Queitionnaire on 8ale< of Induttrial Ooodt fWatchdog': Ichecfcadl r»ecuriQ Watchdog': iiberprufi
Dear Mr. Harcina, I «• doctoral acudanc ac tha Unlveralty ot ScGallan (Swlttarland) and currently vrltlng My thesis which titles "International Sales of Industrial Goods froM a StAtsldlarles' and Distributors' Point ot Vie*". On February 4tb I sent you a questionnaire and asked for your support. Unfortunately I haven't received a satlsfylao niariaer of questionnaires until yet. Therefore I kindly ask you again for your support, as the quality and success of wy research sill strongly depend on the nunber of participants.
^
Mi
iry of the survey
Please send/fax •« the questionnaire until March 12th 2004. Tou should knov that you support the neglected field of research on industrial salet and especially the success of ay study. Thank you very Much for your generous support!
m In the case of technical problei
Jfa-
cfH Anhang C - 3:
Just send Me a short eMail.
^';^^?i^W&""'" •'•••••' -'- *dSP Anschreiben bei der Nachfassaktion (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
355
Anhang
Anhang D Fragebogen der quantitativen Befragung
in^ttute of Marketing and Retailing
fg
Prof. Dr. Christian Beiz (Director of the institute)
U n i v e r s i t y O t dt.vaiailet1
Dipl.-Kfrn. Christian Schmitz (Ras^rch /^sodate)
Ck>ntact: Bodanstrasse 8. CH-9000 St. Gaiien T e l . + 4 1 / ( 0 ) 7 1 / 2 2 4 25 01 Fax: + 4 1 / (0)71/ 224 28 57 christian3chm(tz@un ISQ.ch
INTERNATIONAL SALES FROM A SUBSIDIARIES' AND DISTRIBUTORS' POINT OF VIEW
(Please attach business card) First name, surname: '
Company name:
' Your position within the organization: O O O D O
CEO/Oirector IMariteting manager Sales m a n a j ^ Product manager ExpMlenced sales staff
'
Street, No., Postal/Zip: City. Country: PiTOne: Email-address:
a others: Your organizaticHi is: n a subsidiary
G an independent distributor
O .
For a are twtter understandbig: Sul>sidiarie8 and disbibutors often use a differwm vocabuisHy: If you \w>rl( k\... • A subsidiary: Your headquarter is called "manufacturer' In our survey. • ^ independent distributor By 'manufecturer', {ideass consider your largest supplier of Swiss origin. AH q tions are retirtod to this one manuiacturer.
O You want a summary of the survey results (email-address required)
356
Anhang
SITUATION OF MARKET. CUSTOMERS AND COMPETITORS Please indicate your agreement with the following statements.
One hoars of a newcomptltiv m o v in your product wf ahnost •vetyday.
[ j j LLl
Your conytfter* in your product araa ana rdatiwiy w a i t .
IM [2]
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^M ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ 1
B
Never Change
am frequentiv
[7 T] [T] Li [T| H [T T| |T T] [T] [T H [T] |T| [~r T] [T LQ [T] [e]
Distribution techniquea/procMSM. Customers' nseds. Rale at which products/services tMCome olMolete. Nature of competitors' etrateoies and action.
In your local maiket. customers served by your business are:
"°^»!SS1 [IMIHIHIHIHiWi] KSL
importance of your iocai marliet in relation to other marlcets of the manutacturer.
Relatively low [TLITUTiJTLJTLSTUrn R«iatively high ingottance L J l i J - l l n l r l i r l i J ^ t Z J importance
Please classify the products, you are selingforthe marHifacturer
^:agg[IHIHIHi>^HIHI]gSg?"
Product-Portfolio: „You are selling... O .. .notNng but products of this one manufacturer.' O ..Jproducis of other manufacturers, too.' Degree of local selling exclusivity: G ExclusWely seling in territory. G In competition wHh d _ _ _ _ ^ the manufacturor.
Easy to monltof treiKis
« salee of
BaHSHsagggnEa
Statile Industry volume [ i f
G In competition wKh other subsldlarlee/dlstrlbutors (norvexdusivity).
Difficult to monitor trends Volatile industry volume
^ „ „ ^ G>{IHIHIHIHIMI] . n « ^ ^ LiJHiHlHlHlHlMlJ u«>»««iict*i» What makes your local business situation special compared to others and how can the manufacturer support you in an appropriate way? Aporopdate support:
Local spedaities 1)
1)
2)
2)
3)
3)
^
you agree theAwB use yow statements for our publications Witt) referencing your name? G V e s e MM 2004. uMvMtiy or aLoi
G No
357
Anhang
YOUR SATISFACTION WITH ASPECTS OF THE RELATIONSHIP WITH YOUR MANUFACTURER Please Indicate, how satisfied you are, with thefollowingaspects of your relationship with the manufacturer. How important is each aspect for your business? importance
Your Satisfaction Very Satisfied New product market opportunities meHiufacturer provided you.
High Importance
QB HHH H QE B B S H S BBBBB BBBBBHB BHBB0 BBB E HHHHH] Qd] H H B B BBBBBBBBBBBBBB
The width of the products and services offered. Overarfl qu^i^ aid 6i^gn of products arwl swvices. Frequency of introdudng new products or Su{:4>ort w^th standard equipment mGuweris, hsOTdtxioks, sdftware of products, prpvtded.
i V. dissatisfied • '>--v. satisfied Sutyort during local price wars. Sales prmnotiCNi material aid product documents^ ons provided by the marHjfacturer. fntemsri coordination of marketing-lnstrtfliients (e.g. aviwCBng owrtarHJing
Low Importance
Um
{mpwtoice
High |
.BLULlJli
BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB B B B B B B B BBBBBBB^
m
V. dissatisfied -
v.«rtisr»d
IJPW
imp(»tar>ca
Hi
Order handling by maiufactorer. Mautfacturer's meetmg of prorrused delivery dates for products. sp«« arKl accessory parts.
B B B B B B B B B B B B B B A^ability of products, reptecement and accessory | T ] [ 2 ] [ T | [ 4 ] B B B B B B B B B B Manu^K^rer's handling of damaged prodm^Jharrilinfl warranty cases.
i
B B B B B B B vdiwafafied
Ova^l liaimess and honesty of manufacturer.
v. saTlsfied
B B B B B B B Lew
Importance
Hiphl
jm
Overall nvanneryou were treated by manufachirer's — . office or headquaters. ^.—^^._.. ^ ^ i ^ j ^ j ^ i ^ j ^ regional Clearness of responsft>iKties and number of contact s in ^ ^ p r e o n s persons ir <»mmerdarf axl tedmic^ fietds. B B B B B B B V. satisfied Prdfts generatedfrommarKifacfarer's produd lines. Sales g r o i ^ poter^arf from earring maiufacturer's product iBies.
TUl
iJB B B Bnunri! BBBB
Mamtfac^rer credit policiea. [BBBBBBB pSlS^y"''''^'^'"''"'^"'"^'"^'^ B B B B B B B S^IirSSt^.^"'^'""^^^»°^<"-g- B B B B B B B Incentive pro^^ans (bonuses, contests, trips) the BBBBBBB mamrfacturer provides. lnter-/lntraconfy>any piicea of produ
BSBBBBm BBBBBBB Low
impcrtatce
High |
BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB
Anhang
358
"mmmmmmm mmmmmr^m BE BB ManufaetuiafsraaponsaHmattoyourraquasta. [ j ] (T] [ T | [7] [s] [ T | [T] [T] | T ] [T] H [ T | B B Avaiabiity of tha mamrfadurar in amargancy c»mBHHBHE B B B B B BB Fraquency of axchangino infomwtion with tha ma^BBBBBBB B B B B BBB nufecturar. BB '^1:^3!^^^:::::^'^'^'^ BBBBBBB BBBBB SXT,^S,;s;s:;y^''"'"^'"^^ B B B B B B B B B B B B B B Financial raportino nqnuti
by Ihm manufadurw.
Information pravidad about boMa rwdcs (tachnical difficultiaa. shipment datays ate.)-
Timalnass of racaMng naoaaaary infofmalioa Comptatanaaa of inferoiation OMTrorm^ofMrai^j^. Manufi
daaing with your localcutomaand local
Manufecturer's way of raapacting and traaing tha cuitufaofyourcourtfry. Understanding your laiinguiaa, Simlarity of your valuaa thosa of tha manufSacMandtr turar. Manufocturar't daaHng wKh dtfUMant thna 2onaa andtor oaographfc diatanca.
[ T I H H H H H I T ]
BBBBBBB HBBBBBB BBBBBBB BBBBBBB
B Bu B B B B BBB BBBBBBB BBBBB BB BBBBB BB B
B
B
Launching naw products and sarvicaa.
|S| | 6 | | 7 |
AbdiaNng axwtjng products arxl aarvricas.
B BB BBB
Targeting naw customar aagmants. Harmonizing imamationrt pricaa. Selecting and impiamenling new IT-systems and sottwara. standardization of marfceting arid aalaaprocasaaa.
B
I 1 I I2 I I 3 I
B
-mi
BE Hm m a mm am 0 0 IDH H E HE LU
imt
Overall, how sadsfled are you with all aspects of the manufacturer-relationship? Vary
™^Hi]-IIHIHiHiH«HE
Vary
RESPONSIBILITIES IN DECISION MAKING
In your dealings with the manufacturer, «Men quite small matters have to be referred to someone Ngher up for a final answer. Your dealngs vwth this manufacturer are subjact to a lot of rules and procedures stating how various aapacta of your job are to be done. You have to ask manufacturer's rapa before you do almost anytNng ^i your business You c m take very lltlie action on your own until the manufacturer or his reps approveit If a written rule does not cover soma situation, you make up informal njlaa for doing things as you go atong. There are many things in your busbwsa that are not covered by some formal procadurestbrdoiTKlt. Usually, your corrtactwMi your manufacturer and his rapreaanlattvaainvoWea things 1)y the rule book*.
a SM aoo4. URMMy or aiai
».4CH«00SLOMM
BBB BBBB BBB BBBB BBBBBBB BBB BBBB BBB BBBB BBB BBBB BBB BBBB
359
Anhang
Contact wiih your marHjfocturer and Ns refyesonlaUves are on a formal preplanned You ignoro the rules and reach infcffmal s^roanwnts to handka some situations. When rules and procedures exist vwth your manu^Krturer, they are ususdty written
B 0 a Ha E 0 m BHHSHS r T l I T l f T I FTl [71 f i l ( T l
CONTROL BY THE MANUFACTURER Strongly agree
Strongly disagree Specific perftymance goals are estabflshed for your local sates organization. Tlie manufacturer monitors the extent to which you reach ycag petformartce goals. If your performance goals were not met, you would have to explain why. You receive feedbackfromthe manufacturer concerning the extent to which you acNeve your goais. Yourir pay/sataay hicreases are tiased ui
H
The manufacturer monitors the extenttowhich youfollowestirialished procedures.
HTUIU
111 | 2 | laT
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Q El a H in H HJ iM. I Sfr. disagraeLiJliJLlJLiJLLlLULU
The manufacturer evaluates the procedures you use to accomplish a given task. " ~ m The manufacturer modtfies your procedures wtien desired results are not obtained.
s
B
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E
B
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You receivefeedbackon how you accomt:dl8h your p«rfcymance g<^ls.
SOLUTIONS FOR A BETTER COOPERATION Rease indicate your level of agreement to the today's status quo of the following solutions for the collaboration with your manufacturer. Related to your today's situation St disacgee-
- Str. agree
Job Rotation and temporary Job transfer programs: Emptoyees of the manufoctorer are temporarily working inttiolocal office and local emptoyees a » temporsMily working in the manufacturer's office.
•—i i—i i—i [-71 m m I T l LiJ IJJ IJJ LiJ LLI LrJ LLI
Common training programs: The manufacturer offers common new-enpk^ee orientatton and basic trairang programs for your and his emtidoyees.
BBBBBBB
Joint recruiting policies: Recruiting new empk^ees, both manufackjrcNr and toed office prefer csKidldaftes with a common core set of skiSs and cross-ovo' experience agyj skills.
EH]!!] H E H E
Career paths: Career patis in tfie manufecturw's company altow cross-overs betwsen local and manufacturer's otganizatton. sotgat
B0BBBB0
.
Stf • disagree -
- Str. agree |
informal networks: There are informal networks between your employees and thc^e c^ the manufacturer, whtoh he^ to a>ordinatd dedsion making and to solve upcoming conflicts.
B0BBBB0
Strategic orientation: You and your manufacturer share a common strategic orientation and a common set of goals.
BBBBBBB BBBBBBB
Common events: Your emptoyees andttK>seof the manufacturer participate at commonly organiiiKKl company events (Business lunches. cetetM^tions, rtcentlve travels, sport events,...) Annual sales meeting: At least onaa a year, al local sales offices meet at the an> nual sales meeting. CommitnMnt to cooperation: Both maiufacUjrer and local sales unit are strongly committed to supporting a better cooperatton.
