Tanja Kopp-Malek · Martin Koch · Alexandra Lindenthal Die Europäische Kommission als lernende Organisation?
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Tanja Kopp-Malek · Martin Koch · Alexandra Lindenthal Die Europäische Kommission als lernende Organisation?
Tanja Kopp-Malek · Martin Koch Alexandra Lindenthal
Die Europäische Kommission als lernende Organisation? Die Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips in ausgewählten Generaldirektionen der Europäischen Kommission
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Sonderforschungsbereichs 597 „Staatlichkeit im Wandel“
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Katrin Emmerich / Tilmann Ziegenhain VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-16121-1
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... 7 Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... 8 1
Einleitung..................................................................................................................... 11
2
Theoretisch-konzeptioneller Rahmen .......................................................................... 17 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.3
3
Die Europäische Kommission ..................................................................................... 43 3.1 3.2 3.3
4
Die Europäische Kommission in der wissenschaftlichen Diskussion ............ 43 Aufgaben der Europäischen Kommission...................................................... 47 Aufbau und interne Funktionsweise der Europäischen Kommission............. 49
Das umweltpolitische Integrationsprinzip ................................................................... 53 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
5
Über das Lernen in und von Organisationen: Einblicke in Diskussionen zum Forschungsfeld „organisationales Lernen“........................................... 17 Lernsubjekte .................................................................................................. 19 Lernprozesse .................................................................................................. 21 Lernauslöser................................................................................................... 24 Lerngegenstände ............................................................................................ 26 Heuristischer Bezugsrahmen ......................................................................... 28 Methodisches Vorgehen................................................................................. 39
Das umweltpolitische Integrationsprinzip in den europäischen Verträgen ... 55 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in den Umweltaktionsprogrammen........................................................................... 57 Das umweltpolitische Integrationsprinzip im sog. „Cardiff-Prozess“ .......... 61 Interne Maßnahmen zur Befolgung des Integrationsprinzips ........................ 65 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in der wissenschaftlichen Diskussion...................................................................................................... 67
Die Implementation des umweltpolitischen Integrationsprinzips in ausgewählten Generaldirektionen ....................................................................................................... 69 5.1 5.1.1 5.1.2
Generaldirektion Unternehmen ..................................................................... 70 Die historische Verankerung der Unternehmenspolitik in der Europäischen Kommission ............................................................................ 70 Strukturelle Verankerung umweltpolitischer Belange in der Unternehmenspolitik...................................................................................... 72
5
5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.1.6 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.2.7 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.4
Veränderungen in der Unternehmenspolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip......................................................................................... 75 Die historische Verortung der Tourismuspolitik in der Europäischen Kommission................................................................................................... 84 Strukturelle Veränderungen in der Tourismuspolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip............................................................. 85 Veränderungen in der Tourismuspolitik im Kontext des umweltpolitischen Integrationsprinzips ......................................................... 86 Generaldirektion Energie und Verkehr ......................................................... 90 Die Einbettung der Energie- und Verkehrspolitik in der Generaldirektion Energie und Verkehr...................................................................................... 91 Die historische Verortung der Verkehrspolitik.............................................. 95 Strukturelle Veränderungen in der Verkehrspolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip............................................................. 96 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in der Verkehrspolitik ................. 97 Die historische Verortung der Energiepolitik .............................................. 106 Strukturelle Veränderungen in der Energiepolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip........................................................... 107 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in der Energiepolitik.................. 108 Generaldirektion Umwelt ............................................................................ 122 Struktur und Funktion der Generaldirektion Umwelt .................................. 122 Die strukturelle Verankerung des umweltpolitischen Integrationsprinzips in der Generaldirektion Umwelt.................................. 125 Durchsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips durch die Generaldirektion Umwelt ............................................................................ 129 Die Reaktionsmuster der Generaldirektionen im Vergleich ........................ 140
6
Schlussbetrachtungen ................................................................................................ 151
7
Literatur ..................................................................................................................... 159 7.1 7.2
6
Primärliteratur ............................................................................................ 159 Sekundärliteratur......................................................................................... 170
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4:
Zusammenhang von Handlungstypen und Handlungstheorie..................37 Untersuchungsdimensionen des Forschungsvorhabens ...........................40 Zeittafel zur Entwicklung des umweltpolitischen Integrationsprinzips...54 Zuordnung der Handlungstypen zu den Politikbereichen......................140
7
Abkürzungsverzeichnis ALTENER BAT CO2 DG ECCP EEA EEB EG EGV EMAS EU EuGH Euratom EWG EWGV GD IEEP IPP IPPC JOULE KMU NGOs LO OL SAVE THERMIE Ziff.
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Alternative Energy Programme of the European Commission Best Available Techniques Kohlendioxid Directorate-General European Climate Change Programme Einheitliche Europäische Akte European Environmental Bureau Europäische Gemeinschaft EG-Vertrag Eco-Management and Audit Scheme Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Atomgemeinschaft Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG-Vertrag Generaldirektion Institute for European Environmental Policy Integrated Product Policy Integrated Pollution Prevention and Control Joint Opportunities for Unconventional or Long-term Energy Supply Kleine und mittlere Unternehmen Nichtregierungsorganisationen Lernende Organisation organisationales Lernen Specific Actions for Vigorous Energy Efficiency Technologies européennes pour la maîtrise de l’énergie Ziffer
Vorwort
Die vorliegende Arbeit ist aus einem Forschungsprojekt mit dem Titel „Die Europäische Kommission als lernende Organisation? Grenzen, Möglichkeiten und Bedingungen organisationaler Lernfähigkeit am Beispiel des umweltpolitischen Integrationsprinzips der Europäischen Union“ hervorgegangen. Das Projekt wurde von August 2001 bis September 2003 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Regieren in der Europäischen Union“ gefördert und war am Institut für Weltgesellschaft der Universität Bielefeld angesiedelt. Diese Anbindung ermöglichte einen steten Austausch mit anderen Institutsmitgliedern sowie die Finanzierung und Durchführung eines Workshops zum Thema „Lernen in der Weltgesellschaft“. Die Leitung des Projektes oblag Tanja Kopp-Malek. Alexandra Lindenthal und Martin Koch waren als wissenschaftliche Mitarbeiter im Projekt tätig. Enge Kooperationsbeziehungen bestanden insbesondere zu Lena Hilkermeier. Bei der Literaturrecherche, Dokumentenanalyse, der Organisation von Interviews sowie der Vorbereitung der Projektworkshops haben uns Felix Bach und Mirjam Nasdala unterstützt. Alain Claude Cappelle stand uns bei den Formatierung und dem Layout zur Seite. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Nicht zuletzt gilt der besondere Dank der Autoren dem Sonderforschungsbereich 597 „Staatlichkeit im Wandel“ sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft: Die vorliegende Publikation wurde unter Verwendung der dem Sonderforschungsbereich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellten Mittel gedruckt.
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Einleitung
Der europäische Integrationsprozess feiert 2007 sein 50-jähriges Jubiläum, in dessen Zusammenhang nicht nur an die Unterzeichnung der Römischen Verträge erinnert wird, sondern vor allem auch die Erfolge des Europäischen Gemeinschaftsprozesses betont werden. Dies nicht zuletzt auf dem Gipfel von Lissabon, welcher der Europäischen Union eine einheitliche Struktur und Rechtspersönlichkeit gegeben hat und auf diese Weise nach dem Scheitern des Verfassungsvertrags einen neuerlichen Meilenstein im Integrationsprozess setzt. Neben dieser großen Jahresfeier gibt es auch ein kleineres Ereignis, das weniger im Rampenlicht stand und doch für den Europäischen Integrationsprozess von entscheidender Bedeutung ist: das 40-jährige Bestehen der Europäischen Kommission. Sie hat sich zu einer – wenn nicht der – zentralen Institution der Europäischen Union entwickelt. So kommt ihr eine zwar je nach Politikfeld variierende, dennoch tendenziell herausgehobene Bedeutung als „Motor der Integration“, als „Hüterin der Verträge“ und als „Exekutivorgan der Union“ zu (vgl. u. a. Nugent 1997),1 die die inhaltliche Ausgestaltung von Gemeinschaftspolitiken nachhaltig beeinflussen kann. Letzteres nicht zuletzt auch deshalb, weil sie als ein relevanter Generator und Promoter neuer Ideen und Konzepte fungiert (Lebessis/Paterson 1998: 10; Edwards/Spence 1994: 4), weshalb die Stärke der Kommission auch darin gesehen wird, „to practise, or to experiment with, innovative forms of policy-making and continous institutional reform“ (Christiansen 1996: 86). Ein Ende dieser Entwicklung ist gegenwärtig nicht abzusehen. Es hat ganz im Gegenteil den Anschein, als würde die Kommission auch zukünftig nicht nur politische Initiativen anstoßen und damit zu einem Ausbau bestehender Politikfelder beitragen, sondern auch neue Politikfelder erschließen und damit ihr Aufgabenspektrum ausbauen. Allerdings sieht sich die Europäische Kommission auch erheblicher Kritik ausgesetzt. So wird sie gleichermaßen als technokratisch-bürokratischer Wasserkopf perzipiert wie auch als eine Gruppe gesichtsloser Bürokraten, die nach Zentralisierung streben und in nationale Bereiche vordringen (Edwards/Spence 1997: 1).2 Als Folge werden vermehrt Forderungen nach einer Reform der Kommission laut (vgl. Fitzmaurice 1994; Spence 2000). Letztere speisen sich allerdings nicht nur aus der Kritik an der mangelnden demokratischen Legitimation der EU bzw. der Europäischen Kommission und den Schwächen im Management innerhalb der Kommission, sondern sind zugleich Folge der wachsenden 1
Zu erwähnen sind darüber hinaus die autonomen oder vom Rat übertragenen Entscheidungsbefugnisse der Kommission und die offizielle von der Kommission wahrgenommene Vertretung der EU nach außen. 2 Zum Teil koinzidieren diese Beschreibungen mit der wechselnden Bedeutung der Kommission im Integrationsprozess (vgl. u. a. Christiansen 1996: 77). Angefangen bei den offensichtlichen Grenzen, die der Unabhängigkeit und Initiativkraft der Kommission im Zuge des Luxemburger Kompromisses und der Einrichtung des Europäischen Rates seit Mitte der 1960er Jahre gesetzt wurden und grundsätzlich zu einer Ernüchterung im Hinblick auf die Möglichkeiten einer supranationalen Finalität des Integrationsprozesses führten (vgl. ebd.: 79; Edwards/Spence 1994), über die proaktive Delors-Phase (vgl. Ross 1993a, 1993b; Grant 1994) bis hin zum Rücktritt der Santer-Kommission, die Anstoß gab für grundlegende Reformüberlegungen innerhalb der Kommission (vgl. zur „Santer-Ära“ Peterson 1999).
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und veränderten Gestaltungs- und Regelungsansprüche, die angesichts sich wandelnder Umweltbedingungen und dem zunehmend transnational-interdependenten Charakter von Problemlagen an die Europäische Kommission in unterschiedlichen Politikbereichen herangetragen werden. Angesichts dieser Herausforderungen erweist sich nämlich die beispiellose – kaum mit Staatsbürokratien nationalen Typus vergleichbare – Struktur und Funktion der Kommission in weiten Teilen als zunehmend dysfunktional (vgl. Bach 1992; Christiansen 1996: 77).3 Dieser distinktive Charakter der Europäischen Kommission, die sektoral in einzelne Generaldirektionen fragmentiert ist, ergibt sich zum einen vor allem aus ihrer multinationalen Zusammensetzung und Sprachheterogenität und den damit zusammenhängenden (verwaltungs-)kulturspezifischen Differenzen. Zum anderen zeichnet sich der Charakter der Europäischen Kommission durch eine intensive, (in-)formelle und z.T. kontrollenthobene Vernetzung zwischen nationalen und europäischen Bürokratien aus (Bach 1992: 27; vgl. auch Hay 1989; Cram 1994). Die multinationale Zusammensetzung der einzelnen Verwaltungseinheiten der Kommission, die im Wesentlichen die diffizilen Prozesse der Selektion, Verarbeitung, Koordination, Durchsetzung und Kontrolle der zahlreichen Rechtsakte, Programme und Maßnahmen leisten, beinhalten indes bedeutsame Implikationen. So bedingt die Heterogenität an Verwaltungskulturen innerhalb der Kommission – im Zusammenspiel mit ihrer sektoralen Fragmentierung – auch eine hohe Varianz an Problemwahrnehmungen und Problemlösungsstrategien zwischen den Kommissionsmitgliedern, die einen erheblichen Koordinations- und Abstimmungsbedarf erforderlich machen. Der Einfluss, den dieser distinkte Charakter der Europäischen Kommission als Organisation sui generis auf die Entwicklung und Umsetzung von Gemeinschaftspolitiken hat, ist bisher allerdings erst vereinzelt Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten zum europäischen Integrationsprozess geworden (vgl. Nugent 2001). Und dies obgleich zunehmend konstatiert wird, dass die Gemeinschaftspolitiken insgesamt stark geprägt werden durch „die spezifischen Ordnungsstrukturen, Rationalitätskriterien und das körperschaftliche Eigeninteresse der am Policy-Making-Prozess maßgeblich beteiligten Bürokratien“ (Bach 1999: 21). Die mangelnde Berücksichtigung der internen Ablauf- und Aufbauorganisation der Kommission ist dabei nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Europäische Kommission vielfach als unitarischer Akteur oder monolithische Einheit konzeptualisiert wird. Zwar stehen der Europäischen Kommission in der Tat eine Reihe von Verfahren und Strukturen zur Verfügung, die der Wahrung des Images als einheitlich handelnder Akteur dienen. Gleichwohl haben die einzelnen Generaldirektionen aufgrund ihrer multinationalen Zusammensetzung, weitgehenden Abwesenheit einheitlicher administrativer Verfahren und Praktiken4 sowie der Vielfalt an kulturellen Kontexten ihren je eigenen „approach to policy, their own way of working and their own political and organisational objectives“ (Cini 1997: 74; vgl. auch Mazey/Richardson 1997: 176; McDonalds 1997; Nugent 1995: 611ff.) entwickelt. Die dadurch auftretenden Probleme erstrecken sich über Koordinations- und Kooperationsdefizite innerhalb der Kommission, die Etablierung von Demarkationslinien 3 Die Europäische Kommission ist gemessen an ihrem Personalumfang das größte EU-Organ. Sie beschäftigt rund 15000 Mitarbeiter und damit etwa die Hälfte des Personals der EU-Organe. Die Kommission verfügt über 36 Generaldirektionen und Fachdienste. Jede Generaldirektion wird von einem Generaldirektor geleitet. Die Generaldirektoren unterstehen den Kommissaren, die politisch und fachlich für eine oder mehrere Generaldirektionen verantwortlich sind. 4 Dies zeigt sich beispielsweise in der je nach Generaldirektion wechselnden Praxis der Konsultation von Interessengruppen, für die es bis dato keine „standard operating procedures“ gibt (Mazey/Richardson 1997).
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zur Verteidigung der eigenen politischen Einflusssphären bis hin zu Zielkonflikten zwischen den einzelnen Kommissionseinheiten (vgl. Wishlade 1993; Metcalfe 1992; Cini 1996, 1997; Bulmer 1994: 361). Inwiefern unter diesen Bedingungen der Kohärenz von Gemeinschaftspolitiken, der zunehmenden Komplexität und Interdependenz von Problemlagen wie auch dem problembezogenen Querschnittscharakter verschiedener Politikbereiche innerhalb der Kommission Rechnung getragen wird bzw. werden kann, stellt nach wie vor ein Forschungsdesiderat dar. Entsprechendes gilt für die Ebene der Generaldirektionen, die erst mit der vermehrten Konzeptualisierung der Kommission als „multi-level-organization“ (Cram 1994) in den Blickpunkt des Interesses gerückt sind. Ein interessantes Untersuchungsbeispiel stellt in diesem Zusammenhang das sog. umweltpolitische Querschnitts- bzw. Integrationsprinzip der EU dar, dessen Umsetzung in ausgewählten Generaldirektionen der Europäischen Kommission über einen Zeitraum von 1986-2004 im Rahmen dieser Abhandlung untersucht wird. Das umweltpolitische Integrationsprinzip verlangt, dass sektorale Entscheidungen sowohl innerhalb der Kommission als auch in den Mitgliedstaaten nicht ausschließlich an den jeweiligen politikfeld-spezifischen Gegebenheiten ausgerichtet werden, sondern mit Rücksicht auf ihre Umweltauswirkungen getroffen bzw. im Extremfall unterlassen werden. Diese zunächst in der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) genannte und später durch den Vertrag von Maastricht bzw. Amsterdam vertraglich festgeschriebene Notwendigkeit der Einbeziehung von Umweltbelangen impliziert also, dass – mit Blick auf die Europäische Kommission und die einzelnen Generaldirektionen – im Rahmen intra- wie interdirektionaler Abstimmungsprozesse die verschiedenen Entscheidungs- und Problemzusammenhänge, Interessenlagen und Kompromissmöglichkeiten der einzelnen Politikfelder zu verstehen und derart zu integrieren sind, dass sie mit den Anforderungen des umweltpolitischen Integrationsprinzips in Einklang stehen. Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung des vorliegenden Buches einerseits darin, den Implementationsprozess des umweltpolitischen Integrationsprinzips innerhalb der Europäischen Kommission nachzuzeichnen, und andererseits vor allem zu untersuchen, ob und inwiefern diese Umsetzung eine bestimmte Qualität besitzt und insofern als organisationales Lernen bezeichnet werden kann. Mit anderen Worten: Es geht um die Beantwortung der Frage, inwiefern die Europäische Kommission bzw. einzelne unter ihrem Dach agierende Generaldirektionen in der Lage sind, zu lernen, sich also angesichts neuer (umweltpolitischer) Anforderungen reflexiv mit ihren handlungsanleitenden kognitiven und normativen Annahmen auseinander zu setzen und selbst zu verändern. In diesem Zusammenhang setzt sich die Arbeit systematisch mit Ansätzen organisationalen Lernens auseinander und entwickelt daraus eine Forschungsheuristik für die Untersuchung von Implementations- und Lernprozessen innerhalb der Europäischen Kommission. Die Thematisierung von organisationalen Lernprozessen kann in der organisationstheoretischen Forschung (z.B. in der Organisationssoziologie) auf eine relativ lange Tradition zurückblicken (Daft/Huber 1987: 2), wobei vor allem seit den 1990er Jahren eine bemerkenswerte Zunahme an lerntheoretischer Literatur zu verzeichnen ist (Klimecki/Thomae 1997). Auch in der Politikwissenschaft (etwa in der Policy-Analyse oder den Internationalen Beziehungen) findet der Lernbegriff vermehrt Anwendung, da angesichts wachsenden Problemdrucks von ganzen Nationen oder deren politisch-administrativen Systemen gefordert wird, dass sie in der Lage sein mögen, aus eigenen oder Erfahrungen ihrer Nachbarn zu lernen (vgl. u.a. Bandelow 2003). Obgleich der Lernbegriff damit in unterschiedlichen
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disziplinären Kontexten und mit Blick auf verschiedene Gegenstandsbereiche Verwendung findet, lässt sich bisher kaum eine wechselseitige Rezeption der jeweiligen Diskussionen nachzeichnen (vgl. Malek/Hilkermeier 2004; Bandelow 2003). Inwiefern ein entsprechender Austausch sinnvoll und notwendig ist, soll an dieser Stelle zwar nicht diskutiert werden. Es lässt sich jedoch konstatieren, dass zumindest dann, wenn sich (Politik-)Wissenschaftler/innen etwa mit Veränderungspotentialen in und von interorganisatorischen Verhandlungsprozessen oder aber (internationalen) Organisationen im Rahmen des politischadministrativen Systems (wie z.B. Regierungen, Ministerien, bürokratische Einheiten) beschäftigen, ein Blick auf Nachbardisziplinen und die in diesem Kontext entwickelten organisationalen Lernkonzepte lohnt. Dieser Bezug ist insbesondere dann aussichtsreich, wenn es nicht nur darum gehen soll, Veränderungen von Verhandlungen oder Veränderungen im Implementationsprozess nachzuvollziehen, sondern wenn man unterschiedliche Qualitäten von Veränderungen beobachten und beschreiben will. Zur Bearbeitung der oben skizzierten Fragestellung gliedert sich das Buch in sechs Kapitel. Geht man davon aus, dass Lernen im Gegensatz zu bloßer Umsetzung eine gewisse Qualität bezeichnet, muss zunächst eine definitorische Schärfung des Begriffs vorgenommen und im Anschluss daran ein Model entwickelt werden, das Gradualisierungen im Implementationsprozess sichtbar macht. Dieser Aufgabe widmet sich Kapitel 2, in dem eine Forschungsheuristik zur empirischen Untersuchung von Lernprozessen innerhalb der Europäischen Kommission bzw. ausgewählter Generaldirektionen entworfen wird. Auf Grundlage einer Einführung in die Aufgaben, Arbeits- und Funktionsweise der Europäischen Kommission (Kapitel 3) sowie einer kurzen Darstellung der historischen Entwicklung und Ausgestaltung des umweltpolitischen Integrationsprinzips (Kapitel 4) widmet sich die Arbeit in den nachfolgenden Kapiteln den einzelnen Generaldirektionen Neben der Generaldirektion Umwelt wurden die Generaldirektionen „Energie und Verkehr“ und „Unternehmen“ bzw. die in ihrem Verantwortungsbereichen liegenden Sektoren Energie, Verkehr, Industrie und Tourismus als Untersuchungsobjekte ausgewählt. Diese Auswahl begründet sich vor allem aus drei Faktoren: Zum ersten kommt den genannten Bereichen gemäß dem 5. Umweltaktionsprogramm der EU eine Schlüsselfunktion mit Blick auf das Integrationsziel zu (vgl. European Commission 1992).5 Zum zweiten liegt zwar allen vier Bereichen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, eine ökonomische Handlungsorientierung zugrunde, die auf die Steigerung der ökonomischen Effektivität und Effizienz in den genannten Bereichen ausgerichtet ist und die mit umweltpolitischen Zielsetzungen in einer konfliktionären Beziehung stehen kann. Gleichwohl variieren die genannten Sektoren drittens jedoch erheblich in der Effektivität und dem Ausmaß, in dem die anvisierten Prozeduren im Untersuchungszeitraum implementiert und zur Realisierung des Integrationsprinzips in den entsprechenden Generaldirektionen beigetragen haben. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in der unterschiedlichen Reichweite wider, indem es zu einer grundsätzlichen Neuausrichtung des Politikbereiches, zu einer Berücksichtigung von Umweltbelangen bei der Ausgestaltung politischer Maßnahmen bzw. Rechtsakte sowie zur ausdrücklichen Be5 Diese Bereiche werden auch im sechsten Umweltaktionsprogramm durch die „Einbeziehung der klimaschutzpolitischen Ziele in die sektoralen Politikbereiche der Gemeinschaft wie Verkehr, Energie, Industrie“ als Aktionsschwerpunkt zur Eindämmung des Klimawandels benannt (Europäische Kommission 2001a: 29). Der Tourismus wird der „Berücksichtigung von Umweltbelangen in der Flächennutzungsplanung und in Managemententscheidungen“ untergeordnet. Hier wird die Maßnahme „Förderung und Entwicklung von Netzen von Urlaubszielen, um eine aktive Partnerschaft für einen umweltgerechten Tourismus zu fördern“ benannt (ebd.: 25).
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zugnahme auf das Integrationsprinzip in den verschiedenen Vorhaben im Laufe der Zeit gekommen ist (vgl. Niestedt 1999; Kraack et al. 1998; Europäische Kommission 1999a; 1999b). Das Spektrum, in dem den Anforderungen des Integrationsprinzips entsprochen wird, kann dabei durch zwei Pole markiert werden: Während der eine Pol dadurch gekennzeichnet werden kann, dass zwar aufgrund bestimmter Mechanismen eine Befolgung der neuen Anforderungen sichergestellt wird, ohne dass die dem Handeln zugrunde liegenden Ziele, Werte und Verfahren verändert werden, wird der andere Pol durch Formen der starken Integration markiert. Diese können dadurch charakterisiert werden, dass die einzelnen Akteure einen Prozess des kollektiven Lernens durchlaufen, der zu einer Veränderung Policy-relevanter normativer und kognitiver Handlungsannahmen führen kann. In der vorliegenden Arbeit wird daher im Detail erarbeitet, welche Wirkungen bzw. Reaktionen die durch das Integrationsprinzips formulierten Anforderungen in den genannten Generaldirektionen hervorriefen und inwiefern dies mit dem Begriff des Lernens in Verbindung gebracht werden kann (vgl. dazu Kapitel 5). Dazu werden in vier Unterkapiteln zunächst die drei Generaldirektionen vorgestellt und beschrieben, wie diese umweltpolitische Aspekte bei der Politikformulierung berücksichtigen und ob bzw. inwiefern die Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips mit Veränderungen handlungsleitender Annahmen einher geht oder nur eine bloße Umgestaltung auf der Darstellungsebene beschreibt, nicht aber in tägliche Arbeitsprozesse einfließt. Im letzten Teilkapitel werden dann die Reaktionsweisen der Generaldirektionen in drei Implementationsphasen gegenüber gestellt, in denen die Generaldirektionen jeweils unterschiedliche Reaktionsweisen mit Blick auf das Integrationsprinzip zeigten. Die Auswertung der Reaktionen auf umweltpolitische Anforderungen wird mit dem in Kapitel 2 entwickelten Konzept der Handlungstypen vorgenommen, das Rückschlüsse auf die Lernprozesse der Generaldirektionen zulässt und Erkenntnisse über die Lernfähigkeit der Europäischen Kommission liefert. Auf diese Weise sollte der Blick für Grenzen, Möglichkeiten und Bedingungen organisationaler Lernfähigkeit am Beispiel der Europäischen Kommission geöffnet sowie ein vertiefender Einblick in die interne Funktionsweise der Europäischen Kommission vermittelt werden. Letzteres bildet den Gegenstand des abschließenden Kapitels 6.
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2
Theoretisch-konzeptioneller Rahmen
Um Aussagen über die Lernfähigkeit der Europäischen Kommission treffen zu können, muss zunächst der Begriff des organisationalen Lernens bzw. der lernenden Organisation geschärft und eine Heuristik entwickelt werden, mit der sich Prozesse organisationalen Lernens in der Europäischen Kommission bzw. der ihr innewohnenden Generaldirektionen untersuchen lassen. Dazu wird in diesem Kapitel zunächst der Forschungsstand zum Lernen in und von Organisationen erhoben und anhand von vier zentralen Dimensionen (Lernsubjekte, Lernprozesse, Lernauslöser, Lerngegenstände) ausgelotet. Daraufhin wird in einem zweiten Schritt ein theoretisch-konzeptioneller Rahmen entwickelt, mit dem sich unterschiedliche Lerntypen erfassen lassen (2.2), danach wird das weitere methodische Vorgehen vorgestellt (2.3).
2.1 Über das Lernen in und von Organisationen: Einblicke in Diskussionen zum Forschungsfeld „organisationales Lernen“6 Gemessen an der Vielzahl wissenschaftlicher (Teil-)Disziplinen, die mittlerweile an der Diskussion über und der Entwicklung von Konzepten „organisationalen Lernens“ (OL) bzw. „lernender Organisationen“ (LO) partizipieren (Easterby-Smith/Araujo 1999: 1; Dodgson 1993: 375f.) sowie der wachsenden Anzahl an diesbezüglichen Publikationen erscheint es berechtigt, zu behaupten, dass dieser Thematik in Wissenschaft und Praxis eine enorm hohe Bedeutung beigemessen wird. Vor allem in der anwendungsorientierten Organisationsforschung verzichtet kaum eine Veröffentlichung auf Referenzen zur lernenden Organisation, gilt sie doch als Ausdruck für die Überlebens-, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Organisationen in sich dynamisch verändernden Umwelten (Yeung et al. 1999: 3ff.; Nonaka 1991: 96). Zwar leiten sich dabei sowohl Konzepte zur lernenden Organisation als auch zu organisationalem Lernen aus der Vorstellung ab, dass nicht nur Individuen in der Lage sind, aufgrund von Erfahrungen ihr Verhalten zu ändern, also zu lernen, sondern auch Organisationen die systemimmanente Fähigkeit zu erfahrungsbasierten und selbstreflexiven Lernprozessen aufweisen. Gleichwohl spiegelt die Differenzierung zwischen OL-Konzepten einerseits und LO-Konzepten andererseits keineswegs nur semantische Vorlieben der einzelnen Autoren wider. Vielmehr verbinden sich mit den genannten Konzepten divergierende Erkenntnisinteressen, die es – bei aller Diffusität des Forschungsfeldes – einleitend erlauben, eine erste Eingrenzung des im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehenden Gegenstandsbereiches vorzunehmen. Konzepte zur „lernenden Organisation“ zielen primär auf die Identifizierung und Umsetzung von Modellen ab, die eine Institutionalisierung erfolgreich lernender Organisatio6
Die folgenden Ausführungen (Abschnitt 2.1) sind bereits an einem anderen Ort veröffentlicht worden, vgl. KoppMalek 2004.
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nen in der Praxis versprechen (Senge 1990; Pedler 1989; Garvin 1993; Hennemann 1997). Entsprechende Modelle können sowohl auf einer Synthese von aus der Praxis gewonnen „best practices“ basieren wie auch aus theoretischen Prinzipien abgeleitet sein (etwa aus psychologischen Lerntheorien) (Easterby-Smith/Araujo 1999). Da die „lernende Organisation“ mittlerweile als Paradigma ganzheitlicher und nachhaltiger Organisationsentwicklung gilt, hat der Verweis auf die „lernende Organisation“ allerdings nicht nur in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung enorme Prominenz, sondern zunehmend auch in Selbstbeschreibungen von Organisationen. Vor allem Wirtschaftsunternehmen und zunehmend auch staatliche Verwaltungsorganisationen schmücken sich mit der Bezeichnung, eine „lernende Organisation“ zu sein, um damit ihre Leistungsfähigkeit, ihr Innovationspotential und die Fähigkeit auf unterschiedlichste Anforderungen problemadäquat reagieren zu können, auszudrücken.7 Konzepte zum Bereich „organisationales Lernen“ hingegen, die im Mittelpunkt der weiteren Ausführungen stehen, beziehen sich vornehmlich auf die empirische Beobachtung und Analyse von individuellen und kollektiven Lernprozessen in und von Organisationen – ohne dass sich damit zwangsläufig ein normativ-praktisches Erkenntnisinteresse verbinden muss. Vergleichbar mit der Popularität von LO-Konzepten spiegelt sich dabei auch in der gegenwärtigen Diskussion um organisationale Lernprozesse eine derartige Renaissance der Thematik wider, dass bereits ihre „Inthronisation“ in das Zentrum der Organisationstheorie vorgeschlagen wurde (Glynn et al. 1994; Miner/Mezias 1996). Konzepte „organisationalen Lernens“ sind allerdings keineswegs nur jüngeren Datums. So fand bereits in den 1950er Jahren der Begriff organisationales Lernen Erwähnung (March/Simon 1958) und gewann in den 1960er Jahren deutlich an Attraktivität (Argyris 1964; Cyert/March 1963). Allerdings lässt sich erst seit den 1970er Jahren ein – wenn auch zunächst bescheidener – gleichwohl kontinuierlicher Strom an Publikationen verzeichnen (Argyris/Schön 1978; Duncan/Weiss 1979; March/Olson 1975), der in den 1980er und vor allem 1990er Jahren erheblich an Umfang zugenommen hat (Prange 1999; Crossan/Guatto 1996). Dafür zeugt nicht zuletzt auch die Vielzahl an Sonderheften (etwa Organization Science 1991, 2(1) und 2(2); Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1995; Accounting, Management and Information Technology 1995; Journal of Organizational Change Management 1996; Organization Studies 1996), die der Thematik gewidmet sind. Vor diesem Hintergrund erscheint die Erwartung berechtigt, dass die zentrale Frage „wie Organisationen lernen?“, mittlerweile hinreichend geklärt sein müsse. Bereits die Breite an angebotenen Definitionen zum Begriff des „organisationalen Lernens“ (Prange 1999: 28; Pawlowsky 1992: 204) lässt diese Erwartung jedoch als verfehlt erscheinen, wie ein exemplarischer Blick auf ausgewählte Definitionen verdeutlicht. So verstehen Cyert/March (1963) unter organisationalem Lernen ein adaptives Verhalten von Organisationen an Veränderungen, Probleme und Gelegenheiten des Umfeldes über die Zeit, während eine Vielzahl von anderen Autoren organisationales Lernen vornehmlich mit der Veränderung von Wissen in Organisationen verbinden. Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang auf Argyris/Schön (1978: 19) verwiesen, die organisationales Lernen als einen Prozess definieren, der sich vollzieht, „when individuals, acting from their images and maps, detect a match or mismatch of outcome to expectation which confirms or disconfirms organizational theory-in-use“. Angesichts dieser definitorischen Spannbreite, die komplementiert wird 7
Vgl. kritisch zum Konzept der lernenden Organisation zum Beispiel Kühl (1999).
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durch eine Vielzahl von OL-Ansätzen8 sowie durch das Fehlen eines paradigmatischen Bezugssystems (Wiesenthal 1995: 138) erstaunt es wenig, dass keineswegs eine einheitliche Antwort auf die eingangs formulierte Frage in der OL-Diskussion zu identifizieren ist. Vielmehr scheint die Forschergemeinde sogar eher durch die gleichsam kanonisierte Erkenntnis geeint, dass mit dem mangelnden Konsens über Theorien und grundlegende Begrifflichkeiten eine konzeptionelle Fragmentierung innerhalb des Forschungsfeldes einhergeht (Easterby-Smith/Araujo 1999; Shrivastava 1983), die bereits die Suche nach überzeugenden Antworten auf die genannte Frage erschwert, geschweige denn die Formulierung einer Antwort begünstigt. Insofern muss man zwar nicht die Schlussfolgerung „that after 30 years of effort, the scientific community devoted to organizational learning has not produced discernible intellectual progress“ (Mackenzie 1994: 251) in ihrer Schärfe teilen, um dennoch konstatieren zu können, dass nur wenig kumulative Erkenntnisfortschritte zu beobachten sind. Ob daher ein „Mehr“ an kumulativer Forschung und integrativer Theoriebildung notwendig sei, die dabei auch stärker Anschlüsse an gängige Organisationstheorien suchen sollte oder gerade akzeptiert werden muss, dass die beteiligten Disziplinen ihre Konzeptionen auf unterschiedlichen Realitätswahrnehmungen gründen und insofern die Pluralität an Konzepten gerade eine Stärke der Diskussion um organisationale Lernprozesse darstellt, ist ebenfalls eine offene Frage (Easterby-Smith/Araujo 1999; Prange 1999; Huber 1991; Glynn et al. 1991: 2). Angesichts dieser diffusen Konturen des Forschungsfeldes liegt den weiteren Ausführungen die Zielsetzung zugrunde, eine Bestandsaufnahme ausgewählter Publikationen zum Forschungsfeld organisationales Lernen zu liefern und nicht eine Antwort auf die eingangs erwähnte Frage „wie Organisationen lernen?“ vorzuschlagen. Dies erfolgt anhand der Unterscheidung vier verschiedener – das Lernen in und von Organisationen charakterisierender – Dimensionen (Lernsubjekte, Lernprozesse, Lernauslöser, Lerngegenstände), die in der OL-Diskussion in der Regel als zentrale Ansatzpunkte der Unterscheidung zwischen vorliegenden Ansätzen eingeführt werden. Bleibt man in der Semantik des Gegenstandsbereiches, so stellt sich nicht nur die Frage, „was wir bis dato über den Gegenstandsbereich gelernt haben können?“, sondern zwangsläufig auch die Frage „was gilt es noch über organisationales Lernen zu wissen?“. Was sollte also die Forschung zu organisationalem Lernen zukünftig selbst noch lernen, um vorhandenen Kritikpunkten am Forschungsstand zu begegnen und Forschungsdesiderate zu schließen? Die folgenden Ausführungen sollen dazu dienen, erste Antworten auf diese Fragen zu liefern, indem Konsensbereiche und Differenzen ebenso dargestellt werden wie Kritikpunkte und „blinde Flecken“ in der OL-Forschung.
2.1.1 Lernsubjekte Die Frage „wer lernt?“, die die OL-Forschung gleichsam seit ihrer Geburtsstunde beschäftigt hat, verweist auf die Notwendigkeit, ein zentrales Lernsubjekt (Individuen und/oder 8 Shrivastava (1983: 7ff.) unterscheidet beispielsweise mindestens fünf verschiedene Ansätze im Hinblick auf die Form organisationalen Lernens („Lernen aus Erfahrung“; „Verbesserung der Problemlösungsfähigkeit“; „Institutionalisierte Erfahrungen“; „Generierung und/oder Veränderung formaler Organisationsaspekte“ und „Veränderung organisatorischen Wissens“), während Klimecki/Thomae (1997) vier Ansätze des organisationalen Lernens unterscheiden („erfahrungsorientierter Ansatz“; „informationsorientierter Ansatz“; „interpretationsorientierter Ansatz“; „wissensorientierter Ansatz“).
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Organisation) zu identifizieren, das als Träger organisationaler Lernprozesse fungiert (Glynn et al. 1991: 6ff.; Cook/Yanow 1996). Obgleich die Forschergemeinde auch in der Beantwortung dieser Frage keineswegs geeint ist, ist den meisten Ansätzen dennoch gemeinsam, dass sie ihre diesbezügliche Konzeptualisierung von organisationalen Lernprozessen auf ein Verständnis über individuelle Lernprozesse gründet. D. h., subjektgebundene Lernkonzepte, die sich vom klassischen Behaviorismus (Stimulus-Response-Modell) über den Neobehaviorismus (Stimulus-Organismus-Response-Modell) bis hin zu kognitivistischen Theorien erstrecken (für einen Kurzüberblick Strauß 1996: 17ff.; Pautzke 1989: 89ff.), werden auf Organisationen übertragen. Da gegenwärtig vor allem auf kognitivistische Theorien zur Beschreibung und Erklärung individueller Lernprozesse rekurriert wird, erstaunt es wenig, dass sich auch aus der Vielfalt an OL-Ansätzen ein kognitives bzw. interpretatives Verständnis von Organisationslernen synthetisieren lässt. Dies grenzt sich von einem klassischen behavioristischen Verständnis ab, nach dem Lernen – dem Prinzip von „Stimulus“ und „Response“ folgend – lediglich an einer Veränderung beobachtbaren Verhaltens gemessen wird (Kissling-Näf/Knoepfel 1994: 100f.). In einer kognitivistischen Perspektive hingegen wird Organisationslernen als ein Vorgang betrachtet, bei dem sich die kognitiven Strukturen des Lernsubjektes verändern. Zur Erklärung dieser Veränderungen wird in Ansätzen organisationalen Lernens wiederum auf weitere subjektgebundene Konzepte Bezug genommen, die traditioneller Weise mit den Begriffen „Kognition“ und „Lernen“ im Kontext individueller Lernprozesse assoziiert werden – wie etwa Lernen aus Fehlern oder Erfahrungen verbunden mit der Vorstellung einer nachgelagerten Effektivitätssteigerung im Verhalten der Organisations(-mitglieder) (Etheredge/Short 1983; Argyris/Schön 1978). Unhinterfragt bleiben in diesem Zusammenhang allerdings grundlegende Annahmen über den ontologischen Status von Organisationen als kognitive Entitäten, deren Fähigkeit zu lernen sich unter Rekurs auf Theorien individuellen Lernens darstellen lässt. Mit anderen Worten: Wieso kann Organisationen ein vergleichbarer ontologischer Status wie Individuen zugeschrieben werden, mit der Folge, dass organisationales Lernen in Analogie zu individuellen Lernprozessen konzeptualisiert werden kann, weisen doch beide Lernsubjekte (zumindest) auf den ersten Blick deutliche Unterschiede auf (Cook/Yanow 1996: 436)? Jenseits des gemeinsamen Rekurses auf individuelle Lernprozesse als Referenzpunkt für die Konzeptualisierung von organisationalen Lernprozessen und den damit verbundenen Kritikpunkten lässt sich das Forschungsfeld zudem in zwei traditionelle Grundpositionen aufteilen, die prägend für die Auseinandersetzungen um die Frage, „wer lernt?“, in der OLForschung sind (Glynn et al. 1991: 6ff.; Cook/Yanow 1996). So bedient sich die Vorstellung lernender Organisationen zum einen eines metaphorischen Lernbegriffs, der, von einer Ähnlichkeit individueller und organisatorischer Eigenschaften ausgehend, als Assoziationsgrundlage genutzt wird, um von individuellen Lernphänomenen Analogieschlüsse auf organisationales Lernen zu ziehen (Vollmer 1996: 320). Organisationen verfügen demnach über Charakteristika und Fähigkeiten (wie etwa Erinnerungsvermögen, Organisationsgedächtnis), die identisch oder äquivalent zu jenen sind, die Individuen befähigen, zu lernen (Hedberg 1981; Cyert/March 1963; Levitt/March 1988; Weick 1996). Durch diese theoretische Fixierung auf Organisationen als zentrale Lernsubjekte wird jedoch die Multidimensionalität und Komplexität von organisationalem Lernen als einem Prozess, der sich auf unterschiedlichen Ebenen (individuelle, sub-organisatorische, organisatorische Ebene) abspielt, vernachlässigt.
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Zum anderen wird organisationales Lernen als besondere Form bzw. Ergebnis individuellen Lernens innerhalb von Organisationen betrachtet, das – bei Vorhandensein entsprechender Machtmittel der Akteure – organisatorische Veränderungen bedingen kann (Argyris/Schön 1978; Etheredge/Short 1983; Dodgson 1993).9 „All learning takes place inside individual human heads; an organization learns only in two ways: (a) by the learning of its members, or (b) by ingesting new members who have knowledge the organization didn’t previously have“ (Simon 1991: 125). Entsprechende Simplifizierungen organisationaler Lernprozesse spiegeln sich beispielsweise in Ansätzen wider, die organisationale Lernprozesse mit dem Lernen von Meinungsführern oder Führungskräften bzw. dem TopManagement gleichsetzen – dabei jedoch nicht nur versäumen (Transfer-)Mechanismen zu spezifizieren, durch die individuelle Lernergebnisse Eingang in organisationale Strukturen finden und insofern der Komplexität organisationaler Lernprozesse ebenfalls nicht gebührend Rechnung tragen. Vielmehr werden auch Rahmenbedingungen (wie etwa Institutionen, Gruppen- und Machtstrukturen, Organisationskultur), die in den Prozess des individuellen Lernens der Organisationsmitglieder intervenieren und durch diesen verändert werden können, nur mehr oder weniger konsequent berücksichtigt (Sattelberger 1991: 81; Huysmann 1999: 63ff.).10
2.1.2 Lernprozesse Das Problem einer Anthropomorphisierung bzw. Individualisierung von Lernprozessen, das in der Vernachlässigung der Komplexität von Lernprozessen angelegt ist, schlägt die Brücke zur Prozessdimension von organisationalem Lernen und den in diesem wirksam werdenden Mechanismen. In der Literatur zum organisationalen Lernen lassen sich mehr oder weniger systematische Überlegungen identifizieren, die um den Verlauf bzw. den Prozess organisatorischer Lernprozesse kreisen. So sind beispielsweise eine Reihe von Ablaufmodellen vorgeschlagen worden, wie etwa der „(In-)-Complete Learning Cycle“ von March/Olson (1976) sowie die darauf aufbauenden Überlegungen von Kim (1993), der informationstheoretisch inspirierte Ansatz von Huber (1991) oder die Konzeptionen von Nevis et al. (1995) und Sattelberger (1991), die zum Teil explizit auf die Konzeptualisierung des „Link between Individual and Organizational Learning“ (Kim 1993) zielen. Unter Rückgriff auf ältere OL-Konzepte lassen sich dabei vor allem seit Beginn der 1990er Jahre vermehrt Versuche beobachten, die reduktionistische Perspektive einer Gleichsetzung von organisationalen Lernprozessen mit dem ‚stellvertretenden‘ Lernen einzelner Akteure innerhalb der Organisation bzw. mit der einfachen Aggregation individueller Lernerfahrungen zu organisationalem Lernen zu transzendieren. Diese Arbeiten basieren auf der Annahme, dass der Gegenstand organisationalen Lernens das Lernen von Organisationen als Entitäten ist und nicht lediglich das Lernen der Mitglieder innerhalb von Organisationen, was zwar eine notwendige aber keineswegs hinreichende Voraussetzung 9 Strauß (1996: 24f.) weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass es fragwürdig ist, inwiefern die damit einhergehende „top-down“-Strategie der Wissensvermittlung angesichts der dadurch bedingten Probleme der Demotivation von und systematischen Informationszurückhaltung durch Mitarbeiter erfolgreich sein kann. 10 Um den dualen Charakter von Lernprozessen in Organisationen in den Blick zu bekommen, wird deshalb in jüngster Zeit vorgeschlagen, organisationale Lernprozesse unter Rückgriff auf die Gidden’sche Strukturierungstheorie bzw. das Konzept der „institutionalization“ nach Berger/Luckmann zu konzeptualisieren (Huysmann 1999: 65f.).
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für organisationales Lernen ist (Argyris/Schön 1978; Hedberg 1981; Huber 1991; Fiol/Lyles 1985; Duncan/Weiss 1979; Kim 1993; Glynn et al. 1991; Sattelberger 1991). In den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses rückt deshalb vor allem die Suche nach „Transfermechanismen“, die eine Verbindung und Vermittlung von Lernprozessen zwischen den unterschiedlichen Lernebenen begründen. Organisationales Lernen wird insofern beispielsweise als ein Prozess der Generierung, Speicherung und Anwendung organisationalen Wissens begriffen, der wiederum auf Prozessen der Kommunikation und Konsensfindung über sowie Integration von im Rahmen individueller Lernprozesse erworbenem Wissen beruht (Duncan/Weiss 1979: 86). „Durch diese Speicherung von individuellem Wissen in organisationalen Wissens-Systemen [werden] Handlungskompetenzen sukzessive abstrahiert und im organisationalen System implementiert [...], so dass vormals individuelles Wissen [...] zu organisationalem Wissen wird [...]“ (Pawlowsky 1992: 202). Dieses Wissen ist sozial definiert, normativ legitimiert und für andere Organisationsmitglieder zugänglich (Duncan/Weiss 1979: 87f.). Auch mit dem Verweis auf Prozesse der „Diffusion“ und „Institutionalisierung“ in Organisationen wird der Versuch unternommen, Möglichkeiten der Verbindung wie auch der Unterscheidung zwischen individuellem Lernen und organisationalem Lernen aufzuzeigen. Während mit dem Begriff „Diffusion“ ebenfalls auf die Kommunizierbarkeit und Konsensfähigkeit von individuellem Wissen als Voraussetzung für dessen Integration in die organisationale Wissensbasis verwiesen wird, hebt der Prozess der Institutionalisierung auf die Bewahrung dieses Wissens in organisationalen „Speichermedien“ ab. Ebenso wie individuelles Lernen damit keineswegs zwangsläufig in organisationales Lernen münden muss, übersetzt sich auch organisationales Lernen nicht automatisch in individuelles Lernen, weil Individuen institutionalisierten Regeln und Verfahren rein habituell folgen können, ohne dazu im Vorfeld ein Verständnis über die den Routinen zugrundeliegenden Rationalitäten entwickelt zu haben. Da jedoch das bereits zu Beginn der 1980er Jahre von Hedberg getroffene Verdikt, „[...] that the interplay between individual, group, and organizational levels has been poorly described in the literature“ (Hedberg 1981: 7) auch gegenwärtig kaum etwas an Aktualität verloren hat (Glynn et al. 1991: 7f.; Strauß 1996: 38), verwundert es wenig, dass der Bedeutung von Kommunikations-, Diffusions- oder Institutionalisierungsprozessen im Rahmen von Prozessen des organisationalen Lernens bisher wenig systematische Aufmerksamkeit in der OL-Diskussion gewidmet wurde. Geschweige denn zur Konzeptualisierung dieser Prozesse auf breitere sozialwissenschaftliche Theoriedebatten rekurriert wird. Insofern sind nach wie vor eine Vielzahl von Forschungsfragen offen, die beispielsweise nach den Bedingungen fragen, unter denen „neues“ Wissen an „altes“ anschließt der sich für die Art und Weise interessieren, wie neues Wissen identifiziert, organisatorisch verfügbar gehalten und als legitim anerkannt wird, um in Entscheidungen der Organisation einzufließen (Wiesenthal 1995: 148ff.). Während in den vorhergehenden Ausführungen eher auf den relativen Stellenwert abgehoben wurde, der einzelnen Phasen in organisationalen Lernprozessen durch verschiedene Autoren beigemessen wird, setzt die Unterscheidung vorliegender OL-Ansätze anhand des Ausmaßes, indem eher der technische oder der soziale Charakter von Lernprozessen betont wird, wesentlich grundlegender an den jeweiligen epistemologischen und ontologischen Prämissen an (Easterby-Smith/Araujo 1999). So geht die „technische Sichtweise“ (Easterby-Smith/Araujo 1999: 3f.), die auf informationstheoretischen Überlegungen der
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Organisationsforschung aufbaut, von der Annahme aus, dass sich organisationales Lernen als ein Prozess der Informationsverarbeitung beschreiben lässt. „An entity learns if, through its processing of information, the range of its potential behaviours is changed [...] an organization learns if any of its units acquires knowledge that it recognizes as potentially useful to the organization“ (Huber 1991: 89).
Auslöser für Lernprozesse, die sich über die Phasen der (1) Gewinnung, (2) Verteilung, (3) Interpretation und schließlich (4) Speicherung von Informationen (vgl. Huber 1991) erstrecken, ist dabei die Informationsflut, der sich ein System ausgesetzt sieht. Ohne an dieser Stelle im Detail auf die insbesondere von Huber (Huber 1991; Daft/Huber 1987) entwickelte Informationsverarbeitungsperspektive auf Lernprozesse eingehen zu wollen, gilt es festzuhalten, dass sie zwar einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Komplexität, die in den eingangs erwähnten Phasen eines Lernprozesses angelegt ist, geliefert hat. Nichtsdestotrotz bedingt gerade „[...] the mechanistic nature of the information metaphor [...] some drawbacks, because the human element in (organizational) learning appears to become less pivotal than elsewhere in the literature on organizational learning“ (Romme/Dillen 1997: 73). So können Organisationsmitglieder Informationen unterdrücken oder verzerrt darstellen, um ihre Präferenzen zu realisieren. Ebenso sind sie in der Lage, Informationen selektiv zu verwenden, um Entscheidungen zu legitimieren, die aus anderen Gründen getroffen wurden. Also „politischen“ Verhaltensweisen folgen, die den Zugang zu und die Verfügungsmöglichkeiten über Informationen gleichermaßen aber auch den Prozess der Bedeutungszuschreibung zu Informationen beeinflussen (Coopey 1995). In dem Maße jedoch wie auch entsprechende mikropolitische Aspekte oder die organisationale Innenpolitik (vgl. Küpper/Ortmann 1988; Crozier/Friedberg 1979) in Lernprozessen an Bedeutung gewinnen, stehen die Prämissen der technischen Prozessperspektive auf tönernen Füßen. Der Annahme, dass organisationales Lernen auch ein durch Mikropolitik gefärbter Prozess in Organisationen darstellt, wird dabei zwar auch in der technischen Perspektive Rechnung getragen. Allerdings nur insofern, als dies als ein Problem perzipiert wird, das es auf dem Weg zur Institutionalisierung einer effektiv lernenden Organisation zu überwinden gilt. Eine Herangehensweise an organisationale Lernprozesse, die wiederum in einer „sozialen Perspektive“ (Easterby-Smith/Araujo 1999: 4ff.) auf organisationale Lernprozesse als naiv und idealistisch charakterisiert wird, weil „Politik“ einen integralen Bestandteil jeglicher sozialer Prozesse darstellt. Im Gegensatz zur technischen geht die soziale Perspektive dann von der Annahme aus, dass Daten per se keine Bedeutung haben, solange diese ihnen nicht durch die Organisation bzw. ihre Mitglieder in sozialen Konstruktionsprozessen zugeschrieben wird (Elkjaer 1999; Brown/Duguid 1996). In dem Maße jedoch wie Wissen durch Akteure sozial konstruiert ist, ist es unvermeidlich, dass auch den eigenen Interessen entsprechenden Interpretationen Vorschub geleistet wird, zumal der Interpretationsprozess durch die Machtverhältnisse innerhalb der Organisation beeinflusst wird. Notwendig ist deshalb eine Konzeption von organisationalen Lernprozessen, die politische Prozesse als integralen Bestandteil organisationalen Lernens betrachtet. In dieser auch als sozialkonstruktivistischer Ansatz bezeichneten OL-Perspektive stellen organisationale Lernprozesse „mehr“ dar als die individuelle Verarbeitung von Informationen.
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„The concepts of meaning, understanding and learning are all defined in relation to actional context, and not merely in relation to the mind, as, for example, a ‚container‘ that is slowly filling up“ (Elkjaer 1999: 81).
Der ‚Ort‘ von Lernprozessen wird vielmehr in den Kontext sozialer Praktiken und Interaktionen verlagert. Dementsprechend rücken gerade auch die in diesen Kontexten ablaufenden intersubjektiven Sinngebungsprozesse – sei es, dass sie sich als Ergebnis formaler Entscheidungsfindungsprozesse oder in Form des informellen Erfahrungsaustausches vollziehen oder eher „latent“ Gegenstand organisationaler Sozialisierungsprozesse sind – in den Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses. Diese hier nur knapp skizzierte sozialkonstruktivistische Lernperspektive spiegelt sich beispielsweise in Konzepten wider, die unter Begriffen wie „situated learning perspective“ (ebd.: 80ff.), „communites of practices“ (Brown/Duguid 1996) oder „legitimate peripheral participation“ (Lave/Wenger 1991) firmieren. Sie gewinnt vor allem seit den 1990er Jahren zunehmend an Bedeutung, verbunden mit der Entwicklung und Anwendung von methodischen Designs, die in der Lage sind, entsprechende Prozesse aufzudecken und empirisch zu untersuchen. Während qualitativen und ethnografischen Methoden dabei bereits seit längerer Zeit eine herausgehobene Bedeutung zu kam, richtet sich das Interesse – angesichts des zentralen Stellenwertes, der kommunikativen, sprachlich-vermittelten Prozessen für die Konstruktion von Bedeutungen und Sinn – jüngst vermehrt auch auf linguistische und narrative Methoden (Easterby-Smith/Araujo 1999: 7ff.; Sims 1999).
2.1.3 Lernauslöser Vor dem Hintergrund der vorhergehenden Ausführungen liegt der Eindruck nahe, dass die Diskussionen zu organisationalen Lernprozessen eher durch eine Reihe an Differenzen und Distinktionen gekennzeichnet sind, als durch einen Fundus intersubjektiv geteilter Annahmen. Dies trifft zwar in gewisser Hinsicht auch auf die Frage nach den Lernprozesse auslösenden Faktoren zu. Gleichwohl scheint hier zumindest die Annahme, dass organisationales Lernen einen Vorgang der Auseinandersetzung mit und Adaption an sich verändernde Umweltzustände darstellt (Argyris/Schön 1978; Cyert/March 1963; Levitt/March 1988; March/Olson 1975), einen der wenigen identifizierbaren Konsensbereiche in der vorliegenden Literatur zum Gegenstandsbereich zu bilden (Fiol/Lyles 1985). Anknüpfend an kontingenztheoretische Überlegungen der Organisationsforschung, die Organisationen als offene Systeme betrachten, operieren und interagieren Organisationen in dieser Perspektive in einer komplexen Umwelt, die sich durch Instabilität und Dynamik auszeichnet. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass sich Organisationen und die ihrem Handeln zugrundeliegende Wissensbasis in Auseinandersetzung mit der sich verändernden Umwelt selbst verändern, um so über neue Problemlösungs-/Handlungsstrategien den Systembestand durch Lernen zu sichern (Klimecki/Thomae 1997). Die Verweise auf „Umweltdruck“ (Fiol/Lyles 1985), auf Mängel bzw. Diskrepanzen in vorhandenen Umweltinterpretationen (Argyris/Schön 1978; Duncan/Weiss 1979; March/Olson 1975) oder auf Krisen und unerwartete Ereignisse (Shrivastava 1983) exemplifizieren dieses Verständnis von organisationalen Lernprozessen. In allen Fällen handelt es sich gleichsam um „Umweltinformationen“, denen der Gedanke zugrunde liegt, dass im Falle einer negativen Abweichung der wahrgenommenen Handlungsergebnisse von den ursprünglich formulierten Erwartungen ein Bedürfnis nach ‚Feh24
lerkorrektur‘ initiiert wird, das zu Verhaltensänderungen führen kann (Argyris/Schön 1978: 17f.; Hedberg 1981: 16).11 Der Grad der Abweichung zwischen Handlungsergebnissen und Erwartungen muss dabei zwar einen kritischen Punkt überwinden, um als Impuls für Lernprozesse zu fungieren (Strauß 1996: 46). Gleichwohl können zu komplexe und dynamische Veränderungen in der Organisationsumwelt aber auch zu einem Festhalten an vormals bewährten Problemlösungen seitens der Organisation führen (Hedberg 1981: 12ff.; Fiol/Lyles 1985: 806ff.), selbst wenn diese sich als offensichtlich inadäquat erweisen sollten, wodurch Lernen unter komplexen Umweltbedingungen gleichsam ausgeschlossen erscheint. Denn „unter Bedingungen hoher Unsicherheit [...] [liefert] die „sture“ Anwendung eines gegebenen Regelkanons eine im Durchschnitt höhere Trefferquote als Experimente mit zwangsläufig ungenügend informierten Strategien“ (Wiesenthal 1995: 140).
Die maximal erwartbaren Kompetenzgewinne bleiben damit an Potentiale der lernenden Organisation gebunden, die sich bemessen an der Angemessenheit des Regelsystems und der Anschlussfähigkeit des organisationalen Wissens. Weiterreichende Lernresultate und nicht-umweltkonditionierte Auslösefaktoren, etwa ein tiefgreifender Wandel des Deutungssystems und selbstinitiierte Verhaltensänderungen, scheinen ausgeschlossen (Huysman 1999: 68; Dodgson 1993: 387; Wiesenthal 1995: 145).12 Fälle des komplexen Lernens und/oder selbstinitiierten Wandels bedürfen deshalb alternativer Erklärungen. Mit dem Verweis auf „unkonventionelle Formen des Lernens“ (Wiesenthal 1995: 140ff.) oder etwa „verständigungsorientiertes Handeln“ (Pautzke 1989: 121f.) und „Bemühungen um Reflexion“ (Pautzke 1989: 123f.; Duncan/Weiss 1979: 93) werden entsprechende Angebote verfügbar. Die von Wiesenthal (1995) in die organisationale Lerndiskussion eingeführten „unkonventionellen Formen“ des Lernens beruhen auf einem über individuelle Akteure vermittelten Sinnimport („Intrusion“) in Organisationen.13 Ausgangspunkt dieser Lernformen ist die Annahme, dass Organisationen nicht (mehr) in der Lage sind, ihre Grenzen zur Umwelt zuverlässig zu kontrollieren, so dass (1) über den Zugang neuer Mitglieder als Träger der Organisation fremder Wissensbestände („Invasion“), (2) über ein abweichendes Verhalten von Organisationsmitgliedern („Dissidenz“) und schließlich (3) durch den Rekurs einer Organisation auf externe Wissensbestände, deren Wirkung auf die Organisation nicht kon-
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Anzumerken gilt es dabei, dass Organisationen keineswegs kontinuierlich ihre Umwelt nach Bedingungen oder Informationen „scannen“, die Lernprozesse einer Organisation erforderlich machen würden. Im Gegenteil: „They search intermittently, they rely on attention-directing standard operating procedures, and they question these procedures only when problems begin to mount“ (Hedberg 1981: 16). 12 Wenn Lernen ausschließlich als umweltkonditionierter Prozess konzeptualisiert wird, gerät darüber hinaus auch die in sozialkonstruktivistischen Theorien postulierte Fähigkeit von individuellen oder kollektiven Akteuren, ihre eigenen Umwelten zu konstruieren, verloren (Weick 1979). Wenn dies allerdings in Rechnung gestellt wird, scheint ebenfalls die Vermutung begründet, dass in einzelnen Organisationen zur selben Zeit verschiedene Lernprozesse mit unterschiedlichen Tempo und unterschiedlichen Resultaten ablaufen (Dodgson 1993: 384; 388). 13 In ähnliche Richtung argumentiert Hedberg (1981: 17f.), der Menschen als Auslösefaktoren für organisationale Lernprozesse thematisiert. Diese können durch Eintritt in oder Austritt aus Organisationen ihr Wissen in den organisationalen Wissensfundus einbringen bzw. diesem entziehen. Auch Führungsverhalten oder Vorbilder können Lernprozesse im Sinne eines „Lernens am Modell“ initiieren (siehe hierzu auch Wiesenthal 1995).
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trollierbar ist („Intersektion“), Möglichkeiten von Sinnimport eröffnet werden, die auch Fälle komplexen Lernens erklären können.14 Mit den Begriffsverwendungen „verständigungsorientiertes Handeln“ und „Bemühungen der Reflexion“ ist schließlich eine letzte Gruppe an Auslösefaktoren angesprochen, die den sozialen Charakter der auslösenden Ereignisse und die Möglichkeit einer aktiven Bemühung um Lernprozesse stärker thematisieren (Pautzke 1989: 119ff.). Lernprozesse werden demnach nicht nur „durch äußeren Einfluss von Ereignissen oder sozialen Situationen ausgelöst, sondern auch durch den Versuch, bewusst Situationen zu überdenken und neue Probleme möglicherweise in ein neues Licht zu rücken“ (Pautzke 1989: 123). Offen bleibt in diesem Zusammenhang jedoch, unter welchen Bedingungen sich entsprechende selbstinitiierte Lernprozesse erwarten lassen; inwiefern sie andere Lernergebnisse als umweltkonditionierte Lernprozesse begünstigen oder inwiefern sich je nach Lernanlass systematisch unterschiedliche Prozessverläufe identifizieren lassen, um nur einige Probleme zu nennen.
2.1.4 Lerngegenstände In der Auseinandersetzung mit Prozessen organisationalen Lernens werden in der Regel zwei grundlegende Dimensionen mit Blick auf die Gegenstände von Lernprozessen und daraus resultierende Veränderungen unterschieden (Fiol/Lyles 1985; Glynn et al. 1991: 3ff.): Kognitive Veränderungen einerseits (Duncan/Weiss 1979; Argyris/Schön 1978) und Verhaltensveränderungen andererseits.15 Obgleich diese Unterscheidung recht prominent ist und vielfach als wesentliches Merkmal zur Strukturierung vorliegender OL-Ansätze Anwendung findet, scheint sie immer dann vernachlässigt zu werden, wenn es um die empirische Beschreibung und Analyse von Lernen geht. Denn in diesem Zusammenhang wird häufig unmittelbar von Verhaltensänderungen auf einen vorgelagerten Lernprozess im Sinne einer Veränderung kognitiver Strukturen geschlossen. Dies ist jedoch insofern problematisch, als einerseits Verhaltensänderungen nicht zwangsläufig mit kognitiven Veränderungen einhergehen müssen. Andererseits müssen sich kognitive Veränderungen nicht gleichzeitig in Verhaltensänderungen niederschlagen, weil beispielsweise die Umsetzung individueller Lernerfahrungen in veränderten Verhaltensweisen durch bestimmte Rollenzuweisungen etc. verhindert ist. Die dadurch begründete Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen den genannten Dimensionen lässt somit die Entwicklung von Indikatoren geboten erscheinen, die in der Lage sind, kognitive Veränderungen beobachtbar zu machen, ohne von Verhaltensänderungen auf kognitive Veränderungen und umgekehrt zu schließen. Diese unterschiedlichen Formen, in denen sich kognitive Strukturen als Bezugspunkt organisationalen Lernens manifestieren, sind bisher jedoch nur am Rande Gegenstand einer systematischen Auseinandersetzung in der OL-Forschung gewesen (Klimecki/Thomae 1997: 13). 14
Ein vergleichbarer Prozess wird mit dem Begriff „grafting“ bezeichnet, indem neue Mitglieder, die Träger von Wissen sind, das vormals nicht in einer Organisation vorhanden war, (beispielsweise über Unternehmensfusionen) Eingang in eine Organisation finden und ihr Wissen mitbringen (Huber 1991: 97; Lyles 1988). 15 Die Unterscheidung zwischen Veränderungen in Kognitionen und Verhaltensweisen als Bestandteil von organisationalen Lernprozessen geht teilweise einher mit der Unterscheidung zwischen Lernen (kognitive Veränderungen) und Adaption (Verhaltensänderungen).
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Da der Forschungsgegenstand „organisationales Lernen“ also selbst scheinbar schwer in messbare Größen überführt werden kann, weil organisationales Lernen eben gerade auch kognitiv verläuft, setzten die meisten empirischen Untersuchungen direkt bei den manifest beobachtbaren Veränderungen an, um Lernprozesse empirisch analysieren zu können. Nur scheint es in diesem Zusammenhang kaum eine Organisationsvariable zu geben, deren Veränderung nicht auch als Ausdruck kognitiver Veränderungen und damit Lernen gewertet wird, so dass am Ende Zweifel über den zusätzlichen Erkenntnisgewinn angebracht sind, der mit der Verwendung eines Lernbegriffs verbunden sein kann. So werden „standard operating procedures“ und „organizational rules“ (Cyert/March 1963), „complex management systems“ (Cangelosi/Dill 1965) und/oder „routines“ (including rules, procedures, frameworks, cultures, belief structures, paradigms; Levitt/March 1988) ebenso als Gegenstände organisationalen Lernens betrachtet wie die „organizational knowledge base“ (Duncan/Weiss 1979) und/oder „patterns of cognitive associations and/or new responses or actions“ (Fiol/Lyles 1985). Gerade in dieser Dimension besteht deshalb nach wie vor erheblicher konzeptioneller wie auch empirischer Klärungsbedarf. Die Ergebnisse von Lernprozessen lassen sich indes nicht nur nach ihren konkreten Inhalten unterscheiden, sondern auch anhand der Reichweite und Tiefe ihrer durch Lernen bedingten Veränderung. Bei allen Differenzen wird dabei seit den grundlegenden Arbeiten von Argyris (1976) und Argyris/Schön (1978) in der Regel von drei Lerntypen ausgegangen, die Argyris/Schön mit den Begriffen „single-loop learning“, „double-loop learning“ und „deutero learning“ eingeführt haben. Analoge Unterscheidungen spiegeln sich in bedeutungsverwandten Begriffen wie „adjustment learning“, „turnover learning“ und „turnaround learning“ (Hedberg 1981), „lower-level-learning“ und „higher-level-learning“ (Fiol/Lyles 1985) oder in „operational learning cycle“, „policy learning cycle“ und „integrated learning cycle“ wider (Garratt 1990 sowie zusammenfassend Fiol/Lyles 1985). Gegenstand des einfachen Lernens („single-loop learning“) als ersten Lerntypus sind Regelkataloge, die sich in Arbeitsanweisungen, Aufgaben- oder Rollenbeschreibungen konkretisieren, sich in Aktenförmigkeit und in den alltäglichen Kommunikationen bzw. Handlungen der Akteure dokumentieren (Wiesenthal 1995: 139ff.). Auf der organisatorischen Ebene bezieht sich einfaches Lernen auf eine Modifikation dieser Regelsystemen, welche die wesentlichen Merkmale der organisationalen Wissensbasis bzw. „theory-inuse“, also der bisherigen Handlungsprämissen und vorherrschenden Normen, unverändert lässt (Argyris/Schön 1978: 18). Lernresultat des einfachen Lernens auf der organisatorischen Ebene sind modifizierte oder andere Regeln wie zum Beispiel veränderte Muster in Kommunikationsbeziehungen, Veränderungen in der Gestaltung von Arbeitsabläufen oder in der Arbeitsteilung (Wiesenthal 1995: 141). Komplexes oder „double-loop“ Lernen hingegen basiert auf einer Konfrontation der Effektivität und Effizienz von tradierten organisationalen Hypothesen, Normen und Handlungsanweisungen mit Alternativen bzw. Umweltbeobachtungen, die über feedbackSchleifen an die organisationale Wissensbasis rückgekoppelt werden (vgl. Pawlowsky 1992). „The results of their inquiry will take the form of a restructuring of organizational norms, and very likely a restructuring of strategies and assumptions associated with these norms, which must then be embedded in the images and maps which encode organizational theory-in-use“ (Argyris/Schön 1978: 22).
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Gegenstand des komplexen Lernens auf der organisatorischen Ebene ist also das Wissenssystem bzw. die „theory-in-use“ selbst, die hinsichtlich der ihr zugrunde liegenden Annahmen und Normen eine Veränderung erfährt. In Anlehnung an Bateson (1972) haben Argyris/Schön darüber hinaus einen dritten Lerntypus – das sog. „deutero Lernen“ – eingeführt, der auf die Möglichkeit verweist, dass „members learn [...] about previous context of learning [...]. They discover what they did that facilitated or inhibited learning, they invent new strategies for learning, they produce these strategies, and they evaluate and generalize what they have produced. The results become encoded in individual images and maps and are reflected in organizational learning practices“ (Argyris/Schön 1978: 27).
„Deutero Lernen“ bezieht sich also auf die Fähigkeit, die als „single- bzw. double-loop learning“ gekennzeichneten Lernmodi, die gleichsam Objekt des Lernprozesses werden, selbst zu erlernen und die Qualität des Lernprozesses zu verbessern (Shrivastava 1983). In der wissenschaftlichen (aber auch in der alltagsweltlichen) Diskussion werden die Ergebnisse von Lernprozessen schließlich vielfach auch durch Begriffe wie Intelligenz, Weisheit, Effektivität oder Effizienz konnotiert, die Ausdruck eines spezifischen Verständnisses der Qualität von organisationalem Lernen sind. So impliziert Lernen in dieser Perspektive eine Verbesserung im Wissen und Verhalten einer Organisation bzw. ihrer Mitglieder. Zwar wird in diesem Zusammenhang durchaus anerkannt, dass – bedingt durch unvollständige Lernzyklen (March/Olson 1976; Kim 1993), das Fehlen systemischen Denkens (Senge 1990) oder defensive Strategien der Organisationsmitglieder (Argyris/Schön 1978) – auch „problematische“ Lernprozesse in Organisationen zu beobachten sind, die zu organisationalem Konservativismus führen. Damit verbindet sich allerdings keine grundlegende Abkehr von der Annahme, dass Lernen eine positive, anzustrebende Aktivität ist. Lernen folgt jedoch keineswegs automatisch einem „Pfad größerer Weißheit“, weil beispielsweise unerwartete Ereignisse, die „Interpretationswürdigkeit“ historischer Erfahrungen oder selbstreferentielle Informationsverarbeitungsprozesse die Qualität von Lernprozessen negativ beeinflussen können, wobei die (Dis-)Qualifizierung von Lernergebnissen als „gut/schlecht“ bzw. „besser/schlechter“ aufgrund ihrer Abhängigkeit von der jeweiligen Betrachterperspektive selbst wiederum variabel ist. Angesichts der mehrere Jahrzehnte umspannenden Forschungsgeschichte, auf die die Auseinandersetzungen um organisationale Lernprozesse mittlerweile zurückblicken, bedarf es kaum der Erwähnung, dass die vorhergehenden Ausführungen lediglich in der Lage waren, einen begrenzten Ausschnitt aus einem immens breiten Forschungsfeld zu präsentieren. Nichtsdestotrotz haben sie die Möglichkeit eröffnet, einige (gemeinsame) Dimensionen aber auch „Lücken“ herauszuarbeiten, die charakteristisch für OL-Diskussionen sind.
