1 Centauri-Zyklus Band 12 von 12
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1 Centauri-Zyklus Band 12 von 12
Finale am Sonnentransmitter von Uwe Anton Was bisher geschah: Wir schreiben den Februar des Jahres 1225 NGZ. Auf Einladung der Historikerin Li da Zoltral besucht Atlan das auf einer Museumsinsel gelegene Epetran-Archiv, in dem Sch tze und geheimes Wissen der Lemurer lagern. Diese Erste Menschheit besiedelte schon vor weit ber f nfzig Jahrtausenden die Milchstra e; von ihr stammen alle gegenw rtig in der Galaxis existierenden humanoiden V lker ab. Als Unbekannte unter den Augen der Besucher einen Krish’un stehlen, einen Umhang lemurischer Tamr te, f hrt die Spur nach Omega Centauri, einem wegen seiner hyperenergetischen Bedingungen bisher unerforschten Kugelsternhaufen. Mit dem Schweren Jagdkreuzer TOSOMA sammelt Atlan Informationen. Er schl gt f r das Lemurer-Reich Shahan einen Angriff des Reiches Baylamor zur ck und befreit seine Freundin Li da Zoltral aus einem Biolabor auf der Wasserwelt Tarik. Als er auf dem Planeten Theka, einem Urlaubsparadies, den Drahtzieher der Entf hrung - Crest-Tharo da Zoltral stellen will, findet er den entscheidenden Hinweis auf die lemurische Heimatwelt. Atlan fliegt ins Zentrum des Sternhaufens und muss sich auf einem Methanriesen namens Kharba zu einer stark befestigten Transmitterstation durchk mpfen. In der Gegenstation, die der Rechner als »Stahlwelt« bezeichnet, weist Atlan sich als HochrangBevollm chtigten aus. Im Verlauf der Anerkennungsprozedur erf hrt er die Geschichte des vor 50.000 Jahren lebenden Lemurers Nevus Mercova-Ban. Dann erklingt der hasserf llte Aufschrei Crest-Tharo da Zoltrals. Ehe Atlan sich seinem Gegner stellt, l sst er den Transmitter erneut aktivieren, um den »Begleitern des Tamrats« den Zugang zu erm glichen - seinen Leuten und Li da Zoltral... Es beginnt! Als der Vermittler den Hart wieder verlassen hatte, die schlicht eingerichtete Kabine seines Herrn, und nach ber diese beiden Warte nachdachte, sp rte er ein sanftes Vibrieren. Sie verlie en ihren Standort. Das Raumschiff nahm Fahrt auf. Nach wie vielen Jahren oder Jahrzehnten geschah dies wieder einmal? Er kannte es nicht sagen. Die Zeit hatte f r ihn nach nie gro e Bedeutung gehabt. F r seinen Herrn auch nicht.
Prolog: Vor ber einem Monat Die Gedanken des kleinen Humanoiden Der kleine Humanoide, der sich auch als Wanderer zwischen den Welten sah, konnte sich an nichts erinnern, was f r seinen Herrn von Bedeutung gewesen w re. Er wusste nicht einmal, was sein Herr tat. Er bekam nur Anweisungen und f hrte sie aus. Sein Herr schuf neue Welten, so viel stand fest. Sph ren an Bord des Schiffes, sich st ndig ver ndernde Umgebungen. Aber schuf er auch au erhalb Welten? Planeten, auf denen vielleicht Wesen lebten? Einige Besatzungsmitglieder munkelten davon. Aber wenn diese Ger chte zutrafen - war sein Herr dann nicht in gewisser Weise eine Gottheit? Zumindest ein bergeordnetes Wesen? Was konnte also geschehen sein, dass eine Gottheit sich pers nlich bem hte? Es beginnt! Dieser Satz war alles, was sein Herr gesagt hatte. Es beginnt. Alles begann irgendwann, irgendwo, auf seine Weise. Das Universum, mit seinen unz hligen Milliarden von Welten. Das Leben in seiner unendlichen Vielfalt. Aber wo ein Anfang war, da war auch ein Ende. Sollte es beginnen? Oder war dieser Anfang unerw nscht? Waren sie gestartet, um den Beginn erst richtig in die Wege zu leiten oder um zu unterbinden, zu beenden, was begann? Der Vermittler seufzte und blickte auf die vulkanische Hochebene, die sich zurzeit an den Hort des Herrn anschloss, eine der vielen Welten, die sich hier manifestierten. Sein Unbehagen war einem Gef hl der Anspannung gewichen. Er wusste, dass sein Herr auf etwas gewartet hatte. Nun war es geschehen und sie griffen ein. Mit ihren Machtmitteln waren sie jeder Situation gewachsen. Nichts konnte geschehen, was der Herr nicht zulassen wollte. W hrend der Wanderer zwischen den Welten ber die Ebene schritt berlegte er, wann das Raumschiff zu’ seinen Lebzeiten schon einmal gestartet war. Es fiel ihm nicht ein. Die wechselnden Landschaften interessierten ihn nicht, er war ihren Anblick gewohnt. Andere h tten sich wahrscheinlich der Verz ckung hingegeben, wenn sie vier verschiedene Horizonte gleichzeitig sahen, in vier verschiedenen Farben, in ihm l sten sie h chstens Unbehagen aus. Wohin auch immer die Reise ging, er hatte seine Anweisungen. Er w rde sie befolgen, wie er immer alles tat, was sein Herr ihm auftrug. Er war der Vermittler, er war dazu bestimmt worden. Obwohl er manchmal den Tag verfluchte, an dem man ihn auserw hlt hatte. Es beginnt, dachte er. Wir sind auf dem Weg. 1. Der Schrei hallte in meinen Ohren. Unwillk rlich zuckte ich zusammen. In ihm lag ein solcher Hass, dass ich mich fragte, ob der Mann, der dieses Ger usch ausgesto en hatte, noch bei Sinnen war. Ich bezweifelte es. Crest-Tharo da Zoltral. Das Oberhaupt der Familie da Zoltral und ihres Konzerns. Der Mann, dessen Machenschaften wir nach und nach aufgedeckt und den wir bis hierher verfolgt hatten, in die Kharag-Hauptstation der lemurischen Anlagen, auf die wir in Omega Centauri gesto en waren. Der von der internen Kommunikationsanlage bertragene Ton hing einen Moment lang gellend in der Luft. Dann kippte er, berschlug sich und klang noch verzerrter. Er schien nicht mehr von einem humanoiden Wesen zu stammen, von gar keinem Lebewesen mehr. Er kam mir vor wie personifizierter, Ger usch geworden er Wahnsinn. Ich fluchte leise und warf einen letzten Blick auf den Monitor, der die Transmitterstation zeigte. Meine Begleiter hatten das Transmitterfeld bereits verlassen. Karusan Gorro und Li gerade eben erst, sie orientierten sich noch. Der Luccianer Zanargun, der Dryhane Ulbagimuun und der Ishkhorer Phazagrilaath sicherten die Umgebung, richteten ihre Waffen auf die f nf uralten, an bizarre Skelette humanoider Wesen erinnernden Kampfroboter lemurischer Bauweise, die auch mich vor wenigen Minuten in Empfang genommen hatten. Vor wenigen Minuten ... und einem ganzen Leben! Die M ndungskraftfelder der gehobenen Waffen arme leuchteten noch immer - oder schon wieder - intensiv in heller Glut. Bei einer eventuellen
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2 Funktionsst rung haben deine Gef hrten keine Chance gegen sie, stellte der Extrasinn lapidar fest. »Bei meiner Ankunft ist es auch zu keiner St rung gekommen«, zischte ich und lief los. Der Gleiter, der mich hierher gebracht hatte, eine oben offene, viersitzige Schale, die auf einem flirrenden Prallfeld schwebte, stand noch dort, wo er aufgesetzt hatte. »Transmitterstation!« Das Gef hrt r hrte sich nicht von der Stelle. Schaltungen sind fortan manuell durchzuf hren!, rief mir der Extrasinn die Aussage des Stationsrechners Kharag wieder in Erinnerung. Ich sch ttelte mich. Ich hatte gerade in wenigen Minuten die Lebensgeschichte des auf Zeut geborenen Lemurers Nevus Mercova-Ban in mich aufgenommen. Aufgenommen, aber bei weitem noch nicht verarbeitet. Das w rde noch eine ganze Weile dauern oder erst sp ter erfolgen k nnen, wenn das hier alles vorbei war. Wenn es mir nicht gelang, diese k nstlichen Erinnerungen schnell zu verdr ngen, um sie sp ter wieder hervorzurufen, w rden sie mich in meiner Reaktionsf higkeit und jeder anderen Hinsicht stark behindern. Ein ganzes Leben, miterlebt in wenigen Minuten. Wir schrieben noch immer den 14. M rz 1225 NGZ. Trotz meines fotografischen Ged chtnisses dauerte es eine Weile, bis ich die manuellen Schaltungen vorgenommen hatte. Die Zeit schien zu rasen, Minuten schienen zu Sekunden zu werden. Die Schale setzte sich ger uschlos in Bewegung. Der Hinflug hatte zwei Minuten gedauert, f r den R ckflug zur Transmitterstation ben tigte ich f nf. Wir m ssen Crest-Tharo da Zoltral unbedingt aufhalten, dachte ich. Daf r gab es mehrere Gr nde. Wir mussten seine verbrecherischen Umtriebe in der Milchstra e stoppen, und er durfte nicht die Kontrolle ber den lemurischen Sonnentransmitter in Omega Centauri bekommen. Das hatte ich bislang f r die beiden wichtigsten gehalten. Aber w hrend meines zweiten Lebens hatte ich noch einen viel bedeutenderen Grund in Erfahrung gebracht. Einen Grund der unserer Mission u erste Dringlichkeit verlieh. Nicht auszudenken was Crest-Tharo anrichten k nnte, wenn wir ihn nicht ausschalten! Li .und Gorro schnellten herum, als der Gleiter aufsetzte, w hrend die drei anderen sich weiterhin auf die Roboter konzentrierten. Die Arkonidin bewegte sich geschmeidig wie eine Raubkatze. Ihre Bewegungen waren flie end und dabei sparsam und von vollendeter Anmut. Ich glaubte, das Spiel ihrer Muskeln unter dem Schutzanzug erkennen zu k nnen, aber das war nat rlich eine T uschung. Ich konnte den Blick kaum von ihr l sen. Deutlicher denn je wurde mir bewusst, wie sehr ich sie liebte. Trotz allem, was geschehen war, trotz aller Zweifel, die ich aufgrund ihres manchmal unerkl rlichen Verhaltens versp rte. Li schaute zu dem Gleiter, nahm Kampfhaltung an, stand mit leicht gespreizten Beinen da, die Arme ausgestreckt, den Kombistrahler mit bei den H nden haltend. Die Waffe zitterte nicht, zeigte genau auf meine Brustmitte. Dann erkannte sie mich, senkte die Waffe aber nicht, sondern richtete sie wieder auf die lemurischen Roboter. Das kalte Glitzern in deren Augenlinsen lie noch immer nicht die geringsten R ckschl sse zu. Die Metallgesch pfe schienen sich seit meiner Ankunft nicht bewegt zu haben, standen wie zuvor in stummer, bewegungsloser Drohung vor mir. Ich sprang aus der Schale. »Ihr k nnt die Waffen senken«, rief ich meinen Gef hrten zu. »Der Stationsrechner hat mich als Hohen Tamrat anerkannt und euch den Status als meine Begleiter gew hrt. Von den Robotern droht keine Gefahr. « Zanargun warf den Metallskeletten einen misstrauischen Blick zu. Sein Arm senkte sich um drei Zentimeter. Der Leiter der Abteilung Au enoperationen und Chef der Landungstruppen der ATLANTIS, der eigens f r diesen Flug zur TOSOMA gewechselt war, blieb auch in kritischen Situationen stets besonnen. Ich ging zu Li und umarmte sie. Sie dr ckte sich an mich. Ich hatte den Eindruck, dass sie leicht zitterte. Nicht vor Angst, eher vor Anspannung oder unterdr ckter Erregung. Fast schien es, als k nne sie es nicht erwarten, dass die Ereignisse endlich ihren H hepunkt erreichten. Genau wie ich. Ich sp rte, dass die Entscheidung nicht mehr fern war. Ich hatte mich in der Transmitterstation der »Pr fungswelt« Kharba per Krish’un ausgewiesen. Die Station hatte daraufhin unsere Gegner blockiert und den Transmitter zur Hauptstation freigegeben. Hier war ich als Hochrang-Bevollm chtigter ber die gesamte Anlage anerkannt worden ein wichtiger Schritt in meinem Bem hen, den Machenschaften Crest-Tharo da Zoltrals entgegenzuwirken. »Was ist passiert? «, fragte Li leise. »Da Zoltral verf gt genau wie ich ber einen Krish’un«, sagte ich laut, um auch die anderen auf den neuesten Stand zu bringen. » ber den, den er im Epetran-Archiv stehlen lie . Er ben tigte ihn, um vollen Zugang zu der Lemurerstation zu bekommen. Er hat die Anerkennungsprozedur ebenfalls absolviert, ist uns in dieser Hinsicht einen Schritt voraus und verf gt berdies schon ber die notwendige Ortskenntnis. « Li runzelte die Stirn. »Also stehen wir unter Zeitdruck. « »Unter ganz gewaltigem. Ich habe zwar ebenfalls die Hochrang-Bevollm chtigung erlangt, aber der Stationsrechner Kharag ist in seinem positronischen inneren Konflikt v llig berfordert. Crest-Tharo da Zoltral und ich verf gen ber die gleiche Berechtigung und die gleiche Befehlsgewalt. Kharag will sich v llig neutral verhalten und auch dann nicht eingreifen, wenn wir uns auf Leben und Tod bek mpfen obwohl andererseits seine Basisprogrammierung gebietet, Leib und Leben der Berechtigten zu sch tzen. Mir blieb nichts anderes brig, als diese Entscheidung zu akzeptieren. « »Das Stationsgehirn ist also zur Unt tigkeit verdammt. « Ich nickte. »Wir sind in der eindeutig schlechteren Position. Wir wissen nicht, wie viele Leute da Zoltral hier zusammengezogen hat, ber welche Machtmittel er verf gt, welche Manipulationen er eventuell schon vorgenommen hat ...« Von Nevus Mercova-Bans Lebensgeschichte, die ich soeben erfahren hatte, als h tte ich sie erlebt, sagte ich nichts. Die anderen h tten mir Fragen gestellt, auf die ich mich im Augenblick nicht konzentrieren und die ich nicht beantworten konnte. »Wir m ssen die Umgebung erkunden«, sagte Zanargun. Der knapp einen Meter und siebzig gro e Luccianer stellte sich am schnellsten auf die neue Situation ein. Deutlich schneller als ich. Ich st hnte leise auf. Tief im Inneren meines Sch dels pochte es, ein leiser, dumpfer Schmerz. Als sei dort etwas verkapselt, was seine Fesseln abstreifen und gr er werden wollte. Nevus Mercova-Bans Erinnerungen! Sie dr ngten mit Gewalt an die Oberfl che. Ich bezweifelte nicht, dass der Schmerz schnell greller und lauter werden w rde. »Das d rfte ohne Hilfe des Stationsrechners kein leichtes Unterfangen sein«, sagte ich. »Wir m ssen s mtliche Schaltungen manuell vornehmen. Phazagrilaath?« Der derzeitige Stellvertretende Chefwissenschaftler, normalerweise der wissenschaftliche Leiter der TOSOMA, ging zum n chsten Terminal und machte sich an die Arbeit. Lemurische Technik war in Grundz gen in der gesamten Milchstra e zwar allgemein bekannt, aber nicht unbedingt Unterrichtsfach an Universit ten oder Akademien. In der Hauptsache besch ftigten sich Historiker damit. Noch vor zwei Monaten hatte niemand ernsthaft damit rechnen k nnen, nicht nur eine altlemurische Station, sondern gleich ein ganzes Sternenreich zu finden, in dem zahlreiche Hinterlassenschaften des ausgestorbenen Ursprungsvolks der Menschheit und so ziemlich aller humanoiden V lker der Milchstra e auf ihre Entdeckung warteten. Wenngleich sich sp testens nach Epetrans Bericht ber die Leuchtfeuerkonstellation zumindest bei mir derartige Vermutungen eingestellt hatten Li trat unaufgefordert zu Phazagrilaath. Als Historikerin des Epetran-Archivs mit dem Spezialgebiet Lemuria war sie pr destiniert, den von Beuteltieren abstammenden, ansonsten u erlich arkonoiden Ishkhorer bei seinen Bem hungen zu unterst tzen. Der Marsupioide ffnete einige Taschen seines Kampfanzugs und holte die ben tigten Utensilien hervor. Ich warf einen Blick zu den Robotern. Das kalte Leuchen in ihren Augenlinsen war nicht erloschen. Damit war klar: Das Stationsgehirn w rde zwar nicht eingreifen, hatte sich aber keineswegs abgeschaltet. Und auch s mtliche technischen Einrichtungen, auf die es zur ckgreifen konnte, von den Robotern bis zu den Peripherie-Rechnern, waren noch funktionsf hig. Das ist ein Risikofaktor, stellte der Extrasinn fest. Immerhin ist das Stationsgehirn ber f nfzigtausend Jahre alt. In diesem Zeitraum kann viel passiert sein. Ich empfehle dir, St rungen nicht von vornherein auszuschlie en. Unwillig gestand ich mir ein, dass die Warnung des Logiksektors berechtigt war. Aber was Kharag betraf, mussten wir einfach abwarten. Wir hatten derzeit keine M glichkeit, das Stationsgehirn zu beeinflussen oder gar abzuschalten. Nachdenklich musterte ich den Armband-Befehlsgeber, der mit dem dauerg ltigen Hochrangberechtigungskode ausgestattet war. Li pfiff leise auf. Ich wirbelte zu ihr herum. Es war ihr und Phazagrilaath gelungen, die Au ensensoren anzuzapfen. Mit Hilfe der Minisyntronik, die der Chefwissenschaftler mit sich f hrte, hatten sie ein holografisches Bild der Umgebung aufgerufen. Ich musste heftig schlucken - und gegen die ungewollten Erinnerungen aus einem anderen Leben ank mpfen, die ungebeten an die Oberfl che drangen. »Was ist das? «, fragte Zanargun. Ich konnte seine Verwunderung verstehen. Ich selbst w re ebenfalls verwundert gewesen, h tte ich nicht gewusst, worum es sich handelte. Das Holo zeigte ein r tliches Wabern und Wallen in optisch unbestimmbarer Distanz, scheinbar zum Greifen nah. Tats chlich jedoch von der Oberfl che der Station aus etwa f nfzigtausend Kilometer entfernt, korrigierte mich der Extrasinn. »Der Halbraum«, sagte ich. »Kharag-Stahlwelt ist eine ausgeh hlte Welt von f nfhundertvierundzwanzig Kilometern Durchmesser, die in eine station re Halbraumblase von etwa einhunderttausend Kilometern Durchmesser eingebettet ist. « Li und die anderen sahen mich entgeistert an. »Woher wei t du das? «, fragte die rothaarige Arkonidin aus der Familie der da Zoltral schlie lich. »Du warst nur ein paar Minuten allein hier. Was verschweigst du uns? « Ich schloss kurz die Augen, konzentrierte mich, um besser gegen die Erinnerungen ank mpfen zu k nnen, und zuckte dann mit den Achseln. »Das spielt keine Rolle. « »O doch!« Lis Stimme war pl tzlich ein Fauchen. Ich ffnete die Augen wieder. Jedes Gleichma , jede Anmut war aus ihrem Gesicht verschwunden. Ihre Mundwinkel hatten sich verzogen und zuckten, die Haut schien sich ber den Wangen zu spannen, die Augen spr hten
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3 Blitze. Ich hatte den Eindruck, dass sich ihre Muskeln unter dem Kampfanzug spannten, als wolle sie mich anspringen. »Solch eine station re Halbraumblase«, sagte Phazagrilaath, »versuchen arkonidische Wissenschaftler schon seit langem zu entwickeln, und es ist ihnen bislang nicht gelungen. Aber die Lemurer konnten ja schon vor f nfzigtausend Jahren Sonnentransmitter bauen. « Seine Bemerkung schien Li zur Besinnung zu bringen. Sie zitterte am ganzen Leib, erstarrte dann. Als sie den Kopf hob und zu mir drehte, kamen mir ihre Bewegungen ruckhaft vor, wie die der Roboter, so sie denn wieder zum Leben erwachen w rden. Sie machte zwei, drei winzige Schritte und umarmte mich. »Tut mir Leid«, fl sterte sie. Ich nickte, zog sie kurz an mich, l ste mich von ihr und trat zu Phazagrilaath. Er wandte den Kopf schnell von uns ab. Zumindest hatte ich den Eindruck, dass er uns verstohlen beobachtet hatte. Der Druck in meinem Kopf wurde wieder st rker. Ich wusste, was er zu bedeuten hatte. Die Erinnerungen warteten darauf, mit brachialer Gewalt an die Oberfl che zu dr ngen, und schienen zu sp ren, dass ein Ausl ser ihnen dies bald betr chtlich erleichtern w rde. Ich warf einen Blick auf den Minisyntron des Chefwissenschaftlers. Wie unter Zwang nahm ich einige Schaltungen vor. In diesem Augenblick kam ich mir vor, als h tte eine andere Person meine Gedanken bernommen und w rde nun meinen K rper wie an unsichtbaren F den tanzen lassen. Das Wabern im Holo wurde ersetzt von einem grob kugelf rmigen Gebilde, das von roten Schlieren umspielt wurde. »Kharag-Stahlwelt«, h rte ich mich sagen, mit einer Stimme aus einem anderen Leben. »Urspr nglich war sie ein Eisen-Nickel-Planetoid, der ausgeh hlt und komplett in eine technisierte Stahlwelt verwandelt wurde, Die Au enschale rings um den Kernhohlraum ist zweihundert Kilometer dick. Der Innenaufbau entspricht weitgehend dem von Temur-Station, der Steuerstation des Temur-Sonnenf nfecktransmitters. Lemurische Standardbauweise.« Ich sprach schnarrend und ohne Pause. Wie ein Roboter, dachte ich erneut. »Die zentrale Hohlkugel durchmisst hundertvierundzwanzig Kilometer. In ihr schwebt die Zentralkugel von vierzig Kilometern Durchmesser: Die k nstliche Atmosph re ist durch ein Gravofeld bis in etwa drei Kilometer H he wie Normalatmosph re strukturiert d nnt dann bis zur Innenwand der Au enschale von selbst fast bis auf null aus.« Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Li mich musterte. Nun lag eine hnliche Sorge in ihrem Blick, wie sie vor wenigen Minuten noch in meinem gelegen hatte. »Atlan«, sagte sie, »was ist in den paar Minuten geschehen, die du allein hier warst? « Ich st hnte gequ lt auf. »Die Kernzone ist eine Kugel von 4,8 Kilometern Durchmesser. Im Gegensatz zur brigen Zentralkugel gibt es hier eine horizontale Anordnung der Decks mit einer lichten H he von bis zu etwa einhundert Metern. Hier sind Steuerzentralen und Unterk nfte des Zentrumsbereichs untergebracht. Gewaltige Kraftwerke, Notfalltriebwerke, Schutzfelder und so weiter sorgen f r die autarke Struktur der Kugel. Und hier finden wir auch die... die ...« Ich sp rte einen starken Schmerz auf der Wange. Entgeistert riss ich die Augen auf. Li hatte mir eine Ohrfeige versetzt. »Atlan! «, sagte sie eindringlich. »Was ist los mit dir? « Mein Lachen geriet schief und verzerrt. Genau das hatte ich mich gerade auch gefragt. Was war los mit uns allen? Was geschah hier in dieser lemurischen Kontrollstation mit uns? Ich rief weitere Daten und Bilder auf. »Hier haben wir eine Bio-Arcology ... ein gewaltiges Areal mit unz hligen Gehegen, in denen Biozuchtprojekte leben. Und hier ...« »Schluss jetzt!« Ich zuckte zusammen, so energisch und bestimmend klang Zanarguns Stimme. Der Luccianer funkelte uns w tend an. »Was ist los mit euch? Wir sitzen hier wie auf dem Pr sentierteller, und ihr f hrt endlose Debatten! « »Wir verschaffen uns einen berblick ber die Lage«, hielt Phazagrilaath dagegen. Der Elitek mpfer sch ttelte sich ungehalten. »Die Lage ist klar. Wir wollen da Zoltral erwischen. Und wir m ssen davon ausgehen, dass er sich nicht ohne Widerstand festnehmen lassen wird. Die Fragen lauten also: Wo ist er? Was hat er vor? Und was ist das Geheimnis dieser Station, das ihn bewog, berhaupt einen Krish’un zu stehlen, um an dieses >Etwas< heranzukommen? « Die Antwort auf die letzte Frage kannte ich bereits. Aber ich behielt sie vorerst f r mich, um noch mehr Fragen zu vermeiden. 2. Zanargun betrachtete das gepanzerte Schott und dr ckte auf den ffnungsknopf. Nichts tat sich. »Es ist verriegelt«, stellte der gedrungene, an eine Schwerkraft von 1,5 Gravos angepasste Luccianer mit dem kurzen grauen Haar fest. Ich hob die Hand, an dessen Gelenk der Armband-Befehlsgeber befestigt war. Kharag selbst war zwar nicht mehr anzusprechen, aber mit dem Ger t, das er mir gegeben hatte, lie sich manuell einfach alles schalten und ffnen. Das Schott glitt mit einem leisen Zischen auf, und Zanargun trat zur Seite. Karusan Gorro, der Arkonide aus Zanarguns Abteilung, jagte vorw rts. T uschte ich mich, oder flackerte sein Schutzschirm schwach auf, als er in den anderen Raum flog? W hrend Zanargun nach hinten sicherte, drangen Ulbagimuun und Phazagrilaath vor. Erst als sie best tigten, dass keine unmittelbare Gefahr drohte, schlossen Li und ich zu ihnen auf Zanargun bildete wie blich die Nachhut. Der Raum, in den wir eingedrungen waren, wirkte seltsam hell und lichtdurchflutet. Er war riesengro ; sein hinteres Ende entzog sich meinen Blicken. Gewaltige Rohre und Leitungen verliefen kreuz und quer durch die Halle. Sie waren strahlend wei , kein einziger Schmutzfleck war zu sehen. Trotz ihrer offensichtlichen Masse wirkten sie irgendwie filigran, fast schwerelos, als w rden sie den Naturgesetzen trotzen oder sie sogar verspotten. Ich kam nicht umhin, Bewunderung f r die lemurische ˜sthetik und Baukunst zu empfinden. Gorro winkte uns n her. »Keine Feindber hrung! Auch hier keine Arkonidensee...« Er verstummte mitten im Satz. Mit leicht d mmlichem Gesichtsausdruck verfolgte er, wie sein Schutzschirm erneut flackerte und dann vollends ausfiel. »Was ...?« Ich kniff die Augen zusammen. »Selbstdiagnose! « Gorro erteilte einen m ndlichen Befehl und nahm dann zur Sicherheit eine manuelle Schaltung vor. »Keine Diagnose m glich! Der Schutzschirm funktioniert nicht mehr! « »Kharag!« Ich lie den Blick durch das Labor streifen. »Das Stationsgehirn scheint ber uns unbekannte M glichkeiten zu verf gen und damit f r ein parit tisches Gleichgewicht sorgen zu wollen. Ich bezweifle nicht, dass da Zoltrals Leute hnliche Probleme haben oder bekommen werden. Wir k nnen uns nicht mehr auf die Spitzentechnik unserer Kampfanz ge verlassen! « »Aber ...«, sagte Zanargun. »Wie schaltet das Stationsgehirn denn unsere Schutzschirme aus? « »Diese Frage«, antwortete ich, »wird zuk nftige Erforscher dieser Station sicher zu H chstleistungen anspornen. « Zanargun lachte gellend und so laut auf, dass ich zusammenfuhr. Das Pochen in meinem Kopf war wieder st rker geworden. Es lie sich zwar noch aushalten, aber bei u erlichen Reizen steigerte es sich zu einem kurzen, stechenden Schmerz. Wir stie en zur Zentrale der Stahlwelt vor. Wenn wir Crest-Tharo da Zoltral finden wollten, dann am ehesten dort. Unser Ziel war, ihn auszuschalten. Und dieses Ziel mussten wir so schnell wie m glich verwirklichen. Allm hlich wurde mir klar, wieso da Zoltrals Konzern einen solchen Aufschwung erlebt hatte. Wir hatten schon zahlreiche R ume wie diesen entdeckt: Labors, Entwicklungs- und Montagest tten f r vielf ltigste Prototypen, ganze Fabriken und multifunktionale Robotwerke, aber auch, wenn nicht sogar haupts chlich, Fertigungsst tten f r Bio-Experimente. Kein Wunder, dass sein Konzern mit einem wahren Entwicklungssprung sogar kleine Klonelefanten und -dinosaurier herstellen konnte. Der Konzernchef hatte nicht nur die Technik der Cantaro und Aras, sondern auch bislang unbekannte lemurische Technologien genutzt und eventuell sogar weiterentwickelt. Aber s mtliche Anlagen, die wir bislang entdeckt hatten, waren arkonidenleer gewesen. Die Frage dr ngte sich geradezu auf: Wo waren all die Forscher und Hilfskr fte, die hier arbeiteten oder versuchten, das Geheimnis der lemurischen Anlagen zu entr tseln? Es mussten Hunderte, Wenn nicht sogar Tausende sein! M nner und Frauen, die das Gleichgewicht der Kr fte eindeutig zu da Zoltrals Gunsten verschoben. Und die einfach verschwunden zu sein schienen. »Eine Ortung! «, rief Karusan Gorro. »Der Individualtaster schl gt an! In unmittelbarer N he befinden sich Lebewesen! « »Arkoniden?« »Negativ! Die Anzeigen entsprechen keinem gespeicherten Muster. Offenbar humanoid, aber das ist auch schon alles! « Zanargun bernahm. Der Leiter der Abteilung Au enoperationen schob sich vor uns und bedeutete Gorro, ihm Deckung zu geben. Dann folgte er der Anzeige des Individualtasters. Und wir anderen folgten ihm. Dass es sich nicht um eine normale Halle handelte, verriet schon allein der Umstand, dass sie von einem Energieschirm gesichert wurde. Es war der erste derart gesch tzte Raum, auf den wir gesto en waren. Zanargun hatte behauptet, den Punktbeschuss genau berechnet zu haben. Dennoch waren wir gern seiner Aufforderung gefolgt, vorsichtshalber in Deckung zu gehen. Ich sp rte Lis K rper eng an meinem. Ich glaubte sogar, ihre W rme zu sp ren, aber das war nur eine T uschung. Wir trugen Schutz- und Kampfanz ge, die uns vor den Umweltbedingungen der Wasserstoff-Methan- Welt abgeschirmt hatten, auf der wir noch vor kurzem gewesen waren. Etwas war definitiv anders als sonst. Li reagierte nicht auf meine N he, lag ganz starr da, w hrend wir Zanargun, Ulbagimuun und Karusan Gorro beobachteten, wie sie ihre Waffen justierten. »Diese K lte«, fl sterte sie pl tzlich. »Diese schreckliche, messerscharfe todbringende K lte ...« Ich zuckte zusammen. Hatte sie wieder eine Vision,
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4 wie auf Acharr? »Was f r eine K lte?« »Die der riesigen kobaltblauen Walze ...« »Welcher Walze?« »Die des ...« Das R hren der Kombistrahler bert nte den Rest des Satzes. Selten hatte ich eine gelungene Aktion so heftig verflucht wie diese. Der Energieschirm brach zusammen. Zanargun hatte die St rke des Punktbeschusses in der Tat genau berechnet. Es kam darauf an, den Schirm mit der genau richtigen Energiemenge aus drei Kombistrahlern zu berlasten und zum Zusammenbruch zu bringen, ohne gr ere Sch den an den Gegenst nden zu verursachen, die er sch tzen sollte. Diesen Schirm hatte ich mit meinem Armband-Befehlsgeber nicht ffnen k nnen. Das lie nur eine Schlussfolgerung zu: Es handelte sich um keine lemurische Vorrichtung. Crest-Tharo da Zoltral musste ihn installiert und mit einer unabh ngigen Energieversorgung ausgestattet haben. Warum? Was wollte der Gro industrielle sogar zumindest vor einem Teil seiner eigenen Leute verbergen? Was durften nur Eingeweihte oder Befugte sehen? Zanargun und Gorro r ckten vor. Aufgrund der besonderen Sicherung des Raums war damit zu rechnen, dass er noch die eine oder andere berraschung bereithielt; daher wurde der Chef selbst aktiv. »Bereich gesichert! «, meldete er nach wenigen Sekunden. Li und ich erhoben uns aus unserer Deckung. Gemeinsam mit Phazagrilaath folgten wir den anderen. Nach dem ersten Blick in den Raum stie ich einen leisen Pfiff aus. Wir hatten ein weiteres Biolabor der Lemurer entdeckt. Aber ein ganz besonderes. Die erste Gruft, in die wir vorstie en enthielt lediglich misslungene Experimente. Ich kam mir wirklich vor wie in einer Gruft des Grauens. Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate, zitierte der Extrasinn aus Dantes G ttlicher Kom die. Die berschrift der H llenpforte: Lasset alle Hoffnung fahren, ihr, die ihr hier eintretet. Ich sah zahllose Beh lter, fast alle aus durchsichtigem Kunststoff. Ich sah Fesselfelder und Energieschirme, die transparente Substanzen zusammenballten, wie sie sich auch in den Gl sern befanden. Formaldehyd?, fragte der Extrasinn. Er wirkte ebenfalls leicht betroffen. In der Fl ssigkeit unbekannten Ursprungs und Zwecks schwammen F ten. Eindeutig Embryos arkonidischer oder vielleicht auch lemurischer Herkunft. F ten mit drei oder mehr Armen oder Beinen. Mit winzigen oder riesigen K pfen. Mit kaum vorhandenem oder sinnlos aufgebl htem Torso. Mit Schw nzen, R sseln, Echsenschuppen, H rnern, Hufen und Klauen. Andere mit schrecklichen Missbildungen. Mit Geschw ren, die aus den K rpern wucherten und gr er waren als die K rper selbst. Mit klaffenden Wunden, die w hrend der Zellteilung entstanden sein mussten. Kein Einziger davon kam mir lebensf hig vor, war wohl auch nicht lebensf hig. Trotz ihrer leblosen Starre f hlte ich mich von einigen beobachtet. Manche hatten besonders ausgepr gte Augen, und ihre klaren Blicke schienen jede meiner Bewegungen zu verfolgen, als erhofften sie sich von mir, dass ich sie von ihrer Nicht-Existenz erl ste, ihre verunstalteten K rper endlich dem Vergessen anheim gab. »Crest-Tharos fehlgeschlagene Versuche«, sagte Li und zeigte auf einen F tus, der wie eine Mischung aus Mensch und Dinosaurier anmutete. »Vielleicht ist das ein entfernter Vorfahre des Tyrannosaurus Rex, den wir in da Zoltrals Palast auf Arkon gesehen haben. « Die Bemerkung kam mir kalt vor, unglaublich kalt. Ich schluckte und wandte den Blick von einem Embryo ab, der wie eine Mischung aus Arkonide und Elefant aussah. »Weiter! «, sagte ich. Der zweite Raum enthielt Experimente, die nicht so schrecklich missraten, aber auch nicht unbedingt gelungen waren. Zumindest lebten sie noch. Wenigstens die meisten von ihnen. Ihre Sch pfer hatten es nicht einmal f r n tig befunden, sie mit modernen Energieschirmen einzukerkern. Primitive Metallgitter, mehr hielten sie offenbar nicht f r angebracht. Ein Wesen wand sich vor solch einem Gitter. Das Gesicht und der Torso waren humanoid, aber die blassgraue Haut war von Schuppen bedeckt. Arme und Beine waren tentakelf rmige Ausw chse, die sich schwach um die Gitterst be schl ngelten. Am schrecklichsten waren die hellroten Augen. Sie erinnerten mich an die von Arkoniden, und zumindest eine Spur von Intelligenz funkelte in ihnen. Dem Gesch pf war bewusst, dass es litt. Einen anderen K fig teilten sich ein Zwerg von einem halben Meter und ein Riese Von drei Metern K rpergr e. Ihre Arme und Beine waren St mpfe, Ihre Haut war faltig wie die eines Elefanten. Zwischen den Augen wuchsen R sselans tze aus den humanoiden Gesichtern, die hektisch zuckten und sich suchten, als bereite die Ber hrung mit diesen Extremit ten ihnen Trost oder Erleichterung. Ich schloss die Augen. Und als ich sie wieder ffnete, sah ich Hybriden, Monster, Freaks, Mutationen, Verunstaltete, die alle irgendwie humanoide Grundform zu haben, aber durch tierische Gene erg nzt worden zu sein schienen. Ich sah fellbedeckte Gesch pfe, die eher an Bekkar als an Arkoniden erinnerten, und aus offenen, eitrigen Wunden bluteten. Ich sah Wesen, auf deren urspr ngliche K rperform ich keine R ckschl sse ziehen konnte, weil sie ber und ber mit Geschw ren bewachsen waren. Mich entsetzte, was ich hier sah, aber ich betrachtete jeden einzelnen der missgestalteten Fehlversuche. Und mit jedem wurde mein Zorn auf Crest-Tharo da Zoltral gr er. Irgendwann wurde aus diesem Zorn Hass. »Weiter! «, sagte ich, als ich es nicht mehr ertragen konnte. Auch an den W nden des n chsten Raums waren K fige zu sehen, primitive Gebilde aus Stahl und Kunststoff, die nichts von der architektonischen Eleganz ahnen lie en, die die anderen R ume ausgezeichnet hatte. Offenbar waren wir gewisserma en in die Hinterhofbereiche der Stahlwelt vorgesto en. In diesen K figen waren die unterschiedlichsten Wesen untergebracht. Gemeinsam war ihnen nur eins: Sie waren humanoid und lebten. Ansonsten unterschieden sie sich gewaltig. Narr!, meldete sich der Extrasinn. F llt dir nichts auf? Es hat den Anschein, als sollte hier die Evolution eine Evolution! - im Schnelldurchgang nachvollzogen werden. Der Logiksektor hatte nat rlich Recht. Die Wesen in den ersten K figen waren klein und erinnerten eher an Tiere. Die in den folgenden schienen sich allm hlich von niederen zu immer h heren Gesch pfen zu entwickeln, wobei die glatte humanoide Linie offensichtlich immer wieder von Abzweigungen erg nzt wurde. Langsam schritt ich die Reihe der K fige ab. Identische Automatikeinrichtungen sicherten die Versorgung der eingekerkerten Gesch pfe. Wasser und Nahrung schienen sie in ausreichendem Umfang zu bekommen, aber an jedweder gef hlsm igen Hinwendung fehlte es v llig. »Haben Crest-Tharo und seine Leute diese Gesch pfe gez chtet«, fragte Li hinter mir, »oder handelt es sich noch um Versuchsreihen der Lemurer?« Ich deutete auf einen der Kryo-Tanks, die in regelm igen Abst nden vor den K figen angeordnet waren. »Ich wei es nicht«, antwortete ich. »Die Tanks lassen immerhin die M glichkeit offen, dass diese Gesch pfe noch von den Lemurern entwickelt und dann gefroren gelagert wurden ...« Nur f r einen Augenblick lie ich mich auf die Erinnerungen Mercova-Bans ein. - Ja, auch die Lemurer hatten Bio-Experimente durchgef hrt. Rasch blockte ich den Zustrom wieder ab, ignorierte die ziehenden Kopfschmerzen. Als letztes Bild stand mir das wuchernde Plasma wesen von Othmura vor Augen, gez chtet von Nevus’ Freundin Naglyna Vunar. Naglyna Vunar, die ich 50.000 Jahre sp ter als Gro e Mutter der Kiemenatmer auf der Wasserwelt Tarik gefunden hatte. Die mir Hinweise auf einen lemurischen Planeten namens Di’akir gegeben hatte, Hinweise, denen wir irgendwann einmal nachgehen mussten. Irgendwann einmal... »Jedenfalls handelt es sich bei diesen Kreaturen um Bio-Experimente. Im Gegensatz zu den massengeklonten Androiden, die wir auf Tarik entdeckt haben.« Ich verzichtete gegen ber den anderen auf jede Spekulation, wieso da Zoltral geist- und seelenlose humanoide Androidenk rper in so gro er St ckzahl herstellen lie . Die Antwort darauf w rden sie noch fr h genug erfahren. Ich blieb vor einem der K fige stehen. Das Wesen faszinierte mich nicht nur, es sorgte f r einen Aufruhr meines fotografischen Ged chtnisses, den ich nur mit M he niederk mpfen konnte. Eine zuf llige ˜hnlichkeit! Konzentriere dich auf die Gegenwart!, mahnte der Extrasinn. Er war weiterhin voll damit besch ftigt, die Erinnerungen des lemurischen Tamrats niederzuringen, die mich zu berw ltigen drohten. Ich bem hte mich, den Rat zu befolgen, aber es gelang mir nicht. Es war wie auf Arkon, wie beim Besuch des Epetran-Archivs, als der Anblick der dort ausgestellten Relikte Bilder der Vergangenheit hochgesp lt hatte, die mich in ihren Bann gezwungen hatten. Und wie im Epetran-Museum verfluchte ich erneut Fartuloon, der mich zur ARK SUMMIA gef hrt hatte. Aber diesmal Waren es keine Bilder aus der arkonidischen Geschichte, sondern aus der terranischen, die ich ber Jahrtausende hinweg entscheidend mitgestaltet hatte. Der 24. Februar 2406 alter Zeitrechnung ... Mirona Thetin, eine wundersch ne Frau von der damals noch keiner wei , dass sie Faktor I ist, Beherrscherin der Meister der Insel, gegen die das Solare Imperium seit ber f nf Jahren einen erbitterten Verteidigungskrieg f hrt... Tefroderin und Arch ologin wie Li ... das Luum-System ... Sie dr ngt mich zu einem Besuch auf Tamanium, der Zentralwelt der MdI ... Dort f hrt sie mich zu einer Anlage in der N he des Fremdrassenmuseums ... Nachdem sie mit mir geschlafen hat, l hmt sie mich und gibt sich als Faktor I zu erkennen... Sie will das Raumschiff, mit dem Crest und Thora auf dem Erdmond gelandet sind, w hrend einer Zeitreise zerst ren und damit 430 Jahre Geschichte
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5 ungeschehen machen und die Macht und Herrschaft der Meister der Insel erhalten... Ich st hnte auf. Atlan!, mahnte der Logiksektor eindringlich. Mirona ... Sie unterbricht ihr Vorhaben, um mich vor den Monstren des Fremdrassenmuseums zu retten ... Aber ich kann mich befreien, und es entwickelt sich eine einerseits vom Machthunger der Meisterin der Insel, andererseits auch von Momenten der Zuneigung gepr gte, m rderische Auseinandersetzung ... Verwirrt nimmt Mirona zur Kenntnis, dass sich ein m chtiger Mann wie ich um den primitiven, affen hnlichen Krantar k mmert, den sie achtlos paralysiert hat ... Als ich schlie lich von Tr mmern begraben werde, . befreit Krantar mich, und ich nehme die Verfolgung der Tefroderin auf ... Und als Mirona den Zeittransmitter betritt, t te ich sie mit Krantars Speer, den ich mit letzter Kraft schleudere ... Verzweifelt versuche ich, den sterbenden K rper der geliebten Frau in Sicherheit zu bringen, und will sogar einen Duplo anfertigen ... Tamanium explodiert ... Gemeinsam mit Rhodan bergebe ich Mironas Leichnam dem Weltall ... »Krantar«, fl sterte ich. Das Wesen in dem K fig, vor dem ich stand, schien ebenjenem Krantar aus dem Gesicht geschnitten zu sein... Es war ein primitives, fellbedecktes, affen hnliches Gesch pf, das lethargisch in seinem K fig hockte und aus Augen blickte, in denen sich der gesamte Schmerz der Welt konzentriert zu haben schien. »Krantar«, fl sterte ich erneut und streckte die Hand aus, schob sie zwischen den Gitterst ben hindurch, deren K lte ich unnat rlich deutlich wahrnahm. Das Wesen erhob sich von seinem primitiven Lager und streckte ebenfalls die Hand aus. Unsere Fingerspitzen waren noch drei ig Zentimeter voneinander entfernt, noch zwanzig, noch zehn... »Was soll das? «, erklang Lis Stimme neben wir. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie n her getreten war. Krantar riss den Kopf herum, die Augen und das Maul auf, starrte Li an. Dann stie der Primat ein Br llen aus, das mir durch Mark und Bein ging. Er zog die Hand zur ck, sprang vor, r ttelte an den Gitterst ben. »Ganz ruhig«, sagte ich zu dem affen hnlichen Wesen, »ganz ruhig ...« Ich streckte die Hand tiefer in den K fig, ber hrte das Fell des Oberarms, sp rte stahlharte Muskeln darunter. Krantar wirbelte zu mir herum, riss die Augen noch weiter auf, verharrte mitten in der Bewegung - und brach wie vom Blitz gef llt zusammen. Ich drehte mich zu Li um. Sie hielt den Kombistrahler noch in der Hand. »Du hast ...« Ich verstummte, konnte sie nur noch anstarren. »Ich habe ihn paralysiert«, erwiderte sie achtlos. »Er wollte dich angreifen! « Ich sch ttelte den Kopf. Der Primat hatte mich keinesfalls anfallen wollen. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass er erst so aufgebracht reagierte, als er Li zur Kenntnis nahm. Als... als habe er gesp rt... Ich wollte den Gedanken nicht zu Ende f hren. Da war es wieder dieses seltsame ja sogar irrationale Verhalten, das Li in letzter Zeit immer h ufiger an den Tag legte. Ich suchte verzweifelt nach einer Erkl rung, fand aber keine. Aus Lis Blick sprach reinste Verwirrung, als ich den Kombistrahler hob, die Gitterst be des integrierte und neben dem primitiven, affen hnlichen Krantar niederkniete. Was mochte er empfinden? Die Paralyse l hmte nur seinen K rper, sein Geist war weiterhin aktiv. Er bekam alles mit, was ich tat. Ich holte eine Injektionsspritze hervor, deren Inhalt die Wirkung der Paralyse neutralisieren konnte, z gerte dann aber. Ich kannte die Konstitution des Gesch pfes nicht. Die Injektion w rde ihm vielleicht mehr schaden als nutzen. Andererseits... Das Wesen war wahrscheinlich von Arkoniden gez chtet worden. Ich streichelte es an der Brust und verabreichte ihm die schmerzlose Injektion. Dann erhob ich mich und drehte mich zu Li um. »Was hast du dir nur gedacht? Wie kannst du nur...? « Sie hob die Hand, und ich hielt inne. Ihr Geh r musste sehr gut sein. Ich nahm das Ger usch erst jetzt zur Kenntnis. In der Ferne erklangen dr hnende Schritte. 3. »Wir m ssen weg! « Ich sah Li an. Sie war mir eben noch so fremd gewesen, aber nun erkannte ich die Angst in ihren Augen. Ich konnte nur hoffen, dass sie meine Unsicherheit nicht bemerkt hatte. Das Ger usch der Schritte wurde lauter. Die Zahl der Feinde war mir ebenso unbekannt wie ihre Bewaffnung. Ich wusste nur eins: »Es sind verdammt viele. Am besten, wir nehmen den Gang da vorn! « Ich zeigte auf eine schmale ffnung in der Wand, die in einen sp rlich ausgeleuchteten Korridor f hrte. Li packte mich am Arm. »Dann lass uns gehen! « »Wir sollten uns trennen! «, sagte Zanargun. »Das erh ht unsere Chancen! « »Nat rlich, du hast Recht«, murmelte ich. Warum war ich nicht darauf gekommen, hatte ich diese Anweisung nicht gegeben? Ich kannte die Antwort auf diese Frage, auch wenn ich sie mir nicht eingestehen wollte. Nevus Mercova-Bans unterdr ckte Erinnerungen versuchten st rker denn je, sich an die Oberfl che zu k mpfen. Sie behinderten mich wesentlich st rker, als ich es erwartet hatte. Mein Logiksektor musste fast seine gesamte Kraft aufwenden, um sie im Zaum zu halten, und doch st rte das zweite Leben, das ich in mich aufgenommen hatte, mich in meiner Konzentration, verhinderte, dass ich so klar und scharf dachte, wie ich es von mir gewohnt war. Hinzu kamen noch die Erinnerungen an Mirona Thetin, die mich in eine Welt zu zerren drohten, die seit ber zweieinhalb Jahrtausenden Vergangenheit war. »Zanargun und Ulbagimuun bilden eine Gruppe, Karusan Gorro und Phazagrilaath die zweite, Li und ich die dritte. Wir nehmen verschiedene G nge und bleiben ber Funk in Verbindung! Los, worauf wartet ihr? « Meine vier m nnlichen Begleiter liefen los, waren Sekunden sp ter im Labyrinth der G nge verschwunden. Ich sah auf den verletzten »Krantar«, der vor mir lag. »Kannst du laufen? « Es hatte keinen Sinn, ihn zu tragen. Er war viel zu schwer f r mich. Wenn er es nicht aus eigener Kraft schaffte, konnte ich ihm nicht helfen. »Atlan, sie sind gleich da! « Lis Hand ballte sich zur Faust. Ich musste mich entscheiden. Wie oft werde ich noch solche Schritte tun m ssen? Manchmal ist alles so hart und sinnlos. »Tut mir Leid, mein Freund. « Ich dr ckte Krantar noch einmal die Hand und stand dann auf. Li war schon losgelaufen. »Da vorn sind sie! « Ich kannte die Stimme nicht, die den Ruf ausgesto en hatte. Es musste sich um einen von da Zoltrals Schergen handeln. Wir k mpften gegen einen unbekannten Gegner; sogar ber dessen genaue St rke konnten wir nur Vermutungen anstellen, und das beunruhigte mich. Ein Paralysestrahl fuhr so knapp an meinem Oberk rper vorbei, dass er trotz des sch tzenden Krish’un ein prickelndes Gef hl auf der Schulter hinterlie . Es wurde Zeit, dass ich mich aus dem Staub machte. Im Laufen drehte ich mich um und wollte das Feuer erwidern. »Das kostet nur unn tig Zeit! « Trotz dieser Worte blieb Li stehen. Auf ihrem Gesicht lag wieder dieser seltsame Ausdruck, den ich schon fter bei ihr bemerkt hatte. Als w rde eine andere Person in ihr stecken Sie ist mir immer wieder so fremd ... Sie hob den Kombistrahler, zielte gelassen und dr ckte ab. Ich erkannte an der Anzeige ihres Displays, dass er auf Thermostrahl eingestellt war. »Li, du t test sie! Stell auf Paralyse um, wir k nnen ...« Der Blick, den sie mir zuwarf, lie mich verstummen. Reine Mordlust tanzte in ihren Augen. Es war der Blick eines Killers, nicht einer Frau, die vor Angst weglaufen wollte. »Wenn ich sie bet ube, stehen sie wieder auf, und wir m ssen erneut gegen sie k mpfen. Wenn sie tot sind, haben wir endg ltig Ruhe vor ihnen. « Nicht erst dieser Ort hier hatte sie so ver ndert. Aber wie waren ihre Gem tswandlungen zu erkl ren? »Sie sind in der berzahl! Viele Bekkar sind des Xarphen Tod! « Ich zerrte sie in den Gang. W tend funkelte sie mich an. »Na sch n! Aber beim n chsten Mal sage ich, wo es langgeht! « Wir liefen in das Halbdunkel des Tunnels, ohne zu wissen, wohin er uns f hren w rde. Hinter uns konnte ich die Verfolger rufen h ren. Wir hatten zu lange gewartet. Sie waren uns dicht auf den Fersen. Ich fluchte leise. Dieser Gang war eine schlechte Wahl. Er hatte keine Nischen, keine Abzweigungen. Es ging nur geradeaus. Unsere Schritte hallten von den glatten W nden wider. Oder waren es die Schritte unserer Gegner? Die Ger usche schienen aus allen Richtungen zu kommen und uns einzukreisen. Nach einer schieren Ewigkeit erschien vor uns im Zwielicht des Ganges ein schwacher Schein. »Dort wird es heller! Vielleicht k nnen wir uns da verstecken! Oder wenigstens in Deckung gehen. « Auch wenn mir der Gedanke, dass wir nun wunderbare Zielscheiben abgaben, gar nicht gefiel... Li st hnte neben mir auf. »Langsam bin ich es leid! Hoffentlich hast du Recht mit dem Versteck! « Ich antwortete nicht. Kurz dachte ich an die anderen. Wie war es ihnen ergangen? Der Gang endete an einem Schott aus einem durchsichtigen Kunststoffmaterial. Zu meiner Erleichterung war es weder durch einen Kode noch durch eine Verriegelung gesichert. Ich stie es auf und blieb wie erstarrt stehen. Eine riesige Halle. In ihren Boden waren Unmengen von gro en Vertiefungen eingelassen, so viele, dass ich sie bei weitem nicht alle erfassen konnte. Jede dieser Einfriedungen stellte eine in sich geschlossene kologische Nische dar, Lebensr ume, die anscheinend speziell f r ihre jeweiligen Bewohner geschaffen worden waren. Aufgrund des Plans, den wir zuvor von der Stahlwelt aufgerufen hatten, wusste ich, wo wir uns befanden. »Das ist eine Bio-Arcology«, fl sterte ich. Eine von mehreren Dutzend ... »Sieh dir diese seltsamen Zuchtobjekte an! « Li zeigte auf eine dieser Einlassungen. . Vorsichtig n herte ich mich der etwa f nf Meter tiefen Grube. Das Gehege barg in der Tat ein Gesch pf, dem ich nicht im Dunkeln begegnen wollte. Es war etwa drei Meter hoch und erinnerte mich entfernt an den ber chtigten Tyrannosaurus Rex. Aber das Exemplar vor mir hatte erheblich gr ere Vorderarme und einen Schwanz, der mit Knochenstacheln bewehrt war. »Was geht hier vor? Da Zoltral ist viel weiter gegangen, als
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6 wir alle es vermutet haben. Er schreckt vor keiner Untat zur ck. Wir m ssen ihn so schnell wie m glich stoppen!« Wie weit konnte ein vernunftbegabtes Wesen gehen? Das alles lie sich nur erkl ren, wenn man Crest-Tharo als Gr enwahnsinnigen einstufte. Denn die alten Lemurer hatten diese Wesen ganz bestimmt nicht gez chtet. »Die verweigerte Wiederaufnahme in den Adelsstand hat ihn den Verstand gekostet! Wie gro muss sein Hass auf die Arkoniden sein, die ihm das angetan haben! Dieses Gef hl hat ihn zerfressen, so lange, bis nur noch eine leere H lle von ihm brig war. Das entstandene Vakuum ha t er dann mit allem Negativen ausgef llt, das man sich vorstellen kann.« Ich sch ttelte den Kopf. »Das allein reicht nicht als Erkl rung. Als wir da Zoltral zum letzten Mal gesehen haben, in seinem Palast auf Arkon, war er durchaus bei Sinnen. Zweifellos hatte er keine Skrupel, aber auf jeden Fall einen messerscharfen Verstand. Er war kein geifernder Gr enwahnsinniger, der nur vor Wut sch umt, Untergebene liquidiert und zur miesen Karikatur verkommt. Etwas muss mit ihm geschehen sein ...« Auch er hat die Aufnahmepr fung ber sich ergehen lassen m ssen!, sagte der Extrasinn. Lis kurzer Schrei rief mich wieder in die Gegenwart zur ck. »Sie sind hier! Wir m ssen uns verstecken! « Suchend sah ich mich um, entdeckte aber keine Stelle, an der wir uns verbergen konnten. Die Freigehege der Biozuchtwesen waren tief in den Boden eingelassen, der genau wie die Decke und die W nde von Quadern aus Kunststoff gebildet wurde. Den Stationspl nen zufolge, so viel verriet mir immerhin noch mein fotografisches Ged chtnis, erstreckte sich diese Bio-Arcology ber mehrere Etagen. Die Gehege selbst waren zwar von den unterschiedlichsten Pflanzen bewachsen, aber ich versp rte nicht die geringste Lust, mich in eins davon hinab- und damit in die Reichweite seines Bewohners zu begeben. »Die Klappen dort!« Li zeigte auf die Wand eines Geheges. »Wahrscheinlich f hren sie zu Versorgungsr umen oder -sch chten! « Das war die Chance, uns unsichtbar zu machen. »Wir m ssten nur einen harmlosen Zimmergenossen finden, der es eine Weile mit uns aush lt - und wir mit ihm! Wir trennen uns. Du siehst dr ben in der Reihe nach, ich hier! « Die Zeit wurde knapp. Ich lief die Gehege entlang, aber ihre Insassen erweckten nicht den Eindruck, als w rden sie in arkonidischen Mitbewohnern etwas anderes sehen als kleine Zwischenimbisse. Entweder waren es Krallen oder Giftz hne, die mich von einer n heren Bekanntschaft Abstand nehmen lie en, oder mein Extrasinn warnte mich vor Hautgift, klebrigem Speichel oder Dr sen, die wie geschaffen waren, S ure zu verspr hen. Ein Tier in einer Grube bemerkte mich. Es sah aus wie eine gefl gelte Schlange; ihr Leib war mannsdick und mindestens zehn Meter lang. Mit einer Geschwindigkeit, die ich dem Monstrum niemals zugetraut h tte, entrollte es sich wie eine Sprungfeder, und der rote Kopf auf dem blau geschuppten K rper raste auf mich zu. Adrenalin schoss durch meine Adern. Ich sprang zur Seite, aber der Kopf war schon heran, das Maul mit den drei ig Zentimeter langen Rei z hnen w rde mich an der Schulter oder zumindest am Arm erwischen... Die Luft vor mir schien bunt zu knistern und zu flackern und die Schlange wurde zur ckgeworfen und st rzte in die Grube zur ck. Sie war mir so nahe gekommen, dass ich das zuerst gierige und dann entt uschte Blitzen in ihren Augen deutlich wahrgenommen hatte. Ein Energieschirm!, dachte ich tr ge, von Kopfschmerzen geplagt. Die Gehege werden von Energieschirmen gesichert! »Crest-Tharo hat nicht gerade einen Streichelzoo gez chtet«, murmelte ich. »Hier!« Li winkte mir zu. »Sieh dir dieses Vieh mal an! « Ich lief zu ihr. Dabei versuchte ich, Zanargun oder Phazagrilaath ber Funk zu erreichen, bekam aber keine Antwort. Wahrscheinlich waren sie ebenfalls damit besch ftigt, sich da Zoltrals Schergen zu entziehen. Ein Sirren erklang vor mir. Achtung! Mein Extrasinn wollte mich noch warnen, da schoss auch schon K lte durch meine Schulter. Ein Paralysestrahl! Verdammt! Ich kippte zur Seite, meinen K rper sp rte ich nicht mehr. Ich sah leere Luft vor mir, wappnete mich gegen die Ber hrung mit dem Energieschirm, der mich zur cksto en w rde - aber sie blieb aus! Nur einseitig wirksame Energieschirme!, dachte ich. Vielleicht, damit da Zoltral seinen Lieblingen Leckerbissen hinabwerfen kann, wenn er seinen Privatzoo mal besucht! Ich st rzte drei Meter tief, f nf, sechs, sp rte zun chst gar nicht, wie ich auf dem Boden aufschlug. Es musste jedoch ein harter Aufprall sein, trotz der Paralyse jagte anschlie end Schmerz durch mein rechtes Bein. Meine Augen waren noch ge ffnet. Leider?, fragte ich mich, als ich im n chsten Moment ein geiferndes Maul ber mir aufragen sah. Was ist schlimmer? Crest-Tharos Gefangener zu sein oder einem seiner Gesch pfe den Speiseplan zu erg nzen? Verzweifelt dachte ich an den Kombistrahler. Ich konnte mich nicht bewegen; er w rde mir nicht helfen, dem Tod durch etliche fingerlange Rei z hne zu entgehen. ˜tzende Tropfen fielen auf mein Gesicht, meine Augen tr nten. Ich versuchte, die H nde zu bewegen, aber es war sinnlos. Eine Wolke bel riechenden Atems h llte mich ein. Das Tier, in dessen Gehege ich gest rzt war, war zweifellos ein Fleischfresser. Das Gesch pf zuckte zur ck, als wollte es gleich wieder zum t dlichen Sto vorschnellen, und ich konnte einen Saurierkopf mit einem riesigen Kiefer ausmachen. Dickfl ssiger, dunkelgr ner Speichel tropfte auf meine Kombination. Das Unget m riss das Maul auf, und der Gestank wurde so berw ltigend, dass ich mich h tte bergeben m ssen, w re ich nicht v llig gel hmt gewesen. Abrupt fiel mir der Kopf mit dem riesigen Kiefer entgegen. Ich schloss die Augen in Erwartung des t dlichen Bisses. »Bei Arkon, wie geht es dir? « Es war Lis Stimme, die ich wie aus weiter Ferne h rte. Was sollte ich antworten? Mir geht es gut, bis auf den Umstand, dass ein Monstrum den Kopf in meinen Scho gelegt hat? »Warte, ich komme! « Nein, bleib, wo du bist. Da oben ist es sicherer als hier unten. Ich wollte es ihr zurufen, brachte aber nicht einmal ein Kr chzen zustande. Der Sch del des Untiers lag schwer auf meinem Magen, ich bekam kaum Luft. Sie muss die Klonechse erschossen haben! Li, ich liebe dich. Manchmal ist es richtig n tzlich, dass du so kaltbl tig bist. Ich h rte sie am Rand des Geheges, dann stand sie neben mir. Ihr Atem ging etwas schneller als sonst. »Mach dir keine Sorgen wegen der Verfolger. Ich habe sie ausgeschaltet. « Erneut machte sich belkeit in meinem Magen breit. Ich wusste nicht, ob Lis Worte oder der Geruch des Fleischfressers schuld daran waren. Sie holte eine Injektionsspritze aus einer Kampfanzugtasche. Ich sp rte die Ber hrung an meinem Hals nicht. Danach kehrte brennend Leben in meinen K rper zur ck. Ich wollte Lis Hand nehmen, sie an mich dr cken, war aber noch zu schwach dazu. Du schreckst davor zur ck. Etwas Fremdes steht zwischen euch! Bevor ich dem Logiksektor antworten konnte, ert nte eine Stimme aus dem Lautsprecher des Funkger ts. »Hier Zanargun. Wir sind jetzt in einem R hrensystem, anders konnten wir die Verfolger nicht absch tteln. An den ’W nden stehen Kennungen. Sie geben uns Hinweise, wo wir uns befinden. « Der Luccianer klang ziemlich gelassen. Es beruhigte mich, meine Gef hrten in Sicherheit zu wissen, wenn auch nur in vorl ufiger und relativer. Am ganzen K rper zitternd, richtete ich mich behutsam auf. Der Leiche des geklonten Raubsauriers widmete ich nur einen ganz kurzen Blick. »Verstanden«, antwortete ich mit rauer Stimme. »Wir haben hier ein kleines Problem, ist aber gleich erledigt. Gebt mir die Kennung durch. Sobald ich die unserer Position habe, melde ich mich sofort. « Li reichte mir die Hand, zog mich hoch und sah mich an. »Danke«, sagte ich schwach. »Dein Armband!« Ihre Stimme klang ungehalten, ungeduldig. »Oder sollen wir den Schutzschirm mit Thermostrahlen berlasten? « Ich nahm die Schaltung vor, und wir flogen aus dem Loch, in dem die saurier hnliche Kreatur gehaust hatte. Vielleicht hatten wir das Gesch pf sogar erl st. Niemand konnte ahnen, was Crest-Tharo mit diesen Tieren vorhatte. Meine Knie zitterten, mir war schwindlig, aber der Aktivatorchip und Lis Medikament halfen. Ich sch ttelte die L hmung berraschend schnell ab. »Dahinten ist eine Kennung! « Li lief los. Ich hatte M he, ihr zu folgen. Die Tiere in den Gehegen schienen unruhig zu werden. Witterten sie den Tod ihres Artgenossen? Allein in dieser Bio-Arcology warteten Hunderte von Gesch pfen in ihren Bodengruben auf die Erf llung ihres Schicksals. Sie alle waren Zuchtobjekte der Arkoniden um Crest-Tharo! Ich gab Zanargun die Kennung durch. Mein fotografisches Ged chtnis half mir, das System zu erkennen, nach dem die G nge beziffert worden waren. Wir machten einen Treffpunkt aus, an dem wir wieder zusammentreffen wollten. »Wir sollten hier wirklich so schnell wie m glich aufr umen und zusehen, dass wir wieder an Bord der TOSOMA kommen«, sagte Zanargun. »Ich brauche dringend einen starken Kaffee. « Ich musste l cheln. Nat rlich wusste ich, wie gern der Luccianer sich dieses braune Gebr u einverleibte. »Das w re auch in meinem Sinne. « Ich unterbrach die Verbindung. Li stand vor mir, hatte mir den R cken zugedreht. »Warum haben wir es eigentlich so eilig? Hier sind wir doch ungest rt, abgesehen von Hunderten von Augenpaaren, die jede unserer Bewegung beobachten.« Sie drehte sich um, lachte leise, legte die Arme um mich und k sste mich auf den Hals. Ich stand wie erstarrt da. Das war wieder die Li, die sich mir v llig entzog. »Du bist unm glich«, sagte ich leise, »aber vielleicht liebe ich dich deshalb so sehr. « In ihren Augen lag wieder diese Leidenschaft, die mich schon bei unserer ersten Begegnung verzaubert hatte. Ich gestand es mir freim tig ein: Ich begehre sie, sie macht mich verr ckt. Ihre Anwesenheit allein reicht aus, ein Blick von ihr, eine Geste. Wie sie ber ihr kurzes rotes Haar streicht... Wie oft habe ich das schon gesehen, und weiterhin knistert die Erotik in jeder ihrer Str hnen.
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7 Im k nstlichen, kalten Licht der Bio-Arcology k ssten wir uns. Lange und leidenschaftlich. Wir dr ckten uns aneinander, versuchten, dem anderen trotz der Kampfanz ge so nah wie m glich zu sein. Ich lie die H nde ber Lis K rper gleiten, stellte sie mir so vor, wie sie oft genug in meiner Kabine gelegen hatte. Nackt, in ihrer ganzen Sch nheit. Mit den wunderbaren Kurven, den kleinen Gr bchen an gewissen Stellen, die ich so gern liebkoste. Narr!, kreischte der Logiksektor aufgebracht. Abrupt wand sie sich aus meiner Umarmung. »Wir sollten weitergehen. « Jetzt war sie wieder die k hle, die sachliche Li, »Aber wir setzen das an einem anderen Ort, zu einem anderen Zeitpunkt fort. « »Ich werde dich daran erinnern. « Ohne die Kennzeichnung der G nge h tten wir uns hoffnungslos verlaufen. Hier sah alles gleich aus: kalter Stahl, nackter Kunststoff und funktionelles Design. Sofern man berhaupt von Design sprechen konnte. Ein Knacken riss mich aus meinen Betrachtungen. »Hier Zanargun. Wir n hern uns dem Treffpunkt. Phazagrilaath und Gorro erreichen ihn ebenfalls in wenigen Minuten. Bei euch alles klar? « Ich l chelte Li zu, und sie schnitt eine Grimasse. »Ja, wir scheinen die Verfolger abgesch ttelt zu haben. Aber wir sollten wachsam bleiben. Es kommt mir seltsam vor, dass da Zoltrals Leute noch nicht wieder aufgetaucht sind. Da braut sich etwas zusammen. « Die Erfahrung von dreizehntausend Jahren rief mir unabl ssig Warnungen zu. Mir kam es beraus merkw rdig vor, dass wir so unbehelligt durch die G nge streifen konnten. »Sie sind mit anderen Dingen besch ftigt. Nach meiner Sch tzung werden wir den Treffpunkt in f nf Minuten erreichen. « Ich berlegte kurz. »Sichert die Umgebung, sucht ein Versteck. Wir berlegen gemeinsam, wie wir dann vorgehen werden. « »Verstanden! « Ich beendete das Gespr ch. Dieses seltsame Gef hl in mir wurde immer st rker. ber unseren K pfen braute sich etwas zusammen... Li sp rte meine Nervosit t. »Was beunruhigt dich so? Glaubst du, Crest-Tharo hat uns eine Falle gestellt? « Sie sah mich an. Ihr konnte ich nichts vormachen, sie erkannte seine Sorgen sogleich. »Ich wei nicht ... Irgendetwas geht hier vor. Mir w re wohler, w sste ich mehr. « Ich sch ttelte langsam den Kopf. Die pochenden Schmerzen darin wurden von Minute zu Minute st rker. Das Denken fiel mir schwer, und manchmal hatte ich den Eindruck, die Orientierung v llig verloren zu haben. Sie strich mir bers Haar, l chelte sanft. Wieso wollte ich ihr meine vor ber gehende Verwirrung nicht eingestehen? Ihr nicht von dem zweiten Leben erz hlen? Von der Maschine, die die Antwort auf die meisten unserer Fragen war? »Nevus«, fl sterte ich und versuchte, mich wieder zu konzentrieren. Fest stand, dass wir momentan in der schlechteren Position waren. Wir wurden gejagt, und da Zoltrals Leute waren in der berzahl. »Wir werden es schon schaffen«, sagte Li. »Deine Leute sind nicht das erste Mal auf solch einer Exkursion. « Das war meine Li! Sie war nicht so schnell zu ersch ttern, vertraute auf mich. Ich war ihr Fels in der Brandung. Ihr Vertrauen, ihre Liebe, das alles gibt mir Kraft. Wer wei , wie viel davon ich noch brauche, bis wir wieder in Sicherheit sind. Ich hoffe, ich gebe ihr dasselbe Gef hl. »Hier Phazagrilaath. Wir haben den Treffpunkt erreicht. Wir sichern die Stellung und ...« Der Rest des Satzes ging in einem furchtbaren Schrei unter. All meine Bef rchtungen schienen sich in diesem Moment zu bewahrheiten. Ich versuchte, die Verbindung wiederherzustellen, aber weder Zanargun und Ulbagimuun noch Phazagrilaath oder Karusan Gorro meldeten sich. Und wieder m ssen wir uns Unfassbarem stellen. Was erwartet uns noch in diesen G ngen und Hallen? Li sah mich an und sch ttelte den Kopf. »Es ist nicht deine Schuld. Lass uns nachsehen, was passiert ist. Wenigstens wissen wir, wo sie zuletzt waren! « Ich zog den Kombistrahler. »Wir m ssen auf alles vorbereitet sein! « »Ich wei , was ich zu tun habe. « Das wei sie wirklich, dachte ich. Sie hat mir schon oft das Leben gerettet. Hoffentlich kommen wir nicht zu sp t. 4. Du hast doch nicht vor, mit offenen Augen in eine Falle zu laufen!, meldete sich der Extrasinn. Ich vernahm ihn nur schwach und undeutlich, wie aus weiter Ferne. Warum tust du es dann? Ich schloss die Finger fester um den Griff des Kombistrahlers. Der Logiksektor hatte nat rlich Recht. Ich hatte keine Ahnung, was uns am Treffpunkt erwarten w rde. Waren Phazagrilaath und die anderen nur verletzt, in der Gewalt von Crest-Tharos Leuten oder schon tot? Nach dem Grauen, das mir bislang hier begegnet war, wollte ich dar ber nicht nachdenken. Es gab zwei Arten von Feinden. Zum einen die kalkulierbaren, die knallhart aufs Ganze gingen. Sie konnte man einsch tzen, ihre Brutalit t war Mittel zum Zweck. Zum anderen gab es solche wie da Zoltral. Sie waren absolut unberechenbar, handelten intuitiv, von Emotionen getrieben. Einen derartigen Feind konnte man nur mit viel Gl ck besiegen. Ich konnte nur hoffen, dass meine M nner noch lebten und es ihnen einigerma en gut ging. »Wenn ich ihn in die Finger kriege, kann ihn niemand mehr retten. « Li fl sterte zwar nur, aber beim Klang ihrer Stimme lief mir eine G nsehaut ber den R cken. Manchmal erscheint sie mir so unkalkulierbar, so emotional, raunte der Extrasinn. Als sei sie gar nicht f r ihr Handeln verantwortlich. Als w rde jemand anders durch sie agieren. Bevor ich antworten konnte, glitt eine Gestalt aus der Dunkelheit. Li explodierte f rmlich. Sie sprang sie an, warf sie zu Boden und dr ckte ihr die M ndung ihrer Waffe gegen die Schl fe. »I - ich bin’s ...! « Obwohl die Stimme aufgrund von Lis W rgegriff stark entstellt wurde, erkannte ich sie. »Karusan? Was ist passiert? « Li lockerte den Dagor-Griff. Der Angeh rige der Sicherheitsabteilung sch ttelte sich und richtete sich langsam auf. »Es ging ganz schnell. Ich hatte Gl ck, ich stand etwas abseits. Sie haben mich nicht gesehen. « Er lachte. Es war ein seltsames Lachen, kam mir irgendwie unheimlich vor. Karusan taumelte, wirkte v llig verwirrt. »K nnt ihr euch das vorstellen? Sie haben mich einfach bersehen! Ich war unsichtbar. « Der Arkonide lachte erneut. Er steht unter Schock. Crest-Tharo da Zoltral ist in vieler Hinsicht eine ganz neue Erfahrung f r uns. Ich sch ttelte Karusan. »Wo sind die anderen? Komm zu dir! « Er sah mich nur aus weit aufgerissenen Augen an. Li verzog den Mund. bergangslos schlug sie Karusan mit der flachen Hand ins Gesicht. »Antworte! Wo sind die anderen? « Ihr Schlag zeigte Wirkung. Karusan h rte auf zu lachen, sah sich gehetzt um. »Wir m ssen uns beeilen. Kommt, ich f hre euch! « Er wollte sich umdrehen, stolperte dabei gegen Li, murmelte dann etwas, das ich nicht verstand. Er kam mir noch immer beraus verwirrt vor. Ich z gerte, war mir nicht sicher, ob es ratsam war, ihm einfach so zu folgen. »Du T lpel, pass doch auf! « W tend stie Li den Mann zur Seite. Ich sah, wie Karusan sich b ckte. Er lachte wieder gellend auf. Als er sich aufrichtete, hielt er seinen Kombistrahler in der Hand. Die M ndung zeigte auf Li. Sein Gesicht war v llig verzerrt. Wieso erkannte ich den Wahnsinn darauf erst jetzt? »Was soll das, Karusan? Erkennst du uns nicht? Wir sind deine Freunde! Du wolltest uns zu den anderen bringen. « Ich habe es bef rchtet. Karusan ist alledem nicht gewachsen! Li sah mich an. Ich wusste, was sie vorhatte. Sie hatte sich immer wieder als gute K mpferin bewiesen, war schnell und pr zise. Ich musste Karusan nur von ihr ablenken. Ein paar Sekunden w rden gen gen. »Karusan, gib mir die Waffe! « Sein irrer Blick wechselte zwischen Li und mir. »Ich wei nichts, ich bin nichts ...« Er konnte den Satz nicht vollenden. Lis Knie hinderte ihn daran. Es traf ihn genau dort, wo es richtig wehtat. Er riss die Augen noch weiter auf, schnappte nach Luft und lie den Kombistrahler fallen. »Wer bin ich? «, stammelte er. »Was soll ich denn tun? « Mich h tte der Tritt au er Gefecht. gesetzt, aber Karusan schien ihn einfach absch tteln zu k nnen. Ungl ubig sah ich, wie er herumwirbelte und mit gro en Schritten davonlief. Ich war zu verbl fft, um zu reagieren, und Li stand einfach nur reglos da. Karusans Worte, die f r mich keinen Sinn ergaben, hallten durch das Halbdunkel, bis sie schlie lich im G ngegewirr der Station leiser wurden. Ich sah Li an. Sie steckte ihren Strahler ins Halfter zur ck. Ihr Blick war leer; sie wirkte v llig entr ckt auf mich. Werden wir hier noch alle verr ckt? Wir liefen los. Nun spielte es keine Rolle mehr, wie laut wir waren, Karusan bert nte mit seinem Singsang unsere Schritte. Er hatte offensichtlich v llig den Verstand verloren. Warum? Das wollte ich in Erfahrung bringen. Wir mussten so viel wie m glich ber den Feind wissen. »Wir n hern uns dem Kern der Station!« Mein fotografisches Ged chtnis lie mich nicht im Stich. Ganz in der N he befand sich die Halle mit der BewusstseinsTransfermaschine. »Wo sind Crest-Tharos Leute? « Lis Stimme erklang sto weise. »Ich habe nicht alle kaltgemacht. Warum taucht hier keiner auf? « Vielleicht wollen sie, dass du Karusan folgst!, stellte der Logiksektor lapidar fest. Dann ist das eine verdammte Falle...! Ich war fast erleichtert, ihn zu h ren. Ich hatte seine Ratschl ge schon vermisst. Der Logiksektor beurteilte, wie sein Name schon verriet, streng logisch. Seine Existenz diente nur einem Zweck: mich zu sch tzen, mich zu unterst tzen. Abrupt wurde mir klar, warum er so lange geschwiegen oder nur Allgemeinpl tze von sich gegeben hatte. Er war vollauf damit besch ftigt, mich handlungsf hig zu halten. Er k mpfte gegen die Erinnerungen von Nevus Mercova-Bans Leben an, die mich geradezu gel hmt h tten, w ren sie an die Oberfl che gedrungen. Und mir wurde noch etwas klar: Auch ich war alle dem nicht vollst ndig gewachsen. Allein das Unterdr cken dieser Erinnerungen beeintr chtigte mich viel st rker, als ich bislang vermutet hatte, kostete unglaubliche Kraft. Ich musste dieses vollst ndige Leben, das meinen Verstand zu berfluten drohte, unbedingt verarbeiten, bevor ich wieder ich selbst war. Wahrscheinlich hatte ich in den letzten drei Stunden mehr Fehlentscheidungen getroffen als in den letzten dreitausend Jahren. Am liebsten h tte ich laut geschrien, so heftig war mittlerweile der Schmerz, der meinen Kopf fast