BBBBBBB BBBBBBB
Joint visits: At reguler intervals, manufacturer's representative andtocalrepr^sentative are having joint visits to customers.
|T1 I T l FTl I T l I T l f i l f T I i_j i__i |_J i—i i—1 i—J i—1
tr.8,CH-«)008tQalMI
Anhang
360
SharadvaluM ami wortdngcultUf«:EiT^>loy«M from thsnnanutacturaroff^ I T ! ITI ITI (Tl [5! f i l fTI ^ y p ^ ^ ^ ^ ^ g ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ g ^ ^ l g ^ ^ ^ ^ L — i t - j 1—I 1—I i_j i—i L—I W H ^ H B B B M I I I I P B i l B B B ^ I B B B I ^ B B I ^ ^ ^ ^ H r S t r . d i a a g r w Str.agwl CiistonMrdatalM»«:HariuftKmr«rarKl local salMoffiMhavaaccMs to oonm» ^ databasasv>ahalrotev«itirilbmiation about cu«tomar».
[71 I T I I T I | T | | T | f T l pri i—1 i—i L—i i—1 i—1 i—1 i—1
Praiact raviaw procaduras: You and tha manufadurar hava raviaw procaduras to ayaluatajoirrtpraMs, which ware oonduclad in cooparation(a.g.intr^^
, — , , — , , — , , — . , — , , — , ,—. L U L l l LLI L l l L l l LLI L l l
Harmonliad goals: Goals of •wManufadtffar and thoM of tha local sales unftara haftnonbad in oontants and tima achadula.
I T I I T I H I f T l [71 I T ] I T I I — I L J 1—i U J l — I I—J 1—I
Appropriata parfoimanca avaluaUon: Tha way 9 M manufadurar avaluatas your paffom>anoa»appropriata and faHacta your adualparfomMnca.
rTl [Tl IT] fTl ITI [Tl ITI '—' L—i i—i i—i i—1 1—1 i—1
—IT
'
Joint planning A budgadng: Planning acdona for tha nwrtyaar and budgeting of your local aalaa unit is dona joinOy with tha manufacturar.
H S H H HI B S
Sarvica Laval Agraamairts: You hava agraamantswHh tha manufadurar (o.g. conoenjjngCTjdafhargfcTgjaM^^
f n ITI [Tl jTI [Tl fTl [Tl i—J L-J i—J U J i—i L—1 i—1
Kay-account managamant: important customars.aapadallyintametionirilyadiva cu8tomafs.afaaanwd jointly t>y a kay-aocountmanagamant of tha manufacturer.
[ T l [ T j | T | [71 ( T j [ T ] ( T | i—J i—1 i—1 U-J i—J i—1 i—1
Str.di»agro«-
Integration by tha manufscturar'nw manufacturer plans to move further local _ fundions and tasks from local units to his central headquarters. Team aeWng organfatatlon: Manufacturer and kx:al sales units are collaborating in teams to create better value tor customere.
- Sir. aflr>e |
[ T j [T] | T [ [ T l [ T | [ T ] [71 I _ J U J L_J L _ I L _ I i_j L_-J
[H E
S0 BHE
Project organization: For we»Klelined projeds, manufacturer and local emptoyees _ work together in proiedtaama.
(Tl ITI [Tl [Tl [Tl fTl |T| I _ I L J L J L J l_J l_J L J
Communication cttanneia: Iraiitutionalized channels and instruments of communication with the manufacturer siw)oft your daiy I
0 E B H B H [II B0BHBBS
StMtdards of InforriMMon: You have oaitain standards on what kind of information has to be exchanged regutorlywiiUhe manufacturer. Segmentation of saleapartnara: The manufacbirarsysiamaticaliy gives diffarent support to dHferent groups of salaspartners(e.g. by size (A. B,C). subsidiaries vs. dtttributore).
,—, ,—, ,—, ,—, ,—, ,—, ,—, | j j LU l i J LU L U I i J LU
Information about otkerraarlMta: The manufadurar uses instruments like newslettere, intranet, websites to inform you about new products, sales instruments, expariences etc.fromother sales regions/tefritories.
,—, _ . p_, p . , p-, ,—. j—. L U LU LU LU l i J L U LU
How Often are you trawltnfl to the matiufacturer's office a year? About. How often does a manufacturer representative visit you a year? About.
. times a year. times a year.
THREE MOST IMPORTANT SOLUTIONS Which are the 3 most Important solutions from above that resolve spedflc issues with the manufacturer? Rease name these 3 and give short comments for each.
if
lr.4CM4000«.OtlM
Anhang
361
YOUR ROLE IN THE COLLABORATION Which of the following alternatives describes best your role in the collaboration with your manufacturer? Please choose (only) one that best descrlt)es your actual situation. I ^
You prefM- a ssparation: Your goals and it^erests are naluraily diffefant from those of the manufachxer. Fatee compromises would weaken your posiflon, as you are the one who knows the k>cal marltet very w«^L Tlie only way lo be successful is to stay scn^araied fif<m the manufacturer as mudi as posslMe and to do what is necessary in your market on your own.
I O
Y ° " ^ 3 coop«vtion: As in every reteitionsNp, in ^ rel^onsNp to the manufacturer oomfKYxnfses fui^m to be found, that make both manufacturer and k)cai sstos aMe b folk>w up their interests axvitobe successful. In dis<xi88ion with the manufacturer you mo8% ffeid a consensus tt«t brings advantages for both turtles.
I CJ You feel strong dependence: In your relationship, the njanufacturer finally has to say what to do and doesn't acc ^ any excef^k>ns or special treatments. Even if you an» not convinced that the msMf>ufacturers pcKsition is right, you have to do wh»t he insbxicts you to. Finally, you are not fi4ly responstNe as you are justfoibwingthe rules, set up by the marwfacturer. __^________
PERSONAL ATTITUDE TOWARDS THE MANUFACTURER Rease indicate your agreement/disagreement to the following statements concerning your personal attitude towards the manufacturer.
MH|HJ|||||M 11^^ Promises nr»de by the manufachjrer's representatives are rdiable. The manufsK^unar does not make false claims. The manufacturer is not op«n in deE^ng with you. " If problems such as shipment delays arise, the manu^K^urer is hon^i about Ihe problems. TTg m g g ^
recygent^ives
have probJQ"^ '^'^y^i?"i f°^ fimmmSSi
strongly Disagree agree 14 1 1 1hi 131 hi 1 ^1 17| |3 1 1 2 1 _ij LLI [s 1 LLI [7] hi hi hi 1 1 (Tj [7] [T| T] 0 i l IT] blr.
You arguefrecpjentivwi^ your manufacturer about business issues. Yow arguments with your manufacturer are very heated. You disagree wth the manufacturer t^KXit how you can best achieve your goerfs.
a |4 1Js] 161
JTI
HI
141 |5 11 6 1 7|
TJ
T] ^ [T| [T] hi hi hi i l M 1 3|141 |5 I 1 6 1 7| Str.
