Satans Sohn
DÄMONENKILLER Die Söhne Satans von
Chet Warner »Old Bens Graveyard« liegt am äußersten Rande Londons - in ...
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DÄMONENKILLER Die Söhne Satans von
Chet Warner »Old Bens Graveyard« liegt am äußersten Rande Londons - in einer Umgebung, in der sich nur wenige Menschen niedergelassen haben, und in der man beinahe meinen möchte, schon auf dem Lande zu sein. »Old Bens« ist ein Friedhof, der bis heute, wir schreiben das Jahr 1980, in keinem Reiseführer erwähnt wird. Touristen und auch Einheimische hätten bis vor Kurzem ohnehin vor verschlossenen Türen gestanden. Das Gelände ist von einem drei Meter hohen Gitterzaun umgeben, dessen Eisenstäbe nach oben hin spitz zulaufen und dadurch einer Phalanx aus Speeren gleichen. Das Tor, an dem das Siegel der nicht mehr existierenden Familie Alkahest prangt, wurde vor noch nicht all zu langer Zeit aus den Angeln gerissen. Die kunstvoll gearbeiteten Torbögen hängen nun schief in den Angeln, halb geöffnet, so dass sie Old Bens nicht mehr vor ungebetenen Besuchern schützen können. Im Inneren unterteilen langgestreckte, hohe Hecken den Friedhof und geben ihm einen labyrinthartigen Charakter. Mächtige, breitgewachsene Kastanien verteilen sich über den düsteren Ort und machen ihn noch unübersichtlicher. Dabei ist es kein sehr großer Friedhof. Kaum mehr als dreihundert Tote haben hier ihre vermeintlich letzte Ruhe gefunden. Die meisten Grabstätten wirken pompös. Adelige von niedrigem Rang hatten versucht, sich zumindest im Tode eine gewisse Bedeutung zu verleihen. Doch die wuchtigen Gedenksteine verwahrlosen seit Jahren, Kletterpflanzen haben sie erobert. Die Blumenbeete sind verwildert, die Wege unter dem Laub vieler Herbste kaum noch auszumachen. Fast alle hier Bestatteten waren zu Lebzeiten im Bekanntenkreis des Count of Alkahest zu finden. Sie meinten, in ihm einen Freund und Gönner gefunden zu haben. Doch wer den alten Alkahest kannte, weiß, dass kaum ein Mensch seine Bekanntschaft lange überlebte. Und auch die Tatsache, dass der Count für seine zahlreich verstorbenen »Freunde« aus dem verarmten Adel einen pompösen Privatfriedhof, Old Bens Graveyard, anlegen ließ, hatte einen Grund: Er schuldete einem Mitglied seiner speziellen Familie einen Gefallen. Dieser »Verwandte« benötigte einen der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Platz, um sich ungestört einem ganz besonderen Vergnügen hinzugeben. Die Behörden ließen den Ort in Ruhe, bis sie vor einem Monat bemerkten, dass der Count of Alkahest seit einiger Zeit verschieden war. Es gab zwei potentielle Erben. Doch es stellte sich heraus, dass der eine, Neffe Demur, als verschollen galt, und der andere, Vetter Klingor, bei Unruhen auf Haiti ums Leben gekommen war. So fiel das Grundstück der Stadt London zu. Das durch Rost hoffnungslos festgefressene Tor wurde vor drei Wochen mit einem Schaufelbagger aufgerissen und Old Bens dem Friedhofsamt übergeben. Kurioserweise gab es, noch bevor die Behörde sich zu Aufräumarbeiten aufgerafft hatte, eine Beerdigung auf Old Bens. Im kleinen Kreise wurde eine Frau namens Sybille Foster beigesetzt, die im Alter von fünfzig Jahren bei einem Verkehrsunfall den Tod gefunden hatte. Testamentarisch hatte sie den Wunsch geäußert, neben ihrem Bruder Cedric Foster, der 1967 für seine Verdienste im Bereich der Wohltätigkeit in den Adelsstand befördert worden war, beerdigt zu werden. Da die Angehörigen keinen Einwand erhoben, entsprach die Behörde diesem Wunsch. An der Beerdigung nahm lediglich ein halbes Dutzend Trauergäste teil. Nach der Zeremonie hatten sie es eilig, diesen Ort, der so unheilvoll wirkte, zu verlassen. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (1 von 74) [16.06.2001 00:40:50]
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*** Fünf Tage später begaben sich im Morgengrauen drei Gestalten zu Sybille Fosters Grab. Zwei von ihnen waren hochgewachsen, sie maßen beinahe zwei Meter. Der Dritte dagegen, der mit einer Taschenlampe voranging, war höchstens hundertsechzig Zentimeter groß. London hatte einen sehr kalten Herbst hinter sich und erlebte nun einen lauen Winter. Langsam hellte es sich an diesem ersten Donnerstag im Januar auf, doch schien es nicht, als ob die dichten, dunklen Wolken bald vom Himmel verschwinden würden. Die ganze Nacht hindurch hatte es geregnet und am Tage würde es kaum anders sein. Zielstrebig liefen die Männer zwischen wuchtigen Skulpturen und Gedenksteinen, die in der Dämmerung auf eine besondere Weise düster und bedrohlich wirkten, hindurch. Das Laub raschelte unter ihren Schuhen. Schnell erreichten sie ihr Ziel. Der kleine, untersetzte Mann blieb mitten auf dem Weg stehen. Der Strahl seiner Taschenlampe fand nach kurzem Suchen das einzige frische Grab auf Old Bens. Als sei dies ein verabredetes Zeichen, trampelte einer der anderen Männer auf die Ruhestätte. Die Blumen und Kränze, die sich auf Sibylle Fosters Grab befanden, wurden achtlos beiseite geworfen. *** "Pause", sagte der große Mann. Er öffnete den Reißverschluss seines grauen Regenmantels, griff in die Tasche des darunter befindlichen Jacketts und zog eine Schachtel Players heraus. Anschließend holte er ein silbernes Feuerzeug hervor. Während er die Zigarette anzündete, beugte er den Kopf nach unten und schützte die Flamme mit den Händen. Es war nicht nur regnerisch, sondern auch windig in der englischen Hauptstadt. Der große Mann ließ Packung und Feuerzeug verschwinden, sog an der Zigarette, schloss den Mantel wieder und zog sich die Kapuze fester über den Kopf. Der Regen wurde stärker. "Ich mache nie Zigarettenpause - ich rauche überhaupt nicht!", sagte der kleine Mann mit der Taschenlampe. Er trug die Arbeitskleidung der städtischen Gartenarbeiter. Mit seinem pausbäckigen, bartlosen Milchgesicht wirkte er wie ein großer Junge. "Tatsächlich?" Der Große auf dem Grab blickte mit seinen unheimlichen Augen in eine andere Richtung. Nasse Strähnen dunkler Haare hingen dem Mittdreißiger in die Stirn. Ein Schnurrbart, der weit über die Mundwinkel reichte, zierte das markante Gesicht. Trotz des dunklen Teints zeichneten sich Schatten unter den Augen des Mannes ab - er wirkte erschöpft. "Ihr Freund da, der hat wohl immer Pause?" Der Gartenarbeiter leuchtete zu einem Grabstein auf der anderen Seite des Weges. Es handelte sich um einen grob gehauenen Marmorblock, rund zwei Meter lang und einen Meter hoch. Der Dritte im Bunde hatte sich darauf niedergelassen. Das rote Regencape der großen, dünnen Gestalt flatterte im Wind. Der Lichtstrahl der Taschenlampe erhellte ein feingeschnittenes Gesicht, das auch zu einer Frau hätte gehören können. Lockige blonde Haare ragten unter der Kapuze hervor. Die Augen des Sitzenden reflektierten das Licht auf unheimliche Art: die Iris leuchtete in einem grellen Gold, die Pupillen zogen sich zusammen und schienen den Mann mit der Taschenlampe durchbohren zu wollen. Der Mund des kleinen Gartenarbeiters klappte vor Schreck auf. Er machte einen Schritt nach hinten und richtete die Lampe wieder auf das Grab von Sybille Foster, auf dem noch immer der Schnauzbärtige stand. "Sie brauchen sich nicht zu fürchten, Tom!", sagte dieser. Der Regen hatte die Zigarettenglut des Rauchers gelöscht und die Kippe landete auf dem Boden. "Phillip ist etwas merkwürdig, aber sonst ein netter Kerl; er wird Ihnen nichts zu Leide tun." "Ich wollte Ihren Freund nicht blenden", antwortete Tom verunsichert und ließ die Hand mit der Lampe nach unten sinken. Seine Arbeitskleidung war dem Dauerregen nicht gewachsen und sog sich immer mehr mit Wasser voll. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (2 von 74) [16.06.2001 00:40:50]
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"Ich glaube, wir brauchen kein Licht mehr - es ist bald hell. Sie sollten sich irgendwo unterstellen!" "Klar, ich gehe in den Geräteschuppen. Soll ich vorher noch ‘was für Sie machen, Sir?" Tom schaltete die Lampe aus. "Ja, bringen Sie mir eine Schaufel! Und nennen Sie mich einfach Dorian!", antwortete der Mann. Er strengte sich an, freundlich zu sein, was ihm schwer fiel. Am Vorabend hatte er reichlich dem Alkohol zugesprochen und nun einen fürchterlichen Kater. "Ja, gerne, Mr. Hunter... äh, Dorian!", sagte Tom, während er hinter einer Hecke verschwand. Bald waren seine Schritte nicht mehr zu hören. *** Phillip saß immer noch auf dem Grabstein. Er murmelte etwas Unverständliches in Richtung Himmel, den er seit einigen Augenblicken forschend ansah. Dorian Hunter öffnete erneut den Reißverschluss seines Regenmantels. Statt Zigaretten holte er diesmal eine kleine, flache Flasche hervor. Sie enthielt eine hellbraune Flüssigkeit. Hunters Finger zitterten leicht, als er den Schraubverschluss aufdrehte. Der Inhalt des Fläschchens war eine spezielle Mischung, die er selbst zusammengestellt hatte. Das Zeug bestand zu je einem Drittel aus Zitronensaft, Kaffee und gutem, englischem Bourbon. Der Mittdreißiger setzte die Flasche an, trank sie in einem Zug leer und verzog für einen Moment das Gesicht. Mit dem Handrücken der Linken fuhr er sich über den Mund. Flasche und Verschluss landeten in einem nahen Gebüsch. Auf sein Spezialrezept konnte sich Hunter verlassen - bald würden Händezittern und Kopfschmerzen wie weggeblasen sein. Noch aber fühlte er sich leer und schlaff. Tief sog er die kühle Morgenluft ein, um schneller munter zu werden. *** Gestern früh, um halb sieben, war er als Passagier einer Super-One-Eleven der British-Airways in London-Heathrow gelandet. Dorian war aus Deutschland zurückgekehrt, wo er in Frankfurt der Beschwörungszeremonie eines okkulten Zirkels beigewohnt hatte. Die Magische Bruderschaft, eine Freimaurerloge der er angehörte, hatte das Ritual vorgenommen, um bei der Suche nach Coco Zamis weiterzukommen. Die Lebensgefährtin Dorian Hunters war seit Monaten spurlos verschwunden. Thomas Becker, Meister der weißen Magie und Leiter der deutschen Sektion der Bruderschaft, war es, der zu dem Ritual eingeladen hatte. Becker wollte in Frankfurt den Geist von Doktor Faust erscheinen lassen. Tatsächlich hatte sich der verstorbene Magister den Adepten für wenige Augenblicke gezeigt. Doch aus dem Wenigen, was er mitteilte, konnte keiner der Anwesenden so recht schlau werden. Enttäuscht und erschöpft war Dorian nach London zurückgekehrt. Nachdem er aus dem Flugzeug gestiegen war, hatte er in einem Restaurant im Flughafengebäude lustlos ein kleines Frühstück zu sich genommen. Danach brachte ihn ein Taxi zur Jugendstilvilla, die in der Baring-Road am südlichen Rande Londons lag. Kein Mensch begrüßte ihn, als er das Haus betrat. Statt dessen fand er auf dem Schreibtisch in seinem Zimmer mehrere Briefe vor. Neben unbezahlten Rechnungen war ein besonders unangenehmes Schreiben dabei: Ein Brief der First National Bank, die mitteilte, dass Dorian ab sofort keinen Zugang mehr zu Coco Zamis‘ Konto habe, da die Gültigkeit seiner Vollmacht seit einem Monat überfällig sei. Dorian, der nicht geahnt hatte, dass seine Vollmacht befristet gewesen war, fluchte vor sich hin. Cocos Vermögen war neben den Spenden von Jeff Parker die finanzielle Grundlage für den Kampf gegen die dunklen Mächte, den er seit Jahren führte. Auf seinem eigenen Konto befanden sich lediglich einige hundert Pfund - damit würde er nicht besonders weit kommen. Die vielen Reisen der letzten Zeit waren ins Geld gegangen, was sich jetzt unangenehm bemerkbar machte. Dorian legte den Brief beiseite. Er würde ihn morgen überprüfen lassen. Sein alter Freund und Hausgenosse Trevor Sullivan, der im Keller der Jugendstilvilla die kleine aber
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feine Presseagentur »Mystery Press« führte, würde sich sicher darum kümmern. *** Dorian hatte geduscht und sich dann hinunter ins Wohnzimmer begeben. Sein erster Weg führte ihn zur Hausbar. Er warf einige Eiswürfel in ein Longdrink-Glas und füllte es bis zum Rand mit Bourbon. Mit dem Glas in der Hand ging er zum Kamin. Sein Blick fiel auf einen aufgestellten Bilderrahmen mit einem Portrait von Coco Zamis. Seine Lebensgefährtin war eine außergewöhnlich schöne Frau. Die Hexe kämpfte an seiner Seite gegen die Dämonen, bis sie vor Monaten unter mysteriösen Umständen verschwand. Er nahm das Bild in die Hand. Cocos volle Lippen lächelten ihn an. Sie hatte grüne Augen, so wie er. Ihre schwarzen Haare reichten bis zu den Schultern, ihre hochliegenden Wangenknochen machten sie noch attraktiver. Unbewusst war er bis zum Fenster gelaufen. Er ließ das Bild sinken und schaute hinaus. In dem verwilderten Garten waren einige Laternen verteilt, die ein fahles Licht auf die Mauer, welche die Villa umgab, warfen. Im Garten waren mehrere magische Fallen aufgestellt, die Mauer war mit Dämonenbannern, skurrilen Zeichen und Bildern, bestückt. Keinem noch so mächtigem Mitglied der Schwarzen Familie war es möglich, auf das Grundstück oder in die Villa zu gelangen. Dorian dachte an seinen Sohn Martin, den er so selten sah. Der Junge war jetzt sieben Jahre alt und lebte an einem geheimen Ort. Aus Sicherheitsgründen gab es keine Fotografien von dem Kind. Niemand - außer wenigen Eingeweihten - durfte wissen, wie Martin aussah und wo er sich befand. Dorian ging zurück zum Kamin und stellte das Foto wieder ab. Wahrscheinlich würde Vergil Fenton, Martins Erzieher und Privatlehrer, sich bald in London melden. Auch er verfügte über eine Bankvollmacht, die ebenfalls abgelaufen sein dürfte. Vergil und Martin befanden sich im Ausland, so dass ihr Unterhalt allerhand Geld verschlang. Dorian Hunter, der Dämonenkiller, kniff die Lippen zusammen. Er hatte keine Vorstellung davon, wie es ohne Coco weitergehen sollte. Da er nicht mit ihr verheiratet war, besaß er kein Sorgerecht für das gemeinsame Kind. Doch er mochte nicht daran glauben, dass seine Gefährtin verschwunden bleiben würde. *** Von der Küche her drangen Geräusche ins Wohnzimmer. Er stellte das Glas ab und ging hinüber. Miss Pickford, die alte, streitlustige Haushälterin, stand am Herd und bereitete Rühreier zu. Als sie Hunter sah, rümpfte sie die Nase. "Morgen, Sir! Falls Sie Kaffee wollen, müssen Sie sich ihn selber holen! Sie wissen vielleicht, wie das geht." "Wofür werden Sie eigentlich bezahlt?", wagte er zu fragen, und schnappte sich eine große Keramiktasse aus einem Hängeschrank. "Wie Sie sehen, bereite ich Phillips Frühstück vor", sagte sie ohne aufzublicken. Ihr schlohweißes Haar stand wirr vom Kopf - sie hatte sich bei der Morgentoilette nicht die Mühe gemacht, es zu bändigen. Miss Pickford trug wieder einmal ihr rotes Lieblingskleid, das sie in der Küche mit einer grauen Schürze zu schützen pflegte. Dorian füllte seine Tasse halb mit Kaffee, halb mit Milch, dann setzte er sich an den Küchentisch. Während er trank überlegte er, womit er die Pickford zur Weißglut bringen könnte. Die Pendeltür wurde aufgestoßen und Trevor Sullivan trat ein. Der Sechzigjährige mit dem Geiergesicht blickte sich in der Küche um. "Guten Morgen, Martha! Einen Tee bitte, mit viel Milch und Zucker!" "Gerne, Sir! Wird sofort erledigt!" Miss Pickford nahm die Rühreier von der Flamme, um Sullivans Wunsch umgehend erfüllen zu können. Dorian erhob sich, um Sullivan zu begrüßen. "Bleib sitzen, sonst fällst du noch um, blass wie du bist!" Trevor lächelte. Er war ein kleiner, hagerer
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Mann. Während er sich setzte, reichte er seinem Freund die Hand. "Ich brauche mindesten zwei weitere Tassen Kaffee, um munter zu werden", sagte Dorian. "Dann werde ich dir berichten, was sich in Deutschland zugetragen hat." "Ich habe bereits mit Frankfurt telefoniert. Thomas Becker sagte, dass sich Faustus zwar materialisierte, aber nichts von sich gab, was auf Anhieb verständlich gewesen wäre." Dorian nickte. "Er sagte kein Wort über Coco, sondern sprach statt dessen von einem mächtigen, neuen Gegner. Faustus wirkte sehr besorgt." "Etwas Genaues über diesen neuen Gegner hat er nicht gesagt?" Hunter schüttelte den Kopf. "Faustus konnte sich nicht lange in den Räumen der Magischen Bruderschaft manifestieren. »Der Böse kann nur von seinesgleichen getötet werden«, waren seine Worte, bevor er sich verflüchtigte." Sullivan lehnte sich zurück, Miss Pickford servierte ihm den Tee. "Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mr. Sullivan?" Die Frage klang betont freundlich. Trevor schüttelte den Kopf. Dorian blickte die Haushälterin spöttisch an. "Denken Sie noch an Phillip? Er wartet verzweifelt auf die Rühreier!" "Das lassen Sie meine Sorge sein, Mr. Hunter!" Ihre grauen Augen blickten kampfeslustig. "Aber ich werde Ihnen etwas verraten: Phillip möchte nicht nur Rühreier, sondern auch Pfannkuchen zum Frühstück." Als sie wieder zum Herd ging, schüttelte Dorian mitleidig den Kopf. Phillip hatte sicherlich weder das eine noch das andere bei der Pickford bestellt. Er war ein merkwürdiges Lebewesen, das zwischen verschiedenen Dimensionen zu existieren schien. Phillip wirkte völlig weltfremd und sprach meistens in Rätseln. Trevor Sullivan war aufgestanden und betrachtete die Anrichte. Schließlich nahm er sich zwei Toastscheiben aus dem Brotkorb, schnitt nach englischer Manier die Krusten ab, bestrich sie mit Butter und Konfitüre und setzte sich wieder. "Ich möchte dich um einen Gefallen bitten", sagte er. "Roger Powell rief mich vor zwei Tagen an. Die Polizei hat den Secret Service in einer seltsamen Angelegenheit um Hilfe gebeten. Powell glaubt, dass uns die Angelegenheit interessieren könnte." Trevor Sullivan machte eine Pause, als er in sein Sandwich biss. Er spülte den Happen mit einem Schluck Tee hinunter. "Ein junger Mann namens Tom Peters war es, der die Polizei anrief", fuhr er fort. "Im Rahmen eines staatlichen Arbeitsprogramms ist er seit zwei Wochen damit beschäftigt, einen verwilderten Friedhof aufzuräumen - dabei machte er eine Entdeckung." Miss Pickfords Arbeitstempo verlangsamte sich immer mehr. Mit größter Mühe kratzte sie den Teig für einen sechsten Pfannkuchen zusammen. Die Haushälterin wollte Zeit gewinnen, um das Gespräch der Männer weiter belauschen zu können. "Was also hat Tom Peters auf dem Friedhof gesehen?" Dorian fragte aus Höflichkeit, denn er glaubte nicht, dass Trevor etwas von Belang berichten würde. "Der Junge ist ein wenig unterbelichtet. Seine Schilderung klang in den Ohren der Polizei daher wie ein Phantasieprodukt. Nur einer der Beamten, der schon einmal mit den Dämonen zu tun gehabt hatte, glaubte ihm. Er war es auch, der den Secret Service um Hilfe bat. Bei der Arbeit war Tom Peters aufgefallen, dass fast alle Grabstätten eingesunken sind. Außerdem ist an vielen Gräbern die Erde aufgewühlt. Martha, ist Ihnen etwas angebrannt?" Miss Pickford grummelte etwas Unverständliches. Sie nahm einen ungenießbar gewordenen Pfannkuchen vom Herd und warf ihn in den Mülleimer. "Meinen Sie nicht, dass Sie Phillip endlich das Frühstück servieren sollten?", fragte Dorian. Die Haushälterin antwortete nicht. Sie begann gemütlich damit, Geschirr auf ein Tablett zu stellen. Trevor Sullivan erzählte weiter. "Tom Peters beobachtete in den Morgenstunden mehrmals eine file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (5 von 74) [16.06.2001 00:40:50]
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merkwürdige Kreatur, die sich zwischen den Grabsteinen herumtrieb. Er beschrieb sie als knapp einen Meter groß, von der Farbe her schmutzig-weiß. Ihre Augen sollen leuchten. Immer, wenn dieses Wesen merkt, dass es beobachtet wird, verschwindet es in tunnelartigen Bauten, die sich über den ganzen Friedhof verteilen." Ein kurzer, spitzer Schrei der Pickford ließ die Männer zusammenzucken. "Es ist ein Ghoul!", rief sie aufgeregt. "Was Sie beschreiben, Mr. Sullivan, ist ein Leichenfresser!" Dorian schaute verdutzt. "Ihre hysterischen Ausfälle nützen uns wenig, Martha! Würden Sie sich jetzt bitte um Phillip kümmern, damit Trevor und ich in Ruhe reden können?" Die grauen Augen der Pickford funkelten für den Bruchteil einer Sekunde. Dann komplettierte sie rasch das Tablett und verließ erhobenen Hauptes die Küche. Die Pendeltür schwang hinter ihr zu. Dorian atmete erleichtert aus. "Trevor, ich könnte behaupten, dass das, was du mir erzählt hast, unglaubwürdig ist. Wie du selber sagtest, ist dieser Tom Peters etwas unterbelichtet. Allerdings muss das nicht heißen, dass seine Geschichte erfunden ist. Wenn wir seine Angaben prüfen, würden wir uns nicht viel dabei vergeben außer ein wenig Zeit und Mühe." Trevor lächelte. "Freut mich, dass wir die Sache ähnlich sehen. Schauen wir uns den Friedhof heute an?" "Nein. Ich jedenfalls schaue mir diesen Friedhof überhaupt nicht an", sagte Dorian. *** Trevors Gesicht wurde puterrot. "Willst du mich auf den Arm nehmen? Du sagtest doch...." "Der Witz an der Sache ist, dass die gute Martha recht hat", unterbrach Dorian. "Alles deutet darauf hin, dass sich ein Leichenfresser, ein Ghoul, auf Tom Peters‘ Friedhof schadlos hält." "Was hindert dich also daran, der Sache auf den Grund zu gehen?" Trevor schaute verständnislos. "Verstehst du denn nicht? Coco ist seit Monaten verschwunden! Genauso lange habe ich auch meinen Sohn nicht mehr gesehen. Ich rase durch die Weltgeschichte und komme doch nicht vorwärts. Vielleicht sieht man es mir nicht an, aber ich weiß mir keinen Rat mehr. Alle meine Freunde, selbst Phillip und Faustus, können mir nicht helfen. Soll ich nun meine Zeit damit vergeuden, einen Leichenfresser, den es vielleicht nicht gibt, zu suchen?" Dorian stand auf und machte eine abweisende Handbewegung. "Selbst wenn auf dem Friedhof ein Ghoul sein Unwesen treibt - was macht das schon? Glaubst du, die Toten interessiert es, ob sie von Würmern oder Dämonen gefressen werden?" "Du bist sarkastisch und zynisch", sagte Trevor und presste die schmalen Lippen zusammen. "Dir mag das so vorkommen", erwiderte Dorian, "aber für mich sind das realistische Erwägungen. Ich muss meine Zeit für wichtigere Dinge einsetzen." "Meinst du, dass die Zeit, in der du betrunken bist, jemanden nützt?" "Mir nützt sie! Manchmal ist ein Rausch gerade das, was ich brauche." "Das ist deine Sache. Ich wollte dir nichts vorwerfen." Trevor machte eine beschwichtigende Handbewegung. "Ich möchte etwas erzählen, das dich interessieren dürfte." "Nun?" "Der Friedhof, um den es geht, war vormals Privatbesitz. Er gehörte dem Count of Alkahest - ein Dämon, dem du schon begegnet bist!" Dorian schaute überrascht. "Ja, vor einigen Jahren, als ich süchtig nach Theriak war", sagte er dann. Er wirkte auf einmal sehr ruhig und nachdenklich. Der alte Alkahest hatte diese magische Droge in seinem Labor hergestellt.. Theriak war in seiner Wirkung mit keinem anderen Rauschgift zu vergleichen und existierte in unzähligen Variationen. Es gab nichts, was Dorian damals nicht getan hätte, um an das verdammte Zeug zu kommen.
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"Sogar eine unschuldige Frau habe ich an den Count ausgeliefert", murmelte er. "Ich wusste, dass dieser verfluchte Dämon sie töten würde, doch mich interessierte nur das Rauschgift." "Du warst nicht du selbst. Die Droge hat dich willenlos gemacht - niemand kann dem Theriak widerstehen!" Dorian schüttelte den Kopf. "Ich hätte stärker sein müssen als das Teufelszeug. Aber der Count und sein elendiger Handlanger Demur hatten aus mir eine Marionette gemacht." Trevor legte die Hand auf Dorians Schulter. "Es gab nur eines, das stärker als die Droge war: Das Gegenmittel, das Coco entwickelte und das dich gerettet hat. Lass die Selbstvorwürfe! Wer kann erwarten, sich mit der Schwarzen Familie anzulegen und dabei ohne Schrammen davonzukommen?" Dorians Blick wurde glasig. "Ohne Schrammen? Ein unbeteiligter Mensch ist durch meine Gier ums Leben gekommen!" "Der Count of Alkahest und sein verfluchter Neffe Demur hatten dich reingelegt. Sie haben die Frau auf den Gewissen! Die Beiden sind tot, sie haben ihr verdientes Ende gefunden. Du hast es den Dämonen der Schwarzen Familie heimgezahlt. Wie viele Menschen hast du seit damals gerettet?" "Das macht die Frau, die ich ans Messer lieferte, nicht wieder lebendig." Dorian erhob sich endgültig. "Aber vielleicht hast du recht: Mein Selbstmitleid nützt weder mir noch anderen. Ich werde mir den Friedhof anschauen!" "Schön." Trevor erhob sich ebenfalls. "Da gibt es noch etwas, was du wissen musst: Auf dem Friedhof gibt es das Grab einer gewissen Sybille Foster, es ist noch halbwegs frisch. Wenn sich ein Ghoul an ihrer Leiche zu schaffen gemacht hat, ließe es sich also relativ einfach nachweisen..." "Du willst die Tote exhumieren?", fragte Dorian entgeistert. Trevor nickte. "Roger Powell bekam die Graböffnung weder beim Secret Service noch bei der Polizei durch. Er kann aber die Hand über uns halten, wenn wir es machen." Dorian seufzte. "Aber heute wird es nichts mehr - ich habe noch allerhand zu erledigen. Larry Brooker wird im Laufe des Tages vorbeikommen, um mir ein paar seiner Neuigkeiten vorzuführen. Falls das Geld reicht, möchte ich unsere speziellen Vorräte auffrischen." "Auf dem Geschäftskonto der Mystery Press sieht es ganz gut aus. Ich werde einen Blankoscheck ausstellen, damit du bei Brooker die notwendigen Einkäufe tätigen kannst." Trevor Sullivan kannte Larry Brooker nur zu gut. Ein skrupelloser Waffenhändler, der gegen entsprechende Bezahlung beinahe alles lieferte - außer militärisches Großgerät. Das Besondere war, dass er auch die Waffen besorgen konnte, die Dorian Hunter unbedingt für den Kampf gegen die Schwarze Familie benötigte. "Gut. Und morgen graben wir Sybille Foster aus!", versprach Dorian. *** Larry Brooker, ein unscheinbarer Mann mittleren Alters, erschien gegen vierzehn Uhr mit zwei riesigen Vollplastikkoffern vor dem gusseisernen Tor der Jugendstilvilla. Dorian, der zuvor ein wenig geschlafen und dann geduscht hatte, öffnete ihm. Die Beiden gingen ohne Umschweife in eines der Gästezimmer im Obergeschoss. Brooker behielt seinen Mantel an. Er legte die Koffer aufs Bett, öffnete die Schlösser und klappte sie auf. "Voila!", sagte er stolz und zeigte auf seine Ware. Dorian hatte allerhand erwartet und blickte jetzt enttäuscht. Brooker führte in seinem Sortiment zwar neue konventionelle Waffen - aber zur Bekämpfung der Dämonen hatte er auf den ersten Blick nichts Aufregendes zu bieten. Dorian beäugte alles genau, nahm sich aber nur eine Schachtel mit Silberkugeln für seine Umarex Python heraus. "Sonst nichts?", fragte Brooker unzufrieden. Er war quer durch die Stadt gefahren, um mit Hunter Geschäfte zu machen. Nun nahm ihm der Mann kaum etwas ab. Der Verkauf von Patronen, wenn es auch Silberpatronen waren, brachte nicht viel ein. Brooker griff selbst in einen der Koffer und zog einen Metallzylinder hervor.
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"Wissen Sie, was das ist, Mr. Hunter?" Ein Schulterzucken war die Antwort. "Dieses Ding enthält ein Geschoss, das sich nach zwei Sekunden löst, sobald man diese Kappe abgezogen hat." Brooker tippte gegen ein Ende des Zylinders. "Innerhalb von fünf Metern dringt der abgeschossene Bolzen in jedes Lebewesen ein - egal ob Mensch, Tier oder Dämon. Nach weiteren zwei Sekunden explodiert das Geschoss im Inneren des Körpers. Tödliche Wirkung garantiert!" "Was ist in dem Bolzen?" "Eine hochexplosive Mischung: eine chemische Verbindung auf Phosphorbasis!" Dorian nahm dem Waffenhändler den Zylinder aus der Hand. Er betrachtete den Gegenstand kritisch. "Ich habe bereits eine Pistole, die Pyrophor-Kugeln abfeuern kann." "Diese Zylinder lassen sich leicht transportieren und verstecken. Außerdem ist die Explosionskraft enorm - und das bei minimalem Rückschlag." "Was kostet der Spaß?" "Zwanzig Pfund pro Zylinder. Eine Investition, die sich lohnt: Mit diesen Dingern werden Sie einige Monster in die Hölle zurückschicken, aus der sie gekrochen kamen!", antwortete Brooker. Der Waffenhändler wusste um die Dämonen der Schwarzen Familie. Die Bolzen waren nicht gerade billig, aber Dorian hielt sie für recht zweckmäßig. Er kaufte zehn Stück. Das Vorführexemplar konnte er gleich behalten, die anderen wollte Brooker mit einem Boten schicken. "Und was ist das?" Dorian hatte doch noch etwas entdeckt: eine kleine, sehr flache Schatulle, die an einer Stretchbandlasche hing. Auf der bronzefarbenen Metallhülle war ein verschlungenes Symbol eingraviert, einer Möbiusschleife nicht unähnlich. "Sehen Sie!" Brooker holte den Gegenstand heraus und legte ihn mit Hilfe des Stretchbandes wie ein Armband um das rechte Handgelenk. Die Metallschatulle lag über dem Puls des Waffenhändlers. "Hübscher Schmuck", meinte Dorian. "Nicht nur das! Stellen Sie sich vor, ein Werwolf springt Sie an! Dann machen Sie einfach so!" Brooker hob blitzschnell den rechten Arm, bog die Hand nach hinten und schlug mit der Linken kräftig gegen die Metallschatulle. Sofort schoss eine schmale Klinge hervor. "Reines Silber!" Brooker lächelte. "Einmal zustechen, und das Vieh ist hin." "Nicht schlecht", gab Dorian zu. "Hauptsache, der Mechanismus löst sich nicht von allein. Dann hätte man einen Finger weniger." "Keine Sorge, Sir! Es bedarf schon eines sehr kräftigen, gezielten Schlages, um die Klinge hervorzuzaubern. Das ist Qualität aus der Schweiz. Sie wissen, dass ich nur einwandfreie Ware verkaufe." "Lässt sich nicht leugnen. Welche Bedeutung hat das Symbol?" Brooker nahm die Metallschatulle vom Arm und streichelte über die Gravur. "Darauf bin ich besonders stolz. Es handelt sich um eine Art Tarnkappe. Mit schwarzer Magie lässt sich diese Waffe nicht aufspüren - auch kann der Mechanismus nicht durch dämonische Einwirkung blockiert werden. Die Gravur ist während eines geheimen Rituals aufgetragen worden. Die Wirkung lässt sich also nicht einfach kopieren." Er grinste spitzbübisch, da er wusste, dass Hunters Interesse geweckt war. "Sie werden mir nicht verraten, woher dieses Symbol stammt?", fragte Dorian vorsichtig. Er hatte längst angebissen. Brooker schüttelte mit dem Kopf. "Keine Chance, Sir! Geschäftsgeheimnis!" "Und der Preis?" "Einhundertfünfzig Pfund. Eine Ausgabe, die Sie nicht bereuen werden. Die Mechanik ist makellos. Falls der magische Schutz nicht funktioniert, nehme ich das Ding sofort zurück." Hunter rechnete im Kopf die Kosten für Patronen, Bolzen und Metallschatulle zusammen. Er hoffte, dass Trevor keinen Herzinfarkt bekommen würde und schrieb den Scheck aus. Währenddessen packte file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (8 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Larry Brooker seine Utensilien wieder zusammen. "Die Silberkugeln sind im Preis gleichgeblieben, Mr. Hunter. Und das, obwohl jede Kugel von Hand gefertigt ist." Er nahm den Scheck entgegen und steckte ihn, ohne das Papier eines Blickes zu würdigen, in die Manteltasche. Der Waffenhändler nahm seine Koffer. "Sie wissen ja, dass wir die Silberkugeln nach Gebrauch für eine angemessene Summe zurückkaufen. Wenn Sie ein Familienmitglied erledigen, scheuen Sie sich also nicht, die Kugel aus ihm herauszuholen!" Dorian nickte, war im Gedanken aber woanders. "Auf Wiedersehen, Mr. Brooker!" "Wiedersehen, Sir! Überleben Sie!" Die letzten Worte meinte Brooker ernst. Er war ein profitgieriger, skrupelloser Waffenhändler, aber vor Dorian Hunter und dessen Kampf gegen die Schwarze Familie hatte er Respekt. *** Der weitere Nachmittag in der Jugendstilvilla verlief ohne besondere Ereignisse. Trevor Sullivan war mit Miss Pickford und Phillip zum Einkauf in die Innenstadt gefahren. Dorian war allein. Er ging den Garten ab, um die magischen Fallen auf dem Grundstück und die Dämonenbanner an der Mauer zu überprüfen. Nachdem er sich auch davon überzeugt hatte, dass die neue Alarmanlage - die Henson‘s Security Service vor sechs Wochen eingebaut hatte - in Ordnung war, ging er zurück ins Haus. Im Hobbyraum, den er im Keller neben dem Mystery-Press-Büro eingerichtet hatte, trainierte er eine Stunde lang an verschiedenen Fitnessgeräten. Anschließend machte er sich in der Küche einige Sandwiches, die er zusammen mit einer Flasche Bourbon auf sein Zimmer nahm. Dorian saß an einem kleinen, runden Tisch und war gerade mit dem Essen fertig, als es an der Tür klopfte. Trevor war es, der seinen Kopf ins Zimmer streckte. "Was gibt es?", fragte Dorian. "Gute Nachrichten, wie ich meine", antwortete Trevor und trat ein. "Die kann ich gebrauchen. Trinkst du einen Bourbon mit?" Dorian war bereits angeheitert und gut gelaunt. "Nein, danke!" Trevor nahm den zweiten Stuhl und seufzte, als er sich setzte. Es gefiel ihm nicht, seinen Freund wieder einmal Trinken zu sehen. "Roger Powell hat mich vorhin angerufen. Die Polizei und das Friedhofsamt sind damit einverstanden, dass wir auf Old Bens Graveyard ermitteln. Tom Peters tritt für gewöhnlich um sechs Uhr morgens seinen Dienst an. Ich habe ihm ausrichten lassen, dass wir ihn im Laufe des Vormittags besuchen." "Arbeitet der arme Kerl etwa allein dort?", erkundigte sich Dorian. "Tja, die Sparmaßnahmen unserer Premierministerin! Nur ab und zu schaut ein Vorarbeiter vorbei, aber im großen und ganzen muss Peters ohne Hilfe zurechtkommen. Der Friedhof ist sehr klein, und das Amt ist wohl der Ansicht, eine Person würde ausreichen, um ihn in Ordnung zu halten. Ist es dir recht, wenn wir uns um neun Uhr auf den Weg machen?" Dorian war einverstanden und Trevor verabschiedete sich. Die Flasche Bourbon wurde in dieser Nacht noch leer. *** Er hätte den Whisky in Ruhe lassen sollen, denn er erwachte in aller Frühe mit einem fürchterlichen Kater. Gähnend stand er auf. Auf dem Weg zur Toilette begegnete ihm Phillip. Der schlanke, blonde Mann war komplett angezogen. Er hatte sogar seinen Regenmantel übergestreift. "Was hast du denn vor?", fragte Dorian überrascht. "Tote Erde, tote Menschen. Ihr sucht am rechten Ort", flüsterte Phillip. "Was?" Dorian blinzelte verschlafen. "Dort, wo tote Menschen liegen, befindet sich der Einlass." Phillip sprach noch leiser, wie zu sich
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selbst. "Heute noch werde ich das Tor öffnen." "Redest du von dem Friedhof, über den ich mich gestern mit Trevor unterhielt?" Phillip antwortete mit einem Kopfnicken. "Was befindet sich dort für ein Tor?", fragte Dorian weiter. Statt zu antworten, ging Phillip zur Treppe. Offensichtlich wollte er zum Ausgang hinunter. Dorian überwand seine Müdigkeit, sprang hinterher und packte den Blonden am Ärmel. "Warte! Du kannst gerne mit Trevor und mir mitkommen. Aber es ist erst fünf Uhr. Gib uns noch ein wenig Zeit!" "Eile tut not! Nur der Jäger und ich - jetzt!" Phillip sprach in zwingendem Ton. Mit »Jäger« meinte er Dorian Hunter. Es wäre unklug gewesen, zu widersprechen. Auch wenn Phillip einen unbedarften Eindruck machte, hatte alles, was er von sich gab, Hand und Fuß. Um sich auszudrücken benutzte er Zeichen oder sprach in Orakeln. Mit seinen langem, blondgelockten Haar, den femininen Gesichtszügen und den goldenen Augen wirkte er mitunter wie ein Engel. Doch die, die ihn kannten, wussten, dass er weder Engel, Mensch noch Dämon war. Phillip verfügte über erstaunliche seherische und magische Fähigkeiten. "OK - nur wir beide, und sofort. Ich habe verstanden", sagte Dorian. "Trevor erzählte von einem jungen Mann namens Tom Peters. Er fängt um sechs Uhr auf dem Friedhof an. Wollen wir ihn treffen, damit er uns alles zeigt?" Phillip nickte wieder. Ruhig ging der große blonde Mann zur Haustür hinunter und wartete dort. Dorian verschwand derweil im Badezimmer, tauchte aber schnell wieder auf, um sich in seinem Zimmer anzuziehen. Er steckte seine sechsschüssige Umarex Python, einige Dämonenbanner und Brookers Pyrophorgeschoss ein. Außerdem streifte er sich die Metallschatulle um das Handgelenk. Er legte Trevor eine kurze Nachricht vor die Zimmertür und ging in die Halle, wo Phillip bereits auf ihn wartete. "Von mir aus kann es losgehen", sagte Dorian, während er sich seinen Regenmantel von der Garderobe nahm. Mit dem sportlichen Rover, seit einiger Zeit der Hauswagen des Dämonenkiller-Teams, machten sie sich auf den Weg. *** Nun stand Hunter mit einem immer noch nicht verschwundenen Kater auf Sybille Fosters Grab. Da Phillip noch keine neuen Hinweise gegeben hatte, wollte er zunächst den ursprünglichen Plan verfolgen. Er würde den Sarg öffnen und nachsehen, ob sich ein Ghoul an dem Leichnam zu schaffen gemacht hatte. Trotz seiner Erfahrungen und mit dem Übersinnlichen gruselte sich Dorian an diesem unheimlichen Platz. Auch ekelte er sich davor, eine verwesende Leiche auszugraben. Andererseits war er gut bewaffnet, und in Phillips Nähe war ein Angriff schwarzmagischer Wesen so gut wie ausgeschlossen. Was die Exhumierung betraf, da musste er durch. Tom Peters, der eine Schaufel holen wollte, war bereits zehn Minuten fort. Dorian hatte sich erneut eine Zigarette angezündet, aber Wind und Regen hatten ihm wieder nur einige Züge gegönnt. Peters tauchte nicht auf, und er machte sich langsam Sorgen um den geistig zurückgebliebenen Mann. Phillip saß noch auf dem Grabstein, er hatte die Augen geschlossen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine blass-roten Lippen. "Phillip, ich möchte kurz schauen, was unser junger Freund macht. Bleibst du hier, während ich nachsehe?", fragte Hunter. Der Blonde richtete seinen Blick auf Dorian und begann eine merkwürdige, fremdartige Melodie zu summen. "Hörst du? Ich will Tom suchen! Du kannst bleiben oder mitkommen!" Hunters Tonfall verriet Ungeduld. Der Regen war schwächer geworden und der Himmel klarte auf. Phillip schaute nach oben, während er den Verschluss seiner Kapuze öffnete.
