DIE LATEINISCH-ALTRUNISCHE KONTAKTHYPOTHESE IM LICHTE DER SPRACHHISTORISCHEN EVIDENZ 1
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DIE LATEINISCH-ALTRUNISCHE KONTAKTHYPOTHESE IM LICHTE DER SPRACHHISTORISCHEN EVIDENZ 1
1.1. Die Problemlage In seiner historischen Entwicklung folgt das Skandinavische einer allgemeinen Drift zur Verbzweitstellung, der sog. ›V2-Struktur‹, die auch von anderen germanischen wie außergermanischen Sprachen (zum Beispiel dem Latein) geteilt wird. Dieses neue syntaktische Grundmuster ist bereits in den Übergangsinschriften des 6. und 7. Jahrhunderts deutlich erkennbar und spätestens im klassischen Altnordischen sowohl in abhängigen als auch unabhängigen Satzarten allgemein durchgeführt (zu einem Forschungsüberblick einschließlich des Altrunischen und des Altnordischen siehe Christoffersen 2002).2 Dem historischen Linguisten stellt sich hierbei die grundsätzliche Frage, wie dieser syntaktische Trend des Nordgermanischen (und überhaupt des Germanischen) motiviert ist, mithin ob sprachinterne oder e xt er ne (soziolinguistische) Erklärungsfaktoren in Rechnung zu stellen sind. Eine zentrale Rolle in dieser Debatte spielen die älteren Runeninschriften, zumal sie unser ältestes (wenn auch trümmersprachlich überliefertes) Korpus einer altgermanischen Sprache bilden und in der Syntax nicht Ð wie zumindest partiell das Gotische Ð durch Linearübersetzung aus einer anderen Sprache affiziert sind. 1
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Dieser Beitrag geht zurück auf einen Vortrag, der auf dem 37. Meeting der Societas Linguistica Europaea in Kristiansand am 30. Juli 2004 gehalten wurde. Für Anregungen und Hinweise danke ich besonders Prof. Hans Henrich Hock (University of Illinois at Urbana-Champaign), Prof. Wolfgang Dressler (Universität Wien) und Prof. Jan Terje Faarlund (Universitetet i Oslo). Historisch gilt seit Berthold Delbrücks Analyse des Altindischen, Lateinischen und anderer klassischer altindoeuropäischer Sprachen (Delbrück 1900) die Verbendstellung (sog. ›SOV-Syntax‹) als Basisstruktur des einfachen (unabhängigen) Aussagesatzes im Indoeuropäischen; vgl. Gamkrelidze u. Ivanov (1995 I, S. 277Ð321): »Proto-Indo-European, as an SOV language, shows all the basic characteristic morphological and syntactic features motivated by the OV element order« (ebd. S. 283). Trotz aller Unsicherheitsfaktoren kann daher auch der einfache, unmarkierte Aussagesatz im Germanischen als SOV-Struktur ausgewiesen werden (vgl. Ramat 1981, S. 190). Als Reflex dieser historischen Grundstellung siehe die Inschrift von Gallehus: Horn B von Gallehus; KJ 43; gegen 400: ek hlewagastiz : holtijaz : horna : tawido ›Ich Hlewagastiz, Holtijaz, fertigte das Horn.‹
Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Volume 127, Issue 2, Pages 161–182 DOI: 10.1515/BGSL.2005.161
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1.2. Kontaktinduzierter Wandel als Lösungsansatz? Die sprachliche Deutung der älteren Runeninschriften hat seit den ersten Anfängen und Entzifferungsversuchen einzelner Inschriften verschiedene Erkenntnisstadien durchlaufen, die mit den vorherrschenden Paradigmen ihrer Zeit korrelieren. Jüngst sind neue Gesichtspunkte in die Forschungsdebatte zu den älteren und ältesten Runeninschriften und dem an ihnen ablesbaren Sprachwandel eingebracht worden. Ich beziehe mich auf Kurt Braunmüllers Sprachkontakthypothese, die im folgenden zu diskutieren sein wird (siehe Braunmüller 2004; vgl. Beuerle u. Braunmüller 2004). Grundsätzlich scheinen alle Voraussetzungen für einen intensiven Sprachkontakt Germanisch-Latein auch in den nördlichen Grenzgebieten des Imperium romanum vorzuliegen (vgl. Scardigli 1995). J. N. Adams (2003) fasst die Kontaktsituation zwischen Germanen und Römern wie folgt zusammen: »Contacts between Latin and Germanic speakers [. . .] took place over a number of centuries in several spheres: (1) through trade; (2) in frontier areas where Germans underwent Romanisation and learnt Latin as a second language; (3) in the Roman army; and (4) in the later period as a result of Germanic invasions into Latin-speaking areas. [. . .] The superiority of Roman culture and the military dominance of the Romans for several centuries meant that it was chiefly Latin which influenced Germanic in this way; the influence of Germanic on Latin was slight. [Fn.] It was no doubt also the case that Germans were more extensive learners of Latin than Latin speakers were learners of Germanic.« (Adams 2003, S. 274)
2. Kurt Braunmüllers Deutungsversuch: Die lateinisch-altrunische Kontakthypothese Von dieser Ausgangsbasis aus könnte man zunächst mit Kurt Braunmüller (2004) erwarten, dass die von Rom aus gesehen periphere Zone der älteren Runeninschriften (im wesentlichen Skandinavien und Norddeutschland) deutliche Spuren eines lateinisch-germanischen Sprachkontakts zeitigt. Beim Ausbau dieser These geht Braunmüller so weit, wesentliche Prozesse der nordischen Sprachgeschichte unmittelbar auf lateinische Kontakteinwirkung zurückzuführen; zusammenfassend stellt er in seinem Beitrag »Zum Einfluss des Lateinischen auf die ältesten Runeninschriften« fest: »Es sollte gezeigt werden, dass die ältesten (nord-)germanischen Runeninschriften nicht in einem sprachkontaktfreien Raum entstanden, sondern das Werk bilingualer Schreibkundiger sind, die ihre allgemeine Schreibfertigkeit, die Funktionen von Schrift und Inschriften im Kontakt
