Wenn es zutrifft, daß jedes Werk aus der Vergangenheit nur in bestimmten Momenten seiner Geschichte zu seiner ganzen Lesbarkeit gelangt, so scheint fUr die Brieft des Paulus die Zeit jetzt gekommen. Giorgio Agamben gibt ihnen jenen messianischen Stellenwert zurück, der allein die Perspektive einer nunmehr zweitausendjährigen Deutungstradition neu ausrichten kann: Paulus gründet keine universelle Religion, indem er eine. neue Identität und eine neue Berufung ankündigt, sondern er widerruft jede Identität und jede Berufung; er schafft das alte Gesetz nicht ab, sondern öffnet es zu einem Gebrauch, der jenseits jeden Gesetzes liegt. Von der Paulinischen Botschaft bis zu den Thesen Ober den Begriff der Geschichte Walter Benjamins (die bisweilen außerordentliche Entlehnungen aus ihr enrbalren) bildet die Umkehrung von Vergangenheit und Zukunft, von Erinnerung und Hoffnung das Herzstück des Messianismus. Die messianische Zeit ist die Jetztzeit; als Segment der profanen Zeit zwischen der WiederauferstehungJesu und dem apokalyptischen Ende konstituiert sie sich in der Zeiterfahrung der Gegenwart. Agambens Buch hält sich an das messianische Vorbild einer »schwindelerregenden Rekapitulation«: Das exegetische Wissen der Bibel geht über in die Illuminationen des Philosophen, der, ausgehend von Schmitt, Kafka und Scholem, die Paulinischen Texte befragt und in ihnen die begrifflichen Wutzeln der HegeIschen Dialektik findet. Giorgio Agamben, geboren 19~, lehrt Philosophie an der Universität Venedig. Im Suhrkamp Verlag liegt vor: Homo sacer (es 2068), Was von Auschwitz bleibt (es 2300), Ausnahmezustand (es Z366), Das Offene (es 2441), Profonierungen (es 2407), Idee der Prosa (BS 1360), Kindheit und Geschichte (BS 1379).
Giorgio Agamben
Die Zeit, die bleibt Ein Kommentar zum Römerbrief Aus dem Italienischen von Davide Giuriato
Suhrkamp
Titel der Originalausgabe: 11 tempo ehe resta. Un commento alla Lettera ai Romani Torino: Bollati Boringhieri 2000
edition suhrkamp 1453 Erste Auflage 1006 © Giorgio Agamben 1000 © der deutschen Ausgabe: Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1006 Deutsche Erstausgabe Alle Rechte vorbehalten. insbesondete das des öffentlichen Vortrags sowie der übertragung durch Rundfunk und Fernsehen. auch einzelner Teile. Kein Teil des Werke. darf in irgendeiner Form (durch Fotografie. Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet. vervieilliltigt oder verbreitet werden. Satz: Bibliomania GmbH. Ftankfurt am Main Druck: Druckhaus Nomos, Sinzheim Umschlag gestaltet nach einem Konzept von Willy Flcckhaus: Ralf Staudt Printcd in Germany ISBN 978-3-518-11453-6 4 5 6 -
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10 09 08 07
Inhalt
Vorbemerkung ....... ,..........................
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Erster Tag Paulos doulos christou lisou ............... Jacob Taubes in memoriam 13. Die Sprache des Paulus 13. Mhhodos 16. Die zehn Worte 16, Paulos 17. Über den guten Gebrauch des Klatschs 19. Doulos 23. Talmud und Corpus iuns 25, Christou Iisou 26, Eigennamen 27
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Zweiter Tag Kletos ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beru/3o. Berufung und Widerrufung 34. Chresis 37. Klisis und Klasse 40, Als ob 46, Impotentialis 49,
30
Erfordernis 50, Das Unvergeßliche 51. Gleichnis und Reich 54 Dritter Tag Aphörismenos ......................... Pharisäer 57. DaS geteilte Volk 59, Der Schnitt des Apelles 62, Rest 66, Das Ganze und der Teil 68
56
Vierter Tag Apostolos ............................. Nabi n Apokalyptisch 75, Operative Zeit 78. Kair6s und chronos 82, Parousia 83. Tausendjähriges Reich 86. 7jpos 87. Rekapitulation 89, Erinnerung und Rettung 91. Das Gedicht und der Reim 93
72
Fünfter Tag Eis euangelion theou . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. Eis 101. Euangelion 101. Plerophorfa 104 Nomos 1°5. Abraham und Moses 106", Katargefn 1°9. Astheneia III, AufhebungII3. Nullpunkt II5. Ausnahmezustand II8, Das Geheimnis der anomia 123. Antichrist 125
101
Sechster Tag (Eis euangelion theou) . . . . . . . . . . . . . . . . .. Schwur 127, Deditio infidem 129, BeritI3I, Unentgeltlichkeit 133> Die beiden Bünde 135, Gabe und Gnade 137, Der geteilte Glaube 138, Glauben an 141, Nominalsatz 142, Das Wort des Glaubens 144, Performativ 147, Performativum ftdei ISO, Das nahe Wort ISI
127
Schwelle oder tornada ............................ Zitat 153, Bild Is8,Jetztzeitl59
153
Anhang Referenzstellen aus den Paulinischen Texten. . .
163
Anmerkungen zur Obersetzung und zur Zitierweise .... "
224
Literaturverzeichnis ...................... .-. . . . . . .. 227 Namenregister ...................................
231
Die Zeit, die bleibt
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Weissagung über die Stille. Aus SeYr ruft man mir zu: Wächter, wie lange noch dauert die Nacht? Wächter, wie lange noch dauert die Nacht?
Jesaja 2I,II
7
Vorbemerkung
Die in diesem Buch vorgestellten überlegungen sind im Rahmen von mehreren Seminaren entstanden: Zuerst in aller Kürze im Oktober 1998 am Pariser College international de Philosophie, dann im Wintersemester 1998/99 an der Universität Verona und schließlich im April 1999 an der Northwestern University (Evanston) und im Oktober desselben Jahres an der University of California (Berkeley). Das hier veröffentlichte Buch ist das Ergebnis dieses fortschreitenden Wachstums und hat den Gesprächen mit den Studenten und Dozenten, die an den Seminaren teilgenommen haben, vieles zu verdanken. Die Form blieb bei jedem Treffen konstant: der Kommentar zu den zehn Wörtern des ersten·Verses, die den RömerbrieJeröffnen und die in jedem Sinn ad titteram gelesen wurden.' . In der Transkription der griechischen Wörter in lateinische Buchstaben wird der stets zu einem Akut vereinfachte Akzent nur bei mehrsilbigen Wörtern (bei zweisilbigen nur dann, wenn er auf die letzte Silbe flillt) gesetzt. Der Leser kann im Anhang den griechischen Text, d. h. die ~n den Seminaren analysierten und die direkt mit ihnen zusammenhängenden Stellen, in einer Interlinearübersetzung finden. Der griechische Text stammt aus der von Eberhard Nestle bestellten kritischen Edition (NoVum Testamentum graece et latine, herausgegeben von Erwin Nestle und Kurt Aland, United Bible Societies. London 251963). Die deutsche Interlinearübersetzung wurde unter Zuhilfenahme der übersetzung von Ernst Dietzfelbinger erstellt (Das Neue Testament. Interlinearübersetzung Griechisch-Deutsch, Neuhausen-Stuttgart 4 1990).
9
Erster Tag
Paulos doulos christou Iesou
Das vordringlichste Ziel dieses Seminars besteht darin, die Bedeutung der Paulinischen Briefe als grundlegenden messianischen Text der westlichen Kultur wiederherzustellen. Eine auf den ersten Blick banale Aufgabe, da niemand den messianischen Charakter der Briefe ernsthaft bezweifeln möchte. Gleichwohl ist diese Aufgabe nicht selbstverständlich, da eine nunmehr zweitausendjährige Praxis des Übersetzens und Kommentierens, die mit der Geschichte der christlichen Kirchen zusammenfällt, den Messianismus - und mit ihm den Ausdruck »Messias« selbst - buchstäblich aus dem Paulinischen Text gestrichen hat. Dies bedeutet nicht, daß man" sich so etwas wie eine vorsätzliche Strategie vorzustellen hat, die den Messianismus in seiner Wirksamkeit neutralisieren wollte. Zwar haben zweifellos zu verschiedenen Zeiten und auf unterschiedliche Arten sowohl in der Kirche als auc~ in der Synagoge antimessianische Tendenzen gewirkt. Aber das Problem ist grundlegender. Aus Gründen, die im Verlauf des Seminars noch geklärt werden, stellt sich einer messianischen Institution - d. h. einer messianischen Gemeinschaft, die als Institution auftreten möchte - eine paradoxe Aufgabe. Wie Jacob Bernays einmal ironisch festgehalten hat, ist »es nicht bequem, den Messias im Rücken zu haben« (Glucker 1996, S. 257) - ihn aber stets vor sich zu haben kann sich als ebenso unbequem erweisen. In beiden Fällen steht eine Aporie zur Diskussion, die die Struktur der messianischen Zeit selbst betrifft und die der besonderen Verbindung von Erinnerung und Hoffnung, Vergangenheit und Gegenwart, Fülle und Leere, Ursprung und Ziel inhärent ist. Die Möglichkeit, die Botschaft des Paulus zu verstehen, fällt mit der Erfahrung dieser Zeit vollständig zusammen: Ohne diese Erfahrung bleibt jene als toter Buchstabe zurück. Daher wird das Unterfangen, Paulus wieder in seinem messianischen Kontext zu verorten, für uns zuallererst bedeuten II
zu versuchen, den Sinn und die innere Form derjenigen Zeit zu verstehen, die bei ihm ho nyn kairOs, die »Jetztzeit«, heißt. In diesem Sinn kann man festhalten, daß es eine untergründige Solidarität zwischen der Kirche und der Synagoge gegeben hat, indem sie beide Paulus als Begründer einer neuen Religion dargestellt haben - eine Rolle, die er, der sich dem Ende der Zeit nahe glaubte, zweifellos nie sich zu geben geträumt hätte. Die Gründe für diese Komplizenschitft sind offensichtlich: Beiden ging es darum, das Judentum des Paulus zu streichen oder zumindest abzuschwächen, d. h. ihn seinem ursprünglich messianischen Kontext zu entreißen. Aus genau diesem Grund gibt es seit geraumer Zeit eine jüdische Literatur zu Jesus, die ihn mit Wohlwollen behandelt - a niee guy, lautete Jacob Taubes' scherzender Kommentar, oder Bruder ]esus, wie ein Buch von Ben Chorim von 1967 betitelt ist. Aber erst vor kurzem wurde der jüdische Kontext des Paulus von hebräischen Gelehrten ernsthaft neu bewertet. Noch als in den 1950er Jahren das Buch Paul and Rabbinie ]udaism von W. D. Davies nachdrücklich die Aufmerksamkeit auf den grundlegend jüdisch-messianischen Charakter des Paulinischen Glaubens richtete, waren die hebräischen Studien zum Thema maßgeblich von Bubers Buch Zwei Glaubensweisen beeinflußt. Die These dieses Buches - »die ich für höchst dubios halte, aber an der ich viel gelernt habe« (Taubes 1993, S. 16) und auf die wir zurückkommen werden - unterscheidet die hebräische emuna, d. h. das objektive und unmittelbare Vertrauen in die Gemeinschaft, der man angehört, von der griechischen pistis, d. h. der subjektiven Anerkennung eines Glaubens als eines wahren Glaubens, zu dem man konvertiert. Für Buber ist der erste Glaube der Glaube ]esu, der zweite hingegen, der Glaube an ]esus, ist natürlich der Glaube des Paulus. Seitdem haben sich die Dinge selbstverständlich geändert: Jüdische Gelehrte aus Jerusalern, Berlin und den Vereinigten Staaten haben begonnen, die Briefe des Paulus in ihrem eigentlichen Kontext zu lesen, wobei sie sie vielleicht noch nicht als das gelesen haben, was sie zuallererst sind, nämlich der älteste - und der anspruchsvollste - messianische Traktat der jüdischen Tradition. 12
Das posthume Buch von Taubes, Die politische Theologie des
Paulus (1993), stellt aus dieser Per~ spektive - auch wenn sie in einem Jacob Taubes inmemoriam einwöchigen Seminar skizzenhaft und unvollkommen bleiben mußte - einen bedeutungsvollen Augenblick dar. Taubes - der einer alten Familie von aschkenasischen Rabbinern entstammte und der in Jerusalern mit Gershom Scholem (dessen Bezug zu Paulus, wie wir sehen werden, ebenso kompliziert ist wie derjenige zu Benjamin) zusammengearbeitet hatte - sieht in Paulus einen vollkommenen Repräsentanten des Messianismus. Unser Seminar, das die messianische Zeit als Paradigma der historischen Zeit interpretieren möchte, kann - elf Jahre nach Taubes' Heidelberger Seminarnicht ohne eine Widmung an ihn in memoriam anfangen.
Die Briefe des Paulus sind auf griechisch geschrieben. Aber um welches Griechisch handelt es sich? Um jenes neutestamentarische Grie- Die Sprache des Paulus chisch, über das Nietzsche einmal geschrieben hat, daß Gott besondere Feinheit bewiesen habe, als er sich dafür entschied, sich einer so heruntergekommenen Sprache zu bedienen? Die Texte des corpus canonicum werden nicht nur in Begriffswörterbüchern, sondern auch in Wörterbüchern und Grammatiken des neutestamentarischen Griechisch so behandelt, als wären sie völlig homogen. Selbstverständlich trifft dies weder auf der Ebene des Denkens noch auf derjenigen der Sprache zu. Das Paulinische Griechisch ist - im Gegensatz zu demjenigen des Matthäus oder des Markus - keineswegs eine Sprache der Übersetzung, hinter der ein so aufmerksames Ohr wie dasjenige von Marcel Jousse den Rhythmus und den Atem des Aramäischen wahrnehmen könnte. Wilamowitz hat mit seinem Antinietzscheanismus hier einmal recht, wenn er das Griechisch des Paulus mit Nachdruck als eine Originalsprache darstellt: » [ ... ] daß dieses Griechisch mit gar keiner Schule, gar keinem Vorbilde etwas zu tun hat, sondern unbeholfen in überstürztem Gesprudel direkt aus dem Herzen strömt und doch eben Griechisch ist, kein übersetztes Aramäisch (wie die Sprü13
che Jesu) , macht ihn zu einem Klassiker des Hellenismus. « (Wilamowitz-ModlendorffI995, S. 232) »Klassiker des Hellenismus« ist allerdings eine ausnehmend unglückliche Definition. Eine von Taubes überlieferte Anekdote ist diesbezüglich erhellend. Er spazierte eines Tages während des Krieges in Zürich mit Emil Staiger, jenem berühmten Germanisten, der auch ein hervorragender Gräzist war (genau derjenige, der auch einen interessanten Briefwechsd mit Heidegger zur Interpretation eines Mörike-Verses unterhielt). »Eines Tages . gehen wir die Rämistraße von der Universität zum See, zum Bellevue, da bog er ab, und ich ging weiter bis zum Judenviertel in der Enge, da sagte er mir: Taubes, wissen Sie, gestern habe ich die Briefe des Apostels Paulus gdesen. Und dann kam wirklich mit tiefer Erbitterung: das ist doch nicht Griechisch, das ist doch Jiddisch! Und da sag ich: Ja, Herr Professor, darum versteh ich's ja auch!
müssen), darum mißtrauen, weil sie mit griechischer Kultur vollgesogen war und weil sie die Bibel in der Sprache des Aristoteles und Platons las. Als ob man sagen würde: Mißtraut den Spanisch-Jüdischen, weil sie G6ngora lesen und die Bibel in Ladino übersetzt ha~en; undmißtraut auch den westlichen Juden, weil sie eine Art Deutsch sprechen. Es gibt nichts, was rein jüdischer wäre, als in einer Exilsprache zu wohnen und sie in ihrem Innern zu bearbeiten, bis ihre Identität erschüttert ist und bis sie keine grammatikalische Sprache mehr ist: eine kleine Sprache, ein »Jargon« (so nannte Kafka das Jiddische) oder eine poetische Sprache (wie in den jüdisch-andalusischen Kharjas von Jehuda ha-Uvi und Moses ibn Esra, die man in den Genizah der Synagoge zu Kairci gefunden hat). Es handelt sich aber in jedem Fall um eine Muttersprache, auch wenn sie, in den Worten Rosenzweigs, genau den Umstand bezeugt, daß sich· das »Sprachleben [des Juden] stets in der Fremde fühlt und seine eigentliche Sprachheimat anderswo, in dem der alltäglichen Rede unzugänglichen Bezirk der heiligen Sprache weiß« (Rosenzweig 1976, S.335). (Scholems Brief an Rosenzweig vom Dezember 1926 - einer der wenigen Texte, in denen er einen direkt prophetischen Ton anschlägt, um das religiöse Vermögen jener Sprache zu beschreiben, die sich gegen ihre Sprecher wendet - ist eines der dichtesten Zeugnisse dieses Verzichts des Hebräischen, als Alltagssprache zu dienen.) Man muß die Sprache des Paulus und jener jüdisch-griechischen Gemeinschaft, die im Rahmen der jüdischen Diaspora sowohl für die sefardische Kultur bis ins i 8. Jahrhundert als auch für die aschkenasische Kultur im 19. und 20. Jahrhundert ein gewichtiges Kapitel darstellt, aus dieser Perspektive betrachten. Das nämlich steckt hinter Staigers Beobachtung (»das ist doch nicht Griechisch, das ist doch Jiddisch!«) und Nordens Vorbehalt in seinem Buch über die Antike Kunstprosa, wo festgehalten wird, daß »sein [des Paulusl Stil, als Ganzes betrachtet, unheUenisch« sei (Norden 1898, S.499), ohne daß darin ein eigentlich semitischer Ton wahrzunehmen wäre. Weder Griechisch noch Hebräisch, weder Laschon Hakodesch noch profanes Idiom - gerade dies macht seine Sprache so interessant (auch wenn wir hier die Frage nach einer messianischen Bedeutung der Sprache noch nicht stellen können). 15
Ich würde mit Ihnen am liebsten dieses Nichtgriechisch Silbe fiir Silbe den ganzen Text des Römerbriefes entlang Methodos durchbuchstabieren, dieses testamentarische Kompendium par excellence des Paulinischen Denkens, seines Evangeliums. Aber wir haben die Zeit nicht dazu. Aus Gründen, die wir jetzt nicht besprechen können, müssen wir auf eine kurze Zeit setzen, auf jene radikale Abbreviatur der Zeit, die die restliche Zeit ist. Die Verkürzung der Zeit, »das, was bleibt« (I Kor 7,29: »Die Zeit ist kurz. Was bleibt, ist ... «), ist für Paulus die messianische Situation par excellence, die einzig reale Zeit. Meine Wahl ist daher folgende: Wir werden zusammen nur den ersten kleinen Vers des Briefes lesen und Wort für Wort übersetzen und kommentieren. Ich werde am Ende des Seminars nur dann zufrieden sein, wenn wir wirklich verstanden haben, was dieser erste Vers bedeutet, im wörtlichen und in jedem an-deren Sinn. Das ist eine bescheidene AUfgabe, die sich aber mit ihrer Voraussetzung auf ein Wagnis einläßt. Wir werden nämlich diesen kleinen Vers so behandeln, als würde er mit seinen zehn Worten die gesamte Botschaft des Textes rekapitulieren. Paulus beginnt seine Briefe gemäß den epistolarischen Gepflogenheiten seiner Epoche mit einem Präskript, in dem er sich vorstellt und seine Adressaten benennt. Es ist oft beobachtet worden, daß sich das Präskript des Römerbriefes seiner Länge und seinem doktrinalen Gehalt nach von den anderen unterscheidet. Unsere Hypothese ist radikaler: Sie geht davon aus, daß jedes Wort des incipit in einer schwindelerregenden Rekapitulation (wie wir sehen werden, ist »Rekapitulation« ein wesentlich messianischer Begriff) den gesamten Text des Briefes in sich zusammenzieht. Das incipitzu verstehen bedeutet daher, den gesamten Text zu verstehen.
PAULOS DOULOS CHRISTOU IESOU, KLETOS APOSTOLOS APHORISMENOS EIS EUANGELLION THEOU.
Die zehn Worte Die lateinische übersetzung des Hieronymus, die die katholische Kirche über Jahr-
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hunderte benutzt hat, liest: Paulus servus Jesu Christi, vocatus apostolus, segregatus in evangelium Dei. Eine wörtliche Übersetzung in ein gängiges Deutsch: "Paulus Sklave des Jesus Messias, berufen zum Apostel, ausgesondert für das Evangelium Gottes.« Eine philologische Vorbemerkung: Wir lesen den Paulinischen Text in einer modernen Edition (in unserem Fall handelt es sich um die kritische Edition von Nestle-Aland, d. h. um eine zuletzt 1962 durchgesehene Revision der Ausgabe von Eberhard Nestle von 1898, die auf den textus receptus des Erasmus verzichtet und sich auf eine Kollation der Editionen von Tischendorf [1869] und von Westcott-Hort [1881] stützt). Entgegen der handschriftlichen Überlieferung führen diese Editionen notwendigerweise moderne graphische Konventionen ein, beispielsweise die Interpunktion, die bisweilen semantische Entscheidungen voraussetzen. So impliziert das Komma nach Jesou in unserem kleinen Vers eine syntaktische Struktur, in der durch die Trennung von doulos und kletos letzteres Wort auf apostolos bezogen wird ("Sklave des Messias Jesus, berufen zum Apostel«). Nichts hindert uns aber daran, eine andere syntaktische Struktur zu bevorzugen und zu lesen: Paulos doulos christou Iesou kletos, apostolos aphörismenos eis euangetion theou ("Paulus, zum Sklaven des Messias Jesus berufen, als Apostel ausgesondert für die Verkündigung Gottes«). Diese Lektüre würde übrigens besser zur ausdrücklichen Behauptung des Paulus passen (I Kor 15,9): ouk eimi hikanos kaleisthai apostolos ("ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden«). Ohne jetzt eine Entscheidung zu treffen, sollten wir nicht vergessen, daß sich der kleine Vers vom syntaktischen Standpunkt aus als ein einziges nominales Syntagma darstellt, absolut parataktisch, in einem einzigen Atemzug ausgesprochen nach der Steigerung Knechtschaft,
Berufung, Sendung, Aussonderung.
Ich erspare Ihnen die unendlichen Diskussionen zum Namen
Paulos, zur Frage etwa, ob er als römischer Name als praenomen oder cognomen oder sogar als signum oder Pau/os supernomen (d. h. als Spitzname) zu verstehen sei, oder 17
zu den "Gründen, warum der junge Jude mit dem stolzen biblisch-palästinischen Namen Sha'ul, der zugleich die Herkunft der Familie aus dem Stamm Benjamin unterstrich, diesen ganz ungewöhnlichen lateinischen erhielt« (Hengel 1991, S.198). Und warum nennt Paulus nie seinen ganzen Namen, der gemäß einer gänzlich unbegründeten Konjektur Gaius Julius Paulus gewesen sei? Und welche Verbindung besteht zwischen seinem römischen Namen und seinem hebräischen Namen Sha'ul (der in der Septuaginta Saoul oder Saoulos und eben nicht Saulos geschrieben wird)? Alle diese Probleme stammen aus einer Stelle der Apostelgeschichte (13)9), wo man lesen kann: Saulos ho kai Paulos (ho kai ist das griechische Äquivalent zum lateinischen Ausdruck qui et, was "der auch heißt« bedeutet und in der Regel einen Übernamen einführt). C> Meine methodologische Entscheidung, die zugleich einer minimalen philologischen Absicherung entspricht, besteht in diesem besonderen Fall wie auch allgemein für die ganze Interpretation des Paulinischen Textes darin, spätere Quellen, die anderen neutestamentarischen Texte inbegriffen, nicht heranzuziehen. Paulus nennt sich selbst in seinen Briefen immer nur Paulos. Das ist alles, und es gibt dem nichts hinzuzufügen. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, verweise ich auf die alte Studie von Dessau (1910) oder auf die jüngere, freilich keineswegs klügere Arbeit von Gustave Adolphus Harrer (1940). Aber vieles, was Sie da finden können, so erwa alt jene Spekulationen über den Beruf des Paulus, über seine Studien bei Gamaliel usw., ist ganz einfach Klatsch. Nicht, daß Klatsch nicht interessant sein könnte: Er ist sogar wegen seiner nichttrivialen Beziehung zur Wahrheit eine Kunstform, die das Problem der Verifikation und der Falsifikation umgeht und die vorgibt, näher bei der Wahrheit zu sein als ein faktischer Abgleich. Seine besondere epistemologische Bedeutung besteht darin, daß er zwar die Möglichkeit eines Fehlers vorsieht, diese aber den Begriff der Wahrheit nicht gänzlich kompromittiert, so daß für uns ein intelligenter Klatsch unabhängig von seiner Verifizierbarkeit interessant ist. Klatsch aber als Information zu behandeln ist eine in der Tat unverzeihliche apaideusia. 18
Daß es nicht zulässig ist, aus einem Text unmittelbar Informationen zur urkundÜber den guten Gebrauch des Klatschs lichen Wirklichkeit eines Autors oder einer Figur zu ziehen, bedeutet nicht, daß man daraus nicht umgekehrt nützliche Anregungen für ein besseres Verständnis des Textes selbst oder der Funktion gewinnen kann, die der Autor oder die Figuren oder ihre Namen im Text entfalten - daß es mit anderen Worten nicht auch einen guten Gebrauch des Klatschs geben kann. In diesem Sinn kann die plötzliche Wendung, mit der der Autor der Apostelgeschichte den Namen der Figur, die vorher Saulos hieß, zu Paulos ändert, nicht ohne Bedeutung sein. In literarischen Texten geschieht es bisweilen, daß im Laufe der Erzählung sogar der Autor seine Identität wechselt - daß beispielsweise der mutmaßliche Autor des Roman de la rose, Guillaume de Lorris, einem nicht weniger unbekannten Jean de Meun Platz macht, oder daß Miguel de Cervantes an einem bestimmten Punkt feststellt, daß nicht er der wahre Autor des Romans sei, sondern ein gewisser Cid Hamet BenEngeli (und in diesem Fall kann man dann herausfinden, daß Ben-Engeli die Transkription eines arabischen Wortes mit der Bedeutung »Sohn eines Hirschs« ist und vermutlich einen ironischen Hinweis auf die nach den Gesetzen zur limpieza de sangre, die eine maurische oder jüdische Herkunft diskriminierten, nicht sehr klare Abstammung des Autors beinhaltet). Im jüdischen Kontext findet sich der Archetyp der Metonomasie, d.h. der Namensänderung einer Figur, in 1 Mose 17,5, wo Gott selbst eingreift und die Namen von Abraham und Sara ändert, indem er ihnen jeweils einen Buchstaben hinzufügt. Phiion hat diesem Problem einen ganzen Traktat unter dem Titel De mutatione nominum gewidmet, in dem er die Episode von Abraham und Sara ausführlich kommentiert (demselben Problem sind auch zwei seiner Quaestiones et solutiones in Genesin gewidmet). Gegen diejenigen,. die den Umstand lächerlich finden, daß Gott sich eigens bemüht, Abraham einen einzigen Buchstaben zu schenken, macht Phiion geltend, daß diese kleinste Hinzufügung in Wahrheit den Sinn des ganzen Namens ändert - und damit die ganze Person Abrahams. Und in 19
bezug auf die Hinzufügung eines rho zum Namen Sara, schreibt er: »Was als einfache Hinzufügung eines Buchstabens erscheint, stellt in Wahrheit eine neue Harmonie her. Anstatt das Kleine stellt sie das Große her, anstatt das Besondere das Allgemeine, anstatt das Sterbliche das Unsterbliche.« (Philon 1984, S. 124f.) Daß dieser Traktat in der aktuellen Literatur zum Namen des Apostels nicht einmal erwähnt wird (obwohl er in den Kommentaren des Origenes und des Erasmus oft zitiert wird), ist ein schönes Beispiel rur das, was Giorgio Pasquali coniunctivitis profissoria (in diesem Fall theologico-profissoria) zu nennen pflegte. Indem Saulos nur einen einzigen Buchstaben seines Namens änderte, indem er also ein sigma durch ein pi ersetzte, hätte er gemäß dem Autor der Apostelgeschichte, der auch ein guter Kenner des hellenistischen Judentums war, eine entsprechende »neue Harmonie« im Sinn haben können. Saulos ist nämlich ein königlicher Name, und der Mann, der diesen Namen trug, übertraf jeden anderen Israeliten nicht nur nach Maßgabe seiner Schönheit, sondern auch seiner Größe (I Sam 9,2; im Koran heißt Saul daher Talut, der Große). Der Wechsel vom sigma zum pi bedeutet daher nicht weniger als den Übergang vom Königlichen zum Kleinsten, von der Größe zur Kleinheit - paulus bedeutet im Lateinischen »klein, von geringer Bedeutung«, und in I Kor 15,9 definiert sich Paulus selbst als »den kleinsten [etachistos] der Apostel«. Paulus ist also der messianische Übername, das signum (signum bedeutet dasselbe wie supernomen), das sich der Apostel in dem Augenblick verleiht, in dem er die messianische Berufung in vollem Umfang auf sich nimmt. Die Formel ho kai läßt keinen Zweifel daran, daß es sich um einen Übernamen und nicht um ein cognomen handelt - und es ist kaum zu glauben, daß man nach den Studien von Lambertz zu den Übernamen im Römischen Reich noch Gegenteiliges behaupten kann. Gemäß einem Gebrauch, der sich von Ägypten über ganz Kleinasien verbreitet; führt ho kai einen Übernamen ein. Unter den von Lambertz verzeichneten Beispielen findet sich auch ein ho kai Paulos, das er im Namen des Apostels vorgebildet sieht, das aber vermutlich nichts anderes tut, als dessen Geste der Demut zu wiederholen (Lambertz 1914, S. 152). Namensforscher haben 20
seit langem bemerkt, daß viele der neuen Namen beim allmählichen Übergang vom trinominalen System der Römer zum modernen uninominalen System nichts anderes als Spitznamen sind - oft Formen der Verkleinerung oder Geringschätzung, die nun im Zeichen der von den Christen vertretenen kreatürlichen Demut als Eigennamen angenommen werden. Es sind ganze I:.isten von solchen Übernamen überliefert, in denen dieser Übergang von der familiären Onomastik der Römer zum neuen Quasinamen der Christen in ßagranti dokumentiert ist: Januarius qui et Asellus Ludus qui et. Porcellus Ildebrandus qui et Pecora Man/ius qui et Longus Aemilia Maura qui et Minima ...
Saulos qui et Paulos enthält also eine onomastische Prophetie, die eine lange Nachkommenschaft haben sollte. Die Metonomasie realisiert das unversöhnliche messianische Prinzip, das vom Apostel mit Nachdruck ausgesprochen wird und wonach in den Tagen des Messias die schwachen und wertlosen Dingedie gewissermaßen nicht existieren - über diejenigen Dinge Überhand gewinnen, die die Welt als stark und wichtig einschätzt (I Kor 1,27: »Gott hat das Schwache der Welt gewählt, um das Starke zu verwirren, das nicht Seiende, um das Seiende zu zerstören«). Das Messianische trennt den Eigennamen vom Namensträger, der von nun an nur einen uneigentlichen Namen, einen Spitznamen haben kann.·Nach Paulus sind all unse- <J re Namen nichts als signa, Übernamen. Diese messianische Bedeutung der Metonomasie findet ihre Bestätigung auch in dem kleinen Vers, den wir kommentieren. Hier steht der Name Paulus gleich m;ben dem Wort doulos, »Sklave«: Da die Sklaven in der Welt der Antike keine juristischen Personen darstellten, besaßen sie zwar auch keinen wirklichen Namen, konnten aber von ihrem Herrn nach Lust und Laune benannt werden. Oft erhielten sie bei ihrem Kauf einen neuen Namen (Lambertz 1906-1908, S. 19). Platon spielt auf diesen Brauch an, wenn er schreibt: »Denn mich dünkt, welchen Namen jemand einem Dinge beilegt, der ist auch der 21
rechte, und wenn man wieder einen andern an die Stelle setzt und jenen nicht mehr gebraucht, so ist der letzte nicht minder richtig als der zuerst beigelegte, wie wir unseren Knechten andere Namen geben.« (Krat. 386d; Platon 1957, S. 127) Und Philostrates erzählt, daß Herodes Atticus seine Sklaven nach den vierundzwanzig Buchstaben des Alphabets benannt habe, damit sein Sohn diese üben könne, wenn er sie riefe. Unter diesen Nichtnamen, die reine signa der Sklaven waren, finden wir sowohl Namen, die auf die Herkunft verweisen, als auch Übernamen, die physische Charakteristika beschreiben, wie etwa micos, micros, micrine (klein, kleine) oder longus, longinus, megellos (groß, robust). Der Apostel muß in· dem Augenblick, in dem der Ruf aus ihm, dem freien Mann, einen »Sklaven des Messias« macht, auch wie ein Sklave seinen Namen verlieren - sei dies ein römischer oder ein hebräischer - und mit einem einfachen Spitznamen benannt werden. Dies war der Aufmerksamkeit Augustins nicht entgangen, der - entgegen dem abwegigen und in der Nachfolge oft wiederholten Hinweis des Hieronymus, wonach der Name Paulus vom Prokonsul stamme, den er bekehrt hatte - bestens wußte, daß Paulus ganz einfach »klein« bedeutet (Kommentar zu Psalm 72,4: Paulus [. . .] minimum est). Als Klatsch mag dies genügen. (:) Die methodologische Vorsichtsmaßnahme, die darin besteht, all das zu ignorieren, was auf einen bestimmten Text folgt, kann nicht wirklich eingehalten werden. Man kann das Gedächtnis eines gebildeten Lesers mit einem historischen Wörterbuch vergleichen, das alle Bedeutungen eines Wortes von seinem ersten Erscheinen bis zur Gegenwart enthält. Ein geschichtliches Etwas, wie es die Sprache definitionsgemäß ist, enthält stets - wie eine Monade - in sich seine ganze Geschichte (wie Benjamin sagt, seine Vor- und Nachgeschichte). Man kann gleichwohl versuchen - und wir werden dies mit der größtmöglichen Gewissenhaftigkeit tun -, die Bedeutungen eines Wortes nach einem bestimmten Datum nicht in Betracht zu ziehen. Es ist aber nicht immer leicht, die verschiedenen Stationen in der semantischen Geschichte eines Wortes auseinanderzuhalten, vornehmlich dann, wenn diese Geschichte wie im Paulinischen Text mit der Geschichte der westlichen Kultur in ihrer Ganzheit, mit ihren entscheidenden Zäsuren und ihren Kontinuitäten, identisch ist. Aber wenn die Interpretation des Neuen Testaments nicht von der Geschichte seiner Überlieferung und seiner Übersetzungen getrennt werden kann, dann ist die Vorsichtsmaßnahme um so notwendiger. Häufig wird
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nämlich eine spätere, aus jahrhundercelangen theologischen Diskussionen hervorgegangene Bedeutung in die Wörterbücher aufgenommen und dann unkritisch auf den Text projiziert. Es bleibt eine dringende Aufgabe, ein technisches Wörterbuch des Paulus (und nicht des Neuen Testaments in seiner Ganzheit) zu erstellen. Unser Seminar möchte ein erster, partieller Beitrag in diese Richtung sein. Die Vorsichtsmaßnahme impliziert keinerlei Urteil über die Geschichte eines Textes wie der Apostelgeschichte, die Gegenstand mancher Auseinandersetzungen gewesen ist. Sie gilt nur in dem eben genannten Sinn als allgemeine philologische und begriffliche Vorsicht. Zu unterscheiden, was im Text des Lukas eine historische Referenz hat und was Resultat hagiographischer Konstruktion ist (ob beispielsweise »sich zerceilende Zungen wie von Feuer. in Apg 2,3 ein historisches Ereignis darstellen oder nicht), ist zweifelsohne eine Aufgabe, die unsere Kräfte übersteigt.
Die Wichtigkeit des Wortes doulos, »Knecht, Sklave«, ist bei Paulus durch sein häufiges Auftreten dokumentiert: 47mal- mehr als ein Drittel der 127 Male im gesamten Doulos Neuen Testament. Paulus stellt sich den Rö~ern als Sklaven eher denn als Apostel vor (wie auch in Phil 1,1 und Tit 1,1). Was aber bedeutet es, ein »Sklave des Messias« zu sein? In der semantischen Geschichte des Wortes stößt man in neutestamentarischen Wörterbüchern' auf die Gegenüberstellung einer vornehmlich juristischen Bedeutung des Wortes in der antiken Welt einerseits, in der der Sklave technisch definiert wird, insofern er der Macht des dominus-despotes untersteht (die Griechen benutzten den Ausdruck oikües, um allgemein das ökonomische Verhältnis des Sklaven als Eigentum im oikos des Herrn zu unterstreichen), und einer de,utlich religiösen Konnotation anderseits, die der entsprechende hebräische Ausdruck 'ebedwie auch das arabische 'abd - in der semitischen Welt annehmen kann. Die Gegenüberstellung ist unbrauchbar, um den technischen Gebrauch bei Paulus zu verstehen. Dieser zeigt nämlich einen profanen juristischen Zustand und zugleich die Verwandlung an, die er in Verbindung mit dem messianischen Ereignis erfährt. Die juristische Bedeutung des Wortes ist an den Stellen deutlich, an denen doulos im Gegensatz zu eleUtheros (frei) steht und der Antithese Juden/Griechen folgt (wie etwa in I Kor 12,13: 23
»durch einen Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, ob Juden oder Griechen, ob Sklaven oder Freie«; vgl. auch Gal3,28 und KoI3,U). Damit evoziert Paulus zugleich die beiden grundsätzlichen Einteilungen von Personen, nämlich erstens nach dem jüdischen Gesetz (Juden-gojim, die in der Formel »Beschneidung-Unbeschnittenheit« aus Gal3,28 unterstrichen wird) und zweitens nach dem römischen Recht. Im ersten Buch der Pandekten kann man unter der Rubrik »de statu hominum« tatsächlich lesen, daß summa [. . .] de iure personarum divisio haec est, quod omnes aut tiberi sunt aut servi, daß also »die oberste rechtliche Einteilung der Personen darin besteht, daß alle entweder Freie oder Sklaven sind«. Bei Paulus nimmt doulos deswegen eine technische Bedeutung an (wie in »Sklave des Messias •• oder in dem fast schon Jargonausdruck hyper doulon, »Mehr-als-ein-Sklave, Übersklave.( in Phlm 16). Er bedient sich dieses Ausdrucks, um die Neutralisierung von gesetzlichen Einteilungen - und allgemeiner von allen juristischen und sozialen Bedingungen - durch das messianische Ereignis auszudrücken. Die entscheidende Passage zum Verständnis dieses Gebrauchs ist I Kor 7,20-23: »Jeder bleibe in der Berufung, in die er berufen wurde. Als Sklave wurdest du berufen? Kümmere·dich nicht darum! Aber auch wenn du frei werden kannst, brauche um so mehr! Denn wer im Herrn als Sklave berufen wurde, ist Freigelassener des Herrn. Ebenso ist, wer als Freier berufen wurde, Sklave des Messias.« Da wir diese Stelle für die Interpretation der Ausdrücke klet6s und klesis noch ausführlich kommentieren werden, sei für jed.e weitere Analyse auf die entsprechenden Seiten verwiesen. Wir können nur vorwegnehmen, daß fur Paulus das Syntagma »Sklave des Messias« den neuen messianischen Zustand bezeichnet, das Prinzip einer besonderen Verwandlung aller juristischen Zustände (die deswegen nicht einfach abgeschafft werden). Darüber hinaus müssen wir festhalten, daß der Vergleich in I Kor 7,22 - mit der festen Verbindung, die die Stelle zwischen der Verbgruppe ka!e{n, »rufen« und dem Ausdruck doulos herstellt - eine andere Setzung der Zäsur in unserem incipit nahelegt: »Paulus, berufen (als) Sklave des Messias Jesus, Apostel, I> der für die gute Nachricht Gottes ausgesondert wurde.(. Klet6s, 24
»berufen« steht genau in der Mitte der zehn Wörter, aus denen der kleine Vers zusammengesetzt ist, und stellt gewissermaßen den begrifflichen Angelpunkt dar, der sich ebenso auf den ersten Teil (derjenige, der frei war, wird nuh Sklave des Messias) wie auf den zweiten Teil (derjep.ige, der es nicht verdiente, Apostel genannt zu werden, wird als solcher ausgesondert) erstrecken kann. In jedem Fall ist der messianische Ruf das zentrale Ereignis sowohl in der individuellen Geschichte des Paulus als auch in derjenigen der Menschheit. T Die zwar noch sehr unzureichenden Studien zum Verhältnis zwischen römischem Recht und jüdischem Gesetz Talmud und Corpus iuris und zur Stellung, die Paulus in bezug auf beide einnimmt, scheinen gleichwohl vielversprechend zu sein. (Zur Beziehung zwischen Jesus und dem jüdischen und römischen Recht finden sich in den Büchern von Alan Watson, besonders in Jesus and the Law und Ancient Law and Modern Understanding, interessante Ansätze; das Buch von Boaz Cohen hingegen. Jewish and Roman Law, ist wenig ergiebig; das Buch von Peter Tomson Paul and the Jewish Law zum Verhältnis zwischen Paulus und jüdischem Gesetz dokumentiert die aktuelle Wende bei den Gelehrten sehr gut, die nun um jeden Preis und nicht ohne guten Grund darum bemüht sind, die Halacha im Paulinischen Text ausfindig zu machen.) Jedenfalls zeigt gerade hier die trockene Gegenüberstellung zwischen antiker Welt und Judentum ihre Unzulänglichkeit. Mischna und Talmud scheinen zwar ihrer formalen Struktur nach auf den ersten Blick ohne jegliche Entsprechung in der westlichen Kultur zu sein. aber der in der Rechtsgeschichte versierte Leser merkt bald, daß es in dieser ein fundamentales Werk gibt, das so sehr den jüdischen Kompilationen gleicht, daß es formal von diesen kaum unterschieden werden kann. Es handelt sich um die Pandekten, jenes Buch des Corpus iuris, das Justinian aus den Bemerkungen der großen römischen Jurisconsulti kompilieren ließ. Hier sind die Meinungen von Rechtsgelehrten verschiedener Epochen zu verschiedenen Fragen aneinandergereiht, und zwar oft in lebhaftem Widerspruch, genau so, wie Mischna und Talmud die untetschiedlichen Meinungen der Rabbiner aus dem Hause Schammai und aus dem Hause HilIei auflisten. Im folgenden Abschnitt würde es genügen. die römischen durch jüdische Namen auszutauschen, um diese formale Analogie ohne jeden Zweifel zu erkennen: »Ulpian im 22. Buch an Sabinus. - Wenn Jemand Vorräthe vermacht, so fragt sich, was dieses Vermächtniss umfasst. Und Quintus Mucius schreibt im zweiten Buche seines bürgerlichen Rechts, das Vermächtniss der Vorräthe umfasse, was zum Essen und Trinken bestimmt 25
sei; desgleichen schreibt Sabinus in den Büchern zu Vitdlius: Alles, was von diesen Gegenständen [zum Essen und Trinken] für den Hausvater, seine Gattin, Kinder und das Gesinde, was um sie zu sein pflegt, desgleichen fLir das zum Gebrauche des Herrn bestimmte Zugvieh angeschafft worden ist. Aristo bemerkt jedoch: auch das, was nicht zum Essen und Trinken gehört, werde unter diesem Vermächtniss begriffen, z. B. das, worin wir etwas zu essen pflegen, wie etwa Oel, Fischbrühe, Salzbrühe, und alles übrige dem ähnliche. Allerdings [spricht er,] wenn essbare Vorräthe vermacht werden, wie Labeo im neunten Buch seiner Posteriorum schreibt, so gehört nichts von diesen Gegenständen dazu, weil wir sie nicht zu essen, sondern nur vermittdst dersdben etwas zu essen pflegen. In Betreff des Honigs behauptet Trebatius das Gegentheil; wie billig, weil wir den Honig zu essen pflegen. Proculüs dagegen schreibt mit Recht, dass alle diese Gegenstände darunter begriffen wären, wenn nicht eine entgegengesetzte Willensmeinung des Testators erhelle. Ist, wenn Jemand alles Essbare vermacht hat, alsdann nur das, was wir zu essen pflegen, vermacht, oder auch das, womit wir es zu essen pflegen? Auch letzteres muss man als mit in dem Vermächtnisse enthalten ansehen, wenn nicht eine entgegengesetzte Meinung des Hausvaters dargethan wird. Dass aber die Lacerten [d. h. ein Seefisch) mit ihrer Salzlake dazugerechnet werden, hat auch Labeo nicht bestritten.« (Pandekt. XXXIII, 9/3, Bd. 3, S. 494) Die Analogie ist um so auffälliger, als das Co.rpus iuris civilis und der Talmud beide auf die Mitte des 6. Jahrhunderts n. Chr. zurückgehen.
Wenn man irgendeine gängige Version unseres kleinen Verses liest, kommt man nicht umhin festzustellen, Christou lesou daß schon in der Vulgata einige griechische Ausdrücke nicht übersetzt, sondern in ein Lehnwort überführt werden: apostolos in Apostel, euangelion in Evangelium und vor allem Christos in Christus. Jede Lektüre und jede neue Übersetzung des Paulinischen Textes muß zunächst die Aufmerksamkeit darauf richten, daß christOs kein Eig~nname ist, sondern schon in der Septuaginta eine griechische übersetzung des hebräischen maschiah darstellt, was »der Gesalbte«, d. h. der Messias, bedeutet. Paulus kennt nicht Jesus Christus, sondern Jesus Messias oder den Messias Jesus, wie er ohne jeden Unterschied schreibt. Ebenso verwendet er nie den Ausdruck christianos. Aber auch wenn er diesen Ausdruck gekannt hätte {wie man aus Apg II,26 vermuten kann}, hätte er für ihn nichts anderes als »messianisch« bedeuten können, 26
zuallererst im Sinne von »Gefolge des Messias«. Diese Bemerkung versteht sich von selbst, da sie nicht ernsthaft bestritten werden kann. Sie ist aber keineswegs banal, da eine zweitausendjährige Praxis, die das Wort christos unübersetzt ließ, dazu geführt hat, daß der Ausdruck »Messias« aus dem Paulinischen Text verschwunden ist. Das euangelio?'l· tou christou aus Röm 15,19 ist die gute Nachricht von der Ankunft des Messias, und die Formel IesoUs estin ho christos, in der sich in Joh 20,31 und in Apg 9,22 der messianische Glaube derjenigen Gemeinschaften ausspricht, an die sich Paulus richtete, hätte schlichtweg keinen Sinn, wenn christos ein Eigenname wäre. Es ist absurd, von einem »messianischen Bewußtsein« des Jesus und der Apostel zu sprechen, wie dies moderne Theologen tun, wenn man zugleich davon ausgeht, daß sie christos als Eigennamen verstehen. Bei Paulus fällt die Christologie - vorausgesetzt, daß man bei Paulus überhaupt von einer Christologie sprechen darf - restlos mit der Lehre des Messias zusammen. Wir werden daher christos immer mit »Messias« übersetzen. Wenn daher der Ausdruck »Christus« in unserer Lektüre nie auftauchen wird, so impliziert dies weder eine polemische Intention noch eine judaisierende Lektüre des Paulinischen Textes, sondern nur einen grundsätzlichen philologischen Skrupel, den jeder Übersetzer - sei er nun mit einern imprimatur gewappnet oder nicht - beachten sollte.
Die Behauptung, die sich in modernen Kommentaren nicht selten findet und nach der das Syntagma Christos IesoUs (oder IesoUs Christos) einen einzigen Eigen- Eigennamen namen bildet, hat offensichtlich keine philologische Grundlage. Die Unterscheidung zwischen Christos (mit Majuskel) und christos als Gattungsbezeichnung wurde von modernen Editoren eingeführt. Die ältesten Manuskripte unterscheiden nicht nur nicht zwischen Minuskel und Majuskel, sondern schreiben christos - wie die anderen nomina sacra: theos, kjrios, pneuma, IesoUs usw. - als Abkürzung (der Ursprung dieses Gebrauchs geht gemäß Traube auf das jüdische Verbot zurück, das Tetragramm auszusprechen). Im Vorwort zur Ausgabe
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von Nestle-Aland liest man hingegen: »christos wurde klein geschrieben, wo es Amtsbezeichnung .der Messias< ist (z. B. in Mt 16,16), dagegen groß, wo es deutlich zum Eigennamen geworden ist, z. B. GalP4-29.« (Nestle/Aland 1963, S. 7) Selbstverständlich liegt das ganze Problem dieser mehr oder minder bewußten Überschreitung der elementarsten philologischen Regeln im »wann« dieser Deutlichkeit. Sicher bestand di~e Evidenz weder für die Evangelisten, die sehr genau wissen, was der Ausdruck christos bedeutet Goh 1,41: »Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte [christos]«), noch für die ersten Kirchenväter, von Origenes (vgl. Kommentar zu Joh 1,191: ten christos prosegorian) bis zu Justin (der sonst den Juden Tryphon nicht sagen ließe: .,Wir alle warten auf den Christus«). Ebenso ist im Paulinischen Text die Unterscheidung zwischen ho christOs mit Artikel und christos ohne Artikel unbedeutend: Ganz analog schreibt Paulus nomos manchmal mit und manchmal ohne Artikel, ohne daß dies bedeuten würde, daß nomos für ihn zu einein Eigennamen geworden wäre. Ganz im Gegenteil belegt eine formale Analyse des Paulinischen Textes, daß christos nichts anderes als eine Gattungsbezeichnung sein kann, da der Apostel nie kfrios christos (als Verbindung von zwei Gattungsbezeichnungen mit verschiedenen Konnotationen), sondern immer kjrios IesoUs christos, kjrios IesoUs, christos IesoUs kfrios, hemon schreibt (Coppens 1968, S. 133). Im allgemeinen sollte man nie vergessen, daß es in der Macht keines Autors liegt, einen Ausdruck, der im linguistischen Kontext, in dem er lebt, der Alltagsprache angehört, in einen Eigennamen zu verwandeln, und dies um so weniger, wenn es sich um einen so grundlegenden Begriffhandelt, wie es für einen Juden der des Messias war. Bei der Frage, an welchen Stellen des Paulinischen Textes dieser Begriff seine .. alttestamentarische« Bedeutung beibehalte, handelt es sich um ein Pseudoproblem. Paulus konnte naturgemäß nicht ein Neues und ein Altes Testament ·als zwei getrennte Textkomplexe voneinander unterscheiden, wie wir das heute tun, sondern die kaini diathike, von der er spricht, ist selbst ein »alttestamentarisches« Zitat Ger 31,31), das eben die messianische Erfüllung der Thora bedeutet (die
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palai!t diatMke wird »im Messias unwirksam gemacht« [2 Kor 3,14]). Wenn in einem modernen Kommentar zum Römerbrief steht: »Hier lesen wir zuerst Christus J esus, dann Jesus Christus. Beide Formeln stellen einen einzigen Eigennamen dar, der als Gattungsbezeichnung von Messias zum Verschwinden tendiert« (Huby 1957, S. 38f.), so können wir also diese Behauptung völlig ignorieren. Sie tut nichts anderes, als unser Vergessen von der ursprünglichen Bedeutung des Ausdrucks christos auf den Paulinischen Text zu projizieren. Dies ist selbstverständlich kein Unfall, sondern eine der Begleiterscheinungen der wunderbaren Konstruktionsarbeit jener Sektion der christlichen Theologie, die von den Modernen Christologie genannt wird. Unser Seminar nimmt sich nicht vor, sich an dem christologischen Problem zu messen, sondern versucht bescheidener und philosophischer, die Bedeutung des Wortes christos, d. h. »Messias«, zu verstehen. Was bedeutet es, im Messias zu leben, was ist das messianische Leben? Und welche Struktur besitzt die messianische Zeit? Diese Fragen, die die Fragen des Paulus sind, müssen auch die unseren sein.
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Zweiter Tag
Kletos
Der Ausdruck kletos, der vom Verb kalein (rufen) stammt, bedeutet .berufen« (Hieronymus übersetzt mit vocatus). Er taucht auch im Präskript zum ersten KorintherbrieJauf, in den anderen Briefen findet man hingegen oft die Formel: .Apostel durch den Willen Gottes«. Man muß sich diesem Ausdruck ausführlicher widmen, weil bei Paulus der ganze Wortstamm von kalein eine technische Bedeutung annimmt, die für die Definition des messianischen Lebens grundlegend ist, insbesondere im Deverbativum klesis, .Berufung, Ruf«. Die entscheidende Stelle ist I Kor 7,17-2'?: .Im übrigen, wie der Herr einem jeden zugeteilt, wie Gott einen jeden berufen hat, so wandle er. So ordne ich in allen Versammlungen an [en tais ekkMsiais, noch einmal ein Wort vom Stamm kaleln]. Als Beschnittener wurde jemand berufen? Er soll sich nicht die Vorhaut überziehen! In Unbeschnittenheit wurde jemand berufen? Er soll sich nicht beschneiden "lassen! Die Beschneidung ist nichts, und die Unbeschnittenheit ist nichts [... ]. Jeder bleibe in der Berufung, in die er berufen wurde. Als Sklave wurdest du berufen? Kümmere dich nicht darum! Aber auch wenn du frei werden kannst, brauche um so mehr! Denn wer im Herrn als Sklave berufen wurde, ist Freigelassener des Herrn. Ebenso ist, wer als Freier berufen wurde, Sklave des Messias. «
Was bedeutet hier klesis? Was bedeutet der Satz: »Jeder bleibe in der Berufung, in der er berufen wurde« (en te klesei he ekllthe)? Bevor wir diese Fragen beantworten, müs- Beruf sen wir uns notwendigerweise mit der strategischen Funktion beschäftigen, die der Ausdruck klesis - oder besser: seine deutsche Übersetzung BeruJ- in einem für unser Jahrhundert entscheidenden Werk der Sozialwissenschaften ausübt: Die Ethik des Protestantismus und der Geist des Kapitalismus von Max Weber (1904). Die These Webers ist bekannt: Was er .Geist des Kapitalismus« nennt, d. h. die Mentalität, die aus dem Profit 30
selbst, unabhängig von seinen hedonistischen oder utilitaristischen Motivationen, ein Gut macht, habe ihren - freilich von seinen religiösen Grundlagen emanzipierten - Ursprung in der berüflichen Askese der Calvinisten und Puritaner. Das bedeutet mit anderen Worten, daß der kapitalistische Geist eine Säkularisierung der puritanischen Berufsethik ist. Der Beruf aber - und dies~r Punkt interessiert uns besonders - entsteht seinerse~ts auf der Grundlage der eben geiesenenPaulus-Stelle zur klesis und verwandelt die messianische Berufung, die darin thematisiert wird, in die moderne Konzeption von Beruf, der zugleich Berufung und weltlicher Beruf ist. Die lutherische Übersetzung von klesis mit Berufan verschiedenen Stellen der Briefe und im besonderen in unserer Passage aus I Kor 7,17-22 stellt einen entscheidenden Augenblick in diesem Säkularisierungsprozeß der messianischen klesis dar. Über die lutherische Übersetzung gewinnt ein Ausdruck, der ursprünglich nur die von Gott oder vom Messias an einen Menschen gerichtete Berufung bedeutete, die moderne Bedeutung »Beruf«, die wenig später von Calvinisten und Puritanern mit einer vollständig neuen ethischen· Bedeutung überlagert wird. Der Paulinische Text enthält gemäß Weber keinerlei positive Bewertung der menschlichen Berufe, sondern drückt einzig die Haltung einer »eschatologischen Indifferenz« aus, die aus der für die ersten christlichen Gemeinschaften charakteristischen Erwartung eines unmittelbar bevorstehenden Endes hervorging: »[ ... ] da alles auf das Kommen des Herrn wartet, so mag jeder in dem Stande und in der weltlichen Hantierung bleiben, in der ihn der ,Rufe des Herrn gefunden hat, und arbeiten, wie bisher.« (Webet 1920, S. 75) Obwohl Luther zunächst die eschatologische Indifferenz des Paulus teilt, arbeitet er von einem gewissen Moment an - auch als Folge der Bauernaufstände - schrittweise an einer Neubewertung dessen, welche Bedeutung die konkreten Berufe für den einzelnen als göttliches Gebot haben, die weltlichen Pflichten, die ihm die Vorsehung zugeteilt hat, zu erfüllen: »[ ... ] der einzelne soll grundsätzlich in dem Beruf und Stand bleiben, in den ihn Gott einmal gestellt hat, und sein irdisches Streben iil den Schranken dieser seiner gegebenen Lebensstellung halten.« (Weber 1920, S. 76) 31
In diesem Kontext beschäftigt sich Weber mit dem Problem einer genaueren Bedeutung des Ausdrucks klesis im Paulinisehen Text, dem er unter anderem eine längere Fußnote widmet. So schreibt er: »Luther übersetzt [... ] zunächst ganz verschiedene Begriffe mit Beruf. Einmal die Paulinische klesis im Sinne der Berufung zum ewigen Heil durch Gott. Dahin gehören: I Kor 1,26; Eph 1,18; 4,1; 4,4; 2 Thess 1,11; Hebr 3,1; 2 Petr 1,10. In all diesen Fällen handelt es sich um den rein religiösen Begriff jener Berufung, die durch Gott vermittelst des durch den Apostel verkündeten Evangeliums erfolgt ist, und hat der Begriff klesis nicht das Mindeste mit weltlichen Berufen im heutigen Sinne zu tun." (Weber 1920, S. 66) Gemäß Weber bildet gerade unsere Passage aus I Kor 7 die Brücke zwischen der »rein« religiösen Bedeutung des Ausdrucks »Ruf« und seiner modernen Bedeutung Beruf. Es lohnt sich, Webers Überlegungen ausführlich zu zitieren, da sie eine Schwierigkeit verraten, mit der er nicht zurechtkommt: »Die Brücke zwischen jenen beiden anscheinend ganz heterogenen Verwendungen des Wortes Beruf bei Luther schlägt die Stelle im ersten Korintherbrief und ihre Übersetzung. Bei Luther (in den üblichen modernen Ausgaben) lautet der ganze Zusammenhang, in dem diese Stelle steht, wie folgt: 1 Kor 7,17: .[ ... ] ein jeglicher, wie ihn der Herr berufen hat, also wandle er ... (18) Ist jemand beschnitten berufen, der zeuge keine Vorhaut. Ist jemand berufen in der Vorhaut, der lasse sich nicht beschneiden. (19) Die Beschneidung ist nichts und die Vorhaut ist nichts; sondern Gottes Gebot halten. (1.0) Ein jeglicher bleibe in dem Beruf, in dem er berufen ~t (en tl klese he eklithe, - wie Geheimrat A. Men: mir sagt, ein zweifelloser Hebraismus, - Vu{g-ata: in qua vocatione vocatus est). (1.1) Bist du ein Knecht berufen, sorge des nicht [... ]<. [ •.. ] In v. 20 hatte Luther im Anschluß an die älteren deutschen Übertragungen noch 1523 in seiner Exegese dieses Kapitels klesis mit Ru/übersetzt und damals mit .Stand, interpretiert. In der Tat ist offenbar, daß das Wort klesis an dieser - und nur an dieser - Stelle so ziemlich dem lateinischen status und unserem Stand (Ehestand, Stand des Knechtes usw.) entspricht. (Aber doch gewiß nicht, wie L. Brenrano annimmt, im Sinn von Beru/im heutigen Sinne.« (Weber 1920, S. 67)
Wie ist das zu verstehen, daß hier der Ausdruck klesis die moderne Bedeutung von Berufsowohl habe als auch nicht habe? Ist es richtig, wenn man wie Weber die Paulinische Konzeption
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des Rufs als Ausdruck einer »eschatologischen Indifferenz« in bezug auf die weltlichen Umstände interpretiert? Und auf welche Weise vollzieht sich in der besprochenen Passage der Bedeutungsübergang von der religiösen Berufung zum Beruf? Der entscheidende Punkt liegt offensichtlich in Vers 20, in jenem en te klesei he eklithe, den Weber auf Anregung von Merx als einen Hebraismus interpretiert. In Wahrheit entbehrt diese Hypothese jeglicher philologischen Notwendigkeit und widerspiegelt vielmehr ein rein semantisches Verständnisproblem. In syntaktisch-grammatikalischer Hinsicht ist der Satz nämlich völlig deutlich, und Hieronymus gibt ihn ohne Probleme wieder m!t in qua vocatione vocatus est. Noch wörtlicher hätte er schreiben können: in vocatione qua vocatus est, ))in der Berufung, in der er berufen worden ist«. Im Griechischen drückt das anaphorische Pronomen he (lat. qua) deutlich den Sinn der Formel aus, ihre eigentümliche tautegorische Bewegung, die vom Rufkommt und zu ihm zurückkehrt. Wie es der Eigensinn einer jeden Anapher erfordert, nimmt das he den eben erwähnten Ausdruck - klesis - wieder auf. Es ist diese anaphorische Bewegung, die den Sinn der Paulinischen klesis bestimmt und sie zu einem technischen AusdruCk seines messianischen Vokabulars macht. Die klesis zeigt die eigentümliche Verwandlung an, die jeder juristische und jeder weltliche Zustand erfährt. wenn er mit dem messianischen Ereignis in Verbindung tritt. Es handelt sich also nicht um eine eschatologische Indifferenz. sondern um die Änderung, ja fast um die innere Verschiebung jedes einzelnen weltlichen Zustands. wenn er ))berufen« worden ist. Die ekklesia, die messianische Gemeinschaft, ist für Paulus wörtlich die Gesamtheit der kieseis, der messianischen Berufungen. Die messianische Berufung hat gleichwohl keinen spezifischen Inhalt: Sie ist nichts anderes als die Wiederaufnahme derselben faktischen oder juristischen Zustände. in die man gerufen wird oder zu denen man berufen ist. Insofern sie diese stillstehende Dialektik beschreibt, diese Bewegung sur p!ace. kann sich die klesis mit dem faktischen Rechtszustand und Status vermischen und sowohl ))Berufung« als auch Berufbedeuten. Diese Bewegung ist für den Apostel aber zuallererst eine An33
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nullierung: »Die Beschneidung ist nichts, und die Unbeschnittenheit ist nichts.« Was nach dem Gesetz aus dem einen einen Juden und aus dem anderen einen goj, aus dem einen einen Sklaven und aus dem anderen einen Freien machte, wird durch die Berufung nichtig. Warum aber in diesem Nichts bleiben? Noch einmal drückt das menetö (bleibe) keine Indifferenz aus, sondern die stillstehende anaphorische Geste des messianischen Rufs, den Umstand, daß er wesentlich ein Rufdes Ruft ist. Deswegen kann er in jede Bedingung einwilligen, aus demselben Grund aber im Akt der Einwilligung diese Bedingung widerrufen und radikal in Frage stellen.
Paulus hält dies wenig später in einer außerordentlichen Passage fest, die vielleicht seine strengste Definition des messianischen Le- Berufung und Widerrufung bens darstellt (I Kor 7,29-32: »Dies aber sage ich, Brüder, die Zeit ist zusammengedrängt. Was bleibt, ist, damit die Frauen Habenden als ob nicht Habende seien und die Weinenden als ob nicht Weinende und die sich Freuenden als ob nicht sich Freuende und die Kaufenden als ob nicht Behaltende und die die Welt Nutzenden als ob nicht Nutzende. Es vergeht nämlich die Gestalt dieser Welt. Ich will jetzt, daß ihr ohne Sorgen seid.« Hös me, »ais ob nicht«: bas ist die Formel des messianischen Lebens und der tiefste Sinn der klesis. Die Berufung ruft zu nichts und zu keinem Ort: Deswegen kann sie mit dem faktischen Rechtszustand, zu dem jeder berufen wird, zusammenfallen, gerade deswegen aber wird dieser auch ganz und gar widerrufen. Die messianische Berufong ist die Widerrufong jeder Berufong. In diesem Sinn definiert sie die einzige Berufung, die mir akzeptabel erscheint. Was ist nämlich eine Berufurig anderes als die Widerrufung jeder konkreten, faktischen Berufung? Es geht selbstredend nicht darum, eine weniger authentische Berufung durch eine wahrhaftere zu ersetzen: In wessen Namen könnte man sich denn für die eine oder andere entscheiden? Nein: Die Berufung ruft die Berufung selbst, sie ist wie eine Notwendigkeit, die sie bearbeitet und von innen aushöhlt und sie in der Geste selbst, mit der sie in ihr 34
verharrt, nichtig macht. Dies - und nichts weniger als dies bedeutet es, eine Berufung zu haben, in der messianischen klesi; zu leben. Das hös me erscheint nun als ein wesentlicher terminus technicus des Paulinischen Vokabulars. Es ist nötig, sowohl auf syntaktisch-grammtikalischer als auch auf semantischer Ebene seine Eigentümlichkeit zu erfassen. Es ist bekannt, daß die Partikel hös bei den Synoptikern eine wichtige Funktion einnimmt, nämlich als einleitender Ausdruck eines messianischen Vergleichs (beispielsweise in Mt 18.3: ))Wenn ihr nicht [... ) wie die K,inder werdet [hös ta paidia)«, oder im Modus der Negation i~ Mt 6,5: »seid nicht wie die Heuchler«). Welches ist die Bedeutung dieser Vergleiche und allgemeiner jedes Vergleichs? Die mittelalterlichen Grammatiker interpretierten den Vergleich nicht als Ausdruck einer Identität oder einfach einer Ähnlichkeit, sondern - im Rahmen der Theorie über intensive Größen - als die (intensive oder remissive) Spannung, die zwischen einem Begriff und einem anderen besteht. So wird im letztgenannten Beispiel der Begriff Mensch in ein Spannungsverhältnis zum Begriff Kind gesetzt, ohne daß die beiden Ausdrucke deswegen identisch wären. Das Paulinische hös me erscheint daher als ein Spannungserzeuger besonderer Art, der nicht das semantische Feld eines Begriffs zu einem anderen Begriff hin ausdehnt, sondern in der Formel Als-ob-nicht in bezug auf sich selbst in Spannung versetzt: Weinende als ob nicht Weinend~. Die messianische Spannung richtet sich also weder auf ein anderes, noch erschöpft sie sich in der Indifferenz zwischen einer Sache und ihrem Gegenteil. Der Apostel sagt weder »Weinende als ob Lachende« noch ))Weinende als ob (d.h.: =) nicht Weinende«, sondern ))Weinende als ob nicht Weinende«. Dem Prinzip der messianischen klesis gemäß wird ein bestimmter, faktischer Zustand zu sich selbst in Bezug gesetzt - das Weinen spannt sich zum Weinen, das Freuen zum Freuen - und auf diese Weise widerrufen und in Frage gestellt, ohne daß seine Form verändert würde. So kann die Paulinische Stelle zum hös me mit dem Satz enden: paragei gar to schema tou kosmou toutou (I Kor 7.31), ))es vergeht nämlich die Gestalt, die Seinsweise dieser Welt.« Indem das Messianische im Als-ob-nicht alles auf sich 35
selbst bezieht, löscht es dieses nicht einfach aus, sondern läßt es vorübergehen, bereitet sein Ende vor. Es ist nicht eine andere Gestalt, eine andere Welt, sondern das Vorbeigehen der Gestalt dieser Welt. T Eine apokalyptische Parallele zum Paulinischen hos me findet sich in 4 Esra 16.42-46 :
Qui vendit, quasi qui fogiet;. et qui emit, quasi qui perditurus; qui mercatur. quasi qui fruetum non eapiat; et qui aediJieat, quasi non habitaturus; qui seminat, quasi qui non metet; et qui vineam putat, quasi non vindemiaturus; qui nubunt, sie quasi ji/ios non faeturi; et qui non nubunt, sie quasi vidui. Eine genauere Analyse des Textes zeigt aber, daß die scheinbare Nähe (hos me. quasi non) tiefgreifende Unterschiede birgt. Nicht nur stellt Esra verschiedene Verben einander gegenüber. während Paulus fast immer dasselbe Verb verneint. sondern Esra unterscheidet auch. wie schon beobachtet worden ist (Wolbert 1981. S. 122). die Zeiten (Gegenwart und Zukunft). die bei Paulus in einer einzigen Gegenwart verschmelzen. Bei Paulus ist die im hos me realisierte messianische Annullierung der klesis vollkommen inhärent. sie kommt nicht nachträglich zu ihr hinzu (wie bei Esra). noch fügt sie ihr irgend erwas hinzu. Die messianische Berufung ist in diesem Sinne eine immanente Bewegung - oder. wenn man will. eine Zone der absoluten Ununterscheidbarkeit zwischen Immanenz und Transzendenz. zwischen gegenwärtiger und künftiger Welt. Dies gilt es im Sinn zu behalten. wenn es darum gehen wird. die Struktur der messianischen Zeit zu begreifen. Aus dieser Perspektive heraus ist es möglich. in I Kor 7.29-32 eine implizite und vielleicht nicht unbeabsichtigte Gegenüberstellung zu der Stelle in Pred 3.4-8 zu sehen. in der Kohelet die Zeiten deutlich auseinanderhält. die von Paulus verschmolzen werden: »Weinen hat seine Zeit [in der Septuaginta kair";s]. und Lachen hat seine Zeit. Klagen hat seine Zeit und Tanzen hat seine Zeit. [... 1Suchen hat seine Zeit. und Verlieren hat seine Zeit. Behalten hat seine Zeit und Wegwerfen hat seine Zeit. [... ] Der Krieg hat seine Zeit. und der Friede hat seine Zeit.« Paulus definiert den messianischen Zustand ganz einfach dadurch. daß er durch das hos me die Zeiten. die Kohelet auseinanderhält. übereinanderschiebt.
Um die messianische Instanz des Als-ob-nicht in jeder klesZs und die ihr innewohnende Notwendigkeit, die jede Berufung widerruft, auszudrücken, greift Paulus auf einen Chresis einzigartigen Ausdruck zurück, •der den Interpreten viel Kopfzerbrechen bereitet ha~: chresai, »gebrauche«. Lesen wir noch einmal 1 Kor 7,21: »Als Sklave wurdest du berufen? Kümmere dich nicht darum! Aber auch wenn du frei werden kannst, brauche um so mehr!« Mit der Mehrheit der Interpreten und gegen Luther, der chresai auf die Freiheit bezieht und nicht, wie die Formeln ei kai (auch wenn) und mal/on (um so mehr) implizieren, auf die Knechtschaft, tun wir gut daran zu lesen: »Auch wenn du frei werden kannst, um so mehr gebrauche deine klesis als Sklave.« Gebrauch: Das ist die Definition, die Paulus vom messianischen Leben in der Form des Als-obnicht gibt. Messianisch leben bedeutet, die klesis zu »gebrauchen«, und die messianische klesis ist umgekehrt etwas, das man nur gebrauchen und nicht besitzen kann. Man versteht nun die Bedeutung der Antithesen in den Versen 30 und 31 besser: »die Kaufenden als ob nicht Besitzende und die die Welt Nutzenden [chromenotl als ob nicht Nutzende [katachrJmenoz].« Es handelt sich um einen expliziten Verweis auf die Definition von Eigentum (dominium) im römischen Recht: ius utendi et abutendi (diese Bedeutung bestätigt sich in der Lesart von Ms. L: panachromenoi, Nutzende im"technischjuristischen Sinn). Paulus stellt dem dominium den messianischen usus gegenüber: Nach der Formel Als-ob-nicht im Ruf zu bleiben, bedeutet,. ihn nie zum Gegenstand eines Besitztums, sondern nur eines Gebrauchs zu machen. Das hös me hat demnach nicht nur einen negativen Gehalt; es ist für Paulus der einzig mögliche Gebrauch weltlicher Zusrände. Die messianische Berufung ist kein Recht und konstituiert auch keine Identität: Sie ist eine allgemeine Potenz, die man gebraucht, ohne je ihr Inhaber zu sein. Messianisch zu sein, im Messias zu leben, bedeutet die Enteignung jedes juristisch-faktischen Eigentums in der Form des Als-ob-nicht (beschnitten/unbeschnitten; Freier/Sklave; Mann/Frau). Aber diese Enteignung gründet keine neue Identität: Die »neue Schöpfung« ist nur der Gebrauch und die messianische Berufung der alten (2 Kor 5,17: »wenn 37
jemand im Messias ist. neue Schöpfung [kaini krisis]: Das Alte ist vorbeigegangen, siehe, Neues ist geworden«). Die franziskanische Inanspruchnahme des usus gegen das Eigentum gewinnt auf der Grundlage dieser Paulinischen Konzeption der messianischen Berufung ihren ganzen Sinn. In ihrer Treue zum Prinzip der altiss;ma paupertas beschränkten sich die spirituellen Strömungen der Franziskaner tatsächlich nicht darauf, gegen die Anweisungen der römischen Kurie jede Form von Eigentum abzulehnen, vielmehr nahmen sie - wie der juristische Scharfsinn von Bartolo da Sassoferrato sofort bemerkte, der für die Franziskaner von einer novitas vitae sprach, für die das Zivilrecht keine Gültigkeit besaß - implizit die Vorstellung einer forma vivendi in Anspruch, die von der Sphäre des Rechts gänzlich getrennt war. Usus pauper ist der Name, den sie dem Verhältnis dieser Lebensform zu den weltlichen Gütern gaben. Gegen diejenigen, die behaupteten, daß der Gebrauch letztlich auf ein .Recht zum Gebrauch« (ius in usu, usum habere) zurückzuführen sei und demnach einer potestas licita utendi rem ad utilitatem suam entspreche (wie es etwa bei der Nutznießung geschieht), hält Olivi fest, daß »Gebrauch und Recht nicht dasselbe sind: Wir können nämlich etwas gebrauchen, ohne ein Recht auf es und zu seinem Gebrauch zu haben, so wie der Sklave eine Sache seines Herrn gebraucht, ohne selbst Herr oder Nutznießer dieser Sache zu sein.« (Lambertini 1990, S. 159) Obwohl sich die Franziskaner unter den Paulinischen Texten am meisten auf I Tim 6,8 (»Wenn wir Nahrung und Kleider haben, soll uns das genügen«) berufen, können viele Stellen zur Unterscheidung zwischen usus und dominium in der quaestio de altissima paupertate von Olivi als regelrechte Glossen zu I Kor 7,30f. gelesen werden: .dicendum quod dare et emere et ceteri contractus«, so schreibt er, • in apostolos erant solo nomine et solo ritu exteriori non autem in rei veritate« (Lambertini 1990, S. 161). Indem so eine Tendenz weitergeführt wurde, die schon in den Schriften des Franziskus zu finden war, wonach der Orden als eine messianische Gemeinde konzipiert und die Regel im Evangelium - verstanden als eine Lebensform (haec est vita evangeli fesu Christi, so beginnt die erste Regel) - aufgelöst wurde, wollten sowohl Olivi als auch Angelus Clarenus einen neuen Raum schaffen, der dem Zugriff der Macht und C> ihrer Gesetze entgehen sollte, und zwar nicht, indem sie den Konflikt mit ihnen suchten, sondern indem sie diese Gesetze einfach unwirksam machten. Wie wir noch sehen werden, kann die Paulinische Strategie deren integraler Bestandteil die Stelle aus I Kor 7 zum Als-ob-nicht ist in bezug auf das Gesetz in einer analogen Perspektive gelesen werden. (9
T Es scheint nun von Nutzen, das Paulinische Als-ob-nicht mit einer juristischen Einrichtung zu vergleichen, die einige Analogien zu ihm aufweist: die jictio legis, die zu Recht als eine vorbildlose Erfindung des
römischen Zivilrechts erkannt worden ist (Thomas 1990. S.20). Die »Fiktion« - die nicht mit einer Vermutung verwechselt werden darf, die sich auf eine ungesicherte Tatsache bezieht - besteht darin. eine gesicherte Wahrheit durch eine gegensärzlicl)e Annahme zu ersetzen. aus der man juristische Konsequenzen herleitet (/ietio est in re eerta eontrariae veritatis pro veritate assumptio). Je nachdem. ob diese Annahme negativ oder positiv ist. drückt sie sich in der Formel aus: ae si non / ae si. perinde ac si non / perinde si. Ein Beispiel der fietio legis ist die Lex eornelia (81 v. ehr.) über die Gültigkeit der Testamente von römischen Bürgern. die in Gefangenschaft verstorben sind. Nach römischem Recht impliziert die Gefangenschaft den Verlust des Status eines freien Bürgers und daher auch des Vermögens. ein Testament aufZusetzen. Um den vermögensrechtlichen Folgen dieses Prinzips abzuhelfen. hielt die Lex eornelia fest. daß man rur den Fall. daß ein zum Sklave gewordener römischer Bürger ein Testament aufgesetzt habe. so vorgehen solle. »als wäre er nicht Gefangener gewesen« (oder mit der entsprechenden positiven Formel: »als wäre er als freier Bürger gestorben«. atque si in civirate decessisset). Die fictio besteht hier darin. so zu tun. als ob der Sklave ein freier Bürger wäre. und aus dieser Fiktion die Rechtsgültigkeit eines juristischen Aktes abzuleiten. der sonst ungültig wäre. Diese Fiktion konnte bisweilen so weit gehen. daß eine gesetzliche Anordnung rur ungültig erklärt wurde (ac si Lex fata non esset) oder man ,mit einem bestimmten juristischen Akt - ohne seine Realität in Abrede zu stellen - so umging. als hätte er sich nicht ereignet (pro infeao). . Mit einer ihm eigentümlichen Geste geht Paulus im Als-ob-nieht zum Äußersten und wendet ein verfeinert-juristisches Instrument gegen das Gesetz. Was bedeutet es denn. in der Form des Als-ob-nicht Sklave zu bleiben? Der juristisch-faktische Zustand wird hier durch die messianische Berufung nicht in seinen juristischen Konsequenzen negiert. um wie in der fietio /egis - andere oder geradezu entgegengesetzte Konsequenzen an deren Stelle geltend zu machen. Durch das Als-ob-nicht wird vielmehr das Gesetz ;- obwohl es juristisch unverändert bleibt - wiederaufgenommen und in eine Zone versetzt. die weder faktisch noch rechtmäßig ist. sondern sich ihm als Ort einer reinen Praxis. eines einfachen Gebrauchs (»um so mehr. gebrauche!«) entzieht. Wenn die faktische klesis in der messianischen Berufung zu sich selbst in Bezug gesetzt wird. wird sie nicht durch eine andere ersetzt. sondern unwirksam gemacht (wie wir sehen werden. bedient sich Pa\.!lus eines speziellen Ausdrucks. der genau »deaktivieren. unwirksam machen« bedeutet) und so auf ihren wahren Gebrauch hin geöffnet. Deswegen definiert Paulus den Sklaven in der messianischen Berufung mit einem außerordentlichen Hapaxlegomenon als hyper doulos: »Übersklave. Sklave der zweiten Potenz«.
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Max Weber beschäftigt sich in seiner Fußnote über die Bedeutung des Ausdrucks klesis bei Paulus mit eiKlesis und Klasse ner Stelle aus Dionysios von Halikarnaß, die seiner Meinung nach den einzigen Text der griechischen Literatur darstellt, in dem sich klesis »in einer wenigstens daran erinnernden Bedeutung findet« (Weber 1920, S. 67). Dionysios leitet in dieser Passage vom griechischen klesis den lateinischen Ausdruck claisis'ab, der jene Bürgerabteilung bezeichnet, die zu den Waffen einberufen wird (kl!tseis kam tas Hellenikas kieseis paranomasantos). Obwohl die modernen Philologen diese Etymologie als unwahrscheinlich ablehnen, ist sie für uns interessant, weil sie es erlaubt, einen der Schlüsselbegriffe des Marxschen Denkens auf die messianische klesis zu beziehen. Es ist oft beobachtet worden, daß Marx als erster ohne Vorbehalte das französische Lehnwort Klasse an die Stelle des gebräuchlicheren Stand (ein Begriff, den auch Hegel in seiner politischen Philosophie häufig gebraucht) gesetzt hat. Daß diese Ersetzung für Marx eine strategische Funktion hat, ist durch den Umstand bezeugt, daß er Hegels Lehre von den Ständen schon in seiner Kritik des Hegelschen Staatsrechts (1841-42) ins Visier nimmt. Auch wenn Marx den Ausdruck nicht immer konsistent gebraucht, steht fest, daß er den Begriff »Klasse« mit einer Bedeutung auflädt, die weit über seine Kritik an, Hegels Philosophie hinausgeht und die bezeichnend ist für die große Veränderung, die die Machtübernahme des Bürgertums im politischen Gefüge verursacht hat. Das Bürgertum stellt in der Tat die Auflösung aller Stände dar, es ist radikal Klasse und nicht mehr Stand: »Die Revolution der Bourgeoisie schaffte die Stände samt ihren Vorrechten ab. Die bürgerliche Gesellschaft kennt nur noch Klassen« (Marx 1959, Bd.4, S.181f.); ))die Bourgeoisie ist [... ] eine Klasse, nicht mehr ein Stand« (Marx 1958, Bd. 3. S. 62). Solange das System der Stände noch Bestand hatte, konnte die durch die Arbeitsteilung bedingte Aufspaltung jedes Individuums zwischen persönlichem und professionellem, bestimmten Arbeitsumständen untergeordnetem Leben nicht ans Licht treten . • Im Stand (mehr noch im Stamm) ist dies noch verdeckt, z. B. ein Adliger bleibt stets ein Adliger, ein Roturier sters ein Roturier, abgesehen von
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seinen sonstigen Verhältnissen, eine v.on seiner Individualität unzertrennliche Qualität. Der Unterschied des persönlichen Individuums gegen das Klassenindividuum, die Zufälligkeit der Lebensbedingungen für das Individuum tritt erst mit dem Auftreten der Klasse ein, die selbst ein Produkt der Bourgeoisie ist.• (Ebd., S. 76)
Die Klasse steht demnach für die Spaltung zwischen dem Individuum und seiner sozialen Stellung, die sich ihrer Bedeutung, die sie im Stand noch innehatte~ entledigt hat und sich jetzt in ihrer reinen Zufiilligkeit zeigt. Die Klasse - das Proletariat -, die in sich diesen Bruch verkörpert und die die Kontingenz jedes sozialen Rangs sozusagen nackt ausstellt, ist auch die einzige, die die Trennung in Klassen aufheben kann, um so zugleich sich selbst und die ganze Gesellschaft zu befreien. Es ist nützlich, die berühmte Passage aus der Kritik der Hegelsehen Rechtsphilosophie zu zitieren, in der Marx die Erlösungsfunktion ausspricht, die er dem Proletariat beimißt: »Wo also die positive Möglichkeit der deutschen Emanzipation? Antwort: In der Bildung einer Klasse mit radikalen Ketten, einer Klasse der bürgerlichen Gesellschaft, welche keine Klasse der bürgerlichen Gesellschaft ist, eines Standes, welcher die Auflösung aller Stände ist, einer Sphäre, welche einen universellen Charakter durch ihre universellen Leiden besitzt und kein besondres Recht in Anspruch nimmt, weil kein besondres Unrecht, sondern das Unrecht schlechthin an ihr verübt wird, welche nicht mehr auf einen historischen, sondern nur noch auf den menschlichen Titel provozieren kann, welche in keinem einseitigen Gegensatz zu den Konsequenzen, sondern in einem allseitigen Gegensatz zu den Voraussetzungen des deutschen Staatswesens steht, einer Sphäre endlich, welche sich nicht emanzipieren kann, ohne sich von allen übrigen Sphären der Gesellschaft und damit alle übrigen Sphären der Gesellschaft zu emanzipieren, welche mit einem Wort der völlige W1rlust des Menschen ist, also nur durch die völlige Wiedergewinnung des Menschen sich selbst gewinnen kann. Diese Auflösung der Gesellschaft als ein besonderer Srand ist das Proletariat.• (Marx 1957, Bd. I, S. 390)
Man kann hier ganz deutlich sehen, wie genau Benjamins These zutrifft, wonach Marx im Konzept »Gesellschaft ohne Klassen« die Vorstellung einer messianischen Zeit säkularisiert hat. Versuchen wir nun, die von Dionysios vorgeschlagene Etymologie rur einen Moment ernst zu nehmen und die Funktion der messianischen klesis bei Paulus derjenigen der Klasse bei Marx zur
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Seite zu stellen. Wie die Klasse die Auflösung aller Schichten und das Hervortreten des Bruchs zwischen Individuum und seiner sozialen Stellung bedeutet, so bedeutet die messianische klesis in der Form des AIs-ob-nicht die Aushöhlung und die Ungültigkeit aller juristisch-faktischen Trennungen. In diesem Sinn drückt die semantische Unbestimmtheit zwischen kiesisI Ruf und klesislBeruf (die Weber so sehr beschäftigte) die Zuflilligkeit aus, die sowohl für das' Messianische als auch für den Proletarier bei Marx dem eigenen sozialen Zustand anhaftet. Als Gemeinschaft der messianischen kieseis - d. h. derjenigen Menschen, die sich dieser Zuflilligkeit bewußt geworden sind und die in der Form des AIs-ob-nicht und des Gebrauchs leben weist die ekklesta demnach mehr als nur eine Analogie zum Marxschen Proletariat auf. So, wie der Berufene, der mit dem Messias gekreuzigt wird, für die alte Weh stirbt (Röm 6,6), um zu neuem Leben zu erwachen (Röm 8,1I), kann sich das Proletariat nur dann befreien, wenn es sich selbst aufhebt: Der »völlige Verlust« des Menschen koinzidiert mit seiner völligen Erlösung. (Daß das Proletariat im Laufe der Zeit mit einer bestimmten sozialen Klasse gleichgesetzt worden ist - nämlich der Arbeiterklasse, die für sich Vorrechte und Rechte einforderte -, ist aus dieser Perspektive betrachtet das schlimmste Mißverständnis des Marxschen Denkens. Was bei Marx eine strategische Identifizierung war, nämlich die Arbeiterklasse als klesis und als kontingente historische Figur des Proletariats, wird so zu einer eigentlichen und substantiellen sozialen Identität, die ihre 'revolutionäre Berufung notwendigerweise verlieren muß.) Die von Marx vorgenommene Säkularisierung des Messianischen ist bis hierher punktuell und evident. Ist es aber möglich, bei Paulus von einer »Gesellschaft ohne kieseis« zu sprechen, so wie Marx von einer »Gesellschaft ohne Klassen« spricht? Die Frage ist berechtigt, da die faktischen kieseis - obwohl es zutrifft, daß sie als solche bleiben (»Jeder bleibe ... «) - ungültig und in ihrer Bedeutung ausgehöhlt werden (»Die Beschneidung ist nichts, und die Unbeschnittenheit ist nichts«, »wer im Herrn als Sklave berufen wurde, ist Freigelassener des Herrn«). Selbstverständlich sind verschiedene Antworten möglich. Im übrigen C> sind zwei von ihnen schon in Stirners Gegenüberstellung von
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Empörung und Revolution unp in der ausführlichen Kritik, di~ Marx in der Deutschen Ideologie an ihr übt, vorgezeichnet. Nach Stirner (wenigstens in der Darstellung von Marx) ist die Revolution die »Umwälzung des bestehenden Zustandes oder status, des Staats oder der Gesellschaft, ist mithin eine politische oder soziale Tat« (Marx 1958, Bd. 3, S. 361), die auf die Schaffung neuer Institutionen abzielt: Die Empörung hingegen ist »eine Erhebung der Einzelnen [... ] ohne Rücksicht auf die Einrichtungen, welche daraus entsprießen. [... ] Sie ist kein Kampf gegen das Bestehende, da, wenn sie gedeiht, das Bestehende von selbst zusammenstürzt, sie ist nur ein Herausarbeiten Meiner aus dem Bestehenden« (ebd.). Als Kommentar dazu zitiert Marx eine Stelle aus einem auch von Georg Kuhlmann, das einen unverkennbar messianischen Titel trägt, Das Reich des Geistes: »Ihr solltet nicht niederreißen und zerstören, was Euch da im Wege steht, sondern es umgehen und verlassen. Und wenn Ihr es umgangen und verlassen habt, dann höret es von selber auf, denn es findet keine Nahrung mehr.« (Ebd.) Obwohl es Marx auf diese Weise gelingt, Stirners Thesen lächerlich zu machen, stellen diese gewiß .eine mögliche Interpretation des Paulinischen Als-ob-nicht dar, die w.ir ethisch-anarchisch nennen können. Die andere, die marxistische Interpretation, die Revolte und Revolution, politischen Akt und egoistische und individuelle Notwendigkeit nicht unterscheidet, stößt auf eine Schwierigkeit, die sich in der Aporie ausgedrückt hat, daß sich eine Partei zugleich als identisch mit der Klasse und als unterschieden von ihr definiert ha~ (die kommunistische Partei unterscheidet sich also nur insofern von der Arbeiterklasse, als sie deren historischen Gang in seiner Totalität erfaßt). Wenn die politische Aktion (die Revolution) völlig mit dem egoistischen Akt des einzelnen (der Revolte) zusammenHült, warum ist dann so etwas wie eine Partei noch nötig? Lukacs' Antwort auf dieses Problem in Geschichte und Klassenbewußtsein ist bekannt: Das Problem der Organisation ist das Problem des »Klassenbewußtseins«, dessen universeller Inhaber und Katalysator zugleich die Partei ist. Genaugenommen bedeutet dies aber zu behaupten, daß die Partei von der Klasse getrennt ist wie das Bewußtsein vom Menschen, mit allen Aporien, die dieser These anhaften. 43
(Die averroistische Aporie lautet: Die Partei ist so etwas wie der handelnde Verstand bei den mittdalterlichen Philosophen, der den Verstand des Menschen von der Potenz in den Akt überführen muß. Die hegelianische Aporie lautet: Was ist das Bewußtsein, wenn es die magische Möglichkeit, die Realität zu verändern, in sich sdbst bestreitet?) Daß dies Lul.cics dazu geführt hat, in der »richtigen Theorie« das entscheidende Kriterium für die Definition der Partei zu finden, zeigt noch einmal die Nähe zwischen diesem problematischen Knoten und der messianischen klesis. Auch als sich die ekklesia als Gemeinschaft der messianischen Berufungen eine Organisation geben wollte, die von der Gemeinschaft sdbst zu unterscheiden war und zugleich mit ihr zusammenfallen sollte, wurde das Problem der richtigen Doktrin und der Unfehlbarkeit (d. h. das Problem des Dogmas) zentral. Es gibt noch eine dritte mögliche Interpretation, die wir anarchisch-nihilistisch nennen können und die Taubes in der Nachfolge Benjamins aufstellt. Sie bewegt sich in der absoluten Ununterscheidbarkeit zwischen Revolte und Revolution, zwischen wdtlicher und messianischer klesis, und zieht die Unmöglichkeit nach sich, ein Bewußtsein der Berufung zu artikulieren, das von der Bewegung seiner Spannung und seiner Widerrufung im Als-ab-nicht zu unterscheiden wäre. Diese Interpretation hat die ausdrückliche Feststellung des Paulus auf ihrer Seite, wonach er nicht sich sdbst ergriffen habe, sondern ergriffen worden und von diesem Ergriffenwordensein aus nach der bevorstehenden klesis gezogen worden sei (Phil 3,12 f.). Die Berufung flillt hier mit der Bewegung des Rufs zu sich sdbst zusammen. Wie man sieht, sind verschiedene Interpretationen möglich, und vielleicht ist keine von ihnen richtig. Die einzige Interpretation, die hingegen nicht möglich ist, ist diejenige, die die Kirche auf der Grundlage von Röm 13,1 vorgeschlagen hat: Jede Macht kommt von Gott, also arbeitet, gehorcht und stdlt die euch in der Gesdlschaft zugeordnete Stellung nicht in Frage. Wo ist hier das Als-ab-nicht? Reduziert man die messianische Berufung so nicht zu einem mentalen Vorbehalt oder, im besten Fall, zu einer Art MarranismUs ante litteram? 44
T Zu Beginn der 1920er Jahre beschäftigt sich Heidegger mit Paulus in einem Seminar, das den Titel Einleitung zur Phänomenologie der Religion trägt. Er kommentiert hier in aller Kürze die Stelle aus 1 Kor 7,20-23 über die klesis und das hös me. Nach Heidegger sind bei Paulus weder das Dogma noch die Theorie grundlegend, sondern die faktische Erfahrung, die Art und Weise, wie die weltlichen Verhältnisse erlel;>t werden (der Vollzug, die Lebensart). Für Paulus ist diese Lebensart vom hös me bestimmt: .Es handelt sich nur darum, ein neues Grundverhalten dazu zu gewinnen. Das muß jerzt nach der -vollzugsmäßigen Struktur herausgestellt werden. Die zwar daseienden Bedeutsamkeiten des wirklichen Lebens werden gelebt hös me, als ob nicht. [... ] Auffallend ist 1 Kor 7,20. In der Berufung, in ·der einer ist, soll er bleiben. Das genesthai ist ein menein. [... ] Damit zeigt sich ein eigentümlicher Sinnzusammenhang an: Diese Bezüge zur Umwelt bekommen ihren Sinn nicht aus der gehaltlichen Bedeutsamkeit, worauf sie gehen, sondern umgekehrt, aus dem ursprünglichen Vollzug bestimmt sich der Bezug und der Sinn der gelebten Bedeutsamkeit. Schematisch: erwas bleibt unverändert, und doch wird es radikal verändert. [... ] Das, was geändert wird, ist nicht der Bezugssinn und noch weniger das Gehaltliche. Also: der Christ tritt nicht aus der Welt heraus. Ist einer als Sklave berufen, so soll er gar nicht in die Tendenz verfallen, daß er bei Steigerung seiner Freiheit fiir sein Sein erwas gewinnen könnte. Der Sklave soll Sklave bleiben. Es ist gleichgültig, in welcher umweltlichen Bedeutung er steht. Der Sklave als Christ ist frei von .aller Gebundenheit, der Freie aber als Christ wird Sklave vor Gott. [... ] Diese auf die Umwelt gehenden Sinn richtungen, auf den Beruf und auf das, was man ist (Selbsrwelt), bestimmen in keiner Weise die Faktizität des Christen. Trotzd~m sind sie da, sie werden da behalten und erst eigentlich zugeeignet.« (Heidegger 1995, S. 117-119) Diese Passage ist wichtig, weil sie erwas mehr als nur eine Vorahnung von dem enthält, was später in Sein und Zeit zur Dialektik von Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit werden sollte. In dieser Dialektik ist grundlegend, daß das Eigentliche und Authentische nichts sind, »was über der verfallenden Allräglichkeit schwebt, sondern existenzial nur ein modifiziertes Ergreifen dieser« (Heidegger 1967, S.179) - daß mit anderen Worten das AuthentisChe nichts anderes als das Nichtauthentische zu seinem Inhalt hat. Heidegger scheint über die Interpretation des Paulinisehen hös me zum ersten Mal die Vorstellung von einer Aneignung des Uneigentlichen als eines entscheidenden Merkmals der menschlichen Existenz erarbeitet zu haben. Die Art des christlichen Lebens ist nämlich nicht von den weltlichen Verhältnissen und ihrem Inhalt bestimmt, sondern von der Art und Weise, in d~r sie erlebt und - nur auf diese Art in ihrer eigenen Uneigentlichkeit angeeignet werden. Es bleibt, daß es sich bei Paulus nicht um Aneignung, sondern um Gebrauch handelt. Das messianische Subjekt ist nicht nur nicht durch
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Eigentum definiert. sondern kann nicht einmal sich selbst als Ganzes besitzen. nicht einmal in der Form der authentischen Entscheidung oder des Zum-Tode-Seins.
Adorno hat das Ende von Minima Moralia mit einem Aphorismus besiegelt, das den messianischen Titel Zum Ende Als ob trägt. Die Philosophie wird darin mit folgenden Worten defi.niert: »Philosophie. wie sie im Angesicht der Verzweiflung einzig noch zu verantworten ist, wäre der Versuch, alle Dinge so zu betrachten, wie sie vom Standpunkt der Erlösung aus sich darstellten. ce Taubes hat beobachtet, daß dieser »wunderbare, aber doch letztlich leerecc Text (Taubes 1993, S. 103) im Vergleich mit Benjamin und Karl Barth eigentlich eine Ästhetisierung des Messianischen in der Form des Als-ob darstellt. Deswegen, so folgert Taubes, kann der Aphorismus mit der These schließen. daß »die Frage nach der Wirklichkeit oder Unwirklichkeit der Erlösung selber fast gleichgültigce ist. Ich habe mich oft gefragt, ob der Vorwurf einer »Ästhetisierung des Messianismuscc - die einen Verzicht auf die Wirklichkeit der Erlösung zugunsten ihres Scheins impliziert - nicht möglicherweise ungerecht sei, da er an den Autor der Asthetischen Theorie gerichtet ist, in der das Mißtrauen gegenüber dem schönen Schein so weit getrieben wird. daß die Schönheit selbst als Bann über den Bann definiert wird. Wie auch immer, der Punkt interessiert uns hier deshalb, weil er es erlaubt, ein Licht auf die Distanz zu werfen. die das Paulinische AIs-ob-nicht von jedem Als-ob trennt - besonders von jenem Als-ob, das in der modernen Ethik seit Kant so erfolgreich sein sollte. Sie kennen das Buch von Hans Vaihinger Die Philosophie des Als-Ob. Obwohl es schon alle Fehler des Neukantianismus enthält. trifft seine These von der zentralen Wichtigkeit der Fiktion in der modernen Kultur - nicht nur in der Wissenschaft und in der Philosophie, sondern auch im Recht und in der Theologie - sicherlich ins Schwarze. Vaihinger definiert die Fiktion (oder die »fiktive Tätigkeitcc des Denkens) als die »Produktion und Benutzung solcher logischen Methoden [... ]. welche mit Hilfe von Hilfsbegriffen - denen die Unmöglichkeit eines ihnen irgendwie ent-
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sprechenden objektiven Gegenstandes mehr oder weniger an die Stirn geschrieben ist - die Denkzwecke zu erreichen sucht« (Vaihinger 1923, S. 13). Das Problem betrifft hier sdbstredend denSeinszustand dieser »Fiktionen«, deren Archetyp sozusagen die Sprache sdbst ist. Aber es wäre gewiß unangemessen, von Vaihinger zu verlangen, daß er dieses Problem aufwirft. Seine Wiederherstellung der Wichtigkeit der Fiktion - die nicht mit der Hypothese zu verwechseln ist! - in der modernen Wissenschaft ist nichtsdestoweniger interessant. Was allerdings absolut nicht geht, ist die Art und Weise, mit der er das Als-ob der praktischen Vernunft und die Kantische Konzeption der Idee als flcus imaginarius in einer Art Glorifizierung des Pharisäerturns abtut. Mit beträchtlicher Taktlosigkeit glättet er Kant nach Forberg, einem mittdmäßigen Theologen, dem er die Erfindung einer »Religion des Als-ob« anrechnet und dessen Verdienst es sei, daß er· »Kants Als-üb-Lehre [... ] in ihrem Grundprinzip klar erfaßi: und scharf herausgestellt« habe (Vaihinger 1923, S. 323). Unglücklicherweise ist Forberg der Erfinder ante litteram jener sozialdemokratischen Theorie vom Ideal eines unendlichen Fortschritts, die die Zidscheibe von Benjamins Kritik in seinen Thesen Ober den Begriffder Geschichte darstellt. Hören wir: ».Das Reich der Wahrheit ist ein Ideal. (... ) Das Reich der Wahrheit wird also zuverlässig niemals kommen, und der Endzweck der Republik der Gelehrten wird allem Anschein nach in Ewigkeit nicht erreicht werden. Gleichwohl wird das in der Brust jedes denkenden Menschen unvertilgbare Interesse für Wahrheit in Ewigkeit fordern, dem Irrtum aus allen Kräften entgegenzuarbeiten, und Wahrheit von allen Seiten zu verbreiten, d. h. gerade so zu verfahren, als ob der Irrtum einmal gänzlich aussterben könnte, und die Alleinherrschaft der Wahrheit zu erwarten wäre. Und eben dies ist der Charakter einer Natur, die, wie die menschliche, bestimmt ist, ins Unendliche sich Idealen zu nähern.( [... ) .Es ist wahr, du kannst von dem allem nicht scientifisch beweisen, daß es so sein müsse, aber genug, dein Herz sagt dir, du sollst so handeln, als ob es so wäre.«( (Vaihinger 1923, S. 323f.) Es gibt noch heute Menschen - in Wahrheit sind es wenige, und in diesen Zeiten verdienen sie fast Respekt -, die davon überzeugt sind, daß sich Ethik und Religion darin erschöpfen, so zu tun, als ob Gott, das Reich, die Wahrheit usw. existierten.
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In der Zwischenzeit ist das Als-ob in der Psychiatrie zu einer nQsologischen Figur geworden, die äußerst verbreitet ist, fast ein Massenphänomen: Man" nennt all jene Fälle Als-ob-Persönlichkeiten - sie heißen auch borderline -, die man weder der Psychose noch der Neurose deutlich zuordnen kann und deren Übel sozusagen darin besteht, überhaupt kein Übel zu haben. Sie leben, als ob sie normal wären - als ob das Reich der Normalität existieren würde, als gäbe es überhaupt »kein Problem« (so lautet die törichte Formel, die sie bei jeder Gelegenheit zu wiederholen gelernt haben) -, und gerade dies stellt den Ursprung ihres Unbehagens dar, ihr ganz besonderes Gefühl von Leere. Die Sache ist die, daß die Frage nach dem Als-ob unendlich viel ernster ist, als es sich Vaihinger hätte vorstellen können. Acht Jahre vor dem Buch von Vaihinger publizierte Jules de Gaultier - ein in ganz anderer Hinsicht interessanter Autor sein Hauptwerk Le Bovarisme, in dem das Problem der Fiktion auf den ihm gebührenden Stellenwert zurückgeführt wird, nämlich den ontologischen. Gemäß Gaultier kommt in den Figuren Flauberts jene pathologische »Fähigkeit, sich als etwas anderes vorzustellen, als was man ist«, zum Vorschein, die das Wesen des Menschen ausmacht, d. h. jenes Tieres, das ohne Wesen ist. Der Mensch kann, da er von sich aus nichts ist, nur sein, indem er so handelt, als ob er etwas anderes wäre, als er ist (oder besser, nicht ist). Gaultier war ein aufmerksamer Leser Nietzsches, und er hatte begriffen, daß jeder Nihilismus irgendwie ein Als-ob impliziert. Das Problem besteht hier nur in der Art und Weise, in der man im Als-ob ist. Nietzsches Überwindung des Nihilismus muß mit diesem grundlegenden Bovarism~ umgehen, ihn richtig ergreifen (daher ist das Problem des Künstlers bei Nietzsche so wichtig). Kehren wir nun zu Adorno zurück und zu dem Prozeß, der ihm vom Taubes mit der Anklage der Ästhetisierung des Messianismus gemacht wurde. Wenn ich in diesem Prozeß die Rolle des Anklägers übernehmen müßte, so würde ich vorschlagen, den letzten Aphorismus der Minima Moralia zusammen mit dem Anfang der Negativen Dialektik zu lesen: »Philosophie, die einmal überholt schien, erhält sich am Leben, weil der Augen48
blick ihrer Verwirklichung versäumt war.« Gerade das Verfehlen der eigenen Verwirklichung zwingt die Philosophie dazu, unbestimmt den Schein der Erlösung zu betrachten. Die ästhetische Schönheit ist sozusagen die Strafe, die die Philosophie dafür erfahren muß, daß sie ihre eigene Realisierung verfehlt hat. In diesem Sinne kann man tatsächlich von einem Als-ob bei Adorno sprechen, deswegen kann die ästhetische Schönheit nichts anderes als ein Bann über den Bann sein. Es gibt hier kein Wohlgefallen - das Als-ob ist vielmehr das Urteil, das der Philosoph schon selbst über sich selbst gesprochen hat.
Der Linguist Benjamin Whorf, der einen geschärften Sinn dafur hatte, wie die Strukturen der Sprache diejenigen des Denkens bestimmen, kommt an ei- Impotentialis nem bestimmten Punkt auf eine besondere Verbkategorie in der Sprache der Hopi zu sprechen, die er als impotential definiert. Es handelt sich um eine Verbkategorie, die in den von· Whorf so genannten SAE-Sprachen (Standard Average European) besonders schwer a\lszudrücken ist und die einer Art »teleologischer Unwirksamkeit« (WhorfI956, S. 121) entspricht. »Wenn ein Hopi eine Geschichte erzählt, in der ein Mann vor seinen Verfolgern wegrennt, schließlich aber doch gefangen wird, so wird er das Impotential verwenden und sagen: tao 'qa? ds wa. Ja (>der Mann rannte weg<), und damit implizieren, daß der Mann seinen Verfolgern nicht entkommen ist. Wenn der Mann hingegen seinen Verfolgern entkommen ist, so wird der Hopi eher sagen: ta. 'qa wa. Ja.« (Ebd., S. 122) Die ganze Philosophie Adornos· ist in diesem Impotentalis verfaßt, und das Als-ob ist in diesem Sinne das Zeichen der inneren Modalität seines Denkens. Die Philosophie war dabei, sich zu verwirklichen, aber der Philosoph hat den Augenblick ihrer Verwirklichung verfehlt. Diese Unterlassung ist zugleich absolut kontingent und absolut irreparabel: Impotentialis. Die Erlösung ist konsequenterweise nur ein »Standpunkt« - Adorno könnte sich nicht einmal vorstellen, daß es möglich wäre, dem Geschehenen seine Möglichkeit zurückzugeben, daß, wie bei Paulus, »die Potenz in der Schwäche vollendet wird« 49
(2 Kor 12,9). Die negative Dialektik ist - dem Anschein zum Trotz - ein absolut nichtmessianisches Denken. Sie steht der Gefühlstonart Jean Amerys näher als derjenigen Benjamins. Man kennt den brutalen Spruch, den sich Scotus bei Avicenna ausleiht, um die Kontingenz zu beweisen: »Diejenigen, die die Kontingenz leugnen, müßten gefoltert werden, bis sie zugeben, daß sie auch nicht hätten gefoltert werden können. « Jean Amery hat diesen schrecklichen Beweis erlitten und war gezwungen. die sinnlose Brutalität der Kontingenz anzuerkennen. Von dem Augenblick an wird für ihn das. was geschehen ist. völlig irreparabel und das Ressentiment die einzig begründete Gefühlstonart. In seinem außerordentlichen Zeugnis Jenseits von Schuld und Sühne - der Titel ist eine ethische Rechtfertigung des Ressentiments; aber auch der Untertitel von Minima moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben verrät so etwas wie ein Ressentiment - erzählt Amery. wie in Auschwitz die immer wieder auswendig vorgesagte Dichtung Hölderlins für ihn das Vermögen. die Welt zu retten und zu transzendieren. verlor. Auch für die Dichtung gilt hier der »Bann über den Bann« - sowohl für Adorno als auch für Amery fehlt die Geste. die den Bann entzaubern könnte.
Gibt es so etwas wie eine messianische Modalität. die durch eine spezifische Eigenschaft vom Impotentialis Erfordernis Adornos und vom Ressentiment Amerys abgegrenzt werden kann, ohne daß die Kontingenz deshalb einfach negiert würde? Diese Modalität - die als solche in der Geschichte der Philosophie kaum je thematisiert worden ist. die für sie aber so grundlegend ist. daß man sagen kann, daß sie mit der Möglichkeit von Philosophie selbst zusammenfällt - ist die Erfordernis. Versuchen wir. sie in der Reihe der modalen Kategorien - neben Möglichkeit, Unmöglichkeit, Notwendigkeit, Kontingenz - einzuordnen. Benjamin schreibt in seinem frühen Essay über Dostojevskijs Der Idiot. daß das Leben des Fürsten Myschkin unvergeßlich bleiben muß. auch wenn es von niemandem erinnert wird. Das ist eine Erfordernis. Die Erf~rdernis ignoriert die Kontingenz nicht. noch versucht 50
sie, sie zu exorzieren. Sie sagt im Gegenteil: Obwohl dieses Leben de facto völlig vergessen wurde, fordert es, unvergeßlich zu bleiben. Leibniz definiert in De tJeritatibus primis die Beziehung zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit wie folgt: orrine possibile exigit existere, »alles Mögliche erfordert zu existieren, wirklich zu werden«. Trotz meiner unbedingten Bewunderung für Leibniz glaube ich, daß diese Formel nicht korrekt ist und daß wir sie, um eine verbindliche Definition der Erfordernis zu gewinnen, umkehren und schreiben Iilüssen: omne existens exigit possibilitatem suam, »alles Wirkliche erfordert seine eigene Möglichkeit, erfordert, möglich zu werden«. Die Erfordernis ist eine Beziehung zwischen dem, was hl oder gewesen ist, und seiner Möglichkeit, und diese geht der Wirklichkeit nicht voraus, sondern folgt ihr.
Ich nehme an, daß Benjamin so etwas Ähnliches dachte, als er in bezug auf das Leben des Idioten von einer Erfordernis sprach, unvergeßlich zu Das Unvergeßliche bleiben. Selbstredend bede~tet diese Erfordernis nicht einfach, daß etwas, das vergessen worden ist, jetzt in Erinnerung überführt, erinnert werden muß. Sie betrifft nicht eigentlich etwas, das erinnert werden, sondern etwas, das unvergeßlich bleiben muß;; sie bezieht sich auf all das, was sowohl im kollektiven als auch im individuellen Leben in jedem Augenblick vergessen wird, auf die endlose Masse von dem, was in ihm verlorengeht. Trotz der Anstrengung von Historikern, Schriftgelehrten und Archivaren aller Arten ist die Menge dessen, was in der Geschichte der Gesellschaften und der Individuen endgültig verlorengeht, unendlich größer als das, was in den Archiven der Erinnerung bewahrt werden kann. In jedem Augenblick übertrifft das Maß des Vergessens und der Zerstörung, der ontologische Verbrauch, den wir in uns tragen, die Barmherzigkeit unserer Erinnerungen und unseres Bewußtseins bei weitem. Aber dieses unförmige Chaos des Vergessenen ist weder untätig noch unwirksam. Ganz im Gegenteil handelt es in uns, wenn auch auf ganz andere Weise, mit nicht weniger Kraft als
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die Masse der bewußten Erinnerungen. Es gibt eine Kraft und eine Aktivität des Vergessenen, die nicht nach den Regeln bewußter Erinnerung gemessen oder als Wissen angehäuft werden könnten, deren Insistenz aber den Stellenwert jedes Wissens und jedes Bewußtseins bestimmt. Das Verlorene fordert nicht, erinnert und kommemoriert zu werden, sondern als Vergessenes in uns und mit uns zu bleiben, als Verlorenes - und nur deshalb ist es unvergeßlich. Daher ist jede Beziehung zum Vergessenen unzureichend, die versucht, es einfach wieder in Erinnerung zu überführen, es den Archiven oder Monumenten der Geschichte einzuschreiben oder, im Grenzfall, eine andere Tradition und eine andere Geschichte für es zu errichten, eine der Unterdrückten und der Besiegten etwa, in der zwar Begriffe vorkommen, die jener der herrschenden Klassen fremd sind, die sich gleichwohl nicht substantiell von ihr unterscheidet. Gegen dieses Mißverständnis ist daran zu erinnern, daß die Tradition des Unvergeßlichen nicht wirklich eine Tradition ist. Sie ist vielmehr das, was jede Tradition mit dem Zeichen der Schmach und des Ruhms und bisweilen mit beiden zugleich versieht. Was jede Geschichte geschichtlich und jede Überlieferung überlieferbar macht, ist gerade der I> unvergeßliche Kern, den sie in sich tragen. Die Alternative besteht hier nicht zwischen Vergessen und Erinnern, Ahnungslosigkeit und Eingedenksein: Entscheidend ist einzig die Fähigkeit, dem treu zu bleiben, das, obwohl es uneinholbar vergessen ist, unvergeßlich bleiben muß und das fordert, auf irgendeine Weise bei uns zu bleiben und für uns noch irgendwie möglich zu sein. Dieser Erfordernis nachzukommen ist die einzige historische Verantwortung, die ich bedingungslos auf mich nehmen würde. Wenn wir ihr hingegen nicht nachkommen, wenn wir sowohl auf der kollektiven als auch auf der individuellen Ebene die Beziehung zur Masse des Vergessenen verlieren, die uns wie ein stiller Golem begleitet, dann wird sich in uns das Vergessene auf eine destruktive und perverse Art zeigen, in der Form dessen, was Freud die Rückkehr des Verdrängten nannte, d. h. die Rückkehr des Unmöglichen als solchem. Was hat dies alles mit Paulus zu tun? Das Messianische ist für ihn der Ort einer Erfordernis, die sehr genau die Erlösung 52
dessen, was gewesen ist, betrifft. Es ist nicht ein Standpunkt, von dem aus man die Welt so anschauen könnte, als ob die Erlösung vollendet wäre. Die Ankunft des Messias bedeutet, daß alle Dinge - und mit ihnen auch das Subjekt, das sie betrachtet - vom Als-ob-nicht eingenommen und mit einer einzigen Geste zugleich berufen und widerrufen sind. Es gibt kein Subjekt mehr, das schaut und das sich an einem gewissen Punkt dazu entscheiden könnte, so zu tun als ob. Die messianische Berufung disloziert und annulliert zuallererst das Subjekt: Das ist der Sinn von GaI2,20: »nicht mehr ich lebe [zö ouketi egö1, sondern der Messias lebt in mir.« Und der lebt genaugenommen in ihm als jenes »nicht mehr ich«, als der tote Leib der Sünde, den wir noch in uns tragen und der im Messias durch den Geist erweckt wird (Röm 8,u). Die ganze Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen (mata;otes, die Flüchtigkeit dessen, was verlorengeht und verdirbt) - aber genau deshalb seufzt sie in Erwartung auf Erlösung (Röm 8,20-22). Und diesem Seufzen des Geschöpfs, das unaufhörlich verlorengeht, entsprechen im Geist keine wohlgeformten Reden, die dessen Verlust messen und verzeichnen könnten, sondern nur »unaussprechliche Seufzer« (stenagmois alalltois, Röm 8,26). Deswegen kann, wer dem Verlorenen treu bleibt, nicht an irgendeine Identität oder weltliche klesis glauben. Das Als-ob-nicht ist in keiner Weise eine Fiktion im Sinne Vaihingers oder Forbergs und hat nichts mit einem Ideal zu tun. Die Angleichung an das, was verloren und vergessen geht, ist absolut: "Wir sind wie der Abfall der Welt geworden, wie der Abschaum von allem.« (I Kor 4,13) Die Paulinische klesis ist vielmehr eine Theorie über die Beziehung zwischen dem Messianischen und dem Subjekt, die ein für allemal mit dessen Ansprüchen auf Identität und Eigentum abrechnet. Auch in diesem Sinne ist das, was nicht ist (ta me onta), stärker als das, was ist. Die These Barths, wonach es für das Als-ob im Messianischen keinen Platz gibt, weil die »Hoffnung [... ] die Aufhebung des )als ob(<< ist und weil wir »wahrhaftig sehen [... J, was wir doch nicht sehen« (Barth 1954, S. 298), ist im Kern korrekt, auch wenn sie hinter der Paulinischen Forderung zurückbleibt. Das Messianische ist, wie Kafka in seinem außerordentlichen 53
Gleichnis über das Gleichnis (von den Gleichnissen) erahnt hat, zugleich Aufhebung und Realisierung des Als-ob, und das Subjekt, das unbestimmt im Gleichnis (im Als-ob) bleiben will, während es dem eigenen Untergang zuschaut, verliert einfach das Spiel. Derjenige, der in der messianischen Berufung bleibt, kennt kein Als-ob, verfügt nicht mehr über Gleichnisse. Er weiß, daß in der messianischen Zeit die gerettete mit der unrettbar verlorenen Welt identisch ist, daß er nun, mit den Worten Bonhoeffers, wirklich in einer Welt ohne Gott leben muß und daß er in keiner Weise dieses Ohne-Gott-Sein der Welt verdecken darf, daß der Gott, der ihn rettet, der GOtt ist, der ihn verläßt, daß die Rettung vor den Repräsentationen (vor dem Als-ob) nicht beanspruchen darf, auch noch den Schein der Rettung zu retten. Das messianische Subjekt betrachtet die Welt nicht, als [> ob sie gerettet wäre. Vielmehr betrachtet es die Rettung, indem es sich - mit den Worten Benjamins - im Unrettbaren verliert. So kompliziert ist die Erfahrung der klesis, so schwierig ist es, im Ruf zu verharren.
Der Ausdruck »Parabel« stammt von (gr.) paraboLe (in Luthers Übersetzung Gleichtlis). In den Evangelien Gleichnis und Reich steht dieser Ausdruck im Zusammenhang mit den Reden Jesu - insofern dieser -in Gleichnissen« spricht (Mt 13,10). Er hat eine so wichtige Funktion, daß von ihm in den romanischen Sprachen (im Provenzalischen, Französischen, Italienischen; das spanische hablar hingegen stammt von flbulan) das Verb mit der Bedeutung »sprechen« (aus dem Vulgärlateinischen parabolare) abstammt. Sein hebräischer Vorgänger ist maschal, das »Vergleich, Sprichwort« bedeutet. Eine Korrespondenz zwischen der Struktur des Gleichnisses und dem messianischen Reich ist bereits in der MatthäusStelle (Mt 13,18-19) enthalten, insofern es da _das Wort vom Reich. (logos tes basileias) nötig macht, in Gleichnissen zu sprechen. Das Gleichnis vom Sämann, das an dieser Stelle erläutert wird, betrifft den logos selbst, insofern der Same getade die Sprache selbst darstellt (gemäß der Exegese von Mk 4,13: »Der Sämann sät das Wort«). In der folgenden Reihe von Gleichnissen wird das messianische Reich mit einem Acker verglichen. auf dem Weizen und Unkraut zusammen gedeihen. mit einem Senfkorn, mit Sauerteig. mit einem Schatz, der im Acker vergraben liegt. mit einem Kaufmann. der eine Perle sucht, .mit einem ausgeworfenenFischnetz. Jüngel hat diesbezüglich beobachtet, daß die »Gottesherr(V
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schaft [... ] im Gleichnis als Gleichnis zur Sprache kommt« aüngel 1977, S. 403), so daß zugleich Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Gottesreich und der irdischen Welt ausgestellt werden. Die Differenz zwischen signum und res signiftcata tendiert im Gleichnis dazu, ungültig zu werden, allerdings ohne völlig zu verschwinden. In diesem Sinn kann man sagen, daß die messianischen Gleichnisse - wie das Gleichnis vom Sämann bei Matthäus - immer Gleichnisse von der Sprache, d. h. von der Repräsentation des Reichs sind, in denen nicht nur das Reich und sein Gleichnis, sondern auch das Wort vom Reich und das Reich selbst nebeneinandergestellt (para-ballo) sind, so daß das Verständnis des Vergleichs mit dem Verständnis des logos tes basiletas zusammenfällt. Im messianischen Gleichnis nähern sich signum und res significata an, weil in ihm die bedeutete Sache die Sprache selbst ist. Mit Gewißheit ist dies auch der Sinn - aber auch die irreduzible Ambiguität - des Kafkaschen Gleichnisses, jedes Gleichnisses. Wenn das, was sich im Gleichnis ereignen muß, ein übergang jenseits der Sprache ist und wenn dieser übergang möglich ist ~ gemäß Kafka nur, indem man selbst Sprache wird (.Würdet Ihr den Gleichnissen folgen, dann wäret Ihr selbst Gleichnisse geworden«) -, dann hängt alles von dem Augenblick und von der Art und Weise ab, in der das Als-ob aufgehoben wird. Es ist aus dieser Perspektive en*heidend zu sehen, daß sich Paulus nicht nur kaum je eines GleichnisseS im technischen Sinne bedient, sondern auch. wie wir gesehen haben. daß das Als-ob-nicht - das rur ihn die messianische klesis definiert - nicht zwei getrennte Ausdrücke vergleicht. sondern jedes Wesen und jeden Ausdruck in ein Spannungsverhältnis zu sich selbst setzt. Das messianische Ereignis - das sich für Paulus mit der Auferstehung schon ereignet hat - drückt sich nicht als Gleichnis im Gleichnis aus, sondern ist en tö nyn kairo anwesend als Widerrufung jeden weltlichen Zustands, die diesen von sich selbst befreit, um seinen Gebrauch zu ermöglichen.
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Dritter Tag
Aphörismenos
Aphorismenos ist das Partizip Perfekt von aphorizein und bedeutet »ausgesondert«, segregatus in der Übersetzung von Hieronymus. Es muß sich für Paulus, um einen wichtigen Ausdruck handeln, wenn er seine Berufung schon im Briefan die Galater mit einer Form desselben Verbums definiert und Gott als den benennt, »der mich ausgesondert hat [aphorisas] im Bauch meiner Mutter und der mich berufen hat durch seine Gnade« (Gal 1,15). Dieser Ausdruck enthält aber ein Problem, das nicht übergangen werden darf: Wie ist es möglich, daß Paulus, der den Universalismus und das messianische Ende jeder Trennung ZWischen Juden und Heiden predigt, sich auf sich selbst als einen »Ausgesonderten« bezieht? In Eph z,14f. sagt Paulus ausdrücklich, daß der Messias »aus zwei eins gemacht und die Wand der Trennung [to mesotoichon tou phragmou] zerstört hat«. Das ist ein starker Ausdruck, da er eine grundlegende Setzung des Judentums in Frage stellt (der Autor des Aristeas-Briefes, der bestimmt kein Fanatiker ist, definiert die Juden wie folgt: »Unser Gesetzgeber [ ... ] hat uns mit ungebrochenen Palisaden und mit Mauern aus Eisen umzäunt, damit wir uns nicht mit irgendwelchen anderen Völkern [ethne] vermischen. « (Aristeas 1994, S. 105) Der Sinn der messianischen Verkündigung liegt darin, daß diese Mauern eingerissen sind, daß es keine Trennung mehr unter den Menschen und zwischen Menschen und Gott gibt. Warum also definiert sich Paulus weiterhin als »Ausgesonderten«? Hatte er nicht beim Treffen in Antiochia Petrus scharf gemaßregelt, weil dieser sich selbst von den Nichtjuden abgetrennt (aphiJrizen heaut6n, Galz,I2) hatte? Sich auszusondern, bedeutet also, die »Wahrheit der messianischen Verkündigung« (ten alitheian tou euangeliou) so sehr in Frage zu stellen, daß Paulus intervenieren muß: »Wenn du, Jude seiend, heidnisch und nicht jüdisch lebst [ethniMs kai ouchi IoudaiMs], 'wie kannst du dann die Nichtjuden zwingen, wie
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Juden [ioudaizein] zu leben?« (GaI2,14) Und trotzdem kann er anderswo Jes 52,II zitieren: »Deswegen geht heraus aus der Mitte dieser Menschen und sondert euch aus [aphoristhete]. « (2 Kor 6,17) Den genauen Sinn des Ausdrucks aphorismenos zu verstehen, muß für uns daher bedeuten, ein grundlegendes Problem korrekt zu formulieren: das Problem des Universalismus bzw. des mutmaßlichen Universalismus bei Paulus, der »katholischen« Berufung der messianischen Gemeinschaft. Zuerst eine Beobachtung zum Autobiographischen bei Paulus: Seine Biographie ist in den Briefen nicht nur ganz direkt präsent, wie etwa im langen excursus aus dem Briefan die Galater, sondern auch indirekt in Andeutungen, die man erkennen muß. Der Ausdruck aphorismenos ist eine dieser versteckten Andeutungen. Indem er sich als »Ausgesonderten« definiert, evozi~rt Paulus nämlich seine Vergangenheit, ein »Einst«, ein pote, das aus seiner Erinnerung noch nicht gelöscht ist: »Einst [, .. ] verfolgte ich die Gemeinschaft Gottes im Übermaß.« (Gal 1,13) Aphorismenos ist in der Tat nichts anderes als die griechische Übersetzung des hebräischen parusch oder des aramäischen perisch, d. h. » Pharisäer« (das griechische phar#aios ist ein Lehnwort aus dem Aramäischen). Als Paulus im Briefan die Philpper hinsichtlich der Beschneidung sein Judentum reklamiert, sagt er: »Beschnitten am achten Tag, aus dem Geschlecht Israels, vom Stamm Benjamins, hebräischer Sohn von Hebräern, nach dem Gesetz Pharisäer [kata nomon Pharisaios].« (Phil3,5)
Paulus war also ein Pharisäer, d. h. ein Ausgesonderter. Bei aller Unsicherheit über den Ursprung dieser Sekte oder eher dieser jüdischen Bewegung, den die Historiker Pharisäer bei den Hassidim der makkabäischen Epoche verorten, steht ohne Zweifel fest, daß die Pharisäer - obwohl laizistisch - Ausgesonderte sind, die sich zur Abgrenzung von der Masse dazu verpflichteten, die Regeln der priesterlichen Rein~ heit skrupulös einzuhalten. In diesem Sinne »sondern« sie sich ab - nicht nur und nicht so sehr von den Heiden, sondern vor allem von den am-hares, vom Volk der Erde, d. h. von den 57
unwissenden Bauern, die das Gesetz nicht achten (in Kafkas Lehrfabd vvr dem Gesetz kann der »Bauer« in diesem Sinne als am-hares und der Türhüter als ein parusch, ein Pharisäer, gelesen werden). Die Pharisäer werden in Palästina um das Ende des ersten Jahrhunderts v. ehr. zu einer bedeutenden Klasse. Wenn Paulus sagt: »nach dem Gesetz Pharisäer«, so deshalb, weil das pharisäische Ideal in einer vollständig gesetzmäßigen Regelung ihres Lebens bestand. Was aber die Pharisäer von anderen Strö.mungen des Judentums unterschied, war, daß für sie das Gesetz nicht nur aus der Thora im engeren Sinne, also dem geschriebenen Gesetz, bestand, sondern auch aus der mündlichen Thora, also derjenigen überlieferung, die wie eine "Trennwand« oder ein »Zaun« die Thora vor jedem unreinen Kontakt schützen sollte. Indem sich Paulus also als aphörismenos, als einen »Ausgesonderten« definiert, nimmt er seine Aussonderung von einst, seine Absonderung als Pharisäer, ironisch - es handelt sich aber um eine grausame Ironie - wieder auf. Er nimmt sie wieder auf und verneint sie im Namen einer anderen Aussonderung, die nun nicht mehr an einem nomos, sondern an der messianischen Verkündigung (eis euangelion theou) ausgerichtet ist. Wir müssen in der eben zitierten Stelle aus dem Briefan die Epheser (2,14) den Ausdruck to mesoitochon tou phragmou in diesem Sinn lesen: Wir haben ihn zwar mit »die Wand der Trennung« übersetzt, aber wörtlich bedeutet er: »die Zwischenwand des Zauns«. Es handelt sich dabei um eine klare Andeutung auf die »Trennwand« und auf den ))Zaun« um die Thora herum, die das Ideal der Pharisäer bildeten. Die Mauer, die die vom Ausgesonderten ausgesprochene messianische Verkündigung niederreißt, ist also die Mauer, die der Pharisäer einst um die Thora gebaut hatte, um sie vor den am-hares und vor den gojim, den Nichtjuden, zu schützen. I> Wenn dies zutrifft, wenn der messianische Aphorismus die Aussonderung des parusch wieder aufnimmt und teilt, dann impliziert aphorismenos sozusagen eine Aussonderung der zweiten Potenz, eine Aussonderung der Aussonderung sdbst, die die Teilungen des pharisäischen Gesetzes teilt und durchquert. Dies bedeutet aber auch, daß der messianische Aphorismus eine komple58
xe Struktur besitzt, die wir begreifen müssen, wenn wir den Sinn der Aussonderungen, über die Paulus in den Briefen handelt, richtig verstehen wollen. Bei Paulus ist die ganze Nähe zum Gesetz - nicht nur im Römerbrief- nach einer Reihe von Teilungen gegliedert, von denen diejenige zwischen sarx/pneuma, »Fleisch/Hauch« eine entscheidende Stellung einnimmt. Welchen Sinn und welche strategische Funktion besitzt diese Teilung,. die Paulus gegen die Eiilteilungen des Gesetzes einsetzt? Paulus geht in der Tat von der Feststellung aus, daß das Gesetz zuallererst durch Teilungen und Trennungen wirksam ist. Er scheint damit die etymologische Bedeutung des griechischen Ausdrucks nomos - dessen er sich zur Bezeichnung der Thora, aber auch des Gesetzes im allgemeinen bedient - ernst zu nehmen. Er stammt von nemein, »teilen, zuteilen«. Sie erinnern sich, daß Paulus zu Beginn' der Stelle über die Berufung in 1 Kor 7,17, als er sich auf die verschiedenen Zustände bezog, die die Menschen trennen, gesagt hatte: hös emerisen ho kjrios, »wie der Herr zugeteilt hat«. Uild in Eph 2,14 fällt die »Wand der Trennung«, die der Messias zerstört hat, mit dem nomos ton entoliin, dem »Gesetz der Gebote« zusammen, das die Menschen in »Beschnittene« und »Nichtbeschnittene« geteilt hatte.