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Er zog die Kopfbedeckung herunter und schüttelte sein volles, blondes Haar. "Ich bin hier", stellte er fest, und fuhr wieder damit fort, seine seltsame Melodie zu summen. "Dann bleib auch da!", verlangte Dorian. Er warf Phillip einen letzten Blick zu, bevor er sich auf die Suche machte. Auch jetzt, nachdem es heller geworden war, blieb Old Bens ein unheimlicher Ort. Windböen fegten über den Friedhof und wirbelten das nasse Laub auf. Widerwillig hoben die rostbraunen Blätter ab, um sich sogleich wieder an den Boden zu heften. Die verwinkelten Wege, hohen Hecken und Büsche, die großen Grabsteine und vielen Skulpturen machten den Ort düster und unübersichtlich. Dorian behielt jedoch die Orientierung. Schnell erreichte er den Hauptweg. Etwa zwanzig Meter von ihm entfernt lag die gewaltigste Grabstätte auf Old Bens: Das Mausoleum der Familie Twinham. Das gut fünf Meter hohe Totenhaus war im griechischen Stil gehalten. Über dem torlosen Eingang prangte ein bogenförmiger, von steinernen Lorbeerkränzen eingerahmter Schriftzug. Nach jahrelanger Einwirkung von Wind und Regen war die Inschrift nicht mehr zu entziffern. Die kleine Halle des Mausoleums lag hinter einem Vorhang aus Schlingpflanzen. Diese Lianengewächse, die vom Kuppeldach aus zum Boden hin wuchsen, waren auch jetzt im Winter noch grün. Träge schaukelten sie im Wind. Dorian war herangekommen und stand dicht vor der pompösen Ruhestätte. Er blickte an den Schlingpflanzen vorbei in die Halle. Im Dämmerlicht ließen sich die schemenhaften Umrisse einer lebensgroßen Skulptur erkennen. Lord Twinham war es wohl, der dort dargestellt war. Hinter dieser Steinfigur zeichnete sich das Geländer einer Treppe ab - zweifellos der Zugang zur unterirdischen Leichenkammer. Dorian stellte sich vor, dass es keine Skulptur war, die wenige Meter vor ihm stand, sondern der vermoderte Lord Twinham selbst. Gerade erst seiner finsteren, feuchten Gruft entstiegen stand der Leichnam regungslos in der Halle seines Mausoleums und lauerte darauf, sich auf ihn zu stürzen. Er würde ihn in die Grabkammer hinunter zerren, wo die verweste Sippschaft Twinhams bereits gierig darauf wartete, über einen Lebenden herzufallen. Mit lüsternen Stöhnen würden die stinkenden Toten, allen voran der mumifizierte Lord selbst, ihre Krallen in sein Fleisch schlagen und ihn zerreißen. "Stirb Dämonenkiller!" Er konnte das Geschrei der Untoten beinahe hören. "Unsinn!", schalt er sich und drängte die grausige Vorstellung aus seinem Bewusstsein. Trotzdem griff er in die Tasche seines Regenmantels und berührte die gnostischen Gemmen, die er mitgenommen hatte. Es beruhigte ihn, diese wirksamen Dämonenbanner bei sich zu wissen. Entschlossen ging er auf das Mausoleum zu, stieg die drei Stufen zum Eingang hinauf, schob die Schlingpflanzen beiseite und sah sich um. Es stand natürlich kein Untoter in der Halle, sondern wirklich eine Skulptur, die den alten Twinham darstellte. Die Arme der Plastik waren verschränkt, das Haupt stolz erhoben. Die Halle war ein knapp zwanzig Quadratmeter großes Oval. Die drei Meter hohen Wände schimmerten in einem unangenehmen Gelb. Überall lagen Laub und heruntergefallener Putz auf dem Boden. Im hinteren Bereich befand sich das Skelett einer verendeten Katze. Dorians Schritte hallten unheimlich, als er das Mausoleum betrat. Er holte seine Stiftlampe hervor, um eine bessere Sicht auf den Abstieg zur Gruft zu haben, trat an das Geländer und leuchtete die schmalen Stufen entlang. In zwei Meter Tiefe endeten sie an einer massiven Eisengittertür. Sie war angelehnt, das dazugehörige Vorhängeschloss lag auf der untersten Stufe - aufgebrochen! Er verzichtete darauf, der Sache nachzugehen, denn er glaubte nicht, dass es mit dem aufgebrochenen Schloss eine besondere Bewandtnis hatte. Wenn jemand aus der Gruft etwas Wertvolles gestohlen hatte, so ging ihn das nichts an. Er konnte sich allerdings nicht vorstellen, dass im Twinham-Grab Schätze gehortet worden waren. Hunter tippte eher auf einen Stadtstreicher. Es gab immer wieder alkoholisierte Obdachlose, denen es vor gar nichts grauste, und für die eine Gruft eine akzeptable Übernachtungsstätte war. Er steckte die Lampe wieder in die Tasche. Tom Peters! Beinahe hätte er vergessen, nach dem jungen Friedhofsarbeiter zu schauen. Er verließ das Totenhaus und sah nach vorn. Auf der anderen Seite des Hauptweges, gegenüber vom Mausoleum, file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (11 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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stand eine einfache, kleine Holzbaracke mit Wellblechdach. Eine Schubkarre lag umgekippt neben der geschlossenen Eingangstür. Es gab nur ein Fenster, dessen Läden geschlossen waren. Dorian bemerkte nichts Verdächtiges und ging hinüber. Die Tür der Baracke knarrte, als er sie öffnete. Durch den Eingang fiel nur wenig Licht ins Innere. Warme, stickige Luft kam ihm aus dem Halbdunkel entgegen. Rechen, Schaufeln, Sägen und allerlei anderes Gartengerät waren unordentlich und wahllos an die Wände gelehnt. Es gab keine Regale oder Möbel, aber in der Mitte des Raumes stand ein gasbetriebenes Heizgerät. Es war eingeschaltet und zischte gleichmäßig. Tom Peters lag schlafend auf den Holzdielen des Bodens - seine nassen Sachen hatte er anbehalten. Der Brustkorb hob und senkte sich. Dorian schmunzelte, als er den schnarchenden Gartenarbeiter sah. Er nahm sich eine angelehnte Schaufel und drehte sich wieder zur Tür. Dabei stieß er mit dem Fuß gegen eine Forke. Es klapperte, als das Gerät auf den Boden fiel. "Was ist los?" Tom war mit einem Schlag wach und richtete sich auf. "Ach Sie sind‘s, Dorian!" "Schlafen Sie ruhig weiter, Tom! Ich habe mir die Schaufel bereits geholt." "Die wollte ich Ihnen doch bringen!", rief Tom Peters empört. Dann jedoch bemerkte er, dass er eingeschlafen war. Sein Gesichtsausdruck verriet Verlegenheit. "Als ich die Heizung eingeschaltet hatte, wurde es so schön warm. Da bin ich wohl müde geworden. Sorry, Sir!" "Kein Problem, Tom! Schlafen Sie ruhig weiter!" Tom hörte nicht hin. Er schaute mit aufgerissenen Augen an Hunter vorbei, hob die Hand und wies zur Tür. Dorian, der mit dem Rücken zum Eingang stand, drehte sich schnell um. Aus dem Eingang des gegenüberliegenden Mausoleums watschelte eine widerliche, kleine Kreatur hervor. Sie war schmutzig-weiß, lief auf zwei Beinen und starrte mit roten, leuchtenden Augen zu ihnen hinüber. Die kurzen, dicken Arme des Wesens endeten in gewaltigen Schaufelkrallen. Eine Nase war nicht auszumachen, dafür ein kreisförmiges Maul, aus dem lange, dolchförmige Zähne ragten. Mit einem Satz sprang Dorian aus der Baracke und raste auf das kleine Monster zu. Dieses quieckte vor Schreck wie ein Schwein. Mit einem Tempo, das man einer solchen Kreatur nicht zugetraut hätte, wandte es sich zur Flucht. Katzenhaft sprang es auf einen Grabstein, machte einen weiteren Satz auf einen Marmorengel, um schließlich in einem Gebüsch zu verschwinden. Hunter kam um Sekunden zu spät. Keuchend stand er vor dem dornigen Gestrüpp, in das sich die Kreatur geflüchtet hatte. Zwischen den Büschen entdeckte er einen Höhleneingang, knapp einen Meter im Durchmesser, in dem das Wesen verschwunden sein musste. Während des Laufens hatte er die Python hervorgezogen, die er jetzt wieder zurücksteckte. "Ist es also wahr: ein Ghoul - ein widerwärtiger Leichenfresser", sagte er zu sich selbst. Tom Peters kam angelaufen. "Haben Sie es gesehen? Ich habe mir das nicht ausgedacht. Es gibt hier ein Monster!" "Sie hatten recht, Tom! Das Wesen, von dem Sie der Polizei erzählten, gibt es wirklich." Dorian hatte sich zu dem jungen Mann umgedreht und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ich möchte, dass Sie jetzt nach Hause fahren!" Tom machte große Augen. "Wieso? Ist dieses Ding gefährlich? Ich habe es schon öfter gesehen, aber es hat mir niemals etwas getan." "Wahrscheinlich droht Ihnen keine Gefahr - jedenfalls nicht von dieser Kreatur", antwortete Dorian. Ghoule waren feige Einzelgänger, die sich nur für Leichen interessierten. In der Schwarzen Familie fanden sie selten Aufnahme, denn die anderen Dämonen verachteten sie. "Sie sollten trotzdem gehen", sagte er, "Ich möchte mich zusammen mit Phillip in aller Ruhe um die Sache kümmern. Gibt es in der Nähe ein öffentliches Verkehrsmittel, mit dem Sie fahren können?" "Klar", Tom nickte heftig. "Hinter dem Friedhof, an der Riverside-Road, hält jede Stunde ein Bus, der bis zur nächsten Underground fährt. Damit noch einmal drei Stationen, und ich bin zu Haus." Hunter hatte den Eindruck, dass der Junge froh war, Feierabend machen zu können. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (12 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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"OK, Tom - gehen Sie ruhig. Ich werde Ihrem Chef sagen, dass ich Sie weggeschickt habe", sagte Dorian und machte sich wieder auf den Weg zu Phillip. Ein Blick auf die Armbanduhr zeigte, dass es acht Uhr dreißig war. Dorian ging davon aus, dass er diesen wieselflinken Ghoul im Moment nicht würde stellen können. Wahrscheinlich hielt sich das Monster in einem unterirdischen Gang versteckt, bis es sich wieder sicher fühlte. Am vernünftigsten schien es, in der Jugendstilvilla - zusammen mit Trevor Sullivan - eine magische Falle für den Leichenfresser zu ersinnen. Er kam zu der Stelle zurück, an der sich das Grab der Sybille Foster befand. "Schön, dass du gewartet hast, Phillip! Lass uns gehen - ich weiß jetzt, was ich wisse muss!" Doch der Blonde schüttelte den Kopf und rutschte von dem Grabstein, auf dem er die ganze Zeit gesessen hatte. Er ging hinüber zu Sybille Fosters Grab, nahm die Schaufel in die Rechte und streckte sie dem Freund entgegen. "Eile tut not!", sagte er energisch, schüttelte heftig die Schaufel und wies mit der anderen Hand auf das frische Grab. "Ich soll den Sarg dennoch öffnen?", fragte Dorian. Er klang wenig begeistert. "Aber graben muss ich alleine? Oder gehst du mir zur Hand?" Phillip legte die Schaufel auf den Boden und wandte sich ab. Er interessierte sich plötzlich sehr für ein nahestehendes Buschwerk. Dorian schüttelte den Kopf, als er sah, wie er eines der Blätter des Strauches zwischen die Finger nahm und eingehend studierte. Andererseits hatte er von Anfang an nicht damit gerechnet, dass sein Begleiter ihm bei der Arbeit eine Hilfe sein würde. Da es nur noch schwach nieselte, zog er seinen Regenmantel aus, bevor er mit der Arbeit begann. Er hob die Schaufel auf und stellte sich auf das Grab. Die Erde war locker, und er kam zügig voran. Nach wenigen Minuten stand er bereits knietief in dem ausgehobenen Erdloch. Trotz der Kälte fing er bald an zu schwitzen. Phillips Interesse an der Botanik hatte sich mittlerweile verflüchtigt, nun lief er ein wenig umher. Dabei achtete er darauf, nicht außer Sichtweite zu kommen. Dorian war nicht leicht außer Atem zu bringen, dennoch machte er mehrere Zigarettenpausen, bevor er nach einer Stunde endlich mit der Schaufel gegen den Sargdeckel stieg. Ganz getan war die morbide Arbeit damit noch nicht, denn er musste die Grube noch halbwegs sauber der Länge und Breite nach ausheben, da sich der Sargedeckel sonst nicht öffnen lassen würde. Eine halbe Stunde verging, bis auch dies erledigt war. Wie gerufen erschien Phillip und schaute neugierig hinunter. Dorian hatte sich über den Sarg gebeugt und zog mit den Händen vier einfache Metallstifte hervor, die das Abrutschen des Deckels beim Transport verhindert hatten. Doch er wollte den Sarg noch nicht öffnen. Er hielt sich mit den Händen am Grubenrand fest, um sich dann schwungvoll nach oben zu ziehen. Schließlich standen beiden Männer vor dem offenen Grab und sahen auf die hellbraune Abdeckung hinab, der am oberen Ende mit einem silbernen Metallknauf versehen war. Hunter fingerte an seiner Players-Packung herum, stellte aber enttäuscht fest, dass sie leer war. Er warf sie in die Grube, tastete sich ab und fand zu seiner Erleichterung eine ungeöffnete Schachtel. Bevor er wieder hinunterstieg, wollte er sich einen Moment innerlich sammeln. Schließlich war es keine angenehme Angelegenheit, eine von Ungeziefer oder sogar Ghoulen entstellte Leiche zu betrachten. Er wusste nicht, was sich Phillip von der Sache versprach, aber er vertraute auf dessen seherische Fähigkeiten. Wenn das hochsensible Medium ihn aufforderte, Sybille Fosters Grab zu öffnen, dann tat er es eben. Mittlerweile steckte eine Players zwischen Dorians Lippen, und er nahm noch zwei letzte, hastige Züge, bevor er die nur halb aufgerauchte Zigarette davon warf. Dann ließ er sich wieder in die Grube hinab, wo er sich mit den Füßen links und rechts über dem Sarg in das feuchte Erdreich einkeilte. Jetzt konnte er den Silberknauf ergreifen und den Deckel problemlos anheben. Die Abdeckung war recht schwer, und Hunter ächzte, als er sie aus dem offenen Grab hinausreichte. Beinahe hätte er erwartet, dass sein Begleiter ihm helfen würde. Doch der machte keine Anstalten file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (13 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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zuzugreifen, sondern schaute mit seinen unergründlichen Augen fasziniert in die Grube. "Alles muss man selber machen", klagte Dorian und stieß den Deckel schwungvoll über den Rand. Zu seiner Überraschung befand sich keine Leiche im Sarg - es befand sich überhaupt nichts darin! Er blickte ins Dunkle, denn der Totenschrein war nicht nur leer, sondern auch nach unten hin offen - das Bodenbrett war verschwunden und ein weiterer Hohlraum wurde in der Tiefe sichtbar. Hunter nahm seine Stiftlampe aus der Tasche und leuchtete in die Grube, die groß genug sein mochte, um einen erwachsenen Mann aufzunehmen. Eine Lache aus braunem Wasser bedeckte sie. Außerdem gab es einen weiteren Zugang - deutlich ließen sich die Umrisse eines Tunnels erkennen. Nun wurde einiges klar: Der kleine Ghoul hatte sich unterirdisch an Sybille Foster herangegraben, und die Tote kurzerhand verschleppt. Es wäre wenig ratsam gewesen, durch den Sarg, der nur noch aus dem Rahmen bestand, in die Grube zu klettern. Dorian befand sich über einen Meter tief in dem Grab. Ein weiterer Abstieg barg Gefahren in sich. Der Holzrahmen könnte in der feuchten Erde abrutschen und dann wäre es schwierig, wieder aus der Grube zu kommen. Damit, dass sein Begleiter ihm helfend die Hand reichen würde, war nicht unbedingt zu rechnen. Dorians Position war ohnehin ungünstig. Er konnte jederzeit den Halt verlieren und in die Vertiefung fallen. Als er sich daran machen wollte, aus dem Grab zu klettern, passierte es: Der bis dahin passive Phillip setzte sich auf den Rand der Grube, ließ sich hinab, und rutschte an Dorian Hunter vorbei. Noch bevor dieser zugreifen konnte, kletterte der Blonde durch den offenen Sarg - ganz nach unten. Dort hockte er sich hin. "Verdammt, was soll der Unfug?" Dorian verlor fast das Gleichgewicht. Er stemmte seine Füße fest gegen das seitliche Erdreich, so dass er nicht hinter herstürzte. "Komm, gib mir die Hand, ich ziehe dich hoch!" Phillip schaute mit strahlendem Gesicht nach oben. "Jetzt gehen wir die Hexe holen!" "Coco?" Hunter hatte mit vielem gerechnet - damit nicht. "Du meinst, Coco ist da unten?" Ein helles Lachen war die Antwort. Bevor Dorian noch etwas sagen konnte, verschwand der Blonde in dem Ghoul-Tunnel. Der Dämonenkiller fluchte. Dennoch war er längst von der Euphorie angesteckt. Der Gedanke an Coco ließ sein Herz höher schlagen. Er sprang durch den Sarg, machte sich klein und kroch auf allen Vieren in den Tunnel. Die Röhre hatte vielleicht einen Durchmesser von einem Meter, und nach wenigen Sekunden wurde es trotz der Stiftlampe, die er sich zwischen die Zähne gesteckt hatte, sehr dunkel. Phillip kroch zwei Meter vor ihm her, nur seine schmutzigen Gummistiefel waren zu sehen. Obwohl er sich im Dunkeln befand, schien er genau zu wissen, wohin er wollte. Das modrig riechende Wasser stand bis zu zwanzig Zentimeter über dem Boden. Die Erde, über die Männer mit Händen und Knien wateten, war regelrecht sumpfig. Innerhalb einer Minute waren sie durchnässt. Dorian erschrak, als er an einer Stelle mit den Armen bis zum Ellenbogen im Morast versank. Danach wurde der Untergrund zum Glück wieder fester. Er kannte eigentlich keine Klaustrophobie, aber diese bedrückende Röhre, zwei Meter unter dem Friedhof, bereitete ihm ziemliche Sorgen. Es ließ sich nur hoffen, dass der Ghoul, der diesen Weg zweifellos gegraben hatte, etwas vom Tunnelbau verstand. Kein schöner Gedanke, von mehreren Zentnern Erde erdrückt zu werden, falls der Stollen gerade jetzt zusammenstürzen sollte. Sie kamen an eine Abzweigung. Phillip wählte den linken Weg und Hunter folgte ihm. Für einen Augenblick verlor er seinen Freund aus den Augen. Sekunden später wusste er, warum: In dieser Richtung ging es steil bergab. Auf dem schlammigen Untergrund glitten sie wie auf einer Rutsche nach unten. Wasser und Erde spritzen umher. Das Tempo wurde immer rasanter. Dorian bekam Schlamm in Mund und Augen. Vergeblich versuchte er, sich irgendwo festzuhalten. Die Tunnelwände, an denen er vorbei schlitterte, waren aus glattem Stein und boten keinen Halt. Er hustete und schnappte nach Luft, die Taschenlampe entfiel ihm. Von seinem Begleiter konnte er während der chaotischen Rutschpartie nichts mehr sehen. Nach wenigen Sekunden fand alles ein jähes Ende. Dorian spürte einen kalten Luftzug, als er den file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (14 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Tunnel verließ und in einen größeren Raum geschleudert wurde. Er fiel auf Phillip, der zuvor auf harten Felsboden gestürzt war. Der schmächtige Mann atmete erleichtert aus, als sich der Dämonenkiller von ihm abrollte. Ihre Gesichter und Haare waren genauso nass und verschmutzt wie ihre Kleider. Nachdem sie sich halbwegs vom Schlamm befreit hatte, schauten sie sich um. Sie befanden sich in einer drei Meter hohen Höhle. Ein blaues, phosphoreszierendes Licht, dessen Quelle sich nicht ausmachen ließ, erhellte die Umgebung. Die Wände liefen nach oben hin schräg zu, sie waren glatt und feucht. Hinter ihnen, hundert Zentimeter über dem Boden, befand sich die Öffnung, aus der sie geschleudert worden waren. Ein schmaler, träger Fluss von Brackwasser plätscherte daraus hervor. Einen zweiten Zugang zur Höhle konnte Dorian nicht entdecken. Phillip hielt sich die Hand vor Mund und Nase: Es stank hier bestialisch nach Verwesung und nach Fäkalien. Die Quelle war ein Heuhaufen, der sich vor der gegenüberliegenden Felswand befand. Der kreisrunde Aufbau hatte einen Durchmesser von fast zwei Metern, wirkte wie ein überdimensionales Vogelnest, und war über und über mit Exkrementen bedeckt. Hunter atmete flach, um einen Würgereiz zu unterdrücken. Er ging näher an das Nest heran und erblickte Schreckliches: In der Mitte lag der abgetrennte Kopf einer Frau. Eine Hälfte war fleischlos - bestand nur noch aus blanken, elfenbeinfarbenen Knochen. Daneben ein Arm, dessen Hand zwei Finger aufwies, die ebenfalls fleischlos waren. "Das müssen die Überreste von Sybille Foster sein", stellte Dorian fest. "Wir sind mitten in das Nest des Ghouls geraten. Der Bastard hat die Tote hierher geschleppt und gefressen - ganz fertig ist er noch nicht. Solange wir hier sind, wird der Leichenfresser nicht auftauchen." Phillip stand immer noch an der gleichen Stelle, die Augen hielt er geschlossen. Er wirkte vollkommen entspannt. Hunter ging auf ihn zu. "Ich glaube nicht, dass Coco hier war. Warum hast du uns hergebracht?" Er bekam keine Antwort. "Wie sollen wir hier wieder herauskommen?" Der Dämonenkiller sah sich um. "Wir sind in diesem glatten Tunnel problemlos heruntergekommen - aber wieder hinauf dürfte es ziemlich schwierig werden!" Phillip öffnete kurz die Augen und legte einen Finger an die Lippen. "Ich öffne das Tor", flüsterte er in verschwörerischem Ton. "Gut, ich kann den Gestank nämlich nicht mehr lange aushalten", antwortete Dorian, obwohl er nicht wusste, von was für einem Tor die Rede war. Erwartungsvoll sah er sein Gegenüber an. Unter Phillips geschlossenen Lidern bewegten sich die Augäpfel rege hin und her. Die schmalen Hände legte er an die Wangen, während er den Oberkörper leicht nach vorne beugte. Fast drei Minuten verharrte er so. Von einem Augenblick zum anderen öffnete er die Augen und richtete sich wieder auf. "Es ist vollbracht", flüsterte er. Er wies zur gegenüberliegenden Wand, von der auf einmal eine bösartige Strahlung ausging. Dorian Hunter griff instinktiv in die Jackentasche, um eine gnostische Gemme hervorzuholen. Phillip sprang herbei und hielt ihn zurück. "Nutze die Pfade des Bösen, um Gutes zu finden." Ein Lächeln lag auf dem Gesicht des blonden Mannes. Es blieb nicht bei der negativen Ausstrahlung. Vor der Felswand begann sich etwas zu manifestieren. Dunkle Lichtwellen liefen von der Decke bis zum Boden. Erst waren sie grau, wurden dann dunkler und dunkler. Ein dumpfes Brummen erfüllte die Höhle. Dorian trat kalter Schweiß auf die Stirn - er hatte das Gefühl, direkt vor einem mächtigen Dämon zu stehen. Er ahnte, was für ein Phänomen sich dort, zehn Meter von ihm entfernt, zeigte. Die Lichtwellen ebbten ab, die Manifestation des Bösen wurde tiefsschwarz und legte ihre düstere Aura über die ganze Höhle. Die hintere Felswand war jetzt nicht mehr zu sehen - sie wurde von der Dunkelheit verdeckt, die bösartig funkelnd im Raum stand. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (15 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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"Ein Dämonentor!", stellte Hunter fest. Er fühlte sich nicht wohl. Die Schwarze Familie nutzte diese magischen Schnittstellen, um große Entfernungen zu überbrücken, oder um in andere Dimensionen zu gelangen. Warum hatte Phillip ausgerechnet eine schwarzmagische Manifestation herbeizitiert? "Du wirst dieses Tor nicht passieren können. Du bist für die schwarze Magie das, was das Wasser für das Feuer ist", sagte Dorian, obwohl er sicher war, dass sein Begleiter dies selber wusste. Phillip drehte sich unvermittelt zum Dämonenkiller, hob die Hand und berührte mit dem Zeigefinger dessen Stirn. Es war wie ein Stromschlag - Dorian stöhnte auf und taumelte einige Schritte zurück. Vor seinen Augen bildete sich ein milchiger Schleier. Sein ganzer Körper wurde von einer dünnen weißen Aura eingehüllt. Ein Gefühl der Orientierungslosigkeit und Schwäche überkam ihn. Phillip dagegen schien genau zu wissen, was zu tun war. Er drehte Dorian mit dem Gesicht zum Dämonentor. Anschließend stellte er sich hinter den fast Hilflosen und schob ihn auf die schwarze Wand zu. Er achtete darauf, dem Tor selbst nicht zu nahe zu kommen. Die Manifestation des Bösen würde sonst in sich zusammenfallen. Er gab Dorian einen kräftigen Stoß, so dass dieser unweigerlich in die wabernde Wand taumelte. Es zischte, als er verschwand. Phillip lächelte zufrieden, während er zusah, wie sich auch das Tor innerhalb von Sekunden auflöste. Nun war er allein. Für sich selbst hatte er keine magische Reise vorgesehen. Er drehte sich um, schaute die Öffnung im Felsen an und wartete. *** "Ich bin jedenfalls dafür, sie abzuknallen!" Roger Powell war gut gelaunt, sein Dienstwagen schoss über die Stadtautobahn in Richtung Reading. "Das ist jedenfalls sicherer, als diese Mitleidstour. Oben in Manchester, da gab es auch so einen Fall. Eine gefühlsduselige Kollegin überzeugte ihren Superintendent davon, dass Ghoule harmlose Tierchen sind, die ein Recht auf Leben haben." Trevor Sullivan saß im Heck des BMWs und hatte nicht vor, sich von Powells irischer Fröhlichkeit anstecken zu lassen. "Ich finde es nicht sonderlich korrekt von Dorian, mir einfach einen Zettel hinzulegen und die Sache dann ohne mich in Angriff zu nehmen." Roger schaute aus dem Seitenfenster. Er überholte gerade einen auf Hochglanz polierten Rolls-Royce. "Statt dem Leichenfresser eine Silberkugel auf den Pelz zu braten, fingen sie ihn ein und steckten ihn in einen Käfig, der mit einer Sondermaschine eigens nach London gebracht wurde. Professor Oldham und die anderen Spezialisten vom Service untersuchten das Monstrum tagelang. Wozu das gut war, wussten sie wohl selbst nicht." Trevor schaute auf die Uhr. Es war fast Mittag. "Stellen Sie sich nur mal vor Roger, die Polizei erwischt Dorian. Mit seiner meterlangen Bourbon-Fahne erzählt er dann, dass der Secret Service ihm das Öffnen von Gräbern erlaubt hat. Die würden ihn doch ohne weiteres wegen Friedhofsschändung und Trunkenheit verhaften." Der Wagen erreichte die Ausfahrt Reading. Roger Powell wechselte auf die Landstraße und lenkte wieder in Richtung London. Er war lieber einen Umweg gefahren, als sich durch den Mittagsverkehr der Metropole zu quälen. Wahrscheinlich hätte es wesentlich mehr Zeit gekostet, den direkten Weg zu dem Außenbezirk zu nehmen. "Malen Sie sich das mal aus, Trevor: Da hockte der alte Professor Oldham im Keller der wissenschaftlichen Abteilung, und füttert tatsächlich einen Ghoul mit Aas!" Powell lachte in sich hinein. Trevor schüttelte verständnislos den Kopf. "So etwas hätte es zu meiner Zeit beim Service nicht gegeben. Roger, ich wollte Ihnen noch für das schnelle Kommen danken. Nachdem Dorian und Phillip sich nicht gemeldet hatten, musste ich einfach etwas unternehmen." "Kein Problem." Powell winkte ab. Sein Bruder Steve war in Crulymoe beim Kampf gegen die Dämonen ums Leben gekommen. Für ihn war es daher selbstverständlich, dass er den Leuten aus der
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Baring-Road zur Seite stand. "Hören Sie mal, wie es weitergeht: Die Dame, die sich in Manchester für den Leichenfresser eingesetzt hat, kommt letzten Monat, an ihrem freien Tag, nach London, um Oldham und seinen Schützling zu besuchen. Sie hat sogar beim Pferdemetzger billiges Fleisch gekauft, um nicht mit leeren Händen dazustehen." "Pferdefleisch hat der Dämon auch bekommen? Die nächste Straße links abbiegen, Roger, wir sind bald da." "Ja, Sir, stellen Sie sich das nur vor. Das Vieh war nicht groß, einen Meter vielleicht. Oldham und seine Leute dachten, mit dem werden sie leicht fertig. Aber wenn ein Ghoul kein Menschenfleisch bekommt, wird er ungemütlich. Davon wollte die junge Beamtin aber nichts wissen. Sie steckte ihre Arme durch die Gitter und hielt dem Dämon die Pferdedärme hin. Zum Dank biss das Vieh der Lady die Hand ab. Wirklich - die ganze Hand!" "Scheußlich? Und was war mit Oldham?" "Es kam beinahe zum Drama. Der Ghoul wurde wild und schaffte es, aus dem Käfig zu kommen. Mit seinen Schaufelkrallen verpasste er dem Professor mehrere Fleischwunden. Zum Glück kamen einige Sicherheitsleute dazu, denen es gelang, den Bastard zu bändigen. Es soll über eine Stunde gedauert haben, bis jemand die Silberkugeln aufgetrieben hatte, mit denen das Monster dann erledigt wurde." "Wie geht es den Opfern jetzt?" "Sie sind beide bei McClusky in Behandlung. Nicht nur die Wunden, auch der dämonische Virus macht ihnen zu schaffen. Der Frau geht es besonders schlecht." "Wenigstens sind sie bei McClusky in den richtigen Händen. Ein guter Mann, hat sogar schon Vampiropfern geholfen." "Ist das der Friedhof?" "Ja, das ist Old Bens Graveyard. Halten Sie bitte gleich vor dem Tor!" Der stämmige Roger Powell stieg zuerst aus. Er fuhr sich mit der Hand durch die roten Stoppelhaare. "Ganz schön heruntergekommen." Trevor Sullivan trat neben ihn. "Ja, die Stadt hat den Friedhof erst vor kurzem übernommen. Kommen Sie, ich weiß, wo sich das Grab von Sybille Foster befindet!" Wenig später standen sie vor der Grube. "Scheint, als hätte Dorian ganze Arbeit geleistet." Roger beugte sich über die Aushebung. "Schauen Sie, Trevor, unter dem Sarg befindet sich noch ein Hohlraum!" "Hören Sie das auch? Da schreit doch jemand!" Trevor hatte sich ebenfalls vorgebeugt. Tatsächlich kam eine dünne, scheinbar unendlich weit entfernte Stimme aus dem Grab. Was sie schrie, war nicht zu verstehen. "Diese helle Stimme, das ist doch Phillip. Klingt, als sei er in Not." Trevor schaute Roger besorgt an. "Warten Sie hier, Sir! Ich hole ein Seil und meine Taschenlampe aus dem Wagen!" Roger Powell rannte los. Die Rufe aus der Tiefe verstummten, und Trevor kamen die Minuten, die vergingen, ewig vor. "Phillip, Dorian, seid ihr da unten? Haltet durch, wir versuchen euch zu helfen!", rief er. Eine unverständliche Antwort kam zurück, und Trevor war ein wenig beruhigt. Laut atmend kam Roger um eine Ecke gerannt. Er trug ein zehn Meter langes Spezialseil aus Kunststoff über der Schulter: sehr dünn, aber auch extrem reißfest. Der Geheimdienstmann blieb neben Trevor stehen. "Ich gehe jetzt runter, wenn ich zu lange weg bin, informieren Sie den Service!" "Selbstverständlich." Trevor schaute zu, wie Powell sich hinabließ. "Und um Gottes Willen, Roger, seien Sie vorsichtig!" Roger Powell antwortete nicht, er war bereits im Tunnel verschwunden. *** Phillip hatte sich vorgenommen, die Zeit des Wartens in meditativer Selbstversenkung zu verbringen.
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Doch der grausame Gestank in der Höhle riss ihn immer wieder in die Gegenwart zurück. So kämpfte er mit der Übelkeit und wartete auf seine Befreier. Er starrte apathisch auf das Loch in der Wand, bis er schließlich die Anwesenheit zweier Menschen spürte. Er trat näher an die Öffnung heran, bildete mit den Händen vor seinem Mund einen Trichter und hielt inne. Was rief man bei einer solchen Gelegenheit? Er entschied sich dafür, seinen eigenen Namen kundzutun. Ein halbes Dutzend mal rief er, bis eine Antwort kam. Dann verharrte er, denn er wusste, dass ihm geholfen werden würde. Es dauerte nicht lange, bis er spürte, dass jemand unter die Erde gestiegen war, um ihn zu holen. Phillip rief wieder. *** Roger Powell fühlte sich mehr als unwohl in seiner Haut. Er befürchtete, in dem engen, feuchten Tunnel steckenzubleiben und nicht mehr herauszukommen. Aber die Rufe, die immer deutlicher wurden, trieben ihn voran. Als er an eine Abzweigung kam, rief Phillip plötzlich etwas anderes als seinen eigenen Namen "Rühre er sich nicht!" Die Stimme klang jetzt recht nah. "Schon verstanden", antwortete Roger. "Ich bewege mich nicht. Bist du alleine, Phillip, oder ist Dorian bei dir?" Er erhielt keine Antwort. Roger leuchtete nach vorne, er war an eine Abzweigung gekommen. Vorsichtig tastete er in die beiden Gänge, die vor ihm lagen. Beim Tunnel, der rechts verlief, fiel ihm nichts auf. Der Gang nach links jedoch war stark abschüssig. Wäre er in diese Richtung gekrochen, hätte es ihn in die Tiefe gerissen. "Bist du da unten?", fragte Roger. "Ja", kam es zurück. "Hör zu, ich lasse jetzt ein Seil herunter! Du greifst dir das Ende und wickelst es dir um Körper. Mach einen festen Knoten - ich hoffe, du kannst einen." Roger wusste, wie schwierig es war, mit Phillip zu sprechen. Daher wunderte er sich nicht, als wiederum keine Antwort kam. Er nahm das Spezialseil von der Schulter und wickelte es so ab, dass ein Ende im abschüssigen Tunnel verschwand. Er hoffte, dass die zehn Meter reichen würden, und er hatte Glück. Es mussten an die sieben Meter sein, die er bereits in den düsteren Gang hinabgelassen hatte, als von unten an dem Band gerissen wurde. Roger war erleichtert darüber, dass sich das Seil nirgendwo verhakt hatte. "Bist du fertig?", fragte er kurze Zeit später. Er erhielt erneut ein »Ja« als Antwort. Roger robbte ein Stück zurück, so dass er sich mit den Beinen feststemmen konnte, drückte die Schuhe in das Erdreich und begann zu ziehen. Es war kein Schwergewicht, dass er bergen musste, aber unter diesen Umständen fiel auch einem kräftigen Mann wie Roger Powell die Aufgabe nicht leicht. Er war völlig außer Atem, als Phillip endlich aus dem abschüssigen Tunnel hervorkam. *** Sullivan konnte die beiden Männer vor Schmutz kaum wiedererkennen, als sie im Grab auftauchten. Roger warf ein Ende des Seils nach oben, und es bedurfte keiner Worte, damit Trevor es aufnahm, um einen Baumstamm wickelte und festknotete. Roger hangelte sich aus der Grube und zog dann Phillip, der das andere Ende des Seils immer noch um den Brustkorb trug, nach oben. Roger setzte sich auf den Boden, um zu verschnaufen. "Vom Dämonenkiller habe ich da unten nichts gefunden." Trevor war dabei, Phillip von dem Band zu befreien. "Weißt du, wo Dorian steckt, Phillip?", fragte er. "Der Jäger wird zur rechten Zeit erscheinen." Phillip wies auf das offene Grab. "Verschließt die düstere Grube!" Powell schaute Trevor fragend an. "Meint er, dass Dorian von allein auftauchen wird?" Sullivan nickte. "Ich glaube, auf Old Bens brauchen wir nicht nach ihm zu suchen. Wir sollten Phillip
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schnellstens in die Villa bringen, er ist bereits unterkühlt." Roger schnappte sich das Seil. "Ich werde den Service anrufen, damit sie ein paar Leute schicken, die sich um das Grab kümmern." Kurz danach saß Phillip, gewärmt von einer Wolldecke, auf dem Rücksitz des BMWs. Das Auto war auf dem Weg zur Jugendstilvilla. "Wenn die Pickford ihren Schützling sieht, wird sie ein schönes Theater machen", meinte Trevor. *** Es wurde sechzehn Uhr, bis die Haushälterin damit fertig war, Phillip zu baden und neu einzukleiden. Nun saß er in der Küche und löffelte gedankenverloren eine heiße Suppe. Roger Powell war, nachdem er sich in der Baring-Road verabschiedet hatte, wieder zum Service gefahren. Trevor hatte bereits mit Tom Peters telefoniert und erfahren, dass dieser von Dorian nach Hause geschickt worden war. "Einfach unverantwortlich, wie dieser Hunter mit Phillip umgeht, man sollte ihm die Vormundschaft entziehen." Miss Pickford war dabei einen Pfefferminztee aufzubrühen. "Eigentlich hätte der Junge ins Krankenhaus gehört, unterkühlt wie er war." "Übertreiben Sie nicht, Martha! Schließlich besteht er nicht aus Zucker. Außerdem wird es schon seinen Grund gehabt haben, dass die Beiden unter der Erde waren." Trevor hatte Platz genommen und nippte an einer Tasse Tee, die er mit einem ordentlichen Schuss Rum verstärkt hatte. "Sobald Dorian auftaucht, wird uns berichten, was vorgefallen ist." "Sicher liegt er irgendwo betrunken auf dem Friedhof herum." Miss Pickford den Tee an den Tisch. "Erzählen doch Sie keine Geschichten, Martha! Weder Sie noch ich wissen, was genau passiert ist. Phillip schweigt sich ja über die Vorkommnisse aus!" Trevor stand auf und verließ die Küche wortlos. Kurze Zeit später befand er sich in den Räumen der Mystery Press. Über den Fernschreiber waren einige Meldungen anderer Agenturen hereingekommen, welche die Straftaten der letzten Tage im Großraum London zum Inhalt hatten. Er nahm den Papierstapel von der Ablage, setzte sich und studierte die Informationen sorgfältig. Danach startete er den Computer, da er zwei der vorgefundenen Meldungen für sich speichern wollte. Die eine betraf die blutleeren, männlichen Leichen, die in den letzten Monaten immer wieder in der Themse gefunden wurden. Die andere Meldung war hochaktuell: Berichtet wurde von einem Überfall auf eine Farm in der Grafschaft Surrey, der am frühen Morgen stattgefunden hatte. Es hatte ein schlimmes Massaker gegeben. Die Besitzer, ein älteres Ehepaar, sowie zwei Angestellte waren brutal ermordet worden. Die Täter hatten zudem sämtliche Tiere der Farm niedergemetzelt. Vielleicht eine Irrsinnstat von Menschen, möglicherweise aber das Werk der Schwarzen Familie. Nachdem Trevor die Daten eingegeben und den Computer wieder abgeschaltet hatte, klingelte das Telefon. Die Pickford hatte in der Küche ein Gespräch entgegengenommen und stellte es nun durch. Trevor meldete sich, nachdem er das typische Verbindungsklicken vernommen hatte. Roger Powell war am Apparat. "Haben Sie schon gehört, was in Surrey passiert ist?", fragte er geradeheraus. "Das Massaker auf der Farm? Ich habe gerade eine Notiz über den Fernschreiber erhalten - schlimme Sache! Glauben Sie, die Schwarze Familie steckt dahinter?" "Lässt sich schwer sagen. Die bestialische Vorgehensweise deutet auf Dämonen hin - andererseits sind die Mitglieder der Familie in letzter Zeit nicht durch spektakuläre Aktionen aufgefallen", sagte Roger. "Richtig, Luguris Untertanen verhalten sich momentan eher zurückhaltend", stimmte Sullivan zu. "Um Gewissheit zu haben, möchte ich Sie und Phillip bitten, mich zum Tatort begleiten, ich könnte in einer halben Stunde in der Baring-Road vorfahren" "Sie können auf uns zählen Roger! Miss Pickford wird die üblichen Schwierigkeiten machen, aber das bekomme ich schon hin."
