H.G.Francis
Band 28
Die Sonnentöter Mutanten
Flaggschiff „Walter Beckett" zu
konnte niedergeschlagen werden.
einem...
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H.G.Francis
Band 28
Die Sonnentöter Mutanten
Flaggschiff „Walter Beckett" zu
konnte niedergeschlagen werden.
einem waghalsigen Unternehmen.
Rex Corda blieb Sieger über
Cordas
seinen Widersacher Cern, der es
nensystem, dessen Sonne stirbt.
verstanden hatte, die Mutanten
Ein Großteil der Galaxis würde
um sich zu versammeln und
verwüstet, wenn es Rex Corda
aufzuwiegeln.
nicht
Der
Aufstand
der
Aber
auch
jetzt
Ziel
gelingt,
ist
ein
dieses
Ster-
Sternen-
kommt Rex Corda nicht zur Ruhe.
system zu retten. Corda weiß,
Ein Notruf hallt durch die Galaxis.
was auf dem Spiel steht. Er
Ein Notruf, den nur der Präsident
nimmt Ralf Griffith, den „Ver-
der Erde hören kann. Rex Corda
änderten", mit in das Weltall.
zögert nicht lange. Er weiß, daß
Kann der Präsident Terras mit
er gebraucht wird, daß er helfen
dem Titanen an seiner Seite die
muß. Und wieder startet nach
neue, schwierige Aufgabe lösen?
kurzen
Vorbereitungen
das
Die wichtigsten Personen: Rex Corda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberbefehlshaber der „Walter Beckett" Fatlo Bekoval . . . . . . . . . . . Kommandant des terranischen Flaggschiffes Percip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laktone, Freund Rex Cordas Ralph Griffith . . . . . . . . . . . . . . . . ein „Veränderter", der für Terra kämpft
Der Diskus fegte hell jaulend über den brodelnden Schlammsee hinweg. Der Laktone, der hinter den zahlreichen Instrumenten des Leitstandes saß, hob die Schultern fröstelnd an den Kopf, als er die platzenden Gasblasen aufsteigen sah. Er schürzte die scharf geschnittenen Lippen, bei denen die tiefrote Kerbe auf der Oberlippe auffiel. Er warf einen letzten Blick auf den im Regen fast verborgenen Dschungel, dann schaltete er einen zweiten, kleineren Holografen ein. Auch auf dem Bildschirm dieses Gerätes wuchs ein wirklichkeitsgerechtes, holografisches Raumbild. Es war so überzeugend plastisch, daß jeder, der nicht mit dem Anblick eines Holografen vertraut war, sich hätte täuschen lassen. „Wir warten schon auf Sie, Percip!" sagte der Offizier, mit dem der Laktone Kontakt aufgenommen hatte. „Wir fahren die Schleusen auf!" Percip, der eine Uniform der terranischen Raumstreitkräfte trug, nickte. Deutlich sah er die aufschwingenden Schotts auf dem größeren Holografen vor sich. Er verringerte die rasende Fahrt des diskusförmigen Raumschiffes. Souverän steuerte er es in die Schleuse der kleinen Forschungsstation. Gelassen wartete er die scharfe Säuredusche ab, die alle miteingedrungenen Keime beseitigte. Ein Wasserschwall brach über dem Diskus herab und schwemmte die Reste aus. Percip erhob sich und verließ die Raumscheibe. Zwei Terraner erwarteten ihn am aufgleitenden Personenschott der Schleuse. Es waren Forscher, die im Auftrage der terranischen Regierung arbeiteten. „Ein scheußliches Wetter habt ihr hier auf der Venus!" ächzte Percip. „Wann regnet's eigentlich mal nicht?" Die beiden Männer schmunzelten. „Die Antwort auf diese Frage würde uns brennend interessieren", antwortete
der größere der beiden Männer, ein blonder Hüne mit forschenden braunen Augen. „Solange wir hier sind, regnet es. Aber bitte beeilen Sie sich, Percip, Präsident Corda wird jeden Augenblick im Cosmovision sprechen!" „Das wußte ich gar nicht", sagte Percip. „Gibt es etwas Besonderes?" Die beiden Forscher führten den Laktonen in den kleinen Gemeinschaftsraum, in dem noch drei weitere Wissenschaftler auf sie warteten. Es waren Chinesen, die Percip mit einem entschuldigenden Lächeln empfingen. „Bitte, fassen Sie es nicht als Demonstration auf, daß wir Sie nicht an der Schleuse empfangen haben", bat der weißhaarige Chinese, dessen Alter ihn automatisch zum Wortführer machte. „Wir haben große Schwierigkeiten mit der Aussteuerung der Antennen. Es ist nicht leicht, das Programm vom Cosmovision hier zu empfangen!" „Natürlich", lächelte Percip. Er legte seine Uniformmütze ab und ließ sich in einen der bereitstehenden, einfachen Sessel sinken. Jetzt hatten die Chinesen es geschafft. Das holografische Bild stand einwandfrei. Die mit Hilfe der Laser-Technik erzielte Raumwirkung wies nur noch unwesentliche Verzerrungen auf. „Was gibt es denn?" fragte Percip. „Eigentlich ist es nicht unbedingt wichtig", antwortete der blonde Hüne. „Wir sehen uns jedoch jede Sendung an, in der Rex Corda erscheint." „Das kann ich verstehen", nickte der Laktone. „Ich habe noch keinen Mann getroffen, der sich so einhelliger Beliebtheit erfreute." „Rex Corda weiht eine Großfabrikanlage für Gravitationsmotoren im Ural ein", erklärte der Hüne. „Es ist die erste Fabrik dieser Art auf der Erde!" Der Holograf zeigte die große Anlage in diesem Augenblick. Das Gebiet wimmelte von Menschen. Über den zahl-
reichen Hallen schwebten die bewaffneten Sonnengleiter der Sicherheitsorgane. Das Bild wechselte. Es zeigte den Präsidenten, der hinter einem Rednerpult stand und lächelnd in die Kamera sah. Die blauen Augen wirkten ungemein groß. Sie bannten sofort. „Seltsam!" bemerkte Percip. „Er sieht nicht gut aus!" Er erhob sich langsam und näherte sich dem Holografen um zwei zögernde Schritte. Jetzt sah er es noch deutlicher. Das Lächeln auf den scharf geschnittenen Lippen Rex Cordas erschien gequält. Rex Corda hielt sich nur mühsam aufrecht. Percip, der den Präsidenten am besten von den Männern in der kleinen Station auf der Venus kannte, ließ sich nicht täuschen. Er sah nur zu deutlich, wie fest sich die Hände um die Kanten des Rednerpultes krampften. Die Lippen Cordas bewegten sich, doch sie sprachen nicht. Plötzlich sanken die Augen des Präsidenten tief ein. Corda griff sich an die Kehle. Das Bild erlosch! * Tsati Mutara, der terranische Mutant, stützte sich taumelnd auf die blitzende Sicherheitsleiste des Computers. Vor seinen Augen flimmerte es. Stechende Kopfschmerzen quälten ihn nun schon seit Stunden. Und sie wurden von Minute zu Minute stärker. Je tiefer sie in den Sternenhaufen am Rande der Galaxis eindrangen, desto intensiver wurden die Schmerzen. Er faßte Sigam Agelon ins Auge. Der Sohn des mächtigen Orathonen kauerte wie ein Raubtier über dem Programmpult des großen Computers, die Blicke starr auf die großen Holografen gerichtet. Sigam Agelon kam seinem Ziel näher. Er war auf der Spur der „Zeitlosen", um die Macht dieses ge-
heimnisvollen Volkes zu brechen. „Auffallend starke Schwerefelder in Raumabschnitt 01 — III — grün", meldete die Ortungsstation mit ruhiger, gelassener Stimme. Der große Holograf schaltete um. Die angepeilten Schwerefelder erschienen als rotierende rote Schleier auf dem Schirm. Tsati Mutara richtete sich unwillkürlich auf. Das Bild war seltsam. Die Schwerefelder bildeten ein exaktes Pentagramm! Im offenen Schott zu dem Raum blieb Mutara erschrocken stehen. Die „Nadel" vibrierte hell summend! Sie stand in der Mitte des Raumes und erhob sich mit der fingerdünnen Spitze bis in sieben Meter Höhe. Der meterdicke Sockel trommelte knackend auf den Panzerplatten. An der Spitze zeigten sich zahlreiche Schlitze und Einbuchtungen. Von hier aus gingen die schmerzenden Impulse. Das fühlte Mutara mit aller Deutlichkeit. Sie waren wie gellende Schreie. Warum sendete die „Nadel" mit dieser Intensität? Mutara stemmte die Schultern gegen die Wand und preßte die Handballen gegen die pochenden Schläfen. Seine Augen tränten. Eine magische Gewalt schien ihn an den Boden zu fesseln. Er wollte fliehen, um sich von den quälenden Schmerzen zu befreien — er konnte nicht. Er fühlte den Energiefluß, der von der „Nadel" ausging. Seine parapsychische Begabung, die ihn Energie in jeglicher Form beherrschen ließ, ließ ihn erkennen, daß der Strom in Richtung auf das Pentagramm der Schwerefelder erfolgte. Dann plötzlich Stille. Tsati Mutara atmete auf. Seine Kopfschmerzen waren wie weggeflogen. Langsam löste er sich von der Wand. Im nächsten Augenblick erfaßte er den Impuls, der ihn wie ein zärtlicher
Hauch streifte. Er erkannte mit aller Klarheit, daß der Impuls vom Pentagramm kam. Die „Nadel" — ein Geschöpf der Erde — „unterhielt" sich mit einem Wesen, das sich im Bereich des Pentagramms aufhielt! Es konnte keinen Zweifel geben! Tsati Mutara ging auf die „Nadel" zu. Er legte seine Hände an sie. Ein seltsam prickelnder Energiestrom ging von der „Nadel" aus. Plötzlich brach er ab. Tsati hatte das Gefühl, als ginge eine intensive Warnung von der „Nadel" aus. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Er wich langsam zurück. Und dann kam es mit fürchterlicher Gewalt. Es war wie ein Blitz, der quer durch seinen Kopf raste. Eine parapsychische Energieflut unvorstellbaren Ausmaßes tobte durch den Raum. Sie kam aus der Richtung des Pentagramms. Es war ein Schrei, ein entsetzlicher Hilfeschrei. Das erfaßte Tsati Mutara noch, dann brach er bewußtlos zusammen. Die „Nadel" schwieg. * John Haick sprang blitzschnell auf, als er sah, daß die Augenlider Rex Cordas zuckten. Mit zwei schnellen Schritten war er neben dem leichenblassen Mann im Bett. Er griff nach der Hand Cordas. Sie fühlte sich nicht mehr so kalt an wie in den letzten fünf Tagen. Ein neuer Blutstrom erwärmte sie. „Rex!" rief er leise. Die Tür ging auf. Die schlanke Velda Corda kam eilig in den Raum. Ängstlich sah sie John Haick an. Ihre Augen weiteten sich voller Freude, als sie ihn lächeln sah. Das neunzehnjährige Mädchen eilte zum Bett ihres Bruders. Jetzt schlug Rex Corda die Augen
auf. Die Blicke richteten sich auf John Haick und seine Schwester. Die Augen leuchteten in intensivem Blau. Dennoch wirkten sie kühl und distanziert, da die Pupillen so groß waren, daß sie kein Weiß in den Augen erkennen ließen. „Rex!" rief John Haick abermals. Rex Corda zog den Atem tief in die Lungen und streckte sich. „Was macht ihr für Gesichter?" lächelte er. „Ihr seht mich an, als wäre ich gerade von den Toten auferstanden!" „So ungefähr ist es auch!" antwortete John fassungslos über den schlagartig gebesserten Zustand Cordas. Der Präsident richtete sich auf. Er rieb sich die Augen mit beiden Händen. „Ich verstehe das nicht", sagte er. „Ich fühle mich glänzend. Was ist passiert?" „Ich weiß nicht ob ich ...", zögerte John Haick. „Mach schon! Ich bin nicht krank", forderte Corda ihn unwillig auf. „Ich habe Kontakt mit Fred Matson, dem Strukturenergetiker, gehabt. Er hat mich gerufen!" John Haick sah sich vorsichtig nach dem Arzt um, der eilig ins Zimmer kam. Rex Corda lachte. Er ließ sich in die Kissen zurückfallen. „Ich merke schon, daß ich Schwierigkeiten haben werde, euch zu beweisen, daß ich wirklich gesund bin!" sagte er. „John, bereite alles vor. In dreißig Minuten möchte ich eine Konferenzschaltung mit TERRAKOM haben!" „Du willst mit TERRAKOM...?" fragte Haick sprachlos. „Selbstverständlich, John! Habe ich es nicht deutlich genug gesagt? Ich will eine Konferenzschaltung mit der Regierung — oder hat man mich während meiner geistigen Abwesenheit abgewählt? Bin ich nicht mehr Präsident der Vereinigten Staaten der Erde?" erkundigte sich Rex Corda mit leiser Ironie.
* Rex Corda begrüßte die Mitglieder der Regierungskommission in aller Kürze und kam dann gleich zum Thema. „Meine Herren, als ich am 14. Mai zusammenbrach, habe ich eine parapsychische Nachricht erhalten", begann Rex Corda seinen Bericht. „John Haick, Professor Rimson und ich haben inzwischen genau nachgerechnet, ob die mir übermittelten Angaben richtig sein können." Rex Corda machte eine kleine Pause. Er sah sich um. Die Männer der Regierungskommission, deren Vorsitzender er war, sahen gebannt auf ihn. „Ich erhielt die Nachricht von Fred Matson, der im August des Jahres 1992 für uns den Energieschirm durchbrach, der unser Sonnensystem umspannte. Fred Matson mußte seine menschliche Daseinsform unter dem Druck der ungeheuren Energiemengen, die seinen Körper passierten, aufgeben. Fred Matson sieht jetzt aus wie ein 50 Zentimeter langer, grau-weißer Stein mit etwa zehn Zentimetern Durchmesser. Es ist schwer, sich vorzustellen, daß dieses Wesen noch leben könnte. Dieser — hm — ,Stein' lebt, und er ist nach wie vor Fred Matson! Zusammen mit der Raumfestung ,Schalmirane' verließ er unser Sonnensystem. Wie ich jetzt von ihm erfuhr, befindet sich die Raumstation im Kugelsternhaufen M 22, der etwa 3 000 Parsek von der Erde entfernt ist." Rex Corda zündete sich eine Zigarette an. Er blätterte kurz in seinen Notizen. „Die von ihm mir übermittelte Position zeigt mit einer unwesentlichen Abweichung jenen Raumabschnitt an, den mir die ,Zeitlosen' bei meinem Aufenthalt in der Raumfestung ,Schalmirane' angegeben haben." Sir Walter Battensmith, der euro-
päische Vertreter in der Regierung, schaltete sich mit einem etwas spöttischen Lächeln ein. „Soweit ich mich entsinne, hatten die 'Zeitlosen' Ihnen die, hm, Unsterblichkeit versprochen, Mr. President", sagte er mit unverkennbarer Ironie. „Ich kann darüber jetzt nichts sagen, Sir", gab Corda kalt zurück. „Entscheidend ist für mich ein anderes Problem. Fred Matson hat das denkbar größte Opfer gebracht, das ich mir vorstellen kann, um uns alle, um das gesamte Terra-System zu retten. Er ist in Not. Es ist einfach unsere Pflicht, ihm zu helfen!" * Der große Sonnengleiter mit den Emblemen des Präsidenten von Terra flog mit jaulender Sirene in den riesigen Schacht hinein, der sich mitten in der hügeligen Landschaft geöffnet hatte. Der Schacht führte senkrecht in die Tiefe. Er hatte einen Durchmesser von mehreren hundert Metern und war groß genug, ein Raumschiff wie die „Walter Beckett" aufzunehmen. Rex Corda, der Präsident der Vereinigten Staaten der Erde, dirigierte den Gleiter zu dem Hantelraumer hin, der auf dem Grund des Schachtes stand. Die große rote Schrift wies dieses Raumschiff als die „Walter Beckett" aus, das Flaggschiff der winzigen terranischen Raumflotte. Der Gleiter landete dicht neben der Hauptschleuse. Rex Corda stieg aus und ging langsam zu der Schleuse hinüber. Oberst Polley empfing ihn mit einer kleinen Gruppe seiner wichtigsten Offiziere. „Die Besatzung ist bis auf Professor Sam McClude und den Chefwissenschaftler Fan Kar Kont vollzählig an Bord, Sir", meldete Oberst Polley, wobei er militärisch knapp grüßte. „Die
,Walter Beckett' wird in drei Stunden starten können." Rex Corda dankte. Er stieg in die Schleuse hinauf und begab sich direkt in die Sonderkabine, die für den weißen Delphin Wabash eingerichtet worden war. Oberst Polley blieb dicht hinter dem Präsidenten. Er wartete, während Corda zu dem Delphin ging. Vor dem Bassin blieb Rex Corda stehen. Wabash war allein. Cordas Bruder Kim, dessen telepathische Eigenschaften sich in den letzten Wochen sehr stark entwickelt hatten, war nicht im Raum. Der intelligente Delphin kam bis an den Rand des Bassins und hob seinen breiten Kopf aus dem Wasser. Er schnatterte freudig, und ein Gefühl des Wohlbehagens ging von ihm aus. „Wir mußten zehn Laktonen an Bord nehmen", sagte Rex Corda ruhig. Der Delphin sah ihn mit großen klugen Augen abwartend an. „Wir sind auf diese Techniker angewiesen, weil wir trotz aller Fortschritte, die wir erzielt haben, die Maschinen noch immer nicht allein warten können!" Wabash glitt unter das Wasser und zog einen ruhigen Kreis in seinem Bassin. Für einen Außenseiter sah es so aus, als spräche Rex Corda in die Luft hinein. Aber der telepathische Delphin verstand jedes Wort. „Wir haben diese Laktonen getestet. Sir K. Enschko hat versucht, Spione in die ,Walter Beckett' zu schleusen. Wir konnten sie herausfinden. Wir haben jetzt noch drei Stunden Zeit bis zum Start. Bis dahin mußt du die zehn Laktonen genau sondiert haben. Ich muß wissen, ob ich mich auf sie verlassen kann." Von dem Delphin kam ein bestätigender Impuls. Rex Corda verließ die Spezialkabine. Fan Kar Kont, der laktonische Spitzenwissenschaftler, hatte ihn schon vorher
beruhigt. Kont war der Ansicht, daß die laktonischen Techniker keinen Schaden anrichten konnten. Er war der Meinung, man könne diese Techniker während der Expedition mit einer hypnotischen Sperre versehen, die sie hindern würde, Sir K. Enschko bei der Rückkehr mehr zu sagen, als Rex Corda zulassen konnte. Dennoch wollte Rex Corda wissen, wer mit ihm flog. Er wollte sich auf jeden Mann an Bord des Raumschiffes wirklich verlassen können. * Anderthalb Stunden später kam der beruhigende Impuls von dem Delphin. Keine Gefahr! Die Laktonen verfolgten die Aktionen der energiegeladenen Terraner voller Sympathie. Sie hatten eine ähnliche Einstellung wie der Laktone Bekoval, der es ablehnte, die Terraner zu betrügen, nachdem sie entscheidend dazu beigetragen hatten, daß die laktonische Flotte sich gegen die Orathonen behaupten konnte. Die letzten Minuten vergingen wie im Fluge. Ein Strom von Versorgungsgütern ergoß sich in den mächtigen Leib des Hantelraumers. Der Count-down lief ohne Zwischenfälle ab. Die Schotten schlossen sich. Und dann brüllten die mächtigen Antriebsorgane der „Walter Beckett" auf. Der Hantelraumer stieg auf flammenden Abstrahldüsen in dem Schacht auf. Rex Corda beendete eine letzte Konferenz mit TERRAKOM, die über eine Holografenschaltung abgehalten wurde. Die „Walter Beckett" verließ die Atmosphäre und schoß mit enormer Beschleunigung in das All hinaus. Drei Stunden später passierte das Flaggschiff der terranischen Raumflotte die Pluto-Bahn. Die „Walter Beckett" war auf dem Weg zum Kugelsternhaufen M 22.
* Das Rufsignal des Holografen summte. Rex Corda erhob sich aus dem Sessel und schaltete das in der Wand installierte Gerät ein. Der Kommandant der „Walter Beckett", Bekoval, erschien im Bild. Er machte einen besorgten Eindruck. „Sir — wir werden in den nächsten Stunden ein Raumgebiet streifen, in dem schwere Kämpfe zwischen laktonischen und orathonischen Einheiten stattfinden", meldete er. Rex Corda warf John Haick, der bei ihm saß, einen kurzen Blick zu. Percip, der als Stellvertreter des Kommandanten der „Walter Beckett" füngierte, erhob sich jetzt ebenfalls und kam zu Corda. „Sehen Sie eine Gefahr für uns, Bekoval?" fragte er. „Wir werden uns der kämpfenden Flotte bis auf ein halbes Lichtjahr nähern, wenn wir auf dem bestehenden Kurs bleiben. Der Sicherheitsabstand könnte ausreichen", antwortete der Kommandant Bekoval. „Was empfehlen Sie?" fragte Rex Corda. Bekoval hob die Augenbrauen. „Eine Kursänderung würde einen sehr großen Energieverlust bedeuten und gleichzeitig viel Zeit kosten", antwortete er zögernd. „Falls wir auf der anderen Seite Feindberührung bekommen sollten und in Kämpfe verwickelt werden, dann wird sofort auffallen, daß wir mit Becon eine ideale Panzerung besitzen. Das würde uns die gesamte orathonische Flotte auf die Fersen bringen!" Rex Corda lächelte unmerklich. Der Laktone Bekoval hatte nicht nur die terranische Staatsbürgerschaft angenommen, er sprach jetzt auch englisch. Er gab sich sichtliche Mühe mit dieser
Sprache. „Wir gehen das Risiko ein!" entschloß sich Rex Corda. „Unsere Geschwindigkeit ist im Verhältnis zu der kämpfenden Flotte sehr groß, und der Sicherheitsabstand sollte ausreichend sein. Geben Sie jedoch Sicherheitsalarm. Die Kampfstationen müssen besetzt werden! Ich komme auf die Kommandobrücke!" * Die Sirenen schrillten durch die „Walter Beckett". Die Offiziere eilten auf die Kommandobrücke. Percip führte das Kommando. Auf dem Sitz des Piloten saß Ralf Griffith, der Mann, der die größte Hoffnung der Erde darstellte. Ralf Griffith war ein „Veränderter"! Er trug Becon in seinem Schädel. Es machte ihn zu einem unbesiegbaren Giganten. Ralf Griffith war die Krönung der riskanten Experimente mit Becon — denn er war geistig gesund geblieben. Wie es schien, entwickelte er eine besonders rasche Auffassungsgabe. Als Rex Corda die Kommandobrücke betrat, erkannte er sofort, daß sie ihr Ziel erreicht hatten. Auf dem großen Holografen über dem umfangreichen Kommandopult leuchtete eine kleine rötliche Sonne. Zahlenkombinationen in verschiedenen Farben zeigten auf der Unterseite des Holografen an, welche Position die „Walter Beckett" erreicht hatte. Nur noch wenige Astronomische Einheiten trennten sie von den Koordinaten, die ihr Zielgebiet angaben. Rex Corda setzte sich neben Percip in den Sessel. „Sir, wir empfangen laufend Notrufe aus dem Sonnensystem vor uns", erklärte Percip, ohne einen Blick von den Instrumenten zu wenden. „Sie klingen ziemlich drängend." Einer der kleineren Holografen, der
die Kommandobrücke mit den zahlreichen Spezialabteilungen des Raumschiffes verband, schaltete sich flammend ein. „Die astronomische Abteilung!" erklärte Percip hastig. Er beugte sich vor und regulierte die Lautstärke. „Die Sonne des vor uns liegenden Systems ist vom Typ F", hörte Corda. „Ein Unterriese." Der Astronom zögerte etwas. Er biß sich auf die Lippen. „Mit dieser Sonne ist irgend etwas nicht in Ordnung", sagte er dann. „Unseren Berechnungen zufolge müßte die Ausstrahlungsintensität wesentlich höher sein. Wir sind zu der Ansicht gekommen, daß wir eine sterbende Sonne vor uns haben. Mit Sicherheit hängen die Notrufe mit dem auffallenden Verhalten der Sonne zusammen." Rex Corda schüttelte den Kopf. „Ein etwas seltsamer Bericht", sagte er, als das Gerät sich ausschaltete. „Was besagen die Notrufe?" Percip bediente einige Instrumente auf dem Pult vor ihm. Im nächsten Augenblick schaltete sich der Lautsprecher ein. Rex Corda hörte eine helle Stimme, die in offensichtlicher Panik sprach. Es war eine klare und helle Stimme, die irgendwie sympathisch klang. „Und jetzt die Übersetzung unserer Computer!" „... versinkt unsere Welt. Es gibt keine Rettung mehr, wenn wir unsere Welt nicht verlassen können. Die Sonne stirbt. Ihr müßt zurückkehren. Ihr dürft uns nicht verlassen. Helft uns." Percip schaltete ab. „Danach kommt eine Pause, und dann geht's wieder von vorn los", berichtete er. „Was hat das zu bedeuten: Ihr müßt zurückkehren?" fragte Corda. „Das hört sich an, als wären Raumschiffe auf dem Planeten gewesen." „Ganz offensichtlich!" sagte Percip.
Rex Corda hob seine Stimme, so daß sie jeder auf der Kommandobrücke hören konnte. „Die 'Walter Beckett' wird in das Sonnensystem einfliegen. Wir werden uns dem Planeten mit der nötigen Vorsicht nähern!" beschloß er. „Das dürfen wir nicht!" protestierte Percip. „Und warum nicht?" fragte Corda scharf zurück. Percip biß sich auf die Lippen. Er strich mit der Fingerspitze über die rote Kerbe auf seiner Oberlippe. „Sir — dieser Planet ist offensichtlich zum Sterben verurteilt. Die Sonne erlischt. Es gibt nur eine Möglichkeit, dieses bedauernswerte Volk zu retten!" „Ich weiß!" „Sir — wir können diesen Leuten nur dann wirklich helfen, wenn wir sie von dem Planeten evakuieren!" sagte Percip beschwörend. „Wollen Sie mit nur einem Raumschiff ein Volk evakuieren, das vielleicht nach Milliarden zählt? Wissen Sie, mit welchen Problemen eine Evakuierung verbunden ist?" „Die Entscheidung ist gefallen! Ich werde nicht zusehen, wie ein ganzes Volk stirbt. Wir brauchen nicht mehr darüber zu diskutieren. Vielleicht gibt es noch andere Möglichkeiten, diesem Volk zu helfen!" Corda lehnte sich zurück. Die „Walter Beckett" änderte den Kurs. Der Hantelraumer flog in das System ein. „Von welchem Planeten sind die Notrufe gekommen?" fragte Fan Kar Kont aus dem Hintergrund. Der Laktone mit dem gestreiften Gesicht zeigte seine Erregung nicht. Er ließ nicht erkennen, ob er mit der Entscheidung einverstanden war. Er respektierte sie. „Die Rufe kamen vom dritten Planeten", antwortete Percip. „Wir werden ihn in zwei Stunden erreichen."
Die „Walter Beckett" flog mit nur mäßiger Geschwindigkeit in das Sonnensystem ein. Alle Positionen waren besetzt. Das Schiff befand sich in Alarmbereitschaft. * „Gehen Sie näher heran, Ralf!" befahl Rex Corda mit scharfer Stimme, die seine Erschütterung nicht verriet. Die „Walter Beckett" war nur noch eine Astronomische Einheit von dem dritten Planeten entfernt. Die Holografen holten das Bild des Planeten jedoch so stark heran, daß Rex Corda wichtige Einzelheiten erkennen konnte. Die größten Teile der sterbenden Welt verbargen sich unter dichten Wolkenschleiern, doch das war kein Hindernis für die hochwertigen Aufnahmegeräte. Die Welt befand sich in Aufruhr. Überall brachen Vulkane auf, ergossen sich glühende Lavamassen über das Land, gewaltige Flutwellen rollten über die Meere und überschwemmten die Kontinente. Die astronomische Abteilung, die von dem Mutanten Pater Bostik geführt wurde, schaltete sich abermals ein. Rex Corda hörte die Worte des Mutanten nur mit halbem Ohr. „Verteufelte Situation", sagte der Pater. „Die magnetischen Pole des Planeten bewegen sich!" „Beeilen Sie sich, Ralf!" Die „Walter Beckett" beschleunigte wieder. Rex Corda fühlte den Boden unter seinen Füßen leicht erzittern. Rasend schnell kam der Planet näher. Der Kommandant der „Walter Bekkett" erschien auf der Kommandobrücke. Doch Bekoval überließ seinem Stellvertreter Percip weiter das Kommando. Er hielt sich im Hintergrund bereit, um einzugreifen, falls es notwendig werden sollte. Er wußte, daß die letzte Entscheidung bei Rex Corda
lag. „Bekoval!" rief Rex. Corda, ohne sich umzudrehen. Verblüfft trat der Laktone näher. Er konnte sich nicht erklären, woher Rex Corda wissen konnte, daß er auf der Kommandobrücke erschienen war. Hinter dem umfangreichen Andrucksessel Cordas blieb er stehen. „Sehen Sie eine Gefahr, Bekoval? Haben Sie Bedenken? Dann äußern Sie sich!" fragte Corda, ohne den Blick vom Holografen zu wenden. Die „Walter Beckett" glitt in einer Entfernung von etwas mehr als 400 000 km in eine spiralförmige Umlaufbahn um den Planeten ein. „Keine Bedenken, Sir! Von diesem Planeten droht uns keine Gefahr!" antwortete Fatlo Bekoval. „Ich werde ein unruhiges Gefühl nicht los", gestand Rex Corda. „Aus diesem Raumabschnitt kam der Hilferuf Fred Matsons! Wir haben die Position fast erreicht, die mir die ,Zeitlosen' in der Raumfestung ,Schalmirane' angegeben haben." „Sie befürchten, dies könnte eine Falle sein?" fragte Bekoval. Er schüttelte den massigen Kopf. „Das halte ich für ausgeschlossen. Dieser Planet stirbt!" „Übernehmen Sie das Kommando, Bekoval!" ordnete Corda an. „Percip, Sie fliegen zusammen mit John Haick und zwei Offizieren der Mannschaft den vierten Planeten an! Erkunden Sie, ob der Planet Lebensmöglichkeiten für die Bewohner des dritten Planeten bietet!" Percip sprang auf. „Sir — wollen Sie wirklich eine Evakuierungsaktion einleiten? Das ist doch sinnlos!" Rex Corda fuhr blitzschnell in seinem Sessel herum. Die kalten Augen packten den Laktonen Percip. Sie ließen ihn mitten in der Bewegung erstarren. Plötzlich stand Schweiß auf der Stirn des stellvertretenden Kommandanten.
