Peter Sprengel Gerhart Hauptmann: Die Weber
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Peter Sprengel Gerhart Hauptmann: Die Weber
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Gerhart Hauptmann: Die Weber Ein riskanter Balanceakt Von Peter Sprengel
Vormärz und Naturalismus: Einflüsse und Vorbilder Unter den zahlreichen Zuschriften, die Hauptmann nach der Veröffentlichung seines ersten naturalistischen Dramas Vor Sonnenaufgang 1889 erreichten, befand sich auch der Brief eines Breslauer Jugendfreundes namens Otto Pringsheim. Der promovierte Nationalökonom schloss sein Lob des Gelesenen mit einer Aufforderung für die Zukunft, die einem kritischen Vorbehalt gegenüber dem vorliegenden Stück gleichkam: »Du mußt nun in Deinem nächsten Drama die eigentliche soziale Frage behandeln, die am Horizont des Sonnenaufgangs nur wetterleuchtet.«1 Der Briefschreiber vermisste offenbar eine konkretere Darstellung von Ausbeutung und Lebensbedingungen des Proletariats; tatsächlich wird in Vor Sonnenaufgang die Lage der Bergarbeiter ja eher gestreift als gestaltet. Pringsheims Brief bietet eine wertvolle Bestätigung für die Richtigkeit jenes Satzes, mit dem Hauptmanns Autobiographie Das Abenteuer meiner Jugend fast ein halbes Jahrhundert später die historischen Prämissen seiner Hinwendung zum Weber-Thema reflektiert: »das soziale Drama, wenn auch zunächst nur ein leeres Schema, lag als Postulat in der Luft. Es real ins Leben zu rufen war damals eine Preisaufgabe, die gelöst zu haben so viel hieß wie der Initiator einer neuen Epoche sein.« (VII,1078.)2 Mochte Vor Sonnenaufgang ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein – die Lösung des Rätsels fand Hauptmann erst Jahre später: nachdem er die neue Technik des naturalistischen Dramas zunächst in kleinerem © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Rahmen erprobt, für Familien- und Charakterstudien nutzbar gemacht (Das Friedensfest, Einsame Menschen, Kollege Crampton) und sich mit ausreichendem Material für die neue Aufgabe versehen hatte. Letzteres geschieht übrigens, wie wir sehen werden, mit Hilfe desselben Freundes, der ihn seinerzeit auf die Bahn der »eigentlichen sozialen Frage« gedrängt hatte. Hauptmanns Weber können ohne Zweifel als das bedeutendste soziale Drama bezeichnet werden, das die deutsche Literatur hervorgebracht hat. Nirgends sonst in der Geschichte des deutschen Dramas werden mit gleicher Eindringlichkeit die ökonomischen und sozialen Bedingungen eines bestimmten Milieus entfaltet; nirgends sonst geht mit gleicher Selbstverständlichkeit die dramatische Handlung aus der Darstellung des sozialen Konflikts hervor, ja in ihr auf. In dieser Doppelfunktion des Sozialen (Milieuschilderung und Klassenkampf-Thematik) findet Hauptmanns Drama nur ein Vorbild jenseits der Gattungs- und Sprachgrenzen. Emile Zolas Roman Germinal von 1885 – noch im gleichen Jahr auf Deutsch mit der Gattungsbezeichnung »Sozialer Roman« erschienen – gibt ein umfassendes Bild vom Elend der Bergarbeiter und entwickelt daraus die Schilderung eines Arbeitskampfs, der bis zur offenen Revolte, zum blutigen Zusammenstoß mit der Polizei und terroristischen Einzelaktionen führt. Als Anregung für den Roman, der als Teilstück einer umfassenden Darstellung der französischen Gesellschaft des Seconde Empire (im Romanzyklus Les RougonMacquart) konzipiert ist, diente Zola ein aktuelles Ereignis: der blutig niedergeschlagene Bergarbeiterstreik in Anzin (1884). So umstritten die zeitgenössische Geltung Zolas in Deutschland war3 – es kann kein Zweifel bestehen, dass sein Romanwerk für die naturalistische Generation den Maßstab zeitgemäßer »sozialer« Literatur und damit indirekt auch den Begriff des sozialen Dramas geprägt hat.
© 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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In Frankreich hat man den Zusammenhang zwischen Webern und Germinal verständlicherweise besonders deutlich gesehen. Das von Ibels gestaltete Programm zur Pariser Erstaufführung am Théâtre Libre (am 29.5.1893, nur drei Monate nach der deutschen Uraufführung – Hauptmanns Drama war überhaupt das erste deutsche Stück, das nach dem Krieg von 1870/71 in Frankreich aufgeführt wurde) zeigt – in Anspielung auf Germinal – eine Szene aus dem Bergbau statt aus der Leinenindustrie; Zola selbst besuchte die Proben, seinem deutschen ›Schüler‹ gewissermaßen den väterlichen Segen erteilend. Wie stark der Naturalist Hauptmann – ungeachtet mancher kritischen Äußerung – tatsächlich vom Vorbild Zolas beeindruckt war, belegt beispielsweise die Tatsache, dass er sich 1886 dessen Erzählung Le forgeron (1874, dt. unter dem Titel In der Schmiede) aus der Zeitung ausschnitt und noch drei Jahre später in seinen Notizkalender einklebte.4 Man mag in der Gestalt des revolutionär gesonnenen und handelnden Schmiedes Wittig im 3. und 5. Akt der Weber eine Reminiszenz an Zolas Stilisierung des Schmieds zur prometheischen Inkarnation des Proletariats erkennen. Alle Versuche, darüber hinaus spezifische Beziehungen zwischen Hauptmanns Drama und Zolas Erzählwerk, insbesondere Germinal, nachzuweisen,5 erwiesen sich jedoch als bemerkenswert unergiebig. Sie konnten kaum ergiebiger sein aufgrund der fundamentalen Verschiedenheit im Stofflich-Thematischen. Denn das Drama wendet sich ja nicht einem aktuellen Ereignis in einem ökonomisch wie technisch zukunftsträchtigen Produktionsbereich, sondern einem mehr als vier Jahrzehnte zurückliegenden Vorgang in einem bereits seinerzeit von der internationalen Entwicklung überholten Wirtschaftszweig zu; schon von daher kann es nicht allein aus den Voraussetzungen des französischen Naturalismus erklärt werden. Mit der Thematisierung des schlesischen Weberaufstands von 1844 knüpft Hauptmann vielmehr ganz bewusst an die Tradition des deutschen Vormärz an. Schon vor dem Ausbruch der Revolte war das Elend der schlesischen Weber ein zentrales © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Thema der liberalen Publizistik, Literatur und Kunst.6 Wohl nicht zuletzt deshalb, weil sich hier wie kaum irgend sonst die Brüchigkeit der bürgerlichen Ideologie zeigte, das Auseinanderfallen jener Ideale sichtbar wurde, deren Einheit das revolutionäre Bürgertum von 1789 und 1830 behauptet hatte. Die Verelendung der Heimarbeiter der schlesischen (von der Mechanisierung insbesondere der ausländischen Konkurrenz bedrohten) Textilindustrie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte den Zeitgenossen exemplarisch die Zerstörung von »Gleichheit« und »Brüderlichkeit« durch die Entfaltung unternehmerischer »Freiheit« vor. In Carl Wilhelm Hübners bekanntem Gemälde Die schlesischen Weber (1844)7 erscheint der Fabrikant bei der Abnahme der Arbeit in der Pose eines absolutistischen Herrschers, eines allmächtigen Richters: »Die armen Weber haben vor dies Forum die Werke langer Wochen gebracht, um ein leichtfertiges Urteil über die Arbeiten zu hören, an denen blutiger Schweiß klebt.«8 In einem einschlägigen Romanfragment Georg Weerths,9 im dreifachen Fluch des Heine’schen Weber-Lieds10 (»dem Gotte [. . .] dem König [. . .] dem falschen Vaterlande«) und in der Beschreibung des Aufstands durch Wilhelm Wolff,11 den Freund Karl Marx’, kündigt sich bereits ein Bewusstsein von der Notwendigkeit grundlegender sozialer Umwälzungen an. »Wir waren Ideologen des Vormärz.«12 So beschreibt Hauptmann in der 1. Fassung seiner Autobiographie die Mentalität jener Gesinnungsgemeinschaft, die sich Ende der achtziger Jahre in Zürich um seinen älteren Bruder Carl, den jungen Wedekind, Karl Henckell und andere zusammenschließt. Während seines dortigen Aufenthalts 1888 – einer Art Exilaufenthalt, denn den entscheidenden Anlass zur Reise gab die Angst vor einer Verwicklung in den Breslauer Sozialistenprozess – entstand nach Hauptmanns eigener Aussage die erste Idee der Weber. Noch die Druckfassung des Abenteuers meiner Jugend (1937) zitiert in diesem Zusammenhang drei Zeilen des Heine’schen Weber-Lieds.13 Die noch zur Zeit der Weimarer Republik entstandene ursprüngliche © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Diktatfassung erläutert des Näheren die Verbundenheit des autobiographischen Ich mit der liberalen Intelligenz der vierziger Jahre. Von besonderer Bedeutung sind hier offenbar die Bibliothek des Vaters Robert Hauptmann sowie seine Erzählungen über die 48er-Revolution in Paris und über politisch Verfolgte gewesen.14 Die Widmung der Weber an den Vater, in der man bisher eher so etwas wie die Selbststilisierung des Weberenkels gesehen hat,15 ist vor diesem Hintergrund neu zu interpretieren! Übrigens ist es ja bekannt (und in die spöttische Bezeichnung »Jüngstdeutschland« eingegangen), dass sich die deutschen Naturalisten vor allem in ihrer politisch motivierten Anfangsphase vielfach auf das Vorbild jungdeutscher Autoren beriefen. Im Falle Hauptmanns äußert sich diese Beziehung im Wesentlichen in der intensiven Rezeption Georg Büchners, über den er 1887 im Berliner Literarischen Verein »Durch!« einen Vortrag hielt und dessen Grab am Zürichberg während seines SchweizAufenthalts für ihn offenbar eine Art Wallfahrtsstätte wurde.16 Man weiß um die Anregung, die Hauptmann für seine Novelle Der Apostel (1890) aus Büchners Lenz gewonnen hat. Es spricht einiges dafür, dass seine Weber in einer ähnlichen Beziehung zu Büchners Drama vom Scheitern der Revolution, zu Dantons Tod, stehen. Im 3. Akt wird ausdrücklich die Parallele zwischen dem Weberaufstand und der »Französischen Revolution« gezogen (405/40).17