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Es dauerte eine Dreiviertelstunde, bis er die Haushälterin davon überzeugt hatte, dass Phillip einen weiteren Ausflug unbeschadet überstehen würde. Die Fahrt nach Thornton Heath dauerte eine Stunde. In Surrey fuhren sie von der Autobahn herunter. Die Landschaft war flach und bot wenig Abwechslung. Nur vereinzelt befanden sich Baumgruppen zwischen ausgedehnten Wiesen und Feldern; es gab Hecken und Gatter. Die Abendsonne kämpfte sich durch die Wolken und warf ihr freundliches Licht auf die Umgebung. Wäre der Anlass ihrer Fahrt nicht so traurig, Trevor und Roger wären guter Stimmung gewesen. Alles schien ruhig und friedlich, wie ein typischer Wintertag in einer pferdereichen englischen Grafschaft. Dieses Bild änderte sich, als sie am Rande einer ausgedehnten Koppel ein gutes Dutzend Polizeiwagen stehen sahen. Die Fahrzeuge parkten in der Nähe eines Tores. Dahinter zog sich ein Weg zwischen gepflegten Hecken zu einem langgezogenen, flachen Gebäude hin. "Hier sind wir richtig", sagte Trevor. "Das muss der Ort des Schreckens sein." Roger Powell steuerte den Wagen auf das Tor zu und hielt an. Als sie ausstiegen, kam ein Bobby auf sie zu. "Gentlemen, falls Sie von der Presse sind, muss ich Sie auffordern weiterzufahren! Die Toten sind bereits abtransportiert und wir sind nicht bereit, irgendwelche Auskünfte zu geben. Bitte stören Sie die Ermittlungen der Polizei nicht!" Roger zeigte seinen Dienstausweis. "Ich habe vor einer Stunde mit Inspektor Stanford von der Metropolitan Police gesprochen. Er gab mir die Erlaubnis, mich am Tatort umzusehen. Die beiden Gentlemen gehören zu mir." "Ich bin informiert", sagte der Beamte. "Der Inspektor erwartet Sie schon." Trevor Sullivan runzelte die Stirn. Er hatte vor nicht allzu langer Zeit ein eher unangenehmes Gespräch mit Inspektor Stanford geführt. Bei einem Überfall auf die Jugendstilvilla hatte es einen Toten unter den Angreifern gegeben. Stanford hatte damals einige sehr kritische Fragen gestellt. Roger, Trevor und Phillip folgten dem Bobby. Sie liefen den Weg entlang, bis sie den Platz vor dem Haupthaus erreicht hatten. Weiter links standen zwei strohgedeckte Wirtschaftgebäude. Mehrere Männer und Frauen, in Uniform und in Zivil, liefen geschäftig hin und her. Inspektor Stanford war ein mittelgroßer Mann mit dunklen Augen und blondem, gewelltem Haar. Nachdem er aus dem Hauptgebäude gekommen war, reichte er den Dreien die Hand. Sullivan sah er dabei einen Moment länger an als die anderen. Er hatte ihn wiedererkannt, sagte aber nichts. "Können Sie uns über die schrecklichen Ereignisse informieren?" , fragte Roger. "Warum interessiert sich der Secret Service für den Fall?", wollte Stanford wissen. "Wir haben den Verdacht, dass eine bestimmte Organisation hinter diesem Verbrechen stehen könnte", antwortete Powell. Stanford zündete sich eine Zigarette an. "Nach unseren Erkenntnissen wurde das Ehepaar Baldwin im Schlaf von den Tätern überrascht. Die alten Leute wurden mit einem großen, spitzen Gegenstand getötet. Die Wirtschafterin, die auch im Haus wohnte, rief uns von ihrem Zimmer aus an. Sie hatte Krach und furchtbares Geschrei gehört. Nach dem Telefonat ist sie vermutlich ins benachbarte Gebäude gelaufen und hat Sam Whitten, der für die Pferde zuständig war, geweckt. Die Wirtschafterin blieb in seiner Wohnung, was ihr nichts genützt hat. Whitten jedenfalls ist mit seinem Jagdgewehr ins Haupthaus gelaufen. Er schoss dort das Magazin seiner Waffe leer. Wir haben die Kugeln alle auf dem Boden gefunden, sie sind so verformt, als wären sie in einen Körper eingeschlagen." "Aber es gibt keinen Körper und wahrscheinlich auch keine Spuren eines solchen?", fragte Trevor. "Richtig", sagte Stanford. "Sam Whitten starb auf die gleiche Weise wie die Baldwins. Er war ein kräftiger Mann, und allem Anschein nach hat er sich nach Leibeskräften gewehrt. Die Wirtschafterin hatte sich im Nebenhaus verbarrikadiert, aber die Tür wurde aufgebrochen und die davor gestellten Möbel flogen offensichtlich meterweit durch die Luft." file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (20 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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"Der Einbrecher verfügt also über ungewöhnliche Kräfte", stelle Roger fest. "Wir vermuten, dass es sich um mehrere Täter handelt", sagte Stanford. "Da ist noch etwas: Die Frau wurde auf unbeschreiblich brutale Weise missbraucht." Trevor hatte noch eine Frage. "Hat die Polizei etwas Verdächtiges gesehen, als sie am Tatort eintraf?" "Der Streifenwagen hat nach Eingang des Notrufs zehn Minuten gebraucht, um die Farm zu erreichen. Die Zeit hat den Tätern offenbar gereicht, um zwei weitere Menschen und ein halbes Dutzend Pferde zu töten. Die Mörder sind spurlos verschwunden, auch die Großfahndung verlief bisher ergebnislos." Während die anderen sprachen, war Phillip zu einem Stall gelaufen, der ein Stück abseits von den Wirtschaftsgebäuden lag. Der Polizeifotograf kam ihm entgegen. "Da sollten Sie lieber nicht reingehen, Sir! Sechs aufgeschlitzte Pferde - wirklich kein schöner Anblick." Von der Warnung ließ sich Phillip nicht abhalten. Im Stall standen die Türen zu den einzelnen Boxen offen. Er betrat die erste Stallung. Ein junges Pferd lag mit unnatürlich verdrehten Beinen im Stroh. Der Kopf war mit verkrustetem Blut bedeckt, auf dem Unterleib des Kadavers klaffte eine fünfzig Zentimeter lange Schnittwunde. Phillip beugte sich hinunter und berührte das tote Tier. Ein grässliches Wesen packt das Pferd an der Mähne und versucht, es aus der Box zu ziehen. Der Gaul brüllt, schlägt mit den Hufen aus und beißt in die Arme des angreifenden Wesens. Es gelingt dem Tier, nach hinten auszuweichen, doch die widerwärtige Kreatur springt herbei und schlägt mit einer fürchterlichen Klaue zu. Phillip schrie kurz auf. Die plötzliche Vision hatte ihn wie ein elektrischer Schlag getroffen. Beinahe wäre er zur Seite gestürzt, doch Roger Powells Hände hielten ihn fest und halfen ihm, als er sich wieder erhob. "Ich habe gar nicht bemerkt, dass du weggegangen bist." Roger schaute auf den Kadaver. "Du solltest dir so etwas nicht ansehen." Phillip blickte Roger in die Augen. "Ein dunkles Wesen brachte den Tod. Lange Zeit hatte es sich in seiner Welt verkrochen. Nun fordert es die heraus, die sich Familie nennen." Trevor war ebenfalls in den Stall gekommen. "Ein Dämon, der die Schwarze Familie herausfordert? Aber warum tötet er dann Menschen und Tiere?" Phillip ging an Trevor und Roger vorbei. Er beantwortete an diesem Tag keine Fragen mehr. *** Der Dämon war in einem kleinen Park aus dem Boden gekrochen und danach auf allen Vieren zur gegenüberliegende Kensington-Road gelaufen. Niemand sah ihn. Es war nach 23 Uhr und die Straßen dieser gepflegten Londoner Villengegend menschenleer. Nur wenige Fenster waren noch erhellt. Die Gestalt erhob sich und stand nun auf zwei Beinen. Von weitem hätte man sie für einen Menschen halten können - wäre sie nicht so gewaltig gewesen. Mit einem kräftigen Schütteln befreite der Dämon sich von der nassen Erde, die an ihm klebte. Lauernd blickte Agron 5 um sich. Dampf stob aus seinen Nasenlöchern. Sein Hiersein war eher zufällig, aber er begann sich wohl zu fühlen. Heute Nacht würde etwas geschehen! Etwas Wundervolles, etwas Furchtbares! Er ging auf das nächstbeste Haus zu: Die Villa der Familie Wynberg. *** Fred Wynberg stand vor dem Bettchen seines Sohnes. Er zog die Schlafdecke des Kleinen zurecht. David hatte heute seinen fünften Geburtstag gefeiert. Es war spät geworden - die Freunde des Jungen waren erst nach Einbruch der Dunkelheit abgeholt worden. David konnte vor Aufregung über die vielen schönen Geschenke kaum einschlafen - außerdem war sein kleiner Bauch ganz und gar mit Kuchen und anderen Süßigkeiten gefüllt. Aber gegen zweiundzwanzig Uhr schaffte der Kleine es, einzuschlummern. Nun lag er mit zufriedenem Gesicht, das von dunkelblonden Locken eingerahmt
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war, in seinem Kinderzimmer. Die kleinen Hände umschlossen einen putzigen Stoff-Panda. Fred hatte kein Licht gemacht, um seinen Sohn nicht zu wecken. Als er jetzt aus dem Raum ging, ließ er wie jeden Abend die Tür zum Durchgang auf, von dem aus dezentes Licht ins Kinderzimmer fiel. So würde der Fünfjährige sich nicht erschrecken, falls er in der Nacht erwachte. Im Gang wandte Fred sich nach rechts, wo einige Schritte weiter das Schlafzimmer lag. "Liebling?", flüsterte Fred. Seine Frau antwortete nicht. Sie war ebenfalls eingeschlafen. Unter der eingeschalteten Nachttischlampe lag das Buch über den amerikanischen Bürgerkrieg, das sie zur Zeit las. Fred ging ans Bett und schaute seine Frau liebevoll an. Sie hatte dunkelblondes Haar, wie David. Vorsichtig beugte er sich zu ihr hinunter und gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Sie atmete einmal tief durch, wachte aber nicht auf. Fred löschte die Lampe und verließ das Zimmer. Rechter Hand endete der Gang an einer Treppe, die ins Erdgeschoss hinab führte. Er stieg hinunter. Schäferhündin Leika lag unten in der Halle in ihrem Korb. Sie hob den Kopf, als ihr Herrchen zu ihr kam. Fred kraulte der treuen Hündin den Kopf, was das Tier sichtlich genoss. Mit der anderen Hand streichelte er Leika über den gewölbten Unterleib. "Noch zwei Wochen, dann dürfte dein Nachwuchs so weit sein." Er tätschelte die Hündin nochmals. "Musst du noch einmal raus, Leika?" Das Tier legte den Kopf zwischen die Pfoten und schloss die Augen. Fred lächelte, während er sich erhob. "Wie du willst! Ich bin auch nicht scharf drauf. Pass gut auf deine Jungen auf!" Er verschwand wieder ins obere Stockwerk. Fred war Graphiker und arbeitete meistens im Haus. Trotz des Geburtstages seines Sohnes hatte er auch an diesem Tag einige Stunden am Schreibtisch verbracht. Das Hin- und Herpendeln zwischen Büro und Kinderparty war recht anstrengend gewesen. Es war kurz vor Mitternacht und Fred Wynberg wollte ins Bett. *** Die Hündin war die Erste, die starb. Sie konnte nicht schlafen, denn die Welpen, die in ihrem Bauch heranwuchsen, strampelten arg. Dennoch streckte sich die achtjährige Schäferhündin wohlig - sie freute sich auf den dritten Wurf in ihrem Leben. Doch plötzlich schlug ihr sechster Sinn an. Ein eiskalter Schauer durchflutete den Körper des Tieres. Es sprang auf, als es die Gefahr spürte. Leikas Rückenfell sträubte sich, sie begann wütend zu bellen und machte einen Satz an die Haustür. Ihr Bellen überschlug sich, wurde fast zu einem Jaulen. Fred Wynberg kam die Treppe herunter, blieb am unteren Absatz stehen und rief ihr etwas zu. In diesem Moment schlug es hart gegen den Eingang. Die massive Eichentür riss mit ohrenbetäubendem Lärm aus den Angeln, kippte in die Halle und knallte auf den Boden. Steine flogen umher und Kalk vernebelte die Sicht. Die Schäferhündin war im letzten Augenblick zur Seite gesprungen. Als Agron 5 in das Haus eindrang, verstummte ihr Gebell. Leika zog den Schwanz ein und legte die Ohren an. Eine gelbe Lache bildete sich auf dem gefliesten Boden, das Tier urinierte vor Angst. Doch die Furcht und der Impuls wegzulaufen währte nur Sekunden. Der Eindringling war riesig, die Ausstrahlung unglaublich bösartig. Trotzdem setzte Leika bedenkenlos ihr Leben ein, um die Wynbergs zu verteidigen. Die trächtige Hündin machte einen großen Sprung auf das Monster zu und verbiss sich in seinem Hals. Schwarzes Blut sprudelte hervor, während das Ungeheuer überrascht krächzte. Es schlug nach der Hündin und schüttelte sich wild hin und her, doch Leika ließ nicht von ihm ab. Während der Hund mit dem zweieinhalb Meter großen Monster rang, war Fred Wynberg erstarrt stehen geblieben. Der Anblick des Dämons lähmte ihn regelrecht. Er hätte es niemals für möglich gehalten, dass eine solche Kreatur existieren könnte. Fassungslos sah er zu, wie dieses Wesen mit grotesken Klauen nach Leika griff. Anstelle von Händen besaß Agron 5 an den Enden seiner Arme braune, dolchförmigen Haken, die von sich windenden Tentakeln umgeben waren.
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Der Haken der Rechten traf die Hündin in den Rücken. Das dreißig Zentimeter lange, hornartige Gebilde verschwand im Fleisch des Tieres. Danach kamen die zuckenden Tentakel zum Einsatz - sie verkrallten sich in dem Fell der bereits verlorenen Leika. Mit einem kräftigen Ruck befreite sich Agron 5 vom Biss der Schäferhündin. Ein faustgroßes Stück Fleisch, das sich in den Fängen des Tieres befand, riss aus seinem Hals heraus. Aus der klaffenden Wunde spritzte erneut schwarzes Blut. Der Dämon schwang den Arm und der Haken gab die Hündin frei. Leika flog drei Meter durch die Luft, bevor sie schmerzvoll auf dem harten Boden aufschlug. Die Wucht ließ das Tier gegen die Wand rutschen. Es blieb auf der Seite liegen und winselte beinahe unhörbar. Das Rückenfell war blutgetränkt. Der Haken hatte die Wirbelsäule verfehlt, dennoch würde sie die Verletzung nicht überleben können. Die Hündin öffnete das Maul und ließ das schwammige Stück Fleisch, das sie dem Eindringling herausgebissen hatte, fallen. Leika, deren Kopf vom schwarzen Blut des Dämons verschmiert war, versuchte, sich auf den Bauch zu rollen. Der Versuch misslang. Vom Sturz waren beide Hinterläufe gebrochen, ihre Därme mehrfach gerissen. Mit letzter Kraft, gezogen von den Vorderbeinen, kroch sie auf das Ungeheuer zu. Sie wollte es erneut angreifen. Das tapfere Tier zog eine breite, rote Blutspur hinter sich her. Agron 5 stemmte seine grotesken Klauen in die Hüften. Leika erreichte mit fletschenden Zähnen seine Füße - braune Hufe, die ebenfalls von zappelnden Tentakeln umgeben waren. Bevor die Hündin zubeißen konnte, hob er das ein Bein. Ein grässliches Geräusch erfüllte den Raum, als er dem trächtigen Tier den Kopf zertrat. Fred Wynberg erwachte aus seiner Erstarrung. Ihm wurde schlecht, als er die Überreste der Schäferhündin erblickte. Mit aschfahlem Gesicht wandte er sich um und rannte ins Obergeschoss zurück. Seine Frau Mary und sein kleiner Sohn David standen bereits aufgeschreckt im Gang. Er musste sie in Sicherheit bringen! "Mary, eine furchtbare Kreatur ist im Haus! Nimm David mit ins Schlafzimmer und schließ hinter dir zu! Springt aus dem Fenster und lauft zu den Wilsons rüber! Sie sollen die Polizei alarmieren!" Seine Stimme überschlug sich, als er seiner Frau die Anweisungen gab. Der kleine David begann zu wimmern, als er seinen Vater so aufgeregt erlebte. "Und was machst du?" Marys Augen waren angstgeweitet. "Ich hole den Colt aus dem Büro und verschwinde von dort aus dem Fenster. Ich treffe euch bei den Wilsons. Falls das Monster uns folgen sollte, werde ich es erledigen! Mach schnell, es wird alles gut gehen!" Ohne eine Antwort abzuwarten hastete Fred den Gang entlang. *** Die schrecklichen Geräusche aus dem Erdgeschoss, die Panik ihres Mannes - Mary Wynberg wusste, dass die Situation mehr als Ernst war. Sie nahm ihren Sohn auf den Arm und rannte mit ihm ins Schlafzimmer. Es knallte, als sie die Tür zuschlug. Innen setzte sie den schluchzenden David ab und drehte den Schlüssel zweimal im Schloss herum. Keinen Moment zu früh: Langsame, schwere Schritte waren vom Erdgeschoss her zu hören. Die Kreatur, von der Fred gesprochen hatte, kam die Treppe herauf! "Oh, mein Gott! Mary, beeil‘ dich, das Monster kommt!", rief Fred Wynberg von seinem Büro aus herüber. Er lief hinter seinen Schreibtisch, warf sich auf den Drehstuhl und zog sich dicht an die Schubladenleiste heran. Er wollte sich den Colt greifen, der in einer der unteren Lade lag. Vom Schreibtisch aus konnte Fred über den Gang blicken, der vom Büro zur Treppe führte. Offensichtlich hatte die Kreatur innegehalten, denn das Geräusch der Schritte war abrupt verstummt. Falls das Wesen doch auftauchen sollte, so würde Fred ohne zu Zögern schießen. Aber erst einmal musste er den Revolver finden.
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Im Schlafzimmer schrie Mary vor Schmerz auf. Sie hatte einen schrecklichen Stromstoß erhalten, als sie versuchte, das Fenster zu öffnen. Erschrocken betrachtete sie ihre Hand, die rußgeschwärzt war und sich jetzt taub anfühlte. David hielt sich laut weinend am Bein seiner Mutter fest. "Warte!" Mary schob den Kleinen sanft beiseite, nahm den Wecker vom Nachttisch und warf ihn in Richtung Scheibe. Doch bevor die Uhr das Glas erreichte, flammte ein blaues Gitternetz aus Licht vor dem Fenster auf. Funken sprühten, es zischte. Der Wecker prallte zurück, landete auf dem Teppich und zerbarst. Es stank nach Ruß und nach Elektrizität. David hörte auf zu weinen. Er lief in eine Zimmerecke, hockte sich hin und hielt sich die Hände vor das kleine Gesicht. Mary eilte zu ihm. Sie drückte ihr Kind fest an sich. "Fred, hilf uns! Wir können hier nicht raus!", schrie sie. Der Stromstoß war so heftig gewesen, dass sich Mary kein zweites Mal wagte, an das Fenster zu gehen. "Haltet durch! Ich knall das Vieh ab!", rief Fred Wynberg vom Büro aus herüber. Durch die geschlossene Tür hindurch klang seine Stimme sehr fern. Er riss die letzte ungeöffnete Schublade auf, warf den Inhalt auf den Boden. Nichts! Auch in dieses Fach hatte er die Waffe nicht gelegt. Verdammt, wo steckte der Colt? Freds Halsschlagader pochten. David! Jetzt fiel es ihm wieder ein. Vor einigen Wochen war der Kleine unbemerkt hereingekommen, um an Daddys Arbeitsplatz zu spielen. Fred hatte daraufhin den Colt versteckt, damit er nicht in die Hände des Kindes geriet. Die Waffe lag nicht in, sondern hinter einer Schublade. Oben rechts! Wieder waren die Geräusche von Schritten zu hören. Und zwei Sekunden später tauchte Agron 5 am Treppenabsatz auf. Er hatte bereits im Erdgeschoss eine magische Formel gesprochen, die das Schlafzimmerfenster magisch versiegelt hatte. Jetzt blieb der Dämon stehen. Nichts trieb ihn zur Eile, niemand konnte ihm entkommen. Mit einem Ruck zog Fred die Lade ganz heraus und steckte den Arm in den Hohlraum. Weit hinten ertasteten seine Finger das kühle Metall des Revolvers! Freds Hand hörte auf zu zittern, nun fühlte er sich der Situation nicht mehr hilflos ausgeliefert. Ihm war nicht entgangen, dass das Monster im Gang erschienen war. Für einen Augenblick verharrte die Kreatur am Treppenabsatz und schaute zu ihm hin. Nur wenige Meter trennten Mensch und Dämon. Agron 5 setzte sich in Bewegung. Er lief gebeugt, denn die Räume waren zu niedrig für seine riesige Gestalt. Um so bedrohlicher wirkte das Monster auf Fred. Der Familienvater hatte die Waffe im Anschlag. Er zögerte keinen Moment - er schoss sofort. Die erste Kugel traf Agron 5 in den mächtigen Brustkorb. Der Dämon blieb schwankend stehen - aus der daumengroßen Wunde quoll schwarzes Blut hervor, das aber nach einer Sekunde wieder verebbte. Das Monster lief weiter. Fred riss entsetzt den Mund auf und schoss dreimal hintereinander. Zwei Kugeln schlugen in Agrons Kopf ein, die dritte traf erneut den Brustkorb. Die Wunden bluteten kurz, aber diesmal blieb der Dämon nicht stehen. Er lief einfach weiter, so als sei nichts passiert. An der Türschwelle, drei Meter vor Fred Wynberg, hielt er an. Der Dämon war nackt, eine widerwärtige Kreatur. Der große, unförmige Kopf war, wie der restliche Körper, haarlos. Im unteren Bereich des Gesichts befanden sich drei klaffende Mäuler. Diese starren Fressöffnungen gaben den Blick auf gelbe Zahnstumpen frei, die in drei Reihen hintereinander standen. Eine breite Rille zog sich über die Stirn, sie war mit einer grauen Flüssigkeit gefüllt. Darin wiederum befanden sich mehrere dunkle Flecken. Jeder davon war eine Iris mit einer länglichen, katzenhaften Pupille. Die Kraft wich aus dem Körper des Familienvaters, als ihn diese merkwürdigen Augen anstarrten; er konnte kaum mehr die Waffe aufrecht halten. Zwei Patronen waren noch in der Trommel. Aber die bisherigen Schüsse hatten nichts bewirkt. "Wer bist du? Was willst du?", brachte er stammelnd hervor. Er wollte Zeit gewinnen, wusste aber nicht, ob dieses Monstrum ihn überhaupt verstand. "Ein Spiel." Agron 5 bewegte die Münder nicht. "Alles ist ein Spiel." Die Stimme war ein düsterer Choral. Plötzlich durchfuhr ein Windstoß den Raum. Ein schmatzendes Geräusch ging von dem Dämon aus, es rührte von den Schusswunden und der file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (24 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Bisswunde am Hals her. Silberne Flecken erschienen an den Einschusslöchern und die verbogenen Kugeln traten wieder aus dem Körper des Ungeheuers aus! Ein Nebel legte sich kurz vor alle Wunden und verschwand wieder. Von einer Sekunde zur anderen sah Agron 5 aus, als sei er niemals von einem Hund angefallen oder von Kugeln getroffen worden. Er lachte kurz und dunkel. "Das Spiel geht weiter. Willst du den Tod der anderen sehen? Oder willst du zuerst sterben?" Die fremdartige Stimme von Agron 5 klang heiter. Fred Wynberg riss sich zusammen, zielte mit der Waffe auf das Auge des Monsters und drückte ab. Kein Knall, kein Schuss. Es klickte lediglich - so, als wäre keine Patrone im Lauf. Wynberg wollte dem Dämon die Waffe entgegen schleudern, doch sie klebte an seiner Hand und ließ sich nicht abschütteln. Erneut lachte Agron 5 finster. Sein Augenfleck begann bläulich zu leuchten. Das Leuchten wurde zu einem Lichtkreis, der sich von der hässlichen Fratze der Kreatur ablöste. Das Licht machte sich selbständig und wanderte zu Wynberg hinüber. Zielstrebig wanderte der blaue Kreis auf die Waffe zu und verschwand in ihr. "Verdammt, was ist das?", schrie Fred. Er spürte, wie sich die Waffe erwärmte. Rasch entstand eine Hitze, die seiner Hand schmerzte. Mit der freien Hand versuchte er wild, den Colt loszureißen, aber er bekam das verfluchte Ding nicht ab. Von Agron 5 ging nun ein Geräusch aus, das ein hämisches Kichern sein mochte. Der Dämon machte keine Anstalten, sich auf Wynberg zu stürzen. Die Waffe begann jetzt zu glühen. Außer sich vor Schmerz rannte Fred auf das Bürofenster zu. Immer wieder Schreie ausstoßend, öffnete er es und schwang ein Bein über das Fensterbrett. Er wollte springen, aber ein heftiger Schmerzschub durchlief seinen Körper - er schaffte es nicht, das andere Bein nachzuziehen. Fred sah voller Entsetzen, dass die Hand mit dem Revolver bereits qualmte. Der Swimming-Pool draußen im Garten! Trotz der Schmerzen kam ihm der rettende Gedanke: das Becken war den Winter über nicht geleert worden. Er musste die Hand in den Pool halten, das würde die Hitze stoppen! Fred schaffte es, den anderen Fuß nachzuziehen und saß absprungbereit am Fenster. Er schöpfte trotz seiner Schmerzen Hoffnung: Das hier war die erste Etage, und auf der weichen Wiese würde er sich nicht verletzen. Das Monster schien ihn nicht aufhalten zu wollen - ein Blick nach hinten verriet, dass es noch immer an der Tür verharrte. Er sprang. Aus seiner Hand züngelten jetzt offene Flammen hervor. Der Schmerz war unerträglich. Wynberg krümmte sich im Sturz und kam fürchterlich falsch auf. Beim Aufprall brach der Knöchel des linken Fußes, die Außenbänder rissen. Der Fuß bildete einen rechten Winkel zum Bein. Fred kippte japsend nach hinten, schrammte mit dem Kopf an der Hauswand entlang und blieb röchelnd auf der Seite liegen. Benommen setzte er sich auf. Beißender Rauch wehte ihm ins Gesicht. Seine Hand brannte lichterloh und der Ärmel seines Hemdes hatte ebenfalls Feuer gefangen. Fred erlebte alles wie durch einen milchigen Schleier, aber er wusste: Wenn er nicht schnell zum Pool kam, würde er bei lebendigem Leibe verbrennen. Halbwahnsinnig vor Schmerz schaffte er es, aufzustehen. Nicht ahnend, dass ein unlöschbares magisches Feuer von ihm Besitz ergriffen hatte, hüpfte er auf dem gesunden Bein zum fünfzehn Meter entfernten Pool, und ließ sich ohne zu Zögern in das kalte Wasser fallen. Mit dem gebrochenen Fuß und der verletzten Hand konnte er sich kaum an der Oberfläche halten - mehrmals tauchte er unter und drohte zu ertrinken. Fred war fast von Sinnen. Er strampelte, schlug mit den Armen um sich, und schaffte es schließlich, zum Beckenrand zu kommen. Er klammerte sich dort mit der unversehrten Hand fest und rang nach Atem. Das kalte Wasser hatte die Schmerzen für einen Augenblick gedämpft. Aber jetzt, wo Fred Wynberg erneut auf die Hand sah, schrie er laut auf. Knochen schimmerten schrecklich weiß unter schwarzem, verbrannten Fleisch hervor! Und das magische Feuer fraß sich weiter bis zum Ellenbogen hinauf. Fred war zu keinem file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (25 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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klaren Gedanken mehr fähig, als er den stinkenden Atem des Dämons wahrnahm. Agron 5 war am Beckenrand aufgetaucht und hatte sich hinunter gebeugt. "Du langweilst mich! Für dich ist das Spiel aus!", brummte der Dämon. Das Monster zeigte den von Tentakeln umgebenen Hornhaken am Ende seiner Linken. Fred Wynberg nahm dies nicht mehr wahr. Seine verschwommenen Gedanken waren bei Mary und David. Was würde aus seiner Familie werden? Der Haken drang tief in den Kopf des verletzten Mannes ein. Dann schüttelte Agron 5 seinen Arm frei und stieß den Toten in den Swimming-Pool zurück. Das Wasser färbte sich rot. *** Mary Wynberg saß lethargisch auf dem Bett. Ihren kleinen Jungen hielt sie fest an sich gedrückt. Es waren nur Minuten vergangen, seitdem die Schüsse gefallen waren. Fred hatte zunächst mit jemandem gesprochen, dann hatte er geschrien. Von draußen hatte sie nochmals unmenschliche Schreie gehört. Sie wusste nicht, ob es ihr Mann oder jemand anderes gewesen war, der da so furchtbar gebrüllt hatte. Jetzt herrschte Stille. Mary hatte sich geistig eingekapselt. Es interessierte sie nicht mehr, wer oder was in das Haus eingedrungen war. Sie spürte nur, dass es etwas Unheimliches sein musste, auf das ihr Mann viermal geschossen hatte. Etwas, das die Macht besaß, diese Sperre am Fenster ihres Schlafzimmers zu errichten. Wenn Fred den Eindringling nicht hatte ausschalten können, konnte auch sie nichts mehr tun. Der kleine David drückte sich voller Furcht an seine Mutter. Er konnte den Schrecken nicht begreifen, der über sein bisher so glückliches und friedliches Leben hereingebrochen war. Die Wärme und der Geruch seiner Mutter war alles, an das er sich in diesem Moment klammerte. Von weit her ertönten die Sirenen eines Polizeiautos. Mary erhoffte sich nicht viel davon. Sie ahnte, dass ihr und David nicht mehr geholfen werden konnte. Auf dem Gang ertönten wieder die schweren, langsamen Schritte. Fred hatte es also nicht geschafft! Das Monster, dieses unheimliche Wesen, von dem er gesprochen hatte, war noch hier. Die Kraft kehrte plötzlich in Marys Körper zurück. Sie wollte wenigstens David retten. Fest umklammerte sie die Schultern ihres Sohnes und schaute ihm in die Augen. "Schnell, David! Versteck dich im Wäschekasten - und gib nicht den allerleisesten Pieps von dir, was auch geschehen mag! Hast du verstanden?" David nickte. Auch er ahnte, dass der Tod ins Haus gekommen war. Ganz still ging der Junge zum großem Wäschekasten, der vor einem Wandschrank stand, öffnete den Deckel und stieg hinein. "Warte!", rief seine Mutter, während er sich zusammenkauerte. Sie legte den Zeigefinger an die Lippen. "Denk daran: Psst! Keinen Ton!" Bevor Mary den Deckel schloss, bedeckte sie David mit einem Kissen und schloss den Deckel. "Ich liebe dich!" "Ich liebe dich auch, Mum!", flüsterte David, seine Stimme wurde durch das Kissen gedämpft. Danach blieb er ganz leise, so wie er es seiner Mutter versprochen hatte. Er regte sich kein bisschen. Nur die Tränen liefen aus seinen Augen. Mary setzte sich auf das Bett und legte die Hände ineinander. Die Schritte kamen näher. Ein Tritt des Dämons reichte, um die Schlafzimmertür aus den Angeln zu schleudern. Knallend flog die Tür gegen die Wand und kippte danach auf den Boden. Der gebeugt laufende Agron 5 kam herein. Er blickte auf die Frau herab. Mary Wynberg hatte noch niemals zuvor eine solche Ausgeburt der Hölle gesehen. Dennoch blieb sie erstaunlich gelassen. "Was willst du?", fragte sie mit lauter, wenn auch zittriger Stimme. Doch es bedurfte keiner Antwort. Was er vorhatte, konnte man dem nackten Dämon ansehen. Mary
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weinte, als das Höllenwesen sie packte, hinwarf und sich an ihr verging. Agron 5 tötete die Frau, noch während er sie vergewaltigte. *** Die beiden Polizisten, die in der Kensington-Street eintrafen, sahen die verwüstete Eingangstür. Ein Dutzend Nachbarn waren bereits vor dem Haus versammelt und berichteten den Beamten von dem Krach und den schrecklichen Schreien, die sie gehört hatten. Die Polizisten sahen den zerschmetterten Hund in der Halle und wagten nicht, das Haus zu betreten. Sie forderten Verstärkung an und sicherten den Eingang. Die zweiköpfige Besatzung des zweiten Streifenwagens, der drei Minuten darauf erschien, schlich vom Haus der Familie Wilson aus auf das Grundstück der Wynbergs. Die Männer fanden eine vollkommen verkohlte Leiche im Swimming-Pool. Fünf weitere Streifen der Metropolitan-Police trafen innerhalb der nächsten Minuten ein. Außerdem machte sich eine Spezialeinheit von Scotland Yard auf dem Weg. Während oben im Schlafzimmer das Monster seine Klaue aus Mary Wynbergs Kopf zog, betraten drei Beamte, geschützt mit Helmen und kugelsicheren Westen, das Haus durch den Vordereingang. Sie hatten automatische Feuerwaffen im Anschlag und folgten der blutigen Spur, die der Dämon hinterlassen hatte. Officer Bill Durning, ein kräftiger Mittvierziger, ging trotz seiner Angst voran. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn die Männer vom Yard das hier übernommen hätten: Diese Leute verstanden sich besser auf Terroristen und andere Schwerstkriminelle. Doch der Einsatzwagen der Spezialeinheit war noch nicht eingetroffen. Da sich Gefahr im Verzug befand, hatte die Leitung der Metropolitan Police Bill Durning und zwei andere Männer in das Haus geschickt. Durning erreichte den oberen Treppenabsatz und konnte über den Gang in Fred Wynbergs Büro sehen - das Fenster dort stand weit offen. Der Officer bedeutete seinen beiden Kollegen lautlos, dass sie am Treppenabsatz warten und ihn von dort aus Deckung geben sollten. Ihm war nicht entgangen, dass die Blutspuren auf dem Boden zu einem weiteren Zimmer auf der rechten Seite führten. Er schlich weiter und sah, dass die Tür dieses Raums ebenfalls aufgebrochen war. Durning hielt seine MP schussbereit im Anschlag - so, wie er es in den Polizeischulungen immer und immer wieder geübt hatte - und sprang in einem Satz zu der aufgebrochenen Tür. Er erwartete einen Irren mit Messer, einen Amokläufer mit einer MG oder sogar ein Überfallkommando der IRA. Aber nicht das, was er nun sah. Eine gewaltige Bestie stand im Zimmer. Blut lief aus den Fressöffnungen des Monsters. Hinter der Kreatur, auf dem Boden, lag die entsetzlich zugerichtete Leiche von Mary Wynberg. Offensichtlich war dieses Wesen dabei gestört worden, die Tote zu verschlingen. Ein langgezogenes "Ahhhh..." entwich Bill Durning. Er machte zwei Schritte zurück und stieß gegen die Wand. "Verschwinde!", knurrte Agron 5. "Mein Spiel ist nicht zu Ende. Warte noch ein Weilchen! Dann habe ich Zeit und töte auch dich!" Der Dämon drehte sich um. Er wollte noch etwas in dem Zimmer erledigen. Bill Durning drückte den Abzugshahn der entsicherten und auf Dauerfeuer gestellten MP. Während sich die Kugeln des Magazins innerhalb von Sekunden mit ohrenbetäubendem Lärm lösten, zog Bill die Waffe rauf und runter. Die Munition durchlöcherten den Dämon. Schwarzes Blut spritzte durch den Raum. Die plötzliche Ruhe nach den Schüssen war erschreckend. Agron 5 jedoch stand noch und drehte sich um. Er war schlimm zugerichtet. Die Austrittsöffnungen auf der Vorderseite seines Körpers waren untertassengroße Krater. "Das hättest du nicht tun sollen!" Das grotesk zerfetzte Etwas hatte kein Maul mehr, konnte aber noch sprechen. Das Monster, zusammengehalten von einer unfassbaren Kraft, wirkte nun, zerstückelt wie es war, gefährlicher als zuvor. Und es ging auf den Polizisten zu, der es so zugerichtet hatte. Bill Durning schob ein neues Magazin
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ein und drückte erneut ab. Gleichzeitig trat er den Rückzug an. Die Einschläge schüttelten den Dämon, konnten ihn aber nicht aufhalten. Bill erreichte den Treppenabsatz, wo seine beiden Kollegen auf ihn warteten. Für eine Sekunde starrten die Männer die Kreatur fassungslos an, dann eröffneten auch sie das Feuer. "Zerschießt den Kopf!", schrie Bill, der um sein Leben fürchtete. Es fiel ihm schwer, die Schüsse zu übertönen. Seine Kollegen reagierten augenblicklich. Sofort standen drei Polizisten nebeneinander und schossen gezielt auf Agrons Kopf. Ein unglaublicher Krach erfüllte das Haus. Der Lärm der drei MPs war weit über das Wohnviertel hinaus zu hören. Die Waffen zuckten in den Händen der Polizisten - die Männer jagten den Inhalt ihrer Magazine in das Ungetüm. Für eine Minute gab es nur das Stakkato der Waffen, die Rauchlinien der Geschosse und den Gestank des Pulvers. Eine Kugel nach der anderen traf Agron 5. Der Kopf des Dämons riss auseinander, platzte, wie eine faule Frucht. Schwarzes Blut und schwammiges Fleisch spritzten in alle Richtungen. Er war innerhalb kürzester Zeit ein zerschossenes, kopfloses Ungeheuer, das unter dem Kugelhagel der Polizisten im Gang hin- und her taumelte. Tot war dieses Ding aber nicht. Es hatte lediglich verpasst, die Waffen der Menschen mit einem Abwehrzauber auszuschalten. Jetzt musste es den Gegenangriff blind führen. Mit der unversehrt gebliebenen Linken malte Agron 5 einige Zeichen in die Luft. Über ihm begann es zu flimmern und ein heller, weißer Fleck erschien. Es knisterte. Der Fleck transformierte sich zu einem Kugelblitz, geriet in Bewegung und raste auf die Männer zu. Geistesgegenwärtig wichen die Polizisten aus und sprangen die Stufen hinunter. Der Blitz verfehlte sie um ein gutes Stück. Statt dessen schlug er in das hölzerne Treppengeländer ein, das sofort Feuer fing. Sekunden später zischten weitere Blitze heran. Bill Durnings Waffe wurde gestreift. Mit einem Aufschrei ließ er die MP fallen, denn er hatte einen schmerzhaften Stromschlag erhalten. Beißender Rauch machte sich breit, und die Männer konnten den Dämon hinter dem Feuer und dem Qualm kaum noch erkennen. "Verflucht, mein Magazin ist leer!", rief einer der Polizisten. In dem Durcheinander war es ihm unmöglich, nachzuladen. "Rückzug!", befahl Bill seinen Kollegen. "Hier können wir nichts ausrichten. Wir müssen auf die Spezialeinheit vom Yard warten." Die Männer hasteten aus dem Haus. Dutzende Kollegen empfingen sie. Die Polizei hatte das Gebäude mittlerweile umstellt. Auch der tote Fred Wynberg war inzwischen aus dem Swimming-Pool geborgen worden. Zahlreiche Neugierige, Reporter und ein Fernsehteam belagerten das Haus. Die herannahenden Sirenen der Feuerwehr waren zu vernehmen. Drinnen wich der kopflose und zerschossene Agron 5 vor den Flammen zurück, die sich rasch ausgebreitet hatten. Verletzungen bereiteten dem Ungeheuer keine Schmerzen, aber Feuer mochte es nicht. Dem Dämon passte der Rückzug der Menschen daher gut, denn er brauchte einen Augenblick um sich zu erneuern. Er machte einige Schritte, um wieder ins Schlafzimmer zu gelangen, das von den Flammen verschont geblieben war. Agron 5 hielt die Tentakel der Linken an den Halsstumpf, benetzte sie mit Blut, um anschließend eigenartige Symbole an die Wand zu malen. Ein Flimmern legte sich über ihn. Der Vorgang verlief schnell. Die Unmengen von Kugeln, die in seinen Körper eingedrungen waren, traten wieder aus und die Wunden schlossen sich. Über dem Halsstumpf bildete sich weißer Nebel, der schnell den gesamten Körper der Kreatur einhüllte. Nach wenigen Augenblicken verflüchtigte sich der Nebel wieder und Konturen wurden sichtbar. Agrons hässliche Fratze kam zum Vorschein. Der Angriff der Menschen, der so fatal schien, war spurlos an ihm vorbeigegangen. Das Monster war unversehrt, es sah aus wie zuvor! Nun würde das Höllenwesen sein grausames Spiel beenden können. Voll grimmiger Freude blickte es sich im verwüsteten Schlafzimmer um. Diese file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (28 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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dumme Frau hatte geglaubt, ihre Brut verstecken zu können! Sie hatte nicht geahnt, wie schwer es war, sich vor ihm zu verbergen. Er wandte sich der Wäschekiste zu, die unangetastet an ihrem Platz stand. Agron 5 erreichte die Kiste mit einem Schritt, riss den Deckel ab und zog das Kissen beiseite. Während sein Blick auf das zusammen gekauerte Kind fiel, hob das Monster die Klauen. Es wollte den Jungen erschlagen, das Spiel beenden. David schaute lächelnd zu dem Dämon hoch. Es war ein seltsames, verzerrtes Lächeln. Der Schwarzblütige spürte sofort, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmte. Eine äußerst unangenehme Strahlung ging von dem Kind aus. Ungerührt von der grauenhaften Kreatur, die sich über ihn gebeugt hatte, stand David Wynberg auf. "Puh, war das eng da drinnen!" Er streckte sich. "Ein toller Geburtstag, wirklich prima! Bin ich der Letzte, den du gefunden hast? Hab ich beim Versteckenspielen gewonnen?" "Rede keinen Unfug, Bursche! Das hilft dir nicht!", fauchte der Dämon, während ihm aber gleichzeitig zumute war, als würden Würmer durch seine Eingeweide kriechen. Abscheu und Widerwillen überfluteten den Schwarzblütigen. Die Klauen senkten sich. Er verstand nicht, was hier vor sich ging: Wieso geriet das Kind nicht in Panik? Sah es seine tote Mutter denn nicht? Und warum konnte er dem Menschenkind nichts tun? Mit welcher Magie schützte es sich? "Bitte, nimm mich auf den Arm! Du bist lieb!" David wirkte irre. Eine dünne Schicht Schweiß bedeckte sein kleines Gesicht. "Ich will, dass du mich zu Mum und Dad bringst - sie sollen auch sehen, wie lieb du bist!" Der Junge begann, hell und haltlos zu lachen. Das Lachen verursachte stechende Schmerzen in Agrons Ohren. Entsetzt wich der Dämon zurück. Schmerzen waren eine Empfindung, die er im Laufe seines langen Lebens kaum einmal kennen gelernt hatte. David hatte nur Augen für Agron 5. Der Junge empfand eine ehrliche, tiefe Zuneigung zu dem Wesen, das vor ihm stand und konnte nicht verstehen, warum es sich fürchtete. Was war nur los mit seinem neuen Freund? "Ich tue dir nichts, ich möchte nur mit dir spielen." David blickte freundlich und griff nach dem Dämon. "Lass mich in Ruhe, kleiner Bastard!" Agron 5 schrie das Kind an, während er gleichzeitig mehrere Schritte nach hinten machte. David lachte erneut. "Bitte komm, ich möchte dich küssen!" Das Lachen ging in ein Weinen über. Der Junge sackte in sich zusammen und fiel auf den Boden. Agron 5 Schmerzen ließen nach, aber eine widerwärtige Übelkeit blieb. "Ich weiß nicht, was du an dir hast, aber ich will nichts damit zu tun haben. Was liegt mir schon an dir? Das Spiel ist beendet!", stammelte er, während er das Zimmer verließ. Das Höllenwesen lief in Fred Wynbergs Büro. Durch das offene Fenster sah es, dass im Garten bewaffnete Menschen warteten. Agron 5 legte einen Schutzzauber um sich und sprang aus dem Fenster. Sofort wurde aus unzähligen Waffen geschossen, aber keine Kugel erreichte den Dämon, der sich schnell von Davids Ausstrahlung erholt hatte und nun lachend in der Erde verschwand. Beherzte Feuerwehrmänner stürzten währenddessen durch den Vordereingang und löschten das Feuer, das die Treppe und die Halle erfasst hatte. Sekunden später stürmte ein Dutzend schwer bewaffneter Männer das Haus. Im Schlafzimmer fanden sie ein Bild der Verwüstung. David Wynberg hockte apathisch neben seiner verstümmelten Mutter. Die Polizisten konnten nichts weiter tun, als den völlig verstörten Jungen in helfende Hände geben. *** Dorian Hunter erwachte aus tiefem, traumlosen Schlaf - noch zu müde, zu träge, um die Augen zu öffnen. Er atmete tief ein, und warme Luft, die nach Wald, Wiese und Blumen roch, füllte seine Lunge. Die Luft war schwer, mit Feuchtigkeit und tropischen Gerüchen überladen. Er begann, wacher zu werden und klarer zu denken. Gleichzeitig normalisierten sich seine Sinne.
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Ein permanentes Geräusch, das nach seinem Erwachen hässlich und dumpf geklungen hatte, eine Überlagerung von Piepstönen, entpuppte als angenehmes Konzert singender Vögel. Er lag auf dem Rücken. Der Untergrund war weich, uneben und etwas feucht. Während ihm der Wind sanft über das Gesicht strich, öffnete Dorian blinzelnd die Augen. Er blickte in den Himmel - in ein tiefes, strahlendes Blau. Keine Wolken, aber auch keine Sonne, die ihn hätte blenden können. Er dachte an Phillip, der ihn magisch berührt und anschließend ins Dämonentor gestoßen hatte. Was hatte der verdammte Kerl sich nur dabei gedacht? Ob Phillip auch für die seltsame Schläfrigkeit verantwortlich war? Hunter atmete tief ein, nahm alle Kraft beisammen und richtete den Oberkörper auf. Sofort wurde ihm schwindelig und kleine Sternchen tanzten vor seinen Augen. Es kostete ihn einige Anstrengung, sich nicht einfach zurücksinken zu lassen. Er schloss die Augen wieder, streckte die Arme nach hinten und stützte sich mit ihnen ab. Nach einigen Atemzügen verschwand das Gefühl, sich zu drehen. Vorsichtig öffnete er erneut die Lider. Stimmte etwas mit seinem Sehvermögen nicht - oder mit der Umgebung? Die Farben, die er wahrnahm, waren übertrieben bunt, wirkten in der üppigen Pracht, mit der sie sich an diesem Ort verteilt hatten, nahezu kitschig. Er blinzelte einige Male, doch die intensiven Farben, die sich ihm zeigten, blieben. Der Dämonenkiller befand sich auf einer knapp zehn Meter breiten Wiese, die zwei Waldhälften voneinander trennte. Das knöchelhohe Gras leuchtete in einem heftigen Grün. Aber dieses Grün wirkte nicht giftig, sondern freundlich. Nach vorne verlief die Wiese gut und gerne drei Kilometer, bis sie, immer flankiert vom Wald, schließlich in einer ausgedehnten Kurve verschwand. Dorian, der erwartet hatte, sich in einer Dämonenhölle wiederzufinden, war erstaunt darüber, auf einem Waldweg gelandet zu sein. Er schaute nach hinten. Der Beo sah ihn voller Misstrauen an. Der Vogel saß in der Krone eines Apfelbaumes und wiegte den Kopf hin und her. Zweimal hob und senkte das Tier die Flügel, so, als ob es sich zum Abflug bereit mache, um einer Gefahr zu entfliehen. Wahrscheinlich fürchtete es sich vor Dorian. Nach einigen Sekunden aber beruhigte sich der Beo; fünf Meter über dem Boden fühlte er sich wohl doch sicher. Er riss den Schnabel weit und tonlos auf - vielleicht um zu Gähnen, vielleicht um zu Drohen. Danach wandte sich der Exot einer Beschäftigung zu, die er zuvor offensichtlich unterbrochen hatte: Er schnappte nach den grellroten Äpfeln, die in großer Zahl an dem Baum wuchsen. Der Weg führte in Richtung Beo nicht weiter. Der Apfelbaum stand rund zwanzig Meter von Dorian entfernt. Er war Teil einer Baumreihe, welche die Wiese in einem Halbkreis umschloss. Die Obstbäume bildeten nur die erste Reihe eines Waldes, dahinter ließen sich ausladende, hohe Tannen und anderes Nadelgehölz erkennen. Im Inneren war der Wald nicht mehr licht, sondern dichtbewachsen und düster. Die Spitzen der Tannen bogen sich im leichten Wind. Die meisten Vögel, die fröhlich im Wald zwitscherten, blieben unsichtbar. Nur ab und zu sah Dorian zwischen den Ästen der Bäume etwas Buntes flattern. Er schaute wieder nach vorne. Das Schwäche- und Schwindelgefühl hatte nachgelassen, doch ganz auf dem Posten fühlte er sich noch nicht. Langsam und schnaufend kam er auf die Beine. Erleichtert stellte er fest, dass sein Kreislauf den Schock, der durch Phillips Magie oder durch das Betreten des Tores entstanden war, immer mehr überwand. Wie immer, wenn er ein Dämonentor durchschritten hatte, kontrollierte er seine gnostischen Gemmen. Sie waren unversehrt. Dies war erstaunlich. Weißmagische Symbole und Waffen wurden für gewöhnlich durch die gewaltige schwarzmagische Ausstrahlung, die in einer solch mächtigen Manifestation des Bösen herrscht, angegriffen. Hunter holte die Python hervor und drehte die Trommel. Aufmerksam betrachtete er die einzelnen Kammern, in denen sich die Silberkugeln befanden. Augenscheinlich war die Waffe in Ordnung. Auch an der Metall-Manschette am Handgelenk und dem Pyrophorgeschoss konnte er nichts Ungewöhnliches feststellen. Abgesehen davon, dass Dorian nass und schmutzig war, schien alles in Ordnung mit ihm zu sein. Ein file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (30 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Blick auf die Uhr zeigte, dass er Stunden geschlafen haben musste. Obwohl es auf die Abendstunden zu ging, strahlte der Himmel eine gleichmäßige Helligkeit aus. Da es aber keine Sonne gab, verteilten sich die Schatten, sein eigener und die der Bäume, diffus auf dem Boden. Es raschelte sanft unter seinen Füßen, als er sich zum wenige Meter entfernten Waldrand begab. Auch hier wuchsen niedrige Bäume, die allerdings kein Obst trugen. Mangels botanischer Kenntnisse konnte Dorian sie nicht zuordnen. Im Hintergrund ließ sich wiederum gewaltiges Nadelgehölz erkennen, in dem sich den Geräuschen nach zu urteilen Unmengen von Vögeln aufhalten mussten. Der Weg, auf dem er sich befand, war eine regelrechte Schneise in einem wahrscheinlich größeren Waldgebiet. Ein Schrei schreckte Dorian auf. Ein bunter Ara hatte ihn knapp überflogen und landete auf einem nahen Baum. Das Tier würdigte den Menschen keines Blickes, sondern ließ noch einmal sein freches Krächzen ertönen. Es hangelte sich mit dem Schnabel einen Ast höher, hackte ein wenig im Holz des Baumes herum und flog anschließend weiter. Schimpfend verschwand der Ara im Dunkel der Nadelbäume. Dorian wechselte zur anderen Seite des Weges. Auch hier bot sich ein ähnliches Bild: Kleinere, einzeln stehende Bäume am Rand und hohe, dicht zusammen stehende Tannen im Inneren. Der Dämonenkiller fühlte sich jetzt vollständig von dem unangenehmen Zustand erholt. Er schloss die Augen und horchte in sich hinein. Er besaß keine übernatürlichen Kräfte, aber die Fähigkeit, magische Wesen und Einflüsse zu spüren, war bei ihm sehr stark ausgeprägt. Dorian beendete die kurze Meditation. Obwohl sich keine dämonischen Ausstrahlung bemerken ließ, war er sicher, dass diese Umgebung durch Magie geschaffen worden war. Dies war auch durch die merkwürdigen Farben, die Landschaft und vor allem durch den widernatürlichen Himmel augenscheinlich. Ob die Zauberkraft weiß- oder schwarzmagischen Ursprungs war, vermochte er nicht zu sagen. Dämonentore führten gewöhnlich zu weit entfernten Orten - oder zu Plätzen, die von der Schwarzen Familie beherrscht wurden. Daher war Dorian froh, dass er nicht in ein Dämonennest versetzt worden war. Er kannte die Unterwelten der Familie; der Aufenthalt dort war stets ein lebensgefährliches Unterfangen. Es gab jedoch auch in dieser bunten Welt der Vögel und Wälder kein Aufatmen. Hinter der auf den ersten Blick freundlichen Dimension konnten dennoch die Schwarzblütigen stecken. Zudem besaß Hunter keinerlei Vorstellung davon, wie er wieder nach London kommen sollte. Zunächst wollte er aber feststellen, warum Phillip ihn hierher geschickt hatte. »Jetzt gehen wir die Hexe holen!«, hatte er gesagt. Meinte Phillip, dass sich Coco in dieser Dimension befand? Oder gab es hier einen Hinweis, der zu ihr führte? Der Dämonenkiller versuchte das Einfachste. Er rief mehrmals nach Coco. Die schwere, feuchte Luft schluckte ein Großteil des Schalls. Die Rufe waren aber laut genug, um die im Wald versteckten Vögel abrupt zum Schweigen zu bringen. Für einige Sekunden herrschte unheimliche Stille. Keine Antwort. Er wiederholte seine Rufe. Nach einigen Augenblicken nahmen die Vögel ihr Gezwitscher wieder auf und die Geräuschkulisse klang wie zuvor. Es bot sich an, dem Weg zu folgen, um zu sehen, was sich hinter der Kurve befand. Da die Wiese selbst keine Deckung bot, beschloss Dorian, zwischen den kleineren Bäumen am Waldrand entlangzulaufen. Er trat auf der rechten Seite in den Wald ein, behielt den Weg neben sich im Auge und folgte ihm. Das Gelände war ansteigend, das Gras zwischen den Bäumen kniehoch und der Boden uneben. Obwohl keine Wolke zu sehen war, musste es vor kurzer Zeit geregnet haben. Der Untergrund war feucht und von den Bäumen tropfte es ab und zu. Nach einigen hundert Metern Waldspaziergang reichte es Hunter - er wechselte wieder auf die offene Wiese. Dort kam er wesentlich zügiger voran. Der Boden wurde bald trockener und ebener. Das Vogelgezwitscher ließ in der Lautstärke nach, bis es schließlich ganz hinter ihm blieb. Die schwere Luft verschwand, ebenso die exotischen Gerüche. Im Bereich der Kurve war das Gras kurz geschnitten und Dorian hatte den Eindruck, sich auf einem gepflegten englischen Rasen zu bewegen. Wurde die Wiese gemäht? Aber von wem? Bis jetzt war kein Mensch zu sehen. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (31 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Hunter stellte allerlei Überlegungen über diese Welt an, konnte sich aber keinen Reim auf sie machen. Vielleicht ließ sich hinter der Kurve eine Erklärung finden. Er lief etwas schneller. Endlich erreichte er den Anfang der Biegung. An beiden Seiten waren dort fußballgroße Natursteine aufgeschüttet worden, um den Weg zum Wald hin abzugrenzen. Anfänglich war diese Mauer nur kniehoch, stieg aber im Laufe der Kurve an, bis sie schließlich den Blick auf den Wald versperrte. Vielleicht war sie gebaut worden, um etwas zu verbergen. Der Dämonenkiller begab sich zur rechten Seite und stieß mit der Faust gegen das Bauwerk. Die Steine waren fest ineinander verkeilt; es war unmöglich, die Mauer umzuwerfen. Da er keine Lust zum Klettern verspürte, lief er einige Meter zurück, so dass er wieder über die Mauer schauen konnte. Der Wald wirkte genauso wie zuvor: Vorne niedrige Bäume, weiter hinten große Tannen. Das Summen von Insekten war zu hören, die Äste und das Gras bewegten sich leicht im Wind. Wie bestellt tauchte neben einem Baum ein Eichhörnchen auf, schaute nervös hin und her, um schließlich den Stamm hinaufzueilen und in der Baumkrone zu verschwinden. Dort scheuchte der lebhafte Nager offensichtlich zwei Spatzen auf. Schimpfend stoben die Vögel zwischen den Ästen hervor, drehten eine Runde in der Luft und suchten sich danach einen anderen Baum zur Landung aus. Alles wirkte ruhig und ungefährlich. Er ging zur anderen Seite des Weges und sah auch dort über die Steine. Auch hier machte der Wald einen beschaulichen Eindruck. Was hatte es mit diesem merkwürdigen Idyll auf sich? Handelte es sich um eine besonders raffinierte Falle? Er stellte sich in die Mitte des Weges und schloss noch einmal die Augen. Wieder konzentrierte er sich und horchte in sich hinein. Auch jetzt konnte er keine schwarzmagischen oder dämonischen Schwingungen spüren. Ratlos machte er sich wieder auf den Weg. Die Mauer stieg weiter an und erreichte bald eine Höhe von fünf Metern. Dorian fühlte sich zwischen den Steinen nicht besonders wohl. Er beeilte sich, um das Ende der Kurve zu erreichen. Die Biegung endete nach einigen Minuten Fußmarsch. - dort erlebte er erneut eine Überraschung: Vor ihm tat sich eine sorgfältig und großzügig angelegten Parkanlage auf. Der Garten war recht groß und hätte jedem Schloss zur Ehre gereicht. Beete, in denen merkwürdige Blumen wuchsen, strahlten in allen Farben. Hecken und Büsche, exakt zu phantasievollen Formen geschnitten, leuchteten herrlich grün. Gepflegte Rasenflächen waren angelegt worden, und hölzerne Brücken führten über künstlich angelegte Teiche. In der Mitte der Anlage plätscherte ein prächtiger Marmorbrunnen vor sich hin. In der Mitte des Beckens sprang ein Delphin aus dem Wasser und aus dem Schnabel der Skulptur spritzte unermüdlich eine Fontäne hervor. Der Park war von zahlreichen schmalen, gewundenen Kieswegen durchzogen. Überlebensgroße Büsten, die bedeutende Persönlichkeiten darstellen mochten, verteilten sich auf dem gesamten Gelände - ebenso steinerne Bänke, die zum Verweilen einluden. Eingerahmt war der Park von einer meterhohen Mauer aus Natursteinen. Dorian stand nun auf einem Kreuzweg und schaute sich um. Außer ihm selbst gab es auch hier keine Menschen. Rechts und links lag die Mauer, die den Garten vom Wald trennte. Hunter wandte sich jedoch nach vorne. In dieser Richtung ging es quer durch den Park, zur gegenüberliegenden Seite hinüber. Dort ließ sich ein Ausgang erkennen. Der Himmel war immer noch gleichmäßig, sonnenlos Blau. Der Dämonenkiller wunderte sich nicht weiter darüber, dass die Pflanzen hier trotzdem dermaßen gediehen. Mit magischen Mitteln, die zweifellos eingesetzt worden waren, ließ sich manches bewerkstelligen. Es war bedrückend, niemanden zu erblicken. Andererseits wusste man in einer fremden Dimension nie, auf wen oder was man stoßen würde, so dass es auch Vorteile haben mochte, allein zu sein. Mit großen Schritten ging er durch den Garten und passierte den Brunnen. Der Delphin spuckte weiterhin fleißig Wasser. Bei näherem Hinsehen fiel auf, dass die Skulptur sehr naiv gestaltet war. Sie hatte riesige Augen und lächelte albern. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (32 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Es sah aus, als ob der Bildhauer diese Meeressäuger nur aus Micky-Maus-Heften kannte. Die Figuren passten nicht in diesen Park. Kopfschüttelnd ging Dorian weiter. Auf der linken Seite, zehn Meter von ihm entfernt, befand sich ein grasbewachsener Hügel, in dem eine winzige Holztür eingelassen war. Rechts neben der Tür stand ein niedlicher Gartenzwerg, der eine Gießkanne in der Hand hielt. Die Figur wirkte sehr plastisch und trug Textilien, die sich im Wind bewegten. Irgendetwas kam Hunter jedoch merkwürdig vor. Er konnte nicht genau sagen, was seinen Verdacht erregte. Um sich die Sache näher anzuschauen, musste er über ein Beet mit Orchideen steigen. Er zertrat dabei einige der leuchtenden Pflanzen, die vor dem Hügel wuchsen. "Das darf doch wohl nicht wahr sein!", schimpfte eine dünne, aber energisch klingende Stimme. "Der Banause hat meine Coelogyne flaccida zerstampft!" Leben war in den Gartenzwerg gekommen - er hatte sich nur verstellt, um starr wie eine Porzellanfigur zu wirken! Der Kleine warf seine kleine Gießkanne schwungvoll in Richtung des Menschen. "Runter da, du Saubär!" Der Wicht sprach Deutsch. "Hörst du nicht?" Dorian Hunter machte einen großen Satz nach vorne und stand einen Meter vor dem Zwerg. Der Kleine hatte die Fäuste in die Hüften gesteckt, zeigte keinerlei Angst, sondern schaute mit seinen schwarzen Knopfaugen wütend zu ihm auf. "Weißt du eigentlich, wieviel Arbeit es macht, Coelogyne flaccida zu züchten, du Nichtsnutz? Nur wenn sie liebevoll gehegt werden, bekommt man ein solch schönes Beet zustande." Die Knollennase des Zwergs wackelte, wenn er sprach. Seine rote Mütze war ihm ins Gesicht gerutscht, nun zog er sie wieder zurecht. "Und du zerstörst einfach alles! Was sagst du dazu, Taugenichts?" Dorian überwand seine Überraschung. "Tut mir außerordentlich leid! Ich bin durcheinander, weil ich nicht weiß, wo ich bin." Er sprach ebenfalls Deutsch. "Soso, und das ist ein Grund, meine Orchideen zu zertreten?" Der Kleine lief an ihm vorbei und hob seine Kanne wieder auf. "Ich sagte bereits, dass es mir leid tut. Kannst du mir verraten, wo ich bin?" Hunter ging in die Hocke, um sich besser mit dem Kleinen unterhalten zu können. Der Zwerg trat zu ihm. "Warum sollte ich? Ich kenne dich ja gar nicht!" "Mein Name ist Dorian Hunter. Ich bin auf der Suche nach Coco Zamis. Kennst du sie?" "Nö, sollte ich?" Der Dämonenkiller hatte eine gnostische Gemme hervorgeholt. Er pendelte das Amulett vor den Augen des Wichts hin und her. "Hast du so etwas schon mal gesehen, kleiner Mann?" Dorians Stimme klang beruhigend. "Nein." Der Zwerg schaute die Gemme gebannt an. Er konnte den Blick nicht mehr abwenden. Hunter begann sich zu konzentrieren. "Schau auf das Amulett! Sie es dir genau an! Spüre, wie du müde wirst..." "Winny?" Eine schrille Stimme unterbrach den Versuch, den Zwerg zu hypnotisieren. Dorian befürchtete beinahe, dass Miss Pickford aufgetaucht sei. "Winny! Du sollst doch nicht mit Fremden sprechen!" Die kleine Tür im Hügel hatte sich geöffnet und der Kopf einer betagten Zwergendame schaute heraus. "Komm sofort ins Haus!" "Ja, Schatz, bin schon unterwegs!", rief Winny. Leise wandte er sich an Dorian. "Da kann man nichts machen, mein Guter. Wenn meine Alte ruft, muss ich gehen!" Flink wie ein Wiesel wandte er sich um und rannte zu seiner Frau. Geschwind verschwand er in der Tür und schloss sie hinter sich. Der Dämonenkiller sprang hinterher und zog die Tür wieder auf. Eine kleine Holztreppe führte ins Dunkle hinab. Die beiden Zwerge waren verschwunden. "Sagt mir wenigstens, wo ich bin!", rief Dorian. Er bekam keine Antwort. "Na toll, Dorian Hunter im Wichtelland...", murmelte er, während er zum Delphinbrunnen zurücklief. Dort stellte er sich auf Rand des Beckens, um den merkwürdigen Park zu überblicken. Nirgendwo file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (33 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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sonst ließen sich solche Winzlinge ausmachen. Achselzuckend stieg er herunter und lief weiter. Er hatte es aufgegeben, eine Erklärung für die Merkwürdigkeiten dieses Ortes zu suchen. Minuten später näherte er sich dem Steinwall auf der gegenüberliegenden Seite des Parks. Dorian erreichte die Stelle, an der sich der vermutete Ausgang befand. Der Durchlass war zwei Meter breit und drei Meter hoch, und führte in einen Gang, der rechts und links von einer Dornenhecke abgegrenzt war. Er durchschritt die Maueröffnung und betrachtete die Hecke. Sie war zu hoch, um über sie hinwegzusehen. Zwischen braungrünen, gezackte Blättern prangten dicht an dicht fingergroße Dornen. Sie wirkten wie Messer, die nur darauf warteten, sich in lebendes Fleisch zu bohren. Er blickte nach vorne, wo der von der bösartigen Hecke eingerahmte Weg nach zehn Metern an einem eisernen Tor endete. Ein Flügel stand ein wenig offen, aber es ließ sich nicht erkennen, was hinter dem Tor lag. Es roch förmlich nach einer Falle, aber Hunter hatte sich längst entschlossen, auch diesen Weg zu erforschen. Er nahm eine Gemme in eine Hand, in die andere die Python. Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich dem Tor. Plötzlich bemerkte er, dass von hinten lila Nebel auf ihn zu kroch. Die Sicht auf den Garten war bereits verdeckt. Ein Hauch des Nebels erreichte Dorians Gesicht. Seine Augen fingen zu tränen an, die Haut brannte fürchterlich. Während er rückwärts ging, hustete er und kämpfte mit einem Würgereiz. Als er außer Reichweite des Nebels war, ließen die Beschwerden augenblicklich nach. Doch die lila Wolke wurde immer dichter und arbeitete sich langsam auf ihn zu. Er drehte sich zum Eisentor um, das jetzt zwei Meter von ihm entfernt war. Wie von Geisterhand bewegt öffnete es sich. Knarrend schwangen die beiden Flügel zurück, und gaben den Blick auf einen missgestalteten Mann frei, dessen Kopf von einer blutroten Kapuze verdeckt wurde. Hinter den Augenschlitzen der Kopfbedeckung funkelten schwarze Augen. Der nackte, beharrte Torso des Mannes war mächtig, und wurde von zwei kurzen, dicken Beinen getragen. Der eine Arm strotzte vor Muskeln, und die Hand trug ein gewaltiges Beil, dessen Klinge gefährlich glänzte. Der andere Arm war dünn und feminin, er schien knochenlos zu sein und schlenkerte nutzlos am Körper. Beide Arme waren mit dicken Fäden an den Oberkörper genäht; auch die Beine machten den Eindruck, als ob sie nicht zum Torso gehörten. Die Gestalt trug eine zerschlissene Hose, die bis zu den Knien reichte. Der Dämonenkiller wusste sofort, womit er es zu tun hatte. Es handelte sich um einen Untoten der ganz besonderen Art: einen schwarzen Henker! Die Dämonen benutzte diese Wesen, um sie in ihren Häusern als Wächter einzusetzen, oder auch, um sie bei internen Auseinandersetzungen in den Kampf zu schicken. Sie wurden aus allen möglichen Leichenteilen zusammengesetzt und dann belebt. Das Besondere an ihnen war, dass sie nur aus Menschen bestanden, die gewaltsam gestorben waren. Wollte man einen Henker erledigen, so musste jedes Körperteil genauso zu Tode kommen, wie der Mensch, zu dem es einstmals gehört hatte. Das bedeutete für Dorian, dass es praktisch unmöglich war, sein Gegenüber zu töten. Es blieb nur die Flucht. Doch die Dornenhecken an den Seiten ließen sich nicht überwinden - nicht ohne schwere Verletzungen. Der lila Nebel stand ihm schon im Nacken - heil würde er da auch nicht durchkommen. Aber er musste etwas unternehmen. Sollte er die Pistole wegstecken und lieber Brookers Pyrophorgeschoss abfeuern, um den Henker dadurch einige Augenblicke zu verwirren? Unter Umständen war es möglich, dann an dem Untoten vorbei zu stürmen. Schon hatte er den Zylinder in der Hand und wollte den Verschluss öffnen, als die hallende, dunkle Stimme des Wächters ertönte: "Parole oder Name!" Der Dämonenkiller stutzte. Ihm war keine Parole bekannt. "Dorian Hunter!", rief er also. Schaden konnte es zumindest nicht. "Richtig!", erwiderte der Henker zu Dorians Erstaunen. Der Untote senkte das Beil und lief aus dem Torbogen hinaus. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (34 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Dorian war perplex. Er blickte kurz nach hinten und sah, wie der Nebel sich zügig verflüchtigte. Dennoch lief er nicht zurück, sondern folgte dem Henker durch das Eisentor. Der Missgestaltete bewegte sich auf einen weißen Steinsarg zu. Der Deckel lag auf, war aber zur Hälfte beiseite geschoben. Der Untote stellte sein Beil auf den Boden ab und stieg in den Sarg. Nachdem er sich hingelegt hatte, kreuzte er die ungleichen Arme über die Brust. Der Deckel schloss sich ohne sein Zutun. Er schlief wieder. Dies war typisch für diese Kreaturen: sie erwachten nur, wenn ihre Dienste benötigt wurden. Danach fielen sie in eine Starre. Wer hatte den Henker beauftragt, Dorian durchzulassen? Und warum? Der Dämonenkiller war nicht auf eine längere Wanderung eingestellt und hoffte, bald auf Antworten zu stoßen. Er ging zum Tor zurück; es ließ sich ohne weiteres aufziehen, und er konnte wieder zur Parkanlage hinüberblicken. Doch dorthin zog es ihn nicht mehr. Der Steinsarg des Henkers befand sich auf einem Weg, dessen Ende nicht einsehbar war. Der Pfad war fünf, sechs Meter breit, und an beiden Seiten mit einer hohen, unüberwindbaren Mauer aus Natursteinen abgegrenzt. An diesen verfluchten Steinen schien es hier kein Mangel zu geben - und offensichtlich hatte jemand nichts Besseres zu tun, als überall Grenzen zu ziehen und Hindernisse aufzubauen. Unter Hunters Schuhen knirschte grober Kies, ab und zu trat er auf Grasbüschel. Der Himmel zeigte noch immer keine Sonne, sondern nur sein freundliches Blau. Kein Lebewesen war zu sehen - weder Mensch, Tier noch Zwerg. Ein leichter Wind bewegte die warme Luft. Dorian hoffte, dass seine immer noch nasse Kleidung bald trocknen würde. Die Ruhe wirkte bedrohlich. Er ging aber davon aus, dass ihm niemand nach dem Leben trachtete - sonst wäre er vom Henker angegriffen worden. Der Weg stieg steil an und beschrieb mehrere Kurven. Einige Spatzen landeten auf dem Mauerrand und betrachteten den Spaziergänger neugierig. Die Strecke war nicht so lang, wie der Dämonenkiller befürchtet hatte. Nach einigen Minuten flachte die Mauer an beiden Seiten ab und der Weg wurde von dichtem Wald abgegrenzt. Nach einer letzten Kurve verbreiterte sich der Pfad, verlief ein wenig abschüssig, um schließlich zu einer ausgedehnten Lichtung zu führen. Das, was Dorian in dreißig Metern Entfernung erblickte, ließ seine Ratlosigkeit noch größer werden: Hinter einem kleinen See, in dessen Mitte ein herrenloses Ruderboot trieb, standen drei Holzhütten. Er erreichte das Gewässer und trat ans Ufer. Das leere Boot, vom sanften Wind bewegt, trieb langsam auf ihn zu. Im glasklaren Wasser schwammen zwei bunte Kinder-Schwimmringe; ein aufgeblasener Plastik-Hai war an den Rand gedriftet. Ein eigenartiger, angenehmer Geruch ging von dem Gewässer aus. Dorian beugte sich hinunter, nahm ein wenig Wasser mit der Hand auf und probierte vorsichtig davon. Es war herrlich kühl und erfrischend. Da sein Mund trocken war, nahm er noch einige Schlucke, bevor er sich den Hütten zuwandte. Die Fenster dieser einfach konstruierten Bauten waren verglast und sogar mit Gardinen und Vorhängen versehen. Misstrauisch ging er auf die erste Hütte zu und stieß die Tür auf. Vor ihm lag ein dürftig ausgestatteter Raum: Ein gemachtes Doppelbett, ein Tisch, zwei Schränke. Das Zimmer wirkte sauber und ordentlich. Hunter trat ein, um sich genauer umzusehen. Am Bettende saßen zwei Teddybären. Er hob eine Bettdecke an. Die Bezüge waren mit Micky-Maus-Bildern bedruckt. Die Schlafstätte schien für Kinder hergerichtet zu sein. In einer Zimmerecke befand sich eine Kiste mit Spielzeug, auf einem der Schränke standen mehrere Bilderbücher. Aber wo waren die Kinder, die in dieser Hütte wohnten? In einer Nische entdeckte er einen Abstelltisch, auf dem eine blecherne Schüssel stand. Sie enthielt klares Wasser. Über dem Tisch hing ein runder Spiegel, daneben, an einem Haken, ein Handtuch. Dorian besah sich in dem Spiegel: Sein Gesicht war verschmutzt, die Haare zerzaust. Er schöpfte sich mit den Händen mehrmals Wasser ins Gesicht und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Das konnte eine gründliche Dusche nicht ersetzen, aber er fand, dass er nun wieder etwas zivilisierter file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (35 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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aussah. Draußen wurde es schlagartig dunkel. Es gab keinen Übergang, keine Dämmerung. Ein weiterer Beleg dafür, dass die Umgebung künstlich erschaffen worden war. Hunter bekam sein Feuerzeug zu fassen. Auf dem Tisch stand eine einfache Gaslaterne. Er zündete das Licht an und ging hinaus. Kein Mond, keine Sterne waren zu sehen, dennoch wurde der Himmel nicht von vollkommener Schwärze beherrscht. Die Umrisse der Baumkronen zeichneten sich vor einem schwach leuchtenden, tief-blauen Hintergrund ab. Zur Not hätte sich Dorian auch ohne Lampe zurechtfinden können. Die Fenster der anderen Hütten blieben verdunkelt, dort schien sich niemand aufzuhalten, trotzdem wollte er die Häuser untersuchen. Doch ein flackerndes Licht, das aus dem Wald kam, hielt ihn davon ab. *** Rasch und leise begab er sich rechts in den Schatten der Birken und kleinen Tannen, die den Waldrand bildeten. Tiefer im Unterholz, vielleicht zwanzig Meter entfernt, schien ein Lagerfeuer entfacht worden zu sein. Hunter schraubte den Docht der Lampe nach unten und die Flamme erlosch. Er wollte nicht weiter auf sich aufmerksam machen, bevor er wusste, wer das Feuer entzündet hatte. Seine Hand steckte bereits in der Tasche und hatte den Griff des Revolvers umschlossen. In diesem Augenblick ertönte von der Feuerstelle her das Lachen von Kindern. Fröhliche Stimmen hallten durch den Wald, der Sinn der gesprochenen Worte blieb jedoch unverständlich. Noch einmal wurde gelacht, dann wurde es wieder still. Dorians Augen hatten sich an das bläuliche Dämmerlicht gewöhnt. Er stellte die Lampe auf einem Baumstumpf ab und tastete sich in einen Saumpfad hinein, der zwischen niedrigen Föhren und Büschen lag. Der schmale Weg führte in Richtung der Feuerstelle, die aber weiterhin hinter Sträuchern und Bäumen verborgen lag. Der Dämonenkiller bemühte sich, leise zu gehen, dennoch raschelte das Laub unter seinen Schuhen. Zweige zerbrachen knackend. Er blieb stehen und lauschte. Von den Kindern war nichts mehr zu hören, es klang nun, als sprächen Erwachsene leise miteinander. Hunter erreichte die Stelle, hinter der die Flammen flackerten. Er trat aus dem Schatten der Bäume heraus, und vor ihm lag eine größere Grasfläche, in deren Mitte ein romantisches Lagerfeuer brannte. Die acht Personen, die sich kreisförmig darum versammelt hatten, schienen zum Teil einem Märchenbuch entsprungen zu sein: Ein muskulöser Mann, der entfernt einem Neandertaler ähnelte, saß neben einer Zwergin und einem Zwerg. Gegenüber diesen Dreien hockten zwei Kinder, eines davon hatte einen kahlen, bläulich schimmernden Kopf. Dieses Kind hatte nur ein einziges Auge, das sich in der Mitte der Stirn befand. Eine Frau, augenscheinlich eine Inderin, saß neben einem durchschnittlich wirkenden Mann. Etwas abseits hatte eine halb durchsichtige Gestalt, altertümlich gekleidet, Platz genommen. Die Zwergenfrau, knapp dreißig Zentimeter groß, entdeckte den Dämonenkiller und sprang auf. "Da ist er ja!" Auch die anderen drehten sich zu ihm um. Freudig erhoben sie sich, um den Besucher zu begrüßen. Es war ein frohes Treffen unter Freunden: Unga, der große und muskulöse Cro-Magnon gehörte zu Dorians wichtigsten Kampfgefährten, ebenso der Puppenmann Don Chapman, dessen Gefährtin die zwergenhafte Dula war; Tirso, der acht Jahre alte, magisch überaus begabte Zyklopenjunge; Doktor Faust, ein geistiger Helfer aus dem Jenseits; Reena, Ungas indische Begleiterin; der durchschnittlich aussehende Vergil Fenton, Erzieher und Lehrer; und am wichtigsten: Martin, Dorians Sohn! "Hallo, Dad!" Martin lief seinem Vater in die offenen Arme. "Endlich bist du gekommen - du hast mir ganz schön gefehlt!" Dorian hob seinen Sohn hoch und drückte ihn. "Ich habe dich auch vermisst!", sagte er mit Tränen in den Augen. Seit Monaten hatte er keinen Kontakt mehr zu seinem Jungen gehabt und auch nicht gewusst, wo er sich befand. Hier war Martin
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also, bei Freunden. Nachdem er ihn heruntergelassen hatte, begrüßte Dorian Tirso. Der blau-häutige Zyklop sprang ihm einfach in die Arme und ließ sich einmal im Kreis drehen. Anschließend gab Hunter Reena und dem Privatlehrer Vergil Fenton die Hand. Die Zwergenfrau Dula und der Puppenmann Don Chapman waren beim Lagerfeuer geblieben, um bei dem Hin und Her nicht getreten zu werden. Nachdem er Unga begrüßt hatte, ging der Dämonenkiller zu den Beiden. "Und ich dachte, ihr seid auf dem Elfenhof." Don schüttelte mit beiden Händen Dorians Zeigefinger. "Schön, dich endlich wiederzusehen, Rian! Wir haben unseren Stützpunkt in Island nicht aufgegeben. Dass wir hier unsere Zelte aufgeschlagen haben, war Ungas Idee. Das wird er dir aber alles selbst erzählen wollen." Der geisterhafte Doktor Faust hatte geduldig gewartet, bis sein früherer Schüler alle Freunde begrüßt hatte. Der Astralkörper des Magisters leuchtete intensiv und war jetzt beinahe undurchsichtig. Langsam schwebte er auf Dorian zu. "Seid mir gegrüßt, lieber Georg!" "Ihr hier, Doktor? Das überrascht mich!", sagte Dorian Hunter. "In Frankfurt hattet Ihr große Schwierigkeiten damit, Euch zu manifestieren." "Nun, Georg, an jenem Tag, an dem die magische Bruderschaft mich angerufen hat, herrschten andere Gesetzmäßigkeiten als hier und heute. Das ist aber ein unergiebiger Gesprächsstoff, der uns jetzt nicht langweilen soll. Wie ich sehe, hat Euch der blondgelockte Zaubermann gut auf den Weg gebracht. Mein Erscheinen hier befriedigt im Grunde genommen nur meine Neugierde. Ich wollte Gewissheit darüber haben, ob Ihr heil bei Euren Freunden angekommen seid." "Ihr habt Phillip dazu angestiftet, mich ins Dämonentor zu stoßen?" "Angestiftet? Welch unpassende Wortwahl!", tadelte Faustus. "Sowohl der Zaubermann als auch ich hatten den gleichen Einfall." "Wie dem auch sei: In Frankfurt spracht Ihr von einer großen Bedrohung, wart voller Sorge deswegen, und nun bringt Ihr mich an diesen seltsamen Ort. Was hat das alles zu bedeuten?" "Über vieles werden Euch Eure Freunde Aufklärung geben können. Besonders derjenige, der reich ist an Kraft und seit langem auf Erden weilt. Er hat diesen unterirdischen Ort entdeckt und zu einem sicheren Hort gemacht. Doch auch dieser Platz wird bald eine vom Bösen belagerte Insel sein, wenn die Dinge so weitergehen wie bisher. Ein Wesen, das nicht zur Schwarzen Familie gehört, wird alsbald seine ganze Stärke ausspielen. Ihr tätet gut daran, Euch auf Luguris Angebot, der ebenfalls gegen das schreckliche Wesen kämpft, einzulassen." "Ihr redet von Dingen, die mir vollkommen neu sind. Könntet Ihr mir Genaueres erzählen?" Dorian war in einem vergangenen Leben Adept des großen Magiers gewesen, darum nannte ihn Faust auch bei seinem früheren Namen. "Meine Zeit ist leider sehr begrenzt." Faust streckte das Kinn mit dem Spitzbart hervor. "Ich kann nur so viel sagen: Zur rechten Zeit werde ich am rechten Ort sein! Gehabt Euch wohl, lieber Georg!" Langsam löste sich die Gestalt auf. Hunter wusste, dass es keinen Zweck hatte, Faustus zum Bleiben überreden zu wollen. "Mit deinem geisterhaften Freund stimmt etwas nicht", meinte Unga, der fasziniert zugesehen hatte, wie sich der Astralkörper verflüchtigt hatte. "Inwiefern?" Dorian runzelte die Stirn. "Vor einer halben Stunde tauchte ein schemenhaftes Gebilde am Lagerfeuer auf. Ein weißer Nebel ohne erkennbare Form. Zuerst waren wir beunruhigt, doch es passierte nichts. Erst einige Minuten, bevor du kamst, nahm das Gebilde die Gestalt von Faustus an." "Ich habe niemals zuvor eine intensivere Manifestation des Doktors gesehen. Wirklich ein erstaunliches Phänomen", meinte Dorian. "Ja, aber diese Manifestation setzte erst bei deiner Ankunft ein. Ist es nicht denkbar, dass Faustus eine geistige Projektion von dir ist?", fragte Unga. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (37 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Hunter schüttelte den Kopf. " Es gibt mehr als einen Grund, der dagegen spricht. Aber du wirst verstehen, dass mich jetzt etwas anderes beschäftigt. Ich habe viele Fragen an dich." "Natürlich. Komm, wir setzen uns ans Feuer!" Tirso und Martin waren auf einen nahen Baum geklettert und alberten lautstark miteinander. "Kommt runter, ihr Beiden! Es wird Zeit für das Bett", rief Vergil Fenton. Die Jungen protestierten der Form halber, kamen aber nach einigen Augenblicken. "Vergesst nicht, Dorian eine gute Nacht zu wünschen!", mahnte Vergil. Nacht, Sir!", rief Tirso. "Bis morgen Daddy!" Martin kam herbei und kuschelte mit seinem Vater. Dorian war glücklich, wie lange nicht mehr. Er winkte Tirso und Martin hinterher, als sie sich mit Vergil Fenton auf den Weg zu den Hütten machten. "Wo bin ich?", fragte der Dämonenkiller in die Runde. Die anderen hatten sich ebenfalls wieder um das Feuer gruppiert. "Wir sind in Kreta, besser gesagt unter Kreta!", antwortete Reena. "Du warst schon einmal hier, Dorian", sagte Don. Er hatte keine Piepsstimme, wie seine Größe vielleicht erwarten ließ, sondern sprach tief und volltönend. "Hekates Unterwelt", stellte Hunter fest. Die damalige Fürstin der Finsternis hatte unter Kreta ein Reich erschaffen, in dem unzählige Dämonen hausten. Nach Hekates Rückverwandlung in eine Alraune zerfiel ein Teil dieser Unterwelt und die dämonischen Scharen zogen sich zurück. "Am besten, ich erzähle von Anfang an", meinte Unga. "Du weißt, dass ich mich auf dem Elfenhof seit langer Zeit mit den Büchern beschäftige, die wir aus dem Tempel des Hermes Trismegistos gerettet haben. Vor kurzem fand ich heraus, dass diese Werke wie die Teile eines Hologramms sind: Zersplittert ein Hologramm, so zeigt jedes Fragment immer noch das Ganze." "Soll das heißen, du verfügst jetzt über das gesamte Wissen des Dreimalgrößten?", fragte der Dämonenkiller erstaunt. "Ich hoffe, irgendwann wird es so sein", antwortete Unga. Er warf einige Holzscheite in das Feuer. Glühende Funken stoben auf und tanzten sekundenlang in der Luft. "Zur Zeit sind meine Fortschritte sehr bescheiden." "Er hat Hekates Reich gefunden und in einen weißmagischen Stützpunkt verwandelt. So bescheiden können seine Kenntnisse also nicht sein", sagte Dula lächelnd. Sie kuschelte sich an Don, der den Arm um sie legte. "Hermes hatte eine Möglichkeit gefunden, große magische Felder zu orten und in ihr Gegenteil umzukehren. Trotz Hekates Tod und der Flucht ihrer Dämonen, waren in der Unterwelt weiterhin starke schwarzmagische Kräfte am Wirken. Nachdem ich die Entdeckung des Dreimalgrößten anwenden konnte, bot es sich nahezu an, sie hier auszuprobieren", erklärte der Cro-Magnon. "Es gibt keinen natürlichen Weg in Hekates Reich. Wie bist du hergekommen?", fragte Dorian. "Als ich feststellte, dass es hier ein aktives Dämonentor gibt, beschworen wir auf dem Elfenhof auch eines", antwortete Unga. "Ein gefährliches Unterfangen!", stellte Dorian fest. "Du hast Recht. Ich war vorsichtig und traf bestimmte Vorkehrungen, so dass die Dämonen nicht auf uns aufmerksam werden konnten. Die Dämonentore sind manipuliert. Ich habe einen Code eingebaut, ohne den sie sich nicht verwenden lassen." "Als wir vor drei Wochen das erste Mal herkamen, waren wir vollkommen überrascht", erzählte Reena. "Wir fanden uns auf einer wunderschönen Wiese wieder, umgeben von Wald und belebt mit exotischen Vögeln und anderen Tieren. Ein richtiges Idyll." "Das düstere, felsige Gebiet, in das du vor Jahren versetzt wurdest, Dorian, ist nicht weit von hier", fuhr Unga fort. "Doch dort ist nahezu alles zerstört. All die meterhohen Megalithen und Menhire sind umgestürzt und zerbrochen. Kein Stein steht mehr über dem anderen. Von Hekates Unterwelt sind nur drei Abschnitte verblieben. Der Bereich, den Reena erwähnt hat, dann der Garten und schließlich der Ort, an dem wir uns jetzt aufhalten." file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (38 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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"Wir haben Hekate unterschätzt", meinte Don. "Sie schuf nicht nur eine barbarische Dämonenwelt, sondern auch ein kleines Paradies." "Vielleicht brauchte sie es, um sich dort von ihren Grausamkeiten zu erholen", vermutete Dula. "Im Garten bin ich auf zwei merkwürdige Wichte gestoßen", sagte Dorian. Reena nickte. "Es sind Freaks, die zu Hekate gehörten. Sie mussten sich im Auftrag der Dämonin um den Park kümmern. Der Tod ihrer Herrin berührte sie nicht, sie gingen weiter ihrer Arbeit nach. Die Beiden sind harmlos und wir lassen sie schalten und walten wie sie wollen." "Der Henker, der am Ausgang des Parks Wache hält, wirkt aber nicht so harmlos." "Er schlief in seinem Steinsarg, als wir diese Welt das erste Mal betraten." Unga hielt die Hände ans wärmende Feuer. "Offensichtlich hatte Hekate dem Untoten keinen Auftrag gegeben, vielleicht war er eine Art Reserve-Waffe für sie. Mir gelang es jedenfalls, ihn aufzuwecken und für unsere Zwecke einzusetzen. Selbst wenn es einem Dämon gelänge, durch das Tor in Hekates Unterwelt zu gelangen, am Henker würde er schwerlich vorbeikommen." "Habt ihr die Hütten und das ganze andere Zeug hierher gebracht?", fragte Dorian. "Das bisschen Holz war nicht schwer und die Häuser schnell zusammengebaut", sagte der Cro-Magnon. "Ansonsten haben wir nur das Nötigste mitgenommen." "Als Unga die Idee hatte, uns hier einzurichten, stimmte ich begeistert zu", erklärte Don. "An diesem einsamen und eigentlich freundlichen Platz konnten Tirso, Dula und ich erstmals frei herumlaufen, ohne befürchten zu müssen, von Außenstehenden entdeckt zu werden." "Ich dachte außerdem, dass sich dieser verborgene und geschützte Ort hervorragend als Stützpunkt für die Bekämpfung der Schwarzen Familie eignen würde", sagte Unga. Hunter gefiel dieser Gedanke nicht sonderlich, er äußerte sich aber noch nicht dazu. "Dula, es klang vorhin so, als ob du mich erwartet hättest?" "Das stimmt, wir wussten von Phillip, dass du kommst würdest. Er nannte aber keine genaue Zeit." "Ihr habt Kontakt zu ihm?", fragte Dorian. "Er tauchte bis jetzt zweimal hier auf und kündigte in seiner orakelhaften Art dein Erscheinen an. Frage mich nicht, wie er hergekommen und wieder verschwunden ist - das Dämonentor ist für ihn ja tabu!", sagte Unga. "Aber nun erzähle, auf welchem Weg du zu uns gelangt bist!" Dorian gab einen kurzen Bericht von den Ereignissen. Besonders betonte er, dass Phillip auf dem Friedhof von Coco sprach. Unga war erstaunt. "Merkwürdig, dass er sie erwähnt hat! Wir haben Hekates Unterwelt gründlich durchsucht - ein Hinweis auf Coco wäre uns nicht entgangen." "Wir hätten uns bald bei dir gemeldet, Dorian", erklärte Reena. "Coco hatte Vergil instruiert, dich frühestens nach einem halben Jahr zu informieren, falls sie für längere Zeit nicht erreichbar wäre." Hunter nickte nachdenklich. Es war natürlich bitter, dass Vergil mehr über Martin zu bestimmen hatte, als er selbst. Andererseits war diese Handhabung aus bestimmten Gründen wohl unumgänglich. Wenn seine Lebensgefährtin es für richtig gehalten hatte, dass Martin und Vergil sich versteckt hielten, dann würde auch Dorian nicht dagegen sprechen. "Während ihr in London nach Coco gesucht habt, waren wir in Island nicht untätig", sagte Unga. "Ich hatte sogar Kontakt zu Saltus, Zakums Diener." "Können wir darüber nicht im Haus reden?", schlug Reena vor. "Es ist kühl, und Dorians Kleider sind schmutzig und feucht. In der Hütte kann er sich waschen und etwas anderes anziehen. Außerdem wird es Zeit für das Abendessen." Alle stimmten ihr zu. Die Gaslampen wurden angezündet und das Lagerfeuer mit Erde gelöscht. Auf dem Rückweg zu den Hütten hielten Unga und Dorian etwas Abstand von den anderen. "Warum Hekates Unterwelt, warum dieser Aufwand?", fragte der Dämonenkiller. "Wald, Wiesen und ein herrlicher Park - auch Hekates Wichte hätten dieses Idyll nicht auf Dauer erhalten können. Ein zu schöner Ort, um ihn sich selbst zu überlassen. Mein zweiter Gedanke war, dass ich hier einen sicheren Ausgangspunkt für großangelegte Angriffe gegen die Dämonen gefunden file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (39 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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haben könnte. Der Elfenhof bei Reykjavik, die Jugendstilvilla in London, beide Häuser sind hervorragend gegen die Dämonen gesichert, aber würden sie einem totalen Ansturm von Schwarzblütigen wirklich standhalten können?" "Vermutlich nicht", gab Dorian zu. "Aber die Schwarze Familie schätzt solche massiven Angriffe nicht, sie würde damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich ziehen." "Richtig", stimmte Unga zu. "Eine informierte Menschheit könnte eine Allianz bilden und die Schwarze Familie gezielt bekämpfen. Doch was ist, wenn es uns gelingt, mit den Mitteln des Hermes Trismegistos größere Schläge gegen die Dämonen zu führen? Angriffe, die das Ende der Schwarzen Familie bedeuten könnten? Vermutlich würden die Horden der Finsternis auf ihr Versteckspiel verzichten und uns in London und Island überrennen." "Und in Hekates Unterwelt fühlst du dich sicherer?" "Dieser Platz ließe sich zumindest zu einer uneinnehmbaren Festung ausbauen." "Du vergisst, dass dieser Ort durch schwarze Magie geschaffen wurde. Es wird wie durch Zauberhand hell und dunkel und Pflanzen gedeihen ohne Sonnenlicht. Sogar ein schwarzer Henker fristet hier seine unselige Existenz", wandte Hunter ein. "Diese Vorgänge werden jetzt durch die Macht des Dreimalgrößten beeinflusst, sie haben ihre bösartige Energie verloren." "Hoffentlich unterliegst du da keinem Trugschluss", meinte Dorian. "Auch die großangelegten Angriffe gegen die Schwarze Familie, von denen du sprichst, müssen wohlüberlegt sein. Als vor Jahren das Erbe des Hermes auf mir lastete, dachte ich ebenfalls in gewaltigen, weltumfassenden Maßstäben. Heute weiß ich, dass der Preis, den man als Mensch für diese Anmaßung zu zahlen hat, sehr hoch ist." "Die Kälte, die seinerzeit von deiner Persönlichkeit Besitz ergriffen hatte, ist mir noch gut in Erinnerung. Diese Erinnerung wird mir eine Warnung sein." "Du weißt, dass ich dir absolut vertraue, Unga! Dennoch fürchte ich, dass du dich in etwas verrennst. Wer zu lange Wölfe jagt, wird leicht selbst zum Wolf." Unga grinste. "Für die Weisheiten bin ich zuständig, du bist nur einige hundert Jahre alt, ich dagegen mehrere tausend!" "Im Gegensatz zu mir hast du aber die meiste Zeit davon verschlafen, alter Mann", erwiderte Dorian. Lachend erreichten die Freunde die Hütten. Im Quartier der Kinder brannte kein Licht mehr - Vergil Fenton hatte Martin und Tirso bereits ins Bett gebracht. Der Lehrer wartete nun auf Dorian und führte ihn nun zu einem Waschraum, der sich in der rechts liegenden Hütte befand. Reena kam vorbei und brachte frische Kleidungsstücke, die sie aus Ungas Schrank genommen hatte. "Falls du die Toilette suchst, die heißt bei uns »Mutter Natur«...", sagte sie lächelnd. "Habe ich mir schon gedacht", meinte Dorian und lächelte zurück. Als er allein war, wusch er sich gründlich - froh, die Erde und den Geruch des Friedhofs loszuwerden. Anschließend zog er Ungas Sachen an, die ihm ein wenig zu weit waren. Das benutzte Wasser schüttete er draußen ins Gras, die leere Schüssel stellte er neben die Tür. Seine schmutzigen Kleidungsstücke legte er daneben. Aus dem Fenster der mittleren Hütte schien das freundliche Licht mehrerer Gaslaternen. Die angeregte Unterhaltung der Freunde drang nach draußen. "Setze dich zu uns!", rief Don, als Dorian eintrat. Der Puppenmann und Dula hatten auf dem großen, runden Tisch Platz genommen. Es war bereits für das Abendessen gedeckt und Reena verteilte aus einer Schüssel Reisfleisch. Unga hielt eine zwei Liter fassende Rotweinflasche in den Händen und schenkte den Anwesenden ein. Dula und Don hatten selbstverständlich entsprechend kleine Gedecke und Becher erhalten. Der Dämonenkiller war nach den Anstrengungen des Tages genauso hungrig wie durstig und freute sich auf die Mahlzeit. Es schmeckte wirklich ausgezeichnet, und er sprach Reena, die gekocht hatte, sein Lob aus. "Ein Rezept meiner Urgroßmutter aus Jaipur", antwortete Reena geschmeichelt. "Jaipur, die Hauptstadt des Bundesstaates Rajasthan?", fragte Dorian. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (40 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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"Ja, du kennst dich wirklich gut aus in der Welt", antwortete Reena. "Ich war 1975 für einige Tage in Rajasthan", erklärte Hunter. "In dieser indischen Provinz versteht man sich auf‘s Kochen. Leider ist es dort aber auch üblich, die frei herumlaufenden Affen einzufangen und zu verspeisen." "Ich weiß", lächelte Reena. "Aber heute habe ich nur Schweinefleisch verwendet. Vertraue mir!" Don schaute einen Moment erschrocken auf, aß dann aber weiter. Unga rührte das alles nicht. Er hätte ohne mit der Wimper zu zucken auch einen Affen verspeist. Nachdem der Tisch leergeräumt war, lehnte sich Dorian entspannt zurück. Der reichlich genossene Rotwein wärmte seinen Magen und hellte seine Stimmung weiter auf. "Du wolltest mir berichten, was du über Coco herausgefunden hast, Unga", Dorian zündete sich eine Zigarette an. Vergil Fenton hatte ihm eine Schachtel überlassen. "Luguri hat mir ein Angebot gemacht", sagte Unga. Dorian horchte auf. "Und davon hast du mir nichts erzählt?" "Es ist erst drei Tage her. Außerdem wusste ich nicht, was von der Sache zu halten war", rechtfertigte sich der Cro-Magnon. "Es begann damit, dass Saltus mich anrief. Er stellte ein Treffen mit Luguri in Aussicht, bei dem der Fürst der Finsternis Cocos Aufenthaltsort offenbaren würde. Doch zuvor sollte ich eine Bedingung erfüllen." "Was war das für eine Bedingung?", fragte Hunter. "Du weißt von den Toten, die in den letzten Wochen in der Themse gefunden wurden?" "Ja, sieben blutleere Männerleichen wurden entdeckt. Trevor und ich arbeiten bereits an dem Fall bisher ohne Ergebnis." "Saltus nannte mir den Namen und die Adresse einer Vampirin, die hinter den Morden stecken soll. Er erzählte mir weiter, dass Luguri an ihrer Beseitigung dringend interessiert sei. Verständlicherweise könne er sie nicht selber umbringen, denn es handele sich immerhin um ein Mitglied der Schwarzen Familie. Saltus schlug vor, dass ich die Dämonin töten solle. Als Gegenleistung würde ich alles über Coco erfahren. Ich fuhr daraufhin nach London, ohne mich in der Jugendstilvilla zu melden. Das Angebot war mir einfach zu wage, ich wollte dich nicht enttäuschen. Die Gefahr, dass Luguri und Zakum ein falsches Spiel trieben, war einfach zu groß." Dorian fand es dennoch nicht richtig, dass Unga ihn nicht sofort informiert hatte. Trotzdem hörte er aufmerksam zu, als der Cro-Magnon von seinen Erlebnissen in London erzählte: *** Unga parkte den schwarzen Chrysler in einer ruhigen Seitenstraße nahe am Lexington-Boulevard. Im Rückspiegel überprüfte er den Sitz des angeklebten Vollbartes. Das buschige, schwarze Ding sah nicht besonders echt aus, überzeugte aber zumindest auf den ersten Blick. Als nächstes setzte sich der Cro-Magnon eine große, verspiegelte Sonnenbrille auf. Mit seinen breiten Händen strich er sich die mit Wachs durchtränkten Haare nach hinten, zu einer Art Entenschwanz-Frisur. Er stieg aus den Wagen und schloss ab. Unga steckte in einem unbequemen, hässlichen Sakko. Sein Aussehen war einfach blamabel, so unwohl hatte er sich lange nicht gefühlt. Doch da er vorhatte, jemanden umzubringen, war es wohl besser, in der Nähe des zu erwartenden Tatortes mit einem veränderten Aussehen aufzutreten. Unscheinbar konnte der Cro-Magnon sich schlecht machen, dazu war seine Statur zu gewaltig. Er konnte nur hoffen, eventuelle Zeugen durch das übertriebene Outfit abzulenken. Allerdings hatte sich gezeigt, dass die Tötung eines Mitgliedes der Schwarzen Familie selten von Polizei und anderen Behörden geahndet wurde. Trotzdem blieb Unga vorsichtig, um nicht in Unannehmlichkeiten zu geraten. Er lief einen Umweg, bevor er den Lexington-Boulevard betrat. Nur wenige Fußgänger waren unterwegs, der Vormittags-Verkehr im westlichen Londoner Bezirk Soho hielt sich in Grenzen. Niemand achtete auf Unga, als dieser vor einem fünfstöckigen Mietshaus stehen blieb. Das
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Backsteingebäude war sicherlich über hundert Jahre alt. Ein breites Portal und zahlreiche Verzierungen an der Fassade verliehen dem Bauwerk ein nobles Aussehen. Nachdem der Cro-Magnon sich davon überzeugt hatte, dass das Haus die richtige Nummer hatte, machte er einen Schritt auf die gläsernen Schwingtüren zu. Rechts vom Eingang befand sich ein Marmorschild, auf dem Messingplättchen mit den Namen der Mieter und die dazugehörigen Klingelknöpfe eingelassen waren. Auch der Name, den Unga suchte, war dabei: Rose Carter. Unga drückte seinen breiten Daumen auf den schmalen Klingelknopf. Nach einigen Sekunden kam ein Rascheln aus der Gegensprechanlage. "Ja?" Eine Frauenstimme. Rauchig. "Sam White hier", log Unga. "Und?", kam es aus der Gegensprechanlage. "Wir hatten einen Termin, jetzt!", antwortete der Cro-Magnon ungeduldig. Hatte Rose Carter das wirklich vergessen? Wahrscheinlich war sie nur vorsichtig - schließlich war Prostitution in England offiziell noch immer verboten. "Kommen Sie in die dritte Etage." Der Summer wurde betätigt. Unga drückte die Glastür auf und betrat ein gediegenes, holzgetäfeltes Stiegenhaus. Vor dem Aufgang befand sich ein altmodischer vergitterter Fahrstuhl. Unga, der moderner Technik grundsätzlich misstraute, und den Liftkabinen an Tierfallen erinnerten, ging am Fahrstuhl vorbei und lief mit federnden Schritten die Treppe hinauf. Ohne im geringsten außer Atem zu sein, kam er im dritten Stockwerk an. Er blickte auf drei verschlossene Flügeltüren. Zufrieden stellte er fest, dass keine von ihnen einen Spion besaß, durch den ein neugieriger Nachbar Beobachtungen hätte anstellen können. Die mittlere Tür wurde plötzlich ein Stück geöffnet. Der hübsche Kopf einer Rothaarigen erschien. Für einen Moment konnte man die Überraschung in ihren Augen erkennen: mit einem solchen Bär von Mann hatte sie nicht gerechnet. "Was wollen Sie denn, Mr. White?" Ohne die Verzerrung durch einen Lautsprecher klang ihre rauchige Stimme durchaus angenehm. Unga ärgerte sich, dass sie das Spiel offensichtlich weiter spielen wollte. "Miss Carter, wir hatten einen Termin, und das wissen Sie. Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht von der Polizei bin. Wäre also nett, wenn Sie mich einließen." Die Tür schloss sich, eine Kette rasselte, dann wurde wieder geöffnet. Rose Carter war eine attraktive, schlanke Person. Sie trug, wie es beinahe nicht anders zu erwarten war, einen leichten Morgenmantel. Einladend lehnte sie sich an den Türrahmen. "Netten Akzent sprechen Sie, Mr. White. Sie sind kein Engländer, oder?" "Nein", antwortete Unga. "Ich komme aus Island." Er biss sich auf die Unterlippe, weil er eine Information preisgegeben hatte. Es konnte sein, dass jemand zuhörte - und der Cro-Magnon wollte keine Hinweise geben. "Interessant. Komm herein!", sagte die Schöne, drehte sich um und ging schwungvoll voran. Unga schloss die Tür hinter sich und folgte Rose Carter, die den Duft eines teuren Parfüms hinter sich her zog. Sie führte ihn ein großes, rot gestrichenes Schlafzimmer, in dessen Mitte ein rundes Bett stand. Vier Erwachsene hätten locker Platz darin gehabt. Es war mit zahlreichen bunten Kissen bedeckt. Unga zog sein Sakko aus und legte es über einen Stuhl. Er versank eine halbe Hand breit in dem lila Flokati-Teppich, der in dem Zimmer ausgelegt war. Der Cro-Magnon, der früher auf Fellen und Stroh in stickigen Höhlen gehaust hatte, unterließ es eigentlich, sich über die Vorlieben der neuzeitlichen Menschen ein Urteil zu erlauben, aber dieses Schlafzimmer war seines Erachtens abgrundtief hässlich. An den Wänden hingen billige Kunstdrucke mit erotisch gemeinten Darstellungen. Auf einem gläsernen Nachttisch stand eine Lampe, deren Schirm mit der Zeichnung einer nackten Frau geziert war. Es roch penetrant nach verschiedenen Duftwässerchen. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (42 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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"Sorry, dass ich mich dumm gestellt habe, aber manchmal versucht die Polizei mir Ärger zu machen. Die Bullen tarnen sich dann als Kunden, doch ich komme ihnen immer auf die Schliche. Möchtest du was trinken?" Sie wippte auf den Zehen und schaute Unga mit ihren blauen Augen herausfordernd an. Rose Carter war nicht größer als einhundertsiebzig Zentimeter, und Unga schätzte sie auf Ende Zwanzig. Unter ihrem Morgenmantel zeichnete sich ein großer Busen ab. Wären die Umstände anders gewesen, hätte sich Unga durchaus für diese attraktive Frau interessiert. Die dämonische Ausstrahlung von Rose war schwach. Die Aura erinnerte den Cro-Magnon an die unglücklichen Menschen, die von Schwarzblütigen beeinflusst waren. "Ich möchte nichts trinken." Er sah sich in dem hässlichen Raum um. "Schade, dass keine Spiegel im Zimmer sind." "Warum?" Rose schaute misstrauisch. "Verspiegelte Schlafzimmer sind doch in Ihrem Gewerbe keine Seltenheit." Er zog einen Taschenspiegel aus der Tasche und drehte ihn so, dass er damit auf Rose Carter blicken konnte. Wie erwartet, hatte sie kein Spiegelbild. "Was machst du da?" Ihr Gesicht verdunkelte sich, während sie sich ihm drohend näherte. Blitzschnell ließ Unga den Spiegel fallen und zog statt dessen ein Kruzifix hervor. Rose Carter fauchte. Bevor sie zurückspringen konnte, drückte er ihr das Amulett gegen die Stirn. Es zischte, als das geweihte Kreuz die Rothaarige berührte. Die Vampirin taumelte nach hinten und wimmerte. Der Geruch von verbranntem Fleisch verbreitete sich im Raum. Der Cro-Magnon steckte das Kreuz zurück und holte nun einen kleinen Flakon aus der Hosentasche, biss den Korken ab und schüttete den Inhalt in Richtung der Dämonin. Die vom geweihten Wasser Getroffene stöhnte laut auf. Als sie die Arme senkte, wurde der Abdruck des Kreuzes sichtbar, der auf ihrer Stirn prangte. Das Weihwasser hatte die Vampirin an einer Hand und am Mund erwischt. Rasch bildeten sich Blasen an den getroffenen Stellen. Trotz ihrer Schmerzen schrie Rose nicht - offensichtlich lag auch ihr daran, kein Aufsehen im Hause zu erregen. Während sie weiter bis zur Wand zurückwich, öffnete sie ihren Mund erstaunlich weit, und zwei spitze Reißzähne wurden sichtbar. "Du dreckiger Hurensohn, mit wem glaubst du, hast du es zu tun?" Ihre Stimme klang jetzt dunkel und bösartig. "Mit einigen Tropfen Weihwasser und einem Kreuz kannst du mir nicht beikommen." Sie löste sich von der Wand und schlich drohend auf Unga zu. Das Weiße in Roses Augen war glühend rot geworden, gelber Speichel tropfte aus ihren Mundwinkeln. Der Cro-Magnon nahm nun eine intensive, eindeutig dämonische Ausstrahlung wahr. Die Dämonin hatte ihre Maske fallengelassen. So merkwürdig es klingt, aber Unga war erleichtert darüber. Es wäre gut möglich gewesen, dass die Schwarze Familie versucht hätte, ihn auf eine unglückselige Frau zu hetzen, die lediglich im Banne eines Dämons stand. Im richtigen Moment wäre dann die Polizei aufgetaucht, um den Cro-Magnon hinter Gitter zu bringen. Schon öfter hatte die Familie versucht, auf diese Weise ihre Gegner aus dem Verkehr zu ziehen. "Du ergibst dich - willst den schnellen Tod?", fragte Rose, die Ungas kurzes Innehalten für die typische Starre ihrer bisherigen Opfer hielt. Hässlich lachend sprang sie auf den Cro-Magnon zu. Sie hatte keinen Zweifel daran, diesem gewaltigen Menschen an Kräften weit überlegen zu sein. Die Vampirin war schnell, sehr schnell. Beinahe sofort stand sie neben Unga, packte ihn an beiden Armen und hob den Zweihundertfünfzig-Pfund-Mann mit Leichtigkeit hoch. Noch bevor der bärenstarke Mann zur Gegenwehr fähig war, flog er durch die Luft und landete auf dem Riesenbett. Krachend fiel die Schlafstätte in sich zusammen. Die Federn der aufgeplatzten Kissen stoben durch den Raum. Rose Carter kicherte, als der Cro-Magnon prustend zwischen Decken und Kissen wieder hervorkam. Sie spreizte ihre Finger, deren Nägel jetzt zu scharfen Krallen geworden waren, und setzte erneut zum Sprung an. Unga spürte einen Lufthauch, dann lag die Vampirin auf ihm. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (43 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Ihre Fratze war über seinem Gesicht. Das Maul der Dämonin stand weit offen, es stank nach Moder und Verwesung. Die Vampirin packte die Handgelenke ihres Gegners und drückte sie nach unten. Ihre Beine hielten die die des Mannes umklammert. Er fühlte sich wie in einem überdimensionalen Schraubstock gefangen. Roses Reißzähne kamen seinem Hals näher. Jeder Mensch, auch noch so stark, wäre jetzt verloren gewesen. Doch Unga war der ehemalige Diener des Hermes Trismegistos, dem dreimalgrößten Begründer der weißen Magie. Die Kraft des Cro-Magnons war immens und teilweise übernatürlichen Ursprungs. Mit einem Ruck befreite er seine Rechte, ballte sie zur Faust und schlug zu. Er traf den halb geöffneten Mund der Vampirin mit voller Wucht. Roses Reißzähne brachen ab, während ihr Kopf nach hinten schnellte. Mit einem zweiten Schlag hieb er fürchterlich gegen den gestreckten Hals der Schwarzblütigen. Es knirschte hässlich, als ihr Kehlkopf getroffen wurde. Die Vampirin sackte augenblicklich schlaff in sich zusammen. Röchelnd blieb sie auf dem Cro-Magnon liegen. Er befreite sich, indem er die Rothaarige einfach auf den Boden warf. Rose Carter lag halbbetäubt auf dem Rücken. Ihre Augen waren geschlossen, der Brustkorb hob und senkte sich im schnellen Rhythmus. Blutrote Bläschen erschienen auf ihren geöffneten Lippen und zerplatzten wieder. Unga sprang aus dem Bett und beugte sich über die Vampirin. Sie bot einen jämmerlichen Anblick. Doch er wusste, dass er sich keinerlei Mitleid leisten durfte. Er konnte sich ausmalen, wie unglaublich grausam dieses Wesen war, wie viele Menschen es bereits auf dem Gewissen hatte. Würde er es nicht töten, so würde es ihn - und noch unzählige andere Männer umbringen. Aus der Innentasche des Sakkos holte Unga einen länglichen Gegenstand hervor: Eine dreißig Zentimeter lange Röhre aus unbekanntem Material, die an beiden Enden trichterförmige Öffnungen aufwies: ein Kommandostab! Eine wirksame Waffe, die Hermes Trismegistos schon vor Tausenden von Jahren ersonnen hatte, um Dämonen zu bekämpfen. Auf einmal kam Leben in die Dämonin. Sie riss Mund und Augen auf, fauchte und machte Anstalten, sich zu erheben. Unga hinderte sie am Aufstehen, indem er sich mit den Knien auf ihren Oberkörper fallen ließ. Wiederum wurde übelriechende Luft aus dem Schlund der Vampirin gepresst. Schnell drückte er die Innenfläche seiner rechten Hand auf ihren Mund, um sie am Schreien zu hindern - bald würden die Nachbarn auf den Krach in der Wohnung aufmerksam werden. Die Dämonin wehrte sich nach Leibeskräften. Sie zappelte, kratzte und versuchte mit den übriggebliebenen Zähnen in die Hand ihres Gegners zu beißen. Doch es nützte ihr nichts - der Cro-Magnon hatte sie fest im Griff. Er hob den Kommandostab, um die Vampirin zu pfählen. Rose Carter verkrampfte sich, dann gab sie unverhofft jeden Widerstand auf. Einer vermeintlichen Eingebung folgend nahm Unga seine blutverschmierte Hand von ihren Lippen. "Ich... ich kenne dich!", röchelte die Vampirin. "Du bist Unga Trihaer, Freund des verfluchten Dorian Hunter." Sie hustete Blut. "Ich Närrin, diese billige Verkleidung... ich habe dich nicht erkannt." Sie schaute ihm in die Augen und er spürte ihre Angst. "Lass mich am Leben, sicher kann ich dir dienlich sein!" Erneut hustete sie Blut. Das Gesicht, das zunächst so schön und später erschreckend grausam gewesen war, bot nunmehr einen erbärmlichen Anblick. "Bitte verschone mich! Was kann mein Tod dir bedeuten?" Sie flüsterte gurgelnd, ihre Worte waren kaum zu verstehen. Für jeden Menschen wäre ein Schlag gegen den Hals, wie ihn Rose von Unga erhalten hatte, tödlich gewesen. Er spürte die Angst der Vampirin nun körperlich. Sie bettelte um ihr Leben, was Dämonen und Menschen in Situationen größter Bedrohung gleichermaßen taten. Für einen Augenblick spürte er Mitleid, die Hand mit dem Kommandostab zitterte leicht. Vor Tausenden von Jahren, als er gegen riesige Bären, gewaltige Säbelzahntiger und Luguris Nachtgestalten kämpfte, war ihm Mitleid fremd gewesen. Doch die Jahre in der Neuzeit hatten ihn verändert. Er ließ den Kommandostab etwas herabsinken. "Tu mir nichts - du wirst es nicht bereuen!", wimmerte Rose. "Vielleicht kann ich mich ändern. Es gibt einige Dämonen, die die Seiten gewechselt haben." file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (44 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Rose hatte recht, es gab Schwarzblütige, die der Familie abgeschworen hatten. Der Cro-Magnon bemerkte nicht, dass er sich längst hatte einlullen lassen. Er konnte das Gefühl des Mitleids nicht einordnen, wich weiter zurück und wurde unaufmerksam. Rose hatte sich schwerer verletzt gegeben, als sie war. Schnell fand sie zu ihrer alten Kraft und Kaltblütigkeit zurück. Mit der Linken griff sie zu dem Nachtschrank, der hinter ihr stand. Ohne hinzusehen zog sie eine Schublade auf und hatte plötzlich ein zehn Zentimeter langes Messer in den zierlichen Händen. Sie sprang auf und schoss auf Unga zu. Die Welle des Hasses, die von der Dämonin ausging, machte den Cro-Magnon augenblicklich hellwach - geistesgegenwärtig sprang er beiseite. Dennoch erwischte ihn die Vampirin am rechten Oberarm. Ungas Haut, die durch die Muskeln gespannt war, zog sich in fünf Zentimeter Länge klaffend auseinander. Blut spritzte hervor. Er fluchte laut und wich zurück. Rose Carter hielt sich das Messer dicht vor das Gesicht. Gierig blickte sie das Blut auf der Klinge an, streckte ihre Zunge hervor und leckte es ab. Sie schmatzte genüsslich und verdrehte die Augen. Der Lebenssaft des Menschen versetzte sie augenblicklich in einen wollüstigen Zustand, der sie ihre Umgebung beinahe vergessen ließ. Unga nutzte die Situation sofort aus: Er kam ruckartig nach vorne und stach mit dem Kommandostab zu. Geräuschvoll durchbohrte das magische Instrument den Brustkord der Schwarzblütigen. Rose Carter wurde in Bruchteilen von Sekunden aus ihrem Rausch geholt. Überrascht schaute sie den Kommandostab an. Dann fiel sie zur Seite, um reglos liegenzubleiben. Der Stab steckte in ihrem Herzen, sie war tot. "Möge deine verfluchte Seele einen besseren Weg gehen als bisher - wenn du denn eine Seele hast!", sagte Unga, während er den Kommandostab hervor zog. Die Wunde an seinem Oberarm brannte teuflisch. Der Schnitt blutete nur schwach, dafür aber unaufhörlich. Der Cro-Magnon betrachtete die Stelle kurz. Eigentlich hätte sie genäht werden müssen, doch dafür war jetzt keine Zeit. Er suchte und fand das Badezimmer. Aus einem Schrank nahm er ein frisches Handtuch, riss es von oben nach unten durch. Eine Hälfte wickelte er sich als provisorischen Verband um den Oberarm, die andere Hälfte hielt er unter laufendes Wasser. Er benutze das Tuch als Waschlappen, um sich von den Blutspritzern zu befreien. Zuletzt spülte er auch den Kommandostab aus, schob ihn zusammen und steckte ihn wieder ein. Offensichtlich hatten die dicken Wände des alten Hauses den Kampflärm verschluckt, so dass die Nachbarn keinen Verdacht geschöpft hatten. Nichts regte sich und Unga konnte hoffen, dass keine Polizei auftauchen würde. Er durchsuchte oberflächlich die Wohnung. Es gab außer dem Schlafzimmer noch ein geräumiges Wohnzimmer sowie eine kleine Küche. In den verschiedenen Schränken fand er nichts von Bedeutung. Es wurde Zeit, sich um die Überreste der Vampirin zu kümmern. Als er wieder ins Schlafzimmer kam, war der Cro-Magnon erstaunt. Er hatte damit gerechnet, Rose Carter nur noch in Form von Staub und Asche vorzufinden. Doch der Kadaver der Vampirin war lediglich dehydriert - sie war zu einer verschrumpelten, hässlichen Mumie geworden, eingewickelt in einem viel zu groß gewordenen Bademantel. Er fluchte. Nun musste er ein magisches Ritual vollführen um die Leiche verschwinden zu lassen. Angeekelt griff er in den roten Haarschopf der Toten und zog den erstaunlich leichten Körper ins Wohnzimmer. Magische Kreide hatte er dabei, aber er benötigte noch Kerzen. Er schaute in den Wohnzimmerschrank und in einer Lade fand er tatsächlich eine Packung. Die Tote, die nun mitten im Wohnzimmer auf dem Parkettboden lag, bekam eine gnostische Gemme auf die Stirn gelegt. Das Amulett zeigte die klassische Abraxas, bei der sich eine Schlange selbst in den Schwanz biss. Danach zeichnete Unga mit der Kreide ein Pentagramm um die Leiche, so dass sich die mumifizierte Vampirin im Mittelpunkt des Bannkreises befand. Über die Spitzen des Pentagramms schrieb er kurze magische Formeln, stellte jeweils eine Kerze dazu und zündete sie an. In die verkrampften Hände der toten Vampirin legte der Cro-Magnon schließlich geweihte Kruzifixe. Er kniete sich hinter den Kopf der Toten und malte mit den Händen ein halbes Dutzend magischer Zeichen in die Luft. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (45 von 74) [16.06.2001 00:40:51]
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Unga wandte ein Ritual an, dass sich sowohl aus den Lehren des Hermes Trismegistos als auch aus den Praktiken Dorian Hunters zusammensetzte. Er zitierte aus der Tara Smaragdina des Hermon und aus der weißmagischen Bibliothek des Dämonenkillers. Die Zeit schien nicht vergehen zu wollen. Doch die Formeln kamen weiter über seine Lippen, und er stand die gesamte Litanei durch. Die Beschwörung gelang: Der Vampir-Körper fiel mehr und mehr in sich zusammen und wurde zu einer staubigen Masse, die sich völlig auflöste. Unga war erleichtert. Er holte ein weiteres Handtuch und wischte das Pentagramm vom Boden. Danach beseitigte er, so gut es ging, die in der Wohnung verteilten Blutspuren. Die Kerzen steckte er zusammen mit den blutigen Handtüchern in eine Plastiktüte, die er in der Küche fand. Er wollte die Sachen mitnehmen und irgendwo wegwerfen. Vorsichtig zog er schließlich die Wohnungstür auf und warf einen Blick ins Stiegenhaus. Alles war ruhig. Auch auf seinem Weg nach unten begegnete er niemandem. *** Er fuhr ins Hotel zurück, legte einen festen Verband um die Arm-Wunde und nahm dann ein ausgiebiges Frühstück zu sich. Dann legte er sich auf das Bett und döste ein. Es war bereits fünfzehn Uhr, als das Klingeln des Telefons ihn weckte. Er gähnte und streckte sich, bevor er den Hörer abnahm. "Das haben Sie sehr gut gemacht!", meldete sich die heisere Stimme von Saltus, Zakums Faktotum. "Ich möchte Sie bitten, um halb Fünf in der Manchester-Road 17 zu erscheinen." "Erhalte ich dort die versprochenen Informationen?" "Sie haben Ihren Teil der Abmachung erledigt, Unga. Nun sind Zakum und der Fürst der Finsternis bereit, mit Ihnen zu sprechen. Sie sichern Ihnen freies Geleit zu." Bevor der Cro-Magnon weiter Fragen stellen konnte, wurde die Verbindung unterbrochen. Er sah den Hörer nachdenklich an und legte dann auf. Da noch Zeit war, rief er den Elfenhof an. Don Chapman ging an den Apparat und Unga berichtete ihm, was geschehen war. *** "Vielleicht wäre doch es besser, wenn Dorian und Trevor wissen, welche Spur du verfolgst", meinte Don. "Wenn es nicht um Coco ginge, würde ich dir recht geben, Don", antwortete der Cro-Magnon. "Aber ich möchte Dorian noch keine Hoffnungen machen." "Wie du meinst", sagte Don. "Falls ich bis sieben Uhr nichts von dir höre, werde ich dennoch in der Jugendstilvilla anrufen." Unga war einverstanden und verabschiedete sich von dem Puppenmann. Er zog sich an, verließ das Hotel und stieg in den Wagen, den er am Morgen gemietet hatte. Um viertel nach Vier fand er einen Parkplatz in der Manchester-Road. Die Straße befand sich im Norden Londons, innerhalb einer unscheinbaren Ansammlung von Einfamilienhäusern. Die Nummer 17 war ein kleines graues Gebäude, umgeben von einem schmalen Gartenstreifen. Dunkle Vorhänge verwehrten den Einblick in die Fenster. Unga fragte sich, warum Luguri ausgerechnet ein solch unscheinbares Haus für ein Treffen ausgesucht hatte. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es kurz vor dem vereinbarten Zeitpunkt war. Der Cro-Magnon wollte die Begegnung mit Dämonenfürsten schnell hinter sich bringen und betrat das Grundstück. An der Tür gab es kein Namensschild, nur eine Klingel. Er drückte den Knopf und nach wenigen Augenblicken erklangen von drinnen Schritte. Langsam wurde die Tür von einer großen, dürren und bleichen Gestalt geöffnet. Es war Saltus, der Dämonendiener. "Mister Trihaer", stellte er fest. "Sie sind sehr pünktlich. Bitte folgen Sie mir." Unga trat ein. Sofort gewann er den Eindruck, dass es sich um ein eigentlich verlassenes Haus handelte. Die Tapeten an den Wänden wirkten alt und schäbig, kein Teppich bedeckte den Boden,
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nirgendwo standen Möbel herum. Nachdem sie einen kurzen Gang durchschritten hatten, kamen sie in ein größeres, ebenfalls leeres Zimmer. Es roch moderig und durch die geschlossenen Vorhänge kam nur das nötigste Licht. "Warten Sie hier!", sagte Saltus und verschwand im Dunkel einer gegenüberliegenden Tür. Der Cro-Magnon blickte sich um, er suchte nach einem Lichtschalter. Dämonen und ihre Diener mochten sich im Zwielicht wohlfühlen, er nicht. Als er die Vorhänge lichten wollte, hörte er Geräusche aus der Richtung, in der Saltus verschwunden war. Luguri trat in den Raum. Er war als große dürre Gestalt erschienen, eingehüllt in eine bis zum Boden reichende Toga. Der längliche Kopf des Dämons war kahl, sein Gesicht kreideweiß, und die tief in den Höhlen liegenden Augen glänzten schwarz und bösartig. Er hob einen Arm und zeigte mit den spindeldürren Fingern auf den Cro-Magnon. "Mut hat er, der Knecht des Hermes Trismegistos!", sagte er, ohne den lippenlosen Mund zu bewegen. "Bedenkenlos vertraut er mir sein Leben an." "Warum sollte er sich fürchten? Er weiß, dass er sich auf dein Wort verlassen kann." Zakum, Luguris Stellvertreter, war ebenfalls hereingekommen. Er trug ein rotes Cape. Auf dem spitz zulaufenden Kopf des Dunklen Archivars zeichneten sich, inmitten weniger Haare, zwei Hörner ab. Seine Augen, die im Halbdunkel leuchteten, glichen glühenden Kohlen. "Kommt zur Sache!", forderte Unga. Er war sich nicht sicher, ob er auf die Zusage Luguris viel geben konnte. Er spürte die grauenhafte Ausstrahlung dieses Wesens - eisige, boshafte Kälte ging von ihm aus. Der Cro-Magnon verließ sich auf den Ehrenkodex der Dämonen, an den sich auch Luguri halten musste. Der Fürst der Finsternis wandte sich an den Cro-Magnon. "Du hast die Vampirin also getötet?" "Warum hast du ein Mitglied der Schwarzen Familie ans Messer geliefert?", fragte Unga zurück. "Rose Carter gehörte zu den Freundinnen von Rebecca. Diese Vampirin spinnt noch immer ihre Intrigen gegen mich. Wer meint, sich auf Rebeccas Seite stellen zu müssen, soll wissen, wie leicht ihm etwas zustoßen kann. Nach den Gesetzen der Familie lag gegen Rose Carter nichts vor. Trotzdem wollte ich an ihr ein Exempel statuieren - du wirst verstehen, dass ich die Angelegenheit nicht selbst in die Hand nehmen konnte." "Wie dem auch sei", schaltete sich Zakum ein. "Als Gegenleistung für die Beseitigung der Vampirin haben wir dir Informationen über die abtrünnige Hexe Coco Zamis versprochen. Und wir werden uns an die Abmachung halten." "Nun, ich höre!", sagte Unga. "Es ist erst einige Monate her, da stand die Zamis in diesem Zimmer", sagte Zakum. "Wir hatten ihr ein Angebot unterbreitet - ein Anerbieten, das wir auch dir machen wollen. Wenn du klug bist, nimmst du es an." Unga wurde ungehalten. "Ich bin nicht wegen eines Angebotes gekommen! Cocos Aufenthaltsort sollte preisgeben werden. Ich fordere euch noch einmal auf: Kommt zur Sache!" "Wir sind bei der Sache!" Luguri sprach laut. "Es wird zudem nötig sein, von einer alten Legende der Dämonen zu berichten." Aus dem Nichts tauchten hinter den Dämonen thronartige Sessel auf, in die sie sich sinken ließen. Luguri streckte die Hand aus. "Diener des Hermon, nimm Platz!" Unga stellte fest, dass sich hinter ihm ein einfacher Stuhl manifestiert hatte. Bevor er etwas sagen konnte, erhielt er einen heftigen Stoß vor die Brust und kam zum Sitzen. Zakum lachte. "Damit keiner behaupten kann, der Fürst der Finsternis weiß nicht, wie man Gäste behandelt", höhnte Luguri. In seinen schwarzen Augen blitzte es. "Sprecht endlich!", verlangte der Cro-Magnon. Er spürte, dass die Dämonen versuchten, seine Gedanken zu lesen. Doch das war etwas, was ihnen nicht gelingen würde. Zakum lehnte sich zurück. "Die Legende besagt, dass der Satan am Anfang der Zeit auf der von file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (47 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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primitiven Wesen bevölkerten Erde wandelte. Er sah, dass es eine Welt war, in der die Kreaturen Jahrmillionen brauchen würden, um nur ein Fünkchen Verstand zu entwickeln. Er schuf drei Mal sechs Söhne, die später einmal den Planeten beherrschen sollten. Der Teufel ließ seine Söhne in einen tiefen Schlaf fallen und bettete sie in einer gigantischen Höhle, die sich tief in der Erde befand. Die drei Sechsen sind das Zeichen des Satans - sie symbolisieren seine Söhne, die nach ihrem Erwachen grausam über die Erde herrschen werden." "Was interessieren mich solche Ammenmärchen?", fragte Unga. "Ich kenne die Geschichte vom Satan und seinen Söhnen, der Dreimalgrößten hat mir davon erzählt. Er hat der Legende übrigens nicht viel Gewicht beigemessen." "Vor einem halben Jahr erschien ein bisher unbekannter Dämon und stellte freche, überhebliche Ansprüche. Er berief sich auf die Legende und behauptete, einer der Söhne Satans zu sein", sagte Zakum. "Ich fragte ihn nach den anderen Söhnen, aber er wusste nicht, wo diese zu finden sind. Er selbst wäre vor kurzem erwacht und wolle sich, so wie es die Legende verlangt, den Menschen zeigen und großes Unheil über die Welt bringen." "Ich herrsche über die Dämonen, und sie haben zu tun und zu lassen, was ich ihnen sage!" Luguris Stimme war voller Zorn. "Und ich habe die Mitglieder der Schwarzen Familie aus wohlüberlegten Gründen angewiesen, nur verdeckt zu agieren." "Dieser Dämon, er nennt sich »Agron 5«, widersetzt sich der Anweisung", fuhr Zakum fort. "Er weigerte sich auch, der Familie beizutreten. Wir setzten verschiedene Kundschafter auf ihn an, die erstaunliche Entdeckungen machten: Er haust in einer gewaltigen Höhle, die sich in einer Dimension zwischen Leben und Tod befindet, und er verfügt über die Fähigkeit, sterbende Dämonen in sein Reich zu holen. Sie wandeln dort willenlos umher. Über die Jahrhunderte hat er Tausende von Schwarzblütigen um sich gesammelt - eine Armee der Finsternis. Er verlangte von Luguri einen ultimativen Angriff auf die Menschen: Die Schwarze Familie solle zusammen mit Agrons Streitmacht die Erde unterwerfen, sie versklaven. Luguri lehnte das ab und befahl Agron 5 sich in seine Dimension zurückzuziehen. Doch der anmaßende Dämon lachte nur." "Die Zeit des Erwachens sei gekommen, so nannte er es." Luguri schnaufte verächtlich. "Er wagte es mir, dem Oberhaupt der Schwarzen Familie, zu drohen!" Luguri war erst vor einigen Jahren dem Dolmengrab entstiegen, in das ihn Hermes Trismegistos vor langer, langer Zeit gezwungen hatte. Das Hauptziel des wiedererweckten Dämons war die Versklavung der Menschheit gewesen. Doch bald stellte er fest, dass die Mitglieder der Schwarzen Familie lieber unerkannt und bequem unter den Menschen leben wollten, anstatt sie zu beherrschen. Er fand nur wenig Unterstützung für seine großen Pläne, außerdem leistete ihm das Dämonenkiller-Team unerwartete Schwierigkeiten. Luguri wurde ruhiger, manchen zu ruhig. Früher hätte er einen Dämon wie Agron 5 mit Begeisterung empfangen und gemeinsame Sache mit ihm gemacht, nun fühlte er sich bedrängt. "Agron 5 stellte uns ein Ultimatum, das bald abläuft", fuhr Zakum fort. "Er hat vor, mit seinen Horden auf der Erdoberfläche zu erscheinen, um mit ihnen die Menschheit zu überrennen. Wenn sich die Schwarze Familie ihm nicht anschließt, will er ihr den Krieg erklären." "Ein solches Ultimatum, eine solche Drohung habt ihr hingenommen? Warum habt ihr Agron 5 nicht getötet?", fragte Unga. "Das wäre keine Lösung", antwortete Luguri. "Warum glaubst du, habe ich mir die Mühe gemacht, dir von der Legende der Dämonen zu erzählen? Es gibt mehr Schwarzblütige, die an das Erscheinen Satans und seiner Söhne glauben, als man denken mag. Würde ich Agron 5 töten, würde das große Unruhe unter den Dämonen stiften - es könnte sogar zu einer Spaltung innerhalb der Familie kommen." "Außerdem verfügt der Unterwelt-Dämon über erstaunliche Fähigkeiten und bei einer Auseinandersetzung würde er seine Horden zur Hilfe rufen. Das Ergebnis wäre ein fürchterlicher Krieg unter den Schwarzblütigen. Die Erde würde unter den magischen Auseinandersetzungen file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (48 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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erzittern, die Menschen wären die Leidtragenden", sagte Zakum. "Woher das plötzliche Mitleid?" Ungas Stimme hatte einen spöttischen Unterton. Luguri winkte ab. "Mitgefühl können die Menschen vielleicht von dem kindermordenden Bergdämon erwarten, den sie vor dreitausend Jahren zu ihrem Gott erklärten. Ob sie vom ihm Hilfe erhalten werden, wage ich jedoch zu bezweifeln." "Ich stamme aus einer Epoche, in der man den christlichen Gott nicht kannte", sagte der Cro-Magnon. "Mit deinen Provokationen bist du bei mir an den Falschen geraten." "Ja, dein Gott heißt Hermes Trismegistos - er ist es, dem du hündisch ergeben bist. Leider versteckt sich der Dreimaldümmste auf Malkuth", höhnte Luguri. "Was soll das Geschwätz? Ich bin nicht an deinen absurden Äußerungen über Hermon interessiert, sondern an Informationen über Coco Zamis!", erwiderte Unga zornig. Luguris Fratze verfinsterte sich - diesen Ton war er von Sterblichen nicht gewohnt; für gewöhnlich zitterten sie vor dem Fürsten der Finsternis. "Lasst uns wieder von Agron 5 reden!" Zakum ergriff das Wort, bevor der Streit sich verschärfen konnte. "Er kann nur von Dämonenhand getötet werden. Egal, mit welchen Waffen die Menschen ihn angreifen - er wird sich immer wieder erneuern. Ob weiße Magie ihm schaden kann, wissen wir nicht. Nachdem beschlossen war, dass der Unterwelt-Dämon weder von Luguri noch einem anderen Mitglied der Familie getötet werden soll, standen wir vor einem Problem: Der angebliche Sohn Satans musste sterben und wir brauchten jemanden, der diesen Auftrag erledigen konnte. So kamen wir auf Coco Zamis, sie schien ideal für diese Aufgabe. Obwohl sie nie offiziell aus der Schwarzen Familie ausgestoßen wurde, steht sie auf der Gegenseite. Aber sie bleibt eine gebürtige Dämonin - wir glaubten, dass es für sie ein Leichtes sein würde, Agron 5 mit ihrer Zeitmagie zu überraschen und zu töten." "Was für ein Angebot habt ihr Coco gemacht?", wollte Unga wissen. "Im Falle des Erfolgs sicherten wir ihr zu, dass ihr Kind zukünftig vor Angriffen der Schwarzen Familie sicher sei. Wir boten ihr und dem Dämonenkiller sogar ein Jahr des Waffenstillstandes an. Zeit, um ein biederes Familienleben zu genießen", antwortete Zakum. "Ihr habt darauf verzichtet, ein Kind zu bedrohen, wenn die Mutter einen lebensgefährlichen Auftrag ausführt? Darauf könnt ihr wahrlich stolz sein!" Tiefste Verachtung schwang in Ungas Stimme mit. "Sie hätte sich Verbündete suchen können! Doch sie bestand darauf, den Kampf allein aufzunehmen. Sie ließ sich in die Zwischenwelt versetzen, ohne ihre Freunde zu informieren - nicht einmal Dorian Hunter wusste von der Vereinbarung. Offensichtlich befürchtete sie, dass er dem Pakt nicht zustimmen würde", sagte Zakum. "Was ist mit Coco passiert?", wollte der Cro-Magnon wissen. "Wir wissen, dass sie in die Unterwelt gelangt ist. Was dort geschah, blieb uns aber verborgen. In Anbetracht der langen Zeit, die ohne ein Zeichen der Hexe vergangen ist, gehen wir davon aus, dass sie gefangen genommen wurde", sagte Zakum. "Oder getötet wurde", stellte Unga ernst fest. "Hat sich Agron 5 nicht mehr an die Schwarze Familie gewandt?" "Er erschien noch mehrmals auf der Erde und beging grausame Bluttaten. Vor einigen Tagen meldete er sich nochmals bei Luguri und mir." "Er kündigte an, dass das große Ereignis, die Weltherrschaft der Dämonen, bald bevorstände. Er forderte mich erneut auf, ihn zu unterstützen", sagte Luguri. "Was ist mit den anderen Söhnen des Satans - sprach er darüber, dass sie ihm helfen werden?", fragte der Cro-Magnon. Luguri schüttelte den Kopf. "Agron 5 ist ein mächtiger Dämon und er verfügt über ein gewaltiges Herr von Schwarzblütigen, die er dem Totenreich entrissen hat. Aber ich bin mir sicher, das er ebenso wenig ein Sohn des Leibhaftigen ist wie ich. Es gibt keine Söhne des Satans." "Wenn die Welt, samt ihrer Dämonen und Menschen, nicht in absolutes Chaos gestürzt werden soll, file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (49 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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muss der Unterwelt-Dämon vernichtet werden", sagte Zakum. Unga sah den Fürsten der Finsternis und seinen Stellvertreter an. "Falls ihr erwartet, dass ich die Sache für euch erledige, dann habt ihr vergessen, das er nur von einem Artgenossen getötet werden kann. Ich bin kein Schwarzblütiger." "Wende dich an Dorian Hunter, den Sohn von Asmodi und Gräfin Lethian!", forderte Luguri. "Nach den Gesetzen der Magie könnte Hunter durchaus ein Dämon sein. Oder nimm das Zyklopenbalg Tirso mit, sein Feuerzauber wird die ganze Dimension in einen Haufen Asche verwandeln. Der Malkuth-Dämon Olivaro würde euch überdies zur Seite stehen. Ihr seid wahrlich nicht allein - der Kampf wäre kein großes Wagnis." Unga beugte sich vor. "Du hast geschickt unterschlagen, dass Agron eine Armee dämonischer Wesen an seiner Seite hat. Von einem Spaziergang kann also keine Rede sein. Bevor ich mir die Angelegenheit überlege, möchte ich die Zusage, die ihr bereits Coco gemacht habt: Die Schwarze Familie lässt fortan Martin Zamis in Ruhe!" "Egal, wer von euch den Unterwelt-Dämon tötet - wir werden das Kind der Hexe verschonen. Bedingung ist jedoch, dass für alle Zeiten Stillschweigen über den Pakt bewahrt wird. Es darf keinem Außenstehenden gewahr werden, dass Luguri und ich euch Informationen über Agron 5 gaben und seine Tötung verlangten!" Zakum sah Unga durchdringend an. "Bis wann braucht ihr Nachricht darüber, wie wir uns entschieden haben?", fragte der Cro-Magnon. "Wir erwarten keinen Bescheid. Entweder ihr zieht in den Kampf oder ihr lasst es bleiben! Falls es euch gelingt, den dreisten Dämon zu besiegen, so werden wir es erfahren und uns an unsere Zusage halten. Unternehmt ihr nichts, oder werdet ihr selbst getötet, so wird auf der Erde ein fürchterlicher dämonischer Krieg entbrennen. Eins ist gewiss: Ihr solltet schnell handeln!", sagte Zakum. "So ist es vereinbart und so lasst es uns besiegeln!" Luguri streckte einen Arm aus seinem Umhang heraus. Auch Zakum hob einen Arm. Wie beim Fürsten der Finsternis öffnete sich ein Hautspalt und schwarzes Blut quoll hervor. Der Lebenssaft trennte sich von den Dämonen, verband sich und schwebte in die Mitte des Raumes. Unga spürte einen stechenden Schmerz: Eine handvoll Blut trat aus seiner Pulsader am Handgelenk und bewegte sich durch die Luft. Einen Meter über dem Boden vermischten sich Ungas, Luguris und Zakums Lebenssaft. Eine Rune bildete sich aus dem Gemisch, um Sekunden später in Flammen aufzugehen und restlos zu verbrennen. "Was fällt euch ein?" Unga sprang auf und suchte nach einem Tuch, mit dem er die Blutung stillen konnte. Doch als er die Hand noch einmal besah, stellte er fest, dass die Verletzung spurlos verschwunden war. Vor ihm, auf dem Boden, lag ein Stück zusammengerolltes Pergamentpapier. Er bückte sich danach und wickelte es auf. Es enthielt eine Beschwörungsformel, niedergeschrieben in der Sprache der Dämonen. *** "Luguri, Zakum und die von ihnen herbeigezauberten Möbel waren nicht mehr da. Ich schaute mich in dem Haus um, es war leer und verlassen; auch der Dämonendiener Saltus war längst verschwunden", beendete Unga seinen Bericht. "Können wir sicher sein, dass Luguri und Zakum die Wahrheit gesprochen haben?", fragte Dorian, der aufmerksam zugehört hatte. "Vielleicht wollen sie uns in eine Falle locken, in die Coco schon vor uns gegangen ist." "Ich hatte niemals zuvor von Agron 5 und seiner Dimension gehört", sagte der Cro-Magnon, "Es kam mir unwahrscheinlich vor, dass es einen Dämon geben sollte, der seine Artgenossen im Moment ihres Todes zu sich holt. Doch dann erschien Phillip in Hekates Unterwelt und teilte mir auf seine sonderbare Weise mit, dass ich auf den Vorschlag eingehen soll. Er sagte auch deine Ankunft voraus, aber das weißt du ja schon von Dula."
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"Faustus hat mir ebenfalls geraten, Luguris Angebot anzunehmen", sagte Hunter nachdenklich. "Hast du das Papier mit der Beschwörungsformel hier?" Unga nickte. "Wir können das Ritual jederzeit durchführen. Das Problem ist nur, dass wir keinen Dämon auf unserer Seite haben. Wenn es stimmt, was Luguri und Zakum mir in London sagten, dann kann Agron 5 nur von einem Artgenossen besiegt werden. Momentan fällt mir nur ein Schwarzblütiger ein, den wir als Verbündeten gewinnen könnten: Olivaro! Ich habe bereits mehrere Versuche unternommen, um Kontakt zu ihm zu bekommen." "Olivaro ist sehr viel unterwegs und er weiß sich gut zu tarnen. Auch bei intensiver Suche würde es einige Tage dauern, bis wir ihn finden. Ich bin jedoch dafür, die Beschwörung gleich morgen durchzuführen", sagte Dorian. "Es würde mindestens zwei Tage dauern, bis Phillip bei uns sein kann. Ihn sollten wir unbedingt mitnehmen. Wenn Coco lebt, was ich sehr hoffe, wird es ohne ihn sehr schwierig werden, sie in Agrons riesigem Reich zu finden", meinte Unga. "Vielleicht kommt er von allein, zuzutrauen ist es ihm ja. Faustus jedenfalls hat mir versprochen, rechtzeitig zur Stelle zu sein. Selbst wenn wir keinen Dämon auf unserer Seite haben, kann es uns gelingen, Coco zu befreien. Ich hoffe, du verstehst, das ich keinen Tag länger warten kann. Lass uns morgen aufbrechen!" "Ich gehe auf jeden Fall mit dir, Dorian, welchen Zeitpunk du auch immer wählst. Phillip ist bereits zwei Mal in Hekates Unterwelt erschienen - es ist also gut möglich, dass er morgen hier ist, um uns zu begleiten." "Ihr solltet auch den schwarzen Henker mitnehmen", schlug Reena vor. "Er ist zwar kein Dämon, könnte aber ein gefährlicher Gegner für Agron 5 sein." "Eine gute Idee", meinte der Cro-Magnon. "Ich werde ihn gleich morgen früh neu instruieren. Wahrscheinlich wird er uns etwas Luft verschaffen können." Dorian Hunter stimmte zu. Er blieb den Rest des Abends nachdenklich. Endlich, nach langer Zeit, hatte er etwas über den Verbleib seiner Lebensgefährtin erfahren, doch die Situation war komplizierter, als er erwartet hatte. Er verstand nicht, warum sich Coco auf den Vorschlag von Luguri und Zakum eingelassen hatte. Natürlich, sie liebte ihr Kind über alles und die Aussicht, dass Martin endlich in Frieden und Sicherheit leben konnte, war für sie verlockend gewesen. Dennoch hätte sie eine Nachricht hinterlassen sollen. "Morgen werden einige Vorbereitungen nötig sein", sagte der Cro-Magnon. "Wir sollten jetzt alle zu Bett gehen." Don Chapman und Dula verabschiedeten sich. Sie übernachteten in der Hütte, in der auch Martin und Tirso schliefen. Dorian blieb bei Vergil Fenton, der ihm ein provisorisches Nachtlager auf dem Boden herrichtete. Unga und Reena gingen in die verbleibende Hütte hinüber. Sobald Dorian sich hingelegt hatte, löschte Vergil das Licht. *** Während der Dämonenkiller in Hekates früherer Unterwelt unruhig schlief, gequält von unangenehmen Träumen, befanden sich Zakum und Luguri - Tausende Kilometer entfernt - auf dem Grunde eines längst erloschenen Vulkans. Der Dunkle Archivar hatte eine magische Kugel auf einem Gesteinsbrocken abgestellt. Er machte eine Handbewegung, und das Licht in der Kugel erlosch. "Auch dieser Versuch war vergeblich, ich kann weder den Aufenthaltsort des Cro-Magnons noch den von Dorian Hunter ausfindig machen." "Das spielt jetzt keine Rolle mehr", sagte Luguri. Er saß auf einem steinernen Thron. "Sie werden sich in die Dimension begeben, das ist gewiss. Die Beiden gehören zu den Menschen, die immer versuchen werden, ihre Freunde zu retten."
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"Es würde mich nur interessieren, ob sie den Zyklopenjungen mitnehmen - ihm wäre zuzutrauen, dass er Agron 5 besiegt." "Sie verzichten vermutlich auf die unglaublichen Kräfte des einäugigen Balges, denn ein Kind werden sie nicht bewusst in Gefahr bringen." "Dann können sie keinen Sieg erringen." Luguri lachte kurz auf. "Natürlich nicht! Ich hätte meine Zeit mit dem Cro-Magnon verschwendet, wenn ich das glauben würde." "Du enttäuscht mich, Zakum", sagte der Fürst der Finsternis, als er das verständnislose Gesicht des Dunklen Archivars sah. "Die Vereinbarung, die wir in London trafen, diente dazu, Hunter und den Diener des Hermes Trismegistos in einen aussichtlosen Kampf, in den Tod zu schicken. Seit Jahren schaden sie der Schwarzen Familie und uns gelingt es nicht, ihrer habhaft zu werden. Denke nur an die schmähliche Niederlage, die du in der Munante-Villa gegen Dorian Hunter hinnehmen musstest, Zakum! Agron 5 dagegen hat uns bereits die Zamis-Hexe vom Halse geschafft, nun sind der Cro-Magnon und Asmodis verfluchter Sohn an der Reihe!" "Dann haben wir es aber immer noch mit dem Unterwelt-Dämon zu tun. Du sagtest selbst, dass es große Zwietracht in der Familie geben wird, wenn wir einen Dämon töten, der von sich behauptet, ein Sohn des Leibhaftigen zu sein", wandte Zakum ein. "Wäre ich der Fürst der Finsternis, wenn ich mich davon ängstigen ließe?", fragte Luguri. "Sobald dieser anmaßende Dämon auf der Erdoberfläche erscheint, werden mich meine Kundschafter davon unterrichten. Und sollte er wirklich vorhaben, mit seinen Horden über die Menschheit herzufallen, so kann er das nicht gegen meinen Willen tun. Agron 5 wird mich angreifen müssen - dann habe ich einen Grund, ihn zu töten!" "Bleiben immer noch die zahllosen Dämonen, die an seiner Seite kämpfen." "Ich bin nicht unvorbereitet. Unlängst sind meine Irrwische in Agrons Dimension vorgedrungen und haben sie ausgekundschaftet. In seiner Welt gibt es nur ein Tor, durch das er und seine Wesen an die Erdoberfläche gelangen können. Agrons nächster Besuch auf der Erde wird der letzte sein: meine Diener werden sich in seine Dimension versetzen und das Tor zerstören. Agron 5 wird keine Möglichkeit haben, seine Dämonen zur Hilfe zu rufen." "Auch wird er sich nicht in seine Welt flüchten können." Zakum nickte anerkennend. Wieder einmal hatte er Luguri unterschätzt. Der einstmals wilde und unbesonnene Urzeit-Dämon hatte Vorbereitungen getroffen, die ihm der Dunkle Archivar nicht zugetraut hätte. Etwas verstand Zakum jedoch nicht: "Warum schließen wir das Tor nicht sofort?" "Mit dieser Pforte hat es eine weitere Bewandtnis. Es ist eine magische Reserve, ein gewaltiges Kraftfeld, das dafür sorgt, dass Agron 5 sich nach Verletzungen ständig erneuern kann. Würden wir es jetzt zerstören, könnten wir nicht sicher sein, dass Hunter und der Cro-Magnon im Kampf unterliegen." *** Das Lachen der spielenden Kinder und das Licht, das vom sonnenlosen Himmel ins Zimmer fiel, weckten den Dämonenkiller. Er gähnte, streckte sich ausgiebig und sah sich um. Das Bett von Vergil Fenton, das sich einige Meter von ihm entfernt befand, war leer. Dorian stand auf und zog sich an. Er trat ins Freie. Tische waren nach draußen gestellt worden und die Gruppe war bereits beim Frühstück. Nur Unga fehlte. "Na, du Langschläfer!", rief Don. "Komm setz dich zu uns!" Martin bestand darauf, dass sein Vater sich neben ihn setzte. "Spielen wir nach dem Essen etwas?", fragte er. "Na klar", antworte Dorian. "So viel Zeit haben wir allemal." Don erzählte, dass Unga in aller Frühe zum schwarzen Henker aufgebrochen war, um die notwendigen Beschwörungen durchzuführen. Hunter wurde unangenehm daran erinnert, dass dieses
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friedliche Frühstück nur ein kurzes Zwischenspiel war. Seine Sorge um Coco wuchs. Er ließ sich aber nichts anmerken, sondern unterhielt sich mit den Erwachsenen und lachte über die Späße von Tirso und Martin. Die Kinder hatten sich irgendwie an ihr Leben, in dem es oft zu ungewöhnlichen und bedrohlichen Begebenheiten kam, gewöhnt und schafften es erstaunlich gut, ihre Unbeschwertheit zu bewahren. Der Dämonenkiller bewunderte sie dafür. Während Reena und Vergil den Tisch abräumten, kam Tirso mit einem Ball angelaufen. Er nahm Dorian bei der Hand und zog ihn auf die naheliegende Wiese. Martin wartete schon, und sofort begann ein wildes Fußballspiel, ohne Tore, ohne Regeln. Reena sah von einer Hütte aus zu. "Zerschießt mir ja kein Fenster!", drohte sie lachend. Dorian genoss das turbulente Spiel mit den Kindern, das viel zu schnell mit Ungas Rückkehr endete. "Tut mir leid, Jungs! Ich muss euch Dorian wegnehmen", sagte der Cro-Magnon. Martin und Tirso waren natürlich nicht begeistert, spielten aber allein weiter. Unga und der Dämonenkiller setzten sich an den Waldrand um sich vorzubereiten. "Den Henker habe ich neu instruiert", sagte der Cro-Magnon. "Er wird sich ständig fünf Schritte hinter uns halten. Falls wir in Schwierigkeiten geraten, wird er jeden Gegner bekämpfen, den ich ihm benenne." "An Schwierigkeiten wird es uns nicht mangeln", befürchtete Dorian. "Was nimmst du für Waffen mit." "Den Kommandostab, Gemmen, Kreuze und zwei Pistolen - eine mit Silberkugeln, eine mit Pyrophor. Außerdem zwei Ladungen Plastiksprengstoff mit Zeitzündern. Vielleicht wird es nötig sein, uns irgendwo den Weg frei zu sprengen", antwortete Unga. "In meinem Rucksack habe ich ein Seil, Taschenlampen und Ersatzmunition. Du bekommst von mir magische Kreide und Weihwasserphiolen, beides scheint in deiner Ausrüstung zu fehlen." Er hatte Dorians Arsenal bereits gesehen. Nun legte der Cro-Magnon eine Schale mit roter Hautmalfarbe ins Gras. "Ich werde dir einige Zeichen ins Gesicht malen, die dich davor schützen werden, in Trance zu fallen. Nachdem, was Zakum und Luguri erzählten, scheint Agron 5 eine magische Sphäre in seinem Reich geschaffen zu haben, die sowohl Menschen als auch Dämonen beeinflusst." Unga begann damit, die Farbe auf Dorians Stirn und Wangen zu tupfen, anschließend bemalte er sein eigenes Gesicht. "Bist du bereit?", fragte er dann. Hunter nickte. Sie standen auf und gingen mit entschlossenen Gesichtern zu den anderen zurück. "Ihr wisst, dass ich es euch sehr nachtrage, wenn ihr mich nicht mitnehmt?", fragte Don Chapman. "Du wirst hier gebraucht", antwortete der Dämonenkiller. "Und du weißt, dass ich das nicht nur so sage." Don blieb einen Moment stumm. Trotz seiner geringen Körpergröße war er ein Mann, der keinem Kampf aus dem Wege ging. Er gehörte zu den wichtigsten Mitgliedern des Dämonenkiller-Teams. "Ich begleite euch bis zum Dämonentor", sagte er schließlich. "Wir alle gehen mit!", erklärte Dula. "Ja!", riefen auch die Kinder, und so konnten Unga und Dorian schlecht Nein sagen. Die Gruppe machte sich auf den Weg. Nach kurzer Zeit baten Dula und Don darum, getragen zu werden. Vergil nahm Don auf die Schulter und Reena kümmerte sich um Dula. Sie kamen jetzt schneller voran und es dauerte nicht lange, bis sie den Henker erreichten. Stumm und bedrohlich wirkend stand er vor seinem Steinsarg. Unga brauchte ihm keinen Befehl zu erteilen, der Untote folgte der Gruppe mit roboterhaften, stampfenden Schritten. Als sie in den Garten kamen, rannten Tirso und Martin los. Es machte ihnen Spaß, die verschiedenen Wege auf und ab zu laufen. "Tretet nicht auf die Beete!", rief Dorian schmunzelnd. "Sonst bekommt ihr noch Ärger mit dem file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (53 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Gärtner." Tatsächlich stand der Wichtelmann Winny auf seinem Hügel. Er grüßte nach Zwergenart, indem er einen Fuß nach vorne stellte, sich verbeugte und die Zipfelmütze schwenkte. Die Gruppe winkte ihm. "Wenn er jetzt ein Freak ist, möchte ich gern wissen, was er vorher war", sagte Dorian leise. Unga zuckte mit den Schultern. "Das weiß der Geier - vielleicht ein Riese..." Die Kinder hatten den Springbrunnen erreicht. Tirso schaufelte mit den Händen das Wasser nach außen und Martin war auf den Beckenrand geklettert. Er hielt den Schnabel des Delphins zu, so dass die Fontäne in alle Richtungen spritzte. Nachdem die Beiden einigermaßen nass waren, liefen sie, sich gegenseitig verfolgend, weiter. "Den Delphin haben die Kinder zusammen mit Unga auf den eigentlichen Brunnen gebaut", erklärte Vergil. "Du bist ja ein richtiges Universalgenie, Unga", meinte der Dämonenkiller. "Ach was, ein bisschen Zement und ein Kupferrohr, das ist alles", sagte der Cro-Magnon. "Wie habt ihr eigentlich das ganze Material herbeigeschafft?", wollte Dorian wissen. "Unga und Vergil waren drei Tage lang pausenlos mit einem hölzernen Handkarren unterwegs", erklärte Dula. "Mit einem Auto habe ich mich nicht durch das Dämonentor getraut", ergänzte Unga. Sie verließen den Garten und kamen zum mauerbegrenzten Pfad. Sie waren eine Weile unterwegs und die Kinder wurden ruhiger. "Was befindet sich hinter den Wäldern?", fragte Dorian. "Wände!", antwortete Unga. "Man muss sich die einzelnen Abschnitte in Hekates Unterwelt wie gewaltige Hallen vorstellen. Die Wände bestehen aus glatten Steinflächen, die nach oben hin mit dem künstlichen Firmament verschmelzen. Die Felsen, die das Dach der Höhle bilden, sind mit einer dünnen Schicht magischen Plasmas bedeckt. Das Zeug ist enorm leuchtfähig und ahmt den Tag- und Nachtrhythmus nach." "Hekate hat wirklich an alles gedacht", meinte Hunter. Das Mauerwerk an den Seiten flachte ab. Vor ihnen lag die breite Wiese, links und rechts davon der Wald. Das Vogelzwitschern erfüllte die Luft, der leichte Wind bewegte die Baumwipfel. Trotz der schönen Szenerie sank die Stimmung der Freunde: Sie kamen dem Ende ihres Weges immer näher, an den Punkt, an dem Unga das Dämonentor beschwören würde. Auch Martin und Tirso war der Ernst der Situation klar. Still liefen sie nebeneinander her. Als die Gruppe ihr Ziel erreichte, die Stelle, an der Dorian Hunter am Vortag aufgewacht war, schwiegen alle. Der Cro-Magnon, der mit seiner Gesichtsbemalung an einen Indianer erinnerte, nahm seinen Rucksack ab und kniete sich ins Gras. Er holte sieben hölzerne Runen hervor, zwei Glasbehälter mit einer schimmernden Flüssigkeit sowie die Schriftrolle, die er von Luguri erhalten hatte. "Das wird jetzt einige Minuten dauern", sagte er. "Ich möchte euch bitten, ganz ruhig zu sein. Das Geschrei der Vögel wird meine Konzentration genug stören." Die anderen setzten sich ins Gras und blickten ihn an. Nur der Henker blieb stehen. Unga stimmte einen leisen, düsteren Gesang an, in einer Sprache die ohne Vokale auszukommen schien, es klang hart und fremd. Er legte die Holzrunen sorgfältig, in einer genau vorgeschriebenen Anordnung, auf den Boden. Eine zunächst kaum wahrnehmbare Vibration erfüllte bald die Umgebung und ging in ein tiefes Brummen über. Der Cro-Magnon beendete den Gesang und öffnete den ersten Glasbehälter. Vorsichtig schüttete er einen Teil der fluoreszierenden Flüssigkeit über die Runen. Der tiefe Ton wurde unangenehm laut. Tirso und Martin hielten sich die Ohren zu, ebenso Don und Dula. Unbeirrt machte Unga weiter. Er öffnete auch das zweite Glas und benetzte damit die Runen. Das Geräusch verschwand. Vor dem Cro-Magnon flimmerte die Luft, eine schwarze, senkrecht stehende Fläche begann sich zu manifestieren: das Dämonentor. Er hielt das aufgerollte Papier in der Hand und las die niedergeschriebene Formel laut vor. Unga erhob sich. "Die Beschwörung ist beendet, die Pforte wird uns an den richtigen Ort führen." file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (54 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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"Welch bösartige Strahlung von diesen Toren ausgeht", sagte Reena schaudernd. Unga wandte sich an Don Chapman: "Der Übergang wird noch einige Minuten bestehen bleiben, diese Zeit über solltet ihr Wache halten." Der Puppenmann nickte. "Das werden wir tun." "Noch etwas, Don", sagte der Cro-Magnon. "Falls wir nicht zurückkommen, möchte ich, das sich niemand nach uns in Agrons Dimension begibt. Ihr solltet in diesem Fall Hekates Unterwelt verlassen und wieder auf dem Elfenhof leben!" "Wir haben in den letzten Jahren viele gefährliche Situationen erlebt und durchgestanden. Ihr werdet zurückkehren." Don klang zuversichtlich. Dorian stand währenddessen bei Martin. "Ich bin bald wieder da. Wenn alles gut geht, bringe ich deine Mutter mit." "Das wäre großartig, Dad." Der Junge verbarg seine Beunruhigung hinter einem Lächeln. "Bist du bereit, Dorian?", fragte Unga. Der Dämonenkiller nickte. Er schaute noch einmal zur Gruppe, dann schritt er entschlossen ins Dämonentor. Der Cro-Magnon und der schwarze Henker folgten ihm. *** Dorian saß auf giftgrünem Boden - Unga und der Henker waren nicht bei ihm. Er befand sich im Inneren eines zimmergroßen, würfelartigen Gebildes. Alles war grün: die Wände, die Decke, die einzige Tür. Der Dämonenkiller erhob sich und blickte sich in dem leeren Raum um. Die Waffen und die Amulette, die er bei sich trug, schienen in Ordnung zu sein. Er zog die Pistole, ging zur Tür und drückte den Knauf. Die Tür ließ sich problemlos öffnen. Kühlere Luft kam herein. Seine Augen benötigten einen Augenblick, um sich von dem grünen Schein, der den Würfel durchflutete hatte, an das braun-graue Licht zu gewöhnen, in das er nun blickte. Einige Meter von ihm entfernt standen zwei Gestalten: Er erkannte die grotesken Umrisse des schwarzen Henkers und die hünenhafte Gestalt des Cro-Magnons. "Na endlich", sagte Unga. "Wir sind schon vor einigen Minuten aus unseren Wartezimmern gekommen." "Wartezimmer?" Dorian trat durch die Tür und blickte hinter sich. Aber dort gab es keine Tür, keinen grünen Würfel. Statt dessen befand sich, ein Dutzend Schritte entfernt, eine Felswand. "Merkwürdig, nicht wahr?", meinte der Cro-Magnon. "Als ich das Dämonentor durchschritten hatte und mich in dem grünen Zimmer wieder fand, dachte ich zuerst, ich sei an der falschen Stelle herausgekommen. Nachdem ich den Raum verlassen hatte und in diese Höhle kam, entdeckte ich zwei weitere Türen. Sie standen frei im Raum - man konnte um sie herum gehen, sie aber nicht öffnen. Einige Augenblicke später trat der Henker aus seiner Tür, die sich sofort danach verflüchtigte. Bei dir eben war es dasselbe." "Vielleicht ist es wirklich eine Art Wartezimmer", meinte der Dämonenkiller. Erst jetzt wurde ihm bewusst, welche Ausmaße die Höhle hatte, in der er sich befand. Er ging an dem Henker vorbei, der regungslos in der Nähe eines Abhangs stand. Vorsichtig machte Dorian einige Schritte auf den Rand zu und schaute in eine Schlucht hinunter. Es waren mindestens zehn Kilometer bis zu einem dünnen, silbernen Strich, der dort unten glänzte - offensichtlich ein Fluss. Dorian wandte sich nach vorne, zur gegenüberliegenden Seite. Die Entfernung bis zum anderen Ende der Höhle war schwer zu schätzen, denn die Felsen lagen hinter aufsteigenden Nebelschwaden, so dass sie nur schemenhaft zu erkennen waren. Sicher waren es mehrere Kilometer, die Distanz, die auch der steinerne Himmel der Höhle entfernt sein mochte. "Gewaltig", stellte Dorian fest. "Hast du bemerkt, ob außer uns jemand hier ist?" Unga schüttelte den Kopf. "Bis jetzt nicht. Das muss aber nichts heißen - die Wände sind mit breiten,
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begehbaren Felsvorsprüngen durchzogen, die sie wie Etagen unterteilen. Soweit ich sehen konnte gibt es zahllose Mulden und Nischen, die als Versteck dienen könnten. Wir sollten uns vorsehen." "Es wird sehr schwer sein, Coco in dieser riesigen Höhle zu finden. Wenn wenigstens Phillip oder Faustus hier wären!" Dorian sprang auf eine Erhöhung, eine Ansammlung von Gesteinsbrocken, um mehr Überblick zu gewinnen. Die Höhle war gut beleuchtet, obwohl sich keine Lichtquelle ausmachen ließ. Der Felsvorsprung, auf dem sich die Drei befanden, verlief als Weg in beide Richtungen weiter. Rechts lag viel loses Geröll herum, außerdem verengte sich der Pfad und stieg steil an. Links aber verbreiterte er sich zu einer über zwölf Meter breiten Trasse und führte sacht in die Tiefe. "Du wirst mir sicher zustimmen, dass wir die Strecke nach unten versuchen sollten", sagte Unga Dorian nickte. "Wir folgen dem Weg und sehen uns um. Wenn dabei nichts herauskommt, werden wir eine Beschwörung durchführen." Die Beiden gingen los und der schwarze Henker marschierte hinterher. Unter ihren Schuhen knirschte feiner Kies und deutlich zeichneten sich vor ihnen Laufrillen ab. Es war ein Pfad, der schon oft begangen worden war. Spuren wurden sichtbar, die auf bekrallte Tierpfoten hinwiesen - oder auf die Klauen von Dämonen. Dorians und Ungas Vorsicht wuchs. Wegen der allgegenwärtigen Nebelschwaden konnten sie immer nur hundert Meter weit voraus schauen. Sie liefen eine Zeitlang, ohne dass sich der Weg änderte oder etwas Ungewöhnliches passierte. Plötzlich aber ging es steil bergab, der Felsvorsprung wurde drastisch schmaler, beschrieb eine Kurve und endete in einem Tunneleingang. Der Cro-Magnon holte die breite Stabtaschenlampe hervor, die er mitgenommen hatte, und ging voran. Der Tunnel war keine einhundertfünfzig Zentimeter hoch, so das er sich sehr bücken musste. Hunter hielt ebenfalls eine Taschenlampe in den Händen und folgte Unga. Der Henker hatte Schwierigkeiten mit dem Einstieg - es dauerte einen Moment, bis er erfasste, dass er nicht aufgerichtet in den Tunnel kam, sondern sich kleiner machen musste. Sie liefen nur einige Minuten, aber eingeengt wie sie waren, kam es ihnen viel länger vor. Nachdem der Tunnel eine Rechtskurve beschrieben hatte, kam den beiden Männern und dem Untoten ein starker Luftzug entgegen. Eine kreisrunde Öffnung tat sich auf, dahinter lag wieder das Licht der großen Höhle. Unga trat heraus und streckte sich. "Wir sind immer noch in der selben Höhle, der Pfad hat nur einen Umweg durch den Fels gemacht", stellte er fest, als der Dämonenkiller neben ihm auftauchte. Sie standen auf einer breiten Terrasse, umringt von einem Wald aus meterhohen Stalagmiten. Dorian musste gut zwanzig Meter gehen, um zum Rand des Vorsprungs zu gelangen. Unga hatte Recht: vor ihnen lag die gleiche Schlucht, die gleiche Höhle. Jetzt ließ sich aber erkennen, dass der Weg, auf dem sie sich befanden, kontinuierlich nach unten führte. Er wurde dabei mal breiter, mal schmaler. Hin und wieder verschwand er auch, wie sie es eben erlebt hatten, in der Felswand, um an einer anderen Stelle wieder herauszukommen. "Vorsicht!", rief der Cro-Magnon. Dorian machte einen Schritt nach hinten und zog gleichzeitig seine Pistole. Von links kamen mehrere vermummte Gestalten hinter einem breiten Stalagmiten hervor. Sie trugen braune Kutten, deren Kapuzen sie weit über den Kopf gezogen hatten. Doch die insgesamt sieben Vermummten machten keinerlei Anstalten, Dorian, Unga oder den Henker anzugreifen. Statt dessen gingen sie gemächlich auf den Tunneleingang zu. Der Cro-Magnon wich aus, um ihnen Platz zu machen. Auch der Henker trat beiseite. Die ersten der merkwürdigen Gestalten verschwanden bereits im Dunkeln. "Wer seid ihr? Wohin geht ihr?", fragte Unga. "Wir wissen es nicht", antwortete die Gruppe im Chor. "Wir wissen es nicht." Dorian trat zu Unga. "Das waren Dämonen - Sprache und Ausstrahlung haben sie verraten." file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (56 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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"Sie befinden sich in Trance und haben keinen eigenen Willen. Zu unserem Glück hat Agron 5 ihnen nicht befohlen, Eindringlinge anzugreifen", sagte Unga. Der Dämonenkiller steckte die Waffe wieder ein. "Offensichtlich haben sie uns nicht einmal als Feinde wahrgenommen. Stellt sich nur die Frage, wie lange das so bleibt. Früher oder später wird unsere Anwesenheit bemerkt werden." Sie gingen weiter. Der Felsvorsprung verbreiterte sich weiter, aber auch die Anzahl der Stalagmiten wuchs - es ließ sich nicht mehr erkennen, wohin der Weg sie führen würde. An einer Stelle standen die aus dem Boden wachsenden Steine so dicht in einer Reihe nebeneinander, dass sie wie eine künstlich geschaffene Barriere wirkten. Es gab einen schmalen Durchlass, durch den sich die Drei zwängten. Auf der anderen Seite bot sich kein anderes Bild, abgesehen davon, dass sich zehn Meter höher ein Überhang befand, der ein Dach über den weiteren Weg bildete. Die Umgebung wurde dadurch beengter und unheimlicher. Die Steine und Felsen wirkten schattenhaft und düster. Wieder liefen sie eine Weile. Die Stalagmiten nahmen mit zunehmender Strecke ständig neue Formationen ein. In keine Richtung konnte man weiter als ein halbes Dutzend Meter blicken. Bald kam es Unga und Dorian vor, als befänden sie sich in einem Irrgarten. Der schwarze Henker, der weiterhin immer den selben Abstand einhielt, hatte keine Schwierigkeiten den Männern zu folgen. Er wurde magisch geleitet und würde sie stets wiederfinden. Es war außer ihren Schritten nichts zu hören, auch fanden sie keine Spuren mehr, die auf umher wandelnde Dämonen hindeuteten. Sie begannen schon zu überlegen, ob sie eine Beschwörung durchführen sollten, um Hinweise auf Coco zu erhalten, als hinter ihnen Geräusche zu hören waren, die nicht vom Henker stammten: Kurze, trippelnde Schritte, als ob jemand schleichend von Stein zu Stein springt. "Henker, zu mir!", flüsterte Unga. Der Gerufene fügte sich sofort: er kam heran und blieb einen Meter entfernt von Unga stehen. Hunter und der Cro-Magnon hielten die Luft an und horchten. Das Geräusch der Schritte kam näher. Dann hörten sie schwach, zwischen den Felsen hallend, ein Flüstern. Dorian beugte sich vor und sah hinter einem Stalagmiten einen Schatten vorbei huschen. "Das scheinen mir keine Dämonen zu sein", sagte er und hatte einen Verdacht. Unga blieb misstrauisch, er hatte eine Pistole gezogen. Langsam schlich er zu dem ihm gegenüberliegenden Stein und spähte um die Ecke. Auch wenn die merkwürdigen Wesen vorhin nicht angegriffen hatten - alles in dieser Welt wirkte unheilvoll und bedrohlich. Dorian trat lautlos neben ihn. "Nicht schießen! Ich glaube, ich weiß wer da kommt", flüsterte er. Das Geräusch von Schritten war jetzt ganz nah. Plötzlich kam hinter dem Gestein eine Gestalt in Sicht, sie trug einen dunklen Mantel, dessen Kapuze zurückgeworfen war. Es war Phillip! Unga und Dorian riefen seinen Namen und liefen auf ihn zu. "Er ist nicht allein", sagte der Cro-Magnon, während er seine Waffe wegsteckte. Erstaunt sah Hunter, dass auch der Zyklopenjunge Tirso und der geisterhafte Doktor Faust zwischen den Stalagmiten auftauchten. "Ich sagte doch, dass ich zur rechten Zeit am rechten Ort sein würde", erklärte Faustus, als er Dorians verblüfftes Gesicht sah. "Mit eurem Erscheinen hatte ich gerechnet", sagte Dorian. "Aber was machst du hier, Tirso?" "Wir haben noch eine Weile vor dem Dämonentor gewartet, genau wie Unga es gesagt hatte. Plötzlich stand Phillip bei uns - einfach so. Dann wurde ich geschubst, ein paar Mal, bis ich ins Dämonentor gefallen bin. Ich habe mich ganz schön erschrocken!", antwortete der Junge. Hunter spürte Zorn in sich aufsteigen. Er wandte sich an Phillip. "Kinder haben in dieser Dämonenwelt nichts verloren! Warum hast du ihn ins Tor gestoßen?" Phillip sah wie durch ihn hindurch. "Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat." "Hör mit diesen frommen Sprüchen auf! Weißt du nicht, was dem Jungen hier alles zustoßen kann? Wieso hast du das getan?" Er gab Phillip einen zu heftig geratenen Stoß vor die Brust, so das der file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (57 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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schmächtige Mann ins Stolpern geriet. Phillip fand Halt an einer Steinwand und schaute überrascht. Plötzlich hob er einen Arm und zeigte auf Faustus. "Ich war es nicht, der Nachbar war‘s!" "Ihr Doktor? Ihr schickt Kinder in den Kampf?", fragte Dorian. "Georg, wie könnt Ihr es wagen, Hand an diesen heiligen Mann zu legen? Ihr wisst, dass Euch das bei mir nicht gelingen wird!" Faustus klang empört. "Niemals würde ich meinen Lehrmeister und alten Freund anrühren. Sagt mir dennoch, warum der Junge hier ist!" "Ihr wollt die schöne Hexe retten und erst später zurückkehren, um den mächtigen Dämon zu bekämpfen. Eure Pläne sind mir wohlbekannt", sagte Faustus. "Doch wie könnt Ihr, als mein gelehriger Adept, daran glauben, dass Ihr dem bösen Wesen, das in diesen Hallen weilt, zweimal ein Schnippchen schlagen könnt? Niemals wird es Euch Gelegenheit dazu geben! Dem blauen Kind aber wohnt genug Kraft inne, um dem Dämon Einhalt zu gebieten. Der Zyklop ist noch jung, wohlwahr, doch ist seine Seele beinahe so stark wie seine Magie. Der Junge wird nicht in den traumhaften Wahn dieser Welt verfallen, ich habe ihn davor geschützt." Mit den letzten Worten löste sich der Astralkörper des Zauberers auf. "Ich möchte bleiben, ich kann euch bestimmt helfen!", sagte Tirso. "Du bist mutig und du könntest uns wirklich eine Hilfe sein", sagte Unga. "Aber bitte verstehe Dorian und mich: Wir möchten dich keiner Gefahr aussetzen, deshalb werde ich dich jetzt zurückschicken." Tirso schaute traurig, widersprach jedoch nicht. Er verehrte den Cro-Magnon und akzeptierte seine Entscheidungen. Unga hatte mittlerweile den Rucksack abgenommen und die notwendigen Utensilien auf den Boden gelegt. Er kniete sich hin, und begann mit der Beschwörung. Er vollzog das Ritual, durch das er bereits in Hekates Unterwelt das Dämonentor initiiert hatte. Doch diesmal stimmte etwas nicht - die Beschwörung misslang. "Vielleicht steht Phillip zu nah bei dir. Seine Ausstrahlung könnte stören", sagte Dorian. Er nahm Phillip am Arm und ging ein gutes Stück mit ihm beiseite. Unga versuchte es noch einmal. Wiederum war es vergebliche Mühe. "Es geht nicht!" Wütend packte der Cro-Magnon die Sachen zusammen. "Luguri und Zakum haben uns reingelegt. Sie wollen, dass wir Agrons Welt nicht mehr verlassen." "Uns wird schon etwas einfallen", sagte Hunter. "Wir müssen jetzt etwas unternehmen. Ich verspreche mir nicht viel davon, ziellos weiterzuwandern." Er holte die magische Kreide hervor, die er von Unga erhalten hatte, und begann magische Symbole auf einen der Stalagmiten zu malen. Es handelte sich um eine Formel der schwarzen Magie. Jetzt setzte er ein Unendlichkeitszeichen daneben. Dorian hoffte nicht, sofort einen Hinweis auf Coco zu finden, er wollte zunächst eine schwarzmagische Reaktion provozieren. Doch erst einmal geschah nichts. Nun zeichnete er schräg über der Formel den ersten Schenkel eines Drudenfußes, fügte, ohne abzusetzen, die weiteren Schenkel hinzu. Damit war der Drudenfuß geschlossen. Die allgegenwärtigen Nebelschaden verflüchtigten sich, so als ob sie vor irgendetwas flohen. Ein unbestimmbarer, strenger Geruch erfüllte die Luft. "Puh, das riecht aber gar nicht gut", meine Tirso. Über die nach oben stehende Spitze des Drudenfußes setzte der Dämonenkiller den Buchstaben Aleph aus der Himmelsschrift, der wie ein X mit versetzten Querbalken aussah. Der beschriebene Stein erwärmte sich. Dorian ließ sich davon nicht irritieren: Er schrieb über die nächste Spitze einen weiteren Buchstaben des geheimen Himmelsalphabet des Agrippa: Samech -ein U, das oben durch einen Querbalken geschlossen wurde. Ein Zischen ging durch die Luft und ein leuchtender Irrwisch kam herangerast. Zwei Meter über dem Stalagmiten blieb er stehen, so als beobachte er das Treiben des Menschen. Nach wenigen Sekunden schien er genug zu haben - er flog davon. "Na also, es tut sich etwas", sagte Unga. Er nahm zwei gnostische Gemmen aus seiner Jackentasche file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (58 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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und hängte Tirso und Phillip jeweils eine um den Hals. Dorian vollendete sein Werk. Er schrieb den Buchstaben Mem. Das Zeichen ähnelte einem seitenverkehrten K. Eine regelrechte Hitze ging jetzt von dem Stalagmiten aus. Hunter steckte die Kreide wieder ein und ging zurück. *** Agron 5 schlief in einer steinernen Mulde, die von wuchtigen Felsbrocken verschlossen war. Der Dämon ruhte, denn die kommende Zeit würde genug Anstrengungen für ihn bereithalten. Jahrhunderte und Jahrtausende hatte er in seinem Reich verbracht, hatte sterbende Dämonen zu sich geholt und war nur selten an der Erdoberfläche gewesen. Seine Dimension befand sich am Rande des Centro Terrae, dem Ursprungsort der irdischen Dämonen. Vor langer Zeit, als die Schwarzblütigen ungezügelt und die Menschen primitiv waren, hatte ein mächtiges Wesen Agron 5 erschaffen. Es gab ihm die Macht und den Auftrag, Schwarzblütige im Augenblick ihres Todes zu sich zu holen. So kam es, dass unzählige Kreaturen ihr Dasein in dieser Dimension fristeten - sie hatten längst kein freies Bewusstsein mehr, sie vegetierten dahin. Der Unterwelt-Dämon blieb all die Jahre allein, die meiste Zeit verbrachte er untätig oder schlafend. Er wartete auf die Rückkehr seines Schöpfers, der sich Satan nannte. Doch dieses Wesen aus einer anderen Welt war längst tot. Aber Agron 5, dessen einsame Mission vergessen und nutzlos war, glaubte weiterhin an die Legende, die sein Herr einstmals - auch unter den irdischen Dämonen - verbreitet hatte: Er hielt sich für einen der Söhne Satans, seine Aufgabe war es, die Welt zu erobern. In den letzten Monaten war er oft an der Oberfläche gewesen und fand Gefallen daran, Leid unter die Menschen zu bringen. Auch hatte er die Dämonen der Schwarzen Familie getroffen, von denen er bisher nicht viel wusste, und die er nun für Schwächlinge hielt. Er war fest entschlossen, die Menschheit mit gewaltigen Angriffen zu überrollen. Es stand in seiner Macht, die Dämonen seiner Unterwelt zu wecken und sie zu seiner Armee zu machen. Ein winziger Elementargeist, ein Irrwisch, schlüpfte durch die Felsspalten in die Ruhestätte. Er weckte den Dämon und berichtete ihm von den Eindringlingen und von der Magie, die einer von ihnen entfacht hatte. Der Dämon fegte mit einer Handbewegung die großen Steine beiseite, die seine Schlafstätte bedeckt hatten. Nie hätte er damit gerechnet, dass er in seiner eigenen Dimension angegriffen werden könnte. Voller Zorn begann er eine Beschwörung. *** Eine angenehme Gleichgültigkeit erfüllte Miguel Gaertner. Er wandelte mit sechs Wesen umher, die, wie er selbst, in seltsame Kutten gehüllt waren. Weit nach vorn gezogene Kapuzen bedeckten ihre Gesichter. Die Gruppe lief am Ufer eines sich träge bewegenden Flusses entlang, träge, wie die Gedanken von Miguel Gaertner. Er erinnerte sich an das Dorf Monte Plata und an die Mühlenruine, in der Dorian Hunter gefangen gehalten und gefoltert worden war. Gaertner sah noch die schwarze Fläche vor sich, in die er damals schwebte. Ein seltsames Wesen hatte ihn hervor gezerrt und wieder in die Schwärze zurückgestoßen. Er war in ein grünes Zimmer gekommen und schließlich in diese Höhlenwelt. Aber dies alles schien auf der anderen Seite der Welt und vor tausend Jahren gewesen zu sein. Weder die Vergangenheit noch die Gegenwart berührten Miguel. Er hatte keine Hoffnungen, keine Ängste. Für ihn war es jetzt vollkommen natürlich, mit den Vermummten rastlos umherzuziehen. Eine unbekannte Kraft trieb ihn und die anderen an, die gewundenen Pfade der Berghänge auf- und abzusteigen oder den ausgedehnten Ufern des Flusses zu folgen. Sie bewegten sich wie schwerelos, ohne sich anzustrengen oder Erschöpfung zu spüren. Ihre Existenz hatte keinen Sinn, vermittelte ihnen aber dennoch eine gewisse Harmonie. Ein Frösteln riss Miguel aus seinem dumpfen Bewusstseinszustand. Kühler Wind kam vom Fluss her
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und bewegte das schwere Gewand, das er am Leibe trug. Ein neuerlicher Luftzug war so stark, dass Gaertners Kapuze hinunter rutschte. Das Gefühl zu Frieren war ihm beinahe fremd geworden, und lange hatte er keine Schmerzen mehr empfunden. Doch nun erschauerte er vor Kälte und ein peinigendes Stechen und Brennen ging von seinen Füßen aus. Mehr und mehr wurde ihm die ungewöhnliche Situation bewusst, in der er sich befand. Es war nicht sein Wunsch, hier zu sein! Lange Zeit war er in Trance gewesen und hatte nicht durchschaut, welch widernatürlichen Dinge vorgingen. Die Dämonen, die der wahnsinnige Professor Martinez damals in Santiago anlocken wollte, waren tatsächlich erschienen. Und sie hatten ihn, Miguel Gaertner, zu sich geholt! Er sah auf seine Füße. Sie waren geschwollen und zerschunden - der Schmerz, der von ihnen ausging, wurde unerträglich. Auch seine rechte Hand war übel zugerichtet, sie war blau angelaufen, wie abgestorben. Die anderen Vermummten waren inzwischen viele Schritte weitergegangen. Nun blieben sie stehen und nahmen die Kapuzen ab. Groteske Gesichter und Fratzen kamen zum Vorschein. Die Wesen sahen sich erstaunt um und warfen dann die Gewänder, die sie trugen, wütend auf den Boden. Das, was Miguel befürchtet hatte, geschah: Die Kreaturen entdeckten ihn! Sie bemerkten sofort, dass er nicht von ihrer Art war und schlichen, grässliche Geräusche von sich gebend, auf ihn zu. Miguel wandte sich um und lief los. Sofort jagten rasende Schmerzen durch Füße und Beine. Doch er wusste, dass diese Monstren ihn zerreißen würden und hielt es aus. Rechts von ihm befand sich eine große steinerne Fläche, die sich über eine Länge von einem Kilometer erstreckte, bis sie an einer Felswand endete. Er rannte weiter geradeaus, am Fluss entlang. Es war eine öde Strecke, die keine Möglichkeit bot, sich irgendwo zu verstecken. Der Strom war fünfzig Meter breit. Gaertner blickte zum jenseitigen Ufer: In beide Richtungen ragten dort, so weit das Auge reichte, Steinmonolithen in die Höhe - dicht an dicht, vor- und hintereinander. In diesem Steinwald könnte es möglich sein, den schaurigen Kreaturen zu entkommen. Ohne weiter zu überlegen lief er in das Wasser, das eigentlich eine träge, zähflüssige Masse war. Nach einigen Metern stellte Miguel erleichtert fest, dass der Fluss nicht besonders tief war. Die Flüssigkeit reichte ihm nur bis zu den Knien und stieg nicht weiter an. Gehetzt sah er nach hinten und bemerkte voller Schrecken, dass die ersten Kreaturen in den Fluss gesprungen waren. Ein Wesen, dessen Kopf dem eines Tigers ähnelte, kam schnell näher. Miguel nahm keine Rücksicht auf seine Schmerzen und hastete weiter. Sekunden trennten ihn von den Steinen am anderen Ufer, die er für seine Rettung hielt. Plötzlich erfasste eine kalte, glitschige Hand sein Fußgelenk und er kam zu Fall. Das Flusswasser umhüllte seinen Kopf. Prustend kam Miguel wieder nach oben und spuckte die modrige Flüssigkeit aus, die in seinen Mund gedrungen war. Doch die Hand umfasste noch immer sein Fußgelenk und zog ihn nun in eine Mulde, die tief im Flussbett lag. Er wehrte sich verzweifelt, aber eine zweite Hand tauchte aus den Tiefen des Gewässers auf und umklammerte seine Schulter. Weitere Hände durchstießen die Wasseroberfläche, kamen auf Miguel Gaertner zu, rissen brutal an seinen Haaren, Armen und Beinen. Sie zerrten den vor Todesangst schreienden Menschen unter die Wasseroberfläche, in ihre finstere Höhle, tief unter dem Fluss. Der Tiger-Dämon, der Miguel Gaertner gefolgt war, floh zurück ans Ufer. *** Der Dämonenkiller gab zwei Schüsse auf einen Werwolf ab. Die Kreatur riss die krallenbewehrten Hände in die Höhe und stürzte dann tot zu Boden. Unga hatte sich mit Tirso in eine Nische zurückgezogen. Der Cro-Magnon hielt seine Pyrophorpistole in den Händen. Ein undefinierbares plumpes Wesen, ohne Extremitäten, kroch auf ihn zu. Es krachte laut, als Unga die Waffe abfeuerte. Das Geschoss bohrte sich in das Ungetüm und explodierte im Körperinneren. Weißer Rauch quoll der Kreatur aus Maul und Nase, sie verkrampfte sich, bevor sie starb. Der schwarze Henker hielt sich wie
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ein Felsen in der Brandung. Er stand auf einem umgestürzten Stein und schüttelte mühelos die Dämonen ab, die ihn immer wieder ansprangen. Sein Beil war pausenlos im Einsatz und wütete furchtbar unter den Schwarzblütigen. Der Henker war von Blut, Körperteilen und Leichen umgeben. Doch die Dämonen waren wie von Sinnen: obwohl sie reihenweise fielen oder zerstückelt wurden, griffen sie ihn immer wieder an. Phillip lief irgendwo zwischen den Stalagmiten umher und die Schwarzblütigen flohen vor ihm. Den Dämonen war es gelungen, die Gruppe überraschend anzugreifen und auseinanderzutreiben. Als Dorian, Unga und Tirso von Phillip abgedrängt wurden, verloren sie den Schutz, den seine Nähe bot. Nun mussten sie sich verteidigen und konnten nur auf ihre Waffen und die Unverwundbarkeit des Henkers hoffen. Der Cro-Magnon war sehr besorgt. Bald würden ihm und Hunter die Munition ausgehen, aber es waren noch mindestens zwanzig Angreifer in der Nähe. Wenn die Dämonen sich geschickt anstellten, würde es ihnen gelingen, trotz des Henkers über die Menschen herzufallen. In diesem Augenblick kam Phillip um eine Ecke. Die Schwarzblütigen stoben auseinander und verließen fluchtartig den Platz. Dorian sprang zu Phillip, zog ihn in die Nähe von Unga und Tirso, und steckte die Pistole wieder ein. "Das darf uns nicht noch einmal passieren. Wir müssen unbedingt zusammenbleiben." "Ich könnte die Dämonen besser erschrecken als Phillip und sie besser bekämpfen wie der Henker", sagte Tirso. Trotz schwang in seiner Stimme mit. "Vielleicht später", meinte Unga. Ihm gefiel der Gedanke, dass ein Kind sich an Kämpfen beteiligte, genauso wenig wie Dorian. Andererseits wusste er, dass sie die Hilfe des Zyklopenjungen vielleicht benötigen würden. Kein Schwarzblütiger war mehr auszumachen - Phillip war zu nah. Der Henker stapfte von seinem Platz, der nach dem Kampf einen fürchterlichen Anblick bot, und folgte der Gruppe. Auch auf dem weiteren Weg nach unten wuchsen unzählige Stalagmiten aus dem Boden, so dass die Strecke unübersichtlich und gefährlich blieb. Dorian Hunter schien es aussichtslos, seine Lebensgefährtin ohne jeden Anhaltspunkt in dieser großen und wirren Welt finden zu wollen. "Phillip, kannst du uns zu Coco führen?", fragte er. "Ich kann die Hexe nicht sehen", antwortete Phillip. "Alles hier ist voller Bosheit. Alle dunklen Wesen sind erwacht." Sie gingen eine halbe Stunde lang weiter, ohne das sie angegriffen wurden oder sonst etwas geschah. Der Henker, der über und über mit dem schwarzen Blut der Dämonen besudelt war, lief den Vieren fügsam hinterher. Die Stalagmiten nahmen ein plötzliches Ende. Die Gruppe befand sich nun vor einer Ebene, die zwischen der Felswand und dem Abgrund gut und gerne fünfzig Meter breit sein mochte. Dorian und die anderen konnten einen Kilometer voraus schauen, erst dann verschwand der Weg in dichten Nebelschleiern. Im Felsboden befanden sich kreisrunde Öffnungen, wie mit einem Zirkel ausgemessen und einer Maschine hinein gefräst. Diese Löcher hatten einen Durchmesser von über zwei Metern und verteilten sich auf dem vor ihnen liegenden Weg in unregelmäßigen Abständen. Tirso trat an die vor ihm liegende Öffnung heran. Kalte Luft kam aus dem Schacht, der nicht mehr als zehn Meter Einblick gewährte. "Fall da bloß nicht rein!", sagte Unga, der jetzt neben dem Jungen stand. Tirso hob ein herumliegendes Steinchen auf und warf es in den Schacht. Es dauerte eine Weile, bevor ein dumpf klingender Aufschlag zu hören war. "Ganz schön tief", stellte Dorian fest. "Wir sollten aber besser nichts in diese Öffnungen werfen. Wer weiß, wer oder was da aufgeweckt werden könnte." Auf ihrem weiteren Weg machten sie große Bögen um die Schächte. Auch der Henker achtete auf die Öffnungen und wich ihnen aus. Sie waren bereits mehrere hundert Meter auf diesem Teil des Weges vorangekommen, als sie erneut angegriffen wurden: Aus zwei Schächten, links und rechts vor ihnen, schoss plötzlich Dampf in die Höhe. Es dauerte nicht lange, bis sich die Körper von schlangenähnliche Wesen in diesem Dampf erkennen ließen. Sie richteten sich auf und erreichten eine file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (61 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Größe von über fünf Metern. Die Köpfe der Wesen schienen nur aus Mäulern zu bestehen, die mit gezackten Zähnen bestückt waren. Als die Gruppe nach hinten ausweichen wollte, zischte auch dort Dampf aus zwei Schächten. Wiederum kamen riesige Schlangenwesen hervor. Der Cro-Magnon gab dem Henker den Befehl zum Angriff. Der Untote schlug mit seinem Beil gegen den geschuppten Körper einer der Bestien. Die Riesenschlange brüllte auf, beugte sich hinunter und schnappte sich den Angreifer. Sie biss auf ihm herum, merkte aber schnell, dass sie ihm nichts anhaben konnte. Meterweit schleuderte sie den Untoten durch die Luft. Phillip lief auf eines der Monstren zu. Fauchend verschwand es in dem Loch, aus dem es gekommen war. Dafür tauchten aus den anderen Öffnungen jetzt ständig neue Schlangen auf. Es mussten bereits über ein Dutzend sein. Unga und Dorian hatten längst ihre Pistolen gezogen und schossen auf die Kreaturen. Aber für jede Schlange, die sie mit ihren Silberkugeln und Pyrophorgeschossen vertreiben konnten, erschien an anderer Stelle eine neue Bestie. Phillip lief immer wieder auf die Schlangen zu, aber er konnte nicht überall sein. Auch der Henker konnte nicht viel ausrichten. Er war zwar magisch vor Verletzungen geschützt, doch immer wieder wurde er gebissen und herumgeworfen - es war ein Glück, dass er nicht in einen der Schächte stürzte. Die Kreaturen konnten nicht aus ihren Löchern heraus und so gelang es Unga, Dorian und Tirso, sich aus ihrer Reichweite zu halten. Doch es war abzusehen, dass die Gruppe nicht mehr weiterkommen würde - und auch nicht zurück. "Nicht mehr schießen, Dorian! Wir werden die Munition noch brauchen." Der Cro-Magnon zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Eine Horde von mindestens zwanzig Dämonen stürmte zwischen den Stalagmiten hervor. In weniger als einer Minute würden sie heran sein. "Verdammt, es wird schwer werden, uns inmitten dieser Schlangen zu verteidigen!", sagte der Dämonenkiller. "Phillip und der Henker sind beschäftigt und unsere Munition geht zu Ende." "Ich kann einfach nicht nur zuschauen!", rief Tirso. "Dorian, Unga, geht mir aus dem Weg." Das Auge des Zyklopen begann zu glühen und die Männer kamen seiner Bitte lieber nach. Der sonst so freundliche Junge strahlte nun kalte Entschlossenheit aus. Keine Pupille, keine Iris war mehr auf seinem jetzt weißglühenden Augapfel zu erkennen. Ein armdicker Feuerstrahl schoss hervor, auf die Schlangenwesen zu. Die Bestien fanden keine Zeit mehr, sich zurückzuziehen. In sekundenschnelle wurden sie vernichtet der Feuerstrahl mähte sie regelrecht nieder. Zuckende Leiber bedeckten den Boden und es stank penetrant nach verbranntem Fleisch. Zwanzig, dreißig der Kreaturen waren tot - keine hatte überlebt. Die heranstürmenden Dämonen waren erschrocken stehen geblieben. Tirso drehte sich in ihre Richtung und sandte erneut einen Feuerstrahl aus. Die Hälfte der Schwarzblütigen starb sofort - die anderen warfen sich zu Boden oder ergriffen die Flucht. Der junge Zyklop wollte sie mit einem letzten Feuerblick vernichten, als einer der Dämonen schrie. "Warte - ich bin ein Freund des Dämonenkillers! Töte mich nicht!" Tirso stoppte. Sein Auge hörte auf zu glühen und sein Blick normalisierte sich. "Stimmt das Dorian, ist das dein Freund?", fragte er. "Ich glaube nicht, dass hier Freunde von mir leben. Aber du brauchst deinen Feuerblick nicht mehr anzuwenden, die Gefahr dürfte vorbei sein!" Phillip und der schwarze Henker waren wieder zu Tirso, Unga und Dorian getreten. Die überlebenden Dämonen liefen zu den Stalagmiten zurück. Nur der eine, der gerufen hatte, war in zwanzig Metern Entfernung stehen geblieben. Es handelte sich im Grunde genommen um ein Skelett, das mit einer pergamentartigen Hautschicht überzogen war. Die Augen waren groß und blau, was bei einem Totenkopf grotesk wirkte. Vom Schädel standen einige weiße Haare ab. "Dorian, Phillip! Niemals hätte ich geglaubt, euch hier zu treffen", sagte das Wesen und kam näher. Es benutzte nicht die Dämonensprache, sondern sprach Englisch. "Wer bist du?", fragte Hunter. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (62 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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"Demur Alkahest!", antwortete der skelettartige Dämon. "Ich wandere durch diese verfluchte Höhle, seit ich von den fleischfressenden Pflanzen meines Onkels, dem Count of Alkahest, verschlungen wurde." "Alkahest! Du wagst es, dich als mein Freund auszugeben?" Der Dämonenkiller war wirklich mehr als erstaunt, den ehemaligen Rockerdämon hier zu treffen. "Dein elendiger Onkel hat mich theriaksüchtig gemacht, und du hast mich dazu angestiftet, ihm eine Frau auszuliefern - sie starb!" "Ja, ich habe schlimme Dinge getan", gab Alkahest zu Dorians Überraschung zu. "Aber ich habe auch bezahlt: Seit Jahren bin ich dazu verdammt, in halber Bewusstlosigkeit durch diese Dimension zu wandeln. Und schau mich an: Sieh, was aus mir geworden ist!" Er hob die Rechte, von der nur noch der blanke Oberarmknochen übrig geblieben war. "Na und? Das ist nicht genug!", sagte Hunter hart. "Die Frau ist tot und du lebst! Was willst du überhaupt von mir, von uns?" "Ich könnte euch beistehen, könnte euch aus dieser Höhle führen", antwortete Alkahest. "Und wenn wir wieder auf der Erde sind, helft ihr mir, ein neues Leben zu beginnen." Dorian schüttelte den Kopf. "Du hast die Menschen terrorisiert und deine Opfer verhöhnt. Ich glaube nicht, dass du dich jemals ändern wirst. Von uns hast du nichts zu erwarten. Verschwinde jetzt besser, du hast ja gesehen, was der Junge bewirken kann!" "Manchmal frage ich mich, was der Unterschied zwischen Menschen und Dämonen ist", sagte Alkahest. Er drehte sich um und ging davon. "Vielleicht ist er wirklich nicht mehr böse", meinte Tirso. "Willst du ihn nicht zurückrufen?" "Nein. Ich werde dir später einmal erzählen, was es mit Demur Alkahest auf sich hat." Schweigend gingen sie weiter. Nach einigen hundert Metern gab es keine Schächte im Boden mehr, so dass sie nicht befürchten mussten, in eines der Löcher zu fallen. In der Felswand rechts von ihnen bemerkten sie kleinere und größere Grotten. Unga holte die Taschenlampe hervor und leuchtete in eine der Öffnungen hinein. Es war kein besonders großer Hohlraum - ein Mensch hätte kaum Platz darin gefunden. "Wir sollten etwas Abstand von der Wand halten", meinte Dorian. "Es ist möglich, dass in einigen dieser Grotten Dämonen hausen." Der Cro-Magnon stimmte ihm zu, und sie liefen in der Mitte des immer noch sehr breiten Weges weiter. Die Grotteneingänge wurden bald höher und breiter und Tirso begann sich Wesen vorzustellen, die dort im Dunkeln lauerten: Grässliche Gestalten, die nur darauf warteten, hervorzuspringen um die Menschen erbarmungslos zu zerfetzen. Phillip blieb plötzlich stehen und der Zyklopenjunge wäre ihm fast in den Rücken gelaufen. Tirso folgte dem Blick des Blonden, der wortlos die Felswand anstarrte. Die Gruppe stand in der Nähe einer besonders großen Grotte. Ihr Eingang ähnelte dem Maul eines Raubtieres, wobei zwei Stalaktiten die Reißzähne waren. Tief drinnen in diesem Maul war es stockdunkel, und doch schien es Tirso, als leuchteten dort zwei Punkte dicht nebeneinander - Dämonenaugen! Phillip ging auf diesen Eingang zu. Zehn Meter davor blieb er stehen. "Ist dort etwas, was wir uns ansehen sollten?", fragte Dorian. Er bekam keine Antwort. Unga hatte bereits die Taschenlampe in der Hand und ging vorsichtig auf die Grotte zu. Er leuchtete hinein. Mannshohe Stalagmiten und ebenso lange Stalaktiten warfen bizarre Schatten. Ein Pfad reichte bis tief in den Fels. Unzählige Nischen und Mulden boten sich als Versteck an. Der Dämonenkiller schob sich an dem Cro-Magnon vorbei. "Was kann Phillip hier wollen?" Er machte einige Schritte in die Grotte. Hatte er nicht gerade Atemgeräusche gehört? Er schaltete seine Lampe ein und leuchtete hinter einen Stalagmiten. In diesem Moment wurde er von der Seite angesprungen. Es war eines dieser Wesen, die Mönchkutten trugen. Der Dämonenkiller wehrte den Angriff mit einem Faustschlag ab. Die Kreatur war schwach und stürzte sofort. Der Cro-Magnon kam herbeigesprungen und leuchtete die Gestalt an. Ein bleiches Gesicht mit blutunterlaufenen Augen file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (63 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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wurde unter der Kapuze sichtbar. Das Wesen merkte, dass es machtlos war und wollte flüchten. Doch Dorian hielt es an der Kutte fest. "Lass ihn laufen, Dorian! Dieses Leichtgewicht kann uns nicht schaden", sagte Unga. "Dorian?" Die Stimme kam von dem Wesen, sie war sehr leise. Beide Taschenlampen wurden auf die Gestalt gerichtet, die jetzt ihre Kapuze zurückzog. Ein eingefallenes menschliches Gesicht kam zum Vorschein, dunkle Schatten zeichneten sich unter grünen Augen ab. "Dorian, bist du es wirklich?", es war eine weibliche Stimme. "Mein Gott!", sagte Unga. Dorian wurde beinahe schwindlig. Er richtete die Lampe auf sein eigenes Gesicht. "Ja, ich bin es." Dann beugte er sich zu Coco und umarmte sie vorsichtig. "Verzeih mir! Ich habe dich geschlagen." "Du konntest es nicht wissen", sagte sie schwach. "Auch ich dachte, dass ich von Dämonen gejagt werde." Die Männer stützten sie und halfen ihr, die Grotte zu verlassen. Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf Phillips Gesicht, als er Coco Zamis sah. Tirso erkannte sie nicht sofort und blieb in einigen Metern Entfernung stehen. Erst hier draußen, im Licht der Haupthöhle, erkannten die Freunde, in welch erbarmungswürdigen Zustand sich Coco befand. Sie war vollkommen abgemagert, ihre Augen lagen tief in den Höhlen. Die nackten Füße waren übel zugerichtet, geschwollen und verletzt. Der Cro-Magnon hatte seinen Rucksack abgenommen und eine Reiseflasche hervorgeholt. Er schraubte den Verschluss ab und gab Coco die Flasche. Sie trank einige Schlucke von dem Mineralwasser. "Wird sie wieder gesund?", fragte Tirso leise. "Sie hat nichts, was durch gute Medizin und weiße Magie nicht heilen würde", antwortete Dorian. Ganz so sicher war er sich aber nicht. Unga hatte die Flasche wieder an sich genommen. "Coco, was ist dir nur passiert?" "Luguri hat mich reingelegt. Er gab mir die Beschwörungsformel für diese Welt, sagte mir aber nicht, dass ich hier sofort in Trance fallen würde." Sie blickte zu ihrem Lebensgefährten auf. "Er wollte überhaupt nicht, dass ich Agron 5 töte. Ich war so naiv, weil es um Martin ging. Wie konnte ich euch das nur antun?" "Du hast uns nichts angetan." Dorian setzte sich zu ihr. "Es ist so schön, dass du lebst! Jetzt geht es darum, dass wir hier wieder herauskommen. Unga hat versucht, ein Dämonentor zu aktivieren - es hat nicht geklappt. Aber wir haben Phillip, Tirso und einen schwarzen Henker dabei - wir werden es schaffen!" Coco hob ihre Hand und streichelte Dorians Wange. "Wie geht es Martin?" "Sehr gut! Unga und Vergil haben ihn an einen sicheren Ort gebracht." Er half seiner Lebensgefährtin beim Aufstehen. "Hallo!", sagte Tirso. Er wagte es nicht, sie zu berühren, so zerbrechlich sah sie aus. Coco Zamis lächelte ihm zu. "Der Böse kommt!", sagte Philip. "Wir haben nicht viel Zeit" "Dann sollten wir uns auf den Weg machen." Unga hatte sich den Rucksack wieder auf den Rücken geschnallt. Nach wenigen Schritten merkte Dorian, dass seine Lebensgefährtin zu schwach zum Laufen war und trug sie. Unter der Einwirkung von schwarzer Magie war Coco durch die Höhlenwelt gewandert; sie hatte dabei weder Anstrengung noch Erschöpfung gespürt. Nachdem Agron 5 den magischen Schirm aufgehoben hatte, war sie ins Bewusstsein zurückgekehrt. Aber auch die magische Kraft, die sie bisher angetrieben und aufrecht gehalten hatte, war verschwunden. Die Freunde erfuhren, dass Coco nach ihrem Erwachen vor den Dämonen geflohen war und sich in der Grotte versteckt gehalten hatte. Den Schwarzblütigen hatten Trance und Anstrengungen naturgemäß nicht geschadet - sie waren sofort zu neuen Teufeleien bereit. Die Gruppe lief eine Viertelstunde und Unga hatte den Dämonenkiller beim Tragen abgelöst. Coco file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (64 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Zamis kam dem kräftigen Cro-Magnon federleicht vor. Die dicht beieinander liegenden Grotteneingänge hatten sie hinter sich gelassen. Sie liefen noch eine Weile auf einer freien Ebene, bevor sie auf ein Feld mit gewaltigen Felsblöcken stießen. Viele der Steine waren umgestürzt, hatten sich ineinander gekeilt oder lagen in mehrere Teile zerbrochen auf dem Boden. Der weitere Weg war eine unübersichtliche Geröllhalde. "Das sieht nicht besonders einladend aus", sagte Hunter. "Weißt du keinen anderen Weg, Phillip?" Phillip, der jetzt Tirso an der Hand hielt, ging schweigend weiter. Die anderen folgten ihm und sie traten zwischen die Felsgebilde, die fünf Meter und höher waren. Die tonnenschweren Steine befanden sich dicht nebeneinander, die Wege zwischen ihnen wirkten fast wie ein Irrgarten. "Ich hoffe, unser blonder Freund weiß, wohin er uns bringt", sagte Unga. Die Steinblöcke führten sie an den Rand der Schlucht und Dorian schlug vor, eine kurze Pause zu machen. Er dachte dabei besonders an Tirso, der immerhin noch ein Kind war und dem man nicht jede Strapaze zumuten konnte. Bis auf den Henker setzten sich alle auf den kalten Boden. Die riesigen Ausmaße der Höhle, die unglaubliche Tiefe der vor ihnen liegenden Schlucht beeindruckte die Freunde immer wieder aufs Neue. Der Cro-Magnon hatte Coco neben sich abgesetzt und ließ seine Getränkeflasche herumgehen. "Ein Schluck Bourbon wäre mir jetzt lieber", meinte Dorian. "Du hast dich nicht geändert", sagte Coco. Er beugte sich zu ihr, um sie zu küssen. Da nahm er seitlich von sich eine Bewegung wahr. "Das Spiel beginnt!", rief der Dämon. Er schwebte über der Schlucht - fünfzehn Meter von der Gruppe entfernt. Sie sahen seine hässlichen Fressöffnungen, seine Augenspalte, seine Hufe und die sich windenden Tentakel. "Er ist da", stellte Phillip ohne jede Aufregung fest. Unga sprang auf und zog gleichzeitig seine Pyrophorpistole. "Agron 5 höchstpersönlich!", vermutete er und feuerte drei Geschosse auf das Monstrum ab. Die Munition traf und die Detonationen zerrissen Agrons Unterkörper. Aus dem Nichts tauchte sofort Nebel auf und hüllte den Dämon in sekundenschnelle ein. Der Nebel verflüchtigte sich und der unförmige Leib der Bestie schwebte wieder unversehrt vor ihnen. Der Dämonenkiller hatte noch vier Silberpatronen im Lauf seiner Waffe. Obwohl er sich nicht viel davon versprach, schoss er die Trommel leer. Zwei Kugeln trafen die Kreatur, aber das Silber schien ihr nicht schaden zu können - das Metall trat wieder aus den Wunden hervor und fiel in die Tiefe. "War das alles?", fragte der Dämon spöttisch. Er konnte nicht näher kommen, Phillips Ausstrahlung war zu stark. Mit den Tentakeln begann das Monster Zeichen in die Luft zu malen. Er bereitete einen magischen Angriff vor. Jetzt griff Tirso ein. Unbemerkt von den anderen hatte sein Auge erneut ein leuchtendes Weiß angenommen. Ein blendend heller Hitzestrahl ging von dem Zyklopen aus und jagte auf den Dämon zu. Der Strahl bewegte sich von unten nach oben und zerschnitt das Monster in der Mitte. Die beiden Hälften fielen, begleitet von einer Unmenge schwarzen Blutes, in die Schlucht. Dorian beugte sich vorsichtig über den Rand und sah in die Tiefe. Während des Falls wurden die Teile wiederum von Nebel eingehüllt, der in der Ferne verschwand. "Gut, dass du hier bist, Tirso!", sagte Unga. "Ohne deine Hilfe hätten wir gegen diesen Dämon wenig ausrichten können." Dorian stand jetzt neben den Beiden. "Ich fürchte nur, dass er nicht tot ist." "Wenn Luguri nicht gelogen hat, würde das bedeuten, dass du nach den magischen Gesetzen kein Dämon bist - und Tirso auch nicht!", sagte der Cro-Magnon. "Darüber habe ich mir ohnehin noch nie Sorgen gemacht. Wie könnten wir sonst in Phillips Nähe bestehen oder weiße Magie anwenden?", meinte Dorian. "In erster Linie beschäftigt mich Agron 5. Wenn wir ihn nicht töten können, sollten wir zusehen, dass file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (65 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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wir seine Dimension verlassen." Aber selbst wenn sie einen Weg gewusst hätten, wäre es in diesem Augenblick zu spät gewesen. Sie alle spürten, dass das Unheil sich näherte. Niemand war überrascht, als der Unterwelt-Dämon unverletzt an gleicher Stelle über der Schlucht schwebte. "Ich habe euch unterschätzt", rief er. "Gut, dass meine Diener euch nicht getötet haben - sie hätten mich um ein fesselndes Erlebnis gebracht." Phillip machte eine abwehrende Handbewegung, als er sah, dass Tirso erneut seinen Hitzestrahl einsetzen wollte. "Für kurze Zeit vermagst du ihn damit aufzuhalten, vernichten kannst du ihn nicht." Eine seltsame Aura ging von dem blondgelocktem Mann aus, sein Gesicht schien von innen her zu leuchten. Ein Lichtkranz bildete sich über seinen Kopf, während er die Augen schloss und die Arme von sich streckte. Er begab sich dicht an den Abhang. Der Dämon schwebte ein Stück zurück, um der Strahlung auszuweichen. Nun geschah es, dass Phillips Körper sich vom Boden löste. Er sah Agron 5 an. "Ich bin nun unverwundbar - aber dein Ende ist gekommen!" Dorian und die anderen sahen der Levitation fasziniert zu. Auch wenn Phillip sich oft unverständlich ausdrückte oder in Rätseln sprach, so erfüllten sich seine Voraussagungen stets. Doch dieses eine Mal hatte er sich auf fatale Weise geirrt. Ohne Vorwarnung griff der Dämon an. Er schlug die Klauen seiner Arme zusammen und ein Feuerball raste auf den Schwebenden zu. Bevor jemand etwas unternehmen konnte, streifte die flammende Kugel Phillips rechten Arm. Schreiend stürzte er zu Boden und wäre fast in die Schlucht gefallen. Dorian sprang herbei und zog ihn vom Abhang weg. Ungläubig blickte der Blonde auf die Verletzung - die Hand war verschwunden. Das Feuer hatte sie im Bruchteil einer Sekunde restlos verbrannt. Die Haut war bis zur Schulter hinauf verkohlt und mit Resten der Kleidung verschmolzen. Der Stumpf blutete schwach. Phillip blickte apathisch ins Leere. Agron 5 traute sich näher an die Gruppe heran. "Da liegt er, der Unverwundbare, der mich töten wollte!", höhnte er. Wieder wollte er die Klauen gegeneinander schlagen, doch Tirso handelte schneller: Sein Auge sandte einen Hitzestrahl aus, der sich verbreiterte und einen Durchmesser von über zwei Metern erreichte, als er in Agrons Nähe kam. Doch der Unterwelt-Dämon hatte sich gewappnet und einen Schutzzauber um sich gelegt. Wirkungslos prallte die Hitze von seinem unsichtbaren Schirm ab und verteilte sich im Raum. Jetzt ging der Dämon zum Gegenangriff über. Ein halbes Dutzend Kugelblitze schoss auf Tirso zu. Aber der Zyklop ließ seinen Hitzeblick umherschweifen und neutralisierte die elektrischen Entladungen. Dann herrschte Stille - die Gegner schätzten einander ab. Der schwarze Henker hatte von Unga die Anweisung erhalten, hinter einem Felsen auf eine Möglichkeit zu warten, den Dämon zu attackieren. Der Dämonenkiller nutzte die Kampfpause, um den schwer verletzten Phillip aus dem Gefahrenbereich zu bringen. "Hierher!", rief der Cro-Magnon. Er hatte Coco bereits hinter die hohen Steine geführt. Die Beiden saßen in einer Nische, die von mehreren Felsblöcken gebildet wurde. Phillip konnte kaum noch stehen und Dorian half ihm, als er sich hinsetzte. Unga holte ein Stück Schnur hervor und hatte nun die unangenehme Aufgabe vor sich, den Arm des Verletzten abzubinden. "Haltet aus", sagte er, als er fertig war. "Dorian und ich werden versuchen, Tirso zu helfen." Die Beiden krochen aus der Nische hervor und liefen wieder in die Nähe des Abhangs. Dort sahen sie, dass der Dämon noch immer über der Schlucht schwebte. Offensichtlich wartete er darauf, dass Tirso den nächsten Zug machte. Doch der Junge war kein aggressiver Kämpfer, aber dennoch bereit, sich auf das Äußerste zu verteidigen. Und Agrons Angriff kam - er sandte eine rot-glühende Feuerwelle aus. Der junge Zyklop reagierte sofort und wehrte sich mit seinem Hitzestrahl. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (66 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Die beiden Energieladungen trafen sich in der Mitte ihres Weges und es kam zu einer gewaltigen Explosion. Funken stoben umher und eine unerträgliche Hitze breitete sich aus. Doch keiner der Kontrahenten gab auf. Tirso richtete die höllische Kraft seines Blickes nun ohne Unterbrechung auf den Dämon. Der wiederum jagte eine Feuersalve nach der anderen in die Richtung des Zyklopenkindes. Unga und Dorian, die keine Vorstellung davon hatten, wie sie Tirso bei diesem infernalischen Kampf helfen könnten, zogen sich hinter die Felsblöcke zurück. Agron 5 kam nun auf den Felsvorsprung zugeschwebt. In dieser Bedrängnis setzte der Junge seine telekinetischen Kräfte ein. Er ließ mehrere Felsbrocken, die sich hinter ihm befanden aufsteigen und setzte sie als Geschosse ein. Zenterschwere Steine flogen auf das Monstrum zu - sie prallten an seinem Schutzschirm ab oder wurden von mächtigen Blitzen auseinander gerissen. Der Dämon landete lachend auf dem Plateau. Jetzt kam der Henker aus seinem Versteck hervor! Mit erhobenem Beil griff er an. Aber auch der Unterwelt-Dämon verfügte über telekinetischen Fähigkeiten. Es kostete ihn nur eine kleine Handbewegung, um den Untoten zur Seite zu werfen. Das Beil fiel dem Henker aus der Hand, während die unsichtbare Kraft ihn nochmals erfasste und in die Schlucht schleuderte. Der Untote verschwand für immer in der Tiefe. Der Zyklopenjunge dagegen sah sich plötzlich einem Hagel von steinernen Geschossen ausgesetzt. Er wich zurück, während er sie abwehrte; gleichzeitig verstärkte er den Hitzestrahl, den er wieder auf den Dämon gerichtet hatte. Unga und Dorian waren zur Stein-Nische gelaufen, da sie das Inferno des Kampfschauplatzes nicht aushalten konnten. Aber auch in diesem Versteck war es unerträglich heiß. "Kannst du deine Zeitmagie anwenden, Coco?", fragte der Cro-Magnon. "Tirso trägt einen Kampf aus, den er nicht gewinnen kann, wir müssen ihn aus Agrons Reichweite bringen!" Coco schüttelte verzweifelt den Kopf - sie konnte keine ihrer magischen Fähigkeiten anwenden. "Bring du Coco und Phillip von hier fort, Unga! Ich laufe zurück und hole den Jungen!", sagte Dorian. "Wie denn? Dieser Dämon ist stärker als wir alle zusammen!", wandte der Cro-Magnon ein. "Gib mir den Plastiksprengstoff", forderte der Dämonenkiller."Ich werde versuchen, ihn damit abzulenken. Lauft vor - wir finden euch!" Unga öffnete seine Gürteltasche und gab ihm die beiden Pakete. Er wusste, dass der Plan nicht gelingen konnte. Ein Dämon, der einem solchen Hitzeblick widerstehen konnte, würde sich durch zwei Sprengladungen nicht irritieren lassen. Aber das spielte keine Rolle mehr - wenn Tirso unterlag, würden sie alle sterben. Dem Lärm nach zu urteilen, ging der Kampf seinem Höhepunkt zu. Dorian rannte zu dem Schauplatz. Der kleine Zyklop stand schwankend da, sein Hitzeblick wurde schwächer und endete dann abrupt. Der Junge konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Agron 5 stand nur wenige Meter von ihm entfernt. Als er sah, dass sein Gegner am Ende war, hörte er auf Feuer und Blitze auszusenden. Tirso war so geschwächt, dass er auf die Knie sackte und der Länge nach hinfiel. "Jetzt wirst du sterben, Junge! Und nach dir deine Freunde!" Der Dämon lachte laut und gehässig. Hunter fluchte. Er hatte vorgehabt, den Zeitzünder auf wenige Sekunden zu stellen und den Sprengstoff dann in die Richtung des Dämons zu werfen. Doch Agron 5 stand zu dicht bei Tirso - die Explosion würde beide zerfetzen. Der Zyklopenjunge war noch nicht ganz am Ende. Dieser Dämon wollte seine Freunde töten! Das weckte Tirsos Kräfte noch einmal: Ein großer Felsbrocken hob vom Boden ab und jagte auf Agron 5 zu. Der überraschte Dämon wehrte sich mit einem Blitz, der den Stein in zwei Teile spaltete. Es ging zu schnell, als dass Dorian noch hätte reagieren können. Einer der Brocken schoss auf ihn zu und erwischte ihn an der linken Schulter. Die Wucht riss ihn zu Boden, ein höllischer Schmerz durchflutete seinen Oberkörper. In diesem Moment beugte sich Agron 5 über Tirso. Er hatte vor, seine säbelförmige Klaue in den Kopf des Jungen zu schlagen. Der Dämonenkiller hob trotz seiner Schmerzen den Oberkörper. Er benutzte seinen unverletzten Arm und holte Brookers file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (67 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Metallzylinder hervor, entfernte mit den Zähnen die Kappe und richtete die Öffnung der Metallröhre auf den Dämon. Agron 5 sah sich bereits als Sieger und hatte seinen Schutzschirm fallengelassen. Das Pyrophorgeschoss löste sich donnernd, der Bolzen durchschlug den Rücken des Dämons und explodierte in seinem Körperinneren. Eine klaffende Wunde entstand, Flammen loderten daraus hervor. Der Teuflische ließ von seinem Gegner ab. Doch schon begann sich der weiße Nebel um ihn zu legen, der die Verletzung rückgängig machen würde. Dorian glaubte bereits, mit seiner Aktion nur Sekunden gewonnen zu haben, da erschien unerwartete Hilfe: Der zum Skelett abgemagerte Demur Alkahest stürzte sich auf das Ungeheuer und stieß ihm den freiliegenden Oberarmknochen in die Schusswunde. Der Unterwelt-Dämon schrie ohrenbetäubend und bestialisch - der Nebel, der ihn eingehüllt hatte, zog sich zurück. Doch Agrons Wunde blieb! Wieder und wieder stach Alkahest zu, bis der bis dahin unbesiegbare Dämon winselnd und hilflos auf dem Boden lag. Erschöpft ließ Demur von ihm ab. Er ging zu Dorian, der sich die verletzte Schulter hielt. "Alles in Ordnung, Dämonenkiller?", fragte er ihn. Hunter blickte Demur Alkahest an. "Abgesehen davon, dass mein Schlüsselbein und Schulterblatt zertrümmert sind, geht es mir ganz gut. Was machst du hier? Ich habe dich doch zum Teufel gejagt." "Es war wohl besser, nicht auf dich zu hören", sagte Alkahest. Dorian Hunter nickte. "Was ist mit dem Jungen?" "Der kleine Zyklop ist ein wenig benommen, scheint aber nicht verletzt zu sein. Ohne mich hättet ihr nicht besonders gut ausgesehen." Ein bizarres Grinsen zeigte sich auf Alkahests Totenkopfgesicht. "Ja, ich muss mich bei dir bedanken", sagte Dorian, obwohl es ihm nicht leicht fiel. Ein Geräusch ließ sie herumfahren. Agron 5 war trotz seiner schweren Verletzungen schwankend auf die Beine gekommen. "Schnell!", rief der Dämonenkiller. "An meinem Handgelenk befindet sich eine Schatulle, nimm sie ab!" Schon stapfte das Monster heran. Mit seiner eiskalten Hand riss Alkahest die Schatulle an sich. "Und nun?", fragte er und sah den Gegenstand verständnislos an. Der Unterwelt-Dämon war fast bei ihm. "Schlag auf den Deckel!" Mit dem blutverschmierten Oberarmknochen schlug Alkahest auf die Schatulle. Die Silberklinge sprang hervor. Gerade rechtzeitig drehte er sich um: Der Unterwelt-Dämon holte mit der Rechten aus. Doch die Verletzung hatte den ihn langsam gemacht. Alkahest bückte sich unter dem Schlag hinweg und stach gleichzeitig mit dem Messer zu. Der Getroffene brüllte auf, er war in den Oberkörper getroffen worden. Der Bereich um die Stichwunde verfärbte sich sofort schwarz. In seinem Leben hatte der Dämon keine Schmerzen kennen gelernt, nun spürte er sie zu Genüge und sie machten ihn rasend! Mit den Armen umschloss der Verletzte seinen skeletthaften Gegner zu einer tödlichen Umarmung. Er zerquetschte Alkahest beinahe; die Knochen des Bedrängten knackten bedrohlich. Tirso, der dicht bei den Kämpfenden lag, kam wieder zu sich. Er erinnerte sich an Alkahest und erfasste die Situation sofort. Ein letztes Mal konzentrierte sich der Zyklopenjunge auf Agron 5. Der Kopf des Dämons flammte auf, als sei er mit Benzin übergossen und angezündet worden. Das Feuer loderte und Agron schrie wie am Spieß. Er ließ von seinem Gegner ab und versuchte, mit seinen Klauen und Tentakeln die Flammen zu ersticken. Alkahest nutzte die Situation sofort. Er sah das Beil des schwarzen Henkers auf dem Boden liegen und hob es auf. Jetzt schlug er wie ein Besessener auf Agron 5 ein. Tirso hielt sich die Hände vor das Gesicht, denn der Todeskampf des Unterwelt-Dämons zog sich mehrere Minuten hin. Die furchtbaren Schreie hallten durch die Weiten der Höhle. Agron war zu Boden gefallen, seine Fratze schmolz unter der Hitze des Feuers. Er wand sich vor Schmerzen, aber immer noch fügte Demur Alkahest ihm gnadenlos schreckliche Wunden zu. Er metzelte den einst so mächtigen Dämon nieder, bis dessen Leib sich nicht mehr rührte. Tirso und Dorian kamen herbei und sie sahen, wie die file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (68 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
Satans Sohn
Flammen endgültig Besitz von dem Niedergestreckten nahmen. Er verbrannte restlos und kein Nebel erschien, um ihn wieder zum Leben zu erwecken. Agron 5, der sich für Satans Sohn gehalten hatte, war tot. Nachdem sie eine Weile schweigend dagestanden hatte, wandte sich Dorian Hunter an den erschöpften Demur Alkahest. "Ohne dich wären wir nicht mit ihm fertig geworden. Warum bist du zurückgekommen, warum hast du dich auf diesen Kampf eingelassen?" "Ich hatte einiges bei dir gutzumachen", sagte Demur. "Nachdem der Bann, den dieser verfluchte Dämon über mich gelegt hatte, verschwunden war, kamen die Erinnerungen nach und nach zurück. Ich bin Ewigkeiten durch diese Dimension gewandert und ich erinnerte mich an einen Ort - nicht weit von hier - an dem es vielleicht die Möglichkeit gibt, fortzukommen. Aber du bist mit deinen Begleitern in die falsche Richtung gelaufen. Deshalb bin ich euch gefolgt." "Du kennst einen Ausgang?", fragte Dorian. "Einmal war ich in einer Grotte, in der sich ein seltsam schimmernder See befand; nicht sehr groß; das Wasser war ständig in Bewegung und erzeugte unaufhörlich einen Strudel. Als ich damals dort war, sah ich, wie der Dämon in diesem See verschwand." "Würdest du die Stelle wiederfinden?" "Ja, sie ist nicht weit von hier, weniger als einen Kilometer entfernt. Wir müssen zurückgehen dorthin, wo sich die vielen Grottenzugänge in der Felswand befinden." "Zuerst müssen wir zu Coco, Unga und Phillip, die Schutz in den hohen Steinen gesucht haben." Sie begaben sich zwischen die Felsblöcke. Dorian, dessen Schulter sich jetzt vollkommen taub anfühlte, rief nach Unga. Der Cro-Magnon antwortete ihm, es klang recht nah. Bald fanden sie ihn und die anderen. Weit waren sie nicht gekommen, denn Phillip ging es sehr schlecht. Er lag bewusstlos auf dem Boden, seine Brust hob und senkte sich im schnellen Rhythmus, seine Haare waren nassgeschwitzt. Coco hatte sich zu ihm gesetzt und hielt ihm die Hand. "Er wird sterben", sagte Tirso und begann zu weinen. "Demur wird uns zu dem Tor führen, durch das Agron 5 diese Dimension verließ. Es ist weniger als einen Kilometer entfernt und mit etwas Glück wird es uns wieder an die Erdoberfläche bringen. Dort werden wir Phillip helfen können", sagte Dorian. Er wusste, wie sehr Tirso Phillip mochte. "Ich hörte die Todesschreie des Dämons, ihr habt es also geschafft!" Der Cro-Magnon war mehr als erleichtert darüber, Tirso und Dorian lebend wiederzusehen. Hunter berichtete kurz über den Kampf. Nachdem Unga gehört hatte, dass der Dämonenkiller von einem Stein getroffen worden war, untersuchte er vorsichtig seine Schulter. "Das sind mindestens zwei Brüche", stellte Unga fest. "Wir sollten uns beeilen, vielleicht bringt uns dieser See, das Agron-Tor, zum Elfenhof. Mit der Heilmagie des Hermes Trismegistos werde ich Phillip, Coco und dir helfen können." "Dann lasst uns nicht länger zögern", sagte der Dämonenkiller. Er wandte sich seiner Lebensgefährtin zu. "Wie fühlst du dich, Coco?" Sie erhob sich. "Einigermaßen ausgeruht. Ich werde es bis zu diesem Agron-Tor schaffen. Mit der gebrochenen Schulter wirst du mich schlecht tragen können, Dorian. Und Unga muss sich um Phillip kümmern." Der Cro-Magnon hatte den Bewusstlosen behutsam aufgehoben. "Wenn du nicht weiterkannst, Coco, trage ich dich auch." Sie machten sich auf den Weg. Wenn sie zusammenblieben, brauchten sie nicht mit Angriffen der zahllosen Dämonen, die es nach wie vor in dieser Dimension gab, zu rechnen. Phillips Ausstrahlung bestand weiter und würde die Schwarzblütigen auf Abstand halten. Das galt auch für Demur Alkahest, der sie führte, und sich immer zwanzig bis dreißig Meter vor den anderen hielt. Coco hatte Tirso an die Hand genommen. Die Erschöpfung war tatsächlich ein wenig von ihr gewichen, doch die geschundenen, verletzten Füße verursachten ihr bei jedem Schritt schlimme Schmerzen. Sie bat den Jungen, etwas über Martin und die Dinge, die inzwischen geschehen waren, zu erzählen. Tirso file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (69 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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plapperte eifrig drauflos, aber auch seine Worte konnten sie nicht von den Schmerzen ablenken. So war sie froh, als sie endlich zu dem Punkt kamen, an dem die ersten Grotteneingänge zu sehen waren. Sie liefen noch ein kurzes Stück, bis Alkahest vor einem niedrigen, schmalen Durchlass stehenblieb. "Das ist der Durchgang, der zu dem See führt - dem Agron-Tor!", rief er. "Ihr braucht nur dem Pfad in der Grotte zu folgen. Ich werde voraus gehen und am See auf euch warten." Dann verschwand Alkahest in der Finsternis. Nach allem, was geschehen war, gab es wenig Grund, ihm zu misstrauen. Den Freunden blieb auch nicht anderes übrig, als sich auf Alkahest zu verlassen. Dorian holte seine Taschenlampe hervor und trat in die Dunkelheit. Unga, der Phillip in beiden Armen hielt, folgte ihm. Coco, die eine Lampe erhalten hatte, bildete zusammen mit Tirso das Schlusslicht der Gruppe. Es ging bergab und der Pfad beschrieb mehrere Kurven. Der Cro-Magnon hatte Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, denn der Boden war uneben und mit Phillip in den Händen konnte er keinen Halt an den Felswänden suchen. Cocos Füße begannen zu bluten, aber sie sagte nichts und hielt durch. Der Gedanke, bald bei Martin zu sein, ließ sie die Schmerzen ertragen. Endlich nahm der Weg ein Ende und sie kamen in einen hallenartigen Raum. Es war hell, obwohl es keine Lichtquelle gab - so, wie sie aus der riesigen Haupthöhle kannten. ",Das ist das Agron-Tor!", rief Alkahest, und wies auf das Gewässer, an dessen Ufer er stand. "Bringt Phillip nicht näher, seine Ausstrahlung schadet mir!" Unga setzte Phillip am Ende des Durchgangs vorsichtig ab. Der Verletzte stöhnte auf und erwachte. Mit dem glanzlosen Blick sah er zum See, dann blickte er den Cro-Magnon an. "Nutzt die Pfade des Bösen", sagte er beinahe unhörbar leise. "Pfade des Bösen? Meinst du das Agron-Tor?", fragte Unga. Phillip nickte schwach. "Denkt fest an euer Ziel! Die Pforte wird eure Wünsche erfüllen." Seine Augen schlossen sich und er verlor erneut das Bewusstsein. Der Cro-Magnon dreht sich zu dem Zyklopenjungen. "Kannst du für einen Moment bei Phillip bleiben? Ich möchte sehen, wohin uns Demur geführt hat." Unga, Dorian und Coco gingen zu Demur Alkahest. Er stand eher vor einem Teich als vor einem See. Bis zum gegenüber liegendem Ufer waren es nicht mehr als fünfzehn Meter. Das Wasser kreiste um sich selbst. Außen langsam, als wäre es zähflüssig, und nach innen zunehmend schneller. In der Mitte befand sich ein reißender Strudel, groß genug, um einen Menschen zu verschlingen. Das Wasser, wenn es denn überhaupt Wasser war, rauschte monoton und schimmerte in einem giftigen Grün. Dorian Hunter fühlte sich durch die Farbe unweigerlich an das eigenartige Zimmer erinnert, in welchem er sich zu Anfang der Reise wiedergefunden hatte. "Das soll ein Dimensions-Tor sein?", fragte er. "Ich habe beobachtet, wie der Unterwelt-Dämon in diesem See verschwand", sagte Alkahest. "Ich bin sicher, dass es sein Weg an die Erdoberfläche war." Unga hatte sich hingekniet und hielt eine Hand in das Gewässer. Die Flüssigkeit war lauwarm und kribbelte leicht auf seiner Haut. "Phillips Worte waren deutlich: Wir sollen uns in das Agron-Tor begeben, es wird uns zu dem Ort führen, an den wir uns wünschen." Dorian machte ein nachdenkliches Gesicht. "Er hat sich vor nicht einmal einer Stunde sehr geirrt und wäre deshalb fast getötet worden. Können wir jetzt sicher, dass wir einen Sprung in diesen See überleben?" "Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als das Tor zu benutzen", meinte Coco. "Phillip wird sterben, wenn er nicht bald Hilfe bekommt. Ich kann nicht weiter und du, Dorian, bist auch verletzt. Wohin sollten wir auch gehen? Ohne Phillips Schutz würden uns die Dämonen bald aufspüren - sie sind in der Überzahl und wir hätten ihnen auf Dauer nichts entgegenzusetzen." "Also wagen wir uns in dieses Gewässer und wünschen uns zum Elfenhof?", fragte Unga. "Ich bin dafür. Mich hält hier nichts mehr", sagte Alkahest. "Wir haben etwas vergessen", sagte Hunter. "Wenn dieses Phänomen ähnlich funktioniert wie ein file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (70 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Dämonentor, dann wird Phillip es nicht passieren können." "Ich werde zum Schluss, zusammen mit Phillip, in den See springen. Vielleicht sterben wir oder wir bleiben zurück - aber er wird nicht allein sein", sagte Unga. Coco und Dorian schwiegen, denn Ungas Worte berührten sie. Als sie dem Cro-Magnon vor Jahren das erste Mal begegneten, hielten sie ihn für einen Muskelprotz mit wenig Gefühl und Verstand. Mittlerweile hatte sich ihre Meinung über ihn grundlegend geändert. Er war ein intelligenter und mutiger Mann, der seine Freunde nie im Stich ließ. "Wir sollten Tirso nichts davon sagen, dass wir ein Risiko eingehen", meinte Dorian. Unga nickte. "Kurz bevor ich mit Phillip das Tor betrete, werde ich den Plastiksprengstoff an den Ufern deponieren und den Zeitzünder aktivieren. Vielleicht lässt sich der Übergang damit zerstören." "Eine gute Idee. Es wäre fatal, wenn die Dämonen dieser Dimension die Erdoberfläche erreichen könnten", sagte der Dämonenkiller. "Dann sehen wir uns auf der anderen Seite wieder! Ich schicke euch den Jungen", sagte Unga und ging zum Eingang zurück. Einige Augenblicke später stand Tirso am Ufer und sah unsicher zu dem Strudel. "Sollen wir da hineinspringen?", fragte er wenig begeistert. Coco nahm seine Hand. "Demur und Phillip sind sicher, dass wir so nach Hause kommen." "Wir sollten uns alle an den Händen halten", schlug Demur vor. "So ist es sicherer, dass wir zusammenbleiben. Außerdem kenne ich den Elfenhof nicht und kann mich daher auch schlecht auf ihn konzentrieren." "Und haltet Mund und Augen geschlossenen, wir wissen nicht, um was für eine Flüssigkeit es sich handelt!", sagte Dorian. So standen sie Hand in Hand in einer Reihe und sprangen in das merkwürdige Gewässer. Die Flüssigkeit schien nach ihnen zu greifen, zog sie mit sich - immer weiter auf den Strudel in der Mitte zu. Ihre Füße fanden keinen Grund und sie waren versucht, einander loszulassen und Schwimmbewegungen zu machen. Doch der See war schnell. Sie erreichten seine Mitte, begannen im Strudel zu rotieren und wurden kraftvoll in die Tiefe gezogen. Die Flüssigkeit schlug über Dorian Hunters Kopf zusammen und er hielt die Luft an. Sein Körper wurde hin- und hergerissen und er bemerkte, dass er niemanden mehr an der Hand hielt. Die Wärme, die ihn umgab, drang in seinen Körper ein. Wellenförmig lief sie immer wieder von Kopf bis Fuß und steigerte sich dabei zu einer peinigenden Hitze. Dorians verletzte Schulter fing entsetzlich zu Schmerzen an, so, als hätte sie Feuer gefangen. Er unterdrückte den Impuls aufzuschreien, öffnete aber die Augen. Ein Konglomerat aus Farben und Formen umgab ihn. Nebel formten sich zu hässlichen Fratzen, kamen auf ihn zu und lösten sich wieder auf. Geräusche, Schreie und scheußliche Musik, drangen in seine Ohren. Dorian wurde schwindelig - der Sauerstoffmangel machte sich bemerkbar. Der Lärm verstummte und die tanzenden Farben verblassten, sie wichen einer blau-schwarzen Dunkelheit. Leuchtende weiße Punkte lagen auf dieser Dunkelheit. Ein Windhauch fuhr Hunter über das Gesicht und er atmete tief ein. Die Luft war kühl und erfrischend. Er drehte den Kopf ein wenig nach rechts und sah den Mond. Jetzt bemerkte er, dass er vollkommen nackt war und auf weichem Untergrund lag, auf Gras. Ein weiterer Luftzug ließ ihn frösteln - es war nicht kühl, sondern kalt, sehr kalt. Er hob den Oberkörper und staunte: Die Schulter tat nicht mehr weh, sie fühlte sich an, als sei sie nie verletzt gewesen. Der Dämonenkiller erhob sich. Rechts von ihm stand ein großes, plumpes Gebäude - eine Scheune. Links lag ein flaches Wohnhaus. Nun wusste er, wo er sich befand: auf dem Elfenhof, in der Nähe von Reykjavik. Es war gelungen, das Agron-Tor hatte sie an ihr Wunschziel gebracht. Doch wo waren die anderen? Vor der Scheune lag eine Gestalt, ebenfalls nackt. Es war ein großer, schlanker Mann mit schwarzen Haaren, die wirr von seinem Kopf abstanden. Hunter ging zu ihm, beugte sich hinunter und schüttelte den Schlafenden. Der Mann, der Mitte dreißig sein mochte, seufzte und öffnete die Lider - er hatte blaue Augen. file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (71 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Es war Demur Alkahest! Er war nicht mehr bis auf die Knochen abgemagert, sondern sah so aus, wie Dorian ihn aus der Vergangenheit kannte. Der Dämonenkiller dachte an die verletzte und jetzt wieder genesene Schulter. Der See, das Tor, war nicht nur eine Pforte durch die Dimensionen gewesen, sondern auch die Quelle für Agrons Unverwundbarkeit! Dorian und die anderen hatten nun von dieser unheimlichen Kraft profitiert. "Mann, das war ein verdammt ekliger Trip", sagte der erwachte Demur Alkahest. Er hob seine Hände und schaute sie ungläubig an. "Aber es sieht so aus, als hätten wir einen Hauptgewinn gezogen, oder?" Aber der Dämonenkiller war schon weitergegangen, er war auf der Suche nach Coco und Tirso. Er fand seine Lebensgefährtin in der Nähe des Wohnhauses. Sie war bereits aufgestanden und stand gesund, munter und nackt vor ihm. "Welche Jahreszeit haben wir?", wollte sie wissen. "Winter. Das Jahr 1980 hat gerade begonnen", antwortete Dorian, der sich wunderte, dass sie ihn ausgerechnet diese Frage stellte. "Deshalb ist es so kalt", sagte Coco. "Ich wollte ins Haus, aber niemand ist da, es ist verriegelt." "Ich werde die Tür aufbrechen. Doch wir müssen zuerst Tirso suchen, er fehlt noch!" In diesem Moment passierten verschiedene Dinge. Ein Flügel des Scheunentors öffnete sich knarrend und der Zyklopenjunge trat hervor. Er hatte eine Decke um sich gewickelt. Dicht neben dem Hauseingang flirrte die Luft und aus dem scheinbaren Nichts materialisierte sich Phillip. Er lag auf dem Boden und blickte sich verwirrt um. Coco reichte ihm die Hand und er stand auf. Erleichtert stellte Dorian fest, dass auch Phillips Verletzung durch das Agron-Tor ungeschehen gemacht worden war: Seine Hand war wieder da, und an seinem nackten Leib war keine Brandwunde oder sonst ein Makel zu erkennen! Demur Alkahest bekam die für Dämonen schädliche Ausstrahlung zu spüren und wich mehrere Schritte zurück. Auch in seiner Nähe flimmerte die Luft: Unga kam an! Zusammen gekauert lag der Cro-Magnon plötzlich auf dem Boden. Einige Sekunden war er benommen, dann blickte er sich um. "Es hat geklappt", stellte er fest. "Sind alle hier?" "Ja, aber wenn deine Freunde nicht bald ins Haus kommen, werden sie erfrieren", meinte Alkahest. Ihm selbst machte die Kälte nichts aus. "Wir werden einbrechen müssen, Unga. Deine Kleidung und dein Rucksack sind auf der Reise verloren gegangen - und damit auch deine Schlüssel", sagte Coco. "Manchmal helfen die ganz alten Tricks!" Der Cro-Magnon sprang schwungvoll auf. Er lief zur Scheune und hob rechts vom Tor einen schweren Findling an. Ein glänzender Schlüssel kam zum Vorschein. Er setzte den Stein ein Stück weiter ab und hob den Schlüssel dann auf. Anschließend lief er zum Haus und ließ seine zitternden Freunde ein. Nur Demur Alkahest blieb fünf Meter von der Tür entfernt stehen. "Dämonenbanner, das hätte ich mir denken können!", sagte er. Unga warf ihm die Decke zu, die Tirso getragen hatte, und bat ihn, einige Augenblicke zu warten. Im Haus besorgte der Cro-Magnon Coco und Dorian etwas zum Anziehen und kleidete sich dann selbst an. Tirso hatte ein eigenes Zimmer auf dem Elfenhof, so dass er sich um sich selbst kümmern konnte. In einem Gästezimmer, das im Erdgeschoss lag, entfernten Dorian und Unga die Dämonenbanner und deaktivierten eine magische Falle. Durch den Hintereingang holten sie Alkahest in den Raum, er fand dort Kleidungsstücke vor, die Unga aus Vergil Fentons Zimmer besorgt hatte. Tirso und Phillip tranken und aßen eine Kleinigkeit, dann gingen sie zu Bett. Der Zyklopenjunge wollte eigentlich noch aufbleiben, doch er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich und Unga bestand darauf, dass er sich hinlegte. Der Cro-Magnon schlug Coco vor, am nächsten Tag mit ihr in Hekates Unterwelt zu reisen, um Martin und die anderen zu treffen. Doch sie wollte von Höhlen und Dämonentoren nichts mehr wissen und so wurde beschlossen, dass Martin zum Elfenhof gebracht werden würde. Eine Weile später saßen die Wachgebliebenen bei Demur Alkahest im Gästezimmer und tranken Rotwein - nur der Dämonenkiller hatte sich einen file:///G|/Books/1/DÄMONENKILLER - Die Söhne Satans.html (72 von 74) [16.06.2001 00:40:52]
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Whisky eingeschenkt. Er zündete sich eine Zigarette an und wandte sich an Demur Alkahest. "Warum hast du uns nicht angegriffen, wie die anderen Dämonen, die aus ihrer Trance erwachten? Agron 5 gab euch doch sicher den Befehl, uns zu töten?" "Ich habe diese Anweisung tatsächlich erhalten. Entweder wirkte der Befehl bei mir nicht so stark wie bei den anderen, oder meine Freundschaft zu dir hat über Agrons Willen gesiegt." Alkahest grinste. Auch jetzt war er nicht besonders schön anzusehen; sein Kopf ähnelte noch immer einem Totenschädel. "Meinst du, mit den Sprengladungen hat alles geklappt, Unga?", fragte Coco. "Nachdem der See euch verschluckt hatte, fiel mir ein, dass es sinnvoll wäre, auch den Zugang zum Agron-Tor zu verschließen. Ich lief also ein Stück in die Grotte hinein und deponierte dort eines der Pakete. Das andere legte ich am Ufer ab. Hoffentlich hat der Plastiksprengstoff etwas bewirkt!" "Er hat etwas bewirkt!" Faustus befand sich plötzlich in ihrer Mitte. "Seid mir gegrüßt, liebe Freunde!" Die Erscheinung war nicht so ausgeprägt und leuchtend wie in Hekates Unterwelt, dennoch war der Doktor deutlich zu erkennen. "Ich bin erfreut, Euch zu sehen, Magister!", sagte Dorian "Ihr habt die Explosion gesehen?" "Die Verpuffung war enorm, Georg! Die Grotte, die zum Agron-Tor führt, ist verschüttet. Die Pforte selbst hat ebenfalls großen Schaden genommen und wird bald in sich zusammenfallen. Sie stammte aus einer fernen Zeit, aus einer anderen Welt. Daher war es Eurem blonden Freund möglich, das Tor zu durchschreiten." "Die Dinge haben sich wahrlich gut entwickelt", meinte Dorian. "Freilich wäre es schön gewesen, wenn Ihr uns bei dem großen Kampf beigestanden hättet, Doktor. Immerhin hattet Ihr versprochen, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein." "Würden wir uns nicht so lange kennen, lieber Georg, und wäret Ihr seinerzeit nicht ein so gelehriger Adept gewesen, so würde mich Euer närrisches Geschwätz zornig machen! Glaubt Ihr denn wirklich, ich hätte mein Versprechen nicht gehalten? War Eure Geliebte nicht in der Nähe, als Ihr in die Teufelsdimension kamt? Und als der blondgelockte Zaubermann Schaden genommen hatte und er keine Hilfe mehr für Euch war, fandet Ihr da keinen neuen Verbündeten? Seid Ihr und Eure Freunde nach gelungener Mission unbeschadet zurückgekehrt oder nicht? Was glaubt Ihr, Georg, wer das alles bewirkt hat? Jemand, der zur rechten Zeit am rechten Ort war!" Mit diesen Worten löste sich der Astralkörper auf. Die Freunde schwiegen eine Weile. Besonders Dorian Hunter wirkte betreten, denn er wusste, dass er Doktor Faust Unrecht getan hatte. *** Am nächsten Tag und in aller Frühe, die anderen schliefen noch, aktivierte Unga das Dämonentor und versetzte sich in Hekates Unterwelt. Zwei Stunden später kam er nicht nur mit Martin zurück, sondern auch mit Reena, Vergil, Don und Dula. Die Vier wollten es sich nicht nehmen lassen, Coco zu begrüßen. Es war ein glücklicher Tag, voller Freude und Tränen. Der Dämonenkiller telefonierte mit der Jugendstilvilla und berichtete Trevor Sullivan die guten Neuigkeiten. Trevor versprach, die Reisepässe von Dorian, Phillip und Coco sofort abzuschicken. Es gestaltete sich etwas schwieriger, für Demur Alkahest Ausweispapiere zu besorgen, da er seit Jahren als Verschollen galt. Am Abend jedoch rief Trevor an und teilte Hunter mit, dass es Roger Powell gelungen war, auch dieses Problem zu lösen. Vergil Fenton gab Martin zwei Wochen Ferien, so dass der Junge drei Tage später, als alle Papiere beisammen waren, mit nach London fliegen konnte. Demur Alkahest, der auch nach England zurückkehrte, saß in der BA-Maschine weit weg von Phillip. Er nahm auch ein eigenes Taxi, als sie von Heathrow aus zur Jugendstilvilla fuhren. In der Baring-Road stand er zusammen mit Dorian gegenüber der Jugendstilvilla und beobachtete, wie Coco, Phillip und Martin enthusiastisch von Miss Pickford begrüßt wurden.
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"Ich würde der Vettel auch ganz gerne die Hand drücken", sagte Demur. "Aber die Villa ist so gut gesichert, da komme ich nie hinein. Vielleicht könnt ihr auf der Straße eine Hundehütte für mich bauen." Dorian wusste, was sich hinter dem Sarkasmus verbarg. Alkahest war wieder in Großbritannien, aber keiner seiner Verwandten lebte mehr. Er war allein. "Ich habe immer noch mein Apartment in der Abraham-Road. Wenn du keinen Unfug anstellst, kannst du dort eine Weile wohnen", sagte der Dämonenkiller. Demur hob die Augenbrauen. "Das Angebot nehme ich gerne an. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen: Ich werde keine schwarzen Messen oder etwas Ähnliches feiern - mit der Familie verbindet mich nichts mehr." Dorian verschwand kurz in der Villa und besorgte die Schlüssel für das Apartment und für den Rover. Dann stieg er mit Alkahest in den Wagen und fuhr mit ihm in die Abraham-Road. *** Als Hunter in die Jugendstilvilla zurückkehrte, hatten es sich die anderen bereits im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Martin saß vor einer dampfenden Tasse Kakao und einem großen Stück Kuchen. Auch Miss Pickford, Trevor und Coco hatten Platz genommen, sie tranken Tee. Nur Phillip stand vor dem Fenster und sah in den Garten. "Setzen Sie sich zu uns, Dorian!" Miss Pickford war die Freundlichkeit in Person und stellte ihm eine Tasse zurecht. "Was glauben Sie, Sir - werden sich diese Dämonen an ihr Wort halten und fortan ihre scheußlichen Finger von Martin lassen?", fragte sie, während sie ihm Tee einschenkte. "Prinzipiell muss sich auch Luguri an seine Zusagen halten, aber er spielt gerne falsch. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er einen Grund ersinnt, um sich von seinem Wort loszusprechen. Der hinterhältige Zakum wird ihm dabei sicher hilfreich zur Seite stehen. Aber das soll Coco, Martin und mich nicht stören. Wir wollen wenigstens die nächsten zwei Wochen unsere Ruhe haben und die Zeit miteinander verbringen", antwortete Dorian. "Luguri kann zufrieden damit sein, dass du ihm Agron 5 vom Hals geschafft hast. Ich glaube nicht, dass er so bald etwas gegen uns unternimmt", sagte Trevor. "Was ist mit diesem Demur Alkahest - ist er ein wertvoller Verbündeter?" "Das wird sich zeigen", meinte der Dämonenkiