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Die SPD Vom Proletariat zur Neuen Mitte von Franz Walter Gebundene Ausgabe: 283 Seiten Verlag: Alexander Fest Erscheinungsjahr: 2002 ISBN: 3-8286-0173-1 Preis: 24,90 €
Hauptaussagen
„Nahezu 140 Jahre war die SPD eigentlich eine unglückliche Partei: Sie wurde oft ausgegrenzt, zuweilen verfolgt, schaffte es selten einmal an die Regierung. Aber die Sozialdemokraten selbst waren – und zwar gerade in ihren leidvollsten Stunden – nicht unglücklich.“
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Die SPD ist eine Partei mit etwa 150-jähriger Geschichte. Ihre schicksalhafte Entwicklung spiegelt ein Stück deutscher Gesellschaftsgeschichte wieder.
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Die Entwicklung der SPD ist durch zwei Hauptströmungen gekennzeichnet: Reformer und Visionäre gegen Bewahrer und Organisatoren. Von Anfang an bilden diese beiden Lager das innere Spannungsfeld der Partei und verschieben die Politik in die jeweilige Richtung.
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Die SPD musste während ihres Bestehens viel Leid ertragen: ob unter Bismarcks Schikanen gegen die „Sozialisten“ oder während des Dritten Reiches - immer wieder wurde sie verfolgt, arbeitete im Untergrund und musste sich danach aufs Neue formieren.
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Die programmatische Politik der SPD hat sich besonders seit dem Zweiten Weltkrieg stark verändert. Die klassischen sozialdemokratischen, „linken“ Werte rückten in den Hintergrund, die SPD verankert sich mehr und mehr als Volkspartei der Mitte.
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Die SPD als Arbeiter- und Bauernpartei existiert nicht mehr. Ihre alten Ideale sind überholt. Wenn sie es nicht schafft, sich ein neues, eindeutiges Profil zu geben, wird sie wahrscheinlich keine 140 Jahre mehr bestehen.
Rezension
„Der Weg der Partei führt durch verschiedene Epochen und politische Systeme und in ihrem Zentrum standen immer wieder prägende Persönlichkeiten – von Bebel bis zu Brandt und den ‚Enkeln’ Lafontaine und Schröder. “
Der Politikwissenschaftler Franz Walter hat eine sachlich fundierte und detailreiche Analyse der Geschichte und Entwicklung der SPD vorgelegt. In chronologischen Kapiteln erzählt er sowohl von den großen Persönlichkeiten und internen Strukturen der Partei als auch von ihrer Rolle in der Gesellschaft, der Entwicklung ihrer Wählerschaft und nicht zuletzt ihrem aktiven Anteil am politischen Geschehen. Besonderes Augenmerk legt Franz Walter dabei auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Beobachtungen zur Veränderung der SPD im Westen Deutschlands zu einer gemäßigten Partei um die „linke Mitte“ und ihre Probleme mit der Identitätsfindung gegen Adenauers Deutschland und die parallelen Entwicklungen in der ehemaligen DDR sind sehr tiefgründig und beantworten beim modernen Leser viele offene Fragen über die Grundhaltungen der SPD. Im Epilog zieht der Autor Folgerungen aus den vorangegangenen Beobachtung und schickt einen kritischen Blick in die Zukunft unserer aktuellen Regierungspartei.
ShortBook „Die Fabrikarbeiter im Frühkapitalismus waren wirklich wurzelund traditionslos; sie kamen aus der agrarischen Provinz, hatten keine Organisationserfahrung und keine gruppenbildenden Leitideen. Über all das verfügten jedoch die städtischen Handwerksgesellschaften.“
„Bismarck, der sich vor der Partei des Umsturzes fürchtete, boxte das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie durch.“
Anfänge: Vom Gesellschaftsprotest zur Arbeiterbewegung Die Sozialdemokratie entwickelte sich zwischen 1830 und 1870 aus verschiedenen sozialen Bewegungen heraus. Meist wird Ferdinand Lassalles Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) im Jahre 1963 als Startschuss der SPD gefeiert. In 19. Jahrhundert fanden sich Handwerksgesellen und Arbeiter vom Lande immer mehr den gleichen Risiken und Nöten ausgesetzt. So bildete sich die Arbeiterbewegung und stellte Forderungen: o
Unterstützungskassen bei Krankheit, Invalidität und Tod
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Traditionelle Symbole, Rituale, Fahnen und Lieder zur Identitätsbildung
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Überregionale Vernetzung
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Berufsstolz und Ehrenkodex
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Offensiver Einsatz für neue Rechte
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Mobilität
1869 gründeten August Bebel und Wilhelm Liebknecht die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die großdeutsch orientiert und weniger zentralistisch und autokratisch strukturiert war als Lassalles ADAV. Trotz anfänglicher Spannungen zwischen den beiden Parteien näherten sie sich unter dem Druck des Obrigkeitsstaates und kapitalistischer Depression immer weiter an: 1875 wurde in Gotha die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands gegründet. Im Kaiserreich: Revolutionäre Zukunftsträume und pragmatische Gegenwelt Ab den 1870er Jahren verschärfte sich die Lage für die deutschen Arbeiter durch: o
den Gründerkrach 1873 und die folgende anhaltende Wirt-
„Die Arbeiterklasse würde am Ende die Bourgeoisie enteignen und eine ausbeutungsfreie Gesellschaft einrichten, ohne soziale Not, ohne polizeiliche Repression, ohne großen Arbeitsdruck.“
„Wahlkämpfe, Wahlen, parlamentarische Arbeit, Spezialwissen und Fachkompetenz – das hatte in der Partei höhere Bedeutung als der Gedanke an die revolutionäre Massenaktion oder Barrikadenkampf.“
„So wohnten denn auch zwei Seelen in der Brust der deutschen Arbeiterbewegung: Die eine war ein bisschen radikal, die andere ein bisschen reformistisch. Ebendas spiegelte sich im berühmten Erfurter Programm von 1891.“
„Am Ende standen alle sozialdemokratischen Massenparteien in den fortgeschrittenen europäischen Ländern im August 1914 an der Seite ihrer nationalen Regierungen und zeigten sich patriotisch; der proletarische Internationalismus hatte kläglich versagt.“
schaftskrise, die zu Firmenzusammenbrüchen und Entlassungen führte o
die Schutzzollpolitik, die die Lebensmittelpreise drastisch verteuerte
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Bismarcks Sozialistengesetze von 1878, die jede Form sozialistischer Parteiorganisation, die Gewerkschaften und sozialdemokratische Zeitungen verboten. Ein großer Teil der Parteielite kam unter Anklage, landete in Zuchthäusern, wurde ausgewiesen oder zur Emigration gezwungen.
Diese bedrückende Lage begünstigte eine linke Radikalisierung der sozialdemokratischen Arbeiter. Marxistische Schlagwörter waren allgegenwärtig: Der Staat galt von nun an als Klassenstaat, die Herrschenden als „Bourgeoisie“ und die Arbeiter selbst als „Proletariat“, die in der Geschichte der Klassenkämpfe schließlich als Gewinner hervorgehen würden. Trotzdem entwickelte die Sozialdemokratie zur Zeit der Sozialistengesetze und danach (1890) eine strukturierte Nische aus eigenen kulturellen und sozialen Vereinen und war fortan nicht mehr bereit, all das für unwägbare revolutionäre Risiken aufs Spiel zu setzen. Bis 1914 ging es mit der Sozialdemokratie ständig bergauf: Von 200 000 um 1900 wuchs die Mitgliederzahl der SPD (offizieller Name seit 1890) schließlich nahezu auf eine Million an und entwickelte sich zur echten Massenpartei mit dichter Organisationsstruktur, rund 70 Zeitungen, eigener zentraler Parteischule und ausgebautem Parteiapparat. Der Erste Weltkrieg: Vaterlandslose Parteien Am 4. August 1914 stimmte die Reichstagsfraktion geschlossen den Kriegskrediten zu. Dafür gab es vielfältige Gründe: o
Unbedingte Parteidisziplin, die seit der Zeit des Sozialistengesetzes beschworen wurde
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Chance auf Zugeständnisse von den anderen Parteien
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Zustimmung zum Krieg zur Sicherung der Absatzmärkte in den Kolonien und dadurch Konkurrenzvorteile gegenüber England
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Glauben an den „Abwehrkampf gegen das zaristische Russland“
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Die Partei war nicht prinzipiell pazifistisch eingestellt. Vielmehr wurde die Erziehung zur Wehrhaftigkeit sogar im Erfurter Programm postuliert.
Als während des Krieges die vermeintlichen Ziele immer mehr in Frage gestellt wurden, wandte sich eine kleine Gruppe unter der Führung von Karl Liebknecht gegen den Krieg, wurde aus der Partei ausgeschlossen und gründete eine neue Partei, die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD). Die deutsche Revolution: Gespalten und ratlos Obwohl nach dem Krieg eine Partei der Kriegskritiker überflüssig schien, kam es nicht zu einer Zusammenführung mit der Mutterpartei, jetzt Mehrheitssozialdemokratische Partei (MSPD). Die traditionellen zwei Tendenzen der deutschen Arbeiterbewegung hatten nun ihre eigenen Vertretungen: die Reformer und die Radikalsozialisten. Die USPD, das Sammelbecken für entwurzelte, orientierungslose, meist junge Arbeiter, verwandelte sich in einen Nährboden für Putsch und Umsturz. Mit stark steigenden Mitgliederzahlen machte sie die Diktatur des Proletariats 1919 zum Parteiprogramm und postulierte das Rätesystem.
„Das sozialdemokratische Milieu klammerte sich an die Hoffnung auf Erlösung in der Zukunft, versprach sich nicht mehr viel von der republikanischen Gegenwart.“
1920 schloss sie sich der Kommunistischen Internationale an und ging in der Kommunistischen Partei (KP) auf. Ein gemäßigter Flügel der USPD existierte fort und kehrte schließlich 1922 zur MSPD zurück. 1919 wurde Philipp Scheidemann erster sozialdemokratischer Regierungschef. Die zwanziger Jahre: Zwischen Klassenmilieu und Volkspartei Ab Mitte der zwanziger Jahre verließ ein beträchtlicher Teil der Sozialdemokraten die politische Bühne. Die Republik hatte sich anders entwickelt, als sie es erhofft hatten: o
Die SPD war in der Opposition. Seit 1920 erlitt sie stetige politische Niederlagen und verlor mehr und mehr an Macht und Einfluss.
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Wirtschaftskrise und Hyperinflation führten zu Armut, Arbeitslosigkeit und zur völligen Pleite und Handlungsunfähigkeit der Gewerkschaften
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Immer noch gibt es alte Bildungsprivilegien, allgegenwärtige Klassenjustiz und ökonomische und politische Machtkartelle
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Schließlich kommt es auch noch zu Mitgliederverlust
Die Aktivitäten richteten sich nun nach innen: Die Sozialdemokratie war eher Selbsthilfebewegung als auf den Staat fixiert und widmete sich im Zuge dessen der Durchdringung und Vernetzung aller Lebensbereiche des modernen Arbeiters: „Die Zeit des umfassend betreuenden und patriarchalischen Sozialstaats kam erst später.“
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Sie organisierte Feste und Feierstunden mit marxistischem Pathos für die in der Realität frustrierten Parteigenossen
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Sie errichtete Sport-, Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen
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Sie gründete Vereine, Heime, Kommunen
Ende der 20er Jahre vollzog sich eine Ausweitung der Rekrutierungsschicht von politischen Positionen sowie der Einflusssphäre auf die Angestelltenschicht. Dieser erste Schritt in Richtung Volkspartei sollte aber während der Weimarer Republik der einzige bleiben. Das Ende von Weimar: Kampf gegen Kozis und Nazis In der Schlussphase der Weimarer Republik hatten die Kommunisten fast den gleichen Sitzanteil im Parlament wie die SPD. Ihr Erfolg beruhte ähnlich wie der der NSDAP auf: o
dem aufgeheizten politischen Klima, das für die Agitation radikaler Gruppen großen Raum schaffte
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der schlechten Wirtschaftslage, die die Menschen geradezu in die Extreme trieb
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dem schwierigen Balancekurs der zentralen Parteien zwischen strengsten Sparmaßnahmen und den Interessen ihrer Wähler
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der Vorbildfunktion und Unterstützung der KP von Moskau.
Die Umsturzforderungen der KP waren für die SPD, der maßgeblichen Stütze der Weimarer Republik, nicht tragbar und je mehr sich die SPD um den Erhalt der Republik bemühte, desto unüberbrückbarer wurde die Kluft zwischen den beiden linken Parteien. Darüber hinaus hatte die SPD das Risiko unternommen, das Präsidialka-
„Die Sozialdemokraten waren in der Weimarer Republik gescheitert, aber sie gehörten nicht zu denen, die die Nationalsozialisten an die Macht hievten.“
„Unglück und Stolz – das gehört für die deutschen Sozialdemokraten historisch eng zusammen.“
„Als sich 1989 wieder eine Sozialdemokratie in der DDR gründete, existierten keine Traditionen mehr, an die sie hätten anknüpfen können.“
binett des rigorosen Sparkanzlers Brüning politisch zu tolerieren. Wegen des Erfolgs der Faschisten in Italien war man sich der Gefahr der Nationalsozialisten in Deutschland sehr bewusst und versuchte mit allen Mitteln, diese von der Regierung fernzuhalten. Im Nationalsozialismus: Die Versuchung der „Volksgemeinschaft“ Eine der tapfersten Leistungen der SPD war die geschlossene Ablehnung von Hitlers Ermächtigungsgesetz am 23.03.1933. Jedoch konnten sie den Aufstieg der NSDAP nicht verhindern:
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Viele wichtige Politiker emigrierten oder kamen in Konzentrationslager Die Gewerkschaften wurden brutal zerschlagen
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Am 22. Juni 1933 wurde die SPD verboten
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Große SPD-Organisationen schlossen sich den NS-Strukturen an
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Während des Dritten Reichs konnten weder die sozialistischen Gruppen im Exil noch kleine innerdeutsche Aktivisten effektiven Widerstand ausüben. Alle zaghaften Versuche wurden von der Gestapo entdeckt und zerschlagen. Die deutsche Arbeiterschaft war angesichts der 1937 herrschenden Vollbeschäftigung durch die Kriegsvorbereitung oder die beliebten „Kraft durch Freude“-Urlaube mit dem neuen Regime versöhnt, während sich parallel immer stärker die moderne, individualistische Freizeit- und Konsumgesellschaft gegen die alte Milieukultur durchsetzte. In der SBZ: Das Debakel des Milieus Besonders in Mitteldeutschland hatte das Arbeitermilieu mit zahllosen Arbeitervereinen und Freizeitorganisationen bis 1933 stark Fuß gefasst. Nach 1945 wurden diese linkorientierten Strukturen trotz vielfältiger Differenzen sowohl von der SPD als auch von der KPD genutzt. Auch war es die SPD, die die „Einheit der Arbeiterklasse“ propagierte und noch im Oktober 1945 einen Bruderpakt mit den Kommunisten vehement befürwortete. Ab Anfang 1946 wendete sich die Lage und die Sozialdemokratie begann zu ahnen, dass sie ins Hintertreffen geraten war: o
Von nun strebten auch die Kommunisten mit sowjetischer Unterstützung mit aller Macht eine Einheitspartei an.