Die Webernot – ein historisches und aktuelles Thema In der Konzeption von Hauptmanns Webern würden demnach zwei verschiedene Traditionsstränge miteinander verschmelzen: das naturalistische Postulat einer Ausrichtung der Literatur auf die »soziale Frage«, d. h. die aktuelle Misere des Proletariats, und das liberale Engagement und krisenhafte Selbstbewusstsein der © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Vormärz-Generation. Gegenwartsbezogene Sozialkritik und historische RevolutionsDramatik können in der Darstellung des Weberaufstands umso eher miteinander verschmelzen, als die Erinnerung an ihn in der Zeit um 1890 gleich doppelt präsent ist. Zunächst vermittelt das Fortbestehen des Weber-Elends selbst zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der angehende Weber-Dichter brauchte nur in die Tageszeitung zu blicken, um bedrängenden Anschauungsunterricht über das Elend der schlesischen Weber zu erhalten. Aus der Vossischen Zeitung vom 15. Juni 1890 schneidet sich Hauptmann den Artikel aus, der über eine Petition der Weber des Eulengebirges an den Kaiser berichtet.18 In dieser Petition heißt es nach dem Bericht der Zeitung u. a., »daß ein Weber der Hausindustrie bei täglich 14stündiger Arbeitszeit einen wöchentlichen Durchschnittslohn von nur fünf Mark – auch noch darunter – verdient; davon fallen noch 50-60 Pf. auf Spulerlohn ab; denn von dem Garne, welches der Weber zur Verarbeitung in die Kette erhält, müssen Spulchen gefertigt werden, ohne sie kann der Weber keine Ware herstellen«. Wenn Hauptmann am Tag darauf notiert: »Nun zieht es mich, den Webern nahetreten zu können«, bezeugt er selbst den anregenden Impuls dieses Artikels. Noch das fertige Drama enthält eine Anspielung auf den Bericht über die Petition, nämlich im Ausspruch des alten Baumert im 2. Akt: »’s mißt amal eener hingehn nach Berlin und mißt’s ’n Keeniche vorstelln, wie’s uns aso geht« (369/25). Noch eine andere Stelle des Dramas ist von solch heimlicher – genau genommen anachronistischer – Aktualität. Pastor Kittelhaus spricht sich im 4. Akt mit einiger Heftigkeit über einen Amtsbruder aus, der »Aufrufe« verfasst, »die sich unleugbar recht ergreifend lesen«: »Aber was erreicht er damit? Die Not unter den Webern wird, wo sie vorhanden ist, nicht gemildert. Der soziale Frieden dagegen wird untergraben« (417/44). Der zeitgenössische Leser musste sich hier unweigerlich an den Pfarrer Ernst Klein aus der schlesischen Grafschaft Glatz erinnert fühlen, der 1891 durch mehrere Artikel in Zeitungen und Zeitschriften versucht hatte, das Interesse der Öffentlichkeit © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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auf die nach einem strengen Winter und einer schlechten Kartoffelernte wiederum verschärfte Not der Weber zu lenken. Er handelte sich dafür eine Maßregelung seitens der evangelischen Kirchenleitung ein; die preußische Regierung verbot ihren Beamten jede Zusammenarbeit mit ihm. In Hauptmanns Notiz-Kalender hat sich, gleichfalls als Ausschnitt aus der Vossischen Zeitung, eine Danksagung Kleins erhalten, die zugleich einen neuerlichen Hilferuf darstellt und einprägsame Bilder von der Notlage der Weber entwirft: [. . .] wer beschreibt das Elend auch der Gesunden? Niedrige Stube, Löcher, verdorbene Luft, halbnackte Kinder, am rasselnden Webstuhl sitzen im schlecht geheizten Raum die bleichen abgehärmten Gestalten. Sie arbeiten, arbeiten rastlos, schon seit morgens 5 oder 6 Uhr, viele auch die Nacht hindurch, keine Sekunde darf verlorengehen. Nun reißt der schwache Faden, es muß geknotet werden, ach, wenn die Ware nur angenommen wird! Wie oft schon wurde sie zurückgewiesen, und der Verdienst eines Tages, einer Woche war verloren!19 Der enge Bezug dieser Schilderung zum Inhalt des 1. und 2. Akts von Hauptmanns Drama liegt auf der Hand. Die Webernot war, so viel ist deutlich, um 1890 alles andere als ein nur noch historisches Thema. Der Aufstand selbst freilich gehörte der Geschichte an, doch auch der Erinnerung an ihn kam in jenen Jahren spezifische Aktualität zu. Als zweiter Vermittler zwischen dem Vergangenheits- und dem Gegenwartsaspekt des WeberThemas ist hier die deutsche Arbeiterbewegung zu nennen, die die Ereignisse der vierziger Jahre als Stationen ihrer eigenen Geschichte oder Vorgeschichte in Anspruch nahm und somit in eine aktuelle politische Perspektive einbezog. Exemplarisch geschah dies in der Maifeier der Berliner Freien Volksbühne 1891. Das damals aufgeführte © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Agitationsstück Durch Kampf zur Freiheit aus der Feder Bruno Willes bemühte familiäre Beziehungen als Sinnbild für die historische Kontinuität des Klassenkampfes: [. . .] im ersten Akt wird das Elend einer schlesischen Weberfamilie geschildert. Die Ärmsten wollen nach Amerika auswandern, lassen sich aber durch die jammernde alte Mutter zurückhalten. Ein Aufstand entsteht, eine Fabrik wird demoliert, und das Schlußbild zeigt uns den Kampf der unerschrockenen Anführer gegen das Militär, das sie zum Abzug zwingen. Der zweite Akt führt uns ein Stimmungsbild aus dem Jahre 1848 vor, und das lebende Bild zeigt uns zum Schluß den Barrikadenkampf in Berlin. Der alte Weber Steinmann wird in diesem Kampf erschossen, aber sein Sohn kämpft in 40 langen Jahren den Kampf weiter. Er wird Sozialdemokrat. Im dritten Akt finden wir ihn wieder mit seinen beiden Neffen, in einem Walde bei Berlin, die Maifeier mitfeiernd. Bevor das lebende Bild aufgerollt wird, treten sich noch einmal, wie am Anfang, die Genien der Freiheit und der Tyrannei gegenüber. Die Freiheit siegt, und die Tyrannei stürzt beim Anblick der in Liebe und Brüderlichkeit geeinten Arbeiter aller Länder gebrochen zu Boden. Dieses Bild zum Schluß stellt die Welt-Maifeier der Arbeiterschaft dar.20 Angesichts der (wie noch zu zeigen sein wird) seinerzeit verbreiteten Auffassung der Weber als – vermeintliches – Tendenzstück mit agitatorischen Qualitäten ist ein Seitenblick auf Willes Agitationsstück (als Muster der Gattung) von Nutzen. Er zeigt gleich mehrere typische Merkmale, die Hauptmanns (und jedem naturalistischen) Drama fehlen: die optimistische Perspektive, die allegorische Tendenz und die direkte Einbeziehung des Publikums. Als die Berliner Volksbühne am 1. Mai 1891 Szenen aus der Geschichte einer WeberFamilie nachstellte, war Hauptmann schon mit der Ausarbeitung der Weber beschäftigt. © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Es kann daher hier nicht um die Konstruktion von Einflüssen, sondern nur um den Nachweis der Aktualität des Themas in einem bestimmten politischen Kontext gehen. Auch Hauptmanns Herangehen an den Weber-Stoff – dies wäre als Nächstes zu exemplifizieren – ist durch solch einen aktuellen Bezug gekennzeichnet, auch die einzelnen Stationen seiner Arbeit am Drama zeigen das Doppelgesicht von Historizität und Aktualität. Das gilt schon für das Stadium der Materialsuche, für das Quellenstudium, dem für einen Vertreter des Naturalismus besondere Bedeutung zukam. Gehörte die Vermittlung zwischen Poesie und Wissenschaft und das Bestreben nach einer quasi wissenschaftlichen Authentizität (»Wahrheit«) der Dichtung doch zu den zentralen Postulaten der naturalistischen Bewegung! »Wenn ich nur Material für die Weber hätte«, seufzt der Tagebuchschreiber Hauptmann noch am 16. Juni 1890.21 Damals muss ihm der Brief Otto Pringsheims, des bereits eingangs zitierten volkswirtschaftlich gebildeten Freundes, mit den Hinweisen auf die wichtigste einschlägige Literatur zugegangen sein.22 Pringsheim nennt den bereits erwähnten Aufsatz des Sozialisten Wilhelm Wolff und – mit Priorität (»Hauptwerk über die Geschichte der schlesischen Weber«) – Alfred Zimmermanns Buch Blüte und Verfall des Leinengewerbes in Schlesien von 1885. Hauptmann sollte beide Quellen, und zwar sehr sorgfältig, benutzen und daneben noch Alexander Schneers amtlichen Bericht »Über die Not der Leinen-Arbeiter in Schlesien« (1844)23 mit Gewinn heranziehen. Die Kritiker und Interpreten seines Dramas sollten freilich noch lange Zeit brauchen, bis sie die Ausgewogenheit der Materialbasis anerkennen und vom Versuch Abstand nehmen, durch einseitige Festlegung auf den einen oder anderen Gewährsmann eine bestimmte politische Position des Dramas zu insinuieren – wie es etwa mit gegensätzlicher Absicht Paul Schlenther und Franz Mehring tun: Ersterer, um Hauptmann unter Berufung auf Zimmermanns offiziöses Standardwerk gegen den Verdacht einer politischen Tendenz in Schutz zu nehmen,24 Letzterer, um die Übereinstimmung von Hauptmann und Wolff © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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(»Born eines echten Sozialismus«) als Argument für díe Nähe des Dramas zur Arbeiterbewegung zu verwerten.25 Als habe Pringsheim die politischen Komplikationen vorausgeahnt, die seine Literaturangaben auslösen würden, verknüpft er seinen Glückwunsch zum »neuen kühnen Vorhaben« mit der Warnung: »Ich bitte Dich aber, bei Deinen Studien vorsichtig zu sein, damit Dir nicht Unannehmlichkeiten erwachsen.« Zur Geltungszeit des (wenngleich auslaufenden) Sozialistengesetzes war offenbar schon die Suche nach Püttmanns Deutschem Bürgerbuch für 1845, in dem Wolffs Studie erschienen war, nicht frei von politischen Risiken! Die politische Brisanz des geplanten Dramas lässt sich nicht besser veranschaulichen, freilich zeigt sich auch hier schon, dass diese Brisanz eher eine des Stoffes als des Dramas war, ja letztlich auch nicht so sehr eine des Stoffes als seiner zeitgeschichtlichen Rezeption. Es war das heiß umkämpfte Schlachtfeld der aktuellen sozialpolitischen Auseinandersetzung, auf das sich der Verfasser der Weber – letztlich ohne zu wissen, was ihm hier bevorstand – begab. Ergänzend zur Lektüre der Quellentexte unternahm Hauptmann im Frühjahr 1891 zwei Reisen ins Webergebiet. Er verschaffte sich Anschauung der Örtlichkeit und suchte Zeugen des historischen Aufstands auf. »Eine herrliche alte Frau hat ausgiebig u. als Augenzeugin der 44er Vorgänge erzählt. Viele schöne Gestalten sind dadurch schon gegeben. Heut steige ich zu einem Manne, der bei dem Krawall einen Major vom Pferde gezogen hat. Ich bin gespannt.«26 Auch hier war die Verbindung zur aktuellen Politik gegeben: nicht nur dadurch, dass Hauptmann bei seinen Besuchen in den Hütten der Weber unmittelbar mit dem gegenwärtigen Elend konfrontiert wurde, sondern zudem durch eine persönliche Konstellation. Bei seinem ersten Besuch in Langenbielau ließ sich Hauptmann von einem Redakteur des dortigen Parteiblatts, des Proletariers aus dem Eulengebirge, führen. Dieser war Max Baginski, ein Vertreter der Linksopposition innerhalb der damaligen Sozialdemokratie; nach seinem Parteiausschluss und dem © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Verbüßen einer Haftstrafe wegen Pressevergehens sollte er nach Amerika emigrieren und von dort aus noch 1905 in einem eindrucksvollen Artikel über seine erste Begegnung mit Hauptmann und dessen Weber-Studien berichten.27 Hauptmann seinerseits hatte dem »jungen Agitator« schon zuvor ein – nicht enthülltes – Denkmal gesetzt: in aus dem Nachlass bekannt gewordenen Entwürfen (1901) zu seinem Roman Der Narr in Christo Emanuel Quint (1910).28 Darin wird das kämpferische Engagement des sozialistischen Redakteurs der religiösen Humanität eines modernen Messias entgegengesetzt: Bestand seine Aufgabe einerseits darin, in seinem Blatt den Meinungsausdruck der sozialistischen Arbeiterschaft der Gegend zu geben, so war ihm andrerseits ein großes, ländliches Gebiet angewiesen, das, nach den Ansichten der Parteiführer wenigstens, dumpf, gedrückt und rückständig war. Hier, wo in verfallenen Hütten eine verfallene Hausindustrie ein halbes Dasein fristete und vergeßne Menschen zum Teil in einem fast legendenhaften Elend lebten, sollte er wecken, stacheln und revolutionieren und Hungerleidern den Stolz und das Klassenbewußtsein einimpfen. (XI, 288)