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mit den Römern erworben haben. Diese Kontakte schlagen sich (a) in syntaktischen wie (b) stilistischen Parallelen, (c) in zumindest einer morphosyntaktischen Nachbildung lateinischer Konstruktionen ({eka}Klitika mit passiver Bedeutung) sowie (d) einem wesentlichen Teil ihrer (magischen) Verwendung nieder.« (Braunmüller 2004, S. 46)
Diese Extremposition setzt voraus, dass konstituierende Züge des Nordgermanischen über eine bilinguale Eliteschicht eingeführt wurden, zu der auch die Runenschmiede (mit der häufigen Selbstnennung als erilaz) zu zählen sind. Sprachlich kam dem Lateinischen ohne Zweifel der Status einer Prestigesprache zu, ebenso wie römische Güter als Statussymbole der Elite dienten; mit D. H. Green (1998): »To a large extent the acquisition of Roman goods served as the status symbol of an e´lite, they could be used as gifts to strengthen ties between kindreds, as objects for further exchange with more distant tribes, or simply to provide raw material.« (Green 1998, S. 220)
Mithin bezieht sich das hier anvisierte Kontaktszenario im wesentlichen auf eine bilinguale Elitegruppe. Diesem ›kontaktinduzierten Wandel von oben‹ möchte ich als Gegenposition einen ›natürlichen Wandel von unten‹ entgegensetzen; dieser gründet auf der mündlichen Sprache mit ihren verschiedenen Sprechstilen (und Registern). Meine These lautet, dass die Sprache der älteren Runeninschriften partiell Phänomene der Performanz reflektiert, die für mündliche Stile typisch sind. Dies gilt speziell für die sogenannten Übergangsinschriften des 6. und 7. Jahrhunderts, in denen sich ein sprachlicher ›code shift‹ vollzieht (Sigurd 1961). In der Tat ist die Möglichkeit, dass solche mündlichen Redestile Ð speziell in Zeiten umwälzenden Sprachwandels Ð in die Epigraphik eindringen können, von der Forschung bislang nicht gesehen worden. Meine an mündlichen Sprechstilen orientierte Gegenthese zu Kurt Braunmüller (2004) wird daher ebenso einer kritischen Prüfung zu unterziehen sein wie seine Kontakthypothese (vgl. unten 3). Der Einfallwinkel ist demgemäss streng linguistisch auf den Befund der älteren Runeninschriften ausgerichtet. Aus linguistischer Sicht sind in Braunmüllers Analyse die frühen Klisephänomene des Altrunischen, die eka-Klise, und die Zweitstellung des Verbs (›V2-Struktur‹) interessant. Weniger relevant (weil extralinguistisch und weder verifizierbar noch falsifizierbar) sind die postulierten gattungsmäßigen und rhetorisch-stilistischen Parallelen nebst den unterstellten magischen Wirkabsichten einzelner runischer und lateinischer Inschriften, sogenannter ›Defixiones‹. Auf diese soll daher nur kurz eingegangen werden (siehe 2.1Ð2.2). Indes zentral für die kontaktlinguistische Analyse ist zunächst der lexikalische Befund (siehe 2.3).
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2.1. Rhetorisch-stilistische Parallelen Bei der Beurteilung rhetorisch-stilistischer Parallelen führt Kurt Braunmüller besonders Hyperbaton-Konstruktionen an, die sich in den älteren Runeninschriften gehäuft finden; vgl. die Inschrift von Noleby (Ende des 6. Jhs.): runo fahi raginakudo »eine Rune male ich, eine von den Ratern stammende« (zu weiteren Inschriftenbelegen siehe Braunmüller 2004, S. 37 f.). Derartige Umrahmungen stellen mit Braunmüller »e in de ut ig e Beispiele für den Einfluss der klassischen Rhetorik auf das Nordische bzw. die ältesten Runeninschriften dar« (Braunmüller 2004, S. 33; meine Sperrung). Tatsächlich verhält es sich nicht so einfach. Denn der kontaktlinguistische Nachweis ist keineswegs zwingend, wobei insgesamt drei Möglichkeiten ins Auge zu fassen sind: (1) Sprachkontakt; (2) unabhängige Parallelinnovationen und (3) ererbte Strukturen der indogermanischen Dichtersprache (siehe besonders Schmitt 1967; Watkins 1995). Es muss daher offen bleiben, ob die altrunische Satzklammer ebenso wie andere markierte Wortstellungstypen in den älteren Runeninschriften auf dem Einfluss der klassischen Rhetorik beruhen oder nicht. Zwingende kontaktlinguistische Zusammenhänge sind meines Erachtens mitnichten vorauszusetzen.3
2.2. Defixiones und magische Wirkabsichten In typologischer Sicht finden sich Parallelen zwischen den Inschriften der klassischen Antike und den älteren Runeninschriften. Braunmüller (2004, S. 34Ð40) verweist auf den Inschriftentyp der Defixiones, welcher als Fluch oder Verwünschungsformel einen negativen Zauber auf die betreffende Person ausüben soll (siehe speziell Beuerle u. Braunmüller 2004).4 Nun sind derartige ›Beschwörungsformulare‹ (wenn auch ohne eine be-
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Zum altgermanischen Wortstellungstyp des Hyperbatons bezieht Sonderegger (1998, S. 30 f.) die Gegenposition zu Braunmüller (2004), dass hier von einem genuin-germanischen Phänomen auszugehen sei. An dieser Stelle sei auch auf meine Analyse klassisch-rhetorischer Stilfiguren in der Vo§ lospo´§ verwiesen, die in wesentlichen Punkten Andreas Heusler (1941) folgt (siehe Schulte 2005b). Derartigen kontaktlinguistischen Ansätzen haftet aber stets die Gefahr eines Zirkelschlusses an, zumal sie von den individuellen Vorgaben des Einzelinterpreten abhängen und damit per se nicht objektiv sein können. Als Argument der Beweisführung sind sie damit ungeeignet. Dementsprechend hat das Verbum defigere als Terminus Technicus bei lateinischen Zaubersprüchen die Bedeutung ›festbannen, festzaubern‹, engl. ›to bind with a spell, bewitch‹ (siehe Georges 1913 I, S. 1973 s. v. defigo f; ferner OLD, S. 501 s. v. defigo 5).
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stimmte und daher ausdrücklich genannte Zielperson) in den Runeninschriften tatsächlich mehrfach bezeugt (siehe unten 3.2). Außerdem betont Braunmüller zahlreiche funktionale Übereinstimmungen der lateinischen Gebrauchsepigraphik mit den älteren Runeninschriften, inter alia das Auftreten ›sinnloser‹ Wörter und Zeichen, sog. Eφε´ σια γρα´ µµατα / Ephesiae litterae (Braunmüller 2004, S. 36). Hier kann auf nordischer Seite etwa die Inschrift von Kragehul mit der Nonsens-Sequenz m ga m ga m ginuga m angeführt werden, die sich einer semantischen Wortdeuga tung entzieht (siehe zusammenfassend Schulte 2005c). Eine magische Konnotation einzelner Runeninschriften wird heute insgesamt von der Forschung vorausgesetzt (zur Inschrift von Kragehul vgl. Krause 1966, S. 66; Makaev 1996, S. 56; dazu mit weiteren Gesichtspunkten Nedoma 1998; Düwel 2001, S. 208Ð211). So stellt T. Looijenga allgemein fest: »texts [such as the Kragehul inscription; M. S.] do not create the impression of being just everyday message, but seem instead to have some supernatural connotation« (Looijenga 2003, S. 114). Ähnlich wie beim stilistisch-rhetorischen Befund, der in Abschnitt 2.1 angesprochen wurde, stellt sich wiederum das grundsätzliche Problem einer adäquaten Beurteilung solcher Gemeinsamkeiten. Das ›magische Argument‹ erweist sich schon deshalb als extrem problematisch, weil magische Wirkabsichten in Flüchen etc. völlig unabhängig voneinander in verschiedenen Kulturen zur Anwendung kommen und über das Medium Inschrift realisiert werden. Flüche und Zauberformeln gehören zum Inventar des Sprachschatzes, und die zahlreichen Parallelen zwischen der lateinischen Gebrauchsepigraphik und den Runeninschriften, die Beuerle und Braunmüller (2004) anführen, ergeben sich zwangsläufig aus dem Verwendungsbereich dieser Formeln in Verbindung mit ihren Inschriftenträgern. Für den Sprachkontakt haben sie meines Erachtens keinen unmittelbaren Aussagewert. Dies soll allerdings nicht prinzipiell ausschließen, dass Formulare entlehnt werden k ön ne n. Aber dieser spezifische Nachweis wurde bislang nicht geführt. Aufs Ganze gesehen erscheint in typologischer Sicht ein kontaktlinguistischer Zusammenhang zwischen magisch konnotierten Runeninschriften und den lateinischen ›Defixiones‹ bestenfalls theoretisch möglich, keineswegs aber zwingend. Im übrigen wird der magische Gehalt von Binderunen heute prinzipiell zurückhaltend beurteilt (vgl. MacLeod 2002).
2.3. Lexikalischer Befund Eine Analyse der altrunischen Lexik spricht ›prima facie‹ Ð die trümmersprachliche Überlieferungssituation vorbehalten Ð gegen tiefgreifenden lateinischen Einfluss auf die Runensprache. Braunmüller zufolge sollen
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»[z]umindest eine kleine Elite, wahrscheinlich jedoch größere Kreise von Kontaktpersonen (Händler, Söldner) [. . .] über g ew is se Kenntnisse der Nachbarsprache (Latein) verfügt haben« (Braunmüller 2004, S. 25; meine Sperrung). An Entlehnungen zu nennen sind allenfalls sikli auf der Fibel von Strand (KJ 18; um 700 n. Chr.) und skamella [allemask6] in der Runeninschrift von Wremen (Grønvik 2003), die auf dendrochronologischer Basis ins Jahr 431 datiert wird: Altrun. sikli [= sigli] dürfte aus ags. sigle ›monile‹ neben sigel ›fibula‹ entlehnt sein (< lat. sigillum ›Figürchen, kleines Bildnis, kleine Statue‹, seinerseits Deminutivbildung zu signum [Georges 1916Ð19 II, S. 2658 s. v. sigillum; OLD, S. 1757 s. v. sigillum]; vgl. run. ae. sigilæ auf der Scheibenfibel von Harford Farm, Norfolk (Page 1999, S. 166; Düwel 2001, S. 82). Auch altrun. skamella ist ein lateinisches Lehnwort aus lat. scamellum, scamillum, ›Bänkchen‹, wiederum ein Deminutivum zu scamnum ›Stütze, Bank, Schemel‹ (Georges 1916Ð19 II, S. 2515 s.vv. scamellum u. scamillum; OLD, S. 1699 s. v. scamnum).
Bezeichnenderweise begegnen diese Lehnwörter in zwei Inschriften, die wegen ihres relativ jungen Alters (KJ 18 Strand; um 700) oder ihrer südlichen Provenienz (Wremen, Norddeutschland; Grønvik 2003) nicht dem Kernbereich der älteren Runeninschriften zugehören. Insgesamt werden lateinische Lehnwörter im Altnordischen als spät beurteilt, wobei vermittelnder Einfluss des Altenglischen und Althochdeutschen vorausgesetzt wird: »[Latin loanwords in] ON can be safely left out of account, since almost all its loanwords from Latin reached it later or indirectly through England or Germany« (Green 1998, S. 201). Folgerecht nimmt Green (1998, S. 201Ð218) bei seiner Diskussion der lateinischen Lehnwortevidenz im Germanischen allein Bezug auf das Gotische, Althochdeutsche und Altenglische, ohne das Altnordische einzubeziehen. Rudimentäre Kenntnisse der südlichen Nachbarsprache des Latein dürften aber keineswegs ausreichend gewesen sein, um das Altrunische (und überhaupt das Nordgermanische als Vorläufer des Altnordischen) in wesentlichen morphophonologischen und syntaktischen Zügen bestimmend umzuformen. Denn wie bereits festgestellt wurde, zeigt die Lexik der älteren Runeninschriften keine deutlichen Spuren lateinischer Fremdeinwirkung. Dieses generelle Ð aus der Sicht der Kontaktlinguistik enttäuschende Ð Faktum wird von P. Scardigli (2002) zusammenfassend wie folgt kommentiert: »We may conclude that loanwords from the period of the Roman empire do not confirm the expectations of those who postulate a far-reaching Latinization of the Germani. The words reflect the actual course of historical events: the imperium Romanum failed to subdue the Germani, and consequently contact between the two cultures in the secular sphere remained superficial.« (Scardigli 2002, S. 580)
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2.4. Kontaktlinguistische Indizien der Schriftgeschichte? Dass die Schöpfung des runischen Schriftsystems eine intensive Kontaktsituation mit einer oder gar verschiedenen mediterranen Alphabettraditionen in der Entstehungszeit des Fuþark voraussetzt, steht heute außer Frage (vgl. Miller 1994, S. 61 ff.).5 Zwei- oder Mehrsprachigkeit einzelner Germanen wird von D. H. Green (1998) mit Verweis auf Kluge (1913, S. 9 f.) generell hervorgehoben: »There is evidence to suggest knowledge of Latin on the part of individual Germani from an early date« (Green 1998, S. 201). Diese Kontaktsituation wird auch von Kurt Braunmüller betont (siehe Braunmüller 2004, S. 24 f.). Andererseits muss die reduktive Entwicklung vom älteren zum jüngeren Fuþark, die sich in der Völkerwanderungszeit vollzieht, methodisch sauber von dieser frühen Situation der Schriftschöpfung getrennt werden. Meines Erachtens signalisiert die schriftgeschichtliche Entwicklung des Fuþark im Norden Ð diametral entgegengesetzt zum angelsächsischen und friesischen Fuþorc Ð, dass eben keine intensive Kontaktsituation und Latinisierung der Nordleute im Zeitraum von 450Ð650 n. Chr. vorauszusetzen ist. Auf den Britischen Inseln der flexible, versierte Umgang mit Schrift und die Erweiterung des Runenalphabets, im Norden dagegen die starre Fortsetzung alter graphischer Traditionen und Schriftpraktiken, die zur Reduktion des Grapheminventars von ursprünglich 24 auf nur noch 16 Zeichen führt (siehe Schulte 2004b mit Lit.). In diesem Zusammenhang spricht Rene´ Derolez aus britisch-kontinentaler Perspektive treffend von »the otherness of the Anglo-Saxon runes« (Derolez 1998). In diesem Licht indiziert die schriftgeschichtliche Situation des skandinavischen Fuþark gerade m an ge ln de n Fremdeinfluss, im Gegensatz also zum Kontinent und zu den Britischen Inseln. Der lexikalische Negativbefund, der in Abschnitt 2.3 registriert wurde, dürfte hiermit zumindest partiell für die skandinavischen Runeninschriften der Übergangszeit bestätigt werden.