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8 zerbersten lie . Einen Augenblick lang wusste ich tats chlich nicht mehr, wo ich war. Aber bevor ich mich wieder zusammenrei en, dem Extrasinn antworten konnte, flammte ein Scheinwerfer auf. Glei ende Helligkeit blendete mich, wenn auch nur kurz. In ihrem Zentrum stand Crest-Tharo da Zoltral. »Willkommen in meinem bescheidenen Reich«, sagte er gelassen. An Gegenwehr war nicht zu denken. Ich sah in die M ndungen von drei Kombistrahlern, die auf uns gerichtet waren. Die beiden Schergen des Gro industriellen verstanden ihr Gesch ft, hielten sich seitlich von da Zoltral. Bis wir unsere Waffen gehoben h tten, w ren wir schon paralysiert worden. Oder get tet. Jetzt stand ich meinem Gegenspieler endlich wieder gegen ber, auch wenn ich mir dieses Zusammentreffen anders vorgestellt hatte. Wie bei unserer ersten Begegnung trug er ber einer schlichten wei en Kombination im Uniformschnitt einen knielangen dunkelgr nen Schulterumhang zu wadenhohen Stiefeln und handbreitem G rtel. Er hatte sogar den bronzefarbenen, feinst ziselierten Brustharnisch angelegt, ohne den er sich kaum einmal zeigte, und trug auch sein Dagorschwert auf dem R cken. Das hagere Gesicht mit den buschigen wei en Brauen und der hohen Stirn war von wei blonden, schulterlangen und leicht gewellten Haaren umgeben. Mit seinem gro en und sehr schlanken, fast sehnigen K rper h tte er eine imposante Gestalt abgegeben, w rde in den blassen hellroten Augen nicht etwas flackern, was ich nur allzu oft gesehen hatte. Ich bezweifelte nicht, dass es sich um Wahnsinn handelte. Bei unserer ersten Begegnung auf Arkon war er noch v llig normal gewesen. Er hatte sich mir gegen ber als jovialer Plauderer und freundlicher Gastgeber ausgegeben, wenn auch mit einem Hang zum blasiert erscheinenden Snob. Aber ich hatte ihn sofort als ebenso knallharten wie arroganten, hochintelligenten NeuArkoniden eingesch tzt, der f r Theta und das Imperium nichts brig hatte. Von Wahnsinn hatte ich bei ihm nichts bemerkt. Allerdings hatte er damals gerade erst den Krish’un aus dem Epetran-Archiv stehlen lassen, sich noch nicht Kharags berpr fung unterziehen m ssen, noch nicht Nevus Mercova-Bans Lebensgeschichte in sich aufgenommen. Mich beeintr chtigten die Erinnerungen des auf Zeut geborenen Tamrats phasenweise fast bis zur Handlungsunf higkeit; ihn schienen sie um den Verstand gebracht zu haben. Offensichtlich hatte Kharag sich get uscht, als er ihn lediglich aufgrund des Krish’un als berechtigt eingestuft hatte. »Ich bitte, meine Sicherheitsvorkehrungen zu entschuldigen, aber hier handelt es sich um eine Experimentreihe, deren Ausma e ihr nicht einmal ahnen k nnt. Da das Zentralgehirn mir seit neuestem nur noch f nf M nner zugesteht, muss ich doppelt aufmerksam vorgehen.« Das war eine interessante Information. Das Zentralgehirn erkennt uns beide als Tamr te an. Und hat f r uns gleiche Bedingungen herbeigef hrt. Wahrscheinlich sind Crest-Tharos restliche Leute irgendwo schachmatt gesetzt worden. Das erkl rt, wieso wir in den Biolabors niemanden fanden. Wenigstens eine gute Nachricht. Und Zanargun ist noch irgendwo da drau en. Hoffentlich lebt er noch. Was bleibt uns sonst au er Hoffnung? »Was hast du nun vor? Irgendwie scheint es mir, dass du am Ende deines Weges angelangt bist.« Crest-Tharo lachte laut, zu laut. Er war w tend. »Du solltest die Tatsachen nicht verdrehen. Du bist in meiner Gewalt. Deine Leute, die hier herumirren, werden wir auch noch aufgreifen. Also plage dich nicht mit berfl ssigen Gedanken um deine Zukunft, die ist bei mir in den besten H nden.« Ich gab ihm keine Antwort. Crest-Tharo machte eine Handbewegung, und einer seiner Schergen trat hinter uns und entwaffnete uns. Dann sp rte ich den harten Druck der M ndung seines Kombistrahlers zwischen den Schulterbl ttern. »Wenn ihr mich nun begleiten w rdet«, sagte der Gro industrielle, »euer Freund Phazagrilaath wartet im Labor. Er wird sich bestimmt freuen, euch wiederzusehen. « Phazagrilaath schwebte in einer Art Energieschirm, neben ihm unter einem zweiten einer von Crests Leuten. Der Schirm wurde von einer seltsamen Maschine produziert. Ein dumpfes Brummen ging von ihr aus. Sie ben tigte offensichtlich gewaltige Energiemengen. Blauwei e Blitzentladungen umzuckten einen nachtschwarzen, w rfelf rmigen Maschinenblock in Hausgr e. Seine Kantenl nge betrug etwa zw lf Meter; er war v llig fugenlos, wirkte massig und war anscheinend aus einem St ck gefertigt. Ich hielt unwillk rlich den Atem an. Das ist die Transfermaschine, um sie ging es die ganze Zeit. Hier kam modifiziertes Drokarnam zur Verwendung. Und das ist nichts anderes als PEW-Metall. Eine weitere Erinnerung aus Nevus’ Leben. Einige kleinere, fremdartig aussehende, an knorrige Wirbels ulenknochen erinnernde Aggregate umgaben den W rfelblock. Eine f nf Meter breite transparente Rampe f hrte bis zur halben H he des W rfels hinauf, endete allerdings drei Meter vor dessen Wandung. In der L cke, f nf Meter ber dem Boden, schwebten nebeneinander drei jeweils zweieinhalb Meter durchmessende gelbliche Energiesph ren. In zwei davon hingen schwerelos der Ishkhorer und der Arkonide. Ihre K rper wirkten durchscheinend; feinste Lichtver stelungen verteilten sich in dem Schirm. »Ja, seht sie euch an. Die Allmacht, die von ihr ausgeht, ist ihrem bescheidenen ˜u eren nicht anzusehen. Sie gibt mir Macht! Und die M glichkeit zur Rache! Ich werde mich an all jenen r chen, die mich und meine Familie erniedrigt haben. « Fast z rtlich strich da Zoltral ber die Armaturen, ber denen zahlreiche Datenholos leuchteten. In den H nden des Wahnsinnigen barg diese Maschine ein unglaubliches Gefahrenpotenzial. F r sie hatte Crest-Tharo verraten, gestohlen und gemordet. »Sie ist meine Erleuchtung, die Gabe der Lemurer an mich, ihren Erben. Es ist eine Bewusstseins- Transfermaschine, sie wird mich unsterblich machen. Nat rlich wei t du das l ngst. Aber es sei mir geg nnt, dir diese Ausf hrung vorzutragen. Du als Unsterblicher wirst mein Verlangen nach ewigem Leben verstehen. « Welche Anma ung dieses verwirrten Geistes! Ihn konnten nur Gleichgesinnte verstehen, und das waren wir keinesfalls. Ich fragte mich, wie gef hrlich diese Apparatur war. Wenn sie au er Kontrolle geriet... Die Maschine ist einsatzbereit!, stellte der Logiksektor fest. Der Wahnsinnige hat mit ihr Karusan Gorro bernommen! Das erkl rt dessen Verhalten. Er hat euch in die Falle gelockt. Der Schrei war nur eine Ablenkung! Ich k mpfte gegen die Erinnerungen an ... die Erinnerungen eines anderen Lebens. Und damit auch gegen das Wissen. Sollten Nevus Mercova-Bans Kenntnisse mich berw ltigen, w re ich v llig handlungsunf hig. Ich wusste, worum es sich bei dieser Maschine handelte. Nevus hatte sie entwickelt, und sein Leben war mein Leben. Zeit schinden!, meldete sich der Extrasinn. Wo sind Zanargun und Ulbagimuun? »Was ist das f r eine Maschine? «, fragte Li. Das Licht in da Zoltrals Augen flackerte heller denn je zuvor. Er wusste, dass ich die Antwort auf diese Frage bereits kannte, denn er hatte Kharags Unterweisung genauso erdulden m ssen wie ich. Aber er verf gte ber keinen Extrasinn. Vielleicht hatte das zweite Leben, das in ihn geflossen war, ihn tats chlich endg ltig um den Verstand gebracht. Und er war aufgebracht. Er hatte sich in Rage geredet und wollte seinen Triumph auskosten. »Ihr galt der gesamte Aufwand«, sagte er. »Ihr seht nur einen kleinen Teil der Bewusstseins-Transferanlage. Aber sie ist m chtig. Ihre Energieerzeuger sind in angrenzenden Hallen untergebracht, und die Maschine greift auf die der Stahlwelt zur ck. Sie ben tigt unglaublich viel Energie, diese Maschine ...« Genug Energie, um bei einer Fehlfunktion die gesamte Stahlwelt vernichten zu k nnen!, mahnte der Extrasinn. »Der eigentliche Bewusstseinstausch ist optisch berhaupt nicht wahrzunehmen«, trug der Wahnsinnige Eulen nach Athen. »Normalerweise ist die Anlage auf Fernwirkung eingestellt. Wenn ich eine andere Person bernehmen will, lasse ich mich von einer der Energiesph ren umh llen, greife quasi telepathisch nach dem Opfer und erzwinge mental den Austausch.« In der Art eines Zerotraums, erg nzte der Extrasinn. Crest-Tharo sah mich an und grinste breit. »W hrend der bernahme verharrt das Opfer dann bewusstlos im K rper des bernehmenden. Aber das wei t du ja. « Ich wusste noch mehr. Schon Nevus hatte Probleme damit gehabt, das Opfer exakt anzupeilen. Es war auch m glich, dass es sich durch sonstige St reffekte dem Austausch entzog. Distanzen schienen allerdings keine Rolle zu spielen. Bei der Einstellung auf Nahwirkung hingegen waren bernehmender wie Opfer von den Energiesph ren umschlossen. Allerdings konnte auch ein Klon- oder Androidenk rper zur reinen Aufnahme des Bewusstseins dienen. Sofern der Gastk rper kein Eigenbewusstsein hatte, kam es nat rlich nicht zu einem Austausch. Ich dachte an die Klon- und Androidenfabriken auf Tarik. F r mich stand au er Zweifel, wieso da Zoltral die Produktion dort auf Hochtouren betrieb. Ich konzentrierte mich wieder auf die Gegenwart, lie den Blick durch den Raum gleiten, sah aber nichts, was uns eine Flucht erm glichen k nnte. Wir sitzen in der Falle, sind am Ende unserer Suche angelangt. Aber wir sind auch am Ziel. Ein seltsamer Beh lter schwebte in einiger H he vor mir. Er schien aus Glas zu bestehen. Ich musterte ihn, wandte den Blick dann wieder ab. Ein seltsames Gef hl beschlich mich, und ich war mir nicht mehr sicher, ob ich berhaupt sehen wollte, was in ihm war. »Ah, du hast ihn entdeckt. Komm, begr e deinen Erinnerungsbringer.« Crest-Tharos Stimme zerrte an meinen Nerven. Wie gern h tte ich ihm den Hals zugeschn rt, damit kein Laut mehr ber seine Lippen kam. Seine offensichtliche Freude an den Qualen seiner Mitgesch pfe ekelte mich an. Auf eine Handbewegung da Zoltrals hin n herte sich uns der gl serne Beh lter. »Bei Arkons G ttern, es ist ein Sarg! « Lis Worte schreckten mich auf. Ich sah ein eingefallenes, w chsernes Gesicht, das viel lter war, als ich es in Erinnerung hatte, mit pergamentener Haut, die sich unnat rlich straff
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9 spannte. Einen ausgemergelten K rper, der schon zu Lebzeiten unglaublich grazil gewesen war, jetzt, im Tod, aber nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen schien. Sicher, er war bei seinem Tod schon ber 90 Jahre alt gewesen. Geboren im ersten Jahr des Krieges, gestorben im 92sten. Aber auch die Lemurer hatten damals eine Lebenserwartung von etwa 200 Jahren gehabt. Wieso sah er jetzt aus wie einlebender Toter? Wie ein Dreihundert j hriger? Vielleicht ein Sekund reffekt der Konservierung? Oder die Mumifizierung war nicht perfekt?, fl sterte der Extrasinn und lie das Bild des LemurMetall-Sarkophags von Acharr aufblitzen. »Nevus Mercova-Ban ...«, fl sterte ich. Ich sah den Tamrat, dessen Erinnerungen ich bei der Anerkennungsprozedur bermittelt .bekommen hatte. Bereits Epetran hatte diesen Sarkophag gefunden, wie wir wussten,. und jetzt befand der Leichnam sich also wirklich, wie schon vermutet, in da Zoltrals H nden! »Dein Freund ist mentalstabilisiert! «, riss mich die Stimme des Industriellen in die Gegenwart zur ck, bevor die Erinnerungen eines anderen Lebens mich berw ltigen konnten. »F r meine Testreihe ungeeignet! So funktioniert es nicht ...« Crest-Tharo da Zoltral war zornesbleich, wahrscheinlich, weil er bei Phazagrilaath nichts erreichte. Er sah zu uns her ber. Sein Blick gefiel mir ganz und gar nicht. Er hob den rechten Arm und zeigte auf Li. »Da haben wir eine Freiwillige! Bitte, meine Liebe, mach keinen ˜rger. Es ist sowieso sinnlos, und du wirst unserer Familie Ehre erweisen. « 5. Einer der W chter stie Li zu der Maschine. In meinem Hals bildete sich ein dicker Klo . Obwohl Kombistrahler auf mich gerichtet waren, st rmte ich los. Aber ich kam nur drei Schritte weit, dann schoss ein brennender Schmerz durch meine Beine, und ich brach zusammen. Hilflos musste ich mit ansehen, wie da Zoltral meine Gef hrtin von einer Energiesph re umschlie en lie . In Lis Gesicht erkannte ich Angst und Entsetzen. »Nein!« Ich war wie von Sinnen. ˜chzend versuchte ich, mich aufzurichten, das taube Gef hl in den Beinen zu ignorieren. »Fesselt ihn!«, schnarrte Crest-Tharo. »Der Transfer darf nicht gest rt werden! « Zwei seiner Leute rissen mich hoch, legten mir Metallmanschetten an und banden mich an einem Aggregatblock fest. Die Karten waren ung nstiger verteilt als je zuvor. Meine Augen tr nten. Er wollte Lis Bewusstsein austauschen, in einen anderen K rper versetzen, w hrend das von da Zoltrals Helfershelfer den ihren bernahm. Sie konnte dabei sterben, ihr Bewusstsein konnte verloren gehen... Er hat die Maschine nicht im Griff. Er wird ihr Leid zuf gen, und ich muss hilflos zusehen! Crest-Tharo da Zoltral hantierte hektisch an den Displays. »Ein sehr interessanter Versuch«, sagte er. »Ich habe schon einmal versucht, dich zu bernehmen, meine entfernte Verwandte, aber es hat nicht geklappt! Wieso nicht? Bist du ebenfalls mentalstabilisiert? Aber nein, das w sste ich. Was willst du vor mir verbergen? « Pl tzlich schien die U muhe von ihm abzufallen. »Dieser Test ist zu wichtig. Ich muss alles genau berpr fen. « Halte ihn hin, empfahl mein Extrasinn. Gr enwahnsinnige Verbrecher faseln angesichts ihres vermeintlichen Triumphs gern von ihren Motiven und Absichten. Diese Unart hat schon Tausenden von Geheimagenten das Leben gerettet. Erkundige dich bei Ronald Tekener! Zeit schinden, bis vielleicht Zanargun kam - das war unsere einzige Chance. »Du bist also nach Omega Centauri geflogen und hast das Sonnendodekaeder entdeckt? «, begann ich. Aufgrund des Datenspeichers, den wir auf Tarik erbeutet hatten, wusste ich, dass Crest-Tharos Ahnherr Baylamor da Zoltral vor 700 Jahren in den Kugelsternhaufen vorgesto en war. Seine Expedition war gescheitert, aber Jahrhunderte sp ter war CrestTharo ihm gefolgt, hatte die berlebenden entdeckt und das Reich Baylamor gegr ndet. Crest-Tharo sah von den Kontrollen auf. »H ltst du mich f r debil? Glaubst du, du k nntest mich ablenken und Zeit schinden, indem du mich verleitest, dir zu erkl ren, wie mein glanzvoller Sieg zustande kam? « Er grinste. »Nat rlich haben wir das Sonnendodekaeder sofort bemerkt, es ist schlie lich auff llig genug. Aber seine Untersuchung brachte zun chst keine greifbaren Ergebnisse. Wir haben zwar mehrere Welten gefunden, aber eine Landung und der Zugriff auf die Anlagen scheiterten zun chst an den lemurischen Abwehranlagen und meiner fehlenden Zugangsberechtigung. Nur mit knapper Not entkamen wir der Vernichtung! « »Und dann kamst du auf die Idee, ein Imperium Baylamor zu schaffen? « »Nat rlich! Dank unserer Technik waren wir ja nicht l nger auf den Sublichtbereich beschr nkt! Diese Idee nahm mehr und mehr Gestalt an und wurde in den folgenden Jahren angegangen. Gleichzeitig liefen an anderer Stelle die Nachforschungen hinsichtlich der lemurischen Hinterlassenschaften. « »Mit Erfolg?« »Und ob! Zum Beispiel landete ein Einsatzkommando auf Shamakh, der Welt, die auch als Acharr bekannt ist, und drang in die subplanetarische Station ein. Dort entdeckten wir einen Transmitter, und als wir ihn aktivierten, er ffneten sich faszinierende Zusammenh nge. Die Gegenstation befand sich n mlich in Form der TarvianUnterseestation auf der Urlaubswelt Theka! Hier wie dort haben wir die lemurischen Hinterlassenschaften untersucht, zum Teil auch ausgeschlachtet und als Vorlage f r Weiterentwicklungen des Zoltral-Konzerns verwendet. Die Transmitterverbindung gestattete ja einen von den Mograk unbeeinflussten und ungest rten Transport! « »Und aus dem Mausoleum hast du die konservierte Leiche des Tamrats mitgenommen? « »Unter anderem.« Crest-Tharo hob den rechten Arm und legte das Handgelenk frei. »Dieses Armband erwies sich als Alphabefehl-Kodegeber, dessen Nutzung den Zugang zu den lemurischen Anlagen gestattete! Und die Entschl sselung des Kharag-Ornaments f hrte mich dann zur Wasserstoffwelt Kharba und der dortigen Tarvian-Nebenstation. « »Und die gewonnenen Erkenntnisse reichten schlie lich aus, um zur Stahlwelt vorzudringen? Immerhin ist sie in eine Halbraumblase eingebettet! « Ich schreckte auch vor rein rhetorischen Fragen nicht zur ck. Ich wusste es, denn ich war schlie lich auf dem gleichen Weg zur Stahlwelt gelangt! »Der Stationsrechner hat mich nur bedingt als erbberechtigten Lemur-Nachkommen akzeptiert! « In Crest-Tharos Stimme schwangen Entr stung und Emp rung mit. »Mich, einen Arkoniden aus dem Hochadel! Viele Daten blieben mir daher verschlossen. Das galt auch f r den uneingeschr nkten Zugang zu allen Bereichen oder die totale Kontrolle ber s mtliche Einrichtungen und Anlagen. Mir blieb die Verwendung der Sonnentransmitterfunktion versagt, Situationstransmitter konnte ich nur sehr eingeschr nkt schalten, und auch die lemurische BewusstseinsTransferanlage durfte ich nicht in Betrieb nehmen. « Er sprach leiser. »Ganz abgesehen davon, dass sie besch digt war ...« Besch digt? Das erkl rte einige fehlgeschlagene bernahmeversuche ... und auch, wieso da Zoltral die Maschine nicht schon l ngst in gro em Ma stab eingesetzt hatte! »Aber ich habe die ersten Erfolge erzielt ...« »Nat rlich. Du hast versucht, in der Orbanaschol-Werft auf Arkon II einen Techniker zu bernehmen, der bei unserer Besichtigung der ATLANTIS den Hypertrop-Zapfer aktivierte ...« »Um eure Mission zu beenden, bevor sie berhaupt begann! « »Und auf dem Flug zum Tamanium Shahan wolltest du mich bernehmen.« Er tat die Bemerkung mit einer l ssigen Handbewegung ab. »Ein spontaner Einfall, eine Spielerei. Du bist mentalstabilisiert, deshalb konnte es nicht funktionieren! « »Auf Shahana hast du dann Li bernommen? « Crest-Tharo verzog das Gesicht. »Ich habe es versucht. Aber es gelang mir nicht. Sie hat den Einfluss einfach so abgesch ttelt. Wie ist das m glich? Sie ist nicht einmal mentalstabilisiert! « »Und um das herauszufinden, hast du sie entf hren lassen. « »Nicht nur deshalb. Ich habe ihr Genmaterial entnehmen lassen. Eine sehr interessante Grundlage. Wer wei , wozu das noch gut sein wird ... « »Zuerst hast du deine Humanoiden auf sie gehetzt und dann Kiemenatmer von Tarik. « »Humanoiden? Was meinst du damit?« Sein Blick war nichts ahnend. Ich glaubte ihm. Er wusste nicht, wovon ich sprach. Also doch! Also sind die Humanoiden Vertreter einer weiteren Gruppe, die an Li interessiert ist. Und ich ahnte nur zu genau, um was f r eine Gruppe es sich dabei handelte. Crest-Tharo l chelte wieder. »Aber du greifst vor. W hrend die Forschungen um die Transfermaschine vor dem Diebstahl des Krish’un eher m hsam voranschritten, wuchs und gedieh das Baylamor’Tussan und gewann innerhalb weniger Jahrzehnte in Braangon an Macht und Einfluss! « »Und du hast schon damals davon getr umt, die Anlage zum gesteuerten Bewusstseinstransfer zu verwenden? « »Oh ja! Diese lemurische Entwicklung aus den letzten Jahren des Haluterkrieges bedeutet wirkliche Macht! Nicht nur, dass ich damit andere Wesen bernehmen und manipulieren kann, was ja an sich schon ein immenses Potenzial darstellt, der Hauptaspekt des gezielten Bewusstseinstransfers ist, dass er mir Unsterblichkeit bescheren kann! Wenn mein urspr nglicher K rper verbraucht ist, kann ich meinen Geist einfach in einen Androiden- oder Klonk rper versetzen! Und« - er beugte sich vor - »und dann liegt es auch in meiner Hand, diese Unsterblichkeit anderen zu verleihen. « Ich schluckte. Er hatte Recht. Es gab gen gend Wesen, die f r deutlich weniger als die Unsterblichkeit die eigene Mutter verh kern w rden. Durch ein Machtmittel wie die Transfermaschine lie en sich nicht nur die betreffenden Kandidaten h rig machen, man konnte damit auch noch sehr, sehr viel Geld scheffeln - was weitere Macht, weiteren Einfluss nach sich ziehen w rde! »Obwohl noch nicht klar war, ob ich die Anlage jemals in Betrieb nehmen konnte, leitete ich bereits die brigen Schritte ein. Ich trieb einerseits die technische wie auch historische Forschung voran, andererseits den Bau der Androiden- und Klonanlage auf Baylamor sowie die dortige Forschung und Entwicklung. Und die dort gewonnenen Ergebnisse fanden auch Anwendungen in meinem Konzern! Ein Teilbereich meines Unternehmens hatte zum Beispiel Techniken zur genetischen Manipulation entwickelt, die auf verlorenem Wissen der Cantaro und Aras beruhten. Und nun kam noch das Wissen der alten Lemurer hinzu ...«