Ein historisches Drama als Agitationsstück? Die zeitgenössische Rezeption Dieselbe Ambivalenz zwischen historischer und aktueller Dimension, die schon die stofflichen und thematischen Voraussetzungen der Weber auszeichnete, kennzeichnete auch die zeitgenössische Aufnahme des Dramas, das in der ersten stark dialektal geprägten Fassung (De Waber) Ende 1891 abgeschlossen war. Weitere Verbreitung erlangte es freilich erst in einer unmittelbar darauf entstandenen (als Buch gleichfalls © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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1892 vorliegenden) zweiten Fassung, die der begrenzten Schlesisch-Kompetenz des Lesepublikums und der Bühnen Rechnung trug. Entscheidende Bedeutung für den Verlauf der primären Rezeption der Weber gewann das Verbot einer Aufführung am Deutschen Theater Berlin, erstmals ausgesprochen am 3. März 1892. Allein durch die Tatsache des Verbots erlangte das Drama eine politische Bedeutung, die es ohne Einschreiten der Zensur wahrscheinlich nie gewonnen hätte; Hauptmann sollte Recht behalten, der damals triumphierend an Otto Brahm schrieb: »Die Weber haben ein hundertjähriges Leben garantiert erhalten.«29 Die Argumentation, mit der die Zensurabteilung der Polizei ihr Vorgehen rechtfertigte, verdient zudem als paradigmatische Analyse des Rezeptionspotentials der Weber vor dem zeitgeschichtlichen Kontext der frühen neunziger Jahre besonderes Interesse. In der Begründung für das Aufführungsverbot der Dialektfassung heißt es nicht ohne Anerkennung der künstlerischen Leistung: Es steht zu befürchten, daß die kraftvollen Schilderungen des Dramas, die zweifellos durch die schauspielerische Darstellung erheblich an Leben und Eindruck gewinnen würden, in der Tagespresse mit Enthusiasmus besprochen, einen Anziehungspunkt für den zu Demonstrationen geneigten sozialdemokratischen Teil der Bevölkerung Berlins bieten würden, für deren Lehren und Klagen über die Unterdrückung und Ausbeutung des Arbeiters durch den Fabrikanten das Stück durch seine einseitige tendenziöse Charakterisierung hervorragende Propaganda macht.30 Im Widerspruch zu der von der Polizei vorausgesetzten politischen Lesart beriefen sich liberale Kritiker wie Otto Brahm und Paul Schlenther, aber auch Hauptmanns Anwalt Richard Grelling (in seiner Klage gegen das Verbot einer Aufführung auch der dem Hochdeutschen angenäherten zweiten Fassung des Dramas) auf die Objektivität der © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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historischen Darstellung. Ohne Letztere selbst in Zweifel zu ziehen, warf die Klagebeantwortung des Polizeipräsidenten dagegen die Frage auf, ob »das Publikum – oder ein Teil desselben – die in dem Stück zur Rechtfertigung des Aufruhrs geschilderten Verhältnisse mit den gegenwärtigen Zeitverhältnissen in Beziehung bringen, jene diesen ähnlich finden werde«. Eine derartige aktualisierende Aneignung – die Übertragung des historischen Modells auf die gegenwärtige soziale Realität – war aus der Sicht der Polizei sogar außerordentlich wahrscheinlich: »denn eben dieselbe Staats- und Gesellschaftsordnung, welcher nach der Schilderung des Stückes die Duldung der Mißstände zur Last fällt, die den Weberaufstand hervorgerufen haben, besteht noch heute«.31 Selten wohl hat sich der Wilhelminische Staat so offen zur Tatsache bekannt, dass sich die gesellschaftlichen Strukturen seit dem Vormärz im Grunde nicht gewandelt hatten. Die polizeiliche Zensur konnte, wie bekannt, die Aufführung der Weber letztlich nicht verhindern und ebenso wenig ihre Auffassung als – auf die politische Situation der Gegenwart zielendes – Tendenzdrama; vieles spricht dafür, dass sie einem solchen Verständnis des Stücks überhaupt erst zur Vorherrschaft verholfen hat. Sogar ein Hauptmann relativ nahe stehender Kritiker wie Julius Hart übernahm die Perspektive der Zensur. In seiner Kritik der Uraufführung der Weber in einer geschlossenen Vorstellung des Theatervereins Freie Bühne erklärt er: Hier atmet ein revolutionärer Geist, so ernst und entschieden, wie in den Räubern und in der Kabale und Liebe, hier fließt der sozialdemokratische Ingrimm unserer Zeit, der auch in unserer Literatur nur zu oft als Esel in der Löwenhaut umhergeht, in purpurroten Blutwellen dahin, hier steckt jene Echtheit und Entschiedenheit der Gesinnung, welche auch den politischen Gegner mitzureißen vermag. Man erzählt, daß 1830 die Brüsseler ihre Barrikaden aufbauten, als sie entflammt von den Weisen © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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der Stummen von Portici aus dem Theater hinausströmten: auch eine Aufführung der Weber in einer Versammlung von Arbeitslosen, vor dem »Lumpenproletariat« und den »Ballonmützen« würde aufreizender wirken, als die wildeste Anarchistenrede.32 Zu ähnlichen Feststellungen gelangte Theophil Zolling in der Zeitschrift Die Gegenwart: »Die Weber sind das gefährlichste und aufreizendste Schauspiel, das je in deutscher Sprache gedichtet worden ist. Hinter sieben Türen und sieben Schlössern müßte es eine besonnene und staatskluge Zensur verwahren.«33 Zolling geht den Weg einer aktualisierenden Interpretation so weit, dass er behauptet, das Stück spiele – »übersieht man nebensächliche Einzelheiten« – im Jahre 1890. Die Darstellung des Weberelends entspreche den gegenwärtigen Zuständen in Neuendorf-Nowawes bei Potsdam. Hauptmanns Weber äußerten Anschauungen, wie sie in der modernen Arbeiterbewegung gang und gäbe, mit der Mentalität und dem historischen Horizont der schlesischen Weber aber unvereinbar seien. Vollends »modern« wirkt auf Zolling die Gestaltung des Fabrikanten Dreißiger: »Nichts von jener patriarchalischen Gesinnung à la Stumm, welche 1840 in Deutschland wenigstens den Fabrikherren noch sämtlich gut zu Gesichte stand. Ein rücksichtsloser Profitmacher, der kaum oberflächlich die Dehors wahrt, ein Leuteschinder, feig und brutal dabei, ein waschechter ›Unternehmer‹ von heut.«34
Historisierung und Aktualisierung im Drama Wird eine solche Interpretation dem Stück noch gerecht? Wenden wir uns der Analyse des Dramas selbst zu und übertragen wir die an seinen Voraussetzungen wie der zeitgenössischen Rezeption abgelesene Dichotomie von historischer und aktueller © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Dimension auf den Text, so kann das Ergebnis kaum ein eindeutig-pauschales sein; sorgfältige Differenzierung ist unumgänglich. Einerseits ist gerade in letzter Zeit der quasi dokumentarisch getreue Umgang Hauptmanns mit dem überlieferten Wissen über die Situation der Weber in den vierziger Jahren und den Verlauf des Aufstands betont worden.35 Andererseits ist unverkennbar, dass es Hauptmann trotz – ja vielleicht dank – dieser historischen Treue gelingt, Strukturen von grundsätzlicher (und daher auch seinerzeit oder heute aktueller) Bedeutung herauszuarbeiten. Das gilt vor allem für die Verallgemeinerung des Arbeit-Ware-Problems im 1. Akt. Indem Hauptmann die Ablieferung des fertigen Gewebes und seine Abnahme durch den Expedienten zur Grundsituation des Eröffnungsakts nimmt, gewinnt er nicht nur eine höchst praktikable Möglichkeit zur Vorstellung mehrerer Vertreter beider Seiten: Er benennt zugleich die Arbeit-Geld-Beziehung, die Entfremdung menschlicher Tätigkeit zur mit Geld bewerteten, abgewiesenen oder abqualifizierten Ware als Grundlage des hier thematisierten Ausbeutungsverhältnisses. Wie das oben erwähnte Bild Carl Wilhelm Hübners zeigt, ist die Wahl dieses Sujets nicht absolut originell; seine Bedeutung hängt ab von der Art der Behandlung. Hierin aber unterscheidet sich Hauptmann vom Maler des Vormärz: Während dieser die quasi monarchische Haltung des Fabrikanten herausstellt, überwiegen im Drama – soweit ist Zolling zuzustimmen – die pragmatischen Züge oder Winkelzüge und ideologischen Manöver des Kapitalisten. Dreißigers Auftritt kann geradezu als Modellstudie einer Rhetorik der Macht gelten. In diesem Sinn stellt der Kritiker Peter Iden die Rolleninterpretation Manfred Karges in Alfred Kirchners Bochumer Inszenierung von 1983 heraus: Dank der an Brechts Verfremdungstechnik geschulten Vorführung der Rolle erblicke der Zuschauer »hinter und neben diesem Dreißiger die mancherlei Attitüden von Unternehmer-Figuren, Politikern und anderen Funktionären, wie sie uns heute etwa im Fernsehen erscheinen«.36 © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Von der im 1. Akt erreichten – modern anmutenden – Allgemeinheit sticht die Darstellung der Webernot im 2. Akt deutlich ab. Die extreme Zuspitzung, in der uns hier das Elend entgegentritt (bis hin zum Hundebraten als Delikatesse, an die der Magen nicht mehr gewöhnt ist), wirkt historisierend, distanzierend, ja fast exotisch. Man möchte von einer Ästhetik des Hässlichen sprechen in dem Sinn, dass die hier gezeigte äußerste Form der Entbehrung möglicherweise eher literarisch tolerierbar und integrierbar ist als etwa die alltägliche Kargheit eines Arbeiterhaushalts um 1890. Hauptmann hat Ähnliches gemeint, wenn er im Altersrückblick davon spricht, dass ihm auf seinen Reisen durchs Webergebiet »das Elend in seiner klassischen Form« entgegengetreten sei (XI,527). In ähnlicher Ferne von späterer proletarischer Lebenswirklichkeit bewegt sich der am Schluss des Aktes geschilderte Ausbruch revolutionärer Energie. Fernab von der historischen Bewusstheit und dem Organisierungsgrad, die der soziale Protest in der späteren Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung annimmt, äußert sich hier die revolutionäre Stimmung als spontane, emotionale, ja geradezu hysterische Reaktion. Von den Versen des »Blutgerichts«, das Moritz Jäger deklamiert (während die Branntweinflasche umgeht!), wird der alte Baumert »gepackt und im tiefsten aufgerüttelt«: »Nun geht alles mit ihm durch; stammelnd, unter Lachen und Weinen«, »mit zitternder Wut den Boden stampfend«, »die Faust ballend, drohend«, »springt auf, hingerissen zu deliranter Raserei«, »reckt seine Arme hin«, »bricht weinend vor verzweifeltem Ingrimm auf einem Stuhl zusammen« (375–379/28 f.). Schon die Aufzählung dieser Regieanweisungen macht deutlich, dass der Weberaufstand in Hauptmanns Darstellung (dies gilt auch für weite Teile des 4. und 5. Akts) in die Nähe einer rauschhaften Ekstase, eines pathologischen Anfalls gerät. In diesem Zusammenhang muss noch einmal an den Zürich-Aufenthalt von 1888 erinnert werden, auf den Hauptmann ja, wie gesagt, die erste Idee zum Weber-Drama © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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datiert. In Vorlesungen und Krankenvorführungen Auguste Forels hat der angehende Naturalist damals bleibende Eindrücke vom Erscheinungsbild und den vielfältigen Ursachen psychischer Erkrankungen, insbesondere auch der damals heftig diskutierten Hysterie erhalten. Der Autobiographie zufolge galt sein besonderes Augenmerk dem Zusammenhang zwischen religiösen Erfahrungen und pathologischen Prozessen, wie er ihn später im Apostel gestaltet