„Würden Sie zusehen, Percip, wenn Ihr Heimatplanet Lithalon auseinanderbricht? Würden Sie nicht versuchen, wenigstens eine Handvoll Lithalonier zu retten?" fragte John Haick. Er legte Percip die Hand beruhigend auf die Schulter. „Kommen Sie! Wir haben keine Zeit zu verlieren!" * Der Diskus jagte mit donnernden Motoren aus dem großen Hangar der „Walter Beckett". Er beschleunigte mit höchsten Werten und entfernte sich blitzschnell von dem Raumschiff. Die „Walter Beckett" berührte die ersten Ausläufer der aufgewühlten Atmosphäre des dritten Planeten. Unaufhörlich gellten jetzt die Stimmen der Bewohner des Planeten in den Funkgeräten. „Sir — sie danken uns dafür, daß wir zurückgekehrt sind!" rief Bekoval heiser. Er wischte sich aufgeregt mit dem Handrücken über die plumpe Nase. „Sie sind toll vor Freude!" Rex Corda starrte aus verengten Augen auf das schreckliche Bild, das ihm die Holografen übermittelten. Der absolut raumgetreue Eindruck dieser Präzisionsinstrumente zeigte die sterbende Welt in ihrer ganzen schrecklichen Wildheit. Corda erkannte riesige Kolonnen flüchtender Wesen, die sich auf die höher gelegenen Gebiete der Kontinente zu retten suchten. „Es sind Sauerstoffatmer. Darüber gibt es keinen Zweifel", erklärte Fatlo Bekoval, der die Instrumentenanzeigen vor sich hatte. Bei ihm sammelten sich die von den verschiedenen Forschungsund Beobachtungsstationen der „Walter Beckett" übermittelten Daten in übersichtlicher, klarer Form. Rex Corda beobachtete einen riesigen Troß aus motorgetriebenen Fahrzeugen, der in dem aufbrechenden Boden ver-
schwand und von einer gigantischen Flutwelle überschwemmt wurde. Noch immer war die „Walter Beckett" zu hoch. Corda konnte nur wenige Einzelheiten erkennen. „Ralf — gehen Sie tiefer!" befahl er dem Piloten Ralf Griffith. Der durch Becon „Veränderte" lenkte das Raumschiff mit größter Sicherheit. Da stieß Bekoval einen heiseren Schrei aus. Er reckte seinen rechten Arm dem großen Holografen vor ihnen entgegen. Auf dem übermannshohen Bild zeichnete sich in aller Deutlichkeit die Flugbahn eines winzigen Raumkörpers ab, der mitten aus dem Chaos in die Atmosphäre hinaufschoß. Blitzschnell schaltete Bekoval. Die Holografen holten den Raumkörper rasend schnell heran. Fatlo Bekoval gab sich erst zufrieden, als das Gerät den ganzen Schirm ausfüllte. Im gleichen Augenblick liefen die von Bekoval automatisch angeforderten Daten ein. Der Raumkörper hatte die Form einer sehr plumpen Rakete. Er war grau und hatte keinerlei Fenster. Er war völlig glatt. Am Heck lohte eine winzige Flamme, die das Ding antreiben sollte. Ganz deutlich war zu erkennen, daß der Flug des Körpers immer langsamer und langsamer wurde. „Das Ding fällt zurück!" sagte Bekoval, nachdem er die von den Ortungsgeräten übermittelten Meßdaten übersehen hatte. „Es hatte zu Anfang eine Bahnkurve, die es mit größerer Beschleunigung aus dem Schwerefeld des Planeten herausgeführt hätte!" „Sehen Sie sich das an!" brüllte Fan Kar Kont, der laktonische Chefwissenschaftler, der am Ende des Computers arbeitete. Seine Hand zeigte auf einen kleineren Holografen. Die Erregung spiegelte sich deutlich in seinem braun und weiß gestreiften Gesicht wider. Rex Corda drehte sich nach dem
Wissenschaftler um. Fan Kar Kont saß ihm genau gegenüber am anderen Ende des ringförmig angeordneten Computers. Auf dem Holografen vor Fan Kar Kont erkannte Rex Corda ein seltsames Gerät, das auf dem schwankenden Boden des Planeten stand. „Das ist doch nicht möglich!" stammelte er. Er stand auf und eilte zu dem Laktonen hinüber. Gemeinsam beugten sich die Männer über den Holografen. „Das sieht aus wie ein Katapult!" sagte Fan Kar Kont. Corda nickte. „Auf der Erde hat es in der Frühzeit ähnliche Geräte gegeben, die als Steinschleudern benutzt wurden!" Auf dem Gerät, das einem ins Gigantische vergrößerten Katapult glich, lag eine Raumkapsel wie die, deren Bahn Bekoval noch immer verfolgte. Plötzlich schnellte die Schleuder blitzschnell auseinander. Die gewaltigen Stahlarme peitschten durch die Luft und wirbelten die Kapsel hinter der ersten her. Schon Sekunden nach dem Abschuß war deutlich zu erkennen, daß die Kapsel niemals eine Umlaufbahn erreichen konnte. „Wenn es nicht so verdammt traurig wäre, könnte ich mich über soviel Naivität totlachen!" sagte Fan Kar Kont mit einem verzerrten, unglücklichen Lächeln auf den Lippen. „Bekoval — fangen Sie die Kapsel mit einem Traktorstrahl ab!" befahl Rex Corda. Fatlo Bekoval schaltete kommentarlos. Die erste Kapsel hatte den Kulminationspunkt ihrer Flugbahn erreicht. Für wenige Sekunden stand sie still im Raum, dann begann sie zu stürzen. Doch jetzt griffen die starken Finger des Traktorstrahlers nach ihr und hielten sie fest. „Holen Sie sie herein!" „Und — und wenn es eine Bombe ist?" fragte Bir Osgo, der laktonische
Organisationstechniker, zögernd. Rex Corda starrte den kleinen Laktonen an. Dichter Schweiß bedeckte die breit ausladende Stirn Osgos. Die kurzsichtigen Augen des mit Minderwertigkeitskomplexen beladenen Mannes blinzelten unsicher. „Sind Sie wahnsinnig, Osgo? Warum, um Himmels willen, sollten diese Geschöpfe in den letzten Minuten ihrer Existenz Bomben ins All schleudern?" fragte Corda kopfschüttelnd. „Jedesmal, wenn wir uns in die Belange eines anderen Volkes eingemischt haben, hat es Schwierigkeiten gegeben!" erinnerte der Laktone, der als Mitglied seiner Rasse ungewöhnlich klein war. „Es wird auch diesmal Schwierigkeiten geben", sagte Rex Corda hart. „Aber diese Schwierigkeiten werden ganz anderer Art für Sie sein als alle bisherigen, wenn Sie sich noch länger als Nervensäge betätigen!" Bir Osgo erbleichte. Hastig zog er sich zurück. Corda glitt in seinen Andrucksessel. Er bemerkte, daß Fatlo Bekoval auch die zweite Kapsel eingefangen hatte. Sie näherten sich beide der „Walter Beckett". „Schleusen Sie sie in eine der unteren Schleusen ein", ordnete Corda an. „Lassen Sie die Kapseln durch einen Roboter öffnen!" Rex Corda schaltete die Holografenverbindung zu dem telepathisch begabten Delphin Wabash um. Auf dem Bild erschien sein Bruder Kim, der am Rande des Bassins von Wabash hockte. Der Delphin streckte seinen Kopf schnatternd aus dem Wasser. „Wabash!" rief Corda. Sofort unterbrachen der Delphin und der Junge das stumme Zwiegespräch. Rex Corda fing einen telepathischen Impuls auf. „Kannst du Kontakt mit den Kapseln aufnehmen?" fragte Corda laut, obwohl
ein Gedanke genügt hätte, den Delphin zu informieren. „Wir müssen wissen, was die Kapseln enthalten!" * Percip ließ die Raumscheibe in die dünne Atmosphäre des vierten Planeten rasen, ohne die Fahrt wesentlich herabzusetzen. Die ionisierte Luft flammte in den Energiefeldern des Diskus auf. Tief unter ihnen lagen die gelben Wüsten des vierten Planeten. Schwache Staubstürme wirbelten trockene Dünen auf. In den nördlicheren und südlicheren Regionen wanden sich dürre Flechten über den trockenen Boden. Die automatischen Meßinstrumente sammelten Daten, während Percip den Planeten mit dem Diksus umrundete. Dabei ging er allmählich mit der Fahrt herunter und verringerte die Flughöhe, so daß die Einzelheiten der Landschaft leichter zu erkennen waren. Die ferne Sonne leuchtete als mattes Auge aus dem samtenen Schwarz des Alls herab. „Der Planet hat große Ähnlichkeit mit unserem Mars", erklärte John Haick. Seine Blicke glitten über die endlosen Wüsten und die schroffen, kahlen Berge, die sich in schmalen zerklüfteten Ketten von Norden nach Süden zogen. Die ersten Ergebnisse der automatischen Untersuchungen liefen ein. Percip verzog das Gesicht. „Es sieht schlecht aus", sagte er. „Schwereverhältnisse, Atmosphäre und Temperaturen sind wahrscheinlich noch zu akzeptieren, aber es scheint keinen Tropfen Wasser auf diesem Planeten zu geben." „Vielleicht an den Polen etwas", sagte John Haick. Sie passierten ein langgestrecktes Tal. An den Felswänden klebten spärliche Flechten. „Die Pole sahen weiß aus. Es müßte etwas Wasser dort geben. Aber natürlich ist das viel
zu wenig!" „Eben!" nickte Percip. „Und deshalb frage ich mich, wohin Mr. Corda die Bewohner des dritten Planeten bringen will!" „Hier scheinen kaum geologische Veränderungen aufzutreten", bemerkte John übergangslos. „Es scheint keine Erdbeben zu geben. Keine magnetischen Verschiebungen. Eigenartig. Man könnte diese Welt besiedeln, wenn man Wasser hätte!" „Das wäre alles kein Problem, Dr. Haick, wenn es hier nicht um jede Minute ginge. Wenn wir einige Monate Zeit hätten, dann wäre es zu schaffen." „Kehren wir um!" schlug John vor. Der Physiker lehnte sich in seinem Andrucksessel zurück. Der schaltete auf die Aufnahmesysteme auf der Oberseite des scheibenförmigen Raumschiffes um. Das Sonnensystem, das diesem sterbenden System am nächsten war, erschien im Holografen. John Haick wußte inzwischen, daß das System nur 0,136 Persek entfernt war. „Geben Sie mir bitte mal die Daten dieses Systems", bat John Haick einen der beiden Offiziere, die an dem Erkundungsflug teilnahmen. Der Offizier, ein vierschrötiger blonder Mann mit grünen klugen Augen, grinste. „Die Sonne gehört zum K-5-Typ. Ihr Durchmesser im Vergleich zur Sonne beträgt l : 36. Sie hat nur einen Planeten. Er ist jetzt nicht zu sehen. Er befindet sich im Sichtschatten der Sonne. Ein Brocken, Sir! Nach den Berechnungen von Pater Bostik hat er 26 Monde." „Das konnten Sie trotz der Entfernung einwandfrei feststellen?" fragte John Haick stirnrunzelnd. Er unterdrückte ein Lächeln, das sich ihm auf die Lippen drängen wollte. „Es sind nur Berechnungen, Sir", antwortete der Vierschrötige. „Halten Sie es für sinnvoll, das Sy-
stem nach einem geeigneteren Planeten abzusuchen?" fragte Percip. „Ich muß Sie warnen, Dr. Haick. Das System ist zu weit entfernt. Eine Evakuierung wäre sinnlos." „Kehren wir zur 'Walter Beckett' zurück!" sagte John Haick. Er beugte sich vor und drückte die Ruftaste. Sobald die „Walter Beckett" sich meldete, würde die Verbindung automatisch zustande kommen. Er brauchte seinen Bericht dann nur noch ins Gerät zu sprechen. * „Alles in Ordnung!" rief Kim Corda, als der Delphin einen beruhigenden Impuls abstrahlte. Rex Corda gab dem Kommandanten einen unmerklichen Wink. Bekoval handelte mit größter Selbstverständlichkeit. Er schleuste die beiden eingefangenen Kapseln ein. Rex Corda beobachtete auf dem Holografen, der sie mit der Schleuse verband, wie die Roboter an die Kapseln herantraten. Die metallenen Körper waren annähernd vier Meter lang und hatten einen Durchmesser von etwa zwei Metern. Die Metallkolosse der Roboter fanden die versiegelten Schotts der Kapseln sehr schnell. Unter ihren geschickten Händen sprangen sie auf. Die Roboter traten zurück. Rex Corda beugte sich erregt vor. Es war eine unwillkürliche Bewegung, die seiner Überraschung entsprang. Ein zitronengelber, mächtiger Federschopf schob sich aus der kleinen Öffnung. Er schüttelte sich heftig, eine winzige Hand mit drei Fingern griff in die Federn und zog sie zur Seite. Sie enthüllten ein kleines freundliches Gesicht mit naiven, fast kindlichen Augen. Die Hautfarbe war rötlichbraun. Die zierliche Gestalt schob sich geschickt durch die Luke und sprang auf
den Boden hinab. Rex Corda konnte die Großenverhältnisse gut abschätzen, da die Roboter immer noch neben der Kapsel standen. Er schätzte die Gestalt auf höchstens 1,20 m Größe. Dabei mochte der Federschopf noch täuschen. Die gelben Federn wölbten sich in lokkerem Bogen über die Schultern hinweg bis zu den Hüften herab. Durch die iulle des Federschopf es wirkte der Kopf viel größer, als er tatsächlich war. Die farbenprächtige, schillernde Kleidung der zierlichen Gestalt paßt zu dem auffälligen Kopfschmuck. Rex Corda erhob sich. Er bat Fan Kar Kont, ihn zu begleiten. Die beiden Männer eilten zu der Schleuse hinab. Als sie den Hangar betraten, sahen sie GaVenga, den Kynother, aus einem gegenüberliegenden Schott kommen. Der zwergenhafte Dolmetscher war nur wenig größer als die von dem sterbenden Planeten geflohenen Männer. Ga-Venga hielt ein elektronisches Übersetzungsgerät in der Hand. „Wir haben schon sehr viele Daten erhalten", sagte er, als er mit Rex Corda und Fan Kar Kont zusammentraf. Sie standen dicht vor dem inneren Schott der Schleuse, in der die Kapseln waren. „Ich glaube, daß wir uns schon ein wenig unterhalten können." Corda wußte inzwischen, daß die elektronischen Dolmetscher mit den großen Bordcomputern gekoppelt werden konnten, die die aus Funksprüchen aufgefangenen Spracheinheiten analysierten und verarbeiteten. Fan Kar Kont legte den Hebel herum, der das Schleusenschott auffahren ließ. * John Haick hatte seinen Bericht gerade an den Computer der „Walter Beckett" übermittelt, als sein Blick auf die Höcker in dem Wüstental fielen. „Percip!" schrie er.
Der Laktone zuckte erschreckt zusammen. „Was gibt's denn?" „Sehen Sie es denn nicht?" fragte John aufgeregt. Sein Finger fuhr über den Holografen. „Hier — diese Höcker! Es sind — warten Sie — fünf Höcker! Und sehen Sie sich die Anordnung an! Ziehen Sie einmal eine Linie von einem zum anderen, verbinden Sie sie einmal miteinander!" Percip setzte die Fahrt der Raumscheibe sofort herab. Der Diskus schlich mit nur noch vierhundert Stundenkilometern über die Wüste hinweg. Auch das war noch zu schnell, da der Laktone das Fahrzeug jetzt wieder tiefer herabdrückte, damit sie besser sehen konnten. Auf den Wunsch John Haicks hin brachte Percip den Diskus zum Stillstand. Erregt sahen sie auf die Senke herab. Tief unter ihnen erhoben sich fünf rote Höcker aus dem weißen Sand. John Haick schätzte den Durchmesser der Höcker auf etwa zehn Meter. Diese auffälligen roten Flecke in der Wüste waren exakt in der Form eines Pentagramms angeordnet. Das bewies ganz eindeutig, daß sie nicht natürlichen Ursprungs waren. „Das sollten wir uns ansehen, bevor wie diese Welt verlassen!" sagte John Haick. Die Augen des jungen Physikers leuchteten vor Erregung. „Landen Sie, Percip!" Der Laktone nickte. Tiefe Falten zerfurchten seine hohe Stirn. Percip schien nicht ganz unbesorgt zu sein. Doch er leitete das Landemanöver ein. Die beiden Offiziere der Mannschaft traten hinter den Sessel John Haicks. John erhob sich. „Wir legen Raumanzüge an!" sagte er. „Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Wir können die Luft zur Not atmen, obwohl sie sehr dünn ist. Aber es würde uns behindern. Auch ist es
nicht besonders warm da unten!" Die Schutzanzüge hingen in den Spezialschränken. Hundertfach hatten sie geübt, wie man einen Raumanzug anlegt. Sie benötigten keine Minute dazu. John Haick behielt den großen Holografen ständig im Auge. Percip setzte zur Landung an. Der Diskus glitt in zehn Metern Höhe über den flimmernden Sand hinweg. Percip flog genau auf einen der roten Höcker zu. Langsam senkte sich der Diskus auf den Boden hinab. John Haick hörte die Landeteller auf den Sand schlagen. Percip erhob sich und legte seinen Raumanzug an. Er klappte den Transparenthelm über den Kopf und nickte John Haick schweigend zu. Das Schott fuhr auf. Sie schleusten sich aus. John erlaubte den beiden Offizieren nach kurzem Zögern, ihnen zu folgen. „Wir sind allein", sagte er. „Wir haben keinen Bewohner gesehen. Ich glaube auch nicht, daß diese Welt Bewohner hat. Es gibt keine Tiere, die uns gefährlich werden können. Also müssen wir nicht unbedingt eine Wache haben!" Percip nickte. Aber wieder zögerte er lange, bis er seine Zustimmung gab. John Haick sprang in den Sand hinab. Seine Füße versanken bis an die Knöchel. Er stampfte zu dem roten Höcker hinüber, der nur knapp fünfzig Meter von ihnen entfernt war. Die anderen folgten ihm schweigend. Ein leichter Wind wehte von Süden her. Sie fühlten ihn nicht. Sie merkten es nur an den Sandfahnen, die immer wieder aufwirbelten. Der Höcker war niedriger, als sie erwartet hatten. Er erhob sich kaum zwei Meter aus dem Sand, hatte jedoch einen Durchmesser von fast zehn Metern. John Haick erreichte ihn zuerst. Er klopfte mit der Faust dagegen. Das Außenmikrofon übertrug die dumpfen
Laute. „Es hört sich an, als ob es hohl wäre!" sagte er. Percip begann, den Höcker zu umkreisen. Er ging sehr langsam. Seine linke Hand schob sich tastend über das feste Material, das sehr glatt und staubig war. „Suchen Sie einen Eingang, Percip?" fragte John. „Diese Anlage muß doch irgendeinen Sinn haben!" antwortete der Laktorie, als sie den Höcker umkreist hatten und nichts gefunden hatten. Percip sprang mit einer leichten Bewegung auf den Höcker hinauf. Aber auch hier konnte er nichts entdecken. „Dies alles kommt mir vor wie eine Markierung, die man nur gemacht hat, um Aufmerksamkeit zu erregen, mehr nicht!" brummte Percip. Er drehte sich langsam im Kreise herum und versuchte, weitere auffällige Merkmale zu finden, die ihnen weiterhelfen konnten. Unzufrieden schüttelte er den Kopf. „Die Höcker bilden ein Pentagramm", sann John Haick nachdenklich. „Wenn dies wirklich nur ein Zeichen ist. Dann sollten wir jetzt den Mittelpunkt des Pentagramms aufsuchen. Vielleicht kommen wir dann weiter!" „Einverstanden!" sagte Percip. Die beiden Offiziere gingen ihnen schon voraus, John Haick und Percip folgten ihnen langsamer. Immer wieder warf der Laktone einen Blick zu dem Diskus hinüber. „Verdammt", murmelte er. „Ich habe ein ungutes Gefühl!" John Haick sah ihn beunruhigt an. „Warum, Percip? Was soll hier passieren?" „Wenn ich das wüßte, wäre mir wohler!" antwortete der auf Lithalon geborene Laktone. *
Hex Corda konzentrierte sich voll auf die Gefühlssphäre des fremden Wesens in der Schleuse. Er lächelte. Der Fremde mit dem zitronengelben Federbusch war zwar aufgeregt, aber durchaus friedlich. Er war verwirrt, weil er sich in einer gänzlich anderen Umgebung wiederfand, als er erwartet hatte. Das Schott flog auf. Der Kleine riß vor Verblüffung die Augen weit auf. Er sprudelte eine Serie aufgeregter Worte heraus, und plötzlich schob sich ein zweiter Federbusch durch die kleine Luke an der primitiven Kapsel. „Was sagt er?" fragte Corda. Ga-Venga, der Kynother, stöhnte verzweifelt. „Wenn er nur nicht so schnell reden würde!" sagte er. Er trat langsam auf die beiden Fremden zu, die sich unruhig zurückzogen, die Hände gegen die Kapsel gestützt. Er sprach langsam und vorsichtig auf sie ein, und plötzlich ging ein strahlendes Lächeln über die Gesichter der beiden Männer. Sie antworteten Ga-Venga jetzt ebenfalls mit langsam gesprochenen Worten. Der Kynother drehte sich zu Rex Corda um. Er legte seine kleinen Hände auf den flammend roten Brustkeil seiner Kombination und biß sich nachdenklich auf die Lippen, „Wir sind nicht diejenigen, die sie erwartet haben", erklärte Ga-Venga. „Er sagte, unsere Köpfe seien so komisch!" * Fan Kar Kont und Rex Corda sahen sich überrascht an, während Ga-Venga wieder mit den beiden Federköpfen sprach. „Sie sagen, die anderen hätten auch Federn auf dem Kopf gehabt. Sie seien aber sehr kurz gewesen. Ihre Haut habe eine andere Farbe gehabt!" führte der
Kynother weiter aus. Rex Corda bat die beiden Geretteten mit einer freundlichen Geste aus der Schleuse. Gleichzeitig gab er den Robotern den Befehl, die andere Kapsel ebenfalls zu öffnen. Doch das war nicht nötig. Das Schott dieser Kapsel öffnete sich jetzt schon von selbst. Ein neugieriges, kindliches Gesicht sah heraus. Die anderen beiden Federköpfe lachten aufgeregt und plapperten wild durcheinander. Ga-Venga kam zu Rex Corda. „Sir — ich glaube, die Nokis meinen die Orathonen!" „Wie bitte?" fragte Corda. „Diese Wesen nennen sich Nokis? Und sie haben Kontakt mit den Orathonen gehabt?" Ga-Venga nickte. „So habe ich es verstanden, Sir! Sie sagten, auch die Haut der anderen habe eine andere Farbe gehabt, ich kenne den Ausdruck für ,grün' jedoch nicht." „Führe Sie in die Offiziersmesse, Kleiner. Dort werden wir uns weiter unterhalten!" Während Ga-Venga sich wieder mit den Nokis beschäftigte, ging Rex Corda zu einem Holografen. Er tippte die Symbole für den Kommandanten in die Schaltung. Bekoval meldete sich sofort. „Bekoval — landen Sie die ,Walter Beckett' in der Nähe der Abschußrampe. Wir müssen verhindern, daß sich noch mehr Nokis in den Raum schießen lassen!" sagte er. Bekoval fragte nicht zurück, wer mit Nokis gemeint war. Er bestätigte den Befehl. Corda hörte, wie er die anderen Offiziere auf der Kommandobrücke verständigte und Ralf Griffith befahl, das Landemanöver einzuleiten. Corda folgte Ga-Venga und Fan Kar Kont zur Offiziersmesse. Die Nokis standen mit staunenden Gesichtern vor den Holografen und betrachteten das schreckliche Bild, das ihnen das Gerät übermittelte. Es zeigte den Untergang ihrer
Welt. Als Rex Corda die Messe betrat, kam der Mikroingenieur Olaf Harrison durch die gegenüberliegende Tür herein. Corda blieb verblüfft stehen. Für einen Augenblick war er völlig sprachlos. Der Mutant hatte eine Uniform angezogen. Es war eine Offiziersuniform der Raumstreitkräfte. Leider paßte sie überhaupt nicht. Olaf Harrison war nur 1,60 m groß, die Uniform aber wäre für einen Mann von zwei Meter Größe ausreichend gewesen. Er mußte diese Größe schon nehmen, um annähernd die Bundweite zu bekommen, die er bei seiner ungeheuren Leibesfülle benötigte. Leider reichte das immer noch nicht ganz. So mußte er die Jacke offen tragen. Und die Hose konnte er auch nicht ganz schließen. Olaf Harrison sah todunglücklich aus. Als er Rex Corda bemerkte, blieb er betroffen stehen und sah hilflos auf seine Füße herab. Erst jetzt bemerkte Corda, daß der Mutant nicht die üblichen Plastikstiefel trug. Seine Plattfüße steckten noch immer in den Ledersandalen, und sie hatten ihre Abneigung gegen Strümpfe nicht überwunden! „Mensch — wie sehen Sie denn aus?" ächzte Oberst Polley, der Chef der Besatzung, der hinter Rex Corda die Messe betrat. Zwei Offiziere, die hinter ihm hereinkamen, brachen in ein schallendes Gelächter aus. Olaf Harrison preßte die nackten Hacken zusammen und versuchte, eine militärische Haltung anzunehmen. „Sir — es war nicht möglich, eine passende Uniform zu beschaffen!" stammelte er verlegen. Oberst Polley atmete tief ein. Sein feuerroter Kopf schien bersten zu wollen. Corda lachte leise. Er ging an dem Obersten vorbei und nahm dem Mutanten die elektronischen Übersetzer aus den plumpen Händen.
„Olaf — ziehen Sie sich Ihre zivilen Kleider wieder an. So können Sie unmöglich herumlaufen!" sagte er. "Danke, Sir!" murmelte der Mutant. „Können Sie denn nicht wenigstens Socken tragen?" brüllte Oberst Polley. Der rothaarige Offizier trat eilig an die Seite Rex Cordas heran. „Ich habe ja für vieles Verständnis, aber dies geht wirklich zu weit!" „Warum tragen Sie denn keine Sokken?" fragte Corda. „Sir — muß ich das wirklich...?" druckste der Mutant verlegen herum. „Wollen Sie das wirklich wissen? Ich ..." Rex Corda winkte lächelnd ab. „Verschwinden Sie, Olaf!" Er drehte sich um und ging zu den vier Nokis hinüber, die noch immer stumm vor dem Holografen standen. Sie beobachteten die Landung der „Walter Beckett". Auf dem Holografen waren die riesigen Schleudern jetzt mit aller Deutlichkeit zu erkennen. Sie waren jetzt zusammengeklappt und fest gespannt. Auf dem Schleudersattel lagen die Kapseln. Rex Corda zählte insgesamt vier Schleudern. Er schaltete die elektronischen Dolmetscher schnell ein und drückte sie den Nokis in die Hand. „Ihr müßt verhindern, daß sie ebenfalls mit den Kapseln hochgeschossen werden! Es ist sinnlos!" sagte er schnell. Die Nokis starrten ihn verblüfft an. Zögernd hoben sie die kleinen elektronischen Geräte, aus denen die verständlichen Worte gekommen waren. „Es ist zu spät! Wir können sie nicht mehr erreichen!" „Es muß eine Verständigungsmöglichkeit über Funk geben!" sagte Corda scharf. „Gebt uns die Frequenzen an, damit wir diesen Unsinn stoppen können!" Die Nokis zögerten noch immer.