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Die SPD erhielt ihre umfangreichen Besitztümer, die sie vor dem Krieg besessen hatte, nicht zurück und musste der Demontagepolitik der Sowjets machtlos zusehen.
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Die KP baute ihren Parteiapparat auf den ursprünglich von der SPD geprägten Strukturen aus und konnte jeden Winkel der SBZ durch ‚Berufsrevolutionäre’ erschließen.
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Die SPD durfte ihre früheren Unterorganisationen nicht mehr neu etablieren.
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Es fehlte der SPD auch materiell an Ressourcen, z.B. an Papier für Publikationen.
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Die KP verstärkte den Druck durch die Kommandantur von oben und durch die neu entstandenen Betriebsräte in den Fabriken von unten.
Trotzdem votierte die SPD im Frühjahr 1946 geschlossen für die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) und verabschiedete sich still
von der politischen Bühne. Erst 1989 konnte sich in der noch DDR die SPD wieder formieren.
„Bis 1957 dominierte die alte SPD mit ihrem eingeschliffenen Reflex, sich nach Rückschlägen in den Schmollwinkel zu verkriechen, sich dann erst recht für die Partei der besseren Menschen zu halten und mit dem ganzen Rest der Gesellschaft zu hadern.“
Die Adenauer-Republik: Erneut im Abseits In den Westzonen war der Nachkriegsvorsitzende Kurt Schumacher für neuerliche Einsamkeit verantwortlich: Trotz seines charismatischen Auftretens führte er die SPD sehr autoritär und wirkte im Gegensatz zu Adenauer abschreckend auf die Mittelschicht. Nach Schumachers Tod 1952 wirkte Erich Ollenhauer als Versöhner nach innen und außen, aber auch er konnte die SPD nicht gegen die CDU stärken, die mit der Angst der Bevölkerung vor dem Kommunismus gegen die SPD Boden gewann. Der demokratischen Sozialismus haderte mit seinen Werten und Symbolen und erlitt eine Niederlage nach der nächsten. Übergangszeit: Abschied von der Traditionskompanie Erst das Godesberger Programm 1959 brachte die programmatische Wende: Man distanzierte sich von ‚einzigen Wahrheiten’, also alten sozialdemokratischen Prinzipien wie der Verstaatlichung der Produktionsmittel oder der strikten Gegnerschaft gegen die Kirchen. Die SPD durchlebte eine Öffnung zur politischen Mitte hin, bekannte sich nun bewusst zu pluralistisch fundierten Grundwerten und wurde Amerika freundlicher.
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„Willy Brandt war der erste Medienkanzlerkandidat in Deutschland. Er öffnete den Medien seine Privatsphäre, ließ sich mit seinen Kindern, natürlich mit seiner schönen Frau und selbst beim Nassrasieren im Badezimmer fotografieren.“
Bis in die frühen sechziger Jahre wandelte sich die SPD grundlegend: o
Sie reformierte ihre Organisationsstruktur,
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es stiegen neue Sterne am Polithimmel auf, wie -
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Herbert Wehner, der zusammen mit Carlo Schmid und Fritz Erler (das „Triumvirat“) ab 1957 neuer stellvertretender Fraktionsvorsitzender wurde und für Erich Ollenhauer die Partei im Hintergrund lenkte und leitete. Willy Brandt, der junge Berliner Bürgermeister, der von Wehner gegen Protest aus den eigenen Reihen als medienwirksame und leicht lenkbare Figur als neuer Parteivorstand vorgeschlagen wurde.