hat. Dessen Urbild, der Wanderprediger Dieffenbach, begegnete Hauptmann erstmals in Zürich, aber auch die öffentlichen Beichten auf Versammlungen erregten sein Interesse: »War dies nun oder war es kein Irresein? Es war jedenfalls bei Bekehrern wie Bekehrten eine Art Rausch, ein Zustand dionysischer Exaltation« (VII,1059). Die seinerzeit gewonnene Symptom-Kenntnis wird Hauptmann immer wieder anwenden, wenn es um die Gestaltung von Grenzerfahrungen insbesondere kollektiver Natur geht. Man vergleiche die Darstellung des orgiastischen Treibens der »Talbrüder« im 13. und 16. Kapitel des Romans Der Narr in Christo Emanuel Quint37 und entsprechende Partien des fragmentarischen (größtenteils 1901 entstandenen) Wiedertäufer-Dramas.38 Beide Beispiele lassen sich schon insofern mit dem Darstellungsmuster der Weber vergleichen, als es auch in ihnen letztlich um die Verwirklichung sozialer Utopien geht. Ist die gelebte Utopie für Hauptmann nur als kurzzeitige Ekstase oder Rausch denkbar? Angesichts der thematischen Vorliebe, die der Autor Hauptmann in anderen Texten für die Verbindung kollektiver Ekstasen und religiöser Inbrunst bezeigt, muss die Zurückhaltung auffallen, mit der das Weber-Drama zunächst auf den Gesamtkomplex der Religion eingeht. Diese Zurückhaltung erscheint umso bemerkenswerter, als der historischen Sozialkritik des Vormärz ja vielfach religiöse Motive oder Argumentationsmuster zugrunde lagen. »Ist es schwer, der Mammonslust den Kainsstempel aufzudrücken, für uns, die wir wissen, daß dieser Götze keinen andern Segen spendet als den Becher unnatürlicher Lust, gefüllt mit dem Herzblut der © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Menschheit?«39 Die rhetorische Frage aus einer Predigt von 1845 macht die Bedeutung ersichtlich, die dem religiösen Diskurs – in Ermangelung und als Vorläufer modernerer Sehweisen – für die Formulierung und Vermittlung früher Sozialkritik zukam. Man kennt ähnliche Beispiele aus dem Hessischen Landboten Büchners und Weidigs. Auch das unter dem Titel »Das Blutgericht« (auch: »Das Blutgerüst«) bekannte anonyme Lied, die Marseillaise des schlesischen Aufstands von 1844, bedient sich religiöser Motive, droht mit der Instanz jenseitiger Gerechtigkeit und lässt die Anklagen gegen den Wuchergeist der Textilfabrikanten gleichsam im Vorwurf der Gottlosigkeit gipfeln: Doch ha! sie glauben an keinen Gott, Noch weder an Höll und Himmel, Religion ist nur ihr Spott, Hält sich ans Weltgetümmel.40 In Hauptmanns Nachlass hat sich eine – wahrscheinlich bei der Arbeit am Drama benutzte – Abschrift des Weberlieds von unbekannter Hand erhalten. Darin steht unter den letzten Strophen, die sich gegen den Luxus der Fabrikanten, gegen die Zurschaustellung ihres Reichtums in »Staatskarossen« und »Palästen« richten, der lapidare Zusatz: »Jerem. 22,13–17«. Der Schluss des »Blutgerichts« wäre demnach eine Applikation jener Verse des Propheten Jeremias, die mit dem Fluch beginnen: »Wehe dem, der sein Haus mit Unrecht baut und seine Söller mit Unbill, der seinen Nächsten umsonst arbeiten läßt und ihm den Lohn nicht bezahlt! der da spricht: ›Ich will mir ein weites Haus und luftige Hallen bauen!‹« Nun wird zwar das »Blutgericht«, als eine Art Leitsymbol des Dramas, in jedem der fünf Weber-Akte genannt, rezitiert oder gesungen – von der Übereinstimmung mit dem Propheten Jeremias wird dabei aber ebenso wenig Gebrauch gemacht wie von den entsprechenden Strophen des © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Liedes (von dem im Drama nur ein Bruchteil zitiert wird). Dennoch lässt Hauptmann den Vorwurf der Gottlosigkeit der Fabrikanten nicht völlig wegfallen. Er legt ihn – als Prosa, d. h. als scheinbar selbst formulierte Rede – einem alten Weber in den Mund, der sich in der Wirtshausszene des 3. Akts »vom Geiste getrieben« erhebt und anfängt, »mit ›Zungen‹ zu reden«: »Doch ha! sie glauben an keinen Gott, noch weder an Höll’ und Himmel. Religion ist nur ihr Spott . . .« (405/40). Die religiöse Perspektive, für den historischen Aufstand von grundsätzlicher Bedeutung, wird hier auf einen Sonderling beschränkt. Die Folgen dieses unscheinbaren Eingriffs sind weitreichend. Indem Hauptmann den Aufstand seiner Weber weitgehend von religiösen Motiven frei hält, modernisiert er ihn, nähert er ihn der ökonomisch begründeten Arbeiterbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts an. Zugleich verschafft er sich damit die Möglichkeit, die religiöse Position im weiteren Verlauf des Dramas als Gegen-Position zur Gewalttätigkeit des Aufstands einzuführen, wie es im 5. Akt mit der Gestalt des gottesfürchtigen alten Hilse – als Gegners der Revolution – geschieht. Die religiöse Mentalität der schlesischen Weber wird also keineswegs unterschlagen, wie ja auch das Drama nicht mit Hinweisen auf ihre äußere Frömmigkeit spart – sie wird nur neu eingeordnet und funktionalisiert. Historische Treue und Aktualisierung stehen in einem sorgfältig austarierten Gleichgewicht.
Massendramatik und Aktstruktur Ähnliche Ausgewogenheit prägt auch die formale Anlage des Dramas, in der der knapp dreißigjährige Autor eine erstaunliche Sicherheit, ja Meisterschaft beweist. An erster Stelle ist hier natürlich die fundamentale Innovation zu nennen, mit der sich dieses © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Drama über Jahrhunderte abendländischer Bühnentradition hinwegsetzt: nämlich der Verzicht auf einen individuellen Helden als Handlungsträger und Sinnzentrum und damit auch auf eine dramatische Handlung im konventionellen Sinn (mit seelischem Konflikt, Liebesbeziehung, Intrige, Verwechslung, Wiedererkennung etc.). Die Form des sozialen Dramas macht hier gewissermaßen mit seinem Inhalt Ernst: Die Antagonisten des ökonomischen Konflikts werden zu den Protagonisten des Stücks. Ein gesellschaftliches Kollektiv minderen Ranges, das in der herkömmlichen Dramatik kaum mehr als die Staffage-Funktion eines zujubelnden oder murrenden »Volks« übernehmen durfte,41 rückt ins Zentrum der dramatischen Struktur: »Der Proletarier betritt die Bühne, und er betritt sie als Masse.«42 Der Begriff »Masse« bedarf allerdings der Einschränkung. Die vergleichsweise intimen Dimensionen des naturalistischen Theaters erlaubten keine Massen-Choreographie im Sinne Max Reinhardts. Die Masse der Arbeiter und der Aufständischen durfte die Bühne eben nicht betreten, war allenfalls als Geräuschkulisse oder perspektivischer Ausschnitt präsent: »Hinter der Tür gewahrt man die Schulter an Schulter gedrängt zusammengepfercht wartenden Webersleute« (327/8). Auch ist Hauptmanns Darstellung des Weber-Kollektivs weit entfernt von der bewusst stilisierenden Präsentation anonymer Massen im expressionistischen Drama, etwa bei Georg Kaiser. Die namentlich genannten Weber, die hier – zusammen mit einer »großen Menge« von Statisten – das Heer der Hungernden zu vertreten haben, sind zumindest im Ansatz persönlich charakterisiert; zugleich aber befinden sie sich alle in derselben ökonomischen und sozialen Position. Für dieses ambivalente Phänomen einer differenzierten, aus der Addition einzelner gebildeten Masse43 ist vor allem der 1. Akt typisch: Ein Weber nach dem anderen tritt hier hervor, um seine Ware abzuliefern. Die Gleichheit der Situation impliziert den Begriff des Kollektivs oder der Masse; die
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Nuancierung der jeweiligen Verhaltensweise (schwankend zwischen den Extremen »aufrührerisch« und »unterwürfig«) bewahrt jedoch die Kategorie des Individuellen. Mit der Preisgabe einer dominierenden Zentralfigur geht Hauptmann entschieden über seine oben genannten literarischen Vorbilder hinaus. Germinal hat einen durchaus konventionellen Romanhelden; Dantons Tod problematisiert zwar die Rolle des politischen Helden, ist aber ebenso selbstverständlich auf einen solchen hin angelegt. Gerade im Vergleich mit Büchners Drama wird freilich auch ein gewisser Konservatismus der Hauptmann’schen Dramenform deutlich: das Festhalten an der geschlossenen Akteinheit im Gegensatz zur Zersplitterung der Akte zugunsten lose verbundener Einzelszenen bei Büchner (wie schon im Sturm und Drang oder bei Shakespeare). Die Beibehaltung des geschlossenen Akts im naturalistischen Drama ist nicht zuletzt in den Bedingungen des naturalistischen Theaterstils begründet: Wo die Wirklichkeitsillusion des Zuschauers oberstes Gebot war und wo diese Illusion durch ein bis in Einzelheiten ›echtes‹ Bühnenbild gefördert wurde, verbot sich ein häufiger Wechsel der Szene. Die Regieanweisungen zu den Webern sind übrigens ein eindrucksvolles Beispiel dafür, welches Gewicht naturalistische Dramatiker einer präzisen Beschreibung des Schauplatzes beimaßen. Und zwar auch dort, wo sie über das Äußerlich-Bühnentechnische hinausgehen und sich an die Phantasie des Lesers (oder Regisseurs) wenden – wie etwa Hauptmanns Regietext zum 1. Akt: »Die meisten der harrenden Webersleute gleichen Menschen, die vor die Schranken des Gerichts gestellt sind, wo sie in peinigender Gespanntheit eine Entscheidung über Tod und Leben zu erwarten haben« (325/7). Die Fixierung des Schauplatzes für jeweils einen Akt beschränkt die Freizügigkeit des Dramatikers und fördert zugleich eine gewisse Übersichtlichkeit des Aufbaus, die zu symmetrischen oder kontrapunktischen Entsprechungen genutzt werden kann. So ist im Falle der Weber die dialektische Beziehung der Schauplätze von Akt 2 und 4 © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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unübersehbar. Jener spielt in Ansorges hochverschuldetem Häuschen (»An dem Hause dahier, da is ooch noch nich a klee Splitterle seine«; 363/23). Dieser in der Villa des Fabrikanten; er endet mit ihrer Plünderung, an der auch Ansorge teilnimmt. Bevor sich Ansorge »mit Geheul« dem Trupp der Zerstörer anschließt, spricht er das Schlusswort (ein echtes Bühnen-Schlusswort, wie es auch andere Akte der Weber kennen): »Nimmst du m’r mei Häusl, nehm’ ich d’r dei Häusl. Immer druf!« (443/56.) Auch die Wahl und Abfolge der übrigen Schauplätze folgt einer nachvollziehbaren, in der Entwicklung des Aufstands begründeten Logik. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass der durch die Identität des Schauplatzes garantierten äußerlichen Einheit der Akte nur sehr bedingt eine innere Einheit der Handlung entspricht. Vielmehr ist weithin eine Segmentierung der Akte in Einzelaktionen zu konstatieren, die eher zufällig aufeinander folgen – am deutlichsten wohl im Falle des 3. (in der Öffentlichkeit des Gasthauses angesiedelten) Akts. Aber auch der 1. Akt besteht ja im Wesentlichen aus einer Kette nach dem gleichen Muster strukturierter (und daher im Grunde vertauschbarer) Episoden: Vortreten eines Webers, Begutachtung seiner Ware, Bezahlung und Zurücktreten. In seiner Form ist er geradezu einer mittelalterlichen Revue vergleichbar.