2.2 Heuristischer Bezugsrahmen Wie die vorhergehenden Ausführungen verdeutlicht haben, existiert gegenwärtig weder ein einheitliches noch ein eindeutig dominantes Konzept über organisationales Lernen. Auf der Grundlage vorliegender Arbeiten wird daher im Folgenden ein heuristischer Bezugsrahmen entwickelt, um die zentrale Fragestellung des Forschungsvorhabens beantworten zu können. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwiefern die Europäische Kommission bzw. einzelne
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unter ihrem Dach agierende Generaldirektionen in der Lage sind, zu lernen, sich also angesichts neuer Anforderungen in ihrer Umwelt reflexiv mit ihren handlungsanleitenden kognitiven und normativen Annahmen auseinander zusetzen und zu verändern. Eine solche Veränderung wird im Rahmen der Arbeit, wie bereits im Vorfeld angedeutet, mit dem Begriff des (organisationalen) Lernens in Verbindung gebracht. Organisationales Lernen wird insofern als ein Prozess verstanden, bei dem „die kognitiven Strukturen des lernenden Systems und mit ihnen die dort angelegten Vorstellungen von der Umwelt verändert werden“ (Klimecki/Thomae 1997: 2). Organisationales Lernen vollzieht sich dabei nicht im „leeren Raum“, sondern gerade auch in der Auseinandersetzung der Organisation bzw. deren Mitglieder mit ihrer Umwelt, die zumeist all das bezeichnet, was nicht Organisation ist. So verweisen Daft und Weick (1984) etwa metaphorisch auf einen „ocean of events that surround the organization“ (ebd.: 286), während andere Autoren – wie beispielsweise Hedberg (1981) und Scott (1992) – weniger von „Umwelt“ als von „Umwelten“ sprechen. Damit wird angedeutet, dass Organisationen nicht nur eine Umwelt, sondern eine Vielzahl von Umwelten kennen,16 mit denen sie sich auseinander setzen und interagieren, wobei unterschiedliche Umwelten bzw. Aspekte in der Umwelt zu unterschiedlichen Zeiten für die Organisation relevant sein können (Hedberg 1981: 8). Das Konzept mehrer Organisationsumwelten ist vor allem für die vorliegende Arbeit relevant, weil angenommen wird, dass Organisationen keine Entitäten sind, sondern aus verschiedenen Suborganisationen und Mitarbeitern/innen bestehen, die jeweils eigene relevante Umwelten identifizieren, mit denen sie interagieren (siehe unten).17 Vor diesem Hintergrund ist es zudem instruktiv, zwischen einer organisationsinternen und -externen Umwelt zu differenzieren. Unter der internen Umwelt, die gleichsam innerhalb der Organisation zu verorten ist (Daft/Huber 1987: 5ff.; Hedberg 1981: 13ff.), werden organisationsinterne strukturelle und soziale Zusammenhänge der Organisation verstanden, beispielsweise die Form der Zusammenarbeit, Arbeitsteilung und Interaktion zwischen den jeweiligen Organisationseinheiten und Arbeitsgruppen, ebenso wie die Verteilung von Macht, die Ausgestaltung von Belohnungssystemen, der Grad der kreativen Freiheit etc. (Senge 1993: 151ff.; Pautzke 1989: 142f.; Duncan/Weiss 1979: 100). „The internal environment consists of those relevant physical and social factors within the boundaries of the organization or specific decision unit that are taken directly into consideration in the decision-making behavior of individuals in that system“. (Duncan 1972: 314).
Die externe Umwelt hingegen wird als äußerer Rahmen verstanden, in welchen eine Organisation eingebettet ist und agiert (vgl. u. a. Pautzke 1989: 142f.). Sie stellt zum einen die Gesamtheit aller potentiell wahrnehmbaren und relevanten Informationen und nutzbaren Ressourcen dar (Scott 1986: 233ff.). Zum anderen besteht die Umwelt einer Organisation aus allgemein akzeptierten Regeln sowie institutionalisierten Normen und Werten, gegenüber denen sich die Organisation konform verhält, um von dieser als legitim anerkannt zu werden (Scott/Meyer 1992: 140).
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So schreibt Hedberg (1981: 3) bereits im ersten Satz seines Aufsatzes „they [organizations, Anm. der Verf.] travel through different environments.“ 17 Zur sprachlichen Vereinfachung wird im weiteren Text von „Umwelt“ im Singular gesprochen, wenngleich damit implizit unterschiedliche Aspekte bzw. unterschiedliche Umwelten gemeint sind.
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Entsprechend der vorhergehenden Ausführungen werden Organisationen also als „offene Systeme“ konzeptualisiert (vgl. Scott 1986: 47f.; Daft/Weick 1984: 285; Emery/Trist 1965: 21), die nicht losgelöst und abgeschottet von ihrer Umwelt existieren.18 Vielmehr sind sie auf wechselseitige Interaktion und Interpretation mit der Umwelt angewiesen (vgl. Daft/Weick 1984: 286; Daft/Huber 1987: 9f.; Klimecki et al. 1994: 9f.). Da sich die relevanten Umwelten durch Instabilität und Dynamik auszeichnen, ist es notwendig, dass sich Organisationen und die ihrem Handeln zugrunde liegende Wissensbasis in Auseinandersetzung mit der sich verändernden Umwelt selbst verändert, um so den Bestand der Organisation durch Lernen zu sichern (vgl. u. a. Duncan/Weiss 1979: 76ff.; Hedberg 1981: 3; Daft/Weick 1984). Eine wesentliche Kategorie im Kontext organisationaler Lernprozesse stellt somit die sog. organisationale Wissensbasis dar, deren Veränderung gemeinhin als Lernen bezeichnet wird. Dieses Wissen beinhaltet – in Anlehnung an die frühen lerntheoretischen Arbeiten von Argyris (1976) und Argyris/Schön (1978), die den Terminus organisationale Handlungstheorie („theories of action“) eingeführt haben – „norms for corporate performance [...], strategies for achieving norms [...], and assumptions which bind strategies and norms together“ (Argyris/Schön 1978: 14). „Theories of action“ verkörpern demnach das Kontingent an gemeinsam geteilten Wissensbeständen einer Organisation über die für sie relevante Wirklichkeit mit den in ihr enthaltenen normativen Prämissen wie auch Annahmen über die Wirklichkeit, über Ursache-/Wirkungszusammenhänge und Kontextbedingungen (Klimecki et al. 1991: 121; Pawlowsky 1992: 203; siehe auch Duncan/Weiss 1979; Berger/Luckmann 1995). Für die Organisationsmitglieder hat diese Handlungstheorie die Funktion einer „inneren Landkarte“, die sowohl die Wahrnehmungsprozesse des Einzelnen wie auch die Art und Weise des Umgangs mit neuen Umweltanforderungen bedingt (Argyris/Schön 1978: 16ff.; Kim 1993: 45; Duncan/Weiss 1979: 95; Pautzke 1989: 86ff.). Das organisationale Wissen ist jedoch nicht nur in den Köpfen der Organisationsmitglieder vorhanden. Vielmehr verbirgt es sich zum einen auch in den jeweiligen (in-)formalen organisationalen Abläufen und Verfahren. So spiegeln etwa die Verfahrensabläufe einer Organisation spezifische Antworten auf die Frage wider, wie die von einer Organisation angestrebten Ziele erreicht werden können (Argyris/Schön 1999: 28). Organisationales Wissen wird zum anderen in bestimmten „Bildern“ bewahrt, die bestehende Handlungsmuster beschreiben und als Leitlinien für zukünftige Handlungen dienen: „Bilder“ wie Organisationsdiagramme (z. B. Arbeitsflussdiagramme, Organisationspläne und Skizzen vom Arbeitsplatz), Speicher (z. B. Akten, Unterlagen, Datenbanken und Konten sowie materielle Gegenstände wie Arbeitsmaterialien, Produkte etc.) und Programme, die sich auf Verfahrensdarstellungen organisationaler Abläufe beziehen (z. B. Arbeitspläne, Protokolle, Richtlinien etc.) (Argyris/Schön 1999: 31). Durch diese Form der Speicherung von Wissen werden „Handlungskompetenzen sukzessive vom Einzelnen abstrahiert und im organisationalen System implementiert“ (Pawlowsky 1992: 202), so dass sie bei einem Wechsel des Stelleninhabers nicht verloren gehen.19 Vormals individuelles Wissen wird damit zu organisationalem Wissen, das beständig und replizierbar ist. Zwar sind die in diesem Wissen
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Zum Nutzen eines offenen Organisationsverständnisses für die Untersuchung internationaler Organisationen, insbesondere für die Erklärung von Ver-Selbständigungsprozessen internationaler Organisationen, vgl. Koch 2008. 19 Organisationales Lernen erfolgt demnach nicht ohne Subjekte, wohl aber ohne bestimmte Subjekte, d.h. mit dem Ausscheiden einzelner Mitarbeiter aus der Organisation geht das Wissen nicht zwangsläufig verloren, sondern bleibt in Routinen und Verfahrensabläufen gespeichert (siehe auch Kapitel 2.1).
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enthaltenen kognitiven und normativen Annahmen gleichsam „themselves learned responses that originated as espoused values“. In dem Maße „as a value leads to behavior, and as the behavior begins to solve the problem which prompted it in the first place, the value gradually is transformed into an underlying assumption about how things really are. As the assumption is increasingly taken for granted, it drops out of awareness“ (Schein 1984: 3f.).
Dieses „garantierte“ Wissen ist also dem Einfluss des Einzelnen mehr oder weniger entzogen und somit kaum mehr diskursiv verfügbar. Es erscheint den Organisationsmitgliedern als etwas Inneres, Identitätsstiftendes, das eine hohe Resistenz gegenüber Veränderungsprozessen aufweist. Insofern wird neues Wissen vor allem dann in die organisationalen Handlungstheorien aufgenommen und umgesetzt, wenn es an die bestehende Handlungstheorie der Organisation anschlussfähig ist (Duncan/Weiss 1979: 95). Das vorhandene Wissen stellt damit einen bedeutenden Restriktionsfaktor für Lernprozesse dar. Gleichwohl sind auch organisationale Lernprozesse möglich, die einen grundlegenden Wandel in dem geltenden organisationalen Wissen und eine Institutionalisierung neuen Wissens bewirken können. Begriffe wie „komplexes Lernen“ oder „double-loop learning“ verweisen auf diese Möglichkeit. Wie können vor diesem Hintergrund Prozesse des organisationalen Lernens konzeptualisiert werden? Im Anschluss an zentrale Diskussionslinien der OL-Forschung könnte die Suche nach einer Antwort auf die genannte Frage zunächst mit der Feststellung beginnen, dass Organisationen dann lernen, wenn einzelne Mitglieder oder ein wesentlicher Teil von ihnen lernt. Eine solche Entsprechung ist jedoch dann problematisch, wenn das Wissen der einzelnen Organisationsmitglieder nicht in organisationales Handeln einfließt. Denn unter diesen Bedingungen weiß die Organisation gleichsam weniger als ihre Mitglieder. Gleichzeitig wissen Organisationen aber auch mehr als ihre aktuellen Mitglieder, weil beispielsweise die Erfahrungen bisheriger Mitglieder im organisationalen Wissenssystem eingeschrieben sind. D. h., auch unter der Annahme, dass die einzelnen Organisationsmitglieder Träger des Lernprozesses in und von Organisationen sind, macht es diese Herangehensweise an organisationale Lernprozesse immer noch erforderlich, individuelle mit organisationalen Prozessen zu verbinden. Unter welchen Bedingungen und auf welche Art und Weise wird also das Lernen einzelner zum Lernen der Organisation? Wie bereits angedeutet, vollzieht sich Lernen zunächst auf der Ebene des Individuums als Prozess der interpretativen Auseinandersetzung des Einzelnen mit seiner Umwelt (so z. B. auch mit der Organisation und ihren Anforderungen). Es manifestiert sich in der Entwicklung von individuellen Bewusstseinsinhalten, indem neues Wissen und Fähigkeiten erworben werden oder indem neue Regeln und Verfahren „gelernt“ werden, durch die bereits vorhandenes Wissen neuartig verknüpft wird (vgl. Sattelberger 1991: 81). Entsprechende Veränderungen in den geltenden Handlungstheorien der Organisationsmitglieder können durch Erfahrungen bzw. neue Informationen bewirkt werden, die das Individuum innerhalb aber auch außerhalb der Organisation sammelt. Diese können dann zu einer Infragestellung des gültigen Wissens führen, wenn sie den benutzten Handlungstheorien in einem relevanten Maße widersprechen. Unter diesen Bedingungen wird eine Veränderung des Wissens durch eine Revision der ihm zugrunde liegenden Annahmen notwendig, weil sie es erlaubt, diese nicht erwartungskonformen Informationen zu integrieren. Gleichermaßen sind auch Veränderungsprozesse denkbar, die eine Neuausrichtung des Wissens auf zukünftige Herausforderungen beinhalten, indem auf derartige Umweltveränderungen anti31
zipativ durch Veränderungen von Wissen reagiert wird (Klimecki et al. 1994; Allaire/Firsirotu 1985). Unabhängig davon, ob Lernen reaktiv als Anpassung auf bereits eingetretene Problemlagen oder in Antizipation auf zukünftige Entwicklungen konzeptualisiert wird, ist entscheidend, dass beiden Typen ein Verständnis von Lernen zugrunde liegt, das in Abhängigkeit von dem „misfit“ zwischen Erwartungen und Umweltanforderungen betrachtet und in welchem Lernen durch Bezugnahme auf die existierende Wissensbasis erfolgt. Lernen kann dabei zu unterschiedlich weitreichenden Veränderungen im Wissen führen. So bezieht sich einfaches Lernen auf der individuellen Ebene auf Regelkataloge, die sich in Arbeitsanweisungen, Aufgaben- oder Rollenbeschreibungen konkretisieren und in den alltäglichen Kommunikationen bzw. Handlungen der Akteure dokumentieren. Komplexes Lernen hingegen schlägt sich auf der individuellen Ebene in einem komplexeren Wissen über Umweltbereiche und Handlungsoptionen nieder (vgl. Wiesenthal 1995). Damit es jedoch zu individuellem Lernen in Organisationen kommen kann, ist ein Mindestmaß an Sensibilität und Lernoffenheit notwendig, um Erfahrungen als Lernimpuls aufnehmen zu können (Sattelberger 1991: 85). Voraussetzung dafür ist die Toleranz für unterschiedliche Wirklichkeitsinterpretationen, um dadurch differierende, von der geltenden Handlungstheorie abweichende Betrachtungsweisen der „selben“ Situation zu ermöglichen. Der Lernprozess des Individuums vollzieht sich indes nicht nur im Rahmen kognitiver Operationen gleichsam im Selbstgespräch, sondern auch und vor allem in der Interaktion und Kommunikation mit anderen. Für die Konzeptualisierung individuellen Lernens in Organisationen ist deshalb die soziale Arbeits- und Kommunikationspraxis des Einzelnen von zentraler Bedeutung, die der Einzelne durch sein Handeln mitgestaltet (ebd.). Dieser soziale Interaktionszusammenhang des Einzelnen mit anderen stellt das verbindende Element zwischen individuellem und organisationalem Lernen dar, weil sich in diesem abgegrenzten Rahmen – vermittelt über Kommunikationsprozesse – die intersubjektive Konstruktion von Wirklichkeit vollzieht. Ein solcher Interaktionszusammenhang kann mit Bezug auf bestimmte inhaltliche Qualitäten einen hohen Synergiegrad aufweisen (etwa mit Blick auf die Einheitlichkeit der den Handlungen der Einzelnen zugrunde liegenden Normen und Kognitionen), so dass er als soziales Subsystem innerhalb einer Organisation abgrenzbar wird. Unter diesen Bedingungen stellen Organisationen jedoch keine monolithischen Entitäten dar, sondern bestehen aus Subsystemen und Untergruppen, die ihre eigenen Umwelten konstruieren und eigene Handlungstheorien besitzen (Weick 1985: 11).20 Dieses Verständnis von Organisationen als Gebilde mit „multiplen Identitäten“ (Wiesenthal 1995: 151f.; Elster 1986) hat vor allem mit Blick auf die Konzeptualisierung von Lernprozessen innerhalb der Europäischen Kommission besondere Relevanz. Denn die einzelnen Generaldirektionen – folgt man dem Stand der Forschung (vgl. Kapitel 3.1) – können gleichsam als „Organisationen in der Organisation“ konzeptualisiert werden (vgl. Nugent 2001: 8; Cini 2000b: 76), die jenseits von allgemeinen Vorstellungen der Organisation ihre eigene Wissensbasis ausgebildet haben. Die Veränderung dieser von den Mitgliedern einer Generaldirektion geteilten Handlungstheorie kann je nach Reichweite der Veränderungen als einfa-
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Weick konstatiert, dass es in Organisationen vertreten durch die jeweiligen Subsysteme bzw. Untergruppen nicht nur unterschiedliche Interpretationen und Annahmen über die Umwelt, sondern bisweilen auch gegensätzliche Vorstellungen gibt, die die Zusammenarbeit der Subsysteme untereinander erschweren (Weick 1985: 233ff.).
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ches oder komplexes Lernen charakterisiert werden.21 Zur begrifflichen Abgrenzung wird das Lernen auf der Ebene der Generaldirektion im Rahmen der Arbeit jedoch als „suborganisationales“ Lernen bezeichnet, während der Begriff organisationales Lernen für die Ebene der Europäischen Kommission insgesamt reserviert wird. Gleichwohl sind die folgenden Ausführungen von der Annahme getragen, dass sich Lernen auf der Ebene einer Generaldirektion aus den im Vorfeld genannten Gründen vergleichbar zu organisationalen Lernprozessen konzeptualisieren lässt. Individuelles und sub-organisationales Lernen findet wiederum im organisationalen Kontext, also im Rahmen bestimmter Organisationsstrukturen und -dynamiken, statt. Der organisationale Kontext bildet als Speicher organisationalen Wissens nicht nur den Bezugspunkt von organisationalen Lernprozessen, sondern beeinflusst auch maßgeblich den Verlauf von Lernprozessen in Organisationen. Organisationskontexten werden dabei in der Regel zwei Wirkungen auf Lernprozesse zugeschrieben (vgl. u. a. Strauß 1996). Organisatorische Einflussgrößen können zum einen dazu führen, dass Lernprozesse verhindert werden bzw. sich Bruchstellen bei dem Übergang von einer Lernebene zur nächsten ergeben. Die durch sie bedingten Brüche innerhalb von Prozessen organisationalen Lernens können sowohl auf der individuellen/suborganisationalen und organisationalen Ebene als auch zwischen den Ebenen auftreten. So verweisen March/Olson (1976: 57)22 etwa auf „roleconstrained-learning“, bei dem Rollenerwartungen, soziale Verpflichtungen oder Organisationsregeln das Handlungsrepertoire der Akteure derart einschränken, dass individuelle Lernerfahrungen der Organisation nicht zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus können bei der Koordinierung individueller Handlungen zur Steuerung der Organisationsaktivitäten Übersetzungsprobleme auftreten, weil z. B. nur ein Teil der Handlungsoptionen zur Einfügung in organisationale Handlungsroutinen geeignet ist oder weil Organisationsaktivitäten in entscheidendem Maße durch externe Entwicklungen bedingt bzw. begrenzt sind. Und schließlich können bei der individuellen Wahrnehmung und Interpretation von Umweltereignissen Blockaden auftreten, weil z. B. konventionelle Deutungen Oberhand gewinnen. Andere Elemente der formalen Organisationsstruktur – wie beispielsweise strukturelle Aspekte der Hierarchie, der Spezialisierung und der Zentralisierung – können zu einer für Entscheidungsträger problematischen Blockierung oder Verzerrung von Informationen führen (Glynn et al. 1991: 17f.; Strauss 1996: 57f.). Entsprechende Aspekte können aber auch Teil einer legitimen Ordnung sein, die dem Lernenden einen Platz in einer sozialen Gruppe zuweist und Sicherheit vermittelt, so dass sie zum anderen günstige Bedingungen für Lernprozesse schaffen. Gleichermaßen kann auch die Existenz informeller Netzwerke in Organisationen und die Position einzelner Akteure innerhalb dieser Netzwerke dazu beitragen, dass Organisationsmitglieder – auch jenseits formaler Hierarchien – in unterschiedlicher Weise in die Lage versetzt werden, andere Personen von ihren Annahmen zu überzeugen. Mit den genannten Beispielen sind einige der Einflussgrößen des organisatorischen Kontextes angesprochen, die den Ablauf und die Ergebnisse von Lernprozessen beeinflussen können (Pautzke 1989: 143). Sie gilt es im Rahmen der Analyse in den Blick zu nehmen, um Grenzen, Möglichkeiten und Bedingungen organisationaler Lernprozesse erfassen zu können. 21
Vgl. zu den Begrifflichkeiten des einfachen und komplexen Lernens die vorhergehenden Ausführungen (Kapitel 2.1). 22 March/Olson (1976) unterscheiden im Rahmen ihres „(in-)complete learning cycles“ allerdings nur zwischen einer individuellen Ebene einerseits und der Organisationsebene andererseits.
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Der organisationsinterne Kontext fungiert indes nicht nur als restringierende oder ermöglichende Rahmenbedingung von individuellen und sub-organistionalen Lernprozessen in Organisationen, sondern auch als Gegenstand organisationaler Lernprozesse. Denn diese vollziehen sich als eine Veränderung des organisationalen Kontextes, der – wie im Vorfeld ausgeführt – als Speicher des handlungsleitenden organisationalen Wissens dient. Entsprechende Veränderungen des organisationsinternen Kontextes haben ihren Ausgangspunkt zwar in individuellen Lernprozessen. Um organisational zu werden, muss das Lernen der Organisationsmitglieder jedoch in den eingangs beschriebenen „Bildern“ der Organisation verankert werden. D. h., es kann erst dann von organisationalem Lernen gesprochen werden, wenn nach dem Erwerb von Wissen durch Einzelne auch die Speicherung des Wissens durch die Organisation erfolgt. Denn erst mit der Veränderung des organisationsinternen Kontextes durch die konkrete Umsetzung vorgeschlagener Maßnahmen, indem beispielsweise die internen Verfahrensabläufe in eine Organisation verändert werden, lernt eine Organisation. Dadurch wird nämlich die Art und Weise des Umgangs mit internen und externen Anforderungen verändert (vgl. Hedberg 1981; Argyris 1976: 365; Sattelberger 1991). Voraussetzung hierfür ist nicht nur die Kommunizierbarkeit individuellen Wissens. Vielmehr muss es auch konsensfähig innerhalb der Organisation sein. „That is, there exists acceptance of this knowledge across members of the organization and agreement concerning the validity and utility of this knowledge“ (Duncan/Weiss 1979: 86).
Dieses Wissen unterscheidet sich dann insofern von aus individuellen Lernprozessen resultierenden Wissensgewinnen, als individuelles Lernen zu einem Zuwachs im privaten Wissen führt, während organisationales Lernen einen Zuwachs des (öffentlichen) Wissens der Organisation bedingt. Dieses ist sozial definiert, normativ legitimiert und für andere Organisationsmitglieder zugänglich (vgl. ebd.). Ob individuelles bzw. subsystemisches Lernen allerdings auch zu praktischen Konsequenzen führt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab – etwa, ob die Unterstützung durch solche Akteure gewonnen werden kann, die den Lernprozess der gesamten Organisation initiieren, stimulieren und moderieren können (Sattelberger 1991: 93). Lernen kann dabei zu unterschiedlich weitreichenden Veränderungen im organisationalen Wissenssystem führen, wie es bereits eingangs mit Blick auf individuelle Lernprozesse eingeführt worden ist. So bezieht sich einfaches Lernen auf der organisationalen Ebene auf eine Modifikation von Regelsystemen (z. B. veränderte Muster in Kommunikationsbeziehungen oder in der Arbeitsteilung), durch die die mit „(…) Nachteilen behafteten Routinen zur Aussonderung gelangen“ (Wiesenthal 1995: 141). Die wesentlichen Merkmale der „theory-in-use“ bleiben dabei jedoch unverändert (vgl. Argyris/Schön 1978: 18). Komplexes oder „double-loop“ Lernen hingegen basiert auf einer Konfrontation der Effektivität und Effizienz von tradierten organisationalen Hypothesen, Normen und Handlungsanweisungen mit Alternativen bzw. Umweltbeobachtungen (vgl. Pawlowsky 1992). „The results of their inquiry will take the form of a restructuring of organizational norms, and very likely a restructuring of strategies and assumptions associated with these norms, which must then be embedded in the images and maps which encode organizational theory-in-use“ (Argyris/Schön 1978: 22).
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Gegenstand des komplexen Lernens auf der organisatorischen Ebene ist also die Wissensbasis bzw. die „theory-in-use“, die hinsichtlich der ihr zugrundeliegenden Annahmen und Normen eine Veränderung erfährt. Dies kann wiederum weitreichende organisatorische Veränderungen nach sich ziehen, die Rechte und Pflichten, Möglichkeiten und Chancen der Organisationsmitglieder neu strukturieren. Denn die organisationale Handlungstheorie bestimmt „in its scope the organization’s patterns of communication and control, its ways of allocating resources to goals, and its provision of self-maintenance – that is, for rewarding and punishing individual performance, for constructing career ladders and regulating the rate at which individuals climb them, and for recruiting new members and instructing them in the ways of the organization“ (Argyris/Schön 1978: 15).
Lernprozesse innerhalb einer Organisation sind damit hohen Anforderungen ausgesetzt, da hier auch mikropolitische Aspekte oder die organisationale Innenpolitik (vgl. Küpper/Ortmann 1988; Crozier/Friedberg 1979) relevant werden. Formale Unterlagen einer Organisation (beispielsweise Managementprinzipien, Organisationspläne, Zielformulierungen oder Arbeitsplatzbeschreibungen), die organisationales Wissen speichern und damit beobachtbar machen, enthalten allerdings nicht selten lediglich die von Organisationsmitgliedern nach außen vertretenen Handlungstheorien (sog. „espoused theory“), die vorgebracht werden, um ein bestimmtes Handlungsmuster gegenüber den relevanten Umwelten zu erklären oder zu rechtfertigen. „When someone is asked how he would behave under certain circumstances, the answer he usually gives is his espoused theory of action for a situation. This is the theory of action to which he gives allegiance and which, upon request, he communicates to others“ (Argyris/Schön 1978: 11).
Diese von Argyris/Schön als „espoused theory“ bezeichnete Theorie, die eine Form der eingangs eingeführten „theory of action“ bildet, stellt also den offiziellen Handlungsrahmen der Organisation nach außen und nach innen dar. Anders verhält es sich mit der sog. „theory-in-use“, die als eine zweite Form der „theory of action“ bereits mehrfach erwähnt wurde. Diese handlungsleitende Theorie bestimmt das eigentliche Verhalten der Organisationsmitglieder. Sie muss den Organisationsmitgliedern jedoch nicht unbedingt bewusst sein und wird auch häufig nicht öffentlich problematisiert. Das durch die „theory-in-use“ bestimmte Verhalten der Organisationsmitglieder kann zudem in vielen Punkten von der beispielsweise in Unternehmensphilosophien öffentlich proklamierten „espoused theory“ der Organisation abweichen.23 Sie muss daher aus der Beobachtung bzw. Erfassung der organisationalen Verhaltensmuster rekonstruiert werden. 23
Die von Argyris/Schön getroffene Unterscheidung zwischen den beiden genannten Theorien ist anschlussfähig an die im Rahmen neo-institutionalistischer Arbeiten beispielsweise durch Meyer/Rowan (1977) eingeführte Differenzierung zwischen einem sog. „institutional context“ (symbolische Ebene) und „relational context“ (materielle Ebene), um die Entkopplung („decoupling“) zwischen Strukturen und technischen Aktivitäten zu charakterisieren. Auf der symbolischen Ebene finden sog. „talk“-Prozesse statt, welche die Funktion haben, die Legitimation der Organisation gegenüber ihren Umwelten zu sichern. Es werden Leitideen, formale Strukturen usw. formuliert, die der Handlungskoordination, vor allem aber der symbolischen Außendarstellung dienen, indem sie das gesellschaftlich geforderte Rationalitätsparadigma widerspiegeln. In Bereichen, die der „realen“ Hervorbringung von Produkten dienen, lassen sich hingegen Strukturen vorfinden, die nicht den nach außen hin repräsentierten Ratio-
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Wenn nun allerdings entsprechend zwischen den beiden genannten Theorien differenziert wird, dann gilt es zu berücksichtigen, dass nicht unmittelbar von organisationalen Lernprozessen gesprochen werden kann, wenn sich lediglich die „espoused theory“ verändert. Denn dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich gleichzeitig die tatsächlichen Arbeitsweisen der Organisation, also die „theory-in-use“ ändert. Insofern muss der Blick gerade auch auf die Ebene der Gebrauchstheorie gelenkt werden, um Lernprozesse erfassen zu können. Entsprechendes gilt für die suborganisationale Ebene bzw. die Ebene der Generaldirektionen. Dies vor allem dann, wenn diese – wie es im Rahmen der Arbeit der Fall ist – als „Organisationen in der Organisation“ verstanden werden. Unter diesen Bedingungen gilt es zu berücksichtigen, dass suborganisationale Einheiten über ihre eigene „theory-inuse“ wie auch „espoused theory“ verfügen, die sie gegenüber den anderen Einheiten und vor allem auch gegenüber der Organisationsspitze (also ihrer organisationsinternen Umwelt) präsentieren (Meyer/Rowan 1977: 340). Damit ist bereits angedeutet, dass (Sub-)Organisationen eine Vielzahl an Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, um auf Umweltveränderungen zu reagieren. So können sie beispielsweise lediglich auf symbolische Art und Weise reagieren, ohne dass damit Veränderungen auf der Ebene der „theory-in-use“ einhergehen. Sie können gleichermaßen aber auch Verhaltensweisen des Widerstandes oder des Ignorierens zeigen, die zwar nicht zu beobachtbaren Verhaltensänderungen führen, die aber gleichwohl auf einer reflexiven Auseinandersetzung mit der eigenen Wissensbasis beruhen. Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, konzeptionell unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten von organisationalen Subeinheiten wie auch von Organisationen bei ihrer Reaktion auf neue Anforderungen in Rechnung zu stellen, um differenziertere Rückschlüsse auf Lernprozesse ziehen zu können. Hierbei kann an Überlegungen von Oliver (1991) angeknüpft werden, die aufbauend auf neo-institutionalistischen Arbeiten – vor allem Meyer/Rowan (1977), DiMaggio/Powell (1983) und Meyer/Scott (1983) – ein Kontinuum an strategischen Handlungsmöglichkeiten (von Konformität bis Widerstand) entwickelt hat, mit denen Organisationen auf Anforderungen der externen Umwelten reagieren können. Von Oliver (1991) ist innerhalb dieses Kontinuums eine Typologie strategischer Reaktionsmuster entworfen worden, die Hilkermeier (2002) aufgegriffen und zu einem Konzept mit sieben organisationalen Handlungstypen (Anerkennen, Erdulden, Kompromiss, Vermeiden, Ablehnen, Opponieren, Ignorieren) ausbaute. Diese Differenzierung zwischen verschiedenen Reaktionsweisen wird auch der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt, wobei es in diesem Zusammenhang um die Art und Weise geht, in der die einzelnen Generaldirektionen auf die mit dem umweltpolitischen Integrationsprinzip verbundenen Anforderungen reagieren. Die entsprechenden Konformitäts- und Widerstandsstrategien werden zudem durch die Unterscheidung zwischen der erwähnten „espoused theory“ und der „theory-in-use“ konkretisiert (vgl. Abbildung 1), die mit Blick auf das umweltpolitische Integrationsprinzip verschiedene Ausprägungen annehmen können. So umfasst die Ebene der „espoused theory“ die folgenden drei Ausprägungen: (1) Konformität (kongruent) mit dem oder (2) Widerstand gegen (disgruent) das Integnalitätsparadigmen entsprechen. Dieser Bereich, der die Erstellung von Produkten und Dienstleistungen umfasst, wird als die materielle Ebene bezeichnet. Auf der materiellen Ebene finden sog. „action“-Prozesse statt, bei denen nicht die externe Legitimität, sondern vielmehr Effizienzkriterien im Vordergrund stehen. Konfliktaustragung und symbolische Repräsentation nach außen und die Einheit auf der materiellen Ebene führen jedoch, wenn diese Elemente miteinander verbunden werden, zu Diskontinuitäten innerhalb der Organisation, die durch den Entkopplungsmechanismus kompensiert werden können.
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rationsprinzip sowie (3) Bewahrung des „Status quo“, bei dem die Einführung des Integrationsprinzips innerhalb der Organisation zu keiner (kongruenten versus disgruenten) Veränderung innerhalb der „espoused theory“ führt. Zum anderen spiegeln sich Konformität oder Widerstand auf der Ebene der „theory-in-use“ wider. Auch hierbei lassen sich verschiedene Ausprägungen unterscheiden: (1) Die bereits bestehende „theory-in-use“ kann unverändert beibehalten werden (Status quo); (2) sie kann durch die Anpassung von Regelelementen an die Anforderungen des Integrationsprinzips in peripheren Elementen verändert werden (Anpassung); (3) sie kann über Prozesse des kongruenten (komplexes) Lernens in ihren grundlegenden normativen/kognitiven Annahmen entsprechend der Vorgaben des Integrationsprinzips verändert werden oder (4) sie wird (im Gegensatz dazu) beibehalten, in ihrer Gültigkeit bestätigt und führt damit zu einer vom Integrationsprinzip abweichenden Form des disgruenten Lernens. Vor diesem Hintergrund werden die Handlungstypen im Folgenden näher ausgeführt. Abbildung 1:
Zusammenhang von Handlungstypen und Handlungstheorie
HANDLUNGSTYPEN KONFORMITÄT
WIDERSTAND
HANDLUNGSTHEORIE STATUS QUO
KONGRUENT ESPOUSED THEORY
IGNORIEREN ERDULDEN VERMEIDEN ANERKENNEN
KOMPROMISS DISGRUENT
ABLEHNEN OPPONIEREN ABLEHNEN VERMEIDEN IGNORIEREN
THEORY-INUSE
ANPASSUNG KONGRUENTES LERNEN DISGRUENTES LERNEN
ERDULDEN
ANERKENNEN
KOMPROMISS
STATUS QUO
OPPONIEREN
Anerkennen (komplexes Lernen) Der Handlungstypus des Anerkennens zeichnet sich dadurch aus, dass die Gültigkeit und Richtigkeit der dem Integrationsprinzip zugrundeliegenden Annahmen und Zielsetzungen anerkannt wird, so dass die „theory-in-use“ ebenso wie die „espoused theory“ eine damit kongruente Veränderung erfährt, soweit dies erforderlich ist. Eine solche Veränderung verweist auf Prozesse komplexen Lernens. Anerkennung geht dann nicht lediglich mit einer „blinden“ Befolgung der neuen Anforderungen einher, sondern beruht auf einer reflexiven 37
Auseinandersetzung mit ihnen, die in der Überzeugung mündet, dass den neuen Anforderungen effektiv begegnet werden muss. Erdulden (Anpassen, einfaches Lernen) Der Handlungstypus des „Erduldens“ beruht auf der Annahme, dass organisationale Subeinheiten für gewöhnlich Änderungen und somit neuen Vorgaben zustimmen, die von der Organisationsspitze entschieden wurden und deren Einführung rechtlich verankert ist. Regeln werden befolgt und geltende Normen werden akzeptiert, ohne hinterfragt und überprüft zu werden. Erdulden geht zumeist mit imitativen Verhalten einher, bei dem die in einer anderen organisationalen Subeinheit bereits etablierten Maßnahmen zur Umsetzung der neuen Anforderungen nachgeahmt werden. Gehorsam gegenüber der Organisation bildet also gleichsam die treibende Kraft für Konformität, weil konformes Verhalten die Legitimität der Subeinheit innerhalb der Organisation und damit ihre Unterstützung durch die Organisationsspitze bzw. andere Subeinheiten sichert. Erdulden führt zu einer Kongruenz zwischen der durch die Vorgaben erwarteten und durch die Subeinheit demonstrierten „espoused theory“. Es mündet in einem Bestreben, wahrgenommene Abweichungen innerhalb der bestehenden Handlungstheorie so zu modifizieren, dass sie mit den vorgegebenen Erwartungen und den an die Suborganisation herangetragenen Anforderungen in Einklang steht. Kompromiss (Partielle Konformität) Grundlegend für den Handlungstyp „Kompromiss“ ist eine zustimmende Haltung der organisationalen Subeinheit im Hinblick auf die neuen Vorgaben. Da aber die neuen Vorgaben möglicherweise mit den herkömmlichen Handlungsweisen und Aufgabenfeldern nicht vollständig in Einklang zu bringen sind, versucht die Subeinheit eine Art integrativen Konsens zu finden, der es ermöglicht, die Veränderungen nur teilweise oder auf einem minimalen Standard zu berücksichtigen (partielle Konformität) und sich so anzupassen. Darüber hinaus kann versucht werden, im Rahmen von Aushandlungsprozessen bestimmte Zusagen der Organisation zu erzielen, so dass sich die Subeinheit konform verhält, wenn die Organisation bestimmte Ressourcen zur Verfügung stellt. Im Gegensatz zum Erdulden kann sich der Kompromiss bzw. die partielle Konformität in einer ambivalenten „espoused theory“ und „theory-in-use“ widerspiegeln, insofern als zwar Elemente der neuen Erwartungen aufgrund ihrer intersubjektiv anerkannten Gültigkeit integriert werden, jedoch die angestammten Überzeugungen nicht gänzlich aufgegeben werden. Vermeiden (symbolische und/oder zeremonielle Konformität, Rhetorik) Der Handlungstypus des Vermeidens stellt eine Form des Widerstandes dar, der sich in symbolischer Konformität widerspiegelt, also zu einer kongruenten Veränderung der „espoused theory“ führt, ohne dass auf der Ebene der „theory-in-use“ Veränderungen und damit Prozesse des einfachen oder komplexen Lernens stattfinden. Die Handlung des Vermeidens wird dadurch motiviert, dass organisationale Subeinheiten versuchen, die Umstände bzw. die Instanzen, die ein konformes Verhalten erfordern, zu „überlisten“. Sie versuchen dies, indem sie ihre Nichtkonformität auf der Ebene der „theory-in-use“ hinter einer symbolischen Konformität auf der Ebene der „espoused theory“ verstecken. Hier findet weder eine Umsetzung der Veränderungen statt, noch der Versuch einen Kompromiss zu finden. Stattdessen führt die Subeinheit die geforderten Veränderungen nach außen hin –
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also nur symbolisch – ein, ohne ihre Handlungen tatsächlich danach auszurichten. Auf diese Weise wird eine Fassade der symbolischen und nicht der tatsächlichen Konformität aufgebaut. Ablehnung (Trotzen, Widersetzen) Ablehnung ist eine Reaktion, der ein bewusstes und nach außen durch eine disgruente „espoused theory“ symbolisiertes Widersetzen auf Veränderungen zugrunde liegt. Es ist anzunehmen, dass vor allem diejenigen organisationalen Subeinheiten entsprechend agieren werden, deren interne Handlungslogik stark von der einzuführenden Veränderung divergiert, die den Sinn der Veränderung für ihren Bereich nicht nachvollziehen und die eine starke Machtposition innerhalb der Organisation besitzen. Insgesamt zeigt sich hier weder der Versuch, einen partiellen Kompromiss zu finden, noch symbolische Konformität zu zeigen oder im Rahmen von strategischen/kommunikativen Auseinandersetzungen mit anderen Subeinheiten oder der Organisationsspitze diese in ihrem Sinne zu verändern. Vielmehr wird die erwartete Veränderung durch eine spezifische Form der Außendarstellung im Rahmen der „espoused theory“ abgelehnt, während gleichzeitig die „theory-in-use“ unverändert bleibt. Opponieren (Manipulieren, Herausfordern) Opponieren kann als eine Reaktionsform charakterisiert werden, bei der durch den Einsatz von Macht oder die Einbindung anderer einflussreicher Akteure versucht wird, gegen neue Regeln und Anforderungen anzukämpfen bzw. aktiv den Inhalt der neuen Vorgaben im Sinne der eigenen Handlungstheorie zu verändern, da die organisationale Subeinheit von der Überlegenheit der eigenen Handlungstheorie überzeugt ist. Im Gegensatz zum Ablehnen geht Opponieren mit einer Form disgruenten Lernens einher, das sich im Kontext der Auseinandersetzung um Macht und Geltungsfragen vollzieht, um auf diese Weise andere gemäß der eigenen Überzeugungen zu beeinflussen oder zu manipulieren. Auf der Ebene der „espoused theory“ spiegelt sich Opponieren wiederum in einer Form disgruenten Lernens wider. Ignorieren (Missachten) Ignorieren stellt eine Form des Widerstandes dar, bei der die formulierten Erwartungen nicht beachtet werden. Vielmehr setzt sich die jeweilige Subeinheit über die durch andere Einheiten oder die Organisationsspitze explizierten Normen und Werte hinweg. Im Gegensatz zu den übrigen Handlungstypen verändert sich weder die „espoused theory“ noch die „theory-in-use“.
2.3 Methodisches Vorgehen Mit diesen sieben Handlungstypen wird der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen (sub-)organisationale Reaktionsmöglichkeiten zu verorten sind. Dabei gilt es, die Möglichkeit des Überwechselns von einer Handlungsweise in eine andere zu berücksichtigen, z. B. von reinem Erdulden aus Gehorsam hin zu einer über die Zeit gewonnen Überzeugung der Relevanz und Richtigkeit der Änderung und somit zu einem komplexen Lernen.
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Entsprechend dieser konzeptionellen Ausgestaltung war das methodische Vorgehen der Arbeit angelegt. So stand im Mittelpunkt der Untersuchung eine auf den Zeitraum von 1986-2004 bezogene prozessorientierte Analyse der Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips in den ausgewählten Generaldirektionen der Europäischen Kommission und den in ihrem Verantwortungsbereich liegenden Politikfeldern. Letztere umfassen die Bereiche Industrie, Tourismus, Verkehr und Energie, die bis Anfang 2000 in der Verantwortung unterschiedlicher Generaldirektionen lagen und seither unter dem Dach der Generaldirektion für Unternehmen (Tourismus und Industrie) sowie der Generaldirektion für Energie und Verkehr zusammengefasst sind. Neben den genannten Sektoren und Generaldirektionen wurde zudem die Generaldirektion Umwelt vor allem im Hinblick auf die Frage untersucht, welche Strategien sie anwandte, um die Integration von Umweltaspekten in anderen Politikbereichen zu befördern und welche (unterschiedlichen) Reaktionen sich hieraus seitens der übrigen Generaldirektionen ergeben haben. Die nachfolgende Abbildung 2 stellt die genannten Untersuchungsdimensionen dar. Abbildung 2:
Untersuchungsdimensionen des Forschungsvorhabens
Untersuchungsbeispiel
Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips in ausgewählten Generaldirektionen der Europ. Kommission Verabschiedung
Untersuchungszeitraum
Ende der
EEA
Prodi-Kommission
Untersuchungsgegenstände
1986 Sektor
bis Gene-
2000
2004
Energie
Verkehr
Industrie
Tourismus
Umwelt
GD XVII
GD VII
GD III
GD XXIII
GD XI
raldirektion
ab 2000
GD Energie und Verkehr
GD Unternehmen
GD Umwelt
Im Rahmen der Untersuchung wurden unterschiedliche qualitative Methodenelemente kombiniert,24 um einerseits die auf die Umsetzung des Umweltintegrationsprinzips bezogenen Entwicklungen in den formalen Strukturen der ausgewählten Generaldirektionen sowie 24
Die geplante und teilweise auch durchgeführte schriftliche Befragung von Kommissionsbediensteten lieferte keine verwertbaren Ergebnisse, weil die Generaldirektion Unternehmen die Befragung nicht gestattete und der Rücklauf aus der Generaldirektion Energie und Verkehr zu gering war, um eine aussagekräftige Auswertung und Analyse vorzunehmen.
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in ihren Policy-Papieren (etwa interne Mitteilungen, Rechtsetzungsvorschläge, Grün- und Weißbücher, Berichte an den Rat etc.) zu erheben. Andererseits wurden die diesbezüglichen Verhaltens-, Kommunikations- und Argumentationsmuster der Mitglieder der einzelnen Generaldirektionen rekonstruiert. Da gerade Kommunikationsprozessen eine wesentliche Bedeutung im Zuge von Lernprozessen zukommt, galt es, im Rahmen der empirischen Analyse vor allem auch die Art und Weise der Kommunikation innerhalb und zwischen den ausgewählten Generaldirektionen zu ermitteln. Die Dokumentenanalyse konzentrierte sich auf den Zeitraum von 1986 bis 2004, ließ aber auch Dokumente nicht außer Acht, die im Vorfeld der EEA entstanden und als „Wegbereiter“ des Umweltintegrationsprinzips einzuordnen waren. Durch diese prozessorientierte Analyse sollte herausgearbeitet werden, inwiefern sich die Reaktionsweisen einer Generaldirektion im Zeitverlauf verändert haben. Es wurden dabei einschlägige, auf die Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips bezogenen Positions- und Strategiepapiere sowie Vorschläge der ausgewählten Generaldirektionen und Sektoren untersucht. Leitfadengestützte Interviews fanden mit Akteuren unterschiedlicher Ebenen der Generaldirektionen (Generaldirektor, Direktor, Referatsleiter und Referenten) statt. Diese Akteurswahl begründet sich daraus, dass relevante Anforderungen der internen/externen Umwelten in der Regel zwar zunächst von der Führungsebene rezipiert und von dieser in der Organisation bzw. den organisationalen Subeinheiten vermittelt werden, dass aber erst dann, wenn die Organisationsmitglieder dieses neuen Wissen teilen und anwenden, ein kollektiver Lernprozess möglich wird. Deshalb galt es, die genannten verschiedenen administrativen Ebenen und Beschäftigtengruppen innerhalb der Generaldirektionen in die Untersuchung einzubeziehen. Darüber hinausgehend wurden auch Mitglieder des Generalsekretariates der Kommission befragt, weil sich im Zuge der empirischen Erhebungen herausstellte, dass gerade ihnen eine bedeutende Mittlerfunktion bei interdirektionalen Abstimmungsprozessen im Zuge der Umsetzung des Umweltintegrationsprozess beigemessen wird. Die erste Interviewphase mit gegenwärtigen und ehemaligen Mitgliedern der genannten Generaldirektionen fand im März 2002 statt, auf die eine zweite Phase im Oktober 2002 und eine dritte Phase im März 2003 folgte. Daran schlossen im Zuge der Auswertung und Analyse einzelne Telefoninterviews in den Jahren 2003 und 2004 an, um identifizierte Lücken zu schließen, Unklarheiten zu beseitigen und Detailinformationen zu ergänzen.
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3 Die Europäische Kommission
3.1 Die Europäische Kommission in der wissenschaftlichen Diskussion Seit den 1990er Jahren steigt das Interesse der Politikwissenschaft an der Kommission als wissenschaftlichem Untersuchungsgegenstand (vgl. Edwards/Spence 1997: 1; Peterson 1999: 49). Kristallisationspunkte dieser Entwicklung waren in diesem Zeitraum vor allem die Verträge von Maastricht und Amsterdam, die geplante EU-Erweiterung sowie der erstmalige Rücktritt einer Kommission in der Geschichte der europäischen Integration im Jahr 1999. Dabei standen, wie bereits in den Jahrzehnten zuvor (vgl. u.a. Daltrop 1986: 56ff.; Wallace, H. 1978: 42) auch in den 1990er Jahren vor allem drei Aspekte im Fokus der Diskussion: Erstens wurden die unterschiedlichen Funktionen der Europäischen Kommission als „policy entrepreneur“ (Laffan 1997: 422), „motor of integration“ (Edwards/Spence 1997: 17), „manager and administrator“ (Cini 1996: 22-25) oder „watchdog“ hinsichtlich der Anwendung des Gemeinschaftsrechts (Cini 1999: 25) näher untersucht. Zweitens wurde ihre inter-institutionelle Stellung innerhalb des europäischen Governance-Sytems in den Blick genommen (vgl. u.a. Cini 1996: 25; Edwards/Spence 1997: 22), wobei sich das Erkenntnisinteresse in diesem Zusammenhang im Wesentlichen auf die Interaktionen zwischen Kommission und Rat bezog. Dies nicht zuletzt deshalb, weil diese Institutionen „nach wie vor den Kern des Regierungsmodells der EU“ ausmachen (Wallace 1996: 148-159). Darüber hinaus galt das wissenschaftliche Interesse auch den prinzipiellen Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Europäischen Kommission im EU-PolicyMaking-Prozess (vgl. Bieber 1998; Wilming 1995: 21ff.) sowie der zunehmend als Problem thematisierten Legitimation der Kommission und ihrer Mitglieder (vgl. Dinan 1991: 222; Spence/Edwards 1997: 21f.). Vor allem die jüngere politikwissenschaftliche Literatur zur EU-Forschung setzt sich mit der Frage auseinander, wie die EU nach der Unterzeichnung des Amsterdamer Vertrages Fortschritte in Bezug auf die Themen Demokratie und Effizienz erreichen kann, und welche institutionellen Reformen notwendig sind, um die politische Handlungsfähigkeit nach der EU-Osterweiterung gewährleisten zu können (vgl. Dimitrova 2002: 173f., Giering et al. 1999: 7). In diesem Zusammenhang wird auch die demokratische Legitimation der Kommission (vgl. Christiansen 1998), ihre Verantwortlichkeit dem Parlament gegenüber sowie das Demokratiedefizit (vgl. Dinan 1999: 215f.) hinsichtlich des Zustandekommens der Beschlussvorlagen durch die Kommission diskutiert (vgl. Merkel 1999: 33ff.). Dies mit dem Tenor, dass angesichts der wachsenden Bedeutung der Kommission im europäischen Regierungssystem eine Steigerung ihrer demokratischen Legitimation notwendige Voraussetzung für weitere Integrationsschritte ist (vgl. Spence 2000: 21, Vos 2000: 1133). Neben den Funktionen der Kommission und ihrer Stellung im inter-institutionellen Gefüge der EU rückten in den 1990er Jahren drittens schließlich zunehmend Fragen nach dem „Innenleben“ der Kommission und ihrer Reform in den Fokus der Aufmerksamkeit. So wurde der Europäischen Kommission aufgrund ihres internen „management deficits“
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bereits im Rahmen der Verhandlungen zum Vertrag von Maastricht die Fähigkeit abgesprochen, den Prozess der europäischen Integration handhaben zu können (Metcalfe 1992: 128f.) und die Reformnotwendigkeit der Kommission betont (vgl. Wallace 1996: 141f.) – wie es bereits in dem von der Literatur kaum rezipierten Spierenberg-Bericht von 1979 der Fall war (vgl. Cini 2001: 5; Metcalf 1992: 125). Auch der 1999 in Kraft getretene Vertrag von Amsterdam, dem ein „Protokoll über die Organe im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union“ beigefügt war (Europäische Kommission 2000a: 21) sowie vor allem der erstmalige Rücktritt einer Kommission im Jahre 1999 leisteten entsprechenden Diskursen Vorschub (vgl. u.a. Cini 2000a; Vos 2000). Erstmalig in der europäischen Integrationsgeschichte trat im März 1999 eine Europäische Kommission geschlossen zurück. Dieser Rücktritt wurde durch die Veröffentlichung des Berichtes eines Sachverständigenausschusses ausgelöst, der zu dem Resultat gekommen war, dass sich innerhalb der Kommission Korruptionsvorfälle ereignet hatten. Die Konsequenz war die freiwillige Amtsniederlegung des gesamten Kollegiums (Ott 1999: 232ff.), die dazu führte, dass nicht nur zunehmend Fragen nach der Reichweite institutioneller Kontrollmöglichkeiten über die Europäische Kommission gestellt wurden (vgl. ebd.: 246; Mager 2000), sondern auch nach notwendigen Reformen der internen Arbeitsweise der Kommission. So wurden – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Osterweiterung der EU – beispielsweise Reformvorschläge für die interne Struktur der Kommission dargelegt, die sich auf die Anzahl der Kommissare (vgl. Giering 1999: 27), die Aufwertung der Generaldirektoren und die Legitimation des Kommissionspräsidenten beziehen (vgl. Janning/Giering 1999: 6ff.). Ins Blickfeld rückten darüber hinaus die bereits unter Kommissionspräsident Jacques Santer eingeleiteten und durch dessen Amtsnachfolger Romano Prodi fortgeführten Reformbestrebungen der Kommission selbst (vgl. u.a. Cini 2001; Spence 2000).25 In diesem Kontext ist auch die wissenschaftliche Rezeption des im Jahr 2000 herausgegebenen Weißbuches „Reforming the Commission“ sowie des Weißbuches „European Governance“, das 2001 vom Rat angenommen wurde, mit Blick auf die Kommission zu verorten (vgl. Curtin 2003: 56f.). Die Notwendigkeit zur Reform der Europäischen Kommission wird nicht zuletzt vor dem Hintergrund betrachtet, dass die Kommission zunehmend komplexere und umfangreichere Funktionen zu erbringen hat (vgl. Nugent 2001: 4), für die sie und die ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen ursprünglich nicht konzipiert waren – so erkennt 25
Bereits Kommissionspräsident Santer hatte die organisatorische Reform der Kommission zu einer der Prioritäten seiner Amtstätigkeit erhoben (vgl. Peterson 1999: 49ff.). Die geplanten Reformen waren durch Dezentralisierungsbestrebungen gekennzeichnet (Cini 2000a: 14) und sollten die Effektivität und Verantwortlichkeit der Kommission erhöhen. Die Reformbemühungen galten dem Finanzmanagement (vgl. hierzu den „Plan für effizientes Finanzmanagement“ – Sound and Efficient Management, SEM 2000) – sowie der Modernisierung von Verwaltung und Personalpolitik (vgl. hierzu die Initiative „MAP 2000 – Modernization of Administration and Personnel Policy“ sowie im allgemeinen Cini 2000a: 12; Peterson 1999: 49f.; Laffan 1997: 427f.; Spence 2000: 20; Nugent 2002: 157) –, ergänzt durch das 1998 initiierte Reformvorhaben „Tomorrow’s Commission“/DECODE (vgl. Cini 2000a: 15). Die Reformbemühungen Santers wurden von dessen Nachfolger Prodi mit dem Ziel fortgeführt, sicherzustellen, dass die Kommission als ein internationaler öffentlicher Dienst höchsten Standards und sowie höchsten Qualitätsansprüchen entspricht (vgl. Europäische Kommission 2000e). Die Reformvorhaben lassen sich unter drei Überschriften zusammenfassen: der organisationalen Umstrukturierung (etwa Reduktion der Anzahl der Generaldirektionen, Veränderung ihrer Bezeichnung durch Verzicht auf das Nummerierungssystem der Generaldirektionen), der Personalreform (etwa Vereinfachung interner Verfahren, regelmäßiger Wechsel der Tätigkeitsbereiche der „senior level“-Mitarbeiter, organisierte Mobilitätsprogramme) sowie drittens einer Steigerung der Effizienz des Managements in Form eines neuen Systems der strategischen Planung sowie des Finanzmanagements (vgl. Nugent 2002: 160).
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Giering beispielsweise eine „Überfrachtung der Kommission mit neuen Aufgaben“ (Giering 1999: 18). Entsprechend wird die Struktur und Funktionsweise der Kommission zunehmend in Frage gestellt (vgl. u.a. Cram 2001: 770; Laffan 1997: 424) und eine neue „management culture“ eingefordert (Spence 2000: 20). Parallel zu den hier nur kurz skizzierten Diskussionslinien zum „Innenleben“ der Kommission entfaltete sich auch die theoretische Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsgegenstand. So gibt es vor allem seit den 1990er Jahren vermehrt theoretisch inspirierte Arbeiten zur Europäischen Kommission, in denen es nicht zuletzt um die Frage geht, inwiefern die Kommission – jenseits ihrer Funktion einer Erfüllungsgehilfin nationaler Interessen – einen Einfluss auf die Politikentwicklung in der EU hat. In der Beantwortung dieser Frage klingen zwar Reminiszenzen an die klassische integrationstheoretische Debatte zwischen Neofunktionalisten und Intergouvernementalisten an (Christiansen/Jørgensen 1998: 435; Nugent 2001: 16f.). Mit der Verlagerung von Kompetenzen auf die Gemeinschaftsebene und somit auf die Kommission in der „post-Maastricht-Phase“ (Vos 2000: 1114) wird gegenwärtig jedoch auch in zunehmenden Maße auf die US-amerikanische Literatur zu „Principal-Agent“-Modellen zurückgegriffen (Kelemen 2002: 93; Majone 1996: 47f.). Dies gerade auch in Abgrenzung zu intergouvernementalistischen bzw. neofunktionalistischen Ansätzen, weil es jenen Arbeiten bisher kaum gelungen sei – so die Kritik –, überprüfbare Hypothesen bezüglich der Art und Weise sowie der Bedingungen, unter denen supranationale Institutionen europäisches Regieren oder den Prozess der europäischen Integration beeinflussen, zu entwickeln (Kassim/Menon 2003: 121; Pollack 1997: 99). Die Untersuchung der EU-Governance anhand von „principal-agent“-Modellen soll hingegen über die Debatte zwischen Intergouvernementalismus und Supranationalismus hinausweisen (vgl. Doleys 2000: 545). In der Regel werden die Mitgliedstaaten dabei als „principals“ konzeptualisiert, die Macht an supranationale Akteure bzw. „agents“, vornehmlich an die Kommission und den Europäischen Gerichtshof (EuGH), delegieren (Peterson 2002: 90).26 Supranationale Akteure werden in dieser Perspektive jedoch nicht ausschließlich als „Transmissionsriemen“ betrachtet, die lediglich staatliche Interessen umsetzen, sondern vielmehr als unabhängige Akteure mit eigenen Präferenzen und politischen Ressourcen, welche Einfluss auf den Prozess und die Inhalte des Regierens in der EU ausüben (vgl. Doleys 2000: 533; Pollack 2002: 212). Anhand der Untersuchung spezifischer Policy-Sektoren – wie etwa der Telekommunikation (vgl. Thatcher 2001: 559) – wird beispielsweise gefragt, wie und in welchem Ausmaß mitgliedstaatliche Regierungen in der Lage sind, ihre „supranational agents“ zu kontrollieren bzw. in welchem Ausmaß supranationale Akteure imstande sind, ihre Funktionen unabhängig vom Einfluss der Mitgliedstaaten auszuüben (vgl. Doleys 2000: 534; Thatcher 2001: 560).
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Hingegen konzeptualisiert Kelemen (2002) die Kommission selbst als „principal“, welche Ressourcen und Verantwortungen an spezifische EU-„agencies“ übergibt, um sich auf diese Weise auf ihre Kern-Kompetenzen der Policy-Planung und -Durchsetzung zu konzentrieren (vgl. ebd.: 95, 112; Wilks/Bartle 2002). Einzelne Generaldirektionen der Europäischen Kommission werden ebenfalls als unabhängige agencies betrachtet, die innerhalb der EU bestimmte Funktionen übernehmen. Als Untersuchungsgegenstand fungiert häufig die für die Wettbewerbspolitik zuständige Generaldirektion IV mit Blick auf ihre Überwachungsfunktion von Kartellbildungen in der EU. Untersuchungen kommen dabei zu dem Ergebnis, dass sich die Generaldirektion IV zu einer weitgehend unabhängigen agency entwickelt hat, die sich zu weiten Teilen der Kontrolle der Mitgliedstaaten entzogen hat (Wilks/Bartle 2002: 170).
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Kritik an dieser hier nur kurz skizzierten Variante des Institutionalismus, die aus Rational Choice-Ansätzen gewonnene Einsichten mit „principal-agent“-Theorien verbindet (Peterson 2002: 90), wird zum einen von Vertretern des historischen Institutionalismus (vgl. u.a. Aspinwall/Schneider 2000; Hall/Taylor 1996) geübt. Der historische Institutionalismus betont die Bedeutung bestehender Strukturen (vgl. Peterson 2002: 90) und die „stickiness of national policies and regulatory styles“ (Dimitrova 2002: 172). Als Gegenströmung zu jenen Ansätzen, welche die Kommission dem DelegationsModell entsprechend als agent oder principal konzeptualisieren, ließen sich zum anderen auch jene Studien bezeichnen, die davon abrücken, die Europäische Kommission als zielorientierten, einheitlich handelnden, unitarischen Akteur zu betrachten (vgl. Cini 1996: 222; Dinan 1999: 221). So wird in den genannten Arbeiten die Ansicht vertreten, dass es sich bei der Kommission mitnichten um einen unitarischen Akteur handele. Vielmehr sei die Kommission tatsächlich hochgradig fragmentiert (Peterson/Bomberg 1999: 39) und gleichsam als „multi-organisation“ (Cram 1994) zu charakterisieren: „In fact it is composed of many parts and contains within its ranks a wide range of different views and interests“ (Nugent 2001: 8). Der von Cram (1994) verwendete Begriff der „multi-organisation“ impliziert diesen distinktiven Charakter der Kommission und deutet zugleich an, dass es neben der Unterscheidung zwischen dem politischen Arm (dem Kollegium) und dem administrativen Arm (den Diensten) auch Differenzen innerhalb des administrativen Arms gibt. So unterscheiden sich die Generaldirektionen nach ihrer politischen Ausrichtung – vertikal oder horizontal – gemäß ihrem Zuständigkeitsbereich und haben unterschiedliche Funktionen, politische Stile, Interessen und Identitäten (vgl. Mörth 2000: 174, Peterson 1997: 562). Daher konzeptualisieren insbesondere jüngere Studien die Kommission weniger als einheitlichen Akteur, sondern richten unter Rekurs auf divergierende theoretische Ansätze (etwa institutionalistische, lerntheoretische- oder organisationstheoretische Ansätze) den Blick auf einzelne Generaldirektionen ebenso wie auf interdirektionale Konsultationsprozesse und Kooperationsbeziehungen als Untersuchungsgegenstand (vgl. u.a. Hooghe 1998; Cram 2001; Nugent/Saurugger 2002). Dabei wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den Generaldirektionen nicht nur um administrative Suborganisationen in einem „politikfreien Raum“ handelt, sondern dass diese über ihren je eigenen „approach to policy, their own ways of working and their own political and organisation objectives“ (Cini 2000b: 76) verfügen. Die Generaldirektionen haben also ihre eigenen Vorstellungen „about what the Commission should be doing and how it should be doing it“ (Nugent 2001: 159). Dies untermauern etwa die Arbeiten von Dinan (1999) zum „unloved civil service“ der Kommission oder von Cini (1996; 2000) über die unterschiedlichen – die Arbeitsweise von Mitarbeitern und Policy-Ergebnisse beeinflussenden – Einstellungen und Kulturen der Generaldirektionen und den daraus resultierenden Problemlagen innerhalb der Kommission. Obgleich sich damit das Erkenntnisinteresse von Studien zur Europäischen Kommission zunehmend auch auf die Untersuchung des Innenlebens der Kommission verlagert hat, lassen sich nach wie vor nur wenige Arbeiten finden, welche sich intensiver mit der internen Struktur der Kommission in Bezug auf ihren administrativen Unterbau befassen. Zwar wächst die wissenschaftliche Literatur über die Kommission zunehmend an, hierbei wird jedoch zumeist auf die Rolle der Kommission als Einheit fokussiert. Nur selten wird zwischen Kollegium und Dienststellen unterschieden, so dass einzelne Dienststellen nur in wenigen Aufsätzen untersucht werden.
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3.2 Aufgaben der Europäischen Kommission Als supranationale Institution ist die Europäische Kommission, die in der gegenwärtigen Form seit 1967 existiert, vorwiegend den „übergreifenden europäischen Interessen verpflichtet“ (Giering 1999: 8). Aus den Befugnissen der Kommission leitet sich ihre Bedeutung als „zentraler Akteur im EG-Entscheidungsprozeß“ (Rometsch 1997: 152) ab. Im europäischen Entscheidungsprozess werden der Europäischen Kommission – entsprechend den Verträgen – insbesondere Initiativ-, Exekutiv- sowie Kontrollfunktionen zuteil (vgl. Bach 1992: 18). Während also die Beschluss- bzw. Ratifizierungsvollmachten in den Händen des Rates liegen, ist die Kommission für die „Planung und Ausarbeitung von Vorschlägen für Rechtsakte des Rates“, den „Erlass von Durchführungsmaßnahmen“ sowie für die „Ausführung des Haushaltsplanes“ zuständig (ebd.: 19). Darüber hinaus übernimmt sie mehrere außenpolitische Funktionen (vgl. Nugent 2001: 4). Eine entscheidende Bedeutung wird dabei der Initiativfunktion der Kommission beigemessen (vgl. Bach 1992: 19). So obliegt der Europäischen Kommission – abgesehen von einigen Ausnahmen in den Bereichen Justiz und Inneres – entsprechend den Gemeinschaftsverträgen das ausschließliche Recht, Rechtsetzungsvorschläge vorzulegen (vgl. Nugent 2002: 152). Vor allem ihr diesbezügliches Monopolrecht in der ersten Säule der EU stellt eine wichtige Machtquelle dar (vgl. Peterson 2002: 88). Hierbei kommt dem Rat und dem Parlament das formale Recht zu, die Kommission darum zu ersuchen, Rechtsetzungsvorschläge zu initiieren (vgl. Dinan 1999: 224). Aufgrund ihres nahezu exklusiven Initiativrechts wird die Kommission auch als „engine of integration“ bezeichnet (Metcalfe 1992: 119), die in einer Vielzahl von Politikfeldern „eine beachtliche Fähigkeit unter Beweis gestellt [hat], neue Ideen zu produzieren und sie in den politischen Prozess der Europäischen Gemeinschaft bzw. der Europäischen Union einzubringen“ (Wallace 1996: 150).
Innerhalb der Kommission kann ein Vorschlag auf Initiative des Präsidenten, der Kommissare, der Generaldirektoren oder Direktoren zustande kommen. Darüber hinaus kann eine Politikinitiative das Ergebnis eines wahrgenommenen Bedarfs oder die Antwort der Kommission auf den Vorschlag eines Mitgliedstaates oder einer Interessengruppe sein (vgl. Dinan 1999: 224). Da es sich bei der Kommission im Verhältnis zu ihrer Aufgabenfülle jedoch um eine kleine Verwaltungsorganisation handelt (Mazey/Richardson 1997: 183), ist sie bei der Ausübung ihrer Initiativfunktion oftmals darauf angewiesen, externe Informationen und Beratungsleistungen einzuholen (vgl. Metcalfe 1992: 124). So vergibt die Kommission bei der Entscheidungsvorbereitung nicht nur Aufträge an externe Akteure, welche über die notwendigen, von der Kommission nachgefragten Fachkenntnisse verfügen (Nugent 2002: 152) und führt Gespräche mit verschiedenen interessierten Parteien. Vielmehr wird sie in dieser Phase des Policy-Making-Prozesses auch vielfach von hierfür eingesetzten Arbeitsgruppen unterstützt (vgl. Dinan 1999: 225). Diese Arbeitsgruppen können sich aus nationalen Beamten, unabhängigen Experten und Vertretern national oder transnational angesiedelter Interessengruppen zusammensetzen. Die Kommission übernimmt den Vorsitz sowie die Aufstellung der Agenda der Arbeitsgruppen, die dazu dienen, die Konsensfähigkeit eines Vorschlages bereits in dieser Phase zu sichern. Diese hier nur kurz skizzierte Offenheit der 47
Administration ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich Netzwerke im Umfeld der Aktivitäten der Europäischen Kommission etablieren können (Metcalf 1992: 125) und führt dazu, dass die Kommission als eine ‚offene Organisation’ charakterisiert werden kann, deren Beamte einfach zu kontaktieren und für äußere Einflüsse zugänglich sind (Dinan 1999: 225). Die Kommission ist darüber hinaus durch ihre Mitwirkung sowohl in den Arbeitsgruppen des Rates, in den Parlamentsdebatten als auch im Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie im Ausschuss der Regionen in den Prozess der Entscheidungsfindung involviert (vgl. Giering 1999: 8). Zeichnet sich ab, dass der Rat oder das Parlament einen Vorschlag der Kommission zurückweisen, hat sie die Möglichkeit, diesen zu modifizieren oder zurückzuziehen. An der „konkreten Entscheidung“ ist die Kommission zwar nicht beteiligt (ebd.), dennoch kann sie, wenn in Bezug auf legislative Inhalte zwischen den beteiligten Institutionen Unstimmigkeiten aufkommen, als Vermittlerin auftreten, was ihr bedeutende Einflussmöglichkeiten eröffnet (ebd.: 20; Nugent 2002: 152; Peterson 2002: 89). Die Kommission ist ferner für die Implementation von EU-Policies zuständig. Sie ist der „executive arm of Community governance“ (Mazey/Richardson 1997: 178), welcher dafür verantwortlich ist, die effektive Implementation der vom Rat der EU beschlossenen Politiken zu gewährleisten (Giering 1999: 8). Im Rahmen der vom Rat an sie delegierten Befugnisse zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts kann die Kommission zudem „selbständig Richtlinien, Verordnungen und Entscheidungen erlassen“ (Rometsch 1997: 153). Die Exekutivbefugnisse der Kommission beziehen sich dementsprechend nicht nur auf „ground-level implementation“, sondern vielmehr auch darauf, Regeln und Verordnungen zu erlassen, die notwendig sind, um die EU-Gesetzgebung anzuwenden (Dinan 1999: 227). Zur Umsetzung von Entscheidungen steht der Kommission ein komplexes System an Durchführungsausschüssen zur Verfügung (vgl. Giering 1999: 8). In diesen Ausschüssen, die sich aus Beamten der Mitgliedstaaten zusammensetzen, führen Kommissionsbeamte den Vorsitz. Dieses sog. Komitologieverfahren wurde von den Mitgliedstaaten errichtet, um die Exekutivbefugnisse der Kommission zu beschränken und zu kontrollieren (vgl. u.a. Dinan 1999: 227f.). Schließlich obliegt es der Kommission als sog. „watchdog“ (Nugent 2002: 153) oder als „Hüterin der Verträge“ zu gewährleisten, dass das Gemeinschaftsrecht in den Mitgliedstaaten einheitlich angewandt wird (Giering 1999: 9). Neben Abmahnungen, die an die Mitgliedstaaten – aber auch an private Akteure wie Unternehmen – adressiert werden können, kann die Kommission im äußersten Fall Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten einleiten (ebd.). Über die benannten Funktionen hinaus kommen der Kommission Haushaltsbefugnisse und – entsprechend der vertraglichen Grundlagen – Verantwortung in äußeren Angelegenheiten zu (vgl. u.a. Dinan 1999: 230f.). Vor allem durch die Errichtung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Jahre 1993 wurde die Rolle der Kommission in der Außenpolitik der Gemeinschaft gestärkt (vgl. ebd.). Aufgrund ihrer Außenkompetenzen wird die Kommission auch als ein bedeutender internationaler Akteur perzipiert (Nugent 2002: 154).