Diese Politiker zeigten programmatisch deutlich, dass für sie die Zeit von Marxismus und Klassenkampf vorbei war. „Das Triumvirat: Wehner disziplinierte die Partei, Erler dirigierte die Bundestagsfraktion, und Brandt war der Kanzlerkandidat für das Volk.“
„Mit dem Ende der Adenauer-Ära schien die Zeit der alten Mit-
Die sechziger Jahre Zwischen Mauerbau und Studentenrevolte löste sich die Parteiführung aus der passiven Haltung und strebte entschlossen zur Regierungsmacht. Gegen Ludwig Erhard, der 1963 mit seinem Versprechen „Wohlstand für alle“ deutscher Kanzler wurde, scheiterte Brandt 1965. Er war sowohl von den Wählern als auch von seiner eigenen Partei als substanzlos wahrgenommen worden und trat daraufhin für künftige Kandidaturen zurück. Paradoxerweise führte dieser Rückschlag zu Brandts politischem und persönlichem Wandel, der ihn zum glühend verehrten Parteivorsitzenden machte. Am 6. Juli 1966 kam schließlich der Lohn für alle Bemühungen: Die SPD war mit der Großen Koalition unter Kanzler Kurt Kiesinger (CDU) erstmals an der Regierung der BRD beteiligt. Die sozialliberale Ära: Aufbruch und Enttäuschung 1969 wurde Brandt an der Spitze einer Sozialliberalen Koalition zum Kanzler gewählt. Es begann eine wichtige Phase der Umorientierung der SPD: Die Bevölkerungsstruktur hatte sich gewandelt und der Anteil der
te, des alten Bürgertums in Deutschland abgelaufen.“
„Es ging Willy Brandt wie allen charismatischen Politikern der Weltgeschichte. Sobald die historische Aufgabe erledigt ist, sobald der triste politische Alltag wieder einkehrt, verblasst die Ausstrahlung.“
„Apokalyptische Szenarien wurden in dieser Endphase der sozialliberalen Koalition an die Wand gemalt. Die Republik wirkte paralysiert.“
Arbeiter und Bauern war signifikant gesunken. Ins Blickfeld rückte nun der Angestelltenbereich, der ohnehin mit dem Arbeiterbereich immer mehr verschmolz. Brandts Ostpolitik trug Früchte: Nach dem bewegenden Kniefall am 7.12.1970 in Warschau vor dem Denkmal für die Toten des Ghettoaufstandes wurde ihm im Oktober 1971 der Friedensnobelpreis verliehen. Die SPD erlebte ein Hoch und wurde von Intellektuellen aller Schattierungen unterstützt und getragen. Währenddessen begann es im Inneren bereits zu bröckeln: Ein Kulturkampf zwischen neokommunistischen Jungsozialisten (Jusos) und dem konservativen Arbeiterklientel schwelte. Allein der triumphale Wahlsieg der SPD von 1972 überdeckte diese Spannungen noch einmal. Fortan war Brandts Energie aufgebraucht, er regierte lustlos und zaghaft. Die Auflockerung brachte Helmut Schmidt, der als neuer Kanzler ab 1974 Brandt ablöste, dieser hatte aber weiter den Parteivorsitz inne. Diese duale Konstruktion reflektierte genau die beiden ureigenen historischen Gesichter der Sozialdemokratie: Schmidt, der Pragmatiker, und Brandt, der Visionär. So wandelte sich das Triumvirat von einst mit Schmidt statt Erler zur Troika: Alle drei sprachen unterschiedliche sozialdemokratische Teilkulturen an. Als die Sozialliberale Koalition 1982 schließlich unter ökologischen Protesten, Konkurswellen und hohen Arbeitslosenzahlen zerbrach, wechselte die SPD nach 16 Jahren Regierung wieder in die Opposition. Die Jahre unter Kohl: Tanz der „Enkel“ Wieder in der Opposition vollzog die Partei eine radikale Abkehr von der Politik Helmut Schmidts. Man wandte sich verstärkt Richtung Ökologieund Friedensbewegung und damit besonders der jüngeren Generation zu. Auch parteiintern fand ein Generationswechsel statt: 1988 regelte Hans-Jochen Vogel als Parteivorsitzender den Übergang. Die sogenannten „Enkel“ mischten sich aufs politische Parkett: o
Björn Engholm
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Herta Däubler-Gmelin
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Rudolf Scharping
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Heidemarie Wieczorek-Zeul
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Oskar Lafontaine
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Gerhard Schröder
Besonders Lafontaine spielte eine wichtige Rolle als Modernisierer und Motor der SPD-Opposition, doch mit seiner skeptischen Haltung zur Wiedervereinigung hatte er keinen Erfolg; Helmut Kohl blieb Kanzler. Björn Engholm übernahm 1991 die Führung der Partei, war jedoch stets eher der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins als ein engagierter Bundespolitiker. Er musste wegen politischer Affären bereits 1993 das Ruder an Rudolf Scharping übergeben. Ein interner Streit entbrannte: Scharping schnitt zwar besser ab als seine Konkurrenten Wieczorek-Zeul und Schröder, aber vor allem letzterer hatte die Zustimmung der Öffentlichkeit hinter sich und wirkte als moderner, medienwirksamer Politiker dynamisch und sicher. Als 1995 Oskar Lafontaine überraschend gegen Scharping in der Wahl zum Parteivorsitz gewann, war das Dilemma perfekt: Personelle Debatten sowie schwerwiegende strukturelle Probleme mit ihrer stark differenzierten Wählerschaft stürzten die SPD in eine tiefe Krise. Sie steuerte ziel- und führungslos durch die Politik und wurde sogar von der CDU in Schutz genommen. Erst 1997 schlug die Stimmung in Deutschland um. Das Ansehen der
CDU sank, während die SPD mit einer neuen, jungen Führung und perfektem politischen Marketing ihren Wahlkampf vorbereitete. Mit dem Erscheinen der Grünen, die sich am linken Spektrum des parlamentarischen Systems ansiedelten und die SPD wieder näher in die Mitte rückten, war ein allein für die SPD möglicher Koalitionspartner entstanden. Mit der Doppelspitze im Wahlkampf Schröder-Lafontaine und dem Schlagwort der „Sozialen Gerechtigkeit“ gelang schließlich 1998 Schröders Wahlsieg. Mit Schröder wandte sich die SPD von der Phase der ökologisch-pazifistischen Bewegung ab und knüpft wieder an die Ära Schmidt an.
„Doch als dann die Sozialdemokraten die Macht hatten, konnte nur einer ganz oben stehen. Das war für den anderen schwer zu ertragen, zumal er sich ganz offenkundig für intellektuell und konzeptionell versierter hielt.“
Epilog: Die Berliner Republik Mit seiner Wahl war Schröder jedoch noch nicht Vorsitzender der SPD. Oskar Lafontaine, der im Wahlkampf zum Stimmengewinn noch glänzte, warf nur wenige Monate später alles hin und zog sich sowohl vom Parteivorsitz als auch von seinem Kabinettsposten zurück und stieg aus der Politik aus. Trotz der Niederlagenserie bei den Europa- und Regionalwahlen stabilisierte sich Schröders Position stetig, er führt heute uneingeschränkt die SPD an. Die SPD heute – eine Bilanz o
Von ihren ursprünglichen sozialdemokratischen Ideen ist wenig übergeblieben
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Die Aktivisten von früher sind verstummt und vieles, was die Bundesregierung beschlossen oder verkündet hat, widerspricht den Zielen von einst
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Die SPD ist weniger radikal denn je. Es steht zu hoffen, dass sie dadurch nicht an Profil -und Anhängern- verliert.
Zum Autor Franz Walter, geboren 1956, ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Göttingen. Nicht wenige seiner Bücher sind mittlerweile Standardwerke, zum Beispiel „Nationale Romantik und revolutionärer Mythos“ (1986), „Die FDP“ (1996) und „Die Heimatlosigkeit der Macht“ (2000).