Episierung und dramatische Wirkung Offensichtlich dringen mit der Öffnung zur sozialen Thematik epische Bauelemente in das moderne Drama ein. Am grundsätzlichsten hat Peter Szondi diesen Sachverhalt reflektiert und problematisiert.44 Demnach ist schon der Vorsatz des naturalistischen Dramatikers, ein bestimmtes soziales Milieu ›vorzuführen‹, ein Verstoß gegen die Prinzipien der klassischen Dramatik. Denn dieser Vorsatz impliziere einen letztlich epischen Zeige-Gestus, der gewichtige Konsequenzen für die Form des Dramas habe. © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Aus der epischen Grundhaltung des Naturalismus erwächst z. B. die in der Dramatik Ibsens und seiner deutschen Schüler häufig begegnende Figur des Reisenden oder Boten aus der Fremde. Seine dramaturgische Notwendigkeit besteht darin, das letztlich statische Milieu zum Sprechen zu bringen, durch sein Eindringen eine Kette von Ereignissen zu provozieren, die sich als Bühnenhandlung darstellen lassen, aus kritischer Sicht aber als eine Art Schein-Handlung erkennbar werden, eben als Vorwand zur Vorführung sozialer Zustände. Im Falle der Weber wären der heimkehrende Reservist Moritz Jäger oder der Reisende des 3. Akts als solche von außen herangetragenen Fermente zur Auslösung eines (pseudo-)dramatischen Prozesses aufzufassen. Die Rolle Jägers beim Schüren einer revolutionären Stimmung im 2. Akt ist ja sehr deutlich und psychologisch überzeugend motiviert. Seine (relative!) Wohlhabenheit macht den Webern die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage deutlich; die schneidige Art des jungen Soldaten strahlt auf die Zurückgebliebenen aus, die in der Permanenz ihres Leidens längst die Energie zu einer selbständigen Aktion verloren hatten. Dem Aufstand selbst kommt nach Szondi nicht der Rang einer dramatischen Handlung, sondern die dienende Funktion zu, eine Dramatisierung des Weber-Elends zu ermöglichen. Die epische Distanz zum Gegenstand, wie sie ein solches gesamtgesellschaftliches – die zwischenmenschliche Kommunikation übersteigendes – Phänomen fordere, präge die Form der Weber, nicht zuletzt auch den Einsatz der Sprache, die nur im letzten Akt (in der Auseinandersetzung Hilse – Luise) eigentlich dialogischen, im Übrigen aber eher Material-Charakter besitze. Tatsächlich kommt dem Dialekt in diesem Drama ja besondere, den Gebrauch von Alltagssprache in anderen naturalistischen Dramen übertreffende Bedeutung zu. Nur ein Schlesier konnte diese Weber so sprechen lassen, und auch Hauptmann als gebürtiger Schlesier hätte ohne seine Ansiedlung im schlesischen Schreiberhau 1891 die Urfassung wohl kaum in © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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solcher sprachlichen Konsequenz vollenden können. Schon die Tatsache, dass der Autor selbst von seiner Dialektfassung eine Art behutsamer Rückübersetzung ins Hochdeutsche anfertigen musste, ist ja ein Unikum (und übrigens die präzise Umkehrung jenes Vorgangs, der aus der Entstehungsgeschichte von Sudermanns Schauspiel Die Ehre bekannt ist: der nachträglichen Einfärbung der Hinterhaus-Akte in berlinische Mundart). Szondi hierzu: »Aus dem naturalistischen Dialog, der die Aufnahmen späterer Phonogrammarchive vorwegnimmt, sind immer auch die Worte des wissenschaftsfreundlichen Dramatikers herauszuhören: ›So sprechen diese Leute, ich hab’ sie studiert.‹«45 Das unsichtbare epische Ich ist Szondi zufolge schon im Arrangement des Dramas spürbar, in der Anordnung der locker verbundenen Einzelakte mit jeweils (zu einem erheblichen Teil) neuem Personal. Aus der Offenheit einer solchen Bauform und der prinzipiellen Unendlichkeit der epischen Handlung ergebe sich für den Dramatiker aber auch ein spezifisches Problem, das Hauptmann in den Webern mit einer Art Salto mortale nach rückwärts, zurück in die Theaterkonvention löse. Nämlich das Problem des Schlusses. Die Einführung des Revolutionsgegners Hilse im 5. Akt und sein Tod auf offener Bühne unmittelbar vor dem Fallen des Vorhangs hat schon vielen Interpreten Rätsel aufgegeben und die verschiedensten metaphysischen und politischen Deutungen erfahren (auf die noch zurückzukommen ist). Nach Szondi erklärt sich die befremdende Wendung rein strukturell aus dem »Widerspruch zwischen epischer Thematik und nicht aufgegebener dramatischer Form«.46 Dieser ist das Prinzip des pointierten Schlusses inhärent als logische Folge der Ausrichtung des klassischen Dramas auf einen zwischenmenschlichen Konflikt. Hauptmann gibt diese thematische Begrenzung des Dramas auf – mit der Öffnung zur sozialen Thematik und der Aufnahme epischer Strukturen zumal in Akt 1–4 – und hat (Szondi zufolge) doch nicht den Mut, die Episierung bis zum Schluss durchzuhalten – also etwa mit einem unbetonten oder © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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offenen Ende zu schließen, wie es der epischen Qualität des Gegenstandes und seines primären Ansatzes eher entsprochen hätte. Der hier verwendete Begriff des Epischen bedarf einer Präzisierung und Eingrenzung im Hinblick auf Brechts Theorie des epischen Theaters, mit der er fraglos verwandt, aber nicht gleichzusetzen ist. Brecht hat Hauptmann bekanntlich eine begrenzte Anerkennung gezollt:47 »Die Naturalisten (Ibsen, Hauptmann) suchten die neuen Stoffe der neuen Romane auf die Bühne zu bringen und fanden keine andere Form dafür als eben die dieser Romane: eine epische.«48 Im Unterschied zu dieser frühen Äußerung von 1928 werden für Brechts spätere Theaterkonzeption und damit auch für seinen Begriff des epischen Theaters Elemente wichtig, die sich keinesfalls im Hauptmann’schen Naturalismus vorgebildet finden: Stichwortartig sind hier die Forderungen nach Desillusionierung, Distanzierung oder Desintegration als Konsequenzen aus der Theorie des Verfremdungs-Effekts zu nennen. In diesem vom späteren Brecht geprägten Sinne ist Hauptmanns Dramatik und sind zumal die Weber keinesfalls als »episch« zu bezeichnen. So ist denn auch schon früh gegen Szondi eingewandt worden, dass die Wirkung dieses Dramas (und zwar nicht nur die historisch belegte, sondern die am Text selbst als Intention abzulesende) ungeachtet aller ›epischen‹ Momente eine ausgesprochen ›dramatische‹ sei.49 Die Reihung einzelner Episoden innerhalb der ersten Akte unterliegt einem Gesetz der Steigerung, das geradezu die Rekonstruktion einer jeweils jäh ansteigenden »Stimmungskurve« erlaubt.50 Man hat mit Bezug auf die Akte 1–4 daher von einem sich steigernden Anbranden von Erregungswogen gesprochen.51 Hauptmann selbst sagt Ähnliches in einem ähnlichen Bild, wenn er sich in einem Gespräch von 1941 über die »dramatische Kurve« äußert, die er »mit dem Bilde eines Springbrunnens« vergleicht (»das jähe Aufsteigen der Wassersäule bis zum Scheitelpunkt, wo sie dann abstürzend den Weg wieder zum Boden nimmt«): »Auch © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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mir hat man oft die angebliche Epik meiner Dramen vorgeworfen. Aber mit Unrecht. Die Weber z. B. haben diese Kurve durchaus. Akt I bis IV zeigen den immer steileren Aufstieg der Handlung, Akt V den Absturz.«52 Episches kann offenbar in Dramatisches umschlagen, eine offene Bauweise verträgt sich mit Geschlossenheit der Wirkung. Als Prüfstein solcher Dialektik – einer für das Vertrauen in die Aussagekraft gängiger stilkritischer Begriffe gewiss nicht gerade förderlichen Dialektik – mag die Funktion des Weberlieds im Drama dienen, die oben schon kurz gestreift wurde. Volker Klotz hat die Einbeziehung volkstümlichen Liedgutes als Merkmal einer offenen Dramenform herausgearbeitet.53 Der Gebrauch, den Die Weber an verschiedenen Stellen von Hoffmann von Fallerslebens Sammlung Schlesische Volkslieder (1841) machen, scheint seinen Befund zu bestätigen; denn hier dominiert die Freude am Volkswitz und an der heiteren Wendung.54 Die Rolle des »Blutgerichts« dagegen, das in jedem der fünf Akte auftaucht, geht offenbar eher in Richtung auf eine Verklammerung und Vereinheitlichung des Stücks und eine Emotionalisierung seiner Wirkung. Trotz des Zitat-Charakters dieses Liedes, das ja zunächst vorgelesen und dessen Herkunft diskutiert wird, verschmilzt der Fremdtext mit seiner Umgebung: als authentisch-unmittelbarer Ausdruck der Revolte. Brecht, dessen eigene Dramatik dem Chanson und der Moritat eine durchaus entgegengesetzte Funktion zuweist, hat wiederholt die schicksalsdramatische Qualität kritisiert, die Hauptmanns Weber gerade aufgrund dieser Geschlossenheit ihrer Wirkung annehmen: Der Klassenkampf war dargestellt, das war realistisch, aber er hatte einen eigentümlichen Naturcharakter im bürgerlichen Sinn, das heißt, die Natur war metaphysisch aufgefaßt [. . .]. Es war natürlich, daß die Proletarier kämpften, aber es war auch natürlich, daß sie besiegt werden. Der Einfluß der Umgebung auf die © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Menschen wurde zugegeben, aber nicht, um diese auf den revolutionären Geist zu lenken; die Umgebung trat als Schicksal auf, wurde nicht als von Menschen aufgebaut und von Menschen veränderbar dargestellt.55 Mit der Kritik am Fatalismus der Darstellung verbindet sich ein zweiter, gleichfalls an der emotionalen Qualität der Weber anknüpfender Einwand: er betrifft den Appell an das Mitleid des Bürgertums.