Das Prinzip des Gesetzes ist also die Teilung. Und die grundlegende Einteilung des hebräischen Gesetzes ist diejenige zwischen Juden und Nichtju- Das geteilte Volk den - in den Worten des Paulus: Ioudaioi und ethne. In der Bibel ist das Konzept »Volk« in der Tat immer schon geteilt: am und goj (pE gojim). Am ist Israel, das auserwählte Volk, mit dem Jahwe einen berit, eine Abmachung, getroffen hat; gojim sind die ~nderen Völker. Die Septuaginta übersetzt am mit laos und gojim mit ethne. (Es beginnt hier ein grundlegendes Kapitel in der semantischen Geschichte des Ausdrucks »Volk«, die man bis zum heutigen Gebrauch des Adjektivs »ethnisch« im Syntagma ))ethnischer Konflikt« verfolgen sollte. Ebenso interessant wäre es, über die Gründe nachzudenken, warum die Septuaginta nicht auf den anderen griechischen Ausdruck zurückgreift, der in unserer philosophisch-poli59
tischen Tradition so hohes Ansehen genießt: demos. In jedem FaIl sieht man hier deutlich, wie der Terminus "Volk« immer schon zweigeteilt ist und von einem originär theologisch-politischen Grabenbruch durchzogen wird.) Wenn am in seiner Ganzheit Israel heißt, so sind gleichwohl auch hier verschiedene Benennungen möglich. Denn der Ausdruckjehudi (gr. Ioudaios), der ursprünglich die Bewohner des Reiches des Judas bezeichnet, erstreckt sich nach und nach auf alle Mitglieder von am (vor allem wenn Nichtjuden sprechen). Es gibt dann noch den Ausdruck ibr; (gr. Hebraios) , der zu Beginn eine juristische Färbung hat, der aber in der rabbinischen Literatur spezifischer laschon hakodesch, 'd. h. das Hebräische als heilige Sprache, bezeichnen wird, um dann auf ganz Israel bezogen zu ""erden. Was Paulus betrifft, so verwendet er alle drei Ausdrücke: Israel, Hebraios, Ioudaios. Man könnte meinen, daß sich der Name selbst teilt, daß das Gesetz, das Israel als am konstituiert, der Anfang einer endlosen Teilung sei. Die grundlegende nomistische Einteilung ist in jedem Fall diejenige zwischen Juden und Nichtjuden, die Paulus ganz krude in der Antithese beschnittenlnichtbeschnitten zum Ausdruck bringt. Gewiß, die Propheten können ihre Botschaft an alle Völker richten, aber auch in Jes 49,6 ist der vom Propheten verkündete» Sklave des Herrn« als berit am definiert, als "Bund« für Israel, und als or gojim, d. h. einfach als ein Licht für die Nichtjuden. Bei Paulus kann man den Ausdruck ethne in diesem oppositären Sinn 23mal finden. Dieselbe Opposition kommt in den Briefen auch mit den Ausdrücken IoudaioslHeliln zum Ausdruck (die Nichtjuden, mit denen es Paulus zu tun hatte, waren Griechen oder Menschen, die griechisch sprachen). Paulus nennt aber alle Mitglieder der messianischen Gemeinschaft, die nicht hebräischen Ursprungs sind, ganz allgemein ethne. Deswegen definiert er sich in Röm 11,13 als ethnUn apostolos, Apostel der Nichtjuden, und kann in Eph 3,1 sagen: »Ich Paulus, der Gefangene des Messias für Euch ethne«. Und im selben Sinne hatte er in jener Diskussion mit Petrus in Antiochia, die keineswegs, wie Hieronymus dachte, eine Komödie war, gesagt: "Warum willst du die ethne zwingen, wie Juden zu leben [ioudaizein]?« (Gal2,I4)
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Das Problem ist nun folgendes: Welche Strategie verfolgt Paulus hinsichtlich dieser grundlegenden Trennung? Wie gelingt es ihm, die nomistischen Einteilungen des Gesetzes in messianischer Perspektive zu neutralisieren? Sicher ist, daß dieses Problem nicht von der Paulinischen Kritik des Gesetzes losgelöst werden kann, die im Zentrum des Römerbriefes steht und deren Aporien in den messianischen theologoumena gipfeln (Röm 3,31: »Machen wir also das Gesetz durch den Glauben unwirksam? Möge dies nicht geschehen! Sondern halten wir das Gesetz fest«; Röm 10,4: »Der Messias ist das telos des Gesetzes«). Wir werden später, bei der Kommentierung von euangelion, versuchen, diese Aporiell' die zum Wesen des messianischen Ereignisses gehören, aufzulösen. Der Messias ist nämlich der herausragende Austragungsort eines Konflikts mit dem Gesetz, den die Kabbalisten durch die Unterscheidung von zwei Aspekten der Thora lösen werden: Die Thora von Beriah, das Gesetz der Schöpfung, das das Gesetz der noch nicht erlösten Welt ist, und die Thora von Atzilut, das der Schöpfung vorgängige Gesetz, das der Messias eben wiederherstellen muß. Für uns ist es nun wichtig zu sehen, daß im Römerbriefdie Einteilungen des nomos auch den Menschen innerlich durchziehen, der sich unter Einwirkung des Gesetzes von sich selbst abspaltet (Röm 7,19: »Denn ich tue nicht das Gute, was ich will, sondern das Schlechte, was ich nicht will«). Aber auch das Gesetz teilt sich, denn derjenige, der durch das Gesetz geteilt wird, sieht in seinen Gliedern »ein anderes Gesetz«, das mit »dem Gesetz des Lebenshauchs« (Röm 7,23) im Streit liegt. Wie begegnet Paulus diesen Teilungen? Und wie hat man das messianIsche Gesetz vom Hauch zu verstehen? Geht es etwa darum, dem Gesetz ein anderes, dem ersten zwar ähnliches, aber universelleres Gesetz gegenüberzustellen? Und was geschieht im Messianischen mit den grundlegenden nomistischen Einteilungen?' Paulus macht vor diesen Einteilungen eine andere Teilung geltend, die nicht mit den vorhergehenden zusammenfällt, ihnen aber auch nicht äußerlich ist. Der messianische Aphorismus orientiert sich vielmehr an denselben nomistischen Teilungen und teilt sie durch einen weiteren Schnitt. Dieser Schnitt ist jener zwischen sarx und pneuma, »Fleisch« und »Hauch«. 61
Nehmen wir die grundlegende nomistische Teilung: Juden/ Nichtjuden. Diese Teilung ist deutlich, was ihr Kriterium betrifft (beschnitten/nichtbeschnitten), und erschöpfend, was ihre Funktionsweise betrifft, da sie die Ganzheit »Menschen« in zwei Gruppen aufteilt, ohne einen Rest übrigzulassen. Paulus zerschneidet diese Teilung mit einer neuen Teilung, mit derjenigen nämlich zwischen Fleisch und Hauch. Diese Teilung fliIlt nicht mit derjenigen zwischen Juden und Nichtjuden zusammen, ist ihr aber auch nicht äußerlich: Vielmehr zerschneidet sie die Teilung selbst.
In der deutschen Ausgabe von Benjamins Passagenwerk kann man im Fragment N. 7a folgende Der Schnitt des Apelles Formulierung lesen: »wie eine Strekke, die nach dem apoll[i]nischen Schnitt geteilt wird, ihre Teilung außerhalb ihrer selbst erfährt.« Das ergibt keinen Sinn, weil es nirgends einen »Schnitt des Apollo« gibt, weder in der griechischen Mythologie noch sonstwo. Es handelt sich selbstredend um eine Fehllektüre von »apellnischen Schnitt« (die Einfügung des i ist keineswegs notwendig), also den »Schnitt des Apelles«. Mancher wird sich gewiß an die Geschichte aus Plinius über den Wettkampf zwischen Apelles und Protogenes erinnern. Die klassische Überlieferung ist voller Wettkämpfe zwischen Künstlern (X, der die Vögel in die Irre zu führen vermag, weil sie nach einer von ihm gemalten Traube picken, und Y, der den Maler selbst in die Irre führt, indem er einen Schleier malt, den der andere vergebens zu heben versucht). In diesem Wettkampf geht es hingegen um eine Linie. Protogenes zeichnet eine so feine Linie, daß sie nicht von einem menschlichen Stift zu rühren scheint. Apelles aber teilt mit seinem Stift die von seinem Rivalen gezeichnete Linie mit einer noch feineren Linie. Der messianische Aphorismus ist in diesem Sinn ein Schnitt des Apelles, der nicht ein eigentliches Objekt hat, sondern der .:iie vom Gesetz definierten Teilungen teilt. Die Gruppe» Juden« spaltet sich so in »sichtbare Juden« oder Juden nach dem Fleisch (Ioudaios [.. .] en tö phanerti en sarkz) und »verborgene Juden«
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oder nach dem Hauch {en tq cryptU Ioudaios [ . .} en pneitmati. Röm 2.28 f.). Dasselbe geschieht. obwohl es Paulus nicht erwähnt. mit den Nichtjuden. Und dies bedeutet. daß »der (wahre) Jude nicht sichtbar ist und daß die (wahre) Beschneidung nicht am Fleisch ist« (ebd.). Der Schnitt des Apelles bewirkt. daß die Einteilung des Gesetzes in Juden und Nichtjuden weder deutlich noch erschöpfend ist. weil es immer Juden geben wird. die Nichtjuden sind. und Nichtjuden. die Nicht-Nichtjuden sind. Paulus sagt es deutlich: »Denn nicht alle aus Israel sind Israel« (Röm 9.6). und wenig später. indem er Hosea zitiert: »Ich werde ein Nichtvolk von mir mein Volk nennen« (Röm 9.25). Das bedeutet, daß die messianische Teilung in die große nomistische Teilung der Völker einen Rest einführt, daß also Juden und Nichtjuden ~onstitlltiv »nicht alle« sind. Dieser »·Rest«,ist nicht etwa eine meßbare Zahl oder ein positives und substantielles Überbleibsel. das allen vorhergehenden Teilungen entsprechen würde und das. man wüßte nicht wie und warum. in sich die Fähigkeit trüge. alle Differenzen zu überwinden. Aus einer epistemologischen Perspektive geht es eher darum. die zweipolige. Einteilung Juden/Nichtjuden zu überschreiten. um auf diesem Weg zu einer neuen Logik vorzudringen. einer Art intuitionisFischen Logik wie etwa derjenigen. die Cusanus in seinem De non aliud einführt und die über die Opposition AlNicht-A hinausgeht und ein Drittes zuläßt, das die Form einer doppelten Negation annimmt: nicht Nicht-A. Der Verweis auf dieses logische Paradigma hat seine Grundlage bei Paulus selbst. nämlich in i Kor 9.20-23. wo er seine Position in bezug auf die Teilung Juden (hypo nomon. »unter dem Gesetz)/Nichtjuden (anomoi. »ohne Gesetz«) mit der einzigartigen Steigerung festhält: »wie ein Gesetzloser. nicht seiend ohne das Gesetz Gottes. sondern im Gesetz des Messias« (hös anomos, ml ön anomos theou all' ennomos christou). Wer im messianischen Gesetz ist. ist nicht-nicht im Gesetz. Die nomistische Teilung Juden/Nichtjuden, im Gesetz/ohne Gesetz läßt nun auf beiden Seiten einen Rest übrig, den man weder als jüdisch noch als nichtjüdisch definieren kann, nämlich den Nicht-Nichtjuden. d. h. denjenigen. der im Gesetz des Messias lebt. Mehr oder weniger nach folgendem Schema:
JUDEN Juden nach : Juden nach dem Hauch ! dem Fleisch
NICHTJUDEN Nichtjuden nach: Nichtjuden nach dem Hauch ! dem Fleisch
NICHT-NICHTJUDEN
NICHT-NICHTJUDEN
Worin besteht das Interesse dieser »Teilung der Teilung«? Warum scheint mir der messianische Aphorismus so wichtig zu sein? Zuallererst darum, weil er uns zwingt, die Frage nach dem Allgemeinen und dem Besönderen auf ganz neue Art und Weise zudenken, nicht nur in der Logik, sondern auch in der Ontologie und in der Politik. Sie wissen, daß Paulus immer schon für den Apostel des Universalen gehalten wurde und daß »katholisch«, d. h. universell, der Titel ist, den die Kirche für sich reklamiert hat, als sie sich auf seine Doktrin zu stützen gedachte. So lautet der Untertitel eines jüngst erschienenen Buches Die Begründung des Universalismus: Dieses Buch will geradewegs zeigen, »wie ein universales Denken ausgehend von der mundanen Wucherung der Alteritäten [... ] Selbes und Gleiches produziert« (Badiou 2002, S. 201). Aber ist es wirklich so? Ist es möglich, bei Paulus ein Universales als »Produktion des Selben« zu denken? Es ist klar, daß der messianische Schnitt des Apelles nie ein Universales erreicht. Der »Jude nach dem Hauch« ist kein Universales, weil es nicht von allen Juden gesagt werden kann, genausowenig, wie der »Nichtjude nach dem Fleisch« etwas Universales ist. Das bedeutet aber nicht, daß die Nicht-Nichtjuden nur ein Teil der Juden oder der Nichtjuden wären. Sie stellen vielmehr die Unmöglichkeit für die Juden und die gojim dar, mit sich selbst zusammenzufallen, sie sind eher so etwas wie ein Rest zwischen einem Volk und sich selbst, zwischen jeder Identität und sich selbst. Man kann hier die Distanz ermessen, die das Paulinische Verfahren vom modernen Universalismus trennt. Dieser setzt etwas - beispielsweise die Humanität des Menschen - als Prinzip in Kraft, das alle Differenzen aufhebt, oder als letzte Differenz, jenseits deren keine weiteren Teilungen mehr möglich sind. So versteht Badiou in seinem eben erwähnten Buch den Universalismus des Paulus als »Wohlwollen gegenüber den Gebräuchen und Meinungen« oder als »tolerante
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Indifferenz gegenüber den Differenzen«, die ihrerseits zu dem werden, »was durchquert werden muß, damit sich die Universalität selbst aufbaut« (Badiou 2002, S. 182-184). Worin auch immer die Legitimität von Ideen wie »Toleranz« oder »Wohlwollen« liegen mag, die in ihrem Kern die Haltung des Staates zu religiösen Konflikten betreffen (hier kann man sehen, wie diejenigen, die den Staat abschaffen wollen, oft nicht ohne einen staatlichen Standpunkt auskommen), sie sind mit Bestimmtheit keine messianischen Konzepte. Für Paulus geht es nicht darum, die Differenzen zu »tolerieren« oder sie zu überschreiten, um jenseits von ihnen das Selbe und das Universale zu finden. Das Universale ist für ihn kein transzendentes Prinzip, von dem aus er auf die Differenzen schauen könnte er verfügt nicht über einen solchen Standpunkt -, sondern ein Verfahren, das die Teilungel). des Gesetzes selbst teilt und unwirksam macht, ohne je einen letzten Grund zu finden. Den Fond des Juden und des'Griechen bildet nicht der universelle Mensch oder der Christ, weder als Prinzip noch als Zweck: Es gibt da nur einen Rest, es gibt da nur die Unmöglichkeit für den Juden und den Griechen, mit sich selbst identisch zu sein. Die messianische Berufung trennt jede klesis von sich selbst, sie erzeugt in ihr eine Spannung zu sich selbst, ohne ihr eine Identität zu geben: Jude als ob nicht Jude, Grieche als ob nicht Grieche. Blanchot hat einmal in bezug auf das Buch vc.n Antelme geschrieben, daß der Mensch das Unzerstörbare ist, das unendlich zerstört werden kann. Man denke über die paradoxe Struktur nach, die in dieser Formulierung steckt: Wenn der Mensch das Unzerstörbare ist, das unendlich zerstört werden kann, so bedeutet dies, daß es keine menschliche Essenz gibt, die zerstört oder wiedergefunden werden könnte, daß der Mensch ein Wesen ist, das sich selbst unendlich fehlt, das immer schon von sich selbst getrennt ist. Wenn aber der Mensch das ist, was unendlich zerstört werden kann, so bedeutet dies auch, daß jenseits dieser Zerstörung und in dieser Zerstörung immer ein Rest übrigbleibt, daß der Mensch dieser Rest ist. Sie sehen, daß es nicht viel Sinn ergibt, in bezug auf Paulus von Universalismus zu sprechen - wenigstens so lange nicht,
wie das Universale als höheres Prinzip, das über den Schnitten und Teilungen liegt, und das Individuelle als unterste Grenze jeder Teilung gedacht werden. Bei Paulus gibt es in diesem Sinn weder Anfang noch Ende: Es gibt da nur den Schnitt des Apelles. die Teilung der Teilung - und. dann. einen Rest.
Die Theorie des Rests. die Paulus in Röm 11.1-26 entwickelt. d. h. an dem Punkt. an dem er das Problem am/gojim. Juden/Nichtjuden am radikalsten formuliert. muß aus Rest dieser Perspektive gelesen werden. Er beginnt mit der Frage: »Hat Gott etwa sein Volk zurückgewiesen?«. um gleich zu antworten »Möge es nicht geschehen!« und um sein Judentum im Fleisch zu reklamieren: »Auch ich bin Israelit. aus dem Same·n Abrahams. dem Stamm Benjamin. « Gott hatte sein auserwähltes Volk nicht zurückgewiesen. sondern er hatte. wie zu Zeiten des Propheten Elias angesichts seiner Vorwürfe gegen Israel. siebentausend Mann für sich herausgenommen: »So ist. in der Jetztzeit [en tU nyn kai"';. technischer Ausdruck für die messianische Zeit], ein Rest nach Auswahl der Gnade entstanden.« (Röm 11.5) Rest heißt im Paulinischen Griechisch /eimma. Paulus erfindet diesen Ausdruck nicht. sondern übernimmt ihn. gemäß einer ihm eigentümlichen Geste. aus der prophetischen Überlieferung. Es han'delt sich um einen technischen· Ausdruck des prophetischen Vokabulars. der vornehmlich bei Jesaja. Amos und Micha eine wichtige Funktion hat. Die entsprechenden Ausdrücke lauten im Hebräischen schear und scherit (in der Septuaginta. kattUeimma und hypo/eimma). Man stößt bei diesen Propheten auf ein Paradox: Sie richten sich zwar an das auserwählte Volk Israel als eine Ganzheit. verkündigen ihm aber. daß nur ein Rest von ihm überleben wird. Exemplarisch ist die messianische Prophezeiung in Jes 10.22. die auch von Paulus zitiert wird: »An jenem Tag wird der Rest Israels - und wer vom Haus Jakob überlebt hat - sich nicht mehr auf den stützen. der ihn schlägt [... ]. Der Rest. ein Rest von Jakob. kehre zurück zum starken Gott. Israel. wenn auch dein Volk so zahlreich wie Sand am Meer ist - nur ein Rest kehre zurück.« Die Vorstellung
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von einem messianischen Rest ist schon im Namen enthalten, den Jahwe dem Jesaja ankündigt: Searjasub, wörtlich »ein Rest wird zurückkehren« (Rückkehr und Rettung sind im Judentum so eng miteinander verbunden, daß die Septuaginta jasub mit söthlsetai »er wird gerettet werden« übersetzt). Die messianische Rettung, die Gottes Werk ist, hat einen Rest zu ihrem Gegenstand: »Von Jerusalern wird ein Rest hinausziehen der Geretteten vom Berg Zion.« Oes 37,32) Aber auch Auserwählung und Berufung konfigurieren einen Rest: »Hört auf mich, ihr vom Haus Jakob und der ganze Rest Israels« Oes 46,3), ruft Jesaja aus mit Worten, die in der Tiefe des Paulinischen Textes nachklingen, »ihr, die ihr mir aufgebürdet seid vom Mutterleib an, aufgenommen vom Schoß eurer Mutter«. Ebenso betrifft in Mi 4,7 die messianische Verkündigung einen Rest: »An jenem Tag, spricht der Herr, will ich versammeln, was hinkt, und zusammenführen, was versprengt· ist, und alle, denen ich Schlechtes zugefügt habe. Ich mache die Hinkenden zum Rest und die Schwachen zu einem mächtigen Volk.« Und Amos, der die vollständige Vernichtung des Gottesvolkes verkündet, erblickt gleichwohl aporetisch die Vorstellung eines Rests: »Haßt das Schlechte und liebt das Gute, und bringt bei Gericht das Recht zur Geltung! Vielleicht ist der Ewige, der Gott der Heere, dem Rest Josephs dann gnädig.« (Am 5,15) Wie muß man sich diesen »Rest Israels« vorstellen? Man mißversteht das Problem von Grund auf, wenn man, wie einige Theologen dies tun, den Rest als zählbare Menge denkt, d. h. als jenen Teil der Juden, der die Katastrophen überlebt hat und der ursprünglich als eine Art Brücke zwischen Niedergang und Rettung die prophetische Eschatologie kennzeichnete. Noch abwegiger ist die Interpretation, wonach dieser Rest einfach mit Israel identisch wäre, als auserwähltem Volk, das die Vernichtung der Völker am Ende überlebt. Eine aufmerksamere lektüre der prophetischen Texte zeigt vielmehr, daß der Rest die Konsistenz oder Figur ist, die Israel in bezug auf die Auserwählung oder das messianische Ereignis annimmt. Der Rest ist also weder das Ganze noch ein Teil von ihm, sondern bedeutet die Unmöglichkeit für das Ganze und für den Teil, mit sich selbst und untereinander identisch zu sein. Das auserwählte Volk -
jedes Volk - definiert sich im entscheidenden Augenblick notwendigerweise als einen Rest, als ein Nicht-Alles. Paulus übernimmt und entwickelt diesen prophetisch-messianischen Begriff vom Rest. Dies ist auch der tiefere Sinn seines Aphorismus, seiner Teilung der Teilung. Für ihn ist der Rest nicht mehr wie bei den Propheten eine auf eine Zukunft bezogene Vorstellung, sondern eine gegenwärtige Erfahrung, die das messianische »Jetzt« definiert: »In der Jetztzeit ist ein Rest entstanden [gegonen].«
Hier ist eine außerordentliche Dialektik am Werk, die ganz unvermittelt drei Elemente zusammen in Beziehung bringt. In erster Das Ganze und der Teil Linie das Ganze (pas,panta). Taubes hat schon beobachtet, daß der ganze I. Korintherbrief als eine Fuge um das Wort pas herum gebaut ist (in der griechischen Bibel ist das Wort pas - nach kjrios, »Herr« - bei weitem das häufigste: Es taucht insgesamt etwa 7000mal auf). Pas, »das Ganze«, ist bei Paulus der eigentliche Ausdruck für das eschatologische telos. Am Ende der Zeiten wird Gott »das Ganze im Ganzen« sein (I Kor 15,z8: panta en pasin; diese Formel vereinigt in sich den suminativen und den distributionalen Sinn von pas und wird von den Pantheisten wiederaufgenommen werden). In diesem Sinn präzisiert Paulus auch, daß am Ende »ganz Israel gerettet werden wird« (Röm II,z6). Es gibt dann noch den Teil (meros), der die profane Welt, die Zeit unter dem Gesetz, definiert. Hier ist alles geteilt, alles ist ek merous, »nach dem Teil«. Sie erinnern sich an die berühmte Passage aus I Kor 13,9-13: »Zum Teil [ek merous] nämlich wissen wir und zum Teil prophezeien wir. Wenn aber das Vollkommene kommt [to teleion], wird das zum Teil unwirksam werden [... ]. Wir sehen jetzt nämlich vermittels eines Spiegels im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; jetzt weiß ich zum Teil, dann aber werde ich wissen, wie auch ich erkannt wurde. Jetzt bleibt [menez1 Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei: die größere aber von diesen ist die Liebe. « Zuletzt der messianische Rest, der nicht jenseits des Teils ist,
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sondern, wie wir gesehen haben, aus dessen Teilung hervorgeht und eng mit ihm verbunden ist. Daß in diesem Sinn die messianische Welt von der profanen nicht zu unterscheiden ist, daß sie gewissermaßen noch partiell ist, daran erinnert Paulus die Mitglieder der messianischen Gemeinschaft mit Nachdruck in I Kor 12,27= »Ihr aber seid der Leib des Messias und Glieder als Teile [ek merous].« Und gleichwohl ist der Rest das, was die Teilungen daran hindert, erschöpfend zu sein, und was es ausschließt, daß die Teile und das Ganze mit sich selbst identisch sein können. Er ist nicht so sehr der Gegenstand der Rettung als vielmehr deren Instrument. Der Rest ist das, was die Rettung eigentlich möglich macht. Paulus bringt in Röm II,II-26 diese soteriologische Dialektik mit Klarheit zum Ausdruck: Die .,verkleinerung« (hittema), die Israel als »Teil« und als Rest konfiguriert, hat sich über die Rettung der ethne, der Nichtjuden, ereignet und geht seinem pllroma, seiner ••Vollzahl« als das Ganze voran, da am Ende, wenn das pllroma der Völker eingetreten sein wird, »ganz Israel gerettet werden wird«. Der Rest ist also ein überschuß des Ganzen ,gegenüber dem Teil und des Teils gegenüber dem Ganzen, der wie eine sehr spezielle soteriologische Maschine funktioniert. Als solche betrifft der Rest nur die messianische Zeit und existiert nur in ihr. Im telos, wenn Gott »das Ganze im Ganzen« sein wird, wird der messianische Rest keine Privilegien besitzen und seinen Sinn erschöpft haben, um sich im pllroma zu verlieren (I Thess 4,15: »Wir,· die Lebenden, die übrigbleibend~n bis zur Ankunft des Herrn, werden keinesfalls vor den Schlafenden gehen«). In der Jetztzeit aber, die die einzige reale Zeit ist, gibt es nur den Rest. Er gehört nicht eigentlich zur Eschatologie des Niedergangs noch zu derjenigen der Rettung, sondern ist nach den Worten Benjamins vielmehr jenes Unrettbare, aus desseniPerspektive allein eine Rettung erreichbar ist. Kafkas Aphorismus, wonach es unendlich viel Hoffnung gibt, •• nur nicht für uns«, findet hier seinen einzigen Sinn. Als Rest machen wir, die Lebenden, die en to nyn kairo bleiben, die Rettung möglich. Als Rest sind wir ihre •• Erstlingsgabe« (Röm II,I6: aparche), sind wir sozusagen schon gerettet: Gerade deshalb aber werden wir nur als Rest gerettet werden. Der messianische Rest überschreitet unrettbar das eschatologi-
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sche Ganze, er ist das Unrettbare, das die Rettung möglich macht. Wenn ich ein unmittelbar aktuelles politisches Vermächtnis in den Briefen des Paulus angeben müßte, so glaube ich, daß sein Konzept des Rests nicht fehlen dürfte. Es erlaubt im besonderen, unsere antiquierten und vielleicht unverzichtbaren Begriffe von Volk und Demokratie aus einer neuen Perspektive heraus zu überdenken. Das Volk ist weder das Ganze noch der Teil, weder die Mehrheit noch die Minderheit. Es ist vielmehr etwas, das nie mit sich identisch sein kann, weder als Ganzes noch als Teil, das, was unendlich bleibt oder das jeder Teilung widersteht und das - im Frieden mit jenen, die uns regieren nie auf eine Mehrheit oder eine Minderheit reduziert werden kann. Und dieser Rest ist die Figur oder die Konsistenz, die das Volk in der entscheidenden Instanz annimmt - und als solche ist er das einzige reale politische Subjekt. T Ohne Zweifel verrät das messianische Konzept des Restes mehr als nur eine Analogie mit Marxens Proletariat, das nicht mit sich selbst identisch sein kann und das einen notwendigen überschuß sowohl in bezug auf die staatliche Dialektik als auch auf die soziale Dialektik der Stände darstellt, weil es nicht ein besonderes Unrecht, sondern »das Unrecht schlechthin« erlitten hat. Es erlaubt darüber hinaus, besser zu verstehen, was Deleuze das »minoritäre Volk« nennt, das definitionsgemäß in der Minderheit ist (dieser Begriff reicht sicherlich weiter zurück; ich erinnere mich an Jose Bergamin, der den Spanischen Bürgerkrieg erlebte und der wie einen Sinnspruch zu wiederholen pflegte cl pueblo es siempre minoria). In wahrscheinlich analoger Weise spricht Foucault in einem Interview mit Jacques Ranciere aus dem Jahr 1977 von der Plebs als einem Element. das den Machtverhältnissen nicht zuteil bar und irrdeduzibel sei. das ihnen aber nicht einfach äußerlich ist. sondern gewissermaßen deren Grenzen bezeichnet: ».Die, Plebs existiert zweifellos nicht. aber es gibt >etwas, Plebejisches [il y a de ja plebe) . Es gibt etwas Plebejisches in den Körpern und den Seelen. es ist in den Individuen. im Proletariat, im Bürgertum, aber mit verschiedenen Erweiterungen, Formen, Energien und Ursprünglichkeiten. Dieser Teil der Plebs bildet weniger eine Außenseite im Verhältnis zu den Machtbeziehungen, sondern vielmehr ihre Grenze, ihre Kehrseite, ihren Nachhall.« (Foucault 2003, S. 542) Viele Jahre später hat derselbe Ranciere dieses Foucaultsche Konzept wiederaufgenommen und zu dem eines Volkes als .Anteil der Anteillosen« oder der überzahl als Trägerin eines Unrechts, das die Demokratie als .Gemeinschaft des Streits« errichtet. Alles hängt hier davon ab, was
man unter »Unrecht. und »Streit. versteht. Wenn der demokratische Streit als das verstanden wird, was er wirklich ist, d. h. als Möglichkeit der stasis oder des Bürgerkriegs, dann ist die Definition zutreffend. Wenn hingegen, wie Ranciere zu mehlen scheint, das Unrecht, dessen Chiffre das Volk ist, nicht - wie noch bei Marx - »absolut«, sondern definitionsgemäß »verhandelbar« ist (Ranciere 2002, S. 51), dann tendiere die Grenze, die die Demokratie von ihrer konsensuellen oder postdemokratischen Maske trennt und. die von Ranciere doch kritisiert wird, zu verschwinden.
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Vierter Tag
Apostolos
Der Ausdruck apostolos hängt in unserer Lektüre von aphorismenos ab und muß deshalb jetzt kommentiert werden. Der Ausdruck besitzt bei Paulus eine besondere Wichtigkeit, weil er nicht nur in den· Präskripten zu fast allen Briefen - eine eigentümliche Funktion hat. Seine Bedeutung, die auf das griechische Verb apostel/ein verweist, ist klar: Der Apostel ist ein Gesandter, in diesem Fall nicht ein von Menschen Gesandter, sondern ein vom Messias Jesus und vom Willen Gottes Gesandter zur messianischen Verkündigung (so in den beiden Korintherbriefen und in den Briefen an die Galater, an die Epheser und an die Kolosser). Der in den Wörterbüchern genannte hebräische Vorgänger lautet schaliah und ist ein wesentlich juristischer Ausdruck: ein Bevollmächtigter, ein mit einem bestimmten Auftrag ausgesandter Mensch. Worin auch immer dieser Auftrag bestehen mag (Vertrag, Heirat usw.), für die schaliah gilt die rabbinische Maxime (die zudem dem römischen Recht verwandt ist): »Der Gesandte eines Menschen ist wie der Mensch selbst« (die Auswirkungen der Handlungen des Bevollmächtigten wirken auf den Auftraggeber zurück). Diese ursprünglich juristische Figur hat im Judentum eine religiöse Bedeutung erhalten (vorausgesetzt, daß es sinnvoll ist, im Judentum zwischen Religion und Recht zu unterscheiden): Die Gemeinden Palästinas sandten so die scheluhim zu den Gemeinden der Diaspora. Auch wenn der Auftrag religiöser Natur war, handelte es sich stets um eine bestimmte Aufgabe und um eine anspruchslose Figur: Daher bezieht der Witz, der einige Jahrhunderte später über Sabbatai Zewi zirkulierte, seinen humour: »Schaliah ist gegangen, und Maschia ist zurückgekommen.« Warum definiert sich Paulus als Apostel und nicht, beispielsweise, als Propheten? Worin besteht der Unterschied zwischen Apostel und Prophet? Paulus selbst spielt mit dieser Differenz, indem er in Gal 1,15f. ein Jeremias-Zitat um ein weniges ab72
ändert. Während Jeremiassagte: »Zum Propheten habe ich dich bestimmt im Bauch deiner Mutter« (Jer 1,5), schreibt Paulus, der sich gerade als »Apostel nicht von Menschen, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Messias und Gott den Vater« (Gal 1,1) definiert hat, anstatt »Prophet« ganz einfach »der mich ausgesond~rt hat im Bauch meiner Mutter«. In der messianischen Zeit besetzt der Apostel die Stelle des Propheten, er ist an seiner Stelle.
Die Bedeutung, die der Prophet, der Nabi, im Judentum und allgemein in der antiken Welt hatte, ist bekannt. WeniNabi ger bekannt ist die langlebige Nachkommenschaft dieser Figur in der westlichen Kultur bis an die Schwelle der Moderne, wo sie nicht restlos verschwunden ist. Aby Warburg stufte Nietzsehe und JacobBurckhardt als zwei Typen von Nabi ein: Der erstere sei auf die Zukunft, der zweite auf die Vergangenheit gerichtet. Und ich :erinnere mich, daß Michel Foucault in seiner Vorlesung vom I. Februar 1984 am College de France vier Figuren der Wahrsagung in der antiken Welt unterschied: den Propheten, den Weisen, den Techniker und den Parrhesiasten, und daß er in der fotgenden Vorlesung deren Nachkommenschaft in der Geschichte der modernen Philosophie nachzeichnete. (Das ist eine interessante Übung, an der man sich versuchen sollte.) Was ist ein Prophet? Zuallererst ist er ein Mensch, der in unmittelbarer Beziehung zu der Ruah Jahwe, zum Hauch Jahwes, steht und der von Gott ein Wort erhält, das ihm nicht eigentlich gehört. »So spricht - oder hat gesprochen - Jahwe« ist die Formel, die die prophetische Rede eröffnet. Als ekstatischer Wortführer Gottes unterscheidet sich der Nabi deutlich vom Apostel. Dieser muß seinen Auftrag als Bevollmächtigter zu einem bestimmten Zweck mit Hellsicht ausführen und die Worte der Verkündigung aiIeine finden. Daher kann er sie als ))mein Evangelium« definieren (Röm 2,16; 16,25). Gleichwohl ist im Judentum die Prophezeiung keine Institution, deren .Funktionen definiert und deren Figuren bestimmt werden könnten: Sie ist vielmehr so etwas wie eine Kraft oder eine 73
Spannung, die stets mit anderen Kräften im Kampfliegt, die sie in ihren Eigenschaften und besonders in ihrer Zeit zu begrenzen versuchen. Die rabbinische Tradition tendiert so dazu, die legitime Prophetie in die Grenzen einer idealen Vergangenheit zu schließen, die mit der ersten Zerstörung des Tempels 587 v. ehr. zu Ende ging. In diesem Sinn sind Behauptungen folgender Art zu lesen: »Die zweite Zeit hat fünf Dinge weniger als die erste: das Feuer, die Arche, das Öl der Salbung, die Urim und die Tummim und den heiligen Hauch [das heißt den prophetischen Geist]« oder: »Nach dem Tod der letzten Propheten Haggai, Sacharja, Maleachi hat sich der heilige Hauch aus Israel entfernt; gleichwohl erhält es die himmlischen Botschaften durch die bat kot [wörtlich die ,Tochter der Stimme<, d. h. ein Echo oder einen Rest einer Prophetie].« Dieser äußeren Schließung der Prophetie entspricht aber seltsamerweise eine Begrenzung, die sozusagen im Innern der Prophetie selbst agiert, als ob sie in sich selbst die Verkündigung der eigenen Schließung und der eigenen Unzulänglichkeit enthalten würde. So liest man etwa in Sach 13,2-4: »Und geschehen wird's an jenem Tag [... ] die Propheten und den Geist der Unreinheit schaffe ich aus dem Lande hinweg. Und wenn künftig einer als Prophet auftritt, so werden sein Vater und seine Mutter, die ihn erzeugt haben, zu ihm. sprechen: Du sollst nicht am Leben bleiben;' denn du hast Lüge geredet im Namen des Herrn. Ja, sein Vater und seine Mutter, die ihn erzeugt haben, werden ihn durchbohren, wenn er als Prophet auftritt. Und geschehen wird's an jenem Tage, da werden die Propheten alle sich ihrer Geschichte schämen.« (Man erkennt hier den Archetypen jener Verfluchung des Dichters am Anfang der Fleurs du mal; und man muß die Behauptung des Paulus: »ich schäme mich meiner Verkündigung nicht« im Verweis auf solche Stellen lesen). Wie auch immer diese Schließung zu verstehen sei, der Prophet ist wesentlich durch seine Beziehung zur Zukunft bestimmt. In Ps 74,9 steht: »Unsre Zeichen sehen wir nimmer, kein Prophet ist mehr da, niemand unter uns weiß, bis wie lange.« »Bis wie lange«: Immer wenn die Propheten die Ankunft des Messias verkündigen, betrifft die Verkündigung eine zukünftige, noch nicht gegenwärtige Zeit. Darin besteht der 74
Unterschied zwischen einem Propheten und einem Apostel. Der Apostel spricht ausgehend von der Ankunft des Messias. An diesem Punkt muß die Prophezeiung schweigen: Die Ankunft ist, jetzt, wirklich vollbracht (das ist auch die Bedeutung ihrer inneren Spannung auf eine Schließung hin). Das Wort geht auf den Apostel über, ,den vom Messias Gesandten, dessen Zeit nicht mehr die Zukunft, sondern die Gegenwart ist. Daher ist bei Paulus der technische Ausdruck für die Ankunft des Messias: ho nyn kair6s, die» Jetztzeit«; daher ist Paulus ein Apostel und nicht ein Prophet.
Der Apostel muß aber auch von einer anderen Figur unterschieden werden, mit der er oft verwechselt wird, Apokalyptisch genauso wie die messianische mit der eschatologischen ,Zeit verwechselt wird. Nicht die Prophezeiung, die sich auf die Zukunft richtet, sondern die Apokalypse, die das Ende der Zeit betrachtet, ist das gefährlichste Mißverständnis der messianischen Verkündigung. Das Apokalyptische hat seinen Ort a.m letzten Tag, am Tag des Zorns: Es sieht die Vollendung des' Endes und beschreibt, was es sieht. Die Zeit hingegen, die der Apostel erlebt, ist nicht das eschaton, ist nicht das Ende der Zeit. Wenn man die Differenz zwischen Messianismus und Apok:4ypse, zwischen Apostel und Visionär in einer Formel ausdrü~n müßte, so glaube ich, daß man in Anlehnung an einen Vorschlag von Gianni Carchia sagen könnte, daß das Messianische nicht das Ende der Zeit, sondern die Zeit des Endes ist (Carchia 2000, S. 144). Den Apostel interessiert nicht der letzte Tag, picht der Augenblick, in dem die Zeit aufhört, sondern die Zeit, die zusammengedrängt ist und zu enden beginnt (I Kor 7,29: ho kair6s synestalmenos estin) - oder, wenn man will, die Zeit, die zwischen der Zeit und ihrem Ende bleibt. Die Tradition der jüdischen Apokalypse und die rabbinische Tradition kannten die Unterscheidung zwischen den beiden Zeiten oder den beiden Welten (olamim): das olam hazzeh, das die Dauer der Welt von der Schöpfung bis zu ihrem Ende bezeichnet, und das olam habba, d. h. die Welt, die kommt, die 75
unzeidiche Ewigkeit, die auf das Ende der Welt folgen wird. In der Tradition des griechisch sprechenden Judentums werden so zwei aiones und zwei kosmoi unterschieden: ho aiDn touto, ho kosmos outos (»dieser Äon, diese Welt«) und ho aiiJn mellön (»der Äo~, der kommt«). Beide Ausdrücke tauchen bei Paulus auf: Aber die messianische Zeit, die Zeit, die der Apostel erlebt und die ihn einzig interessiert, ist weder das olam hazzeh noch das olam habba, weder die chronologische Zeit noch das apokalyptische eschaton, sondern wieder einmal ein Rest, nämlich die Zeit, die zwischen diesen beiden Zeiten übrig bleibt, wenn man mit einer messianischen Zäsur oder mit einem Schnitt des Apelles die Teilung der Zeit selbst teilt. Daher ist zunächst das gängige Mißverständnis zu beseitigen, wonach die messianische Zeit nach dem Modell der eschatologischen Zeit nivelliert wird. Demnach wird gerade das Spezifische des Messianischen undenkbar. Gegen Mitte der 60er J~re fand in Deutschland ausgehend von Blumenbergs Buch Die Legitimität der Neuzeit (1966) und dem vorangegangenen von Löwith, Weltgeschichte und Heilsgeschehen (1953), eine weitgreifende Debatte zum Thema von Säkularisierung und Modernität statt. Obwohl die Positionen dieser Autoren unterschiedlich und teilweise sogar gegensätzlich waren, teilten sie eine gemeinsame Annahme, nämlich die einer unversöhnbaren Antithese zwischen Modernität und Eschatologie. Die christliche Konzeption der Zeit, die auf eine heilsgeschichtliche Rettung und daher auf ein letztes Ende hin orientiert war, war für beide hintallig geworden und verhielt sich letztlich antithetisch zur Zeit- und Geschichtsauffassungo der Moderne. Ohne auf diese Debatte näher einzugehen, möchte ich nur anmerken, daß sowohl Blumenberg als auch Löwith das Messianische mit dem Eschatologischen, die Zeit des Endes mit dem Ende der Zeit verwechseln und ihnen damit gerade das entgeht, was für PauI> lus grundlegend ist, nämlich die messianische Zeit, insofern sie die Möglichkeit einer klaren Unterscheidung zwischen den beiden olamim selbst in Frage stellt. Wie hat man sich diese Zeit vorzustellen? Vordergründig ist es eine einfache Sache: Es gibt zuallererst die profane Zeit, auf die sich Paulus gewöhnlich mit dem Ausdruck chronos bezieht
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und die sich von der Schöpfung bis zum messianischen Ereignis (das für Paulus nicht die Geburt Jesu, sondern seine Auferstehung ist) erstreckt. Mit diesem Ereignis beginnt die Zeit sich zusammenzuziehen und tu enden. Diese zusammengedrängte Zeit, auf die sich Paulus mit dem Ausdruck ho nyn kairos, die »Jetztzeit«, bezieht, dauert bis zur parousia, bis zur vollständigen Anwesenheit des Messias, die mit dem Tag des Zorns und dem Ende der Zeit (das unbestimmt bleibt, obwohl es kurz bevor~teht) zusammenfällt. Hier explodiert die Zeit, oder vielmehr: sie implodiert in einen anderen Äon, die Ewigkeit. Wenn wir versuchen, dieses Schema auf eine Linie zu übertragen, so ergibt dies etwa folgendes:
----------------------B c
A
A ist die Schöpfung, B das messianische Ereignis, d. h. die Auferstehung Jesu, C ist das eschaton, wo die Zeit in die Ewigkeit übergeht. Diese Darstellung hat den Vorteil, klar zu zeigen, daß die messianische Zeit - ho nyn kairos - weder mit dem Ende der Zeit und dem Äon der Zukunft noch mit der profanen chronologischen Zeit zusammenfällt, ohne aber der letzteren äußerlich zu sein. Sie ist vielmehr ein Teil der profanen Zeit, der zusammengedrängt und dadurch gänzlich verwandelt wird (diese Heterogenität wird in unserer Darstellung durch die diskontinuierlichen Striche nur ungenügend wiedergegeben). Deswegen wäre es wohl genauer, wenn man auf die Vorstellung vom Schnitt des Apelles zurückgreifen und die messianische Zeit als Zäsur wiedergeben würde, die, indem sie die Teilung zwischen den beiden Zeiten selbst teilt, in ihr einen Rest einführt, der die Teilung überschreitet.
--------------~--I--~---------------A c In diesem Sc~~ma erscheint die messianische Zeit als jener Teil des profanen Aons, der den chronos und jenen über den zukünf77
tigen Äon hinausgehenden Teil von Ewigkeit, die beide in bezug auf die Teilung der beiden Äone als ein Rest dargestellt sind, konstitutiv überschreitet. Können wir nun behaupten, daß. wir die messianische Zeiterfahrung wirklich verstanden haben? Es gibt hier ein allgemeines Problem, das unsere auf räumliche Parameter zurückgreifenden Zeitdarstellungen betrifft. Es ist oft beobachtet worden, daß diese räumlichen Darstellungen - Punkt, Linie, Segment Verfälschungen sind, die die erlebte Zeiterfahrung undenkbar machen. Die Verwechslung von eschaton und messianischer Zeit ist dafür ein besonders anschauliches Beispiel: Wenn man sich die Zeit als eine gerade Linie und ihr Ende als einen Punkt vorstellt, so erhält man etwas vollkommen Darstellbares, aber absolut Undenkbares. Wenn wir umgekehrt über eine reale Zeiterfahrung nachdenken, erhalten wir etwas Denkbares, aber strikt Nicht-Darstellbares. Ebenso ist die Vorstellung der messianischen Zeit'als Segment zwischen den beiden Äonen nützlich, aber sie sagt uns nichts von der Erfahrung einer bleibenden Zeit, einer Zeit, die beginnt, zu Ende zu gehen. Woher stammt diese Kluft zwischen Darstellung und Gedanke, zwischen dem Bild und der Erfahrung? Und ist eine andere Darstellung der Zeit möglich, die sich dieser Doppeldeutigkeit entziehen könnte?
Im Versuch, eine Antwort auf diese Fragen zu finden, bediene ich mich eines Konzepts, das weder aus der Philosophie noch aus der Naturwissenschaft, Operative Zeit sondern aus dem Werk eines Linguisten stammt, der unter den großen Linguisten unseres Jahrhunderts vielleicht der philosophischste war: Gustave Guillaume. Obwohl Guillaume mit Meillet und Benveniste gearbeitet hat, ist seine Sprachreflexion in der Linguistik des 20. Jahrhunderts seltsamerweise ins Abseits geraten und wird erst jetzt allmählich in ihrem gan2en Reichtum erfaßt. Guillaume betrachtet die Sprache von der Aristotelischen Unterscheidung in Akt und Potenz aus und eröffnet so eine originelle Perspektive auf sie, die zwar schon in Saussures Unterscheidung in langue und parole 78
enthalten war, die aber weitaus komplexer ist. Das Buch von Guillaume, das uns hier interessiert, ist Temps et verbe, das zwei Studien aus den Jahren 1929 und 1945 versammelt. Das Konzept, auf das ich mich dabei beziehe, ist jenes der »operativen Zeit«, das in beiden Studien auftaucht. Gemäß Guillaume verfügt der menschliche Verstand über die Erfahrung der Zeit, nicht aber über deren Anschauung und muß daher, um sie darzustellen, auf räumliche Konstruktionen zurückgreifen. So stellt die Grammatik die Zeiten des Verbs als eine unendliche Linie dar, die aus zwei Segmenten, nämlich der Vergangenheit und der Zukunft, besteht, die ihrerseits durch den Schnitt der Gegenwart getrennt sind:
------- -- -'- - --- --- --- - - - - - Vergangenheit
Gegenwart
Zukunft
Diese Darstellung, die GuUlaume auch ,Bild-Zeit nennt, ist unzureichend, weil sie zu vollkommen ist. Sie zeigt uns eine immer schon konstruierte Zeit, aber sie zeigt uns nicht die Zeit, die im Denken konstruiert wird. Um wirklich etwas zu verstehen, sagt Guillaume, reicht es nicht, sie im konstruierten oder vollendeten Zustand zu betrachten: Man muß die Phasen darstellen, die das Denken zurückgelegt hat, um sie zu konstruieren. Jeder Vorgang des Denkens - und sei er noch so schnell - benötigt eine bestimmte Zeit, die sehr kurz sein kann, die deswegen aber nicht weniger real ist. Guillaume definiert diejenige Zeit als »operative Zeit«, die der Verstand benötigt, um eine Bild-Zeit zu realisieren. Eine genaue Untersuchung der sprachlichen Phänomene zeigt nun, daß die Sprachen ihr Verbalsystem nicht nach dem vorhergehendenlinearen Schema - das arm, weil zu vollkommen ist -, sondern durch den Verweis des konstruierten Bildes auf die operative Zeit seiner Konstruktion organisieren. Guillaume kann so die chronologische Darstellung der Zeit komplizieren, indem er die Zeit der Herstellung der Bild-Zeit auf sie projiziert und eine neue, nicht mehr lineare, sondern dreidimensionale Darstellung gewinnt, die nun die chronogenetische Zeit ist. Das Schema der Chronogenese erlaubt es so, die Bild-Zeit in ihrer rein p:otentiellen Eigenschaft (Zeit in posse), im Vorgang ihrer Herstellung (Zeit in fim) und zuletzt auch
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in ihrem konstruierten Zustand (Zeit in esse) zu erfassen und alle Verbformen der Sprache in einem einheitlichen Modell einzubegreifen (Aspekte, Modi und Tempora im engeren Wortsinne). (:) Die Einführung der operativen Zeit als Konzept verfolgt im sprachwissenschaftlichen Kontext ein klares Interesse. Es erlaubt Guillaumc: nicht nur, einer räumlichen Darstellung, die wie jedes Bild als solches der Zeit entbehrt, Zeit zurückzugeben. Auch die Vorstellung, daß die Sprache auf die operative Zeit ihrer eigenen Entstehung verweist, enthält schon die Grundlage - und mit ihr eine weitergehende Komplikation - der genialsten Prägung in der Linguistik des 20. Jahrhunderts: Benvenistes Theorie des Aussageaktes [enonciation). Durch die Indikatoren des Aussageaktes bezieht sich die Sprache auf ihre eigene Realisierung, auf die reine Instanz des stattfindenden Diskurses. Diese Fähigkeit, sich.auf die reine Präsenz des Aussageaktes zu beziehen, fallt gemäß Benveniste mit der Chronothese zusammen, mit dem Ursprung unserer Darstellung der Zeit, dessen axiomatischen Bezugspunkt sie darstellt. Aber wenn jeder Denkvorgang, jedes »sprachlich stattfindende Denken«, wie Guillaume sagt, eine operative Zeit impliziert, dann enthält auch der Bezug auf die Instanz des stattfindenden Diskurses eine bestimmte Zeit, dann enthält auch die Chronothese in ihrem Innern eine weitere Zeit, die einen Bruch und eine Verspätung in die »reine Präsenz« des Aussageaktes einführt. Und da Benveniste den Aussageakt zur Grundlage der Subjektivität und des Bewußtseins erhebt, gehören dieser Abstand und diese Verspätung konstitutiv zur Struktur des Subjekts. Insofern das Denken immer »sprachlich stattfindet« und - wie groß auch immer seine Geschwindigkeit und seine Fähigkeit zum Überflug sein mag - notwendigerweise eine operative Zeit in sich selbst impliziert, kann es nie vollständig mit sich selbst zusammenfallen. Die Anwesenheit des Bewußtseins bei sich selbst definiert sich demnach immer schon durch eine Form der Zeit. Was unter anderem auch erklärt, warum das Denken der Zeit und die Darstellung der Zeit nie zusammenfallen können: Um die Wörter zu finden. in denen sich eine bestimmte Bild-Zeit realisiert, benötigt das Denken eine operative Zeit, die ihrerseits nicht in der Darstellung, die sie gleichwohl irgendwie impliziert, wiedergegeben werden kann.
Versuchen wir nun, das Paradigma der operativen Zeit jenseits der Linguistik zu entfalten und es auf unser Problem der messianischen Zeit zu übertragen. In jeder Darstellung, die wir von der Zeit vornehmen. in jedem Diskurs. in dem wir die Zeit definieren und darstellen, ist eine weitere Zeit enthalten, die sich nicht darin erschöpfen kann. Als ob der Mensch als den80
kendes und sprechendes:Wesen eine weitergehende, die chronologische überschreitende Zeit produzieren würde, die ihn daran hindert, vollständig mit:der Zeit zusammenzufallen, von der er sich Bilder und Darstelh,mgen macht. Diese weitergehende Zeit ist aber keine andere Zei~, so etwas wie eine supplementäre Zeit, die sich von außen der chronologischen Zeit hinzufügen ließe; sie ist sozusagen eine Zeit innerhalb der Zeit - nicht jenseits, sondern innerhalb -, die nur meine Verschiebung und meinen Abstand in bezug auf sie, meine Nichtkoinzidenz mit meiner Zeitdarstellung mißt. Gerade deshalb ist sie auch das Maß meiner Möglichkeit, diese Zeitdarstellung zu vollziehen und zu begreifen. Wir können nun also eine erste Definition der messia-
wie richtigerweise beobachtet worden ist, bedeutet hier nicht einfach >übrigens<, sondern bezeichnet die messianische Zeit als bleibende Zeit], damit auch die Frauen Habenden als ob nicht Habende seien und die Weinenden als ob nicht Weinende.« Aber aus demselben Grund ist die messianische Zeit par excellence die Zeit, die wir haben (Gal 6,10: »solange wir Zeit haben [hös kairon echomen], wirken wir das Gute«). Paulus verwendet den Ausdruck ton kairon exagorazOmenoi, »die Zeit auskaufen«, zweimal (Eph 5,16 und Kol 4,5), um die zeitliche Bedingung der messianischen Gemeinschaft auszudrücken.
In der Regel werden kairos und chronos als qualitativ heterogene Zeitauffassungen gegenübergestellt, was Kair6s und chronos zweifelsohne korrekt ist. Entscheidend ist hier aber nicht so sehr die Opposition, sondern die Beziehung zwischen ihnen. Was liegt mit einem kairOs vor? Die schönste Definition des kairos, die ich kenne, stammt aus dem Corpus Hippocraticum und beschreibt ihn eben in bezug auf den chronos. Sie besagt: chronos esti en ho kairos kai kairos esti en hö ou pollos chronos, »der chronos ist das, in dem es kairos gibt, und der kairos ist das, in dem es wenig chronos gibt. « Zu beachten ist hier die außerordentliche gegenseitige Implikation beider Begriffe, die buchstäblich einer im anderen stehen. Der kairOs (es wäre banal, hier einfach mit »Gelegenheit« zu übersetzen) verfügt nicht über eine andere Zeit. Was wir ergreifen, wenn wir einen kairos ergreifen, ist nicht eine andere Zeit, sondern nur eine zusammengedrängte und verkürzte Zeit. Der hippokratische Text fährt mit folgenden Worten fort: »Die Heilung findet manchmal durch den chronos. manchmal aber auch durch den kairOs statt.« Es ist klar, daß die messianische »Heilung« im kairos stattfindet, dieser ist aber nichts anderes als ein ergriffener chronos. Die im Ring der Gelegenheit eingefaßte Perle ist nichts anderes als ein Teilchen von chronos, eine bleibende Zeit. (Daher die Relevanz des rabbinischen Spruchs, wonach die messianische Welt nicht eine andere Welt, sondern diese profane Welt mit einer kleinen Entstellung, mit einem kleinen Unterschied ist. Aber dieser kleine Unterschied, der der Tatsa-
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che entspringt, daß ich meinen Bruch mit der chronologischen Zeit ergriffen habe, ist in jedem Sinn entscheidend.)
Untersuchen wir nun die Struktur der messianischen Zeit bei Paulus aus der Nähe. Bekanntlich zergliedert Paulus das messianische Ereigni~ in zwei Zeiten: die Auf- Parousia erstehung und die parousza, die zweite Ankunft Jesu am Ende der Zeit. Daher rührt die paradoxe Spannung zwischen einem schon und einem noch nicht, die die Paulinische Konzeption der Rettung bestimmt: Das messianische Ereignis hat schon stattgefunden; die Rettung ist für die Gläubigen schon vollendet, gleichwohl impliziert sie für ihre wirkliche Vollendung eine weitere Zeit. Wie muß man diese einzigartige Spaltung verstehen, die eine konstitutive Ausdehnung ins Messianische einzuführen scheint? Das Problem ist entschddend, denn von ihm hängt die korrekte Lösung der Antinomien ab, die die Interpretationen des Messianismus in unserer Zeit kennzeichnen. Nach Scholem,' der eine weitverbreitete Position im Judentum vertritt, bestimmt sich die messianische Antinomie als ein Leben im Aufichub, in dem nichts endgültig vollendet werden kann: »Die jüdische sogenannte ,Existenz«(, so schreibt er, »hat das Gespannte, niemals sich wahrhaft Entladende [ ... ] in sich.« (Scholem 1963, S. 74) Ebenso aporetisch ist die - einer bestimmten christlichen Theologie eigene - Position, die die messianische Zeit als ein~ Art Grenzbereich konzipiert oder vielmehr als »eine Obergangszeit zwischen zwei Perioden - d. h. zwischen zwei Parousien,' deren erste den Anfang des neuen Äons und deren zweite das Ende des alten Äons bestimmt« -, die als solche »beiden Äonen angehört«. Die Gefahr besteht hier darin, daß die Ausdehnung gewissermaßen im Konzept »Übergangszeit« selbst liegt, die wie jeder Übergang dazu tendiert, sich ins Unendliche zu erstrecken und so das Ende, das sie eigentlich produzieren sollte, unerreichbar werden zu lassen. Erst aus der Perspektive der operativen Zeit gewinnt die Paulinische Zergliederung der Präsenz ihren eigentlichen Sinn. Insofern sie operative Zeit ist, Zeit also, die man benötigt, um die Darstellung der Zeit zu beenden, kann das messianische ho nyn
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kairos nicht mit einem chronologischen Zeitpunkt innerhalb dieser Darstellung zusammenfallen. Das Ende der Zeit ist in der Tat eine Bild-Zeit, die auf der homogenen Linie der Chronologie den letzten Punkt bezeichnet. Aber als ein zeitleeres Bild ist es in sich sdbst ungreifbar und tendiert daher dazu, sich unendlich aufzulösen. Kant muß an eine Zeit dieser Art gedacht haben, als er in Das Ende aller Dinge von einer »widernatürlichen« und »verkehrten« KonZeption vom Ende der Zeit sprach, die »Von uns sdbst dadurch, daß wir den Endzweck mißverstehen, herbeigeführt wird« (Kant 1923, S. 333). Und auch Giorgio Manganelli scheint eine unzureichende Darstellung vom Ende anzudeuten, wenn er seinen außerordentlichen Häresiarchen sagen läßt, daß wir nicht merken, daß die Welt schon am Ende ist, weil dieses Ende »eine Art Zeit produziert, in der wir wohnen und die uns von der Erfahrung von ihr ausschließt« (Manganelli 1996, S. 19). Es ist jedoch ein Irrtum, die operative Zeit in eine supplementäre Zeit zu verwanddn, die der chronologischen Zeit hingefügt wird, um deren Ende ins Unbestimmte aufzuschieben. Deswegen ist es wichtig, die Bedeutung von parousia richtig zu verstehen. Parousia bedeutet nicht die »zweite Ankunft« Jesu, ein zweites messianisches Ereignis, das auf das erste folgt und es integriert. Im Griechischen bedeutet parousia einfach: Anwesenheit (para-ousia, wörtlich: Neben-Sein; in der Anwesenheit steht das Sein sozusagen neben sich sdbst). Sie bezeichnet weder ein Komplement, das einer Sache hinzugefügt wird, um sie zu vervollständigen, noch ein Supplement, das hinzugefügt wird, ohne daß es je zu einer Vollendung käme. Paulus benutzt das Wort, um die innere uniduale Struktur des messianischen Ereignisses zu bezeichnen, insofern es aus zwei heterogenen Zeiten zusammengesetzt ist, einem kairos und einem chronos, einer operativen Zeit und einer dargestdlten Zeit, die verbunden, aber nicht addierbar sind. Die messianische Anwesenheit ist neben sich sdbst, weil sie, ohne je mit einem chronologischen Zeitpunkt zusammenzufallen oder ihm hinzugefügt zu werden, ihn gleichwohl ergreift und ihn im Innern zur Vollendung bringt. Die Paulinische Zergliederung der messianischen Anwesenheit gleicht derjenigen in dem außerordentlichen "theologoumenon Kafkas, wonach der Messias nicht am 84
Tag seiner Ankunft kommt,' sondern erst am Tag darauf: »er wird erst nach seiner Ankunft kommen, er wird nicht am letzten Tag kommen, sondern am allerletzten.« (Kafka 1983, S. 67) Der Messias ist schon gekommen, das messianische Ereignis hat schon stattgefunden, aber seine Anwesenheit enthält in ihrem Innern eine andere Zeit, die 'deren parousia entfaltet, nicht um sie aufzuschieben, sondern um sie zu ergreifen. Deswegen kann, in Benjamins Worten, jede Sekunde »die kleine Pforte [sein], durch die der Messias eintreten kann«. Der Messias macht immer schon seine Zeit - d. h. ,er macht seine Zeit und vollendet sie zugleich. Der rabbinische Kommentar, der unter dem Titel Genesis Rabbah bekannt ist, enthält nützliche Überlegungen zu dem heute so verbreiteten - Irrtum, der die operative Zeit - die Zeit, die die Zeit benötigt, um zu enden - mit einer supplementären Zeit verwechselt, die der Zeit unbestimmt hinzugefugt wird. Die Überlegungen beziehen sich auf den Sabbat, der im Judentum 'wie auch bei den Kirchenvätern eine Art Modell der messianischen Zeit darstellte. S~e beziehen sich insbesondere auf die Interpretation von 1 Mqse 2,2: »Und Gott vollendete am siebenten Tage sein Werk, das er gemacht hatte, und er ruhte am siebenten Tage von all seihern Werke, das er gemacht hatte.« Um diese paradoxe Koinzidenz von Vollendung und Unterbre~ chung zu vermeiden, emend,iert die Septuaginta im ersten Kolon und schreibt »am sechsten Tag« (en te hemera te ekte) anstelle von »siebenten«, so daß die Unterbrechung des Schöpfungswerks zu einem eigenen Tag wird (te hemera te hebdome). Der
(:) Es ist nun an der Zeit, das Paulinische Thema vom tausendjährigen Reich - oder vom messianischen ZwischenTausendjähriges Reich reich - zu besprechen. Gemäß einer Vorstellung, die mit Sicherheit jüdischen Ursprungs, aber auch in der christlichen Überlieferung tief verwurzelt ist, wird es auf der Erde nach der parousla und vor dem Ende der Zeit ein messianisches Reich geben, das tausend Jahre dauern wird (daher der Ausdruck Chiliasmus). Obwohl Eusebius und später Hieronymus Papias vorwarfen, diese »jüdische GesChichte« in Umlauf gesetzt zu haben, ist die Vorstellung nicht nur in der Apokalypse und im Pseudobarnabas, sondern auch schon bei Justin, bei Tertullian, bei Irenäus und bis zu einem gewissen Punkt auch bei Augustin präsent, bis sie dann mit Nach. druck im 12. Jahrhundert bei Joachim von Fiore wiederauttauchte. Was Paulus betrifft. so konzentriert sich die Fragestellung im wesentlichen auf die Interpretation von 1 Kor 15,23-27 und 1 Thess 4,13-18. Wilcke hat gegen die chiliastische Lektüre dieser Stellen festgehalten. daß die »basilela Christi [... ) für Paulus dem schon angebrochenen neuen Äon äquivalent - also eine gegenwärtige Größe - sein und von der eschatologischen Gottesherrschaft unterschieden werden« dürfte (Wilcke 1967, S. 99) und daß »in der Eschatologie des Paulus kein Platz für ein irdisch-messianisches Zwischenreich [ist), sondern für Paulus geht dieser Äon ohne Zwischenstufe am Ende der Weltzeit direkt über in die ewige Gottesherrschatt« (ebd., S. 156). Bultmann hingegen schreibt: .Die urchristliche Gemeinde ist sich bewußt, .zwischen den Zeiten< zu stehen, nämlich am Ende des alten Äons und im Beginn oder wenigstens unmittelbar vor dem Beginn des neuen. Sie versteht ihre Gegenwart also als ein merkwürdiges ,Zwischen<. Besonders deutlich kommt das in 1 Kor 15.23-27 zum Ausdruck: nach rabbinischer Theorie flillt zwischen den alten und den neuen Äon das messianische Reich; für Paulus ist dieses Reich die Gegenwart zwischen der Auferstehung und der Parusie.« (Bultmann 196o, S. 35) Das richtige Verständnis des Problems vom Reich (wie auch seines säkularen Äquivalents, des Marxschen Problems nämlich von der Übergangsphase zwischen Vorgeschichte und Geschichte) hängt davon ab, welche Bedeutung man diesem »zwischen« gibt. Das bedeutet. daß die chiliastischen Interpretationen zugleich recht und unrecht haben. Unrecht. wenn sie das messianische Reich wörtlich mit einem bestimmten Abschnitt der chronologischen Zeit identifizieren wollen. der zwischen der parousla und dem Ende der Zeit steht; Recht. insofern die messianische Zeit bei Paulus als operative Zeit eine aktuelle Verwandlung der Zeiterfahrung impliziert, die es vermag, die profane Zeit hier und jetzt zu unterbrechen. Das Reich fällt mit keinem der chronologischen Momente zusammen, sondern steht zwischen ihnen, indem es sie in der para-ousia ausdehnt. Das ist seine besondere »Nähe«. die bei Paulus, wie wir sehen
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werden, dem nahen Wort des Glal\bens entspricht. In diesem Sinn ist es wichtig, daß entus hymdn in Lk l7,i!: .das Reich Gottes ist entus ,hym6n«, nicht gemäß'der gängigen übersetzung »in euch«, sondern »zu meinen Händen, im Einwirkungsbereich«- d.h. nahe bedeutet (Rüstow 1960, S. 21 4f.).
Paulus definiert die innere ~eziehung der messianischen zur chronologischen Zeit, d. h. zUr Zeit, die sich von der Schöpfung bis zur Auferstehung erstreckt, mit zwei Typos grundlegenden Ausdrücken. Der erste heißt typos, Figur, Präfiguration. Die entscheidende Stelle ist I Kor IO,I-Il. Paulus evoziert hier kursorisqh eine Reihe von Episoden der Geschichte Israels: »Ich will nämlich nicht, daß ihr nicht wißt, Brüder, daß unsere Väter alle: unter der Wolke waren und alle durch das Meer hindurch gIngen und alle in Moses in die Wolke und in das Meer eingehaucht wurden und alle dieselbe geistige Speise gegessen haben und alle denselben geistigen Trank getrunken haben: Sie ttanken nämlich aus einem geistigen Felsen, der [ ... ] der Mes~ias war.« An dieser Stelle fügt er hinzu: »Diese Dinge geschahen wie Figuren [typoz1 von uns, damit wir nicht begehrten d~ Schlechte, wie auch jene es begehrten.« Und wenige Zeilen später nimmt er dasselbe Bild wieder auf: »Diese Dinge aber geschahen ihnen figürlich [typiMs] und wurden nach unserel; Anweisung geschrieben, für uns, in denen die Enden der Zeiten sich gegenüberstehen [ta tele tön aMnon katinteken; antan - von anti - bedeutet >von Angesicht zu Angesicht, sich gegenüberstehen<].« Auerbach hat hervorgehoben, wie wichtig für das christliche Mittelalter diese »figurale« Konzeption der Welt (Hieronymus übersetzt typoi in 1 Kor 10,6 mit in figura) ist, wo sie als Grundlage einer allgemeinen Theori~ der allegorischen Interpretation dient. Paulus stellt durch das iypos-Konzept eine Beziehung, die wir von nun an eine typologische nennen können, zwischen den vergangenen Ereignissen und dem nyn kairOs, der messianischen Zeit, her. So wird in Röm 5,14 Adam, durch den die Sünde in die Welt gekommen ist, als typos tou mellontos definiert, als »Figur der Zukunft«:- d.h. des Messias, durch den die 87
Gnade für die Menschen im Überfluß vorhanden sein wird. (In Heb 9.24 wird der von deu Menschen gebaute Tempel als antitypos zum himmlischen definiert. was eine symmetrische Beziehung zum typos implizieren könnte.) In der hier interessierenden Perspektive ist nicht so sehr entscheidend. daß jedes vergangene Ereignis Figur geworden ist und ein künftiges Ereignis ankündigt. durch das es seine Erfüllung erfährt. als vielmehr die Verwandlung der Zeit. die durch die typologische Beziehung impliziert wird. Es geht nicht bloß um eine beidseitige Korrespondenz nach dem in der mittelalterlichen Kultur vorherrschenden Paradigma. wonach typos und antitypos jetzt in ein sozusagen hermeneutisches Verhältnis geserzt werden. das also im wesentlichen die Interpretation der Schrift betrifft. Wichtiger ist die Spannung. die Vergangenheit und Zukunft. typos und antitypos zu einer untrennbaren Konstellation zusammendrängt und verwandelt. Das Messianische ist nicht einfach eine der beiden Grenzen dieser typologischen Beziehung: Es ist diese Beziehung selbst. Das ist die Bedeutung der Paulinischen Stelle: »für uns, in denen die Enden der Zeiten [aiiinön, die olamim] sich gegenüberstehen«. Die beiden äußersten Enden der olam hazzeh und der olam habba ziehen sich eines am anderen zusammen, bis sie sich gegenüberstehen, aber ohne zusammenzufallen: dieses Angesicht zu Angesicht, diese Kontraktion ist die messianische Zeit - und nichts anderes. Noch einmal: Das Messianische ist bei Paulus kein drittes Zeitalter zwischen den zwei Zeiten, es ist vielmehr eine Zäsur, die die Teilung der Zeiten selbst teilt. indem sie zwischen ihnen einen Rest einführt, eine Zone nicht zuweisbarer Indifferenz. in der die Vergangenheit in die Gegenwart verschoben und die Gegenwart in die Vergangenheit ausgedehnt wird. Eine von Scholems Thesen (genaugenommen die dreiundI> achrzigste), die er 1918 Benjamin zu dessen sechsundzwanzigsten Geburtstag schenken wollte. hält fest: »Die Zeit des inversiven Wlw ist die messianische Zeit.« (Scholem 1995. S. 294) Das hebräische Verbalsystem unterscheidet die Verbformen nicht so sehr nach Zeiten (Vergangenheit und Zukunft) als vielmehr nach Aspekten: abgeschlossen (in der Regel mit der Vergangenheit wiedergegeben) und unabgeschlossen (wiedergege88
ben in der Regel mit dem Futur). Aber wenn man vor eine Form.des Abgeschlossenen ein WIlw setzt (das daher invers oder konvers genannt wird), verwandelt es sich in Unabgeschlossenes und umgekehrt. Gemäß' der scharfsinnigen Bemerkung Scholems (an die sich Benjamin viele Jahre später erinnern sollte) ist die messianische Zeit weder das Abgeschlossene noch das Unabgeschlossene, weder die Vergangenheit noch die Zukunft, sondern deren Inversion. Bei Paulus drückt die typologische Beziehung genau diese konverse Bewegung aus: Sie ist ein Spannungsfeld, in dem die beiden Zeiten zu einer Konstellation zusammengedrängt werden, die der Apostel den nyn kairos nennt: In ihr gewinnt die Vergangenheit (das Abgeschlossene) wieder Aktualität und wird unabgeschlossen, während die Gegenwart (das Unabgeschlossene) eine Art von Abgeschlossenheit erfährt.
Paulus greift zur Beschreibung der messianischen Zeit auf einen zweiten Ausdruck zurück, der sich komplementär zu typos verhält: :Es handelt sich um Rekapitulation den der Rekapitulation (Paulus benutzt nicht das Substantiv anakephataiösis, sondern das entsprechende Verb anakephalaioUsthai, wörtlich »rekapitulieren«). Die entscheidende Stelle ist Eph 1,10. 'Nachdem Paulus eben den göttlichen Plan der Erlösung (apoljtrösis) exponiert hat, schreibt er: »für die Ökonomie der Fülle der Zeiten rekapitulieren sich alle Dinge im Messias, sowohl die in den Himmeln als auch die auf der Erde [cis oikonomian tou p/erUmatos tön kairUn, anakephalaitJsasthai ta panta en tö christO, ta epi tou ouranois kai ta epi tls ges. en auto]. « Dieser Vers ist wirklich bis zum Platzen voll von Bedeutung, so voll, daß man sagen kann, daß einige grundlegende Texte der westlichen Kultur --, die Theorie der Apokatastasis bei Origenes und Leibniz, die· der Wiederholung bei Kierkegaard, die ewige Wiederkehr bei Nietzsche und die Wiederholung bei Heidegger - nlchts als Fragmente sind, die aus seiner Explosion hervorgegangep sind. . Was sagt hier Paulus? Daß die messianische Zeit - insofern in ihr die Vollendung der Zeiten (pUröma tön kairon - der 89
kairot, nicht der chronoi! Vgl. GaI4,4: pUroma tou chronou) auf dem Spiel steht - eine Rekapitulation bewirkt, eine Art summarische Verkürzung aller Dinge, sowohl der himmlischen als auch der irdischen - d. h. von allem, was sich von der Schöpfung bis zum messianischen »Jetzt« ereignet hat, von der Gesamtheit des Vergangenen. Die messianische Zeit ist also eine summarische Rekapitulation 4es Vergangenen - auch in der Bedeutung, die das Adjektiv im juristischen Kontext als »summarisches Urteil« besitzt. Die Rekapitulation des Vergangenen produziert ein pUroma, eine Füllung und Vollendung der kairoi (die messianischen kairot sind also buchstäblich voller chronos, aber eines summarisch verkürzten chronos), die dem eschatologischen pUroma vorausgeht, in dem dann Gott »alles in allem« sein wird. Das messianische pUroma ist also eine Verkürzung und eine Antizipation der eschatologischen Vollendung. Es ist kein Zufall, daß »Rekapitulation« und pUroma hier nebeneinanderstehen. BereitS in Röm 13,9-10 sind sie nebeneinander zu finden, wo Paulus sagt, daß im Messianischen jedes Gebot» in diesem Satz rekapituliert wird: Du wirst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« Und er fährt fort: »Die Liebe [... ] ist das pUroma des Gesetzes.« Wenn die Paulinische Rekapitulation des Gesetzes etwas mehr enthält als das Motto von Hille!, auf das sie in der Regel reduziert wird (Hille! sagt dem goj, der ihn auffordert, ihm die ganze Thora zu lehren: »Was dir nicht gefhllt, das tue auch nicht deinem Nächsten«), so nur, weil sie nicht einfach nur eine praktische Maxime darstellt, sondern untrennbar mit der messianischen Vollendung der Zeiten verbunden ist, weil sie eine messianische Rekapitulation ist. Entscheidend ist hier, daß das pUroma der kairoi das Verhältnis jedes einzelnen Augenblicks zum Messias - jeder kairos ist unmittelbar zu Gott- und nicht das Endergebnis eines Prozesses meint (nach dem Modell, das Hege! dem Marxismus hinterlassen wird). Wie Tyconius in seinen Regulae unter der Kapitel überschrift de recapitulatione erahnt hat, betrifft das messianische Jetzt jede Zeit (totum illud tempus diem vel horam esse) und ist das Messianische nicht das chronologische Ende der Zeit, sondern die Gegenwart als Forderung nach Vollendung, als das, 9°
was »im Namen des Endes« st~ht (/icet non in eo tempore finis, in eo tamen tituLo futurum est [Tyconius 1989, S. HO)). In diesem Sinn ist die Rekapitulation nur das andere Gesicht der typologischen Beziehung, die sich im messianischen kairos zwischen. Gegenwart und Vergangenheit einstellt. Daß es sich dabei nicht nur um eine Präfiguration, sondern um eine Konstellation und beinahe um eine Einheit der beiden Zeiten handelt, ist der Vorstellung inhärent, daß die ganze Vergangenheit sozusagen summarisch in der Gegenwart enthalten ist, so daß der Anspruch eines Restes, als Ganzes zu gelten, hier eine weitere Grundlage findet. Die drei Dinge, die in I Kor 13.I3 »bleiben« (»jetzt bleiben diese drei Dinge: Glaube, Hoffnung, Liebe«) sind keine Gemütszustände, sondern die drei Pfeiler, die die messianische Zeiterfahrung tragen und vollenden. Gewiß steht hier nur eine summarische Rekapitulation zur Diskussion: Gott ist noch nicht »alles in allem«, wie er es im eschaton sein wird (wenn es keine Wiederholung mehr geben wird). Aber sie ist um so grundlegender, als die vergangenen Ereignisse gerade in der Rekapitulation ihre eigentliche Bedeutung erhalten und darin zur Rettung sozusagen befähigt werden (der kleine Vers gehört zu Eph 1.3-14 und ist vollständig der »Verkündigung der Rettung« gewidmet, euangelion tes söterias).
Es geschieht hier etwas wie beim panoramatischen Blick eines Sterbenden, von dem gesagt. wird, daß er in einem Augenblick· seine Erinnerung und Rettung ganze Existenz in schwindelerregender Verkürzung vor seinen Augen vorüberziehen sieht. Auch in der messianischen Rekapitulation steht so etwas wie Erinnerung auf dem Spiel- aber es handelt sich um eine besondere Erinnerung, die einzig und allein mit der Ökonomie der Rettung zusammenhängt (aber trifft dies nicht auf jede Erinnerung zu?). Die Erinnerung erscheint hier als eine Propädeutik und eine Antizipation der Rettung. Und so wie sich die Vergangenheit nur in der Erinnerung von der entfernten Fremdheit des Erlebten befreien kann, um zum ersten Mal meine Vergangenheit zu werden, so eignen sich die Menschen in der »Ökonomie der 91
Fülle der Zeiten« ihre eigene Geschichte an, und das, was einst den Juden geschehen ist, wird als Figur und Wirklichkeit der messianischen Gemeinschaft anerkannt. Und so wie die Vergangenheit in der Erinnerung geWissermaßen wieder möglich wird - das Abgeschlossene wird unabgeschlossen, und das Unabgeschlossene abgeschlossen -, so bereiten sich die Menschen in der messianischen Rekapitulation darauf vor, sich in der Ewigkeit, die weder Vergangenheit noch Wiederholung kennt, für immer von der Vergangenheit zu verabschieden. Deswegen ist die gemeine Vorstellung, wonach die messianische Zeit einzig auf die Zukunft hin orientiert sei, nicht richtig. Wir hören immer wieder, daß wir im AugenbliCk der Rettung in die Zukunft und in die Ewigkeit schauen sollen. Für Paulus aber bedeutet Rekapitulation, anakephala{osis, daß ho nyn kairos eine Zusammendrängung von Vergangenheit und Gegenwart ist, daß wir im entscheidenden Augenblick vornehmlich mit der Vergangenheit abrechnen müssen. Das bedeutet selbstverständlich nicht Nostalgie oder Anhänglichkeit: Im Gegenteil ist die Rekapitulation der Vergangenheit auch ein summarisches Urteil, das über sie gesprochen wird. T Diese doppelte Ausrichtung der messianischen Zeit erlaubt es zudem, die einzigartige Formel zu verstehen, mit der Paulus seine messianische Spannung zum Ausdruck bringt: epekteinomenos. Nachdem er seine Vergangenheit als Pharisäer und als Beschnittener nach dem Fleisch erwähnt hat, schreibt er: .Brüder, ich glaube nicht, mich selbst ergriffen zu haben; eins aber: was einerseits hinten liegt vergessend, anderseits zum vorne liegenden epekteinomenos.• (Phi! 3,13) Die zwei entgegengesetzten Präpositionen epi (»auf.) und ek (»von.), die dem Verb mit der Bedeutung »ausgestreckt sein. vorangestellt sind, drücken die doppelte Bewegung der Paulinischen Geste aus: Das Ausgestrecktsein zu dem, was vorne liegt. kann sich nur ausgehend von dem, was hinten liegt, einstellen: »Das Vergangene vergessend. nur auf ihm und ausgehend von ihm auf das Zukünftige ausgestreckt sein.« Wenn man daher von dieser doppelten Spannung ausgeht. kann sich Paulus weder selbst ergreifen noch vollenden - er kann nur das eigene Ergriffensein ergreifen: »Nicht daß ich schon ergriffen hätte oder schon vollendet wäre, ich suche aber zu ergreifen, da auch ich vom Messias ergriffen wurde.« (Phi! 3,12)
Ich möchte nun so etwas wie ein konkretes Beispiel oder eher eine Art Miniaturmodell von der Struktur der messianischen Zeit Das Gedicht und der Reim vorführen, die wir im Paulini. . schen Text zu fassen versucht haben. Dieses Modell wird vielleicht überraschen, aber ich glaube, daß seine strukturelle Analogie keineswegs irrelevant ist. Es handelt sich um das Gedicht. Oder besser: Um die poetische Struktur, die die Institution des Reims in der modernen Dichtung und besonders in der ältesten romanischen Lyrik darstellt. Der Reim erscheint in der antiken Lyrik nur vereinzelt und entwickelt sich ab dem 4. Jahrhundert in der lateinischen Dichtung des Christentums, um dann in der romanischen Lyrik zu einem grundlegenden Konstruktionsprinzip zu werden. Unter den verschiedenen metrischen Formen wähle ich eine besondere Form aus, nämlich die Sestine von Arnaut Daniel Lo firm voter qu'et cor m'intra. Bevor ich mit der Lektüre dieses Gedichts einsetze, muß eine Beobachtung vorausgeschickt werden, die die zeitliche Struktur der lyrischen Dichtung im allgemeinen betrifft, besonders dann, wenn sie sich in eine vorgegebene metrische Form kleidet: das Sonett, die Kanwne, die Sestine usw. Ein Gedicht ist in diesem Sinne etwas, von dem man von Anfang an weiß, daß es enden wird, daß es notwendigerweise an einem bestimmten Punkt aufhören wird - 14 Verse, wenn es sich um ein Sonett handelt, init einer möglichen Verzögerung von drei Versen, wenn das Sonett, wie es heißt, eine Koda hat. Das Gedicht ist also ein Organismus oder ein zeitliches Gebilde, das von Anfang an auf sein eigenes Ende hin ausgestreckt ist: Es gibt sozusagen eine innere Eschatologie des Gedichts. Für die mehr oder weniger kurze Zeit seiner Dauer aber hat das Gedicht -eine spezifische und unverwechselbare Zeitlichkeit, es hat seine eigene Zeit. Und an diesem Punkt ist der Reim - im Falle der Sestine das Reimwort -'ausschlaggebend. Das besondere Merkmal der Sestine besteht darin, daß sie die Institution des Reims auf eine eigentümliche Weise variiert: Die regelhafte Wiederholung der homophonen Endsilben wird nach einer komplizierten, aber nicht minder regelhaften Ord93
nung durch die Wiederkehr genau der sechs Reimwörter strukturiert, die jeweils die Verse der sechs Strophen abschließen. Und am Ende faßt eine tornada die Reimwörter zusammen, indem sie sie im Innern der drei Verse kombiniert. Lesen wir dafür ein Beispiel: Lo form voler quel cor m'intra no' m pot ges becs escoissendre ni ongla de lauzengier qui pert per mal dir s'arma; e pus no l'aus batr'ab ram ni ab verja, sivafs a ftau, lai on non aurai oncle, jauzirai joi, en vergier 0 dins cambra. Q}lan mi sove de la cambra on a mon dan sai que nulhs om non intra - ans me son tug plus que ftaire ni oncle non ai membre nO'm ftemisca, neis longla, aissi cum Jai l'enfos devant la verja: tal paor ai nO'1 sia prop de l'arma. Dei cors li fos. non de l'arma, e eossentis m'a eelat dins sa eambra, que plus mi nafta'l eor que eolp de verja qu 'ar 10 sieus sm lai ont ilh es non intra: de lieis serai aisi sum eam e ongla e non creirai eastie d'amie ni d'oncle. Anc la seror de mon oncle non amei plus ni tan, per aquest'arma, qu'aitan vezis cum es lo detz de l'ongla, s'a lieis plagues, volgresser de sa eambra; de me potJar l'amors qu'ins el eor m'intra miefs a son vol eom fortz de ftevol verja. Pus jlorle la seca. verja ni de n'Adam foron nebot e oncle tan fin'amors cum selha qu'el eor m'intra non cugfos ane en eors no neis en arma: on qu'eu estei. fors en plan 0 dins eambra; mos eors no's part de fieis tan cum ten longla. Aissi s'empren e s'enongla mos eors en lieis cum leseorsen la verja, qu'ilh m'es de joi tors e palais e eambra; e non am tan paren. ftaire ni onele, qu'en Paradis n'aura doble joi m'arma, si ja nulhs hom per ben amar lai intra. 94
Arnaut tramet son cantat d'ongl'e d'oncle a Gran Desiei, qui de sa 'verj'a l'arma, son cledisat qu'apres dim:cambra intra.
Wie man sehen kann, wird die Wiederholung der Reime durch die sogenannte Ordnung der retrogradatio cruciata beherrscht: ein Wechsel von Inversion und Progression, wonach das letzte Reimwort einer Strophe zum ersten der folgenden Strophe wird, das erste an die zweite Stelle, das zweitletzte an die dritte Stelle, das zweite an die vietre Stelle usw. wechselt, derart, daß, wenn die Bewegung über die sechs Strophen hinausginge, eine siebte Strophe die Reimordnung der ersten Strophe wiederholen würde. Uns interessiert iaber - wenigstens für jetzt - nicht so sehr die numerologische ;Faktur, sondern die zeitliche Struktur, die die Sestine ins Werk setzt. Denn die Sequenz der neununddreißig Verse (36 + 3), aie auf ideale Weise nach einer mit der chronologisch-linearen ~it übereinstimmenden Folge verteilt sein könnte, wird im' Gegenteil durch das Wechselspiel der Reimwörter derart stru\<.turiert und animiert, daß jedes der Reimwörter ein anderes Rdimwort (oder besser: sich selbst als ein anderes) aus den vorangehenden Strophen wiederaufnimmt und erinnert. Damit kündigt jedes Reimwort zugleich seine eigene Wiederholung in den folgenden Strophen an. Die chronologische Folge der homogen-linearen Zeit ändert sich durch dieses komplizierte Hin \.J.n.d Her, das nach hinten und nach vorne zugleich ausgerichtedst, völlig, um sich zu rhythmischen Einheiten zu fügen, die ihr~rseits in Bewegung sind. Es gibt hier aber keine andere Zeit, di~ von irgendwoher hinzukäme und die chronologische Zeit ersetzen würde. Im Gegenteil ist es diese Zeit selbst, die sich nach 'ihrem mehr oder weniger verborgenen inneren Pulsschlag neu' organisiert, damit die Zeit des Gedichts stattfinden kann. Bis: dann im Moment des Endes, wenn die Bewegung der retrogradatio cruciata vollendet ist und das Gedicht zu einer unendlichen Wiederholung verurteilt scheint, die tornada die Reimwörter wiederaufnimmt und in einer neuen Folge rekapituliert, die ,ihre Singularität und ihre geheime Verbindung zugleich ausstellt. Ich denke, daß man jetzt gut versteht, in welchem Sinne ich 95
die Sestine als Miniaturmodell der messianischen Zeit vorgeschlagen habe. Die Sestine - und in diesem Sinne jedes Ge-, dicht - ist eine soteriologische Maschine, die durch eine ausgeklügelte mechan! von Ankündigungen und Wiederaufnahmeni der Reimwörter - die den typologischen Beziehungen zwischen, Vergangenem und Gegenwärtigem entsprechen - die chronolo-: gische in messianische Zeit verwandelt. Und so wie diese meso: sianische Zeit in bezug auf die chronologische Zeit oder die Ewigkeit nicht eine andere Zeit, sondern die Verwandlung ist,! die die Zeit erfahrt, indem sie sich als Rest setzt, so ist auch die: Zeit der Sestine die Metamorphose, die die Zeit als Endzeit' erfährt, als Zeit, die das Gedicht braucht, um zu enden. Es überrascht, daß - wenigstens im Fall der Sestine - die strukturelle Analogie keineswegs zufällig scheint. Die moderne Wissenschaft hat die Wichtigkeit der numerologischen Verhältnisse in der mittelalterlichen Dichtung wiederentdeckt. So ist die offensichtliche Beziehung der Sestine zur Zahl sechs zutreffenderweise in Beziehung zu der besonderen Bedeutung gesetzt worden, die diese Zahl mit der Schöpfungsgeschichte unterhält (Durling/Martinez 1990, S. 270). Schon Honorius von Autun unterstrich die Wichtigkeit des sechsten Tages - an dem sich Schöpfung und Fall des Menschen ereignen - und des sechsten Weltalters, in dem sich seine Erlösung vollendet: sexta namque
die Deus hominem condidit, sexta aetate, sexta Jena, sexta hora eum redimit. Bei Dante verweist die »sechste Stunde« ausdrücklich auf die sechs Stunden Adams im Paradies (Par. XXVI, 141 f.: »de la prim'ora a quella che seconda / come 'I sol muta quadro, rora sesta«). Auch in seinen Rime petrose übernimmt die Sestine eine soteriologische Bedeutung (Adam ist der Typus des Mes[> sias). Die Bewegung der Sestine durch ihre sechs Strophen wie-
derholt diejenige der sechs Tage der Schöpfung und artikuliert zugleich deren Beziehung zum Sabbat (die tornada) als Chiffre der messianischen Vollendung der Zeit. Man könnte sagen, daß Arnaut, wie auch der Autor der Genesis Rabbah, den Ruhetag nicht als einen den anderen Tagen äquivalenten Tag sieht, sondern vielmehr als Rekapitulation und messianische Verkürzung der Schöpfungsgeschichte (die aus drei Versen bestehende tornada rekapituliert die Struktur des ganzen Gedichts). Deswegen
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kann die Sestine nicht wirklich enden, ihr Ende fehlt sozusagen - so wie auch die siebte Strophe fehlt. Vielleicht können diese Üb~legungen ein bißchen Licht auf das Problem vom Ursprung des Reims in der europäischen Dichtung werfen. Die Gelehrten sind weit davon entfernt, in: bezug auf dieses Problem auch nur den Schatten einer Einigung erreicht zu haben. Das BuCh von Eduard Norden, Antike Kunstprosa, das wir zum Stil ~es Paulus schon zitiert haben, enthält einen langen und sehr interessanten Anhang zur Geschichte des Reims. Norden laßt die alte Frage, welches Volk den Reim »erfunden« und in die westliche Dichtung eingeführt habe (W, Meyer meint, daß der Reim semitischen Ursprungs sei), beiseite und vertritt die Meinung, daß der Reim in der klassischen Rhetorik geboren wird. besonders in den Homoioteleuta, durch die die Figur desiParallelismus unterstrichen wurde. Die von Norden so genan*te »asianische« Rhetorik, der er einen großen Teil seiner Analyse widmet. spaltete die Periode in kurze Kommata und Kola, dk dann durch die Wiederholung derselben syntaktischen Struftur gegliedert und verbunden wurden. Und genau im Rahr:iJ.en dieser parallelen Wiederholung der Kola sehen wir erstm;l1s so etwas wie einen Reim. der die widerstrebenden Glieder des Satzes durch den Zusammenklang der Endsilben der letzten Wörter (Homoioteleuton) stärker zusammenband. Das ist eine interessante Theorie. die gleichwohl ~iner gewissen Ironie nicht entbehrt, weil'sie aus der Prosa eine Institution ableitet, die wir in der Regel ,,;usschließlich mit der Poesie verbinden. Sie sagt uns freilich nichts darüber. warum eine insgesamt sekundäre rhetorische Figur der Prosa übertragen und verabsolutiert wurde und später ~ine poetische Institution definieren konnte, die in jedem Sinn !entscheidend ist. Ich habe schon gesagt. daß der Reim in der lat~inischen Dichtung des Christentums am Ende der Reichsepoche erscheint. sich fortlaufend entwickelt. bis er an der Schwelle des modernen Zeitalters den Stellenwert erhielt, der uns vertraut ist. In seiner außerordentlichen Histoire du vers franfais zitiert Georges Lote aus den ersten Beispielen gereimter Dichtung ein Gedicht Augustins. eines Autors. von dem man weiß. daß er sich dem Problem der 97
Zeit besonders gewidmet hat. In diesem gegen die Donatisten gerichteten. Gedicht erscheinen Reime im eigentlichen Wortsinn erst an der Stelle, wo Augustin jenes evangelische Gleichnis aufnimmt, das das Himmelsreich mit einem Fischernetz vergleicht (Lote 1950, S. 38). Und als Lote ein Gedicht zitieren will, in dem der Reim nunmehr zu einem bewußten formalen Organis3.tionsprinzip avanciert ist, bezieht sich sein Beispiel gerade auf die hora novissima des messianischen Ereignisses (ebd., S. 98): Hora sub hac novissima mundi petivit infima, promissus ante plurimis propheticis oraculis.
Es gibt aber noch mehr. In Studien zu~ christlichen lateinischen Dichtung wurde bemerkt, daß diese ihre Beziehung zur Heiligen Schrift nach einer typologischen Struktur organisiert. Bisweilen, wie etwa im epanaleptischen Distichon bei Sedulius und Rabanus Maurus, wird diese typologische Struktur in eine metrische Struktur übertragen, in der sich typos und antitypos über den Parallelismus zwischen zwei Hemistichen entsprechen (die erste Hälfte von Vers A entspricht der zweiten Hälfte von· Vers B). An diesem Punkt dürfte klar sein, welche These ich unterbreiten möchte, auch wenn sie eher als epistemologisches Paradigma denn als historisch-genetische Hypothese verstanden werden sollte: Der Reim entsteht in der christlichen Dichtung als metrisch-linguistische Transkodifizierung der messianischen Zeit, die nach dem Paulinischen Spiel der typologischen Beziehungen und der Rekapitulation strukturiert ist. Selbst der Text des Paulus - besonders wenn er wie in einigen Editionen des Textes nach stichoi, d. h. nach syntagmatischen Einheiten gegliedert wird, die nicht zu sehr von den Kola und Kommata der klassischen Rhetorik abweichen - ist von einem unerhörten Spiel innerer Reime, von Alliterationen und Reimwörtern beseelt. Norden bemerkt, daß sich Paulus sowohl des formalen Parallelismus der griechischen Kunstprosa als auch des semantischen Parallelismus der Prosa und der semitischen Dichtung 98
bedient. Und schon Augustin,; der Paulus zwar auf lateinisch las, bemerkte, daß dieser jene »Figur [benutzte], die von den Griechen climax, auf lateinisch aber von einigen gradatio genannt worden ist [und] die sich ergibt, wenn Wörter oder Vorstellungen in einer Reihe miteinander verknüpft werden« (Augustin 2002, S. 157). HieronYlT1us, der zwar als Exeget des Paulus zweitrangig und sogar böswillig ist, versteht dennoch als Übersetzer den Reimwert der l+Iomoioteieuta sehr gut und bemüht sich, sie um jeden Preis zu übertragen. Paulus treibt den Parallelismus, die Antithesen und die Homophonien der klassischen Rhetorik und der hebräischen Prosa zum Äußersten. Bei ihm erreicht der Zerfall der Periode in kurze und atemlose stichoi, die nach Reimen gegliedert und skandiert werden, einen Höhepunkt, der sowohl der wiechisehen als auch der semitischen Prosa unbekannt war und der auf ein inneres Bedürfnis und auf eine epochale Motivat~on zu verweisen scheint. Ich gebe nur wenige Beispiele. Das erste stammt aus der Stelle über das hös me, die wir ausfü4rlich kommentiert haben. Eine auch noch so treue Übersetzung kann der sozusagen prosodischen Struktur des Originals ni'cht gerecht werden: kai hoi klaiontes, hos me klaiontes, kai hoi chairontes, hos me chairontes, kai hoi agorazontes, hos me katechontes kai hoi chr6menoi ton kosmon hos me katachr6menoi
Im selben Ersten Korintherbrief(I5>42-44) steht: speiretai en phthora egeiretai en aphtharsia, speiretai en atimia egeiretai en doxe, speiretai en astheneia egeiretai en dynamei, speiretai soma psychikon egeiretai soma pneumatikOn
Und im Zweiten Brief an Timotheus (4,7f.) steht dort, wo das
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Leben des Apostels mit sich selbst einen Reim zu bilden scheint {offenbar bemerkt es Hieronymus, da er in seiner Übersetzung die Reime multipliziert: bonum certamen certavi / cursum consummavi / fidem servavtj: ton kaMn aguna egunismai, ton dromon tetekka, ten pistin tetereka loipon apokeitai moi ho tes dikaiosjnes stephanos.
Der Reim - mit dieser These möchte ich unsere Exegese der messianischen Zeit beenden - ist, wenn man ihn in weitem Sinn als differentielle Gliederung von semiotischer und semantischer Reihe versteht, das messianische Erbe, das Paulus der modernen Dichtung hinterläßt. Das Schicksal und die Geschichte des Reims in der Dichtung fallen mit der Geschichte und dem Schicksal der messianischen Verkündigung zusammen. Ein einziges Beispiel bezeugt ohne jeden Zweifel, wie sehr dies buchstäblich zu verstehen ist - in welchem Sinne es sich hier also nicht einfach um eine Säkularisierung, sondern um eine regelrechte theologische Hinterlassenschaft handelt, die die Dichtung ohne Gewähr übernimmt. Als Hölderlin auf der Schwelle zum neuen Jahrhundert seine Lehre vom Abschied der Götter und besonders des letzten Gottes, nämlich des Christus, erarbeitet, zerbricht die metrische Form seiner Lyrik, als sie diese neue Atheologie auf sich nimmt, bis sie in den letzten HymI> nen jede erkennbare Identität verliert. Der Abschied der Götter ist eins mit dem Verschwinden der geschlossenen metrischen Form, die Atheologie ist unmittelbar Aprosodie.
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Fünfter Tag Eis euangetion theou
Grammatikalische Hierarchien spielen in der Terminologie eines Autors keine Rolle: Eine Partikel. ein Adverb und sogar ein Interpunktionszeichen können - nicht weniger als Eis ein Substantiv - den Stellenwert eines terminus technicus haben. M. Puder hat etwa die strategische Wichtigkeit des Adverbs gleichwohl bei Kant hervorgehoben. Man könnte aus ebenso guten Gründen auf die entscheidende Funktion hinweisen. die bei Heidegger sowohl das Adverb schon als auch der Bindestrich in Ausdrücken wie In-der-Wett-sein oder Dasein ausüben: Der BindestriCh ist das di3,!ektischste aller Interpunktionszeichen. weil er nur in dem Maße eint. in dem er trennt. Es überrascht also nicht•.daß bei Paulus die Präposition eis. die im Griechischen allgemein eine Bewegung auf etwas zu anzeigt. einen terminologischen Charakter besitzen kann. Paulus greift auf sie zurück. um das Wesen des Glaubens auszudrücken. in Formeln wie pisteUein eis ,;. , oder pistis eis - christon Iesoun (die wir über die Übersetzung des Hieronymus als »glauben an« oder »Glaube an« kennen). Da wir aber diesen spezifisch Paulinischen Gebrauch in bezug auf den darauf folgenden Ausdruck euangelion noch näher analysieren werden. verschieben wir jede weitere Überlegung bis dahin.
Euangelion bedeutet (wie das hebräische besora - in der Bibel und in der Septuaginta stehen freilich vornehmlich die Verbformen bsr und euangelizesthat) »die gute Euangelion Nachricht«. »die frohe BotSchaft«. die vom eulmgelos verkündet wird. dem! Botschafter der Freude. Der Ausdruck bezeichnet sowohl den Akt der Verkündigung als auch deren Inhalt. Paulus bedient sich im Römerbrief (Röm 2.16; 16.25) daher zweimal der Formel )) gemäß meiner guten Verkün101
digung« (katlz ton euangelion emou), ohne daß zwischen bei den Bedeutungen irgend unterschieden werden könnte. Erst als sich später ein schriftlicher Kanon herausbildete, wurde der Ausdruck auf einen geschriebenen Text bezogen. So spürt schon Origenes in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts in bezug auf die Paulinische Formel kata ton euangelion emou die Notwendigkeit, die Differenz zu benennen und hält fest: »In den Schriften des Paulus finden wir kein. Buch mit dem Namen euangelion, vielmehr war alles, was er gesagt und verkündet hat, euangelion, Verkündigung.« (Orige~es 1990-1999, Bd. 3, S. 73) Aus derselben Zeit stammt ein Spruch des Rabbi Meir, der das euangelion der Christen mit einem griechisch-hebräischen Wortspiel awen gillajon, »den Marginalienrand des Unglücks«, nennt was man nur verstehen konnte, wenn euangelion nunmehr auch ein Buch bezeichnete. So wie sich der Apostel vom Propheten unterscheidet, so unterscheidet sich auch die Zeitstruktur seines euangetion von derjenigen der Prophetie. Die Verkündigung bezieht sich nicht auf ein künftiges Ereignis, sondern auf einen gegenwärtigen Zustand. »Euangelion«, so schreibt Origenes, »ist eine Rede [logos], die rur denjenigen, der glaubt, die Anwesenheit [parousia] von etwas Gutem enthält, oder auch eine Rede, die verkündet, daß ein erwartetes Gutes anwesend ist [pareinatl.« (Ebd.) Das Geruge Verkündigung-Glaube-Anwesenheit (euangetion-pistis-parousia), das wir noch verstehen müssen, wird mit dieser Definition in seiner Ganzheit erfaßt. Das Problem von der Bedeutung des Ausdrucks euangetion kann nicht getrennt werden von demjenigen der Ausdrücke pistis, »Glaube«, und parousia, die er impliziert. Was ist ein logos, der flir diejenigen, die zuhören und glauben, eine Anwesenheit zu bewirken vermag? In diesem Sinn ist der ganze Römerbrief nichts anderes als eine Paraphrase des Ausdrucks euangelion im incipit, und er flillt zugleich mit dem Inhalt der Verkündigung zusammen. Der Briefist sogar die Unmöglichkeit, zwischen der Verkündigung und ihrem Inhalt zu unterscheiden. Wenn moderne Wörterbücher der Theologie festhalten, daß bei Paulus »das euangelion als Verheißung der Rettung die theologische Konzeption eines W&rtes, das verheißt, mit derjenigen eines Gutes, das Gegenstand 102
einer Verheißung ist, verbindet«, so ist gerade die Bedeutung dieser Koinzidenz zu beqenken. Sich mit dem euangelion zu messen bedeutet notwencligerweise, sich einer Spracherfahrung auszusetzen, in der sich der Text des Briefes in jedem Punkt mit der Verkündigung und diese mit dem verkündigten Gegenstand vermischt. Pistis ist der Name, den Paulus dieser Zone der Indifferenz gibt. Paulus definiert im Brief gleich nach dem Präskript das grundlegende Verhältnis z~ischen euangelion und pistis mit den Worten: »die Verkündigll,ng ist Potenz [dynamis] zur Rettung aller Glaubenden [panti tb pisteUonu1.« (Röm 1,16) Diese Definition scheint zu implizieren, daß die Verkiindigung als dynamis, Potentialität (dynam'is bedeutet sowohl Potenz als auch Möglichkeit), das Kompl~ment des Glaubens (»aller Glaubenden«) benötigt, um ihre Wirkung zu entfalten. Paulus kennt die typisch griechische, sowohl der Sprache als auch dem Denken angehörende Opposition zwischen Potenz· (djnamis) und Akt (energeia) und verweist an mehreren Stdlen auf sie (Eph 3,7: »nach der energeia seiner dynamis«; Phil3,2I: »nach der energeia des dynasthai«). Darüber hlnaus stellt er oft Glaube und energeia nebeneinander: Bezüglich ,der Potenz ist der Glaube sogar energoumene, d. h. das Prinzip der Aktualität und der Wirkung (Gal 5,6: »pistis di' agapes energoumene, Glaube, der durch Liebe wirksam wird«; Kol 1,29: ,»nach seiner [des Messias] energeia, die in meiner Potenz wirksam ist [energoumene] «). Dieses Prinzip ist für Paulus aber der Verkündigung nicht äußerlich, sondern bestimmt genau das, was in ihr die Potenz aktiviert (Gal 3.5: »was in euch die Potenzen aktiviert [energun dynameis] aufgrund der Anhörung des Glaubens«). Es kann daher als Inhalt der Verkündigung sdbst vorgestellt werden (Gall,23: »Er [Paulus] verkündet jetzt den Glauben [euangelizetai ten pistin]«). Was verkündet wird, ist dersdbe Glaube, der die Potenz der Verkündigung realisiert. Der Glaube ist das Im-Akt-Sein, die energeia der Verkündigimg.
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Das euangelion ist tatsächlich nicht einfach eine Rede, ein logos, der etwas über etwas sagt und der unabhängig vom Ort seiner Äußerung und von seinem Zuhö- Plerophoria rer ist. Im Gegenteil: »Unsere Verkündigung ist nicht nur geworden [egenhhe] in einer Rede ren logö], sondern auch in der Potenz und in großer plerophoria.« (I Thess 1,5) Plerophorla bedeutet nicht einfach »Gewißheit« im Sinne eines Gemütszustandes und auch nicht, wie schon vorgeschlagen wurde, »Fülle an göttlicher Aktivität«. Die Etymologie des Ausdrucks ist deutlich: plhiS bedeutet »voll, vollendet«, und phorein bedeutet als iterative Form von pherein »ausdauernd tragen« oder im Passiv »mit Gewalt getragen werden«. Das Kompositum bedeutet also: zur Fülle bringen, oder, im Passiv, zur Fülle gebracht werden, völlig einer Sache anhaften, ohne daß sich Hohlräume bildeten - und, in diesem Sinne, überzeugt sein (nicht im psychologischen, sondern in dem ontologischen Sinn, den Michelstaedter dem Ausdruck» Überzeugung« gibt). Die Verkündigung ist kein in sich leerer logos, der nachträglich geglaubt und überprüft werden kann. Sie entsteht - egenhhe im Glauben dessen, der sie verkündet, der sie hört und der nur in ihr lebt. Die wechselseitige Implikation von Verkündigung, Glaube und plerophorla wird in Röm 4,22 unterstrichen: Hier scheint sich der Apostel gleichsam dem Bewußtsein einer spezifischen performativen Macht anzunähern, die der Verheißung implizit ist (epangelJa, dessen etymologische Beziehung zu euangelion Paulus im Präskript [Röm 1,2] hervorhebt: euangelion ho proepengeilato, »die Verkündigung, die vorher verkündet worden ist«, d.h. die verheißen worden ist). Der Glaube besteht aus der völligen Gewißheit von der notwenigen Einheit von Verheißung und Realisierung: »Indem er [Abraham] völlig überzeugt ist, daß derjenige, der verheißen hat, auch imstande ist, zu tun.« Die Verkündigung ist die Form, die die Verheißung in der Verdichtung der messianischen Zeit erhält.
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In diesem Sinn bedingt das Verständnis des Ausdrucks euangelion dasjenige von pistis und epangeüa. Paulus entfaltet Nomos aber seine Erörterung des Glaubens und der Verheißung streng kontrapunktisch zu seiner Kritik des Gesetzes. Man muß daher festhalten, daß die Schwierigkeiten und die Aporien der ersteren vollständig mit den Schwierigkeiten und Aporien seiner Kritik am nomos zusammenfallen und daß man zuerst letztere verstehen muß, um in erstere Eingang zu finden. Der aporetische Charakter der Paulinischen Erörterung zum Problem des Gesetzes ist schon von den ersten Kommentatoren bemerkt worden, besonders von Origenes, der den ersten systematischen Kommentar' zum Römerbrief verfaßt hat. Vor ihm herrscht fast zwei Jahrhunderte lang rätselhafte Stille, die durch vereinzelte, nicht immer vorteilhafte Zitate kaum durchbrochen wird. Nach ihm beginnt eine endlose Blüte von Kommentaren, sowohl auf griechisch - Johannes Chrysostomos, Didymus der Blinde, Theodoret von Kyros, Theodor von Mopsuestia, Kyrill von Alexandrien usw. - als auch auf lateinisch hier ist der erste Marius ViCtorinus, der zwar gewiß ein sehr langweiliger Schriftsteller ist '(Hadot hat sich nie verziehen, ihm zwanzig Jahre seines Lebens' gewidmet zu haben), der aber als Vermittler zwischen griechischer und christlicher Kultur eine grundlegende Funktion eingenommen hat. Als unübertroffener Theoretiker der Auslegung hatte Origenes (wie er selbst uns informiert) von einem Rabbiner gelernt, die Texte der Schrift mit verschlossenen Zimmern in einem Haus zu vergleichen: In jedem Türschloß steckt ein Schlüssel, aber jemand hat siCh daraus einen Spaß gemacht, sie auszutauschen, so daß sie niCht, mehr bei der Tür sind, zu der sie einmal gehörten. Die Dunkelheit der Paulinischen Erörterung des Gesetzes im Römerbrief aber veranlaßt Origenes, die rabbinische Erzählung weiter zu komplizieren: Er vergleicht i nun den Text mit einem Schloß voller prächtiger Zimmer, in denen jeweils weitere Türen versteckt sind. Da der Apostel bei der Abfassung' seiner Schrift durch eine Tür hereinkommt und durch eine andere wieder hinausgeht, ohne siCh blick~n zu lassen (per unum aditum ingressus per alium egredi, lautet die schlechte übersetzung des Rufinus - leider ist das Original verschollen [vgl. Qrigenes 1°5
1990-1999, Bd. 3, S. 42]), können wir den Text nicht verstehen
und gewinnen den Eindruck, daß ~ich Paulus in Widersprüche verwickelt, wenn er über das Gesetz spricht. Tyconius - eine äußerst interessante Persönlichkeit, dessen Liber Regularum weit mehr als nur die erste Abhandlung über die Auslegung der Heiligen Schriften ist - nahm sich ein Jahrhundert später vor, »Schlüssel und Lampen« (Tyconius 1989, S. 3) bereitzustellen, um die Geheimnisse der überlieferung zu lüften und 2U erhellen, und so widmete er die ausführlichste seiner regulae ebenden Aporien in der Paulinischen Abhandlung und ihrem offensichtlichen Widerspruch zwischen Verheißung und Gesetz. Die Ausmaße des Problems sind bekannt. Paulus stellt sowohl im Römerbriefals auch im Briefan die Galater die epangelia und die pistis dem nomos gegenüber. Es geht für ihn darum, Glaube, Verheißung und Gesetz in Bezug zu dem für das Kriterium der Rettung entscheidenden Problem zu stellen, gemäß der eindringlichen Äußerung in Röm 3,20: »Kein Fleisch wird vor Gott aus den Werken des Gesetzes gerichtet werden«, und in Röm 3,28: »Wir meinen nämlich, daß der Mensch gerechtgesprochen wird durch den Glauben ohne die Werke des Gesetzes.« Paulus läßt sich hier zu stark antinomistisch klingenden Formulierungen verleiten. So behauptet er sogar, daß, »wenn das Gesetz spricht [... ], es spricht, damit jeder Mund geschlossen werde und die ganze Welt vor Gott schuldig sei«, und daß das Gesetz nicht zur Rettung, sondern zur »Erkenntnis [epignösis, )Erkenntnis aposteriori<] der Sünde« (Röm 3, 19 f.) gegeben worden sei.
In diesem Sinn wird bei Paulus die Verheißung gleich darauf dem Gesetz gegenübergestellt, und Abraham und Moses noch deutlicher im Briefan die GalaterAbraham gegen Moses gewissermaßen ausgespielt. »Nicht durch das Gesetz wurde Abraham und seinem Samen die Verheißung gemacht, der Erbe der Welt zu sein, sondern durch die Gerechtigkeit des Glaubens.« (Röm 4,13) Genealogisch betrachtet geht die Verheißung, die Abrah~ ge106
macht wird, dem Gesetz Mose voraus, das nach der jüdischen Zeitrechnung erst vierhundert Jalire später in Erscheinung tritt. Das Gesetz kann somit die Verheißung nicht aufheben. »Das vierhundertdreißig Jahre später c:ntstandene Gesetz macht einen mit Gott gemachten Vertrag:nicht ungültig und damit die Verheißung unwirksam. Wenn n~mlich das Erbe aus dem Gesetz kommt, kommt es nicht mJhr aus der Verheißung. Aber Gott schenkte Abraham durch di~ Verheißung Gnade. Was soll also das Gesetz? Der Übertretungen wegen wurde es hinzugefügt, bis komme der Same, dem pie Verheißung gegeben wurde.« (Gal 3,l7 E) , Der Antagonismus zwischen: epangelia-pistis und nomos scheint hier zwei völlig heteroge* Prinzipien gegenüberzustellen. So einfach ist es aber nicht. Zunächst unterstreicht Paulus nämlich immer wieder - und ge~iß nicht nur aus strategischen Gründen - die Gesundheit und die Güte des Gesetzes (Röm 7,12: »das Gesetz ist heilig,: und das Gebot ist heilig und gerecht und gut«). Darüber hinaus scheint er die Antithese an bestimmten Punkten zu neutralisieren, um ein komplizierteres Verhältnis zwischen Verheißung-'Glaube und Gesetz zu artikulieren. So schwächt er in Röm 3,J 1 - wenn auch nur in Form einer rhetorischen Frage - seine a~tinomistische Geste ab: »Das Gesetz machen wir also durch den Glauben unwirksam? Möge es nicht geschehen! Sondern hal~en wir das Gesetz fest.« Und in Gal 3,II ( scheint der Apostel eine Hierarchie zwischen Gesetz und Glaube aporetisch aus~uschließen: »Daß im Gesetz niemand gerechtgesprochen wird bei Gott, ist offenbar, denn ,der Gerechte wird aus Glaube leben<. Das Gesetz ist aber nicht aus dem Glauben, sondern, ,wer dies getan haben wird, wird durch diese Dinge leben<.« Das Zitat übers Kreuz von Hab 2,4 (»Der Gerechte wird durch seinel). Glauben leben«) und 3 Mose 18,5 (»Gott sagt zu Mose: ,Rede ,mit den Israeliten und sprich zu ihnen [... ]. Ihr werdet mein ~esetz und meine Gebote ins Werk setzen, und ihr werdet sie ~efolgen, und wer danach gehandelt haben wird, wird durch! sie leben «) legt hier nicht so sehr eine Opposition oder ein Ve;rhältnis hierarchischer Subordination zwischen Gesetz und Glaube nahe als vielmehr eine vid intimere Beziehung: Es ist, Ials würden sich Gesetz und 107
Glaube, wie Tyconius beobachtet hatte, gegenseitig implizieren und bestätigen (invicem firmant). Versuchen wir, die Grenzen dieser Paulinischen Aporie, über die so viel diskutiert worden ist, enger zu fassen. Man weiß, daß nomos im Jüdisch-Griechischen der Septuaginta und des Paulus sehr allgemein verwendet wird und viele Bedeutungen besitzt. Paulus präzisiert daher immer wieder sorgfältig, in welchem Sinn der nomos von" der epangelta und der pistis unterschieden wird: Es handelt sich um den präskriptiven und normativen Aspekt des Gesetzes, den er einmal nomos tön entoLOn, »das Gesetz der Gebote« (Eph 2,15) - entol! ist in der Septuaginta die Übersetzung des hebräischen Miswa, legale Vorschrift (man erinnere sich an die 613 Miswoth, die jeder Jude befolgen muß) -, einmal nomos tön ergön, das »Gesetz der Werke« nennt (Röm 3,27f.), d.h. der nach den Vorschriften vollzogenen Handlungen. Die Antithese betrifft daher auf der einen Seite epangetia und pistis, auf der anderen Seite nicht einfach die Thora, sondern im besonderen deren normativen Aspekt. Deswegen kann Paulus an einer wichtigen Stelle (Röm 3,27) dem nomos tön ergön einen nomos pisteös gegenüberstellen, d. h. ein Gesetz des Glaubens. Die Antinomie verläuft also nicht zwischen zwei getrennten und völlig heterogenen Prinzipien, sondern betrifft eine Opposition im Innern des nomos selbst, die Opposition zwischen einem normativen und einem promissorischen Element des Gesetzes. Es gibt etwas im Gesetz, das das Gesetz konstitutiv überschreitet und das für es irreduzibel ist. Paulus bezieht sich auf diesen Übetschuß und auf diese innere Dialektik des Gesetzes mit dem Binom epangelia (deren Korrelat der Glaube ist) / nomos (dessen Korrelat die Werke sind). Nachdem Paulus in I Kor 9,21 gesagt hat, daß er hös !momos »als ob ohne Gesetz« geworden sei und zu denjenigen gehöre, die ohne Gesetz sind (d. h. die gojim), korrigiert er diese Aussage und präzisiert, daß er nicht anomos theou, »außerhalb vom Gesetz Gottes«, sondern ennomos christou sei, »im Gesetz des Messias«. Das messianische Gesetz ist das Gesetz des Glaubens und nicht einfach die Negation des Gesetzes: Das bedeutet aber nicht, daß die alten Miswoth durch neue Gebote ersetzt werden müßten - es geht vielmehr darum, der normativen Vor108
stellung vom Gesetz mit eindr nichtnormativen Vorstellung zu . begegnen.
Wenn dies zutrifft, wie muß man dann diesen nichtnormativen Aspekt des Gesetzes verstehen? Und wie sieht die Katargein Beziehung zwischen diesen beiden Figuren des nomos aus? Beginnen wir mit der zweiten Frage. Zuerst eine Beobachtung lexikalischh Natur: Um die Beziehung zwischen epangelia-pistis und n~mos - und allgemeiner zwischen dem Messianischen und derb Gesetz - auszudrücken, greift Paulus durchwegs auf ein Vetb zurück, bei dem wir uns eine Weile aufhalten sollten, weil i~h diesbezüglich eine Entdeckung gemacht habe, die für einen: Philosophen zumindest überraschend ist. Es handelt sich um das Verb katargein, tatsächlich ein Schlüsselbegriffirn messiattischen Vokabular des Paulus (das Verb taucht im Neuen Testament 27mal auf, davon 26mal in den Briefen!). Katargein ist ein Kompositum aus argein, das seinerseits vom Adjektiv arg6~ stammt, das »unwirksam, nichtim-Werk (a-ergos), inaktiv« bedeutet. Das Kompositum bedeutet also »ich mache unwirksam, deaktiviere, hebe die Wirksamkeit auf« (oder nach dem Theiflurus des Stephanus, reddo aergon et inefficacem, facio cessare ab ppere suo, tollo, aboko). Das Verb ist, wie schon von Stephanus v~rmerkt, wesentlich neutestamentarisch und, wie wir gesehen liaben, rein Paulinisch. Vor Paulus ist es äußerst selten (man findet es bei Euripides bezüglich untätiger Hände und an einer Stel~e bei Polybios, die die Suda unter anenergeton einai, »untätig sem«, verzeichnet). Nach 1,>aulus ist es bei den griechischen Kirch~nvätern überaus häufig anzutreffen (bei Johannes Chrysostornos allein 146mal). Deren Verwendungsweise stammt aber offenSichtlich von Paulus, so daß sie uns nur indirekt helfen kann, die paulinische Bedeutung zu verstehen. Vor Paulus - in einem Kontext, den er kennen mußte kennt man die Form argein aJs der Septuaginta, die ein hebräisches Verb übersetzte, das sich. auf die Sabbatrtihe bezog (z. B. in 2 Makk 5025). Es ist gewiß ikein Zufall, daß der· Apostel die Auswirkungen des Messianischen auf die Werke des Gesetzes 109
mit einem Ausdruck bestimmt. in dem ein Verb mitklingt. das die Suspendierung der Werke am Sabbat bezeichnet. In neu testamentarischen Wörterbüchern kann man 22 Stellen finden. an denen das Verb im Paulinischen Text auftaucht. Ich beschränke mich hier darauf, eine signifikante Auswahl vorzustellen. Zuerst aber eine allgemeine Bemerkung zur Bedeutung des Ausdrucks: Wie wir gesehen haben. bedeutet das Wort (das Hieronymus sorgfaltig mit evacuari. »leer machen«. übersetzt) nicht. wie man in modernen Übersetzungen oft zu lesen bekommt. »vernichten. zerstören« - oder noch schlimmer. wie man in einem jüngst erschienenen Wörterbuch nachlesen kann. »zugrunde gehen lassen«: »Der Schöpfer spricht nicht nur sein mächtiges es sei!. sondern auch sein mächtiges es gehe zugrunde! aus [katargein also Negativum von poiein].« Eine elementare Kenntnis des Griechischen genügt. um zu wissen. daß die positive Entsprechung von katargein .nicht poiein. sondern energeln ist. »ich bewirke. aktiviere«. Um so mehr. als Paulus selbst an einer bedeutenden Stelle mit dieser Korrespondenz spielt. Damit haben wir denn ein erstes anschauliches Beispiel: »Denn als wir im Fleisch waren. waren die Leidenschaften der Sünden durch das Gesetz wirksam [energeito] in unseren Gliedern. so daß wir dem Tod die Frucht brachten; jetzt aber sind wir deaktiviert [katerghhemen. »unwirksam gemacht«] vom Gesetz« (Röm 7.5f.). Die etymologische Opposition zu energeln zeigt deutlich. daß katargein den Ausgang aus der energeia. aus dem Akt. bedeutet (in der Passivform: nicht mehr aktiv sein. aufgehoben sein). Wir haben schon gesehen. daß Paulus die typisch griechische Opposition von dynamis/energeia. auf die er mehrere Male anspielt. bestens kennt. Das Messianische bewirkt in diesem Verhältnis nun eine Inversion. die derjenigen analog ist. die Scholem mit dem konversen ~w beschreibt: So wie durch diesen nämlich das Unabgeschlossene abgeschlossen und das Abgeschlossene unabgeschlossen wird. geht hier die Potenz in den Akt über und erreicht sein telos nicht in der Kraft und im ergon, sondern in der astheneia, in der Schwäche. Paulus formuliert diese messianische Inversion im Verhältnis von Potenz und Akt an der berühmten Stelle. wo er den Herrn bittet. ihn vom Dorn in seinem Fleisch zu befreien, und zur Antwort HO
erhält: »Die Potenz wird in der Sf;hwäche vollendet [dynamis en astheneia teleitat]« (2 Kor 12,9) -[eine Formel, die im folgenden Vers aufgenommen wird: »wenn! ich schwach bin, bin ich vermögend [potente] «.