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10 Das erkl rte einiges. Die Familie da Zoltral beziehungsweise ihr Konzern war f r Au enstehende auf unbekannte Art und Weise zu neuem Reichtum und damit auch neuer Macht gekommen und k mpfte darum, wieder eine gro e Rolle im Konzert des Adels zu spielen. Nun wusste ich, woher dieser Reichtum kam. Genau wie ich wusste, was anschlie end geschehen war. Je gr er die Bem hungen der Familie ausfielen, desto k lter wurde die Schulter, die der Hochadel den da Zoltrals zeigte. Neben der Schmach der Absetzung und ihren Folgen hatten Crest-Tharo und seine Verwandten nun auch noch gegen den dem tigenden Ruch der Neureichen anzuk mpfen. Kein Wunder, dass sein Hass auf Arkon st ndig wuchs! »Inzwischen schrieben wir das Jahr 1216 NGZ, Theta da Ariga war die Pr sidentin des Neuen Imperiums Arkon - und die Anerkennung als Hochadliger blieb mir weiterhin versagt! « Crest-Tharos Stimme drohte kurz zu einem Kreischen zu werden. »Ich habe die Raumschiffe meiner Flotte verst rkt mit scheinbar l ngst berholter Transitionstechnik ausger stet, angeblich aus Redundanzgr nden, in Wirklichkeit nat rlich, um mich hier frei bewegen, weitere Sch tze der Lemurer heben zu k nnen ...« Ich seufzte. Die uralte Geschichte. Mir wurde bel. »Und dein wachsender Hass auf Arkon trieb dich dazu, Theta da Arigas Bewusstsein austauschen zu wollen, um so das Imperium zu destabilisieren und, langfristig gesehen, selbst zu bernehmen? « Irgendwann musste sich Crest-Tharos gesamtes Denken darum gedreht haben, die Schmach der Absetzung zu berwinden - mit allen Mitteln, ohne jede Skrupel... Er berging die Frage. Vielleicht schreckte er auch selbst davor zur ck, mir einzugestehen, dass es sein ganzes Streben war, Imperator anstelle des Imperators zu werden. »Wir haben die lemurischen Stationen auf Theka und Shamakh im wahrsten Sinne des Wortes ausgeschlachtet«, fuhr er fort. »Es gelang uns sogar, die Bewusstseins- Transferanlage zu reparieren. Nur die letzte H rde, die Berechtigung, sie auch benutzen zu d rfen, schien weiter denn je entfernt zu sein. Der Rechner verlangte unbeirrbar den Status eines lemurischen Tamrats, und der konnte nur durch einen Krish’un nachgewiesen werden. Du wei t ja: kein Tamrat ohne Krish’un! « »Du hast also mit der Suche nach einem lebenden Umhang begonnen ...«»Aus den Epetran-Daten war mir zwar bekannt, dass Epetran seinerzeit offensichtlich einen Krish’un von Shamakh mitgebracht hatte, aber niemand schien zu wissen, wo sich dieses verdammte Ding befand ...« Ich lachte innerlich auf. Crest-Tharo da Zoltral hatte zun chst den Wald vor lauter B umen nicht gesehen! Andererseits war nichts unauff lliger als das Offensichtliche. Unter zehntausend Stecknadeln fiel eine ganz bestimmte nicht auf und im Epetran-Archiv eben auch nicht der Krish’un- Umhang unter den vielen tausend brigen Ausstellungsst cken aus dem umfangreichen Fundus des genialen Wissenschaftlers... »Meine Recherchen ergaben, dass sich ein Krish’un auf Terra befinden musste ...« »Und du hast versucht, ihn zu stehlen! « Mein fotografisches Ged chtnis wiederholte das Gespr ch, das ich vor wenigen Wochen auf dem Erdmond mit der Gro syntronik NATHAN gef hrt hatte: »Mir ist bekannt, dass die Kosmische Hanse im Besitz eines Krish’un ist. Es handelt sich um den des MdI-Zeitagenten Frasbur. Perry Rhodan hat ihn w hrend des Andromeda-Kriegs erbeutet. Im HQ Hanse sind jedoch s mtliche Dateien ber den Krish’un gel scht worden. « » Vor zw lf Tagen haben Unbekannte versucht, diesen Krish’un zu stehlen. Der berfall auf HQ Hanse wurde nach einer Minute und sieben Sekunden abgewehrt. Danach hat Patricia Likeon die Daten l schen lassen, und ich habe das Artefakt zur Sicherheit hierher nach Luna geholt. « Schon damals war mir klar gewesen, dass das kein Zufall sein konnte! Zw lf Tage zuvor ein berfall auf Terra, dann der im Epetran-Archiv! Jemand hatte es gezielt auf einen Krish’un abgesehen. »Der Diebstahl misslang«, sagte Crest-Tharo verdrossen wie ein kleines Kind. »Aber dann fiel es mir bei einem weiteren Besuch des Epetran-Museums pl tzlich wie Schuppen von den Augen, als ich endlich einen von Epetrans Umh ngen als das erkannte, was er wirklich war - n mlich der fieberhaft gesuchte Krish’un des Tamrats!« »Du hast den Einbruch vorbereitet und auch durchgezogen aber ungl cklicherweise wurde ich dadurch in die Sache hineingezogen ...« »Zwar konnte ich mit Hilfe des Krish’un meine volle Erbberechtigung nachweisen und auch die Bewusstseins-Transfermaschine endlich in Betrieb nehmen ... doch scheint sie noch immer nicht richtig zu funktionieren! « Die Stimme des Wahnsinnigen berschlug sich. »Meine unbedeutende Verwandte Li ist nicht zu knacken! Wieso nicht?« Ich wandte den Kopf von da Zoltral ab, sah zu Li, wollte ihr die Kraft geben, das alles zu berstehen, aber sie schien mich nicht mehr wahrzunehmen. Die blauwei en Lichtbogen, die eben erloschen waren, zuckten wieder auf. Sie umtosten Li und den anderen K rper in den Sph ren. Beide wurden durchscheinend, als wollten ihre festen H llen fliehen und nur die Seelen zur cklassen. Unter der unsichtbaren Kraft kr mmte Li sich zusammen. Ich schrie auf, so deutlich konnte ich ihre Qual sp ren. »Du bist ganz wild darauf, auch unter die Maschine zu kommen? « Seine Stimme war jetzt nur noch ein Kreischen. »Den Wunsch kann ich dir erf llen. Das wird meine Rache sein. Als meine Flotte Shahan angriff, um dich zu t ten, die TOSOMA endg ltig als Bedrohung auszuschalten, hast du ihr eine vernichtende Niederlage zugef gt. Das darf nicht ungestraft bleiben! Und ich muss dir diesen Wunsch sogar erf llen, denn ich will, ich brauche deinen K rper! Deine Unsterblichkeit und mein Genius werden die Vereinigung der absoluten Macht sein. Ich werde so gro und gef rchtet sein wie kein Imperator vor mir. Was ist...? « Er sah auf eine Anzeige und fluchte. »Ich habe schon einmal gefragt! Warum funktioniert es bei ihr nicht? Dann eben mehr Energie...!« Er bet tigte einen Sensorschalter. Das Licht leuchtete heller auf, und Li schrie. Ich schloss die Augen. Li, ich liebe dich. Aber ich kann nichts f r dich tun! Nur wenn du st rker als die Maschine bist, gibt es Hoffnung f r uns! Hoffnung - war das alles, was uns noch blieb? 6. Der nachtschwarze, w rfelf rmige Maschinenblock kam mir vor wie ein Artefakt aus einer anderen Welt. Fugenlos und massiv, aus einem St ck gefertigt, wirkte er v llig fremdartig. Die kleinen, knorrigen Aggregate erinnerten mich an Skelettfragmente l ngst ausgestorbener Urzeittiere. Allein schon ihr Anblick l ste in mir Zorn aus, Zorn, den ich kaum beherrschen konnte. Weil ich so hilflos war, so verdammt hilflos. Aber was h tte ich tun sollen? Was konnte ich tun? Nichts. Crest-Tharo da Zoltral stand an der Anlage und erh hte unabl ssig ihre Leistung. Jede Sekunde, die Li ihr standhielt, bescherte der jungen Frau qualvolle Schmerzen. Das sch ne Gesicht, das ich so oft gek sst, der schlanke K rper, den ich dabei in den Armen gehalten hatte, schienen jetzt Lichtjahre entfernt zu sein. Trotz meiner ber dreizehntausend Lebensjahre konnte ich kaum ermessen, was Li ertragen musste. F r mich war es genauso eine Qual, die Frau leiden sehen zu m ssen, die ich so sehr liebte. Uns verband mehr als nur k rperliche Leidenschaft. Sie war mir so nahe gekommen wie kaum eine andere in meinem Leben... Lis K rper zuckte in Kr mpfen, ihr kurzes rotes Haar klebte str hnig. am Kopf. Sie sah mir in die Augen; ich war mir dessen trotz der Distanz sicher. Der stumme Schrei, der in ihrem Blick lag, ersch tterte mich bis ins Mark. »H r auf, du Narr! Du t test sie nur! « »Warum kann sie so lange widerstehen? Erkl re es mir! Aber du wei t es auch nicht. Sie ist anders ...« Crest-Tharos Stimme gellte durch die Halle. Ehrgeiz und Hass hatten ihn zu einem gef hllosen Monstrum werden lassen. Alles, was er mir gerade offenbart hatte, wies ihn als Psychopathen aus. »Wenn sie tot ist, wirst du es nie erfahren! Sie wird es dir sagen, ihr Wille ist gebrochen.« Ich hasste mich f r diese Worte, aber wenn ich Li daf r von ihrer Folter erl sen konnte, war es mir nur recht und billig. In da Zoltrals Gesicht arbeitete es. Er kniff die Augen zusammen. »Du k nntest Recht haben. Sie ist am Ende. « Die tausend Todesarten, die mir gerade durch den Kopf gingen und die ich ihm w nschte, w ren ihm nicht im Traum eingefallen. Seine Lebenserfahrung lie sich mit meiner nicht vergleichen. Die Barbaren von Larsaf In waren in dieser Hinsicht stets sehr erfindungsreich gewesen. Ich hatte es erlebt, mit eigenen Augen gesehen und... Voller Hoffnung sah ich, wie er die Hand von der Armatur nahm. Hatte ich es geschafft? W rde Li eine Galgenfrist bekommen...? Und dann muss dir ganz schnell etwas einfallen... »Aber wir sind noch nicht am Limit! « Wie ein Messer schnitten da Zoltrals Worte durch meine Gedanken. Er schob den Regler h her. In Lis Gesicht spiegelte sich meine Verzweiflung. Der Wahnsinnige war nicht mehr zug nglich f r logische Argumente! Sein Versuch, Lis Bewusstsein zu transferieren, war f r ihn zum Fixpunkt seines Lebens geworden. »Er ist so gro , so perfekt ...« Lis Stimme klang verzerrt, seltsam entr ckt, als w rde ihr diese Flucht in ihre Gedanken oder Erinnerungen etwas Linderung verschaffen. Aber was erz hlte sie da? Wovon sprach sie? Sie war mehr als zehn Meter von mir entfernt und schwebte f nf Meter h her, und doch glaubte ich zu sehen, dass Tr nen ber ihr Gesicht liefen, sie die Augen weit aufgerissen hatte, ohne mich allerdings noch wahrzunehmen. Sie nahm berhaupt nichts mehr wahr, ihr Blick war leer. Einbildung, es konnte nur Einbildung sein, ein Trugbild meines gequ lten, von fremden Erinnerungen in Mitleidenschaft gezogenen Geistes, und doch und doch... »Aus einem Metall unbekannter Art und dabei so ... menschlich. Seine ˜sthetik ...« Ihre Worte waren ein einziges R tsel. Was war ihr derma en wichtig, dass sie es angesichts ihrer Pein beschrieb? Ein lautes Fauchen drang an mein Ohr. Mein Extrasinn ordnete es sofort als die ThermostrahlFunktion eines Kombistrahlers arkonidischer Bauweise ein. Und der Logiksektor verriet mir, dass es nur eine Ursache f r dieses Ger usch geben konnte. Zanargun und Ulbagimuun haben uns gefunden! Sie greifen an. Das k nnte die Rettung sein! Endlich!
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11 *Ich zerrte an meinen Fesseln, aber sie gaben nicht nach. Diese Hoffnung brauchte ich mir gar nicht erst zu machen. Ich war Realist. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie einer von da Zoltrals Leuten zur ckwich, dann ein zweiter, ein dritter. Zumindest Zanargun wusste, was er tat. »Holt Crest-Tharo von der Maschine! Er t tet Li!« Zanargun h rte mich. Mit einer Schnelligkeit, die er seinem harten Dagortraining zu verdanken hatte, st rmte er vor und trieb einen weiteren Gegner zur ck, bevor er sich wieder in Deckung warf. Meine Gedanken rasten. Er ist keine zwanzig Meter von da Zoltral entfernt! Er kann es schaffen, er muss es schaffen. Der Kommentar des Extrasinns war eindeutig. Narr! Als h tte der Logiksektor Einfluss auf die Au enwelt genommen, kamen mir die Bewegungen des gedrungenen Mannes mit dem kurzen Haar pl tzlich verlangsamt vor, wie in Zeitlupe. Eine z he Masse schien ihn zu umgeben. Warum ist er nicht schneller? Verzweifelt zerrte ich an den Stahlfesseln, die mich zur Unt tigkeit verdammten. Ich sah, wie Karusan Gorro die Waffe fallen lie und die Arme hob. Der Bewusstseinstransfer war wohl doch nicht so perfekt, wie Crest-Tharo es sich vorgestellt hatte. Oder da Zoltrals Lakai, der unseren Mann bernommen hatte, verf gte ber gesunden Arkonidenverstand. Verdammt! Was macht Crest-Tharo? Wie steht es um Li? Ich sah mich um. Zanargun hatte die H lfte der Strecke vom Schott bis zur Transfermaschine berwunden. St ndig musste er neue Deckung suchen; Crest-Tharos Schergen hatten ihren ersten Schrecken berwunden und verwickelten meine Leute in ein heftiges Gefecht. Ich werde Li verlieren ... Das dauert viel zu lange! Die Wut auf meine Hilflosigkeit wuchs ins Unermessliche. Die Stahlfesseln waren nicht zu berwinden. Ich hatte mir an den Handgelenken bereits die Haut aufgeschnitten und stellte die sinnlosen Befreiungsversuche ein. Es ist zwecklos! Wenn Li berhaupt eine Chance hat, hei t sie Zanargun!, mahnte mein Extrasinn. »... ich glaube, er ist mechanisch, wenn auch humanoid ...« Lis Worte wurden immer unverst ndlicher. Speichel rann aus ihrem Mund. Ihr erbarmungsw rdiger Zustand entsetzte mich. Wie lange konnte sie der Bewusstseinsmaschine noch widerstehen? Die Zeitlupe ... Den Kombistrahler im Anschlag, sprang der Luccianer in die n chste Deckung. Sch sse fauchten durch die Luft, die rauchgeschw ngert war und rapide hei er wurde. Alles in mir schrie danach, Li endlich aus der Gewalt des Verr ckten befreit zu sehen, aber ich war v llig hilflos. Hinter meinen Schl fen h mmerte es, der Zellaktivator sandte Gluthitze aus, vom Krish’un kamen beruhigende Vibrationen. Zanargun kauerte sich hinter eine Konsole. Seine Widersacher hatten sich ebenfalls in die Deckung von Aggregaten zur ckgezogen. Der Luccianer hatte die Transfermaschine fast erreicht, sah sich aber konzentriertem Sperrfeuer ausgesetzt. Crest-Tharo rief seinen M nnern Anweisungen zu, gestikulierte heftig, postierte sie st ndig um. Er war abgelenkt. Aber nicht lange genug. Er entdeckte Zanargun, als dieser zu einem Spurt ansetzte, um zu dem Kontrollger t zu gelangen und die Schaltungen vornehmen zu k nnen, mit denen er Li aus der Energieblase in f nf Metern H he am Ende der Rampe befreien konnte. »Das ist noch zu fr h! Wir sind noch nicht fertig! « Mit einem schrillen Gel chter schob da Zoltral den Regler f r die Leistungseinstellung bis zum Anschlag hoch. Die Endstufe! Er hat den roten Knopf gedr ckt. Ich zerrte an meinen Fesseln. »Nein! Li! « Ich wollte noch mehr sagen, aber da traf mich ein greller Blitz aus ihren Augen - unvorbereitet und mit voller Wucht. Sie hat mich geblendet!, dachte ich, und der Extrasinn f gte hinzu: Hat sie das vielleicht von Anfang an getan? Waren es elektrostatische Aufladungen, die Li umflirrten? Sie schwebte in der Energieblase wie eine berirdische Erscheinung, ein Wesen aus einer anderen Welt. Das wallende Licht, das sie ausstrahlte, nahm stetig an Intensit t zu. Hinzu kam das gleichf rmige Summen der Bewusstseins- Transfermaschine. Es schwoll zu einem Donnern an; allm hlich wurde der Druck in meinem Kopf unertr glich. Was geschieht hier? Sind wir jetzt alle Teil der Maschine? Will sie mir mein Bewusstsein rauben? Oder zerst ren? Das Glei en um Li wurde immer blendender. Ich konnte sie nicht mehr erkennen, ihre Konturen verschwammen in der grellen Helligkeit. »Ein gar berirdisch’ Licht schuf ich, und siehe, es ward Leben.« Ulbagimuun zitierte einen seiner weisen Spr che. Dann sackte er zusammen bewusstlos oder tot. Zanargun konnte ich nicht ausmachen, aber auch da Zoltrals Leute hatten unter dem mentalen Druck zu leiden. Einer oder zwei k mpften noch darum, auf den Beinen zu bleiben, die anderen lagen schon reglos ausgestreckt da. Das ist die Nebenwirkung der Schockfront, die der Kern der Bewusstseins-Transferanlage ausschickt. Sie arbeitet mit Psi-Materie, auf jeden Fall aber im UHF-Bereich des hyperenergetischen Spektrums! Auch ich hatte darunter zu leiden, wenngleich wegen meiner Mentalstabilisierung oder auch wegen des Zellaktivators am geringsten von allen. Der Krish’un bewegte sich auf meinen Schultern, schien zu verkrampfen. Ich f hlte mich ganz seltsam, als sei mein K rper meilenweit entfernt, w hrend mein Bewusstsein hier in diesem grellen Universum festsa . Ohne den Zellaktivator h tte ich diese phasenweise auftretenden Bewusstseinsst rungen sicher kaum berstanden. Es ist vorbei!, riss mich der Extrasinn eine Ewigkeit sp ter in die Wirklichkeit zur ck. Ich sch ttelte mich. Irgendwie wurde ich das Gef hl nicht los, dass es noch eine berraschung geben w rde. W tend zerrte ich an meinen Fesseln - und sie gaben nach! Der Schwung der Bewegung trug mich drei, vier Schritte vorw rts. Fast w re ich gestolpert und gefallen. Hatten die Schallwellen die Fesseln m rbe gemacht und dann gesprengt? Denk doch nach! Dann h tten sie wohl lange zuvor deine inneren Organe. zu Staub zermahlen! Ich hatte die Kommentare des Extrasinns schon richtig vermisst. Oder das unheimliche Licht, das von Li ausging? Oder von der Transfermaschine? Ein weiterer Kommentar: wohl eher das. Hier sind Psi-Kr fte am Werk ... Oder hnliche Energien eines h heren Bewusstseins, und dieses Bewusstsein muss sich in Li befinden! Eine andere Erkl rung gibt es nicht! Die wund geriebenen Gelenke brannten, aber ich ignorierte den Schmerz. Meine Sorge galt ausschlie lich Li, und sie hing noch immer in diesem Licht! Nun konnte ich sie aus der Energieblase befreien, die sie an die Maschine fesselte. Dachte ich zumindest. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr. Das ist unm glich, sie sind alle bewusstlos! Ich drehte mich um, und meine Nervenbahnen schienen zu Eis zu gefrieren. Nevus Mercova-Bans gl serner Sarg hatte sich ge ffnet, und der angeblich Tote erhob sich langsam daraus. Da hast du deine berraschung!, stellte der Extrasinn lapidar fest. Nevus Mercova-Ban .,. der Zeut-Lemurer, dessen Leben zu dem meinen geworden war. Der vor ber 50.000 Jahren gestorben war. Den man konserviert oder mumifiziert und in einen Sarkophag gebettet hatte. Er erinnerte mich an einen Zombie, an einen der »lebenden Toten«, denen ich im 19. Jahrhundert alter Zeitrechnung auf der Insel Haiti begegnet war. Seine hochgewachsene, schlanke, fast d rre Gestalt wirkte zus tzlich ausgemergelt. Die Augen lagen in tiefen H hlen, ihr Blick ging ins Leere, und die Bewegungen des Wissenschaftlers hatten nichts Menschliches mehr an sich. Ruckartig und irgendwie ziellos arbeitete sich der Tamrat aus dem Sarg. V llig entgeistert starrte ich ihn an. »Nevus ...« Er war tot, gestorben vor 50.000 Jahren, und jetzt lebte er wieder? Er h rte mich nicht, nahm mich zumindest nicht zur Kenntnis. Ich wartete auf einen erl uternden Kommentar des Extrasinns, aber auch der schien sich noch keinen Reim auf das machen zu k nnen, was hier vor sich ging. Fragen ... R tsel... Ph nomene. Die zu gegebener Zeit zu kl ren waren. Jetzt galt mein Interesse nicht den Toten, sondern den Lebenden. Ich torkelte weiter, wollte zu Li. Ihr galt mein ganzes Denken und Handeln. Welche Auswirkungen hatten diese Ereignisse auf sie gehabt? Diese ... unerkl rliche Kraft, die alle anderen au er mir ausgeschaltet hatte? Li wurde von keinem Zellaktivator gesch tzt, hatte die ganze Wucht der Entladung ber sich ergehen lassen m ssen. Falls sie diese Lichtexplosion nicht selbst herbeigef hrt hat, gab der Logiksektor zu bedenken. Im brigen bin ich der Meinung, dass diese Maschine zerst rt werden muss. Ceterum censeo Catharginem esse delendam - Catos des ˜lteren stehender Schlusssatz der Senatsreden ber die Zerst rung Karthagos. Der Extrasinn hatte mit seiner Abwandlung nat rlich Recht. Die Transfermaschine, Mercova-Ban ... beides war im gro en Rahmen wohl wesentlich wichtiger als ein Einzelschicksal. Aber ich liebte Li. Aus ganzem Herzen. Ich taumelte eher zu ihr, als dass ich ging. Der Weg kam mir so weit vor, fast endlos. Sie hing noch immer schlaff in dem Energiefeld, schwebte aber langsam heran, bis ihre F e schlie lich die Rampe ber hrten. Wie eine Marionette hing sie an unsichtbaren F den da. Wenigstens war das unnat rliche, unerkl rliche Licht erloschen. Ich hob die Arme, um sie an mich zu ziehen, fl sterte mehr oder weniger sinnlose Worte. »Es ist vorbei, wir haben es berstanden ...« Mein Logiksektor hatte mich nicht gewarnt, meine Instinkte hatten mich nicht misstrauisch gemacht. Nicht umsonst hie es, dass Liebe blind macht. Offensichtlich war das Fesselfeld, das Li hielt, ausgeschaltet worden. Ihr Hieb traf mich v llig berraschend und unvorbereitet. Ich konnte gerade noch den Arm hochrei en, um dem Schlag die gr te Wucht zu nehmen. Der zweite traf mich an der linken Schl fe, dann ein Tritt zwischen den Beinen. Ich fiel auf die transparente Rampe, drohte hinabzurollen. Li stand wie eine Furie ber mir. Ihre Augen blitzten wieder, diesmal aber anders. Der Ausdruck in ihrem v llig verzerrten Gesicht machte mir Angst. Das war nicht mehr die Frau, die ich kannte. Und liebte. Ich schnellte zur ck, rappelte mich auf. Weiterhin trafen mich gnadenlos ihre Schl ge. Ich z gerte, nur kurz, aber doch viel zu lange. Dann schlug ich zur ck. Das alles hat dich mehr Kraft gekostet, als du gedacht hast, stellte der Extrasinn n chtern fest. Oder h rte ich eine Spur Ironie aus den Worten heraus? Verzweifelt versuchte ich, ihre Schl ge abzuwehren. Sie arbeitete mit perfekter