Dramaturgie des Mitleids? Text und Aufführung Hauptmann ist als Dramatiker des Mitleids in die Literaturgeschichte eingegangen; die Dramaturgie der Weber und des Naturalismus überhaupt gilt weithin als MitleidsDramaturgie. In frühen Versen hat Hauptmann tatsächlich das Ideal einer MitleidsDichtung entworfen: [. . .] o beuge dich nieder zum Herzen der Armen, mitleidig und mild, und was es dir zitternd und weinend umhüllt, ersteh’ es in Tönen dir wieder! (IV, 36) Im Verlauf des Weber-Prozesses trat Hauptmann dem Vorwurf der politischen Tendenz mit einer durch seinen Anwalt Grelling verbreiteten Erklärung entgegen, wonach er sich bei der Arbeit am Drama ausschließlich von der »christlichen und allgemein menschlichen Empfindung, die man Mitleid nennt«,56 habe leiten lassen. Ähnlich hat er sich auch später noch vernehmen lassen – so etwa (zur Enttäuschung manches © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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sozialistischen Freundes) bei der Verleihung des Literaturnobelpreises 1912, der ihm hauptsächlich aufgrund der Weber zuerkannt worden war.57 Trotz der Vielzahl der Zeugnisse ist einiges Misstrauen gegenüber dieser (von seinen liberalen Anhängern begierig aufgegriffenen) Selbstdarstellung angebracht. Zum einen ist ihre apologetische Funktion unverkennbar: Sie schützte Hauptmann vor einer politischen Verurteilung von rechts ebenso wie vor einer parteilichen Vereinnahmung von links. Zum andern hat dieser Autor nirgends – wie Lessing – eine konsistente Theorie des »Mitleidens« entwickelt. Seine theoretischen Aussagen – substantielle Äußerungen liegen hier allerdings erst aus späterer Zeit vor58 – deuten eher auf einen Glauben an die unentrinnbare Leidverfallenheit der Welt, eine Art Ur-Tragik hin. So viel jedenfalls steht fest, dass der Dichter der Weber auf keinen Fall für eine (im landläufigen Sinn) moralische Dichtungsauffassung in Anspruch genommen werden kann. Tagebucheintragungen aus der Zeit ihrer Entstehung bezeugen vielmehr eher das krisenhafte Selbstbewusstsein eines individualistischen Ästheten: »Richtung und Dichtung. D----------R. Man muß ganz persönlich sein.« – »Die Zeit ist – ach wie lange! – vorbei, wo ich noch sagen konnte: ›Das einzig Richtige ist . . .‹.«59 Auch eine nähere Betrachtung der Weber zeigt, dass hier von einer schlichten Einfühlungs-Dramaturgie, von einer einseitigen Verklärung der Arbeiter nicht die Rede sein kann. Wir lernen Beispiele von unterwürfiger Schmeichelei gegenüber den Mächtigen kennen, von Knausrigkeit und erpresserischer Bettelei gegenüber Gleichgestellten. Wir hören von der Trunksucht der Weber und ihrer ökonomischen Unvernunft, etwa im übertriebenen Aufwand für Bestattungen. Und wir erleben schließlich die chaotische Aggressivität der Revolte in ihrer historischen Sinnlosigkeit, wie dem Aufruf zur Maschinenstürmerei. Hornigs sentenziöser Ausruf, das Schlusswort des 3. Akts: »A jeder Mensch hat halt ’ne Sehnsucht« (413/43), wirkt zwar im Sinne einer Sympathielenkung zugunsten der Unterdrückten. Dennoch ist der Text des © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Dramas offensichtlich vom Bemühen um weitgehende Objektivität der Darstellung geprägt – eine Objektivität, wie sie ja auch in theoretischen Verlautbarungen des Naturalismus gefordert wurde. Anders als um den Text des Dramas war es freilich um die Aufführung bestellt, mit der Die Weber Theatergeschichte, ja Geschichte machten. Die erste öffentliche Aufführung am Deutschen Theater Berlin am 25. September 1894 unterlag einer doppelten Paradoxie. Otto Brahm, der kurz zuvor die Leitung der renommierten Bühne übernommen hatte und sie in den nächsten Jahren zur prominenten Plattform der naturalistischen Moderne machen sollte, unterwarf das Stück einer diskreten dramaturgischen Überarbeitung,60 die offensichtlich dem Zweck diente, bürgerlichen Vorurteilen gegenüber dem vermeintlichen Revolutionsstück zuvorzukommen. Die taktische Korrektur erwies sich jedoch als Verschlimmbesserung. Indem Brahm alle die Weber potentiell belastenden Elemente tilgte und die Vertreter der Kapital-Seite ins Karikaturistische verzerrte, machte er aus dem um Objektivität bemühten naturalistischen Drama ein ans Sentimentale grenzendes Mitleidstück – und damit letztlich (was er gewiss nicht wollte und in seiner Rezension der Buchausgabe61 ausdrücklich bestritten hatte) auch ein Tendenzstück. Die andere Paradoxie bestand in der Zusammensetzung des Publikums. Das Stück von den Ärmsten der Armen wurde vor den Neureichen des Berliner Westens aufgeführt, ja es war von der Zensur speziell für dieses Publikum freigegeben worden. Denn nur mit dem Argument, dass die Plätze des Deutschen Theaters für Angehörige der revolutionsverdächtigen Arbeiterschaft unerschwinglich waren, hatte die Aufhebung des polizeilichen Zensurverbots beim Preußischen Oberverwaltungsgericht durchgesetzt werden können.62 Das Berliner Arbeiterpublikum hatte Hauptmanns Drama in mehreren Vorstellungen der Neuen Freien Volksbühne Bruno Willes und der Freien Volksbühne Franz Mehrings erleben und bejubeln dürfen (derartige Vereinsaufführungen unterlagen © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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nicht der Zensur) – aber erst, nachdem die Freigabe für die bürgerliche Öffentlichkeit gesichert war. Die Priorität Hauptmanns gehörte eindeutig der Institution, auf der Die Weber als dramatisches Kunstwerk zur Entfaltung kommen und gewürdigt werden konnten. Zu einer solchen ästhetischen Rezeption aber kam es nicht. Die Politisierung des Stücks durch den vorausgehenden Prozess und die um ihn in der Öffentlichkeit in aller Schärfe ausgetragene Auseinandersetzung, die Sensationslust des gut- bis großbürgerlichen Publikums und Brahms Mitleidsdramaturgie bedingten eine tumultuarische Aufnahme, in der die literarischen Qualitäten des Dramas völlig in den Hintergrund traten: »Das Beifallsgebrause begann in unerhörter Stärke schon nach dem ersten Akte, und nach jedem weiteren der fünf Akte wiederholte es sich, ohne sich steigern zu können, weil eine Steigerung das in einem Theaterraum Mögliche überschritten haben würde.«63 Insbesondere Kritiker des rechtsbürgerlichen Lagers nahmen an der rauschhaften Begeisterung Anstoß, in der sich die Angehörigen des Besitzbürgertums für die Dauer der Aufführung mit den revoltierenden Hungerleidern identifizierten. In diesem Sinn kritisiert Leo Leipziger die »Feigheit« und »geistige Inferiorität« der Bourgeoisie: »Es ist allerdings eine merkwürdige Erscheinung, daß dieselben Leute, welche soeben noch der Revolution gegen Besitz und Kapital zujubelten, nachher ruhigen Gemüts auf Gummirädern zu Uhl und Dressel fahren können, um dort, voll von der Größe und der dichterischen Leistung Gerhart Hauptmanns, Austern und Hummern mit Wohlgefallen zu verzehren.«64 Noch Heinrich Manns Roman Im Schlaraffenland (1900) zeichnet ein satirisches Bild dieser Premiere in der Beschreibung der Aufführung des Melodrams »Rache!« vor einem erlesenen Publikums: »Es war eine Szene, der niemand widerstand. Der Racheschrei des ausgesogenen, geschändeten Volkes ging durch das ganze Haus. Er durchschüttelte die Damen, daß ihre Brillanten klirrten [. . .]. © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Die Millionäre auf den Stehplätzen schrien da capo. Ihre weißen Handschuhe klafften bereits, und infolge ihres minutenlang anhaltenden Beifallssturmes war man genötigt, den Vorhang herabzulassen.«65 Auch Heinrich Mann, der damals noch einen elitären Konservatismus vertrat, karikiert die Verlogenheit und Verblendung der Bourgeoisie; gleichzeitig fällt ein fragwürdiges Licht auf die Beschaffenheit jener Art von sozialer Dramatik, die dem Geschmack eines solchen Publikums entsprach.
