Jörg Dittrich | Peter Mertens | Michael Hau | Andreas Hufgard Dispositionsparameter in der Produktionsplanung mit SAP®
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Jörg Dittrich | Peter Mertens | Michael Hau | Andreas Hufgard Dispositionsparameter in der Produktionsplanung mit SAP®
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Jörg Dittrich | Peter Mertens | Michael Hau | Andreas Hufgard
Dispositionsparameter in der Produktionsplanung mit SAP® Einstellhinweise, Wirkungen, Nebenwirkungen 5., aktualisierte Auflage Mit 66 Abbildungen und 24 Tabellen PRAXIS
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. SAP® R/2®, SAP® R/3®, SAP® ERP, mySAP.com®, SAP® R/3® Enterprise, mySAP™, Business Suite, mySAP™ Customer Relationship Management (mySAP CRM), mySAP™ ERP, mySAP™ ERP Financials, mySAP™ ERP Human Capital Management, mySAP™ Marketplace, mySAP™ Product Lifecycle Management (mySAP PLM), mySAP™ Supplier Relationship Management (mySAP SRM), mySAP™ Supply Chain Management (mySAP SCM), SAP NetWeaver™, SAP® Business Information Warehouse (SAP BW), SAP® Web Application Server, ABAP™, IDES® sind Marken der SAP Aktiengesellschaft Systeme, Anwendungen, Produkte in der Datenverarbeitung, Neurottstraße 16, D-69190 Walldorf. Der Herausgeber bedankt sich für die freundliche Genehmigung der SAP Aktiengesellschaft, das Warenzeichen im Rahmen des vorliegenden Titels verwenden zu dürfen. Die SAP AG ist jedoch nicht Herausgeberin des vorliegenden Titels oder sonst dafür presserechtlich verantwortlich. Für alle Screen-Shots des vorliegenden Titels, auch wenn dieser nur verkürzt oder auszugsweise gezeigt werden, gilt der Hinweis: Copyright SAP AG. Bei der Zusammenstellung von Texten und Abbildungen wurde mit größter Sorgfalt vorgegangen. Trotzdem können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden. Autoren und Verlag können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Ergänzungen, Fehlerhinweise und sonstige Anmerkungen sind Autoren und Verlag dankbar. Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Auslieferung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweißfolie besteht aus Polyäthylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. 1. Auflage 1999 2. Auflage 2000 3. Auflage 2003 4. Auflage 2006 5., aktualisierte Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg +Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Sybille Thelen | Walburga Himmel Vieweg+Teubner ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0715-1
Vorwort zur fünften Auflage Mit diesem Buch möchten wir Betrieben helfen, die komplizierte Wirkungsweise der Materialwirtschaft und der Produktionsplanung des SAP-Systems besser zu verstehen und die betriebswirtschaftliche Einstellung so zu wählen, dass ein hoher Beitrag zu den Unternehmenszielen geleistet wird (insbesondere zu einer Maximierung der Rentabilität, niedriger Kapitalbindung, starker Auslastung, hohem Durchsatz, guter Termintreue und großer Flexibilität der Fertigung). Es ist erfreulich, dass die von den Autoren seit Jahren propagierte Methodik der Anforderungsnavigation (siehe insb. Kapitel 3.2 und 4) sich gegenwärtig in der Praxis in breitem Umfang durchsetzt. Dieser Trend war unseres Erachtens absehbar, zeitlich blieb er jedoch lange überfällig: Denn immer klarer wurde, dass eine nicht genügend an die betrieblichen Besonderheiten angepasste Standardsoftware vielfach schlechtere betriebswirtschaftliche Ergebnisse (mit Blick auf die o. a. Ziele) zeitigte, als sie in den jeweiligen Betrieben vor der Umstellung gemessen wurden. Hier kann die Anforderungsnavigation – nicht zuletzt aufgrund ihrer angesichts des komplexen Kontexts vergleichsweise intuitiven Handhabbarkeit – eine wertvolle Hilfestellung zur sinnhaften Konfiguration der betrieblichen Informationssysteme bieten. Als ein Beleg, dass diese Botschaft der wirtschaftsinformatischen Forschung in der Praxis angekommen ist, mag gelten, dass die SAP AG bei der Gestaltung ihrer neuen Mittelstandssoftware (SAP Business ByDesign) auf die kundenorientierte Konfiguration großen Wert legt und diese in ihr Produkt integriert hat. Weit mehr als früher erkennen auch andere Software-Hersteller, dass neben einem Engineering-Modell die Anpassung, Einführung und Änderung ebenso Bestandteile der Architektur sein müssen. Microsoft (speziell in ihrer Dynamics-Palette) oder Salesforce.com, um nur zwei Beispiele zu nennen, gehen deshalb gleichfalls diesen Weg. Beim Übergang von der vierten zur fünften Auflage haben wir deshalb neben terminologischen und redaktionellen Änderungen die Erläuterungen zur Anforderungsnavigation nochmals erweitert. V
Vorwort Weniger „state-of-the-art“ als der Umsetzungsgrad der Anforderungsnavigation ist in der Praxis immer noch die Möglichkeit, die günstige Einstellung von Parametern über Simulationen zu verproben. Daher empfehlen wir, künftig auch in diesem Bereich die Ergebnisse aus der Forschung (vgl. Kapitel 5) zu berücksichtigen und entsprechende Funktionen in die StandardsoftwarePakete aufzunehmen. Über die verschiedenen Auflagen des Buchs hinweg haben uns Frau Amy Funderburk, Herr Martin Preiss und Herr Wilhelm Zwerger, alle SAP AG, sowie Herr Tillmann Gebhardt wertvolle Hinweise zu vielen Detailfragen gegeben. Die Verantwortung für eventuelle Fehler verbleibt dessen ungeachtet bei den Autoren. Besonders danken möchten wir abschließend für die zahlreichen Zuschriften und Rezensionen unserer Leser. Der rückgespiegelte Nutzwert des Werkes ist uns Bestätigung, die konstruktive Kritik unser Ansporn.
Nürnberg, Januar 2009
VI
Die Autoren
Inhaltsverzeichnis 1
2
3
4
Einleitung ................................................................................................................... 1 1.1
Problem: Die Komplexität des SAP-Systems.................................................... 1
1.2
Untersuchungsbereich ....................................................................................... 5
1.2.1
Datenfelder und Parameter in der Produktionsplanung mit SAP ERP .... 5
1.2.2
Dispositionsrelevante Parameter in der Produktionsplanung mit SAP ERP ....................................................................................................... 7
1.2.3
Abgrenzung der SAP-Komponente PP zum SAP Advanced Planner & Optimizer (SAP APO) ............................................................................. 8
Bedeutung für die Praxis – der Gegenstand ist wichtig ....................................... 13 2.1
Quantitative und qualitative Parameterwirkungen ........................................ 13
2.2
Befunde in der Praxis ...................................................................................... 16
2.3
Fazit .................................................................................................................. 20
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz .......................................................... 21 3.1
(Intelligente) Checkliste .................................................................................. 22
3.2
Anforderungsnavigator .................................................................................... 22
3.3
Referenzmodell ................................................................................................ 27
3.4
Referenzsystem ................................................................................................ 30
3.5
Business Configuration Sets ............................................................................ 31
3.6
Ereignisgesteuertes Wissensbasiertes System................................................. 32
3.7
PPS-Simulation ................................................................................................. 32
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP ........................................................................... 37 4.1
SAP-ERP-Komponenten mit Bezug zur Disposition ...................................... 37
4.2
Organisation und Materialarten ...................................................................... 41
4.2.1
Werksanzahl aufgrund von Standorten .................................................. 41
4.2.2
Werke und Lagerortorganisation ............................................................ 43
4.2.3
Bedarfsplanung mit Dispositionsbereichen............................................ 44
4.2.4
Materialarten ............................................................................................. 45
VII
Inhaltsverzeichnis 4.2.5 4.3
Produktion........................................................................................................ 49
4.3.1
Produktionsablauf .................................................................................... 49
4.3.2
Planung in der Produktion ...................................................................... 50
4.3.3
MRP II-Planungsebenen .......................................................................... 52
4.4
Absatz- und Grobplanung ............................................................................... 53
4.4.1
Planung ..................................................................................................... 53
4.4.2
Kapazitätsebenen ..................................................................................... 54
4.4.3
Distributionsplanung ............................................................................... 55
4.4.4
Verteilung/Deployment ........................................................................... 56
4.5
Produktionsplanung ........................................................................................ 58
4.5.1
Planungsstrategien ................................................................................... 58
4.5.2
Vorplanungsarten ..................................................................................... 59
4.5.3
Vorplanungsarten bei Konfiguration ...................................................... 61
4.5.4
Planungsstrategien für Kundeneinzelfertigungsarten ............................ 62
4.5.5
Herkunft der Bedarfsdaten für Programmplanung ................................ 64
4.6
Sonderformen der MRP II-Planung ................................................................ 65
4.6.1
Leitteileplanung ........................................................................................ 65
4.6.2
Serienplanung .......................................................................................... 65
4.7
Vertrieb und Disposition ................................................................................. 66
4.7.1
Kontingentierung ..................................................................................... 67
4.7.2
Verfügbarkeitsprüfung im Vertrieb ......................................................... 68
4.7.3
Bedarfsübergabe aus dem Vertrieb ........................................................ 69
4.7.4
Bedarfsübergabe bei Kundeneinzelaufträgen ........................................ 71
4.7.5
Variantenkonfiguration im Auftrag ......................................................... 72
4.8 5
Zusammenspiel der behandelten Profile................................................ 48
Realisierung betriebswirtschaftlicher Profile .................................................. 73
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP ............................................................................................................... 79 5.1
VIII
Planungsstrategieparameter ............................................................................ 79
5.1.1
Bedeutung ................................................................................................ 79
5.1.2
Einstellhinweise Gruppe I ....................................................................... 81
Inhaltsverzeichnis 5.1.3
Einstellhinweise Gruppe II ...................................................................... 87
5.1.4
Wechselwirkungen .................................................................................. 88
5.2
Verrechnungsparameter (Verrechnungsmodus und -horizonte) .................. 96
5.2.1
Bedeutung ................................................................................................ 96
5.2.2
Einstellhinweise........................................................................................ 98
5.2.3
Wechselwirkungen .................................................................................103
5.3
Dispositionsart ................................................................................................106
5.3.1
Bedeutung ...............................................................................................106
5.3.2
Einstellhinweise.......................................................................................107
5.3.3
Wechselwirkungen .................................................................................110
5.4
Prognoseparameter .........................................................................................115
5.4.1
Bedeutung ...............................................................................................115
5.4.2
Einstellhinweise.......................................................................................117
5.4.3
Wechselwirkungen .................................................................................127
5.5
Losgrößenverfahren ........................................................................................135
5.5.1
Bedeutung ...............................................................................................135
5.5.2
Einstellhinweise.......................................................................................136
5.5.3
Wechselwirkungen .................................................................................144
5.6
Losgrößenmodifikatoren ................................................................................151
5.6.1
Maximale Losgröße .................................................................................151
5.6.2
Rundungswert .........................................................................................157
5.6.3
Rundungsprofil ........................................................................................162
5.6.4
Minimale Losgröße..................................................................................163
5.6.5
Wechselwirkungen .................................................................................167
5.7
Sicherheitsbestandsparameter ........................................................................170
5.7.1
Bedeutung ...............................................................................................170
5.7.2
Einstellhinweise.......................................................................................172
5.7.3
Wechselwirkungen .................................................................................176
5.8
Terminierungsparameter ................................................................................181
5.8.1
Bedeutung ...............................................................................................181
5.8.2
Einstellhinweise.......................................................................................181 IX
Inhaltsverzeichnis 5.8.3 5.9
Wechselwirkungen .................................................................................199
Parameter der Verfügbarkeitsprüfung ...........................................................202
5.9.1
Bedeutung ...............................................................................................202
5.9.2
Einstellhinweise.......................................................................................206
5.9.3
Wechselwirkungen .................................................................................207
Literaturverzeichnis ........................................................................................................211 Schlagwortverzeichnis ....................................................................................................215
X
1
Einleitung
1.1
Problem: Die Komplexität des SAP-Systems Fragt man nach der Anpassung großer „Software-Anzüge“ an die „Unternehmenskörper“, so gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: n Man verzichtet darauf, Standardsoftware (SSW) eng an die Spezifika des Unternehmens (seine Strategien, Ressourcen, Strukturen, Funktionen, Prozesse und Daten) anzupassen. M. a. W.: Der Anzug schlottert hier und kneift da. Dieser Verzicht kann den Nutzen der Informationsverarbeitung (IV) für die Betriebe stark beeinträchtigen. o Man sieht eine Vielzahl von Parametern im weitesten Sinne vor.
Customizing
Den zweiten Weg wollen wir am Beispiel der Produktionsplanungskomponente von SAP exemplarisch und stellvertretend für die Customizing-Probleme vieler betriebswirtschaftlicher SSWPakete, speziell mit Blick auf die Parameterregulierung, problematisieren: Die Komponente hat (abhängig von der Begriffsdefinition) ca. 150 – 200 Parameter, davon etwa 40, die an das einzelne zu fertigende bzw. zu lagernde Teil gebunden sind. Kalkuliert man sehr konservativ, dass ein Unternehmen nur 25.000 aktive Teile hat, so sind rund eine Million Parameter einzustellen und zu pflegen. Als Beleg für die Realitätsnähe dieser Annahmen möge Abb. 1 dienen, die die aktuelle Zahl der Materialstammsätze in einigen ausgewählten Betrieben zeigt (erhoben 2003). Die SAP AG versucht, den Pflegeaufwand zum Teil dadurch wieder zu reduzieren, dass sie in ihrer Software sog. „FindungsRegeln“ implementiert hat. Das Regelwerk sucht dabei in unterschiedlichen Business-Objekten wie z. B. dem Materialstamm oder dem Werk nach konfigurierten Parametern.
1
1
Einleitung Betrieb
Branche
Materialstammsätze
Universitätsklinikum Er- Gesundheitsversorgung langen
31.000
Esselte Leitz GmbH & Co. Bürobedarf KG
40.000
Festo AG & Co. KG
175.000
Maschinenfabrik hausen GmbH Robert Bosch GmbH
Automatisierungstechnik Rein- Schaltanlagenbau Elektro
280.000 350.000
Abb. 1: Zahl der Materialstammsätze in ausgewählten Betrieben (gerundet) Des Weiteren lassen sich „Stammdatenprofile“ für die Disposition verwenden, die zentral gepflegt und einem bestimmten Material nur noch zugeordnet werden müssen. Beide Mechanismen sind nur begrenzt hilfreich: n Stammdatenprofile (z. B. Dispositionsprofile oder Prognoseprofile) setzen sich aus mehreren Einzelparametern zusammen1. Sie stellen somit eine höher aggregierte Parameterform im Sinne von Metaparametern dar. Ihre Verwendung macht – streng genommen – nur dann Sinn, wenn man im Vorfeld die Materialstammsätze klassifiziert und klare, betriebswirtschaftlich fundierte Zuordnungsregeln für die Profile aufgestellt hat. Die Klassen selbst sind damit ebenfalls Metaparameter. Das Beispiel zeigt, dass man durch Stammdatenprofile zwar das Pflegevolumen verringern kann, die Konfigurationskomplexität verbleibt jedoch auf hohem Niveau. o Die regelbasierte „Parameter-Findung“ verringert die Komplexität ebenfalls kaum, da der Planer neben dem richtigen Parameterwert nun zusätzlich nachvollziehen muss, woher bestimmte Parametereinstellungen stammen. Es tritt somit ein weiterer Freiheitsgrad auf, den man als „Ort der
1
2
Profile sind Gruppen von Einzelparametern, die fachlich zusammengehören. So fasst beispielsweise das Prognoseprofil all jene Parameter zusammen, welche für Prognosezwecke im Materialstamm benötigt werden, wie z. B. Prognosemodell, Initialisierung, Signalgrenze oder die Anzahl der Prognoseperioden.
1.1
Problem: Die Komplexität des SAP-Systems
Parametereinstellung“ bezeichnen könnte. Wurden dieselben Parameter mit unterschiedlichen Werten pro Werk im Materialstammsatz gepflegt, so entscheidet die Findungsreihenfolge darüber, welcher Wert schließlich zu Planungszwecken zum Einsatz kommt. Auf diese Art und Weise können sehr leicht Fehlsteuerungen eintreten. Komplexitätskosten
Die hohe Komplexität der Produktionsplanungskomponente, die aus ihrer großen Funktionsvielfalt und der dazu notwendigen Parametermenge resultiert, kann sich sowohl in der Einführungsphase als auch während des Betriebs der Software negativ auswirken: n Die Einführung und Anpassung dieses Standard-PPS-Systems dauert oft unverhältnismäßig lange, und die damit verbundenen Kosten können durchaus das Fünf- bis Zehnfache des reinen Software-Preises („Lizenzkosten“) betragen. o Viele nützliche Funktionen, wie unterschiedliche Prognoseverfahren oder Verrechnungsstrategien für eingehende Kundenaufträge, werden aus Unkenntnis über die Systemwirkungen oder wegen einer zu hohen Konfigurationskomplexität ignoriert. Für die erstgenannte Problematik zeichnen sich bereits Lösungsansätze ab, die durch referenzmodellbasierte Konfigurationstools die Einführungsdauer reduzieren helfen. Handlungsbedarf besteht daher insbesondere beim zweiten Punkt (vgl. [ThHu96]): Es sollte versucht werden, eine besser auf die Bedürfnisse des Anwenderunternehmens abgestimmte Konfiguration der Funktionen zur Produktionsplanung zu finden. Über die betriebswirtschaftlich sinnvolle Initialeinstellung hinaus sind die gewählten Stellgrößen in den Folgejahren regelmäßig zu überprüfen („Parametercontrolling“), so dass sich Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen nicht mehr allein auf die Einführungsdauer und die damit assoziierten Kosten beschränken. Ein wohlverstandenes, umfassendes Parametermanagement2 führt zu individuellen Wettbewerbsvorteilen.
2
Zu diesem Begriff und „Management by Parameters“ vgl. auch [MeWH91].
3
1
Einleitung
Adaption
Die zentrale Anforderung an die kundenindividuelle Anpassung von Standardanwendungssoftware ist es, eine möglichst einfache, prozessorientierte Gestaltung der funktional komplexen Software-Bibliothek für die betriebswirtschaftlichen Anforderungen des Unternehmens zu erreichen. Zusätzlich ist es mit Blick auf vor- oder nachgelagerte Systeme erforderlich, dass die SoftwareLösung mit einem Netzwerk von Unternehmen und Marktplätzen einfach und flexibel Informationen austauschen und Geschäfte abwickeln kann. Auch muss die „angefertigte Lösung“ zukünftige Veränderungen der Organisation und des Netzwerks dynamisch nachvollziehen können. Der hier gewählte Begriff Adaption ist eine Anleihe aus dem Lateinischen (aus ad „an, nach, hin, zu“ und aptare „anfügen, anpassen“) und bedeutet ‚Anpassung an die Umwelt’. Die Gestalt der Standardanwendungssoftware, die an die unternehmerische Umwelt angepasst werden soll, entwickelt sich ständig weiter. Meist stehen für ein Problem mehrere Lösungsvarianten zur Verfügung, so dass für diesen neuen Typus von Standardanwendungssoftware die Bezeichnung betriebswirtschaftliche Software-Bibliothek kennzeichnend ist. Das Anpassungsvermögen und die notwendige dynamische Adaptionsfähigkeit des Systems müssen bereits bei Konzeption und Erstellung der Software-Bibliothek berücksichtigt werden und erfordern einen erheblichen Aufwand. So gibt es bei einer Standardsoftware wie SAP ERP neben dem Datenmodell auch ein „Adaptionsmodell“. Stammdatenparameter sind ein Typus von Adaptionswerkzeugen. Daneben sind andere Werkzeuge für die Prozesskonfiguration oder die Einbindung von releasefähigen Schnittstellen oder Programmergänzungen verfügbar. Die Ebene der Adaption hat sich von technischen auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen verlagert. Neben ausgereiften Systemen – wie jenem von SAP – berücksichtigen auch immer mehr neue Lösungen die betriebswirtschaftliche Adaption ohne Programmänderungen. Kennzeichnend für diesen Wandel ist die Entwicklung eines regelbasierten betriebswirtschaftlichen Anforderungsnavigators (siehe Kapitel 3.2) für SAP-Systeme, der bei der Identifikation der drei Adaptionsarten „Auswahl“, „Anpassung im vordefinierten Rahmen“ und „Ergänzung“ hilft.
4
1.2
Untersuchungsbereich
1.2
Untersuchungsbereich
Dispositionsrelevante PPSParameter
Unsere Darstellungen konzentrieren sich auf die Regulierung und das Controlling der dispositionsrelevanten PPS-Parameter, die meist nicht nur einmalig während der Einführungsphase des PPS-Systems anzupassen sind (z. B. als Ergebnis der Geschäftsprozessimplementierung), sondern auch, abhängig von externen Einflussfaktoren wie der aktuellen Fertigungs- und Auftragssituation relativ kurzfristige Rekonfigurationen erfordern können. Die derzeit verfügbare Customizing- bzw. Geschäftsprozessmodellierungs-Literatur behandelt hingegen primär strukturspezifische Größen, die nur mittel- und langfristig variabel sind, beispielsweise wenn sich wesentliche Bestandteile der Aufbau- und Ablauforganisation verändern.
1.2.1
Datenfelder und Parameter in der Produktionsplanung mit SAP ERP
Definition
Die in den Masken des PPS-Systems anzutreffenden Datenfelder sind in unserer Begriffswelt dann Parameter, wenn sie helfen, den planerischen Willen des Anwenders umzusetzen, und wenn von ihrem Eintrag eine substanzielle Wirkung auf das Verhalten des Systems ausgeht. Ein planerischer bzw. dispositiver Spielraum ist gegeben, wenn das Datenfeld dem Benutzer oder Disponenten einen Entscheidungskorridor im Sinne alternativer Eingabewerte lässt, mit denen er das PPS-System beeinflussen kann. Welche PPS-Daten als Parameter gelten können, führt Abb. 2 anhand eines morphologischen Schemas auf.
Merkmale
Das Merkmal Struktur beschreibt die Granularität der Daten. Ein Parameter stellt in diesem Zusammenhang stets ein bestimmtes Datenfeld dar. So ist z. B. der Sicherheitsbestand der Produktionsplanungskomponente von SAP ERP ein Feld namens EISBE in der werksabhängigen Tabelle MARC des Materialstamms. Das Funktions-Kriterium geht auf die Bedeutung eines Datums innerhalb des Planungs- und Steuerungsprozesses ein. Eine PPS-Stellgröße ist entweder planend oder dispositiv wirksam. Administrative Wirkungen im Sinne von Durchsetzungsvorgaben sind für PPS-Parameter nicht charakteristisch. Die drei Ausprägungsformen unterscheiden sich in der Länge ihres Zeithorizonts. So wirken sich planende Größen erst langfristig aus, wohingegen dispositive Daten mittelfristig und administrative kurzfristig auf die Planungsergebnisse Einfluss nehmen. 5
1
Einleitung Merkmal Struktur Funktion Aufgabe Stellung Darstellung Aufbau
Merkmalsausprägung Datenfeld
Datensatz
planend steuernd
Tabelle/Datei
dispositiv berechnend
auswählend
Datenbank administrativ
identifizierend quantifizierend
Eingabe
Referenz
Ausgabe
numerisch (metrisch)
alphabetisch (nominal)
alphanumerisch (nominal)
formatiert
PPS-Parameter
unformatiert
sonstige PPS-Daten
Abb. 2: Parameter als Teilmenge der PPS-Daten – allgemeine Merkmale Die Aufgabe als drittes Beschreibungsmerkmal definiert die Art der Funktionserfüllung eines Datenfelds. Parameter greifen steuernd, berechnend oder auswählend ein. Sonstige PPS-Daten hingegen identifizieren oder quantifizieren planungs- und steuerungsrelevante Objekte. Eine Stellgröße besitzt dann eine steuernde Wirkung, wenn sie aus mehreren zur Verfügung stehenden Funktionen eine spezielle auswählt. Der Parameter Terminierungsart legt beispielsweise fest, ob die Aufträge rückwärts oder vorwärts terminiert werden. Er bestimmt damit die Transformationsvorschrift einer IV-Funktion. Handelt es sich um berechnende Größen, so fließen diese direkt als Variablen in die Funktion ein und beeinflussen auf diese Weise ihren Output. Wählt man unter verschiedenen Prognosemethoden die exponentielle Glättung 1. Ordnung aus, so bildet z. B. der Alphafaktor einen Parameter, der in die Berechnung als Variable eingeht. Er determiniert, wie stark die Vergangenheitsverbräuche den neu zu prognostizierenden Wert beeinflussen. Demgegenüber selektieren auswählende Parameter die Input-Daten einer Funktion. Bei den periodischen Losgrößenverfahren legt z. B. der Parameter Periodenzahl fest, über wie viele Tage die Bedarfe eines Materials zu einem einzigen Los gebündelt werden. PPS-Parameter verkörpern Eingabefelder (Merkmal Stellung) in beliebiger Darstellungsform (numerisch, alphabetisch, alphanumerisch) und sind entweder metrisch oder nominal skaliert. Außerdem besitzen sie einen formatierten Aufbau mit fest vorgegebenen Ausprägungen bzw. Wertebereichen.
6
1.2
1.2.2
Untersuchungsbereich
Dispositionsrelevante Parameter in der Produktionsplanung mit SAP ERP Die Customizing-Literatur zu den SAP-Systemen unterscheidet nur selten oder gar nicht zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen von Parametern. Meist werden alle Datenfelder, die im Rahmen der Systemeinführung unternehmensspezifisch zu füllen sind, als Stellgrößen angesehen. Die fehlende Differenzierung verhindert dann, auf die spezifischen Konfigurationserfordernisse der einzelnen Parameterarten einzugehen, was eine betriebswirtschaftlich günstige Einstellung des Systems erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. Insbesondere ist es ohne eine solche Unterscheidung nur bedingt möglich, für die einzelnen Parameterarten die am besten geeigneten Konfigurationsmethoden und -werkzeuge auszuwählen. Abb. 3 zeigt, wie sich die hier betrachteten Stellgrößen genauer charakterisieren lassen. Merkmal Beeinflussung der Aufbauorganisation
Merkmalsausprägung nein
ja
nein
Beeinflussung der Ablauforganisation
nein nein
Wirkungsbereich Parameterherkunft
Planungsablauf Stammdaten
ja (langfristig) gestaltend ProFunkzess tion Planungsinput
(kurzfristig) modifizierend ProFunkzess tion
Planungsoutput Bewegungsdaten
Abb. 3: Detaillierung des Parameterbegriffs – spezifische Merkmale Die meisten der bisher verfügbaren Konfigurationshilfen, wie z. B. das ARIS-Toolset der Firma IDS Prof. Scheer AG oder die gemeinsam von der IBIS Prof. Thome AG und der Siemens Business Services GmbH & Co. OHG entwickelten LIVE Tools, sowie ein Großteil der Customizing-Literatur konzentrieren sich auf strukturrelevante Parameter, mit denen sich die Aufbau- und die Ablauforganisation eines Unternehmens abbilden lassen. Wir betrachten hingegen auch solche Stellgrößen, über die man einzelne Funktionen (keine Prozesse) innerhalb einer bestehenden Aufbauorganisation manipuliert (vgl. die Merkmale „Beeinflussung der Aufbauorganisation“ und „Beeinflussung der Ablauforganisation“). Diesen Themenschwerpunkt verdeutlicht auch das Merkmal Wirkungsbereich. Es sollen hier insbesondere solche Parameter Beachtung finden, die den Planungsoutput (z. B. 7
1
Einleitung Zeiten und Mengen von Aufträgen bzw. Bestellanforderungen) determinieren, sowie in begrenztem Umfang solche Größen, die den Planungsinput festlegen. Darunter sind beispielsweise Datenfelder zu verstehen, die im Rahmen der Verfügbarkeitsprüfung wirken und den Prüfumfang festlegen (z. B. Prüfung gegen Lagerbestände oder zusätzlich gegen geplante Zu- und Abgänge). Als Planungsgrößen werden des Weiteren nur die Datenfelder beachtet, die in Stammdaten zu finden sind. Parameter, die in Bewegungsdaten auftreten, sind nicht relevant.
1.2.3
Abgrenzung der SAP-Komponente PP zum SAP Advanced Planner & Optimizer (SAP APO) Neben der Komponente PP hat die SAP AG in den letzten Jahren ein weiteres Anwendungssystem namens SAP APO in ihr Produktionsplanungs-Produktportfolio aufgenommen. Beide Komponenten überlappen sich in einigen Funktionsbereichen. Die Unterschiede zwischen beiden Produkten werden besonders deutlich, wenn man die historische Entwicklung von MRP I (Material Requirements Planning) zu SCM (Supply Chain Management) berücksichtigt: Der aktuell zu beobachtende Erfolg von Supply-Chain-Planungsansätzen basiert zum großen Teil auch auf den Einschränkungen der klassischen Verfahren MRP I und MRP II. Dort wurden (und werden) in den meisten Fällen unverbundene Einzelpläne in unterschiedlichen Planungsebenen erstellt, die nicht oder nur ungenügend miteinander synchronisiert sind. Die einzelnen Planungsschritte durchlaufen die MRP-Systeme zudem sequenziell, so dass zuerst die Absatzplanung, dann die Kapazitätsplanung und schließlich die Materialbedarfsplanung stattfinden. Die aus der sequenziellen MRP-Planungslogik entstehenden Probleme sind in Wissenschaft und Praxis vielfach diskutiert worden. An dieser Stelle soll daher nicht ausführlich darauf eingegangen werden. Eine aktuelle Übersicht findet sich z. B. in [BaBi01, 24-30].
Kriterien zur Abgrenzung
8
Bei Supply-Chain-Planungsansätzen versucht man nun, die sequenzielle durch eine simultane Planung zu ersetzen, wobei Nebenbedingungen wie z. B. Kapazitätsrestriktionen oder Rüstkosten direkt mit einfließen. Produkte wie SAP APO gehen noch ei-
1.2
Untersuchungsbereich
nen Schritt weiter und setzen zahlreiche neue Planungsalgorithmen ein. So finden sich hier neben den klassischen LP-Modellen (Lineare Programmierung) und der ganzzahligen Optimierung auch genetische Suchverfahren. Es handelt sich bei SAP APO also auch um eine Methodenbank, während die Produktionsplanung in SAP ERP bei der Auswahl der Algorithmen vergleichsweise sehr begrenzte Alternativen kennt (z. B. für die Losgrößenberechnung). Bei der Produktionsplanung liegt der Customizing-Schwerpunkt sehr viel deutlicher auf den Parametern der Methoden, während SAP APO viel mehr Alternativen bei den Methoden selbst bereitstellt. Ein weiteres Abgrenzungskriterium zwischen den Komponenten PP und APO ist der „Scope“ innerhalb der Lieferkette. PP dient primär zur Planung der eigenen Produktion und konzentriert sich dabei stark auf die isolierte Planung der eigenen Kapazitäten. APO hingegen weitet den Planungshorizont aus. Im Mittelpunkt steht die unternehmensübergreifende Mitwirkung aller Geschäftspartner entlang der Supply Chain. Zwangsläufig wächst damit bei APO die Planungskomplexität stark an. Es sind nun nicht mehr allein die „eigenen“ Restriktionen und Planungsgrundlagen einzubeziehen, sondern auch die der Partnerunternehmen. Die Anzahl der einzustellenden Parameter wächst dementsprechend ebenfalls stark an. Aus der Sicht dieses Buchs, d. h. aus Sicht der (Parameter-) Konfiguration, grenzen sich SCM-Systeme wie SAP APO gegenüber MRP-Systemen wie der Produktionsplanungskomponente von SAP wie folgt ab: n SCM-Systeme weisen mehr alternative Planungsalgorithmen, mehr externe Schnittstellen und damit auch eine größere Anzahl an Systemparametern auf, die es zu beherrschen gilt. o Die mathematischen Grundlagen der APO-Planungsalgorithmen und deren Implementierungen sind erheblich komplizierter als die der Produktionsplanungskomponente. Die das System nutzenden Mitarbeiter werden nur im Einzelfall die Methoden selbst verstehen. Sie müssen sich vielmehr darauf verlassen, dass das System richtig plant. Die errechneten Lösungen selbst sind kaum nachzuvollziehen.
9
1
Einleitung p SCM-Systeme setzen zum Teil auf klassischen ERP-Systemen wie SAP ERP auf und nutzen deren Basisfunktionen wie Stammdaten- und Fertigungsauftragsverwaltung.
Bewertung
Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die umfangreichen neuen SCM-Planungsmethoden von SAP APO eine erheblich verbesserte Planungsgüte versprechen. Gleichzeitig erhöhen sich damit der Konfigurationsaufwand sowie der Aufwand zur Datenbereitstellung – auch der Partnerunternehmen – erheblich. Die Anforderungen für die Datenqualität steigen signifikant und damit auch die Kosten. Gerade mit Blick auf die umfangreichen Parameterkonfigurationen von Planungssystemen gilt es zu prüfen, an welcher Stelle die größten Nutzenpotenziale liegen: a) in der Auswahl der passenden Planungsmethoden (z. B. simultane Planungen mit Kapazitätsrestriktionen), b) in der Konfiguration der Planungsmethoden (z. B. Dimensionierung der Sicherheitsbestände), c) in der periodischen Abstimmung der Planungen zwischen den Geschäftspartnern (z. B. Collaborative Forecasting), d) in der permanenten, ereignisgesteuerten Abstimmung (Umdisposition) der Planungen zwischen den Geschäftspartnern (z. B. bei Störungen und ihren Auswirkungen auf die Lieferkette) oder e) im effizienten Monitoring der Supply Chain mit ihren zahlreichen Planungsschritten und involvierten Partnern (z. B. zum frühzeitigen Erkennen von Engpasssituationen). Liefer- und Wertschöpfungsketten lassen sich sowohl mit der Produktionsplanungskomponente von SAP als auch mit SAP APO aufbauen, überwachen und steuern. So können z. B. gemeinschaftliche Planungen (vgl. Punkt c)) auch deutlich kostengünstiger als über SAP APO mithilfe von Excel-Sheets und Groupwaretools (und deren Import in der Produktionsplanung) implementiert werden. Dort jedoch, wo man besonders große positive Effekte neuer, innovativer Planungsmethoden und Echtzeit-Umdispositionen vermutet, macht ein komplexes Produkt wie SAP APO sehr viel
10
1.2
Untersuchungsbereich
mehr Sinn als ein klassisches Werkzeug wie die Produktionsplanungskomponente in SAP ERP. Alternativ dazu gehen viele Unternehmen einen grundlegend anderen Weg, indem sie ihre Planungsprobleme nicht primär durch IT-Systeme lösen, sondern durch organisatorische Maßnahmen, wie z. B. Änderungen an der Produktionsorganisation oder durch fertigungstechnische Innovationen. Der Versuch, komplexe Planungsprobleme durch komplexe Planungssoftware beherrschbar zu machen, ist in der Tat in vielen Fällen fragwürdig. Wenn die Komplexität durch organisatorische Maßnahmen reduziert ist, genügen wiederum einfachere, kostengünstigere und vor allem robustere Planungshilfen, wie z. B. MRP-Systeme.
11
2
Bedeutung für die Praxis – der Gegenstand ist wichtig Mehrere Praxisbeispiele demonstrieren weit verbreitete Fehler bei der Parametrierung sowie die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen. Die anschließende Analyse der Praxisbefunde deckt die zugrunde liegenden Fehlerquellen auf.
2.1
Quantitative und qualitative Parameterwirkungen
Folgen falscher Parametrierung
Die Problematik falscher oder wirtschaftlich suboptimaler Parameterkonfigurationen kann aus einer quantitativen und/oder einer eher qualitativen Perspektive betrachtet werden. Quantitative Aussagen über Stellgrößenwirkungen waren bisher nur durch eine retrospektive Analyse echter BDE-Daten möglich. Um die Parameter-Wirkungen prospektiv zu untersuchen und sie gefahrlos quantifizieren zu können, wurde mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein spezieller PPS-Simulator geschaffen. Aus den von ihm generierten Wirkungsprognosen sollen exemplarisch zwei Simulationsergebnisse herausgegriffen werden: Nicht oder falsch verrechnete Primärbedarfe auf der Endproduktebene, also die ungünstige Einstellung der Verrechnungsparameter, führten über die Stücklistenauflösung zu beträchtlichen Fehlplanungen auf den unteren Fertigungsstufen.
Beispiel
Wenn die Planprimärbedarfe um 10% höhere Bedarfsmengen aufwiesen und deren Bedarfstermine gegenüber den eintreffenden Kundenprimärbedarfen um drei Tage verschoben waren, reduzierte sich bei Verrechnung innerhalb der eingestellten Horizonte die Kapitalbindung um bis zu 31%. Bei anderen Simulationsuntersuchungen stellte sich heraus, dass allein durch eine Variation der Auftragspuffer zwischen einem und drei Tagen die Kapitalbindung um über 20% schwankte. Die zweistelligen Prozentbeträge signalisieren das beträchtliche Fehlsteuerungspotenzial, welches in den Stellgrößen der SAPERP-Software liegt.
13
2
Bedeutung für die Praxis – der Gegenstand ist wichtig Für viele Branchen und Betriebstypen sind allerdings derart umfangreiche Untersuchungen nicht erforderlich, sofern einige Parameter oder Parametergruppen aufgrund technischer oder betriebswirtschaftlicher Besonderheiten dort nicht genutzt werden. Wir werden die Thematik später, bei der Diskussion beispielhafter Parameterwirkungen, vertiefen (vgl. Abschnitt 5). Betrachtet man die Problematik aus einer qualitativen Perspektive, so muss man insbesondere die zahlreichen Wechselwirkungen erwähnen, die es zwischen den verschiedenen dispositionsrelevanten Parametern gibt. Außerdem existieren u. U. verschiedenartige Wirkungszusammenhänge zwischen den Zielgrößen der Parametereinstellung (vgl. Abb. 4). I
Problem Verspätete Auslieferung
Parameterwert
Parameterwert
Ext. Priorität
III
Problem Enttäuschte Kunden
II
Problem DLZ
a
Entgangene Aufträge
b Lagerkosten
Losgröße
IV
Problem
Lagerbestand
DLZ
Auslastung von Engpässen
Parameterwert
Lieferbereitschaftsgrad
Parameterwert Losgröße
Abb. 4: Unterschiedliche Wirkungsmöglichkeiten von Parametern auf eine Zielgröße Analysiert man die Wirkung eines Parameters stets isoliert für eine bestimmte Zielgröße bzw. ein einzelnes Fertigungsproblem, so ist der Effekt noch überschaubar, und die Vor- und Nachteile verschiedener Parameterausprägungen sind weitgehend unstrittig. So ist z. B. in Abb. 4/I die – wohl plausible – Annahme getroffen, dass das Problem verspäteter Auslieferungen an einen Kunden linear abnimmt, wenn man die externe Priorität erhöht. Abb. 4/II zeigt einen schon schwerer zu kontrollierenden nichtlinearen (u-förmigen) Verlauf. Erhöht man über Losgrößenparameter die Auftragsmenge von einem kleinen Wert aus, so sinkt zunächst die Durchlaufzeit (DLZ), denn es geht weniger Kapazität durch Umrüsten verloren. Nach einem Minimum steigt die 14
2.1
Quantitative und qualitative Parameterwirkungen
Kurve wieder, weil große Lose Staueffekte erzeugen (vgl. auch Abschnitt 5.5.2). Handelt es sich jedoch um konkurrierende Zielsetzungen, wie sie insbesondere aus der Kombination von Markt- und Betriebszielen entstehen, so wird die Entscheidung über die Güte einer bestimmten Einstellung deutlich schwieriger (vgl. die Beispiele in Abb. 4/III und IV). Gerade diese Vielschichtigkeit verleitet nach unserer Beobachtung zu schwer überschaubaren Konfigurationsfehlern, von denen drei Gattungen kurz vorgestellt seien: n Eine aufgabenwidrige Parameterverwendung liegt dann vor, wenn man ein Konfigurationsziel mit den falschen Stellgrößen verfolgt. Soll z. B. eine bestimmte Mindestbestellmenge gewährleistet werden, so dient dazu eigentlich der Parameter Minimale Losgröße, der zu kleine Lose auf seinen Wert rundet. Einen ähnlichen Effekt hat der Rundungswert, nur dass dieser auch oberhalb der Mindestbestellmenge wirkt und Mengen stets auf ein Vielfaches seines Werts setzt. Seine Einstellung sollte daher gut abgestimmt werden, um unnötig große Auftragsmengen und damit evtl. verbundene Bestandserhöhungen zu verhindern (vgl. die sehr hohe Bestellmenge von 2000 Stück in Abb. 5). Abschnitt 5.6.2 wird auf den Rundungswert näher eingehen. Bedarfsmenge Rundungswert = 1.000 Minimale Losgröße = 0 Rundungswert = 100 Minimale Losgröße= 1.000
500 1.001 500 1.001
resultierende Bestellmenge 1.000 2.000 1.000 1.100
Abb. 5: Aufgabenwidrige Parameterverwendung des Rundungswerts statt der Minimalen Losgröße o Ebenso häufig werden wirksame Parameter nicht beachtet. So wurden z. B. in einem von uns untersuchten Unternehmen der Geräteindustrie keine Sicherheits-bestände angelegt. p Auch das zwangsweise Außerkraftsetzen von Parameterwirkungen kann zu unerwünschten Nebenwirkungen 15
2
Bedeutung für die Praxis – der Gegenstand ist wichtig führen, etwa wenn man als Losgrößenverfahren die „Feste Bestellmenge“ wählt; das System ignoriert in der Folge immer den Rundungswert und generiert abhängig von der tatsächlichen Unterdeckung ein oder mehrere Lose mit der gleichen („festen“) Menge.
2.2
Befunde in der Praxis Soweit wir Einblick in das Vorgehen der Praxis bei der Einführung von SAP-Systemen und anderen ERP-Paketen erhielten, haben wir folgende Problemlage erkennen können:
Termindruck
n Es herrscht ein extremer Termindruck. Die Tagessätze für externe Berater und die Kosten der Freistellung eigener Mitarbeiter sind hoch, außerdem muss das System zu einem bestimmten Tag X im technischen Sinne funktionieren; ganz besonders deutlich wird dies, wenn bei der Einführung eine so genannte Big-Bang-Strategie gewählt wird, denn in diesem Fall würde das Verfehlen des Termins eine sehr schwierige Situation des Unternehmens auslösen. Weniger dramatisch ist die Lage, wenn man eine Zeitlang das alte und das neue System parallel fährt.
Defaultwerte
o Wegen dieses Termindrucks konzentriert man sich vollständig darauf, die Bedingungen zu erfüllen, die notwendig sind, „damit am Tag X der Bildschirm nicht dunkel bleibt“. Auch die gegebenenfalls hinzuerworbene teure Beraterkapazität wird diesem Ziel untergeordnet. Die zahlreichen dispositionsrelevanten Stellgrößen, die sich insbesondere in den Stammdaten (z. B. Materialstämmen) finden, werden nicht konfiguriert oder auf Initial- bzw. nicht verifizierten Defaultwerten belassen.
ControllingMängel
p Ob das im technischen Sinn laufende System die versprochenen betriebswirtschaftlichen Erfolge bringt, wird nur selten oder gar nicht überprüft. Wenn überhaupt ein Controller aufgrund seines Gespürs oder auch auf der Basis einiger hoch verdichteter Kennzahlen Verdacht schöpft, können die Verantwortlichen sich zumindest eine gewisse Zeitstrecke mit so genannten Fluchtargumenten helfen. Registriert ein Controller beispielsweise, dass die durchschnittliche Kapitalbindung in den Umlaufbeständen nach
16
2.2
Befunde in der Praxis
Einführung des SAP-Systems höher ist als davor, so wird ihm vielleicht entgegengehalten, dass sich inzwischen die Konjunktur, das Produktspektrum oder die Struktur der Lieferanten etwas verändert habe und von daher die frühere Situation mit der neuen nicht verglichen werden könne. Bisher ist uns bei Standardsoftware-Installationen kein Fall bekannt geworden, in dem die Investitionskontrolle auch auf die Konfigurations- bzw. die davon abhängige Dispositionsqualität ausgeweitet worden wäre. Dies erstaunt umso mehr, wenn man bedenkt, dass verbesserte, effizientere Planungsabläufe eines der Hauptargumente für Neuinstallationen darstellen. Man muss folglich konstatieren, dass dieses wichtige Investitionsziel bisher nur selten oder gar nicht in betriebliche Controllingüberlegungen einbezogen wird. Personelle Übersteuerung
q Aufgrund mangelnder Information und Erfahrung ist zu Beginn einer produktiven Nutzung das Vertrauen in die konfigurierte Dispositionslogik beim einzelnen Disponenten meist sehr gering. Deswegen erlauben es viele Projektleiter, dass in den ersten Monaten einer ERP-Nutzung eine personelle Übersteuerung vieler Einstellungen und Werte möglich bleibt oder bestimmte konfigurierte Verfahren noch nicht zum Einsatz kommen. Leider besteht diese Übergangsregelung in vielen Fällen fort, so dass von systemgestützter Disposition nicht gesprochen werden kann. Ein untrügliches Kennzeichen für dieses Phänomen ist eine übermäßige Nutzung der Auswertung zur „Bedarfs/Bestandsübersicht“. Betrachtet man die einzelnen Vorgehensweisen zum SystemCustomizing in der Praxis genauer, so lassen sich folgende Ausprägungen unterscheiden:
Qualifikationsdefizite
n In der einfachsten Erscheinungsform stellen die Mitarbeiter/Disponenten die Software selbstständig ein. Vorbereitend und ergänzend hierzu bedienen sie sich der Systemdokumentation und/oder besuchen Schulungen. Problematisch an dieser Vorgehensweise ist insbesondere, dass die Mitarbeiter keine oder nur wenige Anhaltspunkte dafür haben, welche Parameterwerte sie wählen sollen und welche Auswirkungen diese haben können. Ihnen fehlt es an Erfahrung mit dem neuen System bzw. vergleichbarer 17
2
Bedeutung für die Praxis – der Gegenstand ist wichtig Software. Auch die Dokumentation sowie Schulungen liefern meist nicht die zum Customizing notwendige Breite und Tiefe des Konfigurationswissens. Gerade die anspruchsvolleren Methoden und Verfahren, z. B. zur Losgrößenbestimmung oder Prognoserechnung, sind oftmals nicht ausreichend gut oder auch (noch) gar nicht bekannt. Die mangelhafte Methodenkenntnis führt dann wiederum dazu, dass sich viele Planer scheuen, diese Verfahren über Parameter zu aktivieren und zielgerichtet zu konfigurieren.
Beratungsmängel
o In der nächsten Stufe werden Berater hinzugezogen. Die Gründe hierfür mögen darin liegen, dass die eigenen Mitarbeiter nicht beliebig stark vom Tagesgeschäft befreit werden können oder nicht das erforderliche Know-how zur Systemeinführung besitzen. Die Berater verfügen über dieses Wissen, wenn sie bereits zahlreiche ähnliche Einführungsprojekte begleitet haben. Ihr Know-how ist aber üblicherweise nicht sauber bzw. explizit dokumentiert, weshalb es nur selten gelingt, Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Projekten zu erkennen und bereits bewährte Einstellungen zufrieden stellend zu reproduzieren und zu begründen.
Parameterübernahme aus Altsystemen
p Es werden Parameter aus einem Vorgängersystem übernommen. Hatte man vor der ERP-Einführung beispielsweise die Materialwirtschaft mit Individualsoftware unterstützt, so findet man auch dort Materialstammsätze und für jeden Artikel einen Sicherheitsbestand vor, den man einfach in das neue System einspielt. Dieses Vorgehen ist mit zwei Gefahren verbunden:
18
1.
Die Sicherheitsbestände der Vergangenheit können gedankenlos festgelegt worden sein und weit vom Optimum entfernt liegen.
2.
Möglicherweise reagieren die Algorithmen der SAP-Produktionsplanungskomponente auf einzelne Parameterkonfigurationen anders als die des Vorgängersystems, z. B. existieren gleich drei verschiedene Parameterarten zur Definition von statischen bzw. dynamischen Sicher-
2.2
Befunde in der Praxis
heitsbeständen (vgl. Abschnitt 5.7), so dass durch die Kombination alter Daten mit neuen Verfahren sehr unglückliche Konstellationen entstehen mögen. So mussten wir bei einem Pumpenhersteller registrieren, dass ein eleganteres Verfahren der Lagerabgangsprognose überhaupt nicht mit dem traditionellen Verfahren der Dimensionierung von Sicherheitsbeständen harmonierte und die so entstandene Daten-Methoden-Kombination zu höherer Kapitalbindung bei etwa gleicher Lieferbereitschaft führte. Erst als man auch die Sicherheitsbestände mit einem neuen Algorithmus dimensionierte, stellte sich eine fühlbare Verbesserung ein. Parameterübernahme von vergleichbaren Betrieben
q In Sonderfällen ist daran zu denken, Parametersets von vergleichbaren Betrieben zu übernehmen. Bei einer Diskussion mit Systemanalytikern, die im Erlanger Universitätsklinikum SAP-Komponenten einführten, erwähnten diese, dass sie alle Hände voll mit der technischen Einführung zu tun hätten (siehe oben) und die Materialwirtschaftsparameter eventuell automatisch aus einem vergleichbaren System des Universitätsklinikums Freiburg übertragen wollten. Bereits lauffähige Systeme als Parameter-Templates einzusetzen birgt jedoch unterschiedliche Gefahren. Bleibt man beim obigen Klinikbeispiel und sollen dort die Bestandsparameter (Sicherheitsbestand, Meldebestand etc.) übernommen werden, so müssen die unterschiedlichen Schwerpunkte und Strukturen der Kliniken beachtet werden: 1.
So mag man sich vorstellen, dass bei einer Klinik mit besonderer Reputation im Bereich der Neurochirurgie auch der Verbrauch an Psychopharmaka anders verläuft als bei einer Klinik mit einem Schwerpunkt in der Notfallchirurgie. Die absoluten Werte der Bestandsparameter müssen der neuen Verbrauchsstruktur angepasst werden. An diesem Beispiel zeigt sich auch die in Abschnitt 1.2.2 dargestellte Notwendigkeit, die vielen Parameter gemäß ihrem Rekonfigurationsbedarf, der Beeinflussbarkeit von Aufbau- und Ablauforganisation und anderer Kriterien genau zu klassifizieren.
2.
Vor der Übernahme sollte genau geprüft werden, ob die Parameterwerte im „Übergabesystem“ in der Vergangenheit zu einem befriedigenden Systemverhalten geführt 19
2
Bedeutung für die Praxis – der Gegenstand ist wichtig haben. Häufig fehlen hierzu jedoch die Vergleichsmaßstäbe. Man weiß also oftmals gar nicht genau, worauf man sich einlässt, welcher Teil des Customizings im alten System gut war und welcher im Rahmen der Neueinführung besser überarbeitet werden sollte.
2.3
Fazit Es mögen derartige Schwierigkeiten und zum Teil fragwürdige Lösungsansätze sein, die zu Enttäuschungen bei der Einführung von Standardsoftware führen und in der Folge den Stellenwert der Informationstechnik im Unternehmen mindern. So beklagten in einer Umfrage der Firma Nucleus Research 57 Prozent der 93 befragten SAP-Referenzkunden, die Vorteile der eingesetzten SAP-Systeme, wie z. B. höhere Produktivität, seien von den hohen Implementierungskosten aufgezehrt worden [Nucl03]. In anderen Disziplinen, wie etwa bei der Steuerung von chemischen Prozessen, bei der Energieübertragung, beim „Finetuning“ der Aerodynamik von Flugzeugen, bei der Zusammensetzung von Metalllegierungen oder auch bei der „medikamentösen Einstellung“ von Patienten mit komplizierten physiologischen Fehlfunktionen, hat man die Kunst der Parametereinstellung über Simulationen, Aufzeichnungen von in vielen Experimenten gewonnenen Kennlinien und über andere Methoden sehr verfeinert. Hier ist der Begriff „Optimierung“ legitimiert. Hingegen wird in der Wirtschaftsinformatik zuweilen mit Vokabeln wie „Optimierung des IT-Einsatzes“ oder „Prozessoptimierung“ hantiert, ohne dass man sich die Mühe seriöser Untersuchungen gemacht hätte. Es ist hier zu zeigen, wie man auch bei der betrieblichen Informationsverarbeitung mit quantitativen Methoden implementierte Verfahren verbessern kann.
20
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz Die im vorherigen Kapitel angesprochenen Probleme belegen, dass es bisher an einer ausreichenden Informationsversorgung mit detailliertem betriebswirtschaftlichem Know-how und einem darauf aufsetzenden systematischen Vorgehensmodell mangelt. Die folgenden Abschnitte zeigen, dass diese oftmals aus der Geschäftsprozessmodellierung stammenden Werkzeuge bisher viele der besonders schwierigen Aufgabenstellungen ausblenden (vgl. Abb. 6; zur Zielerreichung besonders geeignete Werkzeuge und deren Kombinationen sind jeweils umrandet dargestellt). Nur einige Forschungs-Prototypen sowie Checklisten-gestützte Werkzeuge erlauben derzeit – freilich in teilweise eingeschränktem Maße – ein systematisches Vorgehen, um die Einstellungsqualität dispositionsrelevanter Parameter zu prognostizieren, zu überwachen und damit schrittweise zu verbessern. AnforCheckliste derungs3.1 navigation 3.2 Verringerte Einführungsdauer
(
)
Erhöhte Einstellungsqualität
(
)
Referenzmodell 3.3
(
)
Referenzsystem 3.4
(
)
(
)
Business Configuration Sets 3.5
E-WBS 3.6
Investitionserfolgskontrolle
(
PPSSimulation 3.7
)
Bessere Dokumentation und Information über Parameterwirkungen Prognose von Parameterwirkungen Konfiguration dispositionsrelevanter Parameter Legende:
(
)
(
)
(
) Bisher übliche Systeme
(
)
Forschungs-Prototypen
trifft zu trifft nicht zu
()
trifft bedingt (nicht) zu
Überlappungen zwischen Hilfsmitteln deuten Kombinationsmöglichkeiten an, die den Einsatzbereich erweitern. Die Zahlen bezeichnen die entsprechenden Kapitel.
Abb. 6: Konfigurationshilfsmittel
21
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz
3.1
(Intelligente) Checkliste
Einführungstool
Die (intelligente) Checkliste stellt ein interaktives Hilfsmittel dar, das anhand von Kriterien, die es teilweise vom Benutzer erfragt, eine passende Konfigurationsalternative auswählt. Als eine Art „roter Faden“ steuert sie den Einstellungsprozess und gibt dabei auch die Reihenfolge für einzelne Konfigurationsschritte vor. Dies hilft, die formale Korrektheit und Konsistenz der Systemkonfiguration zu sichern. Gleichzeitig können auf diese Weise auch die Software-logischen Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Stellgrößen berücksichtigt werden, indem das System automatisch notwendige Parameterfolgeeinstellungen durchführt. Die Stärke des Checklistenansatzes liegt eindeutig bei der Prozess- und Funktionsauswahl sowie der Funktionsparametrierung in der Einführungsphase. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lässt sich auf diese Weise das PPS-System schneller „customizen“ und damit der Personalaufwand reduzieren. Die Einstellungsqualität kann dadurch gesteigert werden, dass die Checkliste eine bewährte Einstellreihenfolge vorgibt und auch Informationen über potenzielle Parameterwirkungen vorhält. Prognosen über solche Wirkungen sind mit ihr jedoch ebenso wenig möglich wie die periodische Rekonfiguration dispositionsrelevanter Parameter, da die Liste als interaktives Werkzeug bei der Vielzahl von Parametern und Einflussgrößen und den geforderten kurzen Reaktionszeiten bei häufigen Rekonfigurationen überfordert ist.
3.2
Anforderungsnavigator Ein Anforderungsnavigator ist eine spezielle betriebswirtschaftliche intelligente Checkliste auf der Grundlage eines interaktiven Analysewerkzeugs und einer strukturierten Wissensbasis (wissensbasiertes System). Mithilfe verständlicher Fragen und Kriterien werden die Einsatzmöglichkeiten von SAP (z. B. der SAP Business Suite) den Anforderungen eines Unternehmens in einem Expertendialog mit den Führungs- und Fachkräften gegenübergestellt. Die Checkliste sichert mit ihrem Regelwerk die Entscheidungen ab und berücksichtigt die Software-logischen Abhängigkeiten, um eine Anforderungsanalyse effizient durchzuführen. Nach dem Anforderungsabgleich werden alle erfassten Informationen zu einer kundenindividuellen Dokumentation zusammengefasst und in der richtigen Reihenfolge für die Implementierung aufbereitet.