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3.3 Aufbau und interne Funktionsweise der Europäischen Kommission Aufgrund der Vielzahl an Aufgaben und Funktionen, die von der Europäischen Kommission ausgeübt werden, stellt sie einen Schlüsselakteur der EU dar (Nugent 2001: 1). Sie verkörpert hinsichtlich ihrer Organisationsweise und organisationalen Kultur als auch bezüglich ihrer Funktionen allerdings eine einzigartige Organisation (vgl. Metcalf 1992: 124). Zwar handelt es sich bei der Kommission, die in mancherlei Hinsicht als Organisation sui generis bezeichnet werden kann (Peterson 2002: 72), rechtlich gesprochen um eine Entität (Nugent 2001: 6). Dennoch präsentiert sich die Kommission – wie eingangs bereits erwähnt – nicht als eine monolithische Organisation (ebd.: 329). Der Terminus „Europäische Kommission“ hat eine zweifache Bedeutung. In einem engeren Verständnis ist hiermit das Gremium der Kommissare angesprochen. In einem weiteren Sinne ist damit die gesamte Behörde mit „allen Generaldirektionen, Diensten und den Kommissaren an der Spitze gemeint“ (Giering 1999: 13). Aus diesem Grunde wird die Kommission in der akademischen Literatur als „unique hybrid“ (Peterson 2002: 72) betrachtet. Die Kommission ist hierarchisch strukturiert. An ihrer Spitze stehen die Kommissare, welche als Kollegialorgan für die gesamte Tätigkeit der Kommission die Verantwortung tragen. Dieses Kollegium – die politische Führung – setzt sich aus dem Präsidenten der Kommission als primus inter pares (vgl. Metcalfe 1992: 120), einem Vizepräsidenten und zum Zeitpunkt der Untersuchung 18 weiteren Mitgliedern, den Kommissaren, zusammen. Die Kommissare, welche nicht gewählt, sondern im gemeinsamen Einvernehmen von den Mitgliedstaaten ernannt werden (vgl. Peterson 2002: 72ff.), haben zum Teil die Verantwortung für mehrere Generaldirektionen und Dienste (Metcalfe 1992: 120). Der französischen Verwaltungstradition entsprechend, üben die Kommissare ihre Tätigkeit mit Hilfe ihrer Kabinette aus (Dinan 1999: 218).27 Die Hauptberater eines Kabinetts bilden das Bindeglied zu jenen Dienststellen, die ihren Kommissaren zugeordnet sind (vgl. Peterson 2002: 87f.). Jeder Kommissar führt folglich mit Hilfe seines Kabinetts eine oder mehrere Generaldirektionen (vgl. Giering 1999: 15). Neben der Leitung der Generaldirektionen gehört es zu den Aufgaben der Kommissare, die Kommission bei Treffen des Rates zu repräsentieren, die Tätigkeiten der Kommission vor dem Parlament zu verantworten, den Informationsaustausch zu den nationalen Regierungen zu gewährleisten und die europäische Öffentlichkeit über die Arbeit der Kommission zu informieren (vgl. Dinan 1999: 215). Während das Kollegium als politischer Arm bezeichnet wird, handelt es sich bei den Generaldirektionen um den administrativen Arm, für deren Arbeit das Kollegium die Verantwortung trägt (vgl. Peterson 2002: 72ff.). Da die Kommission somit aus zwei verschiedenen Ebenen besteht – zum einen aus dem Kollegium bzw. der politischen Ebene, welches für die politische Ausführung der Kommissionsaufgaben zuständig ist und zum anderen aus den Diensten bzw. der administrative Ebene, welche für die Verwaltung verantwortlich sind (vgl. Nugent 2002: 155) – kann von einer Dualität der Kommission gesprochen werden (vgl. Peterson 2002: 72; Metcalfe 1992: 120). In der Praxis lassen sich diese beiden Ebenen jedoch nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen, da sich die Arbeit von Kommissaren und Dienststellen häufig überschneidet und ineinander greift (vgl. Nugent 2002: 155). 27
Für einen Einblick in die historische Entwicklung der Kabinette und deren Aufgabenbereich vgl. u.a. Berlin 1987: 44f.; Edwards/Spence 1997: 7f.
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In fast alle Tätigkeiten der Europäischen Kommission ist ihre administrative Ebene involviert. Es werden kaum Kommissionsvorschläge unterbreitet und Entscheidungen getroffen, ohne dass sie zuvor ausgiebig von den Diensten geprüft werden. Der „organizational focus“ der Dienste entspricht den Zuständigkeiten der Kommission (vgl. ebd.: 142f.). Während die Generaldirektionen in der Regel mit Politikbereichen befasst sind, sind die übrigen Dienste gewöhnlich mit horizontalen Aufgaben betraut und unterstützen die Kommission. Zu den übrigen Diensten gehören unter anderem das Generalsekretariat und der juristische Dienst (Nugent 2001: 134). Das Tätigkeitsspektrum der Generaldirektionen ist sehr weitreichend. Zu den Aufgaben der Beamten in den Generaldirektionen gehört unter anderem die Vorbereitung von Mitteilungen, der Entwurf von Rechtsetzungsvorschlägen, die Erstellung von Aktions- und Arbeitsprogrammen, die Bewertung der Auswirkungen von EU-Policies und der EURechtsprechung etc. Alle Generaldirektionen sind in unterschiedlichem Ausmaß sowohl in die (Weiter-) Entwicklung von Rechtsakten und Policies als auch in ihre Verwaltung involviert (vgl. Nugent 2001: 144f.; Berlin 1987: 58). Entsprechend der Ausweitung der EU-Politikfelder haben sich auch die Zuständigkeitsbereiche der Generaldirektionen erhöht. Folglich ist die Anzahl der Generaldirektionen stark gestiegen. Waren 1958 noch neun Generaldirektionen tätig, so waren es in den späten 1990er Jahren bereits 24 (vgl. Nugent 2002: 144). Diese Expansion lässt sich zum einen mit den ausgeweiteten Zuständigkeiten und Aufgaben der Kommission erklären, zum anderen auf politische und bürokratische Faktoren zurückführen (vgl. ebd.: 143; Spence 1997b: 107). Die steigende Anzahl von Diensten führte zu einer beachtlichen organisationalen Fragmentierung, die wiederum den ehemaligen Kommissionspräsidenten Romano Prodi dazu veranlasste, eine Reform der Dienste – insbesondere ihre Reduktion – vorzunehmen (Nugent 2002: 143f.). Einige Generaldirektionen sind das Ergebnis von Reorganisationen. Hingegen blieben die Kernelemente der Dienste bemerkenswert beständig, so hat sich die grundlegende Struktur der Generaldirektionen kaum verändert. Nach wie vor handelt es sich bei den Generaldirektionen und den übrigen Diensten um die wesentlichen Organisationseinheiten (ebd.: 143). Die Generaldirektionen sind hierarchisch gegliedert (vgl. Berlin 1987: 68). Interne Kommunikation findet „upwards and downwards“ statt, „channelled through specified lines of authority“ (Nugent 2002: 146). Eine Generaldirektion wird von einem Generaldirektor geleitet, der – seinem Rang nach – mit „dem höchsten Beamten in einem Regierungsministerium vergleichbar ist“ (Generaldirektion Umwelt 2002: 6). Die Hauptfunktion des Generaldirektors besteht darin, die allgemeine Funktionsweise seiner Generaldirektion zu gewährleisten und diese gegenüber anderen Dienststellen sowie der kommissionsexternen Umwelt zu repräsentieren und die spezifischen Interessen der Generaldirektion zu vertreten (Berlin 1987: 74; Nugent 2002: 146). Darüber hinaus fungiert der Generaldirektor als wichtiges Verbindungsglied zwischen der Generaldirektion und dem verantwortlichen Kommissar. Eine Generaldirektion ist wiederum unterteilt in mehrere von einem Direktor geleitete Direktionen, welche sich ihrerseits in Referate unterteilen, die von Referatsleitern geführt werden. Eine durchschnittliche Generaldirektion verfügt über drei bis sechs Direktionen, die wiederum aus drei bis sechs Referaten bestehen. Die Mitarbeiter eines Referats berichten dem Referatsleiter oder seinem Stellvertreter, diese wiederum berichten den Direktoren der Direktionen (vgl. Nugent 2001:135-143, Berlin 1987: 59f.). Für gewöhnlich wechseln
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die Beamten der Kommission alle zwei bis drei Jahre ihre Generaldirektion, „um in der Hierarchie aufzusteigen“ (Giering 1999: 16). Zumindest wird der Arbeitsplatz innerhalb einer Generaldirektion gewechselt, oft auch zwischen einzelnen Generaldirektionen (vgl. Spence 1997a: 74). Formal betrachtet, bestehen zwischen den Generaldirektionen keine hierarchischen Unterschiede, alle Generaldirektionen sind gleichgestellt (vgl. Europäische Kommission 2000e). Hinsichtlich ihrer Beziehungen zur Umwelt und in Bezug auf ihren kommissionsinternen Status steigt und fällt jedoch die Bedeutung einer Generaldirektion mit ihrem Budget, der politischen Bedeutung ihrer Zuständigkeiten und der Autorität ihres Kommissars (vgl. Berlin 1987: 56f.; Spence 1997a: 96). Die Generaldirektionen sind in Abhängigkeit von ihrem Kompetenzbereich von unterschiedlicher Größe. Dementsprechend setzen sich größere Generaldirektionen aus einer höheren Anzahl an organisatorischen Sektionen zusammen als kleinere. Wichtige Generaldirektionen – wie beispielsweise die Generaldirektion Landwirtschaft – verfügen über einen größeren Mitarbeiterstab als andere Generaldirektionen (vgl. Metcalfe 1992: 120). Den meisten Diensten stehen über 200 bis 300 Vollzeitbeschäftigte zur Verfügung (vgl. Nugent 2002: 145). Die Generaldirektionen verfügen sowohl über ihre eigenen physischen Ressourcen (wie Mitarbeiter und Budget) als auch über immaterielle Ressourcen, die sich aus dem Status einer Generaldirektion innerhalb der Kommission ergeben. Diese Ressourcenausstattung kann zu Ressourcenkonflikten zwischen den Generaldirektionen führen (vgl. Dinan 1999: 222; Nugent 2001: 159). Konflikte zwischen den Generaldirektionen entstehen zudem dadurch, dass die einzelnen Generaldirektionen bestrebt sind, ihre Zuständigkeitsbereiche zu verteidigen und zu erweitern. Schließlich bildet auch die Tatsache, dass die Generaldirektionen über eigene „norms and missions“ (Nugent 2001: 159), „visions of the world“ (Cini 2000b: 88) und Kulturen sowie Administrationsstile verfügen, eine Konfliktquelle. Hinsichtlich der administrativen Kulturen lassen sich wiederum zwei unterschiedliche Traditionen erkennen. Auf der einen Seite stehen die zentripetalen Kräfte traditioneller französischer Verwaltungsmethoden. Hier ist das „senior management politicised and closely linked to the party in power“ (Spence 1997a: 97). Informationen werden als konstitutives Element einer bürokratischen und politischen Machtgrundlage einbehalten. Dem steht das Konzept des „human resource management“ der angelsächsischen Verwaltungstradition gegenüber. Dieses ist gekennzeichnet durch die Neutralität der Beamtenschaft, die formale Abwesenheit von Nepotismus, einem hohen Delegationsgrad und dem „principle of sharing information with colleagues“ (ebd.). Berlin stellt dem englischen und französischen Modell darüber hinaus ein deutsches Modell gegenüber. Dieses ist gekennzeichnet durch Legalismus, Rigidität und Verwaltungsplanung, während etwa das englische Modell für Flexibilität von Strukturen und Arbeitsweisen steht (vgl. Berlin 1987: 11f.; Cini 1996: 117). Zwischen den Generaldirektionen finden auf formeller und informeller Ebene Koordinations- und Kooperationsprozesse statt, die u. a. dem Informationsaustausch und der Lösung von Differenzen dienen. Zu diesen formalen Mechanismen gehören die wöchentlichen Treffen der Generaldirektoren und ihrer Assistenten sowie das Verfahren der zwischendienstlichen Konsultation (interservice consultation). Entsprechend den Verfahrensregeln der Kommission ist es erforderlich, dass alle Dienste mit einem potenziellen Interesse an einem Rechtsetzungsvorschlag oder einer Initiative der Kommission die Möglichkeit erhalten, Einblicke in diese zu bekommen, bevor sie an das Kollegium weitergeleitet werden (vgl. Nugent 2002: 160). Die internen Verfahrensregeln der Kommission sehen dabei vor,
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dass, um die Effizienz der Amtstätigkeit der Kommission sicherzustellen, die Dienststellen, die an der Ausarbeitung oder Durchführung von Beschlüssen mitwirken, so eng wie möglich zusammenarbeiten. Die federführende Dienststelle hat, bevor der Kommission eine Vorlage unterbreitet wird, alle nach den Zuständigkeitsbereichen und Befugnissen oder nach der Natur der Sache beteiligten oder zu informierenden Dienststellen rechtzeitig zu hören. Dabei ist die federführende Dienststelle bemüht, einen Vorschlag zu erarbeiten, der die Zustimmung der gehörten Dienststellen findet (vgl. Europäische Kommission 2000e). Welche Generaldirektion federführend ist, kann strittig sein. In diesen Fällen entscheidet das Generalsekretariat (vgl. Nugent 2001: 242). Falls es zu keiner Einigung über einen Vorschlagsentwurf kommt, hat die federführende Generaldirektion abweichende Stellungnahmen anderer Dienststellen in ihrem Vorschlag zu erwähnen (vgl. Europäische Kommission 2000e). Fällt ein Vorschlag in die Zuständigkeitsbereiche mehrerer Generaldirektionen oder wollen sich verschiedene Generaldirektionen an der Entwicklung eines Vorschlags beteiligen bzw. erheben diese Einsprüche, so finden in der Regel eine Reihe (in-)formeller Treffen statt, die von der federführenden Generaldirektion geleitet werden. Diese interdirektionalen Koordinationsprozesse, die ein beständiges Merkmal der Verwaltungsroutine der Kommission darstellen, nehmen ihren Ausgangspunkt häufig als „information-sharing occasions“, welche in „consensus-building exercises“ übergehen (Nugent 2001: 243). Bei der Entwicklung von Rechtsetzungsvorschlägen interagieren die Generaldirektionen zudem mit weiteren öffentlichen und privaten Akteuren – beispielsweise im Rahmen der bereits erwähnten beratenden Ausschüsse (vgl. ebd.: 112).
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4 Das umweltpolitische Integrationsprinzip
Die Umweltpolitik ist ein relativ junges Politikfeld der EU. In der Gründungsphase der Gemeinschaft spielte sie, ebenso wie in der nationalen Politik der Mitgliedstaaten, noch keine Rolle. In den Römischen Verträgen von 1956 blieb die Umweltpolitik dementsprechend unerwähnt. In den folgenden anderthalb Jahrzehnten betrieb die Gemeinschaft zwar Politik in Bereichen, die man heute als klassische Aufgabenfelder der Umweltpolitik bezeichnen würde, etwa in der Atomenergiepolitik oder im Bereich des Gewässerschutzes, allerdings nicht auf der Basis eines konkreten Auftrages durch die Verträge. Vielmehr stützte sie ihre Maßnahmen auf verschiedene Rechtsgrundsätze, wie Artikel 100 EWGV oder den Artikel 235 EWGV, die sog. Kompetenzergänzungsklausel (vgl. Kraack et al. 1998: 27; Niestedt 1999).28 Erst während der 1970er und frühen 1980er Jahre entwickelte sich innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG) die Umweltpolitik von weitgehenden Einzelmaßnahmen zu einem eigenständigen Politikfeld. Dies erfolgte in weiten Teilen parallel zur Herausbildung nationaler Umweltpolitiken in den Mitgliedstaaten als Reaktion auf die Ölpreiskrise der frühen 1970er Jahre, die Entstehung neuer ökologischer Bewegungen sowie die generelle Erkenntnis, dass die bisherige Wachstumspolitik in eine Krise geraten war.29 Sichtbarer Ausdruck des zunehmenden Interesses an der Umweltpolitik – und der Erkenntnis auf europäischer Ebene, dass nationale Umweltschutzvorschriften in wachsendem Maße die Wirtschaftspolitik der EG tangierten (vgl. Baker et al. 1997: 92) – waren zunächst der Europäische Rat von Paris im Oktober 1972, der die Notwendigkeit zum koordinierten Handeln im Umweltbereich betonte, die darauf folgende Einrichtung des „Environment and Consumer Protection Service“ innerhalb der für Industriepolitik zuständigen Generaldirektion III der Kommission und die ersten Umweltaktionsprogramme der Gemeinschaft.30 Anlässlich dieser ersten Schritte auf dem Gebiet der Umweltpolitik setzte sich frühzeitig die Erkenntnis durch, dass Umweltpolitik auf europäischer Ebene nur als Querschnittsaufgabe aller Politikbereiche erfolgreich sein kann. Diese Erkenntnis beruht vor allem auf der Erfahrung, dass Umweltpolitik eine Vielzahl unterschiedlicher Politikfelder berührt. Sie „ist Energiepolitik, Verkehrspolitik, Agrarpolitik, Wirtschaftspolitik, Steuerund Subventionspolitik etc.“ (Buck 1999: 12). Bereits im ersten Umweltaktionsprogramm (1973-1976) wurde aus diesem Grund ein integrativer Ansatz in der Umweltpolitik herausgestellt (vgl. Niestedt 1999), der in den folgenden Jahrzehnten vor allem durch drei Faktoren weiterentwickelt wurde: Auf der rechtlich-strukturellen Ebene durch die EEA und die 28
Es handelt sich hierbei um das Vertragslückenschließungsverfahren, das der Gemeinschaft erlaubte, auch in Politikfeldern tätig zu werden, die nicht ausdrücklich im Vertrag erwähnt werden (Müller-Brandeck-Bocquet 1997). 29 Von besonderer Bedeutung für diesen Prozess ist der Bericht des Club of Rome von 1972 „Die Grenzen des Wachstums“. 30 Für einen Überblick über die Europäische Umweltpolitik der 1950er bis 1980er Jahre siehe u. a. Hildebrand 1993; McCormick 1999. Vgl. zu den Umweltaktionsprogrammen auch Baker et al. (1997: 93ff.).
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Vertragsrevisionen von Maastricht und Amsterdam sowie auf der Ebene der Implementation und Strategieentwicklung zum einen durch die Umweltaktionsprogramme der Gemeinschaft und zum anderen durch die Politik des Rates im Rahmen des sog. Cardiff-Prozesses (siehe ausführlicher unter Kapitel 4.3.). Die genannten Ebenen werden im Folgenden näher dargelegt. Einen Überblick über die chronologische Entwicklung des Umweltintegrationsprinzips bietet die nachfolgende Abbildung 3. Abbildung 3:
Zeittafel zur Entwicklung des umweltpolitischen Integrationsprinzips
1973
1. Umweltaktionsprogramm (1973-1976)
1977
2. Umweltaktionsprogramm (1977-1981)
05/1980
Evaluation der ersten beiden Umweltaktionsprogramme
1983
3. Umweltaktionsprogramm (1982-1986)
1987
EINHEITLICHE EUROPÄISCHE AKTE*
1987
4. Umweltaktionsprogramm (1987-1991)
1993
5. Umweltaktionsprogramm (1992-2000): „Towards Sustainability – Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“
1993
VERTRAG VON MAASTRICHT**
1993
Mitteilung der Kommission über interne Maßnahmen zur Gewährleistung der Einbeziehung von Umweltbelangen
1995/96
Evaluation des 5. Umweltaktionsprogramms
07/1997
Evaluation der Integration von Umweltaspekten im Policy-Making und Management der Kommission
12/1997
Europäischer Rat von Luxemburg
05/1998
Mitteilung der Kommission „Partnerschaft für Integration“ an den Europäischen Rat
06/1998
Europäischer Rat von Cardiff
12/1998
Europäischer Rat von Wien
1999
VERTRAG VON AMSTERDAM***
05/1999
Bericht der Kommission über die „Einbeziehung der Umweltbelange“ an den Europäischen Rat
06/1999
Europäischer Rat von Köln
1999 11/1999
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Evaluation der Implementation des fünften Umweltaktionsprogramms Bericht der Kommission: „Von Cardiff nach Helsinki und darüber hinaus“ an den Europäischen Rat
12/1999 2001 05/2001
Europäischer Rat von Helsinki 6. Umweltaktionsprogramm (2001-2010): „Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand“ Mitteilung der Kommission: „Nachhaltige Entwicklung in Europa für eine bessere Welt: Strategie der Europäischen Union für die Nachhaltige Entwicklung“
06/2001
Europäischer Rat von Göteborg
2003
VERTRAG VON NIZZA****
* ** *** ****
Inkrafttreten des Vertrags am 1. Juli 1987 Inkrafttreten des Vertrags am 1. November 1993 Inkrafttreten des Vertrags am 1. Mai 1999 Inkrafttreten des Vertrags am 1. Februar 2003
4.1 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in den europäischen Verträgen Die gesetzliche Anforderung zur Integration von Umweltbelangen resultiert aus der Verankerung des Integrationsprinzips in den europäischen Verträgen, durch die die Integrationsklausel eine „Aufwertung“ erfahren hat (Görlach et al. 1999: 4). Zur „rechtlichen Anforderung“ (Niestedt 1999: 8f.) im Sinne einer Verpflichtung zur Berücksichtigung des Integrationsprinzips durch die Institutionen und Mitgliedstaaten der Gemeinschaft wurde das Integrationsprinzip im Zuge des Inkrafttretens der EEA im Jahre 1987. So sah Artikel 130r(2) des EGV vor: „Die Erfordernisse des Umweltschutzes sind Bestandteil der anderen Politiken der Gemeinschaft“ (Europäische Gemeinschaften 1987). Seit der EEA kommt dem umweltpolitischen Integrationsprinzip damit eine herausgehobene, „singuläre“ Stellung innerhalb der Umweltgesetzgebung der EG/EU zu, so dass ihr sowohl in der wissenschaftlichen Diskussion als auch in der politischen Praxis eine „Schlüsselfunktion“ für die europäische Umweltpolitik zugeschrieben wird (Niestedt 1999). In den folgenden Vertragsrevisionen wurden der Wortlaut und die Stellung des Umweltintegrationsprinzips noch zweimal geändert. So formuliert der Vertrag von Maastricht, dass „die Erfordernisse des Umweltschutzes [...] bei der Festlegung und Durchführung der anderen Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden müssen“. Hiermit wird die zuvor noch widersprüchlich auslegbare Formulierung konkretisiert: Umweltschutz ist nicht nur „Bestandteil“ der übrigen Politiken der Gemeinschaft, sondern muss auch aktiv in diese einbezogen werden. Durch den Vertrag wurden zudem die Entscheidungsverfahren im Bereich der Umweltpolitik verändert, indem nunmehr große Teile der umweltrelevanten Entscheidungen Gegenstand von Mehrheitsabstimmung sind, wodurch die Rolle des Europäischen Parlaments in der Umweltpolitik weiter substantiell gestärkt wurde. Lediglich sog. „Trouble Areas“, Bereiche mit unmittelbaren Auswirkungen auf der nationalstaatlichen Ebene, unterlagen weiterhin dem Vorbehalt der einstimmigen Entscheidungsfindung (vgl. Kraack et al. 2000; Lenschow 1997). Auch der Amsterdamer Vertrag, der im Jahr 1999 in Kraft trat, führte zu einer weiteren Aufwertung der Umweltpolitik wie auch des Integrationsprinzips auf europäischer Ebene (vgl. von Seht 2000). So wurde das Umweltintegrationsprinzip im Amsterdamer
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Vertrag aus dem Umwelttitel in die Grundsätze der Gemeinschaft verschoben. Genauso wie das Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 EGV) wurde es gleichsam „vor die Klammer gesetzt“ (Görlach et al. 1999: 4) und damit zu einer unmittelbaren Verpflichtung gemeinsamer europäischer Politik erklärt. Entsprechend wird in Art. 6 des Vertrages formuliert, dass „die Erfordernisse des Umweltschutzes […] bei der Festlegung und Durchführung der in Art. 3 genannten Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden [müssen]“ (Artikel 6 EGV).31 Wesentliche weitere Neuerungen des Vertrages umfassen die Bezugnahme auf das in die Formulierung des Integrationsprinzips aufgenommene Prinzip der Nachhaltigkeit sowie die explizite Nennung einiger Gemeinschaftspolitiken – wie beispielsweise die Verkehrs-, Energie- und Tourismuspolitik (vgl. Art. 3 EGV) –, für die das Prinzip der Nachhaltigkeit von besonderer Bedeutung ist. Konnte man das Umweltintegrationsprinzip in seiner in der EEA formulierten Form noch so auslegen, dass die umweltpolitische Integration allein durch Maßnahmen im unmittelbaren Kompetenzbereich der europäischen Umweltpolitik zu realisieren wäre, wurde diese Unsicherheit in der Formulierung des Amsterdamer Vertrages dadurch ausgeräumt, dass die relevanten Politikbereiche explizit genannt wurden. Dass das Integrationsprinzips durch seine Verankerung in den Verträgen von Maastricht und Amsterdam gestärkt wurde, lässt sich – ebenso wie die Hervorhebung des Integrationsprinzips im fünften Umweltaktionsprogramm (siehe nachfolgenden Abschnitt) – auch auf entsprechende Bemühungen der Generaldirektion XI zurückführen,32 die ihre Ideen vor allem mit Blick auf den Amsterdamer Vertrag einfließen lassen konnte.33 Obschon hiermit auf der einen Seite die Anforderung zur Implementation von Umweltbelangen in den genannten Politikfeldern gestärkt und Rechtssicherheit geschaffen wurde, erwächst auf der anderen Seite die Gefahr, dass durch die Nennung der Politikbereiche in Artikel 3 potentiell neu hinzukommende Gemeinschaftspolitiken sowie nicht eindeutig benannte Politikfelder zukünftig von der Verpflichtung zur Integration von Umweltschutzbelangen ausgenommen sein könnten. Auf diese Weise könnte es zu einem „schleichenden Rückschritt der europäischen Umweltpolitik“ kommen (Kraack et al. 1998). Trotz der Aufwertung des Integrationsprinzips durch die Verträge bleibt mit dem Amsterdamer Vertrag nach wie vor unklar, was zum einen mit „Erfordernissen des Umweltschutzes“ und zum anderen mit „Integration“ gemeint ist (Kraack et al. 2001: 13). 31
Artikel 3 EGV in der Fassung vom 2. Oktober 1997, der sog. Amsterdamer Vertrag, benennt einige Politikfelder und darin angestrebte Tätigkeiten der Gemeinschaft. Dies beinhaltet neben wirtschafts- und handelspolitischen Tätigkeiten „f) eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet des Verkehrs“; „l) eine Politik auf dem Gebiet der Umwelt“; „t) einen Beitrag zur Verbesserung des Verbraucherschutzes“; „u) Maßnahmen in den Bereichen Energie, Katastrophenschutz und Fremdenverkehr.“ 32 Der Vertragstext, der bezüglich des Umweltintegrationsprinzips für den Vertrag von Maastricht kurz vor Abschluss der Vertragsverhandlungen vorgelegt worden war, stellte die für Umweltpolitik zuständige Generaldirektion XI zunächst nicht zufrieden. Daraufhin versuchten der damalige Generaldirektor sowie der Referatsleiter des Integrationsreferates Druck auf die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament auszuüben, um den von ihnen favorisierten Vertragstext durchzusetzen. Schließlich gab man sich in Generaldirektion XI damit zufrieden, dass die Umweltintegration als Vertragsverpflichtung aufgenommen wurde (Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Generaldirektion XI, 2002). 33 So wurde nach den Vertragsverhandlungen von Maastricht zunächst eine kleine, informelle Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Referatsleiters des für das Integrationsprinzip zuständigen Referates in Generaldirektion XI gründet, an der Vertreter aus den nationalen Umweltministerien partizipierten. Auf der Grundlage externer Expertise formulierte diese Arbeitsgruppe einen detaillierten Text über das Konzept der nachhaltigen Entwicklung sowie über eine Stärkung des Umweltintegrationsprinzips, der in den Vertrag von Amsterdam einfloss (Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Generaldirektion XI, 2002).
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Mit dem Vertrag von Amsterdam wird das Umweltintegrationsprinzip in seiner heute gültigen Form formuliert. Der Vertrag von Nizza (2001) beließ die Formulierung des Umweltintegrationsprinzips unverändert, brachte aber, obwohl Umweltpolitik nicht ausdrücklich Teil der Agenda des Gipfels war, einige für die Umweltpolitik der EU wichtige Änderungen (wie die veränderte Stimmverteilung im Rat) mit sich (vgl. Bär et al. 2001).
4.2 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in den Umweltaktionsprogrammen Neben der regelmäßigen Berichterstattung der einzelnen Ratsformationen an den Europäischen Rat im Zuge des Cardiff-Prozesses stellen die Umweltaktionsprogramme den wichtigsten Mechanismus zur Umsetzung des Integrationsprinzips auf der Ebene der europäischen Politik dar. Die Umweltaktionsprogramme erfüllen vor allem die Funktion, die Richtung der europäischen Umweltpolitik für einen begrenzten Zeitraum von in der Regel fünf Jahren vorzugeben, indem sie eine politikfeldübergreifende Orientierung bieten und kurzbis mittelfristige Zielvorgaben formulieren. Bereits in den ersten beiden Umweltaktionsprogrammen (1973-1976 und 1977-1981) wurde ein integrativer Ansatz in der Umweltpolitik herausgestellt. Im Titel II „Grundsätze einer Umweltpolitik der Gemeinschaft“ der ersten beiden Umweltaktionsprogramme heißt es jeweils: „Bei allen fachlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen müssen die Auswirkungen auf die Umwelt so früh wie möglich berücksichtigt werden. [...] Es ist [...] notwendig, die Auswirkungen aller auf nationaler oder Gemeinschaftsebene getroffenen oder geplanten Maßnahmen auf die Lebensqualität und die natürliche Umwelt, soweit sie diese beeinträchtigen können, abzuschätzen“ (Europäische Gemeinschaften 1973, 1977). Die ersten beiden Umweltaktionsprogramme sahen damit zwar vor, dass Umweltbelange in die übrigen Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden müssten, beinhalteten jedoch keine konkreten Maßnahmen zur Integration von Umweltbelangen. Mit ihrer 1980 durchgeführten Evaluation der ersten beiden Aktionsprogramme für den Umweltschutz verstärkte die Kommission daher ihr Bemühen um die Integration von Umweltbelangen, indem sie in einer Mitteilung an den Rat vorschlug, Maßnahmen vorzusehen, welche eine bessere Kohärenz zwischen den Erfordernissen der Umweltpolitik und der Politik in anderen Bereichen (u. a. in der Energie- und Verkehrspolitik) gewährleisten, um so eine bessere Integration in diese Politikbereiche zu erreichen (vgl. Europäische Kommission 1980d: 8). Dass sich die Umweltdimension verstärkt in den anderen Politikbereichen der Gemeinschaft niederschlagen müsse, wurde auch im dritten Aktionsprogramm, das sich auf den Zeitraum von 1982-1986 bezog, betont. So konstatierte die Kommission, dass sich die Gemeinschaft um eine „optimale Einbindung der Umweltanliegen in die Planung und Entwicklung bestimmter wirtschaftlicher Tätigkeiten“ bemühen müsse (Europäische Gemeinschaften 1983: 5). Dabei sollte die Integration von Umweltbelangen durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung gewährleistet werden (vgl. Europäische Gemeinschaften 1987, Ziff. 1.2.), wodurch erstmalig ein Instrumentarium zur Integration von Umweltbelangen eingeführt wurde. Bereits im vierten Umweltaktionsprogramm (1987-1992) wurde jedoch die bestehende Umweltverträglichkeitsprüfung (Richtlinie 85/337/EWG) von Entwicklungsvorschlägen kritisiert, da es nicht gelungen war, die Einbeziehung der Umwelterfordernisse in die anderen Politiken sicherzustellen (Europäische Gemeinschaften 1987, Ziff. 2.3.5).
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Vor diesem Hintergrund hob das vierte Aktionsprogramm die Bedeutung des Einbezugs des Umweltschutzes erneut und stärker als die vorhergehenden Programme hervor (vgl. Europäische Gemeinschaften 1987: Ziff. 2.3.), indem zum einen auf die veränderte Rechtslage verwiesen und der Erfolg bisheriger Maßnahmen kritisch betrachtet wurde. In diesem Programm wurde auf den durch die EEA geänderten EWGV Bezug genommen. So heißt es in Artikel 130r, dass Erfordernisse der Umweltpolitik wesentliche Bestandteile der anderen Gemeinschaftspolitiken seien (ebd.). Die Kommission wies darauf hin, dass nicht länger umstritten sein könne, dass der Umweltschutzpolitik in den übrigen Gemeinschaftspolitiken eine bedeutende Rolle zukomme. Strengere Umweltschutznormen seien nicht lediglich „wünschenswert“, sondern „lebenswichtig“ (ebd.). Hinsichtlich ihrer Eigenbemühungen seien Fortschritte daher unabdingbar. Um gewährleisten zu können, dass die Einbeziehung von Umweltfaktoren in alle politischen Bereiche „routinemäßig“ erfolgen könne, plante die Kommission die Entwicklung interner Verfahren und Praktiken (ebd.). Die Kommission setzte sich zum Ziel, Maßnahmen zur Einbeziehung der Umwelterfordernisse in die Planung und Durchführung der wirtschaftlichen und industriellen Strategien der Gemeinschaft zu konzipieren. Das fünfte Umweltaktionsprogramm (1992-2000) mit dem Titel „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“ reflektiert einen Paradigmenwechsel in der europäischen Umweltpolitik, der auch für die Weiterentwicklung und Umsetzung des Umweltintegrationsprinzips auf europäischer Ebene von zentraler Bedeutung ist.34 So markiert das fünfte Umweltaktionsprogramm ebenso wie die Verträge von Maastricht35 und Amsterdam die Übernahme von Elementen des Konzeptes der nachhaltigen Entwicklung in die Politik der EU. Diese neue Strategie des fünften Umweltaktionsprogramms bewegt sich wiederum im Kontext einer Anfang der 1990er Jahre geführten Diskussion um die Zukunft der Umweltpolitik (vgl. Niestedt 1999; Liberatore 1997: 110).36 Diese Diskussion verlagerte den Fokus von der Bekämpfung der Folgen von Umweltverschmutzung und -zerstörung hin zu ihren Ursachen und setzte der Vorstellung eines Gegensatzes zwischen Ökologie und Öko34
Zu Inhalt und Bewertung des fünften Umweltaktionsprogramms insbesondere mit Blick auf die Probleme der Implementation vgl. Kramer (1995: 97ff.). Im Vertrag von Maastricht taucht der Begriff „sustainable development“ neben anderen Formulierungen wie etwa „sustainable growth“ oder „sustainable progress“ auf. Zur Vieldeutigkeit der Terminologie innerhalb des Vertrages und ihrer Bedeutung siehe auch Baker et al. (1997: 93). 36 Der Bericht des Club of Rome „Grenzen des Wachstums“ von 1972 und die Ölpreiskrise markierten die Wendepunkte einer Debatte um die Form der zukünftigen Entwicklung. Der in diesem Zusammenhang aufkommenden Forderung nach einer radikalen Abkehr von einer auf stetigem Wachstum basierenden Entwicklungsstrategie („Zero Growth“) steht ein Konzept gegenüber, welches davon ausgeht, wirtschaftliches Wachstum sowie umweltund sozialgerechte Entwicklung vereinen zu können (vgl. Baker et al. 1997: 2). Erste Ansätze dieser Idee, so zum Beispiel der Zusammenhang zwischen Entwicklung und Umweltschutz, finden sich bereits in der Stockholmer Deklaration über die menschliche Umwelt von 1972. Um diesen neuen Ansatz zu bezeichnen, wurde – zuerst durch die International Union for the Conservation of Nature and Natural Resources im Rahmen einer 1980 vorgelegten „World Conservation Strategy“ – der Begriff „Sustainable Development“ eingeführt. In diesem Zusammenhang wurde dieser Terminus allerdings noch in einer eingeschränkten Bedeutung verwendet und bezeichnete in erster Linie eine Strategie der ökologischen Nachhaltigkeit, ohne diese mit ökonomischen oder sozialen Zielen zu verbinden. Diesen Schritt vollzog erst der – besser unter dem Namen Brundtland-Report bekannte – 1987 erschienene Report der World Commission on Environment and Development (WDEC) „Our Common Future“. Durch ihn wurde ein erweitertes Verständnis der nachhaltigen Entwicklung etabliert, das insbesondere auch mit Zielen wie der Bekämpfung der weltweiten Armut und der Überwindung des Wohlstandsgefälles zwischen Nord und Süd verknüpft wurde (vgl. Baker et al. 1997 : 3). Auf die durch den Brundtland-Report vorgeschlagene Definition des „Sustainable Development“ wird häufig rekurriert. Sie lautet: „Development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“ (Brundtland 1987). 35
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nomie das Konzept von Umweltschutz als Bestandteil einer nachhaltigen Entwicklung entgegen (vgl. Baker et al. 1997). Innerhalb der EU stellt das Konzept der nachhaltigen Entwicklung insofern eine Möglichkeit dar, den sich zunehmend verschärfenden Spannungen zwischen ökonomischen Interessen und den Interessen des Umweltschutzes zu begegnen (vgl. ebd.: 92). Nachhaltige Entwicklung wird zum Schlagwort für einen konzeptuellen Wandel in der Umweltpolitik der EU, der eine Abkehr von rein regulativen Maßnahmen bedeutet und der durch seine Annahme einer prinzipiellen Vereinbarkeit von ökonomischem Wachstum und Umweltschutz dazu beitragen könnte, Konfliktpotentiale – etwa innerhalb Kommission zwischen der Generaldirektion Umwelt und den „eher wirtschaftsorientierten“ Generaldirektionen, wie zum Beispiel die Generaldirektion Industrie – abzubauen (Jachtenfuchs 1993: 146). Hierbei kann zum Teil auf bereits vorhandene Konzepte in einigen Politikbereichen zurückgegriffen werden.37 Ausgehend vom fünften Umweltaktionsprogramm machte der Begriff der nachhaltigen Entwicklung eine „steile Karriere“ innerhalb der EU, die zur Übernahme des Konzeptes in alle Politikbereiche der Union und zur Entwicklung der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie führte. Gleichzeitig blieb die genaue Bedeutung des Begriffs „nachhaltige Entwicklung“ erstaunlich unscharf,38 wodurch auch das Verhältnis zwischen dem Konzept der „nachhaltigen Entwicklung“ und dem „Umweltintegrationsprinzip“ schwer zu deuten war und ist – zumal „nachhaltige Entwicklung“ in der konkreten politischen Umsetzung in vielerlei Gestalt auftreten konnte. Trotz dieser Uneindeutigkeit wurde und wird das Umweltintegrationsprinzip oft als ein Instrument im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie interpretiert, und bisweilen werden die Begriffe Umweltintegration und nachhaltige Entwicklung gleichbedeutend verwendet (vgl. Baker et al. 1997: 33; Liberatore 1997). „As far as the operationalization of the concept of sustainable development is concerned, diversity is the order of the day, since the concept can be interpreted in many different ways. [...] Integration can thus be regarded as an attempt to operationalize sustainable development in the sense that it can identify the activities where changes are primarily needed and foster changes that are both environmentally benign and socially equitable in a long-term perspective, taking into account present economic and political constraints“ (ebd.: 110).
Das Umweltintegrationsprinzip als konkretes Instrument zur Umsetzung dieses Ziels innerhalb der EU erscheint somit aus der Perspektive der nachhaltigen Entwicklung als ein Mit-
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So weisen Baker et al. (1997) etwa darauf hin, dass bereits in früheren Umweltaktionsprogrammen der Gemeinschaft durch die Verknüpfung von Umweltschutz und ökonomischem Wachstum im Konzept der „ecological modernization“, also der Vorstellung, dass verbesserter Umweltschutz durch Wachstumspotential – etwa im Bereich von Umwelttechnologien – einen ökonomischen Vorteil biete, versucht worden war, den Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie zu überwinden. Das Konzept der „ecological modernization“ bleibt allerdings im Wesentlichen auf den engeren Bereich der Industriepolitik beschränkt und fügt sich dann in den breiteren Ansatz des fünften Umweltaktionsprogramms ein. 38 Gerade an diesem Punkt macht sich dann auch die Kritik, etwa vieler NGOs aus dem Umweltbereich, an der Strategie der nachhaltigen Entwicklung in der EU fest. Hier stehen Befürchtungen im Vordergrund, dass die weitgefasstere Strategie der nachhaltigen Entwicklung zu einer Aufweichung von Umweltschutzstandards führe und es die inhaltliche Unklarheit des Konzeptes letztendlich den einzelnen Akteuren erlaube, verbindlichen Verpflichtungen für den Umweltschutz zugunsten allgemein gehaltener Absichtserklärungen aus dem Weg zu gehen (vgl. Baker et al. 1997: 5).
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tel, um die ökologische Dimension der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen39 oder gar als unerlässliche Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung (vgl. Wilkinson 1997: 153), und kann insofern als ein Schritt in der „transformation from merely growth oriented development to Sustainable Development“ interpretiert werden (ebd.: 154). Allerdings umfasst die Strategie der nachhaltigen Entwicklung neben dem Umweltschutz auch noch eine soziale und ökonomische Dimension, was dem Konzept nicht nur einen breiteren Blickwinkel auf bestimmte Politikbereiche verschafft, sondern in der konkreten Anwendung dazu führen kann, dass die verschiedenen Prinzipien der Gemeinschaft, welche umweltpolitisch relevante Entscheidungen berühren können, so etwa das Prinzip der Subsidiarität, das Integrationsprinzip und das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung durchaus miteinander konkurrieren können (vgl. Liberatore 1997: 112). Vor diesem Hintergrund verbindet sich mit der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung insbesondere die Befürchtung von Umweltschutzverbänden, dass sie eine Möglichkeit bietet, sich der Verpflichtung zur Integration von Umweltschutzbelangen zu entziehen. Der Übergang zu einer Strategie der nachhaltigen Entwicklung könnte damit eine potentielle Aushöhlung der im Rahmen des „Cardiff-Prozesses“ (vgl. dazu den nachfolgenden Abschnitt) erreichten Fortschritte in der Umweltpolitik der Gemeinschaft nach sich ziehen (vgl. IEEP 2002: 2). Insgesamt weist das fünfte Umweltaktionsprogramm der Einbeziehung von Umweltbelangen in alle Politikbereiche der Kommission eine hohe Priorität zu (vgl. Generaldirektion Umwelt 2002) – und zwar nicht im Sinne des Umweltschutzes an sich, sondern ebenso, um eine effiziente Gestaltung anderer Politikbereiche zu ermöglichen (European Communities 1993: 24). Dabei wurden mit diesem Aktionsprogramm fünf Schlüsselbereiche benannt – Industrie, Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Fremdenverkehr –, die ökologische Folgewirkungen haben und daher eine wichtige Rolle bei der Realisierung einer nachhaltigen Entwicklung in der Gemeinschaft spielen (vgl. ebd.: 28; Görlach et al. 1999: 5). Vor diesem Hintergrund wurden in den genannten Politikbereichen zum Teil umfassende Maßnahmenpakete und Strategien benannt, die beispielsweise einer umweltfreundlichen Industriepolitik neuen Antrieb verleihen sollten.40 Obwohl das fünfte Umweltaktionsprogramm eine wichtige Rolle für die konzeptionelle Neuausrichtung der europäischen Umweltpolitik gespielt hat, werden die konkreten Erfolge des Aktionsprogramms für die Implementation von Umweltbelangen in die anderen Politikbereiche der EU eher negativ beurteilt. Gerade die Umweltschutzverbände kritisieren, dass es dem Programm an Bekanntheit und einem klaren Leitbild fehle, und es innerhalb der Kommission weitgehend als Angelegenheit der Generaldirektion XI angesehen werde. Die interne Überprüfung und Bewertung des fünften Umweltaktionsprogramms durch die Kommission nach einer Laufzeit von drei Jahren stellte zwar Erfolge bei der 39
Für diese Sichtweise spricht auch die Formulierung des Artikel 6 im Amsterdamer Vertrag, in dem es heißt, dass die „Erfordernisse des Umweltschutzes [...] [in die Gemeinschaftspolitiken] insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“ müssen. 40 So sollte etwa der Dialog mit der Industrie verstärkt werden, die Umweltfolgenabschätzung von Plänen und Programmen wie auch das Management und die Kontrolle von Produktionsprozessen verbessert werden etc. Um im Energiebereich – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen – Ergebnisse erzielen zu können, wurde eine mittelfristige Strategie als notwendig erachtet. Schlüsselelemente dieser Strategie waren die Verbesserung der Energieeffizienz und die Entwicklung strategischer technischer Programme, insbesondere hinsichtlich erneuerbarer Energien (vgl. European Commission 1989). Ziel war die Entwicklung und Förderung neuer Energietechnologien auf Grundlage bestehender Programme (THERMIE und JOULE) sowie die Förderung erneuerbarer Energien, wie dies bereits im ALTENER-Programm vorgesehen war und die Durchführung von Energieeffizienzprogrammen PACE und SAVE (vgl. dazu European Communities 1993: 31ff.; Görlach 1999: 7).
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Umsetzung des Integrationsprinzips in allen Politikbereichen fest (wenn auch in unterschiedlichem Maße),41 konstatierte aber auch, dass die Gemeinschaft ihre Bemühungen intensivieren müsse, wenn sie die Ziele des Aktionsprogramms erreichen wolle, und dass „ein neues politisches Engagement, die erforderlichen Maßnahmen auf eine wirksame Weise vorzunehmen, fehlt“. Unter anderem forderte die Kommission die „Entwicklung verbesserter Lösungsansätze für die Einbeziehung von Umweltaspekten in andere Politikbereiche“ (Europäische Kommission 1995b). Analog zu den vorhergehenden Aktionsprogrammen stellt auch im sechsten Umweltaktionsprogramm, das den Zeitraum von 2001-2010 umspannt, die nunmehr in Artikel 6 EGV verankerte Einbeziehung der Umweltbelange einen wesentlichen Bestandteil dar (vgl. Europäische Kommission 2001a: 74). Ziel dieses Programms ist die „vollständige Einbeziehung von Anforderungen des Umweltschutzes in andere politische Maßnahmen der Gemeinschaft“, wobei bei Maßnahmen, die zum Schutze der Umwelt vorgeschlagen werden, die wirtschaftlichen und sozialen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung berücksichtigt werden sollen (vgl. ebd.: 79). Um die Umsetzung der Vertragsbestimmungen über die Einbeziehung des Umweltschutzes zu fördern, sollen spezifische Maßnahmen getroffen werden. Hierzu zählen die Unterstützung der auf dem Gipfel von Cardiff ins Leben gerufenen Initiative zur Einbeziehung von Umweltbelangen in sämtliche Politikbereiche sowie die Sicherstellung, dass die Strategien in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Schließlich benennt das Umweltaktionsprogramm die Weiterentwicklung von Indikatoren zur Überwachung des Fortschritts hinsichtlich der Einbeziehung von Umweltbelangen sowie die regelmäßige Berichterstattung über die erfolgte Weiterentwicklung als wesentliche Schritte zur Umsetzung des Umweltintegrationsprinzips (vgl. ebd.: 16f.; 70f.). Um das sechste Umweltaktionsprogramm umsetzen zu können, betrachtete die Kommission es zudem als erforderlich, alle Betroffenen in sämtliche Phasen der politischen Entscheidungsfindung einzubinden (vgl. ebd.: 6). Durch das Programm soll also gewährleistet werden, dass die Gemeinschaft „eine integrierte Umweltpolitik betreibt, die auf einem umfassenden und breit angelegten Dialog mit den Akteuren, auf der Einbeziehung der Bürger, einer Kosten-Nutzen-Analyse und auf soliden wissenschaftlichen Daten aufbaut, wobei der neueste Stand in Forschung und Technik zugrunde gelegt wird“ (ebd.: 83).
4.3 Das umweltpolitische Integrationsprinzip im sog. „Cardiff-Prozess“ Obwohl das Integrationsprinzip Mitte der 1990er Jahre bereits seit einem Jahrzehnt im europäischen Recht verankert war, durch den Amsterdamer Vertrag in die Grundsätze der Gemeinschaft aufgenommen wurde und die europäische Umweltpolitik im Rahmen des fünften Umweltaktionsprogramms einem grundlegenden Strategiewandel unterzogen worden war, stellte sich die Bilanz der Umsetzung der Umweltintegration zu diesem Zeitpunkt nicht nur positiv dar (vgl. McCormick 1999; Richardson 1997: 55). Eines der Haupthindernisse für die erfolgreiche Implementation der Umweltintegration lag nicht zuletzt beim 41
Am weitesten fortgeschritten sei die Einbeziehung von Umweltaspekten im Industriebereich, am wenigsten im Bereich der Landwirtschaft und des Tourismus. Bis Ende des Jahres 1995 seien – nach rein quantitativen Gesichtspunkten – in den Bereichen, die im Verantwortungsbereich der EU lagen, etwa 70 % der Verpflichtungen des Umweltaktionsprogramms erfüllt worden. Im einzelnen seien Erfolge etwa bei der Verringerung der Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, eine Verbesserung der Oberflächenwasserqualität, ein Abbau der Emissionen von Schwermetallen und Schwefeldioxyd etc. zu verzeichnen.
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Ministerrat. Die „sektorale Zersplitterung“ der europäischen Politik sowie die Tatsache, dass einige Ratsformationen „closed shops“ für Forderungen des Umweltschutzes darstellten, machten eine bessere Umsetzung des Integrationsprinzips schwierig (Kraack et al. 2001). Seit dem Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Luxemburg 1997 war die „umweltpolitische Integrationsaufgabe deshalb Thema auf allen Europäischen Räten“ (Kraemer 2001: 11). So beschäftigte sich der auf die Unterzeichnung des Amsterdamer Vertrages folgende Europäische Rat von Luxemburg im Dezember 1997 mit der Frage, wie die Umsetzung des Integrationsprinzips verbessert werden könnte. Vor diesem Hintergrund beauftragten die Regierungschefs die Kommission, eine Strategie zur Umsetzung der in Artikel 6 des Vertrags von Amsterdam festgelegten Anforderung vorzulegen, den Umweltschutz in alle politischen Maßnahmen und Tätigkeiten der EU einzubeziehen.42 Direktes Ergebnis des Luxemburger Gipfels war eine im Mai 1998 vorliegende Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat, in der eine „Partnerschaft für Integration“ vorgeschlagen wurde. Die von der Kommission vorgeschlagene Strategie stützte sich auf eine Partnerschaft zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission. Sie enthielt Leitlinien, in denen Mechanismen für Folgemaßnahmen beschrieben wurden.43 Für die Kommission ergaben sich aus diesen Leitlinien zwei Anforderungen. Es war zum einen ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass bei allen wichtigen politischen Initiativen Umweltbelange berücksichtigt werden. Zu wichtigen Vorschlägen, die Umweltfolgen nach sich ziehen können, sollten detailliertere Umweltfolgenabschätzungen erstellt werden. Die Kommission sollte ihre Methoden für diese Abschätzungen verfeinern. Zum anderen oblag es der Kommission, „Übersichten über bestehende Strategien [zu] erstellen und auf dieser Grundlage Maßnahmen für die wichtigsten Sektoren vorzubereiten. Hierzu gehört die Festlegung einer politischen Strategie, von Erfolgsindikatoren und [...] von indikativen Überwachungszielen“ (Europäische Kommission 1998a: 7). Darüber hinaus sollten Strategien in Bezug auf andere Politikbereiche festgelegt werden. Als Beispiele wurden neben anderen die Politikbereiche Industrie und Tourismus genannt (vgl. ebd.: 12). Obgleich diese von der Kommission formulierten Leitlinien einer gemeinsamen Strategie „über weite Strecken vage und allgemein“ gehalten waren (Kraemer 2001: 15), griff sie der Europäische Rat von Cardiff im Juni 1998 auf und setzte sie – wenn auch nicht vollständig – in eine Strategie um, die als Cardiff-Prozess bekannt wurde. 44 Lag die Integrationsaufgabe bisher hauptsächlich bei den Generaldirektionen der Kommission, so wurde die Umsetzung des Integrationsprinzips nun zur Aufgabe der einzelnen Fachräte (Ratsformationen) gemacht. Indem nunmehr auch unterschiedliche Zusammensetzungen des Rates aufgefordert wurden, über die Eingliederung von Umweltbelangen in ihre sektoralen Zuständigkeitsbereiche Bericht zu erstatten und Umweltstrategien auszuarbeiten (vgl. Europäische Kommission 1999d: 25) sowie durch die Aufnahme des Umweltintegrationsprinzips in die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Cardiff 1998, wurde der Umsetzung des Integrationsprinzips neuer Antrieb verliehen. Durch den Beschluss des Europäischen Rates von Cardiff wurde ein Prozess in Gang gesetzt, innerhalb dessen verschiedene Ratsformationen eigene Strategien zur Implementation des Integrationsprinzips in ihren Tätigkeitsbereichen vorlegen sollten (vgl. Kraemer 2001: 4). Die 42
Vgl. EU-Bulletin 5-1998, Ziff. 1.2.146. Vgl. Gesamtbericht der EU 1998, Ziff. 484. 44 Zur Beurteilung des Cardiff-Prozesses siehe Buck 1999; IEEP 2001; Kraack 2001. 43
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Fachräte wurden aufgefordert, die von der Kommission vorgeschlagenen Leitlinien hierbei zu berücksichtigen und Indikatoren zu ermitteln. Die Fachräte Verkehr, Energie und Landwirtschaft sollten „mit ihrer Strategieentwicklung“ beginnen (ebd.), wobei die einzelnen Ratsformationen gebeten wurden, die Arbeiten an der Entwicklung von Integrationsstrategien zum Abschluss zu bringen und dem Europäischen Rat in Göteborg umfassende Strategien vorzulegen (vgl. ebd.; Görlach et al. 1999: 6). Die Kommission wurde vom Europäischen Rat ersucht, „ihre zur Durchführung dieser Politik erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen ständig zu überprüfen“.45 Die Staats- und Regierungschefs waren in Cardiff übereingekommen, dass „alle wichtigen Kommissionsvorschläge mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung einhergehen“ sollten. Das bisherige System der Vergabe von „Grünen Sternen“ bezeichnete der Europäische Rat als unzureichend (vgl. Europäische Kommission 1999a). Rat und Kommission wurden ersucht, „sich stärker auf die Einbeziehung der Umweltbelange zu konzentrieren und Indikatoren zu ermitteln, die zur Überwachung des Prozesses beitragen können“ (ebd.: 3; vgl. Görlach et al. 1999: 6f.). Der gesamte Cardiff-Prozess, ursprünglich als „reiner Ratsprozess“ (Kraemer 2001: 17) angelegt, wurde von der Kommission begleitet. Fast alle Generaldirektionen, die in diesen Prozess eingebunden waren, erarbeiteten Mitteilungen in ihren Zuständigkeitsbereichen. Die Ausnahmen waren die Generaldirektionen für Industrie und Handel, deren „Mitteilungsentwürfe soweit hinter den Erwartungen zurückblieben, dass eine Abstimmung innerhalb der Kommission nicht möglich war, sowie die Generaldirektionen, die für den Rat für Allgemeine Angelegenheiten arbeiten“ (ebd.). Die ersten Berichte der Fachräte wurden in Wien im Dezember 1998 durch den Europäischen Rat angenommen. Die Regierungschefs verpflichteten sich erneut dazu, Fragen der Umwelt und einer nachhaltigen Entwicklung in alle politischen Maßnahmen einzubeziehen. Die Ratsformationen wurden beauftragt, ihre Arbeit fortzusetzen und zu Strategien zur Umsetzung des Integrationsprinzips auszubauen. Zudem wurden mit den Räten für Binnenmarkt, Industrie und Entwicklung auf dem Wiener Gipfel sowie den Fachräten für Allgemeine Angelegenheiten, Wirtschaft und Finanzen und Fischerei auf dem Gipfel in Köln im Juni 1999 weitere Ratsformationen in den Prozess einbezogen. In Köln wurde auch beschlossen, neben den Berichten der Fachräte, die Kommission zu beauftragen, den Prozess der Implementation des Integrationsprinzips mit mehreren Berichten bis zum Gipfel von Helsinki im Dezember 1999 zu begleiten.46 Zu diesem Treffen präsentierten die drei Ratsformationen Transport, Energie und Industrie dem Rat ihre endgültigen Strategien, während zwei weitere Ratsformationen über Fortschritte in der Entwicklung ihrer Strategien berichteten. Insgesamt umfasste der Cardiff-Prozess neun Politikbereiche: Transport, Energie, Landwirtschaft, Industrie, Binnenmarkt, Entwicklung, Wirtschaft und Finanzen, Fischerei und Allgemeine Angelegenheiten. Die Kommission legte in ihrem Bericht „Von Cardiff nach Helsinki und darüber hinaus“ (Europäische Kommission 1999b), mit dem sie auf die Anforderungen des Rates von Köln reagierte, eine erste Bewertung der Strategien vor und schlug gleichzeitig eine Reihe von kurz- bis mittelfristigen Maßnahmen für die Weiterentwicklung der Strategien in einzelnen Politikbereichen vor. In Helsinki wurde beschlossen, dass die Erarbeitung der Stra45
EU-Bulletin 6-1998, Ziff. I.11.32; vgl. Gesamtbericht der EU 1998, Ziff. 484. Direktes Ergebnis sind die Arbeitspapiere „Von Cardiff bis Helsinki und darüber hinaus“ (Europäische Kommission 1999b) sowie der „Umweltbericht für den Gipfel von Helsinki – Indikatoren für die Einbeziehung der Umweltbelange“ (Europäische Kommission 1999h).
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tegien bis zum Gipfel in Göteborg im Juni 2001 abgeschlossen sein sollte. Zudem wurde die Kommission mit der Ausarbeitung einer Strategie zur nachhaltigen Entwicklung beauftragt, die ebenfalls auf dem Gipfel in Göteborg angenommen wurde.47 Diese Strategie sowie die Vorgaben des sechsten Umweltaktionsprogramms ergänzten den Cardiff-Prozess insofern, als die Ratsformationen durch die Staats- und Regierungschefs angehalten wurden, sowohl die mittelfristigen Zielvorgaben des Umweltaktionsprogramms als auch die langfristigen der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung in ihren Integrationsstrategien zu berücksichtigen. Als Vorbereitung auf den Gipfel von Göteborg im Juni 2001 legte der Vorsitz des Rates im Mai 2001 einen Bericht über die Fortschritte bei der Einbeziehung der Umweltbelange in die Sektorpolitiken der EU vor. Mit diesem Papier sollte ein Beitrag zum Gipfel von Göteborg geleistet werden. Der Kommission wurde eine „wichtige Rolle“ beigemessen, um diesen Prozess „auf Sektorebene voranzubringen, indem sie den einzelnen Fachräten Vorschläge unterbreitet“ (Europäischer Rat 2001: 6). Die Kommission wurde darum ersucht, jährliche Fortschrittsberichte vorzulegen. Mit ihrer Mitteilung „Nachhaltige Entwicklung in Europa für eine bessere Welt: Strategie der Europäischen Union für die Nachhaltige Entwicklung“ kam die Kommission im Mai 2001 der Aufforderung des Europäischen Rates nach, eine Strategie für nachhaltige Entwicklung zu entwerfen. Hierbei stützte sie sich auf ein Konsultationspapier ihrer Dienststellen. Aus diesem Papier ging hervor, dass der in Cardiff eingeleitete Integrationsprozess fortgesetzt werden und zur Umweltkomponente der Strategie der EU für eine nachhaltige Entwicklung beitragen sollte (vgl. Europäische Kommission 2001i). Basierend auf dieser Kommissionsstrategie legte der Europäische Rat in Göteborg die Strategie für nachhaltige Entwicklung fest (vgl. Europäische Kommission 2003).48 In den Schlussfolgerungen des Gipfels von Göteborg wurde der Rat ersucht, den Integrationsprozess fortzuführen (Europäisches Parlament 2001). Die Kommission sollte eine „neue integrierte Methode der Folgenabschätzung“ festlegen (Europäische Kommission 2002b: 2). Bemerkenswert am Cardiff-Prozess ist, dass er, obwohl ursprünglich als reiner Ratsprozess angelegt, zu einem auch die anderen Institutionen der EU erfassenden Prozess geworden ist. Durch die enge Einbindung der Kommission in die Ausarbeitung und Bewertung der Integrationsstrategien ist der Cardiff-Prozess beschleunigt worden. Fast alle betroffenen Generaldirektionen der Kommission erarbeiteten Mitteilungen in ihren Zuständigkeitsbereichen. Die Ausnahmen waren die Generaldirektionen für Industrie und Handel sowie die Generaldirektionen, die für den Rat für Allgemeine Angelegenheiten arbeiten (vgl. Kraemer 2001: 50). Aus dem Cardiff-Prozess sind eine Reihe von Policy-Vorschlägen sowie kommissionsinterne Maßnahmen zur Verbesserung der umweltpolitischen Integration in allen beteiligten Politikfeldern hervorgegangen, so dass man durchaus von einem Erfolg für die europäische Umweltpolitik sprechen kann. Es wird auf die „zukunftsweisende[n] Elemente“ hingewiesen, die der Prozess beinhalte (Kraack et al. 1998: 13). „Cardiff hat […] den Integrationsprozess signifikant aufgewertet und vorangebracht“ (Görlach et al. 1999: 8). Trotzdem dominiert gerade auf Seiten der Umweltschutzverbände Kritik:
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Diese Strategie beinhaltet, dass ab 2003 alle Politikvorschläge in den einzelnen Politikbereichen der EU anhand ihrer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen beurteilt werden müssen (vgl. IEEP 2001). 48 Vgl. Gesamtbericht der EU 2001, allgemeiner Überblick.
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„[…] progress had been slower than expected; […] several of the strategies were weak; most lacked adequate targets or indicators; and the involvement of stakeholders had been extremely limited.” (IEEP 2001: 1).
Anlass zu Kritik gab, dass der Prozess im Wesentlichen innerhalb der Kommission und der Fachräte unter Ausschluss externer Interessengruppen und Fachleute stattfand (IEEP 2001). Hinzu kam die Eigenverantwortlichkeit und mangelnde Überwachung der einzelnen Ratsformationen bei der Ausarbeitung der Integrationsstrategien sowie nicht zuletzt die Unklarheit darüber, was genau Ziel und Inhalt der postulierten Nachhaltigkeitspolitik sei (vgl. Görlach et al. 1999; Hontelez/Hey 1999).
4.4 Interne Maßnahmen zur Befolgung des Integrationsprinzips Wie die vorhergehenden Ausführungen bereits angedeutet haben, kommt der Kommission hinsichtlich des Integrationsprinzips eine besondere Bedeutung zu. Da das Integrationsprinzip bereits auf der „Ebene der Festlegung von Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen zu beachten ist, gilt dies schon bei der Ausübung des Vorschlagsrechts durch die Kommission“ (Niestedt: 1999: 20). Um das Ziel der Umweltintegration innerhalb ihres Organisationsbereiches realisieren zu können, hatte die Kommission deshalb bereits 1993 einige interne Maßnahmen beschlossen, die im Zuge der Verabschiedung des Amsterdamer Vertrages intensiviert werden sollten (ebd.: 20f.). 1993 verabschiedete die Kommission eine interne Mitteilung über Mechanismen, welche die Integration von Umweltbelangen in die Definition und Durchführung von „policies, legislative acts and funding“ sicherstellen sollten (European Commission 1997, 1f.).49 Die Kommission betonte dabei die Notwendigkeit, die Umweltfolgen von neuen Politikvorschlägen frühzeitig einzuschätzen und dies bei der Entwicklung und Durchführung von Rechtsvorschlägen zu berücksichtigen. Zugleich sollte sichergestellt werden, dass hiermit keine unnötigen administrativen Belastungen verbunden seien (vgl. European Commission 1997). Zu den von der Kommission vorgesehenen Maßnahmen gehörte es, eine UmweltEvaluation aller Aktivitäten der Kommission zu einem frühen Zeitpunkt vorzunehmen. War ein signifikanter Einfluss auf die Umwelt abzusehen, sollte eine „strategische Bewertung“ des Umwelteinflusses vorgenommen werden (vgl. ebd.: 8). Des Weiteren galt es, in neuen Rechtsvorschlägen der Kommission die Umweltfolgen darzustellen und Umweltkosten und -nutzen aufzuzeigen. Darüber hinaus sollte jede Generaldirektion anhand der Vergabe von „Grünen Sternen“ kennzeichnen, welche ihrer Rechtsvorschläge Folgen für die Umwelt haben könnten und ihre eigene „Umwelt-Leistung“ evaluieren. Auf dieser Grundlage wollte die Kommission den Fortschritt der Integration jährlich bemessen. Die Generaldirektionen sollten ferner sog. Umweltkorrespondenten nominieren, die für eine Berücksichtigung des Umweltintegrationsprinzips und des Konzeptes der nachhaltigen Entwicklung in den Politikvorschlägen der Kommission verantwortlich sein sollten. In der Generaldirektion XI (Umwelt) sollte ein Referat eingerichtet werden, dessen Aufgabe in der Koordination und Überwachung der Durchführung des fünften Umweltaktionsprogramms bestand. Integrationsfortschritte sollten im Gesamtbericht der Kommission dargelegt werden. Jeder Politik49
Siehe unter: >http://europa.eu.int/comm/environment/integration/integration_history.htm<, Stand: 31.07.2008.
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bereich sollte darstellen, auf welche Weise er Umweltaspekte integriert hatte. Schließlich wurden die Generaldirektionen IX (Personal und Verwaltung) und XI ersucht, einen Verhaltenskodex für die eigenen Tätigkeiten der Dienststellen zu entwickeln, beispielsweise in Bezug auf Energiesparmaßnahmen, Beschaffungspolitik und Abfallvermeidung (vgl. European Commission 1997; Niestedt 1999: 21). Im Kontext der Verabschiedung des Amsterdamer Vertrages überprüfte die Kommission ihre internen Maßnahmen zur Integration von Umweltbelangen in ihrem Organisationsbereich (European Commission 1997) und kritisierte, dass die Maßnahmen, um Umweltbelange in die Sektorpolitiken zu integrieren, bis dahin von den Dienststellen „in operational terms“ nicht vollständig internalisiert worden seien. Dies wurde damit erklärt, dass es an Anreizen fehle, Umweltaspekte in neue Politikvorschläge zu integrieren (vgl. ebd.: 1). Zudem mangele es an einem notwendigen „change of attitude and culture“ innerhalb der Kommission, der erst verwurzelt sein müsse, um einen erfolgreichen Integrationsprozess zu erzielen (ebd.: 10). Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse formulierte die Kommission neue Maßnahmen.50 So wurde erstens vorgeschlagen, dass sich die Kommission der Umweltintegration in ihren Vorschlägen erneut verpflichten solle. Schließlich handele es sich hierbei um „a key element leading to sustainable development“. Zweitens wurde empfohlen, dass die Kommission bestehende Maßnahmen verstärke und neue einführe, um die Integration von Umwelterfordernissen stärker zu befördern. Die Kommission hielt daran fest, dass jede Dienststelle in ihrem Bereich für den Integrationsprozess verantwortlich sei und sich diesbezüglich anderen Dienststellen gegenüber kooperativ zu verhalten habe (ebd.). Da zudem die ursprünglich vorgesehene frühzeitige Umweltfolgenabschätzung die Ausnahme war, wurde zudem vorgeschlagen, dass zukünftig alle Politikvorschläge von den Generaldirektionen in einem frühen Entwicklungsstadium dahingehend zu bewerten seien, ob und inwiefern diese Folgen für die Umwelt hätten, wobei die hierfür bereits in den Politikbereichen bestehenden Methodiken anzuwenden seien (ebd.). Von jeder Generaldirektion wurden drittens Strategiepläne über Umwelt und nachhaltige Entwicklung eingefordert, um aufzeigen zu können, in welchen Bereichen und auf welche Weise die Generaldirektion zukünftig in ihrer Politikgestaltung die Umweltintegration erreichen wollte (ebd.: 5). Die Kommission sollte dabei die Integrationsfortschritte jährlich auf der Grundlage von Informationen über die Entwicklung in den einzelnen Politikbereichen bewerten und die im Gesamtbericht dargelegten Informationen über die Einbeziehung von Umweltbelangen verbessern (ebd.: 4). Unter der Leitung der Generaldirektion Umwelt sollte eine unabhängige Evaluation durchgeführt werden. Zu weiteren Maßnahmen zählte schließlich der „Grüne Stern“. In diesem Zusammenhang sollte die Auswahl der Vorschläge, die durch die zuständige Generaldirektion in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Umwelt und dem Generalsekretariat vorgenommen würde, „energischer“ als in der Vergangenheit betrieben werden. Dem Generalsekretariat oblag dabei die Aufgabe, sicherzustellen, dass diese Vorschläge, wenn sie der Kommission zur Entscheidung vorgelegt würden, eine detaillierte Umweltfolgenabschätzung enthalten sollten (ebd.: 5). Des Weiteren beabsichtigte die Kommission, verstärkt darauf hin zu wirken, dass jede Generaldirektion einen Umweltkorrespondenten nominiere. Auf Ersuchen des Europäischen Parlaments wollte die Kommission viertens die Umweltfolgen des „community funding“ analysieren, unter anderem in den Bereichen Energie 50
Siehe unter: >http://europa.eu.int/comm/environment/integration/integration_history.htm<, Stand: 31.07.2008.
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und Verkehr, und auf der Ebene der Dienststellen sicherstellen, dass die notwendigen Strukturen vorhanden sind, um die Ziele des „greening the budget“ zu erreichen. Schließlich plante die Kommission ihr Bemühen zu befördern, die höchsten Umweltstandards in ihrer internen Verwaltung anzuwenden wie auch Schulungsprogramme für Kommissionsbeamte über die Umweltintegration zu entwickeln (ebd.: 6).