Zum Problem des letzten Akts Hier stellt sich erneut die Frage nach der Verbindlichkeit der in den Webern geübten Sozialkritik, nach ihrem Stellenwert als soziales oder politisches Drama. Tatsache ist, dass das Stück zunächst als Politikum gewirkt hat – nicht nur in Deutschland, wo der Zensurprozess die Weichen der Rezeption gestellt hatte, sondern auch im Ausland. So liegen beispielsweise für die Wirkung der Weber im zaristischen Russland die eindrucksvollsten Zeugnisse vor.66 Nachdem der Gang der Geschichte die Herrschaftssysteme hinweggefegt hat, die sich seinerzeit durch eine Aufführung des Dramas bedroht fühlen konnten, sind allerdings auch die Möglichkeiten geschwunden, eigene Revolutionswünsche oder -ängste in den Text hineinzuprojizieren, fällt es zunehmend schwerer, die politische Brisanz nachzuempfinden, die sich für die Zeitgenossen mit diesem Drama verband. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem 5. Akt zu, der, wie schon angedeutet, die unterschiedlichsten Deutungen erfahren hat.67 Die einprägsamste Formel hat wohl Theodor Fontane gefunden, als er sagte, dass sich hier das »Drama der Volksauflehnung« zuletzt »gegen die Auflehnung auflehnt«.68
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Die Schlüsselfigur dieses Aktes ist die Gestalt des Vater Hilse, eines alten Webers, der aus moralischen und politischen, vor allem aber aus religiösen Gründen die Teilnahme an der Revolution verweigert und auch den eigenen Sohn – allerdings vergeblich – von ihr fern zu halten sucht. Der Tod des Kriegsinvaliden, der auch dann nicht bereit ist, seinen Platz am Webstuhl zu verlassen, als draußen die ersten Schüsse fallen – »Hie hat mich mei himmlischer Vater hergesetzt« (479/71) –, hat immer wieder zu moralischen oder allegorischen Deutungen verlockt, die einander z. T. völlig entgegengesetzt sind. Hat Hauptmann zeigen wollen, dass sich der Einzelne dem gesellschaftlichen Kampf dauerhaft nicht entziehen kann? Oder hat er zeigen wollen, dass dieser Kampf unschuldige Menschen das Leben kostet? Ist damit eine Stellungnahme für oder gegen die Revolution verbunden? Wie dem auch sei, hätte Hauptmann hier in der Tat eine Botschaft vermitteln wollen, er hätte sich weit von der Grundposition der naturalistischen Ästhetik entfernt. Mag Hauptmann auch ein unsicherer Kantonist der naturalistischen Bewegung gewesen sein – es fällt schwer zu glauben, dass er sich in seinem (auch unter dem Kriterium des Naturalismus) bedeutendsten Drama so weit von seinem Ausgangspunkt entfernt haben soll. Insofern ist Deutungen der Vorzug zu geben, die sich auf strukturelle Überlegungen konzentrieren. In diesem Sinn hat Peter Szondi, wie oben referiert, den Konflikt zwischen epischer Thematik und dramatischer Konvention ins Spiel gebracht. Brian Holbeche dagegen verweist auf die theatralischen Voraussetzungen des naturalistischen Dramas, das an ein Innenraum-Bühnenbild gebunden und daher nicht in der Lage ist, Massenvorgänge als solche in Szene zu setzen.69 Der Naturalist muss hierfür vielmehr auf altbewährte Techniken wie Botenbericht und Teichoskopie zurückgreifen. Der 5. Akt der Weber und Hilses Tod stellt sich demnach als Versuch dar, dramaturgische Hilfskonstruktionen wie die Beobachter- und Kommentatorfiguren im Hilse’schen Haus mit thematischer Bedeutung aufzuladen (Streitgespräch Hilse – Luise) und eine © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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unmittelbare Verbindung zwischen Vordergrunds- und Hintegrundsgeschehen herzustellen (gipfelnd in der verirrten Kugel, die den Kommentator trifft). Hat Fontane Derartiges gemeint, als er den ganzen 5. Akt der Weber als »Notbehelf« titulierte?70 Über derlei technischen Überlegungen sollte jedoch nicht der positive Ertrag des 5. Akts vergessen werden. Unbestritten ist die Erweiterung des geistigen Horizonts, die hier statthat; erstmals in diesem Stück über einen Aufstand kommt es zu einer moralischen Diskussion über die Berechtigung politischer Gewalt von unten. Diese Diskussion wird im Drama nicht entschieden – weder Luises und Gottliebs Teilnahme an der Revolte noch Hilses Tod kann als Entscheidung gelten. Sie wird weitergeführt in der Revolutionsdramatik des 20. Jahrhunderts. Man mag an Brechts Lehrstück Die Maßnahme (1930) und Stücke wie Heiner Müllers Mauser (1976) oder Die Hamletmaschine (1977) denken. Näher noch liegt der Vergleich mit Tollers Masse Mensch (1921) und Brechts Die Heilige Johanna der Schlachthöfe (1931)71 – Dramen, die (mit durchaus konträrer Wirkung) das Unterliegen und den Tod von Anhängern der Idee einer gewaltfreien Revolution zeigen. In die Reihe dieser Märtyrer(innen) gehört auch der fromme Hilse in Hauptmann Drama, der allerdings mit der revolutionären Gewalt auch das Recht zum Aufstand überhaupt bestreitet. Im Unterschied zu Brechts Johanna bekehrt er sich nicht in letzter Stunde zu einer progressiven Weltanschauung. Im Unterschied zur Dramatik Brechts wie Tollers ist auch keine Bekehrung des Zuschauers vorgesehen. Es gehört zur spezifischen Qualität dieses naturalistischen Dramas, das auch in anderer Hinsicht einen Balanceakt zwischen konträren Positionen (zwischen historischer und aktueller Dimension, zwischen epischer und dramatischer, offener und geschlossener Form) darstellt, dass die Frage, wer hier im Recht ist, offen bleibt.
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Literaturhinweise Brauneck, Manfred: Literatur und Öffentlichkeit im ausgehenden 19. Jahrhundert. Studien zur Rezeption des naturalistischen Theaters in Deutschland. Stuttgart 1974. Cowen, Roy C.: Hauptmann-Kommentar zum dramatischen Werk. München 1980. Findlay, Bill: Silesian into Scots. Gerhart Hauptmann’s The weavers. In: Modern drama 41 (1998) S. 90–104. Gafert, Karin: Die Soziale Frage in Literatur und Kunst des 19. Jahrhunderts. Ästhetische Politisierung des Weberstoffes. 2 Bde. Kronberg i. Ts. 1973. Gerhart Hauptmanns Weber. Eine Dokumentation. Hrsg. von Helmut Praschek. Berlin [Ost] 1981. Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Vollständiger Text des Schauspiels. Dokumentation. Hrsg. von Hans Schwab-Felisch. Frankfurt a. M. / Berlin / Wien 1977. (Ullstein Buch. 3901.) Hilscher, Eberhard: Gerhart Hauptmann. 4., überarb. Aufl. Berlin [Ost] 1987. Hoefert, Sigfrid: Gerhart Hauptmann. 2., durchges. und erg. Aufl. Stuttgart 1982. (Sammlung Metzler. 107.) – Internationale Bibliographie zum Werk Gerhart Hauptmanns. Bd. 1. Berlin 1986. (Veröffentlichungen der Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft 3.) Jacobs, Jürgen: Gerhart Hauptmanns Weber. Historien- und Zeitstück. In: Geschichte als Schauspiel. Deutsche Geschichtsdramen. Interpretationen. Hrsg. von Walter Hinck. Frankfurt a. M. 1981. (Suhrkamp Taschenbuch. 2006.) S. 227–239. Kroneberg, Lutz: »Die Weber«. Schauspiel aus den vierziger Jahren. Von Gerhart Hauptmann. In: Deutsche Dramen. Interpretationen zu Werken von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Hrsg. von Harro Müller-Michaels. Bd. 2: Von Hauptmann bis Botho Strauß. Königstein i. Ts. 1981. (Athenäum Taschenbücher. 2163.) S. 3–23. © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Lehmann, Jürgen: Gerhart Hauptmann, Die Weber. In: Dramen des 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1997. S. 306–328. Mittler, Rudolf: Theorie und Praxis des sozialen Dramas bei Gerhart Hauptmann. Hildesheim 1985. Schumann, Barbara: Untersuchungen zur Inszenierungs- und Wirkungsgeschichte von Gerhart Hauptmanns Schauspiel Die Weber. Düsseldorf 1982. Siefert, Christa: Die Industrialisierung in der deutschen Literatur der Jahrhundertwende. Eine Analyse ausgewählter Texte Gerhart Hauptmanns, Heinrich Manns und Georg Heyms. Bochum 1995. Sprengel, Peter: Gerhart Hauptmann. Epoche – Werk – Wirkung. München 1984. Weber-Revolte 1844. Der schlesische Weberaufstand im Spiegel der zeitgenössischen Publizistik und Literatur. Hrsg. von Lutz Kroneberg und Rolf Schloesser. 2. Aufl. Köln 1980.
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Anmerkungen 1
Brief vom 15. 9. 1889, zit. nach: Gerhart Hauptmann, Notiz-Kalender 1889–1891, hrsg. von Martin Machatzke, Frankfurt a. M. / Berlin / Wien 1982, S. 175. 2 Zitiert wird nach: Gerhart Hauptmann, Sämtliche Werke, Centenar-Ausgabe, hrsg. von Hans-Egon Hass, fortgef. von Martin Machatzke und Wolfgang Bungies, 11 Bde., Frankfurt a. M. / Berlin 1962–74. – In den Anmerkungen zit. als CA, im Text nur mit Band- und Seitenzahl. 3 Vgl. Vera Ingunn Moe, Deutscher Naturalismus und ausländische Literatur. Zur Rezeption der Werke von Zola, Ibsen und Dostojewski durch die deutsche naturalistische Bewegung (1880–1895), Frankfurt a. M. / Bern / New York 1983. 4 Notiz-Kalender 1889–1891 (Anm. 1) S. 43–47. 5 Vgl. John C. Blanenagel, »The Mob in Zola’s Germinal and in Hauptmann’s Weavers«, in: Publications of the Modern Language Association 39 (1924) S. 705–721. 6 Vgl. die repräsentative Textsammlung: Weber-Revolte 1844. Der schlesische Weberaufstand im Spiegel der zeitgenössischen Publizistik und Literatur, hrsg. von Lutz Kroneberg und Rolf Schloesser, 2. Aufl., Köln 1980. Ferner folgende Untersuchungen: Karin Gafert, Die Soziale Frage in Literatur und Kunst des 19. Jahrhunderts. Ästhetische Politisierung des Weberstoffes, 2 Bde. Kronberg i. Ts. 1973; Walter Wehner, Heinrich Heine: »Die schlesischen Weber« und andere Texte zum Weberelend, München 1980 (UTB 973). 7 Abb. in: Weber-Revolte 1844 (Anm. 6) S. 266, und in: Peter Sprengel, Gerhart Hauptmann. Epoche – Werk – Wirkung, München 1984, S. 82. 8 Aus einer frühen Beschreibung des Gemäldes, zit. bei Gafert (Anm. 6) S. 266. 9 Georg Weerth, Vergessene Texte, hrsg. von. Jürgen-W. Goette, Jost Hermand und Rolf Schloesser, Bd. 2, Köln 1976, S. 271–394. © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Abdruck beider Fassungen des Gedichts (»Die armen Weber«, 1844; »Die schlesischen Weber«, 1847) in: Weber-Revolte 1844 (Anm. 6) S. 483 f. 11 »Das Elend und der Aufruhr in Schlesien« (1845), in: Gerhart Hauptmann, Die Weber, Vollständiger Text des Schauspiels. Dokumentation, hrsg. von Hans SchwabFelisch, Frankfurt a. M. / Berlin / Wien 1977 (Ullstein Buch, 3901), S. 133–152. Ferner in: Weber-Revolte 1844 (Anm. 6) S. 241–264, und in: Gerhart Hauptmanns »Weber«. Eine Dokumentation, hrsg. von Helmut Praschek, Berlin [Ost] 1981, S. 64–82. 12 Aus der Handschrift im Gerhart-Hauptmann-Nachlass der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, zit. in: Sprengel (Anm. 7) S. 99. 13 CA VII,1078. 14 Für die politische Charakterisierung des Vaters ist die Gestalt Bob Holzmanns (Abwandlung von »Robert Hauptmann«!) im Erzählfragment »Herr Denzin« von Aufschluss; vgl. insbesondere CA XI,166 f. 15 So Manfred Brauneck, Literatur und Öffentlichkeit im ausgehenden 19. Jahrhundert. Studien zur Rezeption des naturalistischen Theaters in Deutschland, Stuttgart 1974, S. 151. 16 Vgl. CA VII,1061. 17 Bei Zitaten aus den Webern folgt auf die Seitenangabe aus Bd. 1 der CentenarAusgabe (Textgrundlage) die Seitenzahl der von Schwab-Felisch besorgten Taschenbuchausgabe (Anm.11). 18 Notiz-Kalender 1889–1891 (Anm. 1) S. 258 f. 19 Ebd., S. 326 f. 20 Weber-Revolte 1844 (Anm. 6) S. 552. 21 Notiz-Kalender 1889–1891 (Anm. 1) S. 259. 22 Brief vom 14. 6. 1891 (ebd., S. 257).
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Abdruck in: Weber-Revolte 1844 (Anm. 6) S. 114–143; Gerhart Hauptmanns »Weber« (Anm. 11) S. 39–51. 24 Besprechung der ersten öffentlichen Aufführung in: Vossische Zeitung, Nr. 452 vom 27. 9. 1894, wiederabgedr. in: Hauptmann, Die Weber (Anm. 11), S. 217–220. Vgl. auch John C. Blankenagel, »Alfred Zimmermann as a Source of Hauptmann’s Weber«, in: Modern Language Notes 41 (1926) S. 242–248. 25 Besprechung der Uraufführung durch die Freie Bühne in: Die Neue Zeit 11 (1892/93) Bd. 1, S. 769–774, wiederabgedr. in: Hauptmann, Die Weber (Anm. 11) S. 195–203. Das Zitat ebd., S. 201. 26 Brief an Otto Brahm vom 5. 3. 1891, in: Otto Brahm – Gerhart Hauptmann, Briefwechsel 1889–1912, Erstausgabe mit Materialien, hrsg. von Peter Sprengel, Tübingen 1985, S. 114. 27 »Gerhart Hauptmann unter den schlesischen Webern«, wiederabgedr. in: Hauptmann, Die Weber (Anm. 11) S. 166–175, und in: Gerhart Hauptmanns »Weber« (Anm. 11) S. 98–106. 28 Vgl. Peter Sprengel, Die Wirklichkeit der Mythen. Untersuchungen zum Werk Gerhart Hauptmanns aufgrund des handschriftlichen Nachlasses, Berlin 1982 (Veröffentlichungen der Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft, 2), S. 100 f. 29 Brief vom 7. 3. 1892, in: Brahm-Hauptmann (Anm. 26) S. 124. 30 Zit. nach: Brauneck (Anm. 15) S. 51. 31 Ebd., S. 55 32 Tägliche Rundschau, Nr. 50 vom 28.2.1893, hier zit. nach: Berlin – Theater der Jahrhundertwende. Bühnengeschichte der Reichshauptstadt im Spiegel der Kritik (1889–1914), hrsg. von Norbert Jaron, Renate Möhrmann und Hedwig Müller, Tübingen 1986, S. 254. 33 Ebd., S. 257. © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Ebd., S. 258. So von Lutz Kroneberg, »Die Weber. Schauspiel aus den vierziger Jahren. Von Gerhart Hauptmann«, in: Deutsche Dramen. Interpretationen zu Werken von der Aufklärung bis zur Gegenwart, Bd. 2: Von Hauptmann bis Botho Strauß, Königstein i. Ts. 1981 (Athenäum Taschenbücher, 2163), S. 3–23. 36 Peter Iden, »Lernen von einem Schauspieler«, in: Frankfurter Rundschau, 9. 4. 1983, Beilage S. III. 37 Vgl. Sprengel (Anm. 28) S. 121. 38 Insbesondere CA VIII,754–767. Vgl. Wolfgang Bungies, Gerhart Hauptmanns nachgelassene dramatische Fragmente »Die Wiedertäufer«. Beiträge zum Verständnis seines dichterischen Schaffens, Bonn 1971, S. 80–100. 39 Zit. nach: Hans Adler, »Weberliteratur und soziale Frage im Vormärz«, in: WeberRevolte 1844 (Anm. 6) S. 265–278, hier S. 265. 40 Weber-Revolte 1844 (Anm. 6) S. 471. In leicht abweichender Fassung auch in: Hauptmann, Die Weber (Anm. 11) S. 117. 41 Vgl. Hannelore Schlaffer, Dramenform und Klassenstruktur. Eine Analyse der dramatis persona »Volk«, Stuttgart 1972. 42 Bertolt Brecht, Gesammelte Werke, 20 Bde., Frankfurt a. M. 1967 (Werkausgabe edition suhrkamp), Bd. 19, S. 364. 43 Vgl. Fritz Martini, »Soziale Thematik und Formwandlungen des Dramas«, in: Episches Theater, hrsg. von Reinholf Grimm, Köln/Berlin 1966, S. 246–278, hier S. 252. 44 Peter Szondi, Theorie des modernen Dramas, 5. Aufl., Frankfurt a. M. 1968 (edition suhrkamp, 27), S. 68–73. 45 Ebd., S. 71. 46 Ebd. S. 72. 35
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Vgl. Heinz-Dieter Tschörtner, Ungeheures erhofft. Zu Gerhart Hauptmann – Werk und Wirkung, Berlin [Ost] 1986, S. 267–295. 48 Brecht (Anm. 42) Bd. 15, S. 151. 49 So Kurt May, »Gerhart Hauptmann. Die Weber«, in: Das deutsche Drama vom Barock bis zur Gegenwart. Interpretationen, hrsg. von Benno von Wiese, Bd. 2, Düsseldorf 1962, S. 157–165. 50 Vgl. Hans Rabl, Die dramatische Handlung in Gerhart Hauptmanns »Webern«, Halle 1928 (mit graphischen Tafeln!). 51 May (Anm. 49) S. 160 f. 52 Carl Friedrich Wilhelm Behl, Zwiesprache mit Gerhart Hauptmann. Tagebuchblätter, München 1948, S. 76. 53 Volker Klotz, Geschlossene und offene Form im Drama, 10. Aufl., München 1980, S. 197–203. 54 Vgl. Martin Machatzke, »Gerhart Hauptmanns Weg nach Schlesien (1891–1894)«, in: Schlesien 29 (1984) S. 210–224, hier S. 215–217. 55 Brecht (Anm. 42) Bd. 19, S. 366. 56 Zit. nach: Brauneck (Anm. 15) S. 57. 57 Vgl. Hans von Brescius, Gerhart Hauptmann. Zeitgeschehen und Bewußtsein in unbekannten Selbstzeugnissen. Eine politisch-biographische Studie, Bonn 1976, S. 60 f. 58 Vgl. folgende Aussagen zur Tragödie, zu Shakespeare und zu Käthe Kollwitz aus dem Zeitraum 1908–23: CA VII,80 f., VI,927–929, 941 f. 59 Notiz-Kalender 1889–1891 (Anm. 1) S. 332 f. (Eintragungen vom 25.1. und 13.2.1891). 60 Vgl. Barbara Schumann, Untersuchungen zur Inszenierungs- und Wirkungsgeschichte von Gerhart Hauptmanns Schauspiel »Die Weber«, Düsseldorf 1982, S. 50 f. (auf der © 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart.
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Grundlage des im Theatermuseum der Universität Köln befindlichen Regiebuchs der Aufführung von 1894). 61 Die Nation 9 (1891/92) S. 446 f., wiederabgedr. in: Otto Brahm, Kritiken und Essays, hrsg. von Fritz Martini, Stuttgart 1964, S. 457–464, und in: Gerhart Hauptmanns »Weber« (Anm. 11) S. 129–134. 62 Der entscheidende Satz des Urteils lautete: »Mag, worüber die Parteien streiten, der letzte Platz im Deutschen Theater 1,50 M oder 1 M kosten, jedenfalls sind, wie bekannt, die Plätze im allgemeinen so teuer und ist die Zahl der weniger teueren Plätze verhältnismäßig so gering, daß dieses Theater vorwiegend nur von Mitgliedern derjenigen Gesellschaftskreise besucht wird, die nicht zu Gewalttätigkeiten oder anderweitiger Störung der öffentlichen Ordnung geneigt sind« (Hauptmann, Die Weber [Anm. 11] S. 247). 63 Otto Neumann-Hofer, in: Berliner Tageblatt, Nr. 489 vom 26. 9. 1894, hier zit. nach: Berlin – Theater der Jahrhundertwende (Anm. 32) S. 302. 64 Leo Leipziger, in: Das Kleine Journal, Nr. 341 vom 28. 9. 1894, hier zit. nach: Gerhart Hauptmanns »Weber« (Anm. 11) S. 201. 65 Heinrich Mann, Der Untertan. Im Schlaraffenland, Düsseldorf 1976 (Werksauswahl in 10 Bänden), S. 609 f. 66 Vgl. E. Mandel, »Gerhart Hauptmanns Weber in Rußland«, in: Zeitschrift für Slawistik 12 (1967) S. 5–19; Albert A. Kipa, Gerhart Hauptmann in Russia: 1889–1917. Reception and Impact, Hamburg 1974. 67 Vgl. die Zusammenstellung bei Sigfrid Hoefert, Gerhart Hauptmann, 2. Aufl., Stuttgart 1982 (Sammlung Metzler, 107), S. 20 f. Ferner: William H. Rey, »Der offene Schluß der Weber. Zur Aktualität Gerhart Hauptmanns in unserer Zeit«, in: German Quarterly 55 (1982) S. 141–163.
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In seinem Entwurf eines Artikels für die Vossische Zeitung, abgedr. in: Gerhart Hauptmanns »Weber« (Anm. 11) S. 196. 69 Brian Holbeche, »Naturalist Set and Social Conflict in Hauptmann’s Die Weber«, in: Journal of the Australasian Universities Language and Literature Association 56 (1981) S. 183–190. 70 Wie Anm. 68. 71 Vgl. Ralph J. Ley, »Hauptmann as Paradox: Reflections on the Relevance of an Unpolitical Man«, in: Hauptmann-Forschung. Neue Beiträge / Hauptmann Research. New Directions, hrsg. von Peter Sprengel und Philip Mellen, Frankfurt a. M. / Bern / New York 1986, S. 11–42, hier S. 29–41.
© 1988, 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart. Erstdruck: Interpretationen. Dramen des Naturalismus. Stuttgart: Reclam, 1988. (Reclams Universal-Bibliothek. 8412.) S. 107–145.
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