22
3.2
Anforderungsnavigator
Für die Anforderungsanalyse zur Einführung und Adaption von SAP-Systemen – etwa in der Disposition – sind die zu lösenden Probleme, insbesondere die Relevanz und die Möglichkeiten der vielschichtigen Konfigurationseinstellungen, zu klären. Das wissensbasierte System hat auch die Aufgabe, diesen Entscheidungsprozess zu beschleunigen. Der bisher wohl am weitesten entwickelte und inhaltlich umfangreichste „additive“ Anforderungsnavigator für SAP-Lösungen ist „LIVE KIT Structure“ von der Siemens Business Services GmbH & Co. OHG und der IBIS Prof. Thome AG. Mit einer Wissensbasis von über 8.000 möglichen Entscheidungen erlaubt das Werkzeug einen schnellen, regelbasierten Zugang zu den Potenzialen der SAP Business Suite. Im Normfall reicht es, 5% bis 20% dieser Entscheidungen personell zu treffen; der Rest reduziert sich sukzessive und wird durch Regeln automatisch festgelegt. Als Methoden zur Komplexitätsminderung nutzt LIVE KIT Structure das „Standard-Options-Prinzip“ für die Komponentenauswahl (ca. 500 Komponenten), Reduktionsfragen (ca. 3.500 Fragen) und eine Zuordnungslogik für betriebswirtschaftliche Profile (ca. 4.500 Profile). (Ausführliche Hinweise geben [Hufg94], [ThHu96], [Heß97] und [Hufg97].) Ein Prinzip der Anforderungsnavigation ist, heuristisch zu analysieren und phasenweise zu detaillieren. Das Navigationsschema besteht in einer Abfolge von drei Hauptanalyseschritten, die auch iterativ mehrmals durchlaufen werden können. n Im ersten Schritt wird der Umfang ermittelt. Die SoftwareBibliothek wird in einführungsrelevante Komponenten zerlegt, die nach den Kategorien „verpflichtend“ und „optional“ klassifiziert sind. Eine zweistufige Hierarchie ist dabei ausreichend. Nur optionale Komponenten können abgewählt werden (siehe Kapitel 4.1). o Im zweiten Schritt wird Unnötiges ausgeklammert, was zu einer Reduktion der Komplexität der Software-Bibliothek führt und gleichzeitig die anforderungsrelevanten und wichtigen Teile herausarbeitet (siehe Abb. 7). p Im dritten Schritt wird durch Zuordnung von betriebswirtschaftlichen Profilen eine schnelle, „gute“ Eröffnungslösung gesucht (siehe Abb. 8).
23
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz
Abb. 7: LIVE KIT Structure: Fragen beantworten – Reduktionsfrage zum Thema Rundung In allen drei Schritten wird intern eine bestimmte Reihenfolge eingehalten, die sich an der relativen Dominanz von Anforderungen orientiert. Als sinnvoll hat sich dabei die Reihenfolge von Organisations-, Daten-, Prozess-, Funktions-, Berichts- und Nachrichtensicht erwiesen. Reduktionsfragen orientieren sich an den Aktivitäten zur Einführung der Software-Bibliothek mit dem Ziel, nicht benötigte Aktivitäten und Anpassungsmöglichkeiten wegzulassen (daher: „Reduktion“) oder vorhandene Standardwerte zu übernehmen. Es gibt verschiedene Fragetypen, wobei jeweils ein sinnvoller Vorschlag für die einfachste Möglichkeit unterbreitet wird; die Alternativen und Konsequenzen sind erklärt, so dass der Anwender eine Vorstellung von der Wirkung seiner Entscheidung bekommt. Die regelbasierte Reduktion in der Checkliste läuft über die hinterlegten Abhängigkeiten zur getroffenen Komponentenauswahl und zu den bereits gegebenen Antworten (Entscheidungen). Die Zuordnung betriebswirtschaftlicher Anforderungen zu Möglichkeiten der SAP Business Suite setzt auf den als relevant ermittelten Elementen der Software-Bibliothek auf. Die vorgeschlagenen Lösungen sind jeweils auf ein bestimmtes betriebswirtschaftliches Szenario ausgerichtet und können eine oder mehrere vordefinierte Customzing-Einstellungen in der Software-Bibliothek umfassen. In LIVE-KIT-Structure-Terminologie werden solche typischen, vorgefertigten Einstellungen auf Basis der SAP-Bibliothek als betriebswirtschaftliche Profile bzw. Zuordnungsprofile 24
3.2
Anforderungsnavigator
bezeichnet. Die regelbasierte Checkliste nutzt als Vorinformation die Komponentenauswahl und Reduktionsentscheidungen, um durch Gültigkeitsregeln die Verwendbarkeit von Zuordnungen und ihrer Profile – ähnlich einem Variantenkonfigurator – zu überprüfen. Die Auswahlentscheidung des Anwenders wird so vereinfacht und mögliche Profile werden angeboten. Thematisch verwandte Profile werden in sog. Zuordnungselementen zusammengefasst. Die getroffene Auswahlentscheidung ist dann eine zulässige Kombination von betriebswirtschaftlichen Profilen.
Abb. 8: LIVE KIT Structure: Fragen beantworten – Zuordnungselement „MM-DISPO: Dispositionsarten“ mit der Beschreibung der betriebswirtschaftlichen Profile Im Normalfall stehen drei bis fünf Zuordnungsprofile pro Zuordnungselement zur Auswahl. Eingangsregeln evaluieren Vorbedingungen, die zur Vorauswahl oder zum Ausschluss eines Profils führen können. (Siehe Abb. 8: Profil 2 und 4 sind aufgrund einer Vorauswahl vom System automatisch auf „Ja“ gesetzt und die entsprechenden Schaltflächen deaktiviert.) Mit interaktiven Re25
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz geln, die nach der Beantwortung ausgeführt werden, können sich Profile gegenseitig ausschließen. Umgekehrt kann ein Profil, welches die Voraussetzung für ein anderes darstellt, zwangsläufig aktiviert werden. Hinter den ausgewählten betriebswirtschaftlichen Profilen steht eine von SAP bereitgestellte Dokumentation mit den entsprechenden Realisierungshinweisen (Zuordnungsdokumentation). Dabei handelt es sich konkret um die richtige Stelle – die Aktivität in der Einführungs-Checkliste des SAP-Systems – und um die dem Profil entsprechenden Inhalte (Parameterwerte), die einzustellen sind. Mit Durchgriff in das SAP-System kann in diesem eine projektspezifische Implementierungs-Checkliste konfiguriert werden. Daneben ermöglicht LIVE KIT Structure eine Vielzahl von Einzelauswertungen (z. B. relevante Materialstammfelder), die auch die Implementierungsphase erheblich verkürzen. Zur Umsetzung der technischen Profile durch eine Parameterkonfiguration konnte es für SAP ERP allerdings (noch) keinen Automatismus geben, da im SAP-ERP-System eine hinreichende Adaptionsschnittstelle zu den Customizing-Tabellen fehlt. Ein erster Ansatz ist die Verwaltung und Aktivierung von „Business Configuration Sets“ in SAP, die konzeptionell auf den betriebswirtschaftlichen Profilen aufbauen (siehe Kapitel 3.5). Seit der 2007 vorgestellten Neuentwicklung von SAP Business ByDesign gibt es erstmals einen „eingebundenen“ Anforderungsnavigator, der von Anfang an Bestandteil der Software-Architektur und des Entwicklungsprozesses der Software-Lösung ist. In Kooperation zwischen der SAP AG und IBIS Prof. Thome AG ist diese durchgängige Adaptionsfähigkeit - hier „Business Konfiguration“ genannt – für eine breite Unternehmenssoftware zum Produkt gereift. Den hier dargestellten Methoden der Anforderungsnavigation, die der Vereinfachung und Absicherung des Anforderungsabgleichs mit dem Kunden dienen, wurde weitgehend gefolgt. Darüber hinaus erlaubt die „Business Konfiguration“ auch die nahtlose technische Konfiguration eines Kundensystems von der Entscheidung bis zu den Parameterwerten (Customizing) konsequent zu automatisieren.
26
3.3
Referenzmodell
Abb. 9: Anforderungsnavigation in SAP Business ByDesign, Beispielpfad: Business Konfiguration ĺ Scoping ĺ Fachbereich Service, Auswahl der Einführungspakete Nach einer phasenweisen Einführung können organisatorische Änderungen im Produktivbetrieb auf Basis der im System abgelegten Spezifikationen schneller und flexibler durchgeführt werden. Betriebswirtschaftliche Anforderungen und Entscheidungen des Kunden sind damit explizit zum Bestandteil einer SoftwareLösung geworden. Zusätzlich zu einem Datenmodell ist es berechtigt, nun auch von einem Adaptionsmodell sprechen, das in der Lage ist, die Variabilität einer Lösung und die konkrete Ausprägung in einer Kundeninstanz zu repräsentieren.
3.3
Referenzmodell
Einführungstool
PPS-Referenzmodelle bilden im Idealfall sowohl betriebstyp- als auch branchenspezifische Funktionen und Geschäftsprozesse ab, die den Anwendern als Ausgangslösung für die eigene unternehmensindividuelle Gestaltung der Beschaffungs- und Produktionslogistik dienen können. Durch ein referenzmodellbasiertes Customizing lassen sich – die notwendigen Systemschnittstellen vorausgesetzt – die betrieblichen Soll-Geschäftsprozesse direkt in 27
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz einer Standardsoftware abbilden (vgl. [ScHW94]). Dies erfolgt durch einen Abgleich der im Modell abgelegten und evtl. unternehmensspezifisch modifizierten Referenzprozesse mit den in der Standardsoftware enthaltenen IV-Funktionen und erfordert eine Kopplung zwischen PPS-System und Modellierungswerkzeug, um die Customizinginformationen übergeben zu können. Allerdings muss auch nach vielen Jahren gesagt werden, dass eine solche Durchgängigkeit bisher ein Wunschtraum geblieben ist. Referenzmodelle unterstützen im Wesentlichen die Einführungsphase eines neuen PPS-Systems. In der Betriebsphase lassen sie sich hingegen kaum verwenden. Ihre besondere Stärke liegt in der Funktions- und Prozessauswahl. Indem sie dem Anwender eine Art Konfigurations-Template an die Hand geben, das er seinen unternehmensspezifischen Belangen anpasst, können sie sich verkürzend auf die Einführungsdauer auswirken. Eine Verbesserung der Einstellqualität ist jedoch nur insoweit möglich, als Referenzmodelle konsistente und reproduzierbare Parametereinstellungen fördern, indem sie z. B. gegenseitig unverträgliche Funktionskombinationen ausschließen. Keinerlei Konfigurationsunterstützung geben sie für metrisch skalierte Größen, wie z. B. den Sicherheitsbestand. Problematisch bei Prozess-Referenzmodellen ist das Fehlen von Informationen über Stammdaten, im Hintergrund ablaufende Algorithmen und betriebswirtschaftliche Auswertungen. Ferner gibt es einen großen Unterschied zwischen einem Ablaufmodell aus Anwendersicht und einem Konfigurationsmodell aus Software-Sicht. Im Konfigurationsmodell sollten die Parameterzusammenhänge detailliert modelliert sein, wohingegen die personellen oder nicht-konfigurierbaren Ablaufschritte uninteressant sind. Es ist jedoch sehr sinnvoll und auch möglich, Referenzmodelle mit Checklisten oder anderen Konfigurationshilfsmitteln zu kombinieren, um so den Einsatzbereich zu vergrößern. So konfiguriert LIVE KIT Structure aufgrund seiner Checklistenantworten das SAP-Referenzmodell im LIVE KIT Power. Ein weiteres Beispiel dafür stellen die SAP Best Practices (Vorbildlösungen) dar, also Hinweise auf besonders gute Lösungen, deren Inhalte im SAP Solution Manager verfügbar sind. Der SAP Solution Manager verknüpft Referenzstrukturen für bestimmte Szenarios mit dem Konfigurationswerkzeug „Implementation Guide“. Dass die Pflege und Integration von Referenzmodellen nicht einfach ist, zeigen unterschiedliche, zwischenzeitlich immer wie-
28
3.3
Referenzmodell
der eingestellte Ansätze der SAP AG: Business Navigator (1993), Business Engineer (1997), ASAP® (1999) und ValueSAP (2000). Ebenso ging der Trend weg von komplexen Semantiken wie Ereignis-Prozess-Ketten hin zu einfachen Strukturen oder Zuordnungsdiagrammen – wie in den sog. „Business Scenario Maps“ (vgl. [SAP08a]). Letztlich hat sich die Ebene der „Business Szenarios“ als die tiefste Ebene für den Referenzmodell-orientierten Ansatz durchgesetzt. Dies zeigt auch die jüngste Entwicklung der SAP, der sog. Lösungskonfigurator für All-in-One-Lösungen (siehe [SAP08b]).
Abb. 10: SAP All-in-One Lösungskonfigurator: Auswahl von Szenarios für die Produktionsplanung und -steuerung Nach Auswahl einer Branche und der Mitarbeiteranzahl werden von den verfügbaren dreizehn PPS-Szenarios neun zur Auswahl empfohlen. Für einen Automobilzulieferer mit 200 Mitarbeitern ermittelt der Lösungskonfigurator beispielsweise eine Kostenschätzung für Hardware, Software und Dienstleistung in Höhe von 322.400 Euro. Diese kaufmännische Transparenz ist zu begrüßen; inwieweit dies allerdings für einen konkreten Kunden realisierbar ist, bleibt offen. Interessant erscheint, dass für die Visualisierung dieser betriebstypologisch gegliederten Szenarios – unter „Informationsblatt anzeigen“ - klassische Flussdiagramme verwendet werden.
29
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz
3.4
Referenzsystem
Abgleich- und VerifikationsHilfe
Ein Referenzsystem (vorkonfiguriertes System) besteht aus einem oder mehreren lauffähigen Software-Mandanten mit Stamm- und Bewegungsdaten, enthält also fertig parametrierte Beispielunternehmen unterschiedlicher Branchen und Betriebstypen mitsamt ihrer Organisationsstruktur. Als Beispiel kann das Modellunternehmen IDES dienen, welches von der SAP AG für die SAP Business Suite sowie deren Vorgänger entwickelt wurde. In unterschiedlichen Mandanten enthält die Software u. a. einen Automobilzulieferer, der nach JIT-Prinzipien steuert, und einen Leuchtmittelhersteller, der Massenfertigung betreibt. Zu jedem der dort abgebildeten Unternehmen sind Stammdaten, wie z. B. Materialstämme oder Arbeitspläne, definiert. Das Customizing wurde ebenfalls in allen Mandanten komplett durchgeführt, so dass die Parameter mit ihren Initialwerten vorliegen (vgl. [Schr97]). Dadurch ist das System unmittelbar ablauffähig. Der Anwender kann einzelne Funktionen sofort testen und muss sie nicht erst einrichten. Er hat außerdem die Möglichkeit, bestimmte Systemeinstellungen direkt aus den vorhandenen Beispielen zu übernehmen und auf sein System zu übertragen. Diese Konfigurations-Templates mag er anschließend an seine eigenen unternehmensspezifischen Erfordernisse anpassen. Dieses „DeltaCustomizing“ wird allerdings dann sehr aufwändig sein, wenn die Unterschiede zu den eigenen Anforderungen zu groß sind. Ferner ist es schwierig, den Bezug zwischen den in der Modelllösung gesetzten Prämissen und den eigenen Anforderungen herzustellen, wenn keine entsprechende Dokumentation vorliegt. Eine Verbindung zu Checklisten und Konfigurationswerkzeugen ist deswegen notwendig. In diesem Sinne ist ein Referenzsystem als die konkretisierte Ausprägung eines Referenzmodells zu verstehen. Die Einsatzschwerpunkte weichen jedoch von denen des Referenzmodells ab. So ist es mit einem Referenzsystem kaum möglich, die Einführungsdauer zu verkürzen. Es eignet sich jedoch recht gut dazu, die eigenen Einstellungen zu verifizieren und abzugleichen. Da es sich um ein lauffähiges System handelt, sind sogar simulative Proberechnungen denkbar, die eine (allerdings nur eingeschränkt aussagekräftige) Prognose der Parameterwirkungen erlauben.
30
3.5
Business Configuration Sets
3.5
Business Configuration Sets
Adaptionsschnittstelle
Ein erster Schritt zu einer Adaptionsschnittstelle für betriebswirtschaftliche Profile wurde durch eine Kooperation zwischen der SAP AG und der IBIS Prof. Thome AG initiiert. Customizing-Einstellungen können prozessorientiert zu Business Configuration Sets (BC Sets) zusammengefasst werden. Beispiel: Die Preisfindung im Vertrieb wird definiert und gesteuert durch ein Kalkulationsschema mit vielen Konditionsarten, welche im Customizing über mehrere Tabellen eingestellt und zugeordnet werden müssen. In einem BC Set ist es möglich, alle notwendigen Einstellungen und Zuordnungen zu bündeln, um etwa ein „Kalkulationsschema für Variantenkonfiguration“ abzulegen. Beim Anlegen eines BC Sets werden Werte und Wertekombinationen aus den ursprünglichen Customizing-Tabellen in das BC Set kopiert und können im Kundensystem in die Tabellen eingespielt werden. Das Einspielen von BC Sets wird vom System protokolliert, d. h., es wird gespeichert, welches BC Set zu welchem Zeitpunkt in das System kopiert wurde und ob dieser Vorgang fehlerfrei verlief. Diese Informationen sind sowohl für spätere Anpassungen als auch für ein Upgrade von Bedeutung. Es kann so einheitlich und effizient konzernweit konfiguriert werden. Komplexe, übergreifende Customizing-Einstellungen lassen sich zusammenfassen und mit einer betriebswirtschaftlichen „Klammer“ versehen.
Einschränkungen
Trotz dieses Fortschritts gibt es einige Einschränkungen. So müssen beim Aktivieren Schlüsselwerte vergeben werden, wie z. B. Werksnummer oder Materialart; zusätzlich ist eine Prüfung auf Schlüsselkonflikte notwendig (Beispiel: Ist der Schlüssel für ein zu aktivierendes Kalkulationsschema frei? Gibt es den Schlüssel für eine benötige Konditionsart in der Konditionstabelle bereits?). Ferner muss geprüft werden, ob BC Sets richtig kombiniert wurden. Das Potenzial dieses SAP-Werkzeugs ist bei weitem nicht ausgereizt. Die Möglichkeiten, BC-Set-Hierarchien zu bilden oder die Plausibilität beim Einspielen zu überprüfen, sind wichtig. Beispielsweise wären die Konfiguration einzelner Stammdaten, ein Monitor oder gar Navigator mit Schnittstellen zu anderen Konfigurationswerkzeugen, die ein flexibles Auswählen und Einspielen von BC-Set-Kombinationen ermöglichen, wünschenswert. Auch ist die Einrichtung der BC Sets mit fixen Werten, 31
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz übersteuerbaren Vorschlägen oder mit von anderen BC Sets abhängigen Einstellungen noch nicht gelöst.
3.6
Ereignisgesteuertes Wissensbasiertes System
ProduktivbetriebsHilfe
Einen ereignisgesteuerten Konfigurationsansatz, bei dem ein Expertensystem nur dann eingreift, wenn es über ein vorgelagertes Diagnosesystem konkrete Fertigungsprobleme gemeldet bekommt, schlägt Hartinger vor (vgl. [Hart95]). Der von ihm entwickelte Prototyp PAREX-CI kann im laufenden Betrieb der PPSSoftware dazu eingesetzt werden, über die Konfiguration von Parametern bestehende Fertigungsprobleme (z. B. hohe Bestände oder lange Durchlaufzeiten) auszuregeln: Bei zu großen Abweichungen von einem vorgegebenen Sollwert greift das System ein, indem es solche PPS-Stellgrößen in ihrem Wert verändert, die sich voraussichtlich zur „Behandlung“ der Abweichungsursache eignen. Die ereignisgesteuerte Systematik ist im Gegensatz zu allen bisher geschilderten Konfigurationsansätzen ausschließlich in der Betriebsphase des PPS-Systems sinnvoll. Dort eignet sie sich zur automatischen Produktionsregelung, bei der die geänderten dispositionsrelevanten Parameter gezielt einzelne Kenngrößen beeinflussen. Für jeden einzustellenden Parameter können in einer Wissensbasis Konfigurationsregeln hinterlegt werden, mit denen sich die Einstellungen beliebig oft reproduzieren lassen. Gleichzeitig dient die Wissensbasis der Dokumentation des Einstellund Parameterwirkungswissens. Da das System bei Fertigungsproblemen automatisch eingreift und über BDE-Rückmeldungen laufend über den Erfolg der Anpassungen informiert wird, lässt sich so die Einstellqualität dokumentieren, kontrollieren und schrittweise verbessern.
3.7
PPS-Simulation
Phasenübergreifendes Werkzeug
Simulationen können nicht unmittelbar zur Konfiguration von PPS-Systemen herangezogen werden. Mit ihrer Hilfe lassen sich jedoch die Konfigurationsalternativen bewerten und vergleichen. Das auf diese Weise generierte Parameterwirkungswissen mag man dann direkt oder indirekt (z. B. über ein regelbasiertes System) zur Einstellung der PPS-Software verwenden. Da PPS-Simulationen primär zur Wissensakquisition dienen, können sie phasenübergreifend eingesetzt werden. Sie eignen
32
3.7
PPS-Simulation
sich sowohl zur Funktionsauswahl und -parametrierung in der Einführungsphase als auch zur Produktionsregelung und Systemoptimierung während der Betriebsphase. Die zeitintensiven Simulationsexperimente verkürzen zwar nicht die Einführungsphase, sie verbessern jedoch die Einstellungsqualität. Die besondere Stärke der Simulation liegt in der Möglichkeit, die geplanten Parameteränderungen an einem Modell der Fertigung risikolos zu verifizieren. Hiermit grenzt sich die PPS-Simulation von allen anderen Konfigurationsansätzen ab, die keine Möglichkeit zur Abschätzung der Konfigurationsrisiken bieten. Detaillierte Wirkungsanalysen von Parametern erfordern eine Kopplung von Simulator und PPS-System. Bei diesem Simulationstypus handelt es sich um einen so genannten Probebetrieb (im Gegensatz zu auch bisher schon üblichen Proberechnungen innerhalb eines PPS-Systems; zur Unterscheidung vgl. [Wien90]). Simulationsumgebung
Für die von uns durchgeführten Simulationen wurde als PPS-System die Produktionsplanungskomponente der Standardsoftware SAP ERP herangezogen. Die Simulationen erfolgten mithilfe von zwei Komponenten (vgl. Abb. 11): PPS-System mit INSPECT
PPS-Simulationsumgebung SzenarioSzenarioadministration administration Versuchsplanung Versuchsplanung SzenariodatenSzenariodatenverwaltung verwaltung
Simulator Simulator // SimulationsSimulationsmodell modell
Ablaufsteuerung
PPSPPSInterface Interface Parameter Parameter
PrimärPrimärbedarfe bedarfe
BDEBDEDaten Daten
Ergebnisanalyse Ergebnisanalyse
INSPECT INSPECT
P ara _1
P ara _2
Par a_N
PPSParameterwerte
SAPSAPSystem System
PlanPlanaufträge aufträge PPS-DB
Abb. 11: Komponenten der PPS-Simulationsumgebung
33
3
Konfigurationshilfsmittel als Lösungsansatz n
Konfiguration und Clustering Diese Aufgabe übernimmt INSPECT, ein Integriertes Parametereinstellungs- und -controlling-Tool, das als Addon des PPS-Systems konzipiert wurde. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Konfigurationskomplexität zu verringern, indem man insbesondere die zahlreichen Stammdaten in Clustern zusammenfasst. Parametereinstellungen geschehen daher z. B. nicht mehr für jeden Teilestamm separat, sondern es werden einheitliche Parameterwerte für ganze Teilecluster vergeben. Hiermit reduzieren sich die konfigurationsrelevanten PPS-Objekte, und die Anzahl der Simulationsexperimente kann auf ein erträgliches Maß verringert werden (vgl. [DiMe95]).
o
PPS-Simulationsumgebung Die Überprüfung unterschiedlicher Parametereinstellungen auf Wirtschaftlichkeit ist Aufgabe der PPS-Simulationsumgebung. Sie besteht aus insgesamt drei Teilen. Die Szenarioadministration verwaltet die einzelnen Simulationsexperimente. Dies beinhaltet sowohl die Versuchsplanung und die Pflege der einzelnen Simulationsszenarios als auch die Ergebnisanalyse und Dokumentation der Ergebnisdaten von Simulationsläufen. Als Verbindungsglied zum PPS-System dient ein PPS-Interface, das die Datenkommunikation zur Produktionsplanungskomponente aufbaut. Die dritte Komponente wird durch den Simulator und das in ihm enthaltene Modell gebildet.
Unter Verwendung echter Daten, die uns ein Zweiradhersteller zur Verfügung stellte, entstand zunächst ein Modellbetrieb mit praxisgerechter Struktur und Größe, den wir anschließend in ein Simulationsmodell überführten. Der modellierte Produktionsbereich entspricht einer realen Fertigung mit 39 Betriebsmittelgruppen. Seine Produktpalette umfasst sieben Zweiradmodelle mit insgesamt 49 Varianten. Sämtliche 34
3.7
PPS-Simulation
Stammdaten sind auch noch einmal im angekoppelten PPS-System abgelegt. In die Simulationsumgebung wurde außerdem eine Ablaufsteuerung integriert. Sie hat die Aufgabe, den Austausch von Daten zwischen den einzelnen Funktionskomponenten und dem PPS-System zu synchronisieren.
35
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Ehe die Parameter der Materialdisposition festgelegt werden können, sollte – im Rahmen einer Anforderungsanalyse – eine Reihe vorgelagerter Themen betrachtet werden. Diese Vorentscheidungen sind mit ihren Konsequenzen hier gemäß der in Kapitel 3.2 geschilderten Methodik der Anforderungsnavigation dargestellt. Es wurden die wichtigsten Komponenten und betriebswirtschaftlichen Profile mit Bezug zum Thema aus dem Kontext des Werkzeugs LIVE KIT Structure herausgegriffen und für eine sequenzielle Darstellung überarbeitet. Bei Profilen werden zwei Arten des Bezugs zu SAP unterschieden: „Umfang“ (auf einer gröberen, betriebswirtschaftlichen Ebene) und „Implementierung“ (im Hinblick auf konkrete (Detail-)Einstellungen).
4.1
SAP-ERP-Komponenten mit Bezug zur Disposition Eine Betrachtung dispositionsrelevanter Software-Komponenten beginnt in der Organisation und reicht bis in den Verkauf. Als Erstes sind demnach grundsätzliche Themen wie die Organisationsstruktur und Stammdaten in der Materialwirtschaft festzulegen. Danach folgen die Stammdaten der Produktionsplanung und -steuerung, bevor entlang der MRP II-Logik insbesondere die Disposition geklärt werden kann. Wichtige integrative Fragestellungen zur Bedarfsübergabe in die Disposition folgen dann u. a. im Verkauf (siehe Tabelle 1). Abb. 12 zeigt, wie der Umfang eines konkreten Einführungsprojekts mit LIVE KIT Structure festgelegt wird. Die Eingabemaske listet links alle Fachbereiche mit Bezug zur Materialdisposition auf, rechts sind beispielhaft für die Materialdisposition die Einzelkomponenten zu sehen. Bereits hier könnten auf Komponentenebene die „Bedarfsgesteuerte Disposition“, die „Prognose“ oder „KANBAN“ eliminiert werden, falls diese Themen für einen Anwender nicht relevant sind.
37
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Abb. 12: Festlegung des Projektumfangs in LIVE KIT Structure Die minimale Komponentenauswahl hätte lediglich 146 Checklistenfragen und Zuordnungen zum Gegenstand. Wählt man in den ausgewählten Fachbereichen auch alle optionalen Komponenten aus, die einen Bezug zur Disposition haben, so käme man auf 505 Entscheidungen (siehe Abb. 12). Dieser Unterschied zeigt die hohe Skalierbarkeit der SAP-Lösung. Anders ausgedrückt: Für über 70% der Möglichkeiten der Disposition sollte zunächst geklärt werden, ob sie für ein Unternehmen grundsätzlich in Frage kommen. Tabelle 1 enthält eine Liste der relevanten Fachbereiche zusammen mit ihren Komponenten und knappe Bemerkungen zu den Auswirkungen auf die Disposition. Tabelle 1: Überblick über Komponenten dispositionsrelevanter Fachbereiche Fachbereich
Komponente (Typ)
Auswirkungen auf die Konfiguration der Disposition
Organisation
SD-Vertrieb, MM-Materialwirtschaft, u. a.
Die Organisationsstruktur des Vertriebs erlaubt es, vertriebsrelevante Dispositionsparameter nach Verkaufsorganisation oder Sparten zu differenzieren. Die Organisationsstruktur der Materialwirtschaft gestattet es, Dispositionsparameter nach Werken oder Lagerorten zu differenzieren (siehe Kapitel 4.2).
38
4.1
SAP-ERP-Komponenten mit Bezug zur Disposition
Logistik Allgemein
Materialstamm, Chargen (optional), Variantenkonfiguration (optional)
Im Materialstamm ist die Gesamtheit aller Informationen über sämtliche Materialien hinterlegt, die ein Unternehmen beschafft, fertigt, lagert und verkauft. Der Materialstamm ist die zentrale Quelle zum Abruf dispositionsrelevanter Daten und wird von sämtlichen Komponenten des SAP-Logistiksystems genutzt. Er hat Auswirkungen auf die Konfigurationsmöglichkeiten im Kundenauftrag (siehe Kapitel 4.2.4).
Bestandsführung/ Inventur
Wareneingang, Warenausgang/Umbuchung, Reservierung (optional), Inventur, Bewegungsarten, Berichte und Nachrichten, Bestandsführung
Innerhalb der Bestandsführung werden die physischen Bestände verwaltet durch: mengen- und wertmäßige Führung der Materialbestände, Planung, Erfassung und Nachweis aller Warenbewegungen sowie Inventur. Aktuelle Bestandsinformationen sind die Voraussetzung für die Disposition. Bei einer fehlerhaften oder zu späten Verbuchung von Warenbewegungen können Probleme bei Monatsabschlüssen und Verfügbarkeitsprüfungen auftreten. Insgesamt steigt die Tendenz zu Überbeständen, wenn aufgrund von Unsicherheiten mit Puffern gearbeitet werden muss. Von Interesse für einen reibungslosen Produktionsablauf ist auch eine effiziente Fehlteileabwicklung. Ausstehende kritische Zulieferteile machen eine schnelle Reaktion in der Disposition notwendig. Der Wareneingang und die Verfügbarkeit von Fehlteilen müssen direkt vom Disponenten verfolgt werden.
Stammdaten Produktionsplanung
Stammdaten sind für die Produktion zwingend erforderlich, Produktionsprozess, da ohne sie weder ein Enderzeugnis hergestellt, noch die Stücklisten (optional), Arbeitsplätze (optional), Absatzmenge eingeplant werden kann (siehe Kapitel 4.3). Arbeitspläne (optional) und Fertigungshilfsmittel (optional)
Absatz- und SOP-Stammdaten, Grobplanung Planung, Distributionsplanung (optional), Prognose (optional) und Integration (optional)
Die Absatz- und Produktionsgrobplanung (SOP) stellt ein Planungs- und Prognosewerkzeug dar, das zur Festsetzung der Ziele in der gesamten logistischen Kette dient. Sie hat sowohl Möglichkeiten für eine Grobplanung, z. B. auf der Ebene von Produktgruppen, als auch für die Feinplanung, z. B. mit Zugriff auf Daten des Arbeitsplans. Zu Grunde liegen ähnliche Instrumente wie in der Materialdisposition, die hier jedoch eine Planung auf einer höheren Ebene erlauben (siehe Kapitel 4.4).
Produktionsplanung
In der Produktionsplanung wird der Absatz- und Produktionsgrobplan unter Berücksichtigung des aktuellen Lagerbestands, des Ziellagerbestands, der Zielreichweite und der bereits vorhandenen Kundenaufträge in ein Produktionsprogramm überführt.
Planungsstrategien, Programmplanung (optional), Leitteileplanung (optional) und Serienplanung (optional)
Die Produktionsplanung wird zur Einplanung der gewünschten Absatzmenge in das bestehende Produktionsprogramm unter Berücksichtigung der vorhandenen Kapazitäten benötigt.
39
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Kernelement sind die Planungsstrategien, die betriebswirtschaftlich sinnvolle Vorgehensweisen für die Planung eines Materials repräsentieren (siehe Kapitel 4.5). Materialdisposition
Bedarfsgesteuerte Disposition (optional), Stammdaten, Planungslauf, Prognose (optional), Planaufträge, Berichte und KANBAN (optional)
In der Materialdisposition wird der Produktions- und Beschaffungsplan für die Materialien eines Werks erstellt. Es gibt zwei Arten der Disposition: die verbrauchsgesteuerte und die bedarfsgesteuerte Materialdisposition. Aufgabe der Disposition ist die Generierung von Beschaffungsvorschlägen für Einkauf und Fertigung (siehe Kapitel 5).
Fertigungssteuerung
Fertigungsauftrag, Vorgänge zur Fertigungssteuerung u. a.
Ein Fertigungsauftrag legt fest, welches Material an welcher Stelle mit welcher Leistung zu welchem Termin gefertigt werden soll. Er determiniert zusätzlich, welche Ressourcen eingesetzt werden müssen und wie die Auftragskosten zu verrechnen sind. Sobald aus vorgelagerten Planungsstufen ein Planauftrag oder eine betriebsinterne Anforderung vorliegt, übernimmt die Fertigungssteuerung die vorliegenden Informationen und ergänzt diese um auftragsrelevante Daten, um eine komplette Auftragsabwicklung zu gewährleisten.
Kapazitätsplanung
Verkauf
Kapazitätsbedarfe, Kapazitätsauswertung, Kapazitätsabgleich (optional) sowie Listen und Berichte
Die Kapazitätsplanung ist ein Instrument zur Ermittlung des Kapazitätsangebots und -bedarfs und zum Kapazitätsabgleich. Sie wird in jedem Planungsbereich der Produktion angewandt.
Verfügbarkeitsprüfung/ Bedarfsübergabe (optional) u. a.
Bei der Bedarfsübergabe aus dem Verkauf wird die Bedarfsplanung über die Mengen und Termine informiert, die der Vertrieb benötigt, um eingegangene Aufträge beliefern zu können. Je nach Bedarfsart und Dispositionsparameter der angeforderten Materialien werden unterschiedliche Dispositionsverfahren umgesetzt (siehe Kapitel 4.7).
Die Kapazitätsauswertung und der Kapazitätsabgleich sind die wesentlichen Elemente der Kapazitätsplanung. Gemäß MRP II-Konzept findet die Kapazitätsplanung auf jeder Planungsstufe statt und ist somit nicht eindeutig zuzuordnen. (Ein Beispiel für die Produktionsgrobplanung findet sich in Kapitel 4.4.2.)
Hier nicht aufgeführt sind Möglichkeiten von Advanced-Planning-Systemen (vgl. Abschnitt 1.2.3).
40
4.2
4.2
Organisation und Materialarten
Organisation und Materialarten Für die in Tabelle 1 angeführten Fachbereiche Organisation und Logistik Allgemein sind im Folgenden wichtige Entscheidungen in Form von betriebswirtschaftlichen Profilen und Reduktionsfragen genannt, die Einfluss auf die Disposition haben.
4.2.1
Werksanzahl aufgrund von Standorten Mit diesem Element kann das Unternehmen seine Betriebsstätten- und Werksstruktur mit den planerischen Anforderungen in Einklang bringen. Aus Sicht der Disposition mag ein wichtiger Anforderungsschwerpunkt darin bestehen, eine unabhängige Planung für bestimmte Bereiche eines Unternehmens durchführen zu können. Zudem lassen sich gemeinsame Planungen für räumlich verteilte Betriebsstätten umsetzen. Tabelle 2 zeigt, wie die Struktur der im System einzurichtenden Werke festgelegt werden kann.
Tabelle 2: Zuordnungselement zur Organisationsstruktur in der Materialwirtschaft Ebene: Implementierung Profile zur Werksanzahl im Zusammenhang mit Standorten 1
2
Standortspezifisches Werk
Ein einziger Standort, für den nur ein Werk definiert wird. Verwendung: Diese Lösung empfiehlt sich, falls innerhalb des einzigen Standorts keine unterschiedliche Produktionsplanung oder Disposition durchgeführt werden muss.
StandortüberEin Werk für mehrere Standorte. greifendes Werk Zusammenfassung von mehreren Standorten in einem Werk für eine einheitliche, standortübergreifende Produktionsplanung und Disposition. Verwendung: Ein übergreifendes Werk ermöglicht eine hohe Integration zwischen den Produktionsstandorten. Durch die Zusammenfassung in einem Werk können eine einheitliche, standortübergreifende Produktionsplanung und Disposition durchgeführt werden.
41
4
3
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Ein Standort mit Mehrere Werke je Standort. Betriebsteilen Es ist ein Standort vorhanden; dieser umfasst allerdings mehrere Betriebsteile, für die jeweils ein eigenes Werk eingerichtet werden soll. Verwendung: Diese Art der Organisationsgestaltung in der Materialwirtschaft ermöglicht es, innerhalb eines Standorts mehrere, voneinander unabhängige Produktionsplanungen, Dispositionen und getrennte Bestandsführungen abzubilden.
4
Standortspezifische Werke
Für die vorhandenen Standorte soll jeweils ein eigenes Werk eingerichtet werden. Verwendung: Dies ist zu empfehlen, um bei mehreren Standorten unterschiedliche Verfahren zur Produktionsplanung und Disposition anzuwenden oder heterogenen Anforderungen an die Bestandsführung Rechnung zu tragen. Bei gleichen Materialien können pro Werk auch andere Dispositionsparameter im Material(werks)stamm gesetzt werden.
Anforderungsnavigation Über die Disponentengruppen können die Zuständigkeiten für die Disposition der Materialien direkt an einzelne Personen oder Mitarbeitergruppen verteilt werden. Sie sind für die Disposition der ihnen im Materialstammsatz zugewiesenen Materialien verantwortlich. Wechselwirkung(en) Hier wird festgelegt, ob einheitliche oder stark differenzierte Dispositionen einzurichten sind. Einführungs- und Pflegekosten steigen mit der Anzahl von Werken. Da die Dispositionssichten im Materialstammsatz werksabhängig sind, können die Dispositionsparameter pro Werk unterschiedlich eingestellt werden. Die Notwendigkeit und der Nutzen dieser Differenzierung müssen geprüft werden, letztlich nach Klärung aller Anforderungen.
42
4.2
4.2.2
Organisation und Materialarten
Werke und Lagerortorganisation Lagerorte sind die physisch vorhandenen Lagerkomplexe innerhalb eines Werks. Pro Werk können ein oder mehrere Lagerorte eingerichtet werden. Auf Ebene der Lagerorte lassen sich Bestände führen und Dispositionen durchführen. Tabelle 3 zeigt auf, wie Lagerorte innerhalb der angelegten Werke strukturiert werden können.
Tabelle 3: Zuordnungselement zur Organisationsstruktur der Materialwirtschaft (II) Ebene: Implementierung Profile zu Werken und Lagerorten 1
Einfache Lagerortorganisation
Es ist ein Werk vorhanden, für das ein Lagerort eingerichtet werden soll. Verwendung: Ein globaler Lagerort pro Werk ist ausreichend, wenn keine besonderen Anforderungen an eine differenzierte Disposition, Bestandsführung, physische Lokalisierung oder an die Verfolgung von Warenbewegungen bestehen.
2
Differenzierte Lagerortorganisation
Ein Werk soll mit mehreren Lagerorten eingerichtet werden. Verwendung: Es können beliebig viele Lagerorte zu einem Werk angelegt werden. Bestimmte Lagerortbestände für das gleiche Material lassen sich getrennt disponieren (die Bedarfsplanung erfolgt normalerweise auf Werksebene). So können z. B. Produktionslagerbestände abgebildet werden, die automatisch von Zentrallagern aufgefüllt werden sollen. Ein Lagerort kann nur einem Werk zugeordnet werden. Nur über das Lagerverwaltungssystem darf ein Lagerort mehreren Werken zugeordnet werden.
3
Dezentrale Lagerortorganisation
Für mehrere Werke soll jeweils ein Lagerort eingerichtet werden. Verwendung: Wie Profil 1.
4
Komplexe Lagerortorganisation
Für mehrere Werke sollen je ein oder jeweils mehrere Lagerorte eingerichtet werden. Verwendung: Wie Profil 2. 43
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Anforderungsnavigation Bei einem Werk ist Profil 1 oder 2 anwählbar; bei mehreren Werken 3 oder 4. Profil 1 und 2 schließen sich gegenseitig aus. Wechselwirkung(en) Hier wird festgelegt, ob eine einheitliche oder stark – sogar nach Lagerorten – differenzierte Disposition eingerichtet wird. Einführungs- und Pflegekosten steigen mit der Anzahl von Werken und Lagerorten. Die Dispositionsparameter im Materialstammsatz sind werksabhängig, allerdings können bei Lagerortdisposition bestimmte Parameter wie Meldebestand, Beschaffungsart und Auffüllmenge pro Lagerort gesondert festgelegt werden. Die Notwendigkeit und der Nutzen dieser Differenzierung müssen geprüft werden. Die Differenzierung nur über Lagerorte ist insgesamt mit weniger Konfigurationsaufwand verbunden als über Werke und deswegen zu bevorzugen.
4.2.3
Bedarfsplanung mit Dispositionsbereichen Dispositionsbereiche sind selbstständig disponierende Organisationseinheiten (z. B. Fertigungsinseln mit eigenen Disponenten), für die eine eigenständige Bedarfsplanung durchgeführt werden kann. Die Ergebnisse des Planungslaufs werden gezielt für den einzelnen Dispositionsbereich ausgewiesen. Welche Alternativen es bei der Verwendung von Dispositionsbereichen gibt, erläutert Tabelle 4.
Tabelle 4: Zuordnungselement zur Bedarfsplanung mit Dispositionsbereichen Ebene: Implementierung Profile zur Bedarfsplanung mit Dispositionsbereichen 1
WerksDispositionsbereich
Eine Unternehmensstruktur mit vielen Werken, für die jeweils eine Bedarfsplanung durchgeführt wird. Verwendung: Es ist möglich, die Bedarfsplanung getrennt für definierte Dispositionsbereiche durchzuführen. So erzeugen Dispositionsbereiche innerhalb eines Werks mehr Transparenz und eine größere Differenzierung in der Materialbedarfsplanung. Bei vielen Werken ist die Einrichtung eines Dispositionsbereichs pro Werk sinnvoll, um beim Planungslauf eine kürzere Berechnungszeit zu erreichen.
44
4.2 2
Dispositionsbereiche für Lagerorte
Organisation und Materialarten
Eine Unternehmensstruktur mit einem oder mehreren Werken mit jeweils mehreren Lagerorten, für die eine separate Bedarfsplanung durchgeführt wird. Verwendung: Ein Dispositionsbereich kann aus einem bestimmten Lagerort bestehen, es können aber auch mehrere Lagerorte zu einem Dispositionsbereich zusammengefasst werden.
3
Dispositionsbereich für Lohnbearbeiter
Getrennte Bedarfsplanung für die Beistellkomponenten von Lohnbearbeitern. Verwendung: Für jeden Lohnbearbeiter kann ein Dispositionsbereich definiert und die Lieferantennummer des Lohnbearbeiters zugeordnet werden.
Anforderungsnavigation Profil 2 ist nur sinnvoll, wenn mehrere Lagerorte pro Werk existieren. Wechselwirkung(en) Dispositionsbereiche erlauben eine differenziertere Steuerung der Bedarfsplanung, z. B. für einzelne Montagelinien. Sie sind eine Alternative zur sehr aufwändigen Einrichtung eines weiteren Werks, wenn eigenständig geplant werden soll und keine abweichenden Dispositionsparameter im Materialstamm eingestellt werden müssen. Die Zusammenfassung von Lagerorten zu einem Dispositionsbereich vereinfacht wiederum die Einlastung von Dispositionsläufen, wenn viele Lagerorte aus anderen Gründen (z. B. Lokalisierung im Werksgelände) einzurichten sind.
4.2.4
Materialarten Zur einheitlichen Verwaltung gemäß betriebswirtschaftlichen Anforderungen können Materialien gleicher Eigenschaften – z. B. bezüglich der Disposition – in Gruppen eingeteilt und einer Materialart zugeordnet werden (siehe Tabelle 5). In Abhängigkeit von der Materialart wird so beispielsweise bestimmt, ob interne bzw. externe Bestellungen erlaubt, mit einer Warnung zu versehen oder generell nicht zulässig sind. Ferner können die Muss-, Kann- oder Anzeigefelder einzelner Sichten des Materialstamms festgelegt werden.
45
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Tabelle 5: Übersicht zu den Materialarten in der Materialwirtschaft SAPSchlüssel
Bezeichnung
Erklärung
CONT
KANBAN-Behälter
für Verwaltung von Gewichts- und Abmessungsdaten
DIEN
Dienstleistungen
Fremdbeschaffung; keine Lagerung
ERSA
Ersatzteile
nur Fremdbeschaffung; dienen der Instandhaltung
FERT
Fertigerzeugnisse
vom Unternehmen selbst hergestellt; keine Fremdbeschaffung möglich
FHMI
Fertigungshilfsmittel
Fremdbeschaffung; Einsatz zur Fertigung von Erzeugnissen; keine Verkaufsdaten
HALB
Halbfabrikate
Fremdbeschaffung mit Weiterverarbeitung im Unternehmen oder Eigenfertigung
HAWA
Handelswaren
immer Fremdbeschaffung und Verkauf
HIBE
Hilfs- und Betriebsstoffe
Fremdbeschaffung; benötigt zur Fertigung anderer Erzeugnisse; keine Verkaufsdaten
IBAU
Instandhaltungsbaugruppe
Baugruppen zur Instandhaltung
INTR
Intramaterial
tritt lediglich temporär zwischen zwei Prozessschritten in Erscheinung
KMAT
Konfigurierbares Material
benötigt zur Variantenkonfiguration
LEER
Leergut
für Handels- und für Produktionsunternehmen
NLAG
Nichtlagermaterial
keine Lagerhaltung, sondern sofortiger Verbrauch
PIPE
Pipeline-Material
Verwendung in der Prozessindustrie bei Zulieferung von Gasen und Flüssigkeiten durch Rohre; weder wert- noch bestandsmäßige Führung
PROC
Prozessmaterial
Dummy-Materialart für die Verwaltung von Stücklisten für anfallende Kuppelprodukte, weder mengen- noch wertmäßige Führung
PROD
Produktgruppe
dient der Disposition auf Produktgruppenebene
ROH
Rohstoffe
ausschließlich Fremdbeschaffung und Weiterverarbeitung; keine Verkaufsdaten
UNBW
unbewertete Materialien
Materialien, die mengenmäßig, aber nicht wertmäßig geführt werden
VERP
Verpackungsmaterialien
Verwendung zum Transport von Waren; kostenlose Beigabe
WERB
Werbegeschenke
zur Verwaltung von Werbegeschenken
WETT
Wettbewerberprodukte
eigene Materialstammsätze für Wettbewerberprodukte, die z. B. die Konstruktion zum Vergleich anschafft
46
4.2
Organisation und Materialarten
Die Materialarten können hinsichtlich Unternehmenstypen in fünf Profile eingeteilt werden (siehe Tabelle 6). Tabelle 6: Zuordnungselement zu den Materialarten Ebene: Umfang Profile zu Materialarten 1
Klassischer Handel
Materialarten für Handelsunternehmen: Handelsware und Verpackungsmaterial. Verwendung: Die Sichten Arbeitsvorbereitung, Fertigungshilfsmittel und Kalkulation werden ausgeblendet; interne Bestellungen sind nur für Verpackungen bedingt möglich.
2
Assembler
Materialarten für Unternehmen mit einfacher Montage: Fertigungshilfsmittel, Fertigerzeugnisse, Halbfabrikate, konfigurierbares Material und Verpackung. Verwendung: Diese Zusammenstellung ist ein Einstieg für Fertigungsunternehmen. Eine weitere Materialart kann jederzeit ergänzt werden.
3
Klassische Fertigung
Materialarten für Fertigungsunternehmen: Ersatzteile, Fertigerzeugnisse, Fertigungshilfsmittel, Halbfabrikate, Hilfs-/Betriebsstoffe, Instandhaltungsbaugruppen, konfigurierbares Material, Rohstoffe, unbewertetes Material und Verpackung. Verwendung: Diese Zusammenstellung ist die Maximallösung für Fertigungsunternehmen.
4
Dienstleistung
Materialarten für Dienstleistungsunternehmen. Verwendung: Nur die Sichten Buchhaltung, Disposition, Konstruktion und Vertrieb können gepflegt werden; interne Bestellungen sind nicht erlaubt.
5
Prozessfertigung Materialarten für Prozessfertiger: Pipeline-Material. Verwendung: Für Materialien, die weder beschafft noch disponiert werden und jederzeit in einer beliebigen Menge aus der Pipeline entnommen werden können.
Anforderungsnavigation Die Profile 2 und 3 schließen sich gegenseitig aus. Die restlichen Materialarten (Leergut, Nichtlagermaterial, Produktgruppe und Wettbewerberprodukt) lassen sich aus Reduktionsfragen ableiten. 47
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Wechselwirkung(en) Jede Materialart kann einer Dispositionsgruppe zugeordnet werden. Eine Dispositionsgruppe hat bestimmte Steuerungsparameter wie Erstellungskennzeichen für den Planungslauf, Planungshorizont, Terminierung etc. Werden keine Dispositionsgruppen gepflegt, so gelten die sog. Werksparameter. Die Relevanz der verbleibenden, im System angelegten Materialarten lässt sich aus Reduktionsfragen ableiten. Während die Entscheidung über die Verwendung von „Leergut“ und „Wettbewerberprodukt“ in Vertrieb oder Konstruktion erfolgt, muss die Materialart „Nichtlagermaterial“ immer dann übernommen werden, wenn Direktbeschaffungen durchgeführt werden sollen. „Produktgruppen“ werden zur Durchführung der Absatz- und Grobplanung auf Produktgruppenebene benötigt. Die Materialart „Prozessmaterial“ ist wichtig für Prozessfertiger.
4.2.5
Zusammenspiel der behandelten Profile Abb. 13 zeigt die Zusammenhänge der bisher behandelten Profile zur Organisation und zu Materialarten auf. Für Werke und Lagerorte können unterschiedliche Dispositionsparameter pro Material definiert werden. Materialarten beeinflussen die Parameter durch Vorgaben. Dispositionsbereiche erlauben eigene Planungsläufe auch unterhalb der Werksebene.
W erk 1
Lagerort 1
DispositionsBereich 1
Lagerort 2 Lagerort 3 Lagerort n
Materialart
DispositionsBereich 2
W erk 2
W erk n
Dispoparameter eines Materials
Abb. 13: Zusammenhänge von Organisations- und Materialarten
48
4.3
4.3
Produktion
Produktion Der Funktionsbereich Produktion beschreibt die physische Entstehung industrieller Produkte. Dies bedeutet zum einen die Beund Verarbeitung von Rohstoffen zu Halb- und Fertigfabrikaten, zum anderen die Planung, Durchführung und Kontrolle. Die Spezifikation des Produktionsprozesses bietet einige Möglichkeiten. Hier sind aufgeführt: n die Gestaltung des Produktionsablaufs, z. B. über Fertigungsaufträge, verknüpfte Aufträge oder Serienaufträge, und o die Planung in der Produktion, wie z. B. MRP II.
4.3.1
Produktionsablauf Tabelle 7 gibt Aufschluss darüber, welche Möglichkeiten bei der Gestaltung des Produktionsablaufs zur Verfügung stehen.
Tabelle 7: Zuordnungselement zum Produktionsablauf Ebene: Umfang Profile zum Produktionsablauf 1
Fertigungsaufträge
Standard-Produktionsablauf über Fertigungsaufträge. Verwendung: Ein Fertigungsauftrag legt fest, welches Material wo mit welchen kalkulierten Leistungen zu welchem Termin gefertigt werden soll. Er determiniert zusätzlich, welche Ressourcen eingesetzt und wie die Auftragskosten verrechnet werden müssen.
2
Verknüpfte Aufträge
Auftragsnetz von Plan- oder Fertigungsaufträgen über mehrere Fertigungsstufen hinweg. Verwendung: Empfiehlt sich, wenn in Fertigungsaufträge Komponenten einfließen, die ebenfalls gefertigt, aber nicht auf den Bestand gebucht werden. Dadurch können die Komplexität für die Disposition und die Anzahl von zu buchenden Warenbewegungen verringert werden.
49
4
3
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Serienfertigung
Einsatz der Serienfertigung zur Produktionsplanung und Fertigungssteuerung. Verwendung: Sowohl bei reiner Lagerfertigung als auch bei kundenauftragsbezogener Fertigung, wenn folgende Eigenschaften zutreffen: a) Es wird nicht in abgrenzbaren Losen, sondern in einem bestimmten Zeitraum eine Gesamtmenge mit einer Produktionsrate pro Teilperiode produziert. b) Die Erzeugnisse durchlaufen während der Fertigung die Maschinen und manuellen Arbeitsplätze immer in gleicher Reihenfolge. c) Einfache, nur geringfügig variierende Arbeitspläne.
4
Abwicklung der Chargenfertigung in der Prozessfertigung über Produktionskampagnen.
Kampagne
Verwendung: Vor allem für diskontinuierlich arbeitende Betriebe in der Prozessfertigung. Anforderungsnavigation Profil 3 setzt voraus, dass die Komponente „Serienfertigung“ gewählt wurde. Wechselwirkung(en) Die klassische Materialdisposition geht von einem Fertigungsauftrag aus. Bei den anderen Arten des Produktionsablaufs müssen Besonderheiten beachtet werden: Auftragsnetze von Plan- und Fertigungsaufträgen ermöglichen die Abbildung eines mehrstufigen Fertigungsprozesses ohne Lagerbewegungen. Die Serienfertigung besitzt eine eigene Planung und Steuerung, die Kampagne ebenfalls.
4.3.2
Planung in der Produktion Auch nachdem der Produktionsablauf grundsätzlich festgelegt wurde, bestehen noch einige Handlungsalternativen bezüglich der eigentlichen Produktionsplanung. Tabelle 8 listet diese auf.
50
4.3
Produktion
Tabelle 8: Zuordnungselement zur Planung in der Produktion Ebene: Umfang Profile zur Planung in der Produktion 1
MRP II-Konzept
Verfahren innerhalb der Materialbedarfsplanung, das alle zukünftigen Bedarfe (Planprimärbedarf, Sekundärbedarf usw.) bei der Erzeugung von Bestellvorschlägen und Fertigungsaufträgen berücksichtigt. Verwendung: Anwendung bei Teilen, die eine hohe Kapitalbindung haben, die viel Lagerplatz benötigen oder verderblich sind.
2
Distributionsplanung
Vorausplanung des Kundenbedarfs in Distributionszentren und Bereitstellung von Enderzeugnissen am Ort und zum Zeitpunkt des Bedarfs. Verwendung: Anwendung bei hohen Anforderungen an die Lagerhaltung und Distribution.
3
Planung von Produktionslosen
Produktionslose sind bestimmte Produktionsmengen von Enderzeugnissen und Halbfertigteilen, die gemeinsam geplant, gefertigt und kalkuliert werden. Verwendung: Bei ständigen Änderungen der Stücklisten und Arbeitspläne können so Plan- und Istkosten je Los differenziert ermittelt werden. Produktionslose bieten auch die Möglichkeit, eine Projekteinzelfertigung in Planung und Produktion, etwa von Baugruppen, mit z. B. einer Lagerfertigung auf Enderzeugnisebene zu kombinieren. Für Industrieunternehmen, wie Maschinenbauer, die bei einem Enderzeugnis ständig Baugruppen verbessern, ist dieses Profil sinnvoll.
Anforderungsnavigation Profil 1 ist abhängig von der Auswahl der Komponente „Produktionsplanung“. Profil 2 ist abhängig von Auswahl der Komponente „Distributionsplanung“. Wechselwirkung(en) Hier muss geklärt werden, welche Planung in der Produktion notwendig ist.
51
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
4.3.3
MRP II-Planungsebenen Wenn MRP II aktiviert wurde, können die in Tabelle 9 dargestellten Planungsebenen ausgewählt werden.
Tabelle 9: Zuordnungselement zu MRP II-Planungsebenen Ebene: Umfang Profile zum Realisierungsgrad des MRP II-Konzepts 1
Absatz- und Grobplanung
Lang- bis mittelfristige Festlegung der Absatzmengen; Grobplanung der zur Realisierung notwendigen Produktionsaktivitäten. Verwendung: Kann auf Enderzeugnis- oder einer höheren Aggregationsebene erfolgen.
2
Programmplanung
Festlegung der Bedarfsmengen und Liefertermine für Enderzeugnisse und wichtige Baugruppen; Ergebnis ist das Produktionsprogramm. Verwendung: Ermöglicht Abbildung sowohl kundenauftragsorientierter als auch anonymer Planungs- und Fertigungsstrategien.
3
Leitteileplanung
Separate Disposition der Enderzeugnisse und wichtiger Baugruppen. Verwendung: Höhere Stabilität und Transparenz der Planung.
4
Serienplanung
Produktionsplanung und -steuerung im Rahmen der Serien- und Fließfertigung. Verwendung: Zeitraum- und mengenbezogene Erstellung und Bearbeitung von Produktionsplänen.
5
Bedarfsplanung
Eigentliche Materialbedarfsplanung inkl. Nettobedarfs-, Losgrößenrechnung, Sekundärbedarfsermittlung etc. Verwendung: Hauptbestandteil der Disposition.
Anforderungsnavigation Die Profile ergeben sich aufgrund der Komponentenauswahl.
52
4.4
4.4
Absatz- und Grobplanung
Absatz- und Grobplanung Die Absatz- und Grobplanung (Sales and Order Planning, SOP) stellt ein Planungs- und Prognosewerkzeug dar, das zur Festsetzung der Ziele in der logistischen Kette dient. Sie legt lang- bis mittelfristig die Absatzmengen fest und plant die notwendigen Produktionsaktivitäten, wobei die Realisierbarkeit der aufgestellten Pläne nur grob abgeschätzt werden soll.
4.4.1
Planung SOP ermöglicht Planungen auf unterschiedlichen Aggregationsebenen, so z. B. in Planungshierarchien und/oder Produktgruppen oder feiner in der Detailplanung von Enderzeugnissen. Der Benutzer hat nicht nur die Möglichkeit, Absatz- und Produktionspläne zu erstellen, sondern kann darüber hinaus weitere Daten, wie etwa wertorientierte Kennzahlen, planen. Zu unterscheiden ist hierbei, ob mithilfe vorgegebener Kennzahlenstrukturen und Planungstableaus kalkuliert wird oder mit flexibel kombinierbaren (siehe auch Tabelle 10). Außerdem bietet das System die Möglichkeit des Ressourcenabgleichs für Materialien, Fertigungshilfsmittel und Kosten, damit sichergestellt ist, dass die benötigten Ressourcen zur Erfüllung bestimmter Ziele ausreichen.
Tabelle 10: Zuordnungselement zur Absatz- und Grobplanung Ebene: Implementierung Profile zur Übernahme von Absatzmengen in die SOP 1
Standardisierte Planung
Absatz- und Grobplanung auf Material-, Materialgruppen- oder Produktgruppenhierarchieebene unter Verwendung vorgegebener Kennzahlen und mit festgelegtem Layout des Planungstableaus. Verwendung: Dieses Profil empfiehlt sich für die Planung von nicht konfigurierten Standardprodukten auf Materialebene.
2
Flexible Planung
Absatz- und Grobplanung auf Material-, Materialgruppen-, Produktgruppenhierarchie- und/oder Merkmalsebene bezogen auf unterschiedliche organisatorische Einheiten (z. B. Werk, Lagerort, ...) unter Verwendung beliebiger Kennzahlen und mit individuellem Layout des Planungstableaus. 53
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Verwendung: Es empfiehlt sich, dieses Profil insbesondere für die Planung von variantenreichen Produkten vorzusehen.
Anforderungsnavigation Es muss entweder Profil 1 oder 2 gewählt werden. Wechselwirkung(en) Die Flexible Planung sollte bei Variantenfertigung benutzt werden.
4.4.2
Kapazitätsebenen Der Ressourcenabgleich hilft dem Unternehmen, abzuschätzen, ob seine Planziele realistisch sind, und dabei etwaige Engpassressourcen aufzuspüren. Es kann direkt geprüft werden, wie sich Änderungen an den Plänen im Hinblick auf die Ressourcen auswirken. Da die Absatz- und Produktionsgrobplanung relativ früh innerhalb des Planungszyklus und zudem auf aggregierter Ebene erfolgt, ist besonders die Überprüfung der Ressourcenbelastung von Arbeitsplatzgruppen oder Produktfamilien (statt einzelner Arbeitsplätze oder Materialien) von Interesse. In Abhängigkeit von den Planungsebenen kommen unterschiedliche Arten der Kapazitätsplanung bzw. des Kapazitätsausgleichs infrage (siehe Tabelle 11).
Tabelle 11: Zuordnungselement zu den Kapazitätsebenen Ebene: Implementierung Profile zu Kapazitätsebenen 1
Grobplanung
Kapazitätsabgleich basierend auf Grobplanungsprofilen. Verwendung: Die Grobplanung empfiehlt sich, wenn ein näherungsweiser Kapazitätsabgleich auf einer höheren Aggregationsebene durchgeführt werden soll.
2
Feinplanung
Kapazitätsabgleich gemäß der im Arbeitsplan angegebenen Kapazitätsbedarfe. Verwendung: Die Feinplanung ermöglicht einen genauen Kapazitätsabgleich über alle Stücklistenstufen.
54
4.4 3
Ratenplanung
Absatz- und Grobplanung
Kapazitätsterminierung über das Ratenplanungsprofil. Verwendung: Dieses Profil empfiehlt sich vor allem bei Serienplanung, da die Produktionsraten auf Basis des Linienplans terminiert werden. Ein Linienplan ist ein vereinfachter Arbeitsplan für die Serienfertigung.
Anforderungsnavigation Die Zuordnung setzt voraus, dass die Komponente Kapazitätsplanung aktiv ist. Wechselwirkung(en) Es stehen hier als Terminierungsparameter die Terminierungsart, die Reduzierungsstufe sowie die Vorgriffs- und Sicherheitszeit zur Verfügung. Gegenüber den Terminierungsarten des Fertigungsauftrags (siehe Kapitel 5.8) sind dabei zwar weniger Parameter verfügbar, aber grundsätzlich ist die gleiche Funktionalität nutzbar.
4.4.3
Distributionsplanung Die Komponente Distributionsplanung (Distribution Resource Planning, DRP) verfolgt die nachstehenden Ziele: n Verbesserung des Kundenservice durch Vorausplanung des Kundenbedarfs in Distributionszentren und Bereitstellung von Enderzeugnissen am Ort und zum Zeitpunkt des Bedarfs, o Bereitstellung eines genauen Bedarfsplans für die Fertigung und p gute Verteilung des verfügbaren Bestands im Distributionsnetzwerk anhand der Verteilungsstrategien (DeploymentStrategien). Tabelle 12 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten der Distributionsplanung auf.
55
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Tabelle 12: Zuordnungselement zur Distributionsplanung Ebene: Umfang Profile zu Planungsmethoden der Distribution 1
Distributionsplanung
Ermittlung des Nachschubbedarfs durch: -
die Verbindung der Marktanforderungen mit der Produktions- und Programmplanung,
-
die Kopplung der aktuellen Bestandspositionen und Bedarfsprognosen mit der Fertigungsplanung sowie
-
den Abgleich des Materialangebots mit dem Fertigungsbedarf sowie des Kundenbedarfs mit dem Produktangebot.
Verwendung: Insbesondere bei komplexen Anforderungen an die Produktions- und Absatzplanung eines Unternehmens ist der Einsatz der Distributionsplanung zu empfehlen. 2
Verteilung/ Deployment
Über Deployment-Strategien können geeignete Maßnahmen ergriffen werden, wenn als Ergebnis von DRP-Läufen in verschiedenen Zeitabständen entweder eine Bedarfsunter- oder eine Bedarfsüberdeckung berechnet wird. Verwendung: Das Deployment ermöglicht den Abgleich von Lieferempfehlungen mit dem DRP-Plan, um doppelte Empfehlungen zu vermeiden.
Anforderungsnavigation Profil 2 ist ohne Profil 1 nicht möglich.
4.4.4
Verteilung/Deployment Die Verteilung ermöglicht es, Maßnahmen zu ergreifen, wenn als Ergebnis von DRP-Läufen eine Bedarfsunter- oder Bedarfsüberdeckung berechnet wird. Es werden Algorithmen zur „FairShare“-Aufteilung verwendet, wenn der Bedarf das Angebot übersteigt, bzw. zur „Pull/Push“-Aufteilung, wenn das Angebot den Bedarf übersteigt (siehe auch Tabelle 13).
56
4.4
Absatz- und Grobplanung
Tabelle 13: Zuordnungselement zu den Deployment-Strategien Ebene: Implementierung Profile zu Deployment-Strategien 1
Fair-Share-Logik
Berechnung der Verteilung bei Unterdeckung der Bedarfe nach der Fair-Share-Logik anhand der AvailableTo-Deploy (ATD)-Menge, der offenen Kundenaufträge, des Sicherheitsbestands und der Prognose. Fair-Share-Regel A verteilt den Bestand proportional an alle Distributionszentren entsprechend dem Bedarf. Fair-Share-Regel B erhöht die Lagerbestände in allen Distributionszentren auf ungefähr den gleichen Prozentsatz des Ziellagerbestands. Verwendung: Bei Produktionsengpässen oder bei unerwartetem Anstieg der Kundennachfrage kann der Bedarf das Angebot vorübergehend übersteigen. Mit der „fairen“ Verteilung soll sichergestellt werden, dass alle Bedarfe zumindest teilweise gedeckt werden. Klassischer Fall ist hier eine Produktneueinführung mit hohen Auftragsbeständen vor Produktionsbeginn.
2
Pull/Push-Logik
Berechnung der Verteilung des den aktuellen Bedarf übersteigenden Bestands: Pull/Push-Aufteilung: Der Überbestand wird verteilt, um den vorhandenen Bedarf innerhalb des Bedarfshorizonts – gemäß der Prognose – in den Distributionszentren zu decken. Die Verteilung endet mit dem letzten Tag des Bedarfshorizonts. Der Rest verbleibt im Zentrallager. Push-Aufteilung: Alle im System definierten zukünftigen Bedarfe werden durch das Deployment gedeckt. Die Verteilung wird fortgesetzt, bis alle Überbestände verteilt sind. Der Bedarfshorizont wird nicht beschränkt. Verwendung: Für Produktionen, bei denen das Angebot vorübergehend den Bedarf übersteigt, ist es sinnvoll, mit der Push-Logik zu arbeiten. Anwendungsfälle sind neben einer Planabweichung auch im Voraus gefertigte große Serien oder Lose, denen noch keine Kundenbedarfe gegenüberstehen.
57
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Anforderungsnavigation Die Zuordnung setzt voraus, dass bei den Planungsmethoden der Distribution die „Verteilung“ gewählt wurde. Wechselwirkung(en) Distributionsplanung und Verteilung versuchen, die Enderzeugnisse kundenauftragsanonym schon in die Nähe der möglichen Kunden zu bringen, um Lieferzeiten zu reduzieren. Eine Alternative zur Fair-Share-Logik ist die Kontingentierung für Kunden oder Vertriebsbereiche (siehe Kapitel 4.7.1).
4.5
Produktionsplanung Die Produktionsplanung wird durch sog. Planungsstrategien bestimmt, die vom Fertigungsverfahren, dem Bezug zu einem Kundenauftrag und dem Verhältnis von marktüblicher Lieferzeit zur notwendigen Fertigungszeit bestimmt sind (vgl. Kapitel 5.1).
4.5.1
Planungsstrategien Unter welchen Bedingungen bestimmte Strategien zur Planung von Produktionsmengen und -terminen betriebswirtschaftlich sinnvoll sind, stellt Tabelle 14 dar.
Tabelle 14: Zuordnungselement zu den Planungsstrategien Ebene: Umfang Profile zu Planungsstrategien 1
Kundeneinzelfertigung Getrenntes Einplanen von Kundenaufträgen; gezielte Abrechnung der Beschaffungs- und Fertigungskosten. Verwendung: Empfiehlt sich besonders bei Sondereinzelfertigungen, hohen Durchlaufzeiten und Fertigungstiefen.
2
Losfertigung
Mischstrategie aus Kundeneinzel- und anonymer Lagerfertigung; Fertigung mehrerer Kundenbedarfe als gemeinsames Los. Verwendung: Für die Fertigung wenig differierender Aufträge; empfiehlt sich vor allem bei Serienfertigung.
58
4.5 3
Anonyme Lagerfertigung
Produktionsplanung
Vorplanung durch anonyme Planprimärbedarfe; Fertigung auf Lager. Verwendung: Bei auftragsanonymer Massenfertigung und Großserien.
4
Vorplanung
Vorplanung mithilfe von Planprimärbedarfen und Verrechnung gegen Kundenaufträge. Verwendung: Bei auftragsorientierter Fertigung, wenn die Fertigungszeit im Verhältnis zur marktüblichen Lieferzeit relativ lang ist.
Wechselwirkung(en) Wenn hier keine „Vorplanung“ gewählt wurde, fallen die beiden folgenden Zuordnungen (4.5.2 und 4.5.3) weg. Sobald keine „Kundeneinzelfertigung“ gewählt wurde, erübrigen sich auch Planungsstrategien zur Kundeneinzelfertigung (4.5.4). Die Entscheidungen in der Produktionsplanung haben auch Einfluss auf die Steuerung der Bedarfsübergabe aus dem Vertrieb (siehe z. B. Kapitel 4.7.3, Profile 2 bis 4). Beide Bereiche zusammen grenzen dann die Planungsstrategie-Verrechnungsparameter ein (siehe Abschnitt 5.1 und 5.2).
4.5.2
Vorplanungsarten Bei Selektion des Profils „Vorplanung“ können die in Tabelle 15 dargestellten Detail-Profile ausgewählt werden.
Tabelle 15: Zuordnungselement zu den Vorplanungsarten Ebene: Implementierung Profile zu Vorplanungsarten 1
Vorplanung mit Endmontage
Vorplanung auf Enderzeugnisebene, die die Beschaffung und Fertigung der Enderzeugnisse anstößt. Verwendung: Bietet sich an, wenn nach Eintreffen der Kundenaufträge nicht genügend Zeit zur Endmontage verbleibt. Enderzeugnisse werden beschafft bzw. gefertigt und auf Lager gelegt, um auf Kundenaufträge schnell reagieren zu können. Beispiel: Fernseher – Kunden erwarten eine Lieferzeit von Tagen. Wichtige Komponenten haben mehrere Wochen Wiederbeschaffungszeit, wenn sie z. B. in Taiwan hergestellt werden.
59
4
2
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Vorplanung ohne Endmontage
Vorplanung auf Enderzeugnisebene, die die Beschaffung und Fertigung von Rohmaterialien und Baugruppen anstößt. Verwendung: Empfiehlt sich, wenn nach Eintreffen der Kundenaufträge noch genügend Zeit zur Endmontage verbleibt. Die Endmontage ist dabei aufwändig und/oder kundenspezifisch. Die Beschaffung oder Fertigung der Komponenten erfolgt gemäß Vorplanung auf Lager. Beispiel: Fensterbau – Die Vorplanung wird aufgrund der Maschinenkapazitäten festgelegt. Glas und Rahmenmaterial werden in wenigen Tagen beschafft.
3
Vorplanung mit Vor- Die Vorplanung erfolgt mithilfe eines Vorplanungsmaplanungsmaterial terials (z. B. Planungsstückliste). Sie ermöglicht die gemeinsame Verwendung einer Vorplanung für mehrere Enderzeugnisse. Verwendung: Bietet sich für ähnliche Enderzeugnisse zur Planung der Gleichteile an. Beispiel: Lampen mit gleicher Elektronik, aber unterschiedlichem Design.
4
Vorplanung auf Baugruppenebene
Vorplanung auf Baugruppenebene, die die Fertigung der Baugruppen anstößt. Verwendung: Bietet sich an, wenn für Baugruppen eher eine gesicherte Bedarfsprognose abgegeben werden kann als für Enderzeugnisse. Beispiel: Motorentypen sind eigenständig und besser planbar als das komplette Fahrzeug.
5
Einplanung mit Erst auf Basis eines vorliegenden Kundenbedarfs bzw. Produktionsaufträgen -auftrags beginnt die „Vorplanung“ durch direkte Erstellung von Fertigungs-, Prozess- oder Planaufträgen (Serienfertigung). Die Material- und Kapazitätsprüfung erfolgt direkt im Fertigungs-, Prozess- oder Planauftrag, ebenso eine Terminrückbestätigung in den Kundenauftrag. Verwendung: Sinnvoll, wenn erst aufgrund von spezifizierten Kundenaufträgen der Primärbedarf „geplant“ bzw. festgestellt werden kann und ausreichend Zeit für Fertigung oder Beschaffung verbleibt. Beispiel: Möbelindustrie – Kunden akzeptieren viele Wochen Lieferzeit.
60
4.5
Produktionsplanung
Anforderungsnavigation Die Profile sind nur relevant, wenn in der Zuordnung 4.5.1 das Profil 4 „Vorplanung“ ausgewählt wurde. Profil 5 ist keine Vorplanung im SAP-Sinne, sondern ein sog. „Interaktiver Montageauftrag“ (siehe Profile 2 und 5 in Kapitel 4.7.4). Wechselwirkung(en) Bedarfe im Kundenauftrag können gegen Vorplanung verrechnet werden (siehe Abschnitt 4.7.3, Profil 2). Die Verfügbarkeitsprüfung im Vertrieb kann gegen Vorplanung erfolgen (siehe Kapitel 4.7.2, Profil 4).
4.5.3
Vorplanungsarten bei Konfiguration Können die Enderzeugnisse konfiguriert werden (liegen also variantenreiche Produkte vor), so ergeben sich weitere Möglichkeiten, die Vorplanung zu gestalten (siehe Tabelle 16).
Tabelle 16: Zuordnungselement zu den Vorplanungsarten bei Konfiguration Ebene: Implementierung Profile zu Vorplanungsarten bei Konfiguration 1
Vorplanung einer Materialvariante ohne Endmontage
Vorplanung für alle Baugruppen eines konfigurierten Materials. Erfassung der Planprimärbedarfe für das konfigurierte Material; ansonsten analog „Vorplanung ohne Endmontage“. Verwendung: Die Konfiguration kann im Kundenauftrag geringfügig geändert werden.
2
Vorplanung einer Materialvariante mit Vorplanungsmaterial
Verweis verschiedener konfigurierter Materialien eines Standardprodukts auf ein speziell für Planungszwecke eingeführtes, fiktives Material (das sog. Vorplanungsmaterial). Vorplanung der Gleichteile, die in der Stückliste des Vorplanungsmaterials enthalten sind. Verwendung: Festlegung des Vorplanungsmaterials im Materialstammsatz des konfigurierten Materials; die Konfiguration kann im Kundenauftrag geringfügig geändert werden.
61
4
3
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Variantenvorplanung Vorplanung von Endprodukten und deren Varianten, wobei sich die abhängigen Baugruppen und Komponenten aufgrund von Merkmalswerten und Beziehungswissen ergeben. Verwendung: Möglichkeit der teilweisen oder kompletten Planung konfigurierbarer Produkte. Bietet sich z. B. an, wenn durch die Verkaufszahlen gute Schätzungen für den Verkauf einer speziellen Produktvariante mit festgelegten Merkmalsausprägungen vorliegen.
4
Merkmalsvorplanung Der Planprimärbedarf des zu konfigurierenden Produkts wird mit Einsatzwahrscheinlichkeiten für die Merkmalswerte der Variantenteile versehen. Die Baugruppen können entweder mit Sekundärbedarfen oder mit Planprimärbedarfen auf Baugruppenebene geplant werden. Verwendung: Im Unterschied zur Variantenvorplanung können nur bestimmte Eigenschaften unabhängig voneinander vorgeplant werden. Beispiel: 30% der Telefone haben einen eingebauten Anrufbeantworter und 20% der Telefone sind analog.
Anforderungsnavigation Die Zuordnung ist nur relevant, wenn das Profil „Vorplanung“ und die Komponente „Variantenkonfiguration“ zuvor ausgewählt wurden. Wechselwirkung(en) Hat Auswirkungen auf die Konfigurationsmöglichkeiten im Kundenauftrag (siehe Kapitel 4.7.4 und 4.7.5).
4.5.4
Planungsstrategien für Kundeneinzelfertigungsarten Kundeneinzelfertiger können im Allgemeinen keine Vorplanung durchführen, da die Spezifikationen der Kundenaufträge für die Planung verfügbar sein müssen. Aus dieser Ausgangssituation ergeben sich die in Tabelle 17 dargestellten Planungsstrategien.
62
4.5
Produktionsplanung
Tabelle 17: Zuordnungselement zu den Kundeneinzelfertigungsarten Ebene: Implementierung Profile zu Kundeneinzelfertigungsarten ohne Vorplanung 1
Projektfertigung
Einmalige Projekte, die teilweise standardisiert sind und konfigurierbare Varianten enthalten können. Verwendung: Anwendungsgebiet ist z. B. der Schiffsbau.
2
Klassische Kundeneinzelfertigung
Kundenindividuelle Fertigung von Produkten, in der Regel ohne Lagerhaltung; Einplanung der Kundenaufträge als Bedarf für die Fertigung; bestandsmäßige Verwaltung der gefertigten Materialien direkt für den einzelnen Kundenauftrag; eigener Planungsabschnitt in der Bedarfsplanung. Verwendung: Anwendungsgebiet ist z. B. der Sondermaschinenbau.
3
Kundeneinzelfertigung Individuelle Konfiguration eines in einer Vielzahl von mit Konfiguration Varianten lieferbaren Enderzeugnisses für einen Kundenauftrag. Verwendung: Zusammenfassung sämtlicher möglicher Komponenten in einer Maximalstückliste. Beispiel: ein bestimmter PC mit allen Ausbaumöglichkeiten und Zubehör.
4
Kundeneinzelfertigung Vorkonfiguration bestimmter, gängiger Varianten eines von Materialvarianten Produkts. Geringfügige Änderung der Konfiguration beim Erfassen des Kundenauftrags sind möglich. Verwendung: Gängige Varianten stellen sinnvolle Konfigurationen dar, die für Aktionen oder als Vorschlag für den Kunden benutzt werden können. Beispiel: ein typischer PC für den Bürobetrieb.
Anforderungsnavigation Die Zuordnung ist nur relevant, wenn zuvor das Profil „Kundeneinzelfertigung“ ausgewählt wurde. Profil 1 benötigt die Komponente Projektsystem in SAP ERP. Profile 3 u. 4 sind nur bei Einsatz der Variantenkonfiguration möglich.
63
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Wechselwirkung(en) Hat Auswirkungen auf die Konfigurationsmöglichkeiten im Kundenauftrag (siehe Kapitel 4.7.4 und 4.7.5).
4.5.5
Herkunft der Bedarfsdaten für Programmplanung Unabhängig davon, welche Planungsstrategieprofile in den vorhergehenden Abschnitten gewählt wurden, benötigt die Produktionsprogrammplanung Bedarfsdaten für Kalkulationen. Tabelle 18 zeigt alternative Wege auf, wie und woher ihr diese übergeben werden können.
Tabelle 18: Zuordnungselement zur Herkunft der Bedarfsdaten Ebene: Implementierung Profile zur Herkunft der Bedarfsdaten 1
Übernahme aus Absatz- und Grobplan
Bedarfsdaten werden aus dem Absatz- oder aus dem Produktionsgrobplan übernommen. Verwendung: Die Auswahl dieses Profils ist sinnvoll, wenn mit der Absatz- und Produktionsgrobplanung gearbeitet wird.
2
Übernahme aus Flexibler Planung
Bedarfsdaten werden aus der Flexiblen Planung übernommen. Verwendung: Die Auswahl dieses Profils ist sinnvoll, wenn mit der Flexiblen Planung gearbeitet wird.
3
4
Übernahme aus Prognose
Bedarfsdaten werden aus der Prognose übernommen.
Übernahme aus Simulation
Bedarfsdaten werden aus der Langfristplanung übernommen.
Verwendung: Die Auswahl dieses Profils ist sinnvoll, wenn mit der Prognose gearbeitet wird.
Verwendung: Die Auswahl dieses Profils ist sinnvoll, wenn die Auswirkungen der Bedarfsdaten zunächst in der Langfristplanung simuliert werden sollen.
64
4.6 5
Übernahme anderer Planprimärbedarfe
Sonderformen der MRP II-Planung
Bedarfsdaten werden aus der ersten Fassung, die von einem Planprimärbedarf gespeichert wird (Urplan), oder aus einem vorhandenen Produktionsprogramm übernommen. Verwendung: Die Auswahl dieses Profils ist sinnvoll, wenn bereits ein Urplan oder ein Planprimärbedarf besteht.
Anforderungsnavigation Profil 1 und 2 benötigen die Komponenten der Absatz- und Produktionsgrobplanung. Bei Profil 2 muss die Flexible Planung (siehe Kapitel 4.4.1) aktiv sein. Für Profil 3 muss die Komponente Prognose aktiv sein.
4.6
Sonderformen der MRP II-Planung
4.6.1
Leitteileplanung Bei großer Erzeugnisvarianz wird die Materialplanung zu komplex, es sind dann hohe Rechen- bzw. Antwortzeiten im Dialog in Kauf zu nehmen. Das SAP-System erlaubt für diesen Fall, dass besonders wichtige Teile feiner als die anderen geplant werden. Diese herausgehobenen Komponenten werden als Leitteile bezeichnet. Die Leitteileplanung wird bei Materialien, die kritische Ressourcen belegen oder in hohem Maße an der Wertschöpfung des Unternehmens beteiligt sind, eingesetzt.
4.6.2
Serienplanung Für eine Serie erfolgt die Produktionsplanung und -steuerung unter Berücksichtigung der Besonderheiten bei der Serien- und Fließfertigung. Die Serienplanung kann mengen- und periodenabhängig erfolgen. Ferner ermöglicht sie die zeitraum- und mengenbezogene Erstellung von Produktionsplänen sowie eine Reduktion des Steuerungsaufwands und der Ist-Datenerfassung.
65
4
4.7
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Vertrieb und Disposition Ergänzend seien hier noch dispositionsrelevante Profile aus der Vertriebsabwicklung aufgeführt. Im Vordergrund stehen im Vertrieb Bedarfe, die aufgrund von Kundenauftragspositionen entstehen und spezifiziert werden. Je nach Auftragsart werden die Bedarfe auf Verfügbarkeit am Wunschliefertermin hin überprüft, gegen die Produktions(vor)planung verrechnet und der Materialdisposition übergeben. Die einzelnen Profile im Vertrieb hängen mit denen zur Produktionsplanung wie in Abb. 14 dargestellt zusammen.
Abb. 14: Regelbeziehungen zwischen den Profilen der Produktionsplanung und des Vertriebs
66
4.7
4.7.1
Vertrieb und Disposition
Kontingentierung Als Alternative zur produktorientierten Vorplanung ist die Kontingentierung für knappe Produkte im Vertrieb zu sehen. Ihre beiden Varianten im Hinblick auf den Organisationsbezug stellt Tabelle 19 gegenüber.
Tabelle 19: Zuordnungselement zur Kontingentierung Ebene: Implementierung Profile zur Kontingentierung 1
Interne Kontingentierung
Kontingentierung bestimmter Mengen von Materialien auf Verkaufsbüros, Verkäufergruppen und Vertriebsbereiche. Verwendung: Unternehmen, die über komplexe, verteilte Vertriebsstrukturen verfügen, bei denen Mengenbeschränkungen für bestimmte Materialien zu berücksichtigen sind.
2
Externe Kontingentierung
Kontingentierung bestimmter Mengen von Materialien auf Kundengruppen. Verwendung: Unternehmen, die komplexe, verteilte regionen- und kundenorientierte Planung, insbesondere Accountmanagement, praktizieren.
Wechselwirkung(en) Durch Kontingente wird die Verfügbarkeitsprüfung (siehe Kapitel 4.7.2) übersteuert. Nicht allein das Eintreffen eines Auftrags ist entscheidend, sondern das Kontingent begrenzt bzw. reserviert zusätzlich die lieferbare Menge an einen Kunden für eine Periode. Bei einem erschöpften Kontingent wird der Bedarf – bezogen auf das geplante Lieferdatum – in die Folgeperiode verschoben.
67
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
4.7.2
Verfügbarkeitsprüfung im Vertrieb Die Verfügbarkeitsprüfung im Vertrieb kann für Kundenauftragspositionen und für zu kommissionierende Lieferungen durchgeführt werden. Ebenso ist der Umfang der Prüfung differenzierbar (siehe Tabelle 20).
Tabelle 20: Zuordnungselement zur Verfügbarkeitsprüfung Ebene: Implementierung Profile zur Verfügbarkeitsprüfung im Vertrieb 1
2
Reale Verfügbarkeit nach Beständen
Ermittlung der Verfügbarkeit aufgrund realer Bestände.
Verfügbarkeit mit sicheren Zu- und Abgängen
Zusätzliche Berücksichtigung von sicheren Zu- und Abgängen aufgrund von Bestellungen, Reservierungen, freigegebenen Fertigungsaufträgen, Kundenaufträgen (Verkaufsbedarfen) und Lieferungen (Lieferscheinen).
Verwendung: Geeignet für Handelsunternehmen oder einfache Fertigungsunternehmen mit anonymer Lagerfertigung. Die Auslieferung erfolgt normalerweise kurzfristig ab Lager. Bei fehlendem Bestand ist die Wiederbeschaffungszeit einfach zu ermitteln, z. B. „immer zwei Tage“.
Verwendung: Geeignet für Handelsunternehmen oder Produktionsunternehmen mit anonymer Fertigung sowie einfachen Erzeugnisstrukturen und Produktionsprozessen, wenn ein qualifizierter und verbindlicher Liefertermin für die Auftragsposition automatisch ermittelt werden soll. 3
Verfügbarkeit mit möglichen Zu- und Abgängen
Zusätzliche Berücksichtigung von eröffneten Fertigungsaufträgen, Bestellanforderungen, Planaufträgen und Sekundärbedarfsprüfungen. Verwendung: Geeignet für Produktionsunternehmen, wenn Terminaussagen weiter in die Zukunft reichen müssen. Die Termintreue ist geringer, und die Gefahr von Rückständen besteht.
68
4.7 4
Verfügbarkeit gegen Vorplanung
Vertrieb und Disposition
Prüfung gegen einen in der Regel nicht kundenspezifischen Primärbedarf. Verwendung: Unternehmen mit auftragsneutraler Planung von zukünftig zu erwartenden Verkaufsmengen.
5
Verfügbarkeit gegen Kontingente
Kontingentierung von Mengen und Materialien auf Basis von externen (Kundengruppen, Kunden) und internen (Verkaufsbüros, Verkäufergruppen und Vertriebsbereiche) Organisationsstrukturen. Verwendung: Bei Unternehmen mit komplexen Distributionsstrukturen ggf. notwendig.
Anforderungsnavigation Profil 1 stellt das technische Minimum dar und ist daher schon von vornherein ausgewählt. Bei der Auswahl von Profil 3 wird das Profil 2 automatisch auf „Ja“ gesetzt, da die Profile aufeinander aufbauen. Bei Profil 4 und 5 müssen die jeweiligen Voraussetzungen („Vorplanung“ resp. „Kontingentierung“) aktiv sein. Wechselwirkung(en) Die Verfügbarkeit von Sicherheits-, Umlager-, Qualitätsprüf- und Sperrbeständen muss noch festgelegt werden. Der Parameter Wiederbeschaffungszeit liefert die Möglichkeit, einen Liefertermin zu bestätigen, ohne dass ein Zugang festgestellt wurde (siehe auch Kapitel 5.9).
4.7.3
Bedarfsübergabe aus dem Vertrieb Bedarfe aus dem Vertrieb sind das Gegenstück zu den Vorplanungen in der Produktionsplanung. Die automatische Ermittlung der Bedarfsart erfolgt im Kundenauftrag durch eine Kombination von Vertriebs- und Dispositionsparametern, für die in Tabelle 21 die Profile aufgeführt sind.
69
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Tabelle 21: Zuordnungselement zur Bedarfsübergabe Ebene: Umfang Profile zur Bedarfsübergabe aus dem Vertrieb 1
Auftrags- und Lieferbedarfsübergabe
Bei der Auftrags- und Lieferbedarfsübergabe ohne Fertigung erfolgt die Bedarfsermittlung nur verbrauchsgesteuert. Verwendung: Die einfachste Form ist für lagerhaltige Handelsware geeignet.
2
Lagerverrechnung mit Vorplanung
Bei der Bedarfsermittlung findet eine zusätzliche Verrechnung mit der geplanten anonymen Lagerfertigung statt. Verwendung: Geeignet für Produktionsunternehmen mit einfachen Erzeugnisstrukturen und Produktionsprozessen ohne kundenauftragsorientierte Fertigung.
3
Kundeneinzel-/ Montageauftrag
Zusätzliche Berücksichtigung von Einzelfertigung auf der Basis von Kundeneinzelaufträgen. Verwendung: Geeignet für Produktionsunternehmen mit kundenauftragsorientierter Fertigung.
4
Projektsystem
Berücksichtigung zusätzlicher Projektfertigung auf Basis von Kundeneinzelaufträgen bei der Bedarfsermittlung. Verwendung: Produktionsunternehmen mit Projektfertigung oder Anlagenbauer.
Anforderungsnavigation Profil 1 stellt das Minimum dar. Profil 2 ist bei Vorplanung (siehe Kapitel 4.5.2) aktiv. Profil 3 wird bei Kundeneinzelfertigung (siehe Kapitel 4.5.4) empfohlen. Profil 4 setzt die Komponenten zum Projektsystem voraus und ist aktiviert, wenn die Planungsstrategie zur Projektfertigung gewählt ist (siehe Abschnitt 4.5.4). Wechselwirkung(en) Die Ermittlung einer Bedarfsart/-klasse wird durch Stammdatenparameter des Materials (Strategiegruppe, Dispositionsgruppe, Materialart) und Vorgangssteuerungsparameter des Vertriebs (Einteilungstyp (SAP-Begriff für die logistischen Daten einer Kundenauftragsposition, benötigt für Teillieferungen), Positionstypengruppe (bei SAP-Stammdaten ein Feld zur Identifikation der Abwicklungsart), Positionstyp (SAP-Steuerelement der Kundenauftragsposition, z. B. benötigt für die Konfiguration)) festgelegt. Zusammen mit der Vorplanungsart definiert die Bedarfsart/-klasse eine Planungsstrategie (siehe Kapitel 5.1). 70
4.7
4.7.4
Vertrieb und Disposition
Bedarfsübergabe bei Kundeneinzelaufträgen In Betrieben mit Kundeneinzelfertigung erfolgt die Bedarfsübergabe nicht aus dem Vertrieb, sondern direkt aus dem Kundenauftrag. Man unterscheidet die in Tabelle 22 erläuterten Profile.
Tabelle 22: Zuordnungselement zur Bedarfsübergabe Ebene: Implementierung Profile zur Bedarfsübergabe aus Kundeneinzelaufträgen 1
Materialvariante
Produktion gängiger Varianten im Voraus, die als vorkonfigurierte Produkte ab Lager verkauft werden. Verwendung: Sollte man einsetzen, wenn bestimmte Varianten sehr häufig verkauft werden.
2
Interaktiver Montageauftrag
Bei der Erfassung von Kundenaufträgen werden gleichzeitig die Fertigungsaufträge angelegt. Verwendung: Unternehmen, in denen bereits die Vertriebsabteilungen eine Verfügbarkeitsprüfung auf Komponentenebene und eine Terminierung des Fertigungsauftrags durchführen möchten.
3
Konfiguration von Produkten
Fertigung eines Endprodukts im Auftrag eines bestimmten Kunden, das speziell für diesen konfiguriert wurde. Verwendung: Unternehmen, die variantenreiche Produkte fertigen.
4
Konfiguration von Aufträgen
Möglichkeit, über eine Auftragsstückliste direkte Änderungen an der Stückliste für einen Kunden vorzunehmen und diese Änderungen an die Bedarfsplanung weiterzugeben. Verwendung: Unternehmen, die nicht nur Montagefertiger, sondern auch Einzelfertiger sind.
5
Interaktiver Montageauftrag mit Projektsystem
Anlage von Projekten aus dem Verkaufsbeleg. Verwendung: Bei Anlage von Projekten schon im Kundenauftrag.
71
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP
Anforderungsnavigation Als Voraussetzung muss in der „Bedarfsübergabe“ Profil 3 aktiv sein (siehe Kapitel 4.7.3). Weiterhin kann eine Vorbelegung durch die Planungsstrategien zur Kundeneinzelfertigung (siehe Abschnitt 4.5.4) und zur Vorplanung bei Konfiguration (siehe Kapitel 4.5.4) erfolgen. Ein Sonderfall ist das Profil 5 der Vorplanungsarten (siehe Kapitel 4.5.2). Dieser Sonderfall entspricht hier dem „Interaktiven Montageauftrag“, der die Disposition umgeht und direkt in die Fertigung einplant. Wechselwirkung(en) Zusammen mit der Vorplanungsart definiert die Bedarfsart/-klasse eine Planungsstrategie (siehe Kapitel 5.1).
4.7.5
Variantenkonfiguration im Auftrag Abhängig davon, welche Art der Bedarfsübergabe aus dem Kundenauftrag in Abschnitt 4.7.4 gewählt wurde, resultieren unterschiedliche Abläufe der Variantenkonfiguration (siehe Tabelle 23).
Tabelle 23: Zuordnungselement zur Variantenkonfiguration im Auftrag Ebene: Implementierung Profile zur Variantenkonfiguration im Auftrag 1
Konfigurierbares Standardprodukt mit Hinweis auf Materialvariante
Erteilung eines Hinweises, falls das im Auftrag konfigurierte Produkt mit einer schon vorhandenen Materialvariante übereinstimmt, sowie Wahlmöglichkeit, ob die Materialvariante verkauft oder neu produziert werden soll. Verwendung: Unternehmen, die über typische Varianten verfügen.
2
Automatische Ermitt- Möglichkeit, häufig vorkommende Varianten lung der vorzukonfigurieren und ab Lager zu verkaufen. Materialvariante Verwendung: Unternehmen, die über häufig nachgefragte, typische Varianten verfügen und bei denen die Lieferzeiten kürzer als die Durchlaufzeiten sein müssen.
3
Einstufige Konfiguration
72
Nur Konfiguration der Baugruppen zu einem Produkt. Verwendung: Unternehmen, die nach dem Prinzip Assembly-To-Order fertigen.
4.8
Realisierung betriebswirtschaftlicher Profile
4
Mehrstufige Konfigu- Konfiguration des Produkts in mehreren Stufen, aber ration Assembly-To- Übergabe an die Produktion nur auf einer Stufe. Order Verwendung: Unternehmen, in denen die Stücklisten in der Produktion bekannt sind und der Vertrieb nicht mitwirken muss.
5
Mehrstufige Konfigu- Konfiguration des Produkts in mehreren Stufen und ration Make-ToÜbergabe an die Produktion ebenfalls auf allen Stufen. Order Verwendung: Unternehmen, in denen der Verkauf die Stücklisten vollständig konfiguriert.
Anforderungsnavigation Als Voraussetzung muss in der „Bedarfsübergabe bei Kundeneinzelaufträgen“ Profil 1 aktiv sein, um hier Profil 1 oder 2 wählen zu können. Um die Profile 3, 4 oder 5 wählen zu können, müssen in der „Bedarfsübergabe bei Kundeneinzelaufträgen“ die Profile 3 und 4 aktiv sein (siehe Kapitel 4.7.3). Wechselwirkung(en) Es werden grob die Bedarfsklassen und Planungsstrategien festgelegt. Es ist eine Steuerung der Positionstypengruppe im Materialstammsatz ableitbar. Die Steuerung erfolgt durch Einstellungen in der Sachmerkmalsleiste und bei den Positionstypen.
4.8
Realisierung betriebswirtschaftlicher Profile Bei der Implementierung der ausgewählten Profile im Wege der Anforderungsnavigation ist es die Aufgabe des Werkzeugs, bis zu den Parametern hinzuführen und gleichzeitig auch konkrete Einstellungen vorzuschlagen, die den Charakter des betriebswirtschaftlichen Profils ausdrücken. Aus Implementierungssicht müssen umgekehrt die ermittelten Profile auch im Zusammenhang betrachtet werden. Die bisher dargestellten Zuordnungselemente und -profile sind in Tabelle 24 zusammengefasst. In einer konkreten Anforderungsnavigation ergibt sich für einen Anwender eine bestimmte Kombination betriebswirtschaftlicher Profile.
73
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Beispiel: In der folgenden Tabelle ist exemplarisch die Auswahl eines Fertigungsunternehmens markiert (graue Felder).
Tabelle 24: Übersicht der dargestellten Zuordnungselemente und -profile Fachbereich
Element
Profil 1
Profil 2
Profil 3
Profil 4
Profil 5
Ein standort- Ein standort- Ein Standort Standortspezifisches übergreifen- mit Betriebs- spezifische Werke Werk des Werk teilen
-
Werke – Lagerorte
Einfache Lagerortorganisation
Komplexe Lagerortorganisation
-
Bedarfsplanung mit Dispositionsbereichen
WerksDispositiDispositiDispositions- onsbereiche onsbereich für Lagerorte für Lohnbereiche bearbeiter
-
-
Materialarten
Klassischer Handel
Assembler
Klassische Fertigung
Dienstleistung
Prozessfertigung
Produktionsablauf
Fertigungsaufträge
Verknüpfte Aufträge
Serienfertigung
Kampagne
-
Planung in der Produktion
MRP IIKonzept
Distributionsplanung
Planung von Produktionslosen (Seiban)
-
MRP IIKonzept
Absatz- und Grobplanung
Programmplanung
Leitteileplanung
Serienplanung
Bedarfsplanung
Absatz- und Grobplanung
Standardisierte Planung
Flexible Planung
-
-
-
Kapazitätsebenen SOP
Grobplanung SOP
Feinplanung SOP
Ratenplanung SOP
-
-
Distributionsplanung
Distributionsplanung
Verteilung/ Deployment
-
-
-
Deployment
Fair-ShareLogik
Push-Logik
-
-
-
Organisation Werksanzahl und Material- aufgrund von arten Standorten (siehe 4.2)
Produktion (siehe 4.3)
Absatz- und Produktionsgrobplanung
Differenzierte Lagerortorganisation
Dezentrale Lagerortorganisation
(siehe 4.4)
74
4.8 Produktionsplanung
Realisierung betriebswirtschaftlicher Profile
Planungsstrategien
Kundeneinzelfertigung
Losfertigung
Anonyme Lagerfertigung
Vorplanung
-
Vorplanungsarten
Vorplanung mit Endmontage
Vorplanung ohne Endmontage
Vorplanung mit Vorplanungsmaterial
Vorplanung auf Baugruppenebene
Vorplanung mit Produktionsaufträgen
Vorplanungsarten bei Konfiguration
Vorplanung Materialvariante ohne Endmontage
Vorplanung Materialvariante mit Vorplanungsmaterial
Variantenvorplanung
Merkmalsvorplanung
-
Kundeneinzelfertigungsarten
Projektfertigung
Klassische Kundeneinzelfertigung
Kundeneinzelfertigung mit Konfiguration
Kundeneinzelfertigung für eine Materialvariante
-
Herkunft der Bedarfsdaten
Übernahme aus Absatzund Produktionsgrobplan
Übernahme Übernahme aus Flexibler aus Planung Prognose
Übernahme aus Simulation
Übernahme anderer Planprimärbedarf
Kontingentierung
Interne Kon- Externe tingenKontingentierung tierung
-
-
-
Verfügbarkeitsprüfung
Reale Verfügbarkeit nach Beständen
Verfügbarkeit mit sicheren Zuund Abgängen
Verfügbarkeit mit möglichen Zu- und Abgängen
Verfügbarkeit gegen Vorplanung
Verfügbarkeit gegen Kontingente
Bedarfsübergabe
Auftragsund Lieferbedarfsübergabe
Lagerverrechnung mit Vorplanung
Kundeneinzelauftrag
Projektsystem
-
Kundeneinzelaufträge
Materialvariante
Interaktiver Montageauftrag
Konfiguration von Produkten
Konfiguration von Aufträgen
Interaktiver Montageauftrag mit Projektsystem
Variantenkonfiguration im Auftrag
Konfigurierbares Standardprodukt mit Hinweis auf Materialvariante
Automatische Ermittlung der Materialvariante
Einstufige Konfiguration
Mehrstufige Konfiguration – AssemblyTo-Order
Mehrstufige Konfiguration – MakeTo-Order
(siehe 4.5)
Vertrieb (siehe 4.7)
75
4
Anforderungsnavigation bis zu den Dispositionsparametern der Produktionsplanung mit SAP Ein erstes nahe liegendes Konfigurationshilfsmittel könnte ein vorkonfiguriertes Referenzsystem für Variantenfertiger sein, das als Grundlage für die individuelle Ausprägung des SAP-Systems genutzt werden kann. Leider ist dieser Ansatz für die Praxis zu starr. Unser hier gewählter Kundeneinzelfertiger besitzt gleichzeitig mehrere typische Eigenschaften, die sich teilweise widersprechen: x
Er hat eine komplexe Organisationsstruktur und zusätzlich Lohnbearbeiter.
x
Er kombiniert die einfache mit einer mehrstufigen Konfiguration im Kundenauftrag. Dazu kommt noch – als dritte Form – die Fertigung lagerhaltiger Materialvarianten.
x
Für die lagerhaltigen Materialvarianten erstellt er eine Vorplanung.
Aufgrund dieser Unterschiede in den Anforderungen ist es notwendig, einzelne ausgewählte Profile schon bei der Anforderungsanalyse differenziert, beispielsweise bestimmten Prozessen, Werken, Sparten oder anderen Merkmalen, zuzuordnen. Die Unterscheidung zwischen einfacher oder mehrstufiger Konfiguration erfolgt pro Material und Werk durch Setzen der entsprechenden Parameter (z. B. Positionstypengruppe) und Pflege der Stückliste. Im Fall der lagerhaltigen Materialvarianten muss ein eigener Prozess definiert sein, der sich durch gesonderte Vorgangs- und Stammdatenparameter unterscheidet (z. B. andere Bedarfsart und anderer Positionstyp). Die Konfiguration in SAP ERP erlaubt dann – in den meisten Fällen – eine parallele Umsetzung unterschiedlicher Anforderungen. Über Zuordnungstabellen, z. B. zu bestimmten Positionstypen in Verkaufsbelegarten, ist es nun möglich, die Differenzierung zu aktivieren. Im Beispielfall erfolgt nur bei Materialvarianten eine Verfügbarkeitsprüfung im Kundenauftrag gegen Vorplanung. Ansonsten soll sich für beide Fälle die Verfügbarkeitsprüfung auf reale Bestände und sichere Zu- und Abgänge beziehen. Dieses differenzierte Verhalten erreicht man durch eine andere Bedarfsart/-klasse, die je nach Abwicklung automatisch „gefunden“ wird. Der aktuelle Stand der Entwicklung und Praxis zeigt, dass für SAP ERP die „Realisierung“ zwar mit Vorlagen und einigen
76
4.8
Realisierung betriebswirtschaftlicher Profile
Werkzeugen (z. B. Business Configuration Sets; vgl. Kapitel 3.5) eingeschränkt automatisiert werden kann. Letztlich kann ein Kundensystem durch die Kombination einiger „grober Blöcke“ zusammengestellt werden. Kundenindividualität und konsistente Konfiguration müssen allerdings nach wie vor auf Basis von dokumentierten Realisierungshinweisen manuell ausgeprägt und überprüft werden. Es gibt deswegen viele Versuche, diese Tätigkeiten in Niedriglohnländern durchzuführen. Was für Formulare und Auswertungen evtl. sinnvoll ist, ist für (wichtiges) Customizing nicht empfehlenswert, da es spätestens bei Upgrade-, Erweiterungs- oder Änderungsprojekten an der internen Kompetenz mangelt. Eine grundsätzliche Lösung deutet sich mit der „eingebundenen“ Business Konfiguration von SAP Business ByDesign an (siehe Kapitel 3.2). Hier ist die automatisierte „Realisierung“ von Anfang an ein Bestandteil der Software. Möglichkeiten, Grenzen, Stärken und Schwächen dieses neuen Ansatzes können erst ab einer mit SAP ERP vergleichbaren Lösungsbreite und -tiefe und durch den praktischen Einsatz bei vielen Kunden evaluiert werden. Dies wird aber wohl erst in den nächsten Jahren der Fall sein.
77
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Wir teilen die wichtigsten dispositionsrelevanten Parameter in neun Funktionsgruppen auf. Dies verbessert zum einen die Übersichtlichkeit der Darstellung, zum anderen erlaubt es, auch solche Wirkungen und Interdependenzen aufzuzeigen, die einzelnen Parametern nicht direkt zuordenbar sind, sondern nur ganzen Stellgrößenkategorien. Die Reihenfolge, in der die Parametergruppen besprochen werden, orientiert sich weitgehend am Ablauf des Planungsprozesses. Aus der Anordnung der Unterabschnitte lassen sich erste Hinweise über die relative Bedeutung der einzelnen Stellgrößen untereinander ableiten. Bei Parameterarten, die besonders viele Wechselwirkungen mit anderen Stellgrößen aufweisen, sind außerdem die Zusammenhänge jeweils am Ende eines Kapitels in einer Abbildung visualisiert.
5.1
Planungsstrategieparameter
5.1.1
Bedeutung Die Planungsstrategieparameter wirken innerhalb der Programmplanung. In Abb. 15 sind ihre wichtigsten Verknüpfungen untereinander sowie zu den dispositiv sehr eng verbundenen Verrechnungsparametern dargestellt. Die Stellgrößen lassen sich in drei Kategorien einteilen:
Gruppe I
In der Gruppe I befinden sich die wichtigsten Stellgrößen, die für die Wahl einer bestimmten Fertigungsart im Sinne einer Produktionsstrategie (z. B. Lagerfertiger oder Kundeneinzelfertiger) verantwortlich sind. Unter ihnen kann man insbesondere die Planungsstrategiegruppe und die Bedarfsklassenparameter hervorheben. Die Bedarfsklassen sind deshalb besonders wichtig, weil ihnen zahlreiche weitere Stellgrößen (einige Parameter der Gruppe II) zugeordnet sind. Die Planungsstrategiegruppe schöpft ihre Bedeutung daraus, dass sie die Funktionen aller von ihr ab-
79
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP hängigen Parameter über die Bezugsobjekte Dispositionsgruppe bzw. Materialstamm auf den Planungsprozess überträgt.
I
Bedarfsart Bedarfsart Vorplanung Vorplanung StrategieStrategiegruppe gruppe
gehört gehört zu zu
BedarfsBedarfsklasse klasse Vorplanung Vorplanung
Strategie Strategie KundenKundenbedarfsart bedarfsart
OR OR
KundenKundenbedarfsbedarfsklasse klasse
OR OR
VerrechVerrechnungsnungskennzeichen kennzeichen
II
Vorschlag Vorschlag VerrechVerrechnungsnungskennzeichen kennzeichen
ZuordnungsZuordnungskennzeichen kennzeichen
DispositionsDispositionsgruppe gruppe
gehört gehört zu zu
EinzelEinzelbedarfsbedarfskennzeichen kennzeichen
MaterialMaterialstamm stamm
OR OR AnpassungsAnpassungshorizont horizont Vorplanung Vorplanung
VerrechVerrechnungsnungshorizont horizont „Rückwärts“ „Rückwärts“
VorplanungsVorplanungsmaterial material
AnpassungsAnpassungskennzeichen kennzeichen (-modus) (-modus)
VerrechVerrechnungsnungshorizont horizont „Vorwärts“ „Vorwärts“
UmrechUmrechnungsnungsfaktor faktor
III
VerrechVerrechnungsnungsmodus modus
MischMischdispositionsdispositionskennzeichen kennzeichen
BedarfsBedarfsabbauabbaukennzeichen kennzeichen DispositionsDispositionsrelevanzrelevanzkennzeichen kennzeichen
BedarfsBedarfsübergabe übergabe
Verfügbarkeitskeitsprüfung prüfung
Abb. 15: Gruppierung wichtiger Programmplanungsparameter Gruppe II
Die Kategorie II umfasst Stellgrößen, die den Bedarfsklassen zugeordnet werden können, sowie die Einzelbedarfskennzeichen und das Kennzeichen zur Bedarfszusammenfassung. Sie verfeinern die Wirkung der Planungsstrategien, indem sie z. B. für jede Klasse festlegen, ob bzw. welche Verrechnungsarten erlaubt sind oder inwieweit eine Verfügbarkeitsprüfung zugelassen ist. In der Regel ist allerdings davon auszugehen, dass die Standardstrategien ausreichen und nur in Ausnahmefällen eine detaillierte Betrachtung und Änderung der Kennzeichen in der Bedarfsklasse nötig wird.
Gruppe III
Von weit reichender Bedeutung für das Planungsergebnis sind auch die Verrechnungsparameter der Gruppe III. Sie umfassen u. a. zwei Verrechnungshorizonte, einen Verrechnungsmodus und so genannte Anpassungsstellgrößen. Die Verrechnungsparameter hängen sehr eng mit den Planungsstrategieparametern zusammen (vgl. Abschnitt 5.1.3). Aufgrund ihres hohen Fehlsteuerungspotenzials werden sie in einem separaten Abschnitt behandelt (vgl. Abschnitt 5.2).
80
5.1
5.1.2
Planungsstrategieparameter
Einstellhinweise Gruppe I Die Programmplanungsparameter der Gruppe I sind primär klassifizierende bzw. strukturierende Stellgrößen. Von den insgesamt vier Parameterarten (vgl. Abb. 15, Kasten I) wird nur eine, die Strategiegruppe, den Bezugsobjekten Dispositionsgruppe bzw. Materialstamm zugeordnet. Es ist daher sinnvoll, bei Konfigurationsvorschlägen nur diesen einen Parameter zu beachten. Da er sich jedoch wiederum aus einer Sammlung von Einzelstrategien zusammensetzt, beziehen sich die Einstellvorschläge letztlich auf die Planungsstrategien und nicht auf die Strategiegruppe.
Kriterien der Strategiewahl
Welche Strategie ein Unternehmen für seine Erzeugnisse oder Produktgruppen wählen sollte, hängt von verschiedenen Kriterien ab: n Handelt es sich bei dem betrachteten Erzeugnis um ein variantes oder invariantes Erzeugnis? o
Soll der Vertrieb Einfluss auf den Produktionsplan haben?
p In welchem Verhältnis steht die Lieferzeit zur Wiederbeschaffungszeit des Produkts? q Gibt es einen gesetzmäßigen Verbrauch bestimmter Produkte oder Baugruppen? r Gibt es technische Restriktionen, wie Dummy-Baugruppen, die aus Baugruppen oder Komponenten bestehen, aber selbst nicht gefertigt werden? Abb. 16 illustriert diese Zusammenhänge. Die Zahlen neben den Planungsstrategien beziehen sich auf die Nummerierung im SAPSystem.
5.1.2.1
Variante oder invariante Produkte Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis oder eine Erzeugnisgruppe variantenreich ist, lässt sich einfach fällen. In vielen Unternehmen, z. B. im Automobilbau, gibt es wegen der vielen Zubehörteile und Sonderausstattungen eine hohe Variantenzahl. In einem Katalog wäre es kaum möglich, alle verschiedenen Ausstattungskombinationen aufzulisten. Invariante Produkte sind demgemäß 81
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP so definiert, dass sie sich über eine Identifikationsnummer (Materialnummer) abbilden lassen. Geringfügige Änderungen der Produktstruktur kann man über eine Stücklistenvariante, die aber auch eine eigene Materialnummer hat, darstellen.
Geeignete Strategien
Allein durch diese Entscheidung halbiert sich bereits die Anzahl der geeigneten Planungsstrategien. In die Gruppe der invarianten Produkte fallen die Strategien 10, 11, 30, 40, 50, 59, 60 und 70, in die Gruppe für Variantenfertigung 20, 25, 26, 54, 55, 56, 65 und 89 (vgl. Abb. 16).
5.1.2.2
Einfluss des Vertriebs auf den Produktionsplan
Möglichkeit der Verrechnung
Falls eine Strategie mit Vorplanung infrage kommt, ist zusätzlich zu entscheiden, ob eine Verrechnung stattfinden soll. Diese Entscheidung grenzt die Anzahl geeigneter Strategien weiter ein (vgl. Abb. 16). Verrechnung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man zulässt, einen eintreffenden Kundenbedarf (aber auch Sekundärbedarfe) mit Planprimärbedarfen aus der Vorplanung innerhalb eines definierten Zeitintervalls in der Zukunft oder in der Vergangenheit termin- und mengenmäßig abzugleichen (vgl. Abschnitt 5.3).
82
5.1 mit Vorplanung ohne Verrechmit Vernung rechnung
Planungsstrategieparameter ohne Vorplanung
Planungsstrategie Losfertigung für Kundenund Lageraufträge (30)
x (Lageraufträge)
Kundenauftragsanonyme Lagerfertigung (10/11)
x
x (Kundenaufträge)
Vorplanung mit Endmontage (40)
x
Vorplanung ohne Endmontage (50)
x
Vorplanung mit Vorplanungsmaterial (60)
x
Vorplanung auf Baugruppenebene (70)
x
Vorplanung auf DummyBaugruppenebene (59)
x
Invariante Produktstruktur
Kundeneinzelfertigung (20)
x
Kundeneinzelfertigung für eine Materialvariante (26)
x
Vorplanung einer Materialvariante ohne Endmontage (55)
x
Vorplanung einer Materialvariante mit Vorplanungsmaterial (65)
x
Variante Produktstruktur
Kundeneinzelfertigung mit Konfiguration (25)
x
Variantenvorplanung (54)
x
Merkmalsvorplanung (56/89)
x
Abb. 16: Planungsstrategien mit/ohne Vorplanung und Verrechnung
83
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Man kann die Verrechnung dann einsetzen, wenn der Kundenbedarf und somit der Vertrieb Einfluss auf den Produktionsplan haben soll, z. B. weil einem Schlüsselkunden besondere Priorität eingeräumt wird. In diesem Fall würde man z. B. die Strategie „Vorplanung mit Endmontage“ (50) wählen, was allerdings dazu führen mag, dass nur selten die geplanten übrigen Mengen und Produktionstermine eingehalten werden.3 Eine insgesamt höhere Lieferbereitschaft und damit eine größere Wahrscheinlichkeit, alle Kundenwünsche hinsichtlich Mengen und Terminen vollständig erfüllen zu können, führt aufgrund der dadurch verursachten Kapitalbindung zu Rentabilitätsproblemen. Es ist daher eine differenzierte Betrachtung einzelner Kunden und Aufträge sowie der damit verbundenen Risiken empfehlenswert. Ist hingegen Planungsruhe das primäre Ziel, so nutzt man eine Strategie ohne Verrechnung („Lagerfertigung“ (10/11)), so dass der Vertrieb keinen Einfluss auf den Produktionsplan hat.
5.1.2.3
Verhältnis von Lieferzeit zur Wiederbeschaffungszeit Das Verhältnis von Liefer- und Wiederbeschaffungszeit gibt Anhaltspunkte dafür, bis zu welcher Fertigungsstufe eine Vorproduktion sinnvoll ist. Falls auf einer Produktionsstufe die dem Kunden zugesagte Lieferzeit (LFZ) kleiner ist als die Wiederbeschaffungszeit (bzw. die Fertigungszeit FZ bei Eigenfertigungsteilen), wird eine Vorplanung bzw. Vorproduktion notwendig.
Beispiel
Produziert wird ein Enderzeugnis (E), in das zwei eigengefertigte Baugruppen (B1 und B2) sowie eine zur Herstellung von B2 fremdbeschaffte Komponente (F) eingehen (vgl. Abb. 17). Die Wiederbeschaffungszeit für F beläuft sich auf zehn Tage, die Fertigungszeit der Baugruppen beträgt vier (B1) und drei (B2), die des Endprodukts zwei Tage. B1, B2 und E können aufgrund von Kapazitätsrestriktionen nicht gleichzeitig hergestellt werden. Damit benötigt der streng sequenzielle Produktionsablauf eine Gesamtdurchlaufzeit von 10+3+4+2 = 19 Tagen.
3
84
Zu weiteren negativen Wirkungen solcher Prioritäten auf die Betriebsziele vgl. insbesondere [Wien97, S. 303-307].
5.1
Planungsstrategieparameter
E
B1
B2
F
Abb. 17: Strukturstückliste Unterschiedliche zugesagte Lieferzeiten zeitigen abweichende Konsequenzen im Hinblick auf Vorplanung, Vorproduktion bzw. Bestandshaltung (vgl. Abb. 18): Fall 1: Ist die zugesagte Lieferzeit größer oder gleich 19 Tage, so ist keine Vorproduktion nötig. Das Erzeugnis, alle Komponenten und Baugruppen sind innerhalb dieser Zeit beschaff- bzw. produzierbar. Hier kann man z. B. die Planungsstrategie „Losfertigung für Kunden- und Lageraufträge“ (30) anwenden. Fall 2: Liegt die Lieferzeit zwischen 9 und 19 Tagen, so muss die fremdzubeschaffende Komponente vorgeplant und auf Lager gehalten werden. Die Baugruppe 2 und die Komponente sind nur dann beide vorzufertigen bzw. zu beschaffen, wenn die Lieferzeit zwischen 6 und 9 Tagen beträgt. In diesen beiden Fällen kann eine Vorplanung mit der Strategie „Baugruppenvorplanung“ (70) erfolgen. Fall 3: Liegt die zugesagte Lieferzeit im Zeitraum zwischen 2 und 6 Tagen, so sind die Baugruppen 1 und 2 ebenso wie die Komponente vorzuplanen bzw. vorzuproduzieren. Fall 4: Ist die zugesagte Lieferzeit sogar kleiner als 2 Tage, so müssen auch die Enderzeugnisse vorproduziert werden.
85
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Fertigungs- bzw. Wiederbeschaffungszeit in Tagen
Kumulierte Zugesagte Folge Zeiten in Lieferzeit L Tagen in Tagen
2 (E)
2
L<2
E muss vorproduziert werden
4 (B1)
6
2dL<6
Vorproduktion bzw. vorzeitige Beschaffung von B1, B2 und F
3 (B2)
9
6dL<9
B2 und F und vorfertigen bzw. -halten
10 (F)
19
9 d L < 19
F auf Lager halten
L t 19
Keine Vorproduktion
Abb. 18: Verhältnis von Liefer- und Wiederbeschaffungszeit am Beispiel
5.1.2.4
Prognostizierbarkeit des Absatzes
Vorfertigung, Rüstkosten
Die Entscheidung, ob auf Lager gefertigt oder vorproduziert werden soll, hängt vom Verbrauchsverlauf des Erzeugnisses ab. Weist dieser keine Gesetzmäßigkeit auf, dann sind eine Prognose und somit die Vorplanung nur sehr bedingt machbar. Zeigt der Absatz eines Erzeugnisses hingegen einen gesetzmäßigen Verlauf, so können eine Prognose und eine Vorplanung durchgeführt werden. Immer dann, wenn hinreichend genaue Prognosen möglich sind, ist eine Strategie mit Vorplanung anwendbar. Auch für den Fall, dass das Verhältnis von Liefer- und Wiederbeschaffungszeit eine Auftragsfertigung bis in die unteren Fertigungsstufen zulässt, kann es sinnvoll sein, bestimmte Baugruppen (in großen Losen) vorzufertigen (zu bevorraten), um einzelne Fertigungskapazitäten stärker auszulasten und somit Rüstkosten zu senken.
5.1.2.5
Technische Bedingungen Gibt es in der Stücklistenstruktur eine Dummy-Baugruppe, die selbst nicht hergestellt wird, so kann die Strategie „Vorplanung auf Dummy-Baugruppenebene“ (59) verwendet werden. Dies
86
5.1
Planungsstrategieparameter
mag z. B. dann sinnvoll sein, wenn zur Produktion eines Tischs eine bestimmte Farbmischung verwendet wird. Die unterschiedlichen Farbkomponenten werden bei dieser Strategie in einer Dummy-Baugruppe namens „Farbmischung“ zusammengefasst. Das Bedarfsplanungsprogramm setzt den Bedarf aber nicht auf der Dummy-Baugruppe ab, sondern reicht ihn an die Komponenten durch, da man die Farbmischung selbst nicht produziert, sondern diese z. B. direkt in einem Mischautomaten der Lackiermaschine zusammengesetzt wird.
5.1.3
Einstellhinweise Gruppe II Die Parameter der Gruppe II teilen sich in zwei Kategorien auf: In die erste Klasse fallen das Verrechnungskennzeichen, das Vorschlag-Verrechnungskennzeichen, das Zuordnungskennzeichen, das Bedarfsabbaukennzeichen, das Dispositionsrelevanzkennzeichen, das Bedarfsübergabekennzeichen und das Verfügbarkeitsprüfungskennzeichen. Die zweite Gruppe umfasst das Einzelbedarfskennzeichen sowie die Bedarfszusammenfassung. Die erstgenannten Parameter sind existenziell für die Funktionsfähigkeit einzelner Planungsstrategien. Sie legen fest, ob überhaupt verrechnet werden kann bzw. welcher Input in Form von Kundenprimärbedarfen der Verrechnung zugrunde liegen soll. Das Einzelbedarfskennzeichen und die Bedarfszusammenfassung hingegen bestimmen, bis zu welcher Stücklisten- bzw. Dispositionsstufe eine Einzelplanung zugelassen ist und ab wo Sammelplanungen inklusive Losbündelungen erlaubt sind. Beide Stellgrößen konkretisieren somit die festgelegte Planungsstrategie. Einstellhinweise können für diese Art von Parametern nur insofern gegeben werden, als man auf ihre zahlreichen Wechselwirkungen mit anderen Stellgrößen verweist, die im Folgeabschnitt aufgeführt sind. Relativ unproblematisch ist es, wenn man die Default-Einstellungen des Systems übernimmt. Ferner sollte man in Zweifelsfällen die Parameter Dispositionsrelevanzkennzeichen, Bedarfsübergabekennzeichen und Verfügbarkeitsprüfung aktivieren, um das System mit allen verfügbaren Bedarfsinformationen zu versorgen.
87
5
5.1.4
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Wechselwirkungen Die Planungsstrategiegrößen stehen mit vielen anderen Parametern in Wechselwirkung. Das mag daran liegen, dass sie in der Hierarchie der PPS-Parameter relativ weit oben stehen und - wie die Wechselwirkungen zeigen werden – viele andere Parameter in ihren möglichen Konfigurationswerten eingrenzen, da diese direkt von ihnen abhängen. Ein zweiter Grund für ihre große Bedeutung ist, dass sie als Programmplanungsparameter den Beginn der sequenziellen, stufenweisen MRP-Planungen beeinflussen. Sie determinieren den Input der nachgelagerten Planungsstufen. Fasst man unter der Gruppe der Planungsstrategieparameter aus Abb. 15 die Stellgrößenkategorien I und II zusammen (die Abgrenzung zwischen Planungsstrategie- und Verrechnungsparametern ist hier eher didaktischer Art), so erkennt man dort sehr einprägsame Beispiele für datentechnisch bedingte Abhängigkeiten zwischen unterschiedlichen Parametern. Die beiden Stellgrößen Strategiegruppe und Verrechnungskennzeichen sind beispielsweise nur indirekt über drei weitere Parameter miteinander verbunden. Eine erhöhte Flexibilität beim Customizing erkauft sich der Anwender in diesem Fall mit einer vergleichsweise unübersichtlichen und daher fehleranfälligen Parameterstruktur. Die Aufgabe wird dadurch problematisch, dass die einzelnen Parameter nicht in einer einzigen Maske zugreifbar sind, sondern sich auf verschiedene Sichten in unterschiedlichen Funktionsbereichen (Produktion und Vertrieb) verteilen. Ihre Interdependenzen sind daher keineswegs so leicht zu erkennen, wie es die Abb. 15 suggeriert. 1) Verrechnungskennzeichen, Vorschlag-Verrechnungskennzeichen und Zuordnungskennzeichen: Wählt man eine Planungsstrategie mit Verrechnung, so muss bei der Bedarfsart/Bedarfsklasse des Planprimärbedarfs das dort definierte Verrechnungskennzeichen mit dem Zuordnungskennzeichen der Bedarfsart/Bedarfsklasse des Kundenprimärbedarfs übereinstimmen. Bei der Auslieferung des Systems sind die Parameter bereits richtig voreingestellt. Interessant wird es, wenn das festgelegte Verrechnungskennzeichen des Planprimärbedarfs vom so genannten Vorschlag-Verrechnungskennzeichen (VVKZ) abweicht. Bei der Erfassung der Planprimärbedarfsmengen
88
5.1
Planungsstrategieparameter
schlägt das System dann automatisch das VVKZ vor. Akzeptiert der Disponent den Vorschlag ungeprüft, so wird die Verrechnung nicht wie geplant erfolgen. 2) Bedarfsabbaukennzeichen: Ein sehr spezieller Parameter ist das Bedarfsabbaukennzeichen. Es ist nur für die Planungsstrategie 10/11 (Anonyme Lagerfertigung) relevant. Dort ermöglicht es, dass die Planprimärbedarfe im Zuge der Warenausgangsbuchung wieder gelöscht werden. Wäre dies nicht der Fall, so verblieben die Bedarfe im System und würden erneut verplant, auch wenn sie bereits in der Vergangenheit liegen. Es ist daher sinnvoll, den Parameter zu aktivieren, um stets mit aktuellen Daten zu arbeiten. 3) Dispositionsrelevanzkennzeichen und Bedarfsübergabekennzeichen: Die Parameter Dispositionsrelevanzkennzeichen und Bedarfsübergabekennzeichen bilden eine wichtige Schnittstelle zwischen den beiden SAP-ERP-Komponenten für den Vertrieb und die Produktionsplanung. Sie sollten daher eng aufeinander abgestimmt sein. Wird die Bedarfsübergabe erlaubt, so ermächtigt man die Produktionsplanungsomponente, Kundenbedarfe als Datensätze aus dem Vertriebsbaustein zu übernehmen und abzuspeichern. Eine ganz andere Frage ist es, ob man den betreffenden Bedarf in der Produktionsplanung nur für Informationszwecke nutzen will oder ob man ihn der Disposition übergeben möchte. Im letzten Fall entstehen Kundenprimärbedarfe als Ausgangspunkt der Materialbedarfsplanung. Beide Parameter stehen somit in enger Wechselwirkung mit den Verrechnungsparametern, indem sie den Input festlegen, der später für Verrechnungszwecke zur Verfügung steht. 4) Verfügbarkeitsprüfungskennzeichen: Das Verfügbarkeitsprüfungskennzeichen bestimmt, für welche Kundenbedarfsarten/-klassen gegen Bestände und/oder geplante Zu- und Abgänge geprüft werden soll. Ohne den „richtigen“ Parameterwert an dieser Stelle, d. h. bei den Planungsstrategieparametern, können auch betriebswirtschaftlich leistungsfähige Konfigurationen der Verfügbarkeitsprüfungsparameter aus Abschnitt 5.9 nicht greifen, da sie nicht aktiviert sind.
89
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP 5) Einzelbedarfskennzeichen und Bedarfszusammenfassung: Bei kundenorientierten Strategien werden auch die strategiespezifischen Parameter Einzelbedarfskennzeichen und Bedarfszusammenfassung (vgl. Abschnitt 5.5.3) relevant.
Bedeutung
Sie legen fest, ob Bedarfsmengen über das gleiche Teil zusammengefasst werden dürfen. Ist dies zulässig, so geht man von der reinen Einzelfertigung ab. Das Einzelbedarfskennzeichen besitzt die Ausprägungen „Einzelplanung“ und „Sammelplanung“. Es kann beispielsweise dazu herangezogen werden, für einzelne Teile eine Einzelplanung und damit jeweils kundenauftragsspezifische Planaufträge zuzulassen. Alternativ dazu erlauben es Sammelplanungen, die Bedarfe eines Teils aus mehreren übergeordneten Kundenaufträgen zu einem einzigen Planauftrag zusammenzufassen. Das Einzelbedarfskennzeichen beeinflusst signifikant die Zahl der Planaufträge und damit auch die Planungskomplexität. Außerdem kann es die bei einem hierarchisch höher liegenden Teil vereinbarte Planungsstrategie „verwässern“, indem es z. B. durchgängige Einzelplanungen durch Sammelplanungen oder periodische Bedarfsraffungen ergänzt bzw. ersetzt. Auf der anderen Seite ist es i. Allg. nicht sinnvoll, bei einer Einzelplanung sämtliche untergeordneten Baugruppen und Komponenten kundenspezifisch zu fertigen. Spätestens bei hierarchisch sehr tief liegenden Baugruppen oder Einzelteilen ist eine Lagerproduktion und damit die Sammelplanung zu empfehlen. Im Zusammenhang mit dem Einzelbedarfskennzeichen ist auch die Konfiguration des Losgrößenverfahrens zu beachten. Wurde bei einem Teil das Einzelbedarfskennzeichen auf „Einzelplanung“ gesetzt, so ist für ein solches Material nur das Verfahren „Exakte Losgröße“ sinnvoll. Losgrößenalgorithmen, die Bedarfsraffungen vornehmen, sind hingegen nur zusammen mit einer Sammelplanung einzusetzen. Gegenüber dem Einzelbedarfskennzeichen hat die Stellgröße Bedarfszusammenfassung nur indirekte Wirkungen auf die Materialbedarfsplanung (vgl. Abschnitt 5.5.3). Sie dient in erster Linie dazu, die Planungsergebnisse aussagekräftig und übersichtlich zu gestalten, indem mehrere Einzelpositionen/Planaufträge in einer Berichtsposition kumuliert aufgeführt werden. Um den Informationsverlust infolge der Aggregation klein zu halten, bietet es sich an, beide Parameter gleichgerichtet einzustellen. Dort, wo Sammelplanungen zugelassen sind, kann man eher auf detaillierte
90
5.1
Planungsstrategieparameter
Auswertungen verzichten und mit Wochen- bzw. Monats-Summenbedarfen arbeiten. 6) Verrechnungs- und Prognoseparameter: Die Konfiguration dieser Stellgrößen ist entscheidend für die Planungsgüte des gesamten Produktionsplanungssystems: Im Gegensatz zu den extern vorgegebenen Kundenprimärbedarfen lassen sich die Planprimärbedarfe zeit- und mengenmäßig mithilfe der Prognoseparameter direkt beeinflussen. Einsatz
Sowohl Verrechnungs- als auch Prognoseparameter sind nur bei Strategien mit Vorplanung relevant, es sein denn, man prognostiziert auf der Ebene von Kunden(gruppen). Im zweiten Fall betrifft dies jedoch nicht mehr die Produktionsplanung, sondern ausschließlich den Vertrieb und ist daher für uns thematisch nicht mehr interessant. Bezüglich der Verrechnungsparameter ist zu beachten, dass unvollständige Verrechnungen (initiiert durch die beiden Verrechnungshorizonte und den -modus, vgl. Abschnitt 5.2) durchaus erwünscht sein können. Wählt man etwa eine Strategie wie „Vorplanung auf Baugruppenebene (70)“, so ist es oftmals explizit beabsichtigt, ausreichend Material auf Lager zu produzieren, um beispielsweise kurzfristig auftretende Eilaufträge befriedigen zu können. Verrechnungsparameter wie der Anpassungshorizont oder das Anpassungskennzeichen stehen dem jedoch entgegen, weil sie unverrechnete Mengen eliminieren. Bereits in der Vergangenheit befindliche Bedarfe lassen sich später reorganisieren, so dass sie nicht mehr von der Disposition berücksichtigt werden. Man muss sich daher im Klaren darüber sein, dass es zur Implementierung einer Planungsstrategie nicht ausreicht, die Strategie selbst zu pflegen, sondern es müssen die mit ihr verknüpften Verrechnungsparameter auf die konkrete Strategie abgestimmt werden. Ergänzend dazu sollten sich die Verrechnungsgrößen wiederum an den Prognosestellgrößen ausrichten,4 da sie die Aufgabe haben, den Prognosefehler auszugleichen.
4
Dies gilt natürlich nur für den Fall, dass die Vorplanung auch Prognosebedarfe umfasst.
91
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP 7) Dispositionsart: Die Planungsstrategieparameter sind eng mit der Dispositionsart und ihren „Unterparametern“ verknüpft. So ist es beispielsweise direkt einsichtig, dass es keinen Sinn macht, Materialien der Einzelfertigung verbrauchsgesteuert zu disponieren. Je stärker man in Richtung auf Anonyme Lagerfertigung geht (z. B. bei zunehmend invarianteren Teilen), desto eher eignen sich verbrauchsgesteuerte Verfahren und der Einsatz von Prognosen (vgl. dazu Abschnitt 5.3.1). In die Betrachtung der Wechselwirkung zwischen Planungsstrategieparametern und der Dispositionsart ist auch das Einzelbedarfskennzeichen einzubeziehen (s.o. Wechselwirkung 5): Materialien der Einzelplanung stehen nicht für verbrauchsgesteuerte Verfahren zur Verfügung, während eine Verbrauchssteuerung zusammen mit Sammelplanungen zugelassen ist. 8) Parameter der Losgrößenverfahren und Losgrößenmodifikatoren: Analog zur letztgenannten Wechselwirkung 7) lässt sich generell die Aussage treffen, dass Losbildungen dann unproblematischer werden, wenn man sich in Richtung der anonymen Lagerproduktion bewegt. Die weitaus meisten Algorithmen in der Produktionsplanung in SAP ERP (außer der Exakten Losgröße) arbeiten so, dass sie einzelne Bedarfe über ein bestimmtes Teil zu einem Auftrag zusammenfassen und den Beginn des Auftrags auf den Starttermin des frühesten Einzelbedarfs legen. Diese Vorgehensweise wirkt sich negativ auf die Transparenz aus, und infolge der hinzukommenden Raffungen kann es zu unerwünschten Terminverschiebungen sowie ungünstigen Kapazitätsbelastungen kommen: Je höher man in der Stücklistenstruktur mit dem Einzelbedarfskennzeichen Sammelplanungen anstelle von Einzelplanungen zulässt, desto schwieriger wird es, einzelne Kundenaufträge zusammen mit ihren Einzelbedarfen termin- und mengenmäßig zu überwachen. Die Problematik nimmt umso stärker zu, je mehr Einzelbedarfe – abhängig vom Losgrößenverfahren – zu einem Sammelauftrag zusammengefasst (gerafft) werden. Die zeitliche und mengenmäßige Unsicherheit und Intransparenz verstärken sich noch, wenn die Losgrößenmodifikatoren bestehende Lose nachträglich modifizieren, so dass zum einen Splittungen entste-
92
5.1
Planungsstrategieparameter
hen (durch die Maximale Losgröße, vgl. Abschnitt 5.6.1), zum anderen die Lagerproduktionsmengen ansteigen (durch Aufrundungen der Parameter Minimale Losgröße und des Rundungswerts, vgl. die Abschnitte 5.6.2 und 5.6.3 ). 9) Sicherheitsbestandsparameter: Sicherheitsbestände und damit verbundene Parameter (z. B. alle Stellgrößen zur dynamischen Bestandsberechnung) spielen ebenfalls nur bei (zumindest anteiliger) Lagerproduktion eine bedeutende Rolle. Bei reiner Kundeneinzelfertigung sind sie nur dann erforderlich und sinnvoll, wenn für bestimmte Teile Mehrfachverwendungen existieren und wenn man über ein Baukastensystem verfügt, in dem sich die Verbräuche der Bausteine relativ gut prognostizieren lassen. Erkennt man keine Regelmäßigkeiten im Verbrauchsverlauf, so führt ein gutes Bestandsmanagement allein kaum weiter. Stattdessen sind konstante Wiederbeschaffungszeiten von großer Wichtigkeit und damit alle Parameter, die extern für die Lieferantenauswahl und intern für gleichmäßige Durchlaufzeiten sorgen können (z. B. die Losgrößenund Terminierungsparameter). 10) Terminierungsparameter: Lagerhaltung vs. auftragsorientierte Produktion
Interdependenzen zwischen den Parametern der Planungsstrategien, den Terminierungsparametern sowie den Losgrößenverfahren und -modifikatoren bestehen nur indirekt. In Abschnitt 5.1.2.3 wurde bereits darauf eingegangen, dass eines der Kriterien für die Notwendigkeit einer Vorproduktion das Verhältnis zwischen zugesagter Lieferzeit eines Produkts und seiner Wiederbeschaffungszeit ist. Aus einer rein umsatzorientierten Sicht könnte man pauschal sagen: Je mehr man vorproduziert, desto unwichtiger wird eine genaue Terminierung. In diesen Fällen ist es besser, sich (bei ausreichendem Sicherheitsbestand) aus vorproduzierten Lagermengen zu versorgen. Im Innenverhältnis sind zu hohe Bestände jedoch sehr kostenintensiv. Es ist dem Betrieb daher daran gelegen, einen vernünftigen Kompromiss zwischen Lagerhaltung und auftragsorientierter Produktion zu finden.
Voraussetzungen
Dies setzt voraus, dass die Durchlaufzeiten zum einen möglichst klein sind und zum anderen eine geringe Varianz aufweisen. Ersteres bedingt, dass alle Pufferzeiten, wie z. B. die Sicherheitszeit, klein sind. Letzteres erfordert harmonische Losgrößen, damit 93
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP die Zugangs- und Abgangsraten an den einzelnen Arbeitsplätzen möglichst konstant und damit prognostizierbar sind, sowie eine „ruhige“ Produktion mit wenigen Umdispositionen (wie sie z. B. durch Eilaufträge erforderlich sein mögen). Aus diesen Gründen sollten Losgrößenmodifikatoren wie die Minimale und die Maximale Losgröße gepflegt sein. Außerdem sind die Planungs-, Eröffnungs- und Freigabehorizonte ausreichend groß zu wählen, um z. B. die durch den Parameter Minimale Losgröße oder eine zu geringe Verrechnung gebildeten Bestände mittels einer Minderproduktion in späteren Perioden wieder auszugleichen. Gleichzeitig ist der Fixierungshorizont ausreichend klein zu wählen, damit durch Umdispositionen nicht zu viel Unruhe in die Planungen kommt. Auch Größen wie die Vorgriffszeit können negativ auf die Varianz der Durchlaufzeiten wirken, wenn sie für Umdispositionen genutzt werden. Ihr Wert sollte nach Möglichkeit ebenfalls klein bleiben. 11) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Parameter zur Verfügbarkeitsprüfung spielen bei reiner Kundeneinzelfertigung eine untergeordnete Rolle. Bei der Auftragsannahme im Vertrieb lassen sich normalerweise aufgrund des frühen Zeitpunkts die verfügbaren Kapazitäten und Teile kaum zuverlässig abschätzen. Dies gilt dann nicht, wenn man über ein ausgeklügeltes Baukastensystem verfügt und daher nur auf den „oberen“ Produktionsstufen kundenspezifisch fertigt bzw. montiert. Die Entscheidung für oder gegen eine Verfügbarkeitsprüfung könnte somit z. B. anhand des Einzelbedarfskennzeichens erfolgen, das die „Tiefe“ der Einzelplanungen determiniert. Verfügbarkeitsprüfungen sind für solche Materialien besonders sinnvoll, deren Einzelbedarfskennzeichen mit der Ausprägung Sammelplanung konfiguriert wurden. Im Fall der Einzelfertigung kommt der Verfügbarkeitsprüfung eine hohe Bedeutung zu. Von der Produktionsplanung in SAP ERP unterstützte Alternativen sind die Verrechnungsprüfung gegen die „Vorplanung ohne Endmontage“ bzw. gegen die Vorplanung für ein Vorplanungsmaterial, die „Montageauftragsabwicklung“ mit ATP-Prüfung gegen die Stücklistenkomponenten sowie eine ATP-Prüfung gegen die Gesamtwiederbeschaffungszeit.
94
5.1
Planungsstrategieparameter
Planungsstrategieparameter (Die Nummerierung entspricht Abschnitt 5.1.4)
VerrechnungsVerrechnungskennzeichen kennzeichen (1)
BedarfsBedarfszusammenfassung
BedarfsBedarfsklasse klasse
Vorschlag Vorschlag VerrechnungsVerrechnungskennzeichen kennzeichen
Bedarfsart Bedarfsart
Zuordnungskennzeichen kennzeichen (2)
Strategie Strategie StrategieStrategiegruppe gruppe
(5)
(3)
EinzelEinzelbedarfskennzeichen kennzeichen
(1)
BedarfsBedarfsabbauabbaukennzeichen kennzeichen DispositionsDispositionsrelevanzrelevanzkennzeichen kennzeichen BedarfsBedarfsübergabeübergabekennzeichen kennzeichen VerfügbarVerfügbarkeitsprüfungskeitsprüfungskennzeichen kennzeichen
(5) (7) (6)
VerrechVerrechnungsnungsparameter parameter
(6)
(8)
LosgrößenLosgrößenmodifikatoren modifikatoren
PrognosePrognoseparameter parameter
(6)
(9)
SicherheitsSicherheitsbestandsbestandsparameter parameter
DispositionsDispositionsart art
(7)
(10)
TerminieTerminierungsrungsparameter parameter
LosgrößenLosgrößenverfahren verfahren
(8)
(11)
VerfügbarVerfügbarkeitsprüfungskeitsprüfungsparameter parameter
(4)
(11)
Abb. 19: Wechselwirkungen der Planungsstrategieparameter
95
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.2
Verrechnungsparameter (Verrechnungsmodus und -horizonte)
5.2.1
Bedeutung Die Verrechnungsparameter determinieren, wie stark die vorgeplanten Mengen mit Kunden- oder Sekundärbedarfen korrespondieren dürfen. Zu ihnen gehören u. a. die beiden metrisch skalierten Verrechnungshorizonte (der Vorwärts- und Rückwärtsverrechnungshorizont), die beide in Tagen definiert sind, sowie der nominal skalierte Verrechnungsmodus, der die Horizonte aktiviert. (a)
Verrechnungshorizonte (je 10 Tage)
Mengeneinheiten [ME]
(rückwärts) (vorwärts) 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
1
5
2
10
15
Kundenprimärbedarf Planprimärbedarf
3
20
25
30
35
4
40
45
Planungsperiode [Tage]
Der Verrechnungsmodus bewirkt ... 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
... beidseitige Verrechnung
1
5 10 15 Kundenprimärbedarf Planprimärbedarf
4 20
25 30
35 40
45
Planungsperiode [Tage]
(c) Mengeneinheiten [ME]
Mengeneinheiten [ME]
(b)
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
oder einseitige Verrechnung (z. B. Vorwärtsterminierung)
1
2
5
10 15
Kundenprimärbedarf Planprimärbedarf
4 20
25 30
35 40
45
Planungsperiode [Tage]
Abb. 20: Funktionsweise der Verrechnungsparameter Die beiden Horizonte legen fest, mit welcher zeitlichen Toleranz eintreffende Kundenbedarfe die Planprimärbedarfsmengen ablösen dürfen. Dabei reduziert der Kundenbedarf grundsätzlich immer denjenigen Planprimärbedarf zuerst, der ihm zeitlich am 96
5.2
Verrechnungsparameter (Verrechnungsmodus und -horizonte) nächsten liegt. Der Verrechnungsmodus hingegen ist ein Parameter, der je nach Ausprägung einen oder beide Zeithorizonte aktiviert. Er bestimmt damit, ob die Verrechnung auf der Zeitachse vorwärts oder rückwärts erfolgen soll (einseitige Verrechnung), beide Möglichkeiten zugelassen sind (beidseitige Verrechnung) oder die Verrechnung ganz entfällt. Abb. 20 zeigt an einem vereinfachten Beispiel den Unterschied zwischen beidseitiger und einseitiger Verrechnung. In der Ausgangssituation (a) tritt zum Periodentag 25 ein Kundenbedarf in Höhe von 100 ME auf, der zur einfacheren Vergleichbarkeit mit den Planprimärbedarfen aus zwei farblich voneinander abgesetzten Blöcken à 50 Einheiten besteht. Die Verrechnungshorizonte betragen jeweils 10 Tage. Ein beidseitiger Verrechnungsmodus (b) ändert die Kapazitätsbelastung der Periode insgesamt nicht, da in vollem Umfang Planaufträge abgelöst werden (Verrechnung des Kundenbedarfs mit den Planprimärbedarfen 2 und 3). Bei ausschließlicher Vorwärtsverrechnung (c) ist das nicht der Fall. Die absolute Kapazitätsbelastung steigt, da nur einer der beiden zeitlich früher gelegenen Vorplanungsbedarfe unterlaufen wird, nicht hingegen die zurückliegenden (Verrechnung des Kundenbedarfs nur mit Planprimärbedarf 3). Durch die Gefahr, infolge einer unzureichenden Verrechnung zu viel zu produzieren, muss die Verrechnung mit der Bestandsplanung (insbesondere mit den Sicherheitsbeständen) abgestimmt werden. Kleine Horizontwerte oder eine einstatt beidseitige Verrechnung zusammen mit hohen Sicherheitsmengen können bestandserhöhend wirken.
Vorplanungswerk
Eine etwas andere Art der Verrechnung ist dann möglich, wenn man bestimmte Gleichteile als Vorplanungsmaterial definiert. Auf diese Art sind sehr flexible Saldierungen möglich. Die Planung bezieht sich in diesem Fall auf ein bestimmtes Werk (Vorplanungswerk). Außerdem kann über einen Umrechnungsfaktor ein Mengenverhältnis zwischen dem aktuell betrachteten Material und dem Vorplanungsmaterial festgelegt werden. Neben den oben angesprochenen Verrechnungsparametern im engeren Sinne existieren auch so genannte Anpassungsstellgrößen, die nicht verrechnete Mengen zurücksetzen. Dies kann mit dem Anpassungshorizont auf einen bestimmten Zeitraum eingeschränkt werden. Über das Anpassungskennzeichen legt man fest, ob eine Anpassung nur in der Zukunft oder in der Vergangenheit zulässig ist. Löscht man nicht verrechnete Vergangenheits-Planprimärbedarfe, so gehen diese nicht mehr in die Disposition ein, was meist, aber nicht immer, erwünscht ist. 97
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.2.2
Einstellhinweise
5.2.2.1
Grundlagen
Primärbedarf [ME]
Das Ziel der Verrechnungsparameter ist es, mögliche Prognosefehler aus der (personellen oder systemgestützten) Vorplanung auszugleichen, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind: Verschieben sich z. B. die Kundenbedarfstermine gegenüber den Vorplanungsbedarfen, so entstehen Zeitdifferenzen (vgl. Pfeil 2 in Abb. 21; die Kundenprimärbedarfstermine (2) sind dort um eine konstante Zeitspanne in die Zukunft verschoben). Daneben können zusätzlich Mengenabweichungen auftreten, falls die Auftragsinhalte beider Primärbedarfsarten differieren (vgl. in Abb. 21 die Pfeile 3a und 3b).
(1) vorgeplante Primärbedarfe 3a
(2) zeit- und mengenmäßig abweichende Kundenprimärbedarfe Fehlmengen 3b
2
(2) zeitversetzt eintreffende Kundenprimärbedarfe
Lagerproduktion
Bestandsbildung durch Mengenabweichungen Primärbedarfstermin [Planperiodentage]
Abb. 21: Beeinflussungspotenziale der Verrechnungsparameter Terminabweichungen
Terminabweichungen sind weniger gefährlich. Sie können über eine geeignete Wahl der Verrechnungsparameter wieder austariert werden, so dass in Abb. 21 die beiden Primärbedarfskurven (vgl. die Kurven (1) und (2)) der Plan- und Kundenbedarfe wieder deckungsgleich sind und damit nur so viel gefertigt wird, wie bereits an Kundenaufträgen vorliegt.
Mengenabweichungen
Schwer wiegender sind hingegen die Folgen, wenn Mengenabweichungen auftreten und/oder die Zeitdifferenzen nicht über die Verrechnungsparameter egalisiert werden. Dies kann einerseits zu erhöhten Lagerbeständen führen und andererseits zu
98
5.2
Verrechnungsparameter (Verrechnungsmodus und -horizonte) Fehlmengen (vgl. die Kurve (3) und die sich daraus ableitenden Lager- und Fehlmengen). Die Abweichungen selbst sind meist konjunkturell bedingt. Sie lassen sich mit einer begrenzten Genauigkeit vorhersagen und können zur betriebswirtschaftlich sinnvollen Einstellung der Verrechnungsparameter herangezogen werden. Das Ziel der Konfigurationsüberlegungen muss es sein, die Parameterwerte so auf die veränderlichen externen Größen abzustimmen, dass die Summe der Lagerbestände und Fehlmengen minimiert wird (vgl. Abb. 21; dies entspricht einer Minimierung der gesamten schraffierten Fläche). Hierzu ist ein antizyklisches Vorgehen notwendig: In den Perioden vor einer erwarteten Konjunkturbelebung sollte bei verfügbarer Kapazität ausreichend viel vorproduziert werden, um späteren Fehlmengen vorzubeugen (vgl. in Abb. 21 die als Lagerproduktion gekennzeichnete Fläche); die Verrechnungshorizonte sollten hier vergleichsweise klein sein. Ist jedoch mit einem Nachfragerückgang zu rechnen, so müssen die Parameterwerte größer ausfallen, damit nicht zu viel Material auf Lager gefertigt wird, das später nicht mehr absetzbar ist.
5.2.2.2
Simulationsergebnisse Für die Verrechnungsparameter lassen sich im Vorhinein nur schwer die Folgen falscher bzw. suboptimaler Einstellungen abschätzen. Für die Planungsstrategie „Vorplanung mit Endmontage (50)“ wurden aus diesem Grund umfangreiche Simulationsexperimente durchgeführt (vgl. [Ditt97]), von denen wir hier einige wichtige Ergebnisse vorstellen. Die Parameterkonfigurationen wurden bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Kapitalbindung der Umlaufbestände und den Endproduktdurchsatz analysiert. Die Untersuchungen erfolgten an dem in Abschnitt 3.2.5 skizzierten Modellbetrieb, wobei die Verrechnungshorizonte zwischen 0 und 20 Tagen variierten. Zur besseren Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse ist eine Darstellungsform gewählt, bei der nicht absolute, sondern relative Werte angegeben sind. Auf diese Weise bleiben die Parameterwirkungen auch untereinander vergleichbar.
99
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.2.2.2.1
Kapitalbindung
Kapitalbindung norm. [%]
c
b
100 90 80 70 60 50
a
b
c
40 30 20 10 0 Verrechnungshorizont [Tage]
Abb. 22: Kapitalbindung bei steigenden Verrechnungshorizonten Die zunehmende Verrechnung der Planprimärbedarfe infolge größerer Horizonte reduziert den Kapazitätsbedarf. Ergebnis
Mit sinkender Auslastung verringerte sich die Kapitalbindung der Umlaufbestände in den Simulationsexperimenten um bis zu 31%, da weniger produziert wurde. Betrachtet man den Verlauf der Kapitalbindung bei ansteigenden Parameterwerten, so lassen sich die drei Bereiche (a), (b) bzw. (b)' und (c) bzw. (c)' abgrenzen (vgl. Abb. 22). Im unteren Wertebereich (a) sinkt die Kapitalbindung mit steigenden Horizontwerten nur leicht ab, da die Zeitintervalle um die eintreffenden Kundenaufträge zunächst nur wenige Planbedarfe erfassen. Die Länge von (a) hängt vom Prognosefehler der Primärbedarfsplanung ab, der sich aus Zeit- und Mengenabweichungen zwischen Plan- und Kundenprimärbedarfen herleitet (vgl. Abb. 23). Dort, wo nur geringe Abweichungen existieren (Fall 1), genügen bereits relativ kleine Horizonte, um den Fehler auszugleichen und so die Prognosebedarfe trotzdem zu verrechnen. Das Intervall (a) ist dann vergleichsweise kurz. Wenn dagegen ein größerer zeitlicher Prognosefehler (Fall 2) vorliegt, müssen auch die Horizonte mitwachsen, um die Kapitalbindung im gleichen Maße wie in Fall 1 zu verringern. Mit steigendem zeitlichen Prognosefehler verlängert sich daher auch der Bereich (a).
100
5.2
Verrechnungsparameter (Verrechnungsmodus und -horizonte) Fall 1: geringer Prognosefehler
Fall 2: hoher Prognosefehler
Bedarfsmenge [ME]
- hohe Zeitabweichung - hohe Mengenabweichung
Bedarfsmenge [ME]
- geringe Zeitabweichung - geringe Mengenabweichung
0 ....
10
15
20
25
30
35
Kundenprimärbedarfe
40
45
0 ..... 10
15
20
Zeit [Tage]
25
30
35
40
45
Zeit [Tage]
Planprimärbedarfe
Abb. 23: Prognosefehler der Primärbedarfsplanung Wie das Intervall (a), so hängen auch die Funktionsverläufe der Bereiche (b) bzw. (b)' von den Zeit- und Mengendifferenzen der beiden Primärbedarfsarten ab. An den oberen Grenzen (im Übergangsbereich zu (c) bzw. (c)') decken sich sämtliche Kundenbedarfe mit vorgeplanten Mengen. Dabei entspricht (b) dem Fall 1 aus Abb. 23 und (b)' dem Fall 2. Mit steigenden Horizontwerten fällt die Kapitalbindung umso schneller ab, je geringer die Streuung der Zeitabweichungen um ihren Mittelwert ist. Im Bereich (c) bzw. (c)' schließlich sind alle Verrechnungspotenziale voll ausgeschöpft, so dass keine weiteren positiven Effekte mehr auftreten.
Kapitalbindung norm. [%]
100
0
Wirkung des Verrechnungsmodus
Effekte längerer Verrechnungshorizonte
einseitiger Verrechnungsmodus (nur Rückwärts- oder nur Vorwärtsoder Vorwärtsverrechnung)
beidseitiger Verrechnungsmodus (Rückwärts-/Vorwärts- oder Vorwärts-/Rückwärtsverrechnung)
Verrechnungshorizont [Tage]
Abb. 24: Wirkung des Verrechnungsmodus Abb. 24 verdeutlicht die Wirkung des Verrechnungsmodus und stellt ihr die der Horizonte gegenüber. Unterschiedliche Modi beeinflussen das Niveau der Kapitalbindung. Es sinkt beim Wechsel von einseitiger zu beidseitiger Verrechnung stark ab. 101
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Demgegenüber beziehen sich die Horizontwerte stets auf einen bestimmten Modus und den von ihm determinierten Wirkungsverlauf. Bei konstanter Nachfragefunktion legen sie gewissermaßen einen Punkt auf der vom Modus „ausgewählten“ Kapitalbindungskurve fest.
5.2.2.2.2
Endproduktdurchsatz
Endproduktdurchsatz norm. [%]
100 90 80 70 60 50
a
b
40 30 20 10
ag
bg
0 Verrechnungshorizont [Tage]
Abb. 25: Endproduktdurchsatz bei steigenden Verrechnungshorizonten An der Kenngröße Endproduktdurchsatz lassen sich besonders gut die möglichen Nachteile zu großer Horizonte aufzeigen. Prinzipiell reagiert sie auf Parameterwertänderungen ähnlich wie die Kapitalbindung (vgl. Abb. 25). Im unteren Wertebereich (a) des Parameters verringert sich der Durchsatz nur geringfügig, da nur wenige Kundenbedarfe zeitlich nah genug an den Vorplanungsbedarfen liegen. Ab einem Grenzwert (ag) wird jedoch immer stärker verrechnet. Mit Erreichen des zweiten Grenzwerts (bg) unterlaufen schließlich alle Kundenprimärbedarfe zeitlich benachbarte Planbedarfe. Ergebnis
In den Experimenten schwankte der Durchsatz insgesamt um 24%. An diesem Verlauf erkennt man, dass zu große Horizonte bei hoher anonymer Nachfrage bzw. plötzlichen Nachfrageschüben zu Fehlmengen führen können, da nur so viel produziert wird,
102
5.2
Verrechnungsparameter (Verrechnungsmodus und -horizonte) wie aktuell an Kundenbedarfen vorliegt. Plötzliche Eilaufträge etc. können dann nicht rechtzeitig befriedigt werden. Dementsprechend reduziert sich die Lagerproduktion bis auf null Mengeneinheiten, falls die Kundenauftragsmenge des betrachteten Zeitraums größer ist als die Planprimärbedarfsmenge. Im entgegengesetzten Fall bleibt hingegen ein gewisser Lagerproduktionsanteil erhalten.
5.2.3
Wechselwirkungen 1) Planungsstrategieparameter: Vgl. in Abschnitt 5.1.4 die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategieparametern und Verrechnungsparametern. 2) Wechselwirkungen innerhalb der Verrechnungsparameter: Zwischen einzelnen Verrechnungsparametern bestehen ebenfalls Wechselwirkungen. Man sollte insbesondere zwischen zwei Untergruppen der Verrechnungsstellgrößen unterscheiden: Einerseits gibt es die originären Verrechnungsgrößen Verrechnungshorizont-Rückwärts, -Vorwärts, Verrechnungsmodus sowie andererseits die Anpassungsparameter Anpassungshorizont und Anpassungskennzeichen. Normalerweise setzen die beiden Anpassungsparameter die nicht verrechneten Bedarfe zurück. Der MRP-Lauf berücksichtigt also diese Bedarfe nicht. Sie sind den eigentlichen Verrechnungsparametern funktional nachgeschaltet. In Fällen, in denen es explizit erwünscht ist, unverrechnete Mengen zu disponieren, sind die Anpassungsparameter mit den Verrechnungsgrößen abzustimmen, damit noch ein kleiner Lagerproduktionsanteil bestehen bleibt. 3) Dispositionsart: Verrechnungen sind nur dort sinnvoll, wo es sich um plangesteuerte Teile handelt. Verbrauchsgesteuerte Materialien sind per Definition unabhängig von aktuellen Kundenbedarfen. Sie steuern sich selbst anhand des Vergangenheitsverbrauchs und der Losgrößenparameter.
103
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP 4) Prognoseparameter: Wechselwirkungen zwischen Verrechnungs- und Prognoseparametern bestehen insofern, als es die originäre Aufgabe ersterer ist, den zeitlichen (und in bedingtem Umfang auch den mengenmäßigen) Prognosefehler „auszugleichen“. Daher legen die Prognoseparameter die maximal möglichen Fehlsteuerungspotenziale der Verrechnungsgrößen fest. Decken sich die Prognosen sehr gut mit den tatsächlichen Auftragsmengen und -terminen, so ist das Fehlsteuerungspotenzial der Verrechnungsstellgrößen klein. Schlechte Prognosen hingegen erfordern eine sehr gute und fein abgestimmte Konfiguration der Auftragsverrechnung. 5) Losgrößenparameter: Die Verrechnung muss nicht zwangsweise auf Endproduktebene stattfinden. Es können auch Sekundärbedarfe gegen die Vorplanung verrechnet werden. In diesen Fällen hängen die Verrechnungsmengen von den Auftragsgrößen der übergeordneten Teile/Baugruppen ab. Wurden dort aufgrund des aktuell eingestellten Losgrößenverfahrens und der -modifikatoren zu große/kleine Lose generiert, so wird entweder zu wenig oder unerwünscht viel verrechnet. Das zentrale Problem bei den Wechselwirkungen zwischen Verrechnungs- und Losgrößenparametern ist, dass es bei komplexeren Produkten kaum gelingt, die Raffungen auf den einzelnen Stücklistenstufen richtig abzuschätzen und dies mit den Verrechnungsparametern abzustimmen. 6) Sicherheitsbestandsparameter: Verrechnungsparameter und Sicherheitsbestände können in Kombination stark bestandserhöhend wirken. Gehen vorgeplante Mengen nicht in der Verrechnung auf, so erhöhen sie die Lagerbestände und wirken in diesem Sinne additiv zum Sicherheitsbestand. (Genauer gesagt erhöhen sie den mittleren Bestand, der auch als Grundbestand bezeichnet wird. Abschnitt 5.7 geht auf die Unterschiede näher ein.) Berücksichtigt man den (normalerweise vorliegenden) u-förmigen Verlauf der mittleren Durchlaufzeiten über den Losen, so können falsche Verrechnungen den mittleren Bestand so stark erhöhen, dass die vormals mit viel (statistischem) Aufwand durchlaufzeitminimal eingestellten Sicherheitsbestände ihre Wirkung verlieren und sich die mittlere Durchlaufzeit überproportional erhöht.
104
5.2
Verrechnungsparameter (Verrechnungsmodus und -horizonte) 7) Terminierungsparameter: Die Verrechnungsparameter können die Kapazitätsauslastung der betrieblichen Ressouren stark beeinflussen. Ein zeitlicher Prognosefehler, der sehr große Horizonte und einen beidseitigen Modus erfordert, lässt darauf schließen, dass geplante und tatsächlich aufgetretene Bedarfe in der Vergangenheit kaum deckungsgleich waren. Geht man davon aus, dass die vorgeplanten Mengen (Planprimärbedarfe) relativ gut auf das vorhandene Kapazitätsangebot abgestimmt sind, so können in der Folge (zumindest kurzfristig) starke Kapazitätsüber- und -unterlastungen auftreten. Insbesondere Kapazitätsüberlastungen haben zur Folge, dass Terminplanungen hinfällig werden. Unterauslastungen beeinträchtigen die Wirkung der Terminierungsparameter hingegen kaum. Pauschal lässt sich daraus folgern, dass größere Verrechnungshorizonte und beidseitige Modi gepaart mit großen Anpassungshorizonten tendenziell zu geringen Kapazitätsbelastungen führen. Bei schwacher Auslastung verfügen die Terminierungsparameter wiederum über ein relativ großes Wirkungspotenzial, da die Zeitplanungen realisierbar bleiben. 8) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Verfügbarkeitsrechnung und Vorplanung, da die vorgeplanten Mengen der Prüfrechnung zugrunde liegen können. In SAP ERP bestehen in der Kundenauftragsannahme zwei Möglichkeiten: n
Verfügbarkeitsprüfung gegen Bestände sowie geplante Zu- und Abgänge
o
Verfügbarkeitsprüfung gegen Vorplanungsbedarfe
Beides zu kombinieren ist nicht möglich, also ist für einen Kundenauftrag zunächst nur zu prüfen, ob er mit den verfügbaren Beständen gefertigt bzw. montiert werden kann. Falls dies nicht zutrifft, so verbleibt nur die Alternative, die Restmenge aus nicht verrechneten Vorplanungsbedarfen zu beziehen. Diese so genannte Restmenge lässt sich jedoch nicht in der Verfügbarkeitsprüfung ausweisen, so dass man sie nur schwer berücksichtigen kann. Das Beispiel illustriert gleichzeitig, dass Bestände, geplante Zugänge (z. B. Fertigungs- und Planaufträge) sowie Vorplanungsbedarfe zusammen betrachtet werden müssen, möchte man bei möglichst geringen Beständen eine hohe Verfügbarkeit und damit Lieferbereitschaft erreichen. 105
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.3
Dispositionsart
5.3.1
Bedeutung Mit der Dispositionsart kann der Betrieb ganz maßgeblich den Planungs- und Beschaffungsaufwand beeinflussen. Er legt damit zum einen fest, ob die Bedarfe aus den aktuell vorliegenden Plan- und Kundenprimärbedarfen und den ihnen zugrunde liegenden Stücklisten generiert werden (deterministische bzw. plangesteuerte Disposition) oder ob sie sich aus Vergangenheitsverbräuchen ableiten, aus denen Prognoseinformationen gewonnen werden (verbrauchsgesteuerte Disposition). Bei plangesteuerten Verfahren ist der personelle und maschinelle (Rechenzeit) Aufwand vergleichsweise hoch, die Disposition ist jedoch i. Allg. genauer als bei verbrauchsgesteuerten Verfahren, die mit einem geringeren Planungsaufwand auskommen. Des Weiteren bestimmt der Parameter, ob ein Teil für spezielle Anwendungen zugelassen ist. So ist z. B. für teure oder engpassbelastende Materialien eine besondere Leitteileplanung möglich, für die das System von realen Dispositionen getrennte Daten für Simulationen vorhalten muss.
Behandelte Alternativen
106
Die hier diskutierten Dispositionsverfahren bieten folgende Alternativen: PD: Deterministische Planung mit der Möglichkeit, die ungeplanten Bedarfe über eine Prognose zu ermitteln VB: Verbrauchsgesteuerte Disposition nach dem Bestellpunktverfahren mit personeller Festlegung des Meldebestands VM: Verbrauchsgesteuerte Disposition nach dem Bestellpunktverfahren mit maschineller Ermittlung des Melde- und Sicherheitsbestands VV: Verbrauchsgesteuerte Disposition durch Prognose der künftigen Periodenbedarfe VR: Rhythmische Disposition R2: Rhythmische Disposition mit maschineller Bestimmung des Meldebestands
5.3
5.3.2
Dispositionsart
Einstellhinweise Abhängig vom betrachteten Material empfiehlt Ludwig, die ersten vier o. a. Dispositionsarten nach dem folgenden Schema einzustellen (vgl. [Ludw92, S. 69f.]).
A
B
C
X
PD
PD/VM/VB VM/VV/VB
Y
PD
PD/VM/VB VM/VV/VB
Z
PD
PD
VB
Abb. 26: Einstellkriterien für die Dispositionsart Triviale Einflussgrößen, wie die Anzahl der verfügbaren Verbrauchswerte, die Verwendung des Teils in Stücklisten oder der benötigte Lagerplatz eines Materials, die die Auswahl verbrauchsgesteuerter bzw. programmgesteuerter Verfahren bestimmen, sind in Abb. 26 nicht enthalten. ABC- und XYZKennzeichen
Das ABC-Kennzeichen gibt einen ersten Hinweis darauf, ob ein Teil deterministisch (PD) oder verbrauchsgesteuert (VB, VM und VV) geplant werden sollte. Während sich für A-Teile aufgrund ihres hohen Kostenanteils das genauere und aufwändigere plangesteuerte Vorgehen anbietet, genügt für die von den Kosten her unbedeutenden C-Teile die verbrauchsgesteuerte Disposition. Für B-Teile hingegen lässt sich keine eindeutige Zuordnung treffen. Eine weitere Präzisierung für die verbrauchsgesteuerten Dispositionsverfahren wird durch das XYZ-Kriterium möglich. Es charakterisiert den Verbrauchsverlauf eines Materials. X-Teile sind durch einen konstanten, Y-Teile durch einen trendförmigen oder saisonalen und Z-Teile durch einen unregelmäßigen Verbrauch gekennzeichnet. In Kombination mit dem ABC-Kennzeichen ergeben sich so neun Klassen (vgl. Abb. 26), anhand derer prinzipielle Aussagen über ein Material gemacht werden können. Für X-Teile lässt sich festhalten, dass wegen ihres relativ konstanten Verbrauchsverlaufs sehr gute Prognoseergebnisse zu erreichen sind. Mit einigen Abstrichen gilt dies auch für Y-Teile. Z-Teile sind hingegen für den Prognoseeinsatz ungeeignet. Die Planungsart PD wird demnach bei allen A-Teilen eingesetzt. Für B-Teile sind, je nach Umschlagshäufigkeit oder Kostenanteil im Unternehmen, entweder nur eine plangesteuerte Disposition 107
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP (Z-Teile) oder im Falle von X- und Y-Teilen auch verschiedene verbrauchsgesteuerte Verfahren zulässig. Bei C-Teilen geht man generell von einer verbrauchsgesteuerten Planung aus. Auch hier lässt sich analog zu den B-Teilen nur bei Z-Teilen eine feste Empfehlung geben. Sie sollten mit der Dispositionsart VB, also personell, geplant werden. Es zeigt sich, dass die beiden bisher behandelten Kriterien nicht für eine eindeutige Zuordnung aller Materialgruppen zu entsprechenden Dispositionsarten ausreichen. Fehlmengenfolgen hoch?
J Lieferrisiko hoch?
J
N Verbrauchsrisiko
VB
hoch
N
mittel
gering
VV
VB VM VV
Abb. 27: Selektion von verbrauchsgesteuerten Verfahren Sieht man von einer aufwändig zu pflegenden plangesteuerten Disposition dieser Materialien ab, so erscheinen verbrauchsgesteuerte Verfahren geeignet, zu deren Selektion allerdings weitere Merkmale herangezogen werden müssen (Abb. 27). So sollte man zunächst die Fehlmengenfolgen bzw. -kosten der B- und C-Teile beachten, denn sie können bei geringwertigen C-Teilen durchaus genauso hoch sein wie bei teuren A-Teilen. Beispiel
Man stelle sich vor, dass – wie im August 2008 geschehen – vergleichsweise profane Zulieferteile und Baugruppen wie Sitze, Flugzeugtoiletten, Espresso-Maschinen oder Reiskocher fehlen und dadurch die Fertigstellung und Auslieferung von Großraumflugzeugen mehrerer Hersteller verhindern [oV08]. Daher sollten C-Teile in Zweifelsfällen eher etwas großzügiger disponiert werden. Vorsicht geboten ist hier insbesondere bei dem Verfahren VM, das, ausgehend vom Durchschnittsverbrauch der letzten Perioden, den Melde- und Sicherheitsbestand automatisch berechnet und fortschreibt. Gerade dann, wenn das Lieferrisiko (im Sinne einer großen Streuung der Lieferzeiten und -mengen) oder das Verbrauchsrisiko (große Schwankungen bei Ausschuss oder Bedarfen) besonders hoch ist, kann es sinnvoll sein, einen höheren als den berechneten Sicherheitsbestand zu
108
5.3
Dispositionsart
verwenden, um potenzielle Fehlmengenkosten zu begrenzen. In diesem Falle bietet sich das Verfahren VB an, mit dem sich der Meldebestand personell festlegen und damit besser kontrollieren lässt. Für unkritische Teile, die notfalls auch kurzfristig fremdbeschafft werden können, dient das Dispositionsmerkmal VV. Das Verfahren prognostiziert die zukünftigen Bedarfe anhand der Vergangenheitsverbräuche und benötigt nur sehr kurze Rechenzeiten. Rhythmische Disposition
Bei der rhythmischen Disposition wird zu festgelegten Terminen disponiert, wobei diese Termine durch fixe Zeitspannen getrennt sind. Das Verfahren kommt vor allem infrage, wenn die Lieferanten ihre Ware in Rhythmen senden (z. B. Ankunft von Schiffen, Frachtflügen, LKWs auf Rundstrecken). Die Einstellhinweise für rhythmische Dispositionen weichen von den bisher gemachten Vorschlägen nur leicht ab, da diese ebenfalls auf einer Verbrauchssteuerung basieren. Lediglich das ABCKriterium greift hier nicht ganz so gut, da es auch vom Lieferanten oder technischen Erfordernissen abhängen kann, ob eine rhythmische Disposition unbedingt erforderlich ist oder nicht. Das Besondere an dieser Art der Planung ist, dass das PPS-System bei der Bedarfsrechnung während des Dispositionslaufs das Zeitintervall zwischen einem Dispositions- und dem Verfügbarkeitstermin des nächsten Dispositionstermins zugrunde legt. Für diesen Zeitbereich muss das Material ausreichen. Falls zum ersten Termin nichts bestellt wird, kann (bei VR) erst beim nächsten Dispositionstermin wieder geplant werden. Bei hohen Fehlmengenfolgen und/oder hohem Lieferrisiko und einem hohen Verbrauchsrisiko ist daher das Verfahren R2 (nicht zu verwechseln mit dem SAP R/2-System) gegenüber VR zu bevorzugen. R2 ermöglicht es, durch eine Kombination aus rhythmischer und Bestellpunkt-Disposition zumindest das Verbrauchsrisiko relativ (gegenüber VR) zu verringern, indem auf Unterschreitungen des Meldebestands auch während der laufenden Periode und nicht erst an ihrem Ende dispositiv reagiert werden kann. Alternativ ließe sich natürlich – mit entsprechender Rückwirkung auf die Kapitalbindung – auch der Sicherheitsbestand erhöhen.
109
5
5.3.3
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Wechselwirkungen 1) Planungsstrategieparameter: Vgl. in Abschnitt 5.1.4 die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategien und Dispositionsart. 2) Verrechnungsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.2.3 die Wechselwirkungen zwischen Verrechnungsparametern und Dispositionsart. 3) Prognoseparameter: Je nach gewählter Dispositionsart kann oder muss die Prognose für die Bedarfsvorhersage herangezogen werden: n Grundsätzlich hat der Parameter Prognosemodell nur dann Auswirkungen, wenn eine der Dispositionsarten PD, VM, VV, VR oder R2 gewählt wurde. In Verbindung mit PD werden dabei nur ungeplante Zusatzbedarfe auf Basis der Bedarfsabweichungen in der Vergangenheit vorhergesagt. Bei VV werden aus den Vergangenheitsverbräuchen direkt zukünftige Bedarfswerte abgeleitet, während bei VM die Prognose dazu dient, den Sicherheits- und Meldebestand zu bestimmen. Für VR und R2 ist eine Prognose ebenfalls Voraussetzung, damit rhythmische Planungen überhaupt stattfinden können. o Durch den Parameter Aufzulösende Prognoseperioden kann man den Planungshorizont der stochastischen Disposition VV begrenzen. In der Installationsphase ist laut Ludwig eine Standardeinstellung für alle Materialien mit der Dispositionsart VV vertretbar, wobei er einen Defaultwert von zwölf Monaten empfiehlt. Auch das Periodenkennzeichen ist bei verbrauchsgesteuerten Teilen zu berücksichtigen. Ist für ein Material eine flexible Periodenlänge analog den Buchhaltungsperioden vorgesehen, so muss der Parameter Geschäftsjahresvariante gepflegt sein (vgl. [Ludw92]).
110
5.3
Dispositionsart
4) Parameter der Losgrößenverfahren und Losgrößenmodifikatoren: Die gewählte Dispositionsart schränkt die Bandbreite der infrage kommenden Losgrößenverfahren weiter ein. Während bei den Dispositionsarten PD und VV praktisch alle Losgrößenverfahren herangezogen werden können, ist bei den Bestellpunktmethoden VB und VM sicherzustellen, dass die Losgröße ausreicht, um zum Lieferzeitpunkt mindestens wieder den Meldebestand zu erreichen. Dann sind neben einem geeigneten Losgrößenverfahren evtl. auch die Losgrößenmodifikatoren Minimale und Maximale Losgröße sowie Rundungswert zu empfehlen. Bei der personellen Bestellpunktdisposition (Verfahren VB) sind die periodischen und die optimierenden Losgrößenverfahren nicht relevant. Beide Losgrößenarten benötigen den zukünftigen Bedarf, der jedoch nur beim Einsatz der Prognose bekannt ist. Darüber hinaus ist die Losgrößenberechnung „Auffüllen bis zum Höchstbestand“ nur bei Bestellpunktdispositionen einsetzbar. Verwendet man rhythmische Dispositionen (VR, R2), so ist der Bestellrhythmus über den Parameter Planungskalender zu pflegen, der zur Gruppe der Losgrößenparameter gehört. 5) Sicherheitsbestandsparameter und Meldebestand: Die Dispositionsart ist auch dafür ausschlaggebend, ob der Sicherheits- und Meldebestand personell festgelegt werden muss oder automatisch vom System generiert wird. Dabei ist der Meldebestand nur bei den Bestellpunktverfahren (VB, VM) relevant. Bei VB ist eine personelle Eingabe erforderlich. Fehleinstellungen oder schlichtweg vergessene Konfigurationen können aufgrund der großen Bedeutung - gerade des Sicherheitsbestands an Engpässen zu Fertigungsproblemen führen. Das Verfahren VM umgeht dieses Problem zunächst durch die automatisierte dynamische Bestimmung des Sicherheits- bzw. Meldebestands. Es funktioniert aber nur dann, wenn der Lieferbereitschaftsgrad (vgl. Abschnitt 5.7) gepflegt und angemessen hoch ist und die Parameter zur Verbrauchsmessung (vgl. Abschnitt 5.7.3, Punkt 5) passende Werte enthalten. Insgesamt sollten bei der Konfiguration des Meldebestands folgende Größen beachtet werden: der Sicherheitsbestand, der bis-
111
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP herige Verbrauch oder der zukünftige Bedarf und die Wiederbeschaffungszeit. Bei der plangesteuerten Disposition (Planung exakter Bedarfsmengen) dient der Sicherheitsbestand insbesondere dazu, Verzögerungen bei der Materialbereitstellung auszugleichen, wohingegen er bei verbrauchsgesteuerten Teilen sowohl Lieferverzögerungen als auch Streuungen der Bedarfsmengen um ihren Mittelwert, also Verbrauchsabweichungen, egalisieren muss. Der Sicherheitsbestand kann somit bei plangesteuerter Disposition kleiner bemessen werden als bei Verbrauchssteuerungen. Aus den oben angesprochenen Einsatzschwerpunkten des Sicherheitsbestands lässt sich folgern, dass es bei seiner Konfiguration gilt, sowohl den bisherigen Verbrauch oder den zukünftigen Bedarf, die Termintreue des Lieferanten bzw. der Fertigung und den gewünschten Lieferbereitschaftsgrad als auch den Prognosefehler (d. h. die Abweichung vom erwarteten Bedarf) zu beachten und in die Konfigurationsentscheidung einzubeziehen (vgl. auch Abschnitt 5.7.2). Will man das Dispositionsverfahren R2 einstellen, so muss der Meldebestand gepflegt sein. 6) Terminierungsparameter: Die in Abschnitt 5.8 behandelten Terminierungsparameter sind insbesondere für Teile der Dispositionsart PD relevant. Verbrauchsgesteuerte Materialien hingegen werden unabhängig von den Terminen anderer Teile nur nach ihrem Bestand und Verbrauch disponiert.
Kombination programmund verbrauchsgesteuerter Teile
112
Probleme können dann auftreten, wenn programm- und verbrauchsgesteuerte Teile sich produktionstechnisch überschneiden. Belegen verschiedene Materialien die gleichen Maschinen, so sollten die programmgesteuerten (A- oder B-)Teile bei drohenden Überlastungen bevorzugt werden, weil sie i. Allg. punktgenau geplant wurden und demnach bei Prognoseabweichungen weniger tolerant reagieren als die (stochastisch) disponierten verbrauchsgesteuerten Materialien. Dies kann z. B. dadurch erfolgen, dass man A- und B-Aufträge mit höherer Priorität fertigt und die verbrauchsgesteuerten (C-)Teile im Gegenzug mit einem höheren Zeitpuffer versieht (z. B. Definition einer längeren Wiederbeschaffungszeit). Den Vorteil einer geringeren Kapitalbindung erkauft man sich dann allerdings mit der Gefahr, gerade
5.3
Dispositionsart
solche Aufträge zu spät zu fertigen, die als Rohteile oder Komponenten auf einer niedrigen Fertigungsstufe in sehr viele (hochwertige) Baugruppen eingehen. Man könnte also den Gedankengang auch umdrehen und die Anzahl der Stücklistenverwendungen als Kriterium dafür heranziehen, mit welchen Prioritäten/Reihenfolgen an überlasteten Betriebsmitteln gearbeitet wird. Im Extremfall würde man dann die (einige) programmgesteuerte(n) Materialien gegenüber verbrauchsgesteuerten Teilen zurückstellen und erstere stattdessen mit einem größeren Zeitpuffer (z. B. einer höheren Sicherheitszeit) versehen. 7) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Den Verfügbarkeitsprüfungsparametern sollte bei plangesteuerten Teilen (PD) mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden als bei verbrauchsgesteuerten Teilen. Inwieweit die Prüfung gegen geplante Zu- und Abgänge ausreichend präzise ist, hängt von der Varianz der Durchlaufzeiten des jeweiligen Materials ab. Nur für programmgesteuerte Teile mit geringer Durchlaufzeitvarianz lohnt sich die Berücksichtigung von Zu- und Abgängen, da ihre Termine nur dann ausreichend präzise vorhergesagt werden können. 8) Interdependenzen, die von den Ausprägungen der Dispositionsart abhängen: Bei …
müssen gepflegt werden
können gepflegt werden
VB
Meldebestand
Sicherheitsbestand
VM
Meldebestand
Sicherheitsbestand
VV VR R2
PD
Sicherheitsbestand Dispositionsrhythmus (Parameter Planungskalender) Meldebestand, Dispositionsrhythmus (Parameter Planungskalender)
Meldebestand, Sicherheitsbestand Sicherheitsbestand
Sicherheitsbestand
Abb. 28: In Abhängigkeit von der Dispositionsart zu pflegende Bestände (Quelle: modifiziert nach der SAP-OnlineDokumentation) 113
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Parameter der Dispositionsart (Die Nummerierung entspricht Abschnitt 5.3.3)
Automatische Automatische Berechnung SicherheitsSicherheitsbestand bestand
DispositionsDispositionsart art
Planungsstrategieparameter
Automatische Berechnung Meldebestand
(1) (4) LosgrößenLosgrößen-
modifikatoren katoren
VerrechVerrechnungsparameter
Sicherheitsbestand (5)
Periodenkennzeichen kennzeichen (5)
Aufzulösende Aufzulösende PrognosePrognoseperioden (3)
Prognosemodell modell
(6)
TerminieTerminierungsparameter
(3)
(4) (3)
MeldeMeldebestand bestand
LosgrößenLosgrößenverfahren verfahren
(4) (7)
Verfügbarkeitsprüfungsparameter
(5)
Abb. 29: Wechselwirkungen der Dispositionsart
114
(5)
(5)
(2)
Lieferbereitschaftsgrad (3)
5.4
5.4
Prognoseparameter
5.4.1
Bedeutung
Prognoseparameter
Prognosefunktionen können in verschiedenen Planungsphasen zum Einsatz kommen. Sowohl in der Vorplanung/Programmplanung zur Bestimmung der Primärbedarfe als auch in der Materialbedarfsplanung, z. B. für verbrauchsgesteuerte Teile, sind dieselben Prognoseparameter relevant. Entsprechend den unterschiedlichen Planungsebenen haben Fehleinstellungen bei der Programmplanung natürlich größere negative Auswirkungen als solche bei einzelnen C-Teilen im Rahmen der Verbrauchssteuerung. Die Einstellung der Prognosefunktionen kann relativ differenziert erfolgen. Verglichen mit anderen wichtigen Planungsfunktionen, wie z. B. der Losgrößenbildung oder der Verrechnung, sind sehr viel mehr Freiheitsgrade vorhanden. Die Kehrseite dieser Flexibilität ist ein entsprechend hoher Einstellungsaufwand. Aus diesem Grund beschränken wir uns bei den Einstellvorschlägen auf solche Größen, die wegen ihrer Wechselwirkungen mit anderen Parameterarten und ihrer Wirkungsstärke besonders vorsichtig behandelt werden sollten. Nicht beachtet werden Parameter, die, wie die Initialisierungsgrößen und die Signalgrenze, kaum Entscheidungsspielraum bieten oder deren Auswirkung von der Reaktion des Disponenten abhängt (vgl. auch die Parameterdefinition in Abschnitt 1.2). Gruppen dispositionsrelevanter Prognoseparameter
Die dispositionsrelevanten Prognoseparameter lassen sich in vier Gruppen einteilen: n Unter die Modellauswahl fallen solche Größen, mit denen man sich einerseits über einen automatischen systemeigenen Auswahlalgorithmus das passende Prognosemodell vorschlagen lassen (Parameter Modellauswahlkennzeichen und Modellauswahlverfahren) oder andererseits das Vorhersageverfahren (zur Verfügung stehen ein Konstant-, ein Trend- und ein Saisonmodell) personell festlegen kann. o Die Gruppe Prognoseberechnung umfasst Stellgrößen, die direkt oder indirekt den Vorhersagealgorithmus beeinflussen. Zum einen determinieren sie, welche Daten in 115
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP welcher Aggregation in die Prognose eingehen (Parameter Periodenkennzeichen, Vergangenheitswerte, Korrekturfaktoren), wie die Berechnung erfolgt und welchen Modifikatoren sie unterliegt (Parameter Perioden pro Saison, Korrekturfaktoren sowie alle Glättungsparameter), und zum anderen, wie die Prognoseergebnisse behandelt werden (Parameter Prognoseperioden, Aufteilungskennzeichen). In die Gruppe Prognoseberechnung fallen auch verfahrensabhängige Stellgrößen wie die Gewichtungsfaktoren bzw. -gruppen. Sie sind z. B. für das Modell des gleitenden Mittelwerts relevant, bei dem sie die eingehenden Vergangenheitswerte variabel gewichten können. Die Korrekturfaktoren sind hingegen methodenunabhängig gültig. Sie gewichten die Eingangswerte (Vergangenheitsdaten) sowie die Ausgangswerte (Prognoseergebnisse) und können für jede einzelne Vergangenheits- oder Prognoseperiode separat eingestellt werden. p Die Fixierungsstellgrößen wiederum dienen dazu, einmal berechnete Prognosewerte nicht mehr zu überschreiben und so eine gewisse Dispositionsruhe zu schaffen. Sie erreichen diesen Effekt dadurch, dass sie neue Prognosewerte nur für solche Perioden berechnen, die zeitlich hinter dem von ihnen fixierten Zeitraum liegen. q Als letzte Gruppe verbleiben die Optimierungsparameter. Ihre Aufgabe ist es, die Glättungsfaktoren über eine variable Schrittweite (einstellbar durch den Parameter Optimierungsgrad) so zu verändern, dass auf Vergangenheitswerten basierende Prognosen sich möglichst gut den tatsächlichen Werten annähern. Die Optimierungsfunktion kann für alle Modelle, in denen ein Grundwert vorliegt, eingesetzt werden, d. h. sowohl für Trend- als auch für Saisonmodelle.
116
5.4
5.4.2
Einstellhinweise
5.4.2.1
Modellauswahlparameter
Prognoseparameter
In Abhängigkeit vom gewählten Dispositionsverfahren können oder müssen die Materialbedarfe für Enderzeugnisse, Komponenten und von Einzelteilen vorhergesagt werden (vgl. Abschnitt 5.3.3). Standardmäßig geschieht dies in SAP ERP mit der Methode von Winters (vgl. [Schu05]); auch eher triviale Verfahren, wie z. B. das des gleitenden Mittelwerts, sind wählbar. Die Auswahl des Prognosealgorithmus ist über die drei Parameter Prognosemodell, Modellauswahlkennzeichen und Modellauswahlverfahren zu treffen. Prognose ja/nein?
Über das Prognosemodell wird zunächst gesteuert, ob überhaupt eine maschinelle Prognose zum Einsatz kommen soll. Ist dies nicht erwünscht, so kann dieses Feld einfach leer bleiben. Soll bzw. muss ein Prognosemodell ausgewählt werden, ist zu entscheiden, ob es mithilfe des Parameters Prognosemodell personell vorgegeben wird oder das System selbst die vorhandene Verbrauchsreihe untersucht und auf dieser Grundlage das Modell bestimmt. Für eine Modellauswahl durch das System sind die beiden Parameter Modellauswahlkennzeichen und Modellauswahlverfahren zu pflegen.
„Naive“ vs. komplizierte Verfahren
Bei der Modellauswahl ist grundsätzlich zu beachten, dass kompliziertere bzw. höher parametrierte Verfahren nicht zwangsläufig mit einer größeren Vorhersagegenauigkeit einhergehen. Einfache, auch als „naiv“ bezeichnete Algorithmen sind häufig gerade dadurch leistungsfähiger, dass sie eine Überanpassung an Vergangenheitsbeobachtungen (Statistical Overfitting oder Overlearning) vermeiden und so robuster auf etwaige erratische Schwankungen dieser Daten (Noise) reagieren.
Beispiel
Ein Hersteller von Ventilatoren hat in der Vergangenheit einen Zusammenhang zwischen den Durchschnittstemperaturen der Sommermonate und seinen Absatzzahlen beobachtet (dunkle Punkte in Abb. 30), den er zur Prognose zukünftiger Primärbedarfe möglichst genau beschreiben möchte. Er benutzt hierzu zwei Alternativen, die KleinsteQuadrate-Methode (KQM) und ein hoch parametriertes statistisches Modell. Wie aus Abb. 30 ersichtlich, lassen sich die Vergangenheitswerte mithilfe des komplexeren Verfahrens zwar wesentlich genauer beschreiben als mithilfe der KQM (fitness in-sample), allerdings nimmt diese Präzision bei nicht explizit in der Modellentwicklung be117
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP rücksichtigten Werten (hellere Punkte in Abb. 30) rapide ab (fitness out-of-sample). Für diesen konkreten Anwendungszweck ist also die einfache KQM wesentlich geeigneter als das komplexere statistische Verfahren.
Absatz
In welchen Fällen überhaupt eine Prognose sinnvoll einsetzbar ist, hängt von der Kombination der ABC-/XYZ-Kennzeichen sowie von dem eingestellten Dispositionsverfahren ab (vgl. Abschnitt 5.3.3).
Schätzung der KQM
durch das komplexe Verfahren ermittelter Zusammenhang
Temperatur
Abb. 30: Gegenüberstellung zweier statistischer Verfahren Soll das System Prognosen durchführen, so kann man einerseits das Prognosemodell personell vorgeben, andererseits aber auch einen Systemvorschlag abwarten. In beiden Fällen sind X- und Y-Teile getrennt zu behandeln.5 X-Teil
Zunächst sollte geprüft werden, ob es sich beim vorliegenden Material um ein X-Teil handelt. Ist dies der Fall, so erhält das Modellauswahlkennzeichen den Wert „T“. Das System wird dadurch veranlasst, die für das betrachtete Teil vorliegende Ver-
5
118
Z-Teile können von vornherein ausgeschlossen werden, da für diese grundsätzlich keine Prognosen in Frage kommen. Das Prognosemodell erhält in diesem Fall den Wert „N“.
5.4
Prognoseparameter
brauchsreihe auf einen Trend zu testen und gleichzeitig die Glättungsfaktoren zu optimieren. Y-Teil
Liegt ein Y-Teil vor, ist der Parameter auf „A“ zu setzen, was eine Untersuchung auf Trend und Saison zur Folge hat.6 Falls vom System ein Trendmodell erkannt wurde, werden die Stellgrößen ebenfalls optimiert.
ABCKriterium
Das ABC-Kriterium kann man zur Konfiguration des Parameters Modellauswahlverfahren heranziehen. Das genauere, aber wesentlich rechenzeitaufwändigere Verfahren V2 sollte vornehmlich bei A-Teilen zum Einsatz kommen, während für B-Teile V1 ausreicht. Auch die Entscheidung, das Prognosemodell personell festzulegen oder es sich vom System automatisch berechnen zu lassen, kann für A-Teile nur lauten, dass man zunächst automatisch einen Vorschlag generiert, den man anschließend personell überprüft. Prognosemodelle für B-Teile werden ausschließlich systemseitig bestimmt, ohne Kontrolle, jedoch mit dem rechenaufwändigen Verfahren 2. C-Teile hingegen kommen mit der schnelleren Methode aus, da für sie das richtige Modell insofern unkritischer ist, als man die Materialverfügbarkeit aufgrund des geringen Werts primär über einen etwas höheren Sicherheitsbestand gewährleisten kann. Diese Argumentation kann auch zu dem Schluss führen, bei C-Teilen ganz auf konfigurationsintensive Prognosen zu verzichten und stattdessen mit einer maschinellen Verbrauchssteuerung (Dispositionsart VM), bewusst hohen festen Losgrößen und hohen Sicherheitsbeständen bzw. ausreichendem Lieferbereitschaftsgrad zu arbeiten. Anstelle der vielen schwer zu kontrollierenden Prognoseparameter konfiguriert man bei dieser Alternative weit weniger Stellgrößen (diese jedoch versehen mit ausreichenden Mengenpuffern), deren Auswirkungen man eher einzuschätzen weiß.
5.4.2.2
Parameter zur Prognoseberechnung
Aufteilungskennzeichen
Mit dem Aufteilungskennzeichen kann man die prognostizierten Monatsbedarfe in Wochen- und Tagesmengen aufteilen. Die Aufteilungsperioden lassen sich frei definieren, wobei insbesondere die folgenden beispielhaften Differenzierungen sinnvoll
6
Als dritten zulässigen Wert des Parameters Modellauswahlkennzeichen kann man über „S“ auf einen rein saisonalen Verlauf prüfen lassen.
119
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP sind: N (keine Aufteilung der Monatsprognosewerte), W (Aufteilung auf Wochenbedarfe), T (Aufteilung auf Tagesbedarfe). Eine falsche Einstellung des Aufteilungskennzeichens kann die beabsichtigte Wirkung des Losgrößenverfahrens (insbesondere der periodischen Losgrößenverfahren) aufheben und muss deshalb auf dieses abgestimmt sein. Mögliche Einstellvorschläge könnten daher lauten: n Bei Bedarfsraffung mit Periodenlänge größer oder gleich einem Monat (Monatslosgrößen) erfolgt keine Aufteilung (Aufteilungskennzeichen = N). o Bei Bedarfsraffung mit Periodenlänge kleiner einem Monat und größer oder gleich einer Woche (Wochenlosgrößen) verwendet man Wochenbedarfe (Aufteilungskennzeichen = W). p Bei Bedarfsraffung mit Periodenlängen kleiner einer Woche und bei allen Losgrößenverfahren, die keine Periodenraffung vornehmen, erfolgt eine Aufteilung auf Tagesbedarfe (Aufteilungskennzeichen = T).
Periodenkennzeichen
120
Das Periodenkennzeichen legt den Aggregationsgrad der Prognosedaten fest. Aus der Sicht der Prognosegenauigkeit haben zeitlich stärker kumulierte Daten (z. B. Monats- statt Tageswerte) den Vorteil, dass sich einzelne Fehlerquellen gegenseitig kompensieren können und damit insgesamt präzisere Prognosen möglich werden. In den meisten Fällen wird man daher den Defaultwert „Monat“ beibehalten. Kürzere Periodeneinheiten sind empfehlenswert für An- und Auslaufteile, für Produkte, deren Nachfrageverhalten man sehr genau einzuschätzen weiß, und für solche Teile oder Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die mit einem Gültigkeitsdatum versehen sind (z. B. Verfallsdatum chemischer Erzeugnisse). Der Monat als Periodengröße ist auch aus einer SAP-spezifischen Besonderheit heraus anzuraten: SAP ERP speichert und verarbeitet standardmäßig nur bis zu 60 Vergangenheitswerte. Das bedeutet für Prognosen auf Wochenebene, dass das System bei der automatischen Modellauswahl keine jahresbedingten Saisoneinflüsse erkennt, da hierzu mindestens Verbrauchsdaten über zwei volle Jahre (entspricht 2*52 = 104 Wochen = 24 Monate) vorliegen müssen. Bei der Periode Tag gilt das Gesagte natürlich in noch stärkerem Maße.
5.4
Prognoseparameter
Das Periodenkennzeichen sollte daher immer so gesetzt werden, dass das System Saisonzyklen bemerkt. Treten beispielsweise innerhalb eines Monats Saisoneffekte auf, so muss die Periode kleiner als Monat sein. Das Periodenkennzeichen lässt sich über eine Varianzanalyse einstellen. Dort untersucht man die Vorteilhaftigkeit längerer Verbrauchszeiträume und die dadurch mögliche Fehlerkompensation und stellt dieser den Nachteil gegenüber, dass starke zeitliche Aggregationen intraperiodische Saisoneffekte überdecken und man dadurch an Genauigkeit einbüßt. In der Praxis ist jedoch meist nur die Wahl zwischen den Parameterwerten Monat und Woche relevant, da zum einen tagesgenaue Aussagen zu fehleranfällig sind und zum anderen Mengenplanungen traditionell nur sehr selten mit kleineren Planungsperioden als einer Woche durchgeführt werden. Anzahl Verbrauchswerte
Über den Parameter Anzahl Verbrauchswerte (Vergangenheitswerte) lässt sich dem System die Zahl der bei einem Prognoselauf auszuwertenden jüngsten Vergangenheitsverbrauchswerte vorgeben. Dies ermöglicht es dem Anwender, Verbrauchswerte vor diesem Zeitpunkt für die Prognose auszublenden, falls ein Strukturbruch vorliegt, z. B. durch den Verlust eines bedeutenden Abnehmers oder die Schließung eines Betriebs. Bei der Einstellung des Parameters ist zu fragen, ob ein Strukturbruch vorliegt oder eine Periode ohne Verbrauch (z. B. Betriebsferien) existiert (siehe oben). Soweit keine der beiden Bedingungen zutrifft, belässt man die Defaulteinstellung des Systems. Ansonsten muss man über eigenentwickelte Funktionen (oder personell) die vorliegende Verbrauchsreihe in Richtung Gegenwart nach der ersten Periode durchsuchen, die einen Verbrauchswert aufweist. Anschließend setzt man die Anzahl der Verbrauchswerte auf die Kennziffer der so ermittelten Periode. Bei Vorliegen eines Strukturbruchs kann man auch über die Prognoseparameter „Korrekturfaktoren“ eingreifen. Mit ihnen lässt sich direkt der Verbrauch manipulieren, falls es sich um eine materialspezifische Besonderheit handelt.
Aufzulösende Prognoseperioden
Der Parameter Aufzulösende Prognoseperioden begrenzt den Planungshorizont der stochastischen Disposition und hängt von sehr vielen unternehmensspezifischen Größen ab, so dass hier keine verallgemeinerbaren Einstellvorschläge möglich sind. Normalerweise wird man seinen Wert auf wenige Perioden begrenzen, da die Prognosegenauigkeit mit steigendem Zeithorizont überproportional sinkt. Eine Ausnahme davon stellen allerdings so genannte „Langläufer“ dar. Sie sind eigentlich Gegenstand der 121
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Vorplanung und haben Durchlaufzeiten, die (sehr viel) größer als die marktüblichen Lieferzeiten sind. Die Vorsteuerungsproblematik ist eines der wichtigsten Aufgabengebiete der Prognose. Mit ihrer Hilfe soll der zeitlich und mengenmäßig richtige Bedarf einzelner Langläufer frühzeitig bestimmt werden. Die Aufzulösenden Prognoseperioden müssen für solche Materialien, die eigentlich vorzuplanen wären, jedoch aus verschiedenen Gründen (z. B. zu hoher Planungsaufwand) nicht Gegenstand der Vorplanung sind, natürlich zeitlich sehr viel weiter reichen als Prognosen im Rahmen der üblichen Verbrauchssteuerung. Grundsätzlich sollte man den Parameter Aufzulösende Prognoseperioden umso größer wählen, je länger die Wiederbeschaffungszeiten der Materialien und je kostengünstiger die Teile sind. So wird man bei CTeilen auch einen vergleichsweise großen Prognosefehler dann in Kauf nehmen, wenn nur sichergestellt werden kann, dass das entsprechende Langlaufteil in den erforderlichen Mengen verfügbar ist, so dass – im Extremfall – die Produktion nicht aufgrund einer fehlenden Spezialschraube aufgehalten wird. Bei einem ATeil hingegen ist dies nicht unbedingt so. Hier legt man sehr viel Wert auf genaue, d. h. aktuelle Prognosen und wird fehlende Mengen eher fremdbeziehen als evtl. zu viel Material auf Lager zu produzieren. Auch hier gilt es, wie bei einigen anderen Parametern, zwischen Fehlmengen- und Lagerkosten abzuwägen. Wesentlich präzisieren lassen sich derartige Heuristiken durch Untersuchungsergebnisse von Paegert und Reitz, die mithilfe von Fuzzy-Techniken analysieren, wie die Zeitparameter Prognosehorizont, -periode und -raster auf die Betriebsziele und deren Unterziele wirken. Die Wissensbasis ihres Systems umfasst mehr als 700 Wirkungszusammenhänge, so dass wir uns bei der Darstellung auf ein Beispiel beschränken müssen (Abb. 31).
122
5.4
Prognoseparameter
Ziel: Reduzierung der Durchlaufzeit Subziel: Rüstzeit reduzieren
P P S - S tu fe
Subziel: Übergangszeit vermindern
Z e itp a r a m e te r
Subziel: Durchlaufzeit in der Distribution senken
R egel
Arbeitsplanung
Planungsraster
Da je Raster nur ein Arbeitsvorgang stattfinden kann, verlängert sich bei der Erhöhung des Planungsrasters die Übergangszeit stark.
... Auftragseinplanung
Planungsraster
Ein gröberes Planungsraster führt wegen der o. a. Kausalitäten zu errechneten späteren Lieferterminen bei gleichem Starttermin. Deshalb ist der Einfluss auf die Übergangszeiten nicht unerheblich.
... Terminplanung
Planungsperiode
Eine häufigere Planung führt zu einer qualitativ besseren Planung; die Bearbeitungszeiten können genauer terminiert werden, was zu einer Senkung der Übergangszeit führt.
...
E in flu s s
...
Legende:
hoch
mittel
niedrig
Abb. 31: Regelbasierte Einstellung von Zeitparametern In mehreren, gemeinsam mit Unternehmen durchgeführten Fallstudien zeigten Luczak, Paegert und Reitz die hohe praktische Bedeutung der drei genannten Stellgrößen auf und wiesen umfangreiche Verbesserungsmöglichkeiten nach. Auf Basis eines von ihnen entwickelten Entscheidungsunterstützungssystems generierten sie konkrete Vorschläge, wie Betriebe durch alternative Parametereinstellungen geringere Durchlaufzeiten, eine höhere Termintreue, niedrigere Bestände und eine bessere Kapazitätsauslastung bei gleichzeitig hoher Flexibilität der Fertigung erreichen können, und gaben darüber hinaus näherungsweise Kosten sowie Nutzeffekte einer Feinjustierung an. Die zur Validierung herangezogenen Betriebe schätzten die Anregungen als realistisch und in der Begründung nachvollziehbar ein und nahmen entsprechende Umstellungen ihrer Parametrierung vor (vgl. [PaRe97] und [LuPa98]). Exponentielles Glätten
Die im SAP-System eingesetzten Prognoseverfahren arbeiten, den gleitenden Mittelwert ausgenommen, mit exponentiellen Glättungen verschiedener Ordnung. Für die genannten Methoden unterstellt Hüttner folgende Leistungsprofile (vgl. [Küst05]):
123
Zyklus
Saison
Trend
Zeitbedarf
Erkennung von Kosten
Komplexität
Verfahren
Genauigkeit
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Datenbedarf
5
Ja/Nein?
Naive "no change"-Prognose
N
N
N
Naive "no change"-Prognose mit Saison
N
J
N
Gleitende Durchschnitte
N
N
N
Exponentielles Glätten 1. Ordnung
N
N
N
Exponentielles Glätten 2. Ordnung
J
N
N
Exponentielles Glätten nach Winters
J
J
N
Legende:
hoch
mittel
niedrig
Abb. 32: Prognoseverfahren niedriger und mittlerer Komplexität Ist der Glättungsfaktor beim exponentiellen Glätten erster Ordnung hoch, so reagiert das Modell stark auf einen neuen Wert (und damit auch auf Zufallsabweichungen), benötigt aber auch weniger Perioden, um wieder auf das alte Niveau zurückzufallen. Bei niedrigeren Glättungsfaktoren hingegen haben die älteren Verbrauchswerte einen stärkeren Einfluss auf das Prognoseergebnis. Der Effekt sind vergleichsweise stabile Prognosen, das Modell braucht aber entsprechend länger, um sich an Niveauänderungen anzupassen (vgl. [Schr05]). Gemeinsame Untersuchungen des Forschungszentrums Karlsruhe, des Forschungsinstituts für Rationalisierung (FIR) an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sowie einiger Großunternehmen belegen, wie bedeutend die sorgfältige Auswahl der Vorhersagemethodik und deren betriebsindividuelle Anpassung sind: Allein durch das richtige Prognoseverfahren ist der Prognosefehler um ca. ein Drittel reduzierbar. Analysen der darauf folgenden Feinjustierung zeigten, dass für ein einzelnes Verfahren, wie z. B. die exponentielle Glättung erster Ordnung, die Prognoseergebnisse in Abhängigkeit vom Glättungsparameter um bis zu 30% schwanken können (vgl. [RüWF98, S. 7f.]). Um eine möglichst geeignete Einstellung für den eigenen Betrieb zu finden, sollte daher auf die Möglichkeit zurückgegriffen werden, die Glättungsfaktoren in Abhängigkeit vom gewählten Modellauswahlkennzeichen automatisch vorzujustieren.
124
5.4
5.4.2.3
ABCKriterium
Prognoseparameter
Fixierungsparameter Die beiden Fixierungsparameter determinieren einen Zeitraum, in dem die prognostizierten Bedarfswerte durch die nächste(n) Bedarfsprognose(n) nicht mehr verändert werden. Der Parameter hat demnach Einfluss auf die Exaktheit der Bestellmengen: Eine höhere Anzahl an Fixierungsperioden führt zu ungenaueren Prognosen. Gleichzeitig wird dadurch aber die Disposition stärker beruhigt, da innerhalb des Fixierungszeitraums neue Prognoseergebnisse keine Bestelländerungen mehr auslösen. Bei der Festlegung des Fixierungszeitraums gilt es, zwischen der Qualität der Prognoseergebnisse auf der einen und dem Aufwand bei Dispositionsänderungen auf der anderen Seite abzuwägen. Wie so oft, kann auch hier die ABC-/XYZ-Klassifikation als Entscheidungsgrundlage dienen. Durch die ABC-Klassenzugehörigkeit, die eine Aussage über die Bedeutung des betrachteten Materials erlaubt und gleichzeitig eine Mengenverteilung aller Materialstammsätze widerspiegelt, lassen sich folgende Einstelltendenzen ableiten: n A-Teile sind wegen ihrer großen Bedeutung möglichst genau zu disponieren. Da es nur relativ wenige A-Teile im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Materialien gibt, fallen Dispositionsänderungen nicht stark ins Gewicht. Der Fixierungszeitraum ist deshalb möglichst kurz zu halten. o Für C-Teile sind wegen ihrer geringen Bedeutung ungenauere Prognoseergebnisse vertretbar. Durch ihre relativ große Anzahl wird man besonderen Wert auf eine Dispositionsberuhigung legen. Die Anzahl der Fixierungsmonate ist deshalb höher anzusetzen. p Die Länge des Fixierungszeitraums für B-Teile liegt zeitlich zwischen der für A- und C-Teile.
XYZKriterium
Die XYZ-Klassenzugehörigkeit lässt dagegen folgende prinzipielle Aussagen zu: n Wegen ihrer hohen Vorhersagegenauigkeit können Bedarfe von X-Teilen relativ früh fixiert werden. o Bei Y-Teilen mit ihrem schwankenden und Z-Teilen mit ihrem völlig unregelmäßigen Verbrauchsverlauf sollte die Länge des Fixierungszeitraums gleich Null sein, so dass jeweils die aktuellsten Ergebnisse der Bedarfsprognose Berücksichtigung finden.
125
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.4.2.4
Optimierungsparameter Die Optimierung der Glättungsparameter gilt sowohl für Trendals auch für Saisonmodelle. Da eine solche Optimierung sehr stark davon abhängt, ob sich die Vergangenheitszeitreihen auch in der Zukunft wiederholen, wird der Einsatz der Optimierungsparameter nur dann empfohlen, wenn das Nachfrageverhalten sich nicht oder nur leicht verändert bzw. die Trend- oder Saisonmuster bekannt sind und sich das Material nicht (z. B. wegen Konstruktionsänderungen) in der Auslaufphase befindet. Zur Einstellung kann wiederum das XYZ-Kriterium herangezogen werden. Insbesondere für X-Teile, die, bezogen auf die Nachfrage, nur einen kleinen Variationskoeffizienten aufweisen und deren Bedarfe sich durch ein geeignetes Prognosemodell gut berechnen lassen, lohnt sich die rechenzeitintensive Optimierung.
126
5.4
5.4.3
Prognoseparameter
Wechselwirkungen 1) Planungsstrategieparameter: Zunächst gilt hier Ähnliches wie für die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategien und Prognoseparametern (vgl. Abschnitt 5.1.4). Neben den dort aufgeführten Interdependenzen sollte man bei einer Planungsstrategie mit Vorplanung besonders auf eine geeignete Einstellung der Prognoseparameter Periodenkennzeichen und Prognoseperioden achten. Wie bereits in Abschnitt 5.4.2.2 angedeutet, können diese beiden Größen die Vorplanung bis zu einem gewissen Grad substituieren. Sie ermöglichen es, die Prognosen (auf Wunsch) weit in die Zukunft auszudehnen, um auch Langläufer zu planen. Natürlich lassen sich die beiden Prognosegrößen auch zusammen mit der Vorplanung einsetzen. Grundsätzlich muss sich ihr Wert an der teilespezifischen Durchlaufzeit und der marktlich akzeptierten Lieferzeit orientieren, unabhängig davon, ob sie in der Vorplanung oder in der Materialbedarfsplanung zum Einsatz kommen. 2) Verrechnungsparameter: Auch bei der Einstellung der Verrechnungsparameter ist auf die beiden Prognosegrößen Periodenkennzeichen und Prognoseperioden zu achten (vgl. Abschnitt 5.2.3). Die Langläuferproblematik in der Vorplanung erfordert es, dass man mit zunehmendem Zeithorizont (determiniert durch die Parameter Periodenkennzeichen und Prognoseperioden) die Verrechnungshorizonte vergrößern und die Anpassungsparameter aktivieren sollte, weil der Prognosefehler tendenziell ansteigt. Materialien mit langen Durchlaufzeiten erfordern daher mehr und größere Prognoseperioden sowie längere Verrechnungshorizonte als Teile mit kürzeren Durchlaufzeiten. Das Gesagte gilt jedoch nur dann uneingeschränkt, wenn die Planungsperiode (Zeitraum zwischen zwei aufeinander folgenden Planungen) kurz ist. Längere Perioden kombiniert mit kurzen Planungshorizonten mögen dazu führen, Bedarfe für Langläufer zu spät (genauer: in einer zu späten Planungsperiode) zu erkennen, so dass diese aufgrund ihrer langen Durchlaufzeiten nicht mehr rechtzeitig bereitgestellt werden können (zur detaillierten Betrachtung derartiger Fragestellungen siehe [PaRe97]). 127
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Eine ähnliche Problematik besteht zwischen den Verrechnungsparametern und den Fixierungsgrößen der Prognose. Die Bedarfsfixierung bewirkt ein relativ frühzeitiges Festschreiben der Prognosewerte. Dies ist vergleichbar mit dem Planungshorizont: Nur wenn ein Bedarf in den Horizont fällt, wird er vom System erkannt und lässt sich ebenfalls frühzeitig planen. Zum Zeitpunkt ihrer Berechnung können die Prognosewerte einen erheblichen Fehler aufweisen. Um bei den zwangsläufig auftretenden Ungenauigkeiten genug Spielraum zu behalten, sollten die Verrechnungshorizonte von Langläufern ausreichend klein gewählt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, bei kurzfristig auftretenden Bedarfen nicht mehr reagieren zu können. Auf der anderen Seite können größere Verrechnungshorizonte gerade dazu dienen, die durch die fixierten Bedarfe in Kauf genommenen Ungenauigkeiten zu „übersteuern“. 3) Dispositionsart: In Abschnitt 5.3.3 wurden bereits die Wechselwirkungen zwischen den Stellgrößen der Dispositionsart und den Prognoseparametern erörtert. Neben den dort geschilderten datentechnischen Interdependenzen existieren zwischen beiden Parameterarten jedoch auch betriebswirtschaftliche Zusammenhänge: Zunächst ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass Prognosen mit denselben Einzelparametern auf verschiedenen Planungsebenen stattfinden können. Davon hängt es dann u. a. ab, wie hoch das Fehlsteuerungspotenzial der Prognoseparameter ist. Betrachtet man beispielsweise Vorhersagen auf Endproduktebene bei der Absatz- oder Vorplanung, so erkennt man, dass sich der Prognosefehler zwangsläufig über die Stücklistenauflösung auch auf untergeordnete Baugruppen und Komponenten ausweitet, wenn man plangesteuert (Dispositionskennzeichen PD) disponiert. Relativ dazu haben fehlerhafte Prognosen einzelner Teile, die verbrauchsgesteuert mit den Dispositionsverfahren VM oder VV geplant werden, weniger schwer wiegende Folgen. Neben diesen eher allgemeinen Zusammenhängen ist zu beachten, dass die Auswirkungen falsch eingestellter Prognoseparameter auch davon abhängen, wie viele Materialien mit welchem Dispositionsverfahren konfiguriert wurden (d. h., wie die Verteilung der Dispositionsarten ist) und bei welchen Teilen falsche Stellgrößenwerte vorliegen. So sind die Auswirkungen fehlerhafter Konfigurationen beim Dispositionsverfahren VV schätzungs-
128
5.4
Prognoseparameter
weise am größten, da hier in jeder Periode nur einmal konkrete Bedarfe vorhergesagt werden. Anders ist es bei der maschinellen Disposition VM, bei der das System mit jeder Lagerentnahme prüft, ob der Bestellbestand unterschritten wird, und sich die Prognosen auf den Sicherheits- und Meldebestand beziehen, jedoch nicht direkt auf den Bedarf. Das geringste Fehlsteuerungspotenzial vermutet man zunächst beim Verfahren PD, das nur die Zusatzbedarfe vorhersagt. Das kann jedoch z. B. dann falsch sein, wenn es sich um ein sehr teures Material handelt oder um Engpass- bzw. wichtige Ersatzteile. Hier können zu große oder zu kleine Bedarfsmengen weitaus schlimmere Folgen haben als bei kosten-, zeit- oder kapazitätsunkritischen verbrauchsgesteuerten (C-)Teilen. 4) Wechselwirkungen innerhalb der Parametergruppe Prognoseparameter Interdependenz zwischen den Modellauswahlparametern und dem Periodenkennzeichen (vgl. Abschnitt 5.4.2.2): Das Periodenkennzeichen muss so gesetzt sein, dass das SAPSystem mit seinen standardmäßig möglichen 60 Vergangenheitsperioden (mehr-)jährige bzw. (mehr-)monatliche Saisoneffekte erkennen kann und somit auch das richtige Prognosemodell auswählt. Interdependenz zwischen dem Periodenkennzeichen und dem Aufteilungskennzeichen: Beide Parameterarten können die Granularität der Bedarfe festlegen. Primär ist das jedoch Aufgabe des Periodenkennzeichens. Ersatzweise oder auch ergänzend dazu kann das Aufteilungskennzeichen ebenfalls die Bedarfsaggregation beeinflussen. Sollen die Prognoseergebnisse z. B. tagesgenau sein, so hat man die Möglichkeit, über ein Periodenkennzeichen mit dem Wert Tag die Vorhersagen tatsächlich tagesindividuell zu gestalten (z. B. in der Nahrungsmittelindustrie). Als Nachteil muss man bei kurzen Perioden mit einem höheren Prognosefehler rechnen (vgl. Abschnitt 5.4.2.2) oder nimmt im Extremfall sogar in Kauf, dass im System das falsche Verfahren ausgewählt wird und z. B. Saisoneffekte unerkannt bleiben (siehe oben). Will man ohne diese Risiken auf Tagesebene planen, so gelingt dies mit einem Periodenkennzeichen ungleich bzw. größer als Tag (Parameterwert Monat oder Woche) und einem Aufteilungskennzeichen, das die Monats- oder Wochenbedarfe auf Tagesmengen herunterbricht. 129
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Die Ungenauigkeit dieser Vorgehensweise liegt darin, dass sie keine individuellen Tagesprognosen zulässt, sondern z. B. eine prognostizierte Monatsmenge gleichmäßig auf die einzelnen Tage des Monats aufteilt. Interdependenz zwischen den Korrekturfaktoren und den Glättungsparametern: Die Glättungsparameter bestimmen, wie stark die einzelnen Vergangenheitswerte zur Berechnung der Prognoseergebnisse herangezogen werden. Mit ihnen lässt sich der Output der Prognosen beeinflussen. Die Korrekturfaktoren können sowohl die Vergangenheitsverbrauchswerte (die Input-Daten einer Prognose) gewichten als auch die Prognosewerte der einzelnen Perioden (die Output-Daten einer Prognose). Die funktionalen Überschneidungen beider Parameterarten (bezüglich der OutputDaten) führen in manchen Fällen dazu, dass die Prognoseergebnisse ungewollt stark manipuliert werden. Grundsätzlich sollte man daher die Korrekturfaktoren primär zur Modifikation der Vergangenheitswerte einsetzen, z. B. um Strukturbrüche zu eliminieren. Nur dann, wenn man die Prognosemengen für einzelne Perioden gezielt verändern möchte, sollten die Korrekturfaktoren auch Werte in den Prognoseperioden berühren. Interdependenz zwischen den Glättungsparametern, den Optimierungsparametern, dem Periodenkennzeichen, den Fixierungsgrößen und dem Parameter Prognoseperioden: Je größer der fixierte Prognosezeitraum ist und je mehr und je länger die Prognoseperioden sind, desto schlechter wird i. Allg. die Prognosequalität. Dies ist zum einen darin begründet, dass die prognostizierten Mengen durch die Fixierungsgrößen festgeschrieben sind, zum anderen die Bedarfswerte infolge langer Prognosezeiträume (Parameter Periodenkennzeichen und Anzahl Prognoseperioden) (zu) weit in der Zukunft liegen und dementsprechend zunehmend ungenauer werden. Ein zusätzlicher Ungenauigkeitsfaktor kann durch (zu) kleine Glättungsfaktoren entstehen, wenn durch sie dem System ein Rückgriff auf (zu) weit zurückliegende Verbrauchsdaten erlaubt wird. Auch Parameteroptimierungen helfen in solchen Fällen nur bedingt, da sie sich nur an den Vergangenheitsdaten orientieren können. Die Planung wird dann immer aktueller und aussagekräftiger, gleichzeitig aber auch zwangsweise kurzfristiger, wenn der Wert der Glättungsparameter ansteigt, der Fixierungszeitraum kleiner wird und sich auch der durch Prognosen berührte Zeitraum, basierend
130
5.4
Prognoseparameter
auf den Stellgrößen Periodenkennzeichen und Prognoseperioden, verringert. 5) Parameter der Losgrößenverfahren und Losgrößenmodifikatoren: Vgl. in den Abschnitten 5.4.2.2 und 5.5.3 die Wechselwirkungen zwischen Losgrößenparametern und Prognosearten. 6) Sicherheitsbestandsparameter: Die Wechselwirkungen zwischen den Prognose- und den Sicherheitsbestandsparametern hängen u. a. vom Dispositionsverfahren ab. Wird ein Material verbrauchsgesteuert mit VM geplant, so prognostiziert das System automatisch den Sicherheits- und den Meldebestand. Beim Verfahren VV passt es hingegen nur den Sicherheitsbestand maschinell an. Das Gleiche gilt für die Dispositionsart PD (wobei jedoch im Customizing auf Wunsch auch die automatische Berechnung aktiviert werden kann). Die in vielen Fällen richtige Annahme, dass die zukünftigen Bedarfe eine Funktion der Vergangenheitsverbräuche darstellen, hat insbesondere den Vorteil, dass die Bedarfsrechnungen sich den realen Gegebenheiten automatisch anpassen. Für den Parameter Sicherheitsbestand gilt dies jedoch von der Voreinstellung (Default-Wert) her nur beim Verfahren VM, obwohl der Parameterwert immer (auch bei Einsatz der anderen Dispositionsverfahren) von der berechneten Bedarfsmenge abhängt. Wie bereits in Abschnitt 5.5.3 gezeigt, steigt der mittlere Bestand in Abhängigkeit der Auftragsgrößen. Damit sinkt gleichzeitig die Notwendigkeit großer Sicherheitsbestände, und deren Wert kann anteilsmäßig abgesenkt werden. Je kleiner beim Verfahren PD der zu prognostizierende Zusatzbedarf ausfällt bzw. je geringer die Kapitalbindung der PD- und VV-Teile ist, desto wichtiger wird die Konfiguration des (statischen) Sicherheitsbestands relativ zu den Prognoseparametern. Dynamischer Sicherheitsbestand
Im Falle des dynamischen Sicherheitsbestands und seiner konstituierenden Stellgrößen verschwimmen die Unterschiede zwischen Prognose- und Sicherheitsbestandsparametern. Tatsächlich berechnet sich die dynamische Bestandsgröße als Produkt aus einem durchschnittlichen Tagesbedarf, der dem Mittelwert der zukünftigen Bedarfe entspricht, und der Reichweite. Hiermit gelingt eine automatische Anpassung des Sicherheitsbestands, mit deren Hilfe Unsicherheiten bezüglich der erwarteten Bedarfe 131
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP leichter abgefangen werden können. Problematisch an dem dynamischen Sicherheitsbestand bleibt, dass er in vollem Umfang dispositiv verfügbar ist und in diesem Sinne eher einen dynamischen „Zusatzbestand“ als einen echten Sicherheitsbestand darstellt, der ja gerade nicht der Disposition automatisch zur Verfügung steht. Ein besonderes Problem tritt bei der Fixierung dann auf, wenn durch die frühzeitige Festlegung unrealistisch hohe Prognosemengen im Produktionsplan auftreten bzw. im Rahmen der verbrauchsgesteuerten Disposition (VV) einzuplanen sind. Dem entgegenwirken und so die Planung beruhigen kann man z. B. durch eine entsprechende Erhöhung des dispositiven Anteils des Sicherheitsbestands. Auch in diesem Fall vermindert sich die verfügbare Menge voll um den statischen Sicherheitsbestand, wobei allerdings dessen Unterschreiten um einen dispositiven Anteil toleriert und erst später wieder bis zu seiner ursprünglichen Höhe aufgefüllt wird. Andere Parameter, mit denen man die Mengen senken kann, sind die Minimale Losgröße und der Rundungswert. Auch sie sollte man bei der Gefahr einer Überproduktion reduzieren, falls dies nicht ihre originäre betriebswirtschaftliche Zielsetzung (vgl. die Abschnitte 5.6.2 und 5.6.3) untergräbt. 7) Terminierungsparameter: Interdependenzen zwischen Prognose- und Terminierungsparametern bestehen nur indirekt. Die Terminierung und ihre Parameter setzen voraus, dass verbrauchsgesteuerte Teile sowie die Komponenten der prognostizierten Zusatzbedarfe bei programmgesteuerter Disposition in ausreichender Zahl verfügbar sind. Insoweit sind beide Parameterarten zunächst unabhängig voneinander. Allerdings dienen einige der Terminierungsparameter als Zeitpuffer (so z. B. die Sicherheitszeit oder die Terminierungsart). Sie können (in engen Grenzen) dazu eingesetzt werden, um bei fehlerhaften Prognosen „Zeit zu gewinnen“, indem man dasjenige Teil, in welches Prognosebedarfe eingehen sollen, mit einem größeren Zeitpuffer konfiguriert. Dies ist jedoch nur dort möglich, wo die Wiederbeschaffungs- bzw. Eigenfertigungszeiten der prognostizierten Teile klein sind und während der Pufferzeit
132
5.4
Prognoseparameter
weitergearbeitet werden kann. Bessere Möglichkeiten bieten auch hier Mengenpuffer in Form von Sicherheitsbeständen. 8) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Die Prognoseparameter beeinflussen im Wesentlichen die Bedarfsmengen und nur sehr begrenzt die Bedarfs- und Verfügbarkeitszeitpunkte. Zwei Beispiele dafür finden sich in Abschnitt 5.5.3 bei den Wechselwirkungen zwischen Losgrößenverfahren und Prognoseparametern. Beide dort aufgeführten Parameter tangieren jedoch auch die Verfügbarkeitsrechnung: Aufteilungskennzeichen
So gelingt es mit dem Aufteilungskennzeichen, Bedarfe innerhalb einer Periode in kleinere Einheiten aufzuteilen, wodurch sie anteilig später bereitgestellt werden. Tatsächlich kann man mit diesem Parameter, ähnlich wie mit der Minimalen/Maximalen Losgröße, die Auftragsmengen und die Durchlaufzeiten harmonisieren und letztere damit besser planbar machen. Dies alles verbessert die Aussagekraft der Verfügbarkeitsrechnung. Findet bei monatlichen Prognosen (Periodenkennzeichen gleich Monat) eine Aufteilung statt, so bietet es sich an, sowohl gegen den verfügbaren Bestand als auch gegen geplante Zu- und Abgänge zu prüfen. Schließt man Überlappungen in der Fertigung aus, so bietet das Aufteilungskennzeichen eine sehr gute Möglichkeit, Teilmengen früher abzurufen, nicht erst mit Fertigstellung des letzten Teils der Auftragsmenge.
Fixierungshorizont
Ein zweiter Prognoseparameter, der die Verfügbarkeitsrechnung beeinflusst, ist der Fixierungshorizont (vgl. Abschnitt 5.5.3). Er ist dann problematisch, wenn erst mit zunehmender Gegenwartsnähe genauere Prognosen möglich sind. In diesen Fällen sollte er möglichst klein gehalten werden, um einerseits noch eine ausreichende Dispositionsruhe zu gewährleisten und andererseits nicht zu ungenaue Prognosen zu verursachen, die das gesamte Verfahren ad absurdum führen, weil die berechneten Mengen von vornherein nicht dem Bedarf entsprechen. Probleme treten insbesondere dann auf, wenn aufgrund der Fixierung zu geringe Mengen eingeplant werden (z. B. bei plötzlicher Konjunkturbelebung). In diesem Fall müssen neben allen aktuellen Teilbeständen auch zeitlich weiter entfernt liegende Fertigungsaufträge sowie planerisch noch nicht festgelegte Bedarfe (z. B. Sekundärbedarfe und Planaufträge) als Prüfelemente einbezogen werden, um die Produktion zunächst möglichst unverändert weiterlaufen zu lassen. 133
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Unterdessen sollte man die „gewonnene“ Zeit nutzen und die fehlenden Mengen notfalls fremdbeziehen.
Prognoseparameter (Die Nummerierung entspricht Abschnitt 5.4.3)
PeriodenPeriodenkennzeichen kennzeichen
PrognosePrognoseperioden perioden
AufteilungsAufteilungskennzeichen kennzeichen
VerbrauchsVerbrauchswerte werte
GlättungsGlättungsparameter parameter
Prognoseverfahren
FixierungsFixierungsperioden perioden
OptimierungsOptimierungsparameter parameter
KorrekturKorrekturfaktoren faktoren
GewichtungsGewichtungsfaktoren faktoren
ModellModellauswahlauswahlverfahren
FixierungsFixierungshorizont horizont
OptimierungsOptimierungsgrad grad
(1)
(2)
PlanungsPlanungsstrategiestrategieparameter parameter
(1)
VerrechVerrechnungsnungsparameter parameter
(2)
ModellModellauswahlauswahlkennzeichen kennzeichen
Dynamischer Dynamischer SicherheitsSicherheitsbestand bestand
(6)
DispositionsDispositions- (3) art art (6)
LosgrößenLosgrößenverfahren verfahren
Statischer Statischer SicherheitsSicherheitsbestand bestand
(6) (6)
(5)
(7) (8)
LosgrößenLosgrößen- (6) modifikatoren modifikatoren
(8)
Abb. 33: Wechselwirkungen der Prognoseparameter
134
Dispositiver Dispositiver Anteil am Anteil am Sicherheitsb. TerminieTerminierungsrungsparameter parameter VerfügVerfügbarkeitsbarkeitsparameter parameter
5.5
5.5
Losgrößenverfahren
5.5.1
Bedeutung
Losgrößenverfahren
Über das Losgrößenverfahren kann man steuern, wie einzelne Bedarfsmengen zu einer Bestellmenge zusammengefasst werden. Es ist damit neben dem Meldebestand, der als „Bestellauslöser“ wirkt, und dem Sicherheitsbestand eine wichtige Einflussgröße auf den Lagerbestand. Innerhalb der Produktionsplanung in SAP ERP unterscheidet man drei Gruppen von Verfahren: statische, periodische und optimierende Modelle. Statische Verfahren
Die statischen Verfahren bilden die Losgröße anhand von Mengenvorgaben aus dem Materialstamm bzw. aus den berechneten Unterdeckungsmengen: Exakte Losgröße Feste Losgröße7 Auffüllen bis zum Höchstbestand
Periodische Algorithmen
Periodische Algorithmen fassen mehrere Bedarfe innerhalb eines Zeitabschnitts zu einem Auftrag zusammen: Man kann verschiedene Periodenlosgrößen unterscheiden. Neben Tages-, Wochen- und Monatslosgrößen lassen sich auch Lose nach flexiblen Periodenlängen (analog den Buchhaltungsperioden) sowie Losgrößen gemäß dem Planungskalender bilden. Der Planungskalender stellt damit ebenfalls einen dispositionsrelevanten Parameter dar. Mit seiner Hilfe kann man variable Periodenlängen für die Bedarfszusammenfassung definieren. Außerdem dient er bei der rhythmischen Disposition dazu, die Lieferfrequenz festzulegen.
Optimierende Modelle
Eine dritte Art der Losgrößenbestimmung stellen die optimierenden Modelle dar. Sie umfassen den Stückperiodenausgleich, die Gleitende Wirtschaftliche Losgröße, die Dynamische Planungsrechnung und das Losgrößenverfahren nach Groff. Hierbei wer-
7
Der Spezialfall „Feste Losgröße mit Splittung und Überlappung (FSÜ)“ wird nicht behandelt.
135
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP den die Bedarfsmengen so zusammengefasst, dass zwischen losgrößenfixen Kosten und den Lagerhaltungskosten ein methodenabhängiges Kostenoptimum entsteht. SAP differenziert jedoch nicht nur zwischen einzelnen Losgrößenverfahren, sondern kennt auch die Unterscheidung zwischen Kurzfrist- und Langfristlosgröße. Mithilfe der Langfristlosgröße lässt sich die Zeitachse der Auftragsgrößenberechnung in einen kurzfristigen und einen langfristigen Bereich aufteilen, um in diesen beiden Intervallen die Bestellmengenrechnung mit unterschiedlichen Methoden durchzuführen. Das Zusammenspiel der beiden Stellgrößen funktioniert so, dass man zunächst im Materialstamm eine kurzfristige Losgröße definiert. Im Customizing hat der Disponent dann zwei Möglichkeiten: n o
Er verzichtet auf eine Langfristlosgröße. Er definiert einen zur eingegebenen (kurzfristigen) Losgröße passenden langfristigen Dispositionsalgorithmus.
Im zweiten Falle sind prinzipiell drei Parameter zu spezifizieren. Neben dem Verfahren und der Periodenart (Tag, Woche, Monat) lässt sich einstellen, ab welcher Periode das System mithilfe der Langfristlosgröße planen soll.
5.5.2
Einstellhinweise Nachdem die periodenbezogenen Nettobedarfsmengen eines Materials bekannt sind, wird über die Bestellmengenrechnung festgelegt, zu welchen Terminen sie in welcher Menge bereitgestellt werden sollen. Man kann dabei grundsätzlich zwei Strategien unterscheiden: n Man beschafft in jeder Periode genau die Nettobedarfsmenge eines Materials (Exakte Losgröße). o Man fasst mehrere Nettobedarfsmengen eines Materials aus aufeinander folgenden Perioden zu größeren Beschaffungslosen zusammen und folgt damit dem Materialbereitstellungsprinzip der Vorratshaltung. Nach welcher Strategie im konkreten Fall vorzugehen ist, hängt im Wesentlichen von Kosten- und Kapazitätsaspekten sowie vom angestrebten Lieferbereitschaftsgrad ab.
136
5.5 Wirtschaftliche Losgröße
Losgrößenverfahren
Verfolgt man eine an so genannten „wirtschaftlichen“ Losen orientierte Strategie, so kann als erstes Konfigurationskriterium eine teilespezifische ABC-Klassifikation darüber Aufschluss geben, welches Kosten- und Raumeinsparungspotenzial die einzelnen Materialien besitzen. Während bei A- und B-Teilen die Kosten hoch sind und man daher mit möglichst kleinen bzw. „passenden“ Losen auskommen sollte, sind C-Teile wegen ihres hohen Mengenanteils oftmals eher in räumlicher Hinsicht bedeutend. Im Extremfall begrenzt der verfügbare Lagerraum ihre maximale Auftragsmenge. Die gängigen Formeln zur Ermittlung wirtschaftlicher Losgrößen, wie z. B. die von Harris und Andler oder jene von Groff, suchen nun auf unterschiedliche Weise einen (zumindest theoretischen) Kompromiss zwischen hohen Lager- und Rüstkosten und hohen anteiligen bestellfixen Aufwendungen. Dabei sind jedoch insbesondere hinsichtlich des praktischen Einsatzes einige Feinheiten zu beachten: n Ist der Anlieferrhythmus nicht veränderbar, so sind die Bestellmengen mit dem fixen Anlieferrhythmus zu synchronisieren (vgl. zu dieser Problematik auch die Dispositionsarten VR und R2 in Abschnitt 5.3.2). o Technische Besonderheiten können eine feste Bestellmenge erfordern. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn ein Lieferant ein Spezialprodukt fertigt, das er sonst keinem Kunden verkaufen kann und das immer in einer bestimmten Menge (z. B. in genau einer Ofenfüllung) gefertigt werden muss. p Ausreichende und realitätsnahe Kostendaten (Losfixkosten, Lagerkosten und Materialwert) sind die Voraussetzung für den Einsatz kostenminimierender Verfahren.
Durchlaufzeitoptimale Losgröße
Eine andere mögliche Vorgehensweise ist es, Durchlaufzeit-optimale Losgrößen zu bilden, denn kleinere Lose können möglicherweise Kapazitätsengpässe bei Betriebsmitteln sowie im Lagerbereich beseitigen (vgl. die Wirkungen der Losgrößenmodifikatoren in Abschnitt 5.6). Zu beachten ist, dass dieser Entlastungseffekt aus kleineren Losen nicht zwangsläufig anhält. Gerät ein Betrieb kurzfristig in Bedrängnis, weil zu große Lose ein Engpassaggregat zu lange blockieren, so mag er durchaus die Losgröße reduzieren, um so den Arbeitsschritt früher zu beenden. Durch viele kleine Lose wächst aber notgedrungen der Anteil der Rüstzeiten, und für die Produktion steht weniger Kapazität zur 137
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Verfügung. Der in der langfristigen Betrachtung vorhandene Kapazitätsquerschnitt wird also noch kleiner, so dass man in einen Teufelskreis gerät. Ausführlichere Betrachtungen zu Vor- und Nachteilen Durchlaufzeit-optimaler Losgrößen finden sich bei Wiendahl (vgl. [Wien97, S. 263-268]). Ludwig hat eine Entscheidungstabelle entwickelt, die zur Konfiguration des Losgrößenverfahrens in SAP-Systemen herangezogen werden kann (vgl. Abb. 34 nach [Ludw92, S. 77]). Sie enthält allerdings nicht alle derzeit in der Produktionsplanung in SAP ERP verfügbaren Alternativen. Abb. 34 vermittelt einen Eindruck von der Komplexität des Problems. Der besseren Übersicht halber werden im Folgenden fünf Fälle unterschieden: Fall 1: Das betrachtete Material weist technische (z. B. Brennvorgang) oder betriebswirtschaftliche Besonderheiten (z. B. Erreichen einer vollen Wagenladung) auf, die eine feste Bestellmenge erfordern. Hier handelt es sich um ein Abbruchkriterium, das eine weitere Untersuchung überflüssig macht. Der Parameter Losgrößenverfahren erhält den Wert F. Fall 2: Es liegt ein fester Anlieferrhythmus vor, der eine Periodenraffung erfordert, wobei die Periodenlänge auf den Zeitraum zwischen zwei Lieferungen zu synchronisieren ist. Die Periodenlänge muss also genau der Zeit, die zwischen zwei Lieferterminen verstreicht, oder einem Vielfachen dieser Zeitspanne entsprechen. Dies gilt allerdings nur, wenn für das betrachtete Material eines der Dispositionsverfahren PD oder VV eingesetzt wird, da nur dann eine Periodenraffung zulässig ist, oder nicht bereits Fall 1 vorliegt. Da die beiden Ausnahmen nicht besonders praxisrelevant sein dürften, wird auf eine weitere Differenzierung an dieser Stelle verzichtet. Besonderheiten in der Losgrößenplanung, die durch feste Bestellrhythmen entstehen, lassen sich inzwischen auch über die Dispositionsarten VR und R2 lösen. Fall 3: Hier ist das betrachtete Material durch vier gemeinsame Kriterienausprägungen charakterisiert:
138
n
Es liegen keine technischen oder betriebswirtschaftlichen Besonderheiten vor, die eine feste Bestellmenge erfordern (vgl. Fall 1).
o
Der Anlieferrhythmus ist veränderbar (vgl. Fall 2).
5.5 p q
Losgrößenverfahren
Es kommt eines der Dispositionsverfahren PD oder VV zum Einsatz. Es sind keine ausreichenden Kostendaten vorhanden, um ein kostenminimierendes Verfahren einsetzen zu können.
In diesem Fall sind zur Auswahl des Losgrößenverfahrens nur noch die Kriterien ABC-Klasse und Gewichtung des Ziels „niedrige Bestände“ weiter zu untersuchen. Mit abnehmendem Wert bzw. Kostenanteil des Materials tendiert man zu größeren Losen, wie das bei Anwendung von kostenminimierenden Losgrößenverfahren ebenfalls zu beobachten ist. Eine steigende Gewichtung des Ziels „niedrige Bestände“ hingegen wird durch eine Tendenz zu kleineren Losen berücksichtigt.
139
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Bedingungen Anlieferrhythmus veränderbar Technische Besonderheiten erfordern Bestellkennzeichen F Dispositionsart = PD oder VV Ausreichende Kostendaten vorhanden
Kriterium erfüllt (Ja/Nein)? N J J
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N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N
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A-Teil B-Teil
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N N N N N N N J
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N
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J
Mittlere Zielgewichtung niedriger Bestände
J
J
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N
J
Hohe Zielgewichtung niedriger Bestände
J
J J
C-Teil Geringe Zielgewichtung niedriger Bestände
J
J
J
J
N
J J
J J
N
J
J J
Hohe Zielgewichtung wegen eines Liquiditätsengpasses
N
J J
J
N J
J
J J
J
N J
Hohe Zielgewichtung aufgrund von Raumnot
N J
Bestellmengenkennzeichen im SAP-System
F A E 2 1 E 5 4 3 W G G E S W G E S 4 3 2 H L R
Fallunterscheidung
1 2
3
Legende der Bestellmengenkennzeichen: ALR Anlieferrhythmus E Exakte Bestellmenge G Losgrößenverfahren nach Groff S Stückperiodenausgleich 1 Wochenlosgröße 3 Monatslosgröße 5 Flexible Losgröße für 60 Tage
4 D F H W 2 4
Dynamische Planungsrechnung Feste Losgröße Auffüllen bis zum Höchstbestand Gleitende Wirtschaftl. Losgröße Flexible Losgröße für 10 Tage Flexible Losgröße für 40 Tage
Abb. 34: Auswahl des Losgrößenverfahrens
140
5
5.5
Losgrößenverfahren
Eine Ausnahme davon bilden lediglich A-Teile, da hier das größte Kosteneinsparungspotenzial vorliegt. Diese werden unabhängig von der Zielgewichtung meist exakt nach dem vorliegenden Bedarf bestellt. Fall 4: Fall 4 unterscheidet sich von Fall 3 nur dadurch, dass hier ausreichende Daten für (eine von SAP so genannte) Kostenoptimierung vorliegen. Tendenziell verfolgt man die gleiche Strategie wie in Fall 3. Dabei wird davon ausgegangen, dass die in der Produktionsplanung in SAP ERP angebotenen Verfahren, die sowohl auflagenfixe als auch losgrößenabhängige Kosten berücksichtigen, in folgender Reihenfolge zum einen kleinere Lose ermitteln und zum anderen einen höheren Rechenaufwand und damit auch eine höhere Rechnerbelastung mit sich bringen: Dynamische Planungsrechnung Stückperiodenausgleich Gleitende Wirtschaftliche Losgröße Groff-Regel Die Dynamische Planungsrechnung fasst ausgehend vom Unterdeckungstermin so lange aufeinander folgende Bedarfe zu einem Los zusammen, wie die zusätzlich anfallenden Lagerkosten kleiner als die auflagefixen Bestellkosten sind. Dieses Verfahren führt zu relativ großen Losen und wenig plausiblen Ergebnissen. Es wird deshalb von den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen (vgl. [Ludw92]). In einem numerischen Experiment hat Knolmayer festgestellt, dass mit dem Verfahren von Groff sehr gute Ergebnisse erzielt werden können, die nur gering (ca. 1%) von den mit dem (in der Produktionsplanung in SAP ERP nicht angebotenen, rechenaufwändigen) exakten Algorithmus von Wagner und Within ermittelten Resultaten abweichen. Dies gilt ebenso bei unregelmäßigen Bedarfsverläufen und bei Datenkonstellationen, in denen viele Bedarfe Null sind (vgl. [Knol85a; Knol85b]). ABCKriterium
Zugunsten einer geringeren Rechnerbelastung sollte aber bei niedrigerer Gewichtung des Ziels „geringe Bestände“ die Gleitende Wirtschaftliche Losgröße gewählt werden, falls es sich bei dem betrachteten Material um ein A-Teil handelt. Bei steigender Zielgewichtung wird hingegen das Verfahren von Groff eingesetzt. Aus dem gleichen Grund finden bei B-Teilen zunächst nur der Stückperiodenausgleich (geringe Zielgewichtung), die Gleitende Wirtschaftliche Losgröße (mittlere Zielgewichtung) und
141
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP schließlich ebenfalls das Verfahren von Groff (hohe Zielgewichtung) Berücksichtigung. Da der hohe Anteil an bestellfixen Kosten bei C-Teilen zu relativ großen Losen führt und gleichzeitig ihr Anteil an der Gesamtzahl der Materialien sehr hoch ist, kann man bei niedriger Zielgewichtung den Stückperiodenausgleich als Kompromiss zwischen hohem Rechenzeitbedarf und Kosteneinsparung wählen. Mit steigender Zielgewichtung wird dann auf eine Periodenraffung übergegangen, um kleinere Lose erreichen zu können, ohne gleichzeitig den Rechner zu stark zu belasten. Für A- und B-Teile gilt außerdem in einzelnen Branchen die Besonderheit, dass das Ziel „niedrige Bestände“ nicht aus Kostengründen, sondern wegen akuten Lagerplatzmangels und/oder eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses hoch gewichtet wird. Soweit Liquiditätsmangel der Grund für die hohe Zielgewichtung war, wechselt man bei A- und B-Teilen vom Verfahren nach Groff zur Exakten Bestellmenge, da hier wegen des hohen Kostenanteils die größten Einsparungspotenziale liegen. Ist dagegen Lagerplatzmangel die Ursache, so wird die Raffungsperiode bei C-Teilen verkürzt. Fall 5: Der letzte Fall berücksichtigt solche Materialien, die nach dem Bestellpunktverfahren VM oder VB disponiert werden. Hier stellt man grundsätzlich das Bestellmengenrechnungsverfahren H (Auffüllen bis zum Höchstbestand) ein. Lassen sich zur Konfiguration der Dispositionslosgröße (genauer: der isolierten Konfiguration der Kurzfristlosgröße) noch relativ klare Kriterien finden, so ist das bei Kombinationen unterschiedlicher Kurz- und Langfristlosgrößenverfahren um einiges komplizierter. Neben den vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten der Algorithmen (Welche Kurzfristlosgröße passt zu welcher Langfristlosgröße?) bleibt auch die Frage zu klären, wie groß die Intervalle sein sollen, in denen mit beiden Verfahren geplant wird. Hinreichend präzise lassen sich diese Fragestellungen nur mit PPS-Simulationen beantworten, denn die Produktionstheorie liefert hierzu kaum nutzbare Informationen. Zu beachten ist allerdings, dass diese Genauigkeit in der Praxis häufig nicht erforderlich ist. So wird man z. B. im Supply Chain Management einem Lieferanten gegenüber bestimmte Materialbedarfe in einer Art „Vorschau“ deklarieren, so dass er seinen ungefähren Kapazitätsbedarf bereits sehr zeitig planen kann, während er die genauen Daten erst bei der Bestellung erhält.
142
5.5 Getrennte Losgrößenverfahren
Losgrößenverfahren
Sinnvoller einsetzbar sind getrennte Losgrößenverfahren insbesondere dort, wo die Prognosegenauigkeit der Primärbedarfe immer stärker abnimmt. So zeigt die Praxis, dass derartige Vorhersagen nur für einen bestimmten Zeithorizont (z. B. einige Wochen) recht genau sind, aber deutlich unsicherer werden, sobald man diese Zeitspanne überschreitet. Grundsätzlich sollte man für die Langfristlosgröße ein periodisches Verfahren wählen, weil dies gegenüber den optimierenden Methoden zwei Vorteile bietet: Die Berechnung ist leicht nachvollziehbar, und man kann zumindest tendenzielle Aussagen über die relative Größe der berechneten Auftragsmengen treffen.
Beispiel
Eine Raffung über zwei Wochen wird fast immer größere Lose liefern als eine Wochenlosgröße. Eine Ausnahme ist der eher theoretische Fall, dass der Bedarf der zweiten Woche gleich Null ist. Den mit zunehmendem Planungshorizont steigenden Prognosefehler kann man (in begrenztem Umfang) ausgleichen, indem man die Bestandspuffer erhöht und auf diese Weise Bedarfsschwankungen glättet. Die Puffer lassen sich entweder über Sicherheitsbestände oder über einen höheren mittleren Bestand bilden. Um in der Disposition nicht permanent die Sicherheitsbestandsparameter anpassen zu müssen, sollte man stattdessen lieber das Langfristlosgrößenverfahren mit höheren Periodenlosgrößen konfigurieren, was einer Anhebung des mittleren Bestands mit steigendem Zeithorizont gleichkommt. Bedenken gegen die Verwendung der Langfristlosgröße sind insbesondere darin begründet, dass sie die Streuung der Auftragsmengen steigern kann. In der Folge steigen die mittleren Durchlaufzeiten und damit auch die Bestände. Was im obigen Fall ganz bewusst in Kauf genommen wird, kann in anderen Anwendungsbeispielen unerwünscht sein. Plant man im kurzfristigen Bereich mit relativ kleinen Losen (z. B. Exakte Losgröße oder Wochenlosgröße), längerfristig jedoch mit größeren Mengen (z. B. Monatslosgröße), so kann man die dadurch entstehenden Probleme durch verschiedene Kunstgriffe zumindest begrenzen. Eine erste Möglichkeit besteht darin, die Planungsperiode zu verkürzen und rollierend in kleineren Zeitabständen (z. B. wöchentlich statt monatlich) zu planen. Führt man parallel dazu eine neue Losbildung durch, so treten große Lose eher im Langfristbereich auf, während die Produktion selbst mit vergleichsweise kleinen und damit harmonisierten Auftragsmengen erfolgt. Eine zweite Alternative, die bei Prognose143
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP bedarfen greift, ist der Parameter Aufteilungskennzeichen, der Monats- oder Wochenbedarfe in kleinere Wochen- oder Tagesbedarfe aufteilt. Außerdem ist es natürlich immer möglich, über die Maximale Losgröße zu große Auftragsmengen zu splitten. Die Unterscheidung zwischen Kurz- und Langfristlosgröße hat neben betriebswirtschaftlichen Effekten auch erhebliche Auswirkungen auf die Effizienz des MRP-Laufs. So spart ein stark raffendes Verfahren für die Langfristlosgröße erwartungsgemäß Rechenzeit, weil es nicht mehr die Einzelbedarfe in Planaufträge umsetzen und dann jeden dieser Aufträge terminieren muss. Ziel der Parameterkonfiguration ist es dann, einen praxisgerechten Kompromiss aus Planungsgenauigkeit und Programmlaufzeit zu finden.
5.5.3
Wechselwirkungen 1) Planungsstrategieparameter: Vgl. in Abschnitt 5.1.4 die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategieparametern und Losgrößenverfahren. 2) Verrechnungsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.2.3 die Wechselwirkungen zwischen Verrechnungsparametern und Losgrößenverfahren. 3) Dispositionsart: Vgl. in Abschnitt 5.3.3 die Wechselwirkungen zwischen Dispositionsart, Losgrößenverfahren und den Planungsstrategieparametern Einzelbedarfskennzeichen und Bedarfszusammenfassung. Für Materialien mit sehr vielen Stücklistenverwendungen wird die Dispositions- bzw. die Aktuelle Bestands-/Bedarfsliste sehr unübersichtlich. Um dies abzustellen, können die Sekundärbedarfe zusammengefasst werden. Dies ist über ein Kennzeichen aus dem Materialstamm steuerbar. Der Parameter besitzt folgende Ausprägungen: W (Summe Woche) und M (Summe Monat). Wurde eine der beiden Parameterausprägungen gewählt, so erscheinen in der Dispositionsliste nur noch die Sekundärbedarfssummen des entsprechenden Zeitraums.
144
5.5
Losgrößenverfahren
In unseren Simulationen konnte ein signifikanter bedarfszusammenfassender Effekt des Parameters nicht beobachtet werden. Vielmehr wurden dort nur in den Berichten für die Disponenten die einzelnen Sekundärbedarfe entsprechend dem Parameterwert zusammengefasst dargestellt. 4) Prognoseparameter: Auch aus der Gruppe der Prognoseparameter gibt es Wechselwirkungen zu den Losgrößenverfahren: n Ein erstes Beispiel ist das Aufteilungskennzeichen. Mit ihm kann man (bei einer Prognoseperiode ungleich Tag) die prognostizierten Monatsbedarfe in Wochen- und Tagesmengen aufteilen. Folgende Eingaben sind zulässig: (blank) (keine Aufteilung), T (Aufteilung auf Tagesbedarfe). Eine falsche Einstellung des Aufteilungskennzeichens kann die beabsichtigte Wirkung des Losgrößenverfahrens aufheben und muss deshalb auf dieses abgestimmt sein: 1. Bei Bedarfsraffung mit Periodenlänge größer oder gleich einem Monat wird nicht aufgeteilt (Aufteilungskennzeichen = (blank)). 2.
Bei Bedarfsraffung mit Periodenlängen kleiner einer Woche und bei allen Losgrößenverfahren, die keine Periodenraffung vornehmen, erfolgt eine Aufteilung auf Tagesbedarfe (Aufteilungskennzeichen = T).
o Der Parameter Fixierungsperioden bestimmt den Zeitraum, in dem die prognostizierten Bedarfswerte durch die nächste(n) Bedarfsprognose(n) nicht mehr verändert werden. Der Parameter hat demnach Einfluss auf die Genauigkeit bzw. Aktualität und damit auf die zeitliche Gültigkeit der Bestellmengen: Eine höhere Anzahl Fixierungsperioden führt zu unsichereren Prognosen. Gleichzeitig wird dadurch die Disposition beruhigt, da innerhalb des Fixierungszeitraums neue Prognoseergebnisse keine Bestelländerungen mehr auslösen.
145
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP 5) Wechselwirkungen innerhalb der Losgrößenparameter: Die Parameter Taktzeit, Höchstbestand, Feste Losgröße, Losfixe Kosten und Lagerkostenkennzeichen hängen vom eingestellten Losgrößenverfahren ab (vgl. Abschnitt 5.5.1): n Der Parameter Feste Losgröße ist nur beim gleichnamigen Losgrößenverfahren sowie bei dem Verfahren Feste Losgröße mit Splittung/Überlappung relevant. o Ähnliches gilt für den Höchstbestand. Auch er greift nur beim Verfahren „Auffüllen bis zum Höchstbestand“. p Die Taktzeit bestimmt, wie stark beim Losgrößenverfahren Feste Losgröße mit Splittung/Überlappung die einzelnen Teilmengen überlappt gefertigt werden. Die Einzelmengen wiederum sind durch den Parameter Rundungswert definiert, der hier eine etwas andere Bedeutung hat als bei der Losgrößenmodifikation. q Wählt man das Losgrößenverfahren Periodenlosgröße nach Planungskalender, so ist der Parameter Planungskalender entsprechend der gewünschten Periodenlänge zu pflegen. r Die Stellgrößen Losfixe Kosten und die vom Lagerkostenkennzeichen abhängigen Parameter wirken sich nur auf die optimierenden Losgrößenverfahren Stück-PeriodenAusgleich, Gleitende wirtschaftliche Losgröße, Dynamische Planungsrechnung und das Losgrößenverfahren nach Groff aus. Mit ihrer Konfiguration legen sie das Abbruchkriterium für die hinter den Verfahren stehenden Algorithmen fest und damit die Auftragsmenge. Grundsätzlich versuchen alle oben genannten Funktionen, die Gesamtkosten, bestehend aus losfixen Bestellkosten und Lagerkosten, zu minimieren. s Ein mit dem Losgrößenverfahren verbundener Parameter, der bei verbrauchsgesteuerter Bestellpunktdisposition eine Bestellung und damit auch die Losgrößenplanung auslöst, ist der Meldebestand. Er ist so hoch zu wählen, dass das noch verfügbare Material die Bedarfe während der Wiederbeschaffungszeit abdecken kann, ohne dass ein vorhandener Sicherheitsbestand angetastet werden muss.
146
5.5
Losgrößenverfahren
Es haben demnach folgende Größen Einfluss auf den Meldebestand: 1.
Wiederbeschaffungszeit, die sich zusammensetzt aus Einkaufsbearbeitungszeit, Lieferzeit und Wareneingangsbearbeitungszeit,
2.
durchschnittlicher Bedarf pro Tag,
3.
Sicherheitsbestand.
6) Losgrößenmodifikatoren: Die Losgrößenrechnung schließt sich der Nettobedarfsermittlung an. Zu den eingesetzten Parametern vgl. Abschnitt 5.6. Für das Losgrößenverfahren Feste Losgröße mit Splittung und Überlappung wird der Rundungswert eingesetzt, um Teilmengen zu bestimmen, in die die Gesamtmenge des Planauftrags (Parameter: Feste Losgröße) gesplittet wird. 7) Sicherheitsbestandsparameter: Besonders weit reichende Wechselwirkungen bestehen zwischen dem Losgrößenverfahren und dem statischen/dynamischen Sicherheitsbestand. Je größer die Auftragslose werden, d. h., je stärker man Einzelbedarfe bündelt, desto größer wird auch der mittlere (Grund-)Bestand (vgl. Abschnitt 5.8). Dies hat nahezu den gleichen Effekt wie eine explizite Erhöhung des Sicherheitsbestands. Analog zur Wechselwirkung zwischen Verrechnungsparametern und Losgrößenverfahren (vgl. Abschnitt 5.2.3) liegt die Gefahr zu großer Lose darin, dass man in der Praxis oftmals nicht gleichzeitig den Sicherheitsbestand entsprechend verringert. Zu große Lose in Verbindung mit zu hohen Sicherheitsbeständen (die man einmal personell eingegeben hat, jedoch nicht entsprechend der aktuellen Fertigungssituation laufend anpasst) wirken negativ auf die Entwicklung der mittleren Durchlaufzeiten. Die Situation entschärft sich, wenn man statt statischer dynamische Sicherheitsbestände einführt. Sie passen sich automatisch den tatsächlichen Verbräuchen an, sind außerdem dispositiv voll verfügbar und daher weniger gefährlich. Dasselbe gilt im Falle des verbrauchsgesteuerten Dispositionsverfahrens VM, das den Sicherheitsbestand automatisch nur in Abhängigkeit des gewünschten Lieferbereitschaftsgrads und des Verbrauchs festlegt, so dass die Gefahr von Fehleinstellungen (im Sinne einer mangelhaften Parameteranpassung) reduziert wird. 147
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP 8) Terminierungsparameter: Terminierungsparameter wirken indirekt über Zeitvorgaben auf die Bestände, während Losgrößenparameter die Auftragsmengen direkt beeinflussen. Beide Parameterarten können sich jedoch gegenseitig verstärken oder abschwächen. So ist es mithilfe der beiden Stellgrößen Sicherheitszeit und Terminierungsart beispielsweise möglich, Terminpuffer zu bilden. Hierdurch verlängern sich u. U. die Durchlaufzeiten der betroffenen Teile, was sich wiederum negativ auf die Bestände auswirkt. Dieser Effekt verstärkt sich dann, wenn die Bestände nicht nur indirekt über Terminierungsgrößen, sondern zusätzlich auch direkt über zu große Lose oder zu hohe Sicherheitsbestände steigen. Eine weitere Gefahr erwächst aus der unterschiedlichen Parametrierung einzelner Teile. Sind sie sehr heterogen konfiguriert, so treten evtl. starke Schwankungen der Auftragsmengen auf. Eine hohe Mengenvarianz lässt die mittleren Durchlaufzeiten ebenfalls ansteigen und mit ihnen den mittleren (Grund-)Bestand. 9) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Die mittlere Losgröße und damit auch das Losgrößenverfahren haben Auswirkungen auf die Konfiguration der Verfügbarkeitsprüfungsparameter. Je größer die Lose werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Fehlmengen (vgl. die Wechselwirkungen des Losgrößenverfahrens mit den statischen und dynamischen Sicherheitsbestandsparametern). Sinkt die Gefahr von Fehlmengen, so verringern sich auch die potenziellen negativen Folgen falscher Einstellungen der Verfügbarkeitsprüfungsparameter. Höhere mittlere Bestände lassen es beispielsweise zu, dass man in der Verfügbarkeitsrechnung Bestellbestände und andere geplante Zu- und Abgänge ausblendet und nur den aktuell frei verfügbaren Bestand betrachtet. Allgemein formuliert bieten sich mit zunehmender mittlerer Losgröße in der Produktionsplanung in SAP ERP mehrere Variationsmöglichkeiten: n Man schaltet (z. B. wegen zu hoher Varianz der Durchlaufzeit) einige Zugangs- und Abgangsarten aus (z. B. betrachtet man nur einige der Parameter, die geplante Zuund Abgänge darstellen).
148
5.5
Losgrößenverfahren
o Man prüft nicht mehr alle Bestandsarten ab (z. B. verzichtet man selektiv auf die Einbeziehung des Umlaufund/oder Sperr- und/oder Qualitätsprüfbestands). p Man prüft ohne Beachtung der Wiederbeschaffungszeiten.
10) Interdependenzen, die von der Ausprägung des Parameters Losgrößenverfahren abhängen: Bei …
müssen gepflegt werden
können gepflegt werden Alle Losgrößenmodifikatoren
Exakte Losgröße Feste Losgröße Feste Losgröße Auffüllen bis zum Höchstbestand
Höchstbestand
Periodische Losgröße
Alle Losgrößenmodifikatoren
Optimierende Losgröße
Losgrößenfixe Kosten, Lagerkostenkennzeichen
Alle Losgrößenmodifikatoren
Abb. 35: In Abhängigkeit vom Losgrößenverfahren zu pflegende Datenfelder (Quelle: modifiziert nach der SAP-OnlineDokumentation)
149
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Parameter der Losgrößenverfahren und -modifikatoren (Die Nummerierung entspricht Abschnitt 5.5.3 bzw. 5.6.5) (5)
Losgrößenverfahren verfahren
(5)
MeldeMeldebestand bestand
(5)
(5)
Höchstbestand
Taktzeit Taktzeit
(5)
Feste Losgröße
Losfixe Kosten LagerkostenKZ KZ
5.6.5 (5)
PlanungsBedarfsPlanungszusammenstrategie- (1,3) zusammenfassung fassung parameter
Verrechnungsnungsparameter
(6)
(4)
Minimale Losgröße
Maximale Maximale Losgröße Losgröße
Losgrößenmodifikatoren Losgrößenmodifikatoren
(2) (7,8)
Prognoseparameter Prognoseparameter FixierungsFixierungsperioden
RundungsRundungswert
5.6.5 (5)
5.6.5 (5)
AufteilungsAufteilungskennzeichen kennzeichen
Sicherheitsbestand
Lieferbereitschaftsgrad
Terminierungsparameter Terminierungsparameter Sicherheitszeit zeit
(4)
(8)
DispositionsDispositions- (3) art
Verfügbarkeits(9) Verfügbarkeitsprüfungsprüfungsparameter
TerminieTerminierungsart rungsart
5.6.5 (6)
5.6.5 (7)
(8) 5.6.5 (8)
Abb. 36: Wechselwirkungen der Losgrößenverfahren und ihrer Parameter sowie der Losgrößenmodifikatoren
150
5.6
5.6
Losgrößenmodifikatoren
Losgrößenmodifikatoren Wenn aus technischen oder organisatorischen Gründen bestimmte Losgrößen nicht über- oder unterschritten werden dürfen, verändern spezielle Parameter, die so genannte Losgrößenmodifikatoren, nachträglich die bereits berechneten Auftragsmengen: Die Stellgrößen Maximale Losgröße, Rundungswert und Minimale Losgröße erhöhen oder verkleinern die Auftragsmengen. Ihre Konfiguration ist auch dann sinnvoll, wenn obige Restriktionen nicht vorliegen, aber betriebswirtschaftliche Gründe, wie z. B. geringere Kapitalbindungen an den Engpassaggregaten oder potenzielle Durchsatzverbesserungen, dafür sprechen. Ergänzend zu den oben genannten drei Modifikatoren kann auch über ein so genanntes Rundungsprofil erreicht werden, dass die Menge auf lieferbare Einheiten gerundet wird. Im Customizing werden pro Rundungsprofil Schwellenwerte definiert, ab denen auf- oder abgerundet wird.
5.6.1
Maximale Losgröße
5.6.1.1
Bedeutung Die Maximale Losgröße ist ein numerischer Parameter. Er legt eine Obergrenze für Auftragsmengen (in Teilen) fest, die nicht überschritten werden darf. Wurde auf Basis des aktuell eingestellten Losgrößenverfahrens ein Los berechnet, das den Parameterwert übersteigt, so wird die Menge in zwei Teillose gesplittet. Das erste entspricht der Maximalen Losgröße, das zweite enthält die Restmenge. Die Stellgröße kann dazu dienen, heterogene Mengenstrukturen zu harmonisieren und technische Randbedingungen zu sichern (z. B. eine beschränkte Anzahl an Plätzen in einer Lackieranlage).
151
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.6.1.2
Einstellhinweise
5.6.1.2.1
Grundlagen Der störende Einfluss großer bzw. stark variierender Auftragsinhalte macht sich insbesondere in schwankenden Durchlaufzeiten bemerkbar. Dies kann ein Durchlaufdiagramm gut visualisieren, das die Zu- und Abgänge von Aufträgen an einem Arbeitsplatz gegenüberstellt (vgl. Abb. 37). Es verdeutlicht, dass die Abweichungen der beiden Kurven sehr stark von der Auftragsgröße abhängen. Idealerweise sollte daher mit möglichst kleinen, einheitlichen Auftragsinhalten produziert werden. Das bedeutet einerseits, den Mittelwert zu verringern, und andererseits, die Spannweite der Auftragsmengen zu begrenzen, wobei kleinere Mittelwerte nach der Logik des Durchlaufdiagramms unmittelbar zu sinkenden Beständen führen, während geringere Streuungen hauptsächlich der Terminabweichung zugute kommen.
Arbeitsinhalt [Stunden]
Mittelwert und Streuung der Auftragsmengen
a
"große Lose"
b
a
mittlerer Bestand
b
mittlere Durchlaufzeit
Zugangsverlauf Abgangsverlauf
Zeit [Tage]
Abb. 37: Einfluss großer Lose (entnommen aus [Wien87, S. 278]) Da die Maximale Losgröße die Auftragsmengen in kleinere Teillose splittet, verringert sie auch den Mittelwert der Auftragsmengen. Die Streuung der Auftragsinhalte sinkt ebenfalls, da zu große Lose (Ausreißer) nicht zugelassen werden. Im Gegensatz dazu können Modifikatoren wie der Rundungswert nur die Streuung verringern, indem sie (zu) kleine Lose aufrunden. 152
5.6
Losgrößenmodifikatoren
Den über das Durchlaufdiagramm theoretisch hergeleiteten Vorteilen des Parameters Maximale Losgröße stehen jedoch auch einige Nachteile gegenüber (vgl. [Wien87, S. 278]): n Die Rüstzeiten und -kosten erhöhen sich bei kleinen Losen. o Es fallen Opportunitätskosten der Rüstvorgänge an. p Durch die größere Anzahl an Einzelaufträgen steigt der Einfluss der Produktionsreihenfolge. q Sinkende Werte der Maximalen Losgröße führen zu mehr Aufträgen. Der Steuerungsaufwand in der Arbeitsvorbereitung wächst.
5.6.1.2.2
Simulationsergebnisse
5.6.1.2.2.1
Kapitalbindung In den von uns durchgeführten Simulationsstudien variierte die Maximale Losgröße auf sieben Stufen zwischen 70 und 160 Teilen. Die beobachteten Parameterwirkungen hingen insbesondere von der Mengenstruktur der Aufträge ab. 30
arithmetischer Mittelwert (94 Teile)
Relative Häufigkeit [%]
25
20
15
10
5
0 20 40 60 80 100 120 140 160
200
260
300 .... 500
Obere Grenzen der Auftragsgröß Auftragsgrößenklassen [Teile]
Abb. 38: Häufigkeitsverteilung der Auftragsmengen im Modellbetrieb
153
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Im Modellbetrieb bestimmte ein vergleichsweise geringer Anteil der Lose die Spannweite der Auftragsmengen. So waren durchschnittlich nur 18% von ihnen größer als 120 Teile, wobei die Spannweite ca. 500 Teile betrug. Die weitaus meisten Aufträge beinhalteten zwischen 20 und 100 Teile (vgl. Abb. 38). Die Folge war, dass mit kleiner werdenden Parameterwerten zwischen 120 und 160 Teilen die Kapitalbindung überproportional sank (vgl. Abb. 39, Wertebereich (c)). Indem die Ausreißer zwischen 160 und 500 Teilen eliminiert wurden, verringerten sich die mittlere Durchlaufzeit sowie ihre Streuung und infolgedessen auch das im Bestand gebundene Kapital.
Ergebnis
Die Kapitalbindung schwankte in den Simulationsstudien insgesamt um 15%. Erst im Wertebereich (b) zeigten sich keine signifikanten Veränderungen mehr, da kleinere maximale Losgrößenwerte immer geringfügiger wirkten, je näher sie dem Auftragsmengenmittelwert kamen.
Kapitalbindung norm. [%]
100 90 80 70
b
a
c
60 50 40 30 20 10
ag
0 Maximale Losgröße [Teile]
Abb. 39: Kapitalbindung bei steigender Maximaler Losgröße Unterhalb des Grenzwerts (ag) im Wertebereich (a) stieg die Kapitalbindung erneut an. Dies war darauf zurückzuführen, dass der Parameter nicht – wie ursprünglich geplant – nur die wenigen Ausreißer im oberen Mengenbereich harmonisierte, sondern die große Masse der Aufträge (oberhalb von ca. 70 Teilen) in kleinere Einheiten zerlegte. Die eigentliche Zielsetzung der Stellgröße ging damit verloren. 154
5.6
Losgrößenmodifikatoren
Betriebswirtschaftlich sinnvolle Einstellwerte befinden sich im Wertebereich (b). Sie hängen von der Auftragsmengenverteilung ab und sind daher unternehmensspezifisch. Im Zweifelsfall sollte der Parameterwert jedoch eher zu groß als zu klein gewählt werden, da die Kostenfunktion bei großen Losen flacher verläuft als bei kleinen. Im ersten Fall droht zwar eine erhöhte Kapitalbindung, zu kleine Konfigurationswerte haben jedoch zusätzlich noch die in Abschnitt 5.6.1.2.1 unter den Punkten n bis q aufgeführten Nebenwirkungen. Endproduktdurchsatz Die mit sinkenden Parameterwerten vereinheitlichten Auftragsmengen (vgl. den Wertebereich (b) in Abb. 40) steigerten den Endproduktdurchsatz bis zu einem Grenzwert (ag).
Endproduktdurchsatz norm. [%]
5.6.1.2.2.2
100 90 80 70
a
b
60 50 40 30 20 10
ag
0 Maximale Losgröße [Teile]
Abb. 40: Endproduktdurchsatz bei steigender Maximaler Losgröße Das Wirkungspotenzial in diesem Bereich war mit 8% allerdings unerwartet gering. Ursächlich für den Effekt war der verbesserte Materialfluss, da es an den Folgearbeitsplätzen zu weniger Unterbrechungen wegen Materialmangels kam.
155
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Mit weiter sinkenden Parameterwerten wirkten jedoch zwei Effekte gegeneinander: n Harmonisierte, um Ausreißer bereinigte Losgrößenverteilungen bedingten kontinuierlichere Materialflüsse, die durch weniger Fehlteile beeinträchtigt wurden. o Die kleineren Auftragsmengen führten gleichzeitig zu mehr Rüstvorgängen und damit zu einer schlechteren Leistung der Engpasskapazitäten. Der Durchführungszeitanteil der Aufträge sank und mit ihm der Endproduktdurchsatz. Daneben stieg der Anteil der Wartezeiten an, weil durch die große Anzahl kleiner Lose suboptimale Produktionsreihenfolgen in der Werkstatt auftraten und sich die Aufträge vor den Engpassressourcen stärker stauten.
Ergebnis
Der zweite Effekt war umso stärker, je kleiner die Auftragsmengen wurden (vgl. Wertebereich (a)), was u. a. zu den im Simulationsmodell gemessenen Durchsatzschwankungen von 68% führte. Seine produktionswirtschaftlichen Nachteile sind im vorliegenden Modell daher wesentlich höher einzuschätzen als die Vorteile infolge der Losgrößenharmonisierung (vgl. Wertebereich (b)). Auch hier gilt (ähnlich wie bei der Kapitalbindung), dass mit größeren Parameterwerten das Fehlsteuerungsrisiko wesentlich geringer wird.
5.6.1.2.2.3
Terminabweichung Die verringerte Streuung der Auftragsmengen wirkt sich positiv auf die Terminabweichung aus. Die Kenngröße weist prinzipiell das gleiche Verhalten auf wie die Kapitalbindung.
Ergebnis
Sie variierte in den Experimenten um 36%. Indem die wenigen besonders großen Aufträge harmonisiert werden, verbessert sich zunächst die Terminabweichung (vgl. Abb. 41, Wertebereich (b)). Bei zu kleinen Parameterausprägungen unterhalb des Grenzwerts (ag) werden schließlich nicht mehr die Ausreißer, sondern die mittelwertnahen Aufträge verkleinert. Dies führt zwar auch zu einheitlicheren Auftragsmengen, erhöht jedoch sowohl den Rüstzeitanteil der Aufträge als auch den Bestand (als Begründung vgl. Wertebereich (a) in Abb. 40 und die beiden gegenläufigen Effekte in Abschnitt 5.6.1.2.2.2) und stei-
156
5.6
Losgrößenmodifikatoren
gert so den Einfluss der Produktionsreihenfolge. Dies gilt umso mehr, wenn sich mit kleineren Parameterwerten die absolute Anzahl der Aufträge infolge der Splittungen wesentlich erhöht.
Terminabweichung norm. [%]
100 90 80 70 60 50
b
a
40 30 20 10
ag
0 Maximale Losgröße [Teile]
Abb. 41: Terminabweichung bei steigender Maximaler Losgröße
5.6.2
Rundungswert
5.6.2.1
Bedeutung Der Rundungswert ist ein teilespezifischer, metrisch skalierter Parameter. Er rundet Auftragsmengen, die über das aktuell eingestellte Losgrößenverfahren berechnet wurden, auf ganzzahlige Vielfache seines eigenen Werts auf. Da die Kurve der losgrößenabhängigen Kosten links vom Optimum steiler ansteigt als rechts (vgl. Abschnitt 5.6.1.2.2.1), ist dies zu rechtfertigen. Aufrundende Losgrößenmodifikatoren wie der Rundungswert dienen in der Praxis weniger dispositiven, sondern eher technischen und organisatorischen Zwecken (vgl. [Kern95, S. 157]). Sein Wert leitet sich oftmals aus Verpackungsgrößen oder bestimmten logistischen Restriktionen ab, wie z. B. den Kapazitätsquerschnitten sehr kapitalintensiver Maschinen. Diese sollten stets vollständig ausgelastet sein, so dass gewisse Mindestauftragsmengen nicht unterschritten werden dürfen. Harte Restriktionen dieser Art grenzen den Konfigurationsspielraum dementsprechend ein.
157
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.6.2.2
Einstellhinweise
5.6.2.2.1
Grundlagen Die betriebswirtschaftlichen Effekte des Rundungswerts resultieren daraus, dass er (zu) kleine Lose vergrößert und infolgedessen die Streuung der Auftragsmengenverteilung verringert (Losgrößenharmonisierung). Die Anzahl der Rüstvorgänge wird durch die Konfiguration dieser Stellgröße (im Gegensatz zur Maximalen Losgröße) nicht beeinflusst, da sich die Anzahl der Aufträge nicht verändert. Dafür verringert sich das Verhältnis der Rüst- zu den Bearbeitungszeiten. Dies kann auf der einen Seite durchsatzsteigernd wirken, auf der anderen Seite wachsen mit größeren Auftragsmengen auch der mittlere Bestand und damit die Kapitalbindung. Problematisch an diesem Parameter ist, dass er die Relation zwischen Bedarfs- und Auftragsmengen verschiebt. Im Gegensatz zu den Losgrößenverfahren, die gegebene Bedarfe nur unterschiedlich stark zusammenfassen, erhöht er die Auftragsgröße, ohne dass konkrete Bedarfe vorliegen müssen. Wird die zusätzliche Lagerproduktion nicht in der aktuellen Planungsperiode abgesetzt, so vermehrt sie den frei verfügbaren Bestand mit unter Umständen gravierenden Auswirkungen auf die Kapitalbindung und die Rentabilität.
5.6.2.2.2
Simulationsergebnisse
5.6.2.2.2.1
Kapitalbindung Der Rundungswert variierte in den Simulationsstudien auf zehn Stufen zwischen 20 und 120 Teilen. Im unteren Wertebereich des Parameters Rundungswert zeigten die Simulationsstudien zunächst nahezu konstante bzw. nur leicht anwachsende Bestände (vgl. Abb. 42). Erst oberhalb eines Grenzwerts (ag) wuchsen sie stärker an.
Ergebnis
158
Die davon abhängige Kapitalbindung schwankte insgesamt um 12%.
5.6
Losgrößenmodifikatoren
Der im Simulationsmodell beobachtete Wirkungsverlauf lässt sich prinzipiell auch auf andere Unternehmen übertragen. Seine jeweilige Steigung hängt stark von der Häufigkeitsverteilung der Auftragsmengen ab (vgl. Abb. 38). Je mehr Aufträge unterhalb der im Rundungswert angegebenen Losgröße bzw. knapp unter dem Vielfachen des Rundungswerts liegen, desto stärker ist seine Wirkung (vgl. Wertebereich (b)). Umgekehrt heißt dies jedoch auch, dass der Parameter mit kleineren Werten bedeutungsloser wird, da seine Modifikationswirkung sinkt (Wertebereich (a)).
Kapitalbindung norm. [%]
100 90 80 70
a
b
60 50 40 30 20 10
ag
0 Rundungswert [Teile]
Abb. 42: Kapitalbindung bei steigendem Rundungswert 5.6.2.2.2.2
Endproduktdurchsatz Auch die Endproduktdurchsatzkurve hängt von der Häufigkeitsverteilung der Auftragsmengen ab. Daneben spielt die Kapazitätsauslastung der Maschinengruppen eine wesentliche Rolle. Bei zu vielen kleinen Auftragsgrößen muss häufig umgerüstet werden. Dies kann an stark ausgelasteten Maschinen zu einem Kapazitätsverlust führen, der den gesamten Ausstoß der Werkstatt mindert (vgl. Abb. 43). Diese Effekte treten insbesondere im Wertebereich (a) auf. Mit größeren Losen steigt auch der Durchsatz an den Engpassaggregaten und damit die gesamte Produktivität an. Konfiguriert man den Rundungswert jedoch mit zu großen Werten, so tritt der gegenteilige Effekt ein (vgl. Wertebereich (b)): Der Output an Endprodukten sinkt ab, da nun zu selten Auftragswechsel erfolgen. 159
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Die Nachfolgearbeitsplätze können nicht lückenlos mit Arbeit versorgt werden, so dass ihre Leistung abfällt.
Ergebnis
Dieser Effekt kann gravierende Auswirkungen haben, beispielsweise verringerte sich in unseren Simulationsstudien der Durchsatz um bis zu 84%.
Endproduktdurchsatz norm. [%]
100 90 80 70
a
b
60 50 40 30 20 10 0 Rundungswert [Teile]
Abb. 43: Endproduktdurchsatz bei steigendem Rundungswert 5.6.2.2.2.3
Terminabweichung Verringerte Terminabweichungen im unteren Wertebereich (a) des Parameters resultieren aus der geringeren Streuung der Auftragsmengen um ihren Mittelwert (vgl. Abb. 44). Durch die vergrößerten Lose verbessert sich die Kenngröße zunächst. Zu große Parameterwerte verschlechtern die Situation wieder: Oberhalb des Grenzwerts (ag) harmonisieren sie die Auftragsmengen nur noch geringfügig. Stattdessen werden die Lose überproportional stark erhöht, was zu dem Anstieg im Wertebereich (b) führt.
Ergebnis
Auch hier variierten die Terminabweichungen abhängig vom Parameterwert um 45%. Die Effekte des Parameters Rundungswert sind auch von den Vorgaben des Vertriebs und noch stärker von den eingesetzten Losgrößenverfahren abhängig. Je größer die absoluten Stellgrößenwerte und je kleiner die Differenzen zwischen den ursprüng-
160
5.6
Losgrößenmodifikatoren
Terminabweichung norm. [%]
lich berechneten Losen und den Parameterausprägungen sind, desto stärker ist die Hebelwirkung des Rundungswerts auf die Kenngrößen. Wurde beispielsweise aufgrund des eingestellten Losgrößenverfahrens eine Auftragsmenge von 105 Teilen errechnet, so bewirkt ein Rundungswert von 100 Teilen ein modifiziertes Los von 200 Teilen.
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10
b
a ag
0 Rundungswert [Teile]
Abb. 44: Terminabweichung bei steigendem Rundungswert Vermeiden lassen sich solche ungünstigen Datenkonstellationen nur dann, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: n
Der Rundungswert bleibt klein.
o
Die Disposition wählt ein leicht nachvollziehbares Losgrößenverfahren, wie z. B. die Exakte Losgröße.
p
Der Vertrieb verwendet nur eine beschränkte Anzahl unterschiedlicher Mengeneinheiten (z. B. nur volle 10er oder 100er Mengen).
161
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.6.3
Rundungsprofil
5.6.3.1
Bedeutung Eine interessante Verfeinerung der Auftragsmengenrundung ermöglicht der Parameter Rundungsprofil, über den sich Schwellen- und Rundungswerte ansprechen lassen. Im Customizing kann man pro Rundungsprofil Schwellenwerte definieren, ab denen das System auf die nächste Mengeneinheit aufrundet. Ein Abrunden ist nicht möglich.
5.6.3.2
Einstellhinweise Beim Rundungsprofil handelt es sich (wie z. B. auch beim dynamischen Sicherheitsbestand) um einen zusammengesetzten Parameter, dessen Wirkung sich aus der Kombination seiner Einzelparameter ergibt. Diese Komplexität macht es schwer, Konfigurationsvorschläge zu unterbreiten. Konkrete Einstellwerte können nur PPS-Simulationen oder statistische Analysen realer BDEDaten liefern. Schwellen- Schwellenwert 2 wert 1 potenzielle Fehlsteuerung bei zu starker Aufrundung möglich
Auftragsmenge [Stück] Rundungswert 1 Rundungswert 2
Rundungswert 3
Abb. 45: Fehlsteuerungspotenzial des Rundungsprofils Obwohl sich keine unternehmensspezifischen Einstellwerte vorgeben lassen, kann man doch das Fehlsteuerungspotenzial des Rundungsprofils mit einem Trick zumindest begrenzen. Dazu sollte der Disponent die Schwellenwerte, zu denen auf- oder abgerundet wird, gleichverteilen und in der Intervallmitte zweier aufeinander folgender Rundungswerte8 platzieren. Die Gefahr ei8
162
Hierunter versteht man nicht den gleichnamigen Einzelparameter, sondern die Stellgrößen des Rundungsprofils.
5.6
Losgrößenmodifikatoren
ner fehlerhaften Parametrierung sinkt außerdem umso stärker, je näher die einzelnen Rundungs- und Schwellenwerte beieinander liegen. Setzt man einen Schwellenwert nicht in die Mitte des Intervalls zwischen zwei Rundungswerten, sondern beispielsweise sehr viel näher an den kleineren Rundungswert (vgl. Abb. 45), so wird bei Erreichen oder Überschreiten dieses Werts sehr viel stärker aufgerundet, als bei einer Unterschreitung abgerundet würde. Platziert man die Schwellenwerte immer in der Mitte des Intervalls, so sinkt diese potenzielle Fehlsteuerungsgefahr.
5.6.4
Minimale Losgröße
5.6.4.1
Bedeutung Die Minimale Losgröße weist eine ähnliche Funktionalität auf wie der Rundungswert. Der Unterschied zwischen beiden liegt lediglich darin, dass Letzterer nicht nur bis zu einer vorgegebenen Mindestmenge aufrundet, sondern stets bis zu einem ganzzahligen Vielfachen seines eigenen Werts. Trotz dieses Unterschieds bestehen für beide Modifikatoren weitgehend die gleichen Wirkungszusammenhänge.
5.6.4.2
Einstellhinweise
5.6.4.2.1
Grundlagen Es gelten die in Abschnitt 5.6.2.2.1 angestellten Überlegungen.
5.6.4.2.2
Simulationsergebnisse
5.6.4.2.2.1
Kapitalbindung Bei der Minimalen Losgröße wird der gleiche Effekt auf die Kapitalbindung erst bei etwas höheren Parameterwerten erreicht als beim Rundungswert. Die Frage, ob sich die Parameter gegenseitig ersetzen können, hängt von technischen und organisatorischen Restriktionen sowie von der Häufigkeitsverteilung der Auf-
163
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP tragsmengen ab. Solange ein Großteil der Aufträge kleiner ist als die beiden Parameterwerte, ähneln sich auch deren Effekte. Dies ändert sich, wenn bei großen Rundungswerten viele Aufträge geringe Abweichungen vom Vielfachen des Parameters aufweisen.
Kapitalbindung norm. [%]
100 90 80 70 60
(1) Rundungswert
50
(2) Min. Losgröße
40 30 20 10 0 Minimale Losgröße [Teile]
Abb. 46: Kapitalbindung bei steigender Minimaler Losgröße Ergebnis
In unseren Simulationsstudien hatte die Minimale Losgröße mit +/-9% nur vergleichsweise geringe Wirkungen auf die Kapitalbindung. Die Minimale Losgröße zeigt nahezu die gleichen Kapitalbindungseffekte wie der Rundungswert (vgl. Abb. 46). Sie fallen nur dadurch etwas geringer aus, dass der Parameter tendenziell weniger Aufträge beeinflusst. Deshalb ist auch die Kapitalbindungskurve gegenüber dem Rundungswert rechtsverschoben.
164
5.6 5.6.4.2.2.2
Losgrößenmodifikatoren
Endproduktdurchsatz
Endproduktdurchsatz norm. [%]
100 90 80 70
(1) Rundungswert
60
(2) Min. Losgröße
50 40 30 20 10
a
b
0 Minimale Losgröße [Teile]
Abb. 47: Endproduktdurchsatz bei steigender Minimaler Losgröße Der Endproduktdurchsatz reagierte in den Simulationsstudien etwas träger auf Variationen der Minimalen Auftragsmenge. Bei gleichen Konfigurationswerten stieg er beim Rundungswert zunächst stärker an (vgl. Abb. 47, Wertebereich (a)). Bei größeren Werten führte er jedoch auch früher zu Durchsatzeinbußen infolge zu großer Lose. Hier wirkte sich das etwas trägere Verhalten der Minimalen Losgröße positiv aus (vgl. Wertebereich (b)). Ergebnis
Absolut gesehen variierte der Endproduktdurchsatz mit 86% ähnlich stark wie im Fall des Rundungswerts.
5.6.4.2.2.3
Terminabweichung Die Terminabweichung reagiert auf veränderte Parameterwerte vergleichbar der Kapitalbindung. Auch hier ist die Kurve gegenüber dem Rundungswert rechtsverschoben (vgl. Abb. 48).
Ergebnis
Das Wirkungspotenzial war in den Simulationsstudien jedoch mit 53% etwas größer als das des Rundungswerts (45%).
165
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Terminabweichung norm. [%]
100 90 80 70 60 50 40 30
(1) Rundungswert
20
(2) Min. Losgröße
10 0 Minimale Losgröße [Teile]
Abb. 48: Terminabweichung bei steigender Minimaler Losgröße Wenn beide Parameter alternativ einsetzbar sind, wäre die Minimale Losgröße im Zweifelsfall allerdings vorzuziehen. Sie verursacht die gleiche Kapitalbindung erst bei höheren Parameterwerten. Die relative Vorteilhaftigkeit der Minimalen Losgröße wird besonders deutlich, wenn die Wirkungskurven der beiden aufrundenden Modifikatoren überlagert dargestellt werden (vgl. Abb. 49). Die Simulationsergebnisse zeigen, dass die Minimale Losgröße bezüglich zwei der drei erhobenen Kenngrößen mit einem geringeren Risiko behaftet ist. Die Wertebereiche, oberhalb derer die Kurven progressiv ansteigen, sind bei der Minimalen Losgröße breiter (vgl. die beiden Wertebereiche (b)) als beim Bestellmengenrundungswert (vgl. den Wertebereich (a)). Bezüglich des Endproduktdurchsatzes (nicht abgebildet) ist uns ein eindeutiges Urteil nicht möglich. Dies bedeutet, dass es im vorliegenden Fall betriebswirtschaftlich sinnvoller ist, bei Harmonisierungsbestrebungen die mittlere Losgröße mithilfe des Parameters Minimale Losgröße anzuheben als mit dem Rundungswert. Dies gilt umso mehr, je größer die dazu erforderlichen Losgrößenmodifikationen sind. Der Rundungswert hingegen hat seine Vorteile insbesondere im unteren Wertebereich. Dadurch, dass sich der Parameter auf eine größere Anzahl von Aufträgen auswirkt als die Minimale Losgröße, ist auch seine Hebelwirkung entsprechend stärker.
166
5.6
Losgrößenmodifikatoren
Kapitalbindung norm. [%]/ Terminabweichung norm. [%]
100 Kapitalbindung Min. Losgröße Kapitalbindung Rundungswert Terminabweichung Rundungswert
a 0
Terminabweichung Min. Losgröße
b Rundungswert (a) [Teile] / Min. Losgröße (b) [Teile]
Abb. 49: Gegenüberstellung aufrundender Losgrößenmodifikatoren
5.6.5
Wechselwirkungen Aufgrund der funktionalen Ähnlichkeiten zwischen den Parametern des Losgrößenverfahrens und den Losgrößenmodifikatoren sind alle Wechselwirkungen zusammen in einer Abbildung dargestellt (vgl. Abb. 36 auf Seite 150). 1) Planungsstrategieparameter: Vgl. in Abschnitt 5.1.4 die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategieparametern und Losgrößenmodifikatoren. 2) Verrechnungsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.2.3 die Wechselwirkungen zwischen Verrechnungsparametern und Losgrößenmodifikatoren. 3) Dispositionsart: Vgl. in Abschnitt 5.3.3 die Wechselwirkungen zwischen Dispositionsart und Losgrößenmodifikatoren.
167
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP 4) Prognoseparameter: Vgl. in Abschnitt 5.4.3 die Wechselwirkungen zwischen Prognoseparametern und Losgrößenmodifikatoren. 5) Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Losgrößenmodifikatoren: Für die Losgrößenmodifikatoren gelten weitgehend die gleichen Wechselwirkungen wie für die Losgrößenverfahren. Hinzu kommen jedoch noch die Interdependenzen zwischen den einzelnen Modifikationsgrößen: n Die beiden Parameter Minimale und Maximale Losgröße bilden die Spannweite, innerhalb derer Auftragsmengen gültig sind. Problematisch ist die gemeinsame Konfiguration dann, wenn dieses Intervall zu klein wird. Eine „zu enge“ Konfiguration setzt nämlich die Losgrößenverfahren faktisch außer Kraft. Dies ist nicht immer erwünscht. o Zu kleine Intervalle im oben genannten Sinne weisen oftmals auch darauf hin, dass entweder die Maximale Losgröße zu klein oder die Minimale Losgröße zu groß gewählt wurde. Im ersten Fall entstehen unnötig viele kleine Lose mit einem hohen Rüstzeitanteil. Im zweiten Fall werden die bestehenden Auftragsmengen stark aufgerundet, so dass man mehr produziert, als an Bedarfen vorliegt. p Eine weitere Wechselwirkung tritt zwischen dem Rundungswert und der Minimalen Bestellmenge auf. Wie bereits in Abschnitt 5.6.1.2.1 erläutert, sind beide Größen in der Lage, Auftragsmengen aufzustocken. Der Rundungswert hat dabei das größere Wirkungspotenzial, weil er die Lose stets auf das ganzzahlige Vielfache seines eigenen Werts festlegt. Dies kann insbesondere dann gefährlich sein, wenn ein hoher Rundungswert konfiguriert wurde, den die aus der Losgrößenplanung resultierenden Mengen nur knapp übersteigen. In diesem Fall werden die Mengen überproportional erhöht. Es empfiehlt sich daher, den Rundungswert stets kleiner als die Minimale Losgröße zu wählen und primär über letztere zu kleine unwirtschaftliche Lose zu verhindern (vgl. Abb. 5).
168
5.6
Losgrößenmodifikatoren
6) Sicherheitsbestandsparameter: Die beiden aufrundenden Losgrößenmodifikatoren Minimale Auftragsmenge und Rundungswert erhöhen die Losgröße um Mengen, denen keine Bedarfe gegenüberstehen. Durch diesen kleinen, aber sehr wichtigen Punkt unterscheiden sie sich von den meisten Losgrößenverfahren, die vorhandene Bedarfe zu größeren Mengen zusammenfassen. Die beiden Modifikatoren bilden damit „Zusatzmengen“, die Sicherheitsbeständen gleichzusetzen sind, da sie (wie diese auch) dispositiv zunächst nicht benötigt werden und den frei verfügbaren Bestand erhöhen. Sie sind erst dann erforderlich, wenn die Planung nicht realistisch ist und z. B. ungeplant hohe Verbräuche vorliegen. Diese kann man dann entweder aus den oben genannten „Zusatzmengen“ befriedigen oder aus dem Sicherheitsbestand; der Effekt ist der gleiche. Die drei Parameter(arten) sollten daher in der Weise aufeinander abgestimmt werden, dass man bei sehr hohen „Aufrundungen“ den Sicherheitsbestand (statischer Sicherheitsbestand) bzw. die Reichweite (dynamischer Sicherheitsbestand) dementsprechend verringert. 7) Terminierungsparameter: Eine signifikante Wechselwirkung tritt zwischen den beiden Modifikatoren Minimale und Maximale Auftragsmenge einerseits und den Terminierungsparametern andererseits auf. Wie bereits in Abschnitt 5.2.3 angesprochen, lassen sich die Terminierungsparameter nur dort gezielt und berechenbar einsetzen, wo es keine (kurzfristig wechselnden) Kapazitätsengpässe gibt, die einzelne Auftragstermine und damit evtl. ganze Netzpläne (falls die Termine auf dem kritischen Pfad liegen) zeitlich unsicher machen. Gerade die Losgrößenmodifikatoren sind in der Lage, die Varianz der Auftragsmengen klein zu halten, und führen neben einer gleichmäßigeren Kapazitätsauslastung dazu, dass sich die Durchlaufzeiten besser vorhersagen lassen (vgl. Abschnitt 5.1.3). Zusammen mit überlastungsfreien Ressourcen stellt dies die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz der Terminierungsparameter dar. 8) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Sieht man das Haupteinsatzgebiet der Modifikatoren in der Losgrößenharmonisierung, so gehen davon auch positive Einflüsse auf die Verfügbarkeitsprüfung und den Sicherheitsbestand (s. o.) 169
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP aus. Grundsätzlich gilt, dass die Verfügbarkeitsprüfung umso seltener auf mangelnde Verfügbarkeit stößt und umso geringere Fehlsteuerungspotenziale aufweist, je geringer die Varianz der Auftragsmengen und der Durchlaufzeiten ist. Je näher man diesem Ideal kommt, desto geringer kann zudem der Sicherheitsbestand ausfallen.
Sicherheitsbestandsparameter
5.7.1
Bedeutung Bestand
5.7
I
IIIb
IIIa ts
s tw TB Legende:
D e s TB ts tw
II
Steigungswinkel für den Bestandsabbau (normalverteilt) „Eiserne Reserve“ (Sicherheitsbestand) Bestellgrenze Bestelltermin Sicherheitszeit Wiederbeschaffungszeit
Abb. 50: Bestelldisposition und Unsicherheit
170
e
D
Zeit
5.7
Sicherheitsbestandsparameter
Der Lagerbestand setzt sich aus dem Grund- und dem Sicherheitsbestand zusammen. Während der Grundbestand die durchschnittliche Nachfrage nach einem Artikel oder Material abdecken soll, verbessert der Sicherheitsbestand die Lieferbereitschaft bei Planungsunsicherheiten. Ein solch idealtypisches Auf und Ab der Bestände, wie es die Sägezahnkurve in Abb. 50 suggeriert, liegt allerdings in der Praxis nicht vor, da sowohl innerbetriebliche Besonderheiten, wie z. B. Lieferungen aus früheren Dispositionen der eigenen Fertigung oder des Einkaufs, als auch zahlreiche Unwägbarkeiten auftreten können. Arten der Unsicherheit
Nach Sander, Fricker und Petry sind daher für eine zuverlässige Deckungsrechnung insbesondere die durch Gaußkurven symbolisierten Unsicherheiten zu berücksichtigen (vgl. [SaFP95]): n Unsicherheiten bei der Bestandsermittlung (abhängig von der Zuverlässigkeit und Qualität der betrieblichen Bestandsführung, die real z. B. durch Verderb oder Diebstahl und in der Informationssphäre durch vergessene oder fehlerhafte Buchungsvorgänge beeinträchtigt werden; Gaußkurve Abb. 50/I) o Unsicherheiten bei der Bedarfsprognose: Schwankende Verbrauchsmengen (ausgedrückt durch den variablen Steigungswinkel D und die Gaußkurve Abb. 50/II) bergen die Gefahr ungewollter Lagerbestände bzw. Fehlmengen, so dass auch die Bestellgrenze angepasst werden muss. p Unsicherheiten bei der Wiederbeschaffung, z. B. Verzögerungen bei der Produktion oder durch Lieferanten verursachte Schwankungen der Liefertermine (Gaußkurve Abb. 50/IIIa) oder -mengen (Gaußkurve Abb. 50/IIIb). Während die ersten beiden Probleme primär durch organisatorische Maßnahmen zu lösen sind, können die negativen Auswirkungen von Zeitverzögerungen, Unterlieferungen bzw. Mehrverbräuchen (z. B. wegen eines unplanmäßig hohen Ausschusses) durch Sicherheitsbestände gemildert werden.
171
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.7.2
Einstellhinweise Hängt die Varianz der Lagerabgangsmengen lediglich von zufälligen Einflüssen ab, ohne dass Trend- oder Saisoneinflüsse vorliegen, so kann man den erforderlichen Sicherheitsbestand (SB) auf Basis der Lagerabgangsverteilung des jeweiligen Materials ermitteln. Aus Vereinfachungsgründen geht man davon aus, dass die Abgänge normalverteilt um den mittleren Bedarf pro Periode schwanken. Man nimmt weiter vereinfachend an, dass die Lagerabgangsverteilung auch als Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Höhe der zukünftig auftretenden Bedarfe herangezogen werden kann. f(x) x:
Mittelwert der Normalverteilung
s:
Standardabweichung der Normalverteilung
LBG: Lieferbereitschaftsgrad
-s
+s X
x
-2s 84,13% 97,72% 99,87%
68,26%
+2s
95,44%
einseitige statistische Sicherheit (= LBG)
Abb. 51: Beziehung zwischen Mittelwert, Standardabweichung und Lieferbereitschaftsgrad bei einer Normalverteilung (entnommen aus [SaFP95]) Bestimmung des Sicherheitsbestands
172
Auf Basis der Standardnormalverteilung lassen sich zur Bestimmung des Sicherheitsbestands feste Beziehungen zwischen dem arithmetischen Mittelwert x , der Standardabweichung s und der Streubreite der Verteilung herstellen. So enthält z. B. der Bereich x s und x s ca. 68% aller Werte der Verteilung (vgl. Abb.
5.7
Sicherheitsbestandsparameter
51). Überträgt man diese Beziehung auf eine Lagerabgangsverteilung, so bedeutet dies, dass man mit einem Lagerbestand von x s einen Lieferbereitschaftsgrad von ca. 84% erreicht. Da der arithmetische Mittelwert x den durchschnittlichen Bedarf und damit den Grundbestand darstellt, ist bei einem geforderten Lieferbereitschaftsgrad von 84% ein Sicherheitsbestand in Höhe der einfachen Standardabweichung der Lagerabgangsverteilung erforderlich. Für einen Lieferbereitschaftsgrad von 97,8% ist bereits das Zweifache der Standardabweichung als Sicherheitsbestand zu veranschlagen. Gleichzeitig ist damit die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Fehlmenge mit 100% - 97,8% = 2,2% bekannt. Der Faktor, mit dem die Standardabweichung multipliziert den Sicherheitsbestand ergibt, wird als Sicherheitsfaktor bezeichnet. Der zugehörige Lieferbereitschaftsgrad bestimmt sich dann aus der Standardnormalverteilung. SB = k * s mit k = Sicherheitsfaktor. Der Sicherheitsfaktor gibt die Anzahl der Standardabweichungen an, die für einen bestimmten Lieferbereitschaftsgrad erforderlich ist. Grundsätzlich gilt es, für die Einstellung des Lieferbereitschaftsgrads und damit für den Sicherheitsbestand eines Materials die Summe aus Lagerhaltungs- und Kapitalbindungskosten sowie den bei zu geringen Beständen auftretenden Fehlmengenkosten zu minimieren. Da sich die aufgeführten Kostenarten in der Realität nur schwer und zudem meist nur sehr ungenau quantifizieren lassen, kann das Gesamtkostenminimum fast immer nur näherungsweise erreicht werden. Eine heuristische Vorgehensweise, die weitgehend auf monetäre Kriterien verzichtet, stellen Ludwig und Pietsch vor (vgl. [Ludw92] und [Piet94]). Sie entwickelten ein Spannweitensystem, mit dem man Unter- und Obergrenzen „erlaubter“ Lieferbereitschaftsgrade bzw. Sicherheitsbestände personell vorgeben kann. Der konkrete Konfigurationswert des Parameters wird gefunden, indem man einen vom vorliegenden Einstellkriterium determinierten Prozentsatz von der vorgegebenen Ober- bzw. Untergrenze subtrahiert bzw. hinzuaddiert. Abhängig von den folgenden Einflussgrößen sollte man den Lieferbereitschaftsgrad/Sicherheitsbestand bezogen auf eine personell definierte Untergrenze (z. B. auf Basis der oben beschriebenen Verfahren) verändern (vgl. Abb. 52):
173
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Kriterium
Ausprägung
Beeinflussung der Untergrenze des Sicherheitsbestands (in %)
Herkunftsort
Umland
0
Deutschland und andere risikoarme Länder
+ 10
risikoreiche Länder
+ 20
gering
0
mittel
5-15
hoch
20
gering
0
mittel
10-20
hoch
20-30
gering
0
mittel
5-15
hoch
20
leicht
0
nicht leicht
10
unmöglich
20
keine
0
selten
5-10
gelegentlich bis oft
10-30
hoch
0
mittel
10
gering
20
nie
0
gelegentlich
10
häufig
20
nie
0
gelegentlich
10
häufig
20
Lieferanten-Risiko (Termin)
Lieferanten-Risiko (Menge)
Änderungshäufigkeit der Bedarfe/Lieferanten-Flexibilität
Ersatzbeschaffung
Fehlmengen
Stellflächenbedarf
Bestandsabweichung
Verbrauchsabweichung
Abb. 52: Spannweitensystem 174
5.7
Sicherheitsbestandsparameter
Die oben genannten Kriterien können bei Bedarf unterschiedlich gewichtet werden (so z. B. der Stellflächenbedarf bei Raumnot). Falls man aktuell mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen hat, sollte man als zusätzliches Kriterium das ABC-Kennzeichen beachten. Für wertvolle A- oder B-Teile mag man ggf. den Sicherheitsbestand reduzieren. Die vorgeschlagene Heuristik ist allerdings mit dem Nachteil verbunden, dass zur Bestimmung der SAP-Parameter wiederum Stellgrößen („Sekundärparameter“) festzulegen sind. In unserem Beispiel sind dies u. a. das Lieferantenrisiko oder die Einstufung „risikoreiche Länder“. Es ist jedoch vorstellbar, mit einigem Anpassungsaufwand diese Sekundärparameter automatisch generieren bzw. voreinstellen zu lassen. Disponibler Anteil am Sicherheitsbestand
Eine interessante Größe, die man auch als Sicherheitsbestandsmodifikator bezeichnen könnte, ist der disponible Anteil am Sicherheitsbestand (DASB). Er soll verhindern, dass bei einer geringen Unterdeckungsmenge (z. B. von einem oder zwei Teilen) überhaupt (oder sehr kleine) Planaufträge generiert werden. Die Stellgröße kennzeichnet einen prozentualen Teil des Sicherheitsbestands als verfügbar, so dass es der Nettobedarfsplanung erlaubt ist, diesen Teil zur Bedarfsdeckung heranzuziehen. Die Stellgröße lässt sich insbesondere bei solchen Teilen gefahrlos einsetzen, die kurze Wiederbeschaffungszeiten aufweisen, so dass der ursprüngliche Sicherheitsbestand schnell wiederhergestellt werden kann. Alle bis jetzt aufgeführten Kriterien gelten auch für die Einstellung der Parameter des dynamischen Sicherheitsbestands. Das Besondere an dieser Größe gegenüber den bisher genannten (Berechnungs-)Formen des Sicherheitsbestands ist erstens, dass er nicht nur für ein, sondern gleich für drei beliebig einstellbare Zeitintervalle unterschiedliche Reichweiten definieren kann. Zweitens berechnet er sich aus Bedarfswerten (Kunden- und Sekundärbedarfe) und nicht aus Verbrauchswerten. Beide Aspekte zusammen genommen haben zur Folge, dass die Reichweite mit größer werdenden Zeitintervallen und weiterem Planungshorizont (also mit steigender „Intervallnummer“) kleiner werden sollte. Eine Proportionalität ist also ausdrücklich nicht gegeben.
175
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Beispiel
Hat man das erste Zeitintervall auf zwei Wochen eingestellt, so mag eine Reichweite von zwei Tagen angemessen sein. Wird das erste Intervall auf drei Monate verlängert oder reicht das zweite Intervall von der dritten Woche bis zum Ende des dritten Monats in die Zukunft, so muss man der zunehmenden Ungewissheit (z. % über die eintreffenden Kundenbedarfe oder Stornierungen) Rechnung tragen, indem man die Reichweite in diesem Zeitabschnitt verringert, um nicht unnötig viel zu lagern. Die vier verschiedenen Arten von Sicherheitsbestandsparametern in SAP ERP (statischer personell zu pflegender Sicherheitsbestand SPSB, automatisch berechneter adaptiver Sicherheitsbestand AASB, Dispositiver Anteil am Sicherheitsbestand DASB und dynamischer Sicherheitsbestand DSB) unterscheiden sich bezüglich der dispositiven Verfügbarkeit der Bestände. Die durch die statischen Sicherheitsbestände SPSB und AASB ausgedrückte Menge ist für automatische Nettobedarfsplanungen zunächst nicht zugreifbar. Erst durch den DASB kann man eine Teilmenge davon oder auch den gesamten Sicherheitsbestand verfügbar machen. Der dynamische Sicherheitsbestand DSB ist hingegen vollständig dispositiv nutzbar. Je größer der DASB wird, desto ähnlicher sind die Planungseffekte (hier die Nettobedarfe), gleich ob der SPSB, AASB oder der DSB zum Einsatz kommt.
5.7.3
Wechselwirkungen 1) Planungsstrategieparameter: Vgl. in Abschnitt 5.1.4 die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategieparametern und Sicherheitsbestandsparametern. 2) Verrechnungsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.2.3 die Wechselwirkungen zwischen Verrechnungsparametern und Sicherheitsbestandsparametern. 3) Dispositionsart: Vgl. in Abschnitt 5.3.3 die Wechselwirkungen zwischen Dispositionsart und Sicherheitsbestandsparametern.
176
5.7
Sicherheitsbestandsparameter
4) Wechselwirkungen zwischen Sicherheitsbestandsparametern, Dispositionsart, Meldebestand, Planungsstrategieparametern und Prognoseparametern: Verbrauchsgesteuerte Materialien
Im SAP-System existiert zwar ein Parameter Lieferbereitschaftsgrad, eine dynamische Ermittlung des Sicherheitsbestands in Abhängigkeit der Lagerabgangsverteilung erfolgt jedoch zunächst per Voreinstellung (Default-Wert) nur für verbrauchsgesteuerte Materialien (vgl. Abschnitt 5.7.2). Programmgesteuerten Teilen kann ein statischer, d. h. personell festzulegender Sicherheitsbestand (SPSB) vorgegeben werden. Eine dynamische Variante (DSB) ist zwar alternativ dazu einsetzbar, sie basiert aber nicht auf Verbrauchsabweichungen, sondern gibt eine Reichweite in Tagen vor, die, mit den mittleren Tages-Bedarfswerten multipliziert, zum Sicherheitsbestand führt. Die Sicherheitsbestandsberechnung erfolgt hierbei also nicht verbrauchs-, sondern bedarfsorientiert. Liegen keine Bedarfe vor, so können auch keine Sicherheitsbestände erzeugt werden, was allerdings durchaus gewünscht sein mag. Außerdem kann man in diesen Fällen anstelle eines Sicherheitsbestands auf Bedarfsebene Prognosen einsetzen, die eine Vorproduktion der entsprechenden Materialien erlauben. Es handelt sich hierbei also um Wechselwirkungen der Sicherheitsbestandsparameter mit den Planungsstrategien und den Prognoseparametern.
Programmgesteuerte Materialien
Will man auch für programmgesteuerte Materialien den Sicherheitsbestand (sowie den Meldebestand) automatisch in Abhängigkeit der Vergangenheitsverbräuche bestimmen, so lässt sich dies über die beiden Parameter Automatische Berechnung des Sicherheitsbestands (AASB) und Automatische Berechnung des Meldebestands erreichen. Beide Parameter sind in der DefaultEinstellung der Dispositionsart PD jedoch deaktiviert, so dass man zunächst den SPSB oder den DSB wählen muss, die sicherlich pflegeaufwändiger sind. Bei Aktivierung der automatischen Bestandsberechnung beeinflusst hingegen insbesondere der Lieferbereitschaftsgrad die betriebswirtschaftliche Effizienz der Konfiguration. Setzt man die Dispositionsart VM ein, so wird nicht nur der Sicherheitsbestand automatisch berechnet, sondern auch der Meldebestand. Zwischen beiden Bestandsarten bestehen ebenfalls Zusammenhänge. So wird man den Sicherheitsbestand stets so hoch ansetzen, dass während der Wiederbeschaffungszeit des Teils ein vorhandener Sicherheitsbestand nicht angetastet wird. Sollte der Sicherheitsbestand in dieser Zeitspanne permanent 177
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP unterschritten werden, so ist er entweder entsprechend zu erhöhen oder man wechselt (bei einem Fremdbezugsteil) zu einem Lieferanten mit kürzerer Lieferzeit bzw. höherer Termin- und Mengentreue. 5) Prognoseparameter: Vgl. auch in Abschnitt 5.4.3 die Wechselwirkungen zwischen Prognoseparametern und Sicherheitsbestandsparametern. Die Granularität der zur Berechnung der Sicherheitsbestände heranzuziehenden Vergangenheitsverbräuche hängt vom teilespezifischen Parameter Periodenkennzeichen ab. Liegen die aggregierten Daten nur auf Monatsbasis vor (die möglichen Eingabewerte des Parameters Periodenkennzeichen sind Monat (M), Woche (W) und Tag (T)), so können Fehlplanungen auftreten. Ein derartig grobes Raster erlaubt insbesondere nicht die Berücksichtigung der materialspezifischen Wiederbeschaffungszeit. Vor allem für Teile, deren Wiederbeschaffungszeiten im Bereich von Tagen oder Wochen liegen, werden bei zugrunde liegenden Verbrauchsdaten pro Monat zu hohe Sicherheitsbestände berechnet, da die Reaktionszeit des Unternehmens in diesen Fällen deutlich kürzer als ein Monat ist. Das Periodenkennzeichen ist daher abhängig von der materialspezifischen Wiederbeschaffungszeit einzustellen. 6) Parameter der Losgrößenverfahren und Losgrößenmodifikatoren: Vgl. in Abschnitt 5.5.3 bzw. Abschnitt 5.6.4 die Wechselwirkungen zwischen Losgrößenverfahren bzw. Losgrößenmodifikatoren und Sicherheitsbestandsparametern. Eine nicht auf den ersten Blick erkennbare Ähnlichkeit besteht in den Wirkungen der aufrundenden Losgrößenmodifikatoren Minimale Losgröße bzw. Rundungswert einerseits und des Parameters Disponibler Anteil am Sicherheitsbestand (DASB) andererseits. Beide Stellgrößenarten kann man heranziehen, um zu kleine Auftragsmengen zu verhindern. Während dies bei den angesprochenen Losgrößenmodifikatoren erst nach der Losbildung durch Aufrundung der berechneten Mengen geschieht, wirkt der Sicherheitsbestandsparameter DASB sehr viel früher während der Nettobedarfsplanung. Er beeinflusst, wie hoch die Unterdeckungsmenge ausfällt, und kann daher im Extremfall zu kleine
178
5.7
Sicherheitsbestandsparameter
Lose ganz verhindern, anstatt sie durch einen weiteren Parameter nachträglich aufzurunden. Finden im Rahmen des eingesetzten Losgrößenverfahrens keine größeren Bedarfsraffungen statt (z. B. bei der exakten Losgröße) und sind ausreichend hohe Sicherheitsbestände verfügbar, so führt der DASB letztlich zu einem ähnlichen Effekt wie die Minimale Losgröße. 7) Terminierungsparameter: Erste Beispiele für Interdependenzen zwischen Terminierungsgrößen und Sicherheitsbestandsparametern finden sich in Abschnitt 5.5.3 bei den Wechselwirkungen zwischen Losgrößenverfahren und Terminierungsparametern. Besonders auffallend sind die wechselseitigen Beziehungen zwischen der Sicherheitszeit und dem Sicherheitsbestand. Die eine Stellgröße repräsentiert einen zeitlichen Puffer, während die zweite einen mengenmäßigen bildet. Zeitliche Puffer können aber durchaus auch über andere Parameter, wie die Terminierungsart, die Vorgriffszeit und sogar über Reduzierungsparameter gebildet bzw. beeinflusst werden. Es empfiehlt sich hierbei, nur eine der möglichen Pufferarten zu wählen (Zeit- oder Mengenpuffer), jedoch nicht beide gleichzeitig, da die Parametereffekte sonst nicht mehr unabhängig voneinander gesehen werden können und zudem die Gefahr besteht, dass sich Durchlaufzeiten und Bestände erhöhen. 8) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Betrachtet man die Interdependenzen zwischen Sicherheitsbestands- und Verfügbarkeitsprüfungsparametern, so gilt tendenziell, dass mit höheren Bestandswerten die Bedeutung der Verfügbarkeitsprüfung und ihrer Parameter abnimmt. Ihr Fehlsteuerungspotenzial verkleinert sich, weil unzureichende oder fehlerhafte Prüfungen bei ausreichenden Beständen keine schwer wiegenden Folgen haben. Wechselwirkungen innerhalb der statischen Sicherheitsbestandsparameter treten nur in der Form auf, dass man den Parameter „Disponibler Anteil am Sicherheitsbestand“ ausreichend klein wählen sollte. Für die zahlreichen Untergrößen des dynamischen Sicherheitsbestands gelten ungleich kompliziertere Interdependenzen. Um hier Fehleinstellungen vorzubeugen, sollte man die Bestandsentwicklung aufmerksam verfolgen. Konkrete Vorschläge für eine Abstimmung zwischen den Verfügbarkeitsprüfungsparametern und den Stellgrößen des dynamischen Sicher179
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP heitsbestands können aufgrund ihrer großen Zahl kaum gegeben werden. Allerdings mag man sicherlich einige der geplanten Zugänge oder einige Bestandsarten aus der Verfügbarkeitsrechnung eliminieren, wenn man im Gegenzug die Reichweite erhöht. Lässt man das System (bei gleichzeitig hoher Reichweite) jedoch nur über die aktuellen Bestände und nicht über alle Zugangsarten prüfen, so geht man tendenziell von zu geringen Gesamtbeständen (aktuell verfügbare Bestandsmengen zuzüglich der Bestellbestände) aus.
AASB
SPSB SPSB
DASB
DSB
LieferbereitLieferbereitschaftsgrad schaftsgrad
5.1.4 (9)
PlanungsPlanungsstrategiestrategieparameter parameter 5.7.3 (4)
VerrechnungsVerrechnungsparameter parameter
PrognosePrognoseparameter parameter 5.2.3 (6) 5.7.3 (7) 5.3.3 (5) 5.7.3 (4)
DispositionsDispositions5.7.3 (4) arten arten
5.5.3 (7) 5.5.3 (7)
5.3.3 (5)
MeldeMeldebestand bestand
5.3.3 (5) 5.4.3 (6) 5.7.3 (4)
Verfügbar- 5.7.3 (8) keitsprüfungskeitsprüfungsparameter parameter
5.7.3 (6)
Periodenkennzeichen kennzeichen
LosgrößenLosgrößenverfahren
5.6.5 (6) LosgrößenLosgrößen-
5.7.3 (7)
modifimodifikatoren katoren
TerminierungsTerminierungsparameter parameter
(Die Nummerierung bezieht sich auf die entsprechenden Kapitel.)
Abkürzungen: DSB Dynamischer Sicherheitsbestand DASB Dispositiver Anteil am Sicherheitsbestand AASB Automatisch berechneter adaptiver Sicherheitsbestand SPSB Statischer personell zu pflegender Sicherheitsbestand
Abb. 53: Wechselwirkungen der Sicherheitsbestandsparameter
180
5.8
5.8
Terminierungsparameter
5.8.1
Bedeutung
Terminierungsparameter
Die Terminierung ermittelt die Eck- und Produktionstermine der zu fertigenden Aufträge. Sie läuft in zwei Phasen ab: n Im Rahmen der Stücklistenauflösung erfolgt eine Vorlaufverschiebung. Dabei werden für die aus der Bedarfsplanung abgeleiteten Planaufträge einer Dispositionsstufe auf Basis der im Materialstamm hinterlegten Eigenfertigungszeiten Auftragsecktermine festgelegt. Der Eckstarttermin setzt den frühesten Beginn, der Eckendtermin das späteste Ende der Fertigung. Beide Daten zusammengenommen bestimmen den äußersten zeitlichen Rahmen des Auftrags. Die Ecktermine werden bei plangesteuerter und stochastischer Disposition immer durch Rückwärtsterminierung gefunden. Fällt der berechnete Bedarfstermin jedoch in die Vergangenheit, so schaltet das System automatisch auf Vorwärtsterminierung um. Die SAP-Terminologie nennt dies Heute-Terminierung, da am aktuellen Tag mit der Vorwärtsterminierung begonnen wird. o Die Durchlaufterminierung ermittelt die genauen Fertigungszeiten in Form so genannten Produktionsstart- und -endtermine. Die dabei eingesetzten Zeitangaben können wahlweise aus den Arbeitsplänen oder aus den Materialstammdaten entnommen sein. Bei den Simulationsstudien erfolgte die Durchlaufterminierung über den Arbeitsplan, so dass auch Zeitanteile wie Warte- oder Rüstzeiten einbezogen wurden.
5.8.2
Einstellhinweise
5.8.2.1
Grundlagen Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gehören die Terminierungsparameter zu den am schwierigsten einzustellenden Werten. Dies resultiert u. a. daraus, dass zumindest die teile- und (einzel-)auf181
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP tragsunabhängigen Stellgrößen, wie z. B. die Terminierungsart oder die Reduzierungsfaktoren, stets auf ein (möglicherweise) sehr komplexes Netz von Aufträgen wirken. Zentrales Problem dabei ist, dass man aufgrund der vielfältigen Abhängigkeiten nur schwer die Wirkung der Terminierungsparameter vorab einschätzen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass wegen der zahlreichen Störungen im täglichen Produktions- und Beschaffungsprozess in der Terminierung mit gemittelten Zeitdauern gearbeitet werden muss. Diese sind dann aussagekräftig, wenn die Varianz klein bleibt. Streuen die realen Durchlaufzeiten und Beschaffungsdauern jedoch sehr stark um ihren Mittelwert, so rechnet man in der Planung mit unrealistischen Größen. Soll eine ausreichende Materialverfügbarkeit sichergestellt sein, so ist bei der Konfiguration der Terminierungsgrößen streng genommen immer auch die aktuelle Bestandssituation zu berücksichtigen. Die Materialverfügbarkeit wird sowohl durch Mengenpuffer, über den Sicherheits- und den Meldebestand, das Losgrößenverfahren und die Losgrößenmodifikatoren als auch über Zeitpuffer beeinflusst. Letztere lassen sich jedoch nur dann betriebswirtschaftlich effizient einsetzen, wenn während der Pufferzeit weitergearbeitet werden kann und keine Verzögerungen einzelner Produktionsschritte in Kauf zu nehmen sind, weil Teile fehlen. Daraus folgt, dass die Terminierungsparameter weitaus stärker von den Mengen determinierenden Größen abhängen als umgekehrt.
Konfiguration
Als Fazit aus den oben angesprochenen Problemstellungen sollte man bei der Konfiguration von Terminierungsparametern sehr restriktiv vorgehen: n Die Terminierungsparameter lassen sich in zwei Gruppen einteilen: In die erste fallen jene, die selbst Zeitpuffer darstellen oder solche über einen Algorithmus bilden. Zur zweiten Gruppe zählen alle Größen, die darüber entscheiden, wie die zeitlichen Puffer genutzt werden und wie sie eingeschränkt werden sollen. o Aufgrund der Tatsache, dass Zeitpuffer sich prinzipiell durch Mengenpuffer substituieren lassen, kann man zumindest bei den geringwertigeren B- und C-Teilen teilweise auf ihre Einstellung verzichten. Dieses Vorgehen verspricht dann erfolgreich zu sein, wenn die Zeiten nur leicht um ihren Mittelwert streuen. In einem solchen Fall rechnet man nur mit dem Mittelwert (eingegeben z. B. über die Eigenfertigungs- oder Wiederbeschaffungszeit im
182
5.8
Terminierungsparameter
Materialstamm) und erhöht – aus Sicherheitsgründen – lediglich die Mengenpuffer (z. B. über die Parameter des statischen oder des dynamischen Sicherheitsbestands) in geringem Maße. Bei größeren Varianzen drängen sich schon eher Zeitpuffer auf. Betrachtet man ihre Wirkung jedoch genauer, so zeigt sich recht schnell, dass sie auch hier nicht unbedingt notwendig sind. Nimmt man beispielsweise an, dass die Durchlaufzeit eines untergeordneten Teils sehr stark um den Mittelwert schwankt, so macht die Festlegung einer zusätzlichen Pufferzeit nur dann Sinn, wenn Auftragsverschiebungen infolge zu langer Durchlaufzeiten dieses Teils besonders kritisch sind, z. B. weil es gemeinsam mit sehr teuren Komponenten in ein übergeordnetes Teil eingeht und/oder keine ausreichenden Sicherheitsbestände vorgehalten werden. In allen anderen Fällen, d. h. bei Unterschreitungen der mittleren Durchlaufzeit oder Überschreitungen (bei ausreichenden Beständen), sind Zeitpuffer kaum sinnvoll. p Hat man sich dazu entschlossen, keine Zeitpuffer einzusetzen, so benötigt man auch nicht mehr die zweite Kategorie von Terminierungsparametern. Einschränkend bleibt zu vermerken, dass man in der Praxis manchmal nicht auf die Terminierungsparameter verzichten möchte, da man ihnen einen wesentlichen Vorteil zugute hält: Im Gegensatz zu Mengenpuffern verursachen Zeitpuffer zunächst keine Lagerkosten. Dieses Argument berücksichtigt jedoch nicht die fatalen Wirkungen unrealistisch großer Durchlaufbzw. Wiederbeschaffungszeiten, die sich u. a. im so genannten Durchlaufzeitsyndrom äußern. Hierbei handelt es sich um das Phänomen, dass wegen der Annahme hoher Durchlaufzeiten die Aufträge immer früher freigegeben werden. Diese Aufträge überlasten dann die Fertigung und lassen deshalb die Bestände und somit die Kapitalbindung ansteigen. Die Illusion „billigerer“ Zeitpuffer wird durch den indirekten Bestandsaufbau zu einem teuren Unterfangen (vgl. [Wien97, S. 7-8]). q Die obigen Aussagen zur Konfiguration der Terminierungsparameter gelten wohlgemerkt nicht für sehr teure ATeile und ebenfalls nicht für kurzfristige Planungen im Bereich der Werkstattsteuerung. Bei A-Teilen mit extrem hohen Lagerhaltungskosten wiegt das angesprochene Argument stärker, dass bei Zeitpuffern vordergründig zunächst
183
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP keine Lagerhaltungskosten anfallen. In der Feinplanung – im taggenauen Bereich – sind Terminierungsparameter ebenfalls sinnvoll, da man mit aktuelleren Daten arbeiten kann und zudem die Terminierung regelmäßig wiederholt, um sie insbesondere auch für Umdispositionen einzusetzen. Das bedeutet, dass die Terminierung weniger als Planungsinstrument denn als Mittel zur Entscheidungsunterstützung dient, mit deren Hilfe z. B. während der Fertigung rollierend die (wechselnden) kritischen Arbeitsgangund Auftragspfade sowie die aktuellen Arbeitsgang- und Auftragspuffer gemeldet und visualisiert werden. In den von uns durchgeführten Simulationsstudien haben wir uns primär auf drei Parameterarten konzentriert. Die Auftragspuffer und die Terminierungsart stellen Zeitpuffer dar, wohingegen die Reduzierungsparameter modifizierend wirken, indem sie je nach Notwendigkeit zu große Puffer schrittweise verkürzen. Die genannten Parameter können deshalb stellvertretend auch für andere Einstellgrößen dienen, weil sich alle Terminierungsparameter in die zwei genannten Untergruppen aufgliedern lassen (siehe oben).
5.8.2.2
Simulationsergebnisse
5.8.2.2.1
Auftragspuffer Im Rahmen der Durchlaufterminierung dienen Pufferzeiten dazu, Planungsspielräume zu schaffen, um einerseits aktiv – z. B. bei Umdispositionen – auf kurzfristige Ereignisse reagieren zu können und andererseits die Planungsvorgaben auch unter Störungen aufrecht zu erhalten. Mithilfe der Parameter Vorgriffs- und Sicherheitszeit lassen sich im SAP-System die Auftragspuffer eingeben. Sie sind in Arbeitstagen definiert und bilden die zeitliche Differenz zwischen den Eckterminen und den Produktionsterminen (Abb. 54a). Die Vorgriffszeit definiert einen Anfangspuffer. Bei Kapazitätsengpässen dient sie z. B. dazu, Aufträge in Perioden mit freier Kapazität vorzuziehen. Demgegenüber ist die Sicherheitszeit ein Puffer am Auftragsende, der ungeplante Störungen ausgleichen
184
5.8
Terminierungsparameter
soll, die den geplanten Eckendtermin gefährden. Betrachtet man mehrere ineinander eingehende bzw. aufeinander folgende Aufträge, so stellt die Sicherheitszeit einen Zeitpuffer dar, der zwischen den Produktionsstart- und -endterminen miteinander vernetzter Aufträge liegt und diese insgesamt zeitlich verschiebt (Abb. 54b). Je größer sein Wert ist, desto stärker verlagert sich der Produktionsstarttermin des nachfolgenden Auftrags, falls er nicht gleichzeitig vorgezogen wird. Die Vorgriffszeit liegt hingegen zeitlich parallel zu den vernetzten Aufträgen. Vorgriffszeit
a)
Sicherheitszeit Plan- bzw. Fertigungsauftrag
1
Eckstarttermin
Produktionsstart
2
Arbeitsvorgangsnummern
3
Produktionsende
Eckendtermin
b) Dispositionsstufe
Vorgriffszeit
Auftrag 2
1 Auftrag 1 2 Sicherheitszeit Zeit [Tage]
Abb. 54: Funktionsweise der Auftragspuffer Vorgriffs- und Sicherheitszeit 5.8.2.2.1.1
Sicherheitszeit In den Simulationsstudien variierte der Parameter Sicherheitszeit auf fünf Stufen zwischen null und vier Tagen. Die abgeleiteten Simulationsergebnisse zeigen, dass er erwartungsgemäß stark auf die Terminabweichung wirkte (60%iges Schwankungsintervall). Durchsatzveränderungen ließen sich nur in sehr geringem Maße 185
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP feststellen, wobei der Endproduktdurchsatz um bis zu 3% variierte. Sehr viel sensibler reagierte die Kapitalbindung. Parameteränderungen ließen das im Bestand gebundene Kapital um bis zu 30% schwanken.
5.8.2.2.1.1.1
Kapitalbindung Erhöhte Sicherheitszeiten wirken in zwei Richtungen: Einerseits sinken die Bestände und damit die Kapitalbindung, weil die Planungsvorgaben auch unter Störungen realisierbar bleiben. Verspätete Materialbereitstellungen, die z. T. hohe Wartezeiten derjenigen Teile nach sich ziehen, mit denen sie gemeinsam in übergeordnete Aufträge eingehen, kommen dann seltener vor. Auf der anderen Seite verlängern größere Zeitpuffer die geplanten Durchlaufzeiten, was sich bestandserhöhend auswirkt. Zu großzügige Dimensionierungen der Pufferzeiten bergen auch die Gefahr des Durchlaufzeitsyndroms in sich (vgl. Abschnitt 5.8.2.1). Die Steigung der Kapitalbindungskurve hängt davon ab, welche Entwicklung vorherrscht: Je nachdem, ob die erhöhten mittleren Wartezeiten durch ausgeregelte Störungen überkompensiert werden oder nicht, steigt oder fällt die Kapitalbindung.
Kapitalbindung norm. [%]
100 90 80 70 60 50
a
b
40 30 20 10 0 Sicherheitszeit [Tage]
Abb. 55: Kapitalbindung bei steigender Sicherheitszeit Abb. 55 verdeutlicht den im Simulationsmodell beobachteten prinzipiellen Wirkungsverlauf. Die Experimente zeigten positive Kapitalbindungseffekte im unteren Wertebereich des Parameters 186
5.8
Terminierungsparameter
(vgl. Wertebereich (a)). Die störungsausgleichende Pufferwirkung der Sicherheitszeit erwies sich bei höheren Werten indes als untergeordnet. Zu große Puffer verursachten vielmehr erhebliche Wartezeiten der Teile bzw. Komponenten und vergrößerten damit die Kapitalbindung (vgl. Wertebereich (b)). Ergebnis
Der Parameter ist daher nur mit kleinen Werten unkritisch einzusetzen. Auf zu große Pufferzeiten kann man insbesondere dann verzichten, wenn im Produktionsbereich hohe Umlaufbestände oder hohe Sicherheitsbestände existieren. Diese reichen auch ohne Zeitpuffer aus, um kurzzeitige Störungen der Materialbereitstellung zu überbrücken.
5.8.2.2.1.1.2
Endproduktdurchsatz
Endproduktdurchsatz norm. [%]
Das Hauptziel der Sicherheitszeit ist es, die geplanten Ecktermine gegen Störungen abzusichern und so die geplanten Mengen auch unter zufallsbedingten Einflüssen durchzusetzen.
100 90 80
a
b
70 60 50 40 30 20 10 0 Sicherheitszeit [Tage]
Abb. 56: Endproduktdurchsatz bei steigender Sicherheitszeit Ergebnis
Insgesamt blieben die Auswirkungen dieser Stellgröße auf den Endproduktdurchsatz gering. Verlängerte Sicherheitszeiten führten, wie Abb. 56 zeigt, nur im unteren Wertebereich zu leicht verbesserten Durchsätzen. Neben terminlich gesicherten Materialbereitstellungen ist hierfür auch
187
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP der gestiegene mittlere Bestand verantwortlich (vgl. Wertebereich (a)). In Extremfällen, z. B. wenn Engpassteile mit zu geringen Sicherheitsbeständen versehen sind oder der mittlere Umlaufbestand nicht ausreichend bemessen ist, können zu kleine Sicherheitszeiten auch zu signifikanten Durchsatzeinbußen führen. Die Stärke des Effekts hängt dann allerdings von zusätzlichen Parametern, wie dem Sicherheitsbestand, dem Losgrößenverfahren oder den Losgrößenmodifikatoren ab, die für die Entstehung der Engpässe mitverantwortlich sind.
5.8.2.2.1.1.3
Terminabweichung
Terminabweichung norm. [%]
Aus der bereits in Abschnitt 5.8.2.2.1 beschriebenen Parameterfunktionalität wird deutlich, dass längere Sicherheitszeiten geringere Terminabweichungen zur Folge haben. Dieses Verhalten wurde auch in den Simulationsexperimenten beobachtet (vgl. Abb. 57). Unrealistisch große Puffer haben jedoch insbesondere auf die Kapitalbindung negative Auswirkungen (vgl. Abschnitt 5.8.2.2.1.1.1) und sollten daher vermieden werden.
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Sicherheitszeit [Tage]
Abb. 57: Terminabweichung bei steigender Sicherheitszeit Finden die Sicherheitszeiten in den der Materialbedarfsplanung vorgelagerten Phasen (Absatz- und Produktionsprogrammplanung) keine Beachtung und planen diese Bereiche die Liefertermine auf der Basis von veralteten Eigenfertigungszeiten oder gar 188
5.8
Terminierungsparameter
mithilfe der Durchführungszeiten (Arbeitsvorgangsdauern), so steigt die Wahrscheinlichkeit, bei der Rückwärtsterminierung hinter die Gegenwart zu gelangen. Die SAP-ERP-Logik reagiert darauf mit einer so genannten Heute-Terminierung (vgl. Abschnitt 5.8.1). Dabei werden verspätete Aufträge jedoch nicht mehr gemäß ihrer Dispositionsstufe und Vorlaufzeit verschoben, sondern pauschal mit dem Tagesdatum als Eckstarttermin versehen. Da bei sämtlichen vorwärts terminierten Aufträgen der Eckstarttermin auf dem aktuellen Datum liegt, steigen die Kapazitätsbelastungen der frühen Teilperioden an. Bei periodischen Losgrößenverfahren9 kommt hinzu, dass aufgrund der veränderten Termine tendenziell mehr Bedarfe zusammengefasst werden, so dass sich die Auftragsmengen erhöhen. Ursächlich dafür ist die zeitliche Verteilung der Komponentenbedarfe. Sie weist bei der Rückwärtsterminierung eine wesentlich größere zeitliche Varianz auf als bei der Heute-Terminierung (bei der alle betroffenen Aufträge pauschal auf das aktuelle Datum terminiert werden), da bei ersterer die einzelnen Bedarfszeitpunkte (aufgrund der unterschiedlichen Liefertermine) zeitlich weiter auseinander liegen. Das Umschalten von Rückwärts- auf Vorwärtsterminierung führt infolgedessen zu größeren, teilweise unerwünscht großen Losen, die sich über Engpasseffekte und eine erhöhte Streuung der Durchlaufzeiten wiederum negativ auf die Terminabweichung der Endprodukte auswirken. 5.8.2.2.1.2
Vorgriffszeit Der Parameter Vorgriffszeit beeinflusst den frühestmöglichen Starttermin eines Auftrags, den Eckstarttermin. Anders als die Sicherheitszeit wirkt er sich jedoch nicht direkt auf vernetzte Aufträge aus, indem er ihre Produktionstermine verschiebt. Er stellt lediglich einen Zeitpuffer zur Verfügung, den die Werkstattsteuerung nutzen kann (aber nicht nutzen muss), um z. B. aus Kapazitätsgründen bestimmte Aufträge vorzuziehen. Der Parameter bildet damit ein Zeitfenster, das beim Produktionsstarttermin beginnt und in zeitlich vorgelagerte Teilperioden (Arbeitstage oder -wochen) „hineinragt“. Die Simulationsstudien zeigten, dass sich der gesamte Zeitpuffer zwischen zwei Aufträgen aufeinander fol-
9
Bei periodischen Losgrößenverfahren fasst das System die Bedarfsmengen eines Zeitabschnitts zu einem Los zusammen (vgl. Abschnitt 4.5.1).
189
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP gender Dispositionsstufen nicht additiv aus der Vorgriffszeit des nachfolgenden und der Sicherheitszeit des ein- bzw. vorhergehenden Auftrags zusammensetzt.
Ergebnis
In den Experimenten variierte der Parameter auf fünf Stufen zwischen null und vier Tagen. Die dabei erfassten Messgrößen wichen von den Wirkungen des Parameters Sicherheitszeit z. T. ab. Insbesondere der Endproduktdurchsatz reagierte auf die Vorgriffszeit (24% Schwankungsbreite) sehr viel sensitiver als auf die Sicherheitszeit (3%). Anders verhielt sich auch die Terminabweichung, die bei unterschiedlichen Parameterwerten bis zu 39% variierte, deutlich weniger also als bei der Sicherheitszeit. Die Effekte des Parameters Vorgriffszeit sind deshalb besonders schwer abzuschätzen und zu verallgemeinern, weil die Konfigurationswirkung sehr stark von der Ausprägung und Qualität der Werkstattsteuerung abhängt. Diese bestimmt, wie die Pufferzeit in der Fertigung genutzt wird. Da aber nicht jeder Betrieb ein standardisiertes Vorgriffsverfahren einsetzt, sondern oft personell steuert, sind die Ergebnisse in der Praxis auch vom Entscheidungsverhalten des Meisters abhängig, für den die Vorgriffszeit ein wichtiges Vorgabedatum darstellt. Anhand des hier eingesetzten Simulationsmodells lassen sich daher nur sehr grobe Aussagen treffen. Eine differenziertere Beurteilung des Parameters würde ein Feinplanungsmodell voraussetzen, das auf einem höheren Detaillierungsgrad die Vorteilhaftigkeit der Stellgröße, z. B. unter alternativen Feinplanungsverfahren, darstellen könnte.
5.8.2.2.1.2.1
Kapitalbindung Die Aktivierung des Parameters Vorgriffszeit setzt ausreichende Bestände bei Teilen bzw. Baugruppen und/oder verfügbare Ressourcen (z. B. Personal und Betriebsmittel) voraus. Andernfalls fehlen entweder die notwendigen Komponenten oder die vorzuziehende Produktion kann mangels freier Kapazitäten nicht beginnen. Bestände sind nur dann nicht erforderlich, wenn die Vorgriffszeit eines nachfolgenden Auftrags 2 kleiner oder gleich der Sicherheitszeit des in ihn eingehenden Auftrags 1 ist (vgl. Abb. 54). In diesem Fall liefert Auftrag 1 die von Auftrag 2 benötigten Komponentenmengen direkt oder mit geringer Wartezeit zu, was die Kapitalbindung mindert (vgl. Abb. 58, Wertebereich (a)).
190
5.8
Terminierungsparameter
Kapitalbindung norm. [%]
100 90
a
b
80
70 60 50 40
30 20 10
0
Vorgriffszeit [Tage]
Abb. 58: Kapitalbindung bei steigender Vorgriffszeit Die Vorgriffszeit kann demnach den planungsrelevanten Puffer Sicherheitszeit im Rahmen der Feinplanung wieder relativieren und in seiner Wirkung auf die Kenngrößen abschwächen. Ist die Vorgriffszeit für alle in einen Auftrag eingehenden Komponenten gleich groß, jedoch nicht überall ausreichend Bestand oder freie Kapazität für eine vorzeitige Produktion vorhanden, so kann es vorkommen, dass nicht alle Komponenten, sondern nur einige von ihnen vorgezogen gefertigt werden. Diese lagern so lange, bis alle eingehenden Teile verfügbar sind, und binden währenddessen Kapital. Je größer die Vorgriffszeit ist bzw. je mehr Teile eine große Vorgriffszeit aufweisen, desto größer ist das vom Parameter ausgehende Kapitalbindungsrisiko (vgl. Wertebereich (b)). 5.8.2.2.1.2.2
Endproduktdurchsatz Freie Produktionskapazitäten ermöglichen es, den Durchsatz der Planungsperiode zu steigern, indem z. B. Kapazitätsspitzen einer nachfolgenden Periode in die aktuelle vorgezogen werden (Kapazitätsausgleich). In Abhängigkeit der Auftragsmengen und der Auftragszeitverteilung variiert die Pufferwirkung.
Ergebnis
In den Simulationsexperimenten ließ sich der Endproduktdurchsatz signifikant steigern. Messbare Effekte traten allerdings erst ab einem Grenzwert (ag) auf, ab welchem auch zeitlich weiter entfernt liegende Betriebs-
191
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP aufträge, die zu Belastungsspitzen führten, vorgezogen werden konnten (vgl. Abb. 59).
Endproduktdurchsatz norm. [%]
100 90 80 70 60 50 40 30 20 10
ag
0 Vorgriffszeit [Tage]
Abb. 59: Endproduktdurchsatz bei steigender Vorgriffszeit 5.8.2.2.1.2.3
Terminabweichung Im unteren Wertebereich (a) (vgl. Abb. 60) reduziert der Parameter bei ausreichenden Kapazitäten und Beständen die Terminabweichung geringfügig, da die Produktion der einzelnen Fertigungsstufen voneinander entkoppelt ist. Dies endet, sobald durch zunehmende Terminverschiebungen die verfügbaren Ressourcen knapp werden (vgl. Grenzwert (ag)). Zieht man eine große Anzahl an Aufträgen vor, so wächst die Anzahl der Lose, die um Kapazität „kämpfen“, wieder an. Die Streuung der Durchlaufzeiten erhöht sich und damit auch die Terminabweichung der Endproduktaufträge (vgl. Wertebereich (b)).
192
5.8
Terminierungsparameter
Terminabweichung norm. [%]
100 90 80 70
60 50 40
a
b
30
20 10
ag
0 Vorgriffszeit [Tage]
Abb. 60: Terminabweichung bei steigender Vorgriffszeit
5.8.2.2.2
Reduzierungsparameter der Auftragspuffer
Reduzierungsfaktoren und Maximale Reduzierungsstufe
Die Reduzierungsparameter sind eine Gruppe von insgesamt sieben Stellgrößen. Hierbei handelt es sich um sechs so genannte Reduzierungsfaktoren und eine Maximale Reduzierungsstufe. Die Reduzierungsfaktoren legen Prozentsätze fest, um welche die Vorgriffs- und Sicherheitszeiten maximal verringert werden dürfen, falls sich bei der Durchlaufterminierung herausstellt, dass die Durchlaufzeit eines Auftrags größer ist als die Zeit, die zwischen den Eckterminen zur Verfügung steht. Das PPS-System verkleinert die Pufferzeiten stufenweise und prüft nach jedem Reduzierungsschritt, ob die ermittelten Termine nun innerhalb der Ecktermine liegen. Wenn dies der Fall ist, bricht der Algorithmus ab (vgl. Abb. 61). Mit dem Parameter Maximale Reduzierungsstufe wird festgelegt, wie viele Schritte maximal erlaubt sind und bis zu welchem Faktor die Puffer verringert werden dürfen.
Beispiel
Es soll angenommen werden, dass die Reduzierungsfaktoren 5, 10, 15 und 30% betragen und damit die Maximale Reduzierungsstufe den Wert 4 hat. Falls die Produktionstermine außerhalb der Ecktermine liegen, versucht der Reduzierungsalgorithmus, schrittweise die Termine einander anzunähern, indem er die Auftragspuffer zunächst um maximal 5% verringert. Reicht das nicht aus, so verkleinert das System die Puffer in einem zweiten Schritt bis maximal 10%. Das Abbruchkriterium wird durch die Reduzierungsstufe festgelegt. Vorgriffs- und Sicherheitszeiten 193
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP können daher nur bis zur vierten Stufe, d. h. um maximal 30%, reduziert werden. Die o. a. Parameter lassen sich nicht isoliert einsetzen, sondern modifizieren die eingestellten Werte der Auftragspuffer. Sie sind z. B. dann notwendig, wenn die teilespezifischen Eigenfertigungszeiten nicht mit den kumulierten arbeitsplanspezifischen Vorgangsdauern übereinstimmen. Je nachdem, ob die Daten der Arbeitsvorgänge oder des Materialstamms ungenau bzw. unrealistisch gepflegt sind, geht die Ursache für die Zeitdiskrepanzen von den Arbeitsplänen oder von den Teilestammdaten aus. Terminierung
Liegen die ermittelten Termine innerhalb der Ecktermine?
Ja
Keine Reduzierung (Auftrag wird gespeichert)
Nein 1. Reduzierungsstufe
Terminierung
Liegen die ermittelten Termine innerhalb der Ecktermine?
Ja
Ende der Reduzierung (Auftrag wird gespeichert)
Nein Maximale Reduzierungsstufe erreicht?
Ja
Nein Nächste Reduzierungsstufe
Abb. 61: Reduzierung der Auftragspuffer
194
Ende der Reduzierung (Auftrag wird gespeichert)
5.8 Maximale Reduzierungsstufe
Terminierungsparameter
Die Maximale Reduzierungsstufe ist eine nominale Größe mit sechs alternativen Eingabemöglichkeiten. Mit ihnen zeigt sie auf einen von ebenfalls insgesamt sechs metrisch skalierten Reduzierungsfaktoren. In den nachfolgenden Ergebnisbeschreibungen wird aus Vereinfachungsgründen ausschließlich auf die Reduzierungsfaktoren eingegangen, aus denen die eigentlichen dispositiven Wirkungen resultieren. Die Simulationsläufe erfolgten mit Faktoren von 5, 10, 15, 30, 60 und 100%. Als zu reduzierende Auftragspuffer dienten eine Sicherheitszeit von einem Tag und eine Vorgriffszeit von zwei Tagen, die sich im Modellbetrieb als betriebswirtschaftlich sinnvolle Konfigurationswerte herausstellten. Basierend auf diesen Größen wurde die Wirkung der Reduzierungsparameter untersucht. Aussagen über ihre voraussichtliche Wirkung sind jedoch nur dann möglich, wenn zumindest grobe Informationen darüber vorliegen, wie viele Aufträge in welchem Maße von den Reduzierungsmaßnahmen betroffen sein werden. Da die PP-Komponente diese Daten nicht vorab liefern kann, ließen sich auch keine Hypothesen darüber aufstellen, was die Konfiguration nicht gerade erleichtert.
Ergebnis
In den Simulationsstudien wies der Endproduktdurchsatz das höchste Wirkungspotenzial auf. Er schwankte bis zu 32%. Bezüglich der Kapitalbindung und der Terminabweichung fielen die gleichen Messgrößen mit 9 und 11% weit geringer aus. Eine Besonderheit des Parameters liegt darin, dass der Disponent kaum eine Möglichkeit besitzt, die Auswirkungen vorab auch nur annähernd einzuschätzen. Da die Effekte fast vollständig von der unternehmensindividuellen Datenkonstellation abhängen, die mangels systemseitiger Auswertungsmöglichkeiten jedoch nur unzureichend bekannt ist, sind die Konfigurationsbemühungen stets mehr oder weniger spekulativ und damit risikoreich. Auch dies bestätigt die Aussagen in Abschnitt 5.8.2, dass man versuchen sollte, möglichst ohne die Definition von Zeitpuffern (also ohne Vorgriffs- und Sicherheitszeiten) auszukommen, da dann auch die schwierige Konfiguration der Reduzierungsparameter entfällt.
Reduzierungsparameter
Da die Reduzierungsparameter keine originären Stellgrößen sind, könnte auf ihre Konfiguration auch verzichtet werden, falls sie die gleichen Auswirkungen haben wie eine pauschale Verkleinerung der Auftragspuffer um den im Reduzierungsfaktor angegebenen Prozentsatz. Dies würde bedeuten, dass eine einfache
195
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Linksverschiebung der Auftragspuffer-Wirkungskurven die Effekte der Reduzierungsparameter hinreichend beschreibt. Die Simulationsergebnisse bestätigten diese Annahme. Die Intensität der Parameterwirkungen hängt jedoch sehr stark davon ab, wie viele Aufträge von den Reduzierungsmaßnahmen betroffen sind und wie groß die Zeitdifferenzen zwischen Eckterminen und berechneter Durchlaufzeit sind. Die Effekte variieren in Abhängigkeit von der unternehmensspezifischen Datenkonstellation und der Größe der Vorgriffs- und Sicherheitszeiten.
Ergebnis
Auch wenn die Simulationsergebnisse kaum Anhaltspunkte für generalisierbare Aussagen liefern, so helfen sie doch, einige grundsätzliche Kritikpunkte abzuleiten: n Reduzierungsmaßnahmen werden bei jedem Terminierungslauf stets neu durchgeführt, auch wenn zwischendurch keine Stammdatenänderungen erfolgten. Das System reagiert nicht selbstständig auf die erkannten Dateninkonsistenzen, sondern informiert lediglich den Disponenten darüber mithilfe von Ausnahmemeldungen.
o Der Reduzierungsablauf ist für den Disponenten intransparent. Er kann ex ante nicht erkennen, welche Aufträge wie stark reduziert werden.
p Es besteht die Gefahr, dass der Disponent dadurch nicht bemerkt, wie die von ihm sorgfältig definierten Auftragspuffer in ihrer Wirkung verringert oder ganz eliminiert werden. Letzteres tritt dann ein, wenn z. B. die Eigenfertigungszeit relativ klein ist, die Reduzierung jedoch sehr hoch ausfällt. Statt aufwändiger Reduzierungsmaßnahmen ist es sinnvoller, bereits bei der Dateneingabe Konsistenz erhaltende Maßnahmen einzuführen, die Arbeitsplan- und Materialstammdaten abgleichen. Ansonsten plant man mit falschen Zahlen und versucht, diese nachträglich durch die Reduzierung zu korrigieren.
5.8.2.2.3
Terminierungsart Die Terminierungsart legt das Verfahren der Durchlaufterminierung fest. Simulationsunterstützt wurden die beiden folgenden Alternativen analysiert:
196
5.8
Terminierungsparameter
n Rückwärtsterminierung: Ausgehend vom Auftrags-Eckendtermin berechnet das System einen möglichst späten Produktionsstart.
o Vorwärtsterminierung: Vom Auftrags-Eckstarttermin ausgehend wird ein frühestmöglicher Produktionsstart errechnet. Der nominal skalierte Parameter Terminierungsart kann sich durchaus ähnlich stark auswirken wie die Auftragspuffer Vorgriffs- und Sicherheitszeit. Entscheidend dafür ist die Differenz zwischen den im Materialstamm gepflegten Eigenfertigungszeiten und den Durchlaufzeitbestandteilen im Arbeitsplan. Die Abweichungen zwischen beiden Zeitdauern bilden Zeitpuffer. Je geringer die Unterschiede sind, desto näher liegen auch die Ecktermine an den Produktionsterminen und desto geringer wirken sich alternative Terminierungsarten auf den Materialfluss aus. Die unterschiedlichen qualitativen Effekte der beiden Parameterausprägungen „vorwärts“ und „rückwärts“ lassen sich relativ gut prognostizieren. Aussagen über Wirkungs- und Fehlsteuerungspotenziale sind – ähnlich wie bei den Reduzierungsfaktoren – nicht im Voraus möglich, da hierfür detailliertes Wissen über die unternehmensspezifische Datenkonstellation (insbesondere über die oben beschriebenen Zeitdifferenzen) notwendig wäre. Die Simulationsergebnisse ähneln in ihrer Struktur den Analysedaten der Sicherheitszeit. Allerdings gilt es, insbesondere im Hinblick auf die starken Abweichungen bei der Kapitalbindung und der Termintreue, zu beachten, dass die Terminierungsart mit nur zwei Ausprägungsformen natürlich einem größeren Konfigurationsrisiko unterliegt als Stellgrößen mit mehr Einstellalternativen. 5.8.2.2.3.1
Kapitalbindung
Ergebnis
In den Simulationsstudien verursachten erwartungsgemäß vorwärts terminierte Aufträge gegenüber rückwärts terminierten eine höhere Kapitalbindung. Die gemessene Abweichung von 29% resultiert daraus, dass hochwertige Komponenten und Endprodukte früher als notwendig fertig werden und so lange auf Lager liegen, bis sie ausgeliefert bzw. weiterverarbeitet werden können (vgl. Abb. 62).
197
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Kapitalbindung norm. [%]
Terminierungsart 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Vorwärts
Rückwärts
Abb. 62: Kapitalbindung bei alternativen Terminierungsarten 5.8.2.2.3.2
Endproduktdurchsatz
Ergebnis
Die geringste Sensitivität weist der Endproduktdurchsatz auf. Er variiert in den Simulationsstudien lediglich um 4% (vgl. Abb. 63).
Endproduktdurchsatz norm. [%]
Terminierungsart 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Vorwärts
Rückwärts
Abb. 63: Endproduktdurchsatz bei alternativen Terminierungsarten Hier war die Vorwärtsterminierung etwas effizienter als die Rückwärtsterminierung. Die Durchsatzsteigerungen wurden möglich, weil bei Vorwärtsterminierung größere Zeitpuffer viele der unvermeidlichen Störungen ausglichen. 198
5.8 5.8.2.2.3.3
Terminierungsparameter
Terminabweichung Die Terminabweichungen waren bei Rückwärtsterminierung wesentlich größer, denn mit kleineren Puffern steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Aufträge den geplanten Endtermin nicht halten können (vgl. Abb. 64).
Ergebnis
Die Vorwärtsterminierung erhöht durch einen frühzeitigen Produktionsstart zwar die Kapitalbindung, verringert gleichzeitig jedoch signifikant die Terminabweichung (minus 51%).
Terminabweichung norm. [%]
Terminierungsart 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Vorwärts
Rückwärts
Abb. 64: Terminabweichung bei alternativen Terminierungsarten
5.8.3
Wechselwirkungen 1) Planungsstrategieparameter: Vgl. in Abschnitt 5.1.4 die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategien und Terminierungsparametern. 2) Verrechnungsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.2.3 die Wechselwirkungen zwischen Verrechnungs- und Terminierungsparametern.
199
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP 3) Dispositionsart: Vgl. in Abschnitt 5.3.3 die Wechselwirkungen zwischen Dispositionsart und Terminierungsparametern. 4) Prognoseparameter: Vgl. in Abschnitt 5.4.3 die Wechselwirkungen zwischen Prognose- und Terminierungsparametern. 5) Parameter der Losgrößenverfahren und Losgrößenmodifikatoren: Vgl. in Abschnitt 5.5.3 bzw. Abschnitt 5.6.5 die Wechselwirkungen zwischen Losgrößenverfahren bzw. Losgrößenmodifikatoren und Terminierungsparametern. 6) Sicherheitsbestandsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.7.3 die Wechselwirkungen zwischen Sicherheitsbeständen und Terminierungsparametern. 7) Verfügbarkeitsprüfungsparameter: Zwischen den einzelnen Parametern, die für eine Verfügbarkeitsprüfung relevant sein können, und den verschiedenen Terminierungsparametern bestehen insbesondere dort intensive Wechselwirkungen, wo es um die Berücksichtigung der geplanten Zu- und Abgänge geht. Bei einer ausschließlichen Prüfung gegen Bestände spielen die Terminierungsgrößen hingegen keine Rolle. Wie bereits in Abschnitt 5.2.3 aufgezeigt, sind die Terminierungsparameter nur dann gezielt einsetzbar, wenn keine starken Kapazitätsüberlastungen zu befürchten sind. Lässt sich dies nicht sicher behaupten, so unterliegen auch die geplanten Zugangsund Abgangstermine von Fertigungs- oder Planaufträgen einer mehr oder weniger großen Unsicherheit. Selbst wenn man, um sicher zu gehen, bei diesen Teilen mit einer hohen Sicherheitszeit sowie mit Vorwärtsterminierung arbeitet, kann von einer gesicherten Verfügbarkeit nicht ausgegangen werden. Grundsätzlich empfiehlt es sich, kapazitätskritische Teile mit ausreichenden Zeitpuffern zu versehen. Dies gilt insbesondere bei einer sehr guten Auftragslage oder in konjunkturellen Überhit-
200
5.8
Terminierungsparameter
zungsphasen. Einerseits sollten keinesfalls Kapazitäten als Folge einer ungenügend reflektierten Parameterwahl schlecht ausgelastet bleiben. Andererseits tolerieren Kunden in solchen Zeitabschnitten erfahrungsgemäß auch längere Lieferzeiten. Gleichzeitig sollte man bei kapazitätskritischen Materialien in Zeiten geringer Auslastung ausreichende Sicherheitsbestände aufbauen sowie geplante Zu- und Abgänge nur unter Vorbehalt in die Verfügbarkeitsrechnung einbeziehen. Entscheidend für das Fehlsteuerungspotenzial der oben genannten Parameter ist sicherlich auch die Frage, ob ein Teil auf dem kritischen Pfad des Produktionsnetzplans liegt oder nicht (zeitkritische Teile). Ist dies der Fall, so sollte man dieses sowie alle ihm untergeordneten Materialien, welche sich ebenfalls auf diesem Pfad befinden, nur gegen den Bestand prüfen. Ergänzt werden muss eine solche Maßnahme um ausreichende, aber nicht zu große Puffer für die zeitkritischen Teile, seien es nun Zeit(Terminierungsparameter) oder Mengenpuffer (Sicherheitsbestandsparameter). SicherheitsSicherheitszeit zeit
PlanungsPlanungsstrategiestrategieparameter parameter VerrechVerrechnungsnungsparameter parameter
VorgriffsVorgriffszeit zeit
ReduReduzierungszierungsparameter parameter
5.5.3 (8)
5.1.4 (10)
LosgrößenLosgrößenverfahren
5.2.3 (7)
5.6.5 (7)
5.3.3
5.7.3 (7)
DispositionsDispositions- (6) art art
PrognosePrognoseparameter parameter
TerminieTerminierungsrungsparameter parameter
5.4.3 (7)
5.8.3 (7) (Die Nummerierungen beziehen sich auf die geweiligen Kapitel.)
LosgrößenLosgrößenmodifikatoren modifikatoren
SicherheitsSicherheitsbestandsbestandsparameter parameter Verfügbarkeitsprüfungskeitsprüfungsparameter parameter
Abb. 65: Wechselwirkungen der Terminierungsparameter 201
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5.9
Parameter der Verfügbarkeitsprüfung
5.9.1
Bedeutung Mit der Materialverfügbarkeitsprüfung (auch als Available-ToPromise-Logik (ATP) bezeichnet) kann der Disponent sicherstellen, dass Bedarfe durch den Bestand bzw. durch geplante Lagerzugänge abgedeckt sind. Ziel ist es, möglichst frühzeitig, am besten bereits bei der Kundenauftragserfassung, zu erkennen, ob ein Material zum Bedarfstermin verfügbar sein wird oder ob zusätzliche planerische Aktivitäten notwendig werden, um die Materialverfügbarkeit zu gewährleisten. Die Verfügbarkeitsprüfung gehört nicht zum algorithmischen Kern der MRP-Planung, allerdings ist sie diesem vor- und nachgelagert und beeinflusst dadurch die Planungsqualität erheblich. Prüfungen lassen sich sowohl im Vertriebsbereich (Kundenaufträge) als auch in der Bestandsführung (Reservierungen), der Planauftragsbearbeitung (Planaufträge) und in der Fertigungsauftragsabwicklung (Fertigungsaufträge) durchführen.
Idealtypische Nettobedarfsplanung
Eine ideale Nettobedarfsplanung müsste bei jeder Gegenüberstellung von Bruttobedarfen und Beständen dahin verfeinert werden, dass nicht nur physisch vorhandene Materialien, sondern auch bereits bereitgestellte, gefertigte, aber noch nicht geprüfte Teile etc. berücksichtigt werden, m. a. W.: Man müsste von einer statischen zu einer dynamischen Betrachtung übergehen, womit allerdings die Ansprüche an das System in vielerlei Hinsicht (Speicherressourcen, Rechenzeiten, Datenverknüpfungen) stark ansteigen. SAP ERP wählt hier einen schnelleren Weg, wobei aber die vereinfachte Berechnungsmethodik zu Planungsdivergenzen führen kann. Als ein Gegenmittel sollte man die Verfügbarkeitsprüfungen so einstellen, dass sie mit der Nettorechnung korrespondieren. Zu diesem Zweck müssen in den Prüfregeln die gleichen Bestandsarten sowie die gleichen Zuund Abgangsdaten aktiviert sein, wie sie die Nettoplanung verwendet. Die Verfügbarkeitsprüfung kann entweder gegen eine zeitlich früher erfolgte Vorplanung oder gegen existierende Bestände sowie geplante Zu- und Abgänge erfolgen. Nur eine der beiden Möglichkeiten ist zugelassen. Hat man sich für eine Prüfung ge-
202
5.9
Parameter der Verfügbarkeitsprüfung
gen Bestände und geplante Zu- und Abgänge entschieden, so sind diejenigen Bestandsarten sowie Zugangs- und Abgangselemente auszuwählen, die für die Prüfung relevant sind. Ist die Auswahl der Bestandsarten aufgrund ihrer geringen Zahl und ihrer gleichartigen Effekte (lineare Bestandserhöhung bei Einbeziehung der verschiedenen Bestandsmengen) noch vergleichsweise einfach, so trifft man bei den anderen Parametern der Verfügbarkeitsprüfung auf größere Verständnisprobleme. Insbesondere die Definition der Zu- und Abgangsarten ist nicht selbsterklärend. Ebenso kann man die Wiederbeschaffungszeit in der Verfügbarkeitsprüfung berücksichtigen. Ist die Zeit bis zum Liefertermin länger als die Wiederbeschaffungszeit, so erübrigt sich eine Verfügbarkeitsprüfung. Ist der Parameter „Prüfung innerhalb Wiederbeschaffungszeit“ aktiviert, so wird nur dann kontrolliert, wenn die verbleibende Zeit bis zum Liefertermin des geprüften Materials kleiner ist als die Wiederbeschaffungszeit. Ansonsten wird richtigerweise davon ausgegangen, dass ausreichend Zeit zur Wiederbeschaffung des Teils vorhanden ist und eine Verfügbarkeitsprüfung deshalb entfallen kann. Der Bedarf wird dann als bestätigt gemeldet. Zu- und Abgangselemente
Bei den verschiedenen Zu- und Abgangselementen erkennt man erhebliche Unterschiede: Die Prüfung gegen Bestellungen bezieht sich auf Handelsware, nicht auf eigengefertigte Teile und die aus ihnen abgeleiteten Bestellanforderungen. Man vergleicht sozusagen die offenen Bestellungen mit dem Bedarf und bestätigt die Mengen, sobald ausreichend Bestellungen vorhanden sind. Bestellanforderungen sind normalerweise geplante Zugänge. Als Abgänge fasst man sie nur bei Umlagerungen auf. In diesem Falle treten sie in einem Werk als Zugänge, im anderen als Abgänge auf. Dasselbe gilt für Bestellungen, die ebenfalls bei der Umlagerung als Zu- und Abgänge in Erscheinung treten. Auch Plan- und Fertigungsaufträge sind geplante Zugänge. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Konkretisierungsgrad (so lassen sich z. B. Planaufträge von der Materialbedarfsplanung noch verändern) und damit auch in der Wahrscheinlichkeit, dass die Mengen tatsächlich zum geplanten Zeitpunkt verfügbar sind. Abhängige Reservierungen resultieren aus Fertigungsaufträgen, wohingegen Reservierungen z. B. aus der Materialwirtschaft teilebezogen durch personelle Eingabe angelegt werden. Beide 203
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Datenarten stellen Abgangselemente dar. Als Beispiel kann man sich ein Schraubendreher-Set vorstellen. Es setzt sich aus einzelnen Schraubendrehern zusammen, für die wiederum Fertigungsaufträge mitsamt abhängigen Reservierungen vorliegen. Die Prüfung gegen Sekundärbedarfe bewirkt, dass nicht nur Mengen über das Endprodukt geprüft werden, sondern auch die abhängigen Bedarfe auf der darunter liegenden Dispositionsstufe. Dies kann beispielsweise dann erwünscht sein, wenn man das bereits erwähnte Set, bestehend aus einzelnen Schraubendrehern, ausliefern will, wobei das Set selbst die oberste Dispositionsstufe darstellt. Ohne Berücksichtigung der Sekundärbedarfe würde nur die Verfügbarkeit des Sets überprüft, jedoch nicht die der enthaltenen Schraubendreher. Die Prüfung gegen Lieferscheine ist analog zur Prüfung gegen Bestände von Endprodukten zu sehen. Nach dem Erstellen des Lieferscheins wird aus einem Kundenbedarf ein Lieferbedarf erzeugt, der ein Abgangselement darstellt. Gleiches gilt für den Verkaufsbeleg beim Anlegen eines Kundenauftrags. Besonders vorteilhaft ist die Verfügbarkeitsprüfung immer dann, wenn keine reine Einzelfertigung vorliegt und man einen Planungsspielraum bei der Zuteilung der Produktionsmengen hat. Für welche Materialien Verfügbarkeitsprüfungen möglich sind, hängt damit zum einen vom Einzelplanungskennzeichen ab und zum anderen von der Bedarfsart (vgl. die Planungsstrategieparameter in Abschnitt 5.1), die festlegt, nach welcher Planungsstrategie ein Kundenauftrag über ein bestimmtes Teil abgewickelt wird. Handelt es sich bei dem Teil nicht um ein Endprodukt oder/und ist das Material im Teilestammsatz nicht mit Einzelplanung konfiguriert, sondern mit Sammelplanung, so wird trotzdem in der Dispositionsliste ein Einzelplanungsabschnitt über dieses Teil erzeugt. Das bedeutet, dass die Bedarfsart und die durch sie determinierte Planungsstrategie das Einzelbedarfskennzeichen übersteuern. Somit wird auch für ursprünglich sammelgeplante Teile eine Einzelplanung möglich. Die aus dem einzelgeplanten Teil abgeleiteten Sekundärbedarfe orientieren sich jedoch wieder einzig und allein an ihrem Einzelbedarfskennzeichen. Die Planungsqualität der Verfügbarkeitsprüfung wird im Wesentlichen durch die in der ATP-Logik festgelegte schrittweise Zuteilung frei verfügbarer Zugangsmengen bestimmt. Für Aufträge/ Reservierungen mit demselben (oder zeitlich eng zusammenlie-
204
5.9
Parameter der Verfügbarkeitsprüfung
genden) Bedarfstermin(en) entscheidet die Prüfreihenfolge darüber, welche von ihnen direkt bestätigt werden können (wenn frei verfügbare Mengen zuteilbar sind) und welche zunächst neue Planungsaktionen (z. B. eine neue Bedarfsplanung) erfordern. PrioritätenVergabe
Ein in der Produktionspraxis verbreiteter, aber theoretisch unsauberer Lösungsweg liegt in der Vergabe von Prioritäten, die anzeigen, wie ein Auftrag zu Lasten oder zum Vorteil anderer Aufträge schneller bzw. langsamer durch die Fertigung fließt. Die Bedeutung dieser Kennzeichen ist stark von der zeitlichen und mengenmäßigen Verteilung der Abgangsmengen abhängig.
Beispiel
Das durchschnittliche Auftragsvolumen für ein Erzeugnis X liegt pro Tag bei 100 ME mit einer Standardabweichung von 20 ME, wobei keine saisonalen Schwankungen auftreten. Da die Aufträge einander sehr ähneln, kann der Betrieb sie innerhalb einer Spanne von 80 bis 120 ME mithilfe von Prioritäten gegeneinander austauschen, ohne dass er eine vollkommen neue Mengenplanung durchführen müsste. Eine andere Produktlinie Y erhält ebenfalls Orders über durchschnittlich 100 ME pro Tag. Allerdings verlangen die meisten Kunden nur geringe Mengen, und der hohe Durchschnitt resultiert vor allem aus den Bestellungen eines Großkunden. Die Standardabweichung liegt bei 95 ME. Versucht man nun, ad hoc statt eines Kleinauftrags den Schlüsselkunden zu priorisieren, so entstehen weit reichende Folgen, da zur Produktion seiner Order u. a. wesentlich höhere Materialmengen verfügbar sein müssen. Ebenso kann die Zufriedenheit der zahlreichen Kleinabnehmer stark absinken, wenn ihre Lose allzu nachrangig bearbeitet werden. Generell gilt, dass suboptimal vergebene Prioritäten umso ungefährlicher sind, je größer der mittlere zeitliche Abstand und je kleiner die Standardabweichung zwischen den Abgängen werden, denn aufgrund ihrer Ähnlichkeit sind sie mit relativ geringen Reibungsverlusten gegeneinander substituierbar. Bei schwankenden, saisonartigen Bedarfsverläufen hingegen konkurrieren zeitlich benachbarte Abgänge um frei verfügbare Zugangsmengen. Ein vergleichsweise einfacher Weg, diesen Konflikt zu entschärfen, liegt in einer großzügigeren Mengenplanung. Indem man zusätzliche Lageraufträge generiert, die Losgrößenmodifikatoren geeignet variiert oder die Sicherheitsbestandsparameter anpasst, erhöht man die Zugangsmengen und damit die 205
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP Verfügbarkeit. Das alles geschieht jedoch auf Kosten einer höheren Kapitalbindung durch steigende Bestände und widerspricht somit den Betriebszielen (vgl. [Wien97, S. 303-307]).
5.9.2
Einstellhinweise
Kriterien
Als Einstellkriterien für die Verfügbarkeitsprüfungsparameter können zum einen die Ausprägungen der Parameter Einzelbedarfskennzeichen und Dispositionsart, zum anderen die Durchlaufzeitabweichung und die Losgrößenverteilung dienen. Prüfungen sind insbesondere bei solchen Materialien sinnvoll, die für Sammelplanungen konfiguriert sind. Bei Einzelfertigung spielt die Verfügbarkeitsprüfung bei Auftragsannahme bzw. auf den unteren Stücklistenebenen eine Rolle. Betrachtet man im nachfolgenden Schritt den Parameter Dispositionsart, so lässt sich konstatieren, dass verbrauchsgesteuerte Teile primär gegen Bestände zu prüfen sind. Handelt es sich nicht um verbrauchsgesteuerte, sondern um plangesteuerte Teile, so sind neben Beständen prinzipiell auch geplante Zu- und Abgänge prüfungsrelevant. Das gilt insbesondere für solche Teile, deren Durchlaufzeitabweichung gering ist und deren Bedarfszeitpunkte sich mithin zuverlässig berechnen lassen. Teile, die nur selten rechtzeitig eintreffen, sollten hingegen nicht als zu prüfende Zu- und Abgangselemente auftreten, sondern ausschließlich gegen Bestände geprüft werden. Als drittes Entscheidungskriterium dient die Verteilung der Auftragsmengen. Sie wird besonders stark durch die Parameter der Losgrößenverfahren sowie durch die Losgrößenmodifikatoren determiniert. Je größer die Lose werden, umso stärker steigen auch die mittleren Bestände an. Dieses wohl bekannte Phänomen nutzt der Disponent besonders bei der Entscheidung, welche Bestandsarten in den Prüfumfang eingehen sollen. Hohe mittlere Bestände machen die Einbeziehung von Sperr- und Qualitätsprüfbeständen (von denen i. d. R. nicht bekannt ist, wann sie frei verfügbar werden) überflüssig.
206
5.9
5.9.3
Parameter der Verfügbarkeitsprüfung
Wechselwirkungen 1) Planungsstrategieparameter: Vgl. in Abschnitt 5.1.4 die Wechselwirkungen zwischen Planungsstrategien und den Verfügbarkeitsprüfungsparametern. 2) Verrechnungsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.2.3 die Wechselwirkungen zwischen Verrechnungsparametern und den Verfügbarkeitsprüfungsparametern. 3) Dispositionsart: Vgl. in Abschnitt 5.3.3 die Wechselwirkungen zwischen Dispositionsart und Verfügbarkeitsprüfungsparametern. Verbrauchsgesteuerte Teile werden nur gegen Bestände geprüft, wohingegen plangesteuerte Teile auch gegen Zu- und Abgänge zu saldieren sind. 4) Prognoseparameter: Vgl. in Abschnitt 5.4.3 die Wechselwirkungen zwischen Prognose- und Verfügbarkeitsprüfungsparametern. Ergänzend dazu trifft man auf weitere Interaktionen zwischen Dispositionsarten, Prognoseparametern und Verfügbarkeitsprüfungsparametern, wenn man neben den durch die Prognoseparameter beeinflussten Bedarfszeitpunkten auch die Bedarfsmengen berücksichtigt. So besteht beispielsweise bei der Dispositionsart PD die Möglichkeit, Zusatzbedarfe vorherzusagen (z. B. Ersatzteilbedarfe). Sie erhöhen die Gesamtmenge des Bedarfs und damit seine Zugangsmenge. Verzichtet man auf eine Prognose dieser Teilmengen, indem man z. B. höhere Sicherheitsbestände einplant, so verändern sich auch die Ergebnisse der Verfügbarkeitsprüfung, da mehr Bedarfe unbestätigt bleiben, was wiederum zu mehr Planungsaktionen führt.
207
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
5) Parameter der Losgrößenverfahren und Losgrößenmodifikatoren: Vgl. in Abschnitt 5.5.3 bzw. Abschnitt 5.6.4 die Wechselwirkungen zwischen Losgrößenverfahren bzw. Losgrößenmodifikatoren und Verfügbarkeitsprüfungsparametern. Wie bereits in den genannten Abschnitten beschrieben, modifizieren die periodischen und optimierenden Losgrößenverfahren durch Bedarfsraffungen sowohl die Anzahl der Zu- und Abgänge als auch deren Mengen. Der Losgrößenmodifikator Maximale Losgröße wirkt wie diese Losgrößenverfahren, indem er zu große Lose splittet und dadurch zwar die Auftragsanzahl erhöht, aber gleichzeitig die einzelnen Bedarfsmengen verringert. Der Rundungswert und die Minimale Losgröße haben demgegenüber ausschließlich mengenverändernden Charakter. Ihr Einsatz verspricht eine gesteigerte Materialverfügbarkeit, da sie stets aufrunden. 6) Sicherheitsbestandsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.7.3 die Wechselwirkungen zwischen Sicherheitsbeständen und Verfügbarkeitsprüfungsparametern. Ein erhöhter Sicherheitsbestand ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Kundenaufträge heterogen verteilt sind. Konkurrieren zu viele Aufträge um zu wenige Zugangselemente, so hat man nur die beiden Alternativen, entweder besonders wichtige Aufträge zu priorisieren oder mit höheren (Sicherheits-)Beständen zu arbeiten. 7) Terminierungsparameter: Vgl. in Abschnitt 5.8.3 die Wechselwirkungen zwischen Terminierungs- und Verfügbarkeitsprüfungsparametern. Der Verfügbarkeitsprüfungsparameter „Prüfung innerhalb Wiederbeschaffungszeit“ weist weit reichende Interdependenzen mit den Auftragspuffern auf. Wenn bei der Verfügbarkeitsprüfung die Wiederbeschaffungszeit berücksichtigt werden soll, so hat dies folgende Auswirkungen: Wiederbeschaffungszeit
208
n Bedarfe außerhalb der Wiederbeschaffungszeit gelten grundsätzlich als verfügbar, da das System davon ausgeht, dass diese Materialien durch die Disposition rechtzeitig innerhalb der Wiederbeschaffungszeit zur Verfügung gestellt werden können.
5.9
Parameter der Verfügbarkeitsprüfung
o Kann ein Bedarf nicht durch Zugänge abgedeckt werden, so ist das Ende der Wiederbeschaffungszeit der früheste Termin, an dem das Material bestätigt werden kann. Bei der Ermittlung der Wiederbeschaffungszeit unterscheidet das System, ob das Material eigengefertigt oder fremdbezogen wird. n Bei Fremdbezug setzt sich die Wiederbeschaffungszeit aus Einkaufsbearbeitungs-, Planliefer- und Wareneingangsbearbeitungszeit zusammen. o Bei Eigenfertigung prüft das System, ob die Gesamtdurchlaufzeit im Materialstamm gepflegt ist. Ist das Feld leer, so wird die Eigenfertigungszeit als Wiederbeschaffungszeit angenommen. Zeitpuffer
Wie man sieht, berücksichtigt das System keine Zeitpuffer. Kalkuliert man jedoch standardmäßig mit großen Pufferzeiten, so bestehen zwischen Terminierung und Verfügbarkeitsrechnung mehr oder minder große Abweichungen, die zu unrealistischen Planungen führen können. Normalerweise werden Zugänge, wie z. B. Planaufträge, inklusive Zeitpuffern berechnet, wodurch sich ihre Wiederbeschaffungszeit entsprechend verlängert. Für Abgänge über das gleiche Teil hingegen ignoriert man die Puffer und betrachtet diese bereits dann als realisierbar, wenn der Bedarfszeitpunkt außerhalb dieser „Nettozeit“ liegt. Man misst und berechnet sozusagen mit zweierlei Maß, was zu Problemen führen kann. Auch dieses Beispiel belegt die Forderung nach einem weitgehenden Verzicht auf Zeitpuffer (vgl. Abschnitt 5.8.2.1). Basieren die Planungen allein auf den real existierenden Zeitbestandteilen, so stimmt auch die Berechnung der Zu- und Abgangstermine mit der kalkulierten Wiederbeschaffungszeit eher überein, was die Wahrscheinlichkeit von Fehlplanungen verringert.
209
5
Konfigurationshinweise zu Dispositionsparametern der Produktionsplanung in SAP ERP
Parameter der Verfügbarkeitsprüfung
5.9.3 (7)
(Die Nummerierungen beziehen sich auf die jeweiligen Kapitel.)
Prüfung Prüfung innerhalb WiederbeWiederbeschaffungszeit
PrüfPrüfbestände bestände
Planungsstrategieparameter Einzelbedarfsparameter
VerrechVerrechnungsparameter
Dispositionsart
5.1.4 (11)
5.2.3 5.4.3 (8) (8)
5.3.3 (7) und 5.9.3 (3)
5.5.3 (9) 5.9.2
5.9.2
Zu- und Abgangselemente
5.8.3 (7)
5.7.3 (8) und 5.9.3 (6)
5.9.3 (4) und 5.4.3 (8)
Sicherheitsbestandsbestandsparameter parameter Prognoseparameter Prognoseparameter Fixierungshorizont horizont
AufteilungsAufteilungskennzeichen
Terminierungsparameter parameter
Losgrößenverfahren verfahren
5.6.5 (8)
Losgrößenmodifikatoren toren
5.9.3 (5) und 5.9.3 (5)
Abb. 66: Wechselwirkungen der Verfügbarkeitsprüfungsparameter
210
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213
Schlagwortverzeichnis
A ABC-Kriterium 107, 109, 118, 119, 125, 137, 139, 175 Ablauforganisation Beeinflussung der 5, 7, 19 Absatz- und Produktionsgrobplanung 39, 48, 52, 53, 54, 64, 65, 74 Absatzprognose 86, 128, 188 Accelerated SAP (ASAP) 29 Accountmanagement 67 Adaption 4, 23, 31, 211 Adaptionsmodell 4, 27 All-in-One-Lösung 29 Anforderungsnavigation 23, 37, 42, 44, 45, 47, 50, 51, 52, 54, 55, 56, 58, 61, 62, 63, 65, 69, 70, 72, 73, 211 Anforderungsnavigator 4, 22, 23 Anonyme Lagerfertigung 52, 59, 68, 70, 75, 83, 89, 92 Anpassungshorizont 91, 97, 103 Anpassungskennzeichen 91, 97, 103 Anpassungsstellgrößen 80, 97 Anzahl Verbrauchswerte 121 Arbeitsplan 39, 54, 55, 181, 196, 197 ARIS-Toolset 7 Assembly-To-Order 72, 73, 75 A-Teil 107, 108, 119, 122, 125, 140, 141, 183 ATP-Prüfung 94 Aufbauorganisation Beeinflussung der 7 Auffüllmenge 44 Aufteilungskennzeichen 119, 133
Auftragspuffer 13, 184, 185, 193, 194, 195, 196, 197, 208 Auftragsstückliste 71 Aufzulösende Prognoseperioden 121 Available-To-Deploy (ATD) 57 Available-To-Promise (ATP) 94
B Baugruppe 85, 87 Baukastensystem 93, 94 Bedarfs-/Bestandsübersicht 17 Bedarfsabbaukennzeichen 87, 89 Bedarfsklasse 80, 88 Bedarfsklassenparameter 79 Bedarfsraffung 120, 145 Bedarfsübergabe 37, 40, 59, 69, 70, 71, 72, 73, 75, 89 Bedarfsübergabekennzeichen 87, 89 Bedarfszusammenfassung 80, 87, 90, 135, 144 Beschaffungsart 44 Beschaffungsplan 40 Best Practice 28 Bestandsführung 39, 42, 171, 202 Bestandsmanagement 93 Bestellmenge 15, 16, 135, 137, 138, 140, 142, 168 Bestellpunktdisposition 106, 111, 142, 146 Bestellrhythmus 111 Betriebsdatenerfassung (BDE) 13, 32, 162 Betriebsstätten- und Werksstruktur 41 Betriebsziele 84, 122 Big-Bang-Strategie 16 B-Teil 107, 119, 125, 137, 140, 141, 142, 175
215
Schlagwortverzeichnis Business ByDesign 26, 77 Business Configuration Sets (BC Sets) 26, 31 Business Scenario Map 29
C Charge 39 Chargenfertigung 50 Checkliste 21, 22, 24, 25, 26 Collaborative Forecasting 10 C-Teil 107, 108, 115, 119, 122, 125, 137, 140, 142, 182 Customizing 26
D Datenmodell 27 Delta-Customizing 30 Deployment 56 Deployment-Strategie 55 Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 13 Disponentengruppe 42 Disposition rhythmische 106 stochastische 110, 121 verbrauchsgesteuerte 106 Dispositionsart 92, 103, 106, 107, 108, 110, 111, 112, 113, 114, 119, 128, 131, 140, 144, 167, 176, 177, 200, 206, 207 Dispositionsbereich 44, 45, 48, 74 Dispositionsgruppe 48, 70, 80, 81 Dispositionslogik 17 Dispositionsparameter I, 38, 40, 42, 44, 45, 48 Dispositionsprofil 2 Dispositionsrelevanzkennzeichen 87, 89 Dispositionsverfahren 40, 106, 107, 112, 117, 118, 128, 131, 138, 139 Distribution Resource Planning, DRP 55
216
Distributionsplanung 39, 49, 51, 55, 56, 58, 74 DRP 55 Dummy-Baugruppe 81, 83, 86 Dummy-Materialart 46 Durchlaufzeit 14, 32, 93, 104, 113, 122, 127, 133, 137, 143, 147, 148, 152, 154, 169, 179, 182, 183, 186, 189, 192, 193, 196
E e-Business 4 Eilauftrag 91, 94, 103 Einzelbedarfskennzeichen 80, 87, 90, 92, 94, 144, 204, 206 Einzelfertigung 70, 71, 90, 92, 94, 204, 206 Einzelplanung 87, 90, 92, 204 Endproduktdurchsatz 99, 102, 155, 156, 159, 160, 165, 186, 187, 190, 191, 192, 195, 198 Engpass 54, 129, 156, 188 Ereignisgesteuertes Wissensbasiertes System 32 Ersatzteile 46, 47, 129 Exponentielle Glättung Alphafaktor 6 Exponentielles Glätten 123
F Fair-Share-Logik 57, 58, 74 Fehlmengenkosten 109, 173 Feinplanung 39, 54, 74, 184, 191 Fertigungsart 79 Fertigungsauftrag 40, 49, 55, 71 Fertigungshilfsmittel 39, 46, 47, 53 Findungs-Regeln 1, 2 Fixierungshorizont 94, 133 Flexible Planung 53, 54, 64, 65, 74 Fließfertigung 52, 65
Schlagwortverzeichnis Funktions-Kriterium 5
G Geräteindustrie 15 Geschäftsjahresvariante 110 Granularität 5, 129, 178 Grobplanung 39, 48, 52, 53, 54, 64, 74, 75 Grundbestand 104, 171, 173
H Halbfabrikate 46, 47 Handelsunternehmen 47, 68 Handelsware 46, 47, 70, 203 Hilfs- und Betriebsstoffe 46, 120
I IDES Modellunternehmen 30 Implementation Guide 28 INSPECT 34 Instandhaltungsbaugruppe 46, 47 Interaktiver Montageauftrag 61, 71, 72, 75 Intramaterial 46 Inventur 39
K Kampagne 50 KANBAN 37, 40, 46 Kapazitätsabgleich 40, 54 Kapazitätsauswertung 40 Kapazitätsplanung 8, 40, 54, 55 Kapazitätsrestriktionen 8, 10, 84 Kapitalbindung V, 13, 16, 19, 51, 84, 99, 100, 101, 102, 109, 112, 131, 153, 154, 155, 156, 158, 159, 163, 164, 165, 166, 183, 186, 187, 188, 190, 191, 195, 197, 198, 199, 206
Kennlinie 20 Komponentenauswahl 23, 24, 25, 38, 52 Konditionsart 31 Konditionstabelle 31 Konfiguration 61, 63, 71, 72 Konfigurationshilfsmittel 21, 76 Konfigurierbares Material 46, 47 Kontingent 69 Kontingentierung 58, 67, 69, 75 Kundenauftrag 39, 58, 60, 61, 62, 63, 64, 69, 71, 72, 76, 105, 204 Kundeneinzelfertigung 58, 59, 62, 63, 70, 71, 72, 75, 76, 79, 83, 93, 94
L Lagerabgangsprognose 19 Lagerfertigung 79, 90, 92, 93, 99, 103, 158 Lagerkomplex 43 Lagerort 38, 43, 44, 45, 48, 53 Lagerortdisposition 43, 44, 74 Lagerverrechnung 70, 75 Lagerverwaltungssystem 43 Langfristplanung 64 Leergut 46, 47, 48 Leitteileplanung 39, 52, 65, 74, 106 Lieferbereitschaftsgrad 19, 84, 105, 111, 112, 119, 136, 171, 172, 173, 177 Lieferzeit 58, 59, 60, 81, 84, 85, 86, 93, 127, 147, 178 Lineare Programmierung (LP) 9 LIVE KIT Power 28 LIVE KIT Structure 23, 24, 25, 26, 27, 28, 37, 38, 211 Lizenzkosten 3 logistische Kette 53 Lohnbearbeitung 45, 74, 76 Losfertigung 58, 75, 83, 85 Losgröße exakte 90, 135, 136, 143, 149, 161 maximale 93, 94, 111, 144, 151, 152, 153, 168, 208
217
Schlagwortverzeichnis minimale 15, 93, 94, 132, 151, 163, 164, 166, 168, 178, 208 Losgrößenbestimmung 18, 135 nach Groff 135, 137, 140, 141, 142, 146 nach Wagner/Within 141 Losgrößenmodifikatoren 92, 94, 111, 131, 137, 147, 149, 150, 151, 157, 167, 168, 169, 178, 182, 188, 200, 205, 206, 208 Losgrößenparameter 14, 103, 104, 111, 146, 148 Losgrößenverfahren 6, 16, 92, 93, 111, 120, 131, 133, 135, 136, 138, 139, 140, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 157, 158, 160, 161, 168, 169, 178, 179, 182, 188, 189, 200, 206, 208 Lösungskonfigurator 29
M Make-To-Order 73, 75 Manufacturing Resource Planning (MRP II) 8, 37, 40, 49, 51, 52, 65, 74 Material Requirements Planning (MRP I) 8, 37, 40, 49, 51, 52, 65, 74 Materialart 31, 41, 45, 46, 47, 48, 70 Materialdisposition bedarfsgesteuert 40 verbrauchsgesteuert 40 Materialstamm 1, 2, 3, 18, 39, 42, 44, 45, 46, 61, 73, 80, 81, 125, 135, 136, 144, 181, 183, 197, 209 Materialvariante 61, 63, 71, 72, 75, 76, 83 Materialwirtschaftsparameter 19 Maximalstückliste 63 Meldebestand 19, 44, 106, 109, 110, 111, 112, 113, 129, 131, 135, 146, 147, 177, 182 Mengenabweichung 173 Merkmalsvorplanung 62, 75, 83 Metaparameter 2 Microsoft Dynamics V Microsoft Excel 10 Mindestbestellmenge 15
218
Möbelindustrie 60 Modellbetrieb 34, 99, 153, 154, 195 Montageauftrag 61, 70, 71 Montagefertigung 61, 70, 71, 72, 75
N Nachschubbedarf 56 Nichtlagermaterial 46, 47, 48
O Ort der Parametereinstellung 3
P Parametercontrolling 3 Parametermanagement 3 PAREX-CI 32 Periodenkennzeichen 110, 116, 120, 121, 127, 129, 130, 133, 178 Pipeline-Material 46, 47 Planauftrag 40, 60, 90, 97, 105, 133, 144, 147, 175, 181, 202, 203, 209 Planprimärbedarf 13, 51, 59, 61, 62, 65, 75, 82, 88, 89, 91, 96, 97, 100, 103, 105 Planungshierarchie 53 Planungshorizont 9, 48, 110, 121, 128, 143, 175 Planungskalender 111, 113, 135, 146 Planungsruhe 84 Planungsstrategie 39, 58, 59, 62, 70, 72, 73, 75, 80, 81, 82, 83, 85, 87, 88, 89, 90, 91, 99, 127, 177, 204 Planungsstrategiegruppe 79 Planungsstrategieparameter 79, 88, 92, 95, 103, 110, 127, 144, 167, 176, 199, 204, 207 Positionstyp 70, 76 PPS-Simulator 13 Primärbedarf 60, 69
Schlagwortverzeichnis Produktgruppe 46, 47 Produktionslos 51 Produktionsplan 81, 82, 84, 132 Produktionsstufe 84, 113 Profil betriebswirtschaftliches 23, 26, 73 Prognose 30, 37, 39, 40, 57, 64, 65, 75, 86, 106, 110, 111, 116, 117, 118, 121, 122, 128, 130, 131, 132, 200, 207, 213 Prognosefehler 91, 98, 100, 101, 104, 105, 112, 122, 124, 127, 128, 129, 143 Prognosemodell 2, 110, 115, 117, 118, 119, 126, 129 Prognoseparameter 91, 104, 110, 115, 119, 121, 127, 133, 145, 168, 200, 207 Prognoseperiode 116, 145 Prognoseprofil 2 Prognoserechnung 18, 212, 213 Programmplanung 39, 52, 56, 64, 74, 79, 115 Projektfertigung 63, 70, 75 Prozessfertigung 47, 48, 50, 74 Prozessindustrie 46 Prozessmaterial 46, 48 Puffer 39, 143, 179, 182, 184, 187, 188, 191, 193, 199, 201, 209 Pufferzeit 132, 182, 183, 190 Pull/Push-Aufteilung 57 Pumpenhersteller 19 Push-Aufteilung 57 Push-Logik 57, 74
R Ratenplanung 55, 74 Ratenplanungsprofil 55 Reduktionsfrage 23, 24, 41, 47, 48 Reduzierungsparameter 179, 184, 193 Reduzierungsstufe 55, 193, 195 Referenzmodell 27, 28 Referenzsystem 30, 76 Rekonfiguration 19, 22 Rentabilität V, 158
Reservierung 39, 68, 202, 203, 204 Ressourcenabgleich 53, 54 Rohstoffe 46, 47 Rückwärtsterminierung 189, 197 Rundungsprofil 151, 162 Rundungswert 15, 16, 111, 132, 146, 147, 151, 152, 157, 158, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 166, 168, 169, 178, 208 Rüstkosten 8, 86, 137
S Sales and Order Planning (SOP) 39, 53, 74 Salesforce.com V Sammelplanung 90, 94, 204 SAP Advanced Planner & Optimizer (SAP APO) 8, 9, 10, 211 SAP Business ByDesign V, 27 SAP R/3 Business Engineer 29 SAP R/3 Navigator 29 SAP Solution Manager 28 Seiban 74 Sekundärbedarf 51 Serienfertigung 50, 55, 58, 60, 74 Serienplanung 39, 52, 55, 65, 74 Sicherheitsbestand 5, 10, 15, 18, 19, 28, 93, 104, 108, 109, 111, 112, 113, 119, 131, 132, 135, 143, 146, 147, 148, 162, 169, 171, 172, 173, 175, 176, 177, 178, 179, 183, 187, 188, 201, 207, 208 Sicherheitsbestandsparameter 93, 104, 111, 131, 143, 147, 169, 170, 177, 178, 179, 180, 200, 201, 205, 208 Sicherheitszeit 55, 93, 113, 132, 148, 179, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 195, 197, 200 Simulation 32, 33, 64, 75, 211 Software-Bibliothek 4, 23, 24 Splittung 135, 146, 147 Stammdatenprofil 2 Standard-Options-Prinzip 23 Staueffekte 15
219
Schlagwortverzeichnis Stückliste 13, 39, 46, 51, 54, 60, 61, 71, 73, 76, 85, 86, 92, 106, 128, 181, 206 Stücklistenauflösung 13, 128, 181 Supply Chain Management (SCM) 8, 9, 10 Szenarioadministration 34
T Templates 19, 28, 30 Terminabweichung 98, 152, 156, 157, 160, 161, 165, 166, 185, 188, 189, 190, 192, 193, 195, 199 Terminierungsart 6, 55, 132, 148, 179, 182, 184, 196, 197 Terminierungsparameter 55, 93, 105, 112, 132, 148, 169, 179, 181, 182, 183, 184, 200, 201, 208 Termintreue V, 68, 112, 123, 197
U Übergabesystem 19 Übersteuerung 17 Umbuchung 39 Umlaufbestand 99, 100, 187, 188 unbewertete Materialien 46 Unsicherheit, Arten der 92, 131, 170, 200
V ValueSAP 29 Variantenfertigung 76 Variantenkonfiguration 31, 39, 46, 62, 63, 72, 75 Variantenkonfigurator 25 Verbrauchsabweichung 174 Verbrauchsrisiko 108, 109 Verbrauchssteuerung 92, 109, 115, 119, 122
Verfügbarkeitsprüfung 8, 40, 61, 67, 68, 71, 75, 76, 80, 87, 94, 105, 169, 179, 200, 202, 203, 204, 206, 207, 208 Verfügbarkeitsprüfungskennzeichen 87, 89 Verfügbarkeitsprüfungsparameter 89, 94, 105, 113, 133, 148, 169, 179, 200, 206, 208, 210 Vergangenheitsverbrauch 6, 109, 131, 177, 178 Verknüpfte Aufträge 49 Verpackungsmaterialien 46, 47 Verrechnungshorizont 80, 91, 96, 99, 103, 127, 128 Verrechnungskennzeichen 87, 88 Verrechnungsmodus 80, 96, 97, 101, 103 Verrechnungsparameter 13, 59, 80, 91, 96, 98, 99, 103, 104, 105, 110, 127, 144, 167, 176, 199, 207 Verrechnungsprüfung 94 Verrechnungsstellgrößen 103, 104 Verteilung 56 Vertrieb 31, 47, 66, 68, 81, 88, 161 Vorgriffszeit 55, 94, 179, 184, 189, 190, 191, 192, 193, 195 Vorplanung 59, 61, 67, 69, 70, 72, 75, 76, 82, 83, 84, 85, 86, 91, 94, 98, 99, 104, 105, 115, 122, 127, 128 auf Baugruppenebene 60, 75, 83, 91 mit Endmontage 59, 75, 83, 84, 99 mit Vorplanungsmaterial 60 ohne Endmontage 60, 61, 75, 83, 94 Vorplanungsmaterial 60, 61, 75, 83, 94, 97 Vorplanungswerk 97 Vorproduktion 84, 85, 86, 93, 177 Vorschlag-Verrechnungskennzeichen 87, 88 Vorwärtsterminierung 181, 189, 197
W Warenausgang 39 Wareneingang 39
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Schlagwortverzeichnis Werbegeschenke 46 Werk 1, 3, 41, 42, 43, 44, 45, 48, 53, 74, 76, 97, 203 Werksparameter 48 Wettbewerberprodukte 46, 48 Wiederbeschaffungszeit 59, 68, 69, 81, 84, 86, 93, 112, 122, 146, 147, 175, 177, 178, 182, 203, 208, 209 Wirkungsbereich 7
X X-Teil 107, 118, 125, 126 XYZ-Kriterium 107, 118, 125, 126
Y Y-Teil 107, 108, 118, 119, 125
Z Z-Teil 107, 108, 118, 125 Zuordnungsdokumentation 26 Zuordnungselement 25, 41, 43, 44, 47, 49, 51, 52, 53, 54, 56, 57, 58, 59, 61, 63, 64, 67, 68, 70, 71, 72 Zuordnungskennzeichen 87, 88 Zusatzbedarf 131
221