Wie ist das telos einer Potenz ~u verstehen, die sich in der Schwäche realisiert?! Die griechiscP.e Philosophie Astheneia kannte das Prinzip, vV"onach auch Privation (steresis) und Impotenz (ady~mia) eine Form von Potenz sind (»Bald erscheint etwas pote~t zu sein dadurch, daß es über etwas verfügt, bald dadurch, d~ bei ihm eine Privation von etwas vorliegt« [Aristoteles, Met.ilol9 b]: »Jede Potenz ist auch eine Impotenz desselben und i!n bezug auf dasselbe« [ebd., 1046a 32]). Für Paulus erschöpft sich die messianische Potenz nicht in ihrem ergon. sondern bl~ibt in ihm in Form der Schwäche potent. In diesem Sinn ist dU: messianische dynamis konstitutiv »schwach«. Sie kann aber! gerade durch ihre Schwäche Wirkungen entfalten: »Gott ha,t das Schwache der Welt gewählt. um das Starke zu verwirren.« (I Kor 1.27) Die messianische Inversion itn Verhältnis von Potenz und Akt kennt noch einen weiteren ~pekt. So. wie die messianische Potenz verwirklicht wird und in ;Gestalt der Schwäche handelt. übt sie eine Wirkung auf die Sphäre des Gesetzes und seine~ Werke auf, indem sie sie nicht! einfach negiert und zerstört, sondern indem sie sie de-aktivierf. unwirksam. nicht-mehr-tätig macht. Das ist die Bedeutung des Verbs katargein: So wie im nomos die Potenz der Verheißuö-g in Werke und verbindliche Vorschriften übertragen worden 1st. so macht nun das Messianische diese Werke un-wirksam uJ).d gibt sie der Potenz in Form der Untätigkeit und der Unwirkkamkeit zurück. Das Messianische ist nicht die Zerstörung. sondern die Deaktivierung und die Unausführbarkeit des Gesetzl::s. Erst aus dieser Perspektive ~ersteht man die Paulinischen Bemerkungen. wonach der M~sias einerseits »alle Herrschaft und alle Macht und Potenz unwirksam machen wird [katargese]« (I Kor 15.24) und ander$eits »das telos des Gesetzes« darstellt (Röm 10>4). Man hat sich - in Wahrheit nicht sehr III
scharfsinnig - gefragt, ob telos hier »Ende« oder »Vollendung« bedeute. Nur insofern der Messias den nomos unwirksam macht, ihn aus dem Werk entläßt und ihn der Potenz zurückgibt, kann er dessen telos, d. h. zugleich dessen Ende und Vollendung sein. Es ist nur danri möglich, das Gesetz zu erfüllen, wenn es zuerst der Unwirksamkeit der Potenz zurückgegeben worden ist. So wird in der sehr originellen Definition aus 2 Kor 3,12-13 festgehalten, daß der Messias telos tou katargoumenou ist, ,>vollendung dessen, was de-aktiviert worden ist«, was aus dem Ak~ entlassen worden ist - d. h. er ist zugleich Deaktivierung und Vollendung. Daher rührt die zweideutige Geste aus Röm 3,31, die jede Lektüre der Paulinischen Gesetzeskritik erschwert; »Machen wir also durch den Glauben das Gesetz unwirksam [katargoumen]? Möge es nicht geschehen! Sondern halten wir das Gesetz fest [histlznomen].« Schon die ersten Kommentatoren haben bemerkt, daß sich Paulus hier zu widersprechen scheint (Origenes 1990-1999, Bd. 3, S. 150; contraria sibi scribere); Nachdem er mehrmals festgehalten hat, daß das Messianische das Gesetz unwirksam macht, scheint er hier das Gegenteil zu behaupten. In Wahrheit will der Apostel hier gerade die Bedeutung seines terminus technicus präzisieren, indem er ihn auf seine Etymologie zurückführt. Was deaktiviert ist, was aus der energeia entlassen wird, wird deswegen nicht vernichtet, sondern bewahrt und zu seiner Vollendung festgehalten. Es gibt eine außerordentliche Stelle bei Johannes Chrysostomos, in der diese doppelte Bedeutung des Paulinischen katargein analysiert wird. Wenn der Apostel dieses Verb braucht (etwa im Ausdruck gnösis katargethesetai in 1 Kor 13,8), so benennt er mit katargesis nicht die Zerstörung des Seins (aphltnisis tes ouslas), sondern den Fortschritt zu einem besseren Zustand. • Das bedeutet der Ausdruck katargeitai, wie er uns später erklärt. Damit man, wenn man dieses Wort hört, nicht an eine totale Zerstörung, sondern gewissermaßen an einen Zuwachs und an eine Gabe zum Besseren denkt, fügt er dem katargeitai hinzu: ,Zum Teil nämlich wissen wir und zum Teil prophezeien wir; wenn aber das Vollkommene kommt, das, was zum Teil ist, katargethfsai<, d. h. es wird nicht mehr teilweise, sondern II2
vollendet sein [... ]. Das Unwir~am-Machen [katargesis] ist eine Vollendung [pllrösisJ und eine Hinzufü'gung zum Besten [pros tu meizon epidosis].« (Chrysostomos 1970, S. 104)
Die messianische katargesis schafft nicht einfach ab, sondern bewahrt auf und vollendet.
An dieser Stelle muß ich von meiner Entdeckung sprechen, die ich oben elwähn:t habe und die sich auf das NachleAufhebung ben des Verbs k~targein im philosophischen Kontext bezieht. Mit welchem Ausdruck nämlich übersetzt Luther das Paulinische Verb sowohl in Röm 3,31 als auch in den meisten anderen Stelldn aus den Briefen? Aufheben - d. h. er benutzt das Wort, auf dessen doppelter Bedeutung (»vernichten« und »bewahren«) Hegeheine Dialektik gründet! Eine Untersuchung des lutherischen Vokabulars zeigt, daß sich Luther der doppelten Bedeutung dieses Verbs bewußt ist, das vor ihm zwar belegt, aber nicht häuijg ist, und daß der Ausdruck mit aller Wahrscheinlichkeit gerade durch die Übersetzung der Paulusbriefe die besondere PhySiognomie erhalten hat, die Hegel aufnehmen und entwickeln sollte. Nur weil das Verb im Deutschen herangezogen wurde, l1m die antinomistische Geste der PaulinisChen katargesis wiederzugeben (heben wir das Gesetz auff Idurch den Glauben? Das sey ferne Isondern wir richten das Gesetz aujj), hat es jene doppelte Bedeutung gewonnen, über die sich ein »speculativer Denker« nur »freuen« kann (Hegel 1971, S. 103). Ein genuin messianischer Begriff. der die Verwandlung des Gesetzes durch die Potenz des Glaubens und der Verheißung ausdrückt, wird so zuin Schlüsselbegriff der Dialektik. Daß diese, so betrachtet, eine Säkularisierung der christlichen Theologie darstellt, ist keine Neuigkeit. Daß aber Hegel- nicht ohne Ironie - gegen die Theqlogie eine Waffe gerichtet hat, die von ihr selbst stammt, und daß diese Waffe eine authentisch messianische war, ist gewiß n,icht irrelevant. Wenn die hier vorgeschlagene Genealogie der Aufhebung zutrifft, dann
bildet nicht nur das HegeIsche Denken, sondern die ganze Moderne wenn man unter diesem Begriff diejenige Epoche versteht, die im Zeichen der dialektischen Aufhebung steht - eine intensive hermeneutische
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Auseinandersetzung mit dem Messianischen. insofern alle ihre entscheidenden Konzepte mehr oder weniger bewußte Interpretationen und Säkularisierungen eines messianischen Themas darstellen. Die Aufhebung erscheint in der Phänomenologie des Geistes bezüglich der Dialektik von sinnlicher Gewißheit und deren sptachlichem Ausdruck durch das Diese und das Jetzt. Hegel beschreibt mit der Aufhebung eine genuin sprachliche BewegUng. deren »göttliche Natur« darin besteht. daß sie die sinnliche Gewißheit in ein Negatives und in ein Nichts verwandelt. um dann dieses Nichts aufzubewahren. indem sie das Negative in Sein verwandelt. Im »Diese« und im »Jetzt« ist das Unmittelbare also immer schon aufKehoben. weggenommen und bewahrt. Indem das Jetzt beim Sprechen (oder Schreiben) schon aufgehört hat zu sein. produziert der Versuch. dieses Jetzt zu fassen. immer schon ein Vergangenes ein Gewesenes. das als solches kein Wesen ist -. und dieses Kein-Wesen wird in der Sprache bewahrt. um am Ende einzig als das zu gelten. was wirklich ist. Das .eleusinische Mysterium« der sinnlichc:n Gewißheit. deren Exposition die Phänomenologie des Geistes eröffnet. ist nichts anderes als die Exposition der Struktur des linguistischen Bedeutungsprozesses im allgemeinen. Aus der Sicht der modernen Linguistik kann man also festhalten. daß die Sprache. indem sie sich deiktisch durch »diese« und »jetzt« auf die eigene Ereignishaftigkeit bezieht. das Sinnliche. das sich in ihr ausdrückt. als ein Vergangenes und zugleich als ein in die Zukunft Aufgeschobenes produziert und derart immer schon in eine Geschichte und in eine Zeit eingespannt ist. In jedem Fall besteht die Voraussetzung der Aufhebung darin. daß das Weggenommene nicht vollständig zerstört wird, sondern in einem gewissen Sinne verharrt und so bewahrt werden kann (Was sich aufhebt. wird dadurch nicht zu Nichts [Hegel1969. S. 113]). Hier zeigt sich. was das Problem der Aufhebung mit demjenigen der messianischen Zeit verbindet - und was es zugleich davon trennt. Auch die messianische Zeit - insofern sie operative Zeit ist - ['ührt in die repräsentierte Zeit einen Bruch und eine Verspätung ein, die aber der Zeit nicht einfach als Supplement oder als unendliche Ausdehnung hinzugefügt werden können. Im Gegenteil ist das Messianische - die Unverfiigbarkeit des .Jetzt« - genau die Leerstelle. durch die man die Zeit ergreifen und unsere Zeitvorstellung vollenden und enden lassen kann. Die in der messianischen katargesis unwirksam gewordene Thora ist nicht in einen unendlichen Aufschub und in eine endlose Verschiebung eingespannt - sie findet darin vielmehr ihr p/Jröma. Bei Hege! taucht im Problem vom p/Jröma der Zeiten und vom Ende der Geschichte eine genuin messianische Forderung wieder auf. Hegel denkt das Pleroma nicht als die Beziehung. die jeder einzelne Augenblick mit dem Messias unterhält. sondern als letztes Ergebnis eines Gesamtprozesses. Die französischen Hegel-Interpreten - in Wahtheit handelt es sich bei Koyre und
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Kojeve eher um russische Interpreten, was nicht überrascht, wenn man die Bedeutung der Apokalyptik;in der russischen Kultur des 2.0. Jahrhunderts bedenkt - gehen daher vqn der Überzeugung aus, daß »die HegeIsche Philosophie, das ,System<,! nur möglich wäre, wenn die Geschichte zu Ende wäre, wenn es keine Zbkunft mehr gäbe und die Zeit stillstehen könnte. (Koyre I93 5, S. 458). I?ieser Gedanke fuhrt die beiden Denkerwie es bei Kojeve besonders deuclich hervortritt - dazu, das Messianische als Eschatologisches zu nivelli~ren. Sie setzen nämlich das Problem der messianischen Zeit mit demjenigen der posthistoire gleich. Daß die Beziehung zum messianischen ThelI).a bei ihnen trotzdem nicht völlig neutralisiert ist, kann durch den Ums~nd belegt werden, daß das Konzept vom disreuvrement - das eine gute, Übersetzung des Paulinischen katargeln ist - in der Philosophie des 20; Jahrhunderts erstmals gerade bei Kojeve zu finden ist, wenn er den Zus~and des posthistorischen Menschen, den voyou desll!Uvre, als »Sabbat d~s Menschen. am Ende der Geschichte definiert (Kojeve I952, S. 396).
Analoge Überlegungen lassen ,sich sowohl für die Konzepte von privativer Opposition, von Nullpunkt und Überschuß des SiNullpunkt gnifikanten in den Humanwissenschaften des 2.0. Jahrhunderts als auch für diejenigen von Spur und originalem Supplement im zeitgenössischen Denken anstellen. Der Begriff der privativen Opposition bei Trubetzkoy definiert eine Opposition, in der einer der beiden Ausdrücke durch ein Merkmal, der andere durch das Fehlen eines Merkmals geke~nzeichnet ist. Die Voraussetzung besteht hier darin, daß sich der merkmallose Ausdruck nicht einfach .oppositäl' zum merkmaltragenden Ausdruck verhält, so wie eine Abwesenheit (oder ein Nichts) zu einer Anwesenheit. Vielmehr entspricht die Nichranwesenheit gewissermaßen einem/Nullpunkt der Anwesenheit (daß also die Anwesenheit in ihrer Abwesc;nheit fehlt). Nach Trubetzkoy ist dies in dem Umstand bezeugt, daß, ~enn die Opposition neutralisiert wird, der merkmal tragende Ausdruck ~einen Wert verliere und der merkmallose Ausdruck einzig dadurch relevant bleibe, daß er die Rolle des Archiphonems übernehme, d. h. als Repräsentant der Gesamtheit der distinktiven Merkmale fungiere, die beiden Ausdrücken gemein sind. Trubetzkoy bedient sich hier nicht zufalligeiweise des Ausdrucks Aufhebung, der in der Wissenschaft der Logik die Einheit der Oppositionen impliziert. In der Aufhebung gilt der merkmallo~e Ausdruck also - insofern er Zeichen vom Fehlen des Zeichens ist - al~ Archiphonem, als Null-Bedeutung, und die Opposition ist zugleich ~ufgelöst und als Nullpunkt der Differenz bewahrt. (Es war Jakobson, d;er auf den Spuren von Bally den Gebrauch der Ausdrücke »Nullzeichen.:und »Nullphonem. anstelle der Ausdrücke merkmallos und Archiphonein systematisch faßte. So besteht für Jakob-
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son die eigentliche Funktion des Nullphonems darin, einer einfachen Abwesenheit des Phonems entgegengestellt zu sein, obwohl es keinerlei differentielle Eigenschaften mit sich führt. Das philosophische Fundament dieser Konzepte liegt in der Aristotelischen Ontologie der Privation. Aristoteles unterscheidet die Privation [stb-esis) von der einfachen Abwesenheit [apousia) [Met. 10043- 16). Denn die Privation enthält noch einen Verweis auf das Sein und auf die Form dessen, was ihr fehlt, und manifestiert sich also irgendwie durch ihr Fehlen. Deswegen kann Aristoteles schreiben, daß die Privation eine Art von eidos, von Form ist.) ] 957 hat Levi-Strauss diese Konzepte in seiner Theorie vom konstitutiven überschuß des Signifikanten in bezug auf das Signifikat entfaltet. In dieser Theorie enthält der Bedeutungsprozeß ursprünglich einen überschuß in bezug auf die Signifikate, die ihn erfüllen können. Dieser Abstand wird übersetzt in die Existenz von freien oder flottierenden Signifikanten, die in sich sinnleer sind und deren einzige Funktion darin besteht, den Abstand zwischen Signifikanten und Signifikaten zum Ausdruck zu bringen. Es handelt sich also um ein Nicht-Zeichen oder um ein Zeichen im desfEUvrement oder in Aufhebung mit »symbolischem Nullwert, das heißt ein Zeichen, das die: Notwendigkeit eines supplementären symbolischen Inhalts markiert« (Levi-Strauss 1989, S. 40) und das sich zur Abwesenheit von Bedeutung oppositär verhält, ohne deswegen irgendeine besondere Bedeutung mit sich zu führen. Derrida hat diesen Konzepten seit Die Stimme und das Phänomen und der Grammatologie (1967) eine philosophische Heimat zurückgegeben, indem er sie mit der Hegelschen Aufhebung in Zusammenhang gebracht hat und in einer regelrechten Ontologie der Spur und des originalen Supplements entfaltet hat. In einer aufmerksamen Dekonstruktion der Husserlschen Phänomenologie kritisiert Derrida den Primat der Präsenz in der metaphysischen Tradition und zeigt, daß sich in ihr immer schon die Nichtpräsenz und der Bedeurungsprozeß einnisten. In dieser Perspektive führt er den Begriff des .originalen Supplements« ein, das aber nicht einer Sache hinzugefügt wird, sondern sich' an die Stelle eines Fehlens und einer ursprünglichen Nichtpräsenz setzt, die ihrerseits immer schon in einen Bedeurungsprozeß involviert sind.•Was wir [... ) zu denken geben möchten, ist dies, daß das traditionell in seiner dativischen Form als reflexive oder prä-reflexive phänomenologische Selbstgebung bestimmte Für-sich der Selbstgegenwart in der Bewegung der Supplementarität als originäre Ersetzung in der Form des .for etwas< (.a la place de<) entsteht, das heißt, wie gesehen, genau in der Operation der Bedeutung schlechthin.« (Derrida 2003, S. II9) Der Begriff der .Spur« benen,nt diese Unmöglichkeit des Zeichens, sich in der Fülle einer Gegenwart und einer absoluten Präsenz auszulöschen. Die Spur muß in diesem Sinn als »vor dem Seienden« gedacht werden, das Ding selbst immer schon als Zeichen oder repraesentamen, das Signifikat immer schon in
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der Position des Signifikanten. Es 'gibt hier keine Nostalgie nach dem Ursprung, weil es keinen Ursprung gibt, dieser wird vielmehr als rückwirkender Effekt von einem Nichtursp!ung und von einer Spur her produziert, die somit zum Ursprung des Ursprungs wird. Diese Begriffe (eher, diese Nichtbegriffe oder, wie Derrida vorzieht, diese» Unentscheidbarkeiten«) stellen den Primat der Präsent und der Bedeutung in der philosophischen Tradition in Frage, aber,' in Wahrheit, nicht denjenigen des Bedeutungsprozesses im allgemeinen. Indem sie die steresis und den Nullpunkt radikalisieren, setzen sie nich,t nur die Ausschließung der Präsenz voraus, sondern auch die Unmöglkhkeit einer Auslöschung des Zeichens. Sie setzen mit anderen Worten voraus, daß es noch jenseits der Präsenz und der Absenz Bedeutung gibt, daß die Nichtpräsenz noch irgendwie bedeute und in diesem Sinne eine» Urspur« sei, eine Art »Archiphonem« zwischen Anwesenhekund Abwesenheit. Der Grund, weshalb es keine Sehnsucht nach dem Ursprung gibt, liegt darin, daß die Erinnerung an ihn in der Form des Bedeutungsprozesses selbst enthalten ist, als Aufhebung und Nullpunkt. \fas ausgeschlossen werden muß, damit die Dekonstruktion funktionie~en kann, ist, daß Präsenz und Ursprung nicht fehlen, sondern rein in$ignifikant sind. »Norwendigerweise ist demnach das Zeichen dieser Überschreitung vollends transzendierend im Hinblick auf jede mögliche Anwesenheit-Abwesenheit und auf jedes Erzeugen oder Verschwinden eines Seienden überhaupt, und demnach bezeichnet es sich zugleich in gewi.fser weise. [... ) Die Inschrift einer solchen Spur in den metaphysischen;Text hat auf eine so undenkbare Art zu geschehen, daß sie als ein Erlöschen der Spur selbst zu beschreiben ist. Die Spur entsteht als ihr eigene~ Erlöschen.• (Derrida 1988, S. 82f.) Hier zeigt die Urspur ihre Verbindung - und zugleich ihre Differenz zur Hegelschen Aufhebung und ihreip. messianischen Thema. Die ~ewe gung der Aufhebung, die die Signifikate neutralisiert, indem sie deren Bedeutung bewahrt und vollendet, wird hier zum Prinzip eines unendlichen Aufschubs. Das Sich-Bedeute~ der Bedeutung ergreift sich selbst nie, erreicht nie eine RepräsentationSleere, läßt nie eine Nichtbedeutung sein, sondern ist auf die eigene Ges~e verwiesen und aufgeschoben. Die Spur ist in diesem Sinne eine AuJh.ebung in der Schwebe, die nie ihr pliröma erreicht. Die Dekonstruktidn ist ein blockierter Messianismus, eine Suspendierung des messianisch~n Themas. In unserer Tradition ist ein metaphysisches Thema, das sich vornehmlich um die Momente von Gründu~g und Ursprung dreht, mit einem messianischen Thema verbunden, d~s sich um das Moment der Vollendung dreht. Aber eigentlich messianisch und historisch ist die Vorstellung, <] Wonach Vollendung nur dann möglich ist, wenn sie die Gründung wiederaufnimmt und widerruft, mit ihr:a1so abrechnet. Wenn sich die zwei Momente spalten, so erhält man die Situation, die am deutlichsten in der Husserlschen Krisis belegt ist: eine Gründung, der nur eine unendliche
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Aufgabe entspricht. Wenn man das messianische Thema fallenläßt und sich nur um das Moment der Gründung und des Ursprungs oder - was dasselbe ist - um deren Abwesenheit kümmert. erhält man einen leeren Bedeutungsprozeß. der am Nullpunkt ist. und die Geschichte ist dann dessen unendlicher Aufschub.
Wie müssen wir uns den Zustand des Gesetzes unter der Wirkung der messianischen katargesis vorstdAusnahmezustand len? Was ist ein Gesetz, das zugleich aufgehoben und erfüllt ist? Um auf diese Fragen eine Antwort zu geben. kenne ich nichts Erhellenderes. als auf ein epistemologisches Paradigma zurückzugreifen. das im Werk eines Juristen eine zentrale Rolle spidt, der seine Konzeption von Gesetz und souveräner Macht zwar in eine ausdrücklich antimessianische Konstellation stellt. der es aber - gerade deswegen, als »Apokalyptiker der Gegenrevolution« - nicht vermeiden kann, genuin messianische theologoumena in seine Argumentation einzuführen. Nach Schmitt - Sie haben bemerkt. von wem die Rede ist - ist das Paradigma, das die Struktur und die eigentliche Funktionsweise des Gesetzes bestimmt, nicht die Regd, sondern die Ausnahme. »Der Ausnahmefall offenbart das Wesen der staatlichen Autorität am klarsten. Hier sondert sich die Entscheidung von der Rechtsnorm, und (um es paradox zu formulieren) die Autorität beweist. daß sie. um Recht zu schaffen. nicht Recht zu haben braucht. [... ] Die Ausnahme ist interessanter als der NormalfalI. Das Normale beweist nichts. die Ausnahme beweist alles; sie bestätigt nicht nur die Regel. die Regel lebt überhaupt. nur von der Ausnahme.« (Schmitr 1996. S. 19. 2.I)
Es ist wichtig, hier nicht zu vergessen, daß in der Ausnahme das aus der Regd Ausgeschlossene nicht ohne Beziehung zum Ge-· setz ist. Im Gegenteil hält das Gesetz den Bezug zur Ausnahme in der Form der eigenen Aufhebung aufrecht. Die Regd wendet sich mit anderen Worten auf die Ausnahme an, indem sie sich . abwendet, indem sie sich von ihr zurückzieht. Die Ausnahme. ist daher nicht einfach eine Ausschließung, sondern eine ein~: schließende Ausschließung, eine ex-ceptio im Wortsinn: ein Er~: greifen des Draußen. Durch die Definition der Ausnahme pro":
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duziert und bestimmt das Gesetz zugleich den Raum, in dem die juristisch-politische Ordnung Geltung beanspruchen kann. Der Ausnahmezustand stellt für! Schmitt in diesem Sinn die reine und ursprüngliche Form der Gesetzeskraft dar. Nur in der Ausnahme kann sie die Regel ihr~r Anwendung definieren. Versuchen wir, die Merkmale des Gesetzes im Ausnahmezu; stand genauer zu analysieren: 1. Zuerst findet man hier eine absolute Unbestimmtheit zwischen innen und ~ußen. Schmitt bringt dies im Paradox der Souveränität zum Ausdruck: Insofern diese die legitime Macht besitzt, die Geltung des Gesetzes :aufzuheben, steht sie sowohl innerhalb als auch außerhalb des q;esetzes. Wenn das Gesetz im Ausnahmezustand nur in Form der eigenen Aufhebung in Kraft ist und sich nur in der Abwendung anwendet, dann schließt das Gesetz sozusagen das ein, was es a4s seinem Bereich verstößt -, oder, wenn man so will, es gibt kein Außerhalb des Gesetzes mehr. Das Gesetz erreicht also tm Zustand der souveränen Selbstaufhebung die äußerste Gre;nze seiner Geltung und tallt mit der Wirklichkeit selbst zusarrimen, indem es in Form der Ausnahme sein Außerhalb einschließt. 2. Wenn dies zutrifft, so i~t es: im Ausnahmezustand nicht möglich, zwischen Befolgung und Verletzung des Gesetzes zu unterscheiden. Wenn das Gesetz lI-ur in der Form der eigenen Aufhebung in Kraft ist, kann jedes Verhalten, das in einer normalen Situation gesetzeskonfd,rm ist - beispielsweise ein ruhiger Spaziergang auf der Straße -, zu einer Transgression werden - beispielsweise während ~iner Ausgangssperre -, und umgekehrt kann sich die Transgression als Befolgung einer Regel konfigurieren. In diesem Si~n kann man sagen, daß das Gesetz im Ausnahmezustand, inspfern es ganz einfach und rein mit der Wirklichkeit zusammdntallt, absolut unausführbar ist, daß also die Unausführbarkeit die ursprüngliche Figur der Regel ist. 3. Es gehört zur Unausführbarkeit der Regel dazu, daß das Gesetz im Ausnahmezustand absolut unformulierbar ist. Es besitzt nicht mehr - oder noch nicht - die Form einer Vorschrift oder eines Verbots. Die Unformuliei:barkeit muß hier buchstäb.lich verstanden werden. Man denk~ an den Ausnahmezustand II9
in seiner extremsten Form, wie er in Deutschland am 28. Februar 1933, d.h. kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialistische Partei, mit der »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat« herbeigeführt wurde. Die Verordnung hält einfach fest: »Die Artikel II 4, 115, 117, u8, 123, 124 und 153 der Verfassung des Deutschen Reiches werden bis auf weiteres außer Kraft gesetzt« (de facto ist diese Verordnung für die ganze Dauer des Naziregimes in Kraft geblieben). Diese lakonische Äußerung befiehlt nichts und verbietet auch nichts. Aber sie macht es durch die einfache Aufhebung der die persönliche Freiheit betreffenden Verfassungsartikel unmöglich zu wissen oder zu sagen, was gesetzeskonform und was gesetzeswidrig ist. Die Konzentrationslager, in denen alles möglich wird, entstehen in diesem durch -die Unformulierbarkeit des Gesetzes geöffneten Raum. Das bedeutet, daß sich das Gesetz im Ausnahmezustand nicht als neue Regel konfiguriert, die neue Verbote und neue Pflichten festlegt, vielmehr agiert es einzig durch seine Unformulierbarkeit. Vergleichen wir nun diese dreifache Deklination des Gesetzes im Ausnahmezustand mit dem Zustand des Gesetzes in der messianischen katargesis. Zum ersten Punkt (Ununterscheidbarkeit zwischen innen und außen des Gesetzes): Im Messianischen - wir haben es gesehen - kann die Unterscheidung zwischen Juden und Nichtjuden, zwischen denjenigen, die im Gesetz, und denjenigen, die außerhalb des Gesetzes sind, nicht mehr funktionieren. Das bedeutet nicht, daß Paulus die Anwendung des Gesetzes einfach auf die Nichtjuden ausweitet, vielmehr werden bei ihm Juden und Nichtjuden, innen und außen des Gesetzes durch die Einführung eines Rests ununterscheidbar. Dieser Rest - die NichtNichtjuden - ist eigentlich weder innerhalb noch außerhalb des Gesetzes, weder ennomos noch anomos (gemäß der Definition, die Paulus in 1 Kor 9,21 auf sich selbst anwendet): Er ist die Chiffre für die messianische Deaktivierung des Gesetzes, seiner katargesis. Der Rest ist eine zum Äußersten getriebene, eine zu ihrer paradoxen Form geführte Ausnahme. Im messianischen Zustand des Glaubenden radikalisiert Paulus die Situation des Ausnahmezustands, in dem sich das Gesetz in der Abwendung 120
anwendet und weder innen noc.P. außen mehr kennt. Dem Gesetz, das sich anwendet, indem es sich abwendet, entspricht nun eine Geste - der Glaube -, di~ es unwirksam macht und zu seiner Erfüllung führt~ . Paulus nennt diese paradoxe Figur des Gesetzes im messianischen Ausnahmezustand nomosipfsteös, »Gesetz des Glaubens« (Röm 3,27), gerade weil dieses! Gesetz nicht mehr durch die Werke und die Ausführung der Miswoth definiert wird. Vielmehr gilt es ihm als eine »Gere#nigkeit ohne Gesetz« (dikaiosjne chörfs nomou; Röm 3,21), di~ - wenn man bedenkt, daß im Judentum derjenige gerecht ist, :der das Gesetz streng befolgt fast einer »Befolgung. des Ges~tzes ohne Gesetz« entspricht. Deswegen kann Paulus festhalten,·daß das Gesetz des Glaubens die »Ausschließung« (exekleisthe;i Röm 3.27) - die Aufhebung! vom Gesetz der Werke ist. Die ,von Paulus in diesem Kontext formulierte dialektische Aporie ist der kohärente Ausdruck dieser Paradoxie, denn sie hält fest, tiaß der Glaube zugleich Deaktivierung (katargein) und Bewahrung (hisumein) des Gesetzes ist. Eine Gerechtigkeit ohne Ge~etz ist nicht die Negation, sondern die Realisierung und Erfüllung - das pteröma - des Gesetzes. Die zwei weiteren Deklinationen des Ausnahmezustandes die Unausführbarkeit und die 'tJnformulierbarkeit des Gesetzes...,. erscheinen bei Paulus als no~endige Folgen der Ausschließung vom Gesetz durch das Gesetz des Glaubens. Die ganze Kritik des nomos in Röm 3,9-20' ist nichts anderes als der feste Ausdruck eines wahrhaft messianischen Prinzips, dem des unausfiihrbaren Gesetzes: »Kein Gerechter ist, auch nicht einer [... ]. Wir wissen, daß alles, was: das Gesetz zu denen sagt, die im Gesetz sind, aus dem Grun4 gesagt wird, daß jeder Mund geschlossen werde und die ganze Welt vor Gott schuldig sei; daher wird aus den Werken des i Gesetzes kein Fleisch vor ihm gerichtet werden.« Paulus benu~t im Vers 12 einen singulären Ausdruck: »alle echredthesan«, der Hieronymus mit inutiles facti sunt übersetzt. Das Wort bedeu~t buchstäblich »sie sind unfähig geworden zu gebrauchen« (a-chreioun) und drückt die Unmöglichkeit zum Gebrauch bestens aus, d. h. die Unausführbarkeit, die das Gesetz in der messianischen Zeit kennzeichnet und 121
die nur vom Glauben wieder zum Gebrauch, chresis, geführt werden kann. Und die berühmte Beschreibung von der Spaltung des Subjekts in Röm 7,15-19 (»ich weiß nicht, was ich mache [ ... ), denn ich mache nicht. was ich will [... ), sondern was ich nicht will, mache ich«) führt mit ebenso großer Klarheit vor, wie angsterfüllt der Zustand des Menschen vor einem Gesetz ist, das für ihn völlig unausführbar geworden ist und als solches einfach als universales Prinzip der Anklage funktioniert. Kurz vorher führte die drastische Verkürzung des mosaischen Gebots - das nicht einfach sagt »begehre nicht«, sondern »begehre nicht die Frau, das Haus. den Sklaven, den Esel usw. deines Nächsten« - dazu, daß dieses nicht einfach unausführbar, sondern auch unformulierbar geworden ist: "Was also? Ist das Gesetz Sünde? Möge es nicht geschehen! Aber die Sünde kannte ich nur durch das Gesetz. Die Begierde hätte ich nämlich nicht gekannt, wenn das Gesetz nicht sagte: begehre nicht!« (Röm 7,7) Das Gesetz ist hier nicht mehr entoll, also eine präskriptive Norm, die ein klares Verbot ausspricht - »begehre nicht« ist kein Gebot. Vielmehr ist das Gesetz nur Anerkennung der Schuld, Prozeß im Sinne Kafkas. ununterbrochene Selbstanklage ohne Vorschrift. Dieser Verdichtung des mosaischen Gesetzes entspricht seitens des Glaubens jene messianische Rekapitulation der Gebote, von der Paulus in Röm 13.8 f. spricht: »Der, der den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt [pepllröken). Denn: Nicht sollst du ehebrechen, nicht töten, nicht stehlen, nicht begehren und jedes andere Gebot wird in diesen Worten rekapituliert: Du wirst den Nächsten lieben wie dich selbst.« Nachdem er das Gesetz in ein Gesetz der Werke und in ein Gesetz des Glaubens, in ein Gesetz der Sünde und in ein Gesetz Gottes geteilt (Röm 7,22f.) und auf diesem Weg unwirksam und unausführbar gemacht hat, kann Paulus es in der Figur der Liebe erfüllen und rekapitulieren. Das messianische pllröma des Gesetzes ist eine Aufhebung des Ausnahmezustandes, eine Verabsolutierung der katargesis.
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Wir müssen uns nun mit der ebenso berühmten wie rätselhaf-
ten Stelle zum katechön aus 2: Thess 2,3-9 beschäftigen. Paulus, Das Geheimnis der anomia spricht hier von der parousia des Messias und warnt die Thessalonicher vor der Unruhe, die die Verkündigung seiner bevorstehenden Ankunft hervorrufen kann: »Niemand täusche euch auf irgendeinb Weise: Denn wenn nicht zuerst die Apostasie kommt und offenbart w~rde der Mensch der Anomie, der Sohn der Zerstörung, der sich widersetizt und über alles erhebt, was Gott oder Kultobjekt genannt wird, bis er ~elbst im Tempel Gottes sitzt und sich selbst als Gott zeigt. Erinnert ihr ehch nicht, als ich noch unter euch war, daß ich dies euch sagte? Und jetzt kennt ihr, was zurückhält [to katechon], damit es offenbart werde in ,seiner Zeit. Denn das Geheimnis der Anomie ist schon wirksam, nur der zurückhält [ho katechön], bis er jetzt aus der Mitte genommen werde. Ynd dann wird der /momos offenbart werden, den der Herr mit dem Hauch seines Mundes zerstören und unwirksam machen wird mit der Erscheinung seiner Anwesenheit [te epiphaneia tes parousias]. Seine Anwe~enheit [parousia] ist gemäß dem Im-Akt-Sein Satans in jeder Potenz.«
Obwohl die Gleichsetzung von» Mensch der Anomie« und dem Antimessias (antichristos) aus den Briefen des Johannes allgemein akzeptiert - wenn auch keIneswegs selbstverständlich ist, bleibt das Problem, wer oder \\(as der katechön (in der unpersönlichen Form to katechon aus Vers 6 und der persönlichen Form ho katechön aus Vers 7) ist. Eine antike, bereits bei Tertullian belegbare Tradition setzt diese Macht, die das Ende der Zeiten verzögert oder zurückhält, mit dem Römischen Reich gleich, das in diesem Sinn eine positive historische Funktion hätte (daher kann Tertullian sage!!, daß »wir für das Bleiben der Welt beten [pro statu saeculz1, für den Frieden der Dinge, für die Verzögerung des Endes [pro mora finis]«). Diese Tradition gipfelt in Schmitts Theorie, nach der 2 Thess 2 die einzig mögliche Grundlage für eine chrisdiche,Doktrin der Staatsmacht darstellt: . »Diesem christlichen Reich ist es wes~ntlich, daß es kein ewiges Reich ist, sondern sein eigenes Ende und das Ende des gegenwärtigen Äon im Auge behält und trotzdem einer geSChichtlichen Macht fähig ist. Der entscheidende geschichtsmächtige Beg;riff seiner Kontinuität ist der des 12 3
Aufhalters. des Kat-echon . •Reich, bedeutet hier die geschichtliche Macht. die das Erscheinen des Antichrist und das Ende des gegenwärtigen Äon auftuhalten vermag. eine Kraft. qui tenet. gemäß den Worten des Apostels Paulus im 2. Thessalonicherbrief. Kapitel 2. [ ... ] Ich glaube nicht. daß für einen ursprünglich christlichen Glauben ein anderes Geschichtsbild als das des Kat-echon überhaupt möglich ist. Der Glaube. daß ein Aufhalter das Ende der Welt zurückhält. schlägt die einzige Brükke. die von der eschatologischen Lähmung alles menschlichen Geschehens zu einer so großartigen Geschichtsmächtigkeit wie der des christlichen Kaisertums der germanischen Könige führt.« (Schmitt 1950. S. 29)
Daran ändert sich auch durch jene modernen Interpreten nicht viel, die den katechon mit Gott selbst gleichsetzen und in der Verzögerung der parousia den Ausdruck eines providentiellen Heilsplans sehen (»Genaugenommen ist der katechön Gott selbst. [ ... ] Es ist nicht. wie durchweg angenommen. von einer innerweldichen Größe die Rede. welche das Kommen des Antichristen aufhält, sondern von der in Gottes Zeitplan liegenden Parusieverzögerung an sich« [Strobel 1961. S. 106 f.]). Wie man sehen kann. steht viel auf dem Spiel. In einem gewissen Sinn kann jede Staatstheorie - einschließlich diejenige von Hobbes -. die im Staat eine Katastrophen verhindernde oder verzögernde Macht sieht, als eine Säkularisierung dieser Interpretation von 2 Thess 2 betrachtet werden. Zu bedenken bleibt aber. daß die Paulinische Stelle trotz ihrer Dunkelheit keine positive Wertung des katechön enthält. Vielmehr muß gerade dieser aus dem Weg geräumt werden. damit das »Geheimnis der anomia« vollständig offenbart werde. Entscheidend ist daher die Interpretation der Verse 7-9: »Denn das Geheimnis der Anomie ist schon wirksam [ene'Xeitatl. nur der zurückhält. bis er jetzt aus der Mitte genommen werde. Und dann wird der ohne Gesetz [anomos] offenbart werden. den der Herr mit dem Hauch seines Mundes zerstören und unwirksam machen wird [kata'Xesetl mit der Erscheinung seiner Anwesenheit [te epiphanela tes parouslas]. Seine Anwesenheit [parousla] ist gemäß dem Im-Akt-Sein Satans in jeder Potenz [kat' energeian tou satana en ,ase dynametl. «
Anomia sollte hier nicht wie bei Hieronymus allgemein mit »Ungerechtigkeit« oder noch schlimmer mit »Sünde« übersetzt werden. Anomia kann nur »Abwesenheit des Gesetzes« bedeuten. und /momos ist derjenige, der außerhalb des Gesetzes liegt 124
(es sei daran erinnert, daß sich Paulhs den Heiden selbst als »hös anomos« vorstellt). Paulus bezieht s~ch also auf den Zustand des Gesetzes in der messianischen Zeit, ,in der der nomos unwirksam geworden i~t und sich im Zustand ;der katargesis befindet. Deswegen finden wir hier auch das technische Vokabular von energeia und dynamis wieder, des Im-Akt-Seins (energein) und des Unwirksam-Seins (katargein). Der ,katechön ist also die Kraft das Römische Reich, aber auch: jede weitere konstituierte Macht -, die die katargesis - also jenen Zustand tendenzieller Anomie, der das Messianische kennzeichnet - verhindert' und I verdeckt und die die Enthüllung des »Geheimnisses der anomia« verzögert. Die Enthüllung dieses Geheimnisses bedeutet, daß in der messianischen Zeit die pnwirksamkeit des Gesetzes und die substantielle Illegitimität jeder Macht ans Licht treten. Es ist also möglich, daß der kat#hön und der anomos (Paulus spricht nie wie Johannes von eine~ antichristos) nicht zwei unterschiedliche Figuren darstellen, ~ondern eine einzige Macht bezeichnen - einmal vor und einmal nach der letzten Enthüllung. Die profane Macht - das Römische Reich z. B. - ist der Schleier, der die grundlegende AnQmie der messianischen Zeit verdeckt. Mit der Auflösung dieses! »Geheimnisses« wird dieser Schleier aus dem Weg geräumt, und die Macht nimmt das Gesicht des anomos an, des absolut Gesetzlosen. Das Messianische ereignet sich so in der Begegnung vbn zwei parousiai: derjenigen des anomos, die durch das Im-Akt~Sein Satans in jeder !,lotenz gezeichnet ist, und derjenigen des 'Messias, der dessen energeia unwirksam machen wird (mit einem deutlichen Verweis auf I Kor 15,24: »alsdann das Ende, vJenn er das Reich dem Gott und Vater übergeben wird, wenn e! alle Herrschaft, alle Macht und alle Potenz unwirksam mach:en wird«). 2 Thess 2 kann definitiv nicht als Grundlage einer »christlichen Doktrin« der Macht dienen. TAus dieser Perspektive kann es nützlich sein, Nietzsches Verhältnis zu dieser Paulinischen Stelle zu untersuchen. Man hat sich Antichrist selten gefragt, warum Ni~tzsche seine Kriegserklärung gegen das Christentum und! gegen Paulus mit Der Antichrist . betitelt hat. Denn in der christlichen Tradition bezeichnet der Antichrist 12 5
genau die Figur. die das Ende der Zeiten und den Sieg Christi über jede Macht besiegelt - einschließlich jenes »bewunderungswürdigsten Kunstwerks des grossen Stils •• das für Nietzsche das Römische Reich war. Man kann nicht ernsthaft davon ausgehen. daß er den »Menschen der Anomie. - mit dem er sich letztlich als Antichrist indentifizierte nicht als genuin Paulinische Erfindung kannte. Die Geste. mit der er seine Kriegserklärung gegen das Christentum im Namen einer Figur unterschreibt. die gänzlich zu jener Tradition gehört und in ihr eine bestimmte Funktion ausübt. muß daher so etwas wie eine parodistische Absicht enthalten. Der Antichrist ist also eine messianische Parodie. in der Nietzsche die Kleider des Antimessias überzieht und eine Rolle spielt. die von Paulus geschrieben wurde. Man versteht nun. warum sich das Buch schon im Untertitel als »Fluch. vorstellt und mit der Emanation eines »Gesetzes. mit messianischem Anspruch endet (»gegeben am Tage des Heils«). das selbst nur eine »Verfluchung der heiligen Geschichte« ist. Nicht nur ist der Vergleich zwischen Gesetz und Fluch genuin Paulinisch (GaI3.I3: »Der Messias hat uns losgekauft vom Fluch des Gesetzes [ek tes katllras tou nomouj.). sondern es ist auch eine deutlich ironische lektüre vom katechön in 2 Thess 2.6f.• daß der »Mensch der Anomie. nur einen solchen Gesetzes-Fluch verkündigen kann.
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Sechster Tag (Eis euangetion theou)
Zu Beginn des Seminars hatte ich, Buhers Buch Zwei Glaubensweisen erwähnt. Darin wird der jüdischen emuna, d. h. dem unmittelbaren Vertrauen in die Gemeinschaft, in der man lebt, die Paulinische pistis gegenüberge~tellt, die den Akt bezeichnet, durch den man etwas als wahr ~erkennt. Als David Flusser, Professor an der Hebrew Univer;sity in Jerusalern, 1987 sein Nachwort zu einer neuen Ausgab~ des Buches vorbereitete, bemerkte er bei einem Spaziergang iq den Straßen Athens an einer Tür folgende Aufschrift: Trapezalemporikis pisteos. Die rätselhafte Formel mit dem Wort pistis machte ihn neugierig. Er blieb stehen und merkte, daß es sich ganz einfach um das Schild an einer Bank, einem Kreditinstitut, handelte. F1usser fand darin eine Bestätigung desse~, was er schon wußte: Daß nämlich Bubers Opposition von: emuna und pistis keinerlei linguistische Grundlage besaß. »Das griechische Pistis bedeutet eigentlich dasselbe wie das hebrä.\sche Emuna, und sehr ähnlich verhält es sich auch mit den ~azugehörenden hebräischen und griechischen Zeitworten.« (Buber 1994, S. 190) Das Interesse von Bubers Buch mußte also ~derswo liegen. Wir werden sehen, daß sich Flusser mit grbßem Scharfsinn auf diese Suche machte. '
Wenn pistis nicht »etwas als wahr anerkennen« bedeutet, wenn es in diesem Sinn nicht zwei Glaubensweisen gibt, Schwur wie müssen wir dann dieses Wort im Paulinischen Text verstehen? Und w~ ist zunächst die Bedeutung der Wortfamilie von pistis im Grifchischen? Eine der ältesten Verwendungen des Ausdrucks pistis oder des Adjektivs pist6s '" (zuverlässig) setzt ihn als Synonym,- oder im Falle von pist6s als ,'Attribut - des Ausdrucks horkos, Schwur, in Wendungen wie: ,pistin kai horka poeisthai, »einen $chwur ablegen«, oder pistt!t 12 7
dounai kai lamb!me,in, »sich gegenseitig schwören«. Bei Homer sind pista, »zuverlässig«, par excellence h6rkia, die Schwüre. Im archaischen Griechenland bezeichnet horkos zugleich den Schwur und den Gegenstand, den man beim Schwören in Händen hielt. Dieses Objekt hatte die Macht, den Meineidigen (den sogenannten epiorkos) zu töten, und stellte in diesem Sinn die beste Garantie für die Einhaltung des Schwures dar. Auch die Götter, die auf das Wasser der Styx schworen, entkamen dieser schrecklichen Macht des horkos nicht: Der Unsterbliche, der einen falschen Schwur ablegte, sank für ein Jahr als Toter zu Boden und war dann für weitere neun Jahre vom Kreis der anderen Götter ausgeschlossen. Der Schwur gehört also zu jener ältesten Sphäre des Rechts, die von den französischen Gelehrten pre-droit, Vor-Recht, genannt wird. In dieser Sphäre werden Magie, Religion und Recht absolut ununterscheidbar (man könnte »Magie« geradezu als Ununterscheidbarkeit zwischen Religion und Recht definieren). Das bedeutet aber, daß pistisvon Anfang an eng mit dem Schwur verknüpft, um erst später und allmählich die spezifisch technisch-juristische Bedeutung von »Garantie« und »Glaubwürdigkeit« zu erhalten - aus diesem dunklen prähistorischen Kontext stammt und daß Paulus in der Gegenüberstellung von pistis und Gesetz nicht ein neues und helleres Element gegen den alten nomos einführt, sondern vielmehr zwei Elemente aus dem Vor-Recht ins Spiel bringtzumindest versucht er, zwei Elemente zu entwirren, die ursprünglich eng verknüpft sind. Es gehört zu den Verdiensten von Emile Benveniste - eines großen sefardischen Linguisten, vielleicht des größten Linguisten unseres Jahrhunderts -, aus rein linguistischen Tatsachen die ursprünglichen Lineamente jener uralten indoeuropäischen Institution erkannt zu haben, die man griechisch pistis und lateinisch ftdes nanrite und die er als ftdelite personelle, »persönliche Treue«. bestimmt hat. Der »Glaube« ist die Glaubwürdigkeit, die man bei jemandem in Folge des Umstands besitzt, daß man in ihn sein Vertrauen gesetzt. daß man ihm eine Art Pfand gegeben hat. durch das man in einem Vertrauensverhältnis mit ihm verbunden ist. Daher ist der Glaube sowohl das Vertrauen. das wir jemandem gewähren - der Glaube, den wir geben -, als 128
auch das Vertrauen, das wiribei jemandem besitzen - der Glaube, der Kredit, den wir haben. Wir können aus dieser Perspektive das alte Problem, auf d:ts bereits Eduard Fränkel in einem berühmten Artikel die Auf,tnerksamkeit gelenkt hatte und das die zwei symmetrischen Bej:teutungen im Ausdruck »Glaube«, aktiv und passiv, objektiv u~d subjektiv, »(gewährte) Garantie« und »eingeflößtes Vertraueri« betrifft, problemlos erklären: »Derjenige, der diefides besitzt, die ihm jemand gewährt hat, hält sich diesen Menschen in seiner Macht. Deswegen ist fides fast ein Synonym von meio und potestas. Diese BeZiehungen enthielten in ihrer primitiven Form einige Wechselseitigkeit: Jemandem seine fides zu geben, bedeutete, dafür dessen Garantie und dessen Hilfe zu erhalten. Aber gerade dieser Umstand unterstreicht die Ungleichheit der Bedingungen. Es handelt sich um eine Autorität, die zUsammen mit einem Schutz über den ausgeübt wird, der sich unterniirft, und zwar als Austausch mit dieser Unterwerfung und im genauen Maße von ihr.« (Benveniste 1969, S. 118 f.)
In selben Sinn ist auch die enge Verbindung zwischen den lateinischen Ausdrücken jides und credere zu verstehen, die im christlichen Kontext so wiChtig wird: credere bedeutet nach Benveniste wörtlich »*kred geben«, d. h. einem Wesen, dessen Schutz man erwartet, eine magische Potenz geben und daher an es »glauben«. Und da im!Lateinischen die alte Nominalwurzel *kred verschwunden ist, hat jides als Ausdruck einer sehr ähnlichen Vorstellung dessen Stelle als substantivische Entsprechung zu credo eingenommen.
Benveniste streift in seiner; Rekonstruktion der persönlichen Treue den igewissermaßen politischen Aspekt Deditio in ßdem dieser Einrichtung kaum, auf den Salvatore Calderonedas Augenmerk gelenkt hat: Dieser betrifft nicht so sehr Individuen, als vielmehr Städte und Völker. Die feindliche Stadt konnte in einem Krieg mit Gewalt (kata kratos) besiegt und zerstört und ihre Bewohner konnten getötet oder versklavt werden. Es konnte aber auch geschehen, daß sich die schwächeren Städte auf die Einrichtung der deditio in fidem beriefen, daß sie also kapitulierten, sich bedingungslos 129
dem Feind übergaben und so den Sieger auf eine wohlwollendere Gangart verpflichteten (Calderone 1964, S. 38-41). Indiesem Fall konnte die Stadt verschont werden, und ihren Bewohnern konnte - wenn auch nicht volle - persönliche Freiheit gewährt werden. Diese dediticii bildeten eine besondere Gruppe: Sie waren nämlich die, die ))sich gegeben hatten«, eine Art Staatenlose - und man muß an diese besondere Gruppe von Nichtsklaven, die aber nicht völlig frei waren, denken, wenn man an den Status der Messianischen nach Paulus denkt. Diese Einrichtung wurde von den Griechen pistis (dounai eis pistin, peithesthal) und von den· Römern fides (in fidem populi Romani venire oder se tradere) genannt. Hierzu zwei wichtige Beobachtungen. Zuerst finden wir die enge, fast synonymische Verbindung von Glaube und Schwur, die wir zu Beginn festgehalten haben: Es ist sogar wahrscheinlich, daß diese Verbindung ihren Daseinsgrund gerade in diesem Kontext besitzt. Städte und Völker, die sich in der deditio in fidem aneinander banden, tauschten feierliche Schwüre, um diese Verbindung zu sanktionieren. Wie es durch die schon den Römern bekannte etymologische Verwandtschaft zwischen fides und fledus impliziert wird, weist die Beziehung anderseits viele Analogien mit einem Pakt oder einem Völkervertrag auf, auch wenn die moderne Forschung im Falle der deditio in fidem lieber von »Pseudoverträgen« spricht, um die Ungleichheit der Bedingungen zu betonen. Der Glaube ist in der griechisch-römischen Welt ein komplexes, zugleich juristisch-politisches und religiöses Phänomen, das wie der Schwur seinen Ursprung in der ältesten Sphäre des Vor-Rechts hat. Doch wird die Verbindung mit der juristischen Sphäre auch später so wenig verschwinden wie in Rom, wo Juristen das für die Geschichte des modernen Rechts so wichtige Konzept der bona fides formulieren werden, oder in Griechenland, wo sich pistis und pistos auf die Glaubwürdigkeit und auf das Vertrauen beziehen werden, die sich aus den vertraglichen Rahmenbedingungen im allgemeinen entwickeln. Wenn wir die Bedeutung der Opposition zwischen pistis und nomos im Paulinischen Text verstehen wollen, tun wir gut daran, nicht zu vergessen, daß der Glaube in der Sphäre des Rechts verwurzelt ist - ja sogar in derjenigen des Vor-Rechts, d. h. ili
einer Sphäre, in der Recht, ~olitik und Rdigion aufs engste miteinander verknüpft sind. Qie pistis bewahrt bei Paillus etwas von der deditio, von der bedingungslosen Hingabe an eine andere Macht, die aber auch den Empfangenden verpflichtet. Für die hebräische emuna lass~n sich in gewisser Weise analoge Überlegungen anstelle~. Jahwe schließt in der Bibd mit Berit Israd bekanntermaßenieine berit, einen Vertrag oder einen Bund. Wie man in 5 Mose 26,17-19 lesen "kann, hat dieser Vertrag folgende Gültigkeit: »Du hast Jahwe heute erklären lassen, daßer dein G~tt sein wird und daß du in seinen Wegen wanddn und seine Sa~ungen, Gebote und Rechte beobachten und auf sein Wort h;ören wollest [... ]. Jahwe aber hat dich heute erklären lassen, daß du für ihn ein besonderes Volk sein wollest, wie er dir gesagt ~at, und daß du alle seine Gebote halten, und daß er dich erhöhen wolle über alle Völker, und daß du ein Jahwe, deinem G,ott, geweihtes Volk sein wollest, wie er geboten hat.« So sehr dies nun die Theologen irritieren mag, die hier lieber von einet theologischen, auf juristischem Weg sich verwirklichenden In:tention sprechen: Diese berit unterscheidet sich mitnichten vqn einem juristischen Vertrag wie beispidsweise demjenigen zwischen Jakob und Laban (1 Mose 31,44ff.). Die berit bezeichn~t in beiden Fällen eine Art von durch Schwur gesiegdtem B~nd, durch den sich zwei Parteien in eine Verbindung wechsdseitiger Treue begeben, und scheint daher jener Sphäre des Vor-R~chts anzugehören, die nach Benveniste im Ursprung der per~önlichen Treue liegt. Das »Blut des Bundes« (2 Mos 24,8; wtederaufgenommen in Mt 26,28), das Moses zu einer Hälfte übet den Altar gießt (der Jahwe repräsentiert), zur anderen über d4s Volk versprengt, dient nicht so sehr als Opfer denn vidmeht als Sanktionierung der innigen Vereinigung, die der Vertrag zwischen beiden Kontrahenten herstdlt. Daher sagt man im; Hebräischen »eine berit schneiden«genau so, wie man im Griechischen hQrkia temnein und im Lateinischen foedus ferire sagt. Das Problem, ob die berit zwischen Jahwe und Israd ei~en theologischen oder einen juristischen Vertrag darstellt, verliert jegliche Rdevanz, wenn sie in
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der Sphäre der persönlichen Treue und des Vor-Rechts verortet wird, wo diese Unterscheidungen, wie wir gesehen haben, nicht möglich sind. (Und es wäre, wie ich glaube, keine schlechte Definition des Judentums, wenn man es als eine hartnäckige Reflexion auf die paradoxe Situation verstünde, die sich daraus ergibt, mit Gott juristische Beziehungen herstellen zu wollen.) Der hebräische Ausdruckemuna bedeutet nun eben die Haltung, die aus der berit hervorgehen muß, und entspricht in diesem Sinn genau dem griechischen Wort pistis. Und emuna ist gemäß der symmetrischen Struktur des Vertrauensverhältnisses sowohl der Glaube der Menschen als auch derjenige Jahwes: So ist pistis in 5 Mose 7,9 (im Griechischen der Septuaginta) das Attribut Gottes par excellence: »So sollst du denn erkennen, daß der Herr, dein Gott, der getreue [pist6s = ne eman] Gott ist, der den Bund hält [diatMke = berit] und die Huld [Neos = hesed] bewahrt denen, die ihn lieben und seine Gebote halten.« An dieser Stelle ist nicht nur die Beziehung von Glaube und Vertrag, von pistis und persönlichem Treuebund zwischen Jahwe und Israel deutlich sichtbar, sondern auch das andere Konzept, das Paulus dem Gesetz und seinen Werken entgegenstellt, nämlich charis, Gnade, die gewissermaßen im hesed, der Güte und der Huld Gottes für seine Gläubigen, einen Vorläufer hat (auch die Septuaginta übersetzt in der Regel hesed mit eleos und charis mit hen). Es dürfte nun klar sein, in welchem Sinne man sagen kann, daß Paulus in der Gegenüberstellung von pistis und nomos nicht einfach nur zwei heterogene Elemente kontrastiert, sondern zwei Figuren, zwei Ebenen oder zwei Elemente im Innern des Rechts - oder eher: des Vor-Rechts - in eine sozusagen spielerische Beziehung zueinander setzt. Worin bestehen diese zwei Ebenen? Wir haben sie schon festgehalten: Paulus nennt die erste epangelia, »Verheißung«, oder diatMke, »Vertrag«, und die zweite ento/i, »Gebot« (oder nomos tön entoMn). Die VerheißungJahwes an Abraham in I Mose 15,18 - die für die Strategie des Paulus so wichtig ist - ist übrigens einfach als diatMke definiert und bezeichnet den ursprünglichen Bund, den Jahwe mit dem Stamm Abrahams schließt und der in jedem Sinne dem Gesetz des Moses vorangeht (deswegen kann sich Paulus in 132
Eph 2.12 auf ihn als diathi~ai tes epangelias. als Bünde der Verheißung. beziehen). Wollt~n wir die Paulinische Antithese in die Sprache des modernen! Rechts übersetzen. so könnten wir sagen. daß Paulus die VerfaSsung gegen das positive Recht oder genauer die Ebene der verf~sungsgebenden Macht gegen diejenige des konstituierten R~chts ausspielt und daß die These Schmitts zur politischen T~eologie (»Alle prägnanten Begriffe der modernen Staatslehre sind säkularisierte theologische Begriffe«) in diesem Sinn eide weitere Bestätigung erfahrt. Die Spaltung zwischen konstit4ierender und konstituierter Macht. die sich in unserer Zeit mit besonderer Deutlichkeit zeigt. hat ihr theologisches Fundameilt in der Paulinischen Spaltung zwischen Glaube und nomos. zw.ischen persönlicher Treue und positiver Verpflichtung. die aus ihr hervorgeht. Aus dieser Perspektive erscheint der Messiani;smus als ein Kampf innerhalb des Rechts. in dem das Elemen~ des Vertrags und der konstituierenden Macht dahin tendiert~ sich dem Element der entoli. der Norm strictu sensu gegenüberzustellen und sich von ihm zu emanzipieren. Der Messian~smus ist also jener historische Prozeß. durch den die archaiscl;1e Verbindung von Recht und Religion. die im horkos. im Schwur. ihr magisches Paradigma besitzt. in die Krise gerät und ~as Element der pistis. des Glaubens an den Vertrag. paradoxerw;eise dazu tendiert. sich von der Verpflichtung und vom positi~en Recht (den nach qem Vertrag ausgeführten Werken) zu emanzipieren.
Daher taucht bei Paulus neben dem Glauben mit Nachdruck eine wbiteres Thema auf, nämlich das Unentgeltlichkeit der Gn4de (charis). Wie - noch einmal Benven*te gezeigt hat (Benveniste 1969. S. 201f.). bedeutet die Gna~e im wesentlichen eine unentgeltliche Leistung. die von den Qbligaten Fesseln der Gegenleistung und des Befehls frei ist. Map mißversteht den Sinn der Gegenüberstellung zwischen G~etz und Gnade (wie sie etwa in 'Röm 6.14 zum Ausdruck kdmmt). wenn man sie nicht in ihrem eigentlichen Kontext verortet. nämlich in jenem Bruch der ursprünglichen Einheit von epangelia und nomos und von Recht
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und Rdigion in der Sphäre des Vor-Rechts. Es geht nicht darum, zwei heterogene Prinzipien einander gegenüberzustellen und die Werke zugunsten des Glaubens auszuschließen, sondern darum, die Aporie zur Kenntnis zu nehmen, die aus diesem Bruch hervorgeht. Was nun nämlich fehlt, ist jenes Band zwischen Religion und Recht, zwischen Leistung und Gegenleistung, zwischen Ausführung und Befehl. Demnach stehen nun auf der einen Seite ein »heiliges, gerechtes und gutes« Gesetzdas aber unausführbar geworden ist und das keine Rettung bewirken kann, d. h. die Sphäre des Rechts im engeren Sinne und auf der anderen Seite ein Glaube, der, obwohl er ursprünglich von einem Vertrag abhängt, fähig ist, eine Rettung »ohne Gesetz« zu produzieren. Während im Vor-Recht Glaube und Recht in magischer Ununterscheidbarkeit vereint waren, gehen sie nun auseinander und lassen zwischen sich den Raum der Unentgelclichkeit entstehen. Der Glaube implizierte in seiner ursprünglichen Sphäre der persönlichen Treue sdbstverständlieh die Vollendung der getreuen, im Schwur definierten Handlungen. Jetzt aber kommt ein Element des Vertrags zum Vorschein, das konstitutiv jede Leistung überschreitet, die seine Forderung befriedigen möchte, und das somit eine Asymmetrie und eine Entkoppdung in das Geserz einführt. Die Verheißung überbietet jede Forderung, die auf ihr gründet, so wie der GlauI> be jede Pflicht zur Gegenleistung überschreitet. Die Gnade ist dieser Überschuß. Während die Gnade immer wieder die beiden Elemente des Vor-Rechts trennt und sie daran hindert, eins zu sein, ~rlaubt sie ihnen auch nicht, sich völlig zu trennen. Die charis, die ihrerseits aus dem Bruch zwischen Glaube und Verpflichtung, zwischen Religion und Recht hervorgeht, markiert aber nicht eine substantielle und abtrennbare Sphäre, sondern kann nur durch eine antagonistische Verbindung zu ihnen bestehen, d. h. als in ihnen wirkende Instanz einer messianischen Forderung, ohne die Recht und Religion auf lange Sicht dazu verurteilt wären zu verkümmern. Daher rührt bei Paulus die komplexe Beziehung zwischen der Sphäre der Gnade und derjenigen des Gesetzes. Diese Beziehung unterliegt nie einem definitiven Bruch. Vielmehr erschei, nen die Gnade als Vollendung der Gerechtigkeit des GesetzeS 134
(Röm 8,4) und das Gesetz ~ls »Pädagoge« hin zum Messianischen (Gal 3>24), der die Aufgabe hat, die Unmöglichkeit seiner eigenen Ausführung hyperb~lisch (kath' hyperbolin) zu zeigen, indem er die Sünde als solcli,e offenlegt (Röm 7,13). Bei Paulus definiert sich das Verhältnis ~wischen Gnade und Sünde, zwischen Unentgeltlichkeit und !Leistung über einen konstitutiven Überschuß (perisseia): »Das ~eschenk der Gnade ist nicht wie die Sünde. [... ] Wenn nämli~h durch die Sünde von nur einem die vielen gestorben sind, h~tten die vielen um so mehr die Gnade Gottes und das GescHenk nur in der Gnade eines einzigen Menschen, des Jesus Me~sias [... ]. Das Gesetz ist dazugekommen, damit die Sünde ztfnehme; wo aber die Sünde zugenommen hat, nahm die Gnaqe im Überfluß zu [hypereperisseusen].« (Röm 5,15-21) An ein~r wichtigen Stelle, die vielleicht noch zu wenig Beachtung gef;unden hat, scheint die Gnade sogar eine wahrhaftige »Souve$nität« (autlzrkeia) des Messianischen gegenüber den Werkeni des Gesetzes darzustellen: »Gott liebt den, der mit Freude gi~t. Gott vermag es, jede Gnade in euch in Überfluß zu bringen, damit sie in allem absolute Souveränität [en panti panto~ pasan autarkeian] hat und ihr überbietet jedes gute Werk« 1(2 Kor 9,7f.). Es sollte deutlich sein, daß autarkeia hier nich~ eine autonome Verfügung über Güter meint, sondern das s04veräne Vermögen, un~ntgeltlich und unabhängig vom Gesetz gute Werke zu vollbringen. Es gibt bei Paulus nicht eigentlich so ej:was wie einen Konflikt zwischen Mächten, sondern nur deren Entkoppelung, aus der die charnsouverän - hervorgeht.
Der juristische - oder vorjuristische - Ursprung des Glaubens und der qrt der Gnade in der Kluft zwiDie bei den Bünde sehen Gla~be und Verpflichtung erlauben es auch, di~ Paulinische Lehre vom» neuen Bund« und der zwei diathikai r~chtig zu verstehen. Dem Gesetz des Moses - der normativen }fiathike - geht die Verheißung Abrahams voraus, die hierarchi~ch über dem Gesetz Mose steht, weil dieses nicht die Macht hat, die Verheißung unwirksam ~u machen (katargein; GaI3,1;7: »das nach vierhundertdreißig 135
Jahren entstandene Gesetz macht den mit Gott geschlossenen Vertrag nicht ungültig und die Verheißung nicht unwirksam«). Das Gesetz der Pflichten und der Werke - das in 2 Kor 3.14 als »alter Bund«. palaia diatMke. definiert wird - wird hingegen durch den Messias unwirksam gemacht. Die kaini diatMke (kaini• .. neu« in jedem Sinn. nicht einfach nea. von geringem Alter). von der Paulus den Korinthern erzählt (I Kor 11.25: .. Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut«. und 2 Kor 3.6: .. er hat uns zu Dienern des neuen Bundes gemacht. nicht des Buchstabens. sondern des Geistes«). stdlt die Erfüllung der Prophetie aus Jer 31.31 dar (» Es werden Tage kommen, sagt der Herr. in denen ich mit dem Haus Israd und dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde«) und geht zugleich auf Abrahams Verheißung zurück. aus der sie ihre legitimation bezieht. In Ga! 4,22-26 entwirft Paulus eine allegorische Genealogie der bei den diatMkai: .. Es steht nämlich geschrieben. daß Abraham zwei Söhne hatte, einen von der Sklavin und einen von der Freien. Aber der von der Sklavin ist nach dem Fleisch geboren, der andere von der Freien durch die Verheißung. Dies sind Allegorien: Es sind zwei Bünde. der eine vom Berg Sinai gebiert für die Sklaverei, das ist Hagar. Hagar ist der Berg Sinai, der in Arabien liegt. Sie entspricht dem Jerusalern von jetzt, sie lebt als Sklavin mit ihren Kindern. Hingegen das Jerusalem von oben ist frei und ist unsere Mutter.« Obwohl die beiden diatMkai auf Abraham zurückgehen, stellen sie zwei verschiedene genealogische Linien dar. Das Gesetz des Moses stammt von Hagar und entspricht der Sklaverei von Befehl und Pflicht; der neue. von Sara stammende Bund entspricht der Freiheit vom Gesetz: epangelia - Abraham Sara
/
(kaini diatheke)
~
Gesetz des Glaubens
katargefn
~
Hagar
(palaÜl diathike) mosaisches Gesetz der Befehle
Die messianische Instanz. die in der historischen Zeit handelt. indem sie das Gesetz des Moses unwirksam macht, geht jenseits von diesem genealogisch auf die Verheißung zurück. Der 136
Raum, der sich zwischen den heiden diathlkai öffnet, ist der Raum der Gnade. Daher kann die kainl diathlke nicht so etwas wie ein geschriebener Text sein;- zu dem sie schließlich aber geworden ist -, der neue und an~ere Vorschriften enthielte. Sie ist, wie es die außerordentliche Stelle vor dem neuen Bund sagt, kein mit Tinte oder auf Steintafeln, sondern ein mit dem Hauch Gottes in die Herzen au~ Fleisch geschriebener Brief d. h. kein Text, sondern das Leb~n der messianischen Gemeinschaft selbst, nicht Schrift, sondern Lebensform: he epistoli hlmOn hymeis este, .ihr seid unser ~rief« (2 Kor 3,2). T Diese aporetische Stellung der Gdade in der Kluft zwischen Glaube und Gesetz macht es verständlich, daß sie in der Geschichte der Kirche zum Streitpunkt werden konnte, der:zum ersten Mal mit Nachdruck in den Streitgesprächen um den Pelagi~nismus in Augustins De natura et gratia zum Vorschein kam. Nach Pelagius wurde die Gnade der menschlichen Natur durch die Erlösung ein f4r allemal mitgegeben. Der Mensch besitzt sie wie ein »unzulässiges« Gut, das nicht verlorengehen kann und das für den Christen immer schon übh der Möglichkeit und der Aktualität der Sünde steht. Die Kirche hingegen wird den unzulässigen Charakter der Gnade behaupten und daher, die Notwendigkeit' eines weiteren Eingriffs hervorheben, um dem Verlost der Gnade durch die Sünde zu begegnen. Wenn man es recht bedeq.kt, entspricht dies der Wiedereinführung eines genuin juristischen T~emas, einer Art Komprorniß zwischen charis und nomos: Der Menscll verliert durch die überschreitung und die Schuld immer wieder jene qnade, die ihrerseits nur die Gegenleistung der Treue zum Vertrag darst~llte. Allgemeiner kann man sagen, daß die Gnade durch die Wiedereinf!ihrung des nomos in die christliche Theologie zu einem ebenso aporetiscqen Oct werden wird wie das Gesetz im Judentum. Es gibt in der christli~hen Dogmatik ein eigentlich kafkaeskes Universum der Gnade, so wie es im Judentum ein kafkaeskes Universum des Gesetzes gibt.
T Es ist nun an der Zeit, Analogien und Differenzen zwischen der Paulinischen cl?aris und dem System der »totalen Gabe und Gnade Leistungen« zJ untersuchen, wie sie von Mauss in seinem EssaY'ijber die Gabe beschrieben werden. Ebenso müssen wir danach fragen, '-'farum Mauss (der neben ethnographischen Materialien doch auch griepüsche, römische und sogar persische Texte zitiert) merkwUrdigerweis~ über diese Sphäre der Unentgeltlichkeit par excellence in unserer Kultur schweigt. Gewiß, Mauss konzipiert die Gabe als ein den utilitaristischen Leistungen vorgängiges 137
Phänomen. Der entscheidende - und zugleich aporetischste - Punkt seiner Lehre ist aber die absolute Unentscheidbarkeit zwischen Gabe und Pflicht. Nicht nur ist die Verpflichtung des Gebers das Wesen des potlach, sondern die Gabe begründet auch beim Empfänger die unbedingte Pflicht zur Gegenleistung. Mehr noch: Mauss beobachtet am Schluß seines Essays, daß die Theorie der totalen Leistungen die Notwendigkeit impliziert, daß die gewöhnlichen Oppositionen (Freiheit/Pflicht; Freigebigkeit/Sparsamkeit; Selbstlosigkeit/Interesse; Luxus/Nützlichkeit) neutralisiert und hybridisiert werden. Wie aus seinen insgesamt sozialdemokratisch-fortschrittlichen Schlußfolgerungen deutlich wird, liefert sein Essay über die Gabe keine Theorie der Unentgeltlichkelt, sondern eine Theorie der paradoxen Verbindung zwischen Unentgeldichkeit und Verpflichtung. (Nichts anderes meinen noch heute diejenigen, die als grundlegendes soziales Paradigma die Gabe anstelle des Vertrags setzen möchten.) Wie wir gesehen haben, sind Glaube und Gnade auch bei Paulus nicht einfach von der Sphäre des Gesetzes losgelöst. Vielmehr stehen sie in einer komplexen Beziehung zu ihr. Aber anders als bei Mauss begründet die Unentgeltlichkeit keine obligate Leistung, sondern wird in bezug auf ·sie als ein irreduzibler Überschuß produziert. Die Gnade ist nicht die Grundlage des Tauschs und der sozialen Verpflichtung, sondern eher deren Unterbrechung. Die messianische Geste begründet nicht, sondern vollendet. Georges Bataille hat diesen konstitutiven Überschuß der Unentgeltlichkeit in seiner Lehre von der Souveränität der unproduktiven Verausgabung (seltsamerweise ohne zu merken, daß dieser Ausdruck schon bei Paulus anzutreffen ist) zu fassen versucht. Dabei verwandelt er aber die Unentgeltlichkeit in eine privilegierte Kategorie von Handlungen (dem Lachen, des Luxus, der Erotik usw.), die in Opposition zu den utilitaristischen Handlungen stehen. Es ist deutlich, daß die Gnade bei Paulus keinen Bereich darstellen kann, der gesondert neben demjenigen der Verpflichtung und des Gesetzes stehen kann: Sie ist nichts anderes als das Vermögen zum Gebrauch der gesamten Sphäre der sozialen Bestimmungen und Leistungen.
Bubers Antithese von emuna und pistis entbehrt demnach einer linguistischen Grundlage: Als Ausdruck einer Haltung, die aus dem Schließen Der geteilte Glaube eines Vertrags resultiert, sind sie wesentlich gleichwertig. Man kann zwischen ihnen daher nicht in im Sinne von einerseits ,,vertrauen haben« und anderseits »für wahr halten« unterscheiden. In seinem der neunten Ausgabe 13 8
der Zwei Glaubensweisen hinz~gefügten Nachwort hat Flusser aber einen anderen Sinn der von Buber vorgebrachten Unterscheidung entdeckt. Er besch\:eibt sie als eine Spaltung des Glaubens innerhalb des Chris~entums. Nach Flusser würden also zwei Glaubenstypen im Christentum zusammenleben, die so schwer zu versöhnen sind, daß sie so etwas wie )lein tragisches innerchristliches Problem datstellen, ein Problem, dessen Reichweite vielleicht die Christ~n erst heute zu begreifen beginnen« (Buber 1994, S. 241). Derhste Glaube ist der Glaube Jesu, die Religion des historischen ~esus, die von ihm mit Worten und Taten verkündet wurde. D~r zweite Glaube ist der Glaube an Jesus Christus, der sich nach iseiner Kreuzigung in der christlichen Gemeinde entfaltet hat jund der mit der Konstruktion der Christologie zusammenfiel. pemnach nahm man als Wahrheit an, daß Jesus der Sohn Gones sei, der zur Erlösung unserer Sünden zum Menschen gemacht wurde und gestorben ist. Lessif\g war der erste, der dieSe Unterscheidung mit Klarheit gesehen hat, und zwar in einem Fragment aus dem Jahre 1780 mit dem Titel Die Religion Chr~sti: .Folglich sind die Religion Christi und die christliche Religion zwei ganz verschiedene Dinge. Jene, die Religi~m Christi, ist diejenige Religion, die er als Mensch selbst erkannte und ü~te (... ]. Diese, die christliche Religion, ist diejenige Religion, die es für wahr annimmt, daß er mehr als Mensch gewesen, und ihn selbst als ~olchen, zu einem Gegenstand ihrer Verehrung macht. Wie beide diese p-eligionen, die Religion Christi sowohl als die Christliche, in Christo als in einer und eben derselben Person bestehen können, ist unbegreiflich. [... ] Wenigstens ist augenscheinlich, daß jene, nemlich die Religion Chtisti, ganz anders in den Evangelien enthalren isr als die Christliche. Die :Religion Christi ist mit den klarsten und deutlichsten Worten darin enthaIren; Die Christliche hingegen so ungewiß und vieldeutig, daß es schwerlich eine einzige Stelle giebt, mit welcher zwei Menschen, so lange al~ die Welt steht, den nemlichen Gedanken verbunden haben .• (Lessing;20oI, S. 223f.)«
Wie zutreffend Lessings Beobac~tung ist, wird noch deutlicher, wenn man nach einer Anregung Flussers aus dieser Perspektive .. die Texte untersucht, aus deneh das Neue Testament zusam'mengesetzt ist: einerseits die Evangelien und die Apostelgeschichte, anderseits die Briefe d~ Paulus, des Johannes, des Ja:kobus usw. Wenn nur letztere überliefert worden wären, wären 139
unsere Informationen zur Person und zum Leben Jesu äußerst fragmentarisch (Paulus sagt fast nichts über den historischen Jesus). Wenn hingegen nur erstere überliefert worden wären, wüßten wir ziemlich wenig von christlicher Theologie und vom christologischen Drama. Das bedeutet, daß wir den Glauben Jesu nur aus den Evangelien kennen, während uns der Glaube an Jesus - d. h. so etwas wie eine pistis im Sinne Bubers - nur aus den anderen Texten bekannt ist. Indem Flusser Lessings Überlegungen mit der Theorie Bubers in Verbindung bringt, erfaßt er eine Antinomie, die für das Verständnis des messianischen Problems und besonders für die Geschichte der christlichen Theologie mit Sicherheit erhellend ist. Das ganze Pseudoproblem vom »messianischen Bewußtsein« Jesu wird ja genau deshalb aufgeworfen, um den Hiat zu verdecken, der sich zwischen diesen beiden Glaubensweisen öffnet. Woran glaubte Jesus? Die Frage nimmt etwas Groteskes an, wenn wir sie wie folgt formulieren: Was konnte es für Jesus bedeuten, an Jesus Christus zu glauben? Wir finden in den Evangelien keine Antwort, und die Stelle aus Mk 8,29 - auch wenn sie nicht interpoliert ist, wie einige nicht ohne gute Gründe behaupten - sagt recht wenig. Jesus fragt seine Schüler: »Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Messias [.I)' ei ho christos]. Doch er verbot ihnen, mit jemandem über ihn zu sprechen.« Dasselbe kann man von den christologischen Streitgesprächen sagen, die die Kirche im 3. Jahrhundert bewegen und die auf dem Konzil von Nicäa im Eingreifen Konstantins gipfeln, der von seinem von Overbeck so genannten persönlichen Friseur Eusebius von Caesarea beraten wurde. Die hier erarbeitete Vermittlung, die zur Formulierung des nizäischen Glaubensbekenntnisses führen sollte, das auch Ihnen noch gelegentlich unterkommen mag (pisteuomen eis hena theon [... ], »wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen [... ] und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn«), ist der mehr oder weniger geglückte Versuch, die zwei Glaubensweisen Bubers und die zwei Religionen Lessings zusammenzuhalten. Wie steht es aber bei Paulus? Kann man auch bei ihm von einer Spaltung des Glaubens sprechen? Ich glaube es nicht. Der
Glaube des Paulus beginnt mit d~r Auferstehung, und Paulus kennt nicht Jesus nach dem Fleisc~, sondern nur Jesus Messias. Die Trennung ist schon im Präskript des Briefes, den wir gerade kommentieren, deutlich: »von seinem Sohn geboren aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, ibestimmt zum Sohn Gottes in der Potenz nach dem Geist der, Heiligkeit aus der Auferstehung von den Toten« (Röm 1,3 f.). Und in 2 Kor 5,16 kann man lesen: »wenn auch wir gekannt hähen (oder: haben) den Messias nach dem Fleisch; jetzt aber kennen wir ihn nicht mehr.« In Übereinstimmung mit der hebräischen Tradition, in der so etwas wie ein »Leben des Messias«: nicht existieren konnte (der Messias - oder wenigstens sein Name - ist vor der Schöpfung der Welt geschaffen worden), ist der wesentliche Inhalt des Paulinischen Glaubens nicht das Leberi Jesu, sondern jesus Messias, am Kreuz gestorben und auferst~nden. Was bedeutet aber: Glaube an Jesus Messias? Auf welche Art und Weise ist hier die Spaltung in Glauben Jesu und Glauben an Jesus immer schon überwunden?
Um diese Fragen zu beantworteni lohnt es sich, von einigen linguistischen Tatsa~hen auszugehen. Die geGlauben an wöhnliche narrative :(1ormel ist in den Evangelien vom Typus •• da sagte! Jesus zu den Jüngern«, »als Jesus in Jerusalern einzog«, »Jesus! ging in den Tempel«. Bei Paulus findet man - mit der offenkundigen Ausnahme in 1 Kor 11,23 - keinerlei diegetischeniAusdrücke dieser Art. Vielmehr benutzt er fast immer die auffällige Formel: kjrios IesoUs christos, »der Herr Jesus Messias«. ~n Apg 9,22 präsentiert uns Lukas den Apostel als denjenigen,! der in den Synagogen behauptet hoti houtos estin ho christos,'»daß jener Oesus) der Messias ist«. Im Text von Paulus finden wir aber diese Formel nirgends - mit der einzigen Ausnahme von Röm 10,9, auf die wir zurückkommen werden. Um seinert Glauben zum Ausdruck zu bringen, benutzt er vielmehr die Wendung pisteuein eis /esoun christ6n, »an Jesus Messias glauben:«. Diese Wendung ist über ihre lateinische Übersetzung zum kanonischen Ausdruck des Glaubens geworden. Im Griechischen ist der Ausdruck aber
merkwürdig: pisteuein wird gewöhnlich mit dem Dativ (jemandem glauben) oder mit dem Akkusativ oder mit hoti und einem Verb verbunden, um den Inhalt des Glaubens zu benennen. Die Formel von Paulus ist um so bedeutsamer, als sie in den Synopsen nie auftaucht und daher seine Konzeption des Glaubens substantiell bestimmt. Es ist, als ob es für Paulus zwischen Jesus und Messias keinen Raum für die Kopula ist gäbe. 1 Kor 2,2 ist charakteristisch: »Denn ich vermeinte nichts unter euch zu wissen außer Jesus Messias«: Er weiß nicht, daß Jesus der Messias ist, er kennt nur fesm Messias. (Daher konnte später das Mißverständnis entstehen, daß dieses Syntagma einen Eigennamen darstellen könnte.)
Aus linguistischer Perspektive ist dieses Syntagma ein Nominalsatz. Die Theorie vom Nominalsatz ist eines der Nomir:talsatz interessantesten Kapitel der Linguistik. Sowohl im Griechischen als auch im Lateinischen - und ebenso im Hebräischen wie im Arabischen - begegnet man oft einer Proposition, die in semantischer Hinsicht als solche gilt, insofern sie eine vollständige Aussage bildet, ohne indes ein Verb zu enthalten. Zwei berühmte Beispiele aus Pindar: skitZs onar Ilnthröpos, »von einem Schatten der Traum der Mensch« (Pyth. VIII, 95) (in den gängigen Übersetzungen: »Der Mensch ist der Traum eines Schattens«), und ariston hydör, »das Beste das Wasser« (01. I, I) (wird gewöhnlich übersetzt mit: »Das Wasser ist das beste«). Mit den Ergebnissen der modernen linguistik - besonders den Arbeiten von Meillet und Benveniste ist nun zu zeigen, daß die gängige Interpretation des Nominalsatzes als eines Satzes, bei dem die Kopula stillschweigend angenommen werde oder als Nullpunkt anwesend sei, schlichtweg falsch ist. Der Nominalsatz und der Satz mit ausdrücklicher Kopula sind nicht nur morphologisch, sondern auch semantisch zu unterscheiden. »Der Nominalsatz und der Satz mit esd drücken nicht in derselben Art und Weise aus und gehören· nicht demselben Register an. Ersterer ist Diskurs, der zweite Narration. Ersterer setzt ein Absolutes, der zweite beschreibt C eine Situation.« (Benveniste 1966, S.165) Man muß Benve-
nistes Unterscheidung philosqphisch weiterdenken. In den indoeuropäischen Sprachen wer~en gewöhnlich zwei grundlegende Bedeutungen des Verbs seifz unterschieden: eine existentielle Bedeutung (die Setzung einerl Existenz: die Welt ist) und eine prädikative Bedeutung (die P~ädikation einer Qualität oder einer Essenz: die Welt ist ewig). Von diesen zwei Bedeutungen stammt die Grundunterschei~ung der Ontologie: Die Ontologie der Existenz und die Ontölogie der Essenz (die Beziehung zwischen beiden ist eine der :Voraussetzung: alles, was gesagt wird, wird nach dem hypokefmenon der Existenz gesagt; vgl. Aristoteles, Kat. 2a 35). Der N~minaIsatz entgeht dieser Unterscheidung und stellt einen dr~tten Typ dar, der nicht auf die beiden anderen reduziert werden kann und der hier bedacht werden muß. Was bedeutet es also, daß ~er Glaube bei Paulus durch den Nominalsatz »Jesus Messias« titnd nicht durch den Verbalsatz I »Jesus ist der Messias« ausged~ückt wird? Paulus glaubt nicht, daß Jesus die Eigenschaft besit~, der Messias zu sein: Er glaubt »Jesus Messias« und Schlu~. Messias ist kein Prädikat, das dem Subjekt Jesus .hinzugefüg~ werden könnte, sondern etwas, das untrennbar von ihm ist, ohne deshalb einen Eigennamen zu bilden. Und dies ist der Gl~ube des Paulus: eine Erfahrung des Seins jenseits sowohl der E4cistenz als auch der Essenz, jenseits sowohl des Subjekts als a~ch des Prädikats. Ist dies aber nicht genau das, was sich in d~r Liebe ereignet? Die Liebe er-
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tig. sie prahlt nicht. sie bläht sich nicht auf, sie ist nicht unanständig. sie sucht nicht das Eigene. sie wird nicht zornig. sie rechnet nicht das Böse. sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit. sie freut sich aber mit der Wahrheit. Alles überdeckt sie. alles glaubt sie. alles hofft sie, alles erträgt sie.« Was ist also die Welt des Glaubens? Nicht eine Welt. die aus Substanz und Qualität gemacht ist. I:1icht eine Welt. in der" das Gras grün und die Sonne warm und der Schnee weiß ist. Nein. sie ist keine Welt der Prädikate. der Existenzen und der Essenzen. sondern eine Welt von untrennbaren Ereignissen. in der ich nicht urteile und glaube. daß der Schn~e weiß und die Sonne warm ist. Vielmehr werde ich verschoben und disloziert in das Der-Schnee-weiß-Sein und in das Die-Sonne-warm-Sein. Eine Welt schließlich. in der ich nicht glaube. daß jener bestimmte Mensch Jesus der Messias ist - der einzige Sohn Gottes. geworden und nicht geschaffen. konsubstantiell mit dem Vater -. sondern in der ich ganz einfach an Jesus Messias glaube. zu dem ich hingezogen und übertragen werden: So. daß »nicht ich lebe. sondern der Messias in mir lebt«.
Man muß gewiß davon ausgehen. daß dieser Glaube bei Paulus zuallererst eine Erfahrung des WorDas Wort des Glaubens tes ist. »Der Glaube aus dem Hören. das Hören durch das Wort des Messias«. halten die zwei dichten Nominalsyntagmen in Röm 10.17 kategorisch fest. Aus der Perspektive des Glaubens bedeutet einem Wort zuzuhören nicht. die Wahrheit eines bestimmten semantischen Inhalts festzulegen. aber auch nicht. einfach auf das Verständnis zu verzichten - das meint implizit die Paulinischen Kritik der Glossolalie in 1 Kor 14. Welches ist also das richtige Verhältnis zum Wort des Glaubens, wie spricht der Glaube und was bedeutet es. dem Wort zuzuhören? Paulus definiert die Erfahrung vom Wort des Glaubens (to rema tes pistelJs) an einer wichtigen Stelle. die es genau zu lesen lohnt (Röm 10.6-10): .Die Gerechtigkeit aus dem Glauben spricht so: Sage nicht in deinem Herzen: Wer wird zum Himmel steigen? Das heißt, den Messias herab-
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holen. Oder: Wer wird in den Abgrund hi~untersteigen? Das heißt, den Messias von den Toten heraufholen. Was a~er sagt sie? Das Wort ist nahe bei dir, in deinem Mund und in deinem Herzen, das ist das Wort des Glaubens [to rema tes pisteösJ, das wir verkünden. Denn wenn du aussprichst [homologeln, wörtlich »dasselbe s~gen«J in deinem Mund den Herrn Jesus und in deinem Herzen glaubst; daß Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet sein. Mit! dem Herzen nämlich glaubt man für die Gerechtigkeit, mit dem Mund ~pricht man für die Rettung.«
Paulus paraphrasiert und emendiert h;ier zugleich 5 Mose 30,II14, wo vom Gesetz die Rede ist, das Gott den Juden gibt: , »Dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte, geht nicht über dich und ist nicht fern von dir. Es ist nicht i~ Himmel, so daß du sagen müßtest: Wer steigt für uns in den Himmel hinauf, holt es herunter und verkündet es uns, damit wir es ausführen können? Es ist auch nicht jenseits des Meeres, so daß du sagen müßt~st: Wer fährt über das Meer, holt es herüber und verkündet es uns, damit wir es ausführen können? Das Wort ist ganz nah bei dir, es ist in d~inem Mund und in deinem Herzen, es liegt in deinen Händen, es auszuführen.« !
Mit gewohnter hermeneutischer dewalt überträgt Paulus, nachdem er soeben festgehalten hat, ~aß der Messias das telos des Gesetzes ist, auf den Glauben und! auf den Messias das, was das Deuteronomium auf das Gesetz de~ Moses bezog. Er setzt so anstelle des Meeres den Abgrund, den ~heol, zu dem der Messias hinuntergestiegen ist, und er tilgt die Anweisung »es liegt in deinen Händen, es auszuführen«, di~ sich auf die Werke des Gesetzes bezog und übrigens eine Hin~ufügung der Septuaginta war. Das Wort in der Nähe, das d~ Wort des Gebotes war, wird nun zum »Wort des Glaubens«. Wnd dieses Wort versucht Paulus genauer zu bestimmen, indem! er die Verse 9-10 hinzufügt: »Denn wenn du in deinem Mund den Herrn Jesus aussprichst ... « Homologein - das Hiero~ymus mit confiteri übersetzt und das seither den technischen Ausdruck für die Verkündigung des Glaubens darstellt - bede\ltet, das Selbe zu sagen, das In-Übereinstimmung-Bringen ein~s Wortes mit einem anderen (und daher eine Vertragsabmachting) oder mit einer Realität (beispielsweise die Übereinstim~ung zwischen logoi und erga, zwischen »Worten« und "Werken«). Bei Paulus verläuft aber die Korrespondenz nicht zwische~ verschi~denen Wörtern 145
oder zwischen Wörtern und Fakten, sondern sozusagen im Wort selbst, zwischen Mund und Herz. Engjs, »nahe«, ist aus dieser Perspektive ein sehr interessantes Wort. Es bedeutet nicht nur Nähe im räumlichen, sondern vornehmlich im zeitlichen Sinne (so etwa auch in Röm I3,U). Die Korrespondenz von Herz und Mund im Wort des Glaubens ist eine Nähe und fast eine Koinzidenz in der Zeit. Anderseits stammt engjs etymologisch von einer Wurzel, die die Leere der Hand und daher das Geben und Legen in die Hand bedeutet. Engjes bedeutet so das Pfand, das man jemandem in die Hände gibt, und ein griechisches Ohr konnte nicht umhinkommen, die Nähe zwischen den beiden Ausdrücken wahrzunehmen - um so mehr, als in Hebr 7,22 Jesus selbst engyos ist, »Btirge eines stärkeren Bundes«. Das Wort des Glaubens zu erfahren bedeutet daher nicht, den denotativen Charakter des Wortes, seine Referenz auf die Dinge zu erfahren. Vielmehr geht es darum, zu erfahren, daß dieses Wort nahe ist, daß es in der Korrespondenz zwischen Mund und Herzen gespannt ist und daß es durch dieses homologein Rettung bewirken kann. Daß Paulus hierfür einmal die Konstruktion von pistmein mit hoti bevorzugt, widerspricht dieser sozusagen autoreferentiellen Eigenschaft im Wort des Glaubens keineswegs: Wie wenig später spezifiziert wird, handelt es sich um eine rein logische Gliederung der rettenden Wirkung des Wortes in zwei Momente: Der Glaube im Herzen ist weder ein Für-wahr-Halten noch die Beschreibung eines inneren Zustandes, sondern betrifft die Legitimation. Erst das Aussprechen im Mund vollendet die Rettung. Weder Glossolalie ohne Bedeutung noch einfach referentielles Wort: Vielmehr erwirkt das Wort des Glaubens seinen Sinn durch sein eigenes Ausgesprochenwerden. Wir müssen hier an so etwas wie eine performative Wirkung im Wort des Glaubens denken, die im Aussprechen selbst in der Nähe von Mund und Herzen realisiert wird.
Seit Austin in seinem Buch How to do things with words (1962) die Kategorie des Performativen definiert hat, haben ihr nicht nur Linguisten, sqndern auch Performativ Philosophen· und Juristen ein zune~mendes Interesse entgegengebracht. Das Performative ist eine sprachliche Aussage, die nicht etwas beschreibt; sondern unmittelbar eine reale Tatsache produziert. Das Paradbx (das die analytische Philosophie in der Formel speech act, »Sprechakt« kurz zusammenfaßt) besteht hier darin, daß die ~edeutung einer Äußerung (beispielsweise der Syntagmen ich schwöre, ich erkläre, ich verspreche) mit einer Realität zusammenfällt, die die Äußerung selbst durch deren Ausgesprochenwerden realisiert (daher kann das Performative weder wahr noch falsch sein). In seinem Kommentar zu Austins Thesen unterschc:;idet Benveniste das Performative im eigentlichen Sinn von anderen sprachlichen Kategorien, mit denen sie der Philosoph verwechselt hatte (den Imperativ »Öffne die Tür!« oder das Signal »Hund« an einem Tor). Dabei beobachtet er, daß die perf~rmative Äußerung nur in einem gegebenen Rahmen, der sie ;ps Akt autorisiert und ihre Wirksamkeit garantiert, ihren Wert erhält. »Jedermann kann auf einem öffentlichen Platz verkün~en: Ich beschließe die Mobilmachung! Da einer solchen Äußerung die nötige Autorität fehlt und sie daher kein Akt sein kann, ist sie nur parole; sie beschränkt sich darauf, ein unnützer Lärm, ein Scherz, eine Verrücktheit zu sein.« (Benveniste 1966, S. 273) Damit unterstreicht der große Lim.guist die enge Verbindung zwischen der Sphäre des Perform:i.tiven und derjenigen des Rechts (die auch über die etymologische Nähe von ius und iurare bezeugt ist). Man kann das Recht als jenen Bereich bestimmen, in dem die ganze Sprache: dazu tendiert, performativ zu werden. Mit Worten Dinge zu tUh ist also keine unschuldige Angelegenheit. Das Recht kann sogar als ein Residuum eines magisch-juristischen Stadiums der: menschlichen Existenz in der Sprache betrachtet werden, in' dem Worte und Fakten, sprachlicher Ausdruck und reale Wirkung zusammenfielen. Wie aber realisiert das Performa~ive seinen Zweck? Was erlaubt es einem bestimmten Syntagma, daß es allein durch sein Ausgesprochenwerden eine Wirkung erzielt und die alte Lehre, 147
die Wort und Tun durch einen Abgrund trennt, verwirft? Die Linguisten sprechen es nicht aus, als stießen sie hier an eine letzte wirklich magische Schicht der Sprache - als würden sie wirklich an die Magie glauben. Gewiß ist hier die autoreferentielle Eigenschaft jeder performativen Äußerung grundlegend. Diese Autoreferentialität erschöpft sich aber nieht darin, daß sich das Performative, wie Bepveniste beobachtet hat, selbst zum Referenten nimmt, insofern es auf eine Realität verweist, die es selbst herstellt. Vielmehr muß man präzisieren, daß sich die Autoreferentialität des Performativen stets durch die Aufhebung der denotativen Eigenschaft der Sprache konstituiert. Das performative Verb stellt sich notwendigerweise über ein dictum her, das für sich genommen rein konstativer Natur ist und ohne das das Performative leer und unwirksam bleibt (ich schwäre, ich beschließe haben keinen Wert, wenn ihnen nicht ein dictum I> folgt oder vorausgeht, das sie füllt). Dieser konstative Charakter des dictum wird genau in dem Augenblick aufgehoben und in Frage gestellt, in dem es zum Gegenstand eines performativen Syntagmas wird. So sind die Äußerungen »gestern war ich in. Rom« oder »die Bevölkerung ist mobilisiert« keine Konstative mehr, wenn ihnen die entsprechenden Performative ich schwöre, ich beschließe vorausgehen. Das Performative ersetzt also die normale denotative Beziehung zwischen Wort und Ding durch eine autoreferentielle Beziehung, indem es erstere aus dem Spid nimmt und sich selbst als entscheidendes Faktum einsetzt. Dabei ist nicht so sehr die Wahrheitsbeziehung zwischen Wort und Ding wichtig, vielmehr wird nun die reine Form der Beziehung zwischen Sprache und Welt ihrerseits zum Ausgangspunkt realer Bindungen und Effekte. So wie im Ausnahmezustand das, Gesetz seine eigene Anwendung nur deshalb aufhebt, um seine Geltung im Normalfall zu begründen, so hebt die Sprache im Performativen ihre Denotation deshalb auf, um ihre Verbindung zu den Dingen zu begründen. Die antike Formel des: Zwölftafelgesetzes und die in ihr zum Ausdruck kommende performative Potenz des Rechts (uti lingua nuncupassit, ita iut esto, »wie es die Sprache ausgesprochen hat, so sei das Recht«) bedeutet aber nicht, daß das Gesagte das faktisch Wahre ist" sondern nur, daß das dictum selbst ein factum ist und daß es als; 148
solches diejenigen Personen verpflichtet, vor denen es ausge. sprochen wurde. Das bedeutet, daß das Performative eine Phase der menschlichen Kultur bezeugt, in der die Sprache nicht auf der Grundlage einer konstativen oder veritativ~n Beziehung - wie wir es zu denken gewohnt sind -, sonder~ durch ein besonderes Verfahren auf die Dinge referiert, in derp das Wort als die grundlegende Tatsache auf sich selbst sch~ört. Man kann sogar sagen, daß die denotative Beziehung zWlschen Sprache und Welt ganz einfach das Resultat eines Bruchs !nit der ursprünglich magischperformativen Beziehung zwischen Wort und Ding ist. Wie müssen wir nun das Paulinische homologein verstehen, wenn wir es in Bezug zu dieser Sphäre des Performativen setzen, das sein präjuristisches Paradigma, im Schwur hat? Michel Foucault hat in den letzten Jahren sdnes Lebens an einem Buch über das Geständnis gearbeitet, d:is unter anderem in einer Vorlesung von 1981 an der KatholisqlIen Universität von Louvain Spuren hinterlassen hat. Foucault!betrachtet das Geständnis im Rahmen der von ihm so genannter» Formen der Wahrsagung«. Dabei ist nicht so sehr der Inhalt ider Aussage wichtig, als vielmehr das Aussprechen des Wahre~ selbst. Dieser Akt ist in gewisser Weise performativ, da siC# das Subjekt im Geständnis an die eigene Wahrheit bindet u~d so seine Beziehung zu den anderen und zu sich selbst veränqert. Foucault beginnt in der Vorlesung von Louvain damit, das, Geständnis vom Schwur abzugrenzen, der in der Antike die archaische Form des Prozesses repräsentiert. Bevor er sodann das. Geständnis im Modernisierungsprozeß untersucht, widmet ~, sich der Praxis der christlichen exomolOgesis, d. h. dem bußf~rtigen Geständnis der Sünden, das im Verlauf des 12. und H. Jahrhunderts formalisiert wird. Zwischen den beiden »For~en der Wahrsagung« - dem Performativen des Schwures und qemjenigen der Buße gibt es aber noch eine weitere Form, die v~n Foucault unbefragt bleibt und die genau das Glaubensbeken~tnis ist, das sich in unserer Paulus-Stelle dokumentiert findet. Das performativum fidei stellt zwischen dem Performativen qes Schwurs und demjenigen der Buße die ursprüngliche messianische - d. h. christliche Erfahrung des Wortes dar. 149
Welche Beziehung besteht zwischen dem performativum fidei und den Performativa des Schwurs und der Performat;vum fide; Buße? Wie bei jedem Sprechakt geht auch für Paulus das Wort des Glaubens auf eine Ebene jenseits der denotativen Beziehung zwischen Sprache und Welt, auf einen anderen und ursprünglicheren Rang des Wortes zurück. Auch für P~ulus besteht die homologfa nicht zwischen Wort und Ding, sondern innerhalb der Sprache selbst, in der Nähe von Mund und Herz. Jede Offenbarung ist immer zuallererst Offenbarung der Sprache selbst, Erfahrung eines reinen Ereignisses des Wortes, das jede Bedeutung überschreitet und gleichwohl von zwei entgegengesetzten Spannungen belebt ist: Die erste wird von Paulus nomos genannt. Der nomos versucht, den Überschuß zu begrenzen, indem er ihn nach Vorschriften und semantischen Inhalten artikuliert. Die zweite Spannung hingegen fällt mit der pistis zusammen und ist darauf gerichtet, den Überschuß jenseits jeder bestimmten Bedeutung offenzuhalten. Es gibt entsprechend zwei Arten, hinter die denotative Beziehung zurückzugehen, um zu einer Erfahrung des Sprachereignisses zu gelangen: Die erste folgt dem Paradigma des Schwures und versucht die Erfahrung von Begrenzung und Verpflichtung zu begründen. Die zweite Art hingegen öffnet in der Erfahrung des reinen Wortes den Raum der Unentgeltlichkeit und des Gebrauchs. Diese zweite Art drückt die Freiheit des Subjekts aus (Gal2,4: »unsere Freiheit, die wir im Messias haben«), die erste hingegen dessen Unterdrückung in einem kodifizierten System von Normen und Glaubensartikeln. (Schon in den Symbolen der Konzile im 4. Jahrhundert beginnt sich der Akzent zu verschieben: vom Akt des homologefn und von der Erfahrung des nahen Wortes hin zum dogmatisch behaupteten Inhalt des Glaubens.) Wie die Geschichte der Kirche - aber auch der societas humana in ihrer Gesamtheit - deutlich zeigt, ist die Dialektik dieser beiden Erfahrungen des Wortes grundlegend. Wenn die zweite Art - wie es fatalerweise geschieht und wie es heute wieder zu geschehen scheint - unwichtig wird und ausschließlich das Wort des nomos herrscht, wenn das performativum fidei gänzlich vom performativum S4-' cramenti verdeckt wird, dann wird das Gesetz selbst starr, ver" 150
kümmert die Beziehung unter den Menschen und verliert jede Gnade und jede Vitalität. Die vollständige Juridisierung der menschlichen Verhältnisse, ·~ie Verwirrung von dem, was wir glauben, hoffen und lieben können, und von dem, was wir machen müssen und machen dürfen, was wir wissen und nicht wissen, bedeutet nicht nur dte Krise der Religion, sondern auch und zuallererst die Krise dd Rechts; Das Messianische ist die sowohl rdigiöse als auch r~chtliche Instanz einer Forderung nach Vollendung, die Ursp~ung und Ende in eine Spannung versetzt und die beiden Hälften des Vor-Rechts ihrer präjuristisehen Einheit zurückgibt un~ zugleich die Unmöglichkeit ihrer Koinzidenz ausstellt. (Dahet ist die aktuelle Unterteilung in laizistische Staaten, die einzig auf dem Recht gründen, und in fundamentalistische Staaten,; die einzig auf der Rdigion gründen, nur vordergründig und verdeckt densdben politischen Niedergang.) Mit dem Messianischen ist - jenseits des VorRechts - eine Erfahrung des :Wortes angezeigt, das sich - ohne denotativ an die Dinge geb4nden zu sein und ohne sdbst als ein Ding zu gelten; ohne in scHner Offenheit unbestimmt aufgehoben zu sein und ohne sich Im Dogma zu schließen - als reine und allgemeine Potenz des $agens vorstellt und das fähig ist, einen freien und unentgdtliehen Gebrauch der Zeit und der Welt zu gewähren. (:) Schon im Kommentar von Origenes kann man eine Interpretation vom .Wort des Glaubens« aus R~m IO,9f. als einer Potenz finden, die nur als Potenz existiert. Aristote- Das nahe Wort lesunterschied in De anima (417:( 21ff.) zwei Arten von Potenz: eine allgemeine Potehz, wonach wir sagen können, daß ein Kind Grammatiker, Handwerker ;oder Pilot werden kann, und eine Potenz der Wirkung (oder nach dei- hexis), die mit dem konkurriert, was sich schon im Akt befindet. In ers~erer impliziere der übergang zum Akt Erschöpfung und Zerstörung der Potenz, in letzterer hingegen kann man eher so etwas wie eine Bewahrung (söteria) der Potenz im Akt und eine . Auslieferung der Potenz an sich ~dbst (epidosis eis heautö) beobachten. . Origenes wendet die Aristotelische: Unterscheidung auf den Paulinischen Text an und stellt der rein virtuell~n Nähe des göttlichen Wortes diejenige gegenüber, die nun effektiv in: demjenigen existiert (efficacia vel efficentia), der in seinem Mund das' Wort des Glaubens ausspricht: .Auf . . diese Weise ist also auch anzunehll).en, daß Christus, der das Wore Gottes
ist. der Möglichkeit nach nahe bei uns. das heißt bei jedem Menschen. ist. so wie die Vernunft dem Kind.nahe ist. Der Wirkung nach aber kann man dann von seiner Gegenwart in mir sprechen. wenn ich Jesus Christus mit meinem Mund bekenne und in meinem Herzen glaube. daß Gott ihn von den Toten auferweckt hat.« (Origenes 1990-1999. Bd. 4. S.203f.) Das Wort des Glaubens zeigt sich hier als effektive Erfahrung einer reinen Potenz des Sagens. die als solche weder mit einer denotativen Proposition noch mit dem pertormativen Wert einer Äußerung zusammenfällt. Vielmehr zeigt es sich als absolute Nähe des Wortes. Man versteht nun. warum die messianische Potenz bei Paulus ihr telos in der Schwäche hat. Der Akt einer reinen Potenz des Sagens als solcher. ein Wort. das sich stets in der Nähe seiner selbst hält. kann weder ein bedeutendes Wort sein. das wahre Aussagen über Zustände trifft. noch ein juristisches Performativum. das sich selbst als Tatsache setzt. Es gibt keinen Inhalt des Glaubens. Das Wort des Glaubens auszusprechen bedeutet nicht. wahre Aussagen über Gott und die Welt zu verkünden. An Jesus Messias zu glauben. bedeutet nicht. etwaS von ihm zu glauben. legein ti katlt tinos - und der Versuch der Konzile. in den sjmbola einen Inhalt des Glaubens zu formulieren. kann in diesem Sinne nur als eine erhabene Ironie gelten. Messianisch und schwach ist jene Potenz des Sagens. die sich in der Nähe des Wortes hält und nicht nur alles Gesagte. sondern auch den Akt des Sagens selbst. die performative Kraft der Sprache selbst überschreitet. Sie ist jener Rest einer Potenz. der sich im Akt nicht erschöpft. sondern immer wieder bewahrt wird und in ihm zurückbleibt. Wenn dieser Rest einer Potenz in diesem Sinn schwach ist. wenn er weder in ein Wissen oder in ein Dogma überführt werden noch als Recht gelten kann. so ist er doch weder passiv noch untätig: Im Gegenteil agiert er genau durch seine Schwäche und macht das Wort des GesetzeS unwirksam. indem er Rechts- und Wirklichkeitszustände fallenläßt. Genau dadurch wird der Rest fähig. diese Zustände frei zu gebrauchen. Daß diese Potenz aber ihr telos in der Schwäche hat. bedeutet. daß sie nicht einfach in einem unendlichen Aufschub aufgehoben ist. Vielmehr richtet sie sich auf sich selbst und erfüllt und deaktiviert den überschuß des Bedeutens über jede Bedeutung. sie löscht die Sprachen (I Kor 13.8). Auf diese Weise ist sie Zeuge dessen. was im Gebrauch für immer unausgesprochen und unbedeutend nahe b~im Wort bleibt.
Schwell~
oder tornada
Bestimmt erinnern Sie sich:an das Bild vom buckligen Zwerg aus der ersten von Benjamins Thesen Ober den Begriff der Geschichte: Dieser Zwerg sjtzt versteckt unter dem Schachbrett und verhilft mit seinen Gegenzügen der mechanischen Puppe in türkischer Tracht ~um Sieg. Benjamin gewinnt dieses Bild aus einer Erzählung Po'es. Bei seiner Übertragung auf geschichtsphilosophisches Tertain fügt er aber hinzu, daß jener Zwerg in der Wirklichkeit idie Theologie ist, »die heute bekanntlich klein und häßlich list und sich ohnehin nicht blicken lassen darf«. Wenn der historische Materialismus die Theologie in seinen Dienst nehme, dann könne er das historische Spiel gegen seine furchteinBößenden Gegner gewinnen. Auf diese Weise legt uns Benjamin nahe, den Text der Thesen selbst als ein Schachbrett zu betrachten, auf dem sich eine entscheidende theoretische Schlacht abspielt. Diese Schlacht, so muß man in diesem Fall ve~muten, wird mit der Hilfe eines Theologen geführt, der zwis~en den Zeilen versteckt ist. Wer ist dieser bucklige Theologe~ den der Autor so gut in seinem Text versteckt hat, daß er bislang unerkannt geblieben ist? Und ist es möglich, in den The~en Andeutungen und Spuren zu finden, die es erlauben, dem!, was sich auf keinen Fall blicken lassen darf, einen Namen zu geben?
In einer Notiz aus dem Konvolut N seines Zettelkastens, das erkenntnistheoretische Überlegungen enthält, schreibt Benjamin: »Diese Arbeit muß die Kunst, ohne Anf'üh- Zitat rungszeichen zu zitieren, zut höchsten Höhe entwikkein.« (Benjamin GS VII, 5.: 572) Wie Sie wissen, nimmt das Zitat bei Benjamin eine strategische Funktion ein. So wie es zwischen den vergangenen 4nd gegenwärtigen Generationen eine heimliche Verabredung gibt, so gibt es vergleichbar auch zwischen den vergangenen uJnd gegenwärtigen Schriften eine Verabredung. Die Zitate bilden dabei sozusagen das Verbin153
dungsglied ihrer Begegnung. Es überrascht daher nicht. daß die Zitate ihre Arbeit diskret und bisweilen inkognito verrichten müssen. Diese Arbeit ist nicht so sehr eine der Bewahrung. sondern eine der Zerstörung: »Das Zitat«. so heißt es im KrausEssay. »ruft das Wort beim Namen auf, bricht es zerstörend aus dem Zusammenhang.« (Benjamin GS IIh. S. 363) In seinem Essay Was ist das epische Theater? schreibt Benjamin: »Einen Text zitieren. schließt ein: seinen Zusammenhang unterbrechen.« (Benjamin GS IIh. S. 536). Brechts episches Theater. auf das sich Benjamin bezieht. nimmt sich vor. Gesten zitierbar zu machen. »Seine Gebärden muß der Schauspieler sperren können wie ein Setzer die Worte.« (Ebd.) Das Verb sperren bezeichnet in der Typographie die - nicht nur deutsche - Konvention. zwischen den Buchstaben eines Wortes. das man hervorheben will. mehr Raum zu lassen. statt es zu kursivieren. Immer wenn Benjamin die Schreibmaschine in seinen Dienst nimmt. greift er auf diese Konvention zurück. Aus paläographischer Perspektive handelt es sich bei den Sperrungen um das Gegenteil der Abkürzungen. die die Kopisten für bestimmte wiederkehrende Wörter benutzten. die man gewissermaßen nicht zu lesen brauchte (oder die man. wenn man an die nomina sacra von Traube denkt. nicht lesen durfte). Die gesperrten Ausdrücke hingegen werden sozusagen hypergelesen. zweimal gelesen - und diese doppelte Lektüre kann. wie Benjamin nahelegt. jener palimpsestartigen Lektüre des Zitats entsprechen. Wenn man einen Blick auf das Handexemptar der Thesen wirft. so kann man sehen. daß Benjamin schon in der zweiteri These auf diese Konvention zurückgreift. In der vierten Zeile von unten kann man lesen: Dann ist uns wie jedem Geschlecht.
das vor uns war, eine schwache messianische Kraft mitgegeben. Warum ist >schwache< gesperrt? Welche Art der Zitierbarkeit steht zur Diskussion? Und warum ist die messianische Kraft. die für Benjamin die Erlösung der Vergangenheit herbeiführen kann. schwach? Nun. ich kenne nur einen Text. der die Schwäche der messia-. nischen Kraft ausdrücklich theoretisiert. Ich meine. sie werden es ahnen. die Passage in 2 Kor 12.9f.. die wir mehrmals kom154
mentiert haben. Wo Paulus ddn Messias bittet, ihn vom Dorn des Fleisches zu befreien, wird ~hm geantwortet: he gar dynamis en asthenefa teleftai, »die PoteAz wird in der Schwäche vollendet«. Und der Apostel fährt foh: »Daher finde ich Gefallen an Schwächen, an Mißhandlungeh, an Notlagen, an Verfolgungen und Bedrängnissen für den M4sias; wenn ich nämlich schwach bin, dann bin ich vermögend [dynatos].« Daß es sich dabei um ein tatsächliches Zitat ohne At1führungszeichen handdt, findet in der Übersetzung von Luth~r, die Benjamin wahrscheinlich vorlag, eine Bestätigung. Wäh!rend Hieronymus mit virtus in infirmitate perftcitur übersetzt, $chreibt Luther, wie die meisten Übersetzer nach ihm, denn r1ein Kraft ist in den schwachen Mechtig. Beide Ausdrücke (KraJt und schwache) sind bei Benjamin anzutreffen: Es ist die Hy,perlesbarkeit der Thesen, diese heimliche Anwesenheit des Pa~linischen Textes in ihnen, die die Sperrung unaufdringlich a.n:zeigen will. Man wird verstehen, daß dieses - freilich nicht allzusehr - versteckte Paulinische Zitat in deJil Thesen mich nicht wenig berühre hat. Sovid ich weiß, ist i Taubes der einzige, der einen Einfluß von Paulus auf Benja~in in Erwägung gezogen hat. Seine Vermutung steht aber im Zusammenhang mit einem Text vom Anfang der 20er Jahre, d~m Theologisch-politischen Fragment, das er in Beziehung zu R~m 8,19-23 setzt. Seine Intuition ist bestimmt richtig. Gleichwo~l kann man in diesem Fall nicht von einem Zitat. sprechen (auß~r vidleicht bei dem Benjaminsehen Ausdruck Vergängnis, de~ dem lutherischen vergengliches wesen aus Vers 21 entsprechen! könnte), sondern es gibt zwischen den beiden Texten subst~ntielle Unterschiede. Während nämlich bei Paulus die Schöpf~ng gegen ihren Willen der Ver-. gänglichkeit und der Zerstörung unterworfen ist und deswegen in Erwartung auf Erlösung seu(zt und leidet, ist bei Benjamin die Natur durch eine geniale U~kehrung gerade aufgrund ihrer ewigen und totalen Vergänglichkeit messianisch. Und der Rhythmus dieser messianischen!Vergänglichkeit ist das Glück.
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Walter Benjamin, Handexemplar der Thesen Ober den Begriff der Geschichte, These 2
Walter Benjamin, Handexemplar der Thesen Über den Begriff der Geschichte, These 2 157
Mit der Entdeckung des Paulinischen Zitats in der zweiten These (ich erinnere daran, daß die Thesen Ober den Begriff Bild der Geschichte eine der letzten Schriften Benjamins sind und eine Art testamentarische Zusammenfassung seiner messianischen Geschichtskonzeption darstellen) ist der Weg frei, den buckligen Theologen zu benennen, der heimlich die Hände der Puppe mit dem Namen >historischer Materialismus( lenkt. Zu den rätselhaftesten Begriffen des späten Benjaminschen Denkens gehört das Bild. Es taucht in den Thesen mehrmals auf, besonders in der fünften, in der steht: »Das wahre Bild der Vergangenheit huscht vorbei. Nur als Bild, das aufNimmerwiedersehen im Augenblick seiner Erkennbarkeit eben aufblitzt, ist die Vergangenheit festzuhalten. [ ... ) Denn es ist ein unwiederbringliches Bild der Vergangenheit, das mit jeder Gegenwart zu verschwinden droht, die sich nicht als in ihm gemeint erkannte.« Es gibt verschiedene Aufzeichnungen, in denen Benjamin diesen regelrechten Terminus technicus seiner Geschichtskonzeption zu definieren versucht, aber vielleicht ist keine so deutlich wie Ms 474: »Nicht so ist es, daß das Vergangene sein Licht auf das Gegenwärtige oder das Gegenwärtige sein Licht auf das Vergangene wirft, sondern Bild ist dasjenige, worin die Vergangenheit mit der Gegenwart zu einer Konstellation zusammentritt. Während die Beziehung des Einst zum Jetzt eine (kontinuierliche) rein zeitliche ist, ist die der Vergangenheit zur Gegenwart eine dialektische, sprunghafte.« (Benjamin GS I13, S. 1243) Bild bezeichnet daher für Benjamin alles (einen Gegenstand, ein Kunstwerk, einen Text, eine Erinnerung oder ein Dokument), in dem ein Augenblick der Vergangenheit und ein Augenblick der Gegenwart zu einer Konstellation zusammentre" ten, in dem sich die Gegenwart in der Vergangenheit erkennen muß und letztere in ersterer ihre Bedeutung und Vollendung erfährt. Wir haben schon bei Paulus eine ähnliche Konstellation zwischen Vergangenheit und Zukunft angetroffen und sie als »typologische Beziehung« bestimmt. Auch hier muß ein Augen" blick der Vergangenheit (Adam, die Durchquerung des Roten Meeres, das Manna usw.) als typos der messianischen Zeit er' kannt werden: Wie wir gesehen haben, ist der messianisch~; 158
kairos genau diese Beziehung. Warum aber spricht Benjamin von Bild und nicht von Typl!Is oder Figur (das ist der Ausdruck der Vu~ata). Nun, wir habep eine Textstelle vorliegen, die wir wieder als Zitat ohne Anf'ülirungszeichen bezeichnen können: Luther übersetzt Röm 5,14 Ctypos tou metlontos) mit welcher ist ein Bilde des der zukunfJtig war (I Kor 10,6 wird mit Furbilde, anntypos in Heb 9,24 mit Gekenbilde wiedergegeben). Übrigens greift Benjamin auch in dies~r These auf die Sperrung zurück, er verschiebt sie aber um drei Wörter nach Bild auf einen Ausdruck, der keinerlei Hervor~ebung zu benötigen scheint: das wahre Bild der Vergangenhei,t huscht vorbei - was natürlich auch eine Anspielung auf 1 Kor 7,31 sein kann: paragei gar to schema tou kosmou toutou, »e~ vergeht nämlich die Gestalt dieser Welt«. Vielleicht hat Benjam~n aus dieser Stelle die Überlegung gewonnen, daß das Bild deri Vergangenheit für immer zu verschwinden droht, wenn sich die Gegenwart nicht in ihm erkennt. Sie erinnern sich, daß in d~n Briefen des Paulus das Konzept des typos eng mit demjenigen: der anakephalaiosis, der Rekapitulation, verbunden ist, das zusJammen mit ersterem die messianische Zeit bestimmt. Auch di~ses Konzept ist in Benjamins Text an besonders bedeutsamer S(elle zu finden, und zwar am Ende der letzten These (die nach d~m Fund des Handexemplars nicht mehr die achtzehnte, sondetn die neunzehnte ist). Lesen wir die Stelle: Die Jetztzeit, die als Modell der messianischen in einer ungeheuren Abbreviatur die G~schichte der ganzen Menschheit zusammenfoßt, flillt haarscharf'mit der Figur zusammen, die die Geschichte der Menschheit im iUniversum macht. Zunächst einige Bemerkungen zum Ausdruck Jetztzeit. Das Wort steht in einem derMa~uskripte, das schon im Besitz von Hannah Arendt w~r, dem einzigen Manu- jetztzeit skript übrigens im technisch~n Sinne. Hier steht das Wort bei seinem ersten Auftteten in der vierzehnten These in },mführungszeichen (beim S~hreiben von Hand ist es nicht möglich zu sperren). Das hatt~ den ersten italienischen Übersetierder Thesen, Renato Soltni, dazu verleitet, den Ausdruck 159
mit »tempo-ora« wiederzugeben, was zwar gewiß willkürlich ist (insofern der Ausdruck im Deutschen einfach eine Aktualität bedeutet), aber trotzdem etwas von Benjamins Intention erfiißt. Nach allem, was wir im Seminar über ho nyn kairos als technische Bezeichnung für die messianische Zeit bei Paulus gesagt haben, ist es nicht mehr möglich, die wörtliche Korrespondenz zwischen den beiden Ausdrücken (»die-jetzt-Zeit«) nicht zu bemerken - um so mehr als die jüngste Geschichte des Ausdrucks im Deurschen gewöhnlich eine negative und ancimessianische Konnotation zeigt: Sowohl bei Schopenhauer (»Es [das Zeitalter] nennt sich mit einem seiner selbstgemachten Worte so charakteristisch wie euphonisch die >Jerztzeit<: jawohl: Jetztzeit, d. h. da man nur an das Jetzt denkt und keinen Blick auf die kommende und richtende Zeit zu werfen mag« [Schopenhauer 1963, S. 213 f.]) als auch bei Heidegger (»Wir nennen die in solcher Weise (das heißt die Jetzt zählende) im Uhrgebrauch >gesichtete< Weltzeit die Jetzt-Zeit. [In der Jetzt-Zeit wird] die ekstatisch-horizontale Verfassung der Zeitlichkeit durch diese Verdeckung nivelliert« [Heidegger 1967, S. 421 f.]). Benjamin verkehrt diese negative Konnotation in ihr Gegenteil, um dem Ausdruck seinen paradigmatischen Charakter für die messianische Zeit wiederzugeben, den er im ho nyn kairos bei Paulus besitzt. Aber kehren wir zum Thema der Rekapitulation zurück. Der letzte Satz der These - die messianische Zeit als ungeheure Abbreviatur der ganzen Geschichte - scheint zweifellos Eph 1,10 aufzunehmen (»aUes wird im Messias rekapituliert«). Wenn wir einen Blick auf Luthers Übersetzung werfen, merken wir auch in diesem Fall, dag es sich um ein Zitat ohne Anführungszeichen handelt: alle ding zusamen verfasset würde in Christo. Dasselbe Verb (zusammenfassen) entspricht in beiden Fällen dem Paulinischen anakephalaidsasthai. Als Belege fUr eine nicht nur konzeptuelIe, sondern auch textuelle Korrespondenz zwischen den Thesen und den Briefen mägen diese Indizien reichen. Aus dieser Perspektive scheint das gesamte Vokabular der Thesen genuin paulinischer Prägung zu sein. Und es überrascht nicht, daß der Ausdruck ErLäsungein absolut zentraler BegrifF fur Benjamins Konzeption der hi160
storischen Erkenntnis - derselbe ist, mit dem Luther das in den Paulinischen Briefen ebenso wichtige apoljtrosis wiedergibt. Sei nun dieses Konzept bei Paulus hellenistischen (nach einem Vorschlag von Deissmann die Befreiung der Sklaven durch die Gottheit) oder jüdischen oder, was wahrscheinlicher ist, doppelten Ursprungs: In jedem Fall scheint die Ausrichtung auf die Vergangenheit, die Benjamins Messianismus kennzeichnet, ihren Maßstab in Paulus zu haben. Es gibt aber noch ein anderes, diesmal äußeres Indiz. Es lägt den Schluß zu, daß Scholem selbst von dieser Nähe von Benjamins Denken zu demjenigen des Paulus wußte. Scholems Haltung zu Paulus, den er als Autor sehr gut kennt und den er als »hervorragendstes Beispiel eines revolutionären jüdischen Mystikers« definiert (Scholem 1980, S. 25), ist gewiß nicht frei von Zweideutigkeiten. Jedenfalls dürfte es ihn beunruhigt haben, in mancher Hinsicht in den messianischen Spekulationen seines Freundes eine paulinische Inspiration zu entdecken, und gewiß hätte er nicht gern darüber gesprochen. Und doch gibt es in einem seiner BUcher eine Stelle, wo er sogar, wenn auch kryptisch und mit derselben Vorsicht, mit der er im Buch über Sabbatai Zewi eine Verbindung zwischen Paulus und Nathan von Gaza herstellt, die Vermutung vorbringt, daß sich Benjamin mit Paulus identifizieren könnte. Die Stelle findet sich in seiner Interpretation von Agesilaus Santander, jener rätselhaften, von Benjamin im August 1933 auf Ibiza niedergeschriebenen AufZeichnung. Scholems Interpretation geht von der Annahme aus, daß der Name Agesilaus !3antander, den Benjamin auf sich selbst zu beziehen scheint, in Wahrheit ein Anagramm von der Angelus Satanas sei. Wenn Sie den angelos satana als »Dorn im Fleisch« aus 2 Kor 12,7 nicht vergessen haben, werden Sie nicht erstaunt sein, daß Scholem als mögliche Quelle Benjamins gerade auf diese Stelle verweist. Die Andeutung ist kursivierr und wird an keiner Stelle wiederholr. Wenn man aber den Umstand bedenkt, daß sowohl Benjamins AufZeichnung als auch die Paulinische Stelle stark autobiographisch sind, so liegt es nahe, daß Scholem hier andeuten will, daß sich der Freund, indem er seine heimliche Beziehung zum Engel beschwört, irgendwie mit Paulus identifiziert. 161
Wie auch immer: Ich glaube, daß die Thesen und die Brieft, diese beiden höchsten messianischen Texte unserer Tradition, die zweitausend Jahre voneinander trennen und die beide in einer radikal krisenhaften Situation niedergeschrieben wurden, eine Konstellation bilden, die aus einigen Gründen - über die nachzudenken ich Sie, anregen möchte - gerade heute das Jetzt ihrer Lesbarkeit erfährt. Das Jetzt der Lesbarkeit (oder der Erkennbarkeit) ist ein genuin von Benjamin geprägtes hermeneutisches Prinzip, das das genaue Gegenteil des gängigen Prinzips ist, wonach jedes Werk zu jedem Augenblick einer unendlichen Interpretation unterzogen werden kann (unendlich im doppelten Sinne als Interpretation, die sich nie erschöpft und die unabhängig von ihrer zeitlich-historischen Situation möglich ist). Benjamins Prinzip hingegen setzt voraus, daß jedes Werk und jeder Text einen historischen Index in sich tragen, der nicht nur ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Epoche anzeigt, sondern auch besagt, daß sie an einem bestimmten historischen Augenblick in diesem Sinn ihre Lesbarkeit erlangen, wie es in einer Notiz Benjamins steht, die seine extremste messianische Formulierung enthält und die daher den geeignetsten Abschluß unseres Seminars darstellt: »Jedes Jetzt ist das Jetzt einer bestimmten Erkennbarkeit. In ihm ist die Wahrheit mit Zeit bis zum Zerspringen geladen. (Dies Zerspringen, nichts anderes, isr der Tod der Intentio, der also mir der Geburt der echren historischen Zeit, der Zeit der Wahrheit, zusammenfällt.) Nicht so ist es, daß das Vergangene sein Licht auf das Gegenwärtige oder das Gegenwärtige sein Licht auf das Vergangene wirft, sondern Bild ist dasjenige, worin das Gewesene mit dem Jetzt blitzhaft zu einer Konstellation zusammentritt. Mit anderen Worten: Bild ist die Dialektik im Stillstand. Denn während die Beziehung der Gegenwart zur Vergangenheit eine, rein zeitliche ist, ist die des Gewesnen zum Jetzt eine dialektische: nicht zeitlicher sondern bildlicher Natur. Nur dialektische Bilder sind echi geschichtliche, d. h. nicht archaische Bilder. D;ts gelesene Bild, will sagen: das Bild im Jetzt der Erkennbarkeit trägt im höchsten Grade den Stempel; des kritischen, gefährlichen Moments, welcher allem Lesen zugeun~' liege.« (Benjamin GS VII, S. 578)
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Anhang ReJerenzstellen aus den Paulinisehen Texten
Aus dem Brie[an die Römer 1 1 IIuiiAo<; OOiiAO<; XQL
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2 Ö nQoEnllYYELAuto o~ twv nQocplltwV uutoii ev die er vorher verkündetlhat durch Propheten seiner in
yQucput<; a:y.LuL<; 3 nEQi. toii 'Utoii UUtO'Ü toii [den] heiligen Schriften vJn dem Sohn seiner der
YEVOIlEVO'U EK onEQlluio<; , ~u'Ui.o KUt
4 toii oQLo8EVtO<; 'Utoii: 8EOii Ev O'UVUIlEL KUt
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5 OL' 0.0 eAußollEV durch den wir empfangen haben
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Ev näO"Lv tOL<; e8VEO"LV ~nEQ toii OVOIlUtO<; uutoii, unter allen Völkern für den Namen seiner,
·,6 EV oLc; eOtE KUi. 1lIlEL<;lKt..lltoi. 'ITjooii XQL
unter denen seid auch i~r berufen von Jesus Messias, ;
:7 :rtäO"LV tOL<; O'ÜULV Ev +WIlTI oyunTjtoL<; 8eoii, an alle seienden in Rom/ Geliebten von Gott,
I, 1-7
KA:rrCOL~ ayloL~' X6.Q~ UIlLV Kai.
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berufenen Heiligen; Gnade euch und Friede von Gott 3tU1:QO~
TJIlWV Kai. KUQlou 'ITJoo'Ü XQL
Vater unser und von [dem] Herrn Jesus Messias.
1,14-17 14 "EAATJolv 1:E Kai. ßaQß6.QOLe;, OOcpOLe; 1:E Kai. Griechen und auch Barbaren, Wissenden und auch
UVOi)1:0LC; 6CPELA.€1:TJ~ dill, 15 o'Ü1:We; 1:0 Ka1:' EilE Unverständigen ein Schuldner bin ich, so der nach mir
3tQo8UIlOV Kai. UIlLV 1:0Le; EV 'PWIlTI EilaYYEAloao8aL. Wunsch auch euch, die [seid] in Rom die gute Botschaft zu verkünden.
16 oil yaQ E3taLOXUVOllaL 1:0 EilayyeALOv' Nicht nämlich schäme ich mich der "guten Botschaft;
MvallLC; yaQ 8EO'Ü E
Potenz nämlich Gottes ist sie zur Rettung jedem
m -tE 3tQW1:0V Kai. "EUTJVL. Glaubenden, dem Juden zuerst und dem Griechen.
17 bLKaLOaUVTJ yaQ 8eo'Ü Ev ail1:q> U3tOKaA.U3t1:E1:aL [Die] Gerechtigkeit nämlich Gottes in ihm wird offenbart
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166
2 9
8At'ljlL~ Kai. mjEVOXOOgi.a. En:i. n:aoav 'ljI'UxiJv
Bedrängnis un1 Angst auf jeder Seele i
av8gron:o'U 'tou KatEgya~OJlEvo'U 'to KaKov, des Menschen des Wirkenden das Schlechte,
'!O'UöaLo'U 'tE n:gw'tov Kai. "EAA.11VO~· 10 ö6~a öe des Juden zuerst und ~es Griechen;
Herrlichkeit hingegen
Kai. 'tLJliJ Kai. ELgiJ~ n:aV'ti. 'tq> Egya~OJlEvq> 'to und Ehre und Friede jedem Wirkenden das
aya8ov, '!o'UöaLq> tE n:gw'tov Kai. "EAA11VL· Gute, dem Juden zue~st und dem Griechen; ,
11 ou yag EO'tLV n:~OOOOn:OA11Jl'ljlLa n:aga 'tq> 8Eq>. nicht nämlich ist Bevorzugung des Gesichts bei dem Gott.
12 "OUOL yag avo~oo~ iiJlag'tov, avoJloo~ Kai.
Die nämlich ohn~ Gesetz gesündigt haben, ohne , Gesetz auch
WtoAouv'taL· Kai. Ö~OL Ev VOJlq> llJlag'tov, ÖLa werden untergehen; uhd die im Gesetz gesündigt haben, i durch
VOJlo'U KgL8iJoov'ta~· 13 ou yag OL aKgoa'tai. vOJlo'U Gesetz werden
gericht~t werden; nicht [sind] nämlich die i Hörer des Gesetzes
ötKaLOL n:aga ['tq>18Eq>, aAl..' OL n:oLTJ'tai. VOJlo'U gerecht bei Gott, aber:die Macher des Gesetzes
öLKau.o8iJoov'taL.
i4 ö'tav yag e8v11 'ta JliJ VOJlOV
werden gerechtfertigt ~erden. .
Wenn nämlich die Völker die das Gesetz nicht
EXOTIa
2, 9-16
Ilti ExOV"tB~ eau"to~ BLOLV VOllo~· 15
OL"tLVB~
nicht habend für sich selbst sind Gesetz;
diese
EVÖBLKVUV"tat "to EQYOV "tO'Ü VOIlOU YQaJt"tov EV "ta~ zeigen [daß] das Werk des Gesetzes geschrieben [ist] in den Ka.QÖLa.~
alJ"tw\I, OUIlIla.Q"tUQOU01J~ a.1J"twv "tfj~
Herzen ihrer, Zeugnis ablegend [über] ihr OUVBLÖTJOBOO~
Kai. IlB"ta~u CLAATJAOOV "tWV AOYLOIlWV
Gewissen und untereinander die Gedanken
Ka."tllYOgoUV"tOOV ~ Kai. CLJtOAOYOUllevoov, 16 Ev Ti anklagend oder auch verteidigend
an dem
TJIlEQq. Ö"tB KgLVBL 0 9BO~ "tu Kgumu "tWV CLv9gwJtoov Tag wenn richtet der Gott das Verborgene der Menschen
Ka."tU "to BUa.yyEALOV IlOU ÖLU XQLmo'Ü 'Illoo'Ü. nach der guten Botschaft von mir durch [den] Messias Jesus.
2.,
25-29 25 JtBQL"tOllti IlEv yug WCPBAEL Mv VOlloV [Die] Beschneidung nämlich nützt wenn das Gesetz
JtQaOOn~· Mv öE Jta.Qa.ßa"tll~ VÖIlOU n~, TJ JtEgL"t0Il" du ausübst; wenn aber Übertreter des Gesetzes du bist, die Beschneidung
oou CLKQoßumLa. yEYOVBV. 26 Mv oiiv TJ deiner Unbeschnittenheit ist geworden. Wenn also die
CLKgoßumLa. "tu ÖLKatWIla."ta. "to'Ü VOIlOU cpuAa0OtJ, Unbeschnittenheit die Vorschriften des Gesetzes beachtet,
OUX TJ uKQoßumLa. a.u"to'Ü B~ JtBQL"tOlltiv nicht die Unbeschnittenheit seiner als Beschneidung 168
Aoyw8itoe'taL; 27 iKat KQLvet TJ EK cpuoeoo~ wird gezählt werden? iUnd richten wird die von Natur f
Buchstaben und [die] Beschneidung Obertreter des Gesetzes.
28 ou yaQ 0 Ev 't<1> CjJaveQ<1> 'Iouöaw(; EO'tLV, oUöe TJ Nicht nämlich der: im Sichtbaren Jude ist, noch die
EV't<1> cpaveQ<1> Ev OJQKt 3teQL'to!J.it·
29 aA.A.' 0 ev
in dem Sichtbaren in [dem] Fleisch Beschneidung; sondern . der in
tlp KQU3t't<1> 'Iouöat~(;, Kat 3tegL'to!J." KaQöi.a(; ev dem Verborgenen Jud~ [ist], und [die] Beschneidung [des] . Herzens im Jtveu!J.a'tL ou YQa!J.!J.~X'tL, oii 0 E3taLVO(; OUK E~ Geist nicht im Buchstaben, dessen das Lob nicht von
a.v9Qo>3toov aA.A' EK ~Oli 8eoli. Menschen sondern vo~ dem Gott.
3
9 Ti. oi'iv; JtQoeX~!J.e8a; ou 3t
1tQOUtLaoa!J.e8a yad 'IouöaLou(; 'te Kat "EAA.T]V
:~le unter Sünde zu sein;
wie geschrieben steht:
t~L O'ÖK EotLv ötKaLO~ oUöe el(;,
11 OUK EO'tLV 0
i....,·
1~ nicht ist [ein] Gere~hter, auch nicht einer, nicht ist ein
3,9-12
O1JVLOOV, OUK eO"tw 0 eKtrl1:WV'tOV eeov· 12 nav'te<; Einsichtiger, nicht ist ein Suchender den Gott;
alle sind
e;EKALvav, älla ~XQew8TJoav· OUK €O'tLV 0 nOLWV abgewichen, zusammen sind sie unfähig geworden zu gebrauchen; nicht gibt es den Machenden
XQTJO"totTJta, [OUK €O"tLV] eoo<; Evo<;. guten Gebrauch, nicht ist bis auf einen.
3,19-24 19 o'(Öallev öi; ÖtL öoa 0 vOIl0<; MyeL tOL<; EV tcp Wir wissen. daß alles, was das Gesetz sagt zu denen im vOllql AaAeL, tva nö,v o't0lla cpQaYfi Kat lmMLKo<; Gesetz. es. spricht. damit jeder Munc! geschlossen werde und schuldig
YEvTJ'taL nö,<; 0 KOOIl0<; tcp 8ecp· 20 ÖLO'tL e; €QYoov sei die ganze Welt vor Gott;
daher aus [den] Werken
VOIl0'U ou ÖLKaLoo8iJoe'taL nö,oa oaQ; evwmov des Gesetzes nicht wird gerichtet werden alles Fleisch vor
aUto'Ü· Öta yaQ VOIl0'U EntyvooOL<; allaQ'tLa<;. ihm; durch nämlich das Gesetz [ist die] Erkenntnis im nachhinein der Sünde.:
21 N'Uvt Öe xooQL<; VOIl0'U ÖLKaLOOUVTJ 8eo'Ü Jetzt aber ohne [das] Gesetz [die] Gerechtigkeit .Gottes
necpavEQoo'taL, llaQt'UQo'UIlEvTJ uno to'Ü VOIl0'U Kat ist offenbart worden, bezeugt von dem Gesetz und
twv nQocpT)twv, 22 öLKaLOaUVTJ öE 8eo'Ü ÖLa von den Propheten.
17°
Gerechtigkeit Gottes durch
3ttenEw~ ['I1Joo~] XgLO'tO'Ü et~ 3t
[den) Glauben von Jesus Messias für alle die
3tLenEi)ov'ta~' o~ Y
yaQ iillaQ'tov Kai. uenEQoüv'taL 'tfJ~ ö6;1J~ 'toü 9EOÜ, nämlich haben geSündigt und und ermangeln der Herrlichkeit des Gottes,
24 ÖLKmoullEvoL ÖWQEaV 'tfi auTOü X 'I1Jooü' die Erlösung die i~ [dem) Messias Jesus.
27 I10ü oiiv ~ KauX1JoL~; E;EKAELo91J. ÖL<1 J'toto'U Wo also der R~hm? Er wurde ausgeschlossen. Durch
3, 2;
welches
v6!Lo'U; 'tWV EQYWV; o~XL, aAAO. öw VOIl0'U Gesetz? Der Werke? Nein, sondern durch [das) Gesetz
3tLO'tEW~. 28 AOYL~oIlE9a YUQ ÖLKaLO'Üo9aL J'tLo'tEL [des) Glaubens. Wh' meinen nämlich gerechtgesprochen zu werden durch [den) Glauben
äv8QwJ'tov XWQi.g EQYWV VOIl0'U. [den) Menschen o~ne [die) Werke [des) Gesetzes.
29
~ 'Io'UöaLwv ~ 9EO~ Ilovov; ouxi. Kai. E9vwv; vai.
Oder [ist) der J~den d~r Gott allein? Nicht auch der . Völker? Ja .Kat Eevwv, 30 EmEQ cr~ 0 9E6~ ö~ ÖLKaLWOEL auch der Völker, denn einer [nur ist) der Gott, der gerechtsprechen wird [die]
171
:7tEQL'tO!J.tlV h: :7tL01:eW~ KCli. aKQoßU01:LClV ,ha 'tfj~ Beschneidung aus Glauben und [die] Unbeschnittenheit durch den :7tL01:ew~. 31 vO!J.ov oiiv KCl'tClQYO'Ü!J.EV ÖLa 'tfj~ Glauben. [Das] Gesetz also machen wir unwirksam durch den :7tL01:EW~; !J.tl yevot'to, a').J·..a vO!J.ov L01:avo!J.Ev.
Glauben? Nicht geschehe es! Sondern [das] Gesetz halten wir fest.
4,
2-3
4 2'
et yaQ 1\ßQCla!J. E; EQYWV EöLKClLW8lj, EXEL Wenn nämlich Abraham aus Werken gerechtgesprochen wurde, hat er
KClUXlj!J.Cl· aAl.: OU :7tQ6~ 8eov. 3 'tt yaQ Tt YQClCPtl Ruhm; aber nicht bei Gott.
"A.eYEL; E:7tt01:EUOEV
Was denn die Schrift
öe 1\ßQCla!J. 't<9 8E<9, KCli. EAOyto8TJ
sagt? [Es] glaubte Abraham dem Gott, und es wurde angerechnet
ClU't<9 E!.~ ÖLKClLOaUVljV. ihm zu Gerechtigkeit.
4,
10-22
10 :7tÖ>~ oiiv EAOyto8lj; Ev :7tEQL'tO!J.fI ÖV'tL il EV Wie also wurde es angerechnet? In Beschneidung seiend oder in.
aKQoßu01:Lg, OUK Ev :7tEQL'tO!J.fI aAA' Ev aKQoßU01:t~· Unbeschnittenheit, nicht in Beschneidung sondern in Unbeschnittenheitl:
11 KCli. OTJ!J.Etov EAClßEV :7tEQL'tO!J.fj~ OCPQClytÖCl 'tfj~ Und [das] Zeichen empfing er [der] Beschneidung als Siegel ckii ÖLKClLOOUVTJ~ 'tfj~ :7tt01:EW~ 'tfj~ Ev 'tfl aKQoßU01:t~, Gerechtigkeit des Glaubens des in der Unbeschnittenheit,
ets
flirj 172
tO etvm autov 3ta1;e~a 1t
Ct.KQOßUO'ti.a~, Et~ 'to! AOYLOßfjVm au'to~ [nlV] Unbeschnittenheit, für;das Angerechnetwerden ihnen die
ÖLKmOmJVT)V, Gerechtigkeit.
12 Klai. 3ta'teQa 3tEQL'tOl-l.fj~ 'tot~ OUK ~nd Vater der Beschneidung denen nicht
BK JtEQL'tOl-l.fje;; I-I.0VOVlCt.AA.a Kai. 'tote;; O'tOLXOUOLV 'tote;; aus [der) Beschneidung allein. sondern auch den folgenden den
LXVEOLV .ije;; BV a.KQoßuO'ttq. 3tLm:EWe;; 'tOU 3ta'tQoe;; Fußspuren des in [der) Unbeschnittenheit Glaubens des Vaters ~J.l.Ö>v ,1\ßQaal-l.. 13 :Ou yaQ ÖL
aut6v eIvm K00I-I.0U; Ct.AA.a o~a OLKaLOmJVTJe;; er sei der Welt. sondern durch Gerechtigkeit
,XLotEwe;;. 14 d yaQ'ot EK V0I-I.0U KAT)QOV0I-I.0L, des Glaubens. Wenn *ämlich die vom Gesetz Erben [sind],
lCEKEvw.m ~ 3tLo'tLe;; Kai. Ka'tTJQYT)'tm ~ B3taYYEAta' ist entleert der Glaube imd unwirksam gemacht die :; • . Verheißung; 15 0 yaQ v0I-I.0e;; oQyYJv Ka'tEQya~E'taL' oii öE OUK denn das Gesetz [dbn) Zorn bewirkt; wo aber nicht
itOtLV V0I-I.0e;;, oMe 3t~QaßaOLe;;. 16 dL
3timeoo~, LVa Ka'tU XUQLV, e~ 'tO ilvaL ßeßaLav 'tTJV Glauben, damit nach Gnade sei gültig die
E3tayyeA,LaV 3taV'ti. 't
3ta'tEQa 3tOAAWV E9vwv 'tEgeLKu oe, Ka'tEvaV'tL oii [Zum] Vater vieler Völker habe ich gemacht dich. vor dem, dem o
E3time'Uoev geo'Ü 'tO'Ü ~
wird sein der Same von dir,
3timeL Ka'teVOTJoev 'to ea'U'to'Ü oWlLa veveKQoolLEvOV. Glauben wähnte er seinen Körper gestorben, eKa'tOV'tae't"~ 3tO'U ll3tuQXOOV, Kai. 'tTJV VEKQOOOLV hundert Jahre etwa seiend. und das Gesrorbensein
174
des Schoßes von Sara;
für die Verheißung des
.geoü ou ÖLeKQLeTJ Tfi ~3tt.<J1:tq. aAl..: eveö'Uva/lw8TJ 'tu Gottes nicht zweifelte er· mit Unglauben sondern er wurde . potenziert im 1tim:eL, öoiJ~ öOt;av 'tq> 8eq> 21 Kat 3tATJQo<poQTJ8Et~ Glauben, gegeben habe~d Herrlichkeit dem Gott und in die . Überzeugung geführt, <>tL ö E1tl)neA'tEL Ö'UV~tO~ EO'tLV Kat 3tOL;;OaL. daß die Verheißung ver~ögend ist auch zu machen.
22 OI.Ü [Kat]
EAOyto8~ au'tq> E~ ÖLKaLOoUVTJV.
Deswegen auch wurde [es] angerechnet ihm zu Gerechtigkeit.
5
12 dLO 'toü'to ro03'GEQ OL' €vO~ aV'tQW3tO'U i!
5, 12-1 4
Deswegen wie dUirch einen [einzigen] Menschen die
u/laQtLa E~ 'tov KOO/lPV ELo;;A8EV, Kat oL
0 8ava'to~, 'Kai. oü't(o~ Ei.~ 3tav'ta~
Sünde der Tod, und so zu allen civ9QOO3to'U~
0 8ava'to·~ OL;;A8EV, E 3tav'tE~
[den] Menschen der Tod ,gelangte, weil alle
~!!aQtoV" 13 ä,QXL yqQ VO/lo'U u/laQ'tta ~v EV gesündigt haben; bis nämJich zu [dem] Gesetz [die] Sünde war In 1Cocrll
aUa
175
Mootioeooe; KUi. e:n:i. 'toue; !J." a!J.uQ'tiJoUvtUe; e:n:i. 'tcp Moses auch über die nicht Sünde Habenden in der
O!J.OL!J.U'tL 'tiie; :n:uQußuoeooe; ~M.!J., oe; emtv 'tiJ:n:oe; Ähnlichkeit der Übertretung Adams. der ist Figur
'to'Ü !J.eAAOvtOe;. des Kommenden.
5, 19-2.1 19 wo:n:eQ yaQ ÖLa 'tiie; :n:uQuKoiie; 'tO'Ü hoe; Wie denn durch den Ungehorsam des einen
av8Qw:n:o'U a!J.uQ'tooAoi. Ku'temu8'Y)ouv OL :n:OAAOL, Menschen als Sünder sind hingestellt worden die vielen.
O'Ü'tooe; KUi. ÖLcl tiie; u:n:uKoiie; 'tO'Ü hoe; ÖLKaLOL so auch durch den Gehorsam des einen als Gerechte
KU'tumu8iJoov'taL OL :n:OAAOL. 20 VO/lOe; öe werden hingestellt werden die vielen. [Das] Geset2. dann ist
:n:uQeLOi'\A8ev LVU :n:Aeovaon 'to :n:uQamoo!J.u· oii öE dazugekommen. damit zunehme die Übertretung; wo aber
e:n:Aeovuoev iJ a!J.uQ'tLa, u:n:eQe:n:eQLooe'Uoev iJ xaQ~. zunahm die Sünde. nahm Überfluß die Gnade,
21 LVU wo:n:eQ eßuotAe'Uoev iJ a!J.uQ'tLa EV 'tCP damit wie herrschte die Sünde in dem
8uva'tq>, o'Ü'tooe; KUi. Tt XaQLe; ßuoLAeiJon ÖLa Tod. so auch die Gnade herrsche durch
ÖLKaLOoUV'Y)e; de; too"v UtcbVLOV ÖLa 'I'Y)oo'Ü XQLmoi!, Gerechtigkeit zu [dem] Leben ewigen durch Jesus Messias::
tou K'UQLO'U 1]J.Lwv. den Herrn unser.
Was also werden wir sagen? [Ist] das Gesetz Sünde? , Nicht
yeVOLto· o."J. .a ti)v aJ.L~Qttuv OUK eyvoov EI. J.Li) OLa geschehe es! Aber die Süqde nicht erkannte ich, wenn nicht durch
i
vOJ.Lo'U· tiJv tE yaQ E3tLß'UJ.LLaV OUK nOELV Ei J.Li) 0 [das] Gesetz; die Begierd~ nämlich nicht hätte ich gekannt, wenn nicht das
Gesetz sagte: nicht begehre!
Anlaß
>..aßouau 1] aJ.LuQttu oj.(l tfJ~ EVtOt..fJ~ KUtELQyaaUto genommen habend die S~nde durch das Gebot bewirkte EV EJ.Lot JtCiauv E3tL8'UJ.L~uV" xooQ~ yaQ VOJ.Lo'U in mir alle Begierde; ohn~ nämlich [das] Gesetz [ist f
a!.t.aQtta vEKQa. 9 " die) Sünde tot.
EY~
, OE e~oov xooQi.~ VOJ.LO'U Jtote·
Ich lebte ohne Gesetz einst;
E>..eOuaTJ~ OE tfJ~ EvtOXfJ~ 1] aJ.LuQttu o.ve~TJaEv, gekommen seiend aber dajs Gebot, die Sünde lebte auf,
10 eyoo OE o.Jte8uvov, jeut EUQe8TJ J.LOL 1] EvtOt..i) ,
ich aber starb, und es brwies sich, [daß] für mich das : Gebot,
AEts tooiJv, u'ÜtTJ E~ 8qvutov·
11 1] yaQ aJ.LuQttu
.iiäs zum Leben, selbst [~] zum Tod;
die nämlich Sünde
177
acpOQIJ:r)V Aaßo'Üoa ÖLIX ti'J~ evtoAii~ e;rpta'tTjoev IJ.E Anlaß genommen habend durch das Gebot betrog mich
KaL ÖL' auti'J~ a:rteK'tELVEv. 12 watE 0 IJ.EV v61J.0~ und [mich] durch es tötete.
Also [ist] wirklich das Gesetz
äYLO~, KaL i] Ev'toA" uyl.a KaL ÖLKaLa KaL aya8iJ.
heilig, und das Gebot heilig und gerecht und gut.
13 To 01)V aya80v elJ.OL eyevE'to 8ava't0~; IJ." Das also Gute mir ist geworden Tod? Nicht
yevOL'tO· aAA.Ct i] UlJ.aQ'tLa, Lva cpavfl ulJ.aQ'tl.a, öL(} geschehe es! Sondern die Sünde. damit sie erscheine Sünde. durch'
't0'Ü aya80'Ü IJ.OL Ka'tEQyatOlJ.evTj 8ava'tov, Lva das Gute mir [ist] bewirkend Tod. damit yeVTj'taL Ka8' ü:rtEQßoA"v ulJ.aQ'twA.O~ i] ulJ.aQ'tLa wird im überschuß sündig die Sünde
durch das Gebot. :rtvE1Jlla'tLK6~
Wir wissen nämlich daß das
Ges~
eatLv· eycb ÖE oaQKLv6~ ELIJ.L,
vom Geist ist; ich aber fleischlich bin.
verkauft unter die Sünde.
Was nämlich
KatEQyatollaL ou YLVWOKW· OU YUQ Ö 8eAw 'to'ÜtO ich bewirke. nicht kenne ich; nicht nämlich. was ich will.
:rtQaoow, aAl..' Ö IJ.LOW to'ÜtO :rtOLW. 16
et OE Ö ou
<W.~
.,,,
mache ich. sondern. was ich hasse, das mache ich. Wenn aber. was ni~~
8eAW -co'Ü-co J"tOLW, cfu!-tCPrllJ.L -c4> vO!-tq> Ö-CL KaM<;. ich will, das mache ich, stimme ich überein mit dem Gesetz, , das gut [ist].
17 VUVL Oe OUKe-CL EjyW Ka-CEQyu~O!-taL au-co aAA.O. iI Nun aber nicht mehr ich ins Werk setze das, sondern
wohnend in mir Sünde.
Ich weiß nämli~h, das nicht
OLlCEL EV E!-toL, 't0'Ü-c' ~O'tLV Ev Tfj oaQKt !-tau, aya8ov' wohnt in mir, das ist i~ dem Fleisch meiner, [das] Gute;
to yag 8eAELv J"taQU~EL-cat !-t0L, 'to Oe Ka'tEQyuseo8aL i
das nämlich Wollen istl neben mir, das ins Werk setzen
to KaA.OV oi)· 19 o~ yaQ Ö8EAW 3tOLW aya8ov, :das Gute nicht; niCht nämlich, was ich will, mache ich: [das] Gute,
'UAA.a öou 8eAw Kattov 't0'Ü't0 3tQuoow. sondern was nicht ich ~ill: [das] Schlechte, das mache ich.
zn EL öE Öou 8EAW ~yw 't0'Ü't0 3tOLW, OUKE'tL eyw Ka'tEQ-
:Wenn, was nicht ich wi~, ich das mache, nicht mehr ich ins Werk
;'>"
i
(:':"
!
~ato!-tOL ClU'tO uAAa! iI oLlCo'Üoa EV E!-tOL a.!-tag'tta.
:setze das, sondern die ~ohnende in mir Sünde. . , .
~1 cUgLo1Cw äga 'to~ vO!-tov 't4> 8EAOV'tL E!-tOL 3tOLELV Ich finde also das Gesetz mir wollendem zu machen
~o KClAOV, Ö'tL E!-tOL ~o KaKov 3taQuKEL'taL' r:c:; , ~'das Gute, daß bei mir das Schlechte nahe ist;
12i,' O'UV~OO!-tClL yaQ ~4> vO/A.q> 't0'Ü 8EO'Ü Ka'ta 'tov , Ich erfreue mich n4nlich für das Gesetz des Gottes gemäß dem
179
tOOO a.v8Qoo:Ttov,
23 ßM:Ttoo öe E'tEQOV VOJ.l.OV
inneren Menschen,
ev 'tOL~
ich sehe aber [ein] anderes Gesetz in den
J.l.EAE<JLV J.l.0'U av'tLo'tQa'tE'UOJ.l.E'VOV 'tcp VOJ.l.q> 'to;:; voog Gliedern meiner das ankämpft gegen das Gesetz des Denkens
""O'U Kai. atXJ.l.aAOOtL~Ovta J.l.E ev tcp VOJ.l.q> tfj~ meiner und gefangen nimmt mich in dem Gesetz der aJ.l.aQ'tLa~ 'tcp ÖV'tL
h
tO~ J.l.EAE<JLV J.l.0'U.
Sünde, die ist in den Gliedern meiner.
24 TaAat:rtooQo~ eyw a.v8Qoo:Tt0~· t~ J.l.E QUOE'taL elC Unglücklicher ich Mensch! Wer mich befreien wird von'
to;:; (J(i>J.l.ato~ to;:; 8ava.'t0'U 'tOUto'U; dem Körper des Todes dessen?
8,19-25
8 19
~ YUQ a:TtOKaQaöOKLa tfj~ KttaEOO~ "tiJv Denn die Erwartung von Vollendung der Schöpfu'WJ
die! a:TtOKa.A'U'ljJLV tmv 'ULmv to;:; 8eo;:; a:TtEKöEXEtaL. Offenbarung der Söhne des Gottes ist offen zu empfangen.
20 'tU YUQ J.l.a'taw'tTJ'tL ~ Ktta~ U:TtE'taYTJ, OUX Nämlich der Nichtigkeit die Schöpfung unterworfen : war, nicli~
EKo;:;oa, aAA.a Öta tÜV u:Ttota.~avta ecp' eA:TtLÖL wollend, sondern durch den unterworfen Habenden mit . [der] HoffnUJiill
21 ÖWtL Kai. au"tiJ ~ K'tL(JL~ eAE'U8EQoo8i]OEtaL
clno
daß auch selbst die Schöpfung befreit sein werde von,
180
tfls ÖO'UAELas tfjs cpeogÖ,S ELs 'tiJv EAE'U8EgLav 'tfis I
der Sklaverei des Niedergangs für die Freiheit der ;
ö6~TJS tWV tBKVWV ~O'Ü 8eo'Ü. Herrlichkeit der Kindei des Gottes.
22 otöallEV yag Wir wissen nämlich,
ÖtL ltö'oa iJ KtLOLS oiJotEVa~EL Kat OUVWÖLVEL ö'gXL
. daß die ganze Schöpfurtg mitseufzt und mit in Wehen liegt .
bis
tO'Ü V'ÜV· 23 ou 1l0~OV ÖB, aAA.a Kat autot ti)v zum Jent:
nicht allein aber, sondern auch wir die ;
a1taQxi)v to'Ü
ltVEUIl~tOS EXOVtES [iJIlELs] Kat autot
Erstlingsgabe des Geiste~ Habenden, wir auch selbst
ev ea'U'tOLS otEVa~o~EV 'Uw8wi.av altEKÖEXOIlEVOL, in uns selbst seufzen [di~] Sohnschaft offen zu empfangen, ~v altOAutQWOLV tOY oc.Ollatos iJIlWV. 'die Erlösung des Körpers unser.
24 tU yaQ EAlti.ÖL Eocjl8TJIlEV' EAltts öe ßAElt0IlBVTj In der denn Hoffnu~g sind wir gerettet worden; [die] . Hoffnung aber [als] gesehene
\9.UK EOtLV EAltLs' ö
y~Q ßABltEL ti.S, tL Kat EA.rtt~EL;
~hicht ist Hoffnung; was ~ämlich sieht einer, das auch hofft er?
ßAbto~EV EA.rtt~ollev, ÖL' Ult0llovfjS ~c:nn aber, was nicht wir sehen, wir hoffen, in Geduld
1%5 et öe ö O'Ü
m?3
TJUXOIlTJV yag a~a8ella elvaL autos EYcb alto
9,3-9
Ich wünschte näml~ch Verfluchung sein selbst ich von 181
't0'Ü XQLO'tO'Ü 'Ö:rtEQ 'tWV MeA.cpwv !l0U 'twv ouyyevwv dem Messias zugunsten der Brüder meiner der Blutsverwandten !l~U Ka'ta oaQKa, 4 oL'tLve~ eLmv 'IoQa'Y}A.L'taL, ibv ~ meiner nach [dem] Fleisch. welche sind Israeliten. von denen die
uLo8eota Kat TJ Ml;a Kat at ÖLa8fjKaL Kat TJ Sohnschaft und die Herrlichkeit und die Bünde und die
vO!l08ecrta Kat TJ A.a'tQeta Kat al e:rtayyeA.l.aL, 5 dlv Gesetzgebung und der Kult und die Verheißungen,
von
ot :rta'teQe~, Kat e!; dlv 0 XQLO'tO~ 'to Kata oaQKa 6 denen die Väter [sind], und aus denen der Messias [ist], nach [dem] Fleisch der
OOV e:rtt :rtaV'toov
8eo~ euA.oY'YJ'to~ e~ 'tO'u~ aLwva~,
Seiende über allem. Gott gepriesen für die Zeitalter.
&!liJv. 6 OUX oIov ÖE Ö'tL eK:rte:rt'tOOKev 0 A.6yo~ 'tOO amen.
Nicht so [ist es] daß verfallen wäre das Wort des
8eo'Ü. ou yaQ :rtaV'te~ ot el; 'IoQa";A., O'Ü'tOL 'IoQaiJA.Gottes. Nicht nämlich alle die aus Israel, diese [sind] Israel;
7 oUö' Ö'tL eLotv o:rteQ!la 1\ßQaa!l :rtav'te~ 'teKva, auch nicht weil sie sind Samen Abrahams alle Kinder,
&11.11.'. ev 'IoaaK KA.'Y}8iJoe'tat OOL o:rteQ!la. sondern: in Isaak wird gerufen werden für dich Same.
8 't0'Ü't' EO'tLv, OU tU 'teKva 'tfj~
oaQKo~ 'ta'Ü'ta
Dies ist: Nicht die Kinder des Fleisches diese [sind]
'teKVa 't0'Ü 8eo'Ü, aA.A.a. 'ta 'teKVa 'tfj~ e:rtayyeA.tac; Kinder des Gottes. sondern die Kinder der Verheißung
Aoyt~e'taL EL~ q3tEQ!J.a. 9 e3taYYEAi.a~ yo.Q 0 A6yo~ werden gerechn~ als Same. Von der Verheißung nämlich . das Wort oii'to~' Ka'to. 'tov KaLQOV 'to'Ü'tOv H..EUOO!J.aL Kat fO'taL
dieses: Zu der Z6it dieser werde ich kommen, und es wird sein
'tft LUQQ~ ui.6~. der Sara [ein] So~n.
24 OÜ~ Kat eK*AEOEV ~!J.ä.~ OU !J.OVOV e; Welche auch hat gerufen uns nicht allein von [den]
'Iouöatw'v a'AAfJ. Kat e; eSvwv; 25 oo~ Kat Juden, sondern a~ch von den Völkern?
ev .'tlp
Wie auch in dem
'QOlJE 'AEYEL" K
t~V OUK Ttya3tT)'!J.EVrJV Ttya3tT)!J.EVTJv· 26 Kat fO'taL die nicht Geliebte Geliebte;
Ev
und es wird sein 'tq> tomp oii. eQQEST) [au'toLf;]" ou 'Aao~ !J.ou U!J.ELf;,
in dem Ort wo ge~agt wurde ihnen: Nicht Volk meiner . [seid] ihr, EKEL K'AT)S~OOVTlaL ULOt 8eo'Ü twV'tO~. dort werden sie gdrufen werden Söhne Gottes lebenden.
27 'Hoata~ öE KQUtEL U3tEQ 'tO'Ü 'IoQa~A: ea.v TI 6 Jesaja aber ruf~ aus über das Israel: Wenn auch wäre die
aQLe!J.O~ 'tWV ULWV 'IoQa'll'A oo~ ~ ä.!J.!J.o~ 'tfJ~ SaMoOTJ~. Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres,
't0 lJ:rtOÄ.eLlA-lA-a ooo8i]oe'taL' 28 Ä.6yov YUQ ouV'teÄ.oov der Rest wird gerettet werden; [das] Wort nämlich erfüllend lCat OUV't8IA-VOOV :rtoLi]oeL lCUQW~ E:rtt 'tfJ~ yfJ~. und verkürzend wird machen [der] Herr aufder Erde.
10,2-12
10 2
lA-aQ't'UQoo YUQ ai)'toL~ Ö'tL ~fJÄ.ov 8eo'Ü Ich be2euge nämlich denen, die Eifer für Gott
EXOUOLV, aÄ.Ä.' ou lCa't' E:rtLYVOOOLV' 3 ayvoo'ÜvtE~ nicht kennend
haben, aber nicht nach Erkenntnis;
YUQ tiJv 't0'Ü 8EO'Ü OLlCaWoUv1jv, lCat tiJv UHav nämlich die vom Gott Gerechtigkeit, und die eigene ~1j'to'Üv'te~ O'tfJoa.t, 'tU OLlCaLooUVn to'Ü 8EO'Ü OUX
suchend festzuhalten, der Gerechtigkeit des Gottes nicht
lJ:rtE'tay1jOav. sie sich unterwarfen. Zweck nämlich [des] Gesetzes [der] Messias zur OLlCa.tOoUV1jV JtaV'tt tcp :rtLO'tEUOV'tL. 5 Moo'ÜofJ~ yaQ Gerechtigkeit für jeden Glaubenden. Moses nämlich YQaq>EL ÖtL 'tiJv OLlCaWOUV1jv tiJv ElC vOfWU 0 schreibt, daß die Gerechtigkeit die aus [dem] Gesetz: Der :rtOLi]oa~ ä.v8Qoo:rto~ tiJOEta.t EV au'tU.
gemacht habende Mensch leben wird in ihr.
6 lj OE ElC Die aber aus~
:rtLOteOO~ OLlCa.tOoUV1j oü'too~ A.8YEL· fliJ EL:rtn~ EV
tfl
[dem] Glauben Gerechtigkeit so sagt: Nicht sage in dem
lCaQOL~ OOU' 't~ avaßiJoE'taL e~ tOV oUQavov; tou? Herzen deiner: Wer wird steigen zu dem Himmel? Das
EcrtLV XQLm;OV KCI.'tCl.YCl.YELV· 7 ~. 'tL~ KCl.'tCl.ß~OE'tCI.L ist, [den] Messias herabholen; oder: Wer wird hinuntersteigen Et~ 'tlJv &ßuooov; 'töu't' eo'tLv XQLO'tOV eK VEKQWV in den Abgrund? Das ist, [den] Messias von [den] Toten aVCl.YCl.YELV. 8 aAAa 'tL MYEL; 'EyyU~ oou 'to QfJJl<X heraufholen. Aber Was sagt sie? Nahe bei dir das Wort EcrtLV, EV L
9 Ö'tL eav
ÖJlOAOY~Ö'U~
Ev 't0 o'toJlCl.'tL OOU KUQLOV
Weil wenn du aussprichst in dem Mund deiner [den] . Herrn
'I'l1oo'Üv, KCl.L mo'tEuou~ ev 'tTI KaQ&L~ OOll Ö'tL Ö 8EO~ Jesus, und glaubst in dem Herzen deiner, daß der Gott au'tov iiYELQEV EK VEKQWV, olO8~oU' ihn·auferweckt hat von [den] Toten, wirst du gerettet werden;
10
KaQ&L~ yaQ mmEuE'tCI.L e1,~ &LKCl.LOOUV'I']v, o'toJlan
mit [dem] Herzen nämlich glaubt man zur Gerechtigkeit, mit [dem] Mund M 0IlOAoYEL'tCI.L Ei.~ !JlO't'r]Qlav. 11 AEYEL yaQ ~ YQacp~' aber spricht man aus zur Rettung. Es sagt nämlich die Schrift: :n:ä~ 6 mO'tE1JlOV E:rt' ail't0 OV KCl.'tCI.Loxuv8~OE'tCI.L. Jeder Glaubende bei sich nicht verwirrt sein wird.
120u Y<XQ EO'tLV &Lao'toAlJ 'lou&aLou 'tE KaI, Nicht nämlich ist Unterschied von Jude und
"EAA:llVO~.
6 yaQ
ai,,;o~ KUQLO~
:n:cty'Cwv, :n:AO'lrtWV
E~
Grieche. Der nämlich selbst Herr von allen, reich seiend für :n:UV'ta~ 'tou~ EmKaAouIlEvOU~
a'Ü'tov·
alle die Anrufenden ihn.
11,1-16
11 1 AEYW oiiv, IllJ a:n:woa'to 6 9EO~ 'tov Aaov Ich sage nun: nicht hat zurückgewiesen der Gott das Volk a'Ü'to'Ü; IllJ yEVOLtO· Kai. yaQ EYW 'IoQa'Y\AL't'Y\~ dill., EK seiner? Nicht geschehe es! Auch nämlich ich Israelit bin, aus o:n:EQlla'tO~ ':L\.ßQaull. epUAfj~ BEvLaIlLv.
2 O'ÜK
[dem] Samen Abrahams, dem Stamm Benjamins. Nicht
a:n:woa'to 6 eEO~ tOV Aaov a'Ü'to'Ü ÖV :n:QOEyVW. zurückgewiesen hat der Gott das Volk seiner, das er vorher ausersehen hat..
fl
O'ÜK o'Löa'tE Ev 'HALq. 'tL AEYEL TJ YQaepTt, cb~
Oder nicht wißt ihr in Elias was sagt die Schrift, wie
EVLUYXUVEL 'tq> eEq> Ka'ta 'tO'Ü 'IoQaTtA; 3 KUQLE, er begegnet dem Gott gegen das Israel? 'tou~ :n:QOepTt'ta~
Herr,
oou a:n:EK'tELVaV, ta 9UOLaOtTtQLCt
die Propheten deiner haben sie getötet, die Altäre
oou KatEOKa'l!JaV, Kayw u:n:EAELepO'Y\v IlOVO~ Kai. deiner haben sie zerstört, und ich bin übrig geblieben allein, , undj l;'Y\'tO'ÜOLV 'tlJv 'l/JUXTtv Ilou. 4 aUa tL AEYEL a'Ü'tq> o·~ sie suchen das Leben meiner. XQ'Y\lla'tLOllo~;
Aber was sagt ihm das
Ka'tEAL:n:oV ellaUtq> e:n:taKLOXLALOU~
Orakel? Ich habe übrig gelassen für mich siebentausend
186
ävoQa~, OL"CLVe~ OUK eKa!J.'ljJaV YOV'\J
't'fi BaaA.
Männer. welche nicht gebeugt haben Knie dem Baal.
S oihoo~ oiiv Kat EV -cCi> V'ÜV KaLQCi> AeL!J.!J.a Ka-c' So also auch in der jetzt Zeit [ein] Rest nach
EKAOYJiV xaQL-CO~ yEyovev·
6 et OE XaQL"tL, OUKlhL
Auswahl von Gnade ist entstanden; wenn aber durch . Gnade. nicht mehr E~ eQYoov, heet ~ xaQ~ OUKE-CL YLve-caL xaQ~. aus Werken. sonst die Gnade nicht mehr ist Gnade.
7 TL oiiv; Ö Em~TJ-CeL 'IoQa'liA. -CO'Ü-CO OUK EJtEwxev, Was also? Was sucht Israel. das nicht hat es erlangt.
~ OE EKAOyiJ EJtEw~ev· oL OE AOLJtOt EJtooQwf)TJoav, die aber Auswahl hat eS erlangt; die Restlichen wurden ,
8
verhärtet.
Ka8cb~ yEYQaJt"t~L· eoooKev au-co~
0
8eo~
wie geschrieben steßt: Gegeben hat ihnen der Gott ~ve'Ü!J.a Ka-cavu~eoj~, ö
Geist [der] Regungslo~igkeit. Augen um nicht zu sehen ,
T
_
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,
CI
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,
Km w-ca -cou !J.TJ aKoueLv, eoo~ -CTJ~ oTJ!J.eQov TJ!J.eQa~. und Ohren um nicht zu hören. bis zum heutigen Tag.
9 Kat Llauto HyeL· ,yevTJ8TJ-coo ~
-cQaJte~a au-cffiv
Und David sagt: W~rden soll der Tisch von ihnen e~ ~aYLoa Kat et~ ~TJQav Kat e~ OKavoaAOv Kat Et~
zur Schlinge und zum Netz und zum Stolperstein und zur
CtV"'CMOOO!J.a aU-COL~, 10 OKO-CL08TJ-coooav oL Belohnung für sie.
verfinstert werden sollen die
öcp8aA.ILot ai,.twv "tO'Ü ILTJ ßA.E3tELV, Kat "tov vw"tOv Augen von ihnen um nicht zu sehen, und der Rücken
au"twv öux 3tav"to~ O'iJYKaIL'ljJoV. von ihnen für immer sich beuge.
11 Atyoo o'Öv, J.tTJ· e3t"tmoav Lva 3ttOOOOLV; ILTJ Ich sage nun: Nicht schwankten sie, damit sie fielen? Nicht
ytvOL"tO· &.A")...a. "tq> au"twv 3tagamooILa"tL 11 ooo"tl1Qta geschehe es! Aber durch ihren Fehltritt die Rettung "tOL~
e8vEOLv, EL~ "to 3taga!;TJA.wom au"tOu~.
[ist gekommen zu] den Völkern, zum Eifersüchtig-Machen sie.
12 EL
öe "to 3tagWt"tooILa au"twv 3tA.o'Ü"to~ KOOILOU Kat
Wenn dann der Fehltritt ihner [der] Reichtum der Welt [war] und
"to Tl"t"tTJILU au"twv 3tA.O'Ü"tO~ B8vwv, ltooq,> !!ä.A.A.OV tO die Verminderung ihrer [der] Reichtum der Völker, um so mehr die ltA.Ttgoo!!a au"twv. 13 'Y!!LV öt A.tyoo "tOL~ Fülle ihrer.
Euch dann sage ich den
e8vEOW. ecp' öoov !!EV o'Öv EL!!L BYW e8vwv Völkern. Insofern also bin ich der Völker altoatOA.o~, "t~v ÖLaKOVtav !!OU öos6.!;oo,
Gesandter, den Dienst meiner ehre ich, ltOO~
14 EL wenn
ltaga!;l1A.ooooo !!OU "t~v O
ich eifersüchtig machen werde meiner das Fleisch und retten·: werde einige;
BS au"twv. 15 Ei yag von ihnen.
188
11 altoßoA.~ au"twv
Wenn denn die Verlassenheit von ihnen
.
KU-CUAAUY'1KOOIl0'U,
~i.~
f)
3tQOOATJIl'l/'L~
EI. lliJ SWiJ EK
Versöhnung der Welt [gciwesen ist], was [wird sein] [ihre] Au~nahme wenn nicht [das] Leben von \
veKQoov; 16 el. öe: f) q.3tuQx'l'J ayLu, K.UL -co q>vQu/lu' [den] Toten?
Wenn da~n die Erstlingsgabe heilig [ist], i [so] auch der Teig;
KUt el. f) QL~u ayLa, Kq.t OL KAMm. und wenn die Wurzel heilig [ist], [so] auch die Zweige.
25 Ou yaQ geAw u/lä~ &yvoetv, &öeAq>oL, -co Nicht nämlich will ich, [daß] ihr nicht wißt, Brüder, das
IllJoriJQLOV -co'o-co, LVU [/l'l'J ~-ce EU'U-CO~ q>QOVL/lOL, ön
Geheimnis dieses, damit Aicht ihr seid für euch selbst klug: , daß
1t(i>QWOL~ &3tO /leQolJ~ !-cc:p 'IoQu'l'JA yeyovev äXQL oii
Verhärtung zum Teil dem! Israel ist widerfahren, bis daß
tO 3tA~QWf.tU tOOV E9v6bv el.oeA9n, 26 KUt oü-cw~ die Fülle der Völker einge~reten sei, und so ~ö.~ 'IoQ<X11A ow9~oe-c~L, Ku9w~ yeYQu3t"C<XL' tlt;eL EK .ganz Israel wird gerettet werden, wie geschrieben steht: Es i wird kommen aus
l:Lv 0 Q'Uo/levo~, &3t0p-cQe'l/'EL &oEßeLu~ &m> Zion der Rettende, er wird ausstoßen [die] Gottlosigkeiten aus
1:UKOOß· Jakob.
13
8 MTJÖeVL /lTJöe:v orpeLA.e-ce, EI. /liJ tO &AA~AO'U~I3, 8-10 Niemandem für ni~hts Schuldner seid, wenn nicht das einander
aya'Stäv· 0 yaQ aya'Stoov 'tov ihEQOV vO!J.ov Lieben; der nämlich Liebende den anderen [das] Gesetz
'StE'StAl)QWKEV. 9 'to yaQ DU !J.OLXEUOEL~ DU erfüllt hat.
D"as nämlich: Nicht sollst du ehebrechen, nicht.
CPOVEUOEL~, DU KA.8'ljJeu;, OUK Em8'U!J.l)OE~, Kai. Ei: 'tL~
töten, nicht stehlen, nicht begehren, und wenn [es gibt] ein
€'tEQa Ev'tOAl), EV 'tq> A.6y~ 'tOU't~ avaKEcpaAaLo'Ü'taL anderes Gebot, in dem Wort dieses wird rekapituliert
[EV 'tq>]- aya'Stl)OE~ 'tov 'StA'I10LoV 00'U w~ OEa'U'tov. in dem: Du wirst lieben den Nächsten deiner wie dich selbst.
10 Tt aya'!t'l1 'tq> 'StA'I10tov KaKov OUK EQyatE'taL· Die Liebe zum Nächsten Schlechtes nicht bewirkt;
'StAl)QW!J.a O-DV vO!J.o'U Tt aya'St'l1. Vollendung also [des] Gesetzes [ist] die Liebe.
Aus dem Ersten Briefan die Korinther
1 22
E1CELOTJ Kat 'Io'UoatpL OTII..LEta aL-to'Ümv Kat Denn sowohl [die] Ju!den Zeichen fordern als auch
"EAATjVE~ oocptav ~Tj'tO'Üd,LV, 23 Tjj.tEt~ oe [die] Griechen Weisheit suc~en, wir aber 1C'!]QUOOOj.tEV XQLO'tOV
Eo~a'UQwj.tevov, 'Io'UoatOL~ i
verkündigen den Messias [den] gekreuzigten, [für die] Juden
I1EV OK
tO~ KATj'tO~, 'Io'Uoai.o~ tE Kai. "EAATjOLV, XQLO'tOV den Berufenen, Juden als au~h Griechen, Messias
ew'Ü öUvaj.tLV Kai. SEO'Ü qocptav. 25 Ö'tL 'to j.twQov i
von Gott Potenz und von Gott Weisheit. Denn der , Wahnsinn
to'Ü SEO'Ü OOCPW'tEQOV 'twv avSQw1CwV EO'ti.v Kai. 'to des Gottes weiser als die Menschen ist und die
a(JeEVe~ 'to'Ü SEO'Ü tOX'UQ~'tEQOV 'twv avSQw1CwV. Schwäche des Gottes [ist] st~rker als die Menschen.
26 BM1CE'tE YUQ 'tTJV KAflbw uj.twv, aOEAcpot, Ö'tL O"Ö Seht an doch den Ruf etj.er, Brüder, denn nicht
noAA.ot oocpoi. Ka'tu o
Fleis~h, nicht viele Potente, nicht
;:noAAoi. E'ÜYEvEt~· 27 aA~u 'tu j.twQu 'tO'Ü KOOj.tO'U '[sind] viele Wohlgeborene; aber das Wahnsinnige der Welt
1,22-29
ESet..Esa'to Ö 8eoc; tva lW'tat.OxUVn 'tOUC; OocpOUC;, Kai. hat gewählt der Gott um zu verwirren die Weisen, und
'tU aoSevfJ 'tO'Ü KOOIl0'U eset..esa'to ö Seoc; tva das Schwache der Welt hat gewählt der Gott um zu
Ka'taLOXuvn 'tu l.osuQa, 28 Kat 'tU ayevfJ 'tO'Ü verwirren das Starke,
und das Niedere der
KOOIl0'U Kat 'tU Eso'USev'YJIlEva ESet..esa'to ö 8eoc;, 'tU Welt und das Verachtete hat gewählt der Gott, das
Ili! öv'ta, tva 'tu öV'ta Ka'taQYYJon, 29 ÖltOlC; Ili! nicht Seiende um das Seiende zu zerstören, damit nicht
Ka'UXYJO'YJ'taL ltäoa oUQS EVOOltt.OV 'to'Ü Seo'Ü. sich rühme jedes Fleisch vor- dem Gott.
2,1-5
2 1 Kayw EASWV ltQOC; UlläC;, aöeA<pot, ~ASOV o'Ü Auch ich kommend zu euch, Brüder, kam nicht
KaS' ulteQoxi!v A.6YOlJ Ti oocptac; Ka'taYYEAAOlV UIlLV mit Übermaß [des] Wortes oder [der] Weisheit verkündigend euch
'to ll'UO'tfJQLOV 'toii 8eo'Ü. 2 o'Ü YUQ EKQLva 'tL das Geheimnis des Gottes.
Nicht nämlich dachte ich
etöEVaL ev UIlLV et Ili! 'I'YJooiiv XQLO'tOV Kai. 'tO'Ü'tOV etwas zu wissen unter euch wenn nicht Jesus Messias und diesen
EO'ta'UQOlIlEvoV. 3 Kayw ev aoSeveLq. Kat EV <poßCJ:l Gekreuzigten.
Auch ich in Schwäche und in FUrcht
und in Zittern viel war bei euch,
und &s.
/..oyor; lLo\J lw.L 't0 KTJQ\JYIL~ lLo\J OUK EV :n;eL8oir; Wort meiner und die Verküntligung meiner nicht [war] in . überredenden
O'oq>i.ar; MYOM; a/../..' EV a:n;ööet~eL :n;VE'l'IlatOr; Kat Weisheits-Worten, sondern iJ Erweis des Geistes und
Ö\JvalleOOr;,. 5 Lva Tj der Potenz,
:n;Lot~ uIlrov Ilti TI EV croq>L~
damit der Glaube von euch nicht sei in i Weisheit
av8Q<1moov a/../..' EV Ö\JvalltL 8wu. von [den] Menschen sondern ~n [der] Potenz von Gott.
7 17 Et ILti EKaotq> wr; lLe~eQLKev 0 KUQLOr;, Sonst jedem wie zugeteilt h~t der Herr, ,
EKaotOv wr; KEK/..1lKev 0 8~or;, o'ÜtOOr; :n;EQL:ltatELtoo. jeden wie berufen hat der Gott, so wandle er.
Kat o'ÜtOOr; EV mir; EKK/..1lcrthtr; :n;acraLr; ÖLatacrcrollaL. Und so in den VersammlungeI';t allen ordne ich an. !
18 :n;EQL'tEtll1llleVOr; 'ttr; EK~TJ81l; ILti E:ltLcr:n;acr8oo' [Als] Beschnittener jeman4 wurde berufen? Nicht soll er , [die Vorhaut] überziehen!
EV aKQoß\JotL~ KeK/..1ltaL tk; Ilti :n;EQLtEIlvecr800.
In Unbeschnittenheit berufen .:.vurde jemand? Nicht lasse er • sich beschneiden!
'19 ~ :n;EQLtOllti oMev EotL~, Kat Tj aKQoß\Jotta oMev Die Beschneidung nichts i~t, und die Unbeschnittenheit i nichts
JO'tLV, aUa 'tTJQ1lmv Ev'tO/..4>v 8wu. 20 EKaotOr; EV i'ist, aber [die) Beachtung [der) Gebote Gottes. Jeder in
193
-cil K,,:rIO€L TI EKA1l8TJ, EV -calJ"tu J.t€venJ). 21 öouAo~ der Berufung durch die er berufen, in der bleibe er. [Als] Sklave EKATJ8TJ~;
J.tTJ OOL J.t€M-cw· aAl..' €L Kat MvaoaL
wurdest du berufen? Nicht dich kümmere! Aber wenn auch du kannst . EA€u8€Qo~ y€veo8ai.,
J.taAAov XQfjOaL. 22 0 YUQ EV
frei werden, um so mehr gebrauche.
Der nämlich in
KUQl.q> KATJ8€~ öouAo~ a:n;€A€u8€Qo~ KUQtOU Eo-ctV' [dem] Herrn berufene Sklave Freigelassener [des] Herrn ist; OJ.totw~
0 eA€u8€Qo~ KATJ8€~ öouA6~ eO"tLV XQLO"tou.
gleichermaßen der [als] Freier berufene Sklave ist [des] Messias.
23 -CLJ.tfj~ fJyoQclo8TJt€· J.tiJ ytvw8€ öouAOL Zum Preis seid ihr gekauft worden; nicht werdet Sklaven
av8Qo>:7twv. 24 eKaO"to~ ev
Jeder in dem, [zu dem] er berufen wurde, Brüder,
Ev -cou-cq> fL€vhw :n;aQu 8€cp. in diesem bleibe er vor Gott.
7,29-32 29 Touto öe CPTJJ.tL, M€Acpot, 0 KaLQO~ Dies aber sage ich, Brüder, die Zeit ouv€O"taAJ.tevo~
eo-ctv' -co AOL:7tOV Lva Kai. OL exovt€~
zusammengedrängt ist; der Rest, damit auch die Habenden
roc; JlT) EXOV'tEC; (baLv,
30 Kat ot KAatovtE~
Frauen als ob nicht Habende seien,
und die Weinenden
YlJVatK(l~
194
00(; j.Lf) KAaLov'te(;, Kai. oi. x~tQov'te(; W(; j.Lf) XatQOV'te(;, als ob nicht Weinende. und di~ sich Freuenden als ob nicht . sich Freuende.
Kat oi. ayoQa~OV'te(; W(; j.Lf) ]ca'texov'te(;, 31 Kat oi. und die Kaufenden als ob nicht Behaltende.
und die
XQWj.LeVOL 'tov KOO!lOV W(; j.Lf) KaLa.XQW!leVOL· Gebrauchenden die Welt als ob nicht Verbrauchende:
:n:aQayeL yaQ 'to oxii!la 'tOü: KOOj.LOlJ 'tou'tOlJ. Es vergeht nämlich die Gestalt :der Welt dieser.
32 eeAw öe U!lcl(; aJ.LeQLj.LvblJ(; eLVaL. Ich will aber. [daß] ihr ohne Sorgen seid.
9
19 'EAeu8eQO(; yaQ wv EK :n:av'twv :n:clmv Frei nämlich seiend von: allen. allen
BILa'U'tov eöouAwoa, Lva tOU(; :n:AeLova(; KeQÖtiOW· mich habe ich zum Sklaven gemacht. damit ich die ; mehreren gewinne;
ZO Kat eyeVOj.L'YJV 'tOL(; 'Io'UönLOL~ W~ 'IOlJÖaLo~, Lva und ich wurde den Juden ~ie ein Jude, damit [die]
lo'UöatolJ~ KeQÖi)OW· 'tOL~ ~:n:o vOJ.LOV w~ u:n:o vOj.Lov, Juden ich gewinne; mit denen. [die sind] unter [dem] Gesetz wie unter [dem] Gesetz. ~~ wv auto<; u:n:o VO!lOV, Lva 'tou<; u:n:o VO/LOV :nicht seiend selbst unter [dem] Gesetz, damit die unter [dem] Gesetz
icEQÖtioW· 21 tOL<; aVO!lOLg wg ävoj.Log, j.Lf) WV :~ch gewinne;
mit denen ohne Gesetz wie ohne Gesetz, nicht seiend
195
aVOILO~ geo'Ü aAA' EWOILO~ XQLOLO'Ü, LVCI. KeQM.voo
ohne Gesetz Gottes, sondern im Gesetz von [dem] Messias, damit ich gewinne 'toiJ~ avoILou~· 22 eyevOIL'I')V 'to~ ao8evEoLV
die ohne Gesetz; ich wurde mit den Schwachen ao8evt1~, LVCI. 'toiJ~ ao8evet~ KeQOTJOoo· 'to~ 3tä,OLV
schwach, damit die Schwachen ich gewinne; mit allen
yEyOVCI. 3tclV'tCl., LVCI. 3tclV'tOO~ 'tLVU~ owooo. bin ich geworden alles, damit auf jede Weise einige ich rette.
10,1-6
10 1
Ou 8EAOO YUQ tJILä,~ ayvoELv, aoeAcpoL, Ö'tL ot
Nicht will ich nämlich [daß] ihr nicht wißt, Brüder, daß die 3tCl.'tEQe~ lIILWV 3tclV'te~ tJ3tO 'ttlv VECPEA'I')V ~OCl.V KCl.t Väter von uns alle unter der Wolke waren und
alle durch das Meer hindurch gingen, E~ 'tov Mootioijv eßCl.3t'tLo8'10Cl.V
und alle
ev 'tfl VECPEATI KCl.t EV
in den Moses sind eingetaucht worden in die Wolke und in
das Meer
und alle dieselbe geistige
ßQWILCI. EcpCl.YOV, 4 KCl.t 3tclV'tEPO Cl.u'to Speise gegessen haben, und alle denselben
3tVeUILCI.'tLKOV E3tLOV 3t0ILCI.· E3tLVOV YUQ EK geistigen getrunken haben Trank; sie tranken nämlich aus,
3tVEU/-LCI.'tLKfJ~ aKoAOu8ouo'l')~ 3tE'tQCI.~, 1I 3tE'tQCI. oe ~v: [einem] geistigen der [sie] begleitete Felsen, der Felsen aber'
waq
(, XgLo't6~. 5 'A!J...' OUK e~ 'to~ nA,ELoOLV uu'twv der Messias.
Aber nicht in! den mehreren von ihnen
EUöOK'Y]OEV 0 8E6~' KU'tEO't~w8'Y]ouv yag EV fand Gefallen der Gott; sie wurden niedergestreckt nämlich in
tfi Egtlj.tq>· 6 der Wüste.
'tU'Ü'tU öe 'tuftOL ~j.twv eYEvtl8'Y]OUv, Et~
Diese [Dinge) [als) Figuren von uns geschahen,
to IlTt ElvaL ~j.ta~ Em8'Uj.t'Y]'ta~ KUKWV, Ku8
lCCUCELVOL EnE8uj.tTJouv. auch jene [es) begehrten.
11 'tU'ÜW öE 't'UmKW~ O'UveßaLVEV eKELvOL~, Eyg6.cp'Y]
10, II
Diese Dinge aber als Figuren geschahen für jene, wurden geschrieben
M Jtgo~ vo'U8eoLuv ~j.twv, E~ ö'U~ 'ta 'tEA,'Y] 'tWV dann zur Anweisung von uns, in denen die Enden der
ui.ci>vwv KU'ttlV't'Y]KEV. Zeiten sich gegenüberstehen.
13
1 'Eav 'tu~ yA,WOOaL~j'twv av8gwnwv A,UA,W Wenn auch in den Zurtgen der Menschen ich . spreche
1i:ut toov aYYEA,WV, ay6.n'Y]v,öE j.tTt ;hnd der Engel, [die) Liebe
exw, YEyova
abe~ nicht ich habe, bin ich
t~AJCO~ ~xwv 11 KUj.tßUA,OV aA,uA,6.~ov.
~ tönendes oder Zimbel gell~nde.
2 KUi. eav Und wenn auch
197
exw TtQocprrcELav Kai. dooo "Ca IlUo"CTJQLa Tta.v"Ca Kai. ich habe [die) Prophezeiung und ich kenne die Geheimnisse alle und Ttäoav "CTJV YVooOLV, Käv EXW Ttäoav 'ti)v TttO'tLV WO"CE alles das Wissen. und wenn auch ich habe allen den . Glauben sovid öQ'I'] !-LE8LO'ta.vaL, aya.Tt'l']v OE !-LTJ EXW, oMev EL!-LL. [zum] Berge versetzen, [die] Liebe aber nicht habe. nichts bin ich. 3 Käv 'ljJW!-LWW Tta.v"Ca"Ca UTta.Qxov"Ca.!-LOU, KaI. eav Und wenn auch ich verteile in Stücken alle die Güter meiner. und wenn auch TtaQaooo "Co OOO!-La. !-L0U LVCX KaUXTJOW!-LaL, aya.Tt'l']v OE ich hingebe den Körper von mir, damit ich mich rühme. [die) Liebe aber !-LTJ EXW, o'ÜöEv OOCPEAO'ÜllaL. 4 eH aya.Tt'l'] nicht habe. zu nichts werde ich nützlich sein. Die Liebe !-LaKQ08u!-LEL, XQ'I']O'tEUE"CaL i) aya.Tt'l'], O'Ü t'l']AOL, i) ist großmütig. kann nutzen die Liebe, nicht eifersüchtig, die
Liebe nicht prahlt. nicht bläht sie sich auf,
nicht ist
aOX'l']1l0VEL, O'Ü t'l']"CEL"Ca eau'tf)~, 0'Ü TtaQo~uvE"CCXL, O'Ö ; sie unanständig. nicht sucht sie das Ihre, nicht wird sie zornig. nicht: AOyttE"CaL "Co KaKOV, 6 O'Ü xatgEL ETtI. "Cf! &öLKt~, rechnet sie das Böse.
nicht freut sie sich über die Ungerechtigkeit. ouyx.atgEL OE "Cf! aA'I']8Et~· 7 Tta.v"Ca O'teYEL, Tta.V"Ccx sie freut sich aber der Wahrheit. Alles überdeckt sie. alles
TtLO'tEUEL, Tta.V"Ca EATtt~EL, Tta.v"Ca uTt0llevEL. glaubt sie. alles hofft sie. alles erträgt sie.