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12 K lte und Technik. Wie ein ausgebildeter Killer ... Ihr Gesicht war noch immer eine grausame Fratze. Jetzt war nichts mehr von all der Liebe und Anmut, die ich von ihr kannte, in ihren Z gen. Sie wei nicht, was sie tut! Die Transfermaschine hat sie v llig verwirrt! Irgendwie kam mir die Erkl rung des Logiksektors hilflos und unschl ssig vor. »Li, erkennst du mich nicht? Wir m ssen hier raust Da Zoltral ist v llig verr ckt geworden. Ich bef rchte, er hat die Transfermaschine berlastet! Sie kann jeden Augenblick hochgehen! Keine Ahnung, wie viel Zeit uns noch ...« Ein besonders gemeiner Haken traf mich am Kinn. Ich versuchte es mit einer sanften Dagorattacke, die den Gegner so schonend wie m glich bewusstlos machen sollte. Aber sie schien ber Berserkerkr fte zu verf gen; ohne M he parierte sie meine Schlagabfolge. Das infernalische Tosen der Bewusstseinsmaschine schwoll in Intervallen auf und ab. Der L rm brachte mich fast um den Verstand. Dann brach Li, ohne dass ich sie ber hrt hatte, zusammen. Das war f r mich der endg ltige Beweis, dass sie nicht Herrin ihrer Sinne war. »Warum tust du mir das an ... Herr ... Samkar ...? « Sie fl sterte nur, aber ich konnte sie gut verstehen. Samkar? War das des R tsels L sung? Die Erkl rung f r ihr seltsames Verhalten in einigen Situationen? Es passt! Denke doch an Lis r tselhafte Worte auf Acharr! Unendliche Schw rze um mich herum ... Eine riesige Walze, kobaltblau ... K lte, die nicht von dieser Welt sein kann ... kein Leben im blichen Sinn ... Alles passt zusammen, ehemaliger Ritter der Tiefe und Beauftragter der Kosmokraten! Bevor ich weitere Schlussfolgerungen ziehen oder der Logiksektor weitere Hinweise geben konnte, war Li wieder auf den Beinen. Angriffslustig blitzte sie mich an. »Gib auf! Gegen mich hast du keine Chance! Ich muss einen Befehl ausf hren!« Ich wich ihren wahrhaft m rderischen Hieben aus, wirbelte herum, lief, was das Zeug hielt, floh die Rampe hinab. Ich k nnte sie t ten. Vielleicht. Aber das wollte ich nicht. Ich hatte schon einmal eine Frau t ten m ssen, die ich von ganzem Herzen liebte. Nicht noch einmal!, schwor ich mir. *Wir hatten uns aus dem Zentralbereich der Station entfernt, das weit verzweigte Gangsystem der Anlage erreicht. Es schien nur uns beide zu geben, Li und mich. Kharag hielt sich weiterhin heraus, und meine sowie da Zoltrals Leute hatten reglos auf dem Boden gelegen, als ich sie zum letzten Mal gesehen hatte. Offensichtlich hatten nur Li und ich die unerkl rliche Aktion der Bewusstseins-Transfermaschine berstanden. Lis Schritte hallten dicht hinter mir. Mehrmals hatte ich geglaubt, sie abgesch ttelt zu haben, aber sie hatte immer wieder zu mir aufgeschlossen. Ich blieb stehen. Mir war schon seit geraumer Zeit klar, dass ich mit dieser sinnlosen Flucht nur das Unvermeidliche hinausschob - ich scheute jedoch die endg ltige Konfrontation. Du f rchtest dich davor!, stellte der Extrasinn zutreffend fest. Ich nickte, drehte mich um und wartete, bis ich Li hinter mir ausmachen konnte. Sie blieb abrupt stehen, als sie mich sah, baute sich dann mit leicht gespreizten Beinen auf und winkelte die Arme an. »Denk nach! «, sagte ich eindringlich. »Wer erteilt dir Befehle? Du bestimmst ber dich selbst, niemand gebietet ber dich! « Ich sah ihren Sprung nur ansatzweise. Der unmittelbar anschlie ende Hieb h tte mir das Genick brechen k nnen. So langsam musst du dich wohl mit dem Gedanken abfinden, dass sie dich wirklich t ten will. »Du hast ja keine Ahnung! « Lis Stimme war die reinste Hysterie. Sie hallte kreischend durch den Gang. »Mein Herr steht auch ber dir. Ihn gibt es schon seit Beginn des Universums. « Samkar, dachte ich. Wo waren wir berhaupt? Mein fotografisches Ged chtnis blieb die Antwort nicht lange schuldig. Genau hier hatte unsere Gruppe sich geteilt, um ihr Heil in der Flucht zu suchen. Der Fluch des perfekten Erinnerungsverm gens brach unvermittelt ber mich herein. In meiner Vorstellung wurden Schreie und Kampfger usche lauter. Hier hatte Li mir das Leben gerettet. Meine Li. »Ich kann nicht glauben, dass du so skrupellos bist! Du hast mir oft genug bewiesen, dass du .mich liebst! « Meine Worte schienen sie nur w tend zu machen. »Liebe! Eine leere Phrase! So nichtig und klein im Vergleich zu seiner Macht. Soll ich alles aufgeben f r so ein unwichtiges Gef hl? Es macht nur verletzlich. Sieh dich an! Du wagst es nicht einmal, gegen mich zu k mpfen! Ist dein Dasein so klein im Gegensatz zu meinem, oder was hindert dich daran? « Sie hatte Recht. Es war mir nicht m glich, sie ernsthaft zu verletzen oder gar zu t ten. Im Moment begn gte ich mich damit, sie abzuwehren, was mich schon Kraft genug kostete. Mehr, als dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Ein Ende? Wie sollte es aussehen? Ich wollte mit Li diese Stahlwelt verlassen, mein Leben mit ihr verbringen. Meine Pl ne f r die Zukunft ergaben nur mit ihr Sinn. Ich konnte doch nicht eigenh ndig meine Tr ume zerst ren! Meine Tr ume von einem Leben mit Li ... »Erinnere dich an Krantar! «, zischte sie. »Er hat gef hlt, dass ich anderes vorhabe. Dieser l stige Primat ... ihn werde ich auch noch erledigen! « Meine Muskeln schmerzten schier unertr glich, w hrend sie der Kampf nicht die geringste Kraft zu kosten schien. Wie lange wich ich ihr schon aus? Mir kam es wie eine halbe Ewigkeit vor. In einem anderen Leben hatte ich sie geliebt, aber die Frau, die mir nun gegen berstand, hatte nichts mehr mit der Li gemeinsam, die ich gekannt hatte. Eine unbegreifliche Macht hatte von ihr Besitz ergriffen. Ich sp rte ein sanftes Vibrieren unter den F en. Die Ersch tterungen, die von der Bewusstseins-Transfermaschine ausgingen, bertrugen sich mittlerweile auf die gesamte Anlage. »Hier fliegt gleich alles in die Luft! Wir m ssen verschwinden! Du willst mich unbedingt t ten ... aber willst du auch sterben? « Irgendwie brachte ich sie damit aus dem Konzept. Meine Sorge um sie schien ihr unheimlich zu sein. »Der Humor wird dir noch vergehen! Meine Befehle sind ein ...« Ein markersch tternder, lang anhaltender Schrei bert nte den Rest des Satzes. Ich fuhr herum. Das Gebr ll kam aus den weitl ufigen Gehegen der Bio-Arcologys. »Schluss jetzt! «, rief ich. Ich hatte genug von Angst und Schreien. Und ich hatte Li genug Gelegenheit gegeben, ihr Verhalten zu berdenken. Ich vollendete die Bewegung, aber anders, als Li gedacht hatte. Unvermittelt stand ich vor ihr. Bevor sie reagieren konnte, traf mein Fu ihre Kniekehle. Wie aus weiter Ferne vernahm ich ein h ssliches Knacken. Li knickte ein, fiel jedoch nicht. Der n chste Tritt traf sie an der Schl fe. Einen Moment lang schienen ihre Augen aus den H hlen zu quellen, dann schloss sie die Lider. Ich wollte sie nicht t ten, aber ich musste sie ausschalten, bevor sie mich t tete. Was geht in ihr vor?, fragte ich mich. Ich wollte dieses Geheimnis unbedingt ergr nden; gleichzeitig hatte ich abgrundtiefe Angst davor. Ich hatte den Dagor- Tritt so genau berechnet, wie es mir m glich war. Ich hoffte, sie damit nicht get tet zu haben, auch wenn ich diese M glichkeit nicht endg ltig ausschlie en konnte, aber sie w rde auf jeden Fall bewusstlos zusammenbrechen. Aber ... sie sch ttelte sich nur, drehte sich um und floh! Ich z gerte einen Augenblick lang, dann setzte ich ihr nach. *Vor mir breiteten sich die unz hligen Gehege der Bio-Arcologys aus. Die Wesen darin wirkten unruhig; sie sp rten die Gefahr, die von der Anlage ausging. Mich berkam tiefes Mitleid. Die Gesch pfe waren in ihren Einfriedungen hilflos dem Untergang geweiht. Sollte die Station tats chlich zerst rt werden, w rden sie alle sterben. Ihrer kreat rlichen Angst verliehen sie mit animalischem Geschrei Ausdruck. Es wurde immer lauter. Die Ger uschkulisse kam mir unertr glich vor. Wo war Li? In diesem Chaos w rde ich sie niemals finden... Wenn sie es nicht wollte. »Du kannst dem allen ein Ende machen, Arkonide«, erklang die vertraute Stimme hinter mir. »Das sind ver ngstigte Tiere, die um das bisschen Existenz betteln, das sie hier fristen. Lass es uns beenden. Lass. uns alles beenden und ...« Sie hielt einen Kombistrahler in der Hand; offensichtlich hatte sie ihn irgendwo gefunden und mitgenommen. Langsam, fast l ssig, hob sie die Waffe und richtete sie auf mich. Ihre Stimme klang fast bedauernd. »Leb wohl, Atlan!« Aber bevor sie schie en konnte, erf llte ein donnerndes Dr hnen die Luft. Es schien von berall zugleich zu kommen. Die Welt um mich herum erbebte. Schwere Deckenverstrebungen st rzten herab, verfehlten Li und mich nur knapp. Ich wollte nicht mehr k mpfen. Ich war zu best rzt ber die Waffe, die auf mich gerichtet wurde. Ich war nur noch m de und ersch pft. Eine graue Mauer t rmte sich um mich auf, Staub quoll in meine Lungen. Unertr glicher Hustenreiz qu lte mich. Durch mein rechtes Bein schoss ein brennender Schmerz. Ich verlor in den undurchdringlichen Wolken jede Orientierung. Die Vibrationen haben alles zum Einsturz gebracht! Ein Wunder, dass wir noch leben. Das vielstimmige Geschrei war leiser geworden. Nur noch wenige Gesch pfe hatten die Kraft, um Hilfe zu rufen, oder was auch immer ihre Schreie bedeuteten. Mein Bein schmerzte f rchterlich, allerdings hatte ich genug Erfahrung mit solchen Verletzungen, um zu wissen, dass es nicht gebrochen war. Nur eine Prellung. L stig, aber ich kann noch gehen. Zerbrochene Kunststoffquader und Stahltr ger schichteten sich drohend um mich auf. Ich versuchte, sie zu bewegen, aber es war aussichtslos. Ich war versch ttet. »Zanargun! «, rief ich. »Hallo! H rt mich jemand?« Meine Stimme verhallte an den Quadern. Sie isolierten mich von der Au enwelt. Wo war Li? Sie musste mich f r tot halten, oder sie h tte nachgeholfen. Es hatte keinen Sinn, ber das Warum und Wieso nachzudenken. Ich konnte es nicht ndern, sie musste dem Bewusstseinstransfer zum Opfer gefallen sein. Ihr Geist hatte den K rper verlassen. Wohin war er gegangen? War Li f r mich f r immer verloren, oder gab es noch den Hauch einer Chance, ihr wirkliches Ich zu finden? Wer oder was beherrschte sie jetzt? Ein Kratzen und Scheuern drang durch die Menge der Bl cke zu mir. Jemand hatte mich gefunden und versuchte, sich zu mir durchzuk mpfen. Ich
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13 muss meinem potenziellen Retter helfen, allein schafft er es nicht! Mit letzter Kraft dr ckte ich gegen den rauen Kunststoff. Ich f hlte, dass der Quader langsam nachgab. Ein frischer Luftzug wehte mir ins Gesicht. Ein weiterer Brocken hatte meinem Druck nachgegeben; polternd fiel er auf der anderen Seite hinab. Staub wallte auf, Partikel tanzen im Licht einen unwirklichen Reigen. »Vorsicht, da kommen noch mehr! « Ich hatte meine Warnung gerade noch rechtzeitig ausgesprochen. Eine ganze Mauer wurde instabil und brach mit lautem Get se und in einer gewaltigen Staubwolke nach vorn weg. Erstaunt starrte ich dem Affenmenschen, den ich Krantar genannt hatte, ins pelzige Gesicht. Die Lethargie in seinen Augen war einem k mpferischen Ausdruck gewichen. Er hatte verstanden, was hier passierte. Der Tod seiner Leidensgenossen hatte ihn tief getroffen. Die Wut auf seinen Gesichtsz gen konnte die Trauer, die er empfand, nicht berdecken. Wieso hilft er mir?, dachte ich. Nur, weil ich ihn gestreichelt, ihm seine Paralyse genommen, ihm ein wenig Zuwendung gegeben habe? Vielleicht war ich das erste Wesen berhaupt, das ihn wie ein denkendes, f hlendes, leidendes Gesch pf behandelt hat! Einen Moment lang drohten mich Erinnerungen zu berw ltigen. Krantar ... Pl tzlich versp rte ich Angst vor einer Duplizit t der Ereignisse, die ich auf jeden Fall verhindern wollte. Dann ergriff ich die dargebotene Hand, und er zog mich kraftvoll aus den Tr mmern. Ich schrie leise auf. Ein stechender Schmerz fuhr durch mein Bein. Es war wohl doch schlimmer, als ich vermutet hatte. Mein Kampfanzug war von den scharfen Kanten der Tr mmer kaum besch digt worden. Ihm hatte ich es zu verdanken, dass ich nur Prellungen, aber keine Schnitte erlitten hatte. Dennoch brannte der Schmerz in meinem Bein wie Feuer. Aber ich lebte! Viele andere hatten hier den Tod gefunden. Klagende Laute schwebten in der Luft. Die Versuchstiere trauerten um ihre Gef hrten. Krantar sah mich an. »Ich danke dir, mein Freund. Ich wei nicht ...« Das affen hnliche Gesch pf gestikulierte wild und wies dabei in eine bestimmte Richtung. Ich verstand. »Sie ist zur ckgegangen. Li will wieder zu dieser H llenmaschine. Jetzt habe ich eine Aufgabe, einen Befehl. Ich werde sie aufhalten.« Ich ignorierte die Schmerzen im Bein. Der Gang, der mich zu Li f hren w rde, war noch passierbar. Nur einige Kunststoffquader hatten sich aus der Decke gel st. Staub rieselte aus Rissen, die sich in viele Richtungen ver stelten. Sie wurden immer l nger, und es wurden auch immer mehr. Die Zeit lief uns davon. Die Vibrationen der Maschine nagten weiterhin an der gesamten Stahlwelt. »Wie lange noch?« Ich wusste nicht, ob Krantar mich verstand, aber ich sprach auch mehr zu mir selbst. Die Gestalt des Primaten war im dunklen Labyrinth der G nge verschwunden. Kleine Fragmente l sten sich von der Decke und fielen vor mir auf den Boden. Wie lange noch? Ein Schatten huschte an mir vorbei. Der Schlag traf mich unvermittelt am Kopf. Noch w hrend ich zusammenbrach, wurde mir klar, was geschehen war und geschehen w rde. Meine Gedanken waren seltsam unbeteiligt. Noch eine Sekunde, und es ist vorbei. Dann wird es dunkel werden... 7. Nur langsam kehrten die Gedanken zur ck in die nachtschwarze, sternenlose Ein de, die mein Geist war. Wie lange war ich ohnm chtig? Warum kann ich meine Arme und Beine nicht bewegen? Noch langsamer wurde mein Blick wieder klar. Hatte ich zuvor verschwommene Helligkeit gesehen, nahm ich nun kristalline wahr. Ich war von Licht umgeben, schwamm darin. Meine Halsschlagader pulsierte fast schmerzhaft; der Aktivatorchip leistete ganze Arbeit. Dann vernahm ich auch Ger usche: Ein leises Flirren, das mir sehr bekannt vorkam, umgab mich. Die BewusstseinsTransfermaschine. Sie funktioniert noch. Vielleicht ... Verschwommen machte ich eine Gestalt am Schaltpult aus. Als h tte sie meinen Blick registriert, sah sie zu mir hoch. »Eigentlich trifft es sich ganz gut, dass du noch lebst. Dein K rper kann mir gute Dienste leisten. Wenn ich ihn bernehme, kann ich vielleicht deine Macht und Unsterblichkeit erlangen. Und die Macht ber die Station. Das alles hier gibt mir unendlich viel Macht. Ich kann vielleicht sogar so werden wie er.« »Wie wer?«, fragte ich. Etwa der Roboter? Mir wurde wieder voller Entsetzen bewusst, dass diese Gestalt nicht mehr meine Li war. Ich hatte mit meiner Vermutung Recht gehabt. Ihr Geist war an einem anderen Ort. Verzweifelt wurde mir klar, dass ich nicht einmal wusste, wo ich die wahre Li suchen sollte. Oder wie ich diese Suche berhaupt in die Wege leiten konnte. Auch ihre Bewegungen waren v llig anders als die der Li, die ich gekannt hatte. Nicht mehr elegant und flie end, sondern ruckhaft und ungelenk, fast, als bef nde sich ein fremdes Bewusstsein in ihrem K rper, das sich erst an ihn gew hnen musste. »Bei dir fange ich mit der h chsten Einstellung an. Du wirst sehen, es tut fast gar nicht weh. Und dann wird dein Geist verwehen, vielleicht in diesen behaarten Idioten. Deinen Affenfreund.« Ihr h misches Lachen schnitt aus mir den letzten Rest von Zuneigung heraus, die ich f r diese Frau empfunden hatte. Ich sp rte, wie eine unverst ndliche Kraft ganz in der N he meines Geistes entstand und dann an mir sog. Erinnerungen von dreizehntausend Jahren wurden an die Oberfl che meines Denkens gezerrt und l sten sich schneller wieder auf, als ich sie erfassen konnte. brig blieben fl chtige Bilder, die meisten von Gesichtern. Gesichter von Frauen ... Farnathia ... Karmina ... Amoustrella ... Iruna ... Theta ... Dann verschmolzen sie zu einem einzigen Antlitz, dem Inbegriff der Liebe, Perfektion, Sch nheit und Sehnsucht ... zumindest f r mich. »Mirona«, fl sterte ich. Mirona Thetin, Faktor I der Meister der Insel, die im Jahr 2406 durch meine Hand gestorben war. Die ich hatte t ten m ssen, um die Menschheit und den Geschichtsverlauf, wie ich ihn kannte, zu retten. Narr!, peitschte die Stimme des Extrasinns. Mir fiel auf, dass sein Vokabular wieder einmal sehr beschr nkt zu sein schien. Wenn du dich jetzt in Erinnerungen fl chtest, bist du verloren! Konzentriere dich auf die Gegenwart! Ein Wirbel entstand in meinem Kopf. Ich war mentalstabilisiert, verf gte ber einen aktivierten Extrasinn. Die Transfermaschine konnte mein Bewusstsein nicht erreichen, ich konnte von ihr nicht manipuliert werden. Aber ich konnte unter dem Druck zusammenbrechen. Sie konnte mich irrsinnig machen, in den Wahnsinn treiben. »Das wird dir nicht helfen. Meinen K rper bekommst du nicht. Du m sstest es wissen, ich habe es Li gesagt. Sie wei es! « Die Frau in Lis K rper starrte mich mit leeren Augen an. Li war nicht mehr sie selbst, irgendetwas in ihr war zerbrochen. »Li hat es mir leider nicht verraten, bevor sie ... ging«, antwortete sie dann. »Aber ich stehe noch ganz am Anfang. Diese wunderbare Maschine verf gt noch ber ein paar Reserven. « Der Wirbel in mir schwoll zu einem Orkan an. Ich behielt zwar das Bewusstsein, aber fr her oder sp ter w rde irgendetwas geschehen. Lange w rde ich dieser gewaltigen Kraft nicht widerstehen k nnen. Sie w rde zuerst meinen Geist zerrei en und dann meinen K rper. Ich w rde sterben. Und wenn ich Gl ck hatte, w rde ich zu diesem Zeitpunkt schon derma en irrsinnig sein, dass der Gedanke an den Tod mir nichts mehr ausmachte. Meditiere. Dagor. Zen. Du kennst die Techniken. Sch tze deinen Geist, verst rke deinen Monoschirm, fl chte auf eine andere Bewusstseinsebene. Mein Extrasinn hatte gut reden. Das Chaos in meinem Kopf machte es mir so gut wie unm glich, in irgendeine Meditationsphase einzutreten. Erinnerungen eines anderen Lebens zerfetzten jede Konzentration, die ich aufgebaut hatte. Ich schloss die Augen, verbannte die Gegenwart und kehrte zu Erinnerungen von Momenten des Gl cks zur ck. Zu den innigen Umarmungen, zu der Leidenschaft, die ich mit Li erlebt hatte. Sie war in mir, so, wie ich in ihr war, in jeder Faser meines Seins. Die Trauer um sie war so, gewaltig, so furchtbar, dass ich aufschrie. »Nein, du lebst! Du bist hier irgendwo! Und ich werde dich finden! « Ich konnte nicht mehr zwischen dem Schmerz der Trauer und dem beginnenden Wahnsinn unterscheiden. Mein K rper b umte sich auf. Gewaltige Energieentladungen schienen durch ihn zu zucken; es konnte nicht mehr lange dauern. Durch einen Tr nenschleier sah ich die Gestalt, die einmal Li gewesen war. Sie stand mit erhobenem Arm an der Armatur. Wie vor ein paar Stunden Crest-Tharo da Zoltral. Oder waren es Tage gewesen? Zu viel war passiert, ich war nicht mehr imstande, den Fluss der Zeit einzusch tzen. Und hinter ihr sah ich... Ich kniff die Augen zusammen. T uschte ich mich, spielte das Licht, das mich einh llte, mir einen Streich? Bunte Schlieren durchwebten meine Erinnerungen, Sterne und Galaxien zogen an mir vorbei. Ich war ein passiver Zuschauer, betrachtete mich aus der Ferne. Mein K rper f hlte sich an wie ein sich aufbl hender Stern. Sterben in einer Supernova. Und diesen Ort des Grauens nehme ich in meinem Feuerball mit. In einem Moment absoluter Klarheit ber meine Situation ffnete ich die Augen. Ein letztes Mal wollte ich ihr noch ins Gesicht sehen. Aber ich sah ... eine Bewegung hinter ihr, einen pelzigen Schemen, der sich im n chsten Moment schon wieder hinter eine Konsole kauerte. Li - oder das Gesch pf, das jetzt in ihrem K rper hauste - stand noch immer an der Steuerarmatur, bemerkte meinen Blick. »Sieh genau hin, Arkonide, ich werde dich gleich bernehmen. Geh weg, Alter! « Mit einem festen Sto fegte sie Nevus Mercova-Ban von der Maschine. Der Greis musste sich m hsam bis dorthin gearbeitet haben. Nun wankte er, mehr tot als lebendig, wieder von ihr zur ck. Dann wieder eine Bewegung. Etwas blitzte auf, jemand stie einen lauten Schrei aus, nein, einen Ruf. Ich vernahm gutturale Laute, die eindeutig W rter bildeten. Ihre Bedeutung blieb mir unklar, aber ich erkannte die Stimme. Krantar! »Du Bastard, ich h tte dich besser ...« Lis Stimme verhallte, und sie st rzte zu Boden.