„Wir wären zum vierten Planeten gekommen, wenn Sie uns nicht abgefangen hätten!" behauptete einer von ihnen. Rex Corda gab es auf. Er schaltete den Holografen um zur Funk- und Ortungsabteilung und gab den Befehl durch, die Nokis vor diesem Experiment zu warnen. Die Warnung konnte mit Hilfe der Bordcomputer ohne weiteres in die Sprache der Nokis übersetzt werden. Corda schaltete zurück. Noch immer lagen die Kapseln auf den Katapulten. Der Himmel leuchtete in einem düsteren Rot. Im Hintergrund schleuderte ein Vulkan unaufhörlich gewaltige Glutmassen empor. Schutt, Glut und Asche regneten über den endlosen Zug der Nokis herab, die über die endlose Weite herankamen. Ein breiter Strom wälzte sich durch einen tiefen Taleinschnitt. Rex Corda konnte die aufgewühlten Wassermassen deutlich erkennen. Die Nokis berieten aufgeregt. Ihre gelben Federbüsche flatterten heftig um ihre kleinen Köpfe. Schließlich wendeten sie sich an Rex Corda und teilten ihm die Frequenz mit, über die sich die Nokis in der Katapultanlage verständigten. Corda gab sie an die Funküberwachung der „Walter Beckett" weiter. Auf dem Holografen konnte Rex Corda erkennen, daß zahlreiche Nokis aus Verstecken in dem zerklüfteten Gebiet kamen. Sie näherten sich der „Walter Beckett" sehr vorsichtig und zögernd. Auf dem braun-roten felsigen Boden waren sie gut zu erkennen. Ihre leuchtenden Federbüsche und ihre bunte Kleidung hoben sie gut vom Boden ab. „Wir müssen uns bald zeigen, Sir!" sagte Fan Kar Kont, der laktonische Chef Wissenschaftler. Corda nickte. „Wen habt ihr erwartet?" fragte er die Nokis. Die Verständigung wurde von Satz zu Satz leichter, da die elektro-
nischen Dolmetscher mit den hochwertigen Computern der „Walter Beckett" in Verbindung standen. „Sie waren anders", antwortete der Noki, der zuerst aus der Kapsel gestiegen war, „Ihre Haut war grün. Und sie waren nicht sehr freundlich zu uns. Sie hätten uns leicht helfen können." Er trat hastig an Corda heran und sah von unten steil zu ihm auf. In seinem Gesicht grub die Sorge tiefe Falten. „Wir haben versucht, die besten und die edelsten Nokis dieser Welt mit unseren Himmelsschleudern zu retten. Es ist uns nicht gelungen. Werdet ihr sie jetzt retten?" „Wir werden es versuchen!" versprach Corda. Ein drohendes Zittern ging durch die „Walter Beckett". Der Boden unter dem Raumschiff schwankte. Rex Corda beobachtete, daß eines der Katapulte unter den Bewegungen des Bodens zerbrach. Ein Riß zog sich plötzlich quer über das Plateau. Der Fluß stürzte sich schäumend in die Tiefe. * Das Zentrum des Pentagramms der roten Höcker lag tiefer als die Höcker. John Haick erreichte es als erster. Ein flacher Sandhügel machte ihn aufmerksam. Er stampfte zu ihm hinüber. In seinen Helmlautsprechern hörte er den Atem der drei anderen. John blieb stehen und sah sich beobachtend um. Kalt und tot lag die wüstenartige Landschaft vor ihnen. Der Wind schuf die einzige Bewegung, indem er den Staub aufwirbelte. Percip wollte die Sandkuppe hinaufsteigen, rutschte jedoch ab und legte dadurch ein Stückehen blaue Plastikwand bloß. Eilig bückte er sich und scharrte den Sand mit den Händen zur Seite. Die blaue Fläche wurde immer größer. Er klopfte mit der Faust dage-
gen. Die dumpfen Geräusche gaben jedoch keinen Aufschluß darüber, was sich unter der harten Plastikhaut verbarg. John Haick und die beiden Offiziere halfen dem Laktonen. Die Arbeit war leicht. Der lockere Sand löste sich fast von selbst. „Hier ist eine Fuge!" rief der vierschrötige Offizier. John Haick und Percip gingen zu ihm. Sie halfen ihm, der Fuge zu folgen. Sie zog einen Kreis, der einen Durchmesser von etwa zwei Metern hatte. John Haick sah zu Percip hinüber. Ihm fiel auf, daß der Laktone leichenblaß war. „Percip! Was fehlt Ihnen?" fragte er besorgt. Der Laktone richtete sich auf. Seine Lippen bebten. Nie hatte John Haick Percip so erregt gesehen. „Bisher wollte ich es nicht glauben", sagte Percip mit schwankender Stimme. „Jetzt bin ich sicher. Sehen Sie, dieser Kreis steht in einem Pentagramm!" Jetzt bemerkte John es auch. Feine Linien durchschnitten den Kreis an mehreren Stellen. Er schob den Sand zur Seite und legte ein in die Plastikkuppel geschnittenes Pentagramm bloß. „Was hat das zu bedeuten, Percip?" fragte er unruhig. „Es ist das Zeichen der ,Zeitlosen'!" erklärte Percip. „Wir stehen vor der Gruft der Gesetze!" John Haick sah die beiden Offiziere beunruhigt an. Er verstand nicht, was Percip meinte. Der Laktone machte einen äußerst verstörten und verwirrten Eindruck. „Was ist die Gruft der Gesetze?" fragte er. Percip lächelte dünn. „Auf fünf Planeten in der ganzen Galaxis soll es, wenn die Überlieferung recht hat, je eine Gruft der Gesetze geben. In der Gruft befindet sich eine Auf-
zeichnung der Großen Gesetze, die das Zusammenleben der Völker in der Galaxis regeln. Die Großen Gesetze stammen von den ,Zeitlosen', und diese wachen auch darüber, daß sie eingehalten werden!" erklärte er. John Haick biß sich auf die Lippen. Er mußte plötzlich wieder an die Tage der orathonischen Invasion auf der Erde denken, in denen die Featherheads als plündernde Barbaren über die Menschheit hergefallen waren. „Hieß es nicht, der orathonische Flottenchef Sigam Agelon habe gegen die Großen Gesetze verstoßen, als die Orathonen im Terra-System gegen die Laktonen kämpften?" fragte er. Percip nickte grimmig. „Sigam Agelon verstieß mehrfach gegen die Großen Gesetze. Die ,Zeitlosen' werden ihn dafür bestrafen!" „Wenn sie können!" warf John sarkastisch ein. „Haben Sie vergessen, daß Sigam Agelon sich einer BeconOperation unterzogen hat? Er ist praktisch nicht zu besiegen!" Percip biß die Lippen zusammen. „Bisher haben die ,Zeitlosen' noch immer einen Weg gefunden, einen Verbrecher zu bestrafen!" sagte er mit fester Überzeugung. „Unsere Geschichtsbücher sind voll von Erzählungen über Zweikämpfe zwischen ,Zeitlosen' und Verbrechern!" Der Vierschrötige hatte das Pentagramm sorgfältig abgesucht. Jetzt stieß er einen leisen Schrei aus. Lautlos wich die kreisförmige Scheibe in der Kuppe vor ihm zurück. Eine helle Öffnung tat sich dahinter auf. Vorsichtig ließ sich John Haick in das Loch gleiten. Percip folgte ihm. Sie kamen in einen kleinen flachen Raum, der aus unsichtbaren Lichtquellen erhellt war. Die Wände des Raumes enthielten Reliefzeichnungen von unerhörter Schönheit und Lebendigkeit. John Haick stand wie betäubt vor diesen
Zeugnissen einer hochentwickelten Kultur. Percip schob sich vorsichtig an ihm vorbei. Er ging zu dem Pentagramm an der hinteren Wand. Es bestand aus mehreren sich überschneidenden Strahlbahnen. An deren Enden befanden sich kleine blaue Bälle, die sich schwerelos vor der Wand drehten. Sie sahen aus wie Planeten. Im Zentrum des Pentagramms schwebte ein eigenartiges Gebilde. Es sah aus wie zwei ineinander verschmolzene Kugeln aus schimmerndem Material, das große Ähnlichkeit mit Becon hatte, wie John Haick voller Überraschung feststellte. Percip griff mit behutsamer Hand nach dem Gebilde. Er hob es heraus. Seine Augen leuchteten fiebrig. Er kniete sich nieder und setzte die Doppelkugel auf den Boden, so daß die kleinere der beiden Kugeln auf der größeren saß. Dann setzte er das Gebilde mit einem kleinen Ruck in drehende Bewegung. Unwillkürlich ließ sich John Haick in die Hocke nieder, um besser sehen zu können. Die kleinere Kugel schien langsam um die größere zu kreisen, obwohl sie mit ihr verschmolzen war. Und plötzlich klang eine tiefe telepathische Stimme in John Haick auf. Er erhob sich und taumelte bleich bis an die Wand zurück. Die Stimme war ungeheuer beeindruckend und voller Autorität. In diesem Augenblick donnerten vor der Gruft die ersten Schüsse. * Fan Kar Kont gab seine zurückhaltende Haltung auf. „Kommen Sie, Mr. Corda", sagte er. „Wir müssen die Nokis auf die Kommandobrücke bringen, damit sie über Funk mit ihrem Volk in Verbindung treten können. Wir müssen den Nokis
klarmachen, daß wir gekommen sind, um ihnen zu helfen!" Rex Corda faßte nach dem Arm des Chefwissenschaftlers. Er musterte das getigerte Gesicht des Laktonen sorgfältig. „Natürlich haben Sie recht, Fan Kar Kont", versetzte er leise. „Wir müssen uns nur darüber klarwerdenn, wohin wir die Nokis bringen!" „Bitte, führen Sie die vier Nokis auf die Kommandobrücke. Der Bericht von John Haick müßte inzwischen da sein. Ich höre ihn ab und werte ihn aus. Dann werden wir wissen, was wir tun können!" Corda nickte. Er ging zu den Nokis hinüber und sprach ernst auf sie ein. Sie hoben ihm die gefiederten Köpfe entgegen und sahen ihn vertrauensvoll an. Dann warfen sie die Köpfe so heftig hin und her, daß die zitronengelben Federn ihnen um die schmalen Schultern flogen, und folgten Rex Corda voller Eile zur Kommandobrücke. Die Nokis beherrschten sich mustergültig. Obwohl sie auf Schritt und Tritt mit neuer, verblüffender Technik konfrontiert wurden, hielten sie Corda nicht auf. Sie eilten zur Kommandobrücke. Sie stießen erschreckte Schreie aus, als sie in der Gravoröhre hochglitten, aber sie weigerten sich nicht, Corda zu folgen. Vier Minuten später saßen sie vor den umfangreichen Instrumenten auf der Kommandobrücke. Mit weiten Augen starrten sie auf das entsetzliche Bild, das die Holografen von draußen übermittelten. Überall brannte das Land. Vulkane ergossen glühende Lavamassen in die dürren Täler. Die astronomische Abteilung meldete sich. Der Pater Bostik war ungemein erregt. Er atmete auf, als er Rex Corda auf der Kommandobrücke entdeckte. „Was gibt es, Pater?" fragte Corda. „Sir — der ganze Kontinent bricht auseinan-
der!" rief der Pater. „Der Kontinent senkt sich. In wenigen Stunden wird hier das Meer sein, und aus dem Meer wird sich ein anderer Kontinent erheben!" Corda warf einen Blick zu den Nokis hinüber. Sie drängten sich vor den Funkgeräten und sprachen in höchster Erregung hinein. Ga-Venga, der zwergenhafte Kynother, kam eilig zu Corda herüber. „Sir — es gibt weit mehr als drei Milliarden Nokis auf dieser Welt! Wir können sie unmöglich alle retten!" Corda biß sich auf die Lippen. „Bekoval! Setzen Sie sich mit Oberst Polley in Verbindung!" rief er zum Kommandanten hinüber. „Wir müssen die ,Walter Beckett' freimachen für die Nokis! Wir nehmen soviel auf wie möglich!" „Und wohin mit ihnen?" fragte Bekoval betroffen. „Sir — wohin wollen Sie sie bringen, wenn der vierte Planet sie nicht aufnehmen kann?" „Das wird sich noch zeigen!" entgegnete Corda. „Handeln Sie jetzt!" Fan Kar Kont schob sich heran. Er warf einen verstohlenen Blick zu den Nokis hinüber. Er beugte sich über die Schulter Rex Cordas. „Sir — die Auswertung von Dr. Haicks Meldung liegt vor. Noki IV kann nicht besiedelt werden! Die Nokis finden keine Lebensmöglichkeit dort! Der Planet wäre jedoch grundsätzlich geeignet, wenn Wasser vorhanden wäre!" flüsterte er. Corda krampfte die Hände um die Pultleiste vor ihm. Er sah zu dem Holografen hinauf, ohne wirklich zu sehen. Terranische Rettungsmannschaften kämpften sich zu den großen Katapulten hinüber, um die eingeschlossenen Wissenschaftler zu befreien. „Keine Lebensmöglichkeit!" preßte er ratlos durch die Lippen. „Wirklich keine Möglichkeit?"
„Keine!" Fan Kar Kont wischte sich mit der flachen Hand über das schweißüberströmte Gesicht. „Wir müßten die Nokis zum nächsten Sonnensystem bringen. Die Riesensonne hat einen großen Planeten, welcher 26 Monde hat. Nach den vorliegenden Berechnungen hat die überwiegende Zahl der Monde eine Größe wie etwa die Erde. Es müssen auch Sauerstoffwelten vorhanden sein!" „Dann müssen wir eben versuchen, einen Teil der Nokis dorthin zu bringen!" sagte Corda. Fan Kar Kont schüttelte den Kopf. „Es hätte nicht viel Sinn. Es dauert zu lange, bis wir zurück sind. Wir können zu wenig retten!" „Was sollen wir tun?" Fan Kar Kont hob ratlos die Schultern. „Wir können nicht einfach verschwinden und die Nokis untergehen lassen!" rief Rex Corda heftig. Er sprang impulsiv auf und packte den Chefwissenschaftler am Arm. „Wir müssen etwas tun!" Die Nokis starrten mit ängstlichen Augen zu ihnen herüber. Einer von ihnen löste sich. Verlegen strich er sich über die hüftlangen gelben Federn, die seinen Kopf so groß erscheinen ließen. In seinen dreifingerigen Händen hielt er einen elektronischen Dolmetscher. „Es ging alles so schnell", sagte er. „Plötzlich erlosch die Sonne, und unsere Welt zerbrach!" „Plötzlich?" fragte Fan Kar Kont überrascht. „Die Sonne ist plötzlich erloschen?" Er warf Rex Corda einen kurzen Blick zu. „Sir!" rief Bekoval. Corda fuhr herum. Das Land spaltete sich abermals. Eine rotglühende Furche sprang mit rasender Geschwindigkeit auf die „Walter Beckett" zu. Das Raumschiff begann langsam abzurutschen. „Sir — wir müssen starten!" warnte
Bekoval. Rex Corda sah auf die Holografen. Auf der zerklüfteten Ebene herrschte das Chaos. Tausende verzweifelte Nokis versuchten, sich gegen die aufgewühlten Elemente zu behaupten. Zahlreiche Raumscheiben rasten über das Land. Sie entfernten, sich mit großer Geschwindigkeit von der „Walter Beckett." Rechts neben dem Raumschiff öffnete sich ein gähnender Schlund, aus dem gelbe, giftige Dünste aufstiegen. Die „Walter Beckett" rutschte langsam auf den Einbruch zu. Tief unten schwelte rote, teuflische Glut. „Sir — wir müssen starten!" drängte Bekoval. Corda schüttelte den Kopf. „Die ,Walter Beckett' bleibt!" sagte er scharf. * Percip griff blitzschnell nach der Doppelkugel. Er öffnete seinen Raumanzug und schob sie hinein. John Haick sah, daß der Laktone die Doppelkugel an seinem Gürtel befestigte. Er hörte den schnellen Atem Percips in den Lautsprechern. Draußen röhrten die Energieschüsse über das Land. John Haick hastete hinaus. Er warf sich in den Sand, als er es vor sich aufblitzen sah. „Bronzeroboter und Whims!" rief der vierschrötige Offizier. Er zeigte in die Richtung, in der der Diskus stand. Jetzt entdeckte John Haick die dunklen Gestalten auch. Deutlich erkannte er die riesigen Grillen, deren grüner Chitinpanzer sich klar vom hellen Sand abhob. Die orathonischen Bronzeroboter schnellten sich mit weiten Sätzen über die sandigen Hügel. Sie rannten auf die wartende Raumscheibe zu. „Sie wollen uns den Diskus stehlen!"
rief Percip. Er riß sie mit hoch, während er auf die Roboter feuerte. John Haick zählte vier Roboter und drei Whims. Den Robotern war mit den Energiewaffen nicht beizukommen. Ihr energetischer Schutzschirm machte die Energiestrahler unwirksam. Hier konnten nur MAS Magnet-Smashs helfen, Spezialwaffen für den Kampf mit Robotern. Aber diese Waffen hatten sie nicht bei sich. Sie konnten die magnetischen Nadeln nicht auf die Roboter schießen, um deren elektronischen Haushalt zu zertrümmern. „Wir müssen vor ihnen dort sein!" rief John Haick. Der Vierschrötige warf sich in den Sand. Sehr sorgfältig zielte er. Dann schoß er. John Haick sah eine Grille im Energiebad vergehen. Für einige Sekunden stand eine rotleuchtende Sonne über dem Sand. Die beiden anderen Whims blieben stehen. Sie hörten ihre schrillen Schreie. John Haick hatte diese Geschöpfe in unangenehmster Erinnerung. Als die Orathonen über die Erde herrschten, waren die Grillen die grausamsten Waffen der Orathonen gewesen. Auch John schoß. Er schloß die Augen, als abermals eine Glutwolke über dem Sand aufwehte. Sekunden später starb auch die dritte Grille im Energiefeuer des Offiziers. Die Bronzeroboter blieben stehen. Beide Parteien hatten jetzt einen gleichlangen Weg bis zu der Raumscheibe. Das bedeutete, daß die Roboter eindeutig im Vorteil waren. Sie konnten sich erheblich schneller vorwärtsbewegen als die vier Männer. Percip keuchte. John Haick sah zu ihm hinüber. Der Laktone war leichenblaß. Und plötzlich wurde auch John Haick bewußt, daß sie keine Chance gegen die vier Roboter hatten. Die Kampfmaschinen waren ihnen ganz eindeutig überlegen. Es war gleich, was jetzt geschehen würde. Sie
konnten die Bronzenen nicht besiegen! Gegen Energiewaffen waren die Roboter geschützt. Wenn sie sich den Diskus aneigneten, würden sie mit Bordwaffen angreifen. Das bedeutete, daß es keine Chance gegen die Roboter gab. „Es wäre besser gewesen, wir hätten sie ziehen lassen!" sagte Percip. „Wir ziehen uns jetzt zurück! Vielleicht lassen sie uns laufen!" Rückwärtsbewegend entfernten sie sich von den Robotern, doch damit waren die Bronzenen nicht einverstanden. Sie setzten sich in Bewegung und folgten den vier Männern. In ihren Köpfen waren kleinere Energiestrahler installiert. Die Reichweite dieser Energiewaffen war nicht sehr hoch. Das war die einzige Chance der Terraner! Percip blieb stehen. Er zielte blitzschnell und schoß. Der Energiestrahl schlug genau vor den Füßen des ersten Roboters ein. Der Boden glühte auf. John Haick begriff sofort, was Percip plante. Er schoß ebenfalls vor die Füße des Roboters. Innerhalb einer Sekunde war der Kampf entschieden. Als der Boden aufbrodelte, wollte der Roboter zurücktreten, doch er reagierte zu spät. Sein rechter Fuß geriet in die Glut. Percip erzielte so eine indirekte Wirkung. Der Fuß des Roboters leitete die Hitze durch den Körper des Bronzenen und zerstörte die empfindliche Elektronik. Langsam sackte die so menschlich empfindliche Maschine in den brodelnden Glutpfuhl hinein. Die anderen Roboter schossen noch immer nicht. Sie wußten, daß sie noch zu weit entfernt waren. Jetzt versuchten die Männer, die Roboter in gleicher Weise auszuschalten. Aber sie hatten kein Glück. Die Roboter wichen sofort zurück, wenn sie vor ihre Füße schossen. Sie ließen die Hitze nicht an sich heran. Eine tödliche Treibjagd begann. Die Männer versuchten, die Roboter von dem Diskus
wegzutreiben. Für einen Augenblick sah es auch so aus, als könnte es gelingen. Doch dann drehten die Roboter blitzschnell ab und rannten auf den Diskus zu. „Geben Sie mir Feuerschutz, John!" schrie Percip. Gleichzeitig startete er zu einem wahnwitzigen Wettlauf mit den Robotern Haick und den beiden Offizieren der „Walter Beckett" blieb nichts anderes übrig, als den riskanten Kampf aufzunehmen, wenn sie Percip nicht verlorengeben wollten. * Oberst Robin Polley meldete militärisch straff zur Kommandobrücke, daß die Evakuierungsmaßnahmen angelaufen waren. Sein steinernes Gesicht verriet seine Gedanken nicht. Rex Corda verließ die Kommandobrücke und eilte in die tiefer gelegenen Decks hinüber. Die Nokis drängten sich in dichten Scharen in die großen Hangars der „Walter Beckett". Sämtliche Diskusraumer des Raumschiffes waren gestartet. Das hatte viel Platz gegeben. Corda traf Oberst Polley an der Hauptschleuse, die direkt von der Kommandokugel auf den Boden von Noki III herabführte. Zu beiden Seiten der Schleuse standen die Offiziere der Besatzung. Sie halfen, den Strom der Nokis in das Schiff zu lenken. Corda preßte die Lippen hart zusammen, als er die verstörten und gequälten Gesichter der Nokis sah. Sie alle schleppten in winzigen Bündeln ihre letzte Habe mit. Viele hatten den mächtigen zitronengelben Federschwall ihres Kopfes nach vorn geworfen, so daß er ihr Gesicht verhüllte. Corda sah viele Nokis, die Kinder auf den Armen trugen. Der Federbusch der Kinder war meistens noch sehr klein. Die Federn waren fast immer schneeweiß.
Die Offiziere der Besatzung halfen, wo sie konnten. Ihren ernsten Gesichtern war keine Regung anzusehen. „Wohin wollen Sie sie bringen?" rief Obert Polley über die wippenden Köpfe der Nokis hinweg. „Sir — wissen Sie, daß wir sie alle nur höchstens zwei Tage ernähren und mit Wasser versorgen können?" Corda schob sich zu Oberst Robin Polley durch. Jetzt sah er, daß die Lippen dieses harten Mannes zuckten. Polley hatte an seiner Seite während der Invasionstage auf der Erde gegen die Orathonen gekämpft. Nie hatte er gezeigt, daß er eine weiche Stelle besaß. Rex Corda kannte den Offizier eigentlich nur als leicht aufbrausenden, polternden Mann, der gern durch Lautstärke wettmachte, was ihm bei der Argumentation an Redewendungen fehlte. „In zwei Tagen haben wir eine Lösung gefunden, Polley! Verlassen Sie sich darauf!" versprach Corda. „Schleusen Sie die Nokis ein! Nehmen Sie soviel herein wie möglich!" „Wir geben uns alle Mühe, Sir!" Corda nickte. Er klopfte dem Offizier auf die Schulter und folgte dem Strom der Nokis nach innen. Ralf Griffith, der bisher auf dem Sitz des Piloten gesessen hatte, begegnete ihm am zentralen Gravoschacht. „Wohin, Ralf?" fragte Corda. Der Mann, der durch Becon zu einem unbesiegbaren Giganten geworden war, faßte mit unendlicher Behutsamkeit nach dem Arm Rex Cordas. „Die Nokis haben uns gebeten, ihr Nationalheiligtum zu retten", sagte er. „Fan Kar Kont wollte seine Zusage nicht geben, bevor er Sie gehört hat. Ein Diskus ist schon auf dem Wege zu uns!" „Bergen Sie es — was immer es sei!" nickte Corda. Ralf Griffith lächelte erleichtert. Sei-
ne intelligenten Augen blitzten auf. „Sir — noch etwas soll ich Ihnen von Kont ausrichten!" fuhr Ralf Griffith fort. Er zeigte auf einen der Holografen neben dem Schachteingang. Die rote sterbende Sonne des Noki-Systems war darauf zu sehen. „Fan Kar Kont hat herausbekommen, daß die Sonne tatsächlich erst vor wenigen Tagen erlosch. Genauere Untersuchungen sind schon angelaufen. Kont sagt, die Sonne verhält sich absolut nicht so, wie es auf Grund der Naturgesetze zu erwarten wäre." Corda verengte die Augen. Flüchtig sah er zu den Nokis hinüber, die sich schweigend in einen der großen Hangars drängten, wo mehrere Offiziere bereitstanden, um sie mit einigen Kleinigkeiten zu versorgen, die in der Eile angeboten werden konnten. Da man über den Metabolismus der Nokis nur unzureichend informiert war, mußten die Offiziere bei der Ausgabe von Nahrungsmitteln mit äußerster Vorsicht zu Werke gehen. „Fan Kar Kont ist der Ansicht, daß die Sonne mit künstlichen Mitteln zum Erlöschen gebracht wird!" rief Ralf Griffith, als die Nokis sich laut schnatternd um mehrere Offiziere im Speisesaal drängten, die Getränke austeilten. Rex Corda zog Ralf Griffith in den Gravoschacht. Hier war es ruhiger. „Das ist doch nicht möglich, Ralf! Wer sollte ein Interesse daran haben, eine Sonne verlöschen zu lassen?" „Ich weiß es nicht, Sir! Fan Kar Kont ist der Ansicht, daß es so ist!" sagte Griffith ernst. „Er sagte, man sei mit einem solchen Problem nicht ganz vertraut. Man habe schon einige Male Sonnen wieder aufgeheizt. Er ist zuversichtlich. Er behauptet, daß er auch diese Sonne retten kann, wenn er ein paar Tage Zeit hat. Er wird auch die Bewegungen der Magnetpole dieses Planeten stoppen!"
„Fliegen Sie jetzt los, Ralf! Ich gehe zu Kont!" Corda ließ sich den Gravoschacht hinauftragen, während Ralf Griffith zur Schleuse zurückkehrte. Mit äußerster Vorsichtigkeit schob er sich durch die Reihen der drängenden Nokis, die verzweifelte Anstrengungen machten, um ins Raumschiff zu kommen. Ralf wußte, daß jeder unvorsichtige Griff einen Noki zerschmettern konnte. Als er den Boden erreicht hatte, erschrak er. Die Erde wankte und zitterte unter ihm. Jetzt konnte er unter dem mächtigen Leib der „Walter Beckett" auch die heranziehenden Lavamassen erkennen. Ein Diskus der A-VAUT-T-Klasse glitt heran. Diese Raumscheibe hatte einen Durchmesser von 53 Metern und war mit den stärksten Bordwaffen ausgerüstet. Doch die Kampfkraft interessierte jetzt nicht. Jetzt kam es nur auf den Innenraum des Raumschiffes an. Die Offiziere an den Steuerelementen entdeckten Ralf Griffith. Sie senkten den Diskus herab und fuhren das Schott auf. Griffith wartete nicht, bis die Raumscheibe gelandet war. Als sie sich in drei Meter Höhe befand, knickte er in den Knien kurz ein und schnellte sich hoch. Das Becon in seinem Kopf verlieh ihm ungeheure Kraft. Er zog sich in die Schleuse. Der Diskus nahm sofort Fahrt in Richtung Süden auf. Im Pilotensitz kauerte ein Offizier. Es war ein rothaariger, bulliger Mann mit breitem Kinn und kalten Augen. Nur sein runder Rücken und seine nach vorn gedrückten Schultern ließen seine Erschütterung erkennen. Der Diskus jagte über eine riesige Ebene hinweg. Ralf Griffith erkannte eine große Stadt, die völlig in Trümmern versunken war. In Richtung auf die „Walter Beckett". die jetzt nicht mehr zu sehen war, wälzte sich ein
breiter Strom von Nokis. Sie ließen sich von fremdartigen Tieren tragen, sie kauerten auf Fahrzeugen, die rührend primitiv aussahen, und sie schleppten sich auf ihren Füßen voran. An den Funkgeräten saß ein zweiter Mann. Auch er war ein Offizier wie alle Besatzungsmitglieder der „Walter Bekkett". „Sir — wir haben gesehen, wie eine ganze Stadt so groß wie diese innerhalb von wenigen Minuten in der aufbrechenden Erde verschwand!" sagte er heiser. * Fan Kar Kont sprach mit kühler Überlegung und gelassener Ruhe. „Sir — Sie haben recht behalten", sagte er zu Rex Corda. „Wir können nicht das ganze Volk der Nokis retten, aber es ist unsere Pflicht, zumindest die Rasse zu erhalten, wenn es in unseren Möglichkeiten steht." Corda nickte ruhig. „Wir werden die Sonne wieder anheizen, und wir werden die Wanderung der magnetischen Pole stoppen. Dann wird sich die Natur dieses Planeten wieder beruhigen. So lange müssen wir die Nokis auf dem vierten Planeten absetzen und versuchen, sie am Leben zu erhalten!" Bekoval, der jetzt den Platz des Piloten eingenommen hatte, drehte sich zu Rex Corda um. „Sir — eine Frage bitte!" rief er. Corda sah zu ihm hinüber. Bekoval zeigte auf den Holografen über sich. Der Chefingenieur der „Walter Beckett" hatte sich gemeldet. „Sir — der Chief fragt an, ob die Nokis auch in die Maschinenräume gelassen werden sollen!" rief Bekoval „Bestehen ernsthafte Bedenken dagegen?" fragte Corda Fan Kar Kont. Der Wissenschaftler zögerte. „Der
Aufenthalt darf nicht zu lange ausgedehnt werden", sagte er. „Die Nokis können Strahlenschäden davontragen. Ich werde einige Roboter damit beauftragen, die Bezirke deutlich zu kennzeichnen, in denen sie sich aufhalten dürfen. Die Roboter können Farbe auf den Boden sprühen!" Tom Sluck, der Chefingenieur der „Walter Beckett", verzog die Lippen. Sehr glücklieh schien er über die Entscheidung Fan Kar Konts nicht zu sein. Rex Corda beobachtete den Chief. Neben dem Kopf des Chefingenieurs sah er den Rahmen des Transmittertores. Diesen Transmitter hatten die Wissenschaftler erst vor kurzer Zeit auf der „Walter Beckett" entdeckt. Das Gerät stand in Verbindung mit einem anderen Transmitter am anderen Ende des Verbindungsstückes zwischen den beiden Kugeln der „Walter Beckett". Die Transmitter erlaubten einen blitzschnellen Übertritt von einer Kugel zur anderen, ohne daß die harte Strahlung der Antriebsaggregate wirksam werden konnte. „Kont!" rief Corda, nachdem der Chefwissenschaftler seine Befehle über Funk an die Roboter erteilt hatte. Der Laktone kam zu Rex Corda hinüber. Unter den braun-weißen Streifen seiner Haut spielten die Muskeln. „Kont — ich glaube, ich habe eine gute Idee", versetzte Corda. „Wir werden die Materiesender für die Evakuierung ausnutzen! Wir können doch die Nokis durch die Transmitter auf den vierten Planeten bringen!" Kont lächelte. „Eine wirklich gute Idee, Sir!" sagte er. „Aber ich glaube nicht, daß sie so wirksam ist wie der Transport der Nokis mit diesem Schiff. Es dauert zu lange, weil immer nur ein Noki zur Zeit durch das Gerät gehen kann." „Es wäre einen Versuch wert!" Corda erhob sich. „Kont — wir könnten beides
machen. Allerdings hätten wir dann die besonderen Probleme der Evakuierung nach Noki IV noch nicht gelöst!" Plötzlich packte Corda den Arm des Wissenschaftlers. Ein strahlendes Lächeln ging über das Gesicht des Terraners. „Wir werden es noch anders machen, Kont! Wir werden einen Transmitter auf dem Grund eines Meeres aufstellen und den anderen in einem Tal auf Noki IV! Wir werden Meerwasser durch die Transmitter zum anderen Planeten pumpen und auf Noki IV dann Entsalzungsanlagen bauen!" Fan Kar Kont lachte voller Freude über den Vorschlag. „Eine geniale Idee, Sir!" sagte er. „Gehen Sie sofort an die Arbeit! Lassen Sie einen Transmitter ausbauen und in eines der Meere bringen. Den anderen können wir während des Fluges nach Noki IV vorbereiten!" * Percip hetzte im tollkühnen Sturmlauf über den Wüstenboden von Noki IV. Die Roboter feuerten auf ihn, doch das wilde Sperrfeuer John Haicks und der beiden Offiziere behinderte sie. Sie schossen vorbei. Doch mit jedem Schritt, den der Laktone näher herankam, wurde die Gefahr größer. Der Abstand zwischen ihm und den Robotern schmolz schnell auf knapp hundert Meter zusammen. Jetzt befand er sich im Wirkungsbereich der Energiestrahler! John Haick und die beiden Offiziere lagen im Sand. Sie feuerten Schuß auf Schuß auf die Roboter ab. Ihr einziger Erfolg war, daß die Roboter noch langsamer vorankamen als Percip und daß sie ungenau schossen. Nur noch etwa einhundert Meter trennten Percip von dem Diskus. Die Roboter waren etwas weiter entfernt.