8 'H aycl3t'YJ oUöe3to'te 3ti.rt~eL· e'L'te Oe 3tQ0
Ku'tuQY'YJ8i]oovtaL·
ei:~e yA,WOOaL, 3tUUOOV'tUL·
sie werden vergehen; seie* es Zungen, sie werden aufhören;
eL'te YVWOL~, KU'tuQY'YJ8i]oe'taL. 9 EK /leQo'U~ yaQ sei es Wissen, es wird ver~ehen. ,
, ,
, !
Zum Teil nämlich I
YLVCOOKO/lEV KaL eK /lEQO'U~ 3tQ0
10 ö'tuv Oe EA,8n 'to 'te~ELov, 'to BK /leQo'U~ wenn aber kommt da$ Vollkommene, das aus Teilen !
wird unwirksam werden.'
Als ich war Kind, sprach ich
00<;; vi]mo~, e
[ein] Kind, als ich geworden bin Mann, habe ich unwirksam gemacht das des
'V'YJltLo'U. 12 ßM3to/levyaQ äQ'tL ÖL' EoomQO'U ev Kindes.
Wir sehen nämlich jetzt durch [einen] Spiegel
aMY/lU'tL, 'to'te
oe 3tQodC03tOV 3tQo~ 3tQOOC03tOV· äQ'tL
in [ein) Rätsel, dann aber ~on Angesicht zu Angesicht; jetzt
YWWOKCO EK /leQo'U~, 'toree Oe EmyvooOO/laL Ku8cb~ weiß ich zum Teil, dann aber werde ich wissen, wie
tat elteyvooo81lv. 13 'V'Uvt Oe /leVeL 3tLO't~, eA,3tL~, auch ich erkannt wurde. Jetzt aber bleibt [der] Glaube, . [die] Hoffnung, 199
oyanT), 'tU 'tgLO 'tO'Ü'tO· JlEL~WV
oe 'tolJ'twv fJ oyaJtT).
[die] Liebe, die drei diese; die größere aber von diesen [ist] die Liebe.
15,7-9
15
7 EJtEL'ta mcp9T) '!OKWß
Jtö'mv· 8 EOXO'tOV öt nav'twv WOJtEgEL 't
zuletzt dann unter allen als der
BK'tQWJA.O'tL mcp9T) KOJl0t. 9 'Eyro yag ELJlL 6 Mißgeburt erschien er auch mir. Ich nämlich bin der BAaXLO'tO~ 'tOOV onoO'toAwv, o~ OUK ELJlL I.KovO~
kleinste der Apostel. der nicht ich bin würdig
KOAEto9aL OJtOO'tOAO~, ÖW'tL BÖtwso 't'l)v BKKAYJOtaV genannt zu werden Apostel. denn ich verfolgte die Versammlung
'tO'Ü 9EO'Ü: des Gottes.
-15,20-28 20 NuvL öt XgLO'tO~ ByTtYEg'taL BK vEKgoov, onogx'I) Jetzt aber [der] Messias ist auferstanden von [den] Toten. Erstlingsgabe
'toov KEKOLJlT)JlEVWV. 21 BJtELÖ'I) yaQ ÖL' ov9QwJtOlJ der Entschlafenen.
Da nämlich durch [einen] . Menschen [der]
9avo'to~, KOL ÖL' ov9gwJtou ovao'tom~ VEKQOOV.
Tod. auch durch [einen] Menschen [die] Auferstehung von: [den] Toten;
22 oooJteQ yag Bv 't
200
O'Üt(l)~ Kai. f.v t(f> XQLO't(f> :n:aV~E~ Sq>O:n:OL'l'J0tl00vtaL. so auch in dem Messias alle werdeh lebendig gemacht i werden. 23 "EKaO'to~ M EV t(f> töLq> t6,ly!J.a'tL" a:n:aQX" Jeder aber in der eigenen Ord~ung: Ersdingsgabe [ist der]
XQLot6~, e:n:ELta OL to'Ü XQLO't9'Ü €v LfI :n:aQo1Jot~ Messias. dann die des Messias in d~r Ankunft
UUto'Ü, 24 eIta tO teAO~, ö'talv :n:aQabLC~oL t"V seiner.
dann das Ende. weml er übergeben wird das
:
ßaOLAetav t(f> Oe(f> Kai. :n:atQt, ötav Ka'taQytlon Reich dem Gott und Vater, wenn e* unwirksam machen wird
ndoav aQX"v Kai. :n:ä.oav
E;o~oi.av Kai. Mva!J.Lv.
alle Herrschaft und alle Macht und! Potenz.
25 ~eL yaQ autov ßaOLAeueLv (xXQL oii On :n:avta~ Es ist nötig nämlich [daß] er herrsche. bis er gelegt hat alle
tous EXOQOU~ u:n:o tOU~ :n:Ma~ a1Jto'Ü. die Feinde unter die Füße seiner.
26
EoxatO~ EXOQO~ KataQyetti:u 6 eavato~'
Letzter Feind wird unwirksam ~emacht werden der Tod;
(27 navta yaQ u:n:eta;Ev u:n:o ~ou~ :n:Ma~ au'to'Ü. alles nämlich hat er unterworfe~ unter die Füße seiner.
~av ~e Emu ÖtL :n:avta u:n:o'tetaK'taL, bfjAOV ÖtL ~.
I
Wenn aber er sagt, daß alles unterwbrfen ist, [ist] klar, daß [ist]
ettoS to'Ü u:n:otasavto~ aut(f> ~a :n:avta.
28 ötav
~~r dem, der unterworfen hat ai.n) das Ganze.
Wenn
201
M lJ3to'tayfj au'tq> 'tCt. :n:av'ta, 'tO'tE Kat au'toc; Ö ul6 dann unterworfen sein wird ihm das Ganze, dann auch selbst der Soh
u:n:o'taYiloE'taL 'tq> u:n:o'ta1;av'tL au'tq> 'tCt. :n:av'ta, Lva unterworfen sein wird dem, der unterworfen hat ihm das Ganze, damit S(
6 eEO~ :n:av'ta EV :n:ämv. der Goer alles in allem.
Aus dem Zweiten Briefan die Korinther 3, 1-3
3 1
'i\QXOILEea :n:af...LV Eau'tO'\J~ O1JVLO'taVELV; Ti IL'Yj Beginnen wir von neuem uns selbst zu empfehlen? . Oder niclii
XQUtOILEV &~ 'tLVE~ OUO'ta'tLKWV E:n:LO'tOf...WV :n:Qo~ brauchen wir wie einige empfehlende Briefe an
UILäC; Ti E1; UILWV; 2 T] E:n:LO'tOf...TJ T]ILWV UILE~ EO'tE, euch oder von euch?
Der Brief von uns ihr seid,
'~YYEYQaILILEV'Yj EV 'ta~ KaQÖLaLC; T]ILWV, YLVOOOKOILEVm eingeschrieben in die Herzen unser, erkannt
Kat avaYLVOOOKOILEV'Yj u:n:o :n:av'toov aveQoo:n:oov, und gelesen von allen Menschen,
3 <pavEQouILEVOL Ö'tL EO'tE E:n:LO'tOf...TJ XQLO'tO'Ü offenbart werdende, daß ihr seid [der] Brief [des] Messiai;
ÖLaKOV'YjeELoa u
af...A.a. 3tVEUILa'tL eeo'Ü tWV'tO~, OUK EV :n:f...a1;i.v f...LeLv~it1 sondern mit dem Geist Goeres lebenden, nicht aufTafehll ausS~ . 202
a,').).: Ev JtA.a;LV KaQOLaLt oaQKtVaL~. sondern auf Tafeln Herzen:aus Fleisch. !
12 "EXOV1:E~ o-ov 1:OLau~'Y)v EAJtLoa JtOA.Af!
3, 12-18
;
Habend also solche Hdffnung viel ,
nUQQ'Y)otg XQwtJ.E8a,
1~
Kat 0" Ka8ctJtEQ
Mootiof\~
Freiheit des Wortes gebrau~en wir, und nicht wie Moses
hteEL KnAu""""a EJtL 1:0 rtQooooJtov a"wü, JtQo~ 1:0 .legte [einen] Schleier auf d:j.s Gesicht seiner, damit
·Il~ a1:EVLOaL 1:0U~ uLou~ :IoQai]A E~ 1:0 1:EAO~ 1:0'Ü nicht schauen die Söhne Is~aels auf das Ende vo.n dem, was
lCU1:UQYOU""EVOU. 14
&~M EJtooQw8'Y) 1:a. voTJtJ.u1:a
unwirksam gemacht worde~. ist. Aber verhärtet worden sind : die Gedanken
liu1:oov. äXQL ya.Q 1:f\~ oiJ~EQOV ~""EQa~ 1:0 a"1:o I
ihrer. Bis nämlich zum heutigen Tag derselbe
icaAu""""u EJtt 1:f! &VUYVo)OEL 1:f\~ JtuA.aLä~ OLu8TJK'Y)~ .Schleier auf der Vorlesung 4es alten Bundes .~~ :
pivEL, tJ.TJ &vuKaA.uJt1:0""evov Ö1:L EV XQL01:q>. :bleibt, nicht aufgedeckt we~dend, da in [dem] Messias
'katUQYEL1:aL' 15 &1..1..' Eb~ OTJtJ.EQOV ~vtKU äv :.er unwirksam wird; aber bik, heute, wenn etwa ;&VUYLVWOK'Y)1:aL MootiOf\t KnAutJ.""U EJtt ,;i]v KaQotuv
fhkn liest Moses, [der] Schh~ier auf dem Herzen
r~~tö>v KEL1:aL' 16 ~vtKq OE Mv EJtL01:QE'\jJ'Y) JtQOS
IDfi~r liegt.
Wenn ;aber [man] sich wendet zu
2°3
KUQLOV, 3tEQLULQEL'taL 't0 Ka",u!J.!J.u. 17 6
öe KUQLO~
[dem] Herrn, wird weggenommen der Schleier. Der Herr
'to 3tVEu!J.a eo'tLv· 0.0
öe "&0 3tVEU!J.U KUQLou,
der Geist ist; wo aber der Geist [des] Herrn [ist],
[ist] Freiheit.
Wir nun alle mit entschleiertem
3tQoooom!:> 't'l)v M~uv KUQLOU KU't03t'tQL~OIlEVOL Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel schauend 'ti)v ulJ'ti)v ELKOVU !J.EtUIlOQCPOUIlE8u &3tO M~'YJ~ ei.~ dasselbe Bild sind verwandelt von Herrlichkeit zu
Ml;uv, Ku8a3tEQ &3t0 KUQLOU 3tVEUIlUtO~. Herrlichkeit, wie [der] von [dem] Herrn Geist [gegeben ist}.
5, 16-17 5 16 "QOtE iJIlEL~ &3t0 tO'O V'OV OllÖ€VU otÖU!J.EV Daher wir von dem Jetzt niemanden kennen
KUtel OelQKU· Ei. KUt eYVOOKUIlEV KUtel oaQKu nach [dem] Fleisch; wenn auch wir gekannt haben nach [dem] Fleischi
XQLOtOV, &"'A.el V'OV ollKetL YWOOOKOIlEV. [den] Messias, aber jetzt nicht mehr [ihn] wir erkennen.
17 wOtE Et t~ Ev XQLOtc:p, KUWi) KtLOL~· tel &Qxuta Daher, wenn jemand in [dem] Messias [ist], neue .. Schäpfung. Das A1~
3tUQf)",8EV, LÖOU yeyovEv KaLVa. ist vorbeigegangen, siehe, geworden ist Neues.
204
12 1 Ka'UXacr8aL OEi:, oul <J'U!J.cpeQov !J.ev, Sich rühmen muß ma~, nicht nützlich [ist] es zwar, EAEucrOIA.aL oe
12, I-IO
d~ oJ't'tacrta~ Kai. aJ'tOKaA.U'ljJE~
ich werde aber kommen 7.U
d~n Visionen und
I Offenbarungen K'UQLo'U. 2 oLoa äv8Q<.OJ'tqv EV XQLO'tlp J'tQo E'tWV [des] Herrn. Ich kenne [eine~] Menschen in [dem] Messias ,
,
vor Jahren
bEKa'tEcrcraQwv, EL'tE EV croj!J.a'tL OUK oLOa, EL'tE E1C'tO~ vierzehn, ob in [dem] Körper bicht ich weiß, ob außerhalb !
to'Ü m1>!J.a'to~ OUK oUla, 0 ~EO~ oLOEv,
tov 'tOLOU'tOV E<.O~ 'tQL'to'U ~lUQavou. 3 Kai. oLoa 'tov der so beschaffene bis [zum] d~itten Himmel. Und ich weiß,
i
[daß]
tOLO'Ü'tOV äv8Q<.OJ'tov EL'tE E~ m1>!J.a'tL EL'tE x.<.OQi.~ 'tou .,derselbe Mensch sei es im Kör~er sei es ohne den ,
'
',aOOltatO~ OUK oLoa, 0 8EO~i oLoEv,
4 Ö'tL ~QJ'tay'TJ
E~
,'Körper nicht ich weiß, der Goh weiß [es], f!r wurde entführt .'~.,
In
~Ov JtaQ6.öELcrov Kai. 1]KO'UG"EV äQQ'TJ'ta gTJ!J.a'ta,
ä.
äas Paradies und hörte unaussprechliche Wörter, die ~K E;OV av8QwJt
~p:o tOLOU'tO'U Ka'UxTJcrO!J.aLj iJJtEQ oe E!J.a'UtOU ou
~~n werde ich mich rühmenl! für aber mich selbst nicht .
~&:üx.~crO!J.aL Ei. ItTJ EV ta~ cicr8EvEta~. 6
Eav yaQ
~ ich mich rühmen, außerlin den Schwächen. Wenn nämlich 20 5
9€ATJaW KauXTJaaa9aL, OUK EaO/A-aL äcpQwv, ich wollte mich rühmen, nicht werde ich sein ohne Sinn, aA~9€LaV yaQ EQW' CP€Löo/A-aL M, /A-TJ 'tL~ €t~ E/A-E
[die] Wahrheit nämlich werde ich sagen; ich erspare es mir aber, [damit] nicht jemand auf mich
AOYW1']'taL im;EQ ö ßMJt€L /A-€ Tl aKOU€L E; E/A-OU rechnet über [das hinaus]. was er sieht mich oder hört von mir
7 Kat 'tU im;€QßoAU 'tWV anoKaAiJ'lj!€WV, ÖLO Lva /A-ti und aus dem überschwang der Offenbarungen. Daher damit nicht
iJ1t€QaLQw/A-aL, Moa1'] /A-0L aKoAo'lj! 'tU ao'QKL, äYY€AO~ ich mich überhebe. wurde gegeben mir [ein] D~rn ins Fleisch. [ein] Engel
ao''tavä, Lva /A-€ KOAo'cpt~!I, LVO, /A-ti iJ1t€QaLgw/A-aL. Satans. damit mich er schlage, damit nicht ich mich überhebe.
8 imEQ 'tou'tou 'tQL~ 'tov KUQLOV Jto'Q€K
Schwächen. damit sein Zelt werfe über mich die Potenz des
XQL<J'tO'Ü. 10 ÖLO €UÖOKW EV aa9€v€LaL~, €v Messias. 2.06
Daher finde ich Gefallen an Schwächen. aß'
'ÜßgEOLV,
Ev aVa.'VKULC;, Ev ÖLo)'VI-tOL~ KUi. ;
Mißhandlungen, an Notlagen, an Verfolgungen und
OLEVOX.Wgtu~, u:n:ag XgLO"CO~' ö"Cuv'Vag Bedrängnissen, für [den] Messias; wenn nämlich i
aoSEVOO, "CO"CE öuvu"Co~ ELI-tL, schwach ich bin, dann potent bit?- ich,
Aus dem BriefaJ die Galater
1 11
')'Vwgttoo 'Vag uI-tLV, MeAcpoL, "Co EuuyyeALov
I, 1I-I7
Ich tue kund also euch, Bl'üder, die gute Nachricht
to EUU'V'VEALoSav ult' EI-t0'Ü Ö"CL OUK eo"CLV Ku"Ca die verkündigte von mir, daß [sie] nicht ist nach
livSgw:n:oV' 12 oMa 'Vag E'V(.O Jtuga avSgomou [dem] Menschen; weder nämlich ich von [einem] , Menschen
:n;UgEAUßOV uU"Co OiJ1:E EÖLÖa.iSTJV, aAA.a. ÖL' •habe empfangen sie, noch wurde
ich belehrt, sondern durch
il:n;OKUAU'IjJEOO~ 'ITJoo'Ü XgLO'tQ'Ü,
13 'HlCouom;E
[die] Offenbarung [des] Jesus M~sias,
Ihr habt gehört
JO,Q t~v el-t~v avuO'tgocpiJv JtO"CE ev "Cq> 'IoUÖu'C0I-tq>, :'nämlich von meinem Wandel einst in dem Judentum,
5'tL KUS' UJtEgßOATJV eÖLwKov ~~v EKKATJoLuv-co'Ü
aaß im übermaß ich verfolgte die: Versammlung des ~EO'Ü Kai. EJtOgSouv uu"CiJv, 1~ KUi. JtgoElComov ev Gottes und zerstörte sie,
und machte Fortschritte in
207
't
Väter meiner von Überlieferungen"
eMOK1']OeV 6 acpoQloo~ Ile EK KOL,,-lo~ 1l1']'tQO~ 1l0U gut hielt der ausgesondert Habende mich aus [dem] Bauch der Mutter meiner Kot KoMoo~ OLU 'tTj~ xaQL'tO~ ou'to"Ü und berufen Habende durch die Gnade seiner
16 a:n:oKoM'ljlaL 'tov ui,ov ou'to"Ü EV Ellot, LVO zu offenbaren den Sohn seiner in mir, um
Euoyye,,-Ll;OOllaL ou'tov EV 'tot~ eßveOLv, eueEoo~ ou die gute Nachricht zu verkündigen, ihn in den Völkern, sogleich nicht :n:QoooveßEIl1']V OOQKt Kot OLIl0'tL, 17 ouoe fragte ich nach Rat bei Fleisch und Blut, noch avTj,,-ßov e~ 'IeQooo,,-uIlO :n:Qo~ 'tou~ :n:Qo EIlO"Ü ging ich hinauf nach Jerusalem zu denen vor mir a:n:oO"'to,,-oU~, a,,-A.a a:n:Tj,,-ßov et~ ÄQoßlov, Kot :n:aA.L"V
Gesandten, sondern ich ging weg nach Arabien, und wieder
u:n:EO"'tQe'ljlO e~ ÖOIlOOKOV. kehrte ich zurück nach Damaskus.
2,
1-14 2 1 "E:n:eL'to ötU öeKo'twoaQoov E'tOOV :n:a"-Lv Darauf nach vierzehn Jahren wieder 208
U.VC.P'I v c..~ J.c.\!VVV"u ....'" ....c. ....,. U"'\! ''''pu.,
ging ich hinauf nach Jerusalem
~it Barnabas,
O'Uf..I.1taQaAaßrov Kat TL"Cov'
k&veß'YJv OE lm"Ca
mitgenommen habend auch Titon; ich ging hinauf gemäß
cl1tOKCtA'U'l/JLV' Kat &vE8ef..l.'YJv aU"COL<; "Co EuayyeALov Ö [einer] Offenbarung; und eröffne~e ihnen die gute . Nachricht, die
lCllQuOOW EV'tOL<; e8vEOLV, lmit' toLav öE "COL<; ich verkündige den Heiden, im Ejgenen aber den
OOKO'ÜOLV, f..I.i)
1tW<;
Et<; KEVOV tQexw 1\ eÖQaf..l.ov.
Angesehenen, damit nicht ins Leere ich laufe oder gelaufen war.
3 Ci;"'f...' oMa TL"Co<; 6 OUV Ef..I.ot, "E'f...'f...'YJv WV, Aber nicht einmal Titus der m~t mir, Grieche seiend,
irvaYKCto8'YJ 1tEQL"Cf..I.'YJ8fjvaL· 4 OLa OE "Cou<; wurde gezwungen, sich beschneiden zu lassen: wegen der
1tUQELOCtK"CO'U<; 'l/JE'UöaöeACjlo'U<;, O'i:"CLVE<; 1taQELofjA80v eingeschlichenen falschen Brüder; die sich einschlichen
lCUtaOK01tfjOaL "CT)V EAE'U8EQLav TJf..I.WV Tjv eXOf..l.Ev
ev
auszukundschaften die Freiheit vqn uns, die wir haben in
XQLO"Cip 'I'YJoo'Ü, Lva TJf..I.ä.<; Ka"C,aoo'UAwoO'UOLV' [dem] Messias Jesus, um uns zu Sklaven zu machen;
5 ol~ oMa 1tQo<; wQav eL!;af..l.h "C'fI lmo1tayfJ, Lva TJ denen auch nicht flir [einen] J\ugenblick wir nachgaben z~r Unterordnung, damit die
&A~9ELa "CO'Ü euayyeALo'U OLa~ei,vn 1tQo<; Uf..I.ä.<;. Wahrheit der guten Nachricht blJibe bei euch.
2°9
6 o.3tO ~e 'tOOV ~01(oUV'tWV dVUL 'tL, - 03tOtOL 3tO'tE Von den Angesehenen zu sein etwas - welche einst ~OUV OMEV IlOL ~LU<:PEQEL· 3tQooomov [0] 8EOC;
sie waren in nichts mich interessiert; [das] Gesicht [der] Gott [eines]
o.v8Qoo3to'U ou AUIlßavEL - Ellot yo.Q ot ~OKO'ÜV'tEC; Menschen nicht erwägt - mir hingegen die'Angesehene~
oMev 3tQoouvE8EV'tO, 7 aAA.o. 'tOUUV'tLOV LöOV'tEC; nichts auferlegten,
aber im Gegenteil gesehen habend,
Ö'tL 3tE3tLO'tE'UIlUL 'to EUUYYEALOV 't'f]c; o.KQOß'UO'tLUC; daß mir anvertraut war die gute Nachricht der Unbeschnittenheit
Ku8ooC; IIE'tQoC; 't'f]c; 3tEQL'tOllfJC;, 8 0 yo.Q EVEQY~OUC; , wie Petrus [die] der Beschneidung,
der nämlich gewirkt hatte IIE'tQc!> EtC; o.3tOO'tOAtlV 't'f]c; 3tEQL'tollfJC; Ev~QYTJOEV Kat in Petrus für [die] Sendung der Beschneidung wirkte auch
Ellot EtC; 'to. e8VTJ, 9 KUt yvOV'tEC; 'ttlv XaQLV 'ttlv in mir für die Heiden, und erkannt habend die Gnade die ~o8Etoav IlOL, '!aKwßoc; KUt KTJ<:päC; KUt '!wavVTJC;, ot
gegebene mir, Jakob und Kephas und Johannes, die ~OKO'ÜV'tEC; O't'ÜAOL ElvUL, ~E;L6.C; e~wKuv Ellot KUt
Angesehenen Säulen zu sein, [die] rechten Hände gaben mir und
BUQvußq. KOLVWVLUC;, LVU TJIlEtC; ELc; 'to. e8vTJ, uu'tot lI€, Barnabas der Gemeinschaft, damit wir für die Heiden, sie aber~
ELc; 'ttlV 3tEQL'tOIl~V· 10 lloVOV 'tOOV 3t'tWXOOV LVU für die Beschneidung; 210
nur der Armen, damit
IlvT)ILoveUWlLev, Ö Kat eoreoudaoa alnD 1:o'Ü1:0 wir gedenken, was auch mich bes~äftigte eben dies
~OLfJOat. 11 "01:e oe ~A.8ev KT)qJä.~ e~ 1'.V1:LOxeLaV, zu tun.
Als aber kam Kep~as nach Antiochia,
lCa"tu reQ6owreov aU1:q> aV1:EO"tT)V, Ö"tL im Angesicht ihm trat ich entgegen, weil
1CatEyvwoJ.tE"O~ ~v. 12 .1tQo 1=0'Ü yaQ EAeeLv ';Lva~ er zu tadeln war. VOr dem jedenfalls Kommen , einiger am'> '!aKooßo'U ILe'tu 1:WV E8vwty O'UvTJo8tev' ö'te oe von Jakob mit den Heiden zusamrtten aß er; als aber
~Ä.8ov, ureEO"teA.A.eV Kat aqJwQ~~ev eam6v, sie kamen, zog er sich zurück und sonderte ab sich, qloßouILevo~ 'tO'u~ EK reeQL'tolLij~' 13 Kat
. fürchtend die aus [der] Beschneid~ng;
und
O'UV'UreeKQt8T1oav aU1:q> [Kai] QL A.OLreot '!o'UoaLOL, heuchelten mit ihm auch die restlithen Juden,
OOO"tE Kat BaQvaßa~ O'UvareTJx8T1 aU1:wv 'tij so daß auch Barnabas sich
fortrej{~en ließ von ihnen zur
U~01q~LoeL. 14 aA.A.' Ö'tE elooviö'tL OUK Heuchelei.
Aber als ich sah, ;daß nicht
oQ8oreooo'Üow reQo~ 'tT)V aA.TJ8ELav 'to'Ü euayyeA.Lo'U, sie gingen gemäß der Wahrheit der$uten Nachricht,
e13tov 'tq> KTlqJ~ E!J.3tQoo8EV re6.:V'twv· d crU '!o'UOaLo~ sagte ich zu Kephas vor allen: Wem~ du, Jude
211
u:rtagxrov E8vLKÖ>~ KUi. OUXi. "IOUÖU'LKÖ>~ l;f1~, :rtÖ>~ "ta seiend, heidnisch und nicht jüdisch lebst, wie die
e8v'I1 avuYKal;e~ Louöutl;eLv; Heiden zwingst du. jüdisch zu leben?
3,
10-1 4
3 10 äOOL yag E~ egyrov V0I-L0U eLoi.v, u:rto Welche nämlich aus [den] Werken [des] Gesetzes sind, unter
Ku"taguv etotv" yeygu:rt"taL yag ä"tL E:rtLKu"tagu"to~ [dem) Fluch sind sie; geschrieben nämlich [steht): Verflucht :rtä.~ ö~ OUK El-Ll-LeVeL :rtä.OLV "tot~ YllygUl-Ll-LevOL~ Ev jeder, der nicht bleibt in allen den geschriebenen Dingen in
"t4> ßLßAL
EV v0l-L 81l4> öfJAOV, ölt im Gesetz niemand gerechtgesprochen ist bei dem Gott [ist) offenbar. denn
6 ötKULO~ EK :rtto"tllro~ l;i]OIl"taL' 12 6 ÖE VOI-LO~ OUK der Gerechte aus Glaube wird leben;
das Gesetz nicht
eO"tLV .EK :rttO"tllro~, aU' 6 :rtOLi]OU~ UU"ta l;i]OIl"taL EV ist aus Glaube, sondern: Der getan Habende dies wird . leben durdi' uU"to~. 13 XgLO"tO~ ~I-Lä.!; 8;'I1yogUOllv 8K "tfJ!; diese Dinge. [Der] Messias uns hat losgekauft aus dem
lCu"tagU!; "tO'Ü V0I-L0U YIlV0I-LIlVO!; u:rtEg iJ~ö>v Ku"taQa,! Fluch des Gesetzes geworden für uns [zum] Fluch,
ä"tL yeygu:rt"taL" 8:rtLKu"tagu"tO!; :rtä.!; 6 Kglll-Lal-LllvoC; e~.rJ weil geschrieben steht: Verflucht jeder, der Hängende am 212
~Ut..O'U, 14 Lva et~ "t'u e9vTJ
Tj ept..oyLa "t'O'Ü ~ßQaufL
damit bei den Heide~ der Segen des Abraham
Holz,
I
YE'Y1'J"t'aL EV 1TJoo'Ü XQ'LO"t'q>, 'ivai"t'T)v btayyet..Lav werde in Jesus Messias, damit die ~erheißung to'Ü
JtveufLa"t'o~ t..aßwfLev OLU "t'~~ JttO"t'ew~.
des Geistes wir empfangen mögen 4urch den Glauben.
4 21 AEye"t'E fLOL, ot -uJto VOfLO~ 9Et..ov"t'e~ elvaL,
4,21-26
Sagt mir, die unter [dem] Gbsetz Wollenden sein,
·tov VOfLOV 01l1( aKoue"t'e; 22 yhQaJt"t'aL YUQ Ö"t'L
das Gesetz nicht hört ihr?
Geschrieben steht ! nämlich, daß
:.\ßQaufL Mo 'Uto,,~ eoxev, Eva ~K "t'fj~ JtaLOtOKTJ~ Kai. Abraham zwei Söhne hatte, einen v~n der Sklavin und
Eva EK tfj~ Et..e'U9EQa~. 23 at..t..~ 6 fLev EK "t'fJ~ einen von der Freien.
Aber der von der
3talhtaKTJ~ Ka"t'a oaQKa yeYEvv~"t'aL, 6 oe EK "t'fj~ 'Sklavin nach [dem] Fleisch ist gebo<en, der andere von der ;
~AE'UeEQa~ OLU "t'fj~ eJtayyet..La~. i 24 ll,;LVa EO"t'LV Freien durch die Verheißung.
Welches ist
illil1yoQOUfLeva' aii"t'aL yaQ etalv Mo oLa9fjKat., fLta !:allegorisch gesprochen: Sie nämlich sind zwei Bünde, [der] eine
;~Ev &.31:0 öQo'U~ ~Lva, d~ oout..e~av yevvwoa, ~"t'L~ Skla~erei gebärende, welcher
?Yon [dem] Berg Sinai, für [die]
l'i.ilttv'AyaQ. 25"t'0 oe 'AyaQ ~~tHagar.
~~va öQo~ EO'1;i.v EV 'tfl
Aber Hagar [der] Sinai Berg ist in dem 213
i\.Qaßtq: <J'UO'tOLX€t öe 'tu vuv 'I€QouaaAiJlJ, ÖOUA€Uf Arabien; entspricht eben dem jetzt Jerusalem, lebt als Sklavin
yo.Q IJ€'to. 'toov 'teKvoov au'tfj<;. 26 TJ ö€ livoo nämlich mit den Kindern ihrer.
Die hingegen über
'I€QouaaAt}1J EA€ugeQa EO'ttv, fl'tL<; Ea'ttv IJiJ't'I'JQ Jerusalem Freie ist, welche ist Mutter
unser.
Aus dem Briefan die Epheser I, 9-10
1 9
yvooQtaa<; TJIJtv 'to IJUO'tiJQLOV 'tou 8€AiJIJa'to<; bekannt machend uns das Geheimnis des Willens
au'tou, Ka'to. t'i}v €uöoldav au'tou, ilv 3tQoe9€'to
ev
seiner, gemäß dem guten Gedanken seiner, den zuerst er entschieden hatte in'
au't
für [die] Ökonomie der Fülle der
KaLQOOV, avaK€cpaAaLooaaa8aL 'to. 3to.v'ta
ev 't
Zeiten, zu rekapitulieren das alles in dem
XQLO't
au't
21 4
Aus dem Briefdrz die Philipper
2 5 'to'O'to cpQoveL'te Ev -ulLtv Ö Kat EV XQLO't
2, 5-II
Dies denkt ihr in euch, $s auch in [dem] Messias
'1"'00'0, 6 ö~ Ev 1L0Qcpfl 8eo'O -uJtuQXwv OUX Jesus,
der in Gestalt Gottes seiend nicht
aQnaYlLov ~y~oa'to 'to eIv~L 'Laa 8eq>, 7 aÄAa für einen Raub gehalten hat d~ Sein gleich Gott, sondern eau'tov EKevwoev 1L0QCPilv öouÄou Äaßoov, EV sich sdbst entäußert hat Gestalt eines Sklaven genommen , habend in
0J.lOLOOlLa'tL av8eooJtwv yevo~evo~' Kat ax~lLa'tL
Ähnlichkeit [der] Menschen g~orden; und [in der] , Erscheinung
'EuQe8e~ oo~ äv8QwJto~ 8 haJtetvwoev eau'tov ;
gefunden wurde wie ein Menscl?, hat er erniedri~t sich sdbst YEv6J.levo~ -UJt~KOO~ lLeXQL 8avu't0'U, 8avu't0'U öE
geworden gehorsam bis [zum] Tod, Tod aber am
O'ta'UQo'O. 9 ~JLO Kat 0 8e09 au'tov lmeQU'l\Jwoev Kreuz.
Daher auch der Gott ihn überhöht
Kat ExaQtoa'to aU'tq> 't0 övolLa 'to -uJtEQ Jtliv övolLa, und gab ihm den Namen den ü~er jedem Namen. i
10 Lva EV'tq> ovolLa'tL 'ITJoo~ Jtliv yovu KUIL'ljJn damit in dem Namen Jesu j~des Knie sich beuge btouQavtwv Kai. EJtLyeLwv Kat Ka'tax80vLWV, ,
'
von Himmlischem und Irdischetn und Unterirdischem,
;11 Kai. nlioa yÄroooa ESOILOÄoY~OTJ'tm Ö'tL und jede Zunge bekenne. d~ß 21 5
KYPIOL IHLOYL XPIUOL et~ öOsav 8wü Herr [ist] Jesus Messias zur Herrlichkeit GottJta'tQo~.
Vaters.
3,3-14
3 3.
~fJ.et~ yaQ eofJ.~V ~ JteQL't0fJ.TJ, OL JtveUfJ.a'tL Wir nämlich sind die Beschneidung, die [dem] Geist
8wü A.a'tQeuov"te~ Kat KaUxWfJ.eVOL
ev XQLO't
Gottes Dienenden und sich Rühmenden in [dem] Messias
'IllOO'Ü Kat OUK
ev oaQKt JteJtOL8o'te~,
4 KatrteQ eyoo
Jesus und nicht in [das] Fleisch Vertrauenden, obwohl ich
exoov JteJtot811OLV Kat ev oaQKL. Ei: 'tL~ öOKet a.A.A.O~ habend Vertrauen auch in [das] Fleisch. Wenn jemand meint anderes
JteJtoL8evaL
ev oaQKt, eyw fJ.äA.A.ov·
5 JteQL't0fJ.Ü
zu vertrauen auf [das] Fleisch, ich mehr; nach [der] Beschneidung oK'taTJfJ.eQo~,
eK yevou~ 'IoQaTJA., CPUA.fj~ BeVLafJ.Lv,
achttägig, aus [dem] Geschlecht Israels, [vom] Stamm Benjamins, 'EßQato~
eS 'EßQaLoov, Ka'tC! VOfJ.ov <paQLoato~,
Hebräer von Hebräern, nach [dem] Gesetz Pharisäer.
6 Ka'tC! ~fjA.O~ ÖLWKOOV 'tT)V eKKA.llOLav, Ka'tC! nach [dem] Eifer verfolgend die Versammlung, nach öLKaLOoiJ~llv 'tT)v ev vOfJ.q> yevofJ.evo~ a.fJ.efJ.mo~.
[der] Gerechtigkeit. die in [dem) Gesetz geworden untadelig.
7 aA.A.a ä'tLva ~v fJ.OL KeQöll, 'ta'Ü'ta TlY'YlfJ.aL ÖLC! 'tov Aber was war mir Gewinn. das habe ich gehalten wegen des 216
XQLOLOV ~'l'Jf-tLav. 8 aAA~ f-tEVO'ÜVYE Kat ~YO'Üf-taL Messias [für] Verlust.
Aberlsogar auch halte ich
m'lvta ~1Jf-tLaV ElvaL ÖUl ~o \m:Egexov "tft~ YVOOOEW~ alles Verlust zu sein wegen de~ Überlegenheit der Erkenntnis XgLOLO'Ü 'I1Joo'Ü "to'Ü KlJg~6lJ f-tOlJ, ÖL' ÖV "tU :7tav"ta [des] Messias Jesus des Herrnimeiner, für den das alles !
e~1Jf-tLOO91JV, Kat ~YO'Üf-taL OKußaAa Lva XgLOLov
ich für Verlust hielt, und ich halte [es für] Exkremente, : damit [den] Messias KEQÖTtOW 9 Kat EUgE9w ~V aU"t(fl, f-tfl EXWV Ef-tflV ich gewinne
und ich gefunden werde in ihm, nicht habend meine öLKaLOoUVllv ,;fIv EK v6f-t~U, aAA.a "tflv öL
XQLOLO'Ü, "tflv EK 9eo'Ü ÖLKiaLooUv1Jv E:7tt·"tfl :7tLmEL, [des] Messias, die aus Gottes $erechtigkeit auf dem Glauben,
10 "to'Ü YVWVaL au"tov
Ka~ ,;fIv öUVaf-tLV "tft~
[um zu] erkennen ihn un<;l die Potenz der &vaOLaoEw~ aU"to'Ü Kat KbwwvLav :7ta91Jf-ta"twv
Auferstehung seiner und Teilhabe [an den] Leiden
a1ho'Ü, OlJf-tf-togcpL~6f-tEVO~l"t(fl 9ava"tc{> aU"to'Ü, seiner, Gestalt annehmend dutch den Tod seiner,
11 Ei: :7tW~ Ka"taV"tTtOW eL~ !,;fIV E;avamamv ,;fIV EK wenn irgendwie ich gelangen werde zu der Auferstehung ; die von
VEKQWV. 12 DuX on ilÖ'I'J!EAaßov !
[den] Toten.
Ti ilö1J
Nicht daß schdn ich ergriffen hätte oder schon 21 7
.E.EAEtW/-tUL, OLWKW OE Ei KUi. KUtaAaßw, ecp' 4> KUi. vollendet wäre, ich suche aber, ob [ich] auch ergreife, da auch
KU.EAiJ/-tcp911V {mo XQLO"tO'Ü 'I1100'Ü. 13 äOEACPOt, [ich] ergriffen wurde von [dem] Messias Jesus. Brüder,
eyro e/-tuu.ov o'Ü:n:w A.Oyt~O/-tUL KU.ELA.11cpevUL· EV oe, ich mich selbst noch nicht glaube ergriffen zu haben; eins aber,
.a /-tev o:n:tow e:n:LA.uV9uVO/-tEVO~ .o~ OE E/-t:n:Qoo9E'V was einerseits hinten [liegt] vergessend, zu dem anderseits vorne e:n:ElC't'ELvO/-tE'VO~,
14 Ku.a OlCO:n:OV OLWKW
E~
.0
[liegenden] mich ausstreckend, zielgemäß verfolge ich zu dem
ßQußetov 't'i'i~ livw KA.iJOEW~ .o'Ü geo'Ü €v XQLO"t Siegespreis der oben Berufung des Gottes in [dem] Messias
'I1100'Ü. Jesus.
Aus dem Ersten Briefan die Thessalonicher 1,3-5
1 3
/-t'V'll/-toveuoV'tE~ 'Ö/-tw'V .o'Ü EQYOU .fj~ :n:tO"tew~ Gedenkend euer des Werkes des Glaubens
KUi. .o'Ü KO:n:OU .fj~ äya:n:11~ KUi..fj~ 'Ö:n:o/-tovfj~ .fj~ und der Mühe der Liebe und der Geduld der eA:n:too~ .o'Ü KUQtOU ~/-twv 'I11ooii XQLo.oii
Hoffnung des Herrn unser Jesus Messias
vor dem Gott und Vater unser.
218
Wissend,
aoeA<pot fJYaJt'I'J/-LEVOL t:rtO ['WU] 8wu, 't"v €KAOY"V Brüder geliebte von [dem] Gott. die Erwählung
UIlOOV, 5 Ö'tL 'to euaYYEALOv ~/-LOOV OUK eyevij8'I'J et~ euer,
Ullä~
da die gute N~chricht unser nicht geworden ist , für
€v My
euch im Wort nur, sonde~n auch in [der] Potenz und im
1tVetJ/-La'tL ayt
4
13 Ou 8EA,o/-Lev öe u/-Lä~ nyvoetv, nöeA,<pot, :rtegt
4,13-17
Nicht wir wollen, [daß) ihr unwissend seid, Brüd~r, betreffs
'trov KOL/lW/-LEVWV, Lva I-!-" A,\J:rtiia8e KaeW~ Kat OL der Entschlafenen, damit ~icht ihr traurig seid wie auch die
A.OL1tot OL /-L" exov'te~ eX:rttöa.
14 et yag
anderen die nicht Habenden Hoffnung. Wenn nämlich
1tLO'teUOl-!-ev Ö'tL 'ITJaou~ n:rtE8avev Kat nVEO"'t'I'J, wir glauben. daß Jesus gestorben ist und auferstanden ist, Olh
so auch der Gott die Schlafenden durch den Jesus ä~EL aUv a'Ö't~. 15 To:iho yag u/-Ltv AEY0l-!-ev €v wird führen mit sich. DiJs nämlich euch sagen wir in
21 9
f..6Yot K'UQLO'U, Ö't'L TJ!J.EL~ oi. ~WV't'E~ oi. :7tEQtAEIJtO!J.EVOL [dem] Wort [des] Herrn, daß wir die Lebenden die Restlichen E~ 't'''v :7taQO'UOLav 'tOiJK'UQtO'U ou !J." cp8aow!J.Ev bis zur Ankunft des Herrn keinesfalls gehen werden 't'O'u~ KOL!J.1l8EV't'a~·
vor den Schlafenden;
16 Ö't'L au't'6~ 6 KUQLO~ ev da selbst der Herr bei [dem]
KEA.EUO!J.(l't'L, tv cpwvn aQxayyEA.O'U Kat ev OaA.mYYL Zeichen, bei [der] Stimme [des] Erzengels und bei [der] Posaune 8Eoü,Ka't'aß~oE't'aLa:7t'ouQavoü,Katoi.vEKQoLev
Gottes, herabkommen wird von [dem] Himmel, und die Toten in XQLO't' avaO't'~oovtat :7tQWtOV, 17 E:7tEL't'a TJ!J.EL~ [dem] Messias auferstehen werden zuerst, dann wir
oi. ~WV't'E~ OL 3tEQtAEL:7tO!J.EVOL ä!J.a aUv au't'ot~ die Lebenden die Restlichen zusammen mit ihnen uQ:7taYllOO!J.E8a tv vEcpEA.a~ E~ a:7tav't'llOLv 'tOÜ werden entführt werden in [die] Wolken entgegen dem K'UQLO'U Et~
5 1
TIEQt öe 't'WV XQOVWV Kat 't'WV KatQWV, Betreffs aber der Zeiten und der Augenblicke,
aÖEA.cpot, ou XQELav EXE't'E U!J.LV YQacpE08at· Brüder, nicht Bedarf habt ihr, euch geschrieben wird; 220
2
ai,.wi. "{o.Q aKQLßWe; otÖ~tE ÖtL ~!-LeQa K'UQLO'U we;
[ihr] selbst nämlich genau ~ißt, daß [der] Tag [des] Herrn wie [ein]
KAEJtt1'Je; EV V'UKti. o'ÜtWe; eQXE'taL. 3 ötav AE"{WOLV' Dieb in [der] Nacht so komm~ er.
Wenn sie sagen werden:
ELQTJV1'J Kat aacpaf...ELa, tote al.cpvtöLoe; autoL<; Friede und Sicherheit, dann plötzlich für sie
ecptotU'l:aL öf...E9Qoe; WOJtEQ ~ öi.v tÜ Ev "{aotQi. wird kommen [das] Verderben wie die Wehe für die in [dem] Bauch
exou<JU, Kai. ou !-Li! eKcpU,,{o.)OLv. Habenden, und keinesfalls werden sie entkommen.
Aus dem Zweiten Briefan die Thessalonicher
2 3
!-LTJ tL<; u!!ae; E~aJtatTJ<JU Kato. !-L1'JöEva tQ.oJtOV·
2, 3-II
Nicht jemand euch täusthe auf keine Weise!
ÖtL Mv !-Li! ef...9u ~ aJtoataqLa JtQWtOV Kai. Denn wenn nicht komme die Apostasie zuerst und
Ct1tOKaf...'Ucp9Ü 6 (iv9QwJtoe;'ti'je; avo!-Ltae;, 0 'ULOe; tfJe; offenbart werde der Mensch des abwesenden Gesetzes, der Sohn der ,
MWf...Etae;, 4 6 aVtLKeL!-LEVOe; Kai. UJtEQaLQO!-LEVOe; Zerstörung,
der dagegen Liegende und sich Überhebende
btt Jtav'ta f...E"{O!-LEVOV 9EOV 11 aeßaa!-La, watE autov über alles, [was] genannt [wird); Gott oder Kultobjekt, so daß er selbst
eL<; tüV vaov tOU 9eou Ka9waL aJtoÖELKVUvta in dem Tempel des Gottes zu sitzen, zeigend
221
ea:u-cov Ö-CL eO-CLV 8EO~. 5 OU f.l.V1Jf.l.0VEUE-CE Ö-CL e-cL sich selbst, daß er ist Gott. Nicht erinnert ihr euch, daß, noch rov JtQo~ Uf.l.ä.~ -ca:ü-co eAEYov Uf.l.LV; 6 Kot vilv -CO seiend bei euch, dies ich sagte euch?
Und jetzt was
KO-CE')COV O'LOO-CE, ELPO aJtOKOAucp8fjVaL OU-COV EV -Cq> zurückhält, wißt ihr, zu dem Offenbartwerden er in dem OU-CO'Ü KaLQ. 7 -co yaQ f.l.UO"tTJQLOV 11011 EVEQYEL-CaL seinen Augenblick. Das nämlich Geheimnis schon wirksam ist -cfj~ avof.l.to~· f.l.OVOV Ö KO-CE')COOV äQ"tL eoo~ EK f.l.EOOU der Abwesenheit des Gesetzes; nur der zurückhält bis jetzt, aus der Mitte yEV'l')-CaL. 8 KOL -CO-CE aJtoKoAucp8TJOE-CaL Ö ävof.l.o~, sei [genommen]. Und dann wird offenbart werden der ohne Gesetz, ÖV Ö KUQLO~ ['I1100'Ü~] aVEAEL -c JtvEUf.l.0n -CO'Ü den der Herr Jesus zerstören wird mit dem Hauch des O"tOf.l.O-CO~ OU-CO'Ü Kot KO"tOQYTJOEL "tTI EmcpovEtq. "tfj~
Mundes seiner und unwirksam machen wird bei der Erscheinung der· JtoQouoto~ ou-co'Ü, 9 O{, EO"tLV i) JtoQouoto K01:' Ankunft seiner,
von dem [gottlos] ist die Anwesenheit nach, EVEQYELOV -CO'Ü OO"tOVä. EV Jt<xan ÖUvaf.l.EL Kot [dem] Im-Akt-Sein des Satans in jeder Potenz und O1'\f.l.EtOL~ Kot -CEQomv '\jJEUÖOU~
Zeichen und Wundern von Lüge
10 Kot EV :n:uan und mit jeder
a:n:u"tU &öLKlo~ "tOL~ aJto"Aulltvo~, ave' iliv'tYtv Täuschung (der] Ungerechtigkeit bei den Verloren....•" gehenden, weddtCi 222
aya:n:'Ylv 'tfj~ aA.'YlOEta~ O~lC eOE~av'tO E~ 'tO owOfjVaL Liebe der Wahrheit nicht sie angenommen haben zum Gerettetwerden a'Ö'tov~.
11 KaL Öux WUtO :n:E/L:n:EL au't~~ 6 eeo~
sie.
Und daher schickt ihnen der Gott
EvEQYELav :n:A.av'Yl~ Et~ 'to atLO"te'OOaL au'toil~ 't4> [eine] Kraft der Verlorenheic'für das Glauben [machen] sie der
'ljJEVöeL ... Lüge ...
Aus dem Briefan Philemon
15 'taxa yaQ ÖLa 'tO'O'tO exwQtoO'Yl :n:Qo~ wQav,
15-16
Vielleicht nämlich deswegen ist er getrennt worden [von . dir] für [eine] Zeit,
Lva aw>VLov au'tov &:n:exn~, 16 OUKE'tL w~ ÖO'OA.OV damit ewig ihn du wiederhast,
nicht mehr als Sklaven
a'A.M lJ:itEQ ÖO'OA.OV, a.öeA.<pov a.ya:n:'Yl'tov, /LaA.Lo'ta sondern [als] Über-Sklaven, [~inenl Bruder geliebten, • besonders
Ellot, :n:omp öE /LäA.A.oV oot KaL ev oaQlCL KaL Ev für mich, wieviel aber mehr fUr dich sowohl in [dem] Fleisch als auch in ,lC'U Qtcp .
Jdem] Herrn.
223
Anmerkungen zur Übersetzung und zur Zitierweise
Die deutsche Interlinearübersetzung der im Anhang wiedergegebenen Referenzstellen aus den Paulinischen Briefen konnte auf keine kanonische Übersetzung zurückgreifen und verfahrt als Wort-für-Wort Übersetzung des Originals bzw. der italienischen Interlinearübersetzung. Sie ist daher (deutsche) Übersetzung der (italienischen) Übersetzung des (griechischen) Originals, die diesem allerdings Wort für Wort und in Absehung von syntaktischer Kohärenz folgt. Der italienische Text greift seinerseits bei der Übersetzung des griechischen Textes mit zahlreichen Änderungen auf die italienische Übersetzung von A. Bigarelli (Nuovo Testamento, greco, fatino, italiano, San Paolo, Cinisello Balsamo 1998) und die französische Übersetzung von M. Carrez (Nouveau Testament interlineaire Grec/Franfais, Alli~ ance Biblique universelle, Paris 1993) zurück und geht ebenfalls nach der Technik der Wort-für-Wort-Übersetzurig - ohne Anspruch auf syntaktische Kohärenz - vor (vgl. Vorbemerkung). Analog zum italienischen Original sind im Fließtext die neutestamentlichen Zitate auf der Grundlage dieser Interlinearübersetzung entstanden. Alttestamentliche Zitate hingegen sind der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift entlehnt. Die messianische Konzeption von »Rest«, die schon im Originaltitel 11 tempo ehe resta enthalten ist und die in den Verwendungen »resto« (Rest), »restare« (bleiben, übrigbleiben), »dei resto« (im übrigen) mitklingt, konnte - vornehmlich für die Verbalkonstruktionen - nicht einheitlich ins Deutsche übertragen werden, da das Deutsche nicht aber ein entsprechendes Verb verfügt. Wo dieser Zusammenhang im italienischen Original hervorgehoben wird, fugt die Übersetzung den italienischen Ausdruck in eckigen Klammern bei. Auch die Übersetzung der griechischen Konstruktionen aus lepein (lassen, verlassen, zurücklassen, übriglassen) ist von diesem Zusammenhang bestimmt: to leimma und to hyp6leimma (der Rest) und to lopan (künftig, im übrigen; in der Übersetzung wiedergegeben mit »Der Rest ist ... «). Wo immer möglich wird hier das italienische ))potenza« mit 224
»Potenz« wiedergegeben. pas Original faßt damit den Aristotelischen Begriff der djnainis (Potenz, aber auch Möglichkeit, Vermögen, Macht), der irr binomen Gegensatz zu energeia (it. atto; dt. Akt) steht. Aus d~esem Begriffsfeld leiten sich die zahlreichen und zentralen Ko~zepte ab, die im Original durchwegs differenziert sind und ent~prechend übersetzt werden: »possibilita« (Möglichkeit), »cap~cii:a« (Vermögen), »forza« (Kraft), »potere« (können; Macht); »essere in atto« (im Akt sein), »attivare« (aktivieren), »attua1ita« (Aktualität); »efficacia« (Wirksamkeit), »rendere ineffidace« (deaktivieren, unwirksam machen), »inoperante« "(in~tiv, nicht-im-Werk sein, unwirksam sein), »operazione« (Wirkung), »mettere in opera« (bewirken, ins Werk setzen). i Das italienische »corrlpimento« (Vollendung, Erfüllung, Ausführung) bezeichnet in der Regel eine eschatologische Perspektive auf das Ende der ~eiten hin (etwa in gr. apokaradokia, it. attesa di compimento,! dt. in Erwartung der Vollendung). Vornehmlich "im zeittheoretischen Kontext wird in Ausdrücken wie »il compimento dei tdmpi« (gr. pliröma tön kairDn, dt. die Vollendung [wörtlich abe~: die Erfüllung!] der Zeiten) »compimento« stets mit »Vollen~ung«, das entsprechende italienische Verb »compiere« daher m~t dem aktiven »vollenden« übersetzt. Wo »compimento« bzw. »~ompiere« allerdings keinen Vollzugscharakter akzentuiert und auf die Ausführung eines Wortes (des Propheten, des Gesetzes, ~er Thora u. a.) bezogen ist, wird es im Deutschen mit »Erfül~ung« bzw. »erfüllen« wiedergegeben (etwa in Röm 9,28: logon Jynteltin, dt. das Wort erftillend). Begriffe und Passagen, Idie im Original deutsch verwendet oder zitiert werden, sind, wie andere fremdsprachige Ausdrücke auch, kursiv wiedergegebe~. Das Literaturverzeichn~s führt wie das Original nur ausdrücklich zitierte Werke a~f. Ausgenommen sind klassische Primärtexte. Einbegriffen sinq die deutschen Ausgaben von fremdsprachigen Texten, aus denen hier, zuweilen unter Angleichung an die von Agamben ver{vendete italienische Version, zitiert wird. i Sämtliche ursprünglich fluf deutsch erschienenen Texte werden nach den ursprünglicHen Ausgaben zitiert. In den wenigen 225
Fällen, in denen die Erstausgabe nicht aufgetrieben werden konnte, wird nach gängigen oder verfügbaren Ausgaben zitiert. Bei noch nicht ins Deutsche übersetzten Texten werden die Originaltexte in eigener Übersetzung wiedergegeben. Für Hinweise und Hilfen richtet sich der herzliche Dank an Martin Stingelin (Basel) und Cornelia Zumbusch (München).
226
Literaturv'erzeichnis Aristeas, Lettre d'Aristee aPhilocrate; ~aris 1994. Augustin, Die christliche Bildung (l1e. doctrina christiana), Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von iKarla Pollmann, Stuttgart 2002. Badiou, Alain, Paulus. Die Begründung des Universalismus, aus dem Französischen von Heinz Jatho, MüncheIlt 2002. Barth, Karl, Der Römerbrief, Zollikon-Zürich 91954. Bartolo da Sassoferrato, Tractatus Minoricarum, in: ders., Opera, Lugduni 1555·
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Benjamin, Walter, Briefe, hg. und mit Anmerkungen versehen von Gershom Scholem und Theodor W.:Adorno, Frankfurt am Main 1966, 2. Band. - Gesammelte Schriften, hg. von RoI~ Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Frankfurt am Main 1974-1989. Bd. I-VII. Benveniste. Emile. Problemes de Iin,Aistique generale. Paris 1966 (Probleme der allgemeinen Sprachwissemchaft.1 übersetzt von Wilhe1m Bolle, München 1974). : - Le Vocabulaire des imtitutions indo.Jeuropeennes. Bd. 1: Economie. parente, sodete. Paris 1969. . Buber. Martin. Zwei Glaubemweisen. mit einem Nachwort von David Flusser, Gerlingen 1994. Bulrmann. Rudolf, Glauben und ~rstehen.. Gesammelte Aufiätze. Bd. 3, Tübingen 1960. Calderone. Salvatore. nlO1:L!;-Fides. Ricerche di storia e di diritto internazionale nell'antichita, Messina 1964. ; Carchia. C;ianni, L'amore del pemiero; Macerata 2000. Cohen. Boaz. jewish und Roman L~w. A Comparative Study. New York 19 66. Coppens. Joseph. Le messianisme roy~L Ses origines. Son dJveloppement. Son accomplissement, Paris 1968. . Corpus Iuris Civilis (Romani), ins Qeutsche übersetzt von einem Verein Rechtsgelehrter und hg. von Karli Eduard Otto. Bcuno Schilling, Karl Friedrich Ferdinand Sinrenis. Aal~n 1984 [Neudruck der Ausgabe Leipzig 18311. . Chrysostomos, Johannes. Le Messianisme roya~ ses origines, son developpement, son accomplissement. Paris 1970. Davies, William David, Paul and Rttbbinic judaism. Some Rabbinie Elements in Pauline Theology. London 2 195 8. Deissinann. Gustav Adolf, Licht vorh Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen ~/t. Tübingen 4 1923 . ;...
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Name~register
Adorno, Theodor Wiesengrund 46,48-50 Aland, Kurt 9, 17, 28 Alighieri, Dante 96 Amery, Jean 50 Amos 66-67 Antelme, Robert 65 Arendt, Hannah 159 Aristeas 56 Aristo 26 AristoteIes 15,111,116,143,151 Arnaut, Daniel93, 96 Auerbach, Erich 87 Augustinus 22, 86, 97-98, 137 Austin, John Langshaw 147 Avicenna 50 Badiou, Alain 64-65 Bally, Charles II 5 Barth, Kar146, 53-54 Bartolo da Sassoferrato 38 Bataille, Georges 138 Ben-EngeIi, Cid Harnet 19 Benjamin, Walter 13-14, 22, 41, 44,46-47,5°-51, 54, 62, 69, 85,89, 153-162' Benveniste, Ernile 78, 80, 128129,131,133,142-143,147-148 Bergamin, Jose 70 Bernays, Jacob 11 Bigarelli, Alberto 224 Blanchot, Maurice 65 Blumenberg, Hans 76 Bonhoeffer, Dietrich 54 Brecht, Bertolt 154 Brentano, Ludwig Joseph 32 Buber, Martin 12, 127, 138-140
Bultrnann, Rudolf 86 Burckhardt, Jacob 73 Calderone, Salvatore 129-13° Carchia, Gianni 75 Carrez, Maurice 224 Cervantes Saavedra, Miguel de 19 Chorirn, Ben 12 Chrysostomos, Johannes 105, 1°9 Clarenus, Angelus 38 Cohen, Boaz 25 Coppens, Joseph 28 Cusanus (Nikolaus von Kues) 63 Davies, William David 12 Deissrnann, Gustav AdolfI61 Deleuze, Gilles 70 Derrida, Jacques 116-117 Dessau, Herrnann 18 Didyrnus der Blinde 105 Dietzfelbinger, Ernst 9 Dionysius von HaIikarnaß 40-41 Dostojevskij, Fjodor 50 Durling, Robert 96 Elias 66, 186 Erasrnus von Rotterdam 20 Euripides 109 · Eusebius von Caesarea 140 Esra 36 Flaubert, Glistave 48 Flusser, David 127, 139-140 •Forberg, Friedrich Carl47, 53 · Foucault, Michel 70, 73, 149 23 1
Franziskus von Assisi 38 Fränkel, Eduard 129 Freud, Sigmund 52 Gamaliel 18 Gaultier, Jules de 48 G6ngora y Argote, Luis de 15 Guillaume de Lorris 19 Guillaume, Gustave 78-79
Josephus Flavius 14 Jousse, Marcel 13 JüngeI, Eberhard 54 J ustinian 25 Justin 28, 86 Kafka, Franz 15,53-55,58,69 Kant, Immanuel46-47, 84, 101 Kierkegaard, Sören 89 Kojeve, Alexandre I I 5 Konstantin 140 Koyd:, Alexandre II4-II5 Kraus, Kar! 154 Kuhlmann, Georg 43 Kyrill von Alexandrien 105
Hadot, Pierre 105 Haggai 74 Harrer, Gustave Adolphus 18 Hege!' Georg Wilhe1m Friedrich 40,90,113-115 Heidegger, Martin 14, 45, 89, 101,160 Hengel, Martin I B Herodes Atticus 22 Hieronymus 16,22,30,33,56, 60, 86-87, 99-101, 110, 121, 124,145,155 Hillel der Ältere 25, 90 Hobbes, Thomas 124 Hälder!in, Friedrich 50, 100 HomerI28 Honorius von Autun 96 Hort, Fenton John Anthony 17 Hosea 63, 183 Huby, Joseph 29 Hyrenäus 86
Labeo 26 Lambertini, Roberto 38 Lambertz, Moritz 20-21 Leibniz,Gottfried Wilhe1m 51, 89 Lessing, Gotthold Ephraim 13914° Levi-Strauss, Claude 116 Löwith, Kar! 76 Lote, Georges 97-98 Lukacs, Gyärgy 43-44 Lukas 23, 87, 141 Lucher, Martin 31-32, 37, 54, 113, 155,159-161
Jakobson, Roman II 5-II 6 Jakobus 139, 189, 210-211 Jean de Meun 19 Jehuda ha-Levi 15 Jeremias 73 Jesaja 66,183 Joachim von Fiore 82, 86 Johannes 123,125,134,139,210
Maleachi 74 ManganeIli, Giorgio 84 Markus 13 Martinez, Ronald L. 96 Marx, Kar! 40-43, 71 Matthäus 13, 54-55 Mauss, Marcel 137-138 Meillet, Antoine 78,142
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Meir, Rabbi 102 Merx, Adalbert 33 Meyer, Wilhelm 97 Micha66 Michelstaedter, Kar! 104 Mörike, Eduard 14 Moses ibn Esra 15 Nathan von Gaza 161 Nestle, Eberhard 9, 17 Nestle, Erwin 9, 17, 28 Nietzsche, Friedrich 13, 48, 89,125-126 Norden, Eduard 15, 97-98
Rufinusl05 Rüstow, Alexander 87
n
Olivi, Pietro di Giovanni 38 Origenes 20, 28, 89, 102, 105106, II2, 151 : Overbeck, Johann Friedrich 140 Papias 86 Pasquali, Giorgio 20 Pelagius 137 Petrus 56, 60, 140, 210 Philon 14, 19-20 Philo~trates 22 Pindar 142 Platon 15, 21-22 Plinius der Ältere 62 Poe, Edgar Allan 153 Polybios 109 ·Proculus 26 ': Pseudobarnabas 86 . Puder, Martin 101 Quinrus Mucius 25 . lUbanus Maurus 98 Ranciere, Jacques 7°-71 i Rosenzweig"Franz 15
Sabbatai Zewi 72, 161 Sabinus 25 Sacharja 74 Schammai 25 Schestow, Lev 14 Schmitt, Carl 118-119, 123-124, 133 Scholem, Gershom 13,15,83, 88-89, uo, 161 Schopenhauer, Arrhur 160 Scotus, Johannes Duns 50 Sedulius 98 Solmi, Renato 159 Staiger, Emil 14-15 Stefanus 109 Stirner, Max 42-43 Strobel, August 124 SudaI09 Taubes, Jacob 12-14, 44, 46, 68, 155 Theodoret von Kyros 105 Theodor von Mopsuestia 1°5 Tertullian 86, 123 Thomas, Yan 39 Tischendorf, Lobegott Friedrich Constantin 17 Titus 209 Tomson, Peter J. 25 Traube, Ludwig 27,154 Trebatius 26 Tryphonius 28 Trubetzkoy, Nikolai II 5 Tyconius 9°-91, 106, 108 Ulpian 25 233
Vaihinger, Hans 46-47,53 Victorinus, Marius 105 VitelIius 26 Warburg, Aby 73 Watson, Alan 25 Weber, Max 30-33, 40, 42
2.34
WestCOtt, Brooke Foss 17 Whorf, Benjamin 49 Wilamowitz-Moellendorff. Ulrich von 13-14 Wilcke, l-;Ians-Alwin 86 Wolbert, Werner 36