2.5. Die altrunische eka-Klise Nach diesen lexikalischen und schrift-historischen Vorüberlegungen kommen wir zunächst auf die altrunische eka-Klise zu sprechen, die Kurt Braunmüller (2004) als wesentliches Kontaktphänomen wertet. Das Perso5
Ich möchte die Datierungsfrage des älteren Fuþark dennoch hier bewusst ausklammern. Entgegen Miller (1994, S. 85 ff.) halte ich Antonsens Frühdatierung übrigens aus linguistischen Gründen nicht für haltbar (siehe Schulte 2004a, S. 73Ð76).
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nalpronomen eka tritt in den folgenden sechs Fällen in der Klise auf, wobei es sich insgesamt um Belegformen der Übergangszeit ab 450/500 n. Chr. handelt (vgl. Krause 1971, § 100.1; ferner Braunmüller 1982, S. 137; ders. 2004, S. 43Ð46). Zu beachten sind die verschiedenen graphematischen Realisierungen der Pronominalform /eka/ < idg. *eg’hom. (NB: Die folgende Segmentierung erfolgt strikt nach morphologischen Kriterien.) Altrunische Belege der eka-Klise: 1.
Amulett von Lindholmen, KJ 29, 450Ð550 [Zeile I]: ek erilaR sa wilagaR hate Ich, der ErilaR, heiße der Listige (oder: SawilagaR).‹
2.
Brakteat von Seeland II-C, KJ 127, um 500 [Runen 1Ð22]: x hariuha haiti xx farauisa ›Hariuha heiße ich, der Gefahrenkenner (oder: der Fahrtenkundige).‹
3.
Stein von Noleby, KJ 67, 550Ð600 [Zeile I: R.19Ð23, Zeile II: R.1Ð6]: toje una,ou ›Ich bereite(?) Zufriedenheit.‹ [unsichere Deutung]
4.
Stein von Ellestad, KJ 59, um 600 [Zeile I und II a-b]: ekA sigimArAR Afs /// kA rAisido stAinA(R) x ›Ich SigimariR[sic] . . . errichtete den Stein.‹
5.
Stein von Stentoften, KJ 96, um 600 [Zeile V]: hideRrunono felAh hederA ginoronoR ›Der Glanzrunen Reihe verberge ich hier, kraftvolle Runen.‹
6.
Stein von Björketorp, KJ 97, um 600Ð625 [B (Südseite): Zeile IÐIII, R.8]: hAidRruno ronu fAlAh hAiderA ginArunAR ›Der Glanzrunen Reihe verberge ich hier, kraftvolle Runen.‹
Kurt Braunmüller weist besonders auf die Varianten der Kliseformen {ekA/Ak} in den Blekinger Inschriften hin, die er als Allomorphe deutet: »Die in weiten Teilen übereinstimmenden Inschriften von Stentoften und Björketorp (ca. 650Ð700 n. Chr.) enthalten das Verb fela ›verbergen‹ zusammen mit {eka}, wenn auch in allomorphischer Variation: felAhekA bzw. fAlAhAk. Wiederum spricht nichts gegen eine passive Deutung: ›eine Reihe Glanzrunen ist / wird hier (von mir?) verborgen, magisch wirkende Runen‹. Im Gegenteil: der Wegfall des a in der Version von Björketorp (-ak) stützt eher noch die These von der Grammatikali-
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sierung von {eka} mit der Bedeutung ›Passiv‹. Offenkundig haben wir es um 700 n. Chr., also nach der Apokopierung von a, mit einem Passivmorphem {Vokal + k} zu tun.« (Braunmüller 2004, S. 46; meine Kursivierung)
2.6. Kritik an Braunmüllers Passivierungsthese Meines Erachtens ist diese linguistische Analyse der runischen Evidenz in wesentlichen Punkten defizitär und daher nicht tragfähig. Drei Beobachtungen sprechen unmittelbar gegen Braunmüllers Passivierungsthese: 1. Die altnordische Fortsetzung der eka-Klise führt nachweislich k e i n e r l e i Passiv-Transformation herbei. Zur Veranschaulichung mögen die eddischen ´ þnisma´l dienen, wo Odin (den Namen Gagnra´ðr vorgebend) den Riesen Vafþru Vafþru´þnir zum Wissenswettstreit aufsucht. Während Odin eingangs sagt, fio§ lð ec freistaða ›vieles forderte ich heraus‹ (Vþm. 3:2 und öfter), so lautet zum Schluß des Eddaliedes die Emphase: fio§ lð ec freistaðac (Vþm. 46:2 und öfter); siehe Neckel u. Kuhn (1982, S. 45 ff.). Hiermit ist keine Passivierung verbunden, wohl aber eine stilistische Markierung im Sinne einer rhetorischen Klimax. 2. Die enklitisch gebrauchte Pronominalform *ek(a) ist unzweideutig als Nom.Sing.-Form auszuweisen und damit nur als ›klitisches Subjekt‹ oder als ›Kongruenzmarkierung‹ des Subjekts deutbar; Tho´rhallur Eyþo´rsson (2001, S. 31) spricht demgemäß von ›subject clitic‹ bzw. ›subject agreement marker‹. Das altnordische Mediopassiv mit seinen zugrunde liegenden Akk.-Formen *mik, *sik ist davon also streng zu trennen; denn die Entwicklung des sk-Passivs als Genus Verbi erfolgte historisch ausgehend von den Akk.-Formen des Personal´ kask ›sich schliepronomens über eine reflexive Zwischenstufe; vgl. awn. lu ßen=geschlossen werden‹, oder reynask ›sich erproben=erprobt werden‹ (vgl. Heusler 1932, § 439; siehe im weitern Miller 1993, S. 205 ff.; Christophe 2001).6 3. Auch die o.g. altrunischen Belege (1Ð6) legen entgegen Braunmüller keine passive Lesart nahe. In der Inschrift von Ellestad spricht ekA in Satzspitzenstellung (ekA . . . rAisidokA) direkt gegen eine Passivierung, zumal stAinA(R) ungeachtet des Problems der schließenden R-Rune (Ÿ| ) nicht als Subjekt, sondern als Objekt der Steinsetzung fungiert. Im übrigen ist es auch wegen der Satzstellung unwahrscheinlich, dass hier eine Nominativform stainaR vorliegt (Braunmüller 2004, S. 45). Denn nur das klitische Subjekt folgt dem finiten Verb, ansonsten sind im unabhängigen Aussagesatz SOV und SVO anzutreffen, jedoch nicht (O)VS (vgl. oben 1.1). Und auch die anderen Inschriften mit ekaKlitisierung (speziell Stentoftens felAhekA und Björketorps fAlAhAk) geben keine Passivdiathese zu erkennen.
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Übrigens wurde der nordische Gebrauch des s(k)-Suffixes zur Passivmarkierung ebenfalls von einigen Forschern unmittelbar auf lateinischen Kontakt zurückgeführt (vgl. Öhlin 1918). Dagegen postulieren andere (z. B. Holm 1952) eine autochthone Entwicklung, wobei das synthetische Passiv des Latein wiederum in der Regel als begünstigender Faktor einkalkuliert wird (vgl. Barnes 1996, S. 23).
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Braunmüllers Passivierungsthese ist daher implausibel. Die Annahme einer morphosyntaktischen Nachbildung lateinischer Konstruktionen (speziell altrun. haite¯ : haite¯ka nach lat. voco ›ich heiße‹ : vocor ›ich werde genannt‹) ist damit zurückzuweisen. Insgesamt erweist sich die ekaKlise als Stütze für lateinisch-altrunischen Sprachkontakt als ungeeignet. Im übrigen ist auch die Annahme einer Allomorphie {ekA~Ak} problematisch. Sie impliziert eine sy nc hr on is ch e Variation der Formen felAhekA (KJ 96 Stentoften): fAlAhAk (KJ 97 Björketorp). Analog zu den Formen bAriuti, (KJ 96 Stentoften): bArutR (KJ 97 Björketorp) dürfte es sich indes um d ia ch ro ni sc he Varianten handeln, d. h. Form B ist Kontinuante der Form A. Mit H. H. Hock (1991, S. 331) ist hierbei der Faktor der Klitika-Reduktion oder ›clitic reduction‹ wesentlich (vgl. Schulte 2004a, S. 87 f.). Denn aus prosodischer Sicht sind Klitika defiziente, akzentlose Fragmente, die in die metrische Struktur ihres Grundwortes (host) inkorporiert werden (vgl. Hock 1991, S. 87; Miller 1994, S. 86 mit Lit.).7 Abschließend bleibt festzuhalten, dass die eka-Klise (6 Belege in den älteren Runeninschriften) als Argument für lateinisch-altrunischen Sprachkontakt nicht beweiskräftig ist.
2.7. Parallele V2-Syntax im Latein und Altrunischen Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten linguistischen Argument Kurt Braunmüllers, der V2-Syntax (vgl. oben 1.1). Es erscheint zunächst kühn, V2-Strukturen in den älteren Runeninschriften vom Lateinischen aus zu erklären, zumal das Latein Ð wie Braunmüller (2004, S. 27 f.) selbst betont Ð eine SOV-Sprache ist. Beide Sprachen, Latein wie (Nord-)Germanisch, folgen allerdings in ihrer Entwicklung derselben Drift von SOV nach SVO (vgl. Braunmüller 2004, S. 31). Plausibler als der Erklärungsfaktor ›Sprachkontakt‹ ist meines Erachtens die Annahme, dass sich V2-Strukturen im Latein wie im Altrunischen durchaus unabhängig voneinander, und zwar von mündlichen Redestilen ausgehend, parallel herausgebildet haben. So konstatiert J. N. Adams (1976) für das Lateinische,
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Obschon Akzentlosigkeit ein Charakteristikum ›einfacher Klitika‹ ist, setzt eine umfassende, sprachübergreifende Analyse dieses prosodische Kriterium nicht unbedingt voraus (vgl. Adams 1994, S. 91 Anm. 3 mit Lit.). Zu einer Reihe von Tests, die den klitischen Status lexikalischer Einheiten erweisen, siehe Zwicky (1985, S. 283Ð305).
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»that in spoken Latin of the informal varieties VO was already established as the unmarked order, but that OV was preferred in literary Latin as a prestige pattern. The similar incidence of VO and OV in Plautus would then be due to the constant register-switching in which he notoriously engages.« (Adams 1976, S. 97)
2.8. Die Stellung der lateinischen Kopula esse nebst anderen unbetonten Verba Ausgehend vom Faktor ›Mündlichkeit‹ bietet sich ein gemeinsamer Impuls für die V2-Transformation in den nordgermanischen Übergangsinschriften und im Latein an: die V2-Stellung unbetonter Verben (speziell der Auxiliare) nach dem Wackernagelschen Gesetz.8 Wackernagel (1892) hatte sprachübergreifend im Indogermanischen festgestellt, dass unbetonte Satzklitika (typischerweise Funktionswörter) sich vorzugsweise an das erste betonte Wort im Satz anlehnen. Dieses Stellungsgesetz kann zunächst mit C. Watkins (1964) allgemein wie folgt wiedergegeben werden (vgl. Collinge 1985, S. 217): »One of the few generally accepted syntactic statements about IE is Wackernagel’s Law, that enclitics originally occupied the second position in the sentence.« (Watkins 1964, S. 1036)
Für das Lateinische sei besonders auf Adams’ Studie von 1994 verwiesen: Wackernagel’s Law and the Placement of the Copula esse in Classical Latin. Wenngleich das Wackernagelsche Gesetz mit Adams (1994, S. 8 ff.) verschiedene prosodische, pragmatische und syntaktische Phänomene subsummiert, erweist es sich zumindest in der syntaktischen Oberflächenstruktur als gültig. Abschließend stellt Adams die entscheidende Frage, »whether there was a wider range of elements Ð apart from pronouns, the copula and a few particles Ð regularly placed to the right of focussed terms with the purpose of sharpening the focus. A consideration of questions such as these might yield information about the possible existence in Latin (at least under certain conditions) of unaccented verbs (other than the copula).« (Adams 1994, S. 90)
Adams (1994, S. 8, 96) verweist auf W. Kroll (1925, S. 94) und R. Kühner u. C. Stegmann (1955 II, S. 592Ð594, 602) mit weiterem Belegmaterial zu ›enklitisch‹ gebrauchten Verben neben der Kopula esse. Zentral ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass das Verbum finitum des unabhängigen Aussagesatzes grundsprachlich tonschwach bzw. unakzentuiert 8
Zum Wackernagelschen Gesetz und zu den ›P2-Enklitika‹ siehe Collinge (1985, S. 217) und Szemere´nyi (1996, S. 81 f.) mit der dort angeführten kanonischen Literatur. Siehe im weitern Abschnitt 3.2.
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war (siehe Lehmann 1993, S. 60 f.; dazu Schulte 2005a). Dies wird nicht nur durch die Akzentmarkierung vedischer Texte, sondern auch durch die altgermanische Metrik erwiesen. In seinem grundlegenden Beitrag ›Zur Wortstellung und Wortbetonung im Altgermanischen‹ merkt Hans Kuhn (1933) hierzu an: »Die stellung aller unbetonten verben unterliegt dem satzpartikelgesetz mit den im 1. abschnitt genannten einschränkungen« (Kuhn 1933, S. 58). Das heißt, dass das finite Verb im Altgermanischen, sofern Schwachdruckbedingungen vorliegen, nach dem Wackernagelschen Gesetz vorzugsweise die zweite Stellung im Satz einnimmt. Von dieser Ausgangsbasis aus analysiere ich die V2-Transformationen im Germanischen und Lateinischen mit P. Ramat (1987, S. 107) als progressive Verallgemeinerung und Grammatikalisierung des Wackernagelschen Gesetzes. Die Drift von SOV nach SVO dürfte also in beiden Sprachen parallel, aber völlig unabhängig, zunächst von mündlichen (teils informellen) Redestilen ausgehend in die Schriftsprache eingedrungen sein.9 Parallele Reanalyse-Pfade sind aufgrund ererbter Strukturen im Rahmen des Wackernagelschen Gesetzes für beide Sprachen möglich (zu Einzelheiten siehe Hock 1982; dazu Faarlund 2002, S. 731 f.; Schulte 2005a). Als wichtige Stütze für diese These nenne ich die Björketorp-Sequenz utiAR welAdAude mit klitischer Zweitstellung des Auxiliarverbs AR (< */ist/) im unabhängigen Aussagesatz (siehe im weitern 3.2). Die bislang kaum beachtete Interimsform AR = */ist/ weist alle typischen Merkmale eines Wackernagel-Enklitikons (d. h. ›P2-Enklitikons‹) mit Vokalreduktion und Rhotazismus in unbetonter Zweitstellung (nach betontem Satzadverb uti) auf.
3. Eine Gegenthese zum kontaktinduzierten Wandel: Der Faktor ›mündliche Rede‹ Zunächst ist vorauszuschicken, dass unser Verständnis von antiken Schriftsystemen Ð einschließlich des älteren Fuþark Ð durchaus defizitär ist. In seiner Studie antiker Alphabete und Schriften zeigt D. G. Miller (1994), dass Schriftsysteme im Spannungsfeld verschiedener Prinzipien Ð also keineswegs ausschließlich streng phonematisch Ð ausgerichtet sind:
9
Braunmüller deutet diese Möglichkeit selbst an, ohne ihr dann allerdings systematisch nachzugehen: »Möglicherweise haben wir es mit einer germanischen Innovation oder einem besonderen stilistischen Merkmal zu tun, das mit mündlicher Rede oder einer bestimmten Textsorte in Zusammenhang stehen könnte« (Braunmüller 2004, S. 30).
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»Thus viewed, writing systems are attempts at representing different, ›competing‹ aspects of language (more specifically, language knowledge), some phonetic (noncontrastive), some phonemic (contrast and opposition), some lexical/morphological (root or affix unity), some morphophonemic (in the broad sense). Such competing goals are apt to yield discrepancies and irregularities in graphic conventions.« (Miller 1994, S. xiv)
Als ein derartiges nicht-kontrastives (rein phonetisches) und inkonsistent realisiertes Phänomen mit seinem Sitz in der mündlichen Sprache oder Performanz möchte ich besonders die graphematische Wiedergabe von Svarabhaktis in den Übergangsinschriften werten (siehe 3.1).
3.1. Svarabhaktis als Schnellsprechphänomen Traditionellerweise werden Svarabhakti-Vokale in den älteren Runeninschriften als Indiz einer überdeutlichen und daher verlangsamten Wortfür-Wort-Artikulation (Lento-Realisierung) gewertet. Repräsentativ für die opinio communis ist etwa die folgende Bemerkung A. Libermans: »Runemasters carved runes and, therefore, could not ›write as they spoke‹. The numerous epenthetic vowels in runic inscriptions have hardly been accounted for better than by reference to the laborious process of carving.« (Liberman 2000, S. 113)
Obschon diese Position fast unisono bezogen wird, finden sich kritische Gegenstimmen. R. Howells wesentliches Gegenargument zu diesem unbewiesenen Axiom lautet: »The epenthetic vowel is therefore seen as the product of the slower speech tempo inherent in the process of mouthing the word for the purpose of obtaining a phonetic spelling. This view is unsupportable for a number of reasons. In the first place, a rapid or normal speech tempo seems a priori more likely to result in epenthesis. Transitions in phonotactically difficult sequences will only become more problematic as speech tempo increases. An epenthetic vowel inserted in an original sequence of CVrC › CVr£C as in berht > bereht brings the syllable structure closer to the universally preferred CV.CV, a syllable structure undoubtedly better suited to rapid speech.« (Howell 1991, S. 62 Anm. 23)
Die Regulierung der Sprechsilbenstruktur in Richtung auf CV.CV-Ketten ist meines Erachtens ein entscheidendes Indiz f ür die Zugrundelegung einer Schnellsprechregel (vgl. Schulte 2005a). Den Svarabhaktivokalen kommt die Aufgabe zu, die Ausgabestruktur, speziell bei artikulatorisch schwierigen Liquidverbindungen, zu vereinfachen. Denn CV-Sequenzen werden als bevorzugte Folge besonders in Schnellsprechstilen (Allegro und Presto) umgesetzt (siehe die folgende Abbildung).
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Abb.: Regulierung der Sprechsilbenstruktur durch Anaptyxe Akk. Sg. *-wulfa(n) CVC.CV
5 -wulafa [-wul1f1] Istaby, KJ 98, um 600 CV.CV.CV
Prät. Ind. *falh-eka 5 fAlAh-Ak [ⴕfal1h-1k] Björketorp, KJ 97, um 625 CVC.CV.CV CV.CV.CVC Die Vereinfachung der Phonotaktik ist insgesamt für Schnellsprechstile bestimmend (für das Bretonische vgl. Dressler 1972, S. 58, 70). Die Favorisierung der Output-Struktur CV.CV ist als unmittelbares Signal auf ein beschleunigtes Sprechtempo zu werten. Mithin liegt der Schluss nahe, dass die in den Übergangsinschriften gehäuft auftretenden Svarabhaktis ihren Sitz in der mündlichen Rede haben und damit Ð wie die schon angesprochenen Klisephänomene Ð gleichzeitig als Bestimmungskriterium von Übergangsinschriften geeignet sind (siehe weiterhin 3.2). Im übrigen dürfte die moderne Experimentalphonetik die dargelegten Zusammenhänge zwischen der Sprechsilbenstruktur und dem Sprechtempo weiter fundieren.
3.2. Klisereduktionsformen als Signale mündlicher Rede Ohne Zweifel gründet die Klise im mündlichen Sprechakt, ausgehend von innovativen Schnellsprechrealisationen. So kann die Allegro- bzw. PrestoRealisation als direkte Vorstufe zum einfachen Klitikon gewertet werden (vgl. Nübling 1992, S. 56). Ich beziehe mich im folgenden auf den Paralleltext (Beschwörungsformular)10 der Inschriften von Stentoften und Björketorp, der auf dem Runenstein von Björketorp ausdrücklich als ›Schadensprophezeiung‹ (u,ArAbAsbA) angekündigt wird:
10
Obschon es richtig ist, dass die Epigraphik i n d er Re ge l Formularen folgt und weniger gesprochene Sprache abbildet, so zeigen gerade Flüche und Beschwörungsformulare (ähnlich wie Anredeformen; dazu Svennung 1958) auffällige Kurzformantien, Haplologien und Auslassungen nebst weiteren Mutilationen, die gerade für mündliche Stile typisch sind (zum Befund des Baltischen siehe Fraenkel 1939). Zu einer systematischen Auswertung dieser Phänomene im Rahmen der Schnellsprechphonologie (unter Einbeziehung von ›casual speech phenomena‹ u. ä.) siehe Dressler (1973a; 1973b; 1975). Meines Erachtens bestätigt die Blekinger Inschriftengruppe diese methodischen Ergebnisse mit Blick auf die runische Epigraphik der Übergangszeit (siehe Schulte 2005a).
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Stein von Stentoften; KJ 96; um 600 [VI: Runen 18Ð37]: [s]A ,At bAriuti, welAduds RELATIVSATZ (SUBJ) PRÄD. (GEN.SG.) ›eines tückischen Todes (ist), der dies aufbricht.‹ Stein von Björketorp; KJ 97; um 600Ð625 [B (Südseite): VÐVI]: [VI] sAR ,At bArutR [V] uti AR welAdAude ADV AUX PRÄD (BAHUVRIHI) RELATIVSATZ (SUBJ) ›draußen ist eines tückischen Todes, der dies aufbricht.‹ Die gegenüber Stentoften modernisierte und explizitere Textform von Björketorp weist neben der enklitischen Reduktionsform -Ak im Verbal fAlAhAk ›ich verbarg‹, die ich phonetisch als [1k] deute, gleich zwei weitere Klitisierungen (mit auffälliger Klitika-Reduktion) auf: (1) AR (im Komplex utiAR) und (2) sAR. Die Form AR (utiAR) gestattet eine Gleichsetzung mit an. es/er als 3. Sg. Präsens des Auxiliarverbs vesa/vera (vgl. Krause 1966, S. 216; Schulte 1998, S. 135 ff.). Bei dieser Herleitung AR = */ist/ erweist sich allerdings der bereits durchgeführte Rhotazismus als auffällig; mit W. Krause (1966): »Die Form aR (bzw. æR) ist sonst erst in bedeutend späteren Inschriften bezeugt. Noch die Inschriften auf dem Stein von Eggja [. . .] und auf der Spange von Strand [. . .], vor allem auch die Inschrift von Stentoften, haben die Form (i)s; trotzdem erscheint eine Form mit dem später allgemein durchgedrungenen grammatischen Wechsel auch schon im 7. Jhd. wohl möglich.« (Krause 1966, S. 216).
Dieser auffällige Schreibungsbefund wurde allerdings nicht hinlänglich geklärt. Bezeichnend für die Forschungslage ist, dass der Übergangsform AR seit Sophus Bugge Starkdruckverhältnisse zugrundegelegt worden sind (siehe Bugge 1867, S. 341; ders., 1869, S. 200 f.). Dies gilt selbst noch für die Analysen E. Antonsens (1978, S. 287; ders., 2002, S. 310) und M. Syretts (1994, S. 44), wobei AR tentativ als ostnordische Form /æR/ mit Vokalsenkung, also einer haupttonigen Vokalentwicklung, gedeutet wird (vgl. schon A. Noreen 1913, § 201.1). Diese Interpreten übersehen aber, dass die Form AR = */ist/ alle typischen Merkmale eines Wackernagel-Enklitikons (d. h. ›P2-Klitikons‹) mit Rhotazismus und Vokalneutralisation unter Akzentverlust aufweist (vgl. Hock 1991, S. 87, 331; dazu Schulte 2005a). Ich deute daher AR als inschriftlich fixierte Allegro-Form unter Schwachdruckbedingungen, die auf der partiellen Umsetzung eines Schnellsprechstils im Björketorper Fluchformular gründet (vgl. Anm. 10). Phonetisch setze ich diese Schwachdruckform mit [1rˇ] an (siehe Schulte 1998; 2000; 2004a).
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3.3. Zum Aussagewert von Funktionswörtern für die Allegrophonologie An dieser Stelle ist mit W. Dressler (1973a; 1973b; 1975) allgemein darauf hinzuweisen, dass die Kategorie der F un kt io ns wö rt er oder S yn se m an ti ka (etwa Pronomina und Auxiliare) aufgrund ihrer semantischen Unmarkiertheit und hohen Frequenz für phonologische Allegroentwicklungen prädestiniert ist und damit Entwicklungen der Lentophonologie, die sonst, d. h. im Lentoregelwerk, erst bedeutend später eintreten, antizipieren kann. Sonderentwicklungen solcher grammatischen Wörter sind mit Dressler (1973a; 1975) als direkte Zeugen von Allegroprozessen zu werten. Dass sie mithin auch in die Epigraphik ihrer Zeit eindringen können, wurde vom Hauptstrom der Forschung bislang nicht gesehen. Demgemäss hat der primäre Fokus der Runenforschung auf den Inhaltswörtern (Autosemantika) und ihren Lautentwicklungen ein übriges getan, um einen differenzierten Einblick in diesen Bereich zu verhindern. Die obige Deutung der Form AR wird durch die zweite Kliseform sAR unmittelbar bestätigt. Wiederum liegt eine augenfällige Rhotazismus-Form vor, welche als klitische Verschmelzung aus dem Demonstrativum sa¯ (sa) und der ›Relativpartikel‹ eR, es gedeutet wird (Noreen 1923, § 469 Anm. 1; Rosenfeld 1955, S. 103). Mithin handelt es sich auch hierbei im modernen Verständnis um ein ›P2-Enklitikon‹, d. h. ein klitisches Element in Satzzweitstellung. Zu bemerken ist, dass bereits G. Lindblad (1943, S. 196) is, es und iR, eR als Dublettenformen unter verschiedenen Akzentbedingungen erklärte: »Die s-Form wäre dann die primäre; die R(r)-Form wieder würde sich in unbetonter Stellung entwickelt haben« (Lindblad 1943, S. 196). Die Stimmigkeit der lautlichen Herleitung der Blekinger Form AR = */ist/ wird durch die frühe Parallelentwicklung der ebenfalls klitisch gebrauchten ›Relativpartikel‹ /iR, eR/ (< */is, es/) Ð noch dazu in derselben Inschrift Ð unmittelbar bestätigt. Die Björketorper Formen sind ihrer Zeit also keineswegs voraus; vielmehr handelt es sich um Signale eines Allegrostils bzw. Zeugen eines solchen. Diese Annahme erklärt im übrigen auch die frühen Monophthongierungstendenzen von haupttonigem */au/ > /ø:/ und */ai/ > /æ:/ in den Blekinger Inschriften, die der ostnordischen Monophthongierung zeitlich vorausgehen dürften (vgl. Barnes 1977, S. 456 gegenüber Antonsen 1975, § 4.9; ferner Barnes 1997, S. 38 f.). In der Tat sind derartige Probleme der Chronologie, die besonders die Übergangsinschriften des 6. und 7. Jahrhunderts betreffen, aus traditioneller Sicht, d. h. unter Zugrundelegung einer normativen Lentophonologie, unlösbar.
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4. Abschließende Bemerkungen zum Gesamtbefund Wie gezeigt wurde, ist die Erklärungskraft des Faktors ›Sprachkontakt‹ im altrunischen Zusammenhang mit Prozessen wie eka-Klise und V2-Stellung vom Lateinischen aus relativ gering. Schon die lexikalischen und schrifthistorischen Vorüberlegungen in Abschnitt 2.3Ð2.4 sprechen gegen einen intensiven Sprachkontakt im relevanten Zeitraum von ca. 450 bis 650 n. Chr. im skandinavischen Sprachgebiet. Die altrunische Lexik weist Ð von nachklassischen und südlichen Inschriften einmal abgesehen Ð eigentlich keine wesentlichen lexikalischen Einwirkungen in Form von lateinischen Lehnwörtern auf. Im übrigen wurde die Zirkelgefahr rhetorisch-stilistischer ebenso wie magisch orientierter Argumentationsstrategien betont. Schließlich musste auch das magische Element von Runeninschriften mit Blick auf die ›Defixiones‹ als typologisches Argument für lateinisch-altrunischen Sprachkontakt abgewiesen werden (siehe oben 2.2). Es wären daher neue Argumente in die Debatte einzuführen, um die lateinisch-altrunische Sprachkontakhypothese zu untermauern. In diesem Beitrag wurden daher intralinguistische und intrasystemische Faktoren des Sprachwandels als Alternative zum Sprachkontakt in Anschlag gebracht. Speziell die sonst erst Jahrhunderte später belegten klitischen Rhotazismus-Formen AR und sAR (meiner Deutung zufolge aus */ist/ bzw. */sa(:)/ + */is, es/) sprechen dafür, dass die Inschrift von Björketorp gegenüber dem Paralleltext der Stentoftener Inschrift zumindest partiell (d. h. nachweislich im Funktionswörterbereich) einen anderen Sprechstil, aber nicht notwendigerweise eine jüngere Zeitstufe vertritt. Ich deute die ›P2-Enklitika‹ -R (in sAR) und AR (in utiAR) folgerecht als Allegroformen unter Schwachdruckbedingungen, die Ð so beleuchtet Ð die Durchführung des Rhotazismus als Lentolautgesetz antizipieren. Darüber hinaus wurde mit Hock (1982) die Bedeutung der Auxiliare nebst anderen schwachtonigen Verben für die Entwicklung der V2-Syntax im Nordgermanischen und Latein im Rahmen des Wackernagelschen Gesetzes hevorgehoben (siehe Schulte 2005a). Wissenschaftstheoretisch stellt sich perpetuierend die Frage, wann ein Erklärungsparadigma anzunehmen oder abzulehnen ist, zumal die Möglichkeit einer Verifizierung bzw. Falsifizierung (wie im Falle der in Abschnitt 2.6 widerlegten Passivierungsthese) nur in seltenen Fällen gegeben ist. Ausschlaggebend ist stets die ganzheitliche Erklärungskraft der konkurrierenden Modelle unter Berücksichtigung ihres Integrationsniveaus. Mit Thomas S. Kuhn in ›The Structure of Scientific Revolutions‹ (1962): »Die Entscheidung, ein Paradigma abzulehnen, ist immer gleichzeitig auch die Entscheidung, ein anderes anzunehmen, und das Urteil, das zu
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dieser Entscheidung führt, beinhaltet den Vergleich beider Paradigmata mit der Natur u n d untereinander.« (Kuhn 1976, S. 90; meine Sperrung)
Die zentrale Bedeutung des Faktors ›Sprachkontakt‹ im soziolinguistischen Kontext steht selbstverständlich außer Frage (zu einer nordgermanischen Synopse vgl. Schulte 2002). Auch ist es nicht auszuschließen, dass ein Kontaktszenario der allgemeinen Drift zur Verbzweitstellung im Germanischen, speziell im Nordgermanischen, Vorschub geleistet hat und daher als intensivierender Zusatzfaktor einzukalkulieren ist. Indes, wird diese Möglichkeit im Falle der älteren nordischen Sprachgeschichte als ultima ratio beansprucht, stellt sich die Frage nach plausibleren Alternativerklärungen in Form von intralinguistischen und systemhaften Faktoren. Als solcher wurde hier die Prosodie mit dem Zugriff auf verschiedene Sprechstile erkannt. Es wurde der Nachweis geführt, dass sich Ð zumindest partiell im Bereich der Funktionswörter Ð mündliche phonologische Stile epigraphisch in den Übergangsinschriften niederschlagen. Im Umfeld der Blekinger Inschriften (besonders in der Inschrift von Björketorp) erscheint mir diese Schlussfolgerung unumgänglich. Die These verdient daher, am Inschriftenmaterial weiter verfolgt und getestet zu werden.
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KRISTIANSAND, NORWEGEN
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