4.5 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in der wissenschaftlichen Diskussion Das umweltpolitische Integrationsprinzip wird zumeist im Kontext der Auseinandersetzung mit der europäischen Umweltgesetzgebung behandelt. Nur wenige Arbeiten nehmen indes spezifische Probleme der Integration von Umweltbelangen – wie etwa Implementationsprobleme in bestimmten Politikbereichen oder die Entwicklung kommissionsinterner Maßnahmen – in den Blick (vgl. hierzu jedoch die ausführlichen Ausführungen von McCormicks 1999; auch Jachtenfuchs et al. 1993). Intensivere Diskussionen zur Integration von Umweltbelangen innerhalb der Gemeinschaft blieben lange Zeit auf einen kleinen Kreis von an europäischer Umweltpolitik interessierten Experten beschränkt. Diese kamen in der Regel aus den großen europäischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus dem Umweltbereich, wie dem European Environmental Bureau (EEB), Ecologic oder dem Institute for European Environmental Policy (IEEP) sowie aus der Europäischen Kommission selbst. Entsprechende Diskussionen entfalteten sich wiederum hauptsächlich im Kontext von Strategiepapieren, Berichten, PolicyPapieren und ähnlichem, welche oft durch die Kommission oder eine der NGOs in Auftrag gegeben wurden (vgl. Wilkinson/Mullard 1994). Im Zuge der Bewertung des CardiffProzesses durch die Umweltverbände oder im Auftrag der Umweltministerien einzelner Mitgliedstaaten entstanden so zum Beispiel eine Reihe konstruktiver Beiträge, die sowohl die Umsetzungsstrategien als auch den Stand der Implementierung in den einzelnen Politikbereichen – insbesondere in der Kommission – in den Blick nahmen (vgl. Buitenkamp 1999; Hontelez/Hey 1999; Schepelmann 2000). Daneben wird das Integrationsprinzip auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur diskutiert. Sowohl im Rahmen der Kommentierung der Europäischen Verträge, als auch in einzelnen Arbeiten, die sich direkt mit der Querschnittsklausel beschäftigen (vgl. Niestedt 1999; Zils 1994). Seit Mitte der 1990er Jahre rückt das Thema Integration von Umweltbelangen in zunehmendem Maße auch in den Fokus der politikwissenschaftlich orientierten Forschung zur EU. In einer Reihe von Arbeiten wird die Umsetzung des Integrationsprinzips sowohl im Rahmen einer auf einzelne Politikfelder beschränkten, als auch in einer politikfeldübergreifenden Perspektive behandelt. Herausragend ist in diesem Zusammenhang die im Jahre 2001 erschienene Arbeit „Umweltintegration in der Europäischen Union: Das umweltpolitische Profil der EU im Politikfeldvergleich“ von Michael Kraack et al. (2001). Die Autoren gehen der Frage nach, „inwieweit die EU ihr Ziel, Umweltaspekte in anderen Politikfeldern zu integrieren, in der politischen Praxis umsetzt“ (ebd.: 12). Dies wird anhand von sechs Politikfeldern untersucht, wobei sich die Arbeit methodisch an dem sog. „AdvocacyCoalition-Ansatz“ von Sabatier orientiert. Die Art und Weise, in der das Integrationsprinzip innerhalb der Kommission implementiert wird, bleibt dabei allerdings weitestgehend unberücksichtigt.
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Weitere Arbeiten zur umweltpolitischen Integration, die eine breitere, mehrere Politikfelder umspannende Perspektive einnehmen, sind von Lenschow (1997), Kraack, Pehle, Zimmermann-Steinhart (1998) sowie von Buck, Kraemer, Wilkinson (1999) verfasst worden.
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5 Die Implementation des umweltpolitischen Integrationsprinzips in ausgewählten Generaldirektionen
Nachdem im Vorfeld der theoretisch-konzeptionelle Rahmen für die empirische Untersuchung abgesteckt wurde, geht es nachfolgend um die konkrete Umsetzungspraxis des umweltpolitischen Integrationsprinzips. D. h., es wird zum einen aufgezeigt, wie das Integrationsprinzip in den Bereichen der Unternehmens- und Tourismuspolitik sowie der Energieund Verkehrspolitik bzw. in den entsprechenden Generaldirektionen seit seiner rechtlichen Verankerung im Rahmen der EEA von 1986 implementiert wurde. Diese Darstellung erfolgt getrennt für die jeweiligen Politikbereiche, weil sie sich – obgleich die Bereiche Energie und Verkehr einerseits und Unternehmen und Tourismus andererseits mittlerweile unter dem Dach jeweils einer Generaldirektion zusammengefasst sind – deutlich in der Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips unterscheiden. Zum anderen wird erläutert, auf welche Art und Weise die Generaldirektion XI bzw. die Generaldirektion Umwelt diese Entwicklung in den oben genannten Politikfeldern beeinflusst hat. Die Darstellung der Umsetzungspraxis in den Generaldirektionen erfolgt gleichsam in Form von Profilen, die für die jeweiligen Generaldirektionen und Politikfelder erstellt werden. Ausgehend von einer kurzen Beschreibung der historischen Einbettung und Entwicklung der jeweiligen Generaldirektion bzw. der entsprechenden Politikfelder innerhalb der Europäischen Kommission wird dargelegt, welche strukturellen, inhaltlichen und prozeduralen Veränderungen sich in den Generaldirektionen im Zuge der Umsetzung des Umweltintegrationsprinzips im zeitlichen Verlauf ergeben haben. Dies erfolgt mit der Zielsetzung, die jeweilige „espoused theory“ und insbesondere die „theory-in-use“ offen zu legen. Wie eingangs dargelegt, stellt die „espoused theory“ die offizielle Handlungstheorie einer (Sub)organisation dar. Da sich die „espoused theory“ vor allem in offiziellen Dokumenten und Stellungnahmen (beispielsweise Prinzipien, Leitlinien und Absichtserklärungen), Organigrammen, Tätigkeitsbeschreibungen sowie in Strategiepapieren oder organisationalen Strukturen widerspiegelt, galt das Augenmerk der Untersuchung vor allem jenen „Wissenspeichern“, um die jeweiligen „espoused theories“ rekonstruieren zu können. Die „theory-in-use“ hingegen bezeichnet die Handlungstheorie, die „tatsächlich in Gebrauch“ ist (Meier 2002: 72). Hierbei handelt es sich also um die „täglichen Arbeitshypothesen, die zumeist verhaltensbestimmend sind“ (Pawlowsky 1992: 202), auch wenn sie den Organisationsmitgliedern häufig nicht bewusst sind. Die „theory-in-use“ spiegelt sich in den handlungsleitenden Annahmen, Praktiken, Werten und Normen einer Suborganisation wider und lässt sich anhand der GD-spezifischen, im Rahmen der empirischen Untersuchung erhobenen Verhaltens-, Kommunikations- und Argumentationsmuster der Generaldirektionen erkennen.
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5.1 Generaldirektion Unternehmen Beginnend mit der Generaldirektion Unternehmen wird zunächst die Unternehmenspolitik und daraufhin die Tourismuspolitik vorgestellt. Analytisch werden beide Politikbereiche analog bearbeitet. In einem ersten Schritt wird die historische Verankerung der Unternehmens- bzw. der Tourismuspolitik erläutert. Im zweiten Schritt werden sodann die strukturellen Verankerungen umweltpolitischer Belange in der Unternehmenspolitik beschrieben. Abschließend werden Veränderungen in der Unternehmens- bzw. in der Tourismuspolitik analysiert, die im Kontext des umweltpolitischen Integrationsprinzips stehen und in drei Phasen unterschieden werden können.
5.1.1 Die historische Verankerung der Unternehmenspolitik in der Europäischen Kommission Die Unternehmenspolitik wurde in der Europäischen Kommission bis zur Kommissionsreform 2000 durch die Generaldirektion XXIII (Unternehmenspolitik, Handel, Tourismus und Sozialwirtschaft) und die Generaldirektion III (Industrie) und seit dem Jahr 2000 durch die Generaldirektion Unternehmen vertreten.51 Die Generaldirektion III wurde 1967 gegründet und gehörte zu den ersten Dienststellen der Europäischen Kommission (vgl. Simons 1997: 222). Von 1986 bis 1992 wurde sie als Generaldirektion für „Binnenmarkt und gewerbliche Wirtschaft“ geführt. Sie bestand während dieser Zeit aus sechs Direktionen, die sich insbesondere mit der Industrie- und Unternehmenspolitik im Rahmen des Binnenmarktes und der gewerblichen Wirtschaft befassten.52 Nach Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags fand 1993 eine Umstrukturierung der Generaldirektion III und in diesem Zuge eine Umbenennung in die Generaldirektion „Industrie“ statt. In diesem Zusammenhang wurden – obschon einige Referate mit ihren Bezeichnungen erhalten blieben – fortan industrie- und unternehmenspolitische Aspekte in den Bezeichnungen der Direktionen und Referate der Generaldirektion III hervorgehoben, während Aspekte des Binnenmarktes als Folge des Vertrags von Maastricht aus den Direktions- und Referatstiteln verschwanden. Die Generaldirektion XXIII gehört dagegen zu den jüngeren Generaldirektionen der Europäischen Kommission. Sie wurde 1989 unter dem Titel „Unternehmenspolitik, Handel, Tourismus und Sozialwirtschaft“ gegründet. Dieser Generaldirektion ging in den Jahren von 1986 bis 1988 eine Task Force in der Generaldirektion III voraus, die zuerst den Titel „Klein- und Mittelbetriebe“ trug und später (1988) in „Kleine und mittlere Unternehmen“ umbenannt wurde. Die Generaldirektion XXIII bestand anfangs aus einer Direktion, später aus zwei (1990-1996), drei (1997-1998) und 1999 aus vier Direktionen. Die Direktionen konzentrierten sich zunächst auf die Förderung des unternehmerischen Umfeldes und die Verbesserung der Marktzugangschancen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). 51
Siehe vergleichend die Organisationspläne und die interinstitutionellen Verzeichnisse der EG (1986 bis 1993) bzw. der EU (1994 bis 2003). Die Generaldirektion XIII wurde im Kontext der vorliegenden Arbeit nicht näher behandelt, weil unternehmenspolitische Aspekte in dieser Generaldirektion eher peripher im Rahmen der Innovationspolitik behandelt wurden. 52 Die Begriffe Industrie- und Unternehmenspolitik werden in der Europäischen Kommission quasi synonym und ohne inhaltliche Differenzierung verwendet (vgl. Europäische Kommission 2002o: 3). Seit 2004 bezeichnet sich die Generaldirektion entsprechend als Generaldirektion für Unternehmen und Industrie.
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Seit 1997 wurden in der Generaldirektion einzelne ökonomische Bereiche53 – wie beispielsweise die Tourismuspolitik, das Handwerk, der Handel, der Vertrieb und die Sozialwirtschaft durch zusätzliche Referate oder Direktionen – strukturell gestärkt. Sowohl die Task Force als auch die Generaldirektion XXIII beschäftigten sich vorrangig mit unternehmerischen Aspekten kleiner und mittlerer Betriebe. Durch die Zusammenlegung der genannten Generaldirektion III (Industrie), der Generaldirektion XXIII (Unternehmenspolitik, Handel, Tourismus und Sozialwirtschaft) und der Direktion Innovation der Generaldirektion XIII (Telekommunikation; Märkte, Technologien – Innovation und Nutzung der Forschungsergebnisse) entstand am 1. Januar 2002 im Zuge der Kommissionsreform unter Kommissionspräsident Romano Prodi die Generaldirektion Unternehmen.54 Die drei Generaldirektionen wurden zu einer Dienststelle zusammengeschlossen, weil angenommen wurde, sie seien „too duplicative and not sufficiently focused in their responsibilities“ (Nugent 2002: 145). Zudem lag dieser Umstrukturierung die Idee zugrunde, Politikfelder zusammenzufassen, die Unternehmen betreffen. Zunächst umfasste die Generaldirektion Unternehmen acht Direktionen mit jeweils vier bis fünf – insgesamt 39 – Referaten, gegenwärtig (Juli 2008) sind es 10 Direktionen mit insgesamt 45 Referaten zu unterschiedlichen, politikfeldspezifischen Themen. Damit gehört die Generaldirektion Unternehmen zu einer der größten Generaldirektionen der Europäischen Kommission.55 Die interne Funktionsweise der Generaldirektion Unternehmen ist durch einen französischen Verwaltungsstil geprägt, der wesentlich durch die nationale Herkunft des Generaldirektors bestimmt wird. Der französische Verwaltungsstil ist durch eine eher hierarchische Strukturierung der sich innerhalb der Generaldirektion vollziehenden Kommunikationsund Kooperationsprozesse gekennzeichnet. Diese verlaufen nach festen Regeln und formalisierten Verfahren, wobei neben den formalisierten Kommunikationsbeziehungen informelle Arbeitsbeziehungen primär auf der Ebene der Referenten existieren.56 Die Generaldirektion Unternehmen verfolgt das Ziel, „zu einem Umfeld beizutragen, in dem sich Unternehmen erfolgreich entwickeln“ (Generaldirektion Unternehmen 2002a: 1) können, um dadurch die Entstehung von Arbeitsplätzen zu forcieren und zur Förderung 53
Damit sind Politikfelder der Unternehmenspolitik angesprochen, die sich auf bestimmte Sektoren – wie Tourismus, Handel, Handwerk etc. – beziehen. 54 Die Direktion für Innovation wurde in der Generaldirektion Unternehmen angesiedelt, weil sie in den Zuständigkeitsbereich von Unternehmen fällt. Die Generaldirektion XIII bestand aus sieben Direktionen, die sich mit Aspekten der Informationsgesellschaft, der Telekommunikation und Innovationen beschäftigt hat. Die Direktion Innovation ist seit der Zusammenlegung der Dienststellen in der Generaldirektion Unternehmen angesiedelt, während die übrigen Direktorate der Generaldirektion unter gleichen oder ähnlichen Bezeichnungen in der Generaldirektion Informationsgesellschaft weiter geführt wurden. 55 In der Generaldirektion Unternehmen hat im Dezember 2001 eine interne Restrukturierung statt gefunden, „ensuring increased efficiency and proper implementation of the concrete reform measures decided by the Commission at the end of 2001.“ (Enterprise Directorate-General 2002a: 12). In diesem Zusammenhang hat sich in der Generaldirektion Unternehmen eine Kommunikationsstrategie etabliert, mit Hilfe derer die Generaldirektion ihre Aktivitäten intern und extern besser kommuniziert – beispielsweise in Zeitungen, auf Webseiten, durch online Beratungen etc. (vgl. ebd.: 12). Auf diese Weise sollen die Maßnahmen, Initiativen und Erfolge der Generaldirektionen betont und ihre Sichtbarkeit erhöht werden (ebd.: 12). 56 So ist in einer durch einen „französischen“ Verwaltungsstil dominierten Organisation die Kommunikation auf den höheren Organisationsebenen durch schriftliche Mitteilungen gekennzeichnet, während in anderen – angelsächsisch geprägten – Generaldirektionen vermehrt informell, beispielsweise durch E-Mails kommuniziert wird. Nicht zuletzt wird durch den Verwaltungsstil angedeutet, welche Sprache in der Generaldirektion vornehmlich gesprochen wird (Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, der Generaldirektion Energie und Verkehr und der Generaldirektion Umwelt, 2002).
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des Wohlstandes beizutragen (Europäische Kommission 2002c: 17). Die Aufgaben der Generaldirektion sind demzufolge, die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen im internationalen Kontext durch die Stärkung des Unternehmergeistes, die Förderung von Innovationen sowie durch den verbesserten Zugang zu geeigneten Märkten zu erreichen (Generaldirektion Unternehmen 2002a: 1; Enterprise Directorate-General 2002a: 7ff.).57 Diese allgemeine Aufgabe der Generaldirektion Unternehmen lässt sich in drei Bereiche unterteilen: Die Sicherstellung des Marktzugangs, insbesondere im Rahmen des Binnenmarktes für Güter und Dienstleistungen im erweiterten Europa (vgl. Generaldirektion Unternehmen 2002a: 2ff.); die Förderung von Innovationen und Unternehmergeist mit dem Ziel bis zum Jahr 2010 „die wettbewerbsfähigste und dynamischste wissensgestützte Wirtschaft der Welt“ (Europäische Kommission 2002h: 2; 2002i; Generaldirektion Unternehmen 2002a: 10ff.) zu werden; und die Gestaltung der ökonomischen Säule der nachhaltigen Entwicklung (Generaldirektion Unternehmen 2002c: 17ff.). Mit Blick auf die nachhaltige Entwicklung ist es die Aufgabe der Generaldirektion Unternehmen sicherzustellen, „dass wirtschaftlichen Überlegungen, und insbesondere den Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, in den übrigen Politiken in angemessener Weise Rechnung getragen wird“ (ebd.: 17).
5.1.2 Strukturelle Verankerung umweltpolitischer Belange in der Unternehmenspolitik Trotz des seit 1986 in der EEA verankerten umweltpolitischen Integrationsprinzips und der damit verbundenen Anforderung, Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Formulierung und Durchführung von Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen zu berücksichtigen, wurden weder in der Generaldirektion III noch in Generaldirektion XXIII strukturelle Maßnahmen ergriffen, um dieser Anforderung durch Errichtung von – für umweltpolitische Aspekte zuständigen – Stellen innerhalb der Generaldirektionen Rechnung zu tragen.58 Erst 1993 – mit dem Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags, der damit verbundenen rechtlichen Verstärkung des Integrationsprinzips sowie dem fünften Umweltaktionsprogramm und den darin festgeschriebenen Anforderungen für die Industrie- und Unternehmenspolitik59 – wurde in der Generaldirektion III ein Referat eingerichtet, das sich mit „Umweltauflagen und den damit verbundenen Problemen“ befasste.60 Anfangs handelte es sich um ein eher kleines Referat der Generaldirektion III mit wenigen Beamten. In den nachfolgenden Jahren wurde das Referat vor dem Hintergrund der gewachsenen Bedeutung umweltpolitischer Belange strukturell und personell verstärkt. Parallel dazu wurden, als Reaktion auf die Forderung der Europäischen Kommission, in den sektorspezifischen Referaten der Generaldi57
Da kleine Unternehmen von Wettbewerbshindernissen in besonders starkem Maße betroffen sind, orientiert sich die Arbeit der Generaldirektion Unternehmen vor allem an den Bedürfnissen kleinerer Unternehmen (vgl. Generaldirektion Unternehmen 2002a). 58 Siehe vergleichend in den Organisationsplänen und den interinstitutionellen Verzeichnissen der EG bzw. der EU der Jahre 1986 bis 2003. 59 Hiermit ist die allgemeine Anforderung, eine Verbesserung der Umweltqualität und wirtschaftliches Wachstum aneinander zu koppeln, ebenso angesprochen wie konkrete Forderungen zur Minderung des Abfallaufkommens, zur Reduktion der CO2-Emissionen und zur Etablierung von Umweltzeichen (Europäische Gemeinschaft 1993). 60 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002.
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rektion III Umweltkorrespondenten bestimmt. Allerdings wurden dazu keine Neueinstellungen vorgenommen, sondern die Aufgabenbereiche bestimmter Referenten in den Referaten um umweltpolitische Aspekte erweitert.61 Der Titel des für umweltpolitische Aspekte zuständigen Referats änderte in den nachfolgenden Jahren mehrfach. Seit 1995 trug das Referat die Bezeichnung „Umweltpolitische Aspekte und ihre Auswirkungen auf die Industrie“ und änderte diese 1997 zu „Wirkung umweltpolitischer Aspekte auf die Industrie“. 1999 wurde der Bezug zur Umweltpolitik erstmals in den Titel einer Direktion62 aufgenommen und in diesem Zusammenhang erneut die Bezeichnung des Umweltreferats in „Industrielle Aspekte der Umweltpolitik“ verändert. Während die Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte in den Jahren von 19931995 also als Umweltauflage wahrgenommen wurde und damit vor allem ein problematisches Verhältnis zwischen dem Bereich der Industriepolitik einerseits und der Umweltpolitik andererseits thematisiert wurde, änderte sich dies mit der Umbenennung des Referates in „Auswirkungen“ bzw. später in „Wirkung“. Diese veränderte Benennung des Referats hatte zur Folge, dass der anfangs hervorgehobene konflikthafte Charakter entschärft wird und positive Konnotationen zulässt, d.h. mit dem Begriff der ‚Auswirkung‘ bzw. der ‚Wirkungen‘ sind nicht nur hemmende sondern auch positive Implikationen für die Industrie assoziiert. Allerdings werden nach wie vor in erster Linie die Folgen umweltpolitischer Anforderungen auf die Industrie untersucht, d.h. wechselseitige Wirkungen, die auch Auswirkungen der industriellen Produktion auf die Umwelt thematisieren, werden damit nicht in den Blick genommen. Die Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte in die industrie- und unternehmenspolitische Vorschläge wird nur insofern berücksichtigt, wie umweltpolitische Anforderungen bestehen. Demgegenüber wurden in der Generaldirektion XXIII in diesem Zeitraum keine sichtbaren strukturellen Veränderungen vorgenommen, die auf eine Berücksichtigung umweltpolitischer Anforderungen in der Generaldirektion im Rahmen der Unternehmenspolitik schließen lassen. Es gab also weder eine Direktion noch ein Referat oder eine Task Force, die explizit für die Integration umweltpolitischer Belange in der Unternehmenspolitik zuständig war. Seit der Strukturreform der Europäischen Kommission im Jahre 2000 und der damit einhergehenden Zusammenlegung der Generaldirektionen werden umweltpolitische Belange der Generaldirektion Unternehmen vornehmlich in der Direktion „Umweltaspekte der Unternehmenspolitik, rohstoffverarbeitende Industrien und spezielle Industriezweige“ bzw. dem für „Umweltpolitische Aspekte der Unternehmenspolitik“ zuständigen Referat – dem sog. Umweltreferat – behandelt. Das für Umweltaspekte zuständige Referat gehört mit 14 Beamten, einem Referatsleiter sowie fünf Sekretariatskräften zu den mittelgroßen Referaten der Generaldirektion Unternehmen.63 Neben dem Umweltreferat, welches für die allgemeinen und horizontalen umweltpolitischen Themen zuständig ist, befassen sich die Umweltreferenten mit der Einbeziehung umweltpolitischer Belange in den einzelnen, im Tätigkeitsfeld der Generaldirektion Unternehmen liegenden Sektoren (Enterprise Directorate-General 2001) – beispiels61
Ebd. 1999 wurde die Direktion, in der sich auch das für umweltpolitische Aspekte zuständige Referat befand, als Direktion für „Rechtsvorschriften und Normung, elektronischer Geschäftsverkehr, Telematiknetze, Umwelt“ bezeichnet. 63 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 62
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weise im Referat „Stahl, Nichteisenmetalle und andere Werkstoffe“, im Referat „Chemische Stoffe“ oder im Referat „Fremdenverkehr“ (Enterprise Directorate-General 2003b). Umweltpolitische Fragen, die einen speziellen Aspekt behandeln, werden über das Umweltreferat an den verantwortlichen Umweltreferenten in dem zuständigen Referat weiter geleitet, der diesen Aspekt in Zusammenarbeit mit den Referenten in der Generaldirektion Umwelt be- und verhandelt.64 Das Umweltreferat hat die Aufgabe, die Integration der nachhaltigen Entwicklung in der Unternehmenspolitik zu fördern und zu gewährleisten, „that the definition and implementation of policy instruments for achieving environmental goals foster entrepreneurship and encourages innovation, thus contributing to competitiveness“ (Enterprise Directorate-General 2001).
In diesem Kontext konzentriert sich die Arbeit des Umweltreferats also zum einen darauf, bei der Umsetzung der Gemeinschaftsstrategie zur nachhaltigen Entwicklung die Berücksichtigung der ökonomischen Säule zu garantieren und dabei gleichzeitig die Implikationen durch Umweltgesetzgebungen auf die Unternehmen und deren Wettbewerbsfähigkeit in Betracht zu ziehen.65 Zum anderen hat das Referat dafür Sorge zu tragen, dass die „kosteneffektivsten Lösungen“ zur Umsetzung ökologischer Ziele verfolgt und die Umsetzung umweltpolitischer Ziele in der Industrie gefördert werden (Enterprise Directorate-General 2002b: 35). In der Generaldirektion Unternehmen übernimmt das Umweltreferat für andere Referate eine unterstützende und beratende Funktion in Bezug auf die Umsetzung der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung. Darüber hinaus fungiert das Umweltreferat in mehrfacher Hinsicht als Schnittstelle zu Akteuren außerhalb der Generaldirektion. Erstens bildet das Umweltreferat die Schnittstelle für die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten sowie europäischen und internationalen Organisationen in Bereichen der nachhaltigen Entwicklung. Zweitens bietet es eine Anlaufstelle für Industrieunternehmen zum Austausch von Informationen und zum Dialog über umweltpolitische Fragen. Drittens steht es als Ansprechpartner für die Generaldirektion Umwelt zur Verfügung und koordiniert die Kooperation der Generaldirektion Umwelt mit den Umweltreferenten in der Generaldirektion Unternehmen. Auf diese Weise schafft es eine Verbindung zwischen den Generaldirektionen Umwelt und Unternehmen (vgl. Enterprise Directorate-General 2001). Die Arbeit des Umweltreferats soll dabei dazu beitragen, das Bewusstsein für umwelt- bzw. unternehmenspolitische Fragen in den jeweils für Umwelt- und Unternehmenspolitik relevanten Referaten der Generaldirektion Unternehmen bzw. der Generaldirektion Umwelt zu steigern. Dies impliziert zweierlei: Zum einen soll die Berücksichtigung umweltpolitischer Anforderungen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung innerhalb der Generaldirektion Unternehmen in Politikformulierungsprozessen gefördert werden; zum anderen sollen die für die Unternehmenspolitik relevanten Referate der Generaldirektion Umwelt für die Arbeit und Aufgabenfelder der Generaldirektion Unternehmen sensibilisiert werden (Enterprise Directorate-General 2001).
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Ebd. Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002.
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5.1.3 Veränderungen in der Unternehmenspolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip Nachfolgend wird die Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen in der Unternehmenspolitik beschrieben. Die Art und Weise, in der umweltpolitischen Belangen in diesem Bereich Rechnung getragen wird, lässt sich in drei Phasen einteilen. Die erste Phase umspannt den Zeitraum von 1986-1992, in dem Umweltaspekte quasi nicht berücksichtigt wurden und die ökonomischen Entfaltungsmöglichkeiten europäischer Unternehmen im Vordergrund standen. In dieser Phase wurden umweltpolitische Vorschläge durch die Generaldirektionen III und XXIII ignoriert bzw. gegen diese opponiert. Die zweite Phase (19921997) beschreibt die partikulare Einbeziehung umweltpolitischer Anforderungen vor dem Hintergrund der gewachsenen Anforderungen aus dem Vertrag von Maastricht und dem fünften Umweltaktionsprogramm. Die Generaldirektionen III und XXIII berücksichtigten umweltpolitische Aspekte dann, wenn sie aus ihrer Perspektive der Entwicklung einer europäischen Unternehmenspolitik dienlich sein konnten oder dieser zumindest nicht schadeten. In der dritten Phase, die sich auf die Jahre 1997-2004 bezieht, wurden umweltpolitische Aspekte regelmäßiger und umfassender in die Politikformulierung aufgenommen. Zumeist arbeiteten die Generaldirektionen Unternehmen und Umwelt bei der Entwicklung von Vorschlägen zusammen. Die Generaldirektion Unternehmen suchte nach eigenen Wegen zur Berücksichtigung ökologischer Anforderungen und favorisierte vor allem freiwillige und anreizorientierte Vorschläge, da diese weniger markt- und wettbewerbsverzerrende Wirkungen haben und Unternehmen einen höheren Handlungsspielraum bieten. Erste Phase: 1986-1992 Umweltpolitische Anforderungen wurden bis 1992 nur selten im Rahmen der Unternehmenspolitik berücksichtigt. Bis zum Vertrag von Maastricht und dem fünften Umweltaktionsprogramm gab es nur sehr wenige unternehmenspolitische Politikvorschläge, in denen umweltpolitische Aspekte aufgenommen wurden, geschweige denn den Anforderungen der Generaldirektion XI (Umwelt) genügten.66 Die Formulierung von Umweltmaßnahmen der Generaldirektion XI beruhte bis 1992 darauf, bestimmte Verfahrensweisen vorzuschreiben und andere zu verbieten, um auf diese Weise das Verhalten europäischer Unternehmen zu determinieren (European Communities 1993: 28). Folglich galt die Berücksichtigung umweltpolitischer Anforderungen als Hindernis und zusätzliche Bürde für die Politikformulierung der Generaldirektionen III und XXIII bzw. der Task Force für „Kleine und mittlere Unternehmen“67 und gleichermaßen für die europäischen Unternehmen. Die Generaldirektionen III und XXIII versuchten aus diesem Grund, eine Einbindung der für Umweltpolitik zuständigen Generaldirektion XI in den Prozess der Politikgestaltung zu verhindern und zugleich wurden jene Generaldirektionen als erfolgreich perzipiert, die nicht an Diskussionsprozessen zu legislativen Vorschlägen der Generaldirektion XI partizipieren mussten. Denn in diesem Fall konnten auch keine Forderungen an sie gestellt werden. Daher reagier66
Als eines der wenigen Beispiele ist der „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 78/1015/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den zulässigen Geräuschpegel und die Auspuffanlage von Krafträdern“ zu nennen, der unter Federführung der Generaldirektion III und Beteiligung der Generaldirektion XI erstellt wurde (vgl. Europäische Kommission 1988a). 67 Nachfolgend wird aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung nur von den Generaldirektionen III und XXIII gesprochen, obschon damit bis 1989 auch implizit die für KMU zuständige Task Force gemeint ist (Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002).
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ten die Generaldirektionen III und XXIII zumeist defensiv und abwehrend auf Politikvorschläge der Generaldirektion XI, indem sie verdeutlichten, dass entsprechende Vorschläge nicht für sie zuträfen.68 Zudem versuchten verschiedene Interessenverbände europäischer Unternehmen, ihren Einfluss auf die für Unternehmenspolitik zuständigen Generaldirektionen auszuüben, um die Entwicklung von Rechtsetzungsvorschlägen zu verhindern, die das Unternehmensumfeld aus ihrer Perspektive beeinträchtigen würden.69 In dieser Phase wurde die Generaldirektion XI von den Generaldirektionen III und XXIII also als eine eher „feindliche“ Kommissionsdienststelle wahrgenommen, der misstraut wurde, weil sie die Arbeiten der Generaldirektionen III und XXIII zu modifizieren und zu „torpedieren“ suchte, um eigene Präferenzen einzubringen.70 Insgesamt fand die Zusammenarbeit an der Schnittstelle zwischen umwelt- und industriepolitischen Interessen kaum statt und die Implementation umweltpolitischer Aspekte in unternehmens- und industriepolitische Rechtsetzungsvorschläge wurde abgelehnt oder vermieden.71 Durch die Generaldirektionen III und XXIII wurde diese ablehnende Haltung gegenüber umweltpolitischen Anforderungen nicht zuletzt durch Rekurs auf das seit 1986 innerhalb der Kommission existierende sog. „System zur Abschätzung der Folgen für Unternehmen“ („business impact assessment“) untermauert. Mit Hilfe dieses Systems versuchten die Generaldirektionen III und XXIII zu belegen, dass Politikvorschläge der Generaldirektion XI negative Folgen für die Entwicklung der europäischen Unternehmen hätten.72 Die Hauptziele des Systems zur Folgenabschätzung für Unternehmen waren erstens die Gewährleistung dafür, dass Rechtsvorschriften der EG den Unternehmen und insbesondere den KMU nach Möglichkeit keine übermäßigen Belastungen auferlegten. Zweitens sollten die Kommissionsdienststellen ermutigt und unterstützt werden, die Ansichten der Unternehmen bei der Ausarbeitung von Vorschlägen zu berücksichtigen und Politikvorschläge unternehmensfreundlich und wettbewerbsförderlich zu gestalten. Drittens sollte das Folgenabschätzungssystem die Kommission, den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über erwartbare Auswirkungen von Rechtsvorschriften informieren (Generaldirektion Unternehmen 2002b: 3f.). Aus der Perspektive der Generaldirektionen III und XXIII stellte das System dabei kein Instrument dar, mittels dessen Politikvorschläge verhindert werden sollten. Vielmehr sollte es relevante Informationen zur Abschätzung der voraussichtlichen Kosten und erwartbaren Nutzen liefern und damit die Entscheidungsfindung erleichtern, um eine möglichst kosteneffektive Lösung für Probleme entwickeln zu können. Vor diesem Hintergrund wurden von den Generaldirektionen III und XXIII vor allem jene umweltpolitischen Vorschläge verfolgt, die keine oder nur sehr geringe Auswirkungen auf Unternehmen – insbesondere KMU – hatten. Umweltpolitische Rechtsetzungsvorschläge, die negative Auswirkungen auf die Schaffung eines industrie-
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„In the past sometimes industry was defensive. New legislation is coming up, what is the classic reaction? ’Oh, it shouldn’t apply to us’. I mean, we are not involved here“ (Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002). 69 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002, und in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 70 Ebd. 71 Darauf verweist nicht zuletzt die geringe Anzahl an Dokumenten, die Vorschläge für die Rechtsetzung in Sektoren beinhalten, in denen die Generaldirektionen III bzw. XXIII und XI zusammengearbeitet haben. 72 Daraus leiten die Generaldirektionen III und XXIII die Aufforderung ab, die Generaldirektion XI solle versuchen, den gewünschten ökologischen Effekt durch Maßnahmen zu erzielen, die die europäischen Unternehmen in ihrer Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit weniger beeinträchtigen.
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und unternehmenspolitisch freundliches Umfeld hatten und die unternehmerische Freiheit einschränkten, wurden als Störfaktor begriffen, den es zu vermeiden galt.73 Zugleich wurden insbesondere jene Generaldirektionen gestärkt, die sich mit der Entwicklung von für die wirtschaftliche Integration relevanten Politikvorschlägen beschäftigten. So erstaunt es auch wenig, dass vor allem die Generaldirektion III, die für den Binnenmarkt und die gewerbliche Wirtschaft sowie die ihr zugehörige Task Force für Kleinund Mittelbetriebe einen besonderen Stellenwert in der Europäischen Kommission hatte und von anderen Generaldirektion als ‚starke‘ bzw. ‚mächtige‘ Generaldirektion wahrgenommen wurde.74 Zweite Phase: 1992-1997 Mit dem Vertrag von Maastricht und dem fünften Umweltaktionsprogramm trat ein Wandel in dieser Entwicklung ein. Der Vertrag von Maastricht machte die Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte zu einem „Muss“ und verlieh damit der Anforderung Nachdruck, die Auswirkungen auf den Erhalt der Umwelt und den Abbau natürlicher Ressourcen bei der Politikformulierung zu berücksichtigen.75 Neben dieser allgemein geltenden Aufforderung für alle Politikbereiche wurden im fünften Umweltaktionsprogramm fünf Politikfelder – unter anderem auch der Industriesektor – benannt, in denen besondere Fortschritte gefordert und konkrete Bereiche für die Umsetzung dieser Anforderung formuliert wurden (Europäische Gemeinschaft 1993: 12ff., 28ff.). Adressaten der Anforderungen aus dem fünften Umweltaktionsprogramm waren neben den Mitgliedstaaten vor allem die Europäische Kommission und die Generaldirektionen, die für die Formulierung von Rechtsetzungsvorschlägen zuständig sind. Die Generaldirektionen III und XXIII reagierten auf die an sie gerichteten Anforderungen zur Entwicklung eines integrativen Ansatzes, bei dem wirtschaftliches Wachstum und Umweltqualität aneinander gekoppelt werden sollten, in unterschiedlichem Ausmaß und Geschwindigkeiten. So wurden in einigen Politikbereichen (etwa in der Abfallpolitik) vermehrt Maßnahmen ins Leben gerufen, um schädliche Auswirkungen auf die Umwelt zu vermindern, während in anderen Politikfeldern (etwa der Nutzung schädlicher Substanzen) keinerlei oder wenige Initiativen unternommen wurden, um umweltpolitische Aspekte in die Politikformulierung aufzunehmen bzw. die Nutzung zu verbieten (Europäische Gemeinschaft 1993: 29ff.; European Commission 1995a). Als Reaktion auf das fünfte Umweltaktionsprogramm wurde zu Beginn der 1990er Jahre von der Generaldirektion III – in Zusammenarbeit mit Generaldirektionen XXIII und XI – zunächst hervorgehoben, dass „integration of competitiveness and the environment requires a strategy that should be built around solutions based on the competitive functioning of markets. This implies in particular emphasis on market-related instruments of environment policy“ (European Commission 1992).76 In den Weißbüchern von 1993 und 1994 sowie anderen Mitteilungen wurde diese Argumentation, mit der die Generaldirektion III symbolisierte, dass sie bemüht war, die industrielle Wettbewerbsfähigkeit und den Schutz der Umwelt miteinander zu vereinbaren, aufgegriffen und weiterentwickelt (Europäische 73
Zu diesem Zeitpunkt war es typisch, dass die Generaldirektion III und XXIII vor allem auf eine unternehmenspolitisch freundliche Politikentwicklung fokussierten und dabei das übergeordnete Interesse der Europäischen Kommission aus den Augen verloren (Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002). 74 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 75 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 76 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002.
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Kommission 1994a, 1994b, 1993d).77 Erste Fortschritte bei der Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen in der Industriepolitik wurden vor allem bei der Reduktion des Abfallaufkommens, der Verminderung gefährlicher Abfälle78 sowie bei der Minderung von CO2-Emissionen zur Vorbeugung des Klimawandels79 erzielt. Weitere Erfolge waren bei der Etablierung von Umweltzeichen zu verzeichnen, die dazu dienen sollten, ein höheres Maß an Transparenz zu schaffen, um die Verbraucher besser zu informieren und damit einen „bewussten“ Konsum zu erlauben (vgl. European Commission 1995a).80 Zudem wurde ein Umweltmanagementsystem entwickelt (Eco-Management and Audit Scheme; EMAS), das Unternehmen die Möglichkeit bieten sollte, ihre Umweltbilanzen zu verbessern, indem Erfolge im Umweltsektor der Öffentlichkeit mitgeteilt und damit als Wettbewerbsvorteil genutzt werden konnten (European Commission 1995b).81 Ferner wurde unter der Federführung der Generaldirektion XI und unter Beteiligung der Generaldirektion III bzw. dem 1993 gegründetem Umweltreferat ein Vorschlag für die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (Integrated Pollution Prevention and Control; IPPC) erarbeitet, der darauf abzielte, allgemeine Vorgaben für die Genehmigung und Betreibung von Industrieanlagen zu schaffen (vgl. Europäische Kommission 1993e). 1995 einigte sich der Rat auf eine gemeinsame Position, die 1996 in die IPPC-Richtlinie mündete (Richtlinie 96/91/EG).82 Demnach erhalten Anlagen in bestimmten Bereichen (vgl. Anhang 1 der Richtlinie 96/91/EG) nur dann eine Genehmigung zur Betreibung, wenn nachgewiesen werden kann, dass sie mit den besten verfügbaren Techniken (best available techniques; BAT) ausgestattet sind, um die Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten. In vielen Fällen hat die Anpassung an das BAT-Konzept zur Verbesserung der Umweltsituation geführt,83 trotz der zum Teil hohen Investitionskosten für die Ausstattung der Anlagen mit neuen Technologien (Richtlinie 96/61/EG, Europäische Kommission 1993a).84 Diese hier dargestellten Fortschritte in Bezug auf die Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen in die Industrie- und Unternehmenspolitik gemäß dem fünften Umweltaktionsprogramm wurden im Zwischenbericht der Kommission über den Fortschritt des fünften Umweltaktionsprogramm (European Commission 1995a) zwar als ein erster wichtiger 77
Vgl. auch Europäische Kommission (1994c), European Commission (1995b). Vgl. auch Europäische Kommission (1993c; 1995f; 1996a; 1996b) zur Verminderung gefährlicher Abfälle und zur Politik der Abfallwirtschaft. 79 Vgl. Europäische Kommission (1992b; 1994e, 1995c) zur Reduktion von Stickstoffoxid- und CO2-Emissionen und zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs. 80 Vgl. ergänzend dazu Europäische Kommission (1991a). 81 Vgl. auch Europäische Kommission (1998d). 82 Im Rahmen der IPPC-Richtlinie wurde ein Büro eingerichtet, das die Aufgabe hat, den Austausch von technischen Informationen über die besten verfügbaren Techniken zwischen den Mitgliedstaaten und den europäischen Unternehmen im Rahmen der IPPC-Richtlinie zu koordinieren. In den etwa 30 Arbeitsgruppen zu den in der Richtlinien festgeschriebenen Bereichen werden die besten verfügbaren Techniken in einem BAT-Merkblatt zusammengestellt, das als Hilfestellung für die Genehmigungsbehörden der Mitgliedstaaten gedacht ist (Generaldirektion Umwelt 2003). 83 Eine Bewertung der Auswirkungen des BAT-Konzepts auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen sowie die Einschätzung des umweltpolitischen Fortschritts in den drei Bereichen (Zement, nicht-eiserne Metalle und Zellstoff) wird im Rahmen einer von der Generaldirektion Unternehmen beauftragten Studie vorgenommen (vgl. Hitchens et al. 2001). 84 Ausführlicher dazu unter: >http://www.europa.eu.int/comm/environment/ippc/index.htm<, Stand: 31.07.2008. Um ungewollten Arbeitsplatzverlusten durch die Anpassung an das BAT-Konzept vorzubeugen, sind den Unternehmen Übergangsfristen von elf Jahren für die Unternehmen eingeräumt worden. Dadurch sollten auch KMU bestärkt werden, die Initiative umzusetzen (vgl. Richtlinie 96/61/EG, Artikel 20). 78
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Schritt gewürdigt – zumal in dieser Phase zahlreiche Initiativen federführend von der Generaldirektion XI unter Beteiligung der Generaldirektionen III und XXIII initiiert wurden – beispielsweise der Vorschlag für die IPPC-Richtlinie, das Umweltmanagementsystem und die Etablierung von Umweltzeichen. Diesen ersten Ansätzen müssten allerdings weitere Schritte folgen, denn trotz einiger Fortschritte war eine Neuausrichtung der Industriepolitik nicht vollzogen worden (European Commission 1995a; Europäische Kommission 1994g). Vielmehr verhinderten die Generaldirektionen III und XXIII eine umfassendere Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte in für die Unternehmenspolitik relevante Rechtsvorschriften (European Commission 1995a). Erschienen die Forderungen der Generaldirektion XI und die damit verbundenen Einschnitte für die unternehmerische Freiheit zu gravierend, wurde die Zusammenarbeit zwischen den Generaldirektionen abgebrochen, und es wurden jeweils eigene Vorschläge entwickelt, über deren Annahme die politische Ebene – das Kollegium – entscheiden sollte.85 Vor dem Hintergrund dieser nur partiellen Umsetzung der Forderungen wurden im Zwischenbericht dann auch weitere Anforderungen an die Industriepolitik formuliert, um die postulierten Ziele des fünften Umweltaktionsprogramms zu erreichen. Dazu sollten insbesondere markt- und anreizorientierte Instrumente verwendet werden (European Commission 1995a; 1994g). Als Reaktion auf jene Forderungen wurden die eingeleiteten Rechtsetzungsvorschläge im Rahmen der Industriepolitik weiter ausgebaut und ergänzt. Neben weiteren Vorschlägen zur Abfallbewirtschaftung86 und zur Beobachtung der Emission von CO287 wurden einige Vorschläge zur freiwilligen Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung vorgebracht.88 Zur Förderung marktorientierter Instrumente formulierte die Europäische Kommission 1996 – unter Federführung der Generaldirektion XI und unter Beteiligung der Generaldirektion III und XXIII – einen Vorschlag zur Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen in Unternehmen mittels freiwilliger Umweltvereinbarungen. Damit sind Vereinbarungen zur Selbstregulierung gemeint, in denen sich Unternehmen bzw. Unternehmensverbände umweltpolitische Zielvorgaben selbst setzen und deren Einhaltung kontrollieren.89 Dieses Vorgehen böte – so die Europäische Kommission – den europäischen Unternehmen einen hinreichenden Gestaltungsfreiraum, um umweltpolitische Ziele mit möglichst geringer Belastung umzusetzen und dabei die kosteneffektivste Lösung zu verwenden (European Commission 1996).90 Darüber hinaus wurde 1996 das System zur Vergabe von Umweltzeichen überarbeitet, mit dem die Einhaltung von Umweltstandards durch Produktkennzeichnung erzielt werden sollte. Aus diese Weise sollte ein Anreiz für Unternehmen geschaffen werden, die Produkte an den zum Erwerb des Umweltzeichens gültigen Grenzwerten auszurichten, um dadurch einen wettbewerbsrelevanten Vorteil zu erzielen (European Commission 1996). 85
Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. Vgl. dazu auch die Mitteilung der Kommission zur Überprüfung der Gemeinschaftsstrategie für die Abfallwirtschaft (Europäische Kommission 1996a; 1996b). 87 Vgl. dazu beispielsweise: Europäische Kommission 1996c. 88 Vgl. dazu Vorschläge der Europäischen Kommission zur Anerkennung der britischen/irischen/spanischen Norm zur Festlegung von Vorschriften für Umweltmanagementsysteme nach Artikel 12 der Verordnung (EWG). 89 Ein bekanntes Beispiel für Umweltvereinbarungen auf Gemeinschaftsebene sind die Vereinbarungen von Automobilherstellern zur Reduktion des CO2-Ausstoßes (Europäische Kommission 1998b). 90 Mit Hilfe dieser Strategie können einige qualitative Vorteile erzielt werden, beispielsweise ein stärkerer Informationsaustausch zwischen verschiedenen Interessengruppen, eine Schärfung des Problembewusstseins sowie ein höheres Maß an Konsensfindung zwischen den Interessengruppen (vgl. Europäische Kommission 2002e: 5). 86
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Mit dem fünften Umweltaktionsprogramm intensivierte sich schließlich auch die Zusammenarbeit zwischen den Generaldirektionen XI, III und XXIII bezüglich der Formulierung von Vorschlägen. Diese Kooperationsbeziehungen waren jedoch weiterhin durch Misstrauen und detaillierte Kontrolle der jeweiligen Informationen und Vorschläge geprägt.91 Dabei ließen die Rechtsetzungsvorschläge erkennen, dass die Generaldirektionen III und XXIII vor allem jene Vorschläge unterstützten, die das Umfeld europäischer Unternehmen nicht einschränkten und deren unternehmerische Freiheit nicht behinderten. Sofern die Generaldirektion XI die Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte einforderte, die eine Beschränkung des unternehmerischen Umfelds darstellte, reagierten die Generaldirektionen III und XXIII analog zur eingangs beschrieben ersten Phase mit Ablehnung und Opposition gegen diese Forderung.92 Zur Begründung der Ablehnung eines Vorschlages wurde wiederum auf das business impact assessment rekurriert, mittels dessen die Kosten und Nutzen eines Rechtsetzungsvorschlags für die Unternehmen ermittelt wurden.93 Die Generaldirektionen III und XXIII verwiesen dabei – sofern die Kosten für die Unternehmen höher waren als der erwartbare Nutzen – auf die wohlfahrtssteigernde Wirkung unternehmerischer Tätigkeiten und argumentierten, dass die Einschränkung der unternehmerischen Freiheit dem Standort Europa schade und Arbeitsplätze gefährden würden.94 Die Generaldirektionen III und XXIII unterstützten also jene umweltpolitischen Rechtsetzungsvorschläge, die keine Zwänge formulierten und gegebenenfalls Anreize für Unternehmen zur Berücksichtigung umweltpolitischen Anforderungen boten (European Commission 1997: 1f.).95 Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass in der zweiten Phase das Verhältnis zwischen den Generaldirektionen nicht durch kategorische Ablehnung seitens der Generaldirektionen III und XXIII, sondern vielmehr durch strategische Zusammenarbeit mit der Generaldirektion XI geprägt war. Die Zusammenarbeit wurde als nützlich empfunden, wenn sie den Interessen der Unternehmen diente oder ihnen zumindest nicht schadete.96 Dritte Phase: 1997-2004 Mit dem Vertrag von Amsterdam (1997) und insbesondere dem Europäischen Rat von Luxemburg (1997) bzw. dem Europäischen Rat von Cardiff (1998) erreichte der Integrationsprozess eine qualitativ neue Stufe. Erstmals richtete der Rat umfassende umweltpolitische Anforderungen an die Kommission mit dem Ziel, den Umweltschutz stärker in die verschiedenen Politikbereichte der EG einzubeziehen, um eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten (vgl. Europäische Kommission 1998b). Diese Forderungen führten zu vermehrten Aktivitäten in der Industrie- und Unternehmenspolitik. So wurden beispielsweise bereits bestehende Maßnahmen und Rechtsetzungsvorschläge der vorigen Jahre, in denen Fortschritte erzielt worden waren (z. B. EMAS; Europäische Kommission 1999a: 4; 1998m), fortgesetzt und weiter ausgebaut.97 Diese Aktivitäten wurden in dem Arbeitspapier der Kommission und der Gesamtbewertung der Umsetzung des fünften Umweltaktionsprogramms von 1999 zwar als ein weiterer wichtiger Schritt gewertet, der einen Fortschritt 91
Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 94 Ebd. 95 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 96 Interviews in den Generaldirektionen Unternehmen und Umwelt, 2002. 97 Vgl. dazu Europäische Kommission 1998m; 1998b; 1999e. 92 93
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hinsichtlich einer stärker ökologisch ausgerichteten Industriepolitik markiert. Insgesamt, so die Gesamtbewertung des fünften Umweltaktionsprogramms, sei diese Entwicklung aber unzureichend und die Ziele des Umweltaktionsprogramms nicht erreicht worden. Es fehlte der Industrie- und Unternehmenspolitik, obschon es einzelne umweltpolitisch relevante Rechtsetzungsvorschläge gab, an einer grundlegenden Strategie zur Berücksichtigung umweltpolitischer Anforderungen bei der Formulierung von Politikvorschlägen (Europäische Kommission 1999a; 1999b; 1999c).98 Dieser Aspekt wurde durch das sechste Umweltaktionsprogramm verstärkt, das federführend von der Generaldirektion Umwelt unter Beteiligung der Generaldirektion Unternehmen entworfen wurde und 2001 Gültigkeit erlangte. Darin wurden die Ziele des fünften Umweltaktionsprogramms weiter verfolgt und durch eine eher strategisch-konzeptionelle Ausrichtung erweitert (Europäische Kommission 2001a). Die Generaldirektionen III und XXIII – ab 2000 die Generaldirektion Unternehmen – reagierten auf diese Forderungen mit Verweis auf das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung, das neben der ökologischen auch eine ökonomische und soziale Säule beinhaltet. Da das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung aus diesem Grunde jedoch nicht ausschließlich mit dem Prinzip der Umweltintegration gleichzusetzen sei, müsse es aus der Perspektive der genannten Generaldirektionen vielmehr darum gehen, ein Gleichgewicht zwischen den drei Säulen herzustellen.99 Vor diesem Hinterrund positioniert sich die Generaldirektion Unternehmen an der Schnittstelle zwischen den Kommissionsinteressen auf der einen und den Interessen der europäischen Unternehmen und ihrer Verbände auf der anderen Seite.100 Insofern besteht ihre Aufgabe darin, sich an der Diskussion zur Entwicklung von Rechtsetzungsvorschlägen in anderen Generaldirektionen zu beteiligen und diese so mitzugestalten, dass sie die Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten europäischer Unternehmen nicht beschränken, sondern vielmehr zur Schaffung eines wachstumsförderlichen Umfeldes für Unternehmen beitragen (Europäische Kommission 2001n: 2; 1998d; 2000d: 2; 2003g: 2ff.; European Commission 2002c: 3ff.; Enterprise Directorate-General 2001).101 In diesem Zusammenhang werden etwa weiterhin freiwillige Umweltvereinbarungen (Europäische Kommission 2002e: 3ff., 13f.; 2002f., 13f.; European Commission 1996) oder der Einsatz von Umwelttechnologien unterstützt (Europäische Kommission 2002a: 20).102 Über die genannten Initiativen hinausgehend ist die Generaldirektion Unternehmen zum einen an verschiedenen Vorschlägen beteiligt, die zumeist federführend von der Generaldirektion Umwelt bearbeitet werden. Neben bekannten Vorschlägen zur Verbesserung des Abfallmanagements, zur Reduktion von CO2-Emissionen und anderer klimaschädigender Treibhausgase sowie zur IPPC103 partizipiert das Umweltreferat der Generaldirektion 98
Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 100 Als Schnittstelle zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten ist die Generaldirektion Unternehmen bzw. das Umweltreferat in erster Linie beratend tätig. Es betreibt eine „best practice policy“, die den Mitgliedstaaten helfen soll, „vorbildliche Verfahren zu ermitteln und auszutauschen und so ihre Leistungen zu optimieren“ (Europäische Kommission 2001e: 3), um damit ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. 101 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 102 Ferner wurde federführend von der Generaldirektion Umwelt und unter Beteiligung der Generaldirektion Unternehmen ein Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen entworfen, in dem die Nutzung ökonomischer Rationalitätsprinzipien vorgeschlagen wird, um ökologische Ziele zu erreichen (Europäische Kommission 2000f). 103 Vgl. Europäische Kommission 2003d. 99
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Unternehmen an der Arbeitsgruppe zum Europäischen Programm zur Klimaänderung (European Climate Change Programme; ECCP) (Enterprise Directorate-General 2002b: 35). Zudem beteiligt sich das für umweltpolitische Aspekte der Unternehmenspolitik zuständige Referat an der Formulierung des Weißbuchs (2001) zur integrierten Produktpolitik („Integrated Product Policy“; IPP). Durch die IPP wird das Ziel verfolgt, die Umweltauswirkungen eines Produktes während des gesamten Lebenszyklus zu verringern, d. h. vom Abbau der Rohstoffe, über die Herstellung des Produkts bis hin zur Entsorgung. Auf diese Weise sollen Hersteller und Verbraucher gleichermaßen für den Lebenszyklus eines Produktes sensibilisiert werden (Europäische Kommission 2001c: 5ff.).104 Zum anderen lässt sich beobachten, dass die Generaldirektion Unternehmen ökologisch motivierte Initiativen entwickelt hat, etwa der Vorschlag zur Entwicklung quantifizierbarer umweltpolitischer Standards (Europäischen Kommission 2002g: 15; 2002d). Ferner werden keine Verbote für den Gebrauch gefährlicher Substanzen ausgesprochen, sondern Auflagen für die eingeschränkte Nutzung bestimmt bzw. im Bedarfsfall Übergangsfristen bis zu einem Verbot eingeräumt (vgl. European Commission 2001b).105 Des Weiteren wird von der Generaldirektion Unternehmen angeregt, nicht nur Vorschriften und Zielvorgaben festzulegen und sicherzustellen, dass diese eingehalten werden, sondern weitere Marktinstrumente zu entwickeln, um Anreize für Unternehmen zu schaffen, sich stärker umweltpolitisch auszurichten. In diesem Kontext wird die Einführung eines Belohnungssystems für solche Unternehmen diskutiert, die Umweltleistungen erbringen, die über den gesetzlichen Anforderungen liegen – beispielsweise finanzielle Anreize für Unternehmen, deren Emissionsreduktion unter geltenden Richtwerten liegt (Europäische Kommission 2001a: 17ff.).106 Obschon die Generaldirektion Unternehmen damit an der Formulierung umweltpolitischer Politikvorschläge mitarbeitet, betont sie doch, dass die europäischen Unternehmen bei der Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen bereits bemerkenswerte Fortschritte gemacht haben, die es zu berücksichtigen gilt.107 Zur Messung und Veranschaulichung des Fortschritts der Unternehmen hat das Umweltreferat 2002 vor dem Hintergrund einer 2001 in Auftrag gegebenen Studie (vgl. Hertin et al. 2001) einige Indikatoren entwickelt, um den Erfolg der europäischen Unternehmen bei der Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips zu belegen (European Commission 2002b: 99ff.). Dieser Erfolg manifestiert sich nach Ansicht der Generaldirektion Unternehmen an der Entkopplung von industrieller Produktion und Umweltverschmutzung bzw. Ressourcenverbrauch, der beispielsweise durch die gestiegenen Öko-Effizienz108 sichtbar wird (European Commission 2002b: 96f.; Europäische Kommission 2002o: 18; 2002g: 12; 2000l; 2002j).109 Damit solle nicht der 104
Die integrierte Produktpolitik konzentriert sich auf drei Phasen des Lebenszyklus: „die Phasen des Ökodesigns von Produkten, der sachkundigen Entscheidung der Verbraucher und der Berücksichtigung des Verursacherprinzips bei der Bestimmung der Produktpreise“ (Europäische Kommission 2001c: 6f.). 105 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. Diese Regelung würde es den betreffenden Unternehmen erlauben, den Gebrauch gefährlicher Stoffe einzuschränken oder abzustellen. Gleichzeitig würde ihnen ein hinreichend flexibler Gestaltungsraum gewährt, um die Produktion umzustellen oder weniger schädliche Substitute zu verwenden. 106 Ebd. 107 Man könne daher nicht einfach behaupten, dass Unternehmen die Umwelt verschmutzen (ebd.). 108 Die Generaldirektion Unternehmen versteht unter dem Kriterium der verbesserten oder gestiegenen ÖkoEffizienz das Verhältnis von industriellem Output zu verwendeten natürlichen Ressourcen bzw. zu ausgestoßenem CO2 oder anderen Treibhausgasen (European Commission 2002b: 96ff.). 109 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002.
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Verdacht geweckt werden, so Mitglieder der Generaldirektion Unternehmen, die Generaldirektion sei der Fürsprecher der europäischen Unternehmen. Man sei schließlich bemüht, die Unternehmen von der Berücksichtigung umweltpolitischer Belange zu überzeugen und erwarte von den Unternehmen einen umweltpolitischen Beitrag.110 In diesem Zusammenhang betont die Generaldirektion Unternehmen das Prinzip der Umwelthaftung zur Vorbeugung von Umweltschäden für die europäischen Unternehmen. Demnach sollen Unternehmen für die potentiellen ökologischen Folgen ihrer Handlungen finanziell haftbar gemacht werden, um auf diese Weise ein höheres Maß an Sensibilisierung seitens der Unternehmen für die Umwelt zu erzielen (Enterprise Directorate-General 2002b: 35; Europäische Kommission 2000a: 2f., 11; 2002k). Die Generaldirektion Unternehmen arbeitet darüber hinaus seit 1997 häufiger und enger mit der Generaldirektion Umwelt zusammen. So versuchen die Mitglieder der Generaldirektion Unternehmen, bereits zu einem frühen Zeitpunkt in den Prozess der Entwicklung eines Politikvorschlags eingebunden zu werden, um auf dessen Gestaltung einwirken zu können.111 Nach wie vor werden dabei vor allem freiwillige, anreizorientierte und flexible Maßnahmen zur Erreichung umweltpolitischer Ziele präferiert, da sie eine weniger marktund wettbewerbsverzerrende Wirkung haben und für die europäischen Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen – weniger Wettbewerbsnachteile gegenüber außereuropäischen Mitbewerbern schaffen (European Commission 2002c, Europäische Kommission 2003e: 95ff.).112 Die Generaldirektion Unternehmen rekurriert dabei zur Untermauerung ihrer Position – analog zu den vorhergehenden Phasen – erneut auf ein sog. Folgenabschätzungssystem, das unter Federführung des Generalsekretariats entwickelt und seit 2003 nach und nach für alle wichtigen Initiativen angewendet wird (European Commission 2002a: 2). Dadurch soll gewährleistet werden „that the consequences for European industries of decisions in the area of the environment are properly identified, and that the measures are proportionate and can be fully justified“ (Enterprise Directorate-General 2002b: 34).113
Mit Hilfe des Systems zur Folgenabschätzung können die zu erwartenden Auswirkungen vorgeschlagener Maßnahmen im Vorfeld ermittelt werden.114 Es dient dem Ziel, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einen Überblick über die Kosten und Nutzen eines Rechtsetzungsvorschlags zu gewinnen und zu erkennen, inwiefern die antizipierten Auswirkungen dem Nachhaltigkeitsgrundsatz genügen (Europäische Kommission 2002c: 19f.; European Commission 2002b). Das Folgenabschätzungssystem soll Informationen liefern, anhand 110
Ebd. Ebd. 112 Ebd. 113 Zur Überprüfung des seit 1986 existierenden Systems zur Folgenabschätzung von Rechtsetzungsvorschlägen für Unternehmen wurde vom September 2000 bis zum Februar 2002 ein Pilotprojekt von der Generaldirektion Unternehmen durchgeführt. Durch dieses Projekt konnten eine Reihe von Unzulänglichkeiten des Systems identifiziert werden, welche die Generaldirektion Unternehmen als Ergebnisse in die Entwicklung des Folgenabschätzungssystems zur Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfeldes einfließen ließ (ebd.: 6ff., vgl. auch Europäische Kommission 2001p: 8f.). 114 Dazu sind wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich, die von der Generaldirektion Unternehmen zum Teil selbst erstellt, in der Regel aber an externe Akteure – wie Berater und Forschungsgruppen – vergeben werden, um Folgern eines Rechtsetzungsvorschlags einschätzen zu können (Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002). 111
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derer politische Beurteilungen und Entscheidungen für oder gegen einen Politikvorschlag gefällt werden können.115 Mit Blick auf gemeinsam entwickelte Rechsetzungsvorschläge wird zumeist auf der Ebene der zuständigen Referenten der Generaldirektion Unternehmen und der Generaldirektion Umwelt eine Einigung erzielt. Sofern jedoch die Diskrepanzen unüberwindbar sind, werden die Vorschläge auf der nächst höheren Ebene der Generaldirektionen weiter verhandelt. In Ausnahmefällen arbeitet jede Generaldirektion einen eigenen Vorschlag aus, der an die politische Ebene weitergereicht und dort entschieden wird.116 Mitunter kann es vorkommen, dass zwar die zuständigen Referenten eine Einigung erzielen, diese aber im weiteren Verlauf des kommissionsinternen Entscheidungsprozesses nicht mitgetragen wird.117 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass umweltpolitische Aspekte in der dritten Phase umfassender in die Politikformulierung der Generaldirektion Unternehmen aufgenommen werden als in den beiden früheren Phasen. Dazu arbeitet die Generaldirektion Unternehmen enger mit der Generaldirektion Umwelt zusammen und beteiligt diese häufiger an Politikvorschlägen. Dennoch unterscheiden sich Zielsetzungen beider Generaldirektionen bei der Politikformulierung weiterhin. Während die Generaldirektion Umwelt auf eine möglichst umfangreiche Implementation von Umweltaspekten drängt, favorisiert die Generaldirektion Unternehmen freiwillige Vorschläge, in denen Unternehmen Anreize zur Einhaltung von Richtlinien offeriert werden. Diese – so die Generaldirektion Unternehmen – seien weniger markt- und wettbewerbsverzerrend und seien Gesetzen und Verboten vorzuziehen, weil sie die selbstregulierenden Möglichkeiten des Wirtschaftssystems nutzen.
5.1.4 Die historische Verortung der Tourismuspolitik in der Europäischen Kommission Die Tourismuspolitik der Europäischen Kommission wird bis zur Kommissionsreform 2000 durch die Generaldirektion XXIII (Unternehmenspolitik, Handel, Tourismus und Sozialwirtschaft) und ab 2000 durch die Generaldirektion Unternehmen vertreten.118 Die Generaldirektion XXIII ging 1989 aus der seit 1986 bestehenden Task Force „Klein- und Mittelbetriebe“ der Generaldirektion III hervor. Im Rahmen der Task Force wurden Belange des Fremdenverkehrs von 1986 bis 1988 zunächst nicht durch die Organisationsstruktur reflektiert. In diesem Zeitraum gab es in der Generaldirektion VII (Verkehr) in der Direktion „Seeverkehr, Rechtsvorschriften, Verkehrswirtschaft“ ein für Tourismus zuständiges Referat. Mit dem Entstehen der Generaldirektion XXIII 1989 wurde die Tourismuspolitik in den Titel der Generaldirektion aufgenommen und strukturell durch ein Referat, das direkt dem Generaldirektor unterstellt war, berücksichtigt. Von 1990 bis 1996 wurde das Referat im Rahmen der Direktion A „Förderung des Unternehmens und Verbesserung seines Umfeldes“ weitergeführt. 1997 wurde die Tourismuspolitik in der Generaldirektion XXIII durch die Errichtung der Direktion „Konzertierte Maßnahmen im Bereich der Unternehmenspolitik und des Tourismus“ aufgewertet, in der sich weiterhin ein Referat 115 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. „Don’t start with a political view, rather the political view stands at the end of the process. Identify the costs and the benefits and let the politics decide hereafter“ (ebd.). 116 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 117 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 118 Vgl. dazu die Organisationspläne und interinstitutionellen Verzeichnisse der EG (1989 bis 1993) bzw. der EU (1994-2003).
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„Konzertierte Maßnahmen und Gemeinschaftsbeitrag zum Tourismus“ mit Aspekten des Fremdenverkehrs beschäftigte. Durch die 1999 errichtete Direktion mit dem Titel „Koordinierung der Gemeinschaftsmaßnahmen und konzertierte Aktionen auf dem Gebiet Tourismus“ wurde die Tourismuspolitik in der Europäischen Kommission erneut strukturell und personell verstärkt. Diese Direktion umfasste drei Referate, die unterschiedliche Aspekte des Fremdenverkehrs bearbeiteten.119 Seit der Reform der Europäischen Kommission im Jahr 2000 und der Zusammenlegung der Generaldirektionen III, XIII und XXIII zur Generaldirektion „Unternehmen“ beschäftigt sich das Referat „Fremdenverkehr“ der Direktion D „Dienste, Handel und Fremdenverkehr“ mit Aspekten des Tourismus in der EU. Das Referat gehört mit einem Referatsleiter, einem stellvertretenden Referatsleiter und weiteren 14 Referenten zu einem mittelgroßen Referat der Generaldirektion Unternehmen.120 Die Gemeinschaft kann im Tourismussektor aufgrund des Subsidiaritätsprinzips nur tätig werden, „sofern und soweit die Ziele der in betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden“ (Europäische Kommission 1995c: 24).121 Daher wird der größte Teil politischer Maßnahmen im Tourismussektor von den Mitgliedstaaten gestaltet.122 Die Europäische Kommission und die Generaldirektion XXIII bzw. die Generaldirektion „Unternehmen“ formulieren keine Tourismuspolitik, sondern gestalten im Rahmen der Unternehmenspolitik einen ordnungspolitischen Rahmen, in dem europäische Tourismusunternehmen gute Wachstumsbedingungen vorfinden sollen, um sich entwickeln zu können (Europäische Kommission 1994h; 1995h; 2001k). Zudem übt die Tourismuspolitik auf verschiedene Bereiche der Gemeinschaft (etwa Umwelt-, Industrie-, Energie- und Verkehrspolitik) Einfluss aus bzw. wird durch diese beeinflusst (Europäische Kommission 1994g: 35).
5.1.5 Strukturelle Veränderungen in der Tourismuspolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip Obschon die Tourismuspolitik seit mehreren Jahrzehnten in der Europäischen Kommission verankert ist und in der EEA von 1986 das umweltpolitische Integrationsprinzip erstmals vertraglich fixiert wurde, wurde im Rahmen der Tourismuspolitik die Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen zumindest nicht durch strukturelle Veränderungen implementiert.123 Vielmehr wurde seit 1993 im Zuge der Ernennung von Umweltreferenten in der Generaldirektion XXIII auch ein Mitarbeiter des Tourismusreferats bestimmt, der sich mit Aspekten des Umweltschutzes und des Tourismus befasste. Für das Fremdenverkehrsreferat ging es jedoch weniger um eine umweltpolitische Ausrichtung der Tourismuspolitik als vielmehr um die Vermeidung negativer Auswirkungen umweltpolitischer Rechtsetzungs119 Die Referate befassen sich mit der „Entwicklung einer gemeinschaftlichen Tourismuspolitik und Beziehungen zur Tourismusindustrie, zu Drittländern und zu internationalen Organisationen“ (D1), mit der „Förderung der Wettbewerbsfähigkeit im Tourismus“ (D2) und mit „Touristenbelangen und Qualitätssicherung“. 120 Telefoninterview mit der Generaldirektion Unternehmen, 2003. 121 Dies gilt, obschon der Fremdenverkehr laut Amsterdamer Vertrag (Artikel 3u) unter die Tätigkeitsfelder der Gemeinschaft subsumiert werden kann. 122 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 123 Vgl. dazu die Organisationspläne und interinstitutionellen Verzeichnisse der EG (1989 bis 1993) bzw. der EU (1994-2003).
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vorschläge auf den Tourismussektor. 1997 gab es in dem für Tourismuspolitik zuständigen Referat der Generaldirektion XXIII erstmals eine Abteilung, die sich mit „Alternativen Tourismusformen“ – beispielsweise dem „sanften“ Tourismus, Ökotourismus etc. – beschäftigte. Das Tourismusreferat der Generaldirektion Unternehmen hat mit Blick auf die Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte die Aufgabe, eine begrenzte Anzahl von Maßnahmen durchzuführen, um das Wissen über ökonomische Aspekte und nachhaltige Entwicklung sowie deren Möglichkeit zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze zu erhöhen. Zudem versucht das Referat, Synergieeffekte zwischen Gemeinschaftsstrategien, die für den Tourismussektor bedeutsam sind, und dem Tourismussektor selbst zu erzielen. Damit soll eine Berücksichtigung tourismusrelevanter Ansichten in anderen Politiksektoren gefördert und Instrumente entwickelt werden, mit denen die Auswirkungen von Gemeinschaftsmaßnahmen für den Tourismus besser abgeschätzt werden können (Enterprise DirectorateGeneral 2002b: 32).
5.1.6 Veränderungen in der Tourismuspolitik im Kontext des umweltpolitischen Integrationsprinzips Die Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen in der Tourismuspolitik lässt sich – analog zur Unternehmenspolitik – in drei Phasen unterscheiden. In der ersten Phase zwischen 1986 und 1992 wurden umweltpolitische Aspekte nur selten in politische Vorschläge aufgenommen bzw. nur in dem Maße reflektiert, wie sie den Ausbau und der Entwicklung des europäischen Tourismus förderlich waren. Die zweite Phase, die auf die Jahre von 1992 bis 1997 datiert werden kann, ist gekennzeichnet durch die vermehrte Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte, insbesondere beim Umweltschutz. Durch die Einhaltung von Regeln beim Umweltschutz soll die Attraktivität touristischer Regionen erhöht werden, die einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Die dritte Phase von 1997 bis 2004 zeigt deutlich, dass die Maßnahmen im Tourismus darauf zielen, ein für europäische Tourismusunternehmen günstiges Umfeld zu schaffen. In diesem Kontext werden umweltpolitische Anforderungen insofern berücksichtigt, wie sie die Entwicklungsmöglichkeiten von Tourismusunternehmen nicht einschränken. Erste Phase: 1986-1992 Die sich aus der EEA ergebende Anforderung, umweltpolitische Aspekte in sämtlichen Politikbereiche zu berücksichtigen, wurde in der Tourismuspolitik der EG nur peripher Rechnung getragen. Ende der 1980er Jahre initiierte die Generaldirektion VII (Verkehr) einige Rechtsetzungsvorschläge im Tourismussektor, in denen unter anderem die umweltpolitischen Aspekte des Fremdenverkehrs – vor allem mit Blick auf den Reiseverkehr – berücksichtigt wurden.124 Im Rahmen dieser Vorschläge wurden keine umweltpolitischen Zielsetzungen verfolgt. Ökologische Aspekte wurden lediglich als Argumente zur Rechtfer124
Hiermit sind beispielsweise Vorschläge zur besseren zeitlichen und räumlichen Planung des Fremdenverkehrs oder zur Staffelung der Ferienzeiten angesprochen. Ziel dieser Vorschläge war, die Auswirkungen der Ferienzeiten und des damit zusammenhängenden Fremdenverkehrs auf den europäischen Verkehr zu verringern, um Staus zu verhindern, erhöhten Unfallaufkommen vorzubeugen und den Verkehrsfluss zu erhalten (Europäische Kommission 1986d; 1988b).