You are proud to be part of the m£tfiu^cturer omanization. You enjoy discussing Uie rrranufacturer orgaruzation v^t) people from outskle. You reafly care about thefeiteof Vtm manufacturer.
TJ [2] [2]
|4 1
EHEl LiJLiJ JUHII] UJ 11 1=1[3 H B H m 11 HHHHS hi nn >—10 B H H H S _ij
[T] [7]
U}
You are glad that you vfork for this marHifac^rer. Your values ore ^rrnlar to those of the manufacturer. " You aren^^lling to put exlna effort beyond expected to make the manufacturer organizaVXm successlul.
PERFORMANCE OF YOUR LOCAL ORGANIZATION Much Worse ProducHTig a high market shareforyour company. MaJdng sales of those producte wiUitftehighest profit margin. Gwwrating a high level of sales (dollai/euro). Quickly generating sales of new products. Ider^Hygig major accounts and selling to them. Producing sales or contacts with teng-term profitability. Exceeding sales targets and Objectives for your tenritory durir^ the year.
Average
Much Better
HS@LU nnir m WW 00 0 0_ _00 0_ aSSEDIU 0 0 0 H E a s 0 0 E HI 0 0 B s [ilSSllEilBHBSBB
H 2004, UMMraKy orSI.OaHM, BCKMWIr. 8, CH-aOOO St. O M M
362
Anhang
Much YCHJT overaH sates volume wim your manufacturer's products. Your ovrall profitability with manufactures products. Market share with manufacturar't products.
I l£] t2l HTBTLI B 111 liTfi' IBE0EEEBBH "BBBBBBBBBBH
The annual sal— growth with manufacturer's products. _ EUR (In 1'OOQ) with the manufacturer's products.
* In 2003, your local sates unit achieved a satas of about.
YOUR LOCAL MARKETING AND SALES ORGANIZATION Please name your Industry:
and classify it (tick only one):
•
Industrial components and devices
O Industrial plants and systems
• Turn key projects
•
Industrial suppHas (OEM)
O Industrial services
O
How long have you been doing business with your manufacturer? For Functions executed in your local organization (tick all that apply)
year(s).
•
Purchasing
O Production
O Marketing
O Services and After Sales
•
RAP
O Human Resource Mgmt
O Sales
O
Number of employees working: ...in your local organization:
employees
...in the manufacturer's m&s department:
employees
Your manufacturer supports a number of about How would you classify the current business situation of your manufacturer? Country of your manufacturer: ' How far away is your ma nufacturer's office?
employees
...in your local marketing and sales (m&s):
•
subsidiaries and distributors worldwide JSJJy i r U T U T U T L m - T T U T l H i ° h .!L^.*"<****• L W l H l H + H i H l K Z J unprofitable
Switzerland
D Germany
Travel Time is about hours.
Distance is about .kilometers.
THANK YOU FOR YOUR PARTICIPATION!
Does this questionnaire Include the main Issues of your collaboration with the manufacturer and therefore Is It relevant for your company's situation? Wot relevant at al Q J H I H I H l H I H g K D v « y r ( o MM M M . umnoay or auomm. ft
363
Anhang
Anhang £ Riicklaufstatistik der Datenerhebung Die folgende Abbildung zeigt die Riicklaufstatistik der quantitativ-empirischen Erhebung differenziert nach postalischer und elektronischer Ansprache der Befragten (s. Vertriebsbefragimg 2004, Tabelle 2-3, S. 37).
1
I b«reiniqt(2) I
m 1'501 (333)
Anhang E - 1 :
1'383 (118)
Struktur des Rticklaufs differenziert nach der Art der Ansprache (Vertriebsbefragung 2004, s. Tabelle 2-3, S. 37)
Anhang
364
Anhang F Gesamtzufriedenheit europaischer Vertriebspartner Anhang F - 1 zeigt die Messergebnisse zur Gesamtzufriedenheit, die im Rahmen der quantitativ-empirischen Erhebimg (s. Vertriebsbefragung 2004, Tabelle 2-3, S. 37) aus KontroUgriinden als Single-Item Skala erhoben wurde. Overall, how satisfied are you with all aspects of the manufacturer-relationship?
I n=222 I
Very Satisfied
Anhang F - 1 :
Satisfied
Rather satisfied
Neither Rather satisfied nor dissatisfied dissatisfied
Mainly dissatisfied
Dissatisfied
Gesamtzufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller
Very dissatisfied
Anhang
365
Anhang G Giitekriterien der Messmodelle Im Folgenden werden die Messergebnisse der Konstrukte in Bezug auf Giitekriterien erster und zweiter Generation (s. Jensen 2001, S. 96; Homburg/Giering 1996, S. 13; Tabelle 3-2, S. 62) dargestellt. Die Konzeptualisienmgen und Operationalisierungen der Konstrukte, auf die sich die Messungen stiitzen, sind in den jeweiligen Textpassagen der Arbeit im Kontext ihrer Anwendung erlautert (s. Absatz 3.2.2, S. 60 ff.; Absatz 5.3.3, S. 125 ff.; Absatz 6.2.2, S. 143 ff.). Die umklammerten Angaben hinter den Items bezeichnen den Kurznamen der Items, der in der Kausalanalyse verwendet wurde (s. Absatz 3.2.2.1, S. 60 ff. und Abbildung 3-3, S. 68). Zufriedenheit mit dem Hersteller Die Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstruktes „Zufiiedenheit mit dem Hersteller" geht auf Gassenheimer/Ramsey (1994, S. 261) zuruck. Drei Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitaten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgiite erreicht wurde. Zufriedenheit mit dem Hersteller (^''Channel Member Satisfaction") t-Wert der Please indicate, how satisfied you are with the IndikatorItem-to-TotalFaktorladung following aspects of your relationship with the reliabilitat Korrelation manufacturer. eliminiert • New product market opportunities manufacturer provided you. 11.19 .47 .62 • Overall "sales support/relationship with the manufacturer's sales representative. (SAT 1) 11.93 .52 .64 • Overall fairness and honesty of manufacturer. (SAT2) 13.48 .63 .70 • Interest and concern manufacturer has displayed in helping you accomplish goals and objectives. (SATS) 13.43 .63 .70 • Overall manner you were treated by manufacturer's regional office or headquarters. (SAT4) eliminiert • Profits generated from manufacturer's product lines. eliminiert • Sales growth potential from carrying manufacturer's product lines. Giitekriterien der 1. Generation Globale Giitekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .84 X^-Wert (Freiheitsgrade) .14(2) .93 Erklarte Varianz p-Wert .59 .00 Lokale Giitekriterien der 2. Generation RMSEA 1.00 Faktorreliabilitat CFI .89 .99 Durchschnittlich erfasste VariAGFI .67 anz Anhang G - 1 : Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Zufriedenheit mit dem Hersteller"