Percip blieb stehen. Keuchend flog ihm der Atem über die Lippen. Er sah die Sinnlosigkeit seines Kampfes ein. Die Roboter kamen ihm immer näher. Mit jedem Schritt wurden die Siegeschancen der Roboter größer. Sie hatten gewonnen, wenn sie gleichzeitig mit ihm den Diskus erreichten. Percip lächelte verzerrt. Reglos standen ihm die Roboter gegenüber. Sie hatten auf jeden Fall gewonnen. Er konnte ihnen den Diskus nicht mehr abnehmen. Sie wendeten die Köpfe um eine kaum wahrnehmbare Winzigkeit. Instinktiv ließ sich Percip fallen. Die Glutschüsse fauchten dicht über seinen Kopf hinweg. Die Roboter rannten auf den Diskus zu, als plötzlich eine Macht eingriff, mit der niemand gerechnet hatte. Die roten Signalhöcker waren in der Form eines Pentagramms angeordnet. Der Diskus stand innerhalb des Pentagramms. Als die Roboter jetzt die unsichtbare Linie überschritten, brach die Hölle auf. Armdicke, blutigrote Energiestrahlen zeichneten die bisher unsichtbaren Linien des Pentagramms. Donnernd schlugen sie in die bisher so stabilen SchutzSchirme der Roboter. Percip preßte den Kopf in eine Bodenmulde. Der glühende heiße Energiesturm raste über ihn hinweg. Klirrend zersprang sein Transparenthelm. Die Atemluft entwich schlagartig. Dann war Stille. Percip atmete ganz flach und vorsichtig, doch die dünne Luft zwang ihn zu immer intensiverem Atmen. Er hörte Schritte und hob den Kopf. John Haick und die beiden Offiziere kamen langsam heran. John grinste unsicher. Percip sah nach vorn, dorthin, wo die Roboter gewesen waren. Jetzt gab es dort nur noch drei schwelende Glut-
pfuhle. Die Roboter existierten nicht mehr. John Haick half dem Laktonen auf und schleppte ihn zum Diskus. Als sie die halbe Strecke zurückgelegt hatten, wehrte er den Physiker sanft ab. „Es geht schon, Doktor", sagte er erschöpft. „So dünn ist die Luft gar nicht. Man kann sie atmen!" Der vierschrötige Offizier stieg als erster in die Schleuse. John Haick sah auf die kalte Wüstenlandschaft zurück. Der Diskus stand innerhalb des Pentagramms. Bei seinem Einflug war nichts geschehen. „Ich verstehe nicht, weshalb die Roboter vernichtet wurden", sagte er, als er zu den anderen in das Raumschiff gestiegen war. Percip trank etwas klares Wasser, um seine ausgedörrte Kehle zu beruhigen. Er setzte den Becher ab und warf ihn in den Müllschlucker. Dann öffnete er seinen Raumanzug und holte die Doppelkugel hervor, die das Vermächtnis der „Zeitlosen" enthielt. „Die ,Zeitlosen' sind eine friedliche Rasse", sagte er. „Hier ist eine Botschaft, die den Frieden in der Galaxis gewährleisten soll. Diese Gesetze entschärfen den Galaktischen Krieg ein wenig. Sie sorgen dafür, daß wir — die Laktonen — und die Orathonen die Galaxis nicht schon längst in Schutt und Asche gelegt haben. Die Großen Gesetze der ,Zeitlosen' sollen dafür sorgen, daß es auch nach dem Ende des Galaktischen Krieges noch Leben in der Galaxis gibt!" „Es wäre besser, wenn die ,Zeitlosen' dafür sorgen würden, daß es überhaupt keinen Galaktischen Krieg gibt!" bemerkte John Haick mit scharfer Ironie. Percip lächelte unmerklich. „Die Macht der ,Zeitlosen' ist nicht groß genug, um das zu verhindern. Würden sie es versuchen, dann würden sie sofort in einen Galaktischen Krieg verwickelt
werden. Die Macht der ,Zeitlosen' beruht auf ihrer Methode, mit der sie unnachsichtig strafen, wenn irgend jemand gegen die Großen Gesetze verstößt!" „Und was für eine Methode ist das?" fragte John. Percip hob lächelnd die Schultern. „Das beantwortet bisher nur die Sage", antwortete er. „Hm — ich schätze, Sigam Agelon wird noch einen schweren Stand haben", warf der Vierschrötige ein. „Soweit ich weiß, hat er einige Male gegen die Großen Gesetze verstoßen!" Percip nickte. „Sigam Agelon wird den ,Zeitlosen' nicht entgehen!" Der andere Offizier erhob sich von seinem Platz am Funkleitstand und ging zu John Haick hinüber. „Sir — die Roboter haben mehrere Funksprüche abgegeben", sagte er. „Unsere Geräte haben sie registriert. Die Roboter haben eine orathonische Flotte verständigt, die vorher hier auf diesem Planeten gewesen ist. In den Funksprüchen heißt es, Terraner hätten vermutlich die Großen Gesetze gefunden. Die Roboter kündigten den Versuch an, uns zu töten." John Haick wischte sich nachdenklich über das Kinn. Er preßte die Lippen fest zusammen und sah die Männer nacheinander an. „Ich habe das Gefühl, daß wir alle auf einem Pulverfaß sitzen. Hoffentlich verbrennen wir uns nicht die Finger. Wenn die Orathonen uns erwischen, dann haben wir keine Chance mehr!" * Ralf Griffith hörte über Funk mit, daß John Haick sich von Noki IV zurückmeldete. Er atmete unmerklich auf. Unter ihnen tobten die Meere von Noki III. Ralf Griffith hatte niemals
vorher gesehen, mit welcher Macht das Wasser über das Land herfallen konnte. Auf seinem Flug sah er ganze Inseln in den Fluten verschwinden. Über eine Stunde brauchte er, bis er den Kontinent erreicht hatte, der sein Ziel war. Er steuerte die ihm angegebenen Koordinaten an. Die anderen Männer im Diskus saßen wortlos in ihren Andrucksesseln und starrten auf die Holografen, die das Bil einer untergehenden Welt übermittelten. Die Meldung, daß die „Walter Bekkett" zu ihrem ersten Flug nach Noki IV gestartet war, lief ein. Ralf atmete auf. Vor ihnen tauchte jetzt das langgestreckte Plateau auf. Griffith konnte den weißen Tempel der Nokis bereits sehen. Das Plateau schwankte und schaukelte wie ein Flugzeugträger auf tobenden Wellen. Auf der Hochebene wimmelte es von Nokis. Sie alle lagen auf dem Boden. Ralf Griffith ließ die Holografen umschalten. Stark vergrößert tauchten die Bilder wieder auf. In aller Deutlichkeit konnte er die kleinen Gestalten sehen, die auf den Boden gepreßt lagen. Sie nahmen alle die gleiche Haltung ein. Sie lagen auf dem Bauch und verschränkten die Arme unter dem Kopf. Ihre gelben Federn flatterten wild um ihre Schultern. Als sie den Diskus entdeckten, starrten sie nach oben. Sie regten sich nicht. Keiner von ihnen zeigte, was er empfand! Direkt am Tempel war Platz für den Diskus. Ralf Griffith ließ ihn dort landen. Er fuhr die Schotten auf und trat hinaus. Ein eisiger Wind blies ihm ins Gesicht. Winzige Eiskristalle peitschten seine Haut. Drei Nokis kämpften sich zu ihm durch. Sie hielten sich nur mühsam auf den Beinen. Der Sturm drohte sie hinwegzufegen. Ralf Griffith eilte ihnen entgegen. Er schützte sie mit seinem
Körper und half ihnen, in den Diskus zu kommen. Kurz bevor sie das Raumschiff erreichten, stürzten mehrere Nokis zwischen den weißen Säulen des Tempels hervor. Sie hielten schwere Maschinenpistolen in den Händen. Sie schossen auf Ralf Griffith. Die ersten Kugeln pfiffen ihm um den Kopf. Er sah zurück. Die Nokis merkten, was geschah und schrien erschreckt auf. Sie versuchten, die Schwarzgekleideten zurückzuhalten, doch die Schüsse kamen unerbittlich. Und jetzt trafen sie. Sie schossen ganze Serien auf Ralf Griffith ab, der die Nokis mit seinem Körper abdeckte. * „In dreißig Minuten starten wir!" entschied Rex Corda. „Ich werde die 'Walter Beckett' verlassen und hierbleiben. Das wird den Nokis das Gefühl geben, daß wir sie nicht aufgegeben haben." Bekoval wollte protestieren, doch als er das entschlossene Gesicht Rex Cordas sah, nickte er nur. Er wußte, daß Corda recht hatte. Minuten später schon meldete sich Fan Kar Kont. Er teilte mit, daß der Transmitter ausgebaut worden war. Rex Corda verließ die Kommandobrücke und ließ sich im Gravoschacht nach unten tragen. Überall im Schiff wimmelte es von Nokis. In den kleinen rostbraunen Gesichtern lag noch immer tiefe Angst. Corda lächelte ihnen zu. Scheu lächelten sie zu dem hochgewachsenen Terraner zurück, der in seinem Raumanzug so viel wuchtiger wirkte als sie selbst. Je näher Corda der Schleuse kam, desto dichter standen die Nokis. Er bewegte sich vorsichtig durch die nervös zitternden Federköpfe hindurch. An der großen Schleuse warteten die Offiziere der „Walter Beckett" auf ihren Chef. Auf einer Gravoplattform
schwebte der demontierte Materiesender durch die Schleuse hinaus. Es war ein weitaus größeres Gerät, als Corda angenommen hatte. Bisher hatte er nur das zweihundertfünfzig Zentimeter hohe Tor gesehen, nicht aber die umfangreiche Maschinerie, die dazu gehörte. Staunend starrten die Nokis auf die geheimnisvolle Maschine, die Wasser zum vierten Planeten bringen sollte. Niemand von ihnen konnte sich vorstellen, wie der Transmitter das machen sollte. Corda trat unter dem Schweber hindurch nach draußen. Scharf biß ihm der Wind ins Gesicht. Die Luft war voller Schwefel und Asche. Der Boden bebte unaufhörlich. Rex Corda hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Die Schleusentore schlossen sich. Die Männer der terranischen Raumstreitkräfte drängten die Nokis zurück, die von der „Walter Beckett" nicht mehr aufgenommen werden konnten. Plötzlich tauchte der Mutant Olaf Harrison neben Corda auf. Der Mutant trug wieder seine zivilen Kleider, in denen er sich sichtlich wohler fühlte. Er strahlte. Seine lange Mähne flatterte im Wind. „Ist das nicht ein bißchen heiß für Sie, so ganz ohne Socken?" fragte Corda scherzhaft. Olaf Harrison schüttelte den Kopf. Er griff Rex Cordas Hand und schob sich mit in die Kette der Offiziere, die die Nokis zurückdrängten. Corda schluckte. „Das Schiff ist voll!" rief er den Nokis zu. Der elektronische Dolmetscher auf seiner Brust übersetzte die Worte, doch zunächst hatte Corda nicht das Gefühl, daß die Nokis ihn auch verstanden. Hinter ihnen brüllten die mächtigen Antriebsaggregate der „Walter Beckett" auf. Der Riesenleib des mit Becon gepanzerten Schiffes erhob sich langsam.
Luft fauchte aus den Abstrahldüsen. Jetzt erst zogen sich die Nokis eiliger zurück. Corda atmete erleichtert auf. Bekoval meldete sich über Helmsprechfunk. Er teilte Rex Corda mit, daß er Ralf Griffith zurückbeordert habe. Plötzlich erschien Bir Osgo, der laktonische Wissenschaftler, neben Rex Corda. Er war bleich und wirkte verstört. „Was machen Sie hier?" schrie Corda. Der heiße Wind riß ihm die Worte von den Lippen. Bir Osgo kauerte sich hinter einer Felszacke nieder, um dem Druck des Sturmes auszuweichen. „Ich bin am Transmitter beschäftigt!" schrie er zurück. „Wann kommt endlich der Diskus, damit wir anfangen können? Der Sturm ist gefährlich. Wir müssen den Transmitter in Sicherheit bringen!" „Griffith kommt gleich!" antwortete Corda. Er zog mehrere Nokis zu sich heran, um sie in den Schutz des Felsens zu bringen. Ein donnernder Krach ließ ihn zusammenfahren. Gleichzeitig warf sich der Boden so hart auf, daß es ihn von den Beinen riß. Er stieß die Arme hoch, um sich am Felsen festzuhalten, doch er erreichte ihn nicht mehr. Der Boden spaltete sich unter ihm. Corda sah einen gähnenden Abgrund unter sich, der bis in das Zentrum des Planeten zu führen schien. Er überschlug sich, knallte hart auf den felsigen Boden und rutschte zusammen mit mehreren schreienden Nokis in die Tiefe. Gelbe giftige Wolken rollten auf sie zu. Corda erkannte die tödliche Glut der aufbrechenden Lavamassen hinter den Wolken. Vergeblich versuchte er, seinen Sturz abzufangen. * Die Nokis starrten mit weiten Augen
zu dem großen Mann auf, der freundlich lächelte, obwohl die Kugeln aus den Maschinenpistolen auf seinen Körper trommelten. Niemand sah in der Aufregung, daß die Bleikugeln der Schützen den Körper von Ralf Griffith gar nicht erreichten. Der Terraner schien unter einer unsichtbaren Schutzglocke zu gehen, die wenige Millimeter vor seiner Haut die Kugeln abfing. Die unbegreiflichen Mächte des Becon nahmen die mörderische Energie auf und machten die Geschosse wirkungslos. Ralf Griffith hob die Nokis in die Schleuse des Diskusraumers und stieg gelassen hinterher. Er lächelte zu den Tempelwächtern hinüber, die auf ihn geschossen hatten, weil sie ihn mißverstanden hatten. „Wir sind geschickt worden, um das Heiligtum zu retten!" sagte er zu den Nokis, die mit verstörten Gesichtern in der Zentrale standen. „Wir werden euch alle auf einen anderen Planeten bringen, wo ihr bleiben könnt, bis sich diese Welt wieder beruhigt hat!" Die Nokis machten eigentümliche Zeichen, als sie diese Worte hörten, die in ihrer Sprache aus dem kleinen Gerät auf der Brust des Fremden kamen. „Das Heiligtum braucht keine Rettung!" antworteten sie wie aus einem Munde. „Es wird uns alle retten!" Ralf Griffith erschrak, als er diese Worte hörte. Damit waren seine Befürchtungen Wahrheit geworden. Die Nokis wollten sich nicht von ihrem Heiligtum trennen. „Schalten Sie durch zur ,Walter Bekkett'!" bat Ralf die Offiziere am Leitstand des Raumschiffes. Sie erfaßten die Situation sofort und gehorchten. Sekunden später schon konnten sie mit Hilfe der Holografen direkt in die Kommandozentrale der „Walter Beckett" sehen. Die Nokis stießen Schreie der Überraschung aus, als sie die anderen Nokis auf der
Kommandozentrale entdeckten. Ralf Griffith trat vor das Gerät und erklärte mit knappen Worten die Situation. Er mußte die Entscheidung auf jeden Fall den Nokis selbst überlassen. Die drei Priester — Griffith war sich jetzt über ihre Funktion völlig klar — traten an die Geräte und begannen zögernd zu sprechen. Ein Streit entspann sich, der immer heftiger wurde. Schließlich mischte Ralf Griffith sich doch ein. „Einen Augenblick", sagte er und trat an die Geräte. Er schaltete um auf die Holografen, die ein Bild der äußeren Umgebung übermittelten. Der Atem stockte ihm. Das Plateau war in der Mitte durchgebrochen. Einige hundert Meter vom Diskus entfernt hatte sich ein Vulkan gebildet. Gewaltige Glutmassen brachen aus der Erde auf und wälzten sich auf die Nokis zu, die zu Zehntausenden auf dem Plateau kauerten und auf Hilfe hofften. Der weiße Tempel stand am Rande eines kleineren Aufbruchs. Er konnte jeden Augenblick abrutschen. Die Nokis fuhren herum. In ihren Augen spiegelte sich das Entsetzen. Niemand von ihnen schien bis zu diesem Augenblick damit gerechnet zu haben, daß dem Tempel etwas geschehen könnte. Ralf Griffith hörte die Worte, die einer der Nokis auf der „Walter Beckett" zu den drei Priestern im Diskus sagte. Er beschwor die Priester, das Heiligtum zu retten und nicht länger auf die Vernichtung zu warten. „Die Fremden bringen euch das Leben, Min!" rief der Noki. „Nehmt es!" Der Noki, der Min genannt worden war, klammerte sich an den Arm Ralfs. „Holen Sie das Heiligtum!" bat er. Er sah ihn mit großen flehenden Augen an. Jetzt sah Ralf, daß sich unter seinen Augen feine blaue Streifen entlangzogen, die die Augen wesentlich
größer erscheinen ließen, als sie es waren. Ralf kehrte in die Schleuse zurück. Er stieß das Schott auf. Die Luft war nicht mehr kalt. Der aufgebrochene Vulkan heizte die Luft an. Sie brannte trocken auf der Haut. „Rufen Sie die ,Walter Beckett'!" schrie Grifftth durch den Lärm. „Sagen Sie ihnen, daß sie sich beeilen müssen — sonst kommen sie zu spät!" Er sprang auf den schwankenden Boden hinab und hetzte mit weiten Sprüngen zum Tempel hinüber. Er bemerkte, daß das Gebäude auf einem langsam abbrechenden Sockel stand. Mehrere Säulen waren unter dem ungeheuren Druck auseinandergeplatzt. Von den Wächtern war keiner mehr zu entdekken. Ralf Griffith zögerte kurz. Ein tiefer Graben von fast fünf Meter Breite trennte ihn von dem Tempel. Er rannte los, spannte alle Kraft an und sprang wie von der Sehne geschnellt ab. Er krallte sich an den Steinsockel des Tempels und zog sich blitzschnell hinauf. Sein Muskeln zuckten vor Kraft. Er stürzte in den Tempel. Das von den Nokis verehrte Heiligtum stand genau im Zentrum des Tempels. Es war eine schlanke Säule von fast zwei Metern Höhe bei einem Durchmesser von etwa zehn Zentimetern. Voller Überraschung stellte Ralf fest, daß sie aus einem Material bestand, das große Ähnlichkeit mit Becon hatte. Vorsichtig griff er nach ihr. Er fühlte, daß der Boden abermals bebte und sich neigte. Er zögerte. Er horchte nach draußen. Der brüllende Sturm übertönte alle Einzelgeräusche. Durch die zahlreichen Spalten des aufbrechenden Tempels wirbelte heißer Lavastaub. Er verhüllte die Sicht schon auf wenige Meter. Ralf Griffith spannte seine Hände um die Säule und hob sie behutsam aus der
Verankerung. Überrascht bemerkte er, daß sie mehrere Zentner wog. Sie war weitaus schwerer, als er erwartet hatte. Seine Muskeln spannten sich. Je länger er die Säule trug, desto geringer schien ihm das Gewicht zu werden. Die Becon-Reserve machte sich bemerkbar. Es machte ihm keine Mühe, die Säule zu tragen. Vorsichtig bewegte er sich über den schwankenden Boden zum Ausgang zurück. Er erschrak, als er durch die knakkenden Säulen nach draußen kam. Der Spalt hatte sich erheblich verbreitert. Der Tempel war etwas abgerutscht. Er schwamm auf dunkelrot glühenden Lavamassen, die in dem aufgebrochenen Spalt aufgestiegen waren. Die „Ufer" dieses mörderischen Flusses waren mehr als dreißig Meter entfernt. Der Tempel versank in der Glut. Die Lava quoll von allen Seiten auf Ralf Griffith zu. Der Diskusraumer, mit dem sie gekommen waren, stand noch an seinem alten Platz. Aber er konnte nicht starten. Er verschwand unter einer Traube verzweifelter Nokis, die sich an ihn klammerten, um bei ihm Rettung zu finden. * Rex Corda wirbelte haltlos inmitten einer Lawine schreiender Nokis in den Abgrund hinein. Hoch über sich sah er den Laktonen Bir Osgo, der voller Verzweiflung um den Transmitter kämpfte. Der aus der „Walter Beckett" ausgebaute Materiesender stand an der Kante des Abbruchs und drohte jeden Augenblick in die Tiefe zu stürzen. Corda sah eine scharfe Felszacke auf sich zukommen. Er warf sich mit ganzer Kraft zur Seite — und hatte Glück. Seine Hände ratschten über den heißen Fels, der ihm die Haut herabfetzte. Doch dann bekam Corda Halt. Sein
Sturz endete an dem Fels. Keuchend sah er sich um. Mehrere Nokis fielen schreiend an ihm vorbei, ohne daß er helfen konnte. Doch dann rollten vier Nokis direkt auf ihn zu. Hilflos schlugen sie um sich. Er packte sie blitzschnell und schleuderte sie in eine Öffnung im Fels, aus der sie nicht herausfallen konnten. Aus weiten Augen starrten sie ihn an. Wenig später konnte Corda nochmals zwei Nokis das Leben retten. Dann war Ruhe. Ein Diskus raste mit irrsinniger Fahrt in den Schlund hinein. Er flog dicht über die Felsen dahin und schien sich direkt in die Lava stürzen zu wollen. Corda sprang bis zur äußersten Kante des Felsens vor und winkte. Der Diskus stoppte, als wäre er gegen eine Wand geflogen. Er konnte so scharf manövrieren, weil die Antigravitationsautomaten im Diskus derartige Verzögerungsmaßnahmen für die Besatzung nicht fühlbar machten. Der Diskus kam rasch näher. Das Schott flog auf. Hilfreiche Hände streckten sich Corda und den Nokis entgegen. „Schnell! Fliegen Sie nach oben!" rief Corda den Offizieren zu. „Wir müssen den Transmitter auf alle Fälle retten! Beeilen Sie sich!" Erschöpft stolperte er zu der kleinen Schalttafel am Ende des Steuerleitstandes und drückte einige der mehrfarbigen Knöpfe. Eine kleine Öffnung bildete sich, und eine Metallzunge schob sich heraus, auf der ein kleiner Becher mit einer dampfenden Nährflüssigkeit stand. Rex Corda nahm das Getränk in kleinen Schlucken zu sich. Sekunden später schon merkte er die Stärkung. Er winkte die Nokis lächelnd zu sich heran und reichte ihnen ebenfalls etwas zu trinken. Der Diskus stand über dem Abgrund. Die Traktorstrahlen zogen den schweren Transmitter und Bir Osgo von dem
Schlund weg. Der Laktone klammerte sich an den Materiesender, als wolle er ihn mit seinem Leib schützen. „Die ,Walter Beckett', Sir!" meldete der Funker. Rex Corda eilte zu dem Holografen hinüber. Das von der „Walter Beckett" übermittelte Bild wurde von einer Laser-Kamera aufgenommen, die sich außerhalb des Raumschiffes auf dem vierten Planeten bewegte. Das Gesicht des Kommandanten Bekoval wurde am Rande des holografischen Bildes eingeblendet. Aus den Schleusen der „Walter Bekkett" ergossen sich Ströme erschöpfter Nokis. Die meisten Nokis wirkten wie erstarrt. Betroffen sahen sie auf die lebensfeindliche Landschaft hinaus. „Es ist ein schwerer Schock für die Nokis, Sir", meldete Bekoval. „Sie haben sich alle etwas anderes vorgestellt!" „Haben Sie sie nicht auf das vorbereitet, was auf sie wartet?" fragte Corda scharf. „Natürlich, Sir!" nickte Fatlo Bekoval. „Die Nokis haben während der Fahrt hierher ununterbrochen mit Hilfe der Bordanlagen mit den Flüchtlingen gesprochen und ihnen klargemacht, daß wir den Planeten für sie nutzbar machen werden. Dennoch ist es ein Schock für sie." „Sind Schwierigkeiten aufgetreten?" „Die Nokis haben sich mustergültig verhalten, Sir! Es hat keine Beschädigungen auf der ,Walter Beckett' gegeben. Nur unsere Vorräte sind jetzt stark angeschlagen." „Beeilen Sie sich, Bekoval! Es kommt auf jede Sekunde an! Wir müssen soviel Nokis retten wie nur möglich!" drängte Corda. Auf dem Holografen konnte er sehen, daß die Nokis die „Walter Beckett" wirklich in großer Eile verließen. Die meisten von ihnen schienen zu wissen, worauf es ankam.
„Schleusen Sie Roboter und Baukommandos aus! Die Wissenschaftler haben hoffentlich schon ein Programm ausgearbeitet?" „Der Plan ist soweit klar, Sir! Wir beginnen schon mit der Arbeit. Wir haben ein Gebiet ausgemacht, in dem wir den Transmitter sehr günstig aufstellen können. Mehrere sehr langgestreckte Täler lassen sich mit Wasser füllen!" „Beeilen Sie sich, Bekoval!" wiederholte Corda. Er wendete sich ab und eilte zu dem Schleusenschott. Der Diskus war neben Bir Osgo und dem Transmitter gelandet. Als Corda den Diskus verlassen wollte, kam der Notruf des Funkers. „Sir — der Diskus von Oberst Griffith meldet sich!" rief er. Corda eilte zu ihm zurück. Er blieb wie vom Schlag getroffen stehen, als er das Bild sah, das der Bordholograf des Raumschiffes übermittelte. Der Kommandostand im Diskus wimmelte von Nokis, von verzweifelten, schutzsuchenden Nokis. Die Offiziere standen hilflos dazwischen. „Sir", keuchte der Funker des Raumschiffes. Er drängte vorsichtig zwei Nokis zur Seite. „Wir werden sie nicht los! Sie haben den Diskus förmlich unter sich begraben! Wir sitzen fest!" Corda preßte die Lippen hart zusammen. Er überlegte kurz. Dann schaltete er zur „Walter Beckett" durch und gab Bekoval den Befehl, die Nokis noch schneller auszuschleusen. Der Laktone teilte ihm mit, daß er in wenigen Minuten starten würde. „Fliegen Sie das Plateau an und retten Sie dort, was Sie retten können. Dort befinden sich Zehntausende von Nokis!" rief Corda. Zehntausende! Was war das schon! Rex Corda biß die Zähne zusammen. Hart arbeiteten die Muskeln unter der straffen Haut seiner Wangen. Zehntausende! Auf Noki III hatten annä-
hernd vier Milliarden Nokis gelebt! Wenn die Orathonen tatsächlich auf dieser Welt gewesen waren, dann hatten sie ein ungeheuerliches Verbrechen begannen, indem sie die Nokis allein ließen! Sie waren mit Hunderten von Hantelraumern hier gewesen, wie die Nokis behaupteten. Mit einer derartigen Flotte hätte die gesamte Bevölkerung gerettet werden können! Corda verließ den Diskus durch die Schleuse. Ein mörderischer Sturm heulte über das bebende Land. Obwohl die „Walter Beckett" über zehntausend Nokis aufgenommen hatte, die dicht an dicht stehend zum Nachbarplaneten geflogen worden waren, kauerten schon wieder zahllose Nokis in der Nähe des Diskusraumers. Und über die Kuppen der Hügel kamen ständig mehr. Die riesigen Katapulte, mit denen die Elite der Nokis gerettet werden sollte, lagen zersplittert und zerfetzt zwischen den Felsen. Bir Osgo stand nervös neben seinem Transmitter. Corda lief zu ihm hinüber. Der Sturm riß ihn fast von den Beinen. „Warum fliegen wir nicht mit diesem Diskus los, Sir?" schrie Bir Osgo. Der kleine Laktone klammerte sich an den Materiesender, der ihn etwas vor dem Sturm schützte. „Wir warten auf Ralf Griffith!" erklärte Corda. „Wir müssen einen Diskus hier lassen, um den Nokis etwas Mut zu machen. Wenn wir ihn abziehen, dann nehmen wir ihnen die Hoffnung. Sie alle hoffen, daß wir sie retten. Deshalb dürfen wir sie nicht allein lassen. Wir müssen ihnen Hoffnung machen!" * Ralf Griffith erschauerte. Er hatte keine Wahl. In wenigen Minuten würde der Tempel mit ihm in der Glut versinken. Bis dahin mußte er sich gerettet haben. Vom Diskus konnte er
keine Hilfe erwarten. Er preßte die Säule aus dem dem Becon ähnlichen Material an sich. Dann sprang er. Er sprang mitten in die Glut. Die Hitze wollte ihm den Atem nehmen. Seine Füße prallten auf glühend heiße Asche, die unter seinen Füßen auseinanderbrach. Doch Ralf hielt sich keine Sekunde auf. Er sprang weiter, von Ascheninsel zu Ascheninsel, von Fels zu Fels, wie über einen Gebirgsbach, aus dem die Klippen hervorragen. Seine Schuhe und der Stoff seiner Uniform brannten. Sie bildeten keine offene Glut, sondern fraßen sich schwelend an die Haut heran. Doch die Glut verlor ihre Wirkung, ohne Ralf Griffith verletzen zu können. Sie erlosch, sobald sie mit jener unerklärlichen Sphäre in Berührung geriet, die von der Becon-Schale im Schädel des „Veränderten" genährt wurde. Ralf Griffith saugte die Energie in sich auf. Der Lavastrom konnte ihn nicht vernichten. Wichtig war für ihn nur, daß er nicht versank und daß er möglichst schnell aus den giftigen Dünsten herauskam, denn er brauchte Sauerstoff wie jeder andere Mensch auch. Die Nokis schrien, als sie ihn über den Lavastrom eilen sahen, die graue Säule in seinen Armen. Es war ein gespenstischer Anblick, der sie in ungläubiges Staunen versetzte. Ralf Griffith erreichte den Rand des Stroms. Er schnellte sich in die Felsen hinein und sprang auf das Plateau hinauf. Scheu wichen die Nokis vor ihm zurück. Sie starrten ihn fassungslos an. Er lächelte ihnen zu und ging ruhig auf den Diskus zu, obwohl der Boden unter seinen Füßen schwankte und bebte. Die Nokis, die auf den Diskus gekrochen waren, rutschten jetzt über die mit Becon gepanzerten Flächen herab auf den
Boden und wichen langsam zurück. Sie sprangen aus der Schleuse heraus, um ihm Platz zu machen. Ralf Griffith winkte ihnen beruhigend zu und schob die Säule, die als Heiligtum von den Nokis verehrt wurde, in die Schleuse. Er sah, daß der Diskus voller Nokis war, und zögerte. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Er wußte, daß die Nokis völlig sinnlos in den Diskus geflüchtet waren. Der Diskus würde diesen Planeten noch lange nicht verlassen. Sie konnten nur mit der „Walter Beckett" nach Noki IV kommen. Da sah Ralf einen anderen Diskus aus dem Süden heraufkommen. „Befehlen Sie den Diskus hierher!" rief er dem Funker zu. „Er will zu uns!" Ralf Griffith atmete auf. Und dann kam ihm eine Idee. „Schön", seufzte er. „Es ist egal, mit welchem Diskus ich fliege. Starten Sie jetzt und bringen Sie die Säule nach Noki IV! Stellen Sie sie dort auf, daß die dorthin evakuierten Nokis sie gut sehen können! Das wird ihnen helfen!" Der Funker nickte ihm zu. Er zeigte fragend auf die Nokis im Diskus. „Sie bleiben bei Ihnen!" beschloß Ralf. „Und nehmen Sie noch einige mehr auf! Machen Sie die Seitenräume frei. Wenn Sie nach Noki IV fliegen, dann können Sie auch Nokis mitnehmen!" Er wich zur Seite und winkte einige Nokis heran. Sie kamen zögernd und voller Scheu zu ihm. Er lächelte ihnen beruhigend zu. Er ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihn das Rütteln und Stampfen des Bodens erschreckte. Er ahnte bereits, daß das Plateau auch an anderen Stellen auseinanderbrechen würde. Dann war es zu spät für die Nokis. „Schnell!" rief er. „Steigt ein!" Er schob die Nokis durch die Schleuse. Sie
waren wie betäubt und starrten ihn nur wortlos an. Doch jetzt erhoben sich mehr und mehr Nokis vom Felsen und eilten herbei. Ralf Griffith war überrascht, wie viele Nokis im Diskus untergebracht werden konnten. Er schätzte, daß sich über hundert Nokis in dem kleinen Raumschiff befanden! Als es überhaupt nicht mehr ging, rief er dem Piloten den Startbefehl zu und schloß die Schotten. Energisch drängte er die Nokis zurück. Der Diskus startete. Ralf Griffith sah zu dem Diskus hinüber, der jetzt herankam und zur Landung ansetzte. Die Schotten flogen auf. „Sir — wir sollen Sie sofort zum Präsidenten bringen!" rief ein Offizier, der in der Schleuse auftauchte. „Ein weiterer Diskus ist bereits wieder unterwegs. Er wird hierbleiben, bis die ,Walter Beckett' da ist!" „Wir warten solange!" beschloß Griffith ruhig. Durch seine Ruhe wollte er die Nokis beruhigen. Er wollte einen Sturmlauf der Nokis auf die Schleusen der „Walter Beckett" vermeiden, indem er sie durch sein Beispiel zur Disziplin zwang. Durch das Heulen des Sturmes hörte er die donnernden Motoren der „Walter Beckett", als sich das Flaggschiff auf das Plateau herabsenkte. Er atmete auf. Gelassen stieg er in den Diskus und gab den Befehl, ihn zu Corda zu bringen. Er sah auf das Plateau zurück, Die „Walter Beckett" war gelandet. Zu Zehntausenden drängten sich die Nokis um den Hantelraumer. Der Sturm ließ die langen zitronengelben Federn wild um ihre Köpfe flattern. Sie klammerten sich aneinander, um nicht weggerissen zu werden. In großer Eile, aber keineswegs in Panik stürmten sie in die offenen Schleusen. Ralf Griffith zündete sich eine Zigarette an und atmete den heißen Rauch tief ein. Der Diskus jagte mit hoher
Geschwindigkeit über das taumelnde Land, das in Verwüstung unterging. Die Raumscheibe stieg in sehr große Höhen empor, um möglichst schnell fliegen zu können. Dennoch dauerte es fast eine halbe Stunde, bis Griffith bei Rex Corda angelangt war. Corda und Bir Osgo standen noch immer bei dem Materiesender. Sie hielten sich an ihm fest. Schutt, Asche, die Trümmer der zerstörten Stadt und zerfetzte Pflanzenteile rasten mit mörderischer Gewalt über das Land hinweg. Ralf Griffith biß die Lippen fest zusammen. Er öffnete die Schotten und sprang hinaus, als der Diskus gelandet war. Er half Rex Corda und Bir Osgo in den Diskus, der sofort wieder aufstieg. Bir Osgo setzte sich jetzt in den Pilotensessel, weil er weitaus mehr Erfahrung in der Bedienung der Instrumente besaß als jeder terranische Offizier. Geschickt packte er den Transmitter mit einem Traktorstrahl und hob ihn an. Der andere Diskus blieb am Boden. In dem offenen Schott dieses Raumschiffes standen zwei terranische Offiziere. Sie konnten jetzt nichts tun. um die Nokis zu retten. Sie alle mußten auf die „Walter Beckett" warten, die nicht überall zugleich sein konnte. „Soeben kam eine Meldung von Noki IV!" sagte Ralf Griffith, während der Diskus mit hoher Fahrt nach Süden flog, wo er am schnellsten auf eines der großen Meere stieß. „Der Transmitter wird aufgebaut. Er kann in einer halben Stunde eingeschaltet werden!" „Dann sind wir auch soweit!" sagte Corda. Unter ihnen tauchten bereits die tobenden Wellen des Meeres auf. Nie hatte Corda eine derart aufgewühlte See gesehen. Bir Osgo verließ seinen KommandoStand, als er den Diskus auf eine Warteposition gebracht hatte.