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tigung primär ökonomisch geprägter Überlegungen genutzt (Europäische Kommission 1986d; 1988b). Insgesamt wurden umweltpolitische Aspekte in der Anfangsphase des Integrationsprinzips nicht in der Tourismuspolitik berücksichtigt.125 Es ging vielmehr darum, Strategien zur Förderung des Fremdenverkehrs zu erstellen, für europäische Tourismusunternehmen ein günstiges wirtschaftliches Umfeld zu schaffen und Auswirkungen auf den Tourismus einzuschränken (Europäische Kommission 1992i). Zur verbesserten Förderung des Tourismus in Europa, dem vor allem nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein besonderer Stellenwert zukam, wurde 1991 ein Aktionsplan von der Generaldirektion XXIII entwickelt (Europäische Kommission 1991c). In diesem Aktionsplan für den Zeitraum von 1993 bis 1995 wurden „Maßnahmen zur Unterstützung und Erhöhung der Koordinierung und Zusammenarbeit im Tourismusbereich“ vorgeschlagen. Unter anderem wurden darin auch umweltpolitische Gesichtspunkte des Fremdenverkehrs berücksichtigt, sofern diese der Entwicklung des europäischen Tourismus förderlich waren (Europäische Kommission 1991c). Zweite Phase: 1992-1997 Der Vertrag von Maastricht verstärkte die Integrationsanforderung. Das fünfte Umweltaktionsprogramm griff die im Aktionsprogramm zur Förderung des Tourismus gemachten Vorschläge auf und unterstrich deren Bedeutung für den Fremdenverkehr und die Umwelt (Europäische Kommission 1992a: 37). Die von der Generaldirektion XXIII vorgeschlagenen Gemeinschaftsaktionen fokussierten auf die Wechselwirkung zwischen Tourismus und Umwelt – beispielsweise zur Förderung von Initiativen zur Information und Sensibilisierung von Tourismus und Umwelt, zur Unterstützung des „sanften“ Tourismus und zur Hilfestellung für Pilotprojekte, um Tourismus und Umweltschutz auf lokaler und regionaler Ebene in Einklang zu bringen (Europäische Kommission 1991c). Diese Maßnahmen sollten in erster Linie Fördermöglichkeiten und Hilfestellungen offerieren, um Anreize für eine ökologische Ausrichtung des europäischen Tourismus zu schaffen (Europäische Kommission 1991c; 1994h). 1995 wurde unter Federführung der Generaldirektion XXIII und durch Beteiligung der Generaldirektion XI ein Grünbuch zur Rolle der EU im Bereich des Fremdenverkehrs entwickelt. Für den Fremdenverkehr bildeten demzufolge „die Wirtschaftskraft des Sektors, die Zufriedenheit der Touristen und die Wahrung des natürlichen und kulturellen Umfelds ein einziges Ganzes“ (Europäische Kommission 1995h: 17).
Daher sei – so die Generaldirektion XXIII – der Aspekt der Nachhaltigkeit für den Tourismus von besonderer Bedeutung. Die Gemeinschaft beabsichtigte, durch experimentelle Aktionen zur Förderung und zum Ausbau eines umweltverträglichen Tourismus beizutragen. Zudem sollten Impulse zur Diversifizierung der traditionellen Zielgebiete und der Reiseperioden gesetzt werden, um die Umwelt zu entlasten und den Touristen ein höheres Maß an Zufriedenheit zu verschaffen. Die Gemeinschaft war darüber hinaus bestrebt, einen Erfahrungsaustausch und eine Gegenüberstellung von Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten anzuregen, um die besten Verfahrensweisen zu identifizieren (Europäische Kommission 1995h: 18f.). In dem Grünbuch wurde die Bedeutung einer intakten Umwelt für den Tourismus bzw. die Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit und die Zu125 Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Tourismussektor erst seit 1989 strukturell in der Europäischen Kommission verankert ist.
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friedenheit der Touristen thematisiert (Europäische Kommission 1995h: 17). Für die Generaldirektion XXIII war der Schutz der Umwelt somit kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Förderung des Tourismus. In dem Zwischenbericht zur Bewertung der Umsetzung der Anforderung aus dem fünften Umweltaktionsprogramm wurde betont, dass es zwar Anzeichen für Fortschritte im Tourismussektor gegeben habe, diese aber nicht umfassend genug seien (siehe auch 3.2.). Die Empfehlungen des Grünbuchs sollten weiter verfolgt und die Instrumente zur Umsetzung erweitert werden – beispielsweise zur Förderung von Infrastrukturprojekten oder zur Verbesserung des Küstenzonenmanagements. Durch Pilotprojekte und bestehende Finanzierungsinstrumente sollten Touristen für die Umwelt sensibilisiert werden. Zudem sollte gewährleistet werden, dass die Strukturfonds zur umweltgerechten Entwicklung des Tourismus beitragen und die Einbeziehung des Aspekts „Umwelt und Tourismus“ auch in internationalen Übereinkünften126 adäquat berücksichtigt wird (Europäische Kommission 1994h; European Commission 1995a). Dritte Phase: 1997-2004 Durch den Europäischen Rat von Cardiff und den Vertrag von Amsterdam wurde der Druck zur Integration umweltpolitischer Anforderungen in Rechtsetzungsvorschläge verstärkt. Dieser Integrationsdruck wirkte sich auf den Tourismussektor marginal aus. Hier bestand zwar nach wie vor die Aufforderung zur Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte in der Tourismuspolitik.127 Es wurde jedoch kein integrativer Ansatz zur Einbindung der Umweltpolitik in den Tourismussektor verfolgt. Stattdessen arbeitete die Generaldirektion XXIII bzw. das Tourismusreferat der Generaldirektion Industrie mit einem strategischen Ansatz zur Einbindung der tourismuspolitischen Interessen in angrenzende Politikbereiche, wie zum Beispiel Industrie-, Verkehrs- und Umweltpolitik. Damit wurde das Ziel verfolgt, ein für die ökonomische Entwicklung des Tourismus förderliches Umfeld zu gestalten und negative Auswirkungen durch angrenzende Politikfelder auf die Tourismuspolitik zu verhindern (Europäische Kommission 2001k: 10f.). Umweltpolitische Aspekte wurden insofern berücksichtigt, wie sie diesem Ziel zuträglich waren bzw. die im Tourismussektor tätigen Unternehmen nicht behinderten (Europäische Kommission 1997k; 1998n). Die Umsetzung der Grundsätze für nachhaltige Entwicklung galt und gilt als zusätzlicher Nutzen für die Tourismuswirtschaft, sofern das Image des Reiseziels verbessert wird. Auf lokaler und regionaler Ebene sind die Berücksichtigung des Umweltschutzes und der Erhalt des natürlichen Umfeldes ein bedeutsamer Wettbewerbsvorteil für die Attraktivität einer touristischen Zielregion. Daher begrüßt das Tourismusreferat beispielsweise Initiativen der Generaldirektion Umwelt zur Überwachung der Badewasserqualität (Europäische Kommission 2002n) und zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Küstenregionen in der EU, die der Entwicklung des Fremdenverkehrs in diesen Regionen zugute kommen (Europäische Kommission 2000m). Für die Tourismuswirtschaft in Europa beabsichtigt die Europäische Kommission unter Federführung der Generaldirektion Unternehmen, ein Maßnah126 Hiermit sind Abkommen der EG zur Förderung der Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus in Entwicklungsländern angesprochen. 127 Dass der Tourismussektor als Politikfeld aus dem Fokus der Berücksichtigung umweltpolitischer Anforderungen gerückt ist, wird beim Vergleich des fünften und sechsten Umweltaktionsprogramm sichtbar. Während im fünften Umweltaktionsprogramm die Tourismuspolitik zu den Kernbereichen gehörte und als solches betont wurde, findet sie im sechsten Umweltaktionsprogramm keine Erwähnung mehr (Europäische Kommission 1992a; 2001a; Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002).
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menprogramm zu entwickeln, in dem die Strategie der nachhaltigen Entwicklung für den Tourismussektor in einer Agenda 21 dargelegt wird (Europäische Kommission 2001k: 17f.).128 Da die Europäische Kommission nur wenige Gestaltungsmöglichkeiten und keine regulative Funktion bezüglich der Tourismuspolitik besitzt, unterstützt das Tourismusreferat europäische Unternehmen hinsichtlich der Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte, indem freiwillige Verfahren gefördert und Anreize zur Etablierung eines umweltfreundlichen Tourismus offeriert werden.129 Das Tourismusreferat unterstützt vor allem freiwillige Verfahren wie zum Beispiel die Anwendung von EMAS für Unternehmen im Tourismussektor (Europäische Kommission 1998m; 2001a: 18ff; 2001m: 32).130 Zudem greift die Generaldirektion XXIII seit 1999 die „Umweltzeichen-Initiative im Tourismus“ wieder auf, die bereits 1994 eingeleitet, dann aber durch gesetzliche Auflagen verhindert wurde (Europäische Kommission 2001m: 32). Die Umweltzeichen-Initiative trägt dazu bei, den umweltgerechten Fremdenverkehr mit einem sichtbaren Qualitätsmerkmal zu versehen. Beide Maßnahmen sollen zu einem höheren Maß an Transparenz der Umweltleistungen beitragen, und es dem Konsumenten ermöglichen, eine Organisation, eine Dienstleistung oder ein Produkt nach ökologischen Gesichtspunkten zu bewerten und auszuwählen (Europäische Kommission 2001m: 32). Gleichzeitig soll damit ein Anreiz für KMU geschaffen werden, sich diesem System anzuschließen und höhere Umweltstandards einzuhalten, Umweltbetriebsprüfungen durchzuführen und ein Umweltmanagement zu etablieren, um daraus einen wirtschaftlichen Nutzen zu generieren (Europäische Kommission 2001a: 18ff.; 2001h). Daneben werden von der EU mehrere Ad-hoc-Projekte im Bereich des Umweltschutzes finanziell gefördert, die mit dem Tourismus zusammen hängen (Europäische Kommission 2001m: 32).131 Nicht zuletzt unterstützt und beteiligt sich das Tourismusreferat an einem europäischen Netzwerk für ökologisches Reisen und ökologischen Tourismus („European Community Network for Environmental Travel & Tourism“), indem sie die Hauptinteressen im Tourismus und Umweltschutz zusammen bringt, Informationen verbreitet und die Tourismusindustrie berät (Enterprise Directorate-General 2003b). Da die Tourismuspolitik primär durch die Mitgliedstaaten der EU gestaltet wird, versucht das Tourismusreferat, die Mitgliedstaaten zu unterstützen, um auf diese Weise indirekt auf die Gestaltung der Tourismuspolitik in Europa einwirken zu können.132 Dazu wurde die Arbeit des Beratenden Ausschusses für Tourismus, der von der Kommission geleitet wird und aus Mitgliedern der Generaldirektion XXIII – bzw. der Generaldirektion „Unternehmen“ – sowie Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten besteht, vertieft (Europäische Kommission 2001k: 20ff.; 2000n:4f.). Diese engere Zusammenarbeit kann als Reaktion auf die Schlussfolgerung des Rates von 1999 verstanden werden. Bei dem Treffen des Ministerrats im November 1997 wurde der Nutzen einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung des europäischen Tourismus anerkannt, in deren Folge die Kommission zu einer 128
Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. Hinsichtlich der Unterstützung von KMU konzentriert sich die Generaldirektion XXIII bzw. die Generaldirektion Unternehmen und damit insbesondere das Tourismusreferat auf KMU, die in diesem Politikfeld die Mehrheit darstellen (Europäische Kommission 1995h). 130 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 131 Ferner hat die Europäische Kommission ein Finanzierungsinstrument für die Umwelt entwickelt, mit dem Projekte im Bereich der Umweltschutzdemonstration unterstützt werden (vgl. Europäische Kommission 2001m: 32). 132 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 129
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Vertiefung der Ergebnisse der Konferenz aufrief (Europäische Kommission 1999i). Daraufhin wurde eine hochrangige Expertengruppe für Tourismus und Beschäftigung eingerichtet, die in einer Mitteilung eine Strategie zur Vertiefung der Kenntnisse über die Tourismuswirtschaft und die bessere Nutzung bestehender politischer Maßnahmen vorschlug (Europäische Kommission 1999i; 2000n: 3). Der Beratende Ausschuss hat die Aufgabe, den Informationsaustausch, die Konsultation und Zusammenarbeit im Tourismussektor zu gewährleisten. Durch seine Tätigkeit sollen die Mitgliedstaaten unterstützt werden, indem Informationen aus den Mitgliedstaaten gesammelt, verglichen und best practices identifiziert werden. Diese Informationen werden an die Mitgliedstaaten weiter geleitet, um deren Strategien und Verfahrensweisen zu verbessern und Methoden zu entwickeln, die einem nachhaltigen Tourismus förderlich sein können (Europäische Kommission 2000n: 4f.; 2001m: 33; Enterprise Directorate-General 2003b). Im Beratenden Ausschusses sind im Jahr 2000 vier Arbeitsgruppen entstanden, die sich mit der Verbesserung des Tourismus und der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusunternehmen befassen (Europäische Kommission 2000n: 4ff.) Eine dieser Arbeitsgruppen fokussiert auf die „Förderung von Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung im Tourismus“. Sie entwickelte Strategien und Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im Tourismussektor, wie beispielsweise die lokale Agenda 21 des Mittelmeerraums und des Baltischen Meeres (Europäische Kommission 2001k: 27f.). Diesen Maßnahmen ist gemein, dass sie die Einbeziehung aller relevanten touristischen Akteure anstrebt (z.B. Reiseveranstalter, Hoteliers, Fremdenverkehrsvereine und Touristen) und deren Interessen bei der Umsetzung der Grundsätze eines nachhaltigen Tourismus berücksichtigt (vgl. Mercadou et al. 2001: 14ff.; Europäische Kommission 2001k: 17f., 27f.).133 Da die Tourismuspolitik nicht primär durch die Europäische Kommission, sondern durch deren Mitgliedstaaten gestaltet wird, hat die Kommission nur bedingt die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Daher kooperiert das Tourismusreferat verstärkt mit den Mitgliedstaaten, tauscht Informationen aus, hilft bei der Verbesserung politischer Verfahren und unterstützt damit die Tätigkeit der Mitgliedstaaten. Parallel dazu ist das Tourismusreferat bestrebt, Auswirkungen aus anderen Politikfeldern zu verhindern, die die Entwicklungsmöglichkeiten des Tourismus einschränken, um insgesamt ein wachstumsförderliches Umfeld für Tourismusunternehmen zu schaffen (siehe auch Kapitel 3.2).134 Hinsichtlich der Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte fördert das Tourismusreferat freiwillige Vereinbarungen und anreizorientierte Instrumente, durch welche die Tourismusunternehmen nicht eingeschränkt werden bzw. Wettbewerbsvorteile entstehen können. Vor diesem Hintergrund ist die Politikgestaltung des Tourismusreferats charakteristisch für die Generaldirektion Unternehmen.
5.2 Generaldirektion Energie und Verkehr Die Generaldirektion Energie und Verkehr ist im Rahmen der Europäischen Kommission für die Energie- und Verkehrspolitik zuständig. Beide Politikbereiche werden nachfolgend analytisch mit Blick auf die Implementation des umweltpolitischen Integrationsprinzips vorgestellt und untersucht. Dazu wird in einem ersten Schritt die strukturelle Einbettung 133 134
Ebd. Ebd.
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beider Politikbereiche in die Generaldirektion beschrieben. Daraufhin wird skizziert, wie sich die Verkehrspolitik historisch in der Europäischen Kommission verorten lässt. In einem dritten Schritt werden strukturelle Veränderungen ausgewertet, die sich im Zuge der Implementation des umweltpolitischen Integrationsprinzips in der Verkehrspolitik beobachten ließen. Daran anschließend wird in einem vierten Schritt analysiert, welchen Einfluss die Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips auf die Verkehrspolitik der Europäischen Kommission hatte. Dazu werden wie schon in Kapitel 5.1 drei Phasen unterschieden.
5.2.1 Die Einbettung der Energie- und Verkehrspolitik in der Generaldirektion Energie und Verkehr Die Generaldirektion Energie und Verkehr ist am 1. Januar 2000 im Zuge der Kommissionsreform durch die Verschmelzung der Generaldirektionen VII (Verkehr) und XVII (Energie) entstanden. Im Gegensatz zu anderen Generaldirektionen, die aufgrund inhaltlicher Überschneidungen der Aufgabenbereiche zusammengelegt wurden, um deren Arbeit effizienter zu gestalten und Zuständigkeitskonflikten vorzubeugen,135 ist der Zusammenschluss der Generaldirektionen Energie und Verkehr der allgemeinen Kommissionspolitik geschuldet. So sollten eine Verschlankung der Europäischen Kommission sowie engere und harmonisiertere Arbeitsbeziehungen angestrebt werden (vgl. Nugent 2001: 8f.). Strukturell ist die Generaldirektion Energie und Verkehr – wie auch die anderen Generaldirektionen – in drei Ebenen untergliedert: die Führungsebene der Generaldirektion (Generaldirektor, der stellvertretende Generaldirektor, die Berater etc.), die Ebene die Direktionen und schließlich die Ebene der Referate. Ein Spezifikum der Generaldirektion Energie und Verkehr stellt jedoch der Hauptberater des Generaldirektors dar, der diesen zu Fragen hinsichtlich der Umweltintegration in der Generaldirektion berät. Neben der Organisationsspitze besteht die Generaldirektion aus insgesamt neun Direktionen mit drei bis fünf – insgesamt 37 – Referaten, in denen zu unterschiedlichen politikfeldspezifischen Themen gearbeitet wird. In der Generaldirektion beschäftigen sich zwei Direktionen mit energiepolitischen Aspekten, drei Direktionen mit verkehrspolitischen Inhalten und weitere zwei Direktionen behandeln Aspekte der nuklearen Sicherheit und der nuklearen Inspektionen. Darüber hinaus ist eine Direktion für den Bereich der transeuropäischen Energie- und Verkehrsnetze sowie eine weitere Direktion für allgemeine Angelegenheiten und Ressourcen der Generaldirektion zuständig (Organigramm der Generaldirektion Energie und Verkehr, Stand: 16. Dezember 2003).136 Die Generaldirektion Energie und Verkehr beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter und gehört damit zu einer der größten Generaldirektionen. 135 Siehe dazu beispielsweise der Zusammenschluss der Generaldirektion Unternehmen aus den Generaldirektionen III, XIII und XXIII (siehe Kapitel 5.1). 136 Bis zum Mai 2002 bestand die Generaldirektion aus sieben Direktionen mit drei bis fünf und insgesamt 29 Referaten. Mit dem Beschluss der Europäischen Kommission im Juni 2002, der vorsah, das Amt für Sicherheitsüberwachung in die Generaldirektion Energie und Verkehr zu integrieren, wurden in der Generaldirektion zwei weitere Direktionen – „Nukleare Sicherheit und Sicherheitsüberwachungen“ sowie „Nuklearinspektionen“ – mit jeweils vier Referaten und die Euratom-Versorgungsagentur etabliert. Die Atompolitik der Europäischen Kommission wurde zuvor in der Generaldirektion XI (Umwelt, nukleare Sicherheit) behandelt. Erst mit der Kommissionsreform unter Präsident Prodi und Vizepräsident Kinnock wurde die Atompolitik in der Generaldirektion Energie und Verkehr behandelt. Nicht zuletzt aufgrund der kritischen Einstellungen der Mitarbeiter in der Generaldirektion XI gegenüber atomwirtschaftlichen Aspekten wurde diese strukturelle Veränderung vorgenommen (Interview in
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In der Generaldirektion Energie und Verkehr werden die Bereiche Energie- und Verkehrspolitik weitestgehend separat voneinander behandelt: „it’s still two different Directorates-General, one for energy, one for transport. Although they are merged“.137
Lediglich in der Direktion D „Neue Energieträger und Nachfragemanagement“ im Referat für umweltverträglichen Verkehr werden verkehrspolitische Aspekte in die Energiepolitik – in Bezug auf die Entwicklung alternativer Treibstoffe – aufgenommen.138 In der Generaldirektion Energie und Verkehr dominiert ein französischer Verwaltungsstil (vgl. Abschnitt 3.3).139 Die internen Verfahren und Prozesse sind hierarchisch strukturiert, die Kommunikationswege und -formen sind stark formalisiert und verlaufen zumeist vertikal. Der Generaldirektor der Generaldirektion Energie und Verkehr prägt den Verwaltungsstil in besonderer Weise.140 Er überwacht und kontrolliert Rechtsetzungsvorschläge, die an die politische Ebene weiter geleitet werden und delegiert kaum Verantwortung an andere Direktionen oder Referate.141 Im Prozess der Zusammenlegung der beiden Generaldirektionen zur Generaldirektion Energie und Verkehr wurden allerdings zwei unterschiedliche Verwaltungsstile zusammengefügt. So war die Generaldirektion VII durch einen englischen Stil geprägt, während die Generaldirektion XVII durch einen französischen Verwaltungsstil gekennzeichnet war.142 Diese unterschiedlichen Verwaltungsstile wurden zu Beginn der Zusammenlegung der beiden Generaldirektionen von deren Mitgliedern – insbesondere von jenen an den Schnittstellen zwischen der Energie- und Verkehrspolitik – durchaus problematisiert. Vor allem für die ehemaligen Mitglieder der Generaldirektion VII ist der Wandel zwischen dem früheren englischen und heutigen französischen Verwaltungsstil spürbar. So erweist sich vor allem die Änderung der in der Generaldirektion dominanten Sprache und die stärkere Konzentration auf korrekt eingehaltene Verfahrenswege als Problem.143 Bereits frühzeitig wurde indes erkannt, dass die Existenz zweier Verwaltungsstile in einer Generaldirektion die Zusammenarbeit erschweren würden,144 so dass hieraus die Herausforderung erwuchs, eine corporate identity der Generaldirektion Energie und Verkehr zu generieren und „to make them act as one group and not as two within the same DG“.145 Insofern verfolgte der Generaldirektor der Generaldirektion Energie und Verkehr das Ziel, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, durch welche die Kooperation zwischen den beiden Teilen der Generaldirektion erleichtert würde. Dazu wurden Workshops in der Generaldider Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003). Gegenwärtig umfasst die Generaldirektion elf Generaldirektionen mit insgesamt 44 Referaten (Stand: 31.07.2008). 137 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). 138 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003. 139 Ebd. 140 Mitunter kann der Direktor einer Direktion einen direktionsinternen Verwaltungsstil etablieren (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). 141 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003. 142 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 143 Zum Teil ist dieser neue Umgang mit administrativen Tätigkeiten, der ein höheres Maß an interner Abstimmung und Koordination mit anderen Referenten und insbesondere mit Vorgesetzten verlangt, auch Anlass für Unmut bei einigen Mitgliedern der ehemaligen Generaldirektion XVII (ebd.). 144 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 145 Ebd.
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rektion durchgeführt, Referate mit ähnlichen Schwerpunkten zusammen gelegt – beispielsweise das Referat „Umweltverträglicher Verkehr“146 – und Mitglieder der Generaldirektion aufgefordert im jeweils anderen Policy-Bereich zu arbeiten, um durch den Austausch einen gemeinsamen Verwaltungsstil und eine gemeinsame Kultur zu etablieren.147 Mit Blick auf die Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen wird kaum mehr ein Unterschied zwischen den Verwaltungsstilen des Energie- und Transportsektors in der Generaldirektion wahrgenommen.148 Die Generaldirektion Energie und Verkehr ist verantwortlich für die Entwicklung und Durchführung der europäischen Energie- und Verkehrspolitik. Sie verfolgt das Ziel, eine europäische Energie- und Verkehrspolitik zum Nutzen der gesamten Gesellschaft, der Unternehmen, der Städte und ländlichen Gebiete sowie der Bürger zu gestalten. Dazu schlägt sie Rechtsvorschriften vor, verwaltet Programme und finanziert zahlreiche Projekte.149 Seit 2000 bzw. 2001 ist die Arbeit der Generaldirektion Energie und Verkehr durch zwei Dokumente der Kommission – das Grünbuch „Toward a European strategy for security of energy supply“ (European Commission 2000) und das Weißbuch „European transport policy for 2010: time to decide“ (European Commission 2001) – geprägt, in welchen die Grundzüge der europäischen Energie- und Verkehrspolitik dargestellt und neue Impulse geliefert werden. Zu den Aufgaben der Generaldirektion Energie und Verkehr zählen die Verwirklichung des Energie- und Verkehrsbinnenmarktes, der Ausbau der transeuropäischen Verkehrs- und Energienetze, die Verstärkung des Engagements im Luftraum zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums sowie die Stärkung der Sicherheit in Europa (beispielsweise im Flug-, Schienen- und Seeverkehr, die Verwaltung strategischer Reserven, die Schaffung eines Rechtsrahmens zur Sicherheit der Kernkraftwerke und die Entsorgung radioaktiver Abfälle).150 Darüber hinaus gehört die Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung in den Bereichen Energie und Verkehr zu den Kernaufgaben der Generaldirektion. Dazu strebt sie Veränderungen in der Organisation des Verkehrssystems zugunsten umweltfreundlicher Verkehrsträger, den Einsatz energieeffizienter Verkehrstechnologien und die Verwirklichung der Intermodalität an. Der Verbraucher soll in den Mittelpunkt eines leistungsfähigen Verkehrssystems gestellt werden, insbesondere mit Blick auf öffentliche Dienstleistungen im Personennahverkehr. Im Energiesektor werden konkrete Maßnahmen für das Management der Energienachfrage angestrebt. Hier geht es in erster Linie darum, langfristig den Energiebedarf in Europa zu decken, indem unter anderem eine effizientere Energienutzung, die verstärkte Nutzung von Biokraftstoffen sowie die 146
Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003. „He [the Director-General, Anm. der Verf.] has made sure that by dictating away that everybody is singing from the same hymn“ (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003). 148 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003. 149 Die Generaldirektion Energie und Verkehr verwaltet unter anderem das Programm für transeuropäische Netze, welches gegen Ende der 1980er Jahre in Zusammenhang mit dem geplanten Binnenmarkt ins Leben gerufen wurde und eine effizientere Gestaltung der europäischen Infrastruktur zum Ziel hat (Directorate-General for Energy and Transport 2003). Darüber hinaus unterstützt die Generaldirektion Programme zur technologischen Entwicklung und Innovation. Insgesamt fördert die Generaldirektion Energie und Verkehr Programme im Wert von 850 Mio. ¼ pro Jahr für die Jahre 2000 bis 2006 (Directorate-General for Energy and Transport 2002a). 150 Weitere Aufgaben der Generaldirektion sind die erfolgreiche Erweiterung zur wirksamen Übernahme eines gemeinschaftlichen Besitzstandes in den Bereichen Energie und Verkehr sowie der Ausbau der internationalen Zusammenarbeit, beispielsweise die Schaffung einer Partnerschaft mit Russland im Bereich der Energiewirtschaft (Directorate-General for Energy and Transport 2002a). 147
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aktive Förderung erneuerbarer Energieträger angestrebt werden. Dazu werden verstärkt Anstrengungen in der Forschung unternommen, auch im Bereich der Atomenergie (Directorate-General for Energy and Transport 2002a; ausführlicher dazu unter 5.2.5). Umweltpolitische Aspekte werden in der Generaldirektion Energie und Verkehr in dem Referat „Umwelt“ der Direktion für allgemeine Angelegenheiten behandelt. Das Referat wurde nach der Zusammenlegung der Generaldirektion VII und XVII im Januar 2000 gegründet. In dem Umweltreferat werden umweltpolitische Belange gleichermaßen mit Blick auf die Verkehrs- als auch auf die Energiepolitik behandelt. Nach der Umstrukturierung der Generaldirektion Energie und Verkehr im Juni 2002 wechselte das Umweltreferat unter dem Titel „Nachhaltige Entwicklung“ in die Direktion „Transeuropäische Netze für Energie und Verkehr“. Die Änderung der Bezeichnung des Umweltreferats kann als Reaktion auf die veränderte Bedeutung des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung in der Europäischen Kommission verstanden werden, das zwar bereits in dem fünften Umweltaktionsprogramm genannt, aber vor allem als Folge des Gipfels von Cardiff 1998 verstärkt diskutiert und eingefordert sowie durch das sechste Umweltaktionsprogramm erneut forciert wurde (Europäische Kommission 1992a; 2001a).151 Die Generaldirektion Energie und Verkehr verdeutlicht damit, dass es nicht mehr nur um die Implementation umweltpolitischer Anforderungen geht, sondern um die Verfolgung der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung und damit um eine Balance zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen.152 Das Umweltreferat zählt mit einem Referatsleiter, acht weiteren Referenten sowie vier Mitarbeitern im Sekretariat zu einem kleineren Referat der Generaldirektion (DirectorateGeneral for Energy and Transport 2001).153 Neben dem Umweltreferat gibt es in der Generaldirektion weitere Referate, die sich implizit mit umweltpolitischen Aspekten beschäftigen, wie zum Beispiel das Referat „Neue und erneuerbare Energiequellen“ oder das Referat „Umweltfreundlicher Verkehr“. Darüber hinaus gibt es in vielen Referaten Umweltreferenten, die für die Berücksichtigung umweltpolitischer Belange in ihrem spezifischen Sektor zuständig sind. Umweltpolitische Anforderungen und Anfragen, die an die Generaldirektion Energie und Verkehr gerichtet sind, werden zunächst vom Umweltreferat – als einem horizontalen Referat – behandelt und gegebenenfalls an die jeweiligen Umweltreferenten in den sektorspezifischen Referaten weiter geleitet.154 Neben dem für nachhaltige Entwicklung zuständigen Referat und den Umweltreferenten der sektorspezifischen Referate nimmt der Hauptberater des Generaldirektors eine besondere Stellung in der Generaldirektion Energie und Verkehr ein. Er ist für die Koordination von Aspekten der nachhaltigen Entwicklung im Rahmen der Energie- und Verkehrspolitik zuständig, „notamment la rédaction de la communication sur le sujet et son suivi“ (Directorate-General for Energy and Transport 2001). Zudem beobachtet er die im Rahmen des Programms zur Bekämpfung der Klimaän151 Durch die Änderung der Bezeichnung des Umweltreferats der Generaldirektion Energie und Verkehr haben sich dessen Aufgaben nicht verändert (Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). 152 Ebd. 153 Von den acht Referenten arbeiten zwei in erster Linie mit Blick auf die Energiepolitik, während drei Referenten primär umweltpolitische Aspekte der Verkehrspolitik behandeln. Die Aufgabenbereiche der übrigen Referenten lassen sich nicht eindeutig einem der beiden Sektoren zuordnen. 154 Besonderen Stellenwert genießt die Koordinierung und der Beitrag der Energie- und Verkehrspolitik zur Strategie der Bekämpfung des Klimawandels, beispielsweise Änderungen der Organisation des Verkehrssystems zugunsten umweltfreundlicher Verkehrsträger, Einsatz energieeffizienter Technologien und Verwirklichung der Intermodalität, leistungsfähigere Verkehrssysteme, aktive Förderung erneuerbarer Energien sowie verstärkte Anstrengung in der Forschung – auch im Nuklearbereich.
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derung ergriffenen Maßnahmen der Generaldirektion Energie und Verkehr (DirectorateGeneral for Energy and Transport 2001).155 Da der Hauptberater des Generaldirektors zuvor lange Jahre als Leiter einer Direktion in der Generaldirektion XI tätig war, spielt dieser eine bedeutende Rolle für die Kooperation mit der Generaldirektion Umwelt. Er vertritt nicht nur die Politik der Generaldirektion Energie und Verkehr nach außen, sondern fungiert – neben dem Umweltreferat – gleichermaßen als Ansprechpartner für die Mitglieder der Generaldirektion Umwelt, die ihn als einen ihrer ehemaligen Kollegen perzipieren und akzeptieren.156 Das Umweltreferat der Generaldirektion Energie und Verkehr hat – in Kooperation mit dem Hauptberater des Generaldirektors – die Aufgabe, zur Konzeptionalisierung und Koordinierung der umweltpolitischen Integration im Rahmen der europäischen Energieund Verkehrspolitik beizutragen. Das Umweltreferat arbeitet mit der Generaldirektion Umwelt zusammen und betreibt in zweierlei Hinsicht eine „Folgenabschätzung“. Erstens werden von dem Referat die umweltpolitischen Folgen der Energie- und Verkehrspolitik untersucht und zweitens erfasst das Referat die Folgen umweltpolitischer Aktionen auf den Energie- und Verkehrssektor. Darüber hinaus prüft das Referat das Verhältnis zwischen dem Industrie- und dem Umweltsektor und koordiniert freiwillige Abkommen der Industrie für den Umweltschutz. Nicht zuletzt wird in dem Umweltreferat der Beitrag der Energieund Verkehrspolitik zum Klimawandel untersucht sowie verschiedene Programme und spezifische Aktionen – insbesondere zur Strategie „Clean air for Europe“ – begleitet und koordiniert (vgl. Directorate-General for Energy and Transport 2001).
5.2.2 Die historische Verortung der Verkehrspolitik Die Verkehrspolitik gehört neben der Landwirtschafts-, Wettbewerbs- und Außenhandelspolitik zu den ersten Politikfeldern in der EG.157 Sie existiert seit dem Inkrafttreten der Römischen Verträge von 1958 und konzentrierte sich anfangs darauf, Hindernisse an den Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen und auf diese Weise einen Beitrag zum freien Personen- und Warenverkehr zu leisten. In der Europäischen Kommission wurde die Verkehrspolitik durch die Generaldirektion VII (Verkehr) seit Gründung der Europäischen Kommission 1958 vertreten. Trotz der langen Tradition der Verkehrspolitik in der EG hat der Ministerrat ca. 30 Jahre lang keine Vorschläge der Kommission in Maßnahmen umgesetzt. Erst nach der Feststellung der Untätigkeit des Rates durch den Gerichtshof 1985 ließen es die Mitgliedstaaten zu, dass durch die Gemeinschaft Rechtsvorschriften erlassen werden (European Commission 2001: 6). Von 1986 bis 1991 bestand die Generaldirektion VII aus drei Direktionen, die sich mit Aspekten des See-, Binnen- und Luftverkehrs beschäftigten. 1992 wurde die Generaldirektion VII strukturell zu insgesamt vier Direktionen ausgebaut. Drei der vier Direktionen befassten sich nach wie vor mit Aspekten des See-, Binnen- und Luftverkehrs, während in dem neu eingerichteten Referat internationale und interinstitutionelle Beziehungen sowie 155
Nicht zuletzt kommt dem Hauptberater des Generaldirektors eine besondere Bedeutung zu, da er über weitreichende Kenntnisse und Erfahrungen im Umweltsektor und in der Generaldirektion Umwelt verfügt. 156 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 157 Siehe vergleichend in den Organisationsplänen und den interinstitutionellen Verzeichnissen der EG (1986 bis 1993) bzw. der EU (1994 bis 2003) der Jahre 1996 bis 2003.
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Aspekte von Forschung und Technik hinsichtlich des Verkehrssektors thematisiert wurden. 1997 wurde die Generaldirektion VII erneut um eine Direktion erweitert, in der Aspekte der Forschung und Entwicklung mit Blick auf die Verkehrspolitik behandelt und diese aus der 1992 errichteten Direktion abgekoppelt wurden. In der Zeitspanne von 1986 bis 1999 wurde die Generaldirektion VII mit anfangs drei Direktionen und insgesamt 10 Referaten auf fünf Direktionen mit 17 Referaten strukturell ausgebaut, was auf eine gewachsene Bedeutung der Verkehrspolitik in der EU hindeutet. In Zusammenhang mit der Reform der Europäischen Kommission von 2000 ging die Generaldirektion VII in die Generaldirektion Energie und Verkehr auf, in der sich fortan drei Direktionen mit insgesamt 13 Referaten mit verkehrspolitischen Inhalten befassen.
5.2.3 Strukturelle Veränderungen in der Verkehrspolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip In der Generaldirektion VII beschäftigte sich bereits mit dem Inkrafttreten der EEA 1986 ein Referat mit „Sozial- und Umweltaspekten des Verkehrs“.158 Dabei handelt es sich nicht primär um ein Umweltreferat der Generaldirektion VII, sondern vielmehr um ein Referat, in dem unter anderem auch Umweltaspekte der Verkehrspolitik behandelt wurden. Erst mit dem Vertrag von Maastricht und dem fünften Umweltaktionsprogramm wurde seit 1992 die Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte strukturell verstärkt, indem in den drei verkehrspolitischen Bereichen des See-, Binnen- und Luftverkehrs jeweils ein Referat eingerichtet wurde, das sich neben Sicherheits- und technischen Aspekten auch mit umweltpolitischen Fragen des Sektors beschäftigte. Folglich lauteten die Titel der für umweltpolitische Aspekte zuständigen Referate in der Direktion „Landverkehr“ „Sicherheit; Technologie, Umweltfragen im Bereich des Straßenverkehrs“, in der Direktion „Luftverkehr“ „Flughafenpolitik; Umweltfragen; sonstige gemeinsame Politiken“ und in der Direktion „Seeverkehr“ „Sicherheit im Seeverkehr; Umweltfragen; technische Aspekte“. In der Zeitspanne von 1992 bis 1999 hat es lediglich eine Umbenennung des Umweltreferats der Direktion Landverkehr gegeben, dessen Titel sich 1997 in „Sicherheit, Technologie, Umwelt“ änderte. Hieraus wird zwar eine verstärkte Reflektion des umweltpolitischen Integrationsprinzips in der Organisationsstruktur deutlich, aus der Bezeichnung der Referate in den drei verkehrspolitischen Bereichen lässt sich dagegen die Annahme ableiten, dass es sich gewissermaßen um eine Art „Residualreferate“ handelt, in denen neben vielen anderen Fragen – wie z.B. sicherheitspolitischen – auch umweltpolitische Aspekte behandelt werden. Insofern handelt es sicher eher um Referate, die sich mit Schnittstellenaspekten im Rahmen der Verkehrspolitik beschäftigen.159
158
Siehe vergleichend die Organisationspläne und die interinstitutionellen Verzeichnisse der EG (1986 bis 1993) bzw. der EU (1994 bis 2003). 159 Dies erklärt ferner, warum von den Mitgliedern der Generaldirektion VII der Bezug zur Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte nicht wahrgenommen und konstatiert wurde, dass es in der Generaldirektion VII kein Umweltreferat gegeben habe (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002).
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5.2.4 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in der Verkehrspolitik Ebenso wie in der Unternehmens- und Tourismuspolitik lässt sich auch in der Verkehrspolitik die Berücksichtigung und die Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen in Politikund Rechtsetzungsvorschläge durch die Generaldirektion VII – bzw. unter Federführung der Generaldirektion XI und Beteiligung der Generaldirektion VII – zwischen 1986 und 2003 in drei Phasen unterteilen. In einer ersten Phase bis 1992 werden umweltpolitische Aspekte nur peripher in Rechtsetzungsvorschlägen der Verkehrspolitik berücksichtigt. In der zweiten Phase von 1992 bis 1997 kann man eine partielle Integration von Umweltaspekten in die Verkehrspolitik feststellen. Diese werden immer dann berücksichtigt, wenn sie nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sind, indem erwartbare Kosten reduziert oder deren Eintrittswahrscheinlichkeit gesenkt wird. Die dritte Phase der Umweltintegration setzt 1997/1998 ein und dauert bis 2004 an. In dieser Phase wird eine erste Evaluation hinsichtlich der Umsetzung umweltpolitischer Belange vorgenommen und das Ziel verfolgt, die Verkehrspolitik nachhaltig zu gestalten sowie eine Entkopplung zwischen Wirtschaftswachstum und Zunahme der Verkehrsströme anzustreben. Erste Phase: 1986-1992 In der Verkehrspolitik wurden umweltpolitische Aspekte bereits seit den 1970er Jahren reflektiert, da erkannt wurde, dass der zunehmende Verkehr in Europa Auswirkungen auf die Qualität der Umwelt haben werde. Entsprechend wurden in den 1970er und 1980er Jahren als Reaktion auf die Anforderungen aus den ersten beiden Umweltaktionsprogrammen (1973 bis 1977 und 1977 bis 1981) Umweltaspekte in Rechtsetzungsvorschlägen partiell aufgenommen. Die Generaldirektion VII bzw. die Generaldirektion XI in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion VII entwarf einige Rechtsvorschläge zur technischen Verbesserung bei Lärm- und Abgasgrenzwerten von Kraftfahrzeugen sowie zur Bekämpfung der Verschmutzung der Meeresumwelt durch die Schifffahrt.160 Das dritte Umweltaktionsprogramm (vgl. Europäische Kommission 1981a) markierte einen Wendepunkt, indem anerkannt wurde, dass der „wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung durch die Umwelt selbst Grenzen gesetzt sind“ (Europäische Kommission 1992c: 3). Im dritten Umweltaktionsprogramm wurde die Notwendigkeit eines verschärften Problembewusstseins für die Umweltdimension im Verkehrssektor betont. Dazu wurde schwerpunktmäßig auf die Reduktion der Kraftfahrzeugemissionen und den Fluglärm sowie die Bewertung von Umweltverträglichkeitsprüfungen von Infrastrukturvorhaben fokussiert (Europäische Kommission 1992c: 2f.).161 Durch das vierte Umweltaktionsprogramm wurde nach Auffassung der Generaldirektion VII erstmals – unter Bezugnahme auf die EEA – „die Vielschichtigkeit der Wechselwirkungen zwischen Verkehr und Umwelt in angemessener Weise berücksichtigt“ (Europäische Kommission 1992c: 3, siehe auch Kapitel 4.2). In einem weiteren Schritt beschloss die Kommission 1989, die Berücksichtigung umweltpolitischer Belange in anderen Politikbereichen – insbesondere in die Verkehrspolitik – einer genaueren Überprüfung zu unterziehen und Leitlinien für die weitere Arbeit zu entwickeln. Damit wurde das Ziel verfolgt, die Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt in einem kohärenten Konzept zu analysieren (Europäische Kommission 1992c: 3). Als Reaktion auf das vierte Umweltaktionspro160 161
Vergleiche dazu Europäische Kommission 1976a; 1976b; 1980a. Vgl. Europäische Kommission 1980b; 1981b; 1981c; 1985.
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gramm und den Beschluss der Kommission wurden unter Federführung der Generaldirektion XI und Beteiligung der Generaldirektion VII Politikvorschläge in Bereichen entworfen, in denen bereits erste Erfolge erzielt worden waren (z.B. bei der Begrenzung von Schallemissionen, der Überwachung und Verringerung von Meeresverschmutzungen durch die Schifffahrt sowie der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs mit gefährlichen Gütern und Chemikalien).162 Gleichwohl wurde in der Verkehrspolitik bis 1992 kein umfassender Ansatz zur Umweltintegration verfolgt. Mit Ausnahme einiger durch die Generaldirektion XI initiierter Vorschläge blieb die Integration umweltpolitischer Aspekte in verkehrspolitische Rechtsetzungsvorschläge eine Randerscheinung,163 zumal die Einstellung der Generaldirektion VII in dieser Phase primär ökonomisch geprägt war. In der für Verkehrspolitik zuständigen Generaldirektion dominierte die Vorstellung, dass es die vordringlichste Aufgabe sei, eine Verkehrspolitik zu etablieren, die den Interessen der europäischen Unternehmen gerecht wird, was in erster Linie bedeutet, Beschränkungen an den europäischen Binnengrenzen abzubauen und dadurch den grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr zu verbessern. Die Verbesserung verkehrspolitischer Rahmenbedingungen für die europäische Wirtschaft sollte das ökonomische Wachstum in Europa fördern, in dessen Folge Arbeitsplätze geschaffen würden. Demnach sollte die Verkehrspolitik der europäischen Wirtschaft und den Bürgen gleichermaßen nützen. Der Ausbau des Verkehrssektors und die Zunahme an Verkehrsströmen blieb in dieser Phase unhinterfragt, schließlich sollten jegliche Behinderungen – insbesondere bei Grenzkontrollen an europäischen Binnengrenzen – abgeschafft werden, um Transportzeiten zu verkürzen sowie den Güter- und Dienstleistungsverkehr zu vereinfachen. Anforderungen zur Integration umweltpolitischer Aspekte wurden folglich als unnötige Hindernisse für den Verkehrssektor begriffen. Entsprechend argumentierte die Generaldirektion VII, dass die Anforderungen der Generaldirektion XI unrealistisch seien, dem Ziel der wirtschaftspolitischen Integration Europas widerstrebten und sogar kontraproduktiv für die Entwicklung Europas und seiner Bürger seien.164 Die Generaldirektion VII lehnte die Forderungen der Generaldirektion XI jedoch nicht nur ab, sondern opponierte aktiv gegen Einmischungen der Generaldirektion XI in den verkehrspolitischen Bereich. Dazu konnte die Generaldirektion VII stets auf die Kommissionspolitik als legitime Basis für verkehrspolitische Vorschläge verweisen.165 Zwar gab es auch ein Referat, das unter anderem für die Auseinandersetzung mit Umweltaspekten zuständig war, gleichwohl wurden jene Aspekte nicht in verkehrspolitischen Vorschlägen reflektiert. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass das Referat eher für eine Abpufferung umweltpolitischer Einflüsse durch die Generaldirektion XI denn für eine aktive Integration zuständig war.166 Umweltpolitische Akzente wurden mitunter nachträglich in bereits akzeptierten Rechtsetzungsvorschlägen in der Form aufgenommen, dass dadurch keine inhaltlichen Einschränkungen des Vorschlags bedingt wären: 162
Vgl. Europäische Kommission 1988c; 1990a; 1990b. Aus den in der Generaldirektion Energie und Verkehr geführten Interviews geht hervor, dass die Integration von Umweltaspekten bis zu Beginn der 1990er Jahre kaum thematisiert wurde. Erst mit dem Vertrag von Maastricht und dem fünften Umweltaktionsprogramm trat eine Wende ein. Diese Entwicklung korreliert zudem mit dem Entstehen von Umwelt- und Sicherheitsreferaten im Land-, See- und Luftverkehr (siehe 5.2.3, Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). 164 Interviews in den Generaldirektionen Energie und Verkehr sowie Umwelt, 2002 und 2003. 165 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 166 Ebd. 163
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„[T]he traditional environment policy was like an end-of-pipe solution. The others make their policy and at the end comes [Directorate-General, Anm. der Verf.] Environment and cleans up.“167
Umweltpolitische Aspekte mit Auswirkungen auf die Verkehrspolitik wurden insofern aufgenommen, als sie einen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen versprachen bzw. ökologische Gefahren eindämmten, mit denen Kosten verbunden waren – wie beispielsweise durch Maßnahmen zur Vermeidung der Verschmutzung der Meere durch die Schifffahrt (Europäische Kommission 1985).168 Insgesamt wurden bis 1991/92 keine oder bisweilen nur geringe Fortschritte bei der Implementation umweltpolitischer Aspekte erreicht. Die Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte wurde durch die für Verkehrspolitik zuständige Generaldirektion nicht thematisiert, weil sie als hinderlich für die wirtschaftspolitische Integration und Entwicklung Europas galten.169 Entsprechend fand in dieser Phase auch nur in wenigen Bereichen eine Kooperation zwischen der Generaldirektion XI und der Generaldirektion VII statt, da Politikvorschläge von Seiten der Generaldirektion XI in erster Linie als Einmischung perzipiert wurden, der sich die Generaldirektion VII zu widersetzen versuchte oder die sie ignorierte. Auch die Generaldirektion Umwelt bewertete die umweltpolitischen Bemühungen des Verkehrssektors in der ersten Phase im Wesentlichen negativ, da umweltpolitische Aspekte nahezu vollständig ausgeklammert wurden und allenfalls periphere Berücksichtigung in Rechtsetzungsvorschlägen fanden.170 Gleichwohl ist es für Generaldirektion XI vor der Zusammenlegung der beiden Politikbereiche in einer Generaldirektion leichter gewesen, Kontakte zur Generaldirektion VII herzustellen, da seit 1986 ein Referat, seit 1992 drei Referate in den Bereichen Land-, See- und Luftverkehr existieren, in denen Umweltaspekte thematisiert und mit Generaldirektion XI zusammengearbeitet wurde.171 Zweite Phase: 1992-1997 Mit dem fünften Umweltaktionsprogramm und dem Grünbuch für eine „dauerhafte umweltgerechte Mobilität“ der Generaldirektion VII wurde eine Wende in der europäischen Verkehrspolitik hinsichtlich der Berücksichtigung umweltpolitischer Auswirkungen bei der Politikformulierung eingeleitet (Europäische Kommission 1992a; 1992c). Nach wie vor wurde die Relevanz des Verkehrs für die ökonomischen Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten hervorgehoben. Gleichzeitig wurde aber konstatiert, dass der Verkehr niemals umweltneutral sei und vor allem ökologische Zwänge dazu führen würden, dass die Verkehrsentwicklung sich nicht länger ausschließlich an der Nachfrage orientieren könne (vgl. Europäische Kommission 1992f: 40). Daher werde eine Strategie verfolgt, „die auf eine Verringerung – zumindest aber auf die Eindämmung – der Gesamtwirkung des Verkehrs auf die Umwelt abzielt“ (Europäische Kommission 1992a: 39). Diese Strategie solle 167
Ebd. Motiviert waren derartige Maßnahmen weniger durch ökologische Erwägungen als vielmehr durch das ökonomische Kalkül, dass die Verschmutzung der Meere, den Fischfang und den Tourismus gefährden könne. 169 Interviews in den Generaldirektionen Umwelt sowie Energie und Verkehr, 2002 und 2003. 170 So sei man bis Ende der 1990er Jahre mit einer Generaldirektion Verkehr konfrontiert gewesen, „where environment was very much kept outside and also the different modes of transport were very much separate“ (Interview in Generaldirektion Umwelt, 2002). 171 Siehe: Organigramme der EG bzw. der EU von 1986 bis 2003. 168
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der nachhaltigen Entwicklung dienlich sein und ökonomische und ökologische Interessen gleichermaßen einbeziehen (Europäische Kommission 1992c: 43f.). Eine Kombination von Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, der Fahrzeuge und Kraftstoffe sowie eine Veränderung der Verbrauchs- und Fahrgewohnheiten sollte der Erreichung dieses Ziel zuträglich sein (Europäische Kommission 1992a: 39f.; 1992c: 43ff.). Darüber hinaus wurde im Weißbuch über die zukünftige Entwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik die Idee der umweltgerechten Mobilität aufgegriffen. Dort wurde seitens der Generaldirektion VII betont, dass die Verwirklichung verkehrs- und umweltpolitischer Ziele zur verbesserten Effizienz des Verkehrswesens in wirtschaftlicher und ökonomischer Perspektive beitrage. Damit – so die Generaldirektion VII – solle untermauert werden, dass Umweltschutz kein Beiwerk, sondern ein integraler Bestandteil der gemeinsamen Verkehrspolitik sei (Europäische Kommission 1992f: 62). In der Folge wurden von Generaldirektion VII verschiedene Politikvorschläge entworfen, mit denen das Ziel verfolgt wurde, eine – auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung ausgerichtete – Verkehrspolitik zu etablieren (Europäische Kommission 1994b: 21). Vor diesem Hintergrund entwarf die Generaldirektion VII Rechtsetzungsvorschläge, in denen insbesondere auf eine Verbesserung der Infrastruktur, der Fahrzeuge und der Kraftstoffe fokussiert wurde (European Commission 1995a). Ergänzend dazu wurde mit Blick auf eine gemeinschaftliche Verkehrspolitik und zur Verbesserung der Infrastruktur der Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes angestrebt – beispielsweise durch den Ausbau von Bahnstrecken, der Binnenschifffahrt, Häfen und Flughäfen sowie durch die Etablierung eines kombinierten Verkehrs. Die Entwicklung eines transeuropäischen Verkehrsnetzes sollte sich an einer dauerhaften und umweltgerechten Mobilität ausrichten und das europäische Verkehrssystem bis weit in das 21. Jahrhundert beeinflussen. Die Berücksichtigung und Verringerung der verkehrspolitischen Auswirkungen auf die Umwelt sollte ein wesentlicher Bestandteil der transeuropäischen Netze sein, dem beispielsweise durch eine Verpflichtung zur Durchführung einer strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung Rechnung getragen werden sollte (Europäische Kommission 1993f; 1996d; 1996e; 1996f). Zudem wurde in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion III an Rechtsetzungsvorschlägen über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen gearbeitet (Europäische Kommission 1992b; 1994e). In den Zwischenberichten der Europäischen Kommission zur Umsetzung des fünften Umweltaktionsprogramms von 1994 und 1995 wurde dementsprechend auch angemerkt, dass in einigen Bereichen – wie beispielsweise bei der Entwicklung transeuropäischer Netze – Fortschritte erzielt worden. Gleichwohl seien diese nach wie vor nicht umfangreich genug. Insgesamt konnte das Ziel, die Umwelt zu einem integralen Bestandteil der Verkehrspolitik zu machen, nicht erreicht werden (Europäische Kommission 1994a: 21ff.). Gleichzeitig verdeutlichte die Generaldirektion XI, dass die durch den Verkehr verursachten Umweltschäden in den nächsten Jahren zunehmen würden, wenn nicht eine Trendwende zur Entkopplung von Verkehrsnachfrage und Umweltverschmutzung eingeleitet werde (European Commission 1995a: 1.3.). Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang sei die umweltfreundlichere Gestaltung des Güterverkehrs, z. B. durch die Förderung eines kombinierten Verkehrs, durch die Entwicklung attraktiver Alternativen im öffentlichen Verkehr etc. (European Commission 1995a: 1.3.). Die Generaldirektion XI konstatierte darüber hinaus, dass hinsichtlich der technischen Verbesserungen von Fahrzeugen und Kraftstoffen erste Fortschritte erreicht worden seien
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und diese zukünftig weiter ausgebaut werden sollten, um einen Beitrag zu Reduktion von CO2-Emissionen zu leisten. Dennoch sei durch die erwartbare Zunahme der Nachfrage im Verkehrsbereich mit einer Verschärfung des Problems zu rechnen, selbst unter Berücksichtigung der antizipierten umweltfreundlichen Innovationen im Verkehrssektor sei dieser Trend nur zu dämpfen, aber nicht aufzuhalten (Europäische Kommission 1994b: 24; European Commission 1995a). Schließlich wurde die mangelnde Internalisierung externer Kosten kritisiert, wodurch es im Verkehrssektor zu falschen Preisangaben komme, was wiederum zur Verzerrung in den Verkehrsmärkten führe. Daher unterstrich die Generaldirektion XI die von der Generaldirektion VII konstatierte Notwendigkeit „einer zunehmenden und geeigneten Internalisierung externer Kosten (einschließlich Umweltkosten)“ (Europäische Kommission 1994b: 24) und schlug die Entwicklung ökonomischer – beispielsweise steuerlicher – Anreize zur Minderung der CO2-Emissionen sowie zum bewussten Verbrauch endlicher Ressourcen vor (Europäische Kommission 1994b: 24; European Commission 1995a).172 Ferner sollten weitere Fortschritte hinsichtlich der Reduzierung von Lärm erzielt werden. Nicht zuletzt sollte durch diese Maßnahmen und Veränderungsvorschläge die europäische Öffentlichkeit besser informiert und eine Bewusstseinsänderung induziert werden (European Commission 1995a: 1.3.). Die Generaldirektion VII reagierte auf diese Forderungen durch die Entwicklung einer Bandbreite an Vorschlägen und anderer Dokumente:
Aktionsprogramm zur Förderung des kombinierten Güterverkehrs (Europäische Kommission 1996d; 1996e); Weißbuch zur Revitalisierung des Eisenbahnverkehrs (Europäische Kommission 1996i); Vorschlag für eine kooperative gesamteuropäische Verkehrsnetzpolitik zur Anbindung des Verkehrsinfrastrukturnetzes der EU an die Nachbarstaaten (Europäische Kommission 1998g); Vorschlag zur Anhebung der Mindestanforderungen für Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus diesen auslaufen und gefährliche Güter befördern (Europäische Kommission 1996f); Vorschlag zur Reduzierung der durch Straßenfahrzeuge verursachten Emissionen (Europäische Kommission 1994e); Grünbuch (unter Beteiligung der Generaldirektion XI), in dem Konzepte zur Internalisierung externer Kosten und zur Erzielung fairer und effizienter Preise im Verkehrssektor entworfen wurden (Europäische Kommission 1995g: 1ff.).
Unter Federführung der Generaldirektion XI und unter Beteiligung der Generaldirektion VII wurden zudem
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Die Generaldirektion XI schlug den Mitgliedstaaten beispielsweise eine Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung bzw. eine Energie/ CO2-Steuer oder die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege vor. Erste Erfolge im Bezug auf steuerliche Anreize sind in einigen Mitgliedstaaten durch die Förderung von Personenkraftwagen, die bestimmten Umweltnormen entsprechen, zu verzeichnen (vgl. Europäische Kommission 1994b: 24f.).
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seit 1995 und 1996 einige Rechtsetzungsvorschläge mit dem Ziel der Minderung von CO2-Emissionen erarbeitet (Europäische Kommission 1995c), Vorschläge für Umweltvereinbarungen unterbreitet (Europäische Kommission 1996g), ein Grünbuch über die künftige Lärmschutzpolitik zur Berücksichtigung und Reduktion von Lärmemissionen bei der Formulierung von Rechtsetzungsvorschlägen entwickelt (Europäische Kommission 1996h), ein Vorschlag für eine Richtlinie über Altfahrzeuge entworfen (Europäische Kommission 1997d) sowie seit 1992 an dem sog. „Autoöl-I“-Programm gearbeitet. Mit dem ‚Autoöl I‘Programm sollte ein integrativer Ansatz verfolgt werden, mit dem unterschiedliche Interessen berücksichtigt und die Grundsätze der Kostenwirksamkeit, der fundierten wissenschaftliche Grundlage und der Transparenz eingehalten werden sollten (Europäische Kommission 2000i: 4f.).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit dem fünften Umweltaktionsprogramm sowie dem Grünbuch zu den Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt eine Wende in der europäischen Verkehrspolitik eingeleitet wurde. In der Generaldirektion VII setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine Zunahme der Verkehrsströme – obwohl diese aus ökonomischer Sicht notwendig erscheint – negative ökologische Auswirkungen hat. Vor diesem Hintergrund legte die Generaldirektion VII bereits 1992 dem Grünbuch ebenso wie dem Weißbuch zur Entwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik die Strategie zum nachhaltigen Verkehr zugrunde (vgl. Europäische Kommission 1992c; 1992f).173 Bereits in dieser Phase entwickelten sich umweltpolitische Aspekte zu einem grundlegenden Bestandteil der Verkehrspolitik, so die eigene Einschätzung der Generaldirektion.174 „DG Transport really tries to integrate an environmental approach“175 – zumal die Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der Formulierung von Rechtsetzungsvorschlägen als ökonomisch sinnvoll betrachtet wurde, beispielsweise dann, wenn dadurch potentielle Folgekosten (etwa die Verschärfung von Regelungen im Seeverkehr; vgl. Europäische Kommission 1996f) reduziert werden könnten. Diese wirtschaftlichen Erwägungen zur Vermeidung späterer Folgekosten waren erste Schritte, um den Integrationsprozess im Verkehrssektor zu befördern.176 D. h. umweltpolitische Belange wurden dann akzeptiert, wenn sie nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen ökonomischen Nutzen versprachen. 177
173 Die Generaldirektion VII betont die Konformität der Strategien und Maßnahmen ihres Grün- und Weißbuchs mit den Anforderungen aus dem Grünbuch über die Städtische Umwelt der Generaldirektion XI von 1990 (Europäische Kommission 1990c). 174 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. 175 Interview mit einem ehemaligen Mitglied der Generaldirektion VII, 2002. 176 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. 177 Bemerkenswert ist ferner, dass die befragten Mitglieder der ehemaligen Generaldirektion XVII den Erfolg der Generaldirektion VII bei der Integration umweltpolitischer Anforderungen weniger positiv einschätzen als die befragten ehemaligen Mitglieder der Generaldirektion VII. Diese vertreten mehrheitlich die Position, dass die umweltpolitische Integration in dem Verkehrssektor sehr langsam ablief. Es seien zwar Fortschritte erzielt worden, diese hätten sich aber sehr viel früher einstellen können (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). Dahingegen behaupten die ehemaligen befragten Mitglieder der Generaldirektion VII, dass sie bereits seit 1992 das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung im Verkehrssektor erfolgreich verfolgen und dies keineswegs erst durch die neue Kommission oder den Cardiff-Prozess auf die verkehrspolitische Agenda getreten ist (Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003).
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Neben der sowohl quantitativ als auch qualitativ zunehmenden Berücksichtigung von Umweltaspekten in verkehrspolitischen Vorschlägen lässt sich in dieser Phase auch eine stärkere Kooperation zwischen den Generaldirektionen XI und VII ausmachen. Vor allem die Zusammenarbeit der beiden Kommissionsdienstellen mit anderen Interessengruppen im Autoöl-Programm wird dabei positiv hervorgehoben.178 Insgesamt lässt sich für die Generaldirektion VII in der zweiten Phase ein Wandel in der Art und Weise der Politikgestaltung aufzeigen. Die Generaldirektion VII wartet nicht mehr nur ab bzw. berücksichtigt umweltpolitische Aspekte nur peripher, sondern beteiligt sich aktiv an den Entwürfen der Generaldirektion XI. Generaldirektion VII akzeptiert darüber hinaus ökologische Einschränkungen in verkehrspolitischen Vorschlägen, sofern diese auch einen ökonomischen Nutzen versprechen. Hierbei hat die Generaldirektion VII erste Erfolge erzielt, obschon nicht alle umweltpolitischen Ziele in der Verkehrspolitik umgesetzt werden konnten.179 Dritte Phase: 1997-2004 Mit dem Vertrag von Amsterdam 1997 und dem Prozess von Cardiff 1998 wurde der externe Druck auf die Generaldirektionen insgesamt und vor allem auf die für den Verkehrssektor zuständige Generaldirektion VII erhöht, umweltpolitische Aspekte stärker als bisher in der Politikformulierung zu berücksichtigen (vgl. Kraemer 2001: 4ff.; Europäische Kommission 1999a). Die Generaldirektion VII reagierte auf diese Forderungen, indem bestehende Maßnahmen ergänzt und erweitert bzw. weitere Vorschläge in den bereits behandelten Politikfeldern entworfen wurden. So wurden beispielsweise
Vorschläge zur Verbesserung der transeuropäischen Netze und Berichte über die Umsetzung von Leitlinien für ihre künftige Entwicklung erstellt (Europäische Kommission 1998f; 1998g; 1998h); das Weißbuch über faire Preise für die Nutzung der Infrastruktur erarbeitet (Europäische Kommission 1998i) und eine Mitteilung hinsichtlich des gemeinschaftlichen Luftverkehrs formuliert (Europäische Kommission 1999g).180
Die Generaldirektion VII und XI entwickelten gemeinsam weitere Rechtsetzungsvorschläge, etwa zur Minderung von CO2-Emissionen von Kraftfahrzeugen, und kooperierten dazu mit Vertretern der Automobilindustrie (Europäische Kommission 1998b; 1999j). Seit 1997 arbeiteten die Generaldirektionen darüber hinaus an einer Neuauflage des AutoölProgramms, das an den Vorschlägen des Autoöl-I-Programms anknüpfen sollte. Gerade das Autoöl-Programm wurde in der von der Kommission unter Federführung von Generaldirektion XI durchgeführten Gesamtbewertung des fünften Umweltaktionsprogramms positiv hervorgehoben. Jenseits dessen seien die Fortschritte bei der Abkopplung der Verkehrsnachfrage vom Wirtschaftswachstum aber nach wie vor gering (Europäische Gemeinschaf178
Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003. 180 Die Generaldirektion Energie und Verkehr entwickelte in einer Mitteilung zum Thema „Luftverkehr und Umwelt“ einige Maßnahmevorschläge zur Förderung der Berücksichtigung von Umweltaspekten im Luftverkehr. Hierzu zählen beispielsweise wirtschaftliche und rechtliche Anreize sowie freiwillige Vereinbarungen (Europäische Kommission 1999g: 2f.). 179
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ten 2000: 42, Europäische Kommission 1999d). Weitere Aktionen im Verkehrssektor sollten daher darauf fokussieren, Umweltkosten zu internalisieren und faire Preise zu erzielen, schädliche Auswirkungen auf den Verkehr zu verringern sowie das bestehende Verkehrsmanagement und die Datenverfügbarkeit zu verbessern (Europäische Gemeinschaften 2000: 43). Im Wesentlichen wurden in der Gesamtbewertung der Umsetzung des fünften Umweltaktionsprogramms von 1999 jene Punkte thematisiert und vertieft, die bereits im Zwischenbericht angesprochen wurden (vgl. Europäische Kommission 1999d; 1994b, European Commission 1995a). Im sechsten Umweltaktionsprogramm wurden diese Aspekte erneut aufgegriffen und eine deutliche Senkung der Schadstoffemissionen gefordert, um die Vereinbarungen des Kyoto-Protokolls zum Rahmenabkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen einzuhalten, dem Prozess der Klimaänderung entgegen zu wirken und eine nachhaltigen Entwicklung zu ermöglichen (Europäische Kommission 2001a: 26f.). In der Folge war die Generaldirektion Energie und Verkehr an der Erarbeitung von Konzepten und Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beteiligt, um einen Beitrag zum ECCP zu leisten. Dort arbeiten Vertreter der Generaldirektion Energie und Verkehr mit Vertretern anderer Generaldirektionen im Lenkungsausschuss und Arbeitsgruppen zusammen, um Maßnahmen und Politiken zu entwerfen bzw. diese hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit und Kostenwirksamkeit zu bewerten (Europäische Kommission 2000b: 4ff., 9f.). Unter Federführung der Generaldirektion Energie und Verkehr wurden Rechtsetzungsvorschläge über alternative Kraftstoffe für den Straßenverkehr und Maßnahmen zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen unterbreitet, um die Umweltauswirkungen des Verkehrssektors einzudämmen (Europäische Kommission 2001a: 2f.). Darüber hinaus wurden von der Generaldirektion Umwelt in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Energie und Verkehr Berichte zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen (Europäische Kommission 2000p) sowie Dokumentationen bezüglich der Umsetzung politischer Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen erstellt (Europäische Kommission 2000l).181 Ferner hat die Generaldirektion Umwelt gemeinsam mit der Generaldirektion Energie und Verkehr eine Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm entwickelt (Europäische Kommission 2000o: 2f.). Die Generaldirektion Energie und Verkehr hat darüber hinaus 2001 ein Weißbuch herausgegeben, in dem die europäische Verkehrspolitik bis 2010 sowie die geplante Weichenstellung für die Zukunft erläutert werden. Demnach besteht die Aufgabe der Europäischen Kommission bzw. der Generaldirektion Energie und Verkehr darin, eine gemeinsame Verkehrspolitik zu gestalten, die ein höheres Maß an Mobilität sicher stellt, indem die Infrastruktur weiter ausgebaut wird. Gleichzeitig soll – unter Bezugnahme auf den Vertrag von Amsterdam und die damit verbundene Einbeziehung von Umweltbelangen in die Gemeinschaftspolitiken – das Verkehrssystem nachhaltig gestaltet und Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt reduziert werden. Dazu müssen weitere Anstrengungen zur Erhaltung der Luftqualität und Minderung der Lärmbelastung unternommen werden, um ökologischen Erfordernissen gerecht zu werden, ohne die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrssystems 181
Zum Teil war die Generaldirektion Unternehmen bzw. die Generaldirektion III mitverantwortlich oder federführend bei der Gestaltung von Politikentwürfen zur Reduktion der CO2-Emissionen und deren Überwachung – insbesondere dann, wenn mit dem Rechtsetzungsvorschlag Anforderungen und Einschränkungen für europäische Industriezweige verbunden waren, beispielsweise die europäische Automobilindustrie (Europäische Kommission 1998b; 2000d; 2000j).
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oder des europäischen Wirtschaftsraums einzuschränken (European Commission 2001: 10). Insgesamt wird von der Generaldirektion Energie und Verkehr eine Entkopplung von Verkehrszunahmen und Wirtschaftswachstum angestrebt, wofür eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen und der Versuch unternommen wurde, diese zu einem integrierten Ansatz zu verbinden (European Commission 2001: 11f.; Europäische Kommission 2001 l: 37f.). Dieser integrierte Ansatz beinhaltet etwa Maßnahmen zur Förderung weniger umweltschädlicher Verkehrsträger durch Intermodalverlagerung (Europäische Kommission 2001d; 2002l); Maßnahmen zur Umstellung der Systeme auf alternative Kraftstoffe und „saubere“ Fahrzeuge (Europäische Kommission 2001j; 2001g); oder Maßnahmen zur Nutzung von Marktmechanismen, um Anreize zu schaffen, umweltpolitische Anforderungen umzusetzen und einzuhalten (Europäische Kommission 2003f). Nicht zuletzt werden die Maßnahmen und die Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt beobachtet sowie Erfolgsbewertungen in Bezug auf die Umsetzung umweltpolitischer Anforderungen vorgenommen (Europäische Kommission 2001 l: 36ff.).182 Gleichzeitig verdeutlicht das Weißbuch aber auch, dass jene Maßnahmen nicht zu einer Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit im Verkehrssystem und der Wirtschaft sowie bei der Mobilität von Personen und Gütern führen dürfen (European Commission 2001: 13f.). Vor dem Hintergrund der vorhergehenden Ausführungen lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass mit dem zunehmenden Druck auf die Generaldirektion VII bzw. die Generaldirektion Energie und Verkehr183 die Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips vorangetrieben wurde. Es wurde zwar keine fundamentale Neuausrichtung der Verkehrspolitik erzielt – nach wie vor wird beispielsweise die Zunahme von Verkehrsströmen nicht hinterfragt –, gleichwohl lässt sich ein Wandel bei der Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte zur Förderung des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung in der Verkehrspolitik beobachten. Es werden vermehrt umweltpolitische Belange in verkehrspolitischen Vorschlägen berücksichtigt, auch wenn man nicht von einem umfassenden Konzept als vielmehr von partikularen Maßnahmen in einigen sektorspezifischen Politikfeldern sprechen kann (wie beispielsweise im Bereich alternativer Kraftstoffe oder in der Sicherheit im Seeverkehr), bei denen zum Teil bestehende Ansätze fortgeführt bzw. intensiviert werden. Gleichzeitig setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Berücksichtigung von Umweltaspekten nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern mit Blick auf die Entwicklung eines nachhaltigen Verkehrs für künftige Generationen wichtig ist.184 Es ist für die befragten Beamten der Generaldirektion Energie und Verkehr nicht lediglich
182 Dazu haben die Generaldirektionen VII und XI gemeinsam mit der Europäischen Umweltagentur und Eurostat das „Berichtssystem Verkehr und Umwelt“ erarbeitetet. Darin identifizierten sie 27 Indikatoren zur Messung der Einbeziehung von Umweltbelangen in den Verkehrssektor, die zudem der Überwachung von Fortschritten und Defiziten hinsichtlich der Umsetzung des Prinzips der Nachhaltigkeit in der Verkehrspolitik dienten (vgl. Europäische Kommission 1999c: 8). 183 Zur sprachlichen Vereinfachung wird nachfolgend nur die Generaldirektion Energie und Verkehr als für die Verkehrspolitik zuständige Generaldirektion benannt. Implizit ist damit für die Zeitspanne von 1997 bis 1999 die Generaldirektion VII gemeint, obschon diese nicht explizit erwähnt wird. 184 Das Prinzip der Nachhaltigkeit wurde – so die Interviewaussagen – von den Mitgliedern der Generaldirektion Energie und Verkehr im Verkehrssektor sukzessive verinnerlicht und ist heute fundamentaler Bestandteil der Politikformulierung in der Generaldirektion (Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003).
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„a nice way of facade, a front, it is an integral part in the way we are obliged to work, whether we like it or not, whether we are pro or against environment.“185
Auch die Umbenennung des früheren Umweltreferats, das seit Juli 2002 die Bezeichnung „Nachhaltige Entwicklung“ trägt, zeugt für die angesprochene Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte im Kontext des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung.186 Die mit der Reform der Kommission und der strukturellen Umgestaltung in den Direktionen und an der Organisationsspitze der Generaldirektion Energie und Verkehr einhergehenden Veränderungen im Umweltbereich werden – vor allem in der Generaldirektion Umwelt – lediglich als „grüne Rhetorik“ perzipiert. D.h. umweltpolitische Aspekte werden zwar genannt und in allgemeinem Stellungnahmen hervorgehoben – wie beispielsweise im Weißbuch für die europäische Verkehrspolitik bis 2010 –, aber sie finden in politischen Maßnahmen sehr viel weniger Beachtung. Darüber hinaus fehlen zum Teil konkrete Ansätze zur Umsetzung partikularer Ziele (vgl. Schepelmann 2000: 23f.).187 „When you come to the conclusion and to the actions proposed, then it is a bit harder to find it [environmental aspects, Anm. der Verf.] there“.188 Trotz des erzielten Fortschritts der Generaldirektion Verkehr fehlt insofern nach wie vor eine umfassende Einbeziehung umweltpolitischer Belange in die Verkehrspolitik.
5.2.5 Die historische Verortung der Energiepolitik Die Zuständigkeit der EG für die Energiepolitik reicht bis zu den Anfängen der europäischen Integration – mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951 und dem Vertrag zur Gründung der europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) 1957 – zurück. Seit 1968 ist die Generaldirektion XVII mit der Gestaltung der Energiepolitik betraut. 189 Von 1986 bis 1989 bestand die Generaldirektion XVII aus fünf Direktionen, in denen unterschiedliche energiepolitische Aspekte der EG behandelt wurden (wie beispielsweise Kohle, Kohlenwasserstoff und Kernenergie) sowie eine Direktion für Energiepolitik und eine andere für den Bereich „Energieeinsparungen und alternative Energiequellen, Elektrizität, Wärme“. Darüber hinaus gab es eine in Luxemburg ansässige Direktion für die Sicherheitsüberwachung Euratom.190 1990 fand eine Umstrukturierung der Generaldirektion XVII und damit auch der Direktionen statt. Fortan gab es vier Direktionen, jeweils eine für den Bereich Energiepolitik, fossile Energien, nicht-fossile Energien und Energietechnologien sowie eine Direktion für die Sicherheitsüberwachung Euratom, die nach wie vor in 185
Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. „Yes, we have integrated the concept of sustainable development. It is nowadays not an obligation. It’s part of our life“ (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). 187 Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass Mitglieder des Verkehrssektors sich selbst als überzeugte Vertreter umweltpolitischer Belange in der Verkehrspolitik wahrnehmen – so die Einschätzung von Mitgliedern des Energiesektors der Generaldirektion Energie und Verkehrs wie auch von Mitgliedern der Generaldirektion Umwelt (Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002, und in der Generaldirektion Umwelt, 2002). 188 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 189 Siehe vergleichend die Organisationspläne und interinstitutionellen Verzeichnisse der EG (1986 bis 1993) bzw. der EU (1994 bis 2003). 190 1989 wurden einige Referate der Generaldirektionen XVII umbenannt, ihre Struktur blieb dabei jedoch erhalten. 186
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Luxemburg angesiedelt war. In den nachfolgenden Jahren entstanden einige weitere Referate in den Direktionen und die Bezeichnungen bestehender Referate wurden zum Teil verändert. Der Aufbau und die Struktur der Generaldirektion XVII mit der Unterteilung in fünf Direktionen blieben jedoch erhalten. In der Zeitspanne von 1986 bis 1999 wurde die Generaldirektion XVII also von sechs Direktionen mit 18 Referaten auf fünf Direktionen mit 21 Referaten ausgebaut. Verglichen mit dem strukturellen Um- und Ausbau der Generaldirektion VII sind die strukturellen Veränderungen der Generaldirektion XVII bis zur Kommissionsreform geringfügig. Seit der Kommissionsreform im Januar 2000 wird die Energiepolitik in zwei Direktionen mit acht Referaten der Generaldirektion Energie und Verkehr behandelt, die sich mit konventionellen und neuen Energieträgern sowie dem Nachfragemanagement befassen.
5.2.6 Strukturelle Veränderungen in der Energiepolitik durch das umweltpolitische Integrationsprinzip In der Generaldirektion XVII fand bis 1992 keine explizite Beschäftigung mit umweltpolitischen Themen statt, obschon seit 1986 zwei Referate existierten, die sich mit energiepolitischen Themen an der Schnittstelle zur Umweltpolitik auseinander setzten.191 1989 fand eine Umbenennung dieser Referate in „Rationelle Nutzung von Energie“ sowie „Neue und erneuerbare Energien“ statt.192 1990 wurden die Generaldirektion XVII umstrukturiert und die Direktionen sowie die Referate umbenannt. Auch nach der Umstrukturierung der Generaldirektion XVII wurde keine explizite Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte in der Generaldirektion XVII – weder in einer Direktion, einem Referat oder einer Task Force – sichtbar. Es gab lediglich in der Direktion für nicht-fossile Energien ein Referat mit dem Titel „Neue und erneuerbare Energiequellen und rationelle Energienutzung“, das sich mit umweltpolitisch relevanten Themen befasste.193 Erst mit dem Vertrag von Maastricht und dem fünften Umweltaktionsprogramm wurde in dem Referat „Analysen und Vorausschätzungen“ eine Unterabteilung errichtet, die sich mit „Energie und Umwelt“ beschäftigte und für die Berücksichtigung umweltpolitischer Anforderungen in der Energiepolitik zuständig war. Die Etablierung einer solchen Abteilung kann als Reaktion auf die bereits im Vorfeld angesprochene Anforderung verstanden werden, für jede Generaldirektion einen Beamten zu bestimmen, der für die Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte zuständig ist. 1994 wurde der Titel der Abteilung in „Energieplanung und Umwelt“ und 1998 in „Prospektive Analysen und Umweltas191 Siehe vergleichend in den Organisationsplänen und den interinstitutionellen Verzeichnissen der EG (1986 bis 1993) bzw. der EU (1994 bis 2003). 192 Aus dem Jahr 1989 liegt der Organisationsplan nur in französischer Sprache vor. Darin werden die Referate mit dem Titel „Utilisation rationnelle de l’énergie“ und „Énergies nouvelles et renouvelables“ bezeichnet. 193 Die Beschäftigung der Generaldirektion XVII mit Aspekten an der Schnittstelle zwischen Energie- und Umweltpolitik lässt sich vor allem aus dem Bestreben nach einer Strategie zur Stärkung der europäischen Energieversorgungssicherheit herleiten. Die Titel der Referate lassen die Schlussfolgerung zu, dass sich die Generaldirektion XVII mit umweltpolitisch relevanten Aspekten befasst, sofern diese dem Ziel der Energieversorgungssicherheit zuträglich sind – beispielsweise hinsichtlich der rationellen Nutzung von Energien oder erneuerbare Energieträger. Daraus kann jedoch nicht einfach auf eine Berücksichtigung des umweltpolitischen Integrationsprinzips geschlossen werden.
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pekte“ geändert, wodurch die Beschäftigung mit umweltpolitischen Belangen explizit aus dem Titel des Referats hervorging. Parallel zu dem für umweltpolitische Aspekte zuständigen Referat blieb ein Referat in der Direktion für nicht-fossile Energien unter dem Titel „Rationelle Energienutzung und erneuerbare Energiequellen“ von 1992 bis 1999 erhalten. Mit der Kommissionsreform von 2000 wurde die Beschäftigung mit umweltpolitischen Aspekten in der Energiepolitik erstmals durch die Einrichtung eines Umweltreferats reflektiert. In der Direktion für „Neue Energieträger und Nachfragemanagement“ der Generaldirektion Energie und Verkehr besteht jedoch nach wie vor ein Referat, das sich mit neuen und erneuerbaren Energiequellen beschäftigt.
5.2.7 Das umweltpolitische Integrationsprinzip in der Energiepolitik Wie schon für den Verkehrssektor lassen sich auch im Energiesektor drei Phasen hinsichtlich der Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte in Politikvorschlägen unterscheiden. In einer ersten Phase, die den Zeitraum von 1986 bis 1992 umfasst, werden umweltpolitische Aspekte eher implizit berücksichtigt bzw. in Zusammenhang mit der Förderung der Energieversorgungssicherheit betont. In einer zweiten Phase von 1992 bis 1997 werden umweltpolitische Aspekte in die Politikformulierung der Generaldirektion XVII aufgenommen, um als Argument zur Unterstützung der Energieversorgungssicherheit in Europa zu dienen und gleichzeitig Forderungen der europäischen Öffentlichkeit bedienen zu können.194 In der dritten Phase der Umweltintegration, die von 1997 bis 2004 reicht, werden umweltpolitische Aspekte als integraler Bestandteil der Energiepolitik definiert. Nach wie vor steht die Versorgungssicherheit Europas im Zentrum der Energiepolitik. Diese wird aber so gestaltet, dass sie mit dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit und dem Umweltschutz bzw. der Umweltintegration in Einklang steht, die gleichzeitig als zusätzliche Rechtfertigung für die Förderung der Energieeffizienz und der Entwicklung erneuerbarer Energien dient. Erste Phase: 1986-1992 Der Energiesektor gehört auf der Gemeinschaftsebene zu den ersten Wirtschaftsbereichen, in denen umweltbezogene Überlegungen in Konzepte und Vorschläge aufgenommen wurden. Das frühe Tätigwerden der Kommission in diesem Bereich wurde zum Teil durch die Öl- und Energiekrise der 1970er Jahre ausgelöst, in der deutlich wurde, dass „die Lösung für Energie- und Umweltprobleme in Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz liegen“ (Europäische Kommission 1994a: 13). Jene Vorschläge der 1970er und 1980er Jahre konzentrierten sich auf die finanzielle Unterstützung von Vorhaben zur Nutzung alternativer Energiequellen (vgl. Europäische Kommission 1980c) und auf die Regelung technischer Fragen – beispielsweise im Hinblick auf Luftverschmutzung (vgl.: Europäische Kommission 1983). Zudem entwarf die Generaldirektion XVII unter Beteiligung der Generaldirektion XI bis zum Ende der 1980er Jahre zahlreiche Politikvorschläge für Vorsorgemaßnahmen und Hilfeleistungen bei nuklearen Unfällen (Europäische Kommission 1986a; 1986b). 194
Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002.
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Neben diesen spezifischen Politikvorschlägen hat die Generaldirektion XVII unter Beteiligung der Generaldirektion XI 1989 erstmals eine umfassende Mitteilung zum Thema „Energie und Umwelt“ verfasst, in der es um die Generierung einer grundlegenden „Übereinstimmung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission über die hauptsächlichen Orientierungen im Bereich Energie und Umwelt“ (Europäische Kommission 1989: 3) ging. In dieser Mitteilung wurde die wachsende Bedeutung der Umweltdimension in der Energiepolitik betont und die Verfolgung umweltfreundlicher Energiestrategien postuliert. Dazu wurden einige geplante Maßnahmen der Gemeinschaft hervorgehoben, um energiebezogene Umweltprobleme anzugehen (vgl. ebd.: 31ff.). Die Generaldirektion XVII stellte in der Mitteilung drei Strategien vor, erstens die Förderung von Energietechnologien, zweitens der Ausbau der Energieeffizienz195 und drittens die Generierung von Verhaltenskodizes für europäische Energieindustrien (vgl. ebd.: 31).196 Aufbauend auf diese Mitteilung entwarf die Generaldirektion XVII im selben Jahr das Förderprogramm THERMIE (Technologies européennes pour la maîtrise de l’énergie) zur Demonstration und Verbreitung von neuen sauberen und effizienteren Technologien in den Bereichen rationelle Energienutzung, erneuerbare Energien, feste Brennstoffe und Kohlenwasserstoffe.197 Ferner entwickelte die Generaldirektion XVII 1990 einen Politikvorschlag zur Förderung von Energieeinsparungen in der Gemeinschaft (Europäische Kommission 1990d) und das umfassendere Förderprogramm SAVE (Specific Actions for Vigorous Energy Efficiency).198 Mit dem von 1991 bis 1995 laufenden Programm wurden zwei Ziele verfolgt: erstens sollte das Programm zur Stabilisierung der CO2-Emissionen beitragen und dadurch ökologische Auswirkungen durch die Energienutzung im Verkehr, in der Industrie, im Handel und in den privaten Haushalten reduzieren. Zweitens sollte die energiepolitische Zielsetzung von 1986 verfolgt werden, wonach die Energieeffizienz bis 1995 um 20% gesteigert werden sollte (vgl. Europäische Kommission 1990e). Das SAVE-Programm sollte eine Schlüsselrolle zur Erreichung der Vereinbarungen des Kyoto-Protokolls von 1997 spielen199 und die Abhängigkeit von Energieimporten vermindern (vgl. Directorate-General for Energy and Transport 2002b). Unter Federführung der Generaldirektion XI und unter Beteiligung der Generaldirektion XVII wurde ferner „[e]ine Gemeinschaftsstrategie für weniger Kohlendioxidemissionen und mehr Energieeffizienz entworfen“, durch die eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet wurden (Europäische Kommission 1991d; 1992a: 37; 1990e). Trotz dieser gemeinsamen Aktivitäten gestaltete sich die Kooperation zwischen der Generaldirektion XI und der Generaldirektion XVII schwierig, da in der für energiepolitische Fragen zuständigen Generaldirektion vor der Zusammenlegung mit dem Verkehrssek-
195 So wurde beispielsweise unter der Federführung der Generaldirektion XVII eine Richtlinie über den Ausweis der Energieeffizienz von Gebäuden entworfen, vgl. Europäische Kommission 1987. 196 Die Mitteilung betonte zudem die erwartbaren Fortschritte durch Arbeiten in Forschung und Entwicklung, die in Zukunft dazu beitragen sollten, durch neuere Technologien die Energieeffizienz zu steigern, Energieeinsparungen zu erzielen und klimaschädliche Emissionen zu reduzieren (vgl. Europäische Kommission 1989: 32f.). 197 Durch das von 1990 bis 1994 laufende Programm konnten insgesamt 726 Projekte zur Energietechnologie gefördert werden, die in besonderem Maße zur Minderung der CO2- und anderer Schadstoffemissionen beitrugen (Europäische Kommission 1998b). 198 SAVE ist das Hauptprogramm der Gemeinschaft für nicht-technologische Aktionen zur Verbesserung der Energieeffizienz. 199 Vgl. für einen Überblick über die europäische Klimaschutzpolitik und die Rolle der EU in den internationalen Klimaschutzverhandlungen Lindenthal 2009.
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tor nicht ernsthaft – so Mitarbeiter der Generaldirektion XI – über Umweltfragen reflektiert worden sei.200 In der ersten Phase der Umweltintegration bis zum Ende der 1980er Jahre wurden Umweltaspekte bei der Politikformulierung im Energiesektor auch nur insofern berücksichtigt, als sie der Förderung der Versorgungssicherheit dienlich waren.201 Denn die prinzipielle Zielsetzung der Politikgestaltung der Generaldirektion bestand in der Förderung der Energieversorgungssicherheit Europas. Die Integration von Umweltbelangen hingegen wurde als zusätzliche Bürde für die Politikformulierung im Energiesektor perzipiert.202 Gegen Ende der achtziger und mit Beginn der 1990er Jahre trat jedoch eine qualitative Veränderung im umweltpolitischen Integrationsprozess des Energiesektors ein. Die Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei der Politikformulierung wurde zunehmend von der Öffentlichkeit eingefordert. Gleichzeitig wurden in den 1980er Jahren die ersten ökologisch orientierten Parteien gegründet, die zunehmend auch Einfluss auf nationale Politikgestaltung gewannen. Langfristig wurde somit der Druck auf die Europäische Kommission und ihre Generaldirektionen erhöht, umweltpolitische Aspekte in die Politikformulierung aufzunehmen.203 Dies galt im Besonderen für die Energiepolitik, da die Förderung und Nutzung konventioneller Energieträger erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hatte. Erstmals wurden daher kurz- und mittelfristige Strategien formuliert, deren Schwerpunkt auf der rationelleren Nutzung der Energie und der Entwicklung technologischer Programme in Forschung und Entwicklung lagen, um Energiestrukturen zu erschließen, durch die weniger CO2 ausgestoßen wurden (Europäische Kommission 1992a: 37; 1992g). Jenen Vorschlägen, Maßnahmen und politischen Förderprogrammen lag jedoch nach wie vor weniger eine umweltpolitisch motivierte Berücksichtigung ökologischer Anforderungen zugrunde als vielmehr die bereits bekannte Zielsetzung, durch die Verbesserung der Energieeffizienz sowie durch Energieeinsparungen die Versorgungssicherheit zu erhöhen und die Abhängigkeit von Energieimporten zu mindern.204 Zweite Phase: 1992-1997 Durch das SAVE-Programm wurde eine Neuausrichtung in der europäischen Energiepolitik angedeutet, die durch das fünfte Umweltaktionsprogramm unterstrichen und zu einem umfassenderen Ansatz ausgebaut wurde.205 Mit dem fünften Umweltaktionsprogramm sollte im Energiesektor eine langfristige Strategie verfolgt werden, deren Herausforderung darin bestand, dass „Wirtschaftswachstum, wirksame und sichere Energieversorgung und eine gesunde Umwelt miteinander vereinbare Ziele darstellen. Dabei kommt der Energiepolitik bei der Verfolgung einer dauerhaften, umweltgerechten Entwicklung eine Schlüsselrolle zu.“ (Europäische Kommission 1992a: 35). Darüber hinaus wurde betont, dass die für das Wirtschaftswachstum erwartbare Zunahme des Energieverbrauchs die Situation in der Energieversorgungssicherheit gefährde und gleichzeitig die Auswirkungen auf die Umwelt in dramatischer Weise zunehmen würden, insbesondere hinsichtlich des zu erwartenden CO2Emissionensanstiegs. Dies würde wiederum bedeuten, dass das Ziel von Kyoto – zur Re200
Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 203 Ebd. 204 Ebd. 205 Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auch durch die Aufnahme des umweltpolitischen Integrationsprinzips in den Vertrag von Maastricht befördert worden. 201 202
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duktion der CO2- und anderer Treibhausgasemissionen beizutragen – nicht erreicht werden könnte. Vor diesem Hintergrund wurde ein Gesamtkonzept mit verschiedenen geplanten Maßnahmen erstellt, das neben kurz- und mittelfristigen Vorschlägen vor allem langfristige Maßnahmen enthielt, die auf eine Verhaltensänderung abzielten. Die von der Generaldirektion XI vorgeschlagenen Maßnahmen umfassten eine Einführung ökonomischer Instrumente, durch welche die tatsächlichen Kosten für den Energieverbrauch an den Verbraucher weiter gegeben werden sollten. Ferner sollte die Energieeffizienz verbessert, Normen für rationelle Energienutzung für alle Produkt- und Anwendungsarten erstellt sowie Energieeinsparprogramme – wie beispielsweise SAVE – weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus sollten weitere Untersuchungen über die Umweltaspekte von Kernenergie, neue Energietechnologie und deren Förderung sowie die Förderung des Einsatzes neuer Energiequellen durchgeführt werden. Nicht zuletzt sollte durch bessere Informationen, Umwelterziehung und -ausbildung für die Verbraucher sowie Verhaltenskodizes für die Industrie eine grundlegende Verhaltensänderung motiviert werden (Europäische Kommission 1992a: 37f.). Die Anforderungen zur Gestaltung der europäischen Energiepolitik wurden in den folgenden Jahren von der Generaldirektion XVII umgesetzt. Diese entwickelte zunächst Rechtsetzungsvorschläge im Rahmen des SAVE-Programms zur Begrenzung der Kohlendioxidemissionen durch eine effizientere Energienutzung (vgl. Europäische Kommission 1992g).206 Zur Förderung erneuerbarer Energieträger und Reduktion von CO2-Emissionen entwarf die Generaldirektion XVII das auf fünf Jahre angelegte ALTENER-Programm (Alternative Energy Programme of the European Commission; Europäische Kommission 1992d). Es wurden Normen für Biodiesel vorbereitet und Projekte zur Förderung erneuerbarer Energien forciert (vgl. Europäische Kommission 1994a). Ferner wurde das seit 1990 existierende THERMIE-Programm in ein neues Programm für nicht-nukleare Energien mit dem Titel JOULE-THERMIE umgewandelt (Europäische Kommission 1994d; 1994f). Ziel des Programms war es, zur Verringerung der mit Energieerzeugung und -verbrauch verbundenen negativen Auswirkungen auf die Umwelt beizutragen, dauerhafte und zuverlässige Energieträger zu erschwinglichen Kosten zu fördern und die technologische Basis der europäischen Industrie zu stärken (European Commission 1995a; Europäische Kommission 1994d). Das Projekt sollte langfristig zur Marktdurchdringung sauberer und effizienterer Technologien beitragen (Europäische Kommission 1994a: 14). Zur Internalisierung externer Kosten hat die Europäische Kommission 1992 eine CO2und Energiesteuer vorgeschlagen, um Umweltkosten bei der Bestimmung von Energiepreisen zu berücksichtigen. Durch die Steuer sollte eine effiziente Nutzung von Energieträgern angeregt und zur Förderung von Kraftstoffen mit geringerem bzw. ohne Kohlenstoffanteil beigetragen werden. Die Einführung einer Umweltsteuer sollte zudem die Verringerung weiterer Schadstoffe, die Verbesserung der Energieversorgungssicherheit durch Einsparungen und einen allgemeinen technischen Fortschritt fördern (Europäische Kommission 1992e; 1994a: 16). Ein weiterer Schritt zur Integration umweltpolitischer Aspekte in der Energiepolitik wurde durch das von der Generaldirektion XVII entwickelte Grünbuch „Für eine Energie206 Darüber hinaus wurden im Rahmen des SAVE-Programms weitere Rechtsetzungsvorschläge zur Energieeffizienz von Heißwasserboilern, Kühlschränken und Gefriergeräten sowie eine allgemeine Energieeffizienzmaßnahme zur Reduzierung der CO2-Emissionen und ein Vorschlag zur Beschränkung des CO2-Ausstoßes von PKW formuliert (Europäische Kommission 1994b: 13f.; 1995d; 1994e; 1995c). Im Zusammenhang mit SAVE steht auch die Entwicklung einer Gemeinschaftsstrategie zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und zum Abbau von Hindernissen, die deren Entwicklung behindern (Europäische Kommission 1997e).
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politik der Europäischen Union“ (Europäische Kommission 1994i) geleistet. In dem Grünbuch wurde – wie schon im fünften Umweltaktionsprogramm – hervorgehoben, dass die europäische Energiepolitik Synergien zwischen den Zielsetzungen Versorgungssicherheit, industrielle Wettbewerbsfähigkeit und Umweltschutz erreichen muss. Im Mittelpunkt einer umweltpolitisch ausgerichteten Energiepolitik sollte die Internalisierung externer Kosten stehen. Dazu sollten Maßnahmen forciert werden, denen ein ökonomischer und marktorientierter Ansatz zugrunde liegt, um kostengünstige Lösungen zur Implementation umweltpolitischer Zielsetzungen zu entwickeln (ebd.: 27ff.). Gleichzeitig gelte es bei der Entwicklung dieser Maßnahmen darauf zu achten, dass diese nicht die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie beeinträchtigten (ebd.: 39). Vor diesem Hintergrund wurden in den federführend von der Generaldirektion XI entworfenen Zwischenberichten von 1994 und 1995 zur Umsetzung des fünften Umweltaktionsprogramms die Bemühungen der Generaldirektion XVII in der Energiepolitik positiv hervorgehoben und bemerkt, dass einige Fortschritte erzielt worden seien (beispielsweise durch die von der Generaldirektion XVII entwickelten Förderprogramme; vgl. Europäische Kommission 1994a: 17; 1995d; 1994d).207 Parallel dazu wurde jedoch konstatiert, dass die Ergebnisse in der Energiepolitik weiterentwickelt und neue Synergien zwischen Umwelt, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit gefunden werden müssten (European Commission 1995a). In den Zwischenberichten wurde angemahnt, dass die Integration umweltbezogener Überlegungen in die Energiepolitik über die Bekämpfung der Klimaveränderung hinaus gehen und auch andere Umweltprobleme bezüglich der Energiepolitik umfassen müsse (ebd.). Ferner wurde unter Rückgriff auf das Grünbuch zur Energiepolitik betont, dass die darin vorgeschlagene Internalisierung externer Kosten durch ökonomische Instrumente in Zukunft verstärkt Anwendung finden müsse, beispielsweise durch die Erhebung von Steuern und Gebühren, handelbaren Emissionszertifikaten sowie freiwilligen Vereinbarungen der Industrie. Darüber hinaus sollten im kommenden Weißbuch weitere Fortschritte in den Bereichen angestrebt werden, die bereits im fünften Umweltaktionsprogramm betont wurden – wie zum Beispiel Erhöhung der Energieeffizienz, Ausbau von Forschung und Entwicklung, Sensibilisierung der europäischen Öffentlichkeit und Änderung der Verhaltensmuster etc. (Europäische Kommission 1994a: 20f.; European Commission 1995a).208 Noch im selben Jahr legte die Europäische Kommission unter Federführung der Generaldirektion XVII und unter Beteiligung der Generaldirektion XI ein Weißbuch für die Energiepolitik der EU vor (Europäische Kommission 1995i), in dem die Aspekte des Grünbuchs weiter entwickelt und die Anforderungen aus dem Zwischenbericht aufgegriffen wurde. Die Energiepolitik, so das Weißbuch, müsse sich in die allgemeinen Ziele der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft – insbesondere der Integration des Marktes, der Deregulierung und der Einschränkung der öffentlichen Interventionen – einfügen (ebd.: 1f.).209 207 Diese Förderprogramme – so die Generaldirektion XI – hätten nicht nur eine effizientere Energienutzung, erneuerbarer Energien und die Entwicklung sauberer und effizienterer Energien gefördert, sondern auch zu einem Informationsaustausch und einer allmählichen Sensibilisierung der Bürger für diese Thematik beigetragen (Europäische Kommission 1994a: 17; 1995d; 1994d). 208 Das Ziel der Entwicklung eines nachhaltigen Energiekonzepts war zu diesem Zeitpunkt, angesichts der sehr guten Versorgung mit fossilen Brennstoffen zu niedrigen Preisen, eine besondere Herausforderung (Europäische Kommission 1994a: 20f.). 209 Die Integration des Marktes bildete das entscheidende Anliegen für die Energiepolitik der Gemeinschaft. Denn ohne Marktintegration würden alle weiteren gemeinschaftlichen Aktionen und Maßnahmen ihre Daseinsberechti-
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Gleichzeitig galt nach wie vor, dass die Energiepolitik Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltschutz miteinander versöhnen müsse, um die gemeinschaftlichen Interessen zu verwirklichen. Zur Verbesserung des Umweltschutzes, dem mit Blick auf den Energiesektor ein hervorgehobener Stellenwert eingeräumt wurde (ebd.: 9), wurde von der Generaldirektion XVII „ein mittel- bis langfristig angelegtes abwägendes Vorgehen, das auf der Internalisierung der Kosten fußt“ (ebd.: 2), vorgeschlagen. Durch den Einsatz marktorientierter und fiskalischer Instrumente (z.B. eine CO2-/Energiesteuer) sollten die Marktmechanismen genutzt und Möglichkeiten zur effektiven Lösung von Umweltproblemen erschlossen werden. Ergänzend dazu wurde der Einsatz anderer Instrumente, wie zum Beispiel Normungsgremien, Verhaltenskodizes, gemeinschaftsweite freiwillige Vereinbarungen zum Umweltschutz sowie freiwillige Absprachen mit den Herstellern und der Industrie, vorgeschlagen. Gleichzeitig betonte die Generaldirektion XVII, die Instrumente und Maßnahmen zum Schutz der Umwelt dürften nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung oder zu Wettbewerbsnachteilen für die europäischen Unternehmen bzw. die europäische Wirtschaft führen. Vielmehr sollten die Aktionen stimulierend auf die Industrie und Unternehmen wirken und Anreize entwickeln, um Energie effizienter zu nutzen, Einsparungen zu erzielen und die Gewinnspanne zu vergrößern.210 Um den Nutzen der Maßnahmen zu verdeutlichen, wurde durch das Weißbuch die Mitwirkung der Industrie an der Gestaltung von Rechtsetzungsvorschlägen angeregt, durch die eine Vertrauensbasis geschaffen werden sollte (ebd.: 31ff.). Im Anschluss an die im Weißbuch gemachten Vorschläge wurden noch im selben Jahr – federführend von der Generaldirektion XVII und unter Beteiligung der Generaldirektion XI – weitere Vorschläge für ein Mehrjahresprogramm zur Förderung der Energieeffizienz in der EU (SAVE II) formuliert (Europäische Kommission 1995d). 1996 wurde der Vorschlag vom Rat angenommen und das SAVE II-Programm für fünf Jahre (1996 bis 2000) weitergeführt. 1997 wurde der Vorschlag für SAVE II geändert und in das auf fünf Jahre geplante Energierahmenprogramm (1998 bis 2002) aufgenommen (vgl. Europäische Kommission 1997h). Trotz einiger Überarbeitungen und inhaltlicher Weiterentwicklungen211 blieb die grundlegende Zielsetzung von SAVE, die Erhöhung der Energieeffizienz zu realisieren, erhalten. Sie wurde mit anderen Gemeinschaftsprogrammen im Energiesektor – wie zum Beispiel ALTENER – abgestimmt und zu einem integrierten Ansatz ausgebaut.212 Darüber hinaus hat die Europäische Kommission unter Federführung der Generaldirektion XVII vor dem Hintergrund des Weißbuchs eine Vorlage für ein kohärentes Konzept zur gung verlieren, da sie auf einzelstaatliches Niveau zurückgeführt werden müssten (Europäische Kommission 1995i: 2). 210 In diesem Zusammenhang sollten auch die bestehenden Programme zur Energieeinsparung, zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Technologieförderung ausgeweitet und verstärkt werden (Europäische Kommission 1995i: 34f.; 1995d; 1995e). 211 Hiermit ist beispielsweise die verbesserte Einbeziehung des lokalen und regionalen Energiemanagements, die Generierung von Strategien zum effizienten Energiemanagement, Elektrizitätsverbraucherprogramme und die Untersuchung der Möglichkeit, Energieeffizienz als Kriterium in die Gemeinschaftsprogramme aufzunehmen. angesprochen (vgl. Directorate-General for Energy and Transport 2002). Darüber hinaus ist durch SAVE II eine Überwachung hinsichtlich der erzielten Fortschritte in der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten vorgesehen (Europäische Kommission 1998k: 2). 212 Die Kommission brachte unter Federführung der Generaldirektion XVII 1998 erstmals einen Zwischenbericht heraus, in dem die Zwischenergebnisse des Mehrjahresprogramms zur Förderung der Energieeffizienz der Gemeinschaft bewertet und Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreitet wurden (Europäische Kommission 1998k: 8).
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Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (Europäische Kommission 1997i) vorgeschlagen. Die Initiative wurde in die europäische Energiepolitik eingebettet und sollte die erforderliche Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren213 gewährleisten, um Hindernisse abzubauen und eine Ausweitung der Kraft-Wärme-Kopplung zu unterstützen (ebd.: 2ff.).214 Ferner wurde federführend von der Generaldirektion XVII und unter Beteiligung der Kommission eine Energiecharta über Energieeffizienz und damit zusammenhängende Umweltaspekte durch die EG entworfen, um die industrielle Zusammenarbeit zwischen Ostund Westeuropa zu fördern (Europäische Kommission 1995e). Anknüpfend an die Aufforderung des Weißbuchs zur europäischen Energiepolitik wurde unter Federführung der Generaldirektion XVII 1996 ein Grünbuch für eine Gemeinschaftsstrategie zur Förderung und Entwicklung erneuerbarer Energiequellen entwickelt (Europäische Kommission 1996j). In dem Grünbuch wurde das Ziel verfolgt, den Anteil erneuerbarer Energien an der Energiebilanz der EG von 1995 6 % auf 12 % im Jahr 2010 zu verdoppeln. Dazu sollte die Arbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten verbessert werden, um auf einzelstaatlicher Ebene wirksame Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien zu ergreifen, während auf der Gemeinschaftsebene Instrumente geschaffen werden sollten, um diese Maßnahmen zu koordinieren. Ferner sollten die Förderungsmöglichkeiten für erneuerbare Energieträger verstärkt und die Internalisierung externer Kosten bei herkömmlichen Energieträgern verbessert werden, um die Preisvorteile herkömmlicher gegenüber erneuerbaren Energien abzubauen und erneuerbare Energien attraktiver zu machen. Der erwartbare Wachstumsprozess erneuerbarer Energien an der Energiebilanz sollte hinsichtlich des formulierten Ziels überwacht und bewertet werden (Europäische Kommission 1996j: 4f.). Die Generaldirektion XVII begründete die aktive Förderung erneuerbarer Energien mit den zu erwartenden positiven Effekten auf die Umwelt, mit der Reduktion von CO2-Emissionen aus dem Energiesektor und mit der Verringerung der Abhängigkeit von Energiezufuhren (ebd.: 3f.). Dem Grünbuch folgte 1997 ein Weißbuch für eine Gemeinschaftsstrategie und ein Aktionsplan zur Förderung erneuerbarer Energieträger (Europäische Kommission 1997f). Durch das Weißbuch sollten die programmatischen Arbeiten des Grünbuchs von 1996 ergänzt und konkrete, konzeptionelle Vorschläge zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Energiebedarf auf 12 % unterbreitet werden (Europäische Kommission 1996j). Das Hauptargument zur Förderung erneuerbarer Energieträger bestand in erster Linie in der Verbesserung der Versorgungssicherheit und der Verringerung der Abhängigkeit von Energieimporten. Dies – so das Weißbuch – habe positive Effekte für die regionale Entwicklung, für die Schaffung von Arbeitsplätzen. „Schließlich befürwortet die Öffentlichkeit – hauptsächlich aus Gründen des Umweltschutzes – eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger“ (Europäische Kommission 1997f: 5, siehe auch: Europäische Kommission 1996j: 3f.). Basierend auf den Forderungen und vorgeschlagenen Initiativen des Weißbuchs zur Förderung erneuerbarer Energieträger wurde 1997 federführend von der Generaldirektion XVII ein Bericht über die Ergebnisse des ALTENER-Programms erstellt (Europäische 213
Der Vorschlag zielt auf die verbesserte Kooperation zwischen der Gemeinschaft, den Mitgliedstaaten, den Versorgungsunternehmen und den Abnehmern von Elektrizität (Europäische Kommission 1997i: 3). 214 Im Gegensatz zu anderen langfristigen Maßnahmen – so die Generaldirektion XVII – sei die Kraft-WärmeKopplung eine der wenigen Technologien, die kurz- oder mittelfristig einen maßgeblichen Beitrag zur Frage der Energieeffizienz in der EU zu leisten vermag (Europäische Kommission 1997i: 3f.).
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Kommission 1997j) und daraufhin ein Vorschlag für die Entwicklung eines Mehrjahresprogramms zur Fortsetzung und Weiterentwicklung des ALTENER-Programms (ALTENER II) entworfen (Europäische Kommission 1997g). Das ALTENER II-Programm fokussierte auf die Ergänzung und den Ausbau von Gemeinschaftsstrategien, um erneuerbare Energien zu entwickeln und ein Klima zur Steigerung der Investitionstätigkeit für erneuerbare Energieträger zu schaffen. Hierzu sollten Informationen besser verbreitet und die Koordination auf den unterschiedlichen internationalen, nationalen, regionalen und lokalen Ebenen sowie zwischen den Behörden und der Industrie gefördert werden (ebd.). Neben den Anforderungen aus den Grün- und Weißbüchern waren die EU und die Mitgliedstaaten durch das Kyoto-Protokoll von 1997 verpflichtet, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Die Kommission hatte unter Federführung der Generaldirektion XVII eine Mitteilung entworfen, um „Maßnahmen zu erlassen, die effizient, realistisch und durchführbar sind“ (Europäische Kommission 1997c: 3). Dazu wurde ein Schwerpunkt auf Implikationen im Energiebereich gelegt, um den Anteil an Treibhausgasemissionen (insbesondere an CO2-Emissionen) langfristig zu senken. Als mögliche Aktionsfelder wurden etwa Energieeffizienz und -einsparung, eine vermehrte und bessere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, die beschleunigte Marktdurchdringung erneuerbarer Energiequellen etc. genannt (ebd.: 8ff.). Angesichts der hier nur kurz skizzierten Bandbreite an Maßnahmen und Vorschlägen, die von der Generaldirektion XVII in der zweiten Phase ins Leben gerufen worden, lässt sich festhalten, dass seit dem fünften Umweltaktionsprogramm und dem Vertrag von Maastricht umweltpolitische Aspekte vermehrt in die Politikformulierung des Energiesektors aufgenommen wurden. In nahezu allen Politikvorschlägen an der Schnittstelle zwischen Energie- und Umweltpolitik finden sich Rückbezüge auf die Verträge und das fünfte Umweltaktionsprogramm. Darüber hinaus zeichnete sich die Generaldirektion XVII in dieser Phase vornehmlich durch ihre programmatische und konzeptionelle Arbeit im Rahmen der Weiß- und Grünbücher aus. Es standen weniger einzelne Initiativen und Maßnahmen im Vordergrund, sondern das Ziel einen umfassenden und integrierten Ansatz zu formulieren, der durch zahlreiche Förderprogramme der Generaldirektion XVII in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion XI initiiert wurde.215 Diese Phase ist zudem durch enge Kooperationsbeziehungen mit der Generaldirektion XI gekennzeichnet, die bei zahlreichen – federführend von der Generaldirektion XVII bearbeiteten – Politikvorschlägen konstruktiv beteiligt wurde.216 Vergleicht man die Zielsetzungen in den Politikvorschlägen zwischen den beiden Phasen, so lässt sich konstatieren, dass sich diese seit dem Ende der 1970er Jahre nicht grundlegend verändert haben. Es geht nach wie vor darum, eine europäische Energiepolitik zu forcieren, durch die die EG weniger abhängig von Energieimporten wird und dabei gleichzeitig die Wirtschaftsleistung und die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleiben bzw. ausgebaut werden (vgl. Europäische Kommission 1997f). Erst bei einem Vergleich der Argumentationsmuster werden Veränderungen sichtbar. Während umweltpolitische Aspekte bis zum Ende der 1980er Jahre eher implizit berücksichtigt wurden, diente der Schutz der Umwelt und die Reduktion der CO2- und anderer Treibhausgasemissionen in den 1990er Jahren als Argument zur Förderung regenerativer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz. Hinzu kommt, dass die Verpflichtungen von Kyoto die Reduktion von Treib215 216
Vgl. dagegen das Profil der Generaldirektionen VII und III. Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002.
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hausgasemissionen erfordern und damit ein weiteres Argument geliefert wurde, um die Energieeffizienz zu steigern und die Entwicklung und Marktdurchdringung erneuerbarer Energien zu fördern.217 Darüber hinaus – dies zeigt das Weißbuch von 1997 zur Förderung erneuerbarer Energieträger (Europäische Kommission 1997f) – wird ein Bezug zur europäischen Öffentlichkeit hergestellt, welche einen verbesserten Umweltschutz einfordert. Die Berücksichtigung umweltpolitischer Belange in Politikvorschlägen des Energiesektors dient also als Argument zur Durchsetzung einer europäischen Energiepolitik, die auf Steigerung der Versorgungssicherheit ausgerichtet ist.218 Hierbei sind die grundlegenden umwelt- und energiepolitischen Zielsetzungen zwar heterogen, die Teilziele – Steigerung der Energieeffizienz und Förderung erneuerbarer Energieträger – sind jedoch homogen. Dieses Argument gewinnt dann an Gewicht, wenn der Umweltpolitik ein hoher Stellenwert beigemessen wird oder externe Vereinbarungen der EU und der Mitgliedstaaten – wie das Kyoto-Protokoll – eine verstärkte Integration notwendig machen.219 Hinzu kommt, dass die starke Betonung auf eine Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte in Politikvorschlägen des Energiesektors „modisch“ war – „it was a kind of a slogan which was added there, because it was fashionable.“220 Vor allem dann, wenn Umweltpolitik vermehrt in den Fokus öffentlicher Diskussionen geriet, war es für die Generaldirektion XVII wichtig, diese Aspekte hervorzuheben (Europäische Kommission 1997f).221 Dritte Phase: 1997-2004 Die Einbeziehung umweltpolitischer Belange in der Politikformulierung der Generaldirektion XVII wurde durch den Vertrag von Amsterdam, vor allem aber durch den Prozess von Cardiff und die Vereinbarungen von Kyoto erneut befördert (siehe Kap. 4.3.). Während bis 1997 regelmäßig in Politikvorschlägen hervorgehoben wurde, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen positive Auswirkungen auf die Umwelt haben, wurde 1998 in einer Mitteilung der Kommission – unter Federführung der Generaldirektion XVII und unter Beteiligung der Generaldirektion XI – diskutiert, wie die Einbeziehung von Umweltaspekten in die Energiepolitik gefördert werden könne (Europäische Kommission 1998e). Darin konstatierte die Kommission, dass die Auswirkungen der Energiegewinnung und -nutzung auf die Umwelt bislang nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Sie forderte daher, verstärkt Maßnahmen zur Einbeziehung von Umweltaspekten zu ergreifen, um dem Ziel des Amsterdamer Vertrages zur nachhaltigen Entwicklung und rationellen Nutzung von Ressourcen nachzukommen (ebd.: 2ff.). Obschon einige Fortschritte zur Förderung der Energieeffizienz und der Entwicklung regenerativer Energieträger – beispielsweise durch die Förderprogramme SAVE und ALTENER – erzielt wurden und weitere Maßnahmen dazu beigetragen haben, die Auswirkungen des Energiesektors auf die Umwelt zu reduzieren (ebd.: 4ff.), galt es in besonderem Maße sicher zu stellen, dass die Integration umweltpolitischer Belange in die Energiepolitik in ausgewogener Form erfolgt (ebd.: 8). Es sollten die drei prioritären energiepolitischen Zielsetzungen – Umweltschutz, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit – gleichermaßen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollte die Implementation von Umweltaspekten auf Fakten und Analysen gestützt und flexibel hinsichtlich der 217
Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr und der Generaldirektion Umwelt, 2002. 219 Ebd. 220 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 221 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 218
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Anpassung an die sich rasch verändernden Energiemärkte sein (ebd.). Die Kommission strebt dabei unter Federführung der Generaldirektion XVII drei spezifische Umweltziele im Rahmen der gemeinschaftlichen Energiepolitik an. Erstens die Förderung von Energieeffizienz und -einsparungen, zweitens einen erhöhten Anteil der Produktion und Nutzung umweltfreundlicher Energiequellen und drittens die Verringerung der Umweltauswirkungen der Produktion und Nutzung herkömmlicher Energiequellen (ebd.: 10). Zur Erreichung dieser Ziele war die Generaldirektion XVII bestrebt, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander und mit betroffenen Parteien zu unterstützen, um eine kosteneffiziente Umsetzung der Ziele durch den Austausch von Informationen und der Verbreitung von Best Practices zu erreichen (ebd.: 11f.). Zudem sollten bestimmte energiepolitische Maßnahmen unterstützt und eine bessere Abstimmung mit anderen gemeinschaftspolitischen Maßnahmen im Energiebereich erzielt werden (ebd.: 12ff.).222 Nicht zuletzt sollte die Kommission Fortschritte bei der Integration von Umweltaspekten überwachen und dazu geeignete Indikatoren entwickeln (ebd.: 15). Im Gegensatz zu früheren Mitteilungen, in denen die Integration umweltpolitischer Aspekte als zusätzliches Argument genutzt wurde, um eine bessere Energieversorgungssicherheit anzustreben, wurde der Schwerpunkt in dieser Mitteilung auf die verbesserte Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte in der Energiepolitik gelegt und erkannt, dass die bisherigen Bemühungen nicht ausreichten. Um einen Beitrag zur Erfüllung der sich aus dem Kyoto-Protokoll ergebenden Verpflichtungen zu leisten, entwarf die Kommission 1998 – unter Federführung der Generaldirektion XVII und Beteiligung der Generaldirektion XI – eine Mitteilung, in der Ansätze für eine Strategie des rationellen Energieeinsatzes thematisiert wurden (Europäische Kommission 1998o: 1f., 18). In dieser Mitteilung wurde verstärkt auf das wirtschaftliche Potential einer gesteigerten Energieeffizienz hingewiesen und erwähnt, dass die Entspannung auf dem Energiemarkt und die niedrigen Energiepreise dazu geführt hätten, dass Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz nachließen. Daher sollten im Rahmen der Mitteilung, die bestehenden Maßnahmen untersucht, die Hindernisse zu deren Durchführung analysiert und weitere Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz entwickelt werden. Diese Mitteilung und die daran anschließenden Diskussionen sollten der Kommission als Grundlage zur Entwicklung eines Aktionsplans für Energieeffizienz dienen (ebd.: 18). Darüber hinaus schlug die Kommission unter Federführung der Generaldirektion XI eine Überarbeitung der Richtlinie über Großfeuerungsanlagen vor mit dem Ziel, die für Versauerung und Ozonbildung verantwortlichen Emissionen weiter zu verringern (Europäische Kommission 1998l). In dem Gesamtbericht der Europäischen Kommission zur Bewertung des fünften Umweltaktionsprogramms, der unter Federführung der Generaldirektion XI erstellt wurde, wurden die Ergebnisse hinsichtlich der Integration umweltpolitischer Aspekte in der Energiepolitik bewertet (vgl. Europäische Gemeinschaften 2000: 44f.). So wurde betont, dass die Kommission hinsichtlich der Unterstützung der Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten, der Ergänzung ihrer Arbeit im Energiesektor wie auch bei der Entwicklung kosteneffektiver Maßnahmen auf der Gemeinschaftsebene einige bemerkenswerte Fortschritte 222 Damit wurde einerseits eine verstärkte Unterstützung bestehender Maßnahmen angesprochen, beispielsweise hinsichtlich der Marktdurchdringung erneuerbarer Energieträger oder der vermehrte Einsatz von Kraft-WärmeKopplung (Europäische Kommission 1998e: 12f.). Anderseits sollte eine verbesserte Koordination zwischen bestehenden Maßnahmen erfolgen, zum Beispiel bei der Forschungstätigkeit in Bereichen zwischen Energie und Umwelt oder die bessere Verflechtung transeuropäischer Energienetze, durch die der Bedarf an Stromerzeugungskapazitäten verringert und Emissionen reduziert werden können (ebd.: 13f.).
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erzielt habe, die dazu geführt hätten, dass die Prioritäten des fünften Umweltaktionsprogramms – mit Ausnahme der Internalisierung externer Kosten – in den Bericht an den Europäischen Rat von Wien eingeflossen seien (ebd.: 45). Zukünftig sollte es jedoch darum gehen, neue politische Maßnahmen und Instrumente zu entwickeln (beispielsweise umweltpolitische Vereinbarungen) und die Entwicklung gemeinsamer Durchführungsmechanismen sowie steuerlicher Anreize in Angriff zu nehmen (ebd.). Darüber hinaus sollten Aktionen zur Steigerung der Energieeffizienz und -einsparungen, zur Verringerung von Umweltbelastungen durch Erzeugung und Verwendung traditioneller fossiler Brennstoffe, zur Förderung von Projekten zum Einsatz sauberer und erneuerbarer Energiequellen und zur Internalisierung der externen Kosten unternommen sowie Forschung, Entwicklung und Verbreitung neuer und verbesserter Energietechnologien gefördert werden. Diese Initiativen und Maßnahmen sollten dazu beitragen, eine Änderung des Verbraucherverhaltens und der Nachfrage zu induzieren (ebd.). Auch im sechsten Umweltaktionsprogramm wurden diese Aspekte erneut aufgegriffen und betont, dass die durch Energiegewinnung und -nutzung entstehenden negativen Auswirkungen auf die Umwelt eingeschränkt werden müssten, um den Prozess der Klimaänderung einzudämmen. Ferner sollten die in dem Gesamtbericht des fünften Umweltaktionsprogramms vorgeschlagenen Maßnahmen ergriffen werden, um die nachhaltige Entwicklung des Energiesektors zu fördern (Europäische Kommission 2001a: 21, 29f.). Noch im selben Jahr wurde unter Federführung der Generaldirektion Energie und Verkehr ein Aktionsplan zur Verbesserung der Energieeffizienz in der EG entworfen (Europäische Kommission 2000f), der auf dem Vorschlag der Kommission von 1998 beruhte (Europäische Kommission 1998o). In diesem Aktionsplan wurde von der Generaldirektion Energie und Verkehr – motiviert durch die Vereinbarung von Kyoto – der Vorschlag gemacht, Markthemmnisse abzubauen, „die eine zufriedenstellende Verbreitung von energiesparenden Technologien und die rationelle Energieverwendung behindern“ (Europäische Kommission 2000f: 2).223 Zur Verbesserung der Energieeffizienz wurden von der Generaldirektion Energie und Verkehr drei Arten von Maßnahmen vorgeschlagen: Maßnahmen zur Unterstützung der Energieeffizienz in anderen – nicht speziell den Energiebereich betreffende – Politik- und Programmbereichen, Maßnahmen zur Neuorientierung und Intensivierung vorhandener Gemeinschaftsmaßnahmen sowie neue, gemeinsame und koordinierte Maßnahmen und Politikvorschläge (ebd.: 2). Zudem wurden weitere Vorschläge zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien unterbreitet, um die Vereinbarung von Kyoto zu erfüllen und auf die Forderung des Rates zu reagieren, Umweltbelange vermehrt zu berücksichtigen (Europäische Kommission 2000g: 2f.).224 Darüber hinaus wurden im Rahmen des SAVE II-Programms in einigen speziellen Bereichen Erfolge erzielt, beispielsweise bei der Gestaltung des Energieprofils von Gebäuden (vgl. Europäische Kommission 2001f) und in der Zusammenarbeit mit der Industrie zur Minderung der CO2Emissionen bei Personenkraftwagen (vgl. Europäische Kommission 2000l).225 223
Bislang – so wurde in der Mitteilung konstatiert – sei immer noch ein geschätztes wirtschaftliches Potential zur Verbesserung der Energieeffizienz von 18 % des derzeitigen Energieverbrauchs unausgeschöpft. 224 Die federführend von der Generaldirektion Energie und Verkehr vorgeschlagene Richtlinie fokussierte auf die Entwicklung einer harmonisierten, gemeinschaftsweiten Förderregelung zur Schaffung einer Wettbewerbsposition zwischen Erzeugern von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen, um mittelfristig eine Senkung der Preise herbeizuführen. Damit sollten gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen und die Verbreitung des Stroms aus erneuerbaren Energien erleichtert werden (vgl. ebd.: 3). 225 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003.
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Die Generaldirektion Energie und Verkehr entwickelte 2000 das Grünbuch „Towards a European strategy for the security of energy supply“ für den Energiesektor (European Commission 2000). Dieses Grünbuch stellt die Grundzüge der europäischen Energiepolitik dar und zeigt die Entwicklungslinien einer auf Energieversorgungssicherheit ausgerichteten Energiepolitik auf (Directorate-General for Energy and Transport 2002a). Darin wurde konstatiert, dass der Energieverbrauch der EU zugenommen habe und bei dem zu erwartenden Wirtschaftswachstum und dem Verbraucherverhalten weiter zunehmen würde, wodurch die Abhängigkeit von Energieimporten wachse. Um die aus dieser Abhängigkeit resultierenden Risiken zu mindern, verfolgt die Kommission eine langfristige Strategie zur Versorgungssicherheit, die gleichzeitig Umwelterwägungen und das Ziel der nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen hat (European Commission 2000: 2f.). Diese Strategie ist durch drei Grundzüge gekennzeichnet: Erstens durch die Formulierung von Maßnahmen zugunsten einer nachfrageorientierten Politik als Gegengewicht zu einer angebotsorientierten Politik (z. B. beispielsweise durch Steigerung der Energieeffizienz, durch Entwicklung energieeffizienter Produkte etc).; zweitens durch die Initiierung einer Verhaltensänderung der Verbraucher mittels Besteuerung als Instrument zur Förderung eines umweltfreundlichen Verbrauchs (z. B. im Verkehrssektor und im Bauwesen); drittens sollen Maßnahmen zur Drosselung der globalen Erwärmung generiert werden, um die Vereinbarungen von Kyoto zu erfüllen (z. B. durch den Ausbau neuer und erneuerbarer Energien sowie durch finanzielle Maßnahmen wie Beihilfen und Steuerermäßigungen, European Commission 2000: 3f.; Europäische Kommission 2002m). 2001 wurde von der Kommission unter Federführung der Generaldirektion Umwelt ein Arbeitspapier verfasst, in dem die Fortschritte hinsichtlich der Einbeziehung von Umweltaspekten und die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung im Energiesektor bewertet und Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreitet wurden (vgl. Europäische Kommission 2001 l: 7ff.). In diesem Arbeitspapier wurde betont, dass im Energiesektor bereits bemerkenswerte Fortschritte erzielt worden seien. „Die Versorgungssicherheit wurde beibehalten, die Wettbewerbsfähigkeit der Energiedienstleistungen in der Europäischen Gemeinschaft hat sich verbessert, und es gab Fortschritte im Bereich des Umweltschutzes“ (ebd.: 11). Konkret wurden in dem Arbeitspapier acht für die nachhaltige Entwicklung vorrangige Aktionsbereiche analysiert, in denen die Europäische Kommission und insbesondere die für Energiepolitik zuständige Generaldirektion Fortschritte erzielt haben. Zu diesen Arbeitsbereichen zählte und zählt die Vollendung des Energiebinnenmarktes als eines der Hauptziele, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu verbessern sowie Wirtschaftswachstum und Beschäftigung bei gleichzeitigem Erhalt der Umwelt zu fördern. Erste Ergebnisse wurden durch eine Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinie erreicht, zur vollständigen Marktöffnung in beiden Bereichen seien in Zukunft aber noch weitere Schritte erforderlich (Europäische Kommission 2001 l; 2001o). In diesem Kontext wurde von der Generaldirektion Energie und Verkehr eine Mitteilung zum Ausbau des Energiebinnenmarktes und zur Abstimmung der Maßnahmen im Bereich der Energieversorgungssicherheit erstellt (Europäische Kommission 2002p). Weiterhin arbeitet die Kommission unter Federführung der Generaldirektion Energie und Verkehr an der Förderung erneuerbarer Energien und konnte in diesem Bereich vor allem seit dem Weißbuch für erneuerbare Energieträger von 1997 ein erhebliches Wachstum verzeichnen. Die Generaldirektion Energie und Verkehr unternahm in diesem Bereich weitere Anstrengungen durch die Umsetzung der Gemeinschaftsstrategie und des Aktions-
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plans zu erneuerbaren Energiequellen, die im Anschluss an den Arbeitsbericht und als Reaktion auf das Weißbuch von 1997 und das Grünbuch von 2000 erstellt wurden (Europäische Kommission 2001o).226 Die Generaldirektion Energie und Verkehr erarbeitete zudem einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energieträger im Elektrizitätsbinnenmarkt (Europäische Kommission 2000g). Weitere Fortschritte wurden durch die Produktion von Wärme und Strom aus Biogas, durch neue Umweltschutzbestimmungen zu Abfällen und Deponiegas und durch die Normierung von erneuerbaren Energien eingeleitet, die dazu beitrugen, die Kommerzialisierung und Etablierung erneuerbarer Energien voran zu bringen (vgl. Europäische Kommission 2001 l: 13ff.). Zudem wurden durch die Zusammenarbeit der Generaldirektionen Umwelt und Energie und Verkehr im Rahmen des ECCP weitere Fortschritte erzielt, beispielsweise durch den Vorschlag zur Aufbereitung biologischer Abfälle zur Gewinnung umweltfreundlicher Energien und Herstellung von Dünger (vgl. Europäische Kommission 2000b: 12; 2000g).227 Neben der Unterstützung zur Entwicklung erneuerbarer Energien verbesserte die Kommission unter Federführung der Generaldirektion Energie und Verkehr die Energieeffizienz und Energieeinsparung und rekurrierte dazu auf den „Aktionsplan zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Europäischen Gemeinschaft“ (Europäische Kommission 2000f). Neben den drei dort vorgeschlagenen Gruppen von Maßnahmen228 wurden in dem Aktionsplan weitere Initiativen vorgeschlagen, um die Energieeffizienz im Verkehr (insbesondere Straßenverkehr) und den städtischen Nahverkehr zu verbessern (siehe auch unter 5.2.3.). Zur Verbesserung der Energieeffizienz formulierte die Generaldirektion Energie und Verkehr weitere Politikvorschläge, beispielsweise zum Energieprofil von Gebäuden (Europäische Kommission 2001n: 16f.; 1999f) oder zur Kraft-Wärme-Kopplung (Europäische Kommission 2001 l; 1997i). Zur Unterstützung der Nutzung und Verbreitung erneuerbarer Energieträger und zur Verbesserung der Energieeffizienz hat die Europäische Kommission die Internalisierung externer Kosten durch Besteuerung von herkömmlichen Energieträgern, beispielsweise Mineralöle, vorgeschlagen. Dadurch sollten die Kosten und der Nutzen durch die Erzeugung und den Verbrauch von Energien bei der Preisbildung berücksichtigt werden (Europäische Kommission 1997a; 1997b).229 Weitere Aktionsbereiche, die der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im Energiesektor zuträglich sein sollten, waren und sind der Ausbau von Forschung und Entwicklung sowie der Demonstration und Markteinführung neuer und fortschrittlicher Technologien und Techniken. Dieser Aktionsbereich wird durch das fünfte und sechste Forschungsrahmenprogramm ausgefüllt, das unter anderem den Schwerpunkt auf die Entwicklung 226 Die Generaldirektion Energie und Verkehr monierte in der Mitteilung, dass in dem Zeitraum von 1997 bis 2000 hinsichtlich der Einführung erneuerbarer Energiequellen nur ein bescheidenes Wachstum zu verzeichnen war. Daher müssen – so die Generaldirektion – vor allem in Zukunft beträchtliche zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix bis 2010 auf 12 % zu steigern, zu erreichen (vgl. Europäische Kommission 2001o: 33f.). 227 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 228 Zu diesen drei Bereichen gehört erstens die Integration der Energieeffizienz in andere Politikbereiche, zweitens die Neuorientierung und Intensivierung von Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sowie drittens neue und abgestimmte politische Konzepte – wie zum Beispiel das SAVE-Programm, das fünfte Forschungsrahmenprogramm sowie das ECCP (Europäische Kommission 2000f: 2; 2000b). 229 Bei diesen Vorschlägen wurden nur begrenzt Fortschritte gemacht, da der Rat einige Vorschläge nicht in Richtlinien umsetzte. Auch in Zukunft, so das Arbeitspapier, werde die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips im Bereich der Steuern die EU wahrscheinlich davon abhalten, die nachhaltige Entwicklung durch wirtschaftliche Anreize zu fördern (vgl. Europäische Kommission 2001 l: 19).
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erneuerbarer Energien, verbesserte Effizienz, Intermodalität und energieeffiziente Technologien auf der Nachfrageseite legt (Europäische Kommission 2001 l: 20; 2001o). Zudem sollte die Zusammenarbeit und Koordinierung der Mitgliedstaaten insbesondere mit Blick auf die im Kyoto-Protokoll enthaltenen Verpflichtungen ausgeweitet sowie die externe Dimension zur verbesserten „Einbeziehung von Umweltbelangen und der nachhaltigen Entwicklung innerhalb und außerhalb der Union“ (Europäische Kommission 2001 l: 22; 2003b) gestärkt werden. Dazu hat die Europäische Kommission unter Federführung der Generaldirektion Energie und Verkehr 2003 eine Mitteilung über die Entwicklung einer Energiepolitik für die erweiterte EU entworfen (Europäische Kommission 2003h). Nicht zuletzt beabsichtigt die Kommission einen verstärkten Beitrag zur Entwicklung flexibler Mechanismen zu leisten, um die durch das Kyoto-Protokoll eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten. Ein erster Vorstoß dazu wurde durch das Grünbuch über den Handel mit Emissionszertifikaten (Europäische Kommission 2000j) unternommen.230 Insgesamt belegen das Arbeitspapier sowie die in diesem Zusammenhang und darüber hinaus erarbeiteten Politikvorschläge die Fortschritte der für den Energiesektor zuständigen Generaldirektion bei der Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips. Es wird deutlich, dass die Generaldirektion XVII bzw. die Generaldirektion Energie und Verkehr seit 1997 zahlreiche Politikvorschläge in unterschiedlichen energiepolitischen Bereichen formuliert hat, die dem Ziel der Umweltintegration und der nachhaltigen Entwicklung dienen – vor allem die Entwicklung von Förderprogrammen, Maßnahmen zur Energieeffizienz und Energieeinsparungen sowie die Entwicklung und Marktdurchdringung erneuerbarer Energien sind hier zu nennen (Europäische Kommission 2001 l: 7ff.). Insgesamt erscheint die Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte zu einem integralen Bestandteil der europäischen Energiepolitik geworden zu sein.231 Dieser Eindruck wird dadurch bestätigt, dass die Berücksichtigung umweltpolitischer Vorschläge im Energiesektor in erster Linie durch die für Energiepolitik zuständige Generaldirektion vorgenommen wurde, während in anderen Politikfeldern – beispielsweise in der Verkehrs- oder Unternehmenspolitik – Politikvorschläge vor allem durch die Generaldirektion XI bzw. die Generaldirektion Umwelt eingebracht wurden. Das geringe Konfliktpotential bei der Integration umweltpolitischer Aspekte in die europäische Energiepolitik – im Gegensatz zu anderen Politikfeldern, wie beispielsweise der Unternehmenspolitik – ist vor allem der Anschlussfähigkeit und Verknüpfung der Zielsetzungen geschuldet. So setzte sich im Bereich der Energiepolitik die Erkenntnis durch, dass die Verbesserung der Energieversorgungssicherheit durch umweltpolitische Zielsetzungen erreicht werden kann. Daher wird die Integration umweltpolitischer Aspekte in dem Maße anerkannt und umgesetzt, wie das Ziel der Energieversorgungssicherheit befördert wird (European Commission 2000; Europäische Kommission 2001 l).232 Der zunehmende externe Druck zur Implementation umweltpolitischer Anforderungen und zur Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung – durch den Vertrag von Amsterdam, den Cardiff-Prozess und 230
Zur erfolgreichen Umsetzung der in dem Grünbuch vorgeschlagenen Maßnahmen zum Handel mit Emissionszertifikaten muss zunächst ein Abgleich mit den bestehenden Binnenmarkt- und Wettbewerbsvorschriften der EU vorgenommen werden (vgl. Europäische Kommission 2001 l: 25f.). 231 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 232 Dass die Generaldirektion Energie und Verkehr für eine Einschränkung der Umweltauswirkungen durch die Gewinnung und Nutzung herkömmlicher Energieträger plädiert und dazu Maßnahmen formuliert, spricht ebenfalls dafür, dass das Umweltintegrationsprinzip im Energiesektor auf Anerkennung stößt (Europäische Kommission 1998e).
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das Kyoto-Protokoll – liefert der Generaldirektion Energie und Verkehr dabei Argumente zur Förderung der Energieeffizienz und -einsparung sowie zur Entwicklung erneuerbarer Energieträger (Europäische Kommission 1998e). In diesem Zusammenhang werden jedoch nicht nur programmatische und konzeptionelle Politikvorschläge formuliert, in denen umweltpolitische Belange berücksichtigt werden, sondern quantifizierbare Ziele gesetzt, deren Erreichung durch die Generaldirektion Energie und Verkehr überwacht und evaluiert wird, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu formulieren (vgl. Europäische Kommission 2001o: 34).233 Für die Umsetzung umweltpolitischer Aspekte in der Energiepolitik kommt erleichternd hinzu, dass es – so die Befragten der Generaldirektion Energie und Verkehr – hinsichtlich der Kooperation mit Interessenvertretern einfacher sei, umweltpolitische Interessen in die Energiepolitik einzubringen, da es nur einige wenige Energiekonzerne gebe, mit denen man eine Einigung finden müsse.234 Im Verkehrssektor sind die Interessen und deren Vertretungen vielschichtiger und diffuser, was die Formulierung einer Verkehrspolitik als solches erschwert – insbesondere aber bezüglich der Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte.
5.3 Generaldirektion Umwelt Abschließend wird die vergleichsweise junge Generaldirektion Umwelt näher betrachtet. Neben einer kurzen Darstellung der internen Struktur, des Aufgabenspektrums sowie der Funktionsweise der Generaldirektion Umwelt gilt es vor allem zu beleuchten, auf welche Art und Weise die Generaldirektion die Durchsetzung des Umweltintegrationsprinzips in den anderen Dienststellen der Kommission befördert hat. Die Analyse fokussiert dabei auf die Generaldirektionen für Unternehmens- und Tourismuspolitik sowie Energie- und Verkehrspolitik.
5.3.1 Struktur und Funktion der Generaldirektion Umwelt 1973 wurde in der Europäischen Kommission die „Dienststelle Umwelt und Verbraucherschutz“ eingerichtet. 1981 entstand hieraus mit der „Generaldirektion für Umwelt, nukleare Sicherheit und Bürgerschutz“ die Generaldirektion XI, die im Jahr 2000 – im Zuge der Reorganisation der Dienststellen – in „Generaldirektion Umwelt“ umbenannt wurde (vgl. Generaldirektion Umwelt 2002: 17). Bestand die Generaldirektion XI im Jahr 1986 noch aus zwei Direktionen mit insgesamt acht Referaten, wuchs sie bis zum Jahr 2003 auf sieben Direktionen mit insgesamt 25 Referaten an235 und erlebte im Zeitverlauf mehrere interne Umstrukturierungen (vgl. Kraack et al. 1998: 29).236 233
Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr und in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 235 Zum Vergleich: zum Zeitpunkt der Erhebung umfasste die Generaldirektion Energie und Verkehr neun Direktionen mit insgesamt 37 Referaten; zur Generaldirektion Unternehmen gehörten sieben Direktionen mit insgesamt ebenfalls 37 Referaten (vgl. Abschnitt 4.1.1 und 4.2.1). 236 Zu Beginn des Untersuchungszeitraumes (1986) bestand die Generaldirektion XI – zuständig für „Umwelt, Verbraucherschutz und nukleare Sicherheit“ – zunächst lediglich aus zwei Direktionen. Neben der Direktion „Umweltschutz und Umweltverbesserung“ war eine weitere Direktion zuständig für „Verbraucherschutz und 234
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Im Zuge der Kommissionsreform im Jahr 2000 wurde auch die Generaldirektion Umwelt umstrukturiert, was insofern bedeutsam ist, als die Umstrukturierungsmaßnahmen die GD-internen wie auch -externen Kommunikations- und Kooperationsprozesse beeinflussten – auch, aber nicht ausschließlich in Bezug auf das Integrationsprinzip. Bereits Ende der 1990er Jahre war der Versuch unternommen worden, die Arbeitsabläufe innerhalb der Generaldirektion effizienter zu gestalten. Die Arbeitsorganisation sollte „von einer individuellen Orientierung in eine stärker team- und projektorientierte Form“ übergeleitet werden, wozu die Verbesserung der internen und externen „Kommunikations- und Informationsstrukturen“ der Generaldirektion Umwelt dienen sollte (Kraack et al. 1998: 28). Die jüngste Kommissionsreform verfolgte ebenfalls das Ziel, die Funktionsweise der Generaldirektion Umwelt effizienter zu gestalten. So wurde ein neues – unmittelbar dem Generaldirektor unterstelltes – Referat mit dem Titel „Strategische Planung, Koordination und Evaluierung der Politik“ eingerichtet (Europäische Union 2001), um im Zuge der internen Umstrukturierungsmaßnahmen die Arbeitsplanungen der Generaldirektion besser abzustimmen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass sich die bisherige Arbeitsplanung auf einjähriger Basis als unwirksam erwiesen hatte, da die Jährlichkeit des Haushalts die Formulierung langfristiger Ziele durch die Generaldirektion XI erschwerte (vgl. Directorate-General for Environment 2001: 5f.). Zu den Aufgaben dieses Referates gehört unter anderem die Einführung angemessener „policy and management tools“ in die Generaldirektion, die Überprüfung der für die Politikimplementation erforderlichen Ressourcenverteilung, die Koordination des Beitrages der Generaldirektion Umwelt zum jährlichen Arbeitsprogramm sowie die Entwicklung eines Planungs-Netzwerkes mit anderen Diensten (vgl. ebd.: 30). Die beschriebenen Veränderungen in der internen Struktur der Generaldirektion, die mit Umgruppierungen der Mitarbeiter einhergingen, wurden parallel zur Annahme des sechsten Umweltaktionsprogramms (2001-2010) vorgenommen. Mit ihrer Hilfe sollte einzelnen Referaten der Generaldirektion Umwelt ein eindeutiger Fokus zugewiesen und eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Referaten angestrebt werden. Ferner sollte auf diese Weise die Generaldirektion Umwelt gestärkt und die Implementation des sechsten Umweltaktionsprogramms befördert werden (vgl. Directorate-General for Environment 2001: 5).237 Die Arbeitsweise der Generaldirektion Umwelt ist durch einen englischen Administrationsstil geprägt. Das bedeutet u. a., dass sie eine hohe Rezeptivität gegenüber neuen Ideen sowie einen hohen Delegationsgrad aufweist. Entsprechend sind auch hierarchische Anordnungen in der Generaldirektion Umwelt im Allgemeinen weniger ausgeprägt als in anderen Generaldirektionen. Die „flachen“ Hierarchien wiederum erleichtern die Kommunikation innerhalb der Generaldirektion vertikal wie horizontal, so dass Informationen innerhalb der Generaldirektion unbürokratisch und schnell – sowohl top-down als auch bottom-up – diffundieren können. Im Gegensatz zu anderen Generaldirektionen kommt der Einhaltung formaler Verfahrensweisen zudem eine geringere Bedeutung zu, so dass es z. B. möglich ist, den Generaldirektor zu kontaktieren, ohne die offiziell vorgeschriebenen Verfahrensabläufe zu durchlauStärkung der Verbraucherinteressen“ (Europäische Gemeinschaften 1986: 49f.). Nach Inkrafttreten der EEA wurde 1988 eine weitere Direktion für „Nukleare Sicherheit, Auswirkungen der Industrie auf Umwelt und Abfallwirtschaft“ eingerichtet (Europäische Gemeinschaften 1988: 57f.). Die Direktionen wurden 1990 neu strukturiert (vgl. die Organisationspläne und interinstitutionellen Verzeichnisse der Europäischen Kommission). 237 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002.
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fen. Gleichzeitig wird die Generaldirektion Umwelt im Vergleich zu anderen Generaldirektionen aber auch als „rather informal“ und weniger diszipliniert in ihrer Arbeitsweise betrachtet, die – gerade weil sie eine relativ junge Generaldirektion innerhalb der Europäischen Kommission ist – weniger standardisierte Problemlösungsmuster aufweist, so dass auf unerwartete Umweltanforderungen spontan reagiert werden kann. Von anderen Dienststellen innerhalb der Kommission wird sie daher auch eher als „loosely managed from the top“ perzipiert.238 Die Generaldirektion Umwelt beschäftigt ungefähr 550 Mitarbeiter (Generaldirektion Umwelt 2002: 4),239 die sich sowohl mit der Entwicklung und Implementation gemeinschaftlicher Umweltpolitik befassen als auch mit globalen und internationalen Angelegenheiten im Umweltbereich.240 So besteht die Hauptaufgabe der Generaldirektion Umwelt darin, in Kooperation mit anderen gesellschaftlichen und politischen Akteuren (etwa Regierungsvertretern, NGOs, Industrie) „neue Rechtsvorschriften im Umweltbereich zu initiieren und auszuarbeiten“ und die „ordnungsgemäße Anwendung der europäischen Umweltvorschriften“ sicherzustellen (Generaldirektion Umwelt 2002: 4f.; vgl. auch DirectorateGeneral for Environment 2003: 5f.).241 Darüber hinaus übernimmt die Generaldirektion eine internationale Rolle. Sie tritt in ihrem Zuständigkeitsbereich auf internationaler Ebene als „Vertreterin der EU“ auf und strebt ein „internationales Vorgehen zur Lösung globaler und grenzüberschreitender Umweltprobleme“ an (Generaldirektion Umwelt 2002: 4f.). Schließlich fällt auch die Entwicklung und die Förderung der Umsetzung des Umweltintegrationsprinzips in andere Politikfelder in den Aufgabenbereich der Generaldirektion Umwelt (vgl. Generaldirektion Umwelt 2002: 4f).242 So wurde die Bedeutung der Integration von Umweltbelangen bereits in dem ersten Aktionsprogramm für den Umweltschutz (1973-1976) hervorgehoben (vgl. Europäische Gemeinschaften 1973), das – ebenso wie die nachfolgenden Umweltaktionsprogramme – unter der Federführung der Generaldirektion Umwelt erarbeitet worden war.
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Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002 und 2003. Obwohl die Personalbestände in den vergangenen Jahren aufgestockt wurden, stellt der Mangel an Personal nach wie vor ein besonderes Problem für die Generaldirektion Umwelt dar, weil ihren Bedürfnissen daher nicht ausreichend entsprochen werden kann (vgl. Directorate-General for the Environment 2003: 5). 240 15 % der Mitarbeiter sind zur Zeit der Verwaltung zugewiesen, der Rest konzentriert sich überwiegend auf die Etablierung der europäischen Umweltpolitik (Directorate-General for Environment 2003: 29). 241 Wird das europäische Umweltrecht von den Mitgliedstaaten oder Unternehmen nicht eingehalten, hat die Generaldirektion die Möglichkeit, den EuGH anzurufen (Generaldirektion Umwelt 2002: 4f.). 242 Ferner gehören zu ihrem Aufgabenbereich die „Förderung von Wachstum in der EU, das den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bedürfnissen der EU-Bürger wie auch denen künftiger Generationen Rechnung trägt“, die „Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität“, ein effizientes Risikomanagement und eine „fristgerechte Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften“ (Generaldirektion Umwelt 2002: 4). Daneben betrachtet sich die Generaldirektion als verantwortlich für die „Förderung von Ressourcenwirksamkeit bei Herstellung, Verbrauch und Abfallbeseitigung“ sowie für die Bereitstellungen von Informationen über ökologische Themen. Darüber hinaus ist sie zuständig für globale Herausforderungen hinsichtlich der Klimaänderung und des Erhalts der biologischen Vielfalt. Schließlich ist es ihr Ziel, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Strategien und Aktionen auf einem sektorübergreifenden Konzept basieren und dass alle „Akteure und Zielgruppen an dem Gesamtprozess“ beteiligt sind (ebd.). 239
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5.3.2 Die strukturelle Verankerung des umweltpolitischen Integrationsprinzips in der Generaldirektion Umwelt Strukturelle Veränderungen innerhalb der Generaldirektion Umwelt, die im Zusammenhang mit der Entwicklung und Umsetzung des Umweltintegrationsprinzips stehen, lassen sich erst auf das Jahr 1994 (nach Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht und der Vorlage des fünften Umweltaktionsprogramms) datieren. Diesen Veränderungen war eine interne Mitteilung vorausgegangen, die Generaldirektion XI im Jahr 1993 ausgearbeitet hatte. In dieser Mitteilung verpflichtete sich die Kommission zu eigenen Maßnahmen zur Förderung der Umweltintegration und schlug verschiedene Mechanismen vor, um die Integration von Umweltbelangen in die Definition und Durchführung von Gemeinschaftspolitiken zu gewährleisten (vgl. European Commission 1997).243 Diese Vorschläge waren in die ebenfalls in der Mitteilung dargelegte Kritik eingebettet, dass die Dienststellen der Kommission die Maßnahmen zur Integration von Umweltbelangen in die Sektorpolitiken bisher nicht vollständig umgesetzt hatten (vgl. European Commission 1997). Insofern müsse die Kommission zukünftig ihrer Verantwortung nachkommen und innerhalb des Integrationsprozesses ein Beispiel geben. Die diesbezüglichen Maßnahmen sollten jedoch keine zusätzlichen administrativen Bürden verursachen, sondern helfen, Umwelterfordernisse in die Vorbereitung anderer Gemeinschaftspolitiken zu integrieren. In der Folge wurde 1994 ein dem Generaldirektor der Generaldirektion XI unmittelbar unterstelltes Referat für die politische Koordinierung, Einbeziehung der Umwelt in die anderen Politiken sowie für die Umweltaktionsprogramme eingerichtet (Europäische Union 1994: 207f.), das den Integrationsprozess befördern und unterstützen sollte (vgl. Europäische Kommission 1997l: 9; Niestedt 1999). Zu den Aufgaben des Referates gehörte es dabei zwar auch, die Integrationsfortschritte anderer Dienste zu evaluieren (vgl. European Commission 1997). Aus arbeitsökonomischen Gründen waren jedoch in erster Linie die anderen sektoralen Dienststellen für die Integration von Umweltbelangen verantwortlich. Hiermit sollte eine ineffiziente Zentralisierung vermieden werden.244 Mit der genannten internen Mitteilung der Kommission wurde es den übrigen Dienststellen auferlegt, „senior officials“ als sog. Umweltkorrespondenten zu benennen, die damit beauftragt wurden, die Integration von Umweltaspekten in den jeweiligen Generaldirektionen und den von ihnen formulierten Vorschlägen sicherzustellen und zu evaluieren. Zudem koordinierte das Integrationsreferat der Generaldirektion XI die Treffen der Umweltkorrespondenten. So fanden einerseits informelle Treffen der unterschiedlichen Umweltkorrespondenten mit dem Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt statt (vgl. European Commission 1997).245 Andererseits fungierten fünf Mitarbeiter des Integrationsreferates als Verbindungsstelle für die Betreuung und Kontrolle der übrigen Generaldirektionen bezüglich der Berücksichtigung von Umweltaspekten. Ziel des Integrationsreferates war es insofern auch, die Bedeutung der Umweltintegration zu vermitteln, andere Dienststellen zur Partizipation am und Umsetzung des Integrationsprinzips zu ermutigen sowie die für die Evaluation notwendige technische Unterstützung in Bezug auf Umweltdaten zu liefern. Parallel dazu sollten die übrigen 243 Auf Betreiben der Generaldirektion XI wurde 1993 im Generalsekretariat ein Hauptberater des Generalsekretärs eingesetzt, welcher bis 1995 für die „dienststellenübergreifende Koordinierung im Umweltbereich“ verantwortlich war (Europäische Union 1993ff.; Interview mit einem ehemaligen Mitglied der Generaldirektion XI, 2002). 244 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 245 Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern der Generaldirektion Umwelt, 2002.
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Generaldirektionen – so die Aufforderung des Integrationsreferates der Generaldirektion XI – ihre Umweltleistungen jährlich evaluieren, um auf dieser Grundlage eine Fortschrittsanalyse der Umweltintegration in den übrigen Politiken der Gemeinschaft durchzuführen.246 Zudem sollten sie bei der Vorbereitung ihrer jährlichen Arbeitsprogramme berücksichtigen, welche Vorschläge Umweltfolgen haben könnten und eine Umweltfolgenabschätzung durchführen. Allerdings wurden die übrigen Generaldirektionen in diesem Aspekt kaum vom Integrationsreferat der Generaldirektion XI unterstützt.247 Dem Referatsleiter des Integrationsreferates oblag es überdies, die Arbeitsprogramme der Kabinette und des Generalsekretariats auf die Integration von Umweltfragen hin zu kontrollieren. Zugleich wurde in seinem Verantwortungsbereich eine Arbeitsgruppe zusammengestellt, die für die Umsetzung des Integrationsprinzips und des fünften Umweltaktionsprogramm verantwortlich war. Parallel dazu wurde 1994 ein zweimal jährlich stattfindendes Treffen des „Umweltnetzwerkes der Generaldirektoren“ ins Leben gerufen. Dessen Vorsitz hatte der Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt inne. Dieses Netzwerk brachte die Generaldirektoren unterschiedlicher Generaldirektionen zusammen, um Fragen von strategischer Bedeutung zu diskutieren und diente vor allem der Koordination von umweltpolitischen Aspekten. Zu Beginn setzte sich dieses Netzwerk aus den Generaldirektoren wichtiger Generaldirektionen zusammen, erst 1997 wurde dieses Netzwerk allen Generaldirektionen geöffnet (European Commission 1997). Seit der Kommissionsreform im Jahr 2000 ist das Integrationsreferat allerdings nicht mehr für die Integration von Umweltbelangen zuständig. Stattdessen wurde die 1990 gegründete Direktion „Umweltinstrumentarium“ umstrukturiert und in „Integrationspolitik und Instrumente“ umbenannt. Innerhalb dieser Direktion wurde – unter Leitung des vormals zuständigen Referatsleiters – ein insbesondere für die Umweltaktionsprogramme und das Umweltintegrationsprinzip zuständiges Referat eingegliedert (vgl. Europäische Union 2000: 208).248 Diese Direktion existierte allerdings bereits im Folgejahr nicht mehr, einzelne Referate wurden in andere Direktionen verlagert. Ein ausschließlich für die Integration zuständiges Referat findet sich seither nicht mehr im Organisationsplan der Generaldirektion Umwelt (vgl. Europäische Union 2001: 214). Im Zuge der internen Umstrukturierung der Generaldirektion Umwelt im Kontext der Kommissionsreform wurden vielmehr die für die Industrie-, Energie- und Verkehrspolitik zuständigen Referate mit der Integration von ökologischen Belangen in den entsprechenden Bereichen betraut (vgl. Directorate-General for Environment 2001: 17). Diese sog. Spiegelreferate (etwa für die Industrie-, Energie- und Verkehrspolitik sowie für den Bereich Fremdenverkehr) entstanden in der für Umweltpolitik zuständigen Generaldirektion schrittweise im Untersuchungszeitraum (1986-2003). Diese Spiegelreferate sollten nicht nur Kooperationsbeziehungen zu den übrigen für die genannten Bereiche zuständigen Generaldirektionen in Bezug auf das Umweltintegrationsprinzip gewährleisten. Vielmehr ermöglichen diese Referate auch ein Tätigwerden der Generaldirektion XI/Umwelt auf den Gebieten der Energie-, Verkehrs- und Industriepolitik. So ist seit 1990 der Bereich der Industriepolitik in der Direktion für „Nukleare Sicherheit, Industrie und 246
Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Generaldirektion XI, 2002. Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2003; Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Generaldirektion XI, 2002. 248 Eines der Referate dieser Direktion war zuständig für „Wirtschaftsanalysen und Beschäftigung“ (Europäische Union 2000: 208). 247
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Umwelt, Katastrophenschutz“ verortet. Hier wurde die Industriepolitik in den Referaten „Kontrolle der Umweltsicherheit der Produkte und Industrieanlagen und von Biotechnologie“ sowie in dem Referat „Emissionen von Industrieanlagen und -produkten“ bearbeitet. 1995, zum Zeitpunkt der ersten Evaluation des fünften Umweltaktionsprogramms, richtete die Generaldirektion Umwelt eine Direktion ein, welche ausschließlich für „Industrie und Umwelt“ verantwortlich war und betonte hiermit den Stellenwert, der diesem Bereich in ökologischen Fragen zukommt. Die Umbenennung von „Auswirkung der Industrie auf die Umwelt“ in „Industrie und Umwelt“ verdeutlichte zudem auf symbolischer Ebene, dass die Industrie nicht länger als ein Bereich perzipiert wurde, der ausschließlich negative Umweltimplikationen beinhaltet. Die genannte Direktion setzte sich aus vier Referaten zusammen,249 die sich unter anderem mit „Umweltmanagement und Audit“ sowie mit dem „Umweltzeichen“ befassten (Europäische Union 1995: 241f.). Seit 2001 existiert in der Generaldirektion Umwelt jedoch keine für die Industriepolitik zuständige Direktion mehr, sondern lediglich ein Referat, welches für die Einbeziehung von Umweltaspekten in die Industriepolitik verantwortlich ist.250 In diesem Referat, das neben der Integration von Umwelterfordernissen in den Bereichen der Industriepolitik und des Binnenmarktes für die Implementation nachhaltiger Politiken und freiwilliger Ansätze für die Industrie zuständig ist, waren im Jahr 2001 23 der 526 Mitarbeiter der Generaldirektion Umwelt beschäftigt (Directorate-General for Environment 2001: 24, 39). Im Jahr 1990, im Zuge der Restrukturierung der Generaldirektion Umwelt, wurde ferner die Direktion „Umweltqualität und natürliche Ressourcen“ eingerichtet. Innerhalb dieser Direktion wurde im selben Jahr ein für die Verkehrspolitik zuständiges Referat gegründet, das 1994 um den Bereich der Energiepolitik erweitert wurde, bevor die Energiepolitik 1998 in ein anderes Referat verlagert wurde. Die Zusammenlegung der Generaldirektionen Energie und Verkehr im Zuge der Kommissionsreform spiegelt sich in der Generaldirektion Umwelt wiederum in der Zusammenlegung der für die Verkehrs- und Energiepolitik zuständigen Referate wider. Seit dem Inkrafttreten des sechsten Umweltaktionsprogramms lässt sich erneut eine institutionelle Separierung der Bereiche Energie und Verkehr innerhalb der Generaldirektion Umwelt aufzeigen. So ist für die Integration von Umweltbelangen in die Verkehrspolitik das Referat „Luft und Lärm“ zuständig (Directorate-General for Environment 2001: 17), welches im Jahr 2001 24 Mitarbeiter beschäftigte (vgl. ebd.: 39). Unter der neuen Generaldirektorin, die seit Juni 2002 die Generaldirektion Umwelt leitet (vgl. Europäische Kommission 2003: 3), wurde die Verkehrspolitik in der Generaldirektion Umwelt zudem dadurch symbolisch aufgewertet, dass diese namentlich im Titel des Referats aufgeführt wurde. Für die Integration von Umwelterfordernissen in die Energiepolitik ist seit 2001 das Referat „Klimaveränderung“ zuständig, das unter der neuen Generaldirektorin in „Klimapolitik und Energie“ umbenannt wurde und im Jahr 2001 zwanzig Mitarbeiter beschäftigte. In den zwischendienstlichen Konsultationen besteht die Aufgabe des Klima- und EnergieReferates der Generaldirektion Umwelt darin, sicherzustellen, dass die Umweltdimension 249
Die Bereiche nukleare Sicherheit und Katastrophenschutz wurden in die für diese Politikbereiche zuständige Direktion C verlagert (Europäische Union 1995: 241f.). 250 Dass keine Direktion, sondern lediglich ein Referat für die Industriepolitik in der Generaldirektion Umwelt existiert, legt die Vermutung nahe, dass die Industriepolitik innerhalb der Generaldirektion an Bedeutung verloren hat.
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in den Rechtsetzungsvorschlägen der Generaldirektion Energie und Verkehr berücksichtigt wird.251 Die Politikbereiche Energie und Verkehr sind also in getrennten Referaten der Direktion „Luftqualität, Klimaveränderung, chemische Stoffe und Biotechnologie“ der Generaldirektion XI institutionalisiert, während sich das für Industriepolitik zuständige Referat in der Direktion „Nachhaltige Entwicklung und Integration“ befindet (ebd.).252 Schließlich wurde 1990 in der eingangs erwähnten Direktion „Umweltqualität und natürliche Ressourcen“ der Bereich Fremdenverkehr erstmals im Referat „Gewässerschutz, Küstengebiete, Umwelt und Fremdenverkehr“ verortet, in welchem dieser bis zum Jahr 2000 verblieb und seither im für das LIFE-Programm zuständigen Referat der Generaldirektion Umwelt bearbeitet wird. Im Zuge der Aufforderung des Europäischen Rats von Köln (1999) an die Kommission, einen Fortschrittsbericht über die Integration der Umweltbelange in alle Politikfelder vorzulegen, bei dem auch die Einbeziehung der Umweltpolitik in die Arbeit der Kommission selbst berücksichtigt werden sollte, wurde in der Generaldirektion XI darüber hinaus ein für die Bewertung des „Green Housekeeping“ (Europäische Kommission 1999a: 4) zuständiger Berater in der für allgemeine und internationale Angelegenheiten zuständigen Direktion abgestellt (Europäische Union 1999: 215). Im Kontext der vom Europäischen Rat von der Kommission geforderten Strategie zur nachhaltigen Entwicklung253 sowie der internen Umstrukturierung der Generaldirektion Umwelt anlässlich des sechsten Umweltaktionsprogramms wurde im Jahr 2001 schließlich die Direktion „Nachhaltige Entwicklung und politische Instrumente“ eingerichtet. Neben zwei weiteren Referaten wurden in dieser Direktion die Referate „Nachhaltige Entwicklung“ und „Nachhaltige Ressourcenwirtschaft“ untergebracht. Für die Umweltintegration wurde das erstgenannte Referat verantwortlich gemacht. Mit 66 Mitarbeitern gehörte diese Direktion 2001 neben der Direktion „Globale Fragen und internationale Angelegenheiten“, welche über 59 Mitarbeiter verfügte, zu den kleinsten Direktionen – gemessen an ihrer Personalausstattung – der Generaldirektion Umwelt. In den genannten Nachhaltigkeits-Referaten waren 18 und 20 Mitarbeiter beschäftigt. (Directorate-General for Environment 2001: 39). Zu den Aufgaben des Referates „Nachhaltige Entwicklung“ gehörte es:
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Eine europäische Strategie der nachhaltigen Entwicklung zu entwerfen; einen „knowledge-based approach to policy making“ zu definieren, um die Implementation des achten Kapitels des sechsten Umweltaktionsprogramms254 zu gewährleisten
Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Vgl. unter >http://europa.eu.int/comm/dgs/environment/organi_de.pdf<, Stand: 04.06.2003. 253 Das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung wurde in der Kommission vor allem vom Generalsekretariat entwickelt. So wurde die Kommissionsmitteilung „Nachhaltige Entwicklung in Europa für eine bessere Welt: Strategie der EU für die nachhaltige Entwicklung (Europäische Kommission 2001i) unter der Federführung des Generalsekretariats ausgearbeitet. Da das Generalsekretariat eine horizontale Verantwortung trägt, und das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung anhand eines horizontalen Ansatzes verfolgt werden sollte, war für die Entwicklung der Strategie nachhaltiger Entwicklung nicht die für Umwelt zuständige Generaldirektion verantwortlich, sondern das Generalsekretariat. Das Generalsekretariat setzte zu diesem Zwecke eine Task Force für nachhaltige Entwicklung aus Mitarbeitern verschiedener Generaldirektionen zusammen. (Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002, und im Generalsekretariat, 2003). 254 „Einbeziehung der Betroffenen und solide Kenntnisse als Grundlage der Politik“ lautet der Titel des achten Kapitel des sechsten Umweltaktionsprogramms (Europäische Kommission 2001a). 252
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sowie die Umsetzung der Strategie der nachhaltigen Entwicklung zu ermöglichen und schließlich sollte das Referat die anderen Referate bei der Anwendung des neuen Policy-MakingAnsatzes unterstützen und Indikatoren für die Feststellung der umweltpolitischen Leistungen im Allgemeinen sowie der Umweltintegration und der nachhaltigen Entwicklung im Besonderen entwickeln.
Dass das Integrationsreferat zunächst in die Direktion „Integrationspolitik und Instrumente“ verlagert wurde – wie eingangs dargelegt –, bevor diese Direktion bereits im Folgejahr abgeschafft wurde, lässt darauf schließen, dass der Umweltintegration in der internen Struktur der Generaldirektion XI im Vergleich zur vorherigen Untersuchungsphase eine veränderte Bedeutung zukommt. Die Generaldirektion widmete der Integrationspolitik nicht länger ein eigenständiges Referat, sondern integrierte die Umweltintegration nach der Kommissionsreform zunächst in das Referat „Nachhaltige Entwicklung“. Die Relevanz der Umweltintegration wurde durch die Umbenennung dieses Referates in „Nachhaltige Entwicklung und Integration“ im Jahr 2003 noch einmal kurzfristig hervorgehoben. Dies ging allerdings nicht mit der Benennung eines Referates einher, das explizit für die Umsetzung der Umweltintegration zuständig ist (vgl. Europäische Union 2002: 217). Gegenwärtig lässt sich kein Referat mehr identifizieren, aus dessen Titel die Beschäftigung mit dem Prinzip der Umweltintegration eindeutig ersichtlich wäre. Vielmehr befasst sich das Referat „Nachhaltige Entwicklung und Wirtschaftsanalysen“ mit dem Integrationsprinzip, indem es beispielsweise Berichte zum Thema Integration seitens der Generaldirektion Umwelt koordiniert.255
5.3.3 Durchsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips durch die Generaldirektion Umwelt Während das Umweltintegrationsprinzip die Generaldirektion Unternehmen und die Generaldirektion Energie und Verkehr – respektive deren Vorläufer – vor die Aufgabe stellte, das Integrationsprinzip zu implementieren, verfolgt die Generaldirektion XI/Umwelt die Aufgabe, für die Beachtung des Integrationsprinzips in den übrigen Generaldirektionen Sorge zu tragen.256 Analog zur eingangs beschriebenen Entwicklung bezüglich der Umsetzung des Integrationsprinzips in den Generaldirektionen Unternehmen sowie Energie und Verkehr lassen sich auch mit Blick auf die Generaldirektion Umwelt drei Phasen hinsichtlich der Art und Weise unterscheiden, in der diese Generaldirektion zur Durchsetzung des Integrationsprinzips beigetragen hat. Die erste Phase umfasste den Zeitraum von 1986-1992. Dieser Zeitabschnitt ist zum einen dadurch gekennzeichnet, dass sich keine strukturellen Veränderungen in Bezug auf das Integrationsprinzip in der Generaldirektion XI nachzeichnen lassen. Zum anderen wurden von der Generaldirektion Umwelt in dieser Phase kaum Vorschläge formuliert, die sich auf die Bereiche der Industrie-, Energie- und Verkehrspolitik bezogen. Lediglich die Umweltaktionsprogramme für die Zeiträume 1982-1986 (vgl. Europäische Gemeinschaften 1983) und 1987-1992 (vgl. Europäische Gemeinschaften 1987) beinhalteten die Forderung, 255 256
Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002.
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in den genannten Politikbereichen Umweltbelange zu integrieren, ohne dass dabei jedoch konkrete Maßnahmen benannt wurden. Die zweite Phase nimmt ihren Ausgangspunkt im Jahr 1992, in dem vor dem Hintergrund des Maastrichter Vertrages die Umsetzung des Integrationsprinzips zur gesetzlichen Verpflichtung avancierte. In dieser Phase, die 1997 mit dem Beginn des Cardiff-Prozess endete, trat die Generaldirektion XI zunehmend an die Generaldirektionen mit der Forderung heran, Umweltbelange – dem Maastrichter und Amsterdamer Vertrag entsprechend – integrieren zu müssen. Darüber hinaus verfasste sie ein internes Kommissionspapier, in welchem sie konkrete Integrationsforderungen und maßnahmen benannte, die sich sowohl an die übrigen Dienststellen als auch an die Generaldirektion XI selbst richteten (vgl. European Commission 1997). Detaillierte Integrationsanforderungen an die übrigen Generaldirektionen fanden sich auch in dem Umweltaktionsprogramm für die Zeitspanne 1992-2000 (vgl. Europäische Gemeinschaften 1993). Im Zuge des Cardiff-Prozesses, innerhalb dessen die Integrationsarbeit der Generaldirektion XI die Unterstützung des Europäischen Rates fand, und im Kontext der in der Gesamtbewertung des fünften Aktionsprogramms vorgenommenen Evaluation des Integrationsprozesses, veränderte sich schließlich erneut das Verhalten der Generaldirektion Umwelt in Bezug auf die Durchsetzung des Integrationsprinzips. Letzteres war kennzeichnend für die dritte und letzte Phase, die ihren Ausgangspunkt im Jahr 1997 hat. Phase 1: 1986-1992 Dass das Umweltintegrationsprinzip Bestandteil der Umweltaktionsprogramme der EG ist, lässt sich auf die Bemühungen der Generaldirektion XI/Umwelt zurückführen, unter deren Federführung die Aktionsprogramme entstanden sind. Dabei entwickelte die Generaldirektion XI bereits Anfang der 1970er Jahre im Rahmen der ersten Aktionsprogramme das Umweltintegrationsprinzip und setzte sich im folgenden zum einen für die Aufnahme und spätere Aufwertung des Integrationsprinzip in den europäischen Verträgen, zum anderen für dessen Berücksichtigung in den anderen Generaldirektionen der Kommission ein. Maßgeblich für die erste Phase hinsichtlich der Umsetzung des Integrationsprinzips war das vierte Aktionsprogramm (1987-1992).257 Da sich bisherige Maßnahmen (wie beispielsweise die Umweltverträglichkeitsprüfung)258 als unzureichend erwiesen hatten, wurden in diesem Programm verstärkt Eigenbemühungen der Kommission gefordert, um die Integration von Umweltbelangen in den übrigen Sektorpolitiken sicherzustellen. Kritisiert wurden auch die Ergebnisse in einzelnen Politikbereichen, so auch in der Industrie-, Energie- und Verkehrspolitik. In der Industriepolitik beispielsweise müsse die Einbeziehung von Umwelterwägungen über die Verschmutzungsverhütung oder -kontrolle und die Umweltverträglichkeitsprüfung hinausgehen. Vorschläge für Rechtsvorschriften über den Umweltschutz seien in Konsultation mit der Industrie auszuarbeiten. In der Energiepolitik seien alle Aktionen sowohl unter dem Umweltaspekt als auch vom wirtschaftlichen Standpunkt zu prüfen. Bei der Verkehrspolitik seien den Wechselwir257
Neben anderen Generaldirektionen waren an dem vierten Umweltaktionsprogramm (1987-1992) auch die Generaldirektionen III (Binnenmarkt und gewerbliche Wirtschaft) und XVII (Energie) beteiligt. 258 Bei dem Umweltverträglichkeitsverfahren geht es darum, dass die Generaldirektionen aufzeigen, welchen Einfluss ein Vorschlag auf die Umwelt hat und welche „environmental costs and benefits“ damit verbunden sind (European Commission 1997: 8; vgl. Europäische Kommission 1999a: 2). Die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde im dritten Umweltaktionsprogramm (1982-1986) noch als „wesentliches Instrument“ zur Gewährleistung der Integration von Umweltbelangen in die übrigen Politikbereiche bezeichnet (Europäische Gemeinschaften 1987, Ziff. 1.2.).
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kungen zwischen Verkehr und Umwelt mehr Aufmerksamkeit zu schenken, dies gelte auch für den Bereich des Fremdenverkehrs (vgl. Europäische Gemeinschaften 1987).259 Trotz dieser Kritikpunkte wurden in den Aktionsprogrammen keine Maßnahmen zu einer besseren Umsetzung des Integrationsprinzips in den übrigen Dienststellen vorgeschlagen, sondern lediglich die Entwicklung interner Verfahren und Praktiken gefordert. In ihrer Kritik stützte sich die Generaldirektion XI zum einen auf die EEA, die vorsieht, dass Umweltschutzerfordernisse Bestandteil der Sektorpolitiken sind.260 Zum anderen nahm sie Bezug auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Frühjahr 1985. Dieser war zu der Erkenntnis gekommen, dass die Umweltpolitik zu einem höheren Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen könne und beabsichtigte daher, der Umweltschutzpolitik einen höheren Stellenwert – unter anderem in der Wirtschafts- und Industriepolitik – zu geben (Europäische Gemeinschaften 1987). Jenseits der im Aktionsprogramm formulierten Kritik entwickelte die Generaldirektion XI in der ersten Phase des Untersuchungszeitraums, den 1980er Jahren, jedoch kaum Policy-Aktivitäten in Form von Rechtsetzungsvorschlägen, Aktionsplänen und Programmen auf den Gebieten der Energie, Verkehrs- und Industriepolitik. So wurden für den Energiebereich, für den erst seit 1994 ein Referat in der Generaldirektion Umwelt besteht, unter der Federführung der Generaldirektion XI bis 1998 keinerlei Policy-Papiere formuliert. Auf dem Gebiet der Verkehrspolitik, das in der Generaldirektion XI seit 1994 bearbeitet wird, wurden 1987 und 1988 – in der Folge der EEA und des vierten Umweltaktionsprogramms – ein Vorschlag über Pauschalurlaubsreisen (vgl. Europäische Kommission 1988d)261 sowie ein Bericht über den Transport gefährlicher Güter und Abfälle (vgl. Europäische Kommission 1987a) vorgelegt.262 In diesen Vorschlägen fehlt zwar ein expliziter Bezug auf die Integration von Umweltbelangen in die Sektorpolitiken, es wird jedoch darauf hingewiesen, dass entsprechende Transportbestimmungen sowohl für den Umweltschutz als auch für einen freien Markt innerhalb der Gemeinschaft notwendig seien (vgl. ebd.: 49). Im Bereich der Industriepolitik – für diesen Politikbereich existiert seit Ende der 1980er Jahre eine verantwortliche Direktion in der Generaldirektion XI – legte die Generaldirektion 1986 erst vereinzelt Mitteilungen, Vorschläge und Empfehlungen vor, die sich ausschließlich auf die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien bezogen. Die Vorlage eines entsprechenden Vorschlags wurde mit dem Interesse der europäischen Öffentlichkeit an einer Umweltschutzpolitik begründet sowie mit der Notwendigkeit erklärt, eine einheitliche Handelspolitik durchführen und Wettbewerbsverzerrungen vermeiden zu wollen (vgl. Europäische Kommission 1986b: 3). Im Umweltbereich selbst entstanden unter der Federführung der Generaldirektion Umwelt in der Phase von 1986-1991 eine Reihe an Dokumenten – zumeist waren die Generaldirektionen III (Industrie), XIII (Telekommunikation), VII (Verkehr) und XVII (Energie) an der Entwicklung beteiligt – in denen Bezug auf die Umweltaktionsprogramme und die Aktivitäten des Europäischen Rates auf dem Gebiet der Umweltpolitik genommen wurde. 259
Dass die Umweltpolitik insbesondere im Agrar-, Energie, Industrie-, Verkehrs- und Fremdenverkehrsbereich berücksichtigt werden müsse, war bereits eine Forderung des dritten Umweltaktionsprogramms (1982-1986) gewesen (vgl. Europäische Gemeinschaften 1983: 5). 260 Allerdings ging auch dieser Wortlaut der Generaldirektion XI noch nicht weit genug (Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002; Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Generaldirektion XI, 2002). 261 Der Richtlinienvorschlag über Pauschalreisen ergab sich aus der Zuständigkeit der Generaldirektion XI für den Verbraucherschutz. 262 Unter Mitverantwortung der Generaldirektion Verkehr.
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Mit dem Ziel, eine strikte Umweltpolitik in den übrigen Sektoren durchzusetzen, um damit ein hohes Umweltschutzniveau zu erreichen, verwies die Generaldirektion XI in ihren Rechtsetzungsvorschlägen auf die durch neue Technologien und Innovationen entstehenden Arbeitsplätze, die mit positiven Folgen für den europäischen Arbeitsmarkt einhergehen. Ökologie und Ökonomie erscheinen somit nicht als unvereinbar, sondern als interdependente Bereiche (vgl. Europäische Kommission 1986b: 3). Darüber hinaus befürwortete sie vor allem freiwillige Maßnahmen (vgl. Europäische Kommission 1991b). So entstand 1991 unter Federführung der Generaldirektion XI263 ein Vorschlag für ein gemeinschaftliches System zur Vergabe eines Umweltzeichens, das die Umweltverträglichkeit eines Produktes während seiner gesamten Lebensdauer erfassen sollte und sich auf das vierte Aktionsprogramm bezog (vgl. Europäische Kommission 1991a: 2). Dieses Vergabesystem beruhte auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und sollte zur Herstellung von „weniger umweltschädlichen Produkten anspornen“ (Europäische Kommission 1991a: 3).264 Im gleichen Jahr wurde von der Generaldirektion XI265 ein Vorschlag für eine Verordnung über die freiwillige Beteiligung von Unternehmen an einem Öko-Audit-System vorgelegt (EMAS; vgl. Europäische Kommission 1991b) und ebenfalls auf die umweltpolitischen Bestimmungen der europäischen Verträge und Umweltprogramme rekurriert. Mit diesem Vorschlag wurde die Einführung eines Öko-Audit-Systems geplant, welches auf gewerbliche Unternehmen ausgerichtet war und sich auf eine freiwillige Beteiligung stützte (vgl. Europäische Kommission 1991b: 2f.).266 Nicht zuletzt wurde 1986 in einer von der Generaldirektion XI federführend ausgearbeiteten Mitteilung über „neue Wege in der Umweltpolitik“ explizit auf die „Verpflichtung“ des 1983 verabschiedeten dritten Umweltschutzprogramm verwiesen, „Umwelterfordernisse in die Planung und Durchführung der wirtschaftlichen Tätigkeiten einzubeziehen“ – einer Verpflichtung, der auch der Europäische Rat im März 1985 „erheblichen Nachdruck verliehen“ hat (Europäische Kommission 1986b: 2). Der Rat hat zudem die Umweltpolitik der Gemeinschaft dadurch untermauert, dass er „dem Vertrag von Rom ein Kapitel über die Umweltpolitik“ hinzugefügt hat (ebd.) In der von der Generaldirektion XI ausgearbeiteten Mitteilung wird schließlich auch ausgeführt, dass „eine gesunde Wirtschaft und wirksamer Umweltschutz interdependent sind“ (ebd.). Umweltpolitik sei „keine Frage der freien Wahl“; die Integration der Umwelterfordernisse in die „volkswirtschaftliche Gesamtplanung“ sei vielmehr ein „wirtschaftliches Gebot“ (ebd.). 267 263
Im Umweltbereich unter Beteiligung der Generaldirektionen III (Industrie) und XXIII (Unternehmen) Der hier verfolgte marktwirtschaftliche Ansatz sollte auf dem Gebiet sauberer Technologien zu Forschung und Entwicklung beitragen und den Interessen der wichtigsten beteiligten Akteure Rechnung tragen. Dem Vorschlag lag die Befürchtung zu Grunde, dass die vorhandenen und geplanten Umweltzeichensysteme in den Mitgliedstaaten den gemeinsamen Binnenmarkt gefährden und Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen könnten (Europäische Kommission 1991a: 4f.). 265 Im Umweltbereich unter Beteiligung der Generaldirektionen III (Industrie), XVII (Energie) und XXIII (Unternehmen). 266 Ziel des Konzepts war eine „verstärkte Verbreitung der besten Praktiken des Umweltmanagements und eine bessere vollständige und systematische Anwendung der Normen, Kriterien und Ziele im Hinblick auf ein hohes Schutzniveau durch die Unternehmen.“ KMU sollten hierbei mit „speziellen Maßnahmen“ unterstützt werden (Europäische Kommission 1991b: 2f.). 267 Weiterhin heißt es in dieser Mitteilung, dass ein „strikter Umweltschutz“ als wichtiger Bestandteil einer langfristigen Wirtschaftspolitik betrachtet wird (Europäische Kommission 1986b: 3). Es wurde darauf verwiesen, dass umwelt- und wirtschaftspolitische Ziele „fälschlicherweise [...] als rivalisierende Ziele“ betrachtet werden (ebd.: 4). Dies wurde damit begründet, dass sich der wirtschaftliche Nutzen der Umweltpolitik „nur schwer messen lässt, während die Kosten schneller in Erscheinung treten“. Aus diesem Grunde wurde eine Erstellung von adäquaten 264
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Phase 2: 1992-1997 Im Zuge des 1992 unterzeichneten Vertrags von Maastricht wurde die Generaldirektion XI bei der Durchsetzung des Integrationsprinzips aktiver. Der Maastrichter Vertrag, der in Artikel 130r (2) EUV fest schrieb, dass die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken berücksichtigt werden müssen, bedeutete für die Generaldirektion XI eine Aufwertung des Integrationsprinzips.268 Der 1997 unterzeichnete Vertrag von Amsterdam bestärkte diese Entwicklung, so dass Artikel 6, der die Anforderungen zu Umweltintegration beinhaltet, von der Generaldirektion XI gegenüber anderen Generaldirektionen als „very strong argument to use“ genutzt und als hilfreich bei der Implementation der Integrationsklausel bezeichnet wurde.269 Die zugunsten der Generaldirektion XI veränderte Vertragslage – „which means that there is no doubt“270 – nutzte diese, um ihren Forderungen gegenüber anderen Generaldirektionen mehr Nachdruck zu verleihen. So wies die Generaldirektion Umwelt die übrigen Generaldirektionen darauf hin, dass eine Berücksichtigung des Integrationsprinzips vertragsgemäß zu erfolgen habe („the fact is that it’s treaty requirement and that is has to be done“),271 bzw. dass es sich hierbei um eine Verpflichtung handle („you have to integrate environment“),272 die zu erfüllen sei („this is the environmental policy, you must accept it“).273 Zugleich erhielten die Rechtsetzungsvorschläge der Generaldirektion Umwelt im Kontext des Vertrags von Maastricht eine neue Legitimationsgrundlage.274 Dass die Generaldirektion XI anderen Generaldirektionen gegenüber fordernder als zuvor auftrat, zeigt das fünfte Umweltaktionsprogramm wie auch andere Dokumente, die von der Generaldirektion XI im Umweltbereich verfasst wurden. Das fünfte Umweltaktionsprogramm (1992-2000) entstand – ebenso wie dessen Vorläufer – unter Federführung der Generaldirektion XI.275 Unter Verweis auf den Maastrichter Vertrag wurde in diesem Umweltaktionsprogramm explizit gefordert, dass sich die Umweltintegration in den Bereichen Energie, Industrie, Verkehr und Fremdenverkehr niederschlagen müsse und das konkretere Maßnahmen als dies in den vorherigen Aktionsprogrammen der Fall gewesen war, notwendig seien. Im Vordergrund stand dabei das Ziel, dass sich die Berücksichtigung von Umweltbelangen in Wettbewerbsvorteilen niederschlagen und der Einsatz von marktorientierten Instrumenten gestärkt werden sollte. Vor dem Hintergrund des fünften Umweltaktionsprogramms und des Maastrichter Vertrages formulierte die Generaldirektion XI in den Folgejahren eine Vielzahl von Vorschlägen, Berichten und anderen Dokumenten: Kosten-Nutzen-Analysen für umweltbezogene Vorschläge Bedeutung beigemessen. Wirtschaftliche Folgen der Umweltpolitik wurden beispielsweise daran beurteilt, dass neue Technologien „neue Nachfragen für bereits existierende Industrien auslösen“ (ebd.). Hervorgehoben wurde unter anderem, dass eine strikte Umweltpolitik zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitrüge und dass „Umweltprobleme auf multisektoraler Basis“ angegangen werden müssten (ebd.). 268 Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Generaldirektion XI, 2002. 269 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 270 Ebd. 271 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2003. 272 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 273 Ebd. 274 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 275 Ebenso wie im vierten Umweltaktionsprogramm waren hieran – neben weiteren Dienststellen – die Generaldirektion III (Industrie) und XVII (Energie) und darüber hinaus die Generaldirektion VII (Verkehr) und XXIII beteiligt.
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1992 wurde ein Richtlinienvorschlag über Verpackungsabfälle vorgelegt, der dazu führen sollte, ein hohes Umweltschutzniveau zu erreichen (vgl. Europäische Kommission 1992h: 69). In der Kosten-Nutzen-Analyse dieses Vorschlags wurde darauf hingewiesen, dass Alternativen zu diesem Richtlinienvorschlag nicht in Betracht gezogen werden dürften, da es sich bei alternativen Möglichkeiten um freiwillige Vereinbarungen handeln würde, deren Erfolg „vom guten Willen des Handels und der Industrie abhinge“ (ebd.).276 1993 wurde ein Bericht über die Durchführung der Richtlinie von 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vorgelegt, dessen Federführung die Generaldirektion XI innehatte.277 Dieser Bericht stützte sich auf die Fassung des Integrationsprinzip im Rahmen der EEA von 1987, gemäß derer die Umweltverträglichkeitsprüfung als „Instrument zur Verwirklichung einer dauerhaften und umweltgerechten Entwicklung“ bezeichnet wurde (Europäische Kommission 1993a: 5). Daran anschließend wurde ein Vorschlag zur Änderung der genannten Richtlinie von der Kommission unter Federführung der Generaldirektion XI entwickelt. In diesem Vorschlag wurde auf Schwierigkeiten bei der Anwendung der Richtlinie hingewiesen. Dies wurde auch darauf zurück geführt, dass die Richtlinie von den Dienststellen der Kommission „zuweilen unterschiedlich ausgelegt“ worden war (Europäische Kommission 1993b: 2). Ebenfalls 1993 wurde ein Vorschlag über die Verminderung von Emissionen, die durch Industrieanlagen entstehen, ausgearbeitet.278 In einer Mitteilung der Kommission über das integrierte Management von Küstengebieten aus dem Jahr 1995, die unter der Federführung von Generaldirektion XI zu Stande kam,279 wurde zudem die Forderung aufgestellt, „Anliegen des Umweltschutzes“ in die Entwicklung von Verkehrs- und Tourismusprojekten einzubeziehen (Europäische Kommission 1995a: 29). 1996 wurde von der Kommission ein Vorschlag für eine Verordnung zur Revision des Systems zur Vergabe eines Umweltzeichens – Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Systems hatten eine Überarbeitung erforderlich gemacht (ebd.: 18) – vorgelegt, der von der Generaldirektion XI federführend ausgearbeitet worden war.280 Betont wurde, dass es das Ziel des Umweltzeichens sei, „den Markt zu beeinflussen, indem Verbraucher auf Produkte mit geringeren Umweltauswirkungen aufmerksam gemacht werden“ (Europäische Kommission 1996k: 8).281
In der Folgenabschätzung des Vorschlags wurden die Auswirkungen auf die Wirtschaft unter Berücksichtigung von KMU aufgeführt (Europäische Kommission 1992: 71f.) und abschließend konstatiert, dass gesonderte Bestimmungen für diese nicht möglich seien (ebd.: 74). Eine Konsultierung zu diesem Vorschlag war vorgenommen worden, jedoch konnten angesichts der „Komplexität des Problems“ sowie der „Unübersichtlichkeit der auf diesem Sektor tätigen Verbände“ nicht alle Verbände zur Partizipation am Konsultationsverfahren aufgerufen werden (ebd.: 75). 277 Im Umweltbereich unter der Beteiligung – neben anderen – der Generaldirektionen III (Industrie), XIII (Telekommunikation), XXIII (Unternehmen), VII (Verkehr) und XVII (Energie). 278 In Generaldirektion XI existierte seit 1990 ein Referat, das sich mit Emissionen von Industrieanlagen befasste. 279 Unter Beteiligung der Generaldirektionen III (Industrie), XXIII (Unternehmen), VII (Verkehr) und XVII (Energie). 280 Unter Beteiligung der Generaldirektionen III (Industrie), XXIII (Unternehmen) und XVII (Verkehr). 281 In die Bewertung des Systems zur Vergabe des Umweltzeichens flossen neben den Reaktionen von Verbrauchern der Standpunkt der Industrie ein (vgl. Europäische Kommission 1996k: 9), für KMU wurden besondere Regelungen hinsichtlich der Kosten eingeführt (ebd.: 19). Angaben zur Kosten-Wirksamkeit-Analyse wurden mit dem Hinweis auf das Ziel der Maßnahme, die Verbesserung der Umweltbedingungen, vorgenommen (ebd.: 44f.).
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1997 wurde eine Kommissionsmitteilung über Umweltsteuern und -gebühren im Binnenmarkt vorgelegt (Federführung: Generaldirektion XI),282 die sich auf das fünfte Umweltaktionsprogramm stützte, das die „Erweiterung der Palette der umweltpolitischen Instrumente“ als wichtige Priorität bezeichnete. Es wurde in dieser Mitteilung darauf verwiesen, dass die Kommission von den Gemeinschaftsorganen ersucht worden war, das Potential von umweltpolitischen Instrumenten – insbesondere steuerlicher Natur – zu prüfen (Europäische Kommission 1997).
Um den Zielen des fünften Umweltaktionsprogramms gerecht zu werden, beschloss die Kommission 1993 – unter der Federführung von Generaldirektion XI – schließlich, „to give a lead in the integration of the environmental dimension into its proposals for all Community policies“ (European Commission 1997). Zu den Maßnahmen, mit denen dieses Ziel erreicht werden sollte (vgl. ebd.), gehörte die von der Generaldirektion XI vorgesehene „interne Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der alle umweltrelevanten Projekte mit einem grünen Stern versehen werden sollten“ (Kraack et al. 1998: 29).283 Dieses System wurde 1994 eingeführt (European Commission 1997). Mit dem grünen Stern sollten jene Legislativvorschläge gekennzeichnet werden, bei denen zwischen der verantwortlichen Dienststelle und der Generaldirektion XI Übereinstimmung darüber bestand, dass eine detaillierte Bewertung der ökologischen Konsequenzen des Vorschläge notwendig sei (ebd.: 5). In Bezug auf die Kennzeichnung eines Legislativvorschlags mit einem „grünen Stern“ kooperierte die Generaldirektion Umwelt mit dem Generalsekretariat und der jeweiligen Dienststelle (ebd.). Die übrigen Generaldirektionen reagierten auf die von der Generaldirektion XI verstärkt an sie gestellte Forderung, Umweltaspekte zu berücksichtigen, ablehnend und sperrten sich gegen die neuen Vorgaben.284 Als eine relativ ‚junge‘ Generaldirektion wurde die Generaldirektion XI mit ihrer vehement vorgetragenen Aufforderung zur Umweltintegration kaum „ernst genommen“.285 Phase III: 1998-2004 Die dritte Phase beginnt mit dem Cardiff-Prozess, der vom Europäischen Rat initiiert worden war. Der Rat nahm auf die Umsetzung des Integrationsprinzips insofern Einfluss, als er die Integration von Umweltbelangen in Rechtsetzungsvorschlägen der Kommission einforderte.286 Auf diese Weise wurde zum einen der Integrationsarbeit der Generaldirektion XI erneut Auftrieb verliehen. Zum anderen stellte es die Generaldirektion XI vor eine „riesige Herausforderung“, da sie „neue Methoden der Zusammenarbeit mit anderen politischen
Der Vorschlag schließt mit der Anmerkung, dass die Maßnahme keine Erhöhung des Personalbestands der Kommission erfordere und zusätzliche Verwaltungsausgaben nicht erforderlich seien (vgl. ebd.: 49f.). 282 Unter Beteiligung der Generaldirektionen III (Industrie), XIII (Telekommunikation), XXIII (Unternehmen), VII (Verkehr) und XVII (Energie). 283 Bereits zu Beginn der 1990er Jahre war von Generaldirektion XI das System des „grünen Sterns“ entwickelt worden. Mit diesem Instrument sollte im Sinne der Umweltintegration Einfluss auf die Policy-Papiere der übrigen Dienststellen genommen werden. Hierbei kooperierte Generaldirektion XI insbesondere mit dem Generalsekretariat der Kommission. 284 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 285 Ebd. 286 Ebd.
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Bereichen“ und neue Instrumente für die Zielerreichung entwickeln musste.287 So wurde die vom Europäischen Rat von der Kommission geforderte Strategie zur Einbeziehung von Umweltbelangen genauso unter Federführung der Generaldirektion XI erstellt (Europäische Kommission 1998a), wie auch der auf dem Kölner Gipfel vorgelegte Bericht über die Einbeziehung von Umweltbelangen.288 Im Zuge des Cardiff-Prozesses intensivierte sich auch die Zusammenarbeit zwischen der Generaldirektion XI und den übrigen involvierten Dienststellen in interdirektionalen Arbeitsgemeinschaften und Foren.289 So wurde beispielsweise als Resultat des CardiffProzesses eine Expertengruppe unter Vorsitz der Generaldirektionen XI und der Generaldirektionen für Energie und Verkehr ins Leben gerufen, die an der Ausarbeitung der vom Rat geforderten Strategien für den Einbezug von Umweltaspekten in den Bereichen Energie und Verkehr beteiligt war.290 Diese Expertengruppe erstellte einen Bericht für die Kommission, der Mittel und Wege für die Weiterentwicklung dieser Strategien aufzeigte. Vor Beginn des Cardiff-Prozesses waren die Bemühungen der Generaldirektion XI, andere Generaldirektionen dazu zu veranlassen, Umweltbelange zu integrieren und das Integrationsprinzip zu akzeptieren, hingegen häufig fehlgeschlagen. Vor diesem Hintergrund wirkte sich der Druck, den der Cardiff-Prozess auf die übrigen Generaldirektionen in Bezug auf die Integration von Umweltbelangen ausübte, positiv aus. Denn einerseits zwang er sie, sich mit Umweltfragen zu befassen,291 wodurch die Arbeit der Generaldirektion XI unterstützt wurde (vgl. ebd.). Andererseits wurden durch den Europäischen Rat für die in den Cardiff-Prozess involvierten Generaldirektionen bzw. Politikbereiche im Hinblick auf die Integration von Umweltbelangen Strategien fixiert (vgl. Europäische Kommission 1999b).292 Die Unterstützung des Europäischen Rates ist dabei vor allem mit Blick auf jene Generaldirektionen förderlich, die Generaldirektion XI eine geringe politische Autorität zuschreiben (z. B. Generaldirektion Unternehmen).293 Gleichwohl lässt sich im Zuge der wachsenden Konjunktur des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung in der Gemeinschaft – beispielsweise mit Blick auf die genannte Generaldirektion Unternehmen – eine stärkere Konzentration auf das Nachhaltigkeitskonzept nachvollziehen, so dass das Integrationsprinzip in den Hintergrund tritt. Insofern wird in der Generaldirektion Umwelt die Befürchtung thematisiert, dass der Cardiff-Prozess grundsätzlich von der Idee der nachhaltigen Entwicklung verdrängt werden könnte, der in der Kommission ohnehin die höhere Aufmerksamkeit zukommt. Neben der externen Unterstützung, die Generaldirektion XI durch den Cardiff-Prozess erhalten hat, veränderte sich in der Zeitspanne 1998-2003 – vor dem Hintergrund ihrer 1997 vorgenommenen internen Bewertung der Integrationsfortschritte und der Gesamtbewertung des fünften Aktionsprogramms – auch die Art und Weise, in der die Generaldirektion XI innerhalb der Kommission mit Blick auf das Integrationsprinzip agierte. So wurde 287 Interview mit Catherine Day, Generaldirektorin der Generaldirektion Umwelt (Europäische Kommission (2003b). 288 Beteiligt waren neben weiteren Dienststellen die Generaldirektionen II (Industrie), XXIII (Unternehmen), VII (Verkehr) und XVII (Energie). 289 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 290 Die Mitglieder der Expertengruppe stammten aus den Verkehrs- und Umweltministerien der Mitgliedstaaten. 291 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 292 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 293 Ebd.
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der eigenen Glaubwürdigkeit und der eigenen Argumentationsfähigkeit gegenüber anderen Generaldirektionen eine deutlich höhere Relevanz bei der erfolgreichen Durchsetzung des Integrationsprinzips beigemessen, als dies in den ersten beiden Phasen der Fall war. In diesen Zeiträumen stellte eher die Formulierung von Vorschriften die dominante Vorgehensweise dar.294 Die eigene Glaubwürdigkeit definiert die Generaldirektion XI vor allem über eine fundierte Untermauerung ihrer Rechtsetzungsvorschläge durch technische und wissenschaftliche Erkenntnisse (sog. „knowledge-based approach“), wodurch die Generaldirektionen Energie und Verkehr sowie Unternehmen einfacher davon zu überzeugen sind, Umweltbelange in ihre tägliche Arbeit zu integrieren.295 Der Erwerb wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgt beispielsweise durch die Vergabe von Auftragsstudien oder durch die Konsultation von NGOs.296 Auf diese Weise durchläuft die Generaldirektion Umwelt gleichsam auch eine „Selbstvergewisserung“ der Richtigkeit der eigenen Position. In Diskussionsprozessen und Verhandlungen ist die Generaldirektion Umwelt im nächsten Schritt bemüht, andere Generaldirektionen davon zu überzeugen, dass ihre Position zum Integrationsprinzip richtig und wichtig ist. Es geht also darum, „to change mentalities“,297 wohingegen der Verweis auf die Verträge und die damit verbundene Integrationsverpflichtung lediglich als „letztes Argument“ angeführt wird. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil wissenschaftliche Evidenz als tragfähiger betrachtet wird, als das, was „irgendwer in die Verträge geschrieben hat“.298 Auf diese Weise sollen grundlegende Veränderungen im Verhalten bezüglich der Implementation des Integrationsprinzips erreicht werden und zwar dergestalt, dass andere Generaldirektionen die Erfordernisse des Integrationsprinzips automatisch in ihrer Politikgestaltung als auch in ihren Reflexionsprozessen beachten. Mit Blick auf die – nach eigener Einschätzung – in den vergangenen Jahren gestiegene Kooperationsbereitschaft nutzt die Generaldirektion Umwelt dabei neben den formellen zwischendienstlichen Konsultationen insbesondere informelle Kontakte zu den übrigen Generaldirektionen, um diese von dem Konzept der Umweltintegration zu überzeugen.299 Die Generaldirektion Umwelt ist darüber hinaus bemüht, die Sichtweisen anderer Generaldirektionen zu verstehen und zu berücksichtigen, dass diese über eigene legitime Ziele verfügen. Hierbei handelt sie nach dem Leitspruch, dass „andere Generaldirektionen nicht nur zu belehren, sondern auch zu verstehen seien“.300 Die Ziele anderer Generaldirektionen können ggf. mit umweltpolitischen Zielen in Einklang gebracht werden, so dass sich für alle Seiten förderliche Kompromisse erzielen lassen; es können aber auch weniger umweltverträgliche Lösungen daraus resultieren. Indem die Generaldirektion Umwelt zu verstehen versucht, aus welchen Gründen das Integrationsprinzip in anderen Generaldirektionen nicht implementiert wurde, setzt sie sich auch mit eigenen Versäumnissen auseinander, welche die Implementationsprobleme anderer Generaldirektionen erklären könnten. So ist sie beispielsweise im Zeitverlauf zu der Erkenntnis gelangt, dass es sinnvoller ist, andere Gene294
Ebd. Ebd. 296 Um ihre Vorschläge auf einer „soliden Wissensbasis“ gründen zu können, gab Generaldirektion XI beispielsweise eine Studie über die integrierte Produktpolitik in Auftrag. Ziel der Studie war es, nationale und internationale Entwicklungen auf diesem Gebiet zu analysieren, um Vorschläge für eine entsprechende Produktpolitik auf EUEbene vorlegen zu können (vgl. European Commission 1998). 297 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 298 Interviews in Generaldirektion Umwelt, 2002 [Übersetzung durch die Verf.]. 299 Ebd. 300 Ebd. 295
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raldirektionen in Bezug auf das Umweltintegrationsprinzip anzuleiten und zu unterrichten,301 anstatt auf rechtliche Argumente und die Verträge zu verweisen.302 Darüber hinaus wurde das nach eigener Einschätzung ineffiziente Impact-Assessment überarbeitet (vgl. European Commission 2000),303 der eingangs bereits dargelegte „knowledge-based approach“ entwickelt304 und seit Ende der 1990er Jahre adäquaten Kosten-Nutzen-Analysen eine größere Bedeutung beigemessen. Letzteres wird damit begründet, dass die Kosten, die durch Umweltschutzmaßnahmen entstehen könnten, für die Durchsetzung des Integrationsprinzips in anderen Policy-Bereichen ein bedeutendes Hindernis darstellen. Folglich versucht die Generaldirektion Umwelt anhand von Kosten-Nutzen-Analysen,305 die in der Regel von externen Beratungsfirmen verfasst werden, etwa zu argumentieren, dass die Industrie ihre Umweltleistungen verbessern kann, ohne ihren Gewinn und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sehr einschränken zu müssen. Die oben beschriebene Verhaltensänderung der Generaldirektion XI/Umwelt, welche auf eine breitere Zusammenarbeit und die Entwicklung gemeinsamer Problemlösungen sowie alternativer Policy-Instrumente ausgerichtet ist,306 spiegelt sich auch im sechsten Umweltaktionsprogramm (2001-2010) wider, welches ebenfalls unter der Federführung der Generaldirektion Umwelt entstand.307 Die Generaldirektion XI hatte bei der Entwicklung des sechsten Umweltaktionsprogramms ebenso wie bei der Bewertung des fünften Umweltprogramms308 sog. „stakeholder consultations“ mit NGOs und Industrievertretern durchgeführt. Im Rahmen dieser Konsultationen waren Arbeitsgruppen unter anderem in den Bereichen Tourismus, Industrie, Energie und Verkehr eingesetzt worden, die über zukünftige Ziele, Ansätze und Instrumente der Umweltpolitik berieten. Der Tenor dieser Beratungen war insofern für die genannten Politikbereiche durchaus vergleichbar, als die 301 So könnten etwa auch die bereits seit 1993 vorgesehen Schulungsprogramme über Umweltintegration intensiviert werden. Diese Trainingsprogramme hatten sich bislang in der Regel darauf beschränkt „to communicate a bit about what environmental integration should be about“ (Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002). Dabei solle es zukünftig jedoch nicht darum gehen, anderen zu sagen, was sie denken und tun sollen, da dies „obviously counterproductive in any organisation“ sei. Mit wichtigen Kooperationspartnern wie Generaldirektion Energie und Verkehr wurden bereits einige „cross sectoral training measures“ hinsichtlich der Umweltintegration durchgeführt, die Generaldirektion Umwelt als sehr hilfreich empfindet (ebd.). 302 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 303 Vgl. unter >http://europa.eu.int/comm/environment/env-act5/chapt4.htm.< und >http://europa.eu.int/comm/en vironment/eia/eia-legalcontext.htm<, Stand: 31.07.2008. 304 Gemäß des „knowledge-based approach“ erfordert eine integrierte Umweltpolitik solide wissenschaftliche Daten (vgl. Europäische Kommission 2001a), da auf diese Weise anderen Generaldirektionen mit sachlichen und vernünftigen Argumenten gegenübergetreten werden kann (Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002). 305 Generaldirektion Umwelt nutzt wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse bei der Entwicklung ihrer PolicyPapiere. Hierbei stellt sie sicher, dass sich Kosten und Nutzen von Umweltmaßnahmen im Gleichgewicht finden. Durch Anwendung markt-basierender Instrumente können, so die Generaldirektion, Umweltziele mitunter wirksamer als mit „traditional command and control regulations“ erreicht werden. Seit 1999 hat die Generaldirektion eine Vielzahl von „environmental economics studies“ veröffentlicht, die für das Wirtschaftsreferat von Generaldirektion Umwelt erstellt wurden (vgl. unter: >http://europa.eu.int/comm/environment/enveco/studies2.htm<, Stand: 22.07.2003). 306 Vgl. dazu auch Generaldirektion Umwelt 2002. 307 Unter der Beteiligung von Generaldirektion Energie und Verkehr und Generaldirektion Unternehmen. 308 Die 1999 vorgelegte Gesamtbewertung des fünften Umweltaktionsprogramms (vgl. Europäische Kommission 1999d) war ebenfalls unter Federführung von Generaldirektion XI ausgearbeitet worden. In dieser Gesamtbewertung wurden die bisherigen Integrationsfortschritte in den Policy-Bereichen als gering bewertet (vgl. ebd.: 4). Zugleich wurde allerdings die Bedeutung des Europäischen Rates betont, der mit dem Cardiff-Prozess der Umweltintegration neuen Auftrieb gegeben habe. Hervorgehoben wurde ebenfalls die Notwendigkeit, neue Instrumente zu entwickeln, um die Integration von Umweltbelangen zu fördern (vgl. ebd.).
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Entwicklung und Nutzung „softer policy instruments“, wie beispielsweise Pilotprojekte oder freiwillige Abkommen, gefordert wurde. Bevor neue Instrumente kreiert würden, sollten zudem bestehende Instrumente wie EMAS und das Ökozeichen verbessert werden. Das sechste Umweltaktionsprogramm stützt sich hinsichtlich der erforderlichen Umweltintegration – welche zu den essentiellen Bestandteilen des Programms gehört (Directorate-General for Environment 2002) – ferner auf den Vertrag von Amsterdam und hebt hervor, dass eine integrierte Umweltpolitik einen offenen Dialog mit allen relevanten Akteuren, die Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen und solide wissenschaftlichen Daten erfordere (Europäische Kommission 2001a).309 Vor diesem Hintergrund kontaktiert die Generaldirektion Umwelt zum einen zunehmend Stakeholder aus dem Umweltbereich wie auch Unternehmensvertreter.310 So fand etwa im Zusammenhang mit einer von der Generaldirektion Umwelt organisierten Konferenz zur Zukunft der Umweltpolitik im September 2002 ein Workshop statt, der sich mit der Frage auseinander setzte, wie Umweltaspekte besser in andere Politiken integriert werden können.311 Zum anderen ist die Generaldirektion Umwelt bestrebt, gleichsam „sound and objective arguments“312 bei der Verfolgung ihrer Politikziele zu verwenden und das Gleichgewicht von Kosten und Nutzen von Umweltmaßnahmen dadurch zu gewährleisten, dass sie wirtschaftliche Erwägungen nutzt. Für die Bewertung von Kosten und Nutzen ist das Wirtschaftsreferat der Generaldirektion Umwelt zuständig. Die Generaldirektion Umwelt betont zudem, dass Umweltziele mit Marktmechanismen besser erreicht werden können als mit einem traditionellen „command and control“-Verhalten (Europäische Kommission 2001a).313 Diese veränderte Einstellung der Generaldirektion XI/Umwelt – also die vermehrte Nutzung von marktorientierten Maßnahmen, Kosten-Nutzen-Analysen, Expertenforen etc. – reflektieren auch in unterschiedlichem Ausmaße verschiedene Rechtsetzungsvorschläge, Berichte und Mitteilungen, welche die Generaldirektion in den Bereichen Energie, Verkehr und Industrie vorlegte. So formulierte die Generaldirektion Umwelt für den Energiebereich verschiedene Papiere insbesondere auf den Gebieten der Entsorgung radioaktiver Abfälle sowie der nuklearen Sicherheit (vgl. Europäische Kommission 1998c, Europäische Kommission 2001b);314 auf dem Gebiet der Verkehrspolitik wurden Rechtsvorschläge zur Emissionsbekämpfung vorgelegt (vgl. Europäische Kommission 2000h, k; 2002a) und im Industriebereich etwa das Weißbuch für die Chemikalienpolitik, um nur einige wenige Beispiele aus einer Bandbreite an Policy-Papieren zu nennen.
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Vgl. unter >http://europa.eu.int/eur-lex/en/com/pdf/2001/en_501PC0031.pdf<, 22.07.2003. Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 311 Ferner richtete Generaldirektion Umwelt im Oktober 2002 in Brüssel eine Konferenz zum Thema „Good Practice in integration of environment into transport policy“ aus. Ziel dieser Konferenz war es, einen Erfahrungsaustausch mit Regierungsbeamten aus Verkehrs- und Umweltministerien der Mitgliedstaaten über Möglichkeiten der Integration von Umweltaspekten in die Verkehrspolitik zu fördern und das abstrakte Konzept der sektoralen Integration zu konkretisieren (vgl. Directorate-General for Environment 2002). 312 Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 313 „Why do we use economics in environmental policy?“ (>http://europa.eu.int/comm/environment/enveco/intro.htm<, Stand: 22.07.2003). 314 Thematisiert wird beispielsweise die Sicherheit der Entlagerung langlebiger radioaktiver Abfälle. Die hierzu federführend von Generaldirektion XI vorgelegte Mitteilung forderte in diesem Kontext die Festlegung von gemeinschaftlichen Grenzwerten für die Freigabe radioaktiven Abfalls (vgl. Europäische Kommission 1998c). 310
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5.4 Die Reaktionsmuster der Generaldirektionen im Vergleich Wie die vorhergehenden Ausführungen verdeutlicht haben, hat sich die Art und Weise, in der das Integrationsprinzip durch die Generaldirektionen umgesetzt wurde, im zeitlichen Verlauf verändert. Dieser Veränderungsprozess kann in drei Phasen unterteilt werden: Phase I bezieht sich auf einen Zeitraum von 1986-1992, Phase II auf die Zeit von 1992-1997 und Phase III schließlich auf die Jahre von 1997-2004. Diese drei Phasen spiegeln – entlang der konzeptionellen Unterscheidung zwischen verschiedenen Handlungstypen (vgl. Abschnitt 2.2) – einen Wandel von ursprünglichem Widerstand hin zu Konformität wider. Ein Entwicklungstrend, der zwar für alle ausgewählten Generaldirektionen kennzeichnend ist. Gleichwohl lassen sich – vor allem beim Übergang von Phase II zu Phase III – für die Auseinandersetzung mit Lernprozessen bedeutsame Unterschiede in den Reaktionsweisen der einzelnen Generaldirektionen erkennen (vgl. Abbildung 4). Abbildung 4:
Zuordnung der Handlungstypen zu den Politikbereichen Phase I: 1986 – 1992
Phase II: 1992- 1997
Phase III: 1997 – 2004
Energie
Ablehnen / Opponieren
Kompromiss
Anerkennen
Verkehr
Ablehnen / Opponieren
Kompromiss
Kompromiss
Unternehmen
Opponieren
Vermeiden / Kompromiss
Kompromiss / Erdulden
Tourismus
Opponieren
Kompromiss
Kompromiss / Erdulden
Untersuchungsphase
Politikbereich
Aufbauend auf die detaillierte Beschreibung der Umsetzungspraxis in den einzelnen Generaldirektionen sollen im Folgenden daher die Reaktionsweisen der Generaldirektionen Energie und Verkehr sowie Unternehmen auf die mit dem umweltpolitischen Integrationsprinzip verbundenen Anforderungen einem Handlungstypen zugeordnet werden. Diese Zuordnung erfolgt zum einen differenziert nach den drei Phasen, um den beschriebenen Wandel aufzeigen zu können und zum anderen vergleichend für die vier Politikbereiche (Energie, Verkehr, Unternehmen, Tourismus). Die Analyse der Verhaltensweisen der Generaldirektion XI/Umwelt unterscheidet sich dabei allerdings insofern von der beschriebenen Vorgehensweise, als dem Verhalten der Generaldirektion XI/Umwelt keine Handlungstypen zugeordnet werden. Diese Vorgehensweise begründet sich aus dem Umstand, dass das Integrationsprinzip für die Generaldirektion XI/Umwelt keine vergleichbare externe Anforderung darstellt, weil es im Wesentlichen von ihr (mit-)entwickelt wurde. Im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen gilt es daher zusammenfassend darzulegen, auf welche Art und Weise die Generaldirektion Umwelt versuchte, das Integrationsprinzip durchzusetzen und gleichsam die Reaktionen anderer Generaldirektionen zu beeinflussen. Diese Verhaltensweisen der Generaldirektion XI/Umwelt sollen als Strategien bezeichnet werden.
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Phase I: 1986-1992 Die erste Phase der Umsetzung des Integrationsprinzips ist mit Blick auf das Verhalten der für die vier Politikbereiche zuständigen Generaldirektionen im Wesentlichen zwischen den Handlungstypen des „Ablehnens“ und „Opponierens“ anzusiedeln. So wurden umweltpolitische Anforderungen – sofern ihnen überhaupt Bedeutung beigemessen wurde – als ein zusätzliches Hindernis für die Politikgestaltung bzw. von der Generaldirektion XI im jeweiligen Politikfeld entwickelte Rechtsetzungsvorschläge als ‚feindliche‘ Einmischung perzipiert.315 Besonders jene Vorschläge wurden abgelehnt oder dagegen opponiert, die aus der Perspektive der beteiligten Generaldirektionen die Gefahr implizierten, dass die Entwicklung des jeweiligen Politikfeldes eingeschränkt werden würde.316 Dieses abwehrende zum Teil aktiv opponierende Verhalten manifestierte sich dabei etwa
in der Formulierung alternativer Policy-Vorschläge;317 in dem Versuch, umweltpolitische Anforderungen zu umgehen bzw. auf minimalem Niveau umzusetzen – „the environment was something we should try to keep it at arm’s lengths, do it little as possible, pretend that you were positive about it but really don’t do too much“;318 in der Negation ihrer Bedeutung für den jeweiligen Politikbereich – „In the past sometimes industry was defensive. New legislation is coming up, what is the classic reaction? It shouldn’t apply to us. I mean, we are not involved here“319; oder in der organisatorischen Marginalisierung von umweltpolitischen Aspekten, um Kooperationsbestrebungen der Generaldirektion XI, die als Einmischung wahrgenommen wurden, vorzubeugen.
Entsprechend wurde die Generaldirektion XI nur selten in die Konzeption und Ausarbeitung von Policy-Vorschlägen einbezogen und umgekehrt partizipierten die anderen Generaldirektionen nur an jenen Politikvorschlägen der Generaldirektion XI, die aus ihrer Perspektive keine negativen Implikationen für den jeweiligen Politikbereich nach sich zogen.320 Dieses abwehrende Verhalten der Generaldirektionen korrespondierte insofern mit der Durchsetzungsstrategie der Generaldirektion XI in dieser Phase, als auch diese sich kaum mit den Konsequenzen des Prinzips für andere sektorale Generaldirektionen auseinander setzte – geschweige denn das Konzept der Umweltintegration bzw. ihr eigenes Verhalten vor dem Hintergrund der gemachten Implementationserfahrungen in Frage stellte. Sie war vielmehr davon überzeugt, dass das Integrationsprinzip richtig und notwendig ist und die 315 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003; Interviews in der Generaldirektion Unternehmen und in der Generaldirektion Umwelt, 2002, sowie Interview mit einem Mitglied der ehemaligen Generaldirektion XXIII, 2002. Generaldirektion XI wurde beispielsweise von Mitarbeitern des Verkehrssektors als eine Generaldirektion „with a mandate to shout and scream“ perzipiert (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003). 316 So wurden beispielsweise Vorschläge der Generaldirektion XI, in denen eine Verlagerung der Verkehrsströme von der Straße auf die Schiene angestrebt wurde, von der Generaldirektion VII dadurch torpediert, dass Initiativen zum Ausbau transeuropäischer Netze, die das doppelte Anwachsen beim Autobahnbau beinhalteten, vorgeschlagen wurden (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). 317 Ebd. 318 Ebd. 319 Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 320 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002.
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Generaldirektion XI als für den Umweltschutz zuständige Dienststelle gleichsam auf der „richtigen Seite“ agieren würde. Insofern wurde die Befolgung des Integrationsprinzips als Verpflichtung der übrigen Dienststellen betrachtet,321 der die Generaldirektion XI durch Verweis auf die Umweltbestimmungen der EEA, die umweltpolitischen Stellungnahmen des Europäischen Rates sowie auf das Interesse der europäischen Öffentlichkeit am Schutz der Umwelt Nachdruck verlieh. Phase II: 1992-1997 In der zweiten Phase, die mit der rechtlichen Verankerung und vor allem Verstärkung des Integrationsprinzips einherging, lässt sich allmählich ein Wandel in der Art und Weise aufzeigen, in der die einzelnen Generaldirektionen auf die Anforderungen des Integrationsprinzips reagierten. Während bis Mitte der 1980er Jahre die Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte in Policy-Vorschläge noch als Einmischung verstanden wurde, der es mit Abwehrstrategien zu begegnen galt, ging dieses Verhalten in den frühen 1990er Jahren zunächst schrittweise in eine (symbolische) Konformitätshaltung über, die vor allem durch die Anforderungen des Vertrags von Maastricht und des fünften Umweltaktionsprogramms bedingt war. So wurde in den 1990er Jahren in allen untersuchten Generaldirektionen versucht, durch die Benennung von Umweltreferenten, durch die personelle Verstärkung der Umweltreferate oder auch durch die Veränderung in der Bezeichnung der Referate eine veränderte Einstellung gegenüber umweltpolitischen Anforderungen sichtbar zu machen. Auch auf der programmatischen Ebene – etwa in den jeweiligen Grün- und Weißbüchern – wurden zunehmend konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Integrationsprinzips vorgeschlagen. Deren faktische Umsetzung in Vorschlägen wurde indes häufig blockiert, weil Umweltpolitik nach wie vor eher als „an obstacle or a difficulty“322 wahrgenommen wurde. Dieses Verhalten lässt sich daher im Wesentlichen durch den Handlungstypus des „Vermeidens“ charakterisieren, der sich in symbolischer Konformität widerspiegelt, also zu einer kongruenten Veränderung der „espoused theory“ führt, ohne dass auf der Ebene der „theory-in-use“ grundlegende Veränderungen stattfinden. Ab Mitte der 1990er Jahre löst sich dieses nach wie vor eher abwehrende Verhalten allerdings schrittweise in eine Kompromisshaltung auf, die sich in einer inhaltlichen und institutionellen Öffnung gegenüber dem Integrationsprinzips und der Generaldirektion Umwelt manifestierte – vor allem im Bereich der Energie- und Verkehrspolitik. Diese zunehmende Öffnung für umweltpolitische Fragen war zunächst getragen durch die Erkenntnis, dass eine partielle Implementation umweltpolitischer Aspekte nicht nur einen wirtschaftlichen Nutzen für den jeweiligen Politikbereich haben könnte323 –„so if you like it’s calculated, it’s not love of the Greens [...]“.324 Vielmehr bot Umweltpolitik auch den notwendigen Kontext, um andere politikfeldspezifische Zielsetzungen zu legitimieren und durchzusetzen: „[...] the other thing is a bit more opportunistic, that people who are in this Commission responsible for particularly energy policy realise that energy savings, energy efficiencies of an en-
321
Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 323 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. 324 Ebd. 322
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vironmentally friendly energy policy is part and parcel of the possibility to create a European energy policy.”325
Umweltpolitische Anforderungen werden also genutzt, um – wie im vorliegenden Zitat angesprochen – eine europäische Energiepolitik zu etablieren.326 In diesem Zusammenhang werden umweltpolitische Aspekte als ein geeignetes Sprungbrett gesehen, eine einheitliche europäische Energiepolitik zu etablieren.327 Gegen Ende der zweiten Phase setzten sich die für energie- und verkehrspolitische Fragen zuständige Generaldirektionen indes zunehmend offensiv unter der Perspektive einer nachhaltigen Politikgestaltung mit ökologischen Gesichtspunkten auseinander, so dass nicht mehr nur eine reserviert ablehnende und bisweilen aktiv opponierende Haltung gegenüber umweltpolitischen Anforderungen dominierte. Vielmehr ist die Arbeit der Generaldirektionen durch eine offene Herangehensweise und Auseinandersetzungen mit umweltpolitischen Problemen und Fragen gekennzeichnet.328 Damit werden zwar nicht die dominanten wirtschaftlichen Entscheidungsmuster aufgegeben, wohl aber um umweltpolitische Aspekte ergänzt. Kennzeichnend für diese Öffnung gegenüber umweltpolitischen Fragen ist auch die zunehmende Intensität und veränderte Qualität in der Zusammenarbeit vor allem zwischen den für energie- und verkehrspolitische Fragen zuständigen Generaldirektionen einerseits und der Generaldirektion Umwelt andererseits:
So wurde die traditionelle Beschäftigung mit Umweltaspekten am Ende des Politikformulierungsprozesses zugunsten einer frühzeitigen Einbindung der Generaldirektion XI aufgegeben. Dadurch stieg die Möglichkeit der inhaltlichen Einflussnahme durch die Generaldirektion XI, was sich auch in der zunehmenden Berücksichtigung von Umweltaspekten in energie- und verkehrspolitischen Vorschlägen widerspiegelte; zudem wurde vermehrt die Expertise der Generaldirektion XI genutzt, um gemeinsam getragene Vorschläge und Förderprogramme zu entwickeln329 und umgekehrt wurden auch die anderen Generaldirektionen zunehmend durch die Generaldirektion XI in die Entwicklung und Gestaltung der für ihren jeweiligen Politikbereich relevanten Vorschläge aktiv einbezogen. Darüber hinaus gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen den Generaldirektionen zunehmend kooperativ und konsensorientiert, so dass es vielfach gelang, auf den ersten Blick widerstreitende Interessen zu verbinden, um gemeinsam akzeptierte Vorschläge zu entwickeln.330
325 Mit anderen Worten: „Anything we do within energy policy has to be justified either on internal market grounds or you can do it in taxation context or you do it on environmental arguments“ (Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002). 326 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 327 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 328 Rückblickend erscheint es den ehemaligen Mitgliedern der Generaldirektion VII, dass „DG Transport really tries to integrate an environmental approach“ (Interview mit einem ehemaligen Mitglied der Generaldirektion VII, 2003). 329 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 330 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. Seitens der Generaldirektion XI wurden vornehmlich jene Rechtssetzungsvorschläge als besonders erfolgreich bewertet, bei denen eine intensive Zusammenarbeit zwischen beiden Generaldirektionen statt gefunden hatte (Europäische Kommission 1994f; European Commission 1995a).
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Schließlich trugen die unterschiedlichen informellen- und formellen Kooperationsbeziehungen zwischen den Generaldirektionen dazu bei, dass sich eine Vertrauensbasis zwischen den Mitgliedern der Generaldirektion ausbildete und Netzwerkbeziehungen zwischen den Referenten entstanden, die sich positiv auf die Zusammenarbeit auswirkten, weil auf diese Weise Interessenskompatibilitäten herausgearbeitet werden konnten.331
Durch die Beteiligung der Generaldirektion XI an der Entwicklung von Rechtsetzungsvorschlägen sicherten sich die anderen Generaldirektionen darüber hinaus die notwendige Unterstützung, um eine Ablehnung der Vorschläge in den zwischendienstlichen Konsultationen zu verhindern.332 Zwar lassen sich ähnliche Entwicklungstrends auch mit Blick auf die für Unternehmenspolitik zuständigen Generaldirektionen (Generaldirektionen III und XXIII) nachzeichnen. Gleichwohl herrschte in diesen Generaldirektionen auch in dieser Phase vor allem die Einstellung vor, dass umweltpolitische Aspekte so wenig wie möglich Berücksichtigung finden sollten. Entsprechend wurde versucht, die aus dem Vertrag von Maastricht resultierenden Anforderungen zu umgehen und eine umfassende Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte in die Unternehmenspolitik zu verhindern. Erst im Verlaufe der zweiten Phase setzte sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte erforderlich ist, um erfolgreich industrieund unternehmenspolitische Politik gestalten zu können. Aber auch diese Erkenntnis beruhte nicht auf einem grundlegenden Wandel in den dominanten Überzeugungsmustern der beiden Generaldirektionen und zudem differierten weiterhin die Vorstellungen zwischen diesen Generaldirektionen und der Generaldirektion XI bezüglich der Instrumente, mittels derer Umweltaspekte in die Politikformulierung aufgenommen werden können. Analoges gilt auch für die Form der Zusammenarbeit zwischen den unternehmenspolitischen Generaldirektionen und der Generaldirektion Umwelt. Zwar veränderte sich auch hier die Zusammenarbeit, insofern als entsprechende Kooperationsbestrebungen nicht mehr konsequent abgelehnt oder vermieden wurden, sondern unter strategischen Gesichtspunkten zusammengearbeitet wurde. So wurde die Kooperation immer dann forciert, wenn diese den Interessen der Unternehmen diente oder ihnen zumindest nicht schadete.333 Sobald die Generaldirektionen III und XXIII jedoch den Eindruck hatten, dass die Anforderungen der Generaldirektion XI zu weit gingen oder Vorschläge die Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten europäischer Unternehmen massiv einschränkten, wurde die Kooperation abgebrochen und Anpassung an unternehmerische Ziele eingefordert. Obschon die Kooperation zwischen den Generaldirektionen III bzw. XXIII und der Generaldirektion XI in der zweiten Phase zugenommen hat, blieb die Kommunikationsatmosphäre weiterhin durch das anfängliche Misstrauen der ersten Phase geprägt. Die Trainingsmaßnahmen, die Generaldirektion XI in den anderen Generaldirektionen veranstaltete, um die Mitarbeiter für ökologische Fragen zu sensibilisieren, boten dabei zwar eine erste Möglichkeit der Annäherung, der Diskussion und des Austauschs von Positionen.334 Gleichwohl führte dies nicht dazu, dass ein gemeinsames Verständnis über Problemlagen 331
Interview in den Generaldirektionen Umwelt sowie Energie und Verkehr, 2002. Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 333 Interviews in den Generaldirektionen Unternehmen und Umwelt, 2002. 334 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 332
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und -lösungen entwickelt wurde, auf deren Grundlage konsensfähige Vorschläge formuliert werden konnten.335 Auch die Generaldirektion Umwelt stützte sich bei der Durchsetzung des Integrationsprinzips – trotz zunehmender interdirektionaler Kooperation – nach wie vor in erster Line auf die Europäischen Verträge, deren modifizierte Bestimmungen zugunsten des Integrationsprinzips ihre Position anderen Generaldirektionen gegenüber stärkte. D. h. die Generaldirektion XI verwies darauf, dass die europäischen Verträge eine deutliche Verpflichtung zur Berücksichtigung von Umweltaspekten beinhalteten, die von ihr gleichsam als „Zwang“ interpretiert und vertreten wurde. Zwar wurden die administrativen Hürden, die bei der Umsetzung des Prinzips auf Ebene der anderen Dienststellen auftraten, auch von der Generaldirektion XI wahrgenommen. Dies führte jedoch nicht dazu, dass diese ihre Strategie zur Durchsetzung des Umweltprinzips in Frage stellte. So wurde zwar das sog. „Integrationsreferat“ gegründet, das dazu dienen sollte, die Integration in den übrigen Generaldirektionen zu unterstützen. Die tatsächliche Vorgehensweise bei der Umsetzung des Integrationsprinzips, die auf der Formulierung expliziter, vertraglich fundierter Forderungen beruhte, wurde von der Generaldirektion XI jedoch nicht in Frage gestellt. Vielmehr betrachteten sich die Mitarbeiter der Generaldirektion als „good guys“, da sie für Umweltbelange eintraten.336 Phase III: 1997-2004 Auch die dritte Phase ist durch eine Konformitätshaltung der Generaldirektionen gegenüber den Anforderungen des Integrationsprinzips gekennzeichnet. Allerdings treten in dieser Phase mit Blick auf das Spektrum an möglichen konformen Handlungstypen (vgl. Abschnitt 2.2) deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Politikbereichen zu Tage. In der dritten Phase werden mit dem Vertrag von Amsterdam, dem Europäischen Rat von Luxemburg und dem Europäischen Rat von Cardiff nicht nur die dem Integrationsprinzip zugrundeliegenden vertraglichen Verpflichtungen bestätigt, sondern auch seitens der Europäischen Räte verstärkt umweltpolitische Anforderungen an die Europäische Kommission gerichtet (vgl. Kapitel 4). Damit ist eine vollständige Ablehnung von oder eine Opposition gegen umweltpolitische Anforderungen nicht mehr möglich. Entsprechendes gilt auch für die Generaldirektionen III und XXIII bzw. Generaldirektion Unternehmen.337 Diese sieht sich dadurch allerdings nicht dem Integrationsprinzip stärker verpflichtet, sondern stützt ihre Vorgehensweise zunehmend auf das Prinzip der Nachhaltigen Entwicklung, weil dies nicht nur ökologische, sondern gerade auch ökonomische und soziale Ziele betont. Damit eröffnet sich die Möglichkeit gleichermaßen ökonomischen wie ökologischen Zielen Nachdruck zu verleihen, so dass sich die Generaldirektion Unternehmen nicht gezwungen sieht, stets eine Einigung mit der Generaldirektion Umwelt in ökologischen Fragen zu finden. Vielmehr wird bei Interessendivergenzen die Kooperation abgebrochen und ein eigener Vorschlag erarbeitet.338 Trotz der durch das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung eröffneten „exit options“ hat die Generaldirektion Unternehmen gleichwohl erkannt, dass die Berücksichtigung umwelt335
Ebd. Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 337 Nachfolgend wird aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung nur von der Generaldirektion Unternehmen und nicht mehr von den Generaldirektionen III und XXIII gesprochen. 338 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 336
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politischer Aspekte langfristig nicht vermieden werden kann, was auch auf der strukturellen Ebene zunehmend sichtbar wird.339 Vielmehr müssen entsprechende Belange in die Politikformulierung aufgenommen werden, weil Vorschläge ansonsten nicht konsensfähig innerhalb der Kommission bzw. im Rahmen der Interservice-Konsultationen sind. Deshalb wird durch frühzeitige Kooperation mit der Generaldirektion Umwelt versucht, Einfluss auf die Formulierung und die Akzeptanz unternehmensrelevanter Vorschläge zu nehmen,340 weil am Ende des kommissionsinternen Entscheidungsprozesses kaum mehr die Bereitschaft besteht, von Positionen abzurücken und einen Vorschlag zu modifizieren. Bisweilen arbeiten beide Generaldirektion sogar gemeinsam an Vorschlägen, um Interessen wechselseitig adäquat zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Verhalten der für die Unternehmenspolitik zuständigen Generaldirektion durch den Handlungstyp „Kompromiss“ beschreiben, der allerdings nicht durch eine grundsätzlich zustimmende Haltung gegenüber umweltpolitischen Anforderungen gekennzeichnet ist, sondern sich eher als einen strategischen Kompromiss charakterisieren lässt. Nach wie vor herrscht die Einstellung vor, dass die Einbindung umweltpolitischer Aspekte in unternehmenspolitische Vorschläge eher problematisch ist, da für die Unternehmen zusätzliche Anforderungen entstehen, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit einschränken können.341 Das Umweltintegrationsprinzip bleibt insofern eine Anforderung, deren Akzeptanz auf Verpflichtung und nicht auf Überzeugung beruht. Auch im Bereich der Verkehrspolitik lässt sich die Umsetzung des umweltpolitischen Integrationsprinzips durch den Handlungstyp „Kompromiss“ charakterisieren. So wurde nicht nur die Kooperation zwischen den Generaldirektionen intensiviert, sondern auch umweltpolitische Aspekte im wachsenden Ausmaße und vertieft in verkehrspolitische Vorschläge einbezogen. D. h., neben allgemeinen Bekundungen werden zunehmend konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltqualität vorgeschlagen, die auf die Entwicklung einer nachhaltigen Verkehrspolitik ausgerichtet sind. Die Implementation von Umweltaspekten bildet insofern eine bedeutende Leitlinie der Politikgestaltung im Verkehrssektors, die kaum mehr angezweifelt und hinterfragt wird – „it’s not depending on the feeling of a man. It’s the Commission’s policy, a well established policy that nobody challenges“.342 Allerdings werden vielfach eher bestehende Politikvorschläge überarbeitet und Grenzwerte verschärft, ohne dass damit eine grundlegende Neuausrichtung des Politikbereiches erfolgt. Zwar wird eine Entkopplung des Wirtschaftswachstums von den Verkehrsströmen angestrebt, aber nur sofern damit keine Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit und der wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten der europäischen Unternehmen einhergingen. Daher ist es das Ziel der Generaldirektion Energie und Verkehr, die durch die Verkehrszunahme induzierten negativen Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten bzw. Alternativen zu entwickeln, um umweltintensive durch umweltschonende Verkehrsträger zu ersetzen. Diese Form der Auseinandersetzung mit ökologischen Fragen im Verkehrssektor ist wiederum durch die Wahrnehmung geprägt, dass hinsichtlich der Integration von Umwelt339 So existieren – wie im Vorfeld dargelegt – sektorspezifische Umweltreferenten. Zudem bleibt das Umweltreferat bestehen, die Bezeichnung desselbigen ändert sich jedoch und unterstellt nicht mehr einen quasi-natürlichen Konflikt zwischen umweltpolitischen auf der einen und unternehmens- bzw. industriepolitischen Zielsetzungen auf der anderen Seite (Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002). 340 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 341 Ebd. 342 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003.
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aspekten und der Verfolgung einer nachhaltigen Verkehrspolitik bereits bedeutende Fortschritte erzielt worden seien. Aus diesem Grunde sind zusätzliche umweltpolitische Anstrengungen nicht nötig bzw. verursachen unnötig hohe Kosten, deren gesellschaftlicher Nutzen gering zu bewerten sei.343 Daher wurde auch der Cardiff-Prozess nicht als zusätzlicher Druck, sondern als Bestätigung des eingeschlagenen Pfades wahrgenommen.344 Nichtsdestotrotz sieht sich Generaldirektion Energie und Verkehr im Verkehrssektor der Kritik ausgesetzt, lediglich „grüne Rhetorik“ zu betreiben.345 Im Gegensatz dazu lässt sich mit Blick auf die Generaldirektion XVII bzw. den Bereich der Energiepolitik ein schrittweiser Übergang zum Handlungstyp des „Anerkennens“ nachvollziehen, der auf grundlegende Lernprozesse, i.e. komplexes Lernen, schließen lässt. So sind umweltpolitische Ziele zu einem integralen Bestandteil der Energiepolitik geworden,346 weil sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass sich energie- und umweltpolitische Aspekte wechselseitig verstärken können.347 Daher geht es vor allem darum „finding the right balance between environmental aspects and the goals of TREN-policy [Directorate-General Transport and Energy,Anm. der Verf.].“348
Gleichzeitig ist das Verhalten der Generaldirektion insofern als selbstreflexiv zu charakterisieren, als sich die Generaldirektion XVII – im Gegensatz etwa zur Generaldirektion VII, bei der die Generaldirektion XI die Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte einfordern muss oder eigene Vorschläge entwirft – selbst zunehmend mit der Frage auseinandersetzt, wie umweltpolitische Aspekte in speziellen energiepolitischen Vorschlägen berücksichtigt werden können.349 Diese finden jedoch nicht nur Eingang in den Prozess der Politikformulierung, sondern werden auch evaluiert und weiterentwickelt350 Zwar bilden dabei nach wie vor Maßnahmen und Politikvorschläge zur Verbesserung der Energieversorgungssicherheit das Kernelement der europäischen Energiepolitik.351 Aber im Gegensatz zu den ersten beiden Phasen, in denen umweltpolitische Anforderungen vor allem als Argumente zur Legitimationssicherung energiepolitischer Ziele dienten, wird seit 1997/1998 anerkannt, dass die bisherigen Bemühungen zur Umweltintegration nicht ausreichten und zahlreiche neue Politikvorschläge mit ökologischen Bezug formuliert. Umweltaspekte werden dabei jedoch nicht lediglich zusätzlich aufgenommen oder nachträglich hinzugefügt – wie beispielsweise in der Verkehrspolitik.352 Darüber hinaus sei im Energiesektor eine Phase erreicht „where targets are put also quantitative that we have to reach. And now we are, let’s say, coming to the phase where 343 Ein Vertreter der Generaldirektion Energie und Verkehr rekurriert zur Untermauerung seiner Forderung auf die Sterblichkeitswahrscheinlichkeit durch Abgasemissionen im Vergleich zu Verkehrsunfällen und fordert, weitere Fortschritte im Bereich der Verkehrssicherheit anzustreben, da Verbesserungen in diesem Bereich einen höheren gesellschaftlichen Nutzen versprächen (ebd.). 344 Ebd. 345 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr und in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 346 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 347 Ebd. 348 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 349 Ebd. 350 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 351 Dies belegen zahlreiche Vorschlägen der Kommission sowie Grün- und Weißbücher, in denen verschiedene Strategien und Maßnahmen vorgeschlagen werden (Europäische Kommission 2000f; 2000g; 2001n; 2001 l; European Commission 2000a). 352 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002.
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actually we are also evaluating whether we have reached those and whether these environmental objectives are met“.353 Insofern befolgt der Energiesektor der Generaldirektion Energie und Verkehr das umweltpolitische Integrationsprinzip nicht nur, sondern entwickelt Mechanismen, um die eigene Politikformulierung und die Einbeziehung von Umweltaspekten zu überwachen und zu verbessern. Vor diesem Hintergrund werden auch die wachsenden Anforderungen, die aus dem Amsterdamer Vertrag und aus den internationalen Verpflichtungen (z.B. Abkommen von Kyoto und dem Gipfel in Johannesburg) resultieren, nicht als Hindernis wahrgenommen. Vielmehr werden die externen Anforderungen genutzt, um der Bedeutung umweltpolitischer Aspekte in der Energiepolitik Nachdruck zu verleihen und damit einer europäischen Energiepolitik Vorschub zu leisten, die auf einer Förderung von Energieeffizienz und -einsparung sowie auf der Entwicklung erneuerbarer Energieträger beruht (Europäische Kommission 1998k).354 Komplementiert wird dies sowohl durch organisatorische Veränderungen innerhalb der Generaldirektion als auch durch intensivierte Kooperationsbeziehungen zwischen Vertretern der Generaldirektion Umwelt und der Generaldirektion Energie und Verkehr.355 So werden auch seitens der Generaldirektion Umwelt die Bemühungen des Energiesektors, umweltpolitische Aspekte in Politikvorschlägen zu berücksichtigen, hervorgehoben und betont, dass diese bisweilen kongruent zu den Forderungen der Generaldirektion Umwelt verlaufen – „certain elements [...] that they wanted to do are perfectly in line with the things that we want – or pushing as our political goals. “356 Insofern hat sich – trotz teilweise unterschiedlicher und bisweilen gegenteiliger Einstellungen – eine verständigungsorientierte Diskussionsatmosphäre entwickelt, in der die Generaldirektionen nach gemeinsamen Lösungen suchen, und die Generaldirektion Energie und Verkehr die Bedenken der Generaldirektion Umwelt bei der Politikformulierung berücksichtigt (etwa im Grünbuch „Towards a European strategy for the security of energy supply“).357 Auch das Verhalten der Generaldirektion Umwelt hat sich im Zuge der dritten Phase verändert. So versucht die Generaldirektion in dieser Phase nicht länger, die Integration von Umweltbelangen von anderen Generaldirektionen mit dem Hinweis auf die europäischen Verträge einzufordern, obgleich es sich bei dem Umweltintegrationsprinzip nach wie vor um eine „must“-Bestimmung handelt. Vielmehr rekurriert die Generaldirektion Umwelt zunehmend auf Strategien des Verhandelns und Argumentierens.358 D. h. sie ist in Interaktionen mit anderen Generaldirektionen bemüht, diese von der Notwendigkeit des Integrationsprinzips zu überzeugen und Problemlösungen aufzuzeigen, die den Zielen der unterschiedlichen Politikbereiche gleichermaßen dienen – „what we are trying to seek to do is find a solution which is what we call a win-win-solution where both the environment wins
353
Ebd. Ebd. 355 Auch Vertreter der Generaldirektion XI betonten, dass die Zusammenarbeit mit der Generaldirektion XVII sehr erfolgreich und konstruktiv verläuft und daher kaum Überzeugungsarbeit seitens der Generaldirektion XI nötig ist, um die Berücksichtigung von Umweltaspekten im Energiesektor zu forcieren: „The old Energy DG was so active on relatively green topics, on energy saving, on renewable energies as well, there was never a very strong involvement by DG Environment on energy issues“ (Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002). 356 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 357 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002 und 2003, sowie Interviews in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 358 Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. 354
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and transport or whatever policy wins as well“.359 Die Generaldirektion Umwelt sieht ihre Aufgabe deshalb darin,
andere Generaldirektionen dazu zu bewegen, sich selbst umweltpolitische Fragen bei der Politikformulierung zu stellen; zugleich ihre eigenen Ziele im jeweiligen Politikbereich zu vermitteln und zu berücksichtigen, das andere Generaldirektionen eigene legitime, bisweilen konträr laufende Interessen verfolgen.360
Um die anderen Generaldirektionen in Verhandlungen überzeugen zu können und glaubwürdig zu sein, rekurriert die Generaldirektion Umwelt darüber hinaus nicht nur zunehmend auf externe Expertise, Kosten-Nutzen-Analysen und marktorientierte Instrumente.361 Vielmehr versucht die Generaldirektion, gleichsam auch die ökonomisch geprägte Sprache der anderen Generaldirektionen zu erlernen, um ihre Belange in Interaktionen mit diesen „in a way that fits with them“362 einbringen zu können. Obgleich sich die Generaldirektion Umwelt nach wie vor als Antriebskraft und Wegbereiterin des Integrationsprinzips sieht, setzt sie sich gleichermaßen kritisch mit dem Integrationsprinzip auseinander – gerade im Kontext des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung. Zwar wird dabei – trotz offensichtlicher Implementationsschwierigkeiten, die nunmehr auch auf eigene Versäumnisse zurückgeführt werden – an dem Integrationsprinzip festgehalten. Gleichwohl hebt die Generaldirektion Umwelt auch das Nachhaltigkeitsprinzip in ihren internen Strukturen hervor, weil für die übrigen Generaldirektionen das Umweltintegrationsprinzip ein „rotes Tuch“ darstellt, während das Nachhaltigkeitsprinzip aufgrund der Berücksichtigung der ökonomischen und sozialen Säule neben der ökologischen Säule Kompromissbereitschaft signalisiert. Dieser Strategiewechsel von der zweiten zur dritten Phase lässt auf ein komplexes Lernen der Generaldirektion Umwelt schließen, da die Generaldirektion nicht nur ihr eigenes Verhalten zunehmend selbstkritisch reflektiert, sondern sich auch mit den Problemen und Ansichten der anderen Generaldirektionen im Kontext der Umweltintegration auseinandersetzt und dementsprechend ihr Verhalten verändert hat.
359
Ebd. Ebd. 361 Ebd. 362 Ebd. 360
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6 Schlussbetrachtungen
Wie sind die beschriebenen Veränderungen in den Reaktionsweisen der einzelnen Generaldirektionen zu erklären? Welche Faktoren und Bedingungen sind ausschlaggebend für diese Veränderungen – vor allem auch für ihren partiell unterschiedlichen Verlauf? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der nachfolgenden Ausführungen. Die Konzeptualisierung von Prozessen organisationalen Lernens im Kontext der vorliegenden Arbeit beruhte auf einer zweifachen Unterscheidung. So wurde einerseits zwischen der sog. „espoused theory“ und der „theory-in-use“ bei der empirischen Analyse unterschieden sowie konzeptionell in Rechnung gestellt, dass Organisationen eine Vielzahl von Reaktionsmöglichkeiten im Zuge der Konfrontation mit neuen Umweltanforderungen zur Verfügung stehen (vgl. dazu Kapitel 5). Andererseits wurden verschiedene Lernebenen unterschieden, wobei davon ausgegangen wurde, dass organisationale Lernprozesse ihren Ausgangspunkt in individuellen Lernprozessen in Organisationen finden. Zwar wurden in den bisherigen Ausführungen kollektive Handlungsmuster der Generaldirektionen identifiziert und deren „espoused theories“ bzw. die „theories-in-use“ aufgedeckt; insbesondere die empirischen Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass diese Lernprozesse in den jeweiligen Generaldirektionen durch das Handeln von Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen der Generaldirektionen initiiert und getragen wurden. Es stellt sich dann die Frage, wie sich diese Lernprozesse und ihre Inhalte trotz einiger Widerstände in den Generaldirektionen durchsetzen konnten. Gerade die beobachtbaren Lernprozesse (etwa im Bereich der Energie- oder Umweltpolitik) bezogen sich ursprünglich nicht auf die formalen Suborganisationen (die Generaldirektionen) insgesamt, weil sich keineswegs gleichförmige Veränderungen bei den Angehörigen der Bereiche feststellen ließen. Vielmehr war das gemeinsame Merkmal derjenigen Mitarbeiter, deren Wirklichkeitskonstruktionen homogene Veränderungen aufwiesen, weniger die Zugehörigkeit zu ein und derselben Abteilung, Funktionsgruppe oder Hierarchieebene, sondern die Tatsache, dass sie hinsichtlich der veränderungsrelevanten Thematik miteinander in konsensorientierten Kommunikationsbeziehungen standen. Diese können aufgrund gemeinsamer Aufgaben, der Zugehörigkeit zu Arbeitskreisen, informellen Netzwerken und persönlicher Bekanntheit entstehen. Mit Blick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand lässt sich in diesem Zusammenhang etwa die Zusammenarbeit zwischen der Generaldirektion Umwelt und der Generaldirektion Energie und Verkehr im Rahmen des Europäischen Programms zur Klimaänderung nennen sowie die Bedeutung der interdirektionalen Mobilität von Mitarbeitern, welche der Kommission nicht zuletzt zum Aufbau von vertrauensvollen (Netzwerk-)beziehungen dient. So waren beispielsweise Mitarbeiter des Umweltreferats der Generaldirektion Unternehmen zuvor in der Generaldirektion Umwelt tätig, so dass die Generaldirektion Umwelt über persönlich bekannte Ansprechpartner in der Generaldirektion Unternehmen verfügt. Gleiches gilt für ehemalige Mitarbeiter der
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Generaldirektion Unternehmen, die nunmehr im Umweltbereich tätig sind.363 Auch dem Hauptberater des Generaldirektors der Generaldirektion Energie und Verkehr, der aus der Generaldirektion Umwelt in die Generaldirektion Energie und Verkehr wechselte, kommt eine bedeutende Rolle im Prozess der Umweltintegration im Energiesektor zu,364 weil er nicht nur als Kontaktperson zur sondern auch für die Generaldirektion Umwelt fungiert. Durch diese Personalmobilität, die mit wechselnden Mitgliedschaftsverhältnissen zwischen den Generaldirektionen einhergehen, können sich leichter auf Vertrauen basierende Beziehungen zwischen den Mitgliedern unterschiedlicher Generaldirektionen herausbilden,365 weil sie auf persönlichen Bekanntschaften, gegenseitigem Verständnis für die Besonderheiten der unterschiedlichen Handlungsfelder und/oder wechselseitiger Rücksichtnahme beruhen. Man ist also gleichsam in der Lage, sich in die Situation des jeweils anderen zu versetzen. Vertrauen ist wiederum eine bedeutende Voraussetzung für ein Mindestmaß an Lernoffenheit, weil es eine Bedingung schafft, unter der Akteure bereit sind, ihre Interessen und Überzeugungen zu reflektieren, also in einen kollektiven Lernprozess einzutreten. Zum anderen wird die Möglichkeit eröffnet, dass über den Zugang neuer Mitarbeiter „fremde“ Wissensbestände in die (Sub-)Organisation getragen und damit Widersprüche und Sinnfragen aufgeworfen werden sowie unterschiedliche Wahrnehmungen und Wirklichkeitsinterpretationen derselben Situation kommuniziert und toleriert werden.366 Ein kontinuierlicher Wechsel von Mitgliedschaftsverhältnissen innerhalb der Suborganisation kann aber auch mit einem Verlust an implizitem Wissen für die Suborganisation einhergehen, sofern das Wissen Einzelner nicht durch seine Institutionalisierung in (sub)organisationales Handeln eingeflossen ist. Ferner kann die Mobilität der Mitarbeiter gerade auch den Aufbau von vertrauensvollen Beziehungen verhindern, weil die Etablierung von Vertrauensverhältnissen in Kooperationsbeziehungen Zeit braucht, die durch den kontinuierlichen Wechsel von Ansprech- und Kooperationspartnern in Frage gestellt sein kann. Vertrauensvolle Kooperationsbeziehungen bilden zwar den Rahmen für die Entfaltung individueller Lernprozesse und damit den Ausgangspunkt für Veränderungen im Organisationskontext – also für (sub-)organisationale Lernprozesse. Ob und inwiefern den Mitgliedern einer Suborganisation allerdings der notwendige Gestaltungsspielraum gewährt wird, um sich mit tradierten Denk- und Handlungsweisen auseinander zusetzen und diese ggf. handlungsrelevant zu verändern, hing im vorliegenden Fall im Wesentlichen auch von den jeweiligen Verwaltungsstilen der Generaldirektionen ab. Hinsichtlich der Verwaltungsstile lassen sich innerhalb der Kommission prinzipiell zwei Traditionen unterscheiden. Wie bereits in Kapitel 3 dargelegt, existiert auf der einen Seite ein Verwaltungsstil traditioneller französischer Provenienz. D.h. ein Verwaltungsstil, der eher durch eine hierarchische Struktur mit vertikalen, formalisierten Kommunikationswegen und -formen gekennzeichnet ist, bei dem Informationen als Machtmittel begriffen werden. In einer durch einen französischen Verwaltungsstil geprägten Generaldirektion findet sich dementsprechend nicht nur eine Zentralisierung von Entscheidungsbefugnissen und Verantwortung, auch die programmatische Arbeit der Generaldirektion wird stark „top down“ bestimmt. Dies impliziert, dass die Organisationsspitze programmatisch363
Interview in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. 365 Interviews in der Generaldirektion Umwelt und der Generaldirektion Umwelt, 2002. 366 Interviews in den Generaldirektionen Unternehmen und Umwelt, 2002. 364
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konzeptionell Leitlinien für die Arbeit der Generaldirektion entwirft. Dies ist ein Verwaltungsstil, der kennzeichnend für die Generaldirektion VII in der ersten Phase war, ebenso wie für die Generaldirektion III und XXIII in der ersten und zweiten Phase bzw. seit der Kommissionsreform von 1999/2000 die Arbeit der Generaldirektionen Energie und Verkehr sowie Unternehmen in weiten Teilen prägt.367 In einer durch einen französischen Verwaltungsstil gekennzeichneten Generaldirektion, wie z.B. der Generaldirektion Energie und Verkehr, ist die Arbeit der Referenten weitgehend vorstrukturiert und bietet weniger Gestaltungsraum, um sich ergebnisoffen und konsensorientiert mit den Anforderungen anderer Generaldirektionen auseinanderzusetzen bzw. sich gegenüber Lernprozessen zu öffnen. Zumal „the director-general [der Generaldirektion Energie und Verkehr, Anm. der Verf.] tries to keep a hands on policy down to very small details [...]”.368
Die Referate sind vor allem für die Produktion von Rechtsetzungsvorschlägen zuständig, deren Inhalt und Zielrichtung durch die Organisationsspitze vorgegeben wird, und die – bevor sie (in-)offiziell zwischen den Generaldirektionen zirkulieren – an die Organisationsspitze weiter geleitet werden müssen. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass der Vorschlag mit den Zielen der Kommissionspolitik, vor allem aber mit den sektoralen Zielsetzungen der betreffenden Generaldirektion übereinstimmt. Allerdings wurden die verschiedenen Verwaltungsebenen auch in den durch einen französischen Verwaltungsstil geprägten Generaldirektionen im Laufe der Zeit zunehmend mit umfangreicheren Kompetenzen ausgestattet, weil die Generaldirektionen in den späteren Phasen erkannt haben, dass zur Sicherung der Akzeptanz von Vorschlägen bereits frühzeitige Kooperationsprozesse auf der Ebene der Referenten relevant sind.369 Denn hierdurch eröffnet sich die Möglichkeit, Gemeinsamkeiten und tragfähige Kompromisse in einem frühen Stadium zu identifizieren. Die eigentliche Prägung der Arbeitsweise der Generaldirektion im Sinne eines französischen Administrationsstils ändert sich dadurch zwar nicht, da die Kommunikation nach wie vor intern in erster Linie vertikal verläuft. Allerdings können durch diese Öffnung gegenüber der Generaldirektion Umwelt in höherem Maße entsprechende Informationen und Interessen in die Politikformulierung einfließen, die ihrerseits möglicherweise die Einstellungen in der Generaldirektion auf den unterschiedlichen Verwaltungsebenen „von unten“ beeinflussen.370 Dem französischen Verwaltungsstil steht das Konzept des „human resource management“ der angelsächsischen Verwaltungstradition gegenüber, das prägend für die Funktionsweise der Generaldirektion Umwelt, aber auch der Generaldirektion Verkehr in der zweiten Phase der Umsetzung des Integrationsprinzips war. Die angelsächsische Verwaltungstradition ist gekennzeichnet durch die Bereitschaft, Verantwortung an Mitarbeiter zu delegieren und einen offenen Informations- und Ideenfluss zu pflegen, der nicht ausschließlich vertikal, sondern auch horizontal zwischen Referenten unterschiedlicher Referate verläuft. Ein offener Austausch von Ideen und Meinungen bildet insofern auch die Grundlage für die Ausarbeitung von Rechtsetzungsvorschlägen, die konsensual entwickelt werden. 367
Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002, sowie in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003, und der Generaldirektion Umwelt, 2002. 368 Interview in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2002. 369 Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002. 370 Ebd.
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In diesem Sinne vollzog beispielsweise der seit 1992 neu in der Generaldirektion VII agierende Generaldirektor Umstrukturierungen der internen Kommunikations- und Entscheidungsprozesse, die in einer Dezentralisierung von Verantwortung und Kompetenzen mündeten. Diesem Vorgehen wohnte die Idee inne, dass für die Formulierung eines Vorschlages unterschiedliche und bisweilen widerstreitende Meinungen diskutiert werden sollten.371 Die verwaltungskulturspezifische Prägung der einzelnen Generaldirektionen ist wiederum in zweifacher Hinsicht bedeutsam. So beeinflusst sie zum einen die individuelle Gestaltungsfreiheit und zum anderen die Modalitäten interdirektionaler Kooperation. Damit neue Informationen durch Organisationsmitglieder in die Suborganisation einfließen können, ist das Vorhandensein von partieller Autonomie hinsichtlich der Gestaltung von Arbeits- und Organisationsbedingungen und von Flexibilität gegenüber externen Veränderungen eine notwendige Voraussetzung. Sie kann sich vor allem im Kontext eines angelsächsischen Verwaltungsstils entfalten. Autonomie wird ermöglicht durch das Vorhandensein und die Nutzung überschüssiger Ressourcen (etwa Zeit372 und Wissen) sowie durch die Existenz loser Koppelung, die darauf verweist, dass Organisationseinheiten zwar voneinander abhängig sind und sich gegenseitig beeinflussen. Allerdings in einer Art und Weise, die die Autonomie der beteiligten Einheiten bewahrt (vgl. dazu – mit Rückgriff auf Orton/Weick 1990 – Heinelt/Lang/Malek/Reissert 2003: 138-142). Unter diesen Bedingungen wird nicht nur eine Auseinandersetzung über eigene Problemlösungsstrategien und die Entwicklung neuer Problemlösungsmuster möglich, sondern auch eine Gestaltung von Interaktionszusammenhängen, die über die Grenzen der Generaldirektion hinaus angesiedelt sein können. Wird solchermaßen die Beteiligung einer Vielzahl von Mitarbeitern an der Konstruktion organisationaler Wirklichkeit ermöglicht und existiert eine prinzipielle Offenheit seitens der Führungsebene gegenüber kritischen Diskussionen und neuen Ideen, so wird Lernen durch Diffusion begünstigt. In einer hierarchisch strukturierten Generaldirektion hingegen entwickelt sich die organisationale Wissensbasis nicht aus den wechselseitigen Interaktions- und Kommunikationsprozessen der Organisationsmitglieder, sondern wird von der Führungsebene mehr oder weniger autonom festgelegt. Die verwaltungskulturspezifische Prägung der einzelnen Generaldirektionen beeinflusst zum anderen die Modalitäten interdirektionaler Kooperation. So verbindet sich mit einem französischen Verwaltungsstil eher ein Autarkiemodell, bei dem der Schwerpunkt auf eine (abgeschottete) Bearbeitung von Rechtsetzungsvorschlägen innerhalb einer Generaldirektion gelegt wird. Andere Generaldirektionen werden nicht zur Beratung bei der Bearbeitung von Vorschlägen hinzugezogen bzw. umweltpolitische Einwände finden in den zwischendienstlichen Konsultationen kaum Berücksichtigung. Sofern jedoch Kooperati371 Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. Als Beispiel für die Veränderung der Arbeit und der Arbeitseinstellung in der Generaldirektion VII wird häufig das Grünbuch und das Weißbuch zum nachhaltigen Verkehr von 1992 (Europäische Kommission 1992c; 1992f) angeführt, das für den Verkehrssektor hinsichtlich der Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte einen Wendepunkt markierte (Interviews in der Generaldirektion Energie und Verkehr, 2003. 372 Denn es ist nicht nur eine Frage der Kooperationsbereitschaft zwischen Referenten unterschiedlicher Generaldirektionen, sondern auch eine Frage der Zeit, die man zur Verfügung hat, um Kontakte zu anderen Generaldirektionen aufzubauen, Informationen auszutauschen, Einfluss auszuüben oder Referenten der Generaldirektion Umwelt in die Entwicklung eines Politikvorschlags einzubeziehen (Interviews in der Generaldirektion Unternehmen, 2002).
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onsprozesse stattfinden, dienen diese weniger der interdirektionalen Konsensfindung als Grundlage für die Ausarbeitung eines Politikvorschlages, denn der Demonstration von Konformität gegenüber den Instruktionen und Leitlinien der Organisationsspitze. Diese Form der interdirektionalen Kooperation war vor allem für die eingangs erwähnte erste Phase der Umsetzung des Umweltintegrationsprinzips prägend. Mit den sog. „interservice consultations“ existierte dabei zwar ein formaler Koordinationsmechanismus innerhalb der Kommission. Die Kooperationsprozesse im Rahmen dieser Konsultationen waren aber eher durch strategische, denn durch argumentative Verhandlungsprozesse gekennzeichnet, bei denen es weniger um den Austausch begründeter Argumente als um die Durchsetzung eigener Positionen ging. Im Gegensatz zum Autarkiemodell verlagert sich bei einem englischen Administrationsstil das Augenmerk eher auf Kooperation und Koordination zwischen den unterschiedlichen Kommissionseinheiten, wodurch andere Dienststellen frühzeitig zu Beratungen hinzugezogen werden, eine prinzipielle Offenheit gegenüber abweichenden Meinungen besteht und diese auch Eingang in Politikvorschläge finden können. Da kollektive Lernprozesse ein Phänomen sozialer Kognition sind, erweisen sich gerade diese Bedingungen als lernförderlich, weil sie einen Raum zur Kommunikation unterschiedlicher Deutungs- und Interpretationsmuster sowie zur Identifikation gemeinsam geteilter Wissensbestände eröffnen.373 Damit in interdirektionalen Kommunikationsprozessen Lernprozesse initiiert werden, müssen die Handlungen und Kommunikationen der Verhandlungspartner zudem so gestaltet sein, dass sie für alle anderen Beteiligten anschlussfähig sind bzw. in kompatiblen Begriffssystemen kommunikativ vermittelt werden können. So trug etwa die veränderte Form der Zusammenarbeit, wie sie von der Generaldirektion Umwelt seit Anfang der 1990er Jahre praktiziert wurde, wesentlich zur Transformation in den eingangs dargelegten Reaktionsweisen der anderen sektoralen Generaldirektionen bei. Während die Generaldirektion Umwelt bis Anfang der 1990er Jahre die Berücksichtigung von Umweltbelangen einforderte und dazu auf die vertragliche Verpflichtung verwies, konzentrierten sich ihre Mitglieder gegen Ende der 1990er Jahre darauf, andere Generaldirektion und deren Mitarbeiter von der Relevanz des Integrationsprinzip zu überzeugen und Problemlösungen aufzuzeigen, die im Sinne einer „win-win“-Lösung gleichermaßen den Zielen der Unternehmens-, Energie- und Verkehrspolitik einerseits und der Umweltpolitik andererseits dienen. Dies ging nicht nur mit einem vermehrten Rekurs auf ökonomische Argumentationsmuster – beispielsweise durch Kosten-Nutzen-Analysen – durch die Generaldirektion Umwelt einher, um auf diese Weise den wirtschaftlichen Nutzen ökologisch motivierter Maßnahmen zu untermauern. Vielmehr wurde im Vergleich zu den 1980er und frühen 1990er Jahren auch zunehmend akzeptiert, dass andere Generaldirektionen legitime wirtschaftspolitische Interessen verfolgen, die mitunter nicht vollständig mit ökologischen Zielen harmonieren. Gleichwohl wird das Lernen Einzelner in der Regel nicht automatisch auf die organisationale Ebene übertragen. Insofern galt es bei der Analyse das Augenmerk gerade auch auf die Identifizierung jener Transfermechanismen zu legen, die eine Verbindung und
373 Die Heterogenität an Verwaltungskulturen innerhalb der Kommission kann allerdings auch horizontale wie vertikale Koordinations- und Kooperationsprobleme bedingen, weil die durch bestimmte Verwaltungskulturen geprägten Arbeits- und Kommunikationsformen nicht kompatibel sind.
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Vermittlung von Lernprozessen und -ergebnissen zwischen den unterschiedlichen Lernebenen begründen. Wie in den konzeptionellen Überlegungen in Kapitel 2 dargelegt, dienen bestimmte „Bilder“ (wie Organisationsdiagramme, Speicher, Programme) gleichsam zur Speicherung von Wissen, das dadurch den Mitgliedern eine Organisation zugänglich wird. Eine Veränderung in jenen Bildern, sei es dass sie auf der Mikroebene (z. B. veränderte Stellenbeschreibungen), auf der Mesoebene (z.B. neue Bereichsziele) oder der Makrobene (z. B. Veränderungen in organisationsweiten Strukturen und Zielen) ansetzen, ermöglicht es deshalb neues Wissen zumindest organisationsweit zu transportieren. Entsprechendes gilt für die Verankerung des Integrationsprinzips in den Verträgen der EU und damit auch im Handlungsprogramm der Europäischen Kommission, ebenso wie für die strukturellen Veränderungen innerhalb der Kommission, die im Zuge der Umsetzung des Integrationsprinzips etwa durch die Benennung von Umweltkorrespondenten, die Einrichtung von Spiegelreferaten bzw. Umweltreferaten bewirkt wurden. Dadurch rückten ökologische Aspekte in den Fokus der Generaldirektionen und es wurden Bedingungen geschaffen, unter denen interdirektionale Kooperationsprozesse in Fragen der Umweltpolitik stärker aufgebaut werden konnten.374 Allerdings ist die Annahme, dass sich ein kollektiver Lernprozess aufgrund struktureller Änderungen, wie z.B. der Einführung von Umweltreferaten, quasi automatisch einstellt, im Lichte der empirischen Ergebnisse zu hinterfragen. So wurde vielfach darauf hingewiesen, dass nicht immer deutlich wurde, ob „these units are there to block integration of environment or to promote the integration of environment“.375 Mit anderen Worten: die faktische Existenz dieser Einheiten implizierte nicht zwangsläufig ein Handeln im Sinne ihrer formalen Zweckbestimmung – die Förderung der Integration von Umweltbelangen – geschweige denn eine Diffusion entsprechender Vorstellungen zwischen der Generaldirektionen. Vielmehr erwiesen sich die tradierten Sichtweisen der Generaldirektionen als beständig. Insofern leben die tradierten Perspektiven und routinisierten Handlungen unter der Oberfläche der neu implementierten Instrumente weiter. Damit wäre allerdings eine nachhaltige Veränderung der kollektiven Denk- und Handlungsweisen durch ein schlichtes strukturelles und instrumentelles Veränderungsverständnis in Frage gestellt. Entsprechende Veränderungen setzten vielmehr voraus, dass die Akteure zum einen selbst auf diese Wirklichkeit reflektierend ‚zugreifen‘ und sie einer bewussten Entwicklung zugänglich machen können. Organisationalen Veränderungen bzw. bestimmten organisationalen Strukturen kann in diesem Zusammenhang also nur eine unterstützende Funktion zukommen, indem sie den Akteuren den notwendigen Gestaltungsspielraum eröffnen, traditierte Handlungsund Denkweisen zu hinterfragen. Dies ist bereits im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Verwaltungsstilen dargelegt worden. Zum anderen müssen entsprechende Veränderungen von der Organisationsspitze selbst legitimiert und unterstützt werden, wodurch die Mitarbeiter motiviert werden sich entsprechend der neuen Anforderungen zu verhalten. Die Möglichkeit kollektiver Lernprozesse ist abhängig von spezifischen Kontextbedingungen, insofern entsprechende Bedingungen von den Akteuren wahrgenommen und handlungsrelevant verarbeitet werden. So wurde etwa die Verständigung über die Bedeutung und die Integration umweltpolitischer Belange in anderen Politikfeldern durch ihre Verbindung mit politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen befördert. Vor allem die 374 375
Interview in der Generaldirektion Umwelt, 2002. Ebd.
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rechtliche Verankerung und Verstärkung des Integrationsprinzips (EEA, Verträge von Maastricht und Amsterdam), das wachsende ökologische Bewusstsein der Bevölkerung in den EU-Mitgliedstaaten, die politischen Initiativen seitens des Europäischen Rates (etwa der sog. Cardiff-Prozess) und der Europäischen Kommission (Umweltaktionsprogramme) sowie auch internationale Entwicklungen (z.B. Kyoto-Protokoll) bewirkten einen enormen Bedeutungsschub für das Integrationsprinzip. Mit dem Verweis auf Kontextbedingungen ist schließlich ein Aspekt angesprochen, der im Rahmen dieser Arbeit eher am Rande beleuchtet wurde. So gilt es kollektive Lernprozesse innerhalb und von (inter-)nationalen Verwaltungen auch im Kontext politischer Prozesse zu analysieren, bei denen es nicht nur um die Untersuchung intraorganisatorischer Prozesse geht (wie es im Rahmen des Projektes vorrangig der Fall war). Vielmehr kommt es auch auf die mannigfachen Wechselwirkungen zwischen Organisationen und ihren Umwelten, zwischen intra- und interorganisatorischen Prozessen und der darin angelegten Eigendynamik zwischen intra- wie interorganisatorische Strukturen und (Lern-)Prozessen an. Die spezifischen Bedingungen des Lernens in Kooperationsbeziehungen, in denen sich interorganisatorische Entscheidungs- und Konfliktlösungsprozesse mit intraorganisatorischen Prozessen verbinden, eröffnen eine Vielzahl von Forschungsperspektiven, die bisher noch wenig systematische Aufmerksamkeit erfahren haben.
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7 Literatur
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Europäische Kommission (1986a): Entwurf eines Ratsbeschlusses für die Genehmigung des Abschlusses der Übereinkommen über Hilfeleistungen bei nuklearen Unfällen oder einer radiologischen Notstandssituation. KOM (1986) 760/2. Brüssel. Europäische Kommission (1986b): Neue Wege in der Umweltpolitik. Mitteilung der Kommission an den Rat. KOM (86) 76 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1986c): Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien aus der bzw. in die Gemeinschaft. KOM (1986) 362 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1986d): Vorschlag für eine Entschließung des Rates zu einer besseren zeitlichen und räumlichen Verteilung des Fremdenverkehrs. KOM (1986) 32/2. Brüssel. Europäische Kommission (1987a): Abschlussbericht der Kommission. Transport gefährlicher Güter und Abfälle. KOM (1987)182 Europäische Kommission (1987b): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Ausweis der Energieeffizienz von Gebäuden. KOM (1987) 401 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1988a): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 78/1015/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den zulässigen Geräuschpegel und die Auspuffanlage von Krafträdern. KOM (1988) 6 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1988b): Vorschlag für einen Beschluss des Rates über ein Aktionsprogramm für das Europäische Jahr des Fremdenverkehrs (1990). KOM (1988) 413 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1988c): Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Begrenzung der Schallemissionen von zivilen Unterschallflugzeugen. KOM (1988) 662 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1988d): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Pauschalreisen, darunter auch Pauschalurlaubsreisen und Pauschalrundreisen. KOM (1988) 41. Europäische Kommission (1989): Mitteilung der Kommission an den Rat über „Energie und Umwelt“. KOM (1989) 369 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1990a): Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zum Abschluss der Konvention über die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs mit gefährlichen Abfällen. KOM (1990) 362 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1990b): Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien. KOM (1990) 591 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1990c): Grünbuch über die Städtische Umwelt – Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Parlament. KOM (1990) 218 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1990d): Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Förderung von Energieeinsparungen in der Gemeinschaft. KOM (1990) 365/2. Brüssel. Europäische Kommission (1990e): Entschiedene Aktionen für effizientere Energienutzung – SAVE. KOM (1990) 365/1. Brüssel. Europäische Kommission (1991a): Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates betreffend ein gemeinschaftliches System zur Vergabe eines Umweltzeichens. KOM (1991) 37 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1991b): Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates, die die freiwillige Vereinbarung gewerblicher Unternehmen an einem gemeinschaftlichen Öko-Audit-System ermöglicht. KOM (91) 459 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1991c): Vorschlag über einen Beschluss des Rates betreffend den Aktionsplan der Gemeinschaft zur Förderung des Fremdenverkehrs. KOM (1991) 97/2 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1991d): Mitteilung der Kommission an den Rat – Eine Gemeinschaftsstrategie für weniger Kohlendioxidemissionen und mehr Energieeffizienz. SEK (1991) 1744 endgültig. Brüssel.
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Europäische Kommission (1992a): Ein Programm der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung. KOM (1992) 23 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1992b): Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinie 70/20/EWG. KOM (1992) 572 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1992c): Grünbuch zu den Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt – Eine Gemeinschaftsstrategie für eine „dauerhafte umweltgerechte Mobilität“. KOM (1992) 46 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1992d): Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Förderung der erneuerbaren Energieträger in der Gemeinschaft – ALTENER-Programm. KOM (1992) 180 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1992e): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Einführung einer Steuer auf Kohlendioxidemissionen und Energie: KOM (1992) 226 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1992f): Mitteilung der Kommission – Die künftige Entwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik – Globalkonzept einer Gemeinschaftsstrategie für eine auf Dauer tragbare Mobilität. KOM (1992) 494 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1992g): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Begrenzung der Kohlendioxide durch eine effiziente Energienutzung (Programm SAVE). KOM (1992) 182 endgültig. Brüssel Europäische Kommission (1992h): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle. KOM (92) 178 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1992i): Mitteilung der Kommission – Gemeinschaftspolitiken und maßnahmen mit Auswirkungen auf den Fremdenverkehr. SEK (1992) 701. Brüssel. Europäische Kommission (1993a): Bericht der Kommission über die Durchführung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. KOM (1993) 28 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1993b): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. KOM (93) 575 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1993c): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle. KOM (1993) 425 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1993d): Weissbuch – Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung – Herausforderungen der Gegenwart und Wege ins 21. Jahrhundert. KOM (1993) 700 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1993e): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung. KOM (1993) 423 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1993f): Mitteilung der Kommission – Entwicklung der Leitlinien für die Errichtung des transeuropäischen Verkehrsnetzes. KOM (1993) 701 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994a): Eine Politik der industriellen Wettbewerbsfähigkeit für die Europäische Union. KOM (1994) 319 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994b): Zwischenbericht über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung – Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung. KOM (1994) 453 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994c): Einige Konsequenzen für die Wirtschaftspolitik. KOM (1994) 465 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994d): Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates über ein Gemeinschaftsprogramm zur finanziellen Unterstutzung der Forderung europäischer Energietechnologien 1995-1998 (THERMIE - II). KOM (1994) 54 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994e): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
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Mitgliedsstaaten gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen. KOM (1994) 558 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994f): Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein spezifisches Programm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration im Bereich der nichtnuklearen Energien – Technologien für eine umweltfreundlichere und effizientere Gewinnung und Nutzung von Energie (1994-1994). KOM (1994) 68/11. Brüssel. Europäische Kommission (1994g): Zwischenbericht über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung – Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung. KOM (1994) 453 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994h): Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über Aktionen der Gemeinschaft zur Förderung des Tourismus (Beschluss des Rates 92/421/EWG). KOM (1994) 74 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1994i): Für eine Energiepolitik der Europäischen Union – Grünbuch. KOM (1994) 659 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1995a): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über das integrierte Management von Küstengebieten. KOM (95) 511 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1995b): Bericht der Kommission über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung. KOM(95) 624 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1995c): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Eine Strategie der Gemeinschaft zur Minderung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und zur Senkung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs. KOM (1995) 689 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1995d): Vorschlag für eine Entscheidung des Rates betreffend eines Mehrjahresprogramms für die Förderung der Energieeffizienz in der Europäischen Union – SAVE II. KOM (1995) 225/2. Brüssel. Europäische Kommission (1995e): Mitteilung der Kommission über den Abschluss des Vertrages über die Energiecharta und des Energiechartaprotokolls über Energieeffizienz und damit zusammenhängende Umweltaspekte durch die Europäischen Gemeinschaften. KOM (1995) 440/1. Brüssel. Europäische Kommission (1995f): Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Politik der Abfallbewirtschaftung. KOM (1995) 522 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1995g): Grünbuch – Politische Konzepte zur Internalisierung der externen Kosten des Verkehrs in der Europäischen Union – Faire und effiziente Preise im Verkehr. KOM (1995) 691 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1995h): Die Rolle der Union im Bereich des Fremdenverkehrs – Grünbuch der Kommission. KOM (1995) 97 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1995i): Weißbuch – Eine Energiepolitik für die Europäische Union. KOM (1995) 682 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996a): Mitteilung der Kommission zur Überprüfung der Gemeinschaftsstrategie für die Abfallwirtschaft. KOM (1996) 399/1. Brüssel. Europäische Kommission (1996b): Entschließung des Rates zur Politik der Abfallwirtschaft. KOM (1996) 399/2. Brüssel. Europäische Kommission (1996c): Bericht der Kommission – Zweiter Bewertungsbericht gemäß der Entscheidung des Rates 93/389/EWG-System zur Beobachtung de Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Gemeinschaft – Fortschritte in der Verwirklichung des CO2Stabilisierungs-Ziels der Gemeinschaft. KOM (1996) 91 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996d): Mitteilung der Kommission über ein Aktionsprogramm zur Förderung des kombinierten Güterverkehrs. KOM (1996) 335/1. Brüssel.
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Europäische Kommission (1996e): Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates über die Gewährung von Gemeinschaftshilfen für Aktionen zur Förderung des kombinierten Güterverkehrs. KOM (1996) 335/2. Brüssel. Europäische Kommission (1996f): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 93/75/EWG über Mindestanforderungen an Schiffe, die Seehäfen der Gemeinschaft anlaufen oder aus ihnen auslaufen und gefährliche oder umweltschädliche Güter befördern. KOM (1996) 455 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996g): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen. KOM (1996) 561 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996h): Grünbuch der Europäischen Kommission – Künftige Lärmschutzpolitik. KOM (1996) 540 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996i): Weißbuch – Eine Strategie zur Revitalisierung der Eisenbahn in der Gemeinschaft. KOM (1996) 421 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996j): Mitteilung der Kommission – Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energiequellen. Grünbuch für eine Gemeinschaftsstrategie. KOM (1996) 576 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996k): Vorschlag für eine Verordnung (Europäische Gemeinschaft) des Rates zur Revision des gemeinschaftlichen Systems zur Vergabe eines Umweltzeichens. KOM (96) 603 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1996l): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament betreffend die künftige Strategie zur Bekämpfung der Luftverunreinigung durch den Straßenverkehr unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Auto-Oel-Programms. KOM (1996) 248 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997a): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen. KOM (1997) 30 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997b): Mitteilung der Kommission – Umweltsteuern und -gebühren im Binnenmarkt. KOM (1997) 9 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997c): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Die Energiepolitische Dimension der Klimaänderung. KOM (1997) 196 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997d): Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Altfahrzeuge. KOM (1997) 358 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997e): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Gemeinschaftsstrategie zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und zum Abbau von Hindernissen, die ihrer Entwicklung im Wege stehen. KOM (1997) 514 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997f): Mitteilung der Kommission – Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger. Weißbuch für eine Gemeinschaftsstrategie und Aktionsplan. KOM (1997) 599 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997g): Geänderter Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Mehrjahresprogramm zur Förderung der erneuerbaren Energieträger in der Gemeinschaft – (ALTENER) (1998-2002). KOM (1997) 550/4. Brüssel. Europäische Kommission (1997h): Geänderter Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Mehrjahresprogramm zur Förderung der Energieeffizienz in der Europäischen Union – SAVE II. KOM (1997) 550/5. Brüssel. Europäische Kommission (1997i): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Gemeinschaftsstrategie zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und zum Abbau von Hindernissen, die ihrer Entwicklung im Wege stehen. KOM (1997) 514 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997j): Bericht der Kommission über die Ergebnisse des ALTENERProgramms. KOM (1997) 122 endgültig. Brüssel.
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Europäische Kommission (1997k): Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu Maßnahmen der Gemeinschaft, die sich auf den Tourismus auswirken (1995/1996). KOM (1997) 332 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1997l): Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat. Partnerschaft für Integration – eine Strategie zur Einbeziehung der Umweltbelange in die EU-Politik. KOM (1997) 1844 endgültig. Brüssel Europäische Kommission (1998a): Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat: Partnerschaft für Integration – eine Strategie zur Einbeziehung der Umweltbelange in die EU-Politik. KOM(98) 333 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998b): Umsetzung der Strategie der Gemeinschaft zur Minderung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen: Eine Umweltvereinbarung mit der europäischen Automobilindustrie. KOM (1998) 495 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998c): Mitteilung der Kommission über die derzeitige Lage und die Aussichten auf dem Gebiet der Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Europäischen Union. KOM (1998) 799-1. Brüssel. Europäische Kommission (1998d): Die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Unternehmen angesichts der Globalisierung – Wie kann man sie fördern. KOM (1998) 718 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998e): Mitteilung der Kommission – Förderung der Einbeziehung von Umweltaspekten in die Energiepolitik der Gemeinschaft. KOM (1998) 571 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998f): Vorschlag für eine Verordnung (EG) des europäischen Parlaments und des Rates Nr. 2236/95 des Rates über die Grundregel für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für transeuropäische Netze. KOM (1998) 172 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998g): Das Transeuropäische Verkehrsnetz: Bericht über den Fortschritt und die Realisierung der 14 Essen Vorhaben, 1992. KOM (1998) 356 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998h): Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Transeuropäische Verkehrsnetze – Bericht über die Umsetzung der Leitlinien und die Prioritäten für die künftige Entwicklung 1998. KOM (1998) 614 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998i): Weißbuch – Faire Preise für die Infrastrukturbenutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrahmen für Verkehrs-Infrastrukturgebühren in der EU. KOM (1998) 466 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998j): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Über Verkehr und CO2– Entwicklung eines Gemeinschaftskonzepts. KOM (1998) 204 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998k): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Zwischenbericht über das Mehrjahresprogramm zur Förderung der Energieeffizienz in der Gemeinschaft SAVE II. KOM (1998) 458 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998l): Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 88/609/EWG zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft. KOM (1998) 415 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998m): Geänderter Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung. KOM (1998) 622 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998n): Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament: Strategie der Europäischen Gemeinschaften zur Förderung der Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus in den Entwicklungsländern. KOM (1998) 563 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1998o): Mitteilung der Kommission – Energieeffizienz in der Europäischen Gemeinschaft – Ansätze für eine Strategie des rationellen Energieeinsatzes. KOM (1998) 246 endgültig. Brüssel.
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Europäische Kommission (1999a): Arbeitsdokument der Kommission – Von Cardiff bis Helsinki und darüber hinaus. Bericht an den Europäischen Rat über die Einbeziehung der Umweltbelange und der nachhaltigen Entwicklung in die Gemeinschaftspolitik. SEK (1999) 1941 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999b): The Cologne Report on Environmental Integration - Mainstreaming of environmental policy, SEC (99) 777, Brussels. Europäische Kommission (1999c): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Luftverkehr und Umwelt: Wege zu einer nachhaltigen Entwicklung. KOM (1999) 640 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999d): Die Umwelt Europas: Orientierungen für die Zukunft Gesamtbewertung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung - „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“. KOM (1999) 543 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999e): Binnenmarkt und Umwelt. KOM (1999) 263 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999f): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über politische Instrumente zur Verringerung von Standby-Energieverlusten bei Heimelektronik-Geräten. KOM (1999) 120 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999g): Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Ausschuss der Regionen und den Wirtschafts- und Sozialausschuss – Der Luftverkehr in der Gemeinschaft: vom Binnenmarkt zur Weltweiten Herausforderung. KOM (1999) 182 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999h): Arbeitspapier der Kommission. Umweltbericht für den Gipfel für Helsinki. Indikatoren für die Einbeziehung der Umweltbelange, SEK(1999) 1942 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999i): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Das Beschäftigungspotential der Tourismuswirtschaft und Folgemaßnahmen im Anschluss an die Wertungen und Empfehlungen der High Level Group für Tourismus und Beschäftigung. KOM (1999) 205 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (1999j): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Umsetzung der Gemeinschaftsstrategie zur Verminderung der CO2-Emissionen von Kraftfahrzeugen: Ergebnis der Verhandlungen mit den japanischen koreanischen Automobilindustrien. KOM (1999) 446 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000a): Institutionen, Politiken und Erweiterung der Europäischen Union, Luxemburg. Europäische Kommission (2000b): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Politische Konzepte und Maßnahmen der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen: zu einem Europäischen Programm zur Klimaänderung (ECCP). KOM (2000) 88 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000c): Weißbuch zur Umwelthaftung. KOM (2000) 66 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000d): Besser, aber noch nicht die Besten – Unternehmenspolitische Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. SEK (2000) 1942. Brüssel. Europäische Kommission (2000e): Geschäftsordnung der Kommission (K(2000) 3614). Europäische Kommission (2000f): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Aktionsplan zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Gemeinschaft. KOM (2000) 247 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000g): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt. KOM (2000) 279 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000h): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zu Änderung der Richtlinie 97/68/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen zur Bekämpfung der Emission von gasförmigen Schadstoffen
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und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren für mobile Maschinen und Geräte. KOM (2000) 840. Europäische Kommission (2000i): Mitteilung der Kommission – Bericht über das Programm Autoöl II. KOM (2000) 626 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000j): Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Kommission. KOM (2000) 87 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000k): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Umsetzung der Strategie der Gemeinschaft zur Minderung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen. Erster Jahresbericht über die Wirksamkeit der Strategie. KOM (2000) 615 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000l): Unsere Bedürfnisse mit unserer Verantwortung in Einklang bringen – Einbeziehung des Umweltschutzes in die Wirtschaftspolitik. KOM (2000) 576 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000m): Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Umsetzung des integrierten Küstenzonenmanagements in Europa. KOM (2000) 545 endgültig. Europäische Kommission (2000n): Schlussfolgerung des Rates über Tourismus und Beschäftigung – Stand der Umsetzung der Folgemaßnahmen. KOM (2000) 696 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000o): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm. KOM (2000) 468 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2000p): Bericht gemäß der Entscheidung 1999/296/EG des Rates über ein System zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderer Treibhausgase in der Gemeinschaft. KOM (2000) 626 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001a): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zum sechsten Aktionsprogramm der Europäische Gemeinschaft für die Umwelt. KOM (2001) 31 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001b): Bericht über die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über nukleare Sicherheit -Europäische Atomgemeinschaft. KOM (2001) 568 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001c): Grünbuch zur integrierten Produktpolitik. KOM (2001) 68 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001d): Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gewährung von Finanzhilfen der Gemeinschaft zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit des Güterverkehrssystems. KOM (2001) 54 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001e): Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen – Bericht über das BEST-Verfahren (2001). SEK (2001) 1704. Brüssel. Europäische Kommission (2001f): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft. KOM (2001) 695 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001g): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen und zur Änderung der Richtlinie 98/70/EG. KOM (2001) 241 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001h): Ein unternehmerisches Europa schaffen – Die Aktivitäten der Union zur Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). KOM (2001) 98 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001i): Mitteilung der Kommission: Nachhaltige Entwicklung in Europa für eine bessere Welt: Strategie der Europäischen Union für die nachhaltige Entwicklung. KOM (2001) 264 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001j): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen. KOM (2001) 547/2. Brüssel.
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Europäische Kommission (2001k): Zusammenarbeit für die Zukunft des Tourismus in Europa. KOM (2001) 665 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001 l): Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen – Einbeziehung der Umweltbelange und der nachhaltigen Entwicklung in die Energie- und Verkehrspolitik: Bewertungsbericht 2001 und Anwendung der Strategien. SEK (2001) 502. Brüssel. Europäische Kommission (2001m): Gemeinschaftsmaßnahmen mit Auswirkungen auf den Tourismus (1997/99). KOM (2001) 171 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001n): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Energieprofil von Gebäuden. KOM (2001) 226 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001o): Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung der Gemeinschaftsstrategie und des Aktionsplans zu erneuerbaren Energiequellen (1998 – 2000). KOM (2001) 69 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2001p): Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfeldes. KOM (2001) 726 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002a): Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Eine Strategie der Europäischen Union zur Reduzierung atmosphärischer Emissionen von Seeschiffen - BAND I. KOM (2002) 595-1. Brüssel. Europäische Kommission (2002b): Mitteilung der Kommission über Folgenabschätzung. KOM (2002) 276 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002c): Produktivität: Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften und Unternehmen. KOM (2002) 262 endgültig, Brüssel. Europäische Kommission (2002d): Quantitative Ziele in der Unternehmenspolitik – Schritte zur Verwirklichung der Ziele von Lissabon. SEK (2002) 1214. Brüssel. Europäische Kommission (2002e): Umweltvereinbarungen auf Gemeinschaftsebene im Rahmen des Aktionsplans „Vereinfachung und Verbesserung des Regelumfeldes“. KOM (2002) 412 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002f): Aktionsplan „Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfeldes“. KOM (2002) 278 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002g): Verbesserung des Unternehmensumfeldes. KOM (2002) 610 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002h): Umwelttechnologie für eine nachhaltige Entwicklung. KOM (2002) 122 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002i): Die Lissabonner Strategie – Den Wandel herbeiführen. KOM (2002) 14 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002j): Analyse der offenen Liste umweltspezifischer Leitindikatoren. KOM (2002) 524 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002k): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Umwelthaftung betreffend die Vermeidung von Umweltschäden und die Sanierung der Umwelt. KOM (2002) 17 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002l): Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gewährung von Finanzhilfen der Gemeinschaft zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit des Güterverkehrssystems. KOM (2002) 54 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002m): Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Abschlussbericht über das Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“. KOM (2002) 321 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002n): Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität der Badegewässer. KOM (2002) 581 endgültig. Brüssel. Europäische Kommission (2002o): Industriepolitik in einem erweiterten Europa. KOM (2002) 714 endgültig. Brüssel.
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