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14 *Ich b umte mich in dem Licht auf, zerrte an den unsichtbaren Fesseln, die mich f nf Meter ber dem Boden hielten, w hrend mein Geist von Erinnerungen berschwemmt wurde. Ein Primat. Ein Speer. Eine wunder sch ne Frau. »Nein«, fl sterte ich, »nein ...« Ein Speer, der sich in ihre Brust bohrt. H nde umklammern den Schaft. »Nein ...«. Ein Speer, geworfen von meiner eigenen Hand... »Nein! Nicht schon wieder ...!« Eine Frau, die zusammenbrach. Blut, das aus ihrem Mund quoll. Ihr m hsames Murmeln: »Ich h tte dich t ten k nnen ...« Und sie dr ckt den roten Knopf. Der Abwehrschirm des Transmitters entsteht genau dort, von wo aus ich den Speer warf. Sie hat ihre Gelegenheit nicht genutzt... Mirona ...! »Nein«, fl sterte ich. »Nicht Mirona ...« »Li!« Der Schrei hallte nachtschwarz durch die Halle mit der Bewusstseins-Transfermaschine. In ihm lag eine solche Verzweiflung, vielleicht auch ein solcher Hass, dass ich mich fragte, ob der Mann, der den Aufschrei ausgesto en hatte, noch bei Sinnen war. Ich bezweifelte es. Der Ton hing einen Moment lang gellend in der Luft. Dann kippte er, berschlug sich und klang noch verzerrter. Er schien nicht mehr von einem humanoiden Wesen zu stammen, von gar keinem Lebewesen mehr. Er kam mir vor wie personifizierter, Ger usch gewordener Wahnsinn. »Li ...!« Sie war zusammengebrochen, und ein Speer ragte aus ihrem Oberk rper. Krantars Speer. Der Affenmensch hatte getan, was er nach allem, was seine Intelligenz und sein Instinkt ihm sagten, hatte tun m ssen. Er hatte den Feind, der ihn gepeinigt hatte, get tet. Seltsame Laute drangen aus seiner Kehle, ein auf- und abschwellendes Jaulen. Ein ritueller Totengesang, zu Ehren des Besiegten. Li r hrte sich nicht. Fassungslos wurde mir klar, dass ihr K rper endg ltig verloren war. Der Geist verweht, der K rper zerst rt... Und du wirst auch bald verloren sein, wenn du nicht endlich in die Gegenwart zur ckfindest!, versuchte der Extrasinn zu retten, was noch zu retten war. Die Transfermaschine l uft auf Hochtouren, und ihre letzte Einstellung raubt dir deine gesamte Lebenskraft. Ohne Aktivatorchip w rst du schon l ngst tot! Ich weigerte mich, die Worte des Logiksektors zur Kenntnis zu nehmen. Meine Gedanken galten einzig Li. Nicht mehr lange, und vielleicht sehe ich dich dann wieder... Pl tzlich gaben die unsichtbaren Fesseln nach, die mich gehalten hatten, und ich st rzte aus dem Energiefeld auf die Rampe. Ich schrie gellend auf, als ich ausgerechnet auf das verletzte Bein prallte und mehr als f nfzehn Meter weit die geneigte Fl che hinunterrollte. Am Rampenfu rappelte ich mich m hsam auf. Vor mir stand ein von Haut berzogenes Skelett, ein lebender Toter. Gl hende, tief in den H hlen liegende Augen musterten mich mit einem Blick, den ich nicht einsch tzen konnte. Flackerte Wahnsinn darin, oder erkannte ich tats chlich Mitgef hl? Nevus Mercova-Ban! Dessen Leben ich gelebt hatte... Endlich, raunzte der Extrasinn. Endlich besch ftigst du dich auch mit einigen nebens chlichen Fragen. Zum Beispiel, warum der alte Lemurer sozusagen von den Toten auferstanden ist. Warum deine gro e Liebe einen Roboter beschreibt, bei dem es sich wohl um den Kosmokratenbeauftragten Samkar handelt. Ich verstehe ja, dass es dich nicht interessiert, wann die Stahlwelt endg ltig in die Luft fliegt, aber... Solch einen Disput hatten wir schon mehr als einmal gef hrt. Hast du schon einmal geliebt?, dachte ich, obwohl ich wusste, welche Antwort ich darauf erhalten w rde. Schallendes Gel chter. Der nach f nfzigtausend Jahren ins Leben zur ckgekehrte Lemurer konnte sich kaum auf den Beinen halten, aber offensichtlich war es ihm gelungen, das Fesselfeld auszuschalten und mich aus der Anlage zu holen. »Danke! « Meine Stimme war ein undeutliches Kr chzen, aber Nevus schien mich verstanden zu haben. Er verzog das Gesicht. Die Geste kam mir wie ein L cheln vor. Irgendwie wirkte sie vertraut. Ich drehte mich zu der Transfermaschine um, st hnte laut auf, als ich das verletzte Bein belastete und ein hei er Schmerz bis in meine Schulter zuckte. Der nachtschwarze, w rfelf rmige Maschinenblock war noch immer v llig fugenlos und massiv, aus einem St ck gefertigt. Das Schaltpult an dem knorrig anmutenden Aggregat war jetzt durch einen Energieschirm gesch tzt. Ich konnte das Displayfeld darunter nicht ber hren, geschweige denn bedienen. Die Anlage vibrierte mittlerweile so heftig, dass ich bef rchtete, sie k nne jederzeit aus ihrer Verankerung gerissen werden, obwohl ich berhaupt keine ausmachen konnte. Die t dliche Einstellung, die mich bezwingen sollte, w rde fr her oder sp ter in die Selbstzerst rung bergehen. Rote Warndioden blinkten, auf Holodisplays rollten Zahlenkolonnen einen rasenden Countdown. Mein fotografisches Ged chtnis erkannte die lemurischen Symbole und machte mir den Ernst der Lage begreiflich. Uns blieben knapp zehn Minuten, dann w rde das eintreten, was die Ziffern ank ndigten. Der Logiksektor machte sich nicht einmal die M he, mich auf die M glichkeit hinzuweisen, die Maschine k nne sich dann selbstt tig ausschalten, so l cherlich gering war sie. »Wir m ssen hier weg! « Gehetzt schaute ich mich um. Von Krantar war keine Spur mehr zu sehen. Er hatte die Gefahr viel fr her als ich gesp rt. Er hatte auch vor mir die Ver nderung wahrgenommen, die sich in Li vollzogen hatte. Das erkl rte die Aggressivit t, mit der er ihr begegnet war. Mein Blick glitt ber den ausgemergelten Lemurer. Nevus war auf keinen Fall in der Lage, von hier zu fliehen. Und ich konnte ihm nicht helfen. Ich bezweifelte, dass meine Kraft ausreichte, mich selbst in Sicherheit zu bringen. Ein Zeitzeuge, dachte ich unwillk rlich. Ein Relikt aus tiefer Vergangenheit, das tausend Fragen beantworten, Licht in tausend dunkle H hlen bringen kann. Hatten sich wenigstens meine Leute in Sicherheit bringen k nnen? Und Crest-Tharo da Zoltral und seine Schergen? Von ihnen war nichts zu sehen, es hielt sich niemand mehr hier auf. Wo waren sie geblieben? So hilflos wie an diesem Tag war ich selten gewesen. Verzweifelt streckte ich die H nde nach dem Energieschirm aus, aber es war sinnlos, ich konnte ihn nicht durchdringen. Ich hob die rechte Hand, aktivierte den ArmbandBefehlsgeber. Trotz meines fotografischen Ged chtnisses dauerte es eine Weile, bis ich die Zugriffsm glichkeit auf die Transfermaschine fand. Aber sie war vorhanden! Kharag hatte mir in der Tat die Kontrolle ber alle Stationseinrichtungen zugestanden. Ich nahm die n tigen Schaltungen vor - aber die Maschine reagierte nicht! Ihre Vibrationen wurden nicht schw cher, ihr Dr hnen wurde nicht leiser. »Kharag«, zischte ich, »deine eigene Existenz ist bedroht!« Ich hantierte wie von Sinnen an dem Armband, aber an dem Ergebnis nderte sich nichts. Der »point of no return« ist berschritten! Du kannst die durchgehende Maschine nicht mehr herunterfahren! Sie w rde sich in neun Minuten berladen, explodieren und den gesamten Kernbereich der Stahlwelt zerst ren. Kharag wird in einer Supernova vergehen. Neben mir erklang ein St hnen. Nevus! Er kennt die Anlage! Vielleicht wei er Rat! Ich wirbelte zu ihm herum - und ignorierte geflissentlich den Schmerz in meinem Bein. Gerade noch rechtzeitig hatte ich an ihn gedacht. Er taumelte, und ich streckte die Arme aus und konnte ihn im letzten Moment vor einem Sturz bewahren. Kraftlos lag er in meinen Armen. Sein K rper schien gewichtslos zu sein; trotz meiner Schw che bereitete es mir nicht die geringste M he, ihn zu halten. »Du hast mich aus dieser Maschine gerettet«, fl sterte ich, »und ich kann nichts f r dich tun! Wei t du, wie ich dieses H llenger t ausschalten kann? « Er ffnete den Mund, wollte etwas sagen. Seine gesprungenen Lippen bewegten sich, aber kein Ton kam ber sie. Ich lie ihn sanft zu Boden gleiten, kniete nieder und beugte mich ber ihn. Z gernd senkte ich den Kopf, bis mein linkes Ohr fast seinen Mund ber hrte. Nun verstand ich wenigstens einen Teil dessen, was er mir sagen wollte. »Ich ...« War das vielleicht die Rettung? War ihm bekannt, wie man die BewusstseinsTransfermaschine desaktivieren konnte? »Ich wei ...« Dann verstand ich genau, was er sagte, und ich schrie. Und in diesem Schrei lag nicht weniger personifizierter, Ger usch gewordener Wahnsinn als in dem da Zoltrals, den ich geh rt hatte, als meine Begleiter gerade das Transmitterfeld verlie en. »Ich wei «, sagte Nevus Mercova-Ban, »ich wei noch immer nicht... welcher Nettoruna-Jahrgang der bessere ist ... der 1156er oder der 1161er ...« 8. Ich schrie, bis ich keine Luft mehr bekam. Was hatte der Greis gerade gesagt? Das war doch v llig unm glich! Ist es nicht, widersprach der Logiksektor. Das d rfte sogar die Erkl rung daf r sein, wieso er zu neuem Leben erwacht ist! »Das k nnte die Erkl rung sein«, fl sterte ich und schaute dem alten Lemurer in die Augen. Ich sah eine jugendliche Frische, die sein Alter L gen strafte. Der Blick dieser Augen war klar und liebevoll. Ich erinnerte mich... erinnerte mich genau. An einen anderen liebevollen Augenblick ... als wir nackt auf dem Bett gelegen und dar ber gesprochen hatten, welcher ... welcher ... Nettoruna-Jahrgang der bessere war ... der 1156er oder der 1161er... Wir. Li und ich. Nur Li konnte von diesem Gespr ch wissen. Nur sie. Ich hauchte das Wort eher, als dass ich es sprach. »Li ,..?« Konnte das Schicksal so grausam sein und ihren Geist in diesen alten, eigentlich toten K rper verbannt haben? War der Lemurer deshalb erwacht? Weil Li in ihn hineingeglitten war? Aber wann sollte das geschehen sein? Wann? Als Crest-Tharo da Zoltral versucht hatte, sie zu brechen? Und wie? Hatte die Transfermaschine doch funktioniert? Fragen ber Fragen. Aber ich musste die Antworten nicht kennen, um eins zu wissen: Ich wollte mich nicht damit abfinden, sie erneut zu verlieren, diesmal endg ltig und ohne Wiederkehr. Ein schwaches Nicken gab mir Recht. »Nein«, fl sterte ich erneut. Aber es war so. Lis Geist steckte in dem K rper des Lemurers, den ich in den Armen hielt, der mich befreit hatte. Eines Todgeweihten, der ganz offensichtlich 50.000 Jahre in Stasiskonservierung verbracht hatte. Und der nicht berleben konnte, der jeden Augenblick
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15 sterben w rde.... Ich rang um Fassung, wollte Li nicht meine Verzweiflung zeigen. »Ich hole dich da raus! «, fl sterte ich und schaute zu ihrem richtigen K rper, der, von dem Speer durchbohrt, auf dem Boden lag. »Dein anderes Bewusstsein braucht deinen Leib nicht mehr!« Narr!, versuchte der Logiksektor, mich zur Vernunft zu bringen. Woher kommt dieses andere Bewusstsein? Kannst du dir das erkl ren? Es war mir gleichg ltig. Wie weit war es mit mir gekommen? Mich interessierte nur Li; f r sie wollte ich alles versuchen. Sie war noch hier, bei mir! Ich hob den unglaublich leichten, schlaffen K rper hoch, trug ihn zum Ende der Rampe, ber dem sich in f nf Metern H he die Energieblase gebildet hatte, im Spalt zwischen Rampenende und eigentlicher W rfelmaschine, die weitere sieben Meter aufragte. Dort legte ich ihn sanft auf den Boden und lief dann zu Lis leblosem K rper. Ich musste mich beeilen, Nevus’ K rper w rde nicht mehr lange durchhalten. Und ich wollte nicht dar ber nachdenken, was mit Lis Geist geschehen w rde, wenn der K rper des Lemurers starb. Ein heftiger, lauter Vibrationssto erinnerte mich daran, dass die Transfermaschine besch digt war und sich unentwegt mit Energie auflud, die sie nicht weiterleiten konnte. Ich suchte an Lis Handgelenk, am Gelenk der schlanken, gro gewachsenen, rothaarigen Frau, deren Leib von einem primitiven Speer durchbohrt war, nach einem Puls, fand keinen. Ich wirbelte herum zu dem Display an dem kleinen, knorrigen Nebenaggregat, an dem schon da Zoltral und danach das andere Bewusstsein in Lis K rper hantiert hatten. Pl tzlich erlosch die Anzeige und zeigte nur noch den Countdown der berladung, der Selbstzerst rung an. Noch f nf Minuten. Ganz weit entfernt vernahm ich die Stimme des Logiksektors, der versuchte, mir zu raten, der mich zur Flucht dr ngte, aber ich achtete nicht auf sie. Die Tatsache, dass wir alle in wenigen Minuten tot sein w rden, war mir gleichg ltig. Ich sah zu Nevus Mercova-Ban hinauf. Wie lange w rde sein K rper noch funktionieren? Ein lautes Zischen erklang, ein Blitz blendete mich. Funken spr hten. So etwas wie ein Kurzschluss lie weitere Funktionen der Maschine ausfallen. Was ich auch versuchen w rde, jetzt w rde nichts mehr davon angenommen werden. Die Erfahrung von dreizehntausend Lebensjahren konnte mich nicht davor bewahren, meine Verzweiflung und Entt uschung laut hinauszuschreien. Meine ganze Wut ... Verzweifelt stolperte ich zu dem K rper, in dem meine Geliebte eingesperrt war. Ich nahm sie behutsam in den Arm. Das immer schrillere Vibrieren der besch digten Maschine nahm ich nicht mehr wahr. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass wir es nicht mehr schaffen w rden, die Station vor ihrer Zerst rung zu verlassen. »Atlan!« Ich fuhr herum. Zanargun und Ulbagimuun standen am Fu der Rampe, liefen zu mir. Sie waren durch einen weniger in Mitleidenschaft gezogenen Gang zur ckgekehrt. Beide wirkten ersch pft, schienen aber unverletzt zu sein. Zuerst verstand ich gar nicht, was der Dryhane sagte. »Crest-Tharo und seine Leute sind geflohen. Wir haben sie verfolgt. Da Zoltral scheint nicht mehr bei Sinnen zu sein, aber ihre Ortskenntnisse haben sie vorerst gerettet. Sie haben sich in einem von ihnen gesicherten Raum ganz in der N he verschanzt und schie en auf alles, was sich n hert. « Ulbagimuun zuckte mit den Achseln; in seinem von Runzeln und Falten bers ten Gesicht arbeitete es. »Wir k nnten st rmen, aber dann w rde es Tote geben. Andererseits ist das wohl nicht mehr so wichtig. Sie Werden mit uns sterben. « Er setzte sich auf den Boden und sah zu mir hoch. Seine schlichte philosophische Art hatte mich schon immer fasziniert. Er bte fast eine beruhigende Wirkung auf mich aus. Ich atmete tief durch. Wenn es hier schon zu Ende gehen sollte, dann wenigstens in W rde. Noch eine Minute, bis die Transfermaschine explodieren w rde. »Atlan! «, sagte in diesem Augenblick hinter mir eine andere, mir unbekannte Stimme. Ich fuhr herum. Es musste eine Halluzination sein, oder ich war tats chlich in eine so tiefe Meditationsphase geglitten, dass Ich sie seitdem nicht mehr verlassen hatte. Ein kleiner Humanoide, gerade einmal einen Meter gro , stand dort. Ich kannte ihn nicht, hatte ihn hier in der Station noch nie gesehen. Aber ich wusste, was es mit diesen Gesch pfen auf sich hatte. Die Erinnerungen waren so stark, dass ich sie nicht unterdr cken konnte. Hominide... Humanoide ... Statt weitere Ritter der Tiefe zu weihen, wurden vermehrt andere als Beauftragte der Hohen M chte bestimmt: kleine Hominide und ihre Androiden - Pragmatiker und Techniker, pure Technokraten. In den Augen anderer Helfer der Kosmokraten galten sie als reine Befehlsempf nger, bar jeden Verst ndnisses f r kosmomythologische Zusammen-, h nge. Sie scherte dieser Vorwurf wenig, auch nicht, dass ihre Art abwechselnd herablassend, jovial oder von solch g nnerhafter Weise, als seien sie die eigentlichen Vertrauten der Kosmokraten - vor allem die Ritter der Tiefe h ufig zur Wei glut gebracht hatte. Sie und die menschengro en Androiden waren Beauftragte der Kosmokraten, technokratische Hilfskr fte jener M chte jenseits der Materiequellen, die immer wieder andere Helfer aus diesen unseren Gefilden des Multiversums f r die Erf llung ihrer verschwommenen Ziele heranzogen. Unter anderem auch mich und Perry Rhodan. Bis wir beide ihnen den Dienst und die Gefolgschaft aufgek ndigt hatten. Und diese Humanoiden und Androiden waren auch schon in Omega Centauri aktiv geworden. Unter anderem waren sie auf dem Planeten Shahana in Erscheinung getreten. Schon damals hatte ich mir Gedanken gemacht und Schl sse gezogen, aber keine Zusammenh nge zwischen da Zoltrals Machenschaften und den Hohen M chten der Ordnung ziehen k nnen. Ich konnte noch immer keine ziehen. Geflissentlich ignorierte ich das Toben des Extrasinns. »Mein Herr hat dir etwas zu sagen! «, wandte sich das Gesch pf, von dem nicht einmal bekannt war, ob es nat rlichen oder k nstlichen Ursprungs war, und dessen violette Iris wie lackiert wirkte, an mich. Zumindest hegte ich aufgrund von Lis wirren Schilderungen und vermeintlichen Phantastereien nicht den geringsten Zweifel daran, wer dieser Herr war. Sein Charisma war berw ltigend und das, obwohl er wahrscheinlich gar kein Lebewesen war. Oder vielleicht doch? Seine Gestalt war k niglich. Er war gro , in jeder Hinsicht, wesentlich gr er als ich, und schlank, fast schon hager. Dabei wirkte er beraus sthetisch, wohlgeformt, auch wenn er eindeutig k nstlichen Ursprungs war. Seine H lle bestand aus einem stumpf in einem dunklen Braun schimmernden, weichen Metall. Seine Bewegungen waren geschmeidig. Unter der Substanz, die ihn bedeckte - aus der er bestand -, konnte ich weder Arm- noch Beingelenke ausmachen. An diesen Stellen gab der Stahl des H llenmaterials elastisch nach und erm glichte ihm die volle k rperliche Beweglichkeit. Er war einfach perfekt - bis auf eine winzige Kleinigkeit: Auf dem linken Auge schielte er. Dieser Defekt beseitigte jeden Zweifel, bewirkte, dass ich ihn sofort erkannte. »Samkar«, fl sterte ich. Samkar, Roboter, Diener und Beauftragter der Kosmokraten, ausgestattet mit weitreichenden Befugnissen und einer Macht, von der ich mir nicht einmal ansatzweise Vorstellungen machen konnte. Urspr nglich ein Lebewesen, der wahre Igsorian von Veylt. Mit ungeheurem Aufwand war er in der Kosmokratischen Fabrik in Erranternohre in einen Roboter umgewandelt worden. Er »ging« damals, am 10. November 3587, vor mir »hinter die Materiequelle«; ich wurde mit Laire entmaterialisiert und... Ulbagimuun und Zanargun starrten das Gesch pf stumm an. Auch wenn sie Samkar noch nie gesehen hatten, wussten sie aufgrund ihrer Ausbildung, um wen es sich handelte. Der Roboter ging, ohne mich zu beachten, zu dem Aggregat. Ich starrte auf das Display. Uns blieben noch 35 Sekunden. Samkar streckte beide H nde aus, und ein rotes Licht floss aus den Fingerspitzen, f cherte auf und zuckte zu dem schwarzen W rfel. Die Oberfl che saugte das Licht f rmlich auf. Das Summen der Transfermaschine verstummte, die Vibrationen h rten auf. Es wurde unnat rlich still im Raum. Gem chlich, mit einer anmutigen, flie enden Bewegung drehte Samkar sich zu mir um. Ich brauchte nicht die Hilfe und Hinweise des Extrasinns, um die richtigen Fragen zu stellen. Pl tzlich fielen die Teile des Puzzles an Ort und Stelle. »Warum?« Samkar betrachtete mich. Der Blick seiner Augen kam mir ein wenig erheitert vor. »Warum was?« Ich schnaubte w tend. Dem Roboter war eine Arroganz zu Eigen, die ich berhaupt nicht mochte. »Warum bist du hier? Und warum erst jetzt? Wir . m ssen dich ja sehr am siert haben. Die Arkoniden, die hier gestorben sind. Und Li, die ich verloren habe ...« »Das alles ist kein Zufall« »Damit habe ich auch nicht mehr gerechnet, seit ich den ersten deiner kleinen Helfer sah. Und Li von einem Roboter deiner Bauart sprechen h rte. Du hast Li ein zweites Bewusstsein eingepflanzt, nicht wahr? Schon, als ich sie kennen lernte, war sie nicht mehr sie selbst, oder? « »Das ist richtig«, gestand der Roboter fast desinteressiert ein. »Aber dann kam es zu dem Attentat im Epetran-Museum, bei dem sie verletzt wurde ...« »Ich hatte den Auftrag, Li ein zweites Bewusstsein einzupflanzen. Sie hat es nie gewusst. Ihr normales Wachbewusstsein blieb von alle dem unber hrt. « »Warum? «, wiederholte ich. »Um dich zu beobachten. Das war ihr Auftrag. « Er sagte es, als sei das Erkl rung genug. Das machte mich w tend. Es erkl rte gar nichts. Die ganze Zeit hatte er mit uns gespielt. Mit mir! Nat rlich erhielt auch er seine Auftr ge, aber das bes nftigte mich nicht. »Wir sind nur Randfiguren im gro en Spiel der M chtigen, nicht wahr? « Der Roboter antwortete nicht, zuckte nicht einmal mit den Achseln. »Aber du hast sie untersch tzt«, fuhr ich fort. »Sie kam ihrem zweiten Bewusstsein auf die Spur ...«»Eine Fehlfunktion aufgrund ihrer Verletzung. Sie erinnerte sich an gewisse Dinge und bekam ein paar F higkeiten, die sie zuvor nicht hatte. Aber solche Kleinigkeiten haben dich nicht davon abgehalten, Li mitzunehmen. Sie genoss dein Vertrauen, gewann deine Liebe. « »Und was ist so wichtig an dieser ... Mission? Wieso interessieren die
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16 Kosmokraten sich f r Omega Centauri?« Ein Hauch von Nachsicht trat in seinen Blick. »Du verstehst noch immer nicht, Ritter der Tiefe. « »Du hast versucht, Li zu sch tzen. Du beendest den Countdown der Transfermaschine, um mich zu retten. « Narr!, meldete sich der Extrasinn. Genau darum geht es. Nicht um Omega Centauri, sondern um dich! Samkar sah zu Lis K rper, aus dem noch immer der Speer ragte. Dann kniete er neben ihr nieder und zog die Waffe fast achtlos aus der Wunde. »Ich habe schlecht gearbeitet. Ich habe versucht, Li von Shanana zu holen, um sie in Ordnung zu bringen, aber das misslang. Danach musste ich mich zur ckhalten. Du solltest nichts von meiner Anwesenheit erfahren. Aber aufgrund meiner Manipulation geriet dann hier in der Stahlwelt dein Leben in akute Gefahr. Der Tod war dir sicher. Das durfte nicht geschehen. Ich habe lediglich meinen Fehler korrigiert. « »Warum? «, fragte ich noch einmal. Der Roboter drehte sich wieder zu mir um. »Du wirst noch gebraucht. So wurde es mir mitgeteilt. « Er wandte sich wieder ab, hob Li hoch und trug sie wie ein kleines Kind auf den Armen. Ich konnte nichts dagegen tun. »Wozu? Wann?« »Das wei ich nicht. Ich wei nur... bald. « »Samkar ...« Er drehte sich nicht noch einmal zu mir um. »Samkar, lass sie hier! «, fl sterte ich. Der Roboter der Kosmokraten reagierte nicht. So abrupt, wie er gekommen war, verschwand er auch wieder. Der kleine Humanoide, der stumm zugeh rt hatte, tat es ihm gleich. Dann war alles wieder still. Toten still. 9. H tte ich mir jemals die Macht gew nscht, die Zeit manipulieren zu k nnen, dann jetzt. Die letzten Stunden w rde ich einfach annullieren, aus meiner Biografie l schen. Ich rieb mir mit der Hand ber die Augen. Erst jetzt merkte ich, wie viel Kraft mich die Begegnung mit Samkar gekostet hatte. Der Aktivatorchip arbeitete auf Hochtouren, aber meine seelische Verfassung konnte er nicht beeinflussen. Was konnte ich noch tun? Welche M glichkeiten blieben mir? Ich lachte leise auf. Es war die reinste Ironie. Zuerst hatten die Manipulationen des Roboters der Kosmokraten Li gerettet, dann hatten sie sie mir genommen. Als Li unter der Transfermaschine lag und von Crest-Tharo gefoltert wurde, musste die von Samkar aufgepfropfte Pers nlichkeit Li endg ltig bernommen haben. Li war von einem paramentalen Prozess gerettet worden, den die von Samkar eingegebene Bewusstseinsstruktur erzeugt hatte. Eine andere Erkl rung gab es nicht... Und dann hatte Samkar Li einfach mitgenommen, vermutlich an Bord seines Walzenraumschiffs, vielleicht in die Gefilde jenseits der Materiequellen, um seinen Auftraggebern Bericht zu erstatten... Nein, widersprach der Logiksektor. Er hat Lis K rper und das Bewusstsein mitgenommen, das er Li aufgepfropft hat. Der Geist der echten Li ist nach wie vor in Nevus’ K rper! In dem K rper, den ich noch immer in den Armen hielt. In den Augen des uralten Lemurers erkannte ich Li. Aber sie entfernte sich von mir. Der K rper des Greises verfiel zusehends. Ich hasste Samkar f r seine berheblichkeit. Es w re f r ihn ein Leichtes gewesen, den Prozess umzukehren. Es lag schlichtweg nicht in seinem Interesse, mir zu helfen. Normalsterbliche wie Li waren ihm v llig gleichg ltig, sogar ehemalige Ritter der Tiefe k mmerten ihn nur, wenn sie ihm n tzlich waren. So wie ich. Was hatte er mit seiner Ank ndigung gemeint, ich werde noch gebraucht - und zwar bald? Und was bedeutete bald in den Begriffen der Kosmokraten und ihrer robotischen Diener? Aber das war jetzt unwichtig. Li ... Verzweifelt suchte ich nach einem Weg, einem Weg, der ihren Geist aus diesem sterbenden K rper f hrte. Die Androiden!, dachte ich. Die Androidenk rper, die da Zoltral gez chtet hat! Waren sie eine L sung, zumindest f r den Augenblick? Wenn es mir gelingt, Lis Geist mit der Bewusstseins-Transfermaschine in einen Androidenk rper zu versetzen... Vorsichtig hob ich den Greis hoch. »Atlan ...!« Zanargun stand pl tzlich neben mir, legte eine Hand auf meinen Arm. »Es hat keinen Sinn, hier ist alles zerst rt. Die Maschine funktioniert nicht mehr. Du musst dich der Wahrheit stellen. « »Ich muss es versuchen«, knurrte ich. »Wenn ich jetzt aufgebe, werde ich mich immer fragen, ob es ein Fehler, ob es nicht zu fr h war!« Der Luccianer nickte. Aber ein Blick auf die Schalttafel gen gte, um mir die letzte Hoffnung zu rauben. Die Schaltkreise waren durchgeschmort, es roch nach verbranntem Kunststoff und anderen, undefinierbaren Substanzen. Ich ballte die H nde zu F usten und schlug auf die Display-Oberfl che ein. »Er hat es gewusst! Es war ihm egal, ob meine Li lebt oder nicht! Ihn interessiert nur seine!« »Das steht nicht fest. Er kann auch den berblick verloren haben ...« »Nein! « W tend schnitt ich Zanargun das Wort ab. »Ein Roboter der Kosmokraten verliert nicht den berblick! Verstehst du? Nie!« Ich nahm den erstaunten Blick des Luccianers wahr. Er war es nicht gewohnt, dass ich die Beherrschung verlor. In meiner Wut hatte ich ihn gepackt und gesch ttelt. »Es tut mir Leid, ich wollte nicht ...« Was wollte ich nicht? Alles, was hier geschah, war gewollt! »Schon gut. Wir wissen, was sie dir bedeutet hat. Aber du musst dich damit abfinden dass sie tot ist. « Er verstand nicht! Sie alle verstanden nicht, dass sie in den K rper des lemurischen Tamrats versetzt worden war. Wie sollten sie auch, sie hatten nicht ihre Worte geh rt, nicht in diese Augen gesehen! Die Maschine war durch Lis gnadenlosen Einsatz besch digt und dadurch unbrauchbar geworden. Ich war dazu verdammt, sie sterben zu lassen. Im K rper des alten Zeut-Ellwen blieben ihr noch ein paar Minuten. Ich nahm die faltigen, kleinen H nde des Greises und hielt sie an mein Gesicht. Mit klaren Augen sah Li mich an. Sie wusste es, sie las es in meinem Blick. Leise sprach sie, formte m hsam mit den runzligen Lippen die Worte, die ich von ihr so gern geh rt hatte. »Atlan ... ich liebe dich. Unser Zusammensein war ... war etwas ganz Besonderes. Ich w nschte, wir h tten ... h tten ... mehr Zeit f r uns gehabt...« Ich beugte mich ber den Kopf des Sterbenden, damit mir kein Wort entging. Aber es waren die letzten Worte, die sie zu mir sprach. Ein leichtes Zittern durchlief ihren K rper, der klare Blick brach, dann war es vorbei. Ich bewahrte m hsam meine Fassung. Zanarguns und Ulbagimuuns Augen waren auf mich gerichtet. Die beiden warteten auf meine Anweisungen. Ich trug die Verantwortung f r die Lebenden. Den Toten konnte nicht mehr geholfen werden. Wie gern h tte ich mich hier neben Li gelegt und die Augen geschlossen, um mich zu ihr zu gesellen. Wir h tten uns gefunden, wo immer sie auch war. Den ganzen Ballast, die schwere Verantwortung, alles hinter mir lassen und federleicht davon gleiten ... Du wei t, sie warten auf dich. Sie brauchen dich! Der Extrasinn. Ja, sie brauchten mich. Li hatte mich auch gebraucht, und ich hatte versagt. Noch immer die Leiche in den Armen haltend, blickte ich auf. »Wir holen uns Crest-Tharo und seine Leute. Ich werde daf r sorgen, dass er auf Arkon f r seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. « Aber niemals. konnte ihn jemand so bestrafen, dass ich ihm seine Untaten verzeihen w rde, dass meine Gedanken nach Rache verstummen w rden. Er war der M rder meiner Geliebten. In mir brodelte pl tzlich so grenzenloser Hass gegen ihn, dass ich vor mir selbst Angst bekam. Wie w rde ich auf seinen Anblick reagieren? Es w re das Einfachste, ihn sofort zu t ten. Kein Arkonide w rde ihn vermissen. »Wir werden nicht z gern, von der Waffe Gebrauch zu machen. « »Nein, soweit darfst du nicht gehen«, sagte Zanargun. »Du w rst dann nicht besser als dieser Schurke. « Warum sollte mich das st ren? Ohne Li war alles egal. Sanft legte ich Nevus Mercova-Ban zu Boden. Wir w rden ihn sp ter an Bord der TOSOMA bringen. »Au erdem hast du das nicht n tig«, f gte Ulbagimuun hinzu. Ich sah den Dryhanen kalt an. »Du hast Recht«, sagte ich. »Das habe ich nicht n tig. Ich war Imperator von Arkon, Lordadmiral der USO und wurde von der Imperatrice mit umfassenden Vollmachten ausgestattet. Kein Hahn wird nach Crest-Tharo da Zoltral kr hen! « Ich b ckte mich und hob den Kombistrahler auf. »Bringt mich zu da Zoltral! « Nur widerwillig, so schien es mir, f hrten Zanargun und Ulbagimuun mich zu den R umlichkeiten, in denen sich Crest-Tharo da Zoltral und seine Schergen verschanzt hatten. In denen sie auf das letzte Gefecht warteten. Phazagrilaath nickte knapp, als er mich sah. Karusan Gorro, der mit ihm die Stellung gehalten und die Verbrecher an der Flucht gehindert hatte, warf mir einen nerv sen Blick zu und wandte den Kopf dann ab. Wahrscheinlich sp rte er, dass etwas anders war als sonst. Wahrscheinlich sp rte er meine Entschlossenheit. Nachdenklich betrachtete ich das von innen gesicherte Schott, das von dieser Seite aus nicht ge ffnet werden konnte. »Ich war Imperator von Arkon, Lordadmiral der USO und wurde von der Imperatrice mit umfassenden Vollmachten ausgestattet«, fl sterte ich. Dann benimm dich auch entsprechend, mahnte der Extrasinn. Ich lachte rau und hob den Kombistrahler. Crest-Tharo da Zoltral wartete hin ter dieser Wand. Crest-Tharo, der Li auf dem Gewissen hatte. »Wir st rmen«, entschied ich. Das Glei en des gluthei en Thermostrahls, der das Material der Wand schmelzen lie , als sei es Butter, mutete fast dunkel an, als der Sprengk rper detonierte, den Rest der Wand zerfetzte und den halben Raum dahinter in Schutt und Asche legte. Ich schrie gellend auf und sprang durch die ffnung. Die Hitze versengte meine Haare und f rbte den ungesch tzten Teil meiner Haut wahrscheinlich krebsrot, aber ich empfand keinen Schmerz. Crest-Tharo! - das war alles, was ich dachte. Einen Moment lang war ich geblendet. Ich sp rte den harten Boden mehr, als dass ich ihn sah, rollte ab, hechtete weiter, drehte mich im Flug, landete auf dem R cken, den Kombistrahler schussbereit im Anschlag.
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17 Mit meiner Sehf higkeit kehrte auch ein Anflug von Mitleid zur ck. Aber wirklich nur ein Anflug. Crest-Tharo da Zoltral und seine Leute waren von den Aktivit ten der Transfermaschine st rker in Mitleidenschaft gezogen worden, als ich vermutet hatte. Der ehrgeizige Arkonide, dessen Pl ne nun endg ltig gescheitert waren, kauerte mit dem R cken an der gegen berliegenden Wand. Seine Augen waren weit aufgerissen und kamen mir unnat rlich gro vor. Es flackerte hell in ihnen. Beginnender Irrsinn oder eher einer im Endstadium? So weit fortgeschritten, dass niemand ihm mehr helfen kann? Da Zoltrals Beine waren gespreizt. Der Stoff seiner Kombination schimmerte am Schritt feucht. Die langen, hellen Haare klebten verfilzt an seinem Kopf. Der Wirtschaftsmagnat schien innerhalb der letzten Stunden mehrere Kilo abgenommen zu haben und wirkte noch hagerer, ausgezehrter. Neben ihm lag ein Kombistrahler, nur Zentimeter von seiner rechten Hand entfernt. Von seinen Schergen wagte sich keiner zu r hren. Sie schienen zu sp ren, dass dies eine Sache zwischen Crest-Tharo und mir war. Dass sie sterben w rden, falls sie sich einmischten. Ich richtete den Kombistrahler auf da Zoltral. Zuckten die Finger seiner rechten Hand, oder t uschte ich mich? Tu’s nicht, sagte eine Stimme in meinem Kopf. Eine glockenhelle Stimme, deren fr hliches Gel chter mir in den letzten Tagen mehr wert gewesen war als mein Leben. Er ist es nicht wert. Er ist wehrlos. Eine andere Stimme, die des Logiksektors. Und wohl rettungslos wahnsinnig. Er ist es nicht Wert. Tu’s nicht! »Nur, wenn er nach der Waffe greift«, gab ich nach. »Nur in Selbstverteidigung.« Greife endlich nach der Waffe!, schrie alles in mir. Crest-Tharo da Zoltral starrte mich an, aber ich bezweifelte, dass er mich erkannte. Ich streckte den Arm mit dem Kombistrahler aus. Da Zoltral schaute an der Waffe vorbei, direkt in meine Augen. Vielleicht war das, was er darin sah, genauso furchtbar wie das, was ich in den seinen sah, aber er tat mir den Gefallen. Er schrie auf und griff nach der Waffe. »Li«, sagte ich. Gedankenschnell legte ich mit dem kleinen Finger den Schalter um und bet tigte mit dem Zeigefinger den Abzug. Noch bevor da Zoltral getroffen wurde, drehte ich voller Schmerz und Verzweiflung den Kopf zur Seite. Wie aus dem Nichts erklang eine kalte Stimme. Kharag! »Sie sind jetzt allein befehlsberechtigter Tamrat mit Hochrang-Anerkennung, Tamaron. Ich stehe Ihnen uneingeschr nkt zur Verf gung. « Ich nickte knapp. Endlich, dachte ich. Sonst nichts. 10. Wie bet ubt starrte ich auf Crest-Tharo da Zoltrals reglosen K rper. Die Augen des Gro industriellen waren weit aufgerissen. Ich ignorierte, was ich darin sah. Vor meinem inneren Auge machte ich eine andere Gestalt aus, eine viel kleinere. Die des Humanoiden mit der violett lackierten Iris, des Dieners der Kosmokraten. Wer trug tats chlich die Schuld an Lis Tod? Der Arkonide da Zoltral oder der Roboter Samkar? Oder die Kosmokraten oder jene vielleicht noch h here Macht, die man allgemein Schicksal nannte, auch wenn ich bevorzugt vom Zufall dachte? Von einer Verkettung ungl cklicher Umst nde? »Ich h tte es merken m ssen«, fl sterte ich. Sie hatten die ganze Zeit ber die Finger im Spiel gehabt, aus dem Hintergrund die F den gezogen. Wie Marionetten hatten wir, hatte ich ihnen zugespielt. Funktioniert. Wir haben funktioniert. F r sie waren wir ein gutes Team. Aber wir haben alle Risiken getragen und hatten keine Chance auf den Jackpot. Kristallklar standen diese Gedanken in meinem Kopf. Ich empfand nichts mehr. Keine Wut, keinen Hass. Mich hatte das seltsame Gef hl einer absoluten Gleichg ltigkeit berkommen. Ich konnte mich selbst sehen, wie ich ber da Zoltral stand, den Kopf hinabgebeugt wie in tiefer Trauer, die ich jedoch nicht versp rte. Noch nicht. Ich stand auf der B hne meines Lebens, hatte die Hauptrolle, aber nicht die Regie. Du wirst noch gebraucht. So wurde es mir mitgeteilt. Welche Verachtung sprach in letzter Konsequenz aus diesen Worten! Dann drangen wie aus weiter Ferne andere W rter in mein Bewusstsein. »Atlan, du musst dem Kharag-Rechner Befehle erteilen! Er gehorcht nur dir. « Zanargun war neben mich getreten, riss mich in die Realit t zur ck. Er warf einen Blick auf da Zoltral, zeigte aber keine Reaktion. »Nat rlich.« Ich reagierte v llig mechanisch. »Ich werde sofort alles Notwendige veranlassen. « Da Kharag seinen inneren Zwiespalt berwunden hatte, w rde er meine Anweisungen als einzig handlungsf higer Tamrat nun akzeptieren. Ich verf gte jetzt ber die uneingeschr nkte Befehlsgewalt. Mein K rper hob den Arm mit dem Befehlsgeber. »Kharag«, sagte ich, »ist dir der Aufenthaltsort von da Zoltrals restlichen Leuten bekannt? « »Jawohl. Um ein Gleichgewicht der Kr fte herzustellen, habe ich sie in einen Lagerraum gesperrt. « »Lass sie von Robotereinheiten der Station paralysieren und in Gewahrsam nehmen. « »Verstanden. « Zanargun zerrte Crest-Tharo hoch, als sei der Wahnsinnige leicht wie ein Kind. »Du hast richtig gehandelt. « Bevor ich den Abzug bet tigt hatte, hatte ich den Kombistrahler auf Paralysefunktion umgestellt. Ich zuckte mit den Achseln. »Das wei ich noch nicht. « »Ich w rde ihn nur allzu gern in die Maschine stecken und sein Bewusstsein in eine seiner Kreaturen transferieren. Er w re die Hauptattraktion jeder arkonidischen Tierschau! « Ich beneidete den Chef der Landungstruppen um seinen Zorn. Ich war noch immer nicht in der Lage, irgendetwas zu empfinden. Du musst den Zugang zur Station sperren, meldete sich der Logiksektor. Ein weiterer Missbrauch der Anlage k nnte verheerend sein. »Kharag, der Zugang f r die Stahlwelt bleibt gesperrt. Nur ich oder ein anderer Tamrat darf sie wieder betreten. « »Verstanden. « Damit war gew hrleistet, dass auf absehbare Zeit nur Personen in meiner Begleitung versuchen konnten, der Station weitere Geheimnisse zu entrei en. Ich deutete auf Crest-Tharo da Zoltral. »Ein Roboter soll ihn zu seinen Leuten bringen. « »Atlan! «, rief Ulbagimuun. »Ich habe Verbindung zu Kharba. Und wie es aussieht, haben wir noch einige Probleme.« Der Dryhane rief ein Holo auf. Leise zischend stie ich den Atem aus. Im Orbit ber Kharba flog nicht nur die TOSOMA, mittlerweile waren auch f nf von da Zoltrals Raumschiffen dort in Stellung gegangen. »Warte! «, sagte ich zu dem Roboter, der gerade da Zoltral hinausschaffen wollte. Und an Ulbagimuun gewandt: »Holoverbindung!« Es dauerte eine Weile, dann bildete sich ein Hologramm. Es zeigte allerdings keinen Kopf, sondern lediglich das Wappen von da Zoltrals Konzern. Wer auch immer diese Raumschiffe befehligte, er wollte nicht, dass ich sein Gesicht sah und mir einpr gte. »Kennst du mich? « »Nat rlich«, antwortete eine positronisch verzerrte und unkenntlich gemachte Stimme. Ich winkte den Roboter heran, der da Zoltral trug. »Ich wurde von der Imperatrice mit umfassenden Vollmachten ausgestattet. Mit Vollmachten, die mir gestatten, deinen Auftraggeber auf der Stelle hinzurichten. Ich habe vor, ihn nach Arkon zu bringen, aber ...« Ich beendete den Satz nicht. »Was erwartest du von uns? «, meldete sich die Stimme nach geraumer Zeit. »Ihr zieht sofort ab. - TOSOMA?« »Ich h re«, meldete sich January Khemo-Massai. »Informiere die ATLANTIS ber dieses Gespr ch. Du hast daf r zwei Minuten. Danach werden die Abwehrstellungen des Dodekaeders aktiviert!« »Verstanden«, antwortete der Afroterraner und unterbrach die Verbindung. »Ihr habt mich geh rt«, sagte ich zu dem Konzernwappen. »Wenn ihr in zwei Minuten noch hier seid, sterbt ihr ebenso wie Crest-Tharo. Atlan - Ende.« Der Befehlshaber von da Zoltrals kleiner Flotte sch pfte die ihm zugestandene Zeitspanne nicht bis zum ˜u ersten aus. Bereits nach f nfzig Sekunden drehten die f nf Schiffe ab. Ich atmete auf. »Es ist vorbei«, sagte ich. »Endg ltig! Weiteres Blutvergie en bleibt uns erspart. « Der stellvertretende Leiter der Abteilung Hauptrechner l chelte schwach. »Sehen wir zu, dass wir hier wegkommen. Ich ertrage diesen Ort nicht mehr. « Ich kehrte in die Halle mit der Transfermaschine zur ck, langsam, mit mechanischen Bewegungen. Wie ein Roboter. Ein anderer Roboter h llte gerade den toten Tamrat in ein Schutzfeld und hob ihn hoch. Mir wurde klar, dass es noch nicht vorbei war. Noch nicht ganz. »Wir werden ihm auf der TOSOMA die letzte Ehre erweisen«, fl sterte ich. »Mehr k nnen wir nicht tun. « Ich schaute zu der Stelle, an der Samkar verschwunden war, einfach verschwunden. Mit Li. Pl tzlich stellte sich das Gef hl ein, er sei noch dort, w rde uns beobachten. »Ich werde nicht aufgeben«, sagte ich ins Leere. »Ich hole sie mir zur ck. Du wei t, dass ich dazu imstande bin, nicht wahr?« Ich hatte nur gefl stert; trotzdem glaubte ich, ein Echo zu h ren. Es trug meine Worte in die G nge der Station, in ihre Hallen und Anlagen. Lie sie in alles eindringen, was wir gesehen hatten. Ich wei , dass du mich h rst, Li. Ich gebe nicht auf, solange ich hoffen kann, dich wiederzufinden. Ich habe alle Zeit der Welt. Was soll ich ohne dich anfangen? »Atlan ...« Ich drehte mich um. »Ja, Zanargun?« »Wir haben noch einiges zu tun ...« »Ich wei . Sorge daf r, dass die Gefangenen auf die TOSOMA berf hrt und die Verwundeten versorgt werden. Ich werde als vorl ufig letzte Ma nahme auch die Pr fungsstation auf Kharba verriegeln lassen. Dann starten wir mit der TOSOMA und erweisen ihnen die letzte Ehre. « »Ihnen?« Der Luccianer sah mich an. »Nevus Mercova-Ban«, sagte ich. »Und Li.« Auch wenn wir keinen K rper haben, den wir dem All bergeben k nnen. »Und noch etwas.« »Ja?« »Irgendwo in der N he treibt sich ein Primat herum. Ich habe ihn Krantar genannt, aber er wird nicht auf diesen Namen h ren. Sucht ihn mit Hilfe der Individualtaster. Behandelt ihn freundlich, tut ihm nichts an, aber bringt ihn auf die TOSOMA und lasst ihn von den Medikern behandeln. Wir nehmen ihn mit und k mmern uns um ihn. « Wie um Akanara?, warf der Extrasinn ein. Ich ignorierte ihn.
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18 »Atlan?« Ich hatte meinen Namen fast vergessen. Die Sorge, die in dieser Frage mitschwang, lie mich aufblicken. Ich sah in die Gesichter meiner Gef hrten. Sie waren ernst, traurig und bek mmert. Wer hatte mich angesprochen? Einer von ihnen, nun, es spielte keine Rolle ... Dann drehte ich den Kopf, lie den Blick ber Krantar gleiten, der neben mir stand. Der Primat wusste nicht, was hier geschah, schien aber die Bedeutung der Zeremonie zu erkennen. Er ffnete den Mund und stimmte einen Trauergesang an. Wie vor kurzem, als er Li get tet und mich gerettet hatte. Die Untersuchungen waren noch nicht abgeschlossen. Wir wussten nicht, wie intelligent das Wesen war. Aber mein Entschluss stand fest. Ich w rde es keinesfalls in der Stahlwelt zur cklassen. Ich r usperte mich. Wir standen in einer Schleuse der TOSOMA. Nur ein Schott trennte uns vom eisigen All. Wie lange wir hier schon waren, konnte ich nicht sagen. Ich hatte mein Zeitgef hl verloren, es spielte f r mich keine Rolle mehr. Was wir hier tun mussten, fiel mir unendlich schwer. Sie warteten auf mich. Keiner von ihnen w rde das Schott ffnen. Ich musste es tun. »Einen Moment noch.« Hatte ich das nicht schon einmal gesagt? Vor Stunden? Oder Tagen? Ich musste ber meine Grenzen hinaus nach Kraft sch pfen. Kraft, die ich nicht mehr hatte. Irgendetwas in mir war zerbrochen, die Splitter waren in meinem ganzen K rper zu sp ren. Sie stachen und schmerzten. Aber es war wieder ein Gef hl in mir, nach einer Zeit der absoluten Taubheit. Ich strich mit meiner Hand ber das kalte Metall. Li war schon lange fort, hier war nur noch der Leichnam des Tamrats. Nach altem Brauchtum wollten wir ihn dem Weltall bergeben. Der sarg hnliche Beh lter mit dem Toten stand vor uns. Er bohrte sich in mein Bewusstsein, in seiner ganzen Schlichtheit war er mir unertr glich. Ich schloss die Augen, atmete tief durch und hob dann den Arm. »Hiermit bergeben wir dich, Nevus Mercova-Ban, an diesem 16. M rz des Jahres 1225 Neuer Galaktischer Zeitrechnung der Ewigkeit des Alls. Das Schicksal hat gewollt, dass du noch einmal lebtest, wenn auch nur f r Stunden. In dieser Zeit hast du f r uns Dinge getan, die unser aller Leben betrafen. Ohne dich g be es f r viele von uns kein Hier und Jetzt mehr. Unsere Segensw nsche begleiten dich auf deiner letzten gro en Reise. Meinen Dank und Segen im Namen Arkons.« So murmelten sie alle ihre letzten Gr e, jeder im Namen seines Gottes oder Glaubens. Ich dr ckte den Hebel nach unten. Mit lautem Zischen schloss sich ein zweites Schott zwischen uns und dem Sarg. Die Positronik ffnete nun das Au enschott. Ich sah das Funkeln der Sterne Omega Centauris; irgendwie wirkten sie heller und klarer als bei unserer Ankunft. Unser Geist hat sich ge ffnet f r alles, was wir nicht erfassen k nnen. Vieles erkennen wir erst beim zweiten Hinsehen. Dann wird deutlich, was gemeint ist. Die gro en kosmischen Kr fte lassen sich nicht in die Karten sehen, und wir k nnen nichts daran ndern. Ich sah, wie das Vakuum den Sarg in die Leere hinauszog. Wie eine unsichtbare Hand nahm es den Leichnam in seine Obhut. Der Gegenstand wurde schnell von der Sternenf lle des Kugelsternhaufens berdeckt. Es ist vorbei. Wir m ssen nach vorn sehen, f r die Menschen da sein, die uns brauchen! Meine Augen tr nten heftig. Ich starrte noch immer in die funkelnde Pracht der Sch pfung. Mir wurde klar, dass die anderen auf mich warteten. Sie w rden mich nicht allein zur cklassen, nicht in dieser Verfassung. Es w re so einfach. Ein einziger Schritt, und ich w re erl st von dieser Qual. Die Last der hundert Leben in einer Sekunde absch tteln und sich dann aufl sen in diesen Kosmos. W re es nicht an der Zeit, sind dreizehntausend Jahre gelebtes Dasein nicht genug? Ich drehte mich um und sah meine Leidensgenossen an. Ihre Entschlossenheit war greifbar, sie wussten, wof r wir gek mpft hatten. »Es ist immer grausam, jemanden zu verlieren. Aber sie lebt in uns allen weiter, wir werden sie nie vergessen. Es w re nicht in ihrem Sinne, wenn du jetzt alles aufgibst. Sie ist daf r gestorben, dass wir weitermachen.« Altra war neben mich getreten, legte eine Hand auf meinen Arm. In seinen Augen sah ich den gleichen Schmerz, der auch an mir nagte. Es hatte ihn sehr getroffen, dass Li nicht mit uns zur ckgekommen war. Und das keineswegs, weil er unter dem Einfluss des Plasmawesens auf dem Planeten Othmura mit ihr geschlafen hatte. »Du hast Recht, aber ich kann mich nicht damit abfinden. Noch nicht. Wir werden wieder in die Station zur ckkehren. Crest-Tharo da Zoltral hat noch nicht alle Geheimnisse der Lemurer enth llt. Das wird die Aufgabe derer sein, die uns hierher nachfolgen. « Ich sp rte f rmlich das Aufatmen, das bei meinen Worten durch die Reihe meiner Leute ging. Sie gierten nach einer Ablenkung. Das Chaos, das da Zoltral angerichtet hatte, musste entwirrt und nutzbar gemacht werden. Ich erinnerte mich an das Versprechen, das ich Naglyna Vunar gegeben hatte. Das Bild der Greisin berlappte sich mit den Erinnerungen Nevus’. Sie war damals nicht gestorben, hatte sich nach Tarik retten k nnen und im Tiefschlaf berlebt. Nevus hatte sich geirrt - und vielleicht vergeblich auf seine Geliebte gewartet? Seine vom fotografischen Ged chtnis heraufbeschworenen letzten Gedanken verblassten. Er war berzeugt gewesen, seine Lyna wiederzusehen, sobald er tot war... Ich schaute zum Zentrum des Kugelsternhaufens, glaubte das flammende Fanal der zwanzig blauen Riesensonnen auszumachen, die die Eckpunkte eines regelm igen Polyeders mit einem Durchmesser von rund 42 Lichtstunden oder etwa 45 Milliarden Kilometern bildeten. Verband man diese Eckpunkte miteinander, erhielt man einen Pentagon-Dodekaeder, einen der f nf platonischen K rper, bei dem zw lf regelm ige F nfecke die Au enfl che bildeten. Zwanzig Sonnen, von den Lemurern hier im Zentrum Omega Centauris positioniert ". zwanzig Sonnen, die einen gigantischen Transmitter bildeten, der von der Stahlwelt aus zu steuern war ... Eine bemerkenswerte Leuchtfeuerkonstellation, wie Epetran sich mit perfekter Untertreibung ausgedr ckt hatte, deren Geheimnisse nur darauf zu warten schienen, von uns oder denen, die nach uns kommen w rden, entrissen zu werden. Nach allem, was ich in den letzten Wochen durchgemacht hatte, kam der Giganttransmitter mir vor wie eine Verhei ung. Wie die Aussicht auf eine Zukunft, die nicht nur von Trauer, sondern auch von Hoffnung auf einen Neubeginn beherrscht wurde, auch wenn sie noch unendlich weit entfernt zu sein schien. Aber irgendwann w rde sie anbrechen. Vielleicht. Ich sah ein letztes Mal hinaus in die kosmische Ewigkeit und drehte mich dann um. Wir werden uns wiedersehen, Li, ich glaube fest daran. Ich brauche diesen Glauben. Wie soll ich sonst wieder leben k nnen? Omnia vincit amor, fl sterte eine Stimme aus weiter Ferne uralter Erinnerungen. Vergil - Alles bezwingt der Gott der Liebe. »Wir werden eine gute Einsatztruppe brauchen. Freiwillige k nnen sich bei Zanargun melden. Wir m ssen so schnell wie m glich alle Daten, die wir in der Station finden, sammeln und auswerten. Hier haben wir die M glichkeit, ein gro es R tsel der Lemurer zu l sen.« Ich nickte January zu; diesmal sollte er auch dabei sein. Die Stahlwelt mit all ihren Schrecken w rde f r einige meiner Leute absolutes Neuland sein. Ich wollte sie ihnen nicht vorenthalten, diese Reise ins Reich der Lemurer. Epilog: Jetzt Atlans Gedanken Erstarrt. Alles ist erstarrt. Die Welt um mich herum hat keine Bedeutung mehr. Ich f hle nichts mehr. Die gnadenlose Leere schmerzt mich nicht mehr. Ich bin erstarrt. Kein Wort kann diesen Verlust beschreiben. Li. Du warst alles f r mich. Du hast mein dreizehntausendj hriges Dasein mit Leben erf llt wie zuvor nur wenige andere Frauen. Die Dinge bekamen pl tzlich einen Sinn. Ich wusste, warum ich tat, was ich tat. Ich tat es f r uns beide. Wir waren eins. Ich kann nicht schreien, nicht weinen. Alles in mir ist erstarrt. Ich nehme nichts mehr wahr. Ich habe dich verloren. Der Duft deiner Haut, dein K rper, selbst dein Lachen, alles ist verloren. Verloren im Spiel der kosmischen Kr fte. Du hast f r meine berheblichkeit bezahlt. Ich glaubte immer, alles im Griff zu haben. Aber nicht einmal dich konnte ich halten. Verloren. Was ist mir geblieben? Die Gewissheit, dass ich noch gebraucht werde. Ich brauche dich, Li. Zum Atmen, um leben zu k nnen. Die Bilder unseres gemeinsamen Lebens ziehen an mir vorbei. Ich kann sie nur mit Hilfe meines fotografischen Ged chtnisses festhalten. Aber in Wirklichkeit verliere ich sie, genau wie dich. In meinem Kopf formen sich Worte, aber sie verklingen, bevor ich sie ausgesprochen habe. Ich bleibe stumm. Ich will davon treiben, in einem Traum, der nie enden soll. Mit dir. Es hat alles keinen Sinn mehr. Die Leere in mir ist endlos. Meine Gef hle hast du mitgenommen. Ich kann es nicht ertragen, ohne dich weiterleben zu m ssen. Wer bin ich? Was tue ich hier? Diese erstarrte Welt l sst mich frieren. Warum bin ich noch hier und du nicht? Ich liebe dich, Li. Ich brauche dich. ENDE
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