„Das Wasser ist hier über tausend Meter tief", sagte er. „Hier können wir arbeiten." Er drückte einige versiegelte Knöpfe am Kommandostand herunter. Einige Bodenplatten schoben sich zur Seite. Darunter öffnete sich der Maschinenraum mit seinen unerhört komplizierten Maschinen. Bir Osgo ließ sich in den Maschinenraum hinab. Corda und Griffith folgten ihm unaufgefordert. Sie schoben sich an den arbeitenden Maschinen vorbei und glitten durch ein weiteres Schott dann noch tiefer hinab. Bir Osgo öffnete einen kleinen Schrank, der direkt an der Schiffswandung saß, und entnahm ihm einige Werkzeuge. Er arbeitete angestrengt mit ihnen an der Wand, um nach einigen Minuten eine Platte herauszulösen, die einen Meter breit und fast drei Meter lang war. Darunter lag eine weitere Platte, die Osgo ebenfalls löste. Magnetische Sicherungen verhinderten, daß sie ins Meer hinabstürzte. Bir Osgo nahm ein anderes Gerät aus dem Werkzeugkasten, das wie eine Stablampe aussah. Damit konnte er offensichtlich ein Traktorfeld erzeugen, das ihm half, die Platte in Sicherheit zu bringen. Corda wunderte sich darüber, daß der Sturm nicht durch die Öffnung fauchte. Es war nur ein geringer Luftzug zu spüren. Osgo erklärte ihm, daß energetische Schutzfelder die äußerlichen Einflüsse zurückhielten. Unter ihnen schwebte der vorbereitete Transmitter. Bir Osgo richtete den Stab auf ihn und zog ihn langsam zu sich heran. Corda und Griffith halfen ihm, die frei hängenden Kabel zu pakken und in den Diskus zu ziehen. In den nächsten Minuten arbeitete Bir Osgo angestrengt daran, eine kurze und straffe Kabelverbindung zwischen dem Transmitter und einem sehr leistungsstarken Notstromaggregat herzustellen, das aus dem Raumschiff herausgelöst
wurde. Der Materiesender war in der „Walter Beckett" bereits so weit vorbereitet worden, daß nur das Transportfeld mit dem Wasser in Berührung kommen konnte. Alle anderen Teile des Transmitters wurden durch mehrschichtige Energiefelder abgedeckt. Bir Osgo brauchte etwas mehr als eine halbe Stunde, dann war alles bereit. Er senkte den Transmitter vom Kommandostand der Raumscheibe aus langsam hinab. Die tobende Gischt fauchte in die Energiefelder. Innerhalb weniger Sekunden hüllte sich der Transmitter mit dem Stromaggregat in brodelnde Dampf wolken. Bir Osgo ließ den Transmitter absacken. Schäumend versank er im Wasser. „Wie tief bringen Sie ihn hinab?" fragte Griffith den Laktonen. Bir Osgo zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete. „Vierhundert Meter Tiefe wird richtig sein", meinte er. „Bei dieser Tiefe ergibt sich ein günstiges Verhältnis von Druck und Transportfähigkeit des Materiesenders!" „Müssen wir hier bleiben und warten?" fragte einer der Offiziere. Osgo schüttelte den Kopf. „Der Sender hat ausreichend eigenen Auftrieb. Er wird die Tiefe halten.. Wir können ihn später wieder hier abholen!" Die Offiziere stellten eine Verbindung mit Noki IV her. Fan Kar Kont meldete sich. „Es kann losgehen, Osgo", sagte er leger." * Der Transmitter stand wie ein massiger Triumphbogen über dem Abhang. Steil fiel die Wüste ab zu einem langgestreckten Tal, das sich Hunderte von Kilometern in den Boden von Noki IV schnitt.
Fan Kar Kont stand dicht hinter dem Transmitter. Er trug nur einen leichten Schutzanzug ohne Raumhelm. Die kalte Luft von Noki IV war sauerstoffhaltig genug für ihn, da er keine großen körperlichen Leistungen erstellen mußte. Hinter ihm ragten die beiden Kugeln des Hantelraumers in die eisige Luft des Wüstenplaneten hinauf. Ströme von Nokis ergossen sich auf den Boden dieser abweisenden Welt. „Einschalten!" sagte Fan Kar Kont, der Chefwissenschaftler. Der terranische Offizier warf einen kleinen roten Hebel am Transmitter herum. Im gleichen Augenblick füllte sich das Transmittertor mit brodelnder, brüllender Gischt. Ein Wasserstrahl von mehr als zwei Metern Durchmesser schoß aus dem Materiesender. Das Wasser jagte fast zwanzig Meter waagerecht vom Transmitter weg, bevor es sich allmählich herabsenkte, um tief in das Tal hineinzufallen. Donnernd klatschte der Wasserstrahl auf den durstigen Wüstenboden. Fan Kar Kont trat an den Abbruch heran und sah in die Tiefe. Kleinere Mulden füllten sich rasch mit Wasser, doch der breite Strom schäumte in das Tal hinein. Ganz weit in der Ferne sah Fan Kar Kont die Arbeitstrupps, die mit Spezialmaschinen Aufschüttungen machten, um zu verhindern, daß sich die Wassermassen in Seitentälern verloren. Auf einer felsigen Höhe arbeiteten zahlreiche Roboter an einem Wasserwerk, das das Meerwasser entsalzen sollte, um Trinkwasser für die Nokis zu liefern. Der Laktone hörte einen vielstimmigen Freudenschrei hinter sich. Er drehte sich lächelnd um. Eine breite Front aufgeregter Nokis wälzte sich auf ihn zu. Die Gesichter unter den Federbüschen drängten sich bis an den Abbruch des Tales heran. Einige fielen kopfüber in
die Tiefe. Sie rollten über den trockenen Sand bis ans Wasser heran, um es lachend zu begrüßen. Die Nokis, die den Laktonen umgaben, klatschten dankbar in die Hände. Ihre Augen glänzten. Fan Kar Kont nickte ihnen zu. Er schluckte einen Kloß herunter, der ihm plötzlich in der Kehle saß, erteilte den Offizieren den Auftrag, den Transmitter sorgfältig zu überwachen, und ging langsam zur „Walter Beckett" hinüber. Er ging durch ein Meer von zitronengelben Federköpfen. Zwanzigtausend Nokis drängten sich auf der Ebene zusammen. Ein winziger Bruchteil der Bevölkerung von Noki III. Der Strom der Nokis aus der „Walter Beckett" versiegte allmählich. Fan Kar Kont beeilte sich. Er stieg in die Schleusen hinauf und meldete sich zurück. Bekoval, der Kommandant des Flaggschiffes, kündigte den Start bereits an. Seine selbstbewußte Stimme dröhnte in den zahlreichen Lautsprechern. Fan Kar Kont eilte zu dem Hangar, in dem der Diskus, den er angefordert hatte, für seine Spezialaufgabe vorbereitet wurde. Als er den Hangar erreichte, arbeiteten die zahlreichen elektronischen Kontrolleinrichtungen noch an dem Diskus. Von allen Seiten schoben sich die blitzenden Arme an das Raumschiff heran und tauchten in die Öffnungen, die sich nur für diese Spezial-Überwachung aufmachten. Pater Bostik kam zu dem Laktonen. „Wir sind gleich soweit", sagte er ruhig. „Die Untersuchungen sind soweit abgeschlossen. Wir müssen nur noch einige Messungen in der Nähe der Sonne Noki-Som vornehmen." „Wie weit ist die Konstruktionsabteilung?" fragte er. „Die Arbeit wird in vielleicht vier Stunden beendet sein!" „Vier Stunden?" Pater Bostik nickte. Beunruhigt mu-
sterte er das braun-weiß gestreifte Gesicht des Mannes, unter dessen Leitung das wissenschaftliche Team der „Walter Beckett" stand. „Sind vier Stunden zuviel?" fragte er. Fan Kar Kont verzog die Lippen und senkte langsam den Kopf. „Ich fürchte, jede Minute, die wir verlieren, ist zuviel. Noch können wir die Sonne vielleicht retten, aber unsere Aussichten werden immer schlechter!" Die „Walter Beckett" startete. Der Boden vibrierte unter den Füßen der beiden Männer. „Wenn wir es nicht rechtzeitig schaffen, Pater, dann war die gesamte Rettungsaktion umsonst!" sagte Fan Kar Kont erregt. „Kommen Sie." * Gebannt beobachtete Rex Corda das Geschehen auf den Holografen. Das Meer tobte, doch ein riesiger Malstrom war entstanden, in dem die Gischt brodelte und kochte. Der Transmitter arbeitete auf vollen Touren. Da tauchte plötzlich etwas Weißes in den Wellen auf. „Ein Schiff!" rief Ralf Grifflth erregt. „Fliegen Sie näher heran!" befahl Corda dem Piloten. Der Diskus setzte sich sofort in Bewegung. Er raste auf das Schiff zu, dessen Aufbauten bereits völlig von den Wellen zertrümmert worden waren. Hilflos taumelte das Schiff in den Wellen. „Es ist ein Schaufelraddampfer!" sagte Ralf verblüfft. „Er macht es nicht mehr lange!" bemerkte Bir Osgo. „Hoffentlich geht er nicht gerade bei unserem Transmitter unter. Er könnte uns den Materiesender zerschlagen!" Corda erschrak. An diese Möglichkeit hatte er überhaupt noch nicht gedacht. Der Pilot brachte den Diskus
bis auf zwanzig Meter an das in den Wellen stampfende Schiff heran. Corda verstellte die Optik des Holografen ein wenig, um die Einzelheiten auf dem Schiff besser erkennen zu können. „Niemand zu sehen!" murmelte er. „Gehen Sie noch dichter heran!" Er gab Griffith einen Wink und ging zum Schott hinüber. „Wir werden das Schiff untersuchen, Ralf! Vielleicht finden wir doch noch Überlebende. Wenn nicht, werden wir es so versenken, daß es uns den Transmitter nicht zerstören kann!" „Da ist jemand!" rief Bir Osgo. Corda fuhr herum und eilte zum Holografen. „Dort — auf der Brücke!" erklärte Osgo. Jetzt sah Rex Corda sie auch. Es waren drei Nokis, die sich verzweifelt an die Brüstung klammerten und versuchten, sich gegen den Orkan zu behaupten. „Wir holen sie! Gehen Sie ganz dicht heran!" sagte Corda. Ralf Griffith fuhr das Schott auf. Brüllend fauchte der Sturm in den Innenraum des Raumschiffes. Griffith hielt sich an den Haltegriffen fest und beugte sich weit hinaus. Er winkte den Nokis zu. Der Pilot brachte den Diskus vorsichtig näher an das Schiff heran. Er versuchte, die wilden Schwankungen des Schiffes auszugleichen, indem er den Diskus ebenfalls taumeln ließ. Es gelang ihm nicht perfekt, aber er erleichterte Ralf Griffith den Sprung auf das Passagierschiff. Der „Veränderte" knallte mit beiden Füßen auf die harten Planken. Seine Hände packten die Reling. Er stand wie ein Fels. Er grinste zu Rex Corda hinauf. „Es hat keinen Sinn, wenn Sie auch noch kommen!" brüllte er zu ihm hinauf. Seine kräftige Stimme übertönte den Sturm kaum. „Sie können sich nicht halten! Bitte — bleiben Sie dort!"
Corda nickte ihm zu. Er dirigierte den Diskus, der an der Schiffsseite entlangglitt, um Ralf Griffith auf seinem Weg zur Kommandobrücke des Schiffes zu folgen. Die drei Nokis standen noch immer an der gleichen Stelle. Ihre ausgemergelten Gesichter erhellten sich, als sie Ralf Griffith sahen. Der „Veränderte" bewegte sich mit unerhörter Sicherheit über das Schiff. Sein kraftvoller Körper widerstand dem Sturm. Er griff einen Noki und wartete, bis der Diskus dicht herankam. Dann reichte er ihn blitzschnell zu Rex Corda hinauf, der ihn packte und in den Diskus zog. Erschöpft sank der Noki auf den Boden. Corda blieb in der Schleuse und nahm die beiden anderen Nokis in Empfang. Er nahm einen elektronischen Dolmetscher aus einem Spezialfach und fragte die Nokis, die völlig entkräftet auf dem Boden kauerten: „Sind noch mehr Nokis an Bord?" Sie starrten ihn überrascht an, als sie die Frage in ihrer eigenen Sprache hörten. Zögernd antworteten sie. Corda ging zum Schott. Ralf Griffith stand ihm gegenüber auf dem Schiff und wartete. Corda schüttelte den Kopf. „Sie sind alle in Rettungsboote gestiegen! Sie brauchen nicht weiter zu suchen, Ralf!" Griffith trat rasch zwei Schritte vor, bückte sich und sprang mit einem entschlossenen Satz zu Corda hinauf, der ihn in die Schleuse zog. „Wir müssen den Kahn versenken, Sir!" Corda fuhr die Schotten zu und ging an den Waffenleitstand. Besorgt sah er auf die Holografen. „Das Schiff gerät uns in den Transmitter!" sagte er. „Osgo — können wir mit einem Traktorstrahl nichts ausrichten?" „Ich will es versuchen, Sir!" Der Laktone schaltete die elektroni-
schen Steuergeräte ein und richtete sie auf das Passagierschiff aus, das schwer angeschlagen auf den Wellen trieb. Immer wieder rollten schäumende Brecher über das Schiff hinweg. Ralf Griffith hatte einen günstigen Moment für seine Rettungsaktion gewählt. Er war nicht sehr naß geworden. Das Schiff ruckte herum und stabilisierte seine Lage, als Bir Osgo es in den Traktorstrahl nahm. Damit begann der Kampf gegen den starken Sog des Transmitters. Meter um Meter zerrten sie das Schiff aus dem Alstrom heraus. „Es geht, Sir!" rief Bir Osgo freudig. Seine kantige Stirn glänzte vor Schweiß. Hinter den luftverdichteten Feldern, die wie optische Linsen wirkten, strahlten die Augen des Organisationstechnikers. Das Schiff bewegte sich etwas schneller. Die Wellen schleuderten es weiter und weiter von dem Transmitter fort. Rex Corda richtete den Energiestrahler auf das Schiff aus. Abermals fragte er die Nokis, die sich erhoben hatten und hinter ihm standen, ob sie wirklich die letzten Überlebenden waren. Und wieder bestätigten sie es ihm. Corda feuerte die Bordwaffen ab. Der weißglühende Strahl brach donnernd in die See und verdampfte das Wasser. Innerhalb weniger Sekunden brodelte dichter Nebel über den Wellen auf, den auch der Orkan nicht so schnell auseinanderreißen konnte. Auf den Spezialholografen konnte Corda das Schiff dennoch weiter beobachten. Der Energiestrahl fetzte den Stahlkörper des Schaufelraddampfers auseinander. Das Schiff bäumte sich hoch auf und versank dann sehr schnell in den Wellen. Corda wischte sich erleichtert über die Stirn. *
Die „Walter Beckett" meldete sich. Fan Kar Konts Gesicht spiegelte die tiefe Sorge wider, die ihn beherrschte. „Sir — wir geben Noki III noch sieben Stunden", sagte der Chefwissenschaftler. „Dann ist alles vorbei!" Corda klammerte sich an die Lehne des Sessels, hinter dem er stand. „Sieben Stunden? Kont — wieviel Nokis können wir bis dahin herausgeholt haben?" „Höchstens hunderttausend, Sir!" Corda setzte sich erschüttert in den Andrucksessel. „Das ist viel zu wenig, Kont! Wir müssen mehr schaffen! Wann beginnen Sie mit Ihrer Arbeit an der Sonne?" „Wir sind bereits auf dem Wege nach Noki-Som, wie die Bewohner dieses Systems ihre Sonne nennen. Aber diese Aktion rettet den dritten Planeten nicht mehr. Er wird erst in einigen hundert Jahren wieder erträgliche Verhältnisse bieten", erklärte Fan Kar Kont. „Beeilen Sie sich trotzdem!" bat Corda. Kont verschwand vom Holografen, das Gesicht Bekovals erschien. „Wir landen in wenigen Minuten etwa fünfhundert Kilometer westlich von Ihnen, Sir!" meldete er. „Wir kommen!" Der Diskus ging auf Westkurs und beschleunigte scharf. Der Offizier, der den Diskus flog, zog das Raumfahrzeug steil in die Höhe. Fünfzehn Minuten später tauchte vor ihnen Land auf. Hex Corda entdeckte die „Walter Beckett", die in einem tollkühnen Landemanöver herabkam. Bekoval, der Kommandant des Flaggschiffes, wollte offensichtlich keine Sekunde verlieren. Rex Corda erschrak, als er sah, welches Gebiet die „Walter Beckett" angeflogen war. Das auseinanderbrechende Land war schon zum größten Teil vom tobenden Ozean verschlungen worden. Unzählige kleine Inseln ragten noch aus
dem Wasser empor. Auf ihnen drängten sich die Nokis zu Tausenden zusammen. Jeder Brecher, riß Hunderte von Nokis mit. Unter diesen Umständen war das Landemanöver Bekovals nur zu verständlich. Die „Walter Beckett" landete mitten im Wasser, an einer Stelle, an der es kaum einen Meter tief war. Sofort begannen die Nokis, das Schiff zu stürmen. Sie rannten von allen Seiten auf die „Walter Beckett" zu, das Wasser verschwand unter der Flut der verzweifelten Nokis, die sich zu retten suchten. Von den äußeren Inseln, die immer wieder von den brüllenden Wellen gepeitscht wurden, versuchten die Nokis, die „Walter Beckett" schwimmend zu erreichen. Die drei Nokis im Diskus schrien erregt durcheinander. Rex Corda schaltete den elektronischen Dolmetscher ein. Erschüttert hörte er, daß dieses Land vor ihnen, noch vor wenigen Tagen siebenhundert Meter hoch über dem Meeresspiegel gelegen hatte. So weit Corda sehen konnte, er sah nur die kleinen Inseln, die aus der aufgewühlten Wasseroberfläche heraussahen. Das Land versank unter ihren Füßen! Er schaltete sich in die bestehende Holografen-Konferenz-Schaltung ein, die zwischen der „Walter Beckett" und den zahlreichen Diskusraumern errichtet worden war. Seinen Anordnungen gemäß versuchten die Rettungsmannschaften, die Nokis in möglichst großer Zahl an relativ sichere Orte zu bringen. Hier konnte das Flaggschiff dann gleich Tausende in kürzester Zeit aufnehmen und brauchte nicht nach den Nokis zu suchen. „Fliegen Sie die ,Walter Beckett' an!" befahl Corda. In diesem Augenblick sah er direkt unter ihnen eine kleine Insel auseinanderbrechen. Hunderte verängstigter No-
kis drängten sich darauf. Die Insel war von dem leuchtenden Gelb ihrer Federschöpfe bedeckt. Doch jetzt sackte der feste Halt unter ihren Füßen weg. „Halt!" rief Corda. „Osgo — nehmen Sie die Nokis in einen Traktorstrahl! Schnell!" Bir Osgo war einen Augenblick lang völlig verblüfft, doch dann begriff er und schaltete eilig. Das Traktorfeld griff nach den Nokis und hob sie sanft empor. Die Nokis schrien vor Schreck und Angst. Sie schlugen wild um sich. Das Wasser perlte schäumend um sie herum. Für sie mochte es so aussehen, als versänken sie in den Fluten. Das Transportfeld riß alles mit, was es erfaßte. Auch der tobende Orkan konnte die Traube nicht auseinanderreißen, doch er blies das Wasser allmählich heraus. Rex Corda sah, daß alle anderen Nokis stehengeblieben waren. Der Sturm auf die „Walter Beckett" stoppte. Alles starrte zu dem Diskus hinüber, der langsam auf das Flaggschiff der Erde zutrieb. Obwohl das Raumschiff in etwa einhundert Meter Höhe flog und die Traube sich nur etwa zehn Meter unter ihnen befand, beruhigten sich die Nokis im Traktorfeld jetzt jedoch sehr schnell. Sie hatten erkannt, daß die Terraner ihnen nur halfen. „Bekoval — fahren Sie die oberen Schleusen auf, damit die Einschleusung in den unteren Bereichen weitergehen kann!" befahl Rex Corda mit ruhiger Stimme. „An alle: Nokis sind mit dem Traktorenfeld aufzunehmen und möglichst gleichmäßig über alle Schleusen der ,Walter Beckett' hereinzunehmen. Ich bin überrascht, meine Herren, daß bisher noch niemand auf diesen Gedanken gekommen ist! Wir haben nur noch wenige Stunden Zeit! Bis dahin müssen wir soviel Nokis retten wie möglich!" Die Nokis im Diskus drängten sich
an den Sessel von Rex Corda. Er sah zur Seite. Die drei Nokis sahen ihn mit glänzenden Augen an. Ihre Lippen lächelten. Und ihre dreifingerigen Hände glitten mit dankbarer Zärtlichkeit über den Handrücken Rex Cordas. * John Haick und Percip waren auf Noki IV, dem Wüstenplaneten, zurückgeblieben. Ihre Aufgabe war es, für den Aufbau und die Durchführung des Erschließungsprogramms zu sorgen. Ihre Helfer waren Roboter und einige Offiziere der militärischen Besatzung der „Walter Beckett". John Haick staunte über die technische Leistungsfähigkeit dieser Einsatzgruppe. Mit Hilfe der Roboter, die vom Bordcomputer des Hantelraumers vorprogrammiert worden waren, gelang es, die notwendigen Arbeitsgänge in verblüffend schneller Zeit zu bauen und einzusetzen. Ein leistungsfähiges Wasserwerk, das das Salzwasser trinkbar machen sollte, wuchs mit unerhörter Schnelligkeit aus dem Wüstensand. Zahlreiche Düsenbagger sorgten dafür, daß das über die Transmitter herbeigeführte Wasser nicht in falsche Bahnen laufen konnte. „Sympathische Burschen, die Nokis!" brummte Percip, der den Gravogleiter lenkte, mit dem sie über das Erschließungsgebiet glitten. „Sehen Sie mal, John! Die packen mit an!" John Haick sah, daß die Nokis tatsächlich die Arbeit aufnahmen. Sie halfen den Robotern und den Offizieren beim Ausbaggern und beim Montieren der zahlreichen Geräte. „Percip!" schrie John plötzlich. Der Laktone zuckte zusammen. John Haick packte seinen Arm. „Der Transmitter!" keuchte er. Percip beugte sich unwillkürlich vor. Seine Hände krampften sich um das
Gabelsteuer des Gravogleiters. Der brüllende Wasserstrom aus dem Transmitter war versiegt! Dunkelrote Fangarme von erschreckender Größe wirbelten durch das Transmittertor, und ein gräßlicher Kopf erhob sich über die Arme. Das Ungeheuer riß das riesige Maul auf und stieß einen dumpfen Schrei aus, der jeden einzelnen herumfahren ließ. Terraner und Nokis ließen im ersten Schreck die Arbeitsgeräte fallen. „John — das Biest reißt uns den Transmitter auseinander!" schrie Percip. * Behutsam ließ Bir Osgo die Traube aus Nokis in die große Schleuse des Hantelraumers gleiten und setzte sie dort ab. Überall stiegen die Diskusraumer mit ähnlichen Trauben auf, um die Nokis auch durch die oberen Schleusen der „Walter Beckett" zu bringen. Das Land senkte sich mit beängstigender Geschwindigkeit. Mehr und mehr Nokis gerieten ins Wasser. Sie kämpften sich voller Verzweiflung zu dem riesigen Raumschiff durch, das sie in Sicherheit bringen sollte. Die Terraner halfen ihnen, wo sie konnten. Die Diskusraumer hoben die Nokis mit Hilfe der Traktorstrahlen aus dem Wasser. Innerhalb einer halben Stunde brachten die Männer der „Walter Beckett" über zehntausend Nokis ins Schiff, doch noch immer kämpften fast ebenso viele Nokis mit den Naturgewalten. „Wir können die anderen nicht zurückweisen!" knirschte Rex Corda. „Sir — das Schiff ist zum Bersten voll!" antwortete Bekoval, der die Worte des Präsidenten gehört hatte. Sein Kopf füllte fast das ganze holografische Bild aus. „Die Nokis stehen dicht an dicht!" „Dann schalten Sie die Antigravita-
tionsautomaten aus!" versetzte Corda zögernd. Bekoval sah ihn überrascht an. Corda wiederholte seine Worte, jetzt mit fester und entschlossener Stimme. „Sir — das gibt ein Chaos!" keuchte der Laktone. „Schalten Sie die Antigravitationsautomaten aus!" wiederholte Rex Corda. „Wenn Schwerelosigkeit an Bord der ,Walter Beckett' herrscht, können Sie die doppelte Zahl von Nokis aufnehmen!" „Sir — der Vorschlag ist technisch durchführbar, auch während der Beschleunigungsphasen", sagte Bekoval ernst. „Aber wir müssen damit rechnen, daß die Nokis in Panik verfallen! Für sie ist Schwerelosigkeit ein völlig unbekanntes Problem. Sie könnten zu großen Schaden anrichten!" Corda wischte unwillig mit der Hand durch die Luft und beendete die Diskussion. „Technische Schäden sind unwesentlich, wenn es um das Leben der Nokis geht! Führen Sie meinen Befehl durch!" sagte er mit scharfer Stimme. Bekoval lehnte sich in seinem Sessel zurück. Strenge Falten gruben sich in seine Mundwinkel. „Die Antigravitationsautomaten werden Andruck Null geschaltet!" bestätigte er. „Ich komme an Bord!" Er gab Bir Osgo einen entsprechenden Wink. Der Diskus glitt zu der oberen Schiffsschleuse. Corda sprang aus dem offenen Schacht in die Schleuse der „Walter Beckett" hinüber, in der das Wasser fußhoch stand. Nokis drängten sich erschöpft in das Innere des Schiffes. Zwei Diskusraumer näherten sich. Sie schleppten mehrere hundert Nokis in ihren Traktorstrahlfeldern mit sich. Corda blieb einen Augenblick an der Schleuse stehen. Er sah nach Süden.