1
366
Anhang
Vertrauen in den Hersteller Die verwendete Konzeptualisiemng und Operationalisienmg des Messmodells „Vertrauen in den Hersteller" lehnt sich an Ganesan (1994, S. 16) an. Drei Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitaten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgiite erreicht wurde. Insbesondere die gedrehten Indikatoren verschlechterten die Messguter erheblich. Vertrauen in den Hersteller (^Vendor's credibility") t-Wert der Your trust in the manufacturer IndikatorItem-to-TotalFaktorladung reliabilitat Korrelation .50 • Promises made by the manufacturer's repre_* _* sentatives are reliable. (TRUl) .50 • The manufacturer does not make false _* _* \ claims. (TRU2) eliminiert • The manufacturer is not open in dealing with you. (R) eliminiert • If problems such as shipment delays arise, the manufacturer is honest about the problems. eliminiert • The manufacturer's representatives have problems answering your questions. (R) Globale Giitekriterien der 2. Generation Giitekriterien der 1. Generation Cronbachsches Alpha .67 X^-Wert (Freiheitsgrade) _* Erklarte Varianz p-Wert .50 _* Lokale Giitekriterien der 2. Generation RMSEA _* _• Faktorreliabilitat CFI _* _• AGFI Ehirchschnittlich erfasste Vari_* anz (R): Gedrehter Indikator * Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden. Die Berechnimg dieser Masse ist daher nicht mOglich. Anhang G - 2: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Vertrauen in den Hersteller"
Konfliktnlveau mit dem Hersteller Die verwendete Konzeptualisiemng und Operationalisienmg des Messmodells ,JK^onfliktniveau mit dem Hersteller** geht auf Mohr et al. (1996, S. 110) zuruck. Es wurde eine zufrieden stellende Messgiite erreicht. Konfliktniveau mit dem Hersteller (O.evelofconflict*') Conflicts with your manufacturer IndikatorItem-to-Totalreliabilitat Korrelation .44 .58 • You argue frequently with your manufacturer about business issues. (CON 1)
t-Wert der Faktorladung 9.92
Anhang • Your arguments with your manufacturer are very heated. (C0N2)
367 .70
.86
13.34
9.02 .36 .53 • You disagree with the manufacturer about how you can best achieve your goals. (C0N3) Giitekriterien der 1. Generation Globale Giitekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .77 X^-Wert (Freiheitsgrade) _* Erklarte Varianz .55 p-Wert -* Lokale Giitekriterien der 2. Generation RMSEA -* Faktorreliabihtat .78 CFI _* Durchschnittlich erfasste Vari.55 AGFI _* anz * Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht sinnvoU. Anhang G - 3: Ergebnisse zur Messung des Konstrukts „Konfliktniveau mit dem Hersteller"
Verbundenheit mit dem Hersteller Die verwendete Konzeptualisierung und Operationalisierung des Messmodells „verbundenheit mit dem Hersteller" geht auf GanesanAVeitz (1996, S. 43) zurttck. Zwei Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitaten eliminiert, wodurch eine hohe Messgiite erreicht wurde. Verbundenheit mit dem Hersteller (^Affective Commitment'^ t-Wert der IndikatorYour commitment Item-to-TotalFaktorladung reliabilitat Korrelation 11.31 .47 .62 • You are proud to be part of the manufacturer organization. (COMl) Eliminiert • You enjoy discussing the manufacturer organization with people from outside. eliminiert • You really care about the fate of the manufacturer. 15.67 .77 .76 • You are glad that you work for this manufacturer. (COM2) 12.12 .53 .65 • Your values are similar to those of the manufacturer. (COM3) 11.95 .51 .65 • You are willing to put extra effort beyond expected to make the manufacturer organization successful. (COM4) Giitekriterien der 1. Generation Globale Giitekritt^rien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .84 X^-Wert (Freiheitsgrade) .40(2) .82 Erklarte Varianz .57 p-Wert .00 Lokale Giitekriterien der 2. Generation RMSEA 1.00 Faktorreliabihtat .84 CFI .99 Durchschnittlich erfasste .57 AGFI Varianz Anhang G - 4: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Verbundenheit mit dem Hersteller"
1
368
Anhang
Lokale Verkaufsleistung Die verwendete Konzeptualisiening und Operationalisienmg des Messmodells „Lokale Verkaufsleistung" geht auf Sujan et al. (1994, S. 47) zuriick. Drei Indikatoren wurden aufgnmd niedriger Reliabilitaten eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgiite erreicht wurde. Lokale Verkaufsleistung (performance**) Item-to-TotalPlease evaluate your performance compared to Korrelation turer .72 • Producing a high market share for your company. (PERI)
Indikatorreliabilitat
t-Wert der Faktorladung
.67
14.29
• Making sales of those products with the highest profit margin. (PER2)
.58
.41
10.32
• Generating a high level of sales (dollar/euro). (PER3)
.65
.55
12.60
• Quickly generating sales of new products.
eliminiert
• Identifying major accounts and selling to them.
eliminiert
• Producing sales or contracts with long-term profitabiUty.
eliminiert
11.35 .47 .62 • Exceeding sales targets and objectives for your territory during the year. ^ER4) Globale Giitekritsrien der 2. Genenition Giitekriterien der 1. Generation .59(2) Cronbachsches Alpha .81 X^-Wert (Freiheitsgrade) .74 Erklarte Varianz p-Wert .53 .00 Lokale Giitekriterien der 2. Generation RMSEA 1.00 Faktorreliabilitat CFI .82 .99 Durchschnittlich erfasste AGFI .53 Varianz Anhang G - 5: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes ,J^okale Verkaufsleistung"
Lokaler Markterfolg Die verwendete Konzeptualisiening und Operationalisienmg des Messmodells , J^okaler Markterfolg" lehnt sich an Cravens et al. (1993, S. 58) an. Ein Indikator wurde aufgnmd niedriger Reliabilitat eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgiite erreicht wurde. Lokaler Markterfolg („Sales effectiveness**) Relative to your businesses largest competitor, Item-to-Totalhow is... Korrelation .82 • Your overall sales volume with your manufacturer's products. (EFFl)
Indikatorreliabilitat .89
t-Wert der Faktorladung 17.89
Anhang
369
9.96 .36 .58 • Your overall profitability with manufacturer's products. (EFF2) 17.65 .88 .82 • Market share with manufacturer's products. (EFF3) eliminiert • The annual sales growth with manufacturer's products. Gutekriterien der 1. Generation Globale Gutekriterien der 2. Generation Cronbachsches Alpha .86 X^-Wert (Freiheitsgrade) -* Erklarte Varianz p-Wert .71 -* Lokale Gutekriterien der 2. Generation RMSEA -* Faktorreliabilitat CFI .88 -* Durchschnittlich erfasste .71 AGFI _* Varianz * Bei drei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell keine Freiheitsgrade. Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht sinnvoU. Anhang G - 6: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Lokaler Markterfolg"
Grad der Zentralisierung Die verwendete Konzeptualisienmg und Operationalisiemng des Messmodells ,2entralisiening" geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107 f.) zuriick. Ein Indikator wurde aufgnmd niedriger Reliabilitat eliminiert, wodurch eine zufrieden stellende Messgtite erreicht wurde. Grad der Zentralisierung CCentralization'') t-Wert der Thinking about your relationship with the IndikatorItem-to-TotalFaktorladung manufacturer, would you say... reliabilitat Korrelation 7.34 .24 .45 • Any major decision that you make has to have the manufacturer's approval. 10.71 .46 .61 • In your dealings with the manufacturer, even quite small matters have to be referred to someone higher up for a final answer. eliminiert • Your dealings with this manufacturer are subject to a lot of rules and procedures stating how various aspects of your job are to be done. 12.80 .63 .64 • You have to ask manufacturer's reps before you do almost anything in your business. 12.38 .59 .63 • You can take very little action on your own until the manufacturer or his reps approve it. Gutekriterien der 1. Generation Globale Giitekrit(men der 2. Generation 6.21 (2) Cronbachsches Alpha .78 X^-Wert (Freiheitsgrade) .05 Erklarte Varianz .48 p-Wert .09 Lokale Gutekriterien der 2. Generation RMSEA .98 Faktorreliabilitat .78 CFI .93 Durchschnittlich erfasste .48 AGFI Varianz Anhang G - 7: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Zentralisierung"
370
Anhang
Grad der Formalisierung Die verwendete Konzeptualisiening und Operationalisierung des Messmodells „Grad der Formalisierung" geht auf Ferrell/Skinner (1988, S. 107) zuriick. Vier Indikatoren wurden aufgrund niedriger Reliabilitaten eliminiert. Durch den Ausschluss der Indikatorvariablen konnte keine wesentliche Verbessenmg der Messgtlte erreicht werden. Wie bereits im Text erl^utert (s. Abschnitt 6.2, S. 140) muss die Interpretation deshalb mit Vorsicht erfolgen und die eingeschrankte Inhaltsvaliditat des Konstruktes berttcksichtigen. Die Messgiite des Konstruktes wird deshalb als mangelhaft eingestuft.
Bezeichnung des Indikators
Grad der Formalisierung (J formalization'') Item-to-TotalKorrelation
IndikatorreliabilitSt eliminiert
t-Wert der Faktorladung |
tion, you make up informal rules for doing things as you go along. (R) .42 • There are many things in your business that -* -* are not covered by some formal procedures for doing it. (R) eliminiert 1 • Usually, your contact with your manufacturer and his representatives involves things **by the rule book". eliminiert • Contact with your manufacturer and his representatives are on a formal preplanned basis. .42 • You ignore the rules and reach informal .* .* agreements to handle some situations. (R) eliminiert • When rules and procedures exist with your manufacturer, they are usually written agreements. Glohale Giitekriterien der 2. Generation Giitekriterien der 1. Generation Cronbachsches Alpha .60 r^-Wert (Freiheitsgrade) ErklSrte Varianz p-Wert .42 _* RMSEA Lokale Giitekriterien der 2. Generation _* Faktorreliabihtat CFI -* _* _• AGFI Durchschnittlich erfasste -* Varianz ^^^^^^^ (R): Gedrehter Indikator * Bei zwei Indikatoren hat ein konfirmatorisches Modell eine negative Anzahl von Freiheitsgraden. Die Berechnung dieser Masse ist daher nicht mdglich. Anhang G - 8: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Grad der Formalisierung"
Ergebnisorienderung des FUhrungsstils Die verwendete Konzeptualisiening und Operationalisierung des Messmodells „Ergebnisorientierung des Ftlhrungsstils" geht auf Jaworski/Maclnnis (1989, S. 416) zuriick. Ein Indikator wurde eliminiert, wodurch eine hohe Messgiite erreicht wurde.
Anhang
371
Ergebnisorientierung des Fiihrungsstils ^wOutput control") t-Wert der Bezeichnung des Indikators IndikatorItem-to-TotalFaktorladung reliabihtat Korrelation 12.13 .56 .65 for your local sales organization. 18.10 .63 .83 • The manufaciurer monitors the extent to which you reach your performance goals. 14.23 .87 .73 • If your performance goals were not met, you would have to explain why. 13.08 .50 .70 • You receive feedback from the manufacturer concerning the extent to which you achieve your goals. eliminiert • Your pay/salary increases are based upon 1 yom performance. Gutekriterien der 1. Generation Globale Gutekriterien der 2. Generation .90 (2) Cronbachsches Alpha .87 X^-Wert (Freiheitsgrade) .64 Erklarte Varianz .64 p-Wert .00 Lokale Gutekriterien der 2. Generation RMSEA 1.00 Faktorreliabilitat .88 CFI .99 Durchschnittlich erfasste .64 AGFI Varianz Anhang G - 9: rungsstils"
Prozessorientierung des Fiihrungsstils Das verwendete Messmodell „Prozessorientierung des Fuhmngsstils" geht auf Jaworski/Maclnnis (1989, S. 416) zurilck. Es wurde eine sehr hohe Messgute erreicht. Prozessorientierung des Fiihrungsstils (^j^Process control") t-Wert der IndikatorBezeichnung des Indikators Item-to-TotalFaktorladung reliabilitat Korrelation 15.84 .75 .75 • The manufacturer monitors the extent to L which you follow established procedures. 15.92 .76 .76 • The manufacturer evaluates the procedures you use to accompUsh a given task. 11.90 .50 .67 • The manufacturer modifies your procedures when desired results are not obtained. 10.47 .41 .61 • You receive feedback on how you accomplish your performance goals. Gutekriterien der 1. Generation Globale Gutekriterien der 2. Generation 9.71 (2) Cronbachsches Alpha .86 X^-Wert (Freiheitsgrade) Erklarte Varianz .01 .60 p-Wert .13 Lokale Gutekriterien der 2. Generation RMSEA Faktorreliabilitat .98 .86 CFI .90 Durchschnittlich erfasste AGFI .61 Varianz Anhang G -10: Ergebnisse zur Messung des Konstruktes „Prozessorientierung des Fiihrungsstils"
372
Anhang
Anhang H Messergebnisse zur Diskriminanzvaliditilt Um die Diskriminanzvaliditat der verwendeten Konstrukte zu iiberpriifen, wurden zwei Konstruktverbunde zu „einstellungsbezogenen Wirkungen" und „6konomischen Wirkungen" gebildet. Diese wurden jeweils durch eine explorative Faktorenanalyse und das Fomell-Larcker Kriterium auf das Vorliegen hinreichender Diskriminanzvaliditat untersucht (s. auch Homburg 2000, S. 111 f.). Konstruktverhund„Eimtellungshezogene Wirkungen'* Zum Konstruktverbund der einstellungsbezogenen Wirkungen zShlen die Konstrukte „Vertrauen in den Hersteller", „Konfliktniveau mit dem Hersteller" und „Verbundenheit mit dem Hersteller", die allesamt durch die Zufriedenheit beeinflusst werden (s. Anhang G - 2, S. 366; Anhang G - 3, S. 367; Anhang G - 4, S. 367 und Abbildung 3-4, S. 70). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die tfberpriifung des FomellLarcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen den Konstrukten schliessen (s. Anhang H - 1 , S. 372 und Anhang H - 2, S. 373). Explorative Faktorenanalyse Konstruktverbund JEinstellungsbezogene Wirkungen"* Faktorladungen (nach Varimax Rotation) Faktor Indikator Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Trust .118 -.182 .809 HOI .272 -.123 .549 H02 -.038 .652 -.158 Conflicts H06 .001 .937 -.048 H07 -.121 .583 -.123 H08 .636 -.102 .286 Commitment H09 .842 -.127 .156 H12 .707 -.081 .171 H13 .751 .043 .031 H14 Durch die Faktoret erklarte Varianz 25.35% 19.19% 12.61% Anhang H - 1 : Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund ,,£instellungsbezogene Wirkungen"
Faktor
Trust
Fornell-Larcker Kriterium Konstruktverbund nEinsteUungsbezogene Wirkungen"* Faktor 3 Faktor 2 .503 .551 Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) .503
Conflicts
.551
.102
Commitment
.571
.236
.026
Faktor 1 .571
373
Anhang
49.03 (24) X^-Wert (Freiheitsgrade) p-Wert .002 RMSEA .066 CFI .965 AGFI .920 Anhang H - 2: Ubeipriifimg des Fomell-Larcker Kriteriums fUr den Konstruktverbund „Einstellungsbezogene Wirkungen"
Konstruktverbund „ Okonomische Wirkungen " Zum Konstruktverbund der okonomischen Wirkungen zahlen die Konstrukte „Lokale Verkaufsleistung" und „Lokaler Markterfolg" (s. Anhang G - 5, S. 368 und Anhang G - 6, S. 369). Sowohl die explorative Faktorenanalyse als auch die Uberpriifung des Fomell-Larcker Kriteriums lassen auf eine hinreichende Diskriminierung zwischen den beiden Konstrukten schliessen (s, Anhang H - 3, S. 373 und Anhang H - 4, S. 373). Explorative Faktorenanalyse Konstruktverbund „dkonomische Wirkungen" Faktor Faktorladungen (nach Oblimin Rotation) Indikator Faktor 1 Faktor 2 Relative Performance .710 -.212 101 .714 .097 102 .705 -.018 103 107 .659 -.051 Sales Effectiveness -.020 -.961 108 .212 -.465 109 -.049 -.969 110 Durch die Faktoren erklarte Varianz 49.86 % 11.72 % Anhang H - 3: Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse zum Konstruktverbund „Okonomische Wirkungen"
_ Faktor
Rel. Performance Sales Effectiveness
Fornell-Larcker Kriterium Konstruktverbund ^Okonomische Wirkungen" Faktor 1 Durchschnittlich er.529 fasste Varianz (DEV) .529 .709
Faktor 2 .709
.424
56.22 (13) X^-Wert (Freiheitsgrade) p-Wert .00 RMSEA .12 CFI .95 AGFI .86 Anhang H - 4: Uberpriifung des Fomell-Larcker Kriteriums far den Konstruktverbund „Okonomische Wirkungen"
374
Anhang I
Anhang
Faktorladungen nach schiefwinkliger Rotation
Um die Methodeninvarianz zutiberpriifenund die inhaltliche NShe der Teilaspekte der Zusammenarbeit mit dem Hersteller zu berllcksichtigen, wurde eine explorative Faktorenanalyse mit der schiefwinkligen Oblimin-Rotation durchgefiihrt. Um ein Maximimi an Korrelation zwischen den Faktoren zuzulassen, wurde ein Delta von Null defmiert. Anhang I -1 zeigt die Ergebnisse der Analyse. Die Faktorladungen lassen auch in diesem Fall eine eindeutige Zuordnung zu den sieben Faktoren zu. Faktoren und Faktorladungen (nach schiefwinkliger Rotation)
New product market opportunities The width of the products and services offered Quality and design of products and services Frequency of introducing new products or services Order handhng by manufacturer Meeting of promised delivery dates Availability of products and replacement parts Support with manuals, handbooks, etc. Sales promotion material and documentations Manufacturer credit policies Customer financing programs Incentive programs (bonuses, contests, trips) Sales support relationship with the sales rep Overall fairness and honesty of manufacturer Interest and concern to help you Overall manner you were treated Dealing with your local customs and values Way of respecting and treating your local culture
1
2
3
4
5
6
7
-.534
-.138
-.151
.121
-.003
.073
.046
-.624
.006
-.093
-.050
.029
.007
-.104
-.460
-.196
-.106
-.155
.010
.036
-.178
-.567
.022
-.014
.124
.134
-.009
.105
.019
-.647
-.109
.087
.135
.057
.083
.067
-.717
.068
-.026
.029
.036
-.121
-.132
-.760
.044
.008
.000
-.043
-.011
-.195
.143
-.673
-.032
.040
.044
-.198
-.060
-.093
-.654
.066
.074
-.020
.003
.024
.032
.067
.430
.094
.071
-.164
-.050
-.045
-.041
.744
-.076
-.051
.019
-.010
-.003
-.012
.657
.028
.039
-.020
-.147
-.043
-.216
.025
.496
-.024
-.040
.041
-.074
-.057
-.065
.681
.064
-.150
-.068
-.080
-.002
.034
.727
.008
.048
.005
.012
.044
.028
.824
-.001
.022
-.254
-.080
.096
.060
-.051
.638
-.114
-.159
.017
.161
-.031
.247
.708
-.167 1
Anhang
375
Understanding your language the manufacturer's Manufacturer's response times to your requests Timeliness of receiving necessary information Completeness of information you get Anhang I - 1 :
.177
.004
-.178
.090
-.013
.608
.215
.129
-.194
-.134
.038
.132
.443
-.095
-.020
-.201
-.108
.082
-.023
.118
-.531
-.017
-.091
-.041
.132
.084
-.077
-.665
.023
-.024
-.140
.094
.182
.056
-.538
Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse der 23 Zufriedenheitsindikatoren
376 Anhang J
Anhang Einzel- und Gruppeninteniews im Rahmen der Fallstudien
Im Folgenden werden die explorativen Einzel- und Gruppeninterviews aufgelistet, die im Rahmen der Fallstudien gefuhrt wurden. Die Angabe des Ortes bezieht sich bei personlichen Interviews auf den Ort der Durchfuhrung und bei telefonischen Interviews auf den Firmensitz. Fallstudie „Leica Microsystems^ (s. „Befragung Leica I", Tabelle 2-3, S. 37) Dr. Reuter, Wolf-Otto, President und CEO; Vogler, Martin R., Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management (2004), Leica Microsystems, personliches Gruppeninterview, 13.09.2004, Dauer: 120 Minuten, Flims, Schweiz. Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management, personliches Einzelinterview, 19.01.2004, Dauer: 30 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management, personliches Einzelinterview, 18.06.2004, Dauer: 120 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Vogler, Martin R. (2004), Leica Microsystems, Vice President und Managing Director European and Direct Sales Management, persdnHches Einzelinterview, 14.10.2004, Dauer: 30 Minuten, Flims, Schweiz. Fallstudie„NanosurfAG** (s. „BefragungNanosurfl",
Tabelle 2-3, S. 37)
Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, personliches Einzelinterview, 17.05.2003, Dauer: 120 Minuten, Basel, Schweiz. Dr. Scandella, Loris (2003), Nanosurf AG, Head of Sales & Marketing, personhches Einzelinterview, 01.07.2003, Dauer: 60 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Dr. Sum, Robert (2002), Nanosurf AG, CEO, telefonisches Einzelinterview, 05.11.2002, Dauer: 120 Minuten, Liestal, Schweiz. Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Braendlin, Dominik, Head of Development; Dr. Howald, Lukas, Chairman; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf AG, personliches Gruppeninterview, 12.06.2003, Dauer: 180 Minuten, Liestal, Schweiz. Dr. Sum, Robert, CEO; Dr. Scandella, Loris, Head of Sales & Marketing (2003), Nanosurf AG, personliches Gruppeninterview, 16.07.2003, Dauer: 60 Minuten, Liestal, Schweiz. Fallstudie „Gallus Ferd. Ruesch AG'' (s. „Befragung Gallus r , Tabelle 2-3, 5. 37) Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Ruesch AG, personliches Gruppeninterview, 23.01.2004, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Gallus Ferd. Ruesch AG,
Anhang
377 personliches Gruppeninterview, 06.04.2004, Dauer: 80 Minuten, St. Gallen, Schweiz.
Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb (2004), Callus Ferd. Rtiesch AG, personliches Einzelinterview, 22.06.2004, Dauer: 35 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Aarestrup, Klaus, Leiter Marketing und Vertrieb; Gerschwiler, Gerda, Leiterin Marketing Communication; Mattle, Paul, Produktmanager (2004), Callus Ferd. Riiesch AG, persOnliches Gruppeninterview, 13.08.2004, Dauer: 120 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Fallstudie „BASFAG''(s.
„BefragungBASFr\
Tabelle 2-3, S. 37)
Beenken, Laura Ana (2004), Head of Sales & Supply Center Pharma and Nutrition, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Einzelinterview, 02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Cepheli, Tanju, Account Manager Pharma and Cosmetics; Demirku§ak, Olcay, Sales Support Pharma and Nutrition; Akyel, Idil Gulbalkan, Sales Coordination and Support BCI and BCD, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Gruppeninterview, 01.06.2004, Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Turkei. Dufrenoy, Carole (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Ervine, Sarah (2004), Head of Sales Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 240 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Gokce, Levent (2004), Head of Sales BC Istanbul & BC Dubai, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Einzelinterview, 01.06.2004, Dauer: 120 Minuten, Istanbul, Tiirkei. Hintz, Michael (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personhches Einzelinterview, 06.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Hoffrnann, Peter, Head of Marketing Pharma Solutions; Dr. Geiselhart, Verena, Technical Marketing Manager Pharma; Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Gruppeninterview, 06.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Janning, Annie (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Einzelinterview, 21.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Kelly, Mark (2004), Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personhches Einzelinterview, 29.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Wadenswil, Schweiz. Lyons, Roger (2004), Senior Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 07.05.2004, Dauer: 90 Minuten, Cheadle, England.
378
Anhang
Schnabel, Erhard (2004), Senior Accoxmt Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), telefonisches Einzelinterview, 13.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Wenzler, Thiebaut (2004), Key Account Manager Pharma, BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persOnhches Einzelinterview, 17.05.2004, Dauer: 120 Minuten, Paris, Frankreich. Zezelj, Marijana (2004), Account Manager Pharma (SSC), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persSnliches Einzelinterview, 27.04.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Fallstudie „BASFAG** (s. „BefragungBASF 11", Tabelle 2-3, S. 37) Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business Director Pharma and Human Nutrition, persOnliches Einzelinterview, 02.04.2004, Dauer: 100 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Lappas, Michael (2004), BASF Fine Chemicals Europe (RBU FCE), Africa, West Asia, Business Director Pharma and Human Nutrition, persOnliches Einzelinterview, 11.06.2004, Dauer: 90 Minuten, St. Gallen, Schweiz. Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition (RBU FCE); Eyer, Wolfgang, Mitarbeiter Management Recruiting (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), pers6nHches Gruppeninterview, 10.02.2004, Dauer: 120 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director Pharma and Himian Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), pers5nliches Gruppeninterview, 29.03.2004, Dauer: 70 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director Pharma and Human Nutrition (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), personliches Gruppeninterview, 24.09.2004, Dauer: 180 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland. Dr. Meyer, Joachim, Group Vice President RBU FCE; Lappas, Michael, Business Director Pharma and Hiunan Nutrition; Beenken, Laura Ana, Head of Sales & Supply Center Pharma and Nutrition; Dufrenoy, Carole, Accoimt Manager Pharma (SSC); Gieger, Ursula, Marketing Manager Pharma Solutions (2004), BASF Fine Chemicals Europe, Africa, West Asia (RBU FCE), persSnliches Gruppeninterview, 16.11.2004, Dauer: 140 Minuten, Ludwigshafen, Deutschland.