Nur ein dünnes Riff trennte die Nokis unter ihm noch von dem tobenden Meer. Dreihundert Meter vor den Schleusen brüllten haushohe Wellen, die sich mit satanischer Wucht gegen das Riff warfen. Es war das einzige Stückchen Land, das jetzt noch über das Wasser hinausragte. Wer jetzt noch nicht in die „Walter Beckett" gekommen war, mußte schwimmen. Rex Corda sah Tausende von zitronengelben Federköpfen im Wasser vor dem Flaggschiff. Mit verzweifelten Anstrengungen kämpften sich die Nokis an die „Walter Beckett" heran, in der die Geretteten bereits dicht an dicht standen. Die beiden Raumschiffe stürzten auf die Schleuse herab. Rex Corda zog sich hastig zurück, um nicht vom Wasser überschüttet zu werden. Er drängte sich durch die Nokis, die in den Gängen des Schiffes standen und warteten. Aus den Lautsprechern dröhnten die Stimmen der Computer, die die Worte Fatlo Bekovals in die Sprache der Nokis übersetzten. Corda vermutete, daß Bekoval die Aufhebung der Schwerkraft ankündigte. Die Luft war schlecht im Schiff. Die Umwälzanlagen waren nicht für mehr als zehntausend Verbraucher projiziert, sondern nur für einige hundert. Da plötzlich wich das Gewicht von Corda. Er wurde völlig überrascht. Mitten im Schritt wich alle Last. Unwillkürlich stieß er sich ab. Er segelte über die Köpfe der Nokis hinweg, die in schweigendem Schrecken unter ihm standen. Hier und dort erhob sich plötzlich ein Noki aus der dichten Menge und schwebte zur Decke empor. Und plötzlich erhob sich ein wilder Schrei der Angst. Die Nokis schlugen um sich. Verängstigt packten sie, was sie in die Hände bekamen, um sich festzuhalten. Corda fühlte trommelnde
Schläge auf seinen Schultern und an den Hüften. Vier Nokis wirbelten gegen ihn. Die kleinen Hände versuchten, bei ihm Sicherheit zu finden. Sie schrien. Ihre Augen starrten ihn voller Entsetzen an. Der Zusammenprall trieb auch ihn tiefer in den Gang hinein. Sein Körper prallte wuchtig in die dicht gedrängt schwebenden Nokis. Er löste eine Kettenreaktion aus. War es zunächst noch ruhig auf dem Gang gewesen, so pflanzte sich die Bewegung jetzt blitzschnell fort. Die Schreie wurden lauter und ängstlicher. Die friedlichen Nokis konnten mit dem Schrecken nicht fertig werden. Corda wandte alle Geschicklichkeit auf, um seinen Sturz zu bremsen, doch es gelang ihm nicht, da die Nokis ihn immer wieder weiterstießen, obwohl sie ihn halten wollten. Corda stürzte in den Gravoschacht, in dem es von Nokis wimmelte. Tief unter ihm entfachte die Panik tödliche Bewegung. Ein Ball von ineinanderverkrallten Nokis drehte sich im Gravoschacht. Er riß alles mit, was mit ihm in Berührung kam. Mit verheerender Gewalt knallte er immer wieder gegen die Schachtwände. Der Ball rollte immer schneller auf Rex Corda zu. Da heulten die Alarmsirenen durch das Schiff. Fatlo Bekoval löste den Katastrophenalarm aus. * Drei riesige Fangarme peitschten auf den Wüstenboden. Sie umgaben einen Kopf, dessen glühende Augen sich wütend auf den Gravogleiter John Haicks und Percips richteten. Ein Schwall schäumenden Wassers schoß aus dem brüllenden Maul. Dünne Wasserstrahlen fauchten dort aus dem Transmitter, wo das Ungeheuer den Transmitter nicht verstopfte.
Die Nokis rannten aus der Nähe des Transmitters fort. Sie schienen sehr genau zu wissen, welche Gefahr von dem Monster drohte, dessen mörderische Fangarme eine Länge von fast zwanzig Metern erreichten. Der Gravogleiter landete. Percip und John Haick sprangen heraus. John Haick packte eine Reeling-Gun und stürmte auf den Transmitter zu. Percip rannte an seiner Seite. Er zerrte seinen Energiestrahler aus dem Gürtel. „Wir müssen den Transmitter abschalten, John!" keuchte er. „Dann schneiden wir das Monster in zwei Teile. Damit schaffen wir es am besten!" „Schirmen Sie mich ab — ich mache das schon!" rief John Haick. Sie waren bis auf zwanzig Meter herangekommen. Das riesige Tier starrte sie wutschnaubend an. Krachend fuhren die mächtigen Kiefer zusammen, und ein Schwall stinkender Luft fauchte den beiden Männern aus den sich blähenden Nüstern entgegen. Die Fangarme wirbelten durch die Luft. Sie rasten auf John Haick zu. Der Physiker sprang zurück. Die Fangarme klatschten trocken auf den sandigen Boden, dicht vor seinen Füßen. Wäre er nicht zurückgesprungen, hätte das Monster ihn erwischt. Percip rannte zur Seite weg. Der Kopf des Giganten drehte sich. Schnaubend verfolgte das Tier den Laktonen, der von hinten an den Transmitter heranzukommen suchte. Es war ein gespenstisches Bild, das sich John Haick bot. Es war schwer, sich an einen Transmitter zu gewöhnen. Das Bild war auf jeden Fall verblüffend. Das Gerät stand wie ein Tor mit komplizierten Nebenaggregaten auf dem Boden. Aus der Vorderseite ragten die Fangarme und der schreckliche Kopf des Meerestieres hervor, auf der Rückseite jedoch war jetzt nur ein konturenloses graues Flimmern zu sehen. Das
Monster schien daher mit Kopf und Fangarmen gegen eine nur wenige Zentimeter dicke Platte genagelt zu sein. John Haick konnte sich nicht wirklich vorstellen, daß der Körper des Tieres sich auf einem anderen Planeten fortsetzte. Aber es war so. Kopf und Fangarme befanden sich auf Noki IV, während der Rest im Meer von Noki III tobte und von dem ungeheuren Wasserdruck an den Transmitter gepreßt wurde. Wenn Percip jetzt also den Transmitter ausschalten konnte, dann trennte er die Verbindung zwischen den beiden Planeten ab. Er trennte damit auch das Monster wie mit einem Messer mitten durch! John Haick preßte den Kolben der Reeling-Gun an die Hüfte. Ein Schuß aus dieser Waffe auf das Monster war zumindest riskant. Die Geschosse sahen aus wie zwei mit den Spitzen gegeneinander versetzte Kgelstümpfe. Die Spezialkonstruktion dieser laktonischen Handfeuerwaffe zwang die Geschosse in eine energetische Taumelbewegung. Beim Aufprall gaben die Geschosse ihre gesamte Energie spontan ab. Sie erzeugten Vibrationen, deren Auswirkungen so stark waren, daß John Haick den ganzen Transmitter mit dem Monster in Staub zerblasen würde, wenn er den Materiesender auch nur streifte. Wenn er nur das Meeresungeheuer traf, würde der Transmitter unbeschädigt bleiben, da der Energieschock sich in der weichen Körpermasse totlaufen würde. Das Tier beruhigte sich etwas. Die peitschenden Fangarme legten sich zukkend auf den Wüstenboden. Der Kopf senkte sich langsam herab. Doch die funkelnden gelben Augen behielten ihr gefährliches Feuer. Die scharfen Zähne blitzten zwischen den dampfenden Lippen. John Haick schob seinen rechten Fuß langsam vor, trat näher an die Bestie
heran. Er sah Percip, der sich von hinten an den Transmitter heranschlich, um ihn abzuschalten. Ein Fangarm ringelte sich über den oberen Torbogen des Transmitters nach hinten. Percip mußte über ihn hinwegsteigen, um an den Schaltkasten zu kommen. Er verzichtete bewußt darauf, die Energie zuführenden Kabel, die von einem Spezialaggregat kamen, zu unterbrechen. Dadurch wäre zuviel Zeit verloren worden. Percip war sicher, daß sie ihr Ziel erreichen würden. John Haick hob die Reeling-Gun langsam an die Schulter. Er spannte seine Finger um den Abzugshebel. Sein Blick glitt an dem mit kleinen Höckern besetzten Lauf entlang. Da brüllte das Monster wieder auf. Der Kopf fuhr blitzschnell in die Höhe. Die Fangarme schossen wie rote Schemen auf John zu und packten ihn, bevor er zur Seite springen konnte. Percip erschrak — und stolperte. Er knallte mit dem Knie gegen den noch ruhigen Fangarm des Monsters. Blitzschnell warf er sich zurück, doch viel zu spät. Mit unwahrscheinlicher Geschwindigkeit ringelte sich der muskulöse Mörder um seine Brust. Der Strahler rutschte ihm aus der Hand, die sich unwillkürlich nach dem Fangarm streckte. * Rex Corda stieß die Ellenbogen zur Seite. Kreischend flogen die Nokis von ihm fort, die Halt bei ihm gesucht hatten. Corda konnte jetzt keine Rücksicht darauf nehmen. Die drohende Panik konnte die „Walter Beckett" restlos zerstören. Der Katastrophenalarm brachte die Nokis für einen Augenblick zu sich. Die Bewegung stockte nicht, weil sie sich in Schwerelosigkeit nicht zu bewegen wußten, aber es wurde still, so daß die
beschwörende Stimme Bekovals hörbar wurde. Rex Corda stieß sich von der Schachtwand ab. Mit den Armen deckte er den Kopf ab. Er brach durch eine Traube ineinander verkrallter Nokis, sprengte sie und schwang sich in den Gang, der zur Kommandobrücke führte. Er fühlte, wie sich kleine vorsichtige Hände an seine Beine klammerten. Er sah zurück und blickte in das bittende Gesicht eines Nokis, das von den langen gelben Federn zum größten Teil verdeckt war. Er lächelte, fing den Schwung ab und ließ sich vorsichtig unter der Decke entlanggleiten. Der Noki, der sich an ihn gekettet hatte, zog sich geschickt an Rex Corda hoch. Das war dem Oberbefehlshaber der „Walter Beckett" nun doch ein wenig zu aufdringlich. Er wollte den Noki abschütteln, als er plötzlich einen der drei Nokis in ihm erkannte, die Ralf Griffith von dem Schaufelraddampfer gerettet hatte. Er lachte. „Du bist verdammt anhänglich, Kleiner!" grinste er. „Na komm!" Er zog ihn mit sich. Die Nokis drängten sich auf diesem Gang besonders dicht, doch es gelang Corda, sich und seinen Begleiter durch die Flüchtlinge hindurchzuschieben. Er atmete auf, als das Schott zur Kommandobrücke aufglitt. Hinter ihm wurde es wieder laut. Zahlreiche Schreie gellten durch das Schiff. Und dann knallten irgendwo schwere Gegenstände gegen eine Wand. Wilde, verzweifelte Schreie antworteten. Im nächsten Augenblick tat sich das Chaos auf. Die Nokis drängten sich plötzlich alle zum Schacht hin. Sie schrien. Sie fürchteten sich offensichtlich vor irgend etwas. „Was haben sie?" fragte Corda hastig. Er schaltete an dem elektronischen Dolmetscher, den er vor der Brust trug.
Der Noki verstand ihn. „Sie haben Angst, daß das Schiff untergeht!" rief er zurück. Corda fühlte, wie ihm ein kleiner Schauer über den Rücken lief. Das konnte nicht untergehen. Von außen war überhaupt nichts zu zerstören. Die Nokis konnten es von innen her jedoch in ihrer Panik zerschmettern. „Vorsicht!" brüllte Bekoval, als Corda sich auf die Kommandobrücke ziehen wollte. Corda schaltete im letzten Augenblick. Er schwang sich herum, so daß er senkrecht in der Luft hing, und zog sich jetzt auf die Kommandobrücke. Die Schwerkraft packt ihn mit eiserner Hand und schleuderte ihn auf den Boden zurück. Doch er war darauf gefaßt und fing sich mit federnden Beinen ab. Rasch griff er nach dem Noki, der auf die Umstellung nicht vorbereitet war und kopfüber von der Decke fiel. Er packte den Noki und stellte ihn auf die Beine. Verwirrt sah der Kleine sich um. Er wischte sich mit den Händen die zitronengelben Federn zu Seite, die seine Sicht behinderten. Durch die Lautsprecher drang der mörderische Lärm der völlig verängstigten und verzweifelten Nokis herein. Bekoval wies mit blassem Gesicht auf die Holografen, die aus den wichtigsten Punkten im Innern des Schiffes Nachricht brachten. Corda biß sich erschüttert auf die Lippen. Die Nokis, die einen so sanftmütigen Eindruck machten, steigerten sich in eine selbstmörderische Panik hinein, die aus Platzangst und Verzweiflung geboren war. Der Noki griff nach der Hand Rex Cordas. „Kann ich mit ihnen sprechen?" fragte er schüchtern. „Du?" knurrte Bekoval grob. „Was kannst du in dieser Situation schon erreichen?"
Er schaltete zornig auf Außenholografen um. Corda erstarrte. Die „Walter Beckett" stand mitten im tobenden Meer. Die beiden mächtigen Kugeln des Hantelraumers standen mit dem unteren Drittel in den jagenden Wellen, die sich mit wilder Wut gegen ihre Flanken warfen. Land war nicht mehr zu sehen. Überall in der Nähe schwebten die Diskusraumer, die schreiende, verzweifelnde Nokis unter sich in den Traktorstrahlen trugen. Es waren noch Tausende, die in das Schiff wollten. Aber aus den offenen oberen Schotts stürzten die Nokis heraus! Eine tobende, panische Schlacht war unter den Nokis ausgebrochen. Die Platzangst trieb die Nokis tief im Innern des Schiffes nach außen, aber die Nokis in den Außenbezirken sahen, was draußen auf sie wartete. Sie wollten das Schiff nicht verlassen. „Ich kann doch jetzt nicht starten!" keuchte Bekoval. „Dann werden die Nokis in den Transportfeldern auch noch verrückt und erschlagen sich gegenseitig?" „Kann ich mit ihnen sprechen?" fragte der Noki wieder. Corda nickte. Er hob den Kleinen auf einen Sessel und führte ein Mikrofon direkt bis vor seine Lippen. * Die Nokis waren friedfertig — aber nicht feige! John Haick und Percip waren dem Tode geweiht! Sie standen dem Ungeheuer im Transmitter allein gegenüber, aber jetzt gab es keine Chance mehr für sie. Da sah John die Nokis heranstürmen. Sie trieben einen Düsenbagger vor sich her, der mit den schweren Raupen auf zwei Gravogleitern stand und einen halben Meter über dem Boden schweb-
te. Das riesige Maul öffnete sich vor John Haick. Es war größer als der Physiker. Die Zähne waren fast so lang wie sein Arm! John Haick feuerte die Reeling-Gun blindlings ab, doch er hatte kein Glück. Die Kugeln jaulten wirkungslos am Kopf des Monsters vorbei. Die Fangarme schleuderten ihn auf die reißenden Zähne zu. John Haick riß im letzten Augenblick die Waffe hoch und hielt sie quer vor sich. Sie knallte krachend gegen die Zähne und sperrte ihn für einen Augenblick gegen sie ab. Wie blitzende Fallbeile jagten die oberen Zähne herab. Zentimeter vor seinen Augen zuckten sie vorbei. Sie zermalmten die Reeling-Gun zwischen sich. Die harten schäumenden Lippen prallten gegen den Kopf und die Schultern John Haicks. In diesem Augenblick hatten die Nokis den Transmitter erreicht. Sie waren nicht kampfgewohnt. Aber sie konnten denken. Sie schalteten den Düsenbagger ein. Das schwere Baugerät saugte und lockerte den Sand auf, beschleunigte ihn im Verdichter und blies ihn fauchend aus. Die Nokis richteten das Abstrahlrohr, das den Sand bis zu siebzig Meter weit wegschleudern konnte, direkt auf den Kopf des Monsters. Die feinen Sandkörner prasselten mit mörderischer Gewalt gegen den Kopf. John Haick versuchte, sich in Sicherheit zu bringen, als der fürchterliche Druck des Fangarmes sich ein wenig lockerte. Die Bestie schlug nach dem Bagger. John Haick schlüpfte durch die feuchte Schlinge des Fangarmes. Er fiel auf den Boden. Dabei knallte er hart und schmerzhaft auf, überrollte sich zweimal und blieb dann keuchend liegen. Da sah er, daß Percip wie leblos in einem anderen Fangarm des Untieres hing. Er stemmte sich mühsam hoch
und schleppte sich wieder in den Bereich der Fangarme. Vor seinen Augen wirbelten bunte Schleier. In seinen Ohren sirrte es quälend. Trocken pfiff der Atem über seine aufgeplatzten Lippen. Er gab nicht nach. Er stolperte über die tobenden Fangarme, die sich auf dem Boden ringelten. Er brach zusammen, als er von einem Fangarm getroffen wurde, der nach dem Bagger schlug, doch er verlor das Bewußtsein nicht. Er kam wieder hoch, schleppte sich weiter. Dann klammerten sich seine Hände an das kalte Metall des Transmitters. Seine zitternden Finger tasteten sich über das Schaltbrett. Ächzend drückte er die Knöpfe ein, mit denen er den Transmitter ausschalten konnte. Im nächsten Augenblick ertönte nur noch das heiße Fauchen des Düsenbaggers, der den Sand weit über den Transmitter hinausschleuderte. John Haick brach zusammen. Die dünne Luft konnte ihn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgen. Im Fallen sah er Percip, der reglos im Sand lag. * Fan Kar Kont, der laktonische Chefwissenschaftler, adjustierte den Holografen neu. Er sah die Sonne des NokiSystems durch mehrere Schutzfilter hindurch. Er schüttelte den Kopf. „Die Sonne macht einen ganz eigenartigen Eindruck", sagte er unzufrieden. „Es sieht fast so aus, als ob ihr auf künstlichem Wege Energie entzogen würde." „Das ist ziemlich unwahrscheinlich", antwortete lerra Kretan abweisend. Die junge Laktonin war gewohnt, kalt und nüchtern zu denken. Sie stand allem mit besonderem Mißtrauen gegenüber, was sie für voreilige Schlüsse hielt. Ihre Position in der Mannschaft der „Walter
Beckett" war noch immer nicht klar umrissen, da sie sich selbst über ihre Stellung noch nicht ganz klar war. Sie gehörte ursprünglich dem laktonischen Geheimdienst an. Sie hatte die Aufgabe gehabt, mögliche Ausbruchsversuche von laktonischen Wissenschaftlern von Teckan zu verhindern. Als Rex Corda einer kleinen Gruppe die Flucht von Teckan ermöglichte, nahm sie mehr aus Zwang als aus eigenem Willen an dieser Flucht teil. Genauer gesagt — sie war ohnmächtig gewesen, als sie Teckan verließ, und sie war erst zu sich gekommen, als es schon viel zu spät für eine Umkehr gewesen war. Seitdem war sie ihrer Pflicht noch immer nicht nachgekommen. Sie hätte dem laktonischen Geheimdienst den Aufenthaltsort der geflohenen Wissenschaftler mitteilen müssen. Daß sie es nicht tat, verwirrte sie immer wieder. Und seltsamerweise fühlte sie sich zu einem Wesen hingezogen, das ihre Probleme genau kannte. Es zog sie immer wieder zu Wabash, dem telepathisch begabten Delphin, der von Kim Corda betreut wurde. Ierra Kretan wußte, daß ihre Gedanken vor diesem Geschöpf offenlagen, und dennoch verband sie eine ständig wachsende Freundschaft mit dem Delphin. Sie schrak auf, als sie das spöttische Lächeln Fan Kar Konts bemerkte. Sie warf den Kopf heftig in den Nacken. Es war eine unwillkürliche Geste, mit der sie von sich ablenken wollte. Fan Kar Kont lächelte stärker. Er wandte sich wieder den Kontrollinstrumenten zu. Er warf einige Notizen auf ein Stückchen Plastikfolie. „Stoßen Sie die Gravitationsmechanismen bitte ab", sagte Fan Kar Kont. Ierra Kretan nahm am Schaltpult Platz. Geschickt löste sie das schwere Aggregat vom Diskus ab. Die Maschine war größer als das Raumschiff. Mit magnetischen Trossen war es an der
Oberseite des Diskusraumers befestigt gewesen. Fan Kar Kont stoppte die Fahrt des Raumschiffes langsam ab. Mit hoher Geschwindigkeit raste die Maschine davon. Sie entfernte sich in Richtung auf die Sonne, die jetzt nur wenig mehr als eine Million Kilometer von dem Diskus entfernt war. Ierra Kretan hatte die Maschine sicher im Griff. Mit Hilfe von Gravitationsmotoren konnte sie die Einheit ausgezeichnet steuern. Fan Kar Kont prüfte den Flug des Aggregats genau. Jetzt durfte nichts mehr danebengehen. Kim Corda, der Bruder des Präsidenten von Terra, hockte im Hintergrund auf einer Art Notsitz, der aus der Wand herausgeklappt worden war. Er kratzte sich abwechselnd hinter dem Ohr und knabberte dann auf den Fingernägeln. Er rutschte unruhig hin und her, blinzelte unzufrieden in die Holografen und wünschte, man hätte ihn nicht an dieser langweiligen Expedition teilnehmen lassen, nur um Platz in der „Walter Beckett" zu bekommen. Kim dachte an den Delphin Wabash, der jetzt allein war. Auch Wabash hatte seine Spezialkabine räumen müssen. Er war durch das für ihn angefertigte Rohr zu dem Diskus hinübergeschwommen, mit dem er notfalls die „Walter Beckett" allein verlassen konnte. Kim dachte mit Schaudern daran, daß die Nokis jetzt sogar im Bassin standen, aus dem das Wasser abgelassen worden war. Kim strich sich die widerspenstigen Haare aus der Stirn, stand zögernd auf und stakste dann unsicher zu Fan Kar Kont hinüber. Hinter dem Chefwissenschaftler blieb er stehen und sah ihm neugierig über die Schulter. Er beobachtete die Hände mit der gestreiften Haut, wie sie schalteten und arbeiteten. „Neugierig, Kim?" fragte Kont. Kim Corda zuckte zusammen. Er hatte geglaubt, daß der Chefwissenschaft-
ler nichts von seiner Nähe bemerkt hatte. „Ich will nicht stören, Sir!" murmelte er. Er blinzelte in den Holografen, auf dem die rötliche Sonne jetzt nur noch im Ausschnitt zu sehen war. „Sir — ich verstehe das alles nicht." „Was verstehst du nicht?" Kim biß sich auf die Lippen. Er ging um den Sessel Fan Kar Konts herum und betrachtete das ernste Gesicht des Wissenschaftlers. Die braun und weiß gestreifte Haut des auf Far geborenen Laktonen verbarg alle Regungen. Das machte Kim etwas unsicher. „Sir — wenn das Feuer aus ist, dann ist es doch aus. Wenn man keinen neuen Brennstoff zuführt, dann geht es eben aus und bleibt aus", sagte er. Eine steile Falte teilte seine Stirn. „Aber Sie haben doch gar nichts zum Brennen, was Sie der Sonne geben können! Wie wollen Sie die Sonne aufheizen? Das verstehe ich einfach nicht! Sie ist so groß!" „Wir brauchen der Sonne keinen Brennstoff zuzuführen, Kim! Es ist genug da!" lächelte Fan Kar Kont. Kim krauste die Nase. Er legte den Kopf leicht auf die Schulter und sah Kont skeptisch an. „Wenn genug da ist, warum brennt sie dann nicht?" „Oh — sie brennt, aber nicht so, wie sie es eigentlich sollte. Du hast vollkommen recht mit deiner Frage. Aber ich kann sie dir jetzt noch nicht beantworten! Wir sind hier, um diese Frage zu lösen!" „So!" machte Kim und rieb sich die Nase. Er sah auf seine Füße, schüttelte den Kopf und sah den Wissenschaftler wieder an. „Deshalb verstehe ich aber immer noch nicht, wie Sie die Sonne wieder hell machen wollen!" „Das ist nicht so schwierig. Kim! Die Sonne hat eine magnetische Achse. Ich vermute, daß sie sich verschoben hat, so
daß es zu Masseschwierigkeiten innerhalb der Sonne kam", erklärte Kont. „Solche Erscheinungen treten immer auf, wenn das stabile Innere einer Sonne erschüttert wird. Wir werden jetzt versuchen, das Innere der Sonne abermals zu beeinflussen, indem wir Gravitationsfelder sehr hoher Wirkungsgrade durch die Sonne schießen." Kim kratzte sich hinter dem rechten Ohr. „Dann wollen Sie so ungefähr das gleiche mit der Sonne machen, was schon vorher passiert ist?" fragte er. Fan Kar Kont nickte lächelnd. „Aber — danach war die Sonne nicht mehr so hell!" rief Kim erregt. „Wenn Sie jetzt das gleiche tun, also den stabilen Kern der Sonne angreifen, wird dann die Sonne nicht ganz erlöschen?" „Keineswegs, Kim!" antwortete Fan Kar Kont. „Die Sonne gewinnt die Energie, die sie abstrahlt, aus Kernfusionsprozessen. Sie laufen langsam ab und geben dabei ihre Energie allmählich ab. Diese Prozesse finden in einer Zone statt, die ungefähr vierhundert Kilometer unter der Sonnenoberfläche liegt. Die Energie muß von dieser Zone an die Oberfläche gebracht werden, von der sie dann abgestrahlt wird. Je höher die Energiemenge, die die Sonnenoberfläche erreicht, desto heller ist die Sonne." „Aha!" freute sich Kim. „Dann ist der Fall hier ja ganz klar! Die Sonnenenergie erreicht die Oberfläche nicht." „So ist es, Kim!" warf lerra Kretan ein. „Nein — es ist nur beinahe so, nicht ganz", erklärte Fan Kar Kont mit scharfer Stimme. „Das wissen Sie sehr gut!" „Nun verstehe ich das gar nicht mehr", sagte Kim verlegen. „Oder wollen Sie damit sagen, daß irgend jemand die Energie stiehlt, die an die Oberfläche kommt."
„Es wäre nicht unmöglich!" behauptete Kont. „Mann — das wäre ein Ding!" staunte Kim, um sich dann erschrocken auf die Lippen zu beißen. * Zahlreiche von Angst und Verzweiflung gepeitschte Nokis liefen Amok im Inneren der „Walter Beckett"! Mit jeder Sekunde wurden es mehr Nokis, die sich anstecken ließen. Die friedlichen Wesen von Noki III verloren unter dem Eindruck der Angst fast den Verstand. Rex Corda schaltete das Lautsprechersystem ein und erhöhte die Lautstärke. Der Noki vor ihm wischte sich schnell mit der Zunge über die Lippen. Dann begann er zu sprechen. Er sprach langsam und monoton. Sein Körper erstarrte. Seine Muskeln verhärteten sich. Sein Kopf pendelte langsam vor und zurück „Was soll das denn?" knirschte Fatlo Bekoval mit bleichem Gesicht. Der Laktone war außer sich vor Zorn. Er wußte, daß die Panik gestoppt werden mußte, wenn das Schiff nicht in Trümmern versinken sollte. Durch die zahlreichen Lautsprecher kam der ohrenbetäubende Krach herein, den die Amok laufenden Nokis in der „Walter Beckett" veranstalteten. Die Stimme des Noki am Mikrofon wurde lauter und beschwörender. Sie wurde heller, und sie sprach nicht mehr, sie sang. Corda glaubte seinen Ohren nicht trauen zu können, als plötzlich der gleiche Gesang aus der Masse der Nokis zurückkam. Er entdeckte einen der Federköpfe, der mit hochrotem Gesicht dicht unter der Decke eines Diskushangars hing. Er sang im gleichen Rhythmus und Ton wie der Noki am Mikrofon. Und doch war ein kleiner Unterschied dabei. Es klang so, als ob
er dem Noki antwortete. Corda erhöhte die Lautstärke der Lautsprecher abermals. Die Stimme des singenden Nokis drang bis in den letzten Winkel der „Walter Beckett". Und plötzlich sangen mehr und mehr Nokis den seltsamen Gesang mit. Rex Corda überraschte sich dabei, wie er seinen Oberkörper vorbeugte und den Kopf langsam hin und her wiegte. Verblüfft bemerkte er, daß auch Fatlo Bekoval, der Kommandant der „Walter Beckett", und die anderen Offiziere eine ähnliche Haltung angenommen hatten. Die Schreie wurden seltener und verstummten endlich ganz. Lauter und lauter wurde der Gesang mit dem seltsamen Rhythmus und der beklemmend monotonen Melodie. Die Panik versiegte. Die Nokis wurden ruhig. Rex Corda konnte auf den Holografen keinen einzigen Noki entdecken, der jetzt noch in seiner Angst um sich schlug. Sie schwebten alle reglos in der Luft. Viele hatten die Augen geschlossen. Die zitronengelben Federbüsche schwankten um ihre sich wiegenden Köpfe. Und über ihre Lippen kam das fremdartige Lied. Die „Walter Beckett" sang! Corda rieb sich über die Lippen, als er merkte, daß auch er in das Lied eingestimmt hatte. Er lächelte. Die „Walter Beckett" war gerettet. Er schaltete um auf die Außenholografen. Diszipliniert glitten die Nokis aus den Transportfeldern der Diskusraumer in die Schleusen der „Walter Beckett" hinein. Corda lächelte. Er entspannte sich. Der Gesang erreichte ihn nicht mehr. Es war geschafft! Er erhob sich vorsichtig. Er ging lautlos zu Bekoval hinüber, der wie eine Puppe in den Anschnallgurten hing und sang. Er griff vorsichtig nach den Schultern des Laktonen und drückte sie
mit den Fingern. Bekoval zuckte zusammen, doch er konnte nicht herumfahren, weil Corda seine Schultern hielt. Er stöhnte leise. Er erwachte wie aus tiefstem Schlaf. „Schon gut, Sir! Ich bin wieder okay!" murmelte er. „Dann starten Sie die ,Walter Bekkett'! Alle Nokis, die sich in diesem Abschnitt befanden, sind im Schiff!" Bekoval beugte sich vor. Seine geschickten Hände glitten über das Instrumentenpult. Er war nur ein kleines und nicht unbedingt wichtiges Teilstück in der gewaltigen Maschinerie des Raumschiffes. Die Hauptarbeit übernahm die umfangreiche Elektronik. Bekoval brauchte nur eine Serie von Schaltungen zu machen, um die Elektronik zu wecken. Dann lief alles von selbst ab. Die Schleusenschotten fuhren zu. Die Diskusraumer zogen sich langsam zurück. „Start! Bekoval!" Der Laktone drückte einen großen roten Hebel nach vorn. Erschütterungsfrei erhob sich die „Walter Beckett" aus der aufgewühlten Wasserfläche. Aus den riesigen Abstrahldüsen fauchte glühend heiße Luft, die das Wasser verdampfte. Dann schoß die „Walter Beckett" mit hoher Beschleunigung davon. Das Meer sackte unter Rex Corda weg, schmolz zusammen zu einem silbernen Fleck auf der großen Kugel des sterbenden Planeten Noki III. Überall brannte der Planet. Die Kontinente versanken im Meer. Die Nokis sangen noch immer. Der Noki auf der Kommandobrücke, der den Gesang angestimmt hatte, drehte sich zufrieden lächelnd zu Rex Corda um. „Ist es gut so?" fragte er, nachdem er die Lautsprecher gedrosselt hatte. Er hatte Cordas Handgriffe genau beobachtet und ihren Sinn verstanden.
Corda ließ sich wieder in seinen Sessel sinken. „Ausgezeichnet", sagte er. „Ist das ein religiöser Gesang?" „Es ist der Gesang der großen Rettung, wie er von den Vorfahren überliefert ist. Es hat viele Katastrophen wie diese gegeben, aber noch keine, bei der so viele überlebten!" sagte der Noki. „Kannst du auch auf den anderen Reisen dieses Schiffes, auf denen wir weitere Nokis retten, diesen Gesang anstimmen? Wir können damit die anderen beruhigen!" fragte Corda. Der Noki strich sich über die langen gelben Federn, die seinen Kopf schmückten und bis auf die Hüften herabhingen. „Ich werde immer im Schiff sein, um die anderen zu beruhigen!" versprach er. Noki IV wuchs rasch an auf den Holo-grafen. Die „Walter Beckett" jagte mit höchster Beschleunigung auf den Planeten zu, um die Nokis möglichst schnell abzusetzen. * Als John Haick wieder zu sich kam, war es ganz still. Es war dunkler geworden. Die Sonne stand nur noch dicht über dem westlichen Horizont. Die Kälte schnitt in seine Glieder. John Haick ächzte und richtete sich langsam auf. Drei Nokis hockten um ihn herum. Sie krochen hastig heran. Auf einem kleinen Stückchen Plastik reichten sie ihm braun gebranntes Fleisch, das verführerisch duftete. John Haick nahm den Brocken und biß herzhaft davon ab, bevor er überlegte, woher die Nokis das Fleisch hatten. Das wurde ihm erst wieder bewußt, als er zum Transmitter hinübersah. Das Monster war verschwunden. Von dem Transmitter schimmerten einige tief rote Flecken im Sand.
John Haick. verschluckte sich fast. Er griff sich an den Hals. Der Bratenduft stieg ihm in die Nase. Er schnupperte. „Gar nicht übel, John?" lachte jemand hinter ihm. Er drehte sich um und sah zu dem Mann im Raumanzug hinauf. „He — Percip! Sie haben sich gut erholt!" „Ich habe auch etwas von diesem Fleisch gegessen. Es schmeckt weitaus besser, als ich dachte!" gab er zu. „Wie haben die Nokis das gebraten?" fragte John überrascht. „Oh — unsere Freunde sind erfinderisch, John! Es gibt genügend Schweißbrenner hier, die sie benutzen konnten. Sie haben sich wirklich geschickt angestellt!" John Haick erhob sich. Er biß noch einmal von dem Braten ab, dankte und ging dann zu dem Transmitter hinüber. Das Gerät war noch immer nicht wieder angeschaltet worden. John sah in das Tal hinab. Ein riesiger See schimmerte im Abenddunkel. Er war einige hundert Meter breit und mindestens fünf Kilometer lang. Dann verschwand er hinter einigen Felsen, doch John wußte, daß er sich dort noch fortsetzte. Es war noch nicht genug Wasser auf Noki IV. Der Transmitter mußte wieder angestellt werden. An den Ufern des neu entstandenen Sees kauerten die Nokis. Viele kauten an dem Fleisch. Offensichtlich hatten sie die Brocken unter sich geteilt. „Wir müssen den Transmitter wieder einschalten, Percip!" „Natürlich, John! Ich wollte nur warten, bis Sie wieder wach sind. Weiß der Teufel, was jetzt aus dem Gerät kommt, nachdem wir dem Monster den Kopf abgeschlagen haben!" „Schalten Sie ein!" Percip ging zu dem Materiesender. In diesem Augenblick stürzte sich die
„Walter Beckett" in die Tiefe. Der Laktone sah zu dem riesigen Hantelraumschiff hinauf. Dann schaltete er ein. Er roter Schwall Wasser brandete aus dem Transmitter, dann folgten zwei lange, zuckende Fangarme und schwammiges Fleisch, das den Transmitter sofort wieder verstopfte. „So geht es nicht!" schimpfte Percip. Er schaltete den Transmitter wieder aus. Damit trennte er abermals große Teile von dem Monster ab. Die Nokis stürzten sich sofort von allen Seiten auf die Reste und schleppten sie weg, um sie zu verarbeiten. Percip schaltete den Transmitter wieder ein. Diesmal kam kein Fangarm, sondern der Körper des Monsters drängte sich weiter in den Sender. „Halten Sie auf, Percip! Wenn Sie so weitermachen, dann sind wir morgen früh noch bei der Arbeit!" winkte John ab. Die „Walter Beckett" setzte mit schwingenden Landefüßen auf. Die gewaltigen Landeteller gruben sich tief in den lockeren Boden. Die Schleusentore knallten auf, und breite Ströme von Nokis ergossen sich auf den Planeten. John Haick schaltete das kleine Sprechfunkgerät seines Raumanzuges ein. „John Haick an ,Walter Beckett'!" rief er. „Haick an ,Walter Beckett'! Bitte melden!" Sekunden später krachte es im Lautsprecher. Die harte Stimme Bekovals ertönte. „,Walter Beckett' an Dr. Haick! Was gibt's, Doktor?" „Der Transmitter ist verstopft! Ralf Griffith sollte sich um die Sache kümmern!" sagte John Haick. Rex Corda schaltete sich ein. „Ich komme sofort, John!" Es dauerte zehn Minuten, bis Rex Corda kommen konnte. Die Nokis, die
die „Walter Beckett" verlassen wollten, versperrten die Ausgänge. Betroffen sah Corda sich den Transmitter an. Percip hatte ihn inzwischen mehrfach an-und ausgeschaltet. Jedesmal war ein kleines Stück des Monsterkörpers durch das Gerät gekommen. „Ich weiß nicht, woran es liegt, Sir", sagte er zu Corda. „Wenn ich den Transmitter abschaltete, dann wird das Monster auch nicht mehr gegen den anderen Transmitter auf Noki III gepreßt. Es müßte weggespült werden." „Vielleicht klammert es sich fest", vermutete Corda. „Ralf soll sich darum kümmern!" Corda nickte. Er schaltete sein Helmsprechgerät ein und erteilte den Befehl, Ralf Griffith zu verständigen. * Die starken Störungen, die von der Sonne verursacht wurden, machten sich auch im Holografensystem bemerkbar. Ralf Griffith adjustierte den Holografen sorgfältig neu. Das verzerrte Gesicht Bekovals formte sich neu. Bekoval übermittelte den Befehl. „Bekoval — wir sind auf eine restlos zertrümmerte Stadt gestoßen. Hier gibt es mindestens hundertfünfzigtausend Überlebende. Es ist an zahlreichen Stellen Feuer ausgebrochen. Das Meer bedroht die Stadt. Wir sind dabei, mit Hilfe von Traktorstrahlen hohe Erdwälle aufzuwerfen, um das Meer zurückzuhalten!" „Auf einen Mann müssen Sie verzichten können! Ralf, fliegen Sie allein mit einem Diskus zum Transmitter und sehen Sie sich an, was da los ist!" „Soll ich ihn heben?" Bekoval schüttelte ablehnend den Kopf. „Tauchen Sie hinab! Legen Sie einen Raumanzug an, damit für Atemluft gesorgt ist. Dem Druck müßten Sie stand-
halten können!" Ralf Griffith nickte zögernd. „Ich werde es versuchen, Bekoval!" Er schaltete den Holografen aus. Die anderen Offiziere im Diskus nickten ihm zu. Der Pilot landete das Raumfahrzeug, um die Offiziere abzusetzen. Ralf Griffith übernahm das Steuerpult. Die Koordinaten des Transmitterstandpunktes waren der Elektronik von der „Walter Beckett" übermittelt worden. Er brauchte sich nicht darum zu kümmern, wie er den Sender wiederfinden sollte. Das wurde automatisch gesteuert. Er schaltete auf Autopiloten und legte sich in seinem Sessel zurück. Er schloß die Augen und machte Atemübungen, um seinen Körper mit Sauerstoff zu sättigen. Eine schwere Aufgabe stand ihm bevor. Er würde sie lösen! * Zwei komplizierte Maschinen rasten um die Sonne. Sie strebten von dem Diskus weg in entgegengesetzte Richtung. Sie wurden von den zarten Händen lerra Kretans gesteuert. Geschickt brachte die Mathematikerin die beiden Aggregate in eine Umlaufbahn um die Sonne. Sie steuerte sie so aus, daß sie sich genau gegenüberstanden, ein Gravitationsaggregat und eine simple Spiegelstation, die die von dem Aggregat ausgesandten Gravitationsfelder zurückspiegeln konnten. „Es ist soweit, Kont!" meldete die schöne Laktonin. Sie lehnte sich seufzend in ihrem Sessel zurück und sah zu Kim hinüber, der aufgeregt vor den Holografen stand und die Ereignisse genau beobachtete. Fan Kar Kont beschleunigte den Diskus. Mit rasch steigender Geschwindigkeit entfernten sie sich von der Sonne. „Warum beschießen Sie die Sonne
jetzt noch nicht mit Gravitationsfeldern?" fragte Kim überrascht. „Wir haben doch nur noch so wenig Zeit!" Ierra Kretan lächelte. „Wenn wir die Aktion beginnen, wird es gewaltige Stürme auf der Sonne geben. Die Sonne wird ungeheure Energiemengen ins All schleudern. Das Leben auf den Planeten wird entscheidend davon beeinflußt werden. Auf Noki III wird es zu weiteren Katastrophen kommen. Vielleicht wird auch Noki IV gefährdet. Also müssen wir uns mit diesem kleinen Raumschiff möglichst weit von der Sonne entfernen. Wir müssen versuchen, in den Sonnenschatten eines Planeten zu kommen, damit wir nicht vernichtet werden!" „Oh, Junge! So ein Feuerwerk gibt das?" fragte Kim aufgeregt. „Ich dachte, die Sonne scheint einfach wieder, und damit wäre alles gut!" „Schön wär's!" lachte Fan Kar Kont. Der Diskus raste mit halber Lichtgeschwindigkeit durch den Raum, genau auf den dritten Planeten zu, der sich in Agonie Wand. Schnell vergrößerte sich Noki III. „Schaltungen laufen an", meldete lerra Kretan ruhig. Fan Kar Kont wiederholte die Worte. Kim Corda zog sich auf seinen Platz auf dem Notsitz zurück und hörte aufgeregt zu. Sirrend liefen die Maschinen. Kim hörte auch die Schiffsaggregate unter seinen Füßen laufen. Nie hatte er so auf die Geräusche des Schiffes geachtet. Fan Kar Kont verzögerte den Flug der Raumscheibe bereits wieder. Dennoch wuchs der Planet vor ihnen rasend schnell an. Kim entdeckte überall rote Flecke auf der Kugel, obwohl der Planet sich fast völlig in Wolken verhüllte. Doch die Glut leuchtete durch die Wolken. „Alles klar!" sagte das Mädchen. „Dann ab!" antwortete Kont.
Kim sah, daß lerra Kretan einige kleine Knöpfe am Computer drückte. Nichts geschah. Enttäuscht lehnte Kim sich zurück. „Jetzt werden wir sehen", brummte Fan Kar Kont. Also war doch alles nach Plan gegangen. Kim Corda stand wieder auf. Er beobachtete den Holografen, der ihnen die Sonne zeigte. Wurde sie nicht schon wieder heller? * „John! John!" John Haick fuhr herum. Er stellte die donnernden Maschinen des Düsenbaggers ab. Percip eilte heran. John Haick sah ihn, doch er hatte ihn im nächsten Moment schon wieder vergessen. Die Sonne war gerade unter dem Horizont versunken. Noch eben leuchtete die Wüste rot im Licht der untergehenden Sonne. Doch jetzt strahlte der Horizont, als sei er mit reinem, funkelndem Gold übergössen worden! „Die Sonne, John!" schrie Percip. Der Physiker sprang vom Bagger herunter. Percip blieb keuchend neben ihm stehen. „Sie haben es geschafft, Percip!" sagte Haick. Er griff nach dem Arm des Laktonen. „Tatsächlich — Fan Kar Kont hat es geschafft!" Mit jeder Sekunde färbte sich der Horizont heller. Die klare Luft auf dem vierten Planeten absorbierte nur wenig Licht. Der Abend wurde wieder hell. Von den Nokis, die zu Zehntausenden im Sand arbeiteten, kamen gellende Freudenschreie. „Wir können wirklich zufrieden sein, John! Es hat hervorragend geklappt. Es ist gut, daß wir jetzt im Lichtschatten der Sonne sind. Es werden bald Energiestürme durch dieses System toben!"
„Vielleicht haben wir Glück, daß dieser Planet nicht allzusehr darunter leidet!" antwortete der Physiker. Er sah zum dunklen Himmel hinauf. Gerade jetzt kehrte die „Walter Beckett" von ihrem fünften Flug nach Noki III zurück. Über zweihunderttausend Nokis hatte Rex Corda bereits gerettet. Von Flug zu Flug ging es besser. Die Nokis wurden immer schneller aus- und eingeschleust. Man verlor kaum noch Zeit. „Allmählich müßten wir auch etwas von Ralf Griffith merken", bemerkte John Haick. „Er sollte den Transmitter jetzt bald erreicht haben!" „Keine Sorge, John! Ralf wird es schon schaffen!" Percips Stimme war voller Zuversicht. * Ralf Griffith schob das kleine Steuergerät, mit dem er den Diskus bis auf die Wellen herabholen wollte, wenn er aus der Tiefe zurückkehrte, in seinen Raumanzug. Er klappte den Helm zu, nachdem er sich bei Bekoval auf der „Walter Beckett" abgemeldet hatte. Das Schleusenschott flog auf. Ralf Griffith sah auf die tobenden, brechenden Wellen hinab, deren Kämme mehr als zwanzig Meter Höhe erreichten. Er fühlte einen unangenehmen Druck auf dem Magen. Er war allein. Niemand konnte ihm jetzt noch helfen. Er hatte nur eine Waffe — einen Energiestrahler, eine Handfeuerwaffe, die wasserdicht war. Aber sie war nur auf eine Tiefe von etwa zweihundert Metern geeicht. Niemand hatte Ralf sagen können, ob sie in der Tiefe von fünfhundert Metern auch noch wirksam war, ob sie vor allem dem mörderischen Druck standhalten konnte. „Ach was!" knurrte er ärgerlich. Er schaltete die Elektronik der Schleuse auf zwei Minuten. Dann trat er an den
Rand heran und sah auf die Wellen hinab. Zwei Minuten würde das Schott aufbleiben, dann würde es sich automatisch verschließen, um auf ihn zu warten. Ralf sprang. Aus dreißig Metern Höhe prallte er auf das Wasser. Die brüllenden Wellen rissen ihn sofort mit. Er hielt seine Hände am Gürtel. Im Diskus hatte er die Aggregate des Raumanzuges aufgeladen. Er würde genügend Energiereserven haben. Er schaltete die Gravitationsmechanismen ein, die ihn sofort in die Tiefe rissen. Die Wellen schlugen über ihm zusammen. Unterseeische Strömung riß ihn mit. Ralf Griffith behielt die Ruhe. Er sah sich gelassen um und schaltete die Aggregate höher. Sie verliehen ihm einen künstlichen Andruck von fast vier g. Das genügte, um ihn wie einen Stein in die Tiefe sinken zu lassen. Der Einfluß der Meeresströmung und der tobenden Wellen verlor sich rasch. Es wurde dunkel um ihn. Er schaltete die starken Helmscheinwerfer ein. Doch auch sie reichten in der Tiefe nur wenige Meter. Ralf Griffith sah phantastische Meereswesen an sich vorbeischwimmen. Die meisten von ihnen strahlten aus eigener Leuchtkraft. Sie starrten ihn wie in maßloser Verblüffung an. Doch keines der fischartigen Wesen griff ihn an. Ralf fühlte den rapide steigenden Druck. Der Raumanzug allein war ihm nicht gewachsen. Nur ein Gigant mit den unerhörten Kräften eines „Veränderten" konnte diesen Mächten noch widerstehen. Ralf atmete schwer. Er fühlte den Druck wie eine stählerne Klammer um seine Brust. Einen Teil der Energien konnte er in sich aufnehmen. Seine Herzschlagfrequenz verringerte sich. Der durch Becon beeinflußte
Körper Ralf Griffiths schaltete um und stellte sich auf die besonderen Bedingungen ein. Mühsam hob Ralf den Arm vor den Helm. Die Scheinwerfer rissen die Instrumente aus der Dunkelheit. „Vierhundertdreißig Meter!" murmelte Griffith. Zwei kleine pendelnde Zeiger wiesen ihm den Weg zu dem Transmitter. Er schaltete an den Gravitationsmechanismen und trieb etwas eitlich ab. Dadurch kam er wenige Minuten später genau über dem Transmitter herunter. Ein leiser Fluch schlüpfte über seine harten Lippen, als er den Giganten sah, der das Gerät umschlungen hatte. Das Monster glich einem ins Riesige vergrößerten Kraken. Ralf Griffith zählte neun Fangarme, die sich um den Transmitter geschlungen hatten, und er sah einen riesigen Körper, der sich im Dunkel der See verlor. „Kein Wunder, daß dieses Biest den Transmitter verstopft!" murmelte er. Die Fangarme leuchteten aus sich heraus. Er konnte ihre gespenstischen Umrisse auch ohne seine Helmscheinwerfer erkennen. Er griff nach seinem Energiestrahler. Vorsichtig zog er ihn aus dem Gürtel, um ihn nicht zu verlieren. Dann änderte er die Schaltungen am Gravitationsaggregat abermals. Langsam trieb er auf das Monster zu. Ralf war bis auf fünf Meter an den Giganten herangekommen, als plötzlich der mächtige Körper des krakenähnlichen Wesens aufplatzte. Ein wirbelndes Bündel von roten Fangarmen jagte aus der Öffnung, und dann schwang sich ein Monster nach außen, das vielleicht nur zehn Prozent der Größe des ausgewachsenen hatte. Dennoch war sein sackartiger Leib mehr als zwanzig Meter lang! Ralf Griffith fuhr unwillkürlich zurück.
Doch das half ihm nichts mehr. Das Junge schoß auf ihn zu. Die Fangarme umschlangen ihn vollkommen. Ralf Griffith verschwand im Dunkel. Der Druck steigerte sich ins Unerträgliche. * Die „Walter Beckett" landete auf einem langen flachen Landstrich auf Noki III. Die nunmehr gelbe Sonne — NokiSom — ließ das Land in kräftigen Farben erstrahlen. Der Boden war ruhig. Auch in der Ferne konnte Rex Corda keine Vulkanausbrüche erkennen. Die Instrumente zeigten nur eine minimale Erschütterung des Bodens an. Einige zehntausend Nokis drängten sich zwischen zwei völlig zertrümmerten Städten auf der weiten Ebene. Sie warteten auf den Hantelraumer, der sie zum anderen Planeten bringen sollte. Rex Corda trat in die offene Schleuse. Die Sonne brach gerade in diesem Augenblick durch die Wolken. Sie stand nicht mehr im Zenit. In drei Stunden würde es auch hier dunkel sein. Dann würde es dieses Land nicht mehr geben. Darüber konnte es keinen Zweifel geben. Trotz der Ruhe. Die wissenschaftlichen Untersuchungen hatten eindeutig ergeben, daß dies nur die Ruhe vor dem Sturm war. Dieses Land lag tiefer als der Meeresspiegel. Nur hoch aufragende Bergketten hielten das Wasser noch fern. Doch die Ketten senkten sich unaufhörlich. Sie versanken im Meer. In spätestens zwei Stunden würden die Fluten über das Land hereinbrechen. Wenn alles zur Ruhe kam, dann würde das Wasser hier zwanzig Meter hoch stehen! Die zahlreichen Raumscheiben nahmen die Nokis auf. Sie hoben sie mit Traktorstrahlen an und schleppten sie zu den Schleusen. Rex Corda nahm einen
der wenigen Gravogleiter, die noch an Bord der „Walter Beckett" waren, und schleuste sich aus. Sanft glitt das Fahrzeug über die Menge der Nokis hinweg. Die zitronengelben Federschöpfe flatterten im Wind, der noch ruhig war. In zwei Stunden würde es anders sein. Dann hatte die Sturmfront auch dieses Tal erreicht. Dann würde es nur noch Tod und Vernichtung geben. Rex Corda fragte sich, ob es überhaupt noch Leben geben würde auf diesem Planeten, wenn die Rettungsaktionen abgeschlossen waren. Er konnte es sich kaum vorstellen, obwohl die laktonischen Wissenschaftler behauptet hatten, die Tierwelt würde überleben. Ein dichter Schwarm großer roter Vögel rauschte über den Gravogleiter hinweg. Corda lächelte. Natürlich würden die Vögel am ehesten überleben. Und die Meereslebewesen. Dort, wo jetzt Meer war, würde bald Land sein. Dort, wo bis jetzt Land gewesen war, würde es nur noch Meer geben. Der ganze Planet krempelte seine Oberflächengestalt um. Corda sah zu den Nokis hinunter. Die Einschleusung verlief reibungslos. In der Zentrale der „Walter Beckett" lief ein Bandgerät, das den religiösen Gesang der Nokis abspielte. Rex Corda hatte dieses seltsame Lied aufgenommen, damit die Nokis auf der Kommandobrücke es nicht immer selbst singen mußten. Doch waren ständig zwei Nokis auf der Kommandobrücke, die die Vorgänge genau kontrollierten. Plötzlich zuckte Corda zusammen. Sein Blick war nach Süden geglitten. Eine breite dunkle Front wälzte sich von dort heran. Er richtete die Aufnahmesysteme der Bordholografen auf das Dunkle und schaltete auf Teleoptik um. Eine unermeßlich große Herde großer Tiere stürmte durch das Tal! Rex Corda
fühlte sich an die gewaltigen Büffelherden erinnert, die es einmal im Norden Amerikas gegeben hatte. Rasch beschleunigte er seinen Gravogleiter. Mit einem Blick war zu erkennen, daß die Herde die Nokis an der „Walter Beckett" niederwalzen würde, wenn er nichts tat, um sie aufzuhalten. Corda rief die „Walter Beckett". Bekoval meldete sich. Corda informierte ihn sofort. Die Nokis auf der Kommandobrücke hörten mit. Corda hörte ihre aufgeregten Stimmen. Er konnte sie nicht verstehen. Er drückte den Gravogleiter tiefer hinunter. In zwanzig Meter Höhe raste er den dunklen Tieren entgegen. Allmählich konnte er sie erkennen. Sie sahen terranischen Sauriern der Urzeit ähnlich. Es waren Reptilien. Sie waren fast zehn Meter lang und hatten eine Schulterhöhe von etwas mehr als zwei Metern. Ihre säulenartigen Beine donnerten über den harten Boden. Sie warfen ihre massigen gepanzerten Körper ruckartig hoch, doch konnte Corda keine Schreie hören. Er wendete den Gravogleiter, kurz bevor die Front ihn erreichte. Sie wälzte sich unter ihm hindurch. Er flog mit ihr. Noch trennten etwa fünf Kilometer die „Walter Beckett" von dieser lebenden Flut. Dicht an dicht drängten sich die Tiere, die vor dem kommenden Untergang auf der Flucht waren. Ihr Instinkt verriet ihnen, woher die Gafahr kam, doch er zeigte ihnen nicht, wo sie Rettung finden konnten. Stachelige Kämme liefen über ihre breiten Rücken. Braun und schwarz schimmerten ihre muskulösen Leiber. In den verfilzten Stachelbüschen auf ihrem Nacken erkannte Rex Corda kleine gelbe und rote Krustentiere, die sich nervös an die Reptilien klammerten. „Mr. Corda!" Corda schaltete den Holografen ein.
Das Gesicht Bekovals erschien auf dem Schirm. „Die Tierwelt scheint hier ebenso aggressiv und gefährlich zu sein, wie die Nokis harmlos und friedfertig sind", sagte er. „Unsere Freunde behaupten, die Kils — so nennen sie die Biester — seien nicht nur auf der Flucht vor dem Untergang. Sie sagen, es habe jedes Jahr um diese Zeit fürchterliche Kämpfe mit diesen Tieren gegeben, die über die Städte hergefallen seien!" „Sie dürfen auf gar keinen Fall in die Nähe des Schiffes kommen!" rief einer der Nokis auf der Kommandobrücke dazwischen. „Sie würden uns alle vernichten!" Rex Corda nickte. Die Lücke zwischen der „Walter Beckett" und den Kils schmolz rasend schnell zusammen. Er zog einen laktonischen Schocker aus einem Spezialfach des Gleiters. Er beugte sich seitlich aus dem Fenster und feuerte die Schockwaffe auf die breiten Köpfe der Tiere ab. Sie brachen schlagartig zusammen. Und jetzt gellten die ersten Schreie auf. Die Kils stürmten über die zusammengebrochenen Tiere hinweg. Sie starrten zu dem Gravogleiter hinauf, als wüßten sie, daß der Angriff von dort gekommen war. Ihre Fänge schnappten nach dem Fahrzeug, das jedoch unerreichbar für sie blieb. Corda biß die Zähne zusammen. Nur noch drei Kilometer bis zur „Walter Beckett"! Und nur noch einen Kilometer bis zu den ersten Nokis, die sich ins Raumschiff zu retten suchten. Corda feuerte ununterbrochen auf die Reptilien. Scharenweise brachen sie zusammen. Er feuerte immer nur auf die ersten in der breiten Front, die mehrere hundert Meter breit war. Überall bildeten sich dichte Knäuel von Tieren. Ein zappelnder, brüllender, stampfender Wall entstand. Doch es gab immer
wieder Lücken, durch die die Tiere hindurchschlüpften. „Sie müssen mir helfen, Bekoval! Allein schaffe ich es nicht!" „Ich kann nicht mit den Energiekanonen auf die Herde schießen!" antwortete Bekoval. „Ich werde die Schocker einsetzen! Die Diskusraumer benötigen wir, um die Nokis einzuschleusen!" „Schießen Sie endlich!" rief Corda. Sein Gravogleiter schoß über die vorderste Front der Kils hinaus. Er drehte das Fahrzeug ab. Dabei bemerkte er, daß auf dem anderen Ende der Front die Kils massenweise zusammenbrachen. Die „Walter Beckett" hatte eingegriffen! Der Wall wuchs. Die Tiere krochen keuchend und brüllend übereinander weg. Mehr als zwanzig Meter hoch türmten sie sich dicht vor Corda. Immer wieder feuerte er den Schocker auf den lebenden Wall ab. Er wollte die Tiere nicht töten. Ein Energiestrahler wäre wesentlich wirkungsvoller gewesen als die nervenlähmende Waffe. Aber Corda wollte nicht töten. Die Kils konnten offensichtlich auch im Wasser leben. Das bewiesen die Schwimmhäute. Sie würden überleben, wenn sich die Flutwelle heranwälzte. Doch über den Kamm des lebenden Walls krochen immer mehr wütende Kils heran. Corda strich die Front immer wieder mit der Schockwaffe ab. Die Flut war zum Stehen gekommen. Die ersten Kils lagen nur zweihundert Meter von den letzten Nokis entfernt. Jeden Augenblick konnten einige Kils durchbrechen und die Nokis erreichen. Die „Walter Beckett" hatte nicht das Schußfeld, das sie benötigte. Die Nokis standen zwischen ihr und den Kils. * Für einen Augenblick war Ralf Grif-
fith wie gelähmt. Er sah nichts mehr. Die zuckenden Fleischmassen umgaben ihn völlig. Er wußte nicht, wo er war. Er stemmte seine Energiewaffe entschlossen in das Fleisch des Giganten, der ihn umschlungen hielt. Er drückte auf den Auslöseknopf. Flammendrot leuchtete es vor ihm auf. Der Druck des tobenden Ungeheuers verstärkte sich. Jeder andere Mensch wäre längst zermalmt worden. Nur die besonderen Mächte des Becons retteten Ralf Griffith. Der Riesenkrake löste sich von ihm. Er feuerte weiter, bis er gänzlich frei war. Erschöpft wälzte er sich herum. Der Transmitter war nicht mehr zu sehen. Er erschrak. Er hob den Arm vor das Gesicht. „Fünfhundertsechzig Meter Tiefe!" keuchte er. Es war erstaunlich, daß die Energiewaffe dem hier herrschenden Druck noch standhielt. Hastig schaltete er an den Gravitationsmechanismen. Sie trugen ihn schnell nach oben. Der Transmitter tauchte wieder vor ihm auf. Ralf erschauerte. Das von ihm getötete Meeresungeheuer trieb langsam an ihm vorbei. Er konnte es kaum erkennen. Es befand sich in einem flimmernden, flirrenden Ball von Fischen, die es förmlich auseinanderrissen. Und dicht vor ihm hing jetzt auch das Muttertier am Transmitter. Auch dieses Tier befand sich in der Gewalt von Tausenden von kleinen Fischen. Ralf Grifflth glitt bis an den Transmitter heran. Er richtete die Energiewaffe auf das Monster und trennte es mit einem einzigen Schuß vom Transmitter ab, den es mit jetzt noch zwei Fangarmen umschlungen gehalten hatte. Ralf Grifflth klammerte sich an den Transmitterbogen. Er schaltete seine
Gravitationsmechanismen ein. Sie zogen ihn und den Transmitter sofort noch oben und von den Monstern weg. Erleichtert atmete Ralf Griffith auf. Er zog sich um den Transmitter herum, so daß er sich an der Rückseite festhalten konnte. Dann schaltete er das Gerät ein. Sofort tobte die See auf. Er fühlte die maßlosen Kräfte, die die Wassermassen in den Transmitter zwangen. Auch ihn packte es, obwohl er sich auf der Rückseite des Bogens befand. Er sah, wie Scharen von Fischen in dem Transmitterbogen verschwanden. Ein langer Schatten glitt blitzschnell an ihm vorbei. Ralf Grifflth riß die Augen auf, um mehr erkennen zu können. Doch umsonst. Das Tier verschwand im Dunkel. Wenige Sekunden später kam es wieder. Es kam genau von vorn, raste genau auf den Transmitter zu, wand sich im unheimlichen Sog. Es war ein riesiger Fisch, der einem terranischen Schwertfisch ähnlich sah. Als Ralf schon glaubte, der mächtige Leib werde in den Transmitter vorstoßen, zuckte der Gigant zur Seite. Er raste dicht am Kopf von Ralf GriffHh vorbei. Der Körper schien endlos zu sein. Der Terraner schätzte ihn auf weit mehr als dreißig Meter Länge. „Verschwinde, du Teufel!" knurrte Ralf Griffith. Niemand hatte daran gedacht, daß der Transmitter durch solche Riesentiere gefährdet werden konnte. Jetzt erkannte der Terraner, daß sie Glück gehabt hatten, daß es überhaupt so lange gutgegangen war. Doch der Teufel verschwand nicht. Er kehrte zurück, als Ralf Griffith schon glaubte, alles sei in Ordnung. Er zog ganz langsam an dem „Veränderten" vorbei. Seine mächtigen Flossen arbeiteten heftig. Sie widerstanden dem ungeheuren Sog des Transmitters. Ein großes grünes Auge starrte Ralf
an. Der Terraner erschrak. Nie zuvor hatte er solche Kälte und solche Mordlust in den Augen eines Lebewesens gesehen. Er griff nach seiner Energiewaffe. Doch zu spät. Wie ein Blitz zuckte der Fisch herum. Das Schwert sauste durch das Wasser. Ralf Griffith schrie gellend auf, als das Schwert gegen seinen Schichthelm knallte. Er hörte das widerstandsfähige Material zersplittern! Die Diskusraumer stürzten sich auf die Ebene hinab. Rex Corda sah, daß die Offiziere der „Walter Beckett" aus den Schleusen stürzten. Sie trugen wirksame Schock- und Energiewaffen in den Händen. An den trockenen Knacklauten hörte Corda, daß seine Männer auf die Kils feuerten. Die zappelnde, tobende, brüllende Masse vor ihm kam endgültig zur Ruhe. Die Diskusraumer stiegen wieder auf, nahmen die Nokis ins Transportfeld und schleppten sie zur „Walter Beckett". Die Offiziere der militärischen Besatzung der „Walter Beckett" standen in breiter Front vor der Kils-Walze. Die Waffen erhoben. Rex Corda ließ seinen Gravogleiter langsam ansteigen, um die Lage besser übersehen zu können. Er erschrak, als er über den Wall aus lebenden Leibern hinwegsehen konnte. Die Kils gaben nicht auf. Sie schwärmten zu den Seiten aus, versuchten über die Berghänge weiterzukommen. Sie versuchten auch, den Wall zu überklettern, aber sie waren vorsichtiger als vorher. Verblüfft bemerkte Rex Corda, daß zahlreiche Kils andere, betäubte Kils vor sich herschoben. Es war ganz offensichtlich: Die Kils versuchten, die Betäubten als Schutzschild zu benutzen! So aber benahmen sich nur intelligente Wesen. Die Kils konnten nicht einfach
als Tiere eingestuft werden! Damit verbot es sich endgültig, mit tödlichen Energiewaffen auf sie zu schießen. Corda gab seine Entdeckung sofort zur „Walter Beckett" durch. Da erst sah er, daß das Wasser in hohen Wellen über die Bergkämme schoß! Noch war die Flut mehr als zwanzig Kilometer entfernt. Noch konnte er sie nur mit Hilfe der Teleoptik sehen. Aber in spätestens zwanzig Minuten war die Sturmflut bei der „Walter Beckett". Er sah zurück. Noch immer drängten sich Tausende von Nokis vor den Schleusen. Es waren die letzten Nokis, die sie noch aufnehmen konnten. Alle anderen Kontinente waren längst im Chaos versunken. Hierher hatten sich die letzten Nokis gerettet. Vereinzelt wurden noch Nokis von den Diskusraumern aufgenommen. Aber die Rettungsaktion war so gut wie zu Ende. Wenn sie diese Nokis zum vierten Planeten gebracht hatten, dann hatten sie weit über vierhunderttausend gerettet. Eine verschwindend geringe Zahl gegenüber der früheren Gesamtbevölkerung des Planeten. Ein kalter Schauder überlief Corda, als er daran dachte, mit welcher Kaltblütigkeit die Orathonen dieses Volk hatten untergehen lassen! Bekoval meldete sich. Corda schaltete den Holografen wieder zur „Walter Beckett" zurück. „Sir — das Wasser kommt!" rief Bekoval. „In spätestens einer halben Stunde wird das ganze Tal unter Wasser stehen!" „Ich glaube nicht, daß wir noch soviel Zeit haben!" gab Corda zurück. Er beugte sich hastig zum Fenster hinaus und schoß seine Schockwaffe auf vier Kils ab, die sich über den Wall hinweggeschoben hatten und in rasendem Tempo auf die Nokis zurarinten. Die Rep-
tilien brachen wie vom Schlag getroffen zusammen. „Wann sind alle Nokis im Schiff, Bekoval?" fragte Corda. „Wir schaffen es in fünfzehn Minuten!" „Gut — bis dahin können wir die Kils aufhalten. Bis dahin ist das Wasser noch nicht hier!" Er ließ die Verbindung bestehen. Er senkte den Gravogleiter etwas und ließ ihn an der Front der betäubten Riesenleiber entlanggleiten. Dabei sah er, daß es von den kleinen Krebsen wimmelte, die offensichtlich in Symbiose mit den Kils lebten. Überall, wo die Krebse gewesen waren, blieben feuchte, schlüpfrige Spuren zurück. Corda hatte keine Zeit mehr, über die Bedeutung der Geschäftigkeit der Krebse nachzudenken. Die Kils bildeten einen riesigen Wall. Doch jetzt hatten die Krebse die betäubten Körper mit glattem Schleim überzogen. Plötzlich brach der Wall explosionsartig zusammen. Die riesigen Leiber flogen wuchtig zur Seite. Darunter tauchte eine quirlende, schnaufende zornige Masse auf. Die Kils hatten den Wall von unten her gesprengt. Jetzt rasten sie in breiter Front auf die Nokis zu. * Die scharfen Splitter des Raumhelmes knallten in sein Gesicht, doch sie konnten ihn nicht verletzen, da das Becon in seinem Hirn die Energie sofort in sich aufnahm. Dennoch verlor Ralf Griffith für Sekunden das Bewußtsein. Das Wasser preßte sich mit urweltlicher Gewalt um seinen Kopf, schoß ihm stechend in den Rachen. Sein Sauerstoffbedarf schnellte sprunghaft in die Höhe. Der Körper schaltete sofort auf Hochtouren um. Das
Bewußtsein kehrte zurück. Und dennoch war Ralf Griffith dem Untergang geweiht. Eine der wenigen Möglichkeiten, einen durch Becon „Unbesiegbaren" zu töten, war, ihn im Wasser versinken zu lassen. Auch Ralf Griffith brauchte Luft zum Atmen. Er konnte den Sauerstoff nicht aus dem Wasser herauslösen. Ralf preßte die Lippen zusammen. Er sah nichts mehr. Der ungeheure Druck zwang ihn, die Augen zu schließen. Er fühlte nur den Transmitterbogen vor sich. Wütende Schläge prasselten auf seinen Kopf. Der riesige Fisch versuchte, ihn zu töten. Ralf Griffith gab den Gedanken, sich bis an die Wasseroberfläche hochtreiben zu lassen, sofort wieder auf. Die Gravitationsmechanismen in seinem Gürtel waren nicht so stark, daß sie ihn in wenigen Sekunden nach oben bringen konnten. Er brauchte Minuten, um die Oberfläche zu erreichen. Das war viel zu lange. Schon jetzt litt er unter Sauerstoffmangel. Plötzlich erkannte Ralf Griffith seine einzige Chance! Er zog sich mit aller Kraft um den Transmitter herum. Der scharfe Spieß des Riesenfisches bohrte ich ihm immer wieder in den Rücken, doch er konnte ihn nicht verletzen. Er behinderte ihn nur. Er hielt ihn auf. Er raubte ihm die kostbaren Sekunden. Da fühlte Ralf Griffith den starken Sog des Transmitters. Mit einem entschlossenen Ruck riß er sich um das Gerät herum. Sein Hände ließen den Rahmen los. Die schäumende Flut packte ihn und schleuderte ihn mit titanenhafter Gewalt in das Transmissionsfeld. Ralf Griffith fühlte sich hinweggerissen. Sein Körper raste durch den Transmitter. Im nächsten Augenblick stach gleißende Helligkeit in seine Augen.
Ralf riß den Mund auf. Gierig sog er die Luft in seine Lungen. Doch die Luft war dünn, sehr dünn. Er schloß die Augen, die nicht an das Licht gewöhnt waren. Er hörte Schritte, die sich ihm näherten, durch das donnernde Rauschen des Wassers, das über ihn hinwegfuhr. Hände packten ihn und zogen ihn zur Seite. Man schleifte ihn über den Sand. Dann drückte sich ihm etwas gegen die Lippen. Er öffnete den Mund. Kühler, erfrischender Sauerstoff zischte in seinen Körper. Ralf Griffith erholte sich innerhalb weniger Sekunden. Er schlug die Augen auf. Er sah die Dämmerung als Dämmerung. Die normale Luft von Noki IV reichte für ihn aus. Die bleierne Schwere wich von seinen Gliedern. Er stand auf. „Das war knapp", sagte er zu John Haick und Percip, die ihm zu Hilfe gekommen waren. Er sah zu dem Transmitter hinüber. Stetig floß der Wasserstrom durch das Tor. Der mehrere Meter dicke Strahl schoß in hohem Bogen in das Tal hinunter, in dem das Wasser schon sehr hoch stand. Auf der Ebene wimmelte es von Nokis. „Ihr habt stramme Arbeit geleistet!" sagte der „Veränderte". Seine Blicke glitten über die zahlreichen Gebäude am Rande des Tals, das jetzt zum Ufer des Sees wurde. „Es war viel zu tun", nickte Percip. „Und es bleibt auch noch viel zu tun. Das größte Problem war, die Nokis mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Es ist gelöst. Morgen wird das Wasserwerk seine Arbeit aufnehmen können. Die Nahrungsmittelfabriken verwerten die Nährstoffe des Wassers, um die Nokis mit Konzentraten zu versorgen. Dieses Wasserreservoir reicht aus, um die Nokis für lange Zeit am Leben zu erhalten. Sie werden das Land urbar machen und bepflanzen, so daß sie bald wieder ihre
gewohnte Nahrung essen können." „Wir lassen den Nokis einen Diskus hier, dessen Automatik für einen Inspektionsflug nach Noki III und die Rückkehr nach Noki IV programmiert ist. Wenn das System ruhig ist, dann sollen die Nokis Gelegenheit haben, ihren Heimatplaneten zu besuchen. Vielleicht ergibt sich doch bald eine Gelegenheit, zu diesem Planeten zurückzukehren", setzte John Haick die Erklärung Percips fort. „Wir lassen den Nokis auch einige Roboter hier, die mit technischem und medizinischem Wissen programmiert sind. Sie sollen den Nokis beim Aufbau ihrer Welt und bei der Umstellung auf die Bedingungen dieses Planeten helfen." „Glauben Sie, daß die Nokis alleine klarkommen, wenn wir sie verlassen?" fragte Ralf Griffith. „Sie müssen, Ralf!" antwortete John Haick. „Wir können nicht hierbleiben. Wir müssen weiter. Wir müssen dem Ruf Fred Matsons folgen. Es bleibt uns keine Wahl. Aber wir werden zurückkehren!" Ralf Griffith nickte. Er war davon überzeugt, daß sie zurückkehren würden, um sich davon zu überzeugen, daß die Nokis als Rasse bestehen blieben. „Ich muß die ,Walter Beckett' verständigen! Sie müssen den Transmitter und meinen Diskus holen!" sagte Ralf Griffith. „Es hat doch niemand damit gerechnet, daß ich sie nicht mit zurückbringen würde. Mir ist vorher nicht im Traum der Gedanke gekommen, daß ich auch mit dem Transmitter hierher zurückkehren könnte!" Plötzliche Schreie der Nokis ließen sie herumlaufen. Ralfs Befürchtung, daß es abermals Zwischenfälle mit dem Transmitter gab, wurden nicht bestätigt. Die Nokis rannten am Rande des Talabgrundes entlang. Sie winkten voller Erregung zu ihnen herüber. „Sie müssen etwas Wichtiges ent-
deckt haben!" vermutete John Haick erregt. „Kommen Sie!" * Rex Corda wendete seinen Gleiter blitzschnell. Er stürzte sich mit ihm hinab, während er durch das Fenster auf die Kils feuerte. Doch diesmal half es nicht viel. Die Masse der Reptilien wälzte sich heran. Und sie kamen so schnell, daß sie von den Schockwellen nicht mehr aufgehalten wurden. Corda befahl den Rückzug. Die Diskusraumer rasten über die Ebene. Sie nahmen die letzten Nokis auf. Die unteren Schleusen der „Walter Beckett" schlossen sich dröhnend. Die terranischen Offiziere eilten im Sturmlauf zum Flaggschiff zurück. Corda raste hinter ihnen her. Er flog nur einen Meter über dem Boden. Immer wieder schoß er auf die ihm folgenden Kils. Er flog neben einem Offizier her. „Springen Sie auf, Mann! Schnell!" rief er. Der Offizier schnellte sich auf den Gleiter. Corda flog zum nächsten. Auch dieser sprang auf. Beide Männer schossen mit ihren Schockwaffen auf die heranrasenden Reptilien. Dahinter war jetzt schon deutlich die riesige Wellenfront zu erkennen, die in wenigen Minuten heran sein mußte. Die letzten Nokis eilten in die „Walter Beckett". Aufatmend bemerkte Corda, daß es keine Nokis mehr gab, die den Kils wehrlos ausgeliefert waren, Die Diskusraumer glitten über die Ebene. Die Traktorstrahlen packten die Offiziere, die auf die Kils feuerten. Ihr Kampf war sinnlos. Sie konnten sie nicht mehr aufhalten. Da Corda keinen Offizier mehr auf dem Boden erkennen konnte, flog er eine der oberen Schleusen an. Lautlos
glitt das Fahrzeug in das Innere der Schleuse. Die Offiziere sprangen herab und eilten zum Rand des Schotts zurück. Corda gesellte sich zu ihnen. Die letzten Diskusraumer schoben sich in die Schleusen. Die mächtigen Motoren der „Walter Beckett" brüllten auf. Überall schlossen sich die Schotten. Die Masse der Kils erreichte das Schiff. Die gewaltigen Reptilien schnellten sich wütend daran hoch. Doch sie konnten keinen Schaden anrichten. Hinter ihnen jagte das brüllende Meer heran, um das letzte Stückchen Land auf Noki III zu verschlingen. Dahinter konnte Corda auch die Bergkuppen nicht mehr sehen. Nur noch brodelnde, schäumende Gischt, die mit verheerender Wucht heranstob. Die „Walter Beckett" erhob sich langsam. Da klatschten die ersten Wellen gegen das Schiff. Sekunden später schäumte die Gischt über den Hantelraumer hinweg. Corda hieb den Hebel herunter, der die Schotten blitzschnell schließen ließ. Zwei brüllende schwarze Kils jagten sich überschlagend an der Schleuse vorbei. Zu spät. Die „Walter Beckett" schoß röhrend aus dem brodelnden Chaos heraus. Der Koloß erhob sich über die Wellen, doch er verließ die Atmosphäre des Planeten noch nicht. Rex Corda. der sich mühsam durch die Nokis drängte, erfuhr von Bekoval, daß sie noch den Diskus und den Transmitter aufnehmen mußten. Zehn Minuten nach dem Start erreichte Corda die Kommandobrücke. Die Männer schwiegen. Sie starrten auf die großen Holografen, die ihnen ein eindrucksvolles Bild der äußeren Ereignisse übermittelten. Noki III versank im Chaos. Neue Kontinente entstanden. Keiner der früheren Berge erhob sich
jetzt noch über das Wasser. Es würde lange dauern, bis die Nokis wieder auf ihre Welt zurückkehren würden. * Ralf Griffith. John Haick und Percip rannten an dem sandigen Ufer entlang hinter den Nokis her, die aufgeregt vor ihnen herliefen. Nach wenigen Minuten erreichten sie eine kleine Mulde mit felsigen Kanten. Sie war zum entstehenden See hin offen. Die Nokis blieben stehen. Sie zeigten mit ehrfürchtigen Gesichtern auf die glatte Felswand am Ende der Mulde. John Haick sah eine Öffnung im Fels. Sie war umgeben von fünf blau schimmernden, faustgroßen Höhlungen. „Ein Pentagramm!" rief Percip. Er sprang in die Mulde hinunter. John und Ralf folgten ihm sofort. Sie eilten hinter ihm her. Erst als sie in die Öffnung im Fels traten, verzögerten sich ihre Schritte. Ein schmaler Gang bog scharf nach rechts ab und dann gleich wieder nach links. Dahinter war Licht! Percip betrat die kleine Kammer als erster. „Die ,Zeitlosen'!" sagte er leise. „Es sind die gleichen Reliefs, die wir auch in dem anderen Pentagramm gesehen haben, in dem wir die Doppelkugel mit den Großen Gesetzen fanden." „Es ist jemand vor uns hier gewesen!" sagte Ralf Griffith. Er trat in eine kleine Nische hinein. Sie war etwas dunkler als der andere Teil der Kammer. Im Hintergrund erkannte Ralf die Umrisse einer kleinen Tür. Davor lag eine reglose Gestalt. „Ein Orathone!" rief John Haick überrascht. „Warten Sie!" sagte Percip. Er schob sich an Ralf Griffith vorbei und kniete neben dem Orathonen nieder. Der Fea-
therhead war tot. Irgendeine fürchterliche Gewalt hatte ihm das Genick gebrochen. Percip drehte den Orathonen auf den Rücken. Erschreckt sahen sie in das grauenhaft verzerrte Gesicht, das erbarmungslosen Haß auch noch im Tode ausstrahlte. Percips Finger glitten über die Aufschläge an der dunkelgrünen Uniform des Grünhäutigen. Er stieß einen leisen Pfiff aus. „Er gehört zu der von Sigam Agelon befehligten Einheit!" versetzte er trokken. Die drei Männer waren wie erstarrt. Niemand merkte, daß das Wasser in die Kammer floß und ihre Füße erreichte. „Sigam Agelon?" stammelte John Haick. „Sollte dieses Scheusal in diesem Raumabschnitt sein? Ich kann es mir kaum denken!" Sigam Agelon war der Oberbefehlshaber der Flotte gewesen, die im TerraSystem gegen die laktonische Flotte gekämpft hatte. Sigam Agelon, der der Sohn des höchsten Staatsführers der Orathonen war, hatte mit unmenschlicher Grausamkeit über die Erde geherrscht. Er war zum Todfeind Rex Cordas geworden. „Warum sollte Sigam Agelon nicht hier sein?" fragte Percip, der Laktone. Seine harten Lippen lächelten zornig. „Der Gefiederte hat häufig gegen die Großen Gesetze der ,Zeitlosen' verstoßen. Er ist ihrer Rache verfallen. Er hat sich auf Swamp, wo ursprünglich die Laktonen Experimente mit Terranern machten, eine Becon-Schale einsetzen lassen. Durch Becon ist Sigam Agelon genauso mächtig, so unbesiegbar geworden wie unser guter Freund Ralf hier!" Ralf Griffith lächelte kalt. „Was würden Sie sagen, John, wenn Sigam Agelon es sich in den Kopf gesetzt hat, die ,Zeitlosen' zu vernichten,
bevor sie ihn vernichten können?" fragte er. „Das wäre eine wahnwitzige Idee!" sagte Percip erregt. Ralf Griffith lächelte dünn. „Vergessen Sie nicht, Percip, daß Sigam Agelon tatsächlich wahnsinnig ist! Das ist es, was ihn so gefährlich macht! Ich glaube, daß er hier war! Ich glaube, daß er es war, der diese Kammer plünderte! Wir werden noch mit ihm zu tun haben!" „Wir müssen 'raus! Das Wasser kommt!" sagte John Haick, der sich sichtlich bemühte, beherrscht und kühl zu bleiben. Ein Schwall kalten Wassers schoß in die Kammer. Irgendwo hinter ihnen begann plötzlich etwas zu ticken. „Schnell — raus!" rief Ralf Griffith. „Wir können hier nichts mehr finden. Sigam Agelon hat die Kammer geplündert!" Sie eilten hastig hinaus. Das Wasser stieg schnell. „Es wäre durchaus möglich, daß es eine Sicherung in der Kammer gibt, die auf Wasser anspricht", vermutete Percip. „Das wäre doch sinnlos", erwiderte John Haick. „Auf diesem Planeten gibt es kein Wasser. Es hätte auch ohne uns kein Wasser gegeben." „Eben!" lächelte Percip. Doch niemand hörte ihn. Die dumpfe Explosion verschluckte seine Worte. * „Die „Walter Beckett" näherte sich dem vierten Planeten der Sonne NokiSom. Fan Kar Kont und lerra Kretan berichteten Rex Corda von ihrer Arbeit an der Sonne. In diesem Augenblick schaltete sich der Astronom Pater Bostik ein. Auf dem Holografen konnte Rex Corda sehen, daß es in der Station des Paters von
Nokis wimmelte. „Sir — die Sonne verhält sich anders, als vorausberechnet!" rief der Pater. „Bitte, schalten Sie um!" Corda beugte sich blitzschnell vor und richtete die Holografen auf die Sonne aus. Zunächst bemerkte er nichts Ungewöhnliches. Doch dann fiel ihm auf, daß immer wieder große Flammen aus der Sonne schossen. Es waren keine Eruptionen, wie er sie bei anderen Sonnen beobachtet hatte. Es sah ganz anders aus. Fan Kar Kont beugte sich über das Instrumentenpult. Aus verengten Augen beobachtete er die Vorgänge. „Das ist mir absolut unerklärlich!" sagte er. „Es sieht so aus, als ob eine gewaltige Kraft an der Sonne zerrte, um sie auseinanderzureißen! Aber das ist natürlich nicht möglich! Ich glaube ..." Er stockte. Ungläubig weiteten sich seine Augen. Eine gewaltige Glutzunge schoß aus der Sonne heraus. Sie löste sich von der Sonne. Dann zuckte ein Blitz von unfaßbarer Dimension quer durch das Sonnensystem. Der Blitz verlor sich in der Weite des Alls. Doch dann raste ein zweiter und ein dritter durch die Schwärze. Und plötzlich glitten rote Schatten über Noki-Som. Fan Kar Kont ließ die geballte Faust auf die Lehne von Cordas Stuhl herabsausen. „Das begreife, wer will — ich nicht!" stöhnte er zähneknirschend. Ierra Kretan legte ihm die Hand auf die Schulter. „Sie haben recht gehabt, Kont", sagte sie ruhig. „Es gibt eine Macht in diesem Raumbezirk, die der Sonne ihre Energie entzieht. Noki-Soms Verhalten hat keine natürlichen Ursachen!" Fan Kar Kont sah sie verblüfft an. „Und das sagen ausgerechnet Sie mir?" staunte er. „Wer soll es Ihnen sonst sagen?" lächelte sie.
Corda lachte. Fan Kar Konts Gesicht verdüsterte sich. „Ich möchte wissen, wer die Nokis auf dem Gewissen hat!" sagte er ernst. „Ich werde sie rächen!" Er sah Corda überrascht an. „Sie machen einen entspannten Eindruck!" stellte er fest. Corda nickte. „Jetzt wissen wir doch, daß wir das Problem lösen können, nicht wahr? Es wäre schön, wenn wir es schon geschafft hätten, aber es wäre unwahrscheinlich gewesen. Ich habe nie ganz daran geglaubt, daß hier alles mit rechten Dingen zugeht!" „Ich möchte den erwischen, der ein ganzes Sonnensystem zugrunde richtet" knirschte Fan Kar Kont. „Er muß schon einen verdammt guten Grund haben, damit ich ihm nicht den Hals umdrehe!" Die Nokis sangen. Ihre hellen Stimmen erfüllten die „Walter Beckett" mit Hoffnung und Optimismus. Es gab keine Panik. Die Nokis hatten eine Chance erhalten. Sie waren glücklich darüber. Sie ließen eine Welt im Chaos hinter sich zurück. Eine kalte, trockene Welt lag vor ihnen. Für sie gab es Hoffnung. Der Weg führte nach oben. „Sprechen Sie nicht vom Halsumdrehen, Kont, wenn die Nokis singen!"
sagte Corda schmunzelnd. „Freuen Sie sich mit uns, daß wir noch rechtzeitig kamen, um mehr als 470 000 Nokis das Leben zu retten. Schlimmer, viel schlimmer wäre es gewesen, wenn wir erst heute in diesem System eingetroffen wären!" Die „Walter Beckett" setzte zur Landung auf dem vierten Planeten an. Noki-Som war wieder erloschen. Die Anstrengungen Fan Kar Konts waren umsonst gewesen. Doch er war nicht deprimiert. „Wissen Sie, Corda", versetzte Fan Kar Kont. „Ich glaube, wenn wir die Leute ausschalten, die die Sonne anzapfen, dann flammt sie von selbst wieder auf!" „Wie kommen Sie darauf?" fragte Corda. Ein kleiner Nebenholograf schaltete sich ein. Kim Cordas sommersprossiges Gesicht lachte ihnen entgegen. „Ich habe ihn darauf gebracht, Rex!" strahlte Kim. „Ich habe Fan Kar Kont gesagt, wenn Holz im Ofen ist, dann muß er auch brennen, stimmt's? Und da die Sonne immer noch dick genug ist, müßte sie eigentlich auch brennen, stimmt's, Sir?" „So ungefähr!" lachte der Mann mit der braun und weiß gestreiften Haut. „So ungefähr stimmt es!"
ENDE
Gefahr durch Becon
Band 23
Die „Zeitlosen" warnten umsonst! Keine der beteiligten Parteien gibt die gefährlichen Versuche mit Becon auf. Wie befürchtet, hat die „Nadel" durch ihre Impulssendungen außerirdische Mächte auf das Geschehen auf der Erde aufmerksam gemacht. Die Orathonen erscheinen über Terra und reißen die „Nadel" an sich. Sie stehen unter dem Kommando von Sigam Agelon, dem Mann, der im Terra-System seine bitterste Niederlage einstecken mußte. Während Agelon in das Terra-System einbricht, gelingt es zehn „Veränderten", von der Erde zu flüchten. Und es ist durchaus kein Zufall, daß alle Parteien jetzt nach Swamp vorstoßen. Auf diesem Planeten ist Rex Corda mit 35 laktonischen Wissenschaftlern gestrandet. Er konnte diese Wissenschaftler aus ihrem goldenen Gefängnis Teckan befreien, doch hat er jetzt keine Möglichkeit mehr, sie zur Erde zu bringen. Das Raumschiff Rex Cordas, die „Corocon Ill", fällt den fremdartigen Bedingungen Swamps zum Opfer. Die Laktonen rüsten zum Aufbruch. Samar Tarkannt, der Terraner, der sich für einen 'hochgeborenen Laktonen' hält, kümmert sich nicht mehr um die „Corocon III". Er bricht auf, um das laktonische Reich an sich zu reißen. Es sieht so aus, als könnte die Lage für Rex Corda und seine Begleiter kaum noch aussichtsloser werden, als orathonische Raumschiffe über Swamp erscheinen und auch Cordas letzte Hoffnungen zunichte machen.
Der kosmische Verbrecher
Band 24
Tsati Mutara lebt! Tsati Mutara hat Rex Corda in seinem aufopfernden Kampf gegen die Orathonen entscheidend geholfen. Mutara hat eine unheimliche Fähigkeit: er kann Energie in sich aufnehmen und sie nach Belieben umformen! Mit dieser parapsychischen Waffe hat er die Orathonen geschlagen. Er durchbrach ihre gigantischen Schutzschirme und stürzte sich in einen Supertransmitter, um ihn zu vernichten. Der Transmitter brach zusammen. Tsati Mutara verschwand von der Erde. Rex Corda hörte nichts mehr von ihm. Tsati Mutara fiel in die Hände der Orathonen! Und sie erkannten seine phantastischen Fähigkeiten. Damit beginnt der Weg Mutaras durch die Hölle der orathonischen Verhöre. Sigam Agelon will alles wissen, denn er steht im Schatten einer unheimlichen Gefahr. Er weiß, daß es eine galaktische Ordnung gibt. Er weiß auch, daß es tödlich ist, gegen diese Ordnung zu verstoßen. Sigam Agelon hat es dennoch getan. Doch Sigam Agelon ist nicht bereit, sich dem Urteil zu unterwerfen, das in unbekannten Tiefen der Galaxis über ihn gefällt worden ist. Sigam Agelon empört sich gegen die galaktische Ordnung. Erwill sie zerschlagen, um zu überleben. Und dafür braucht er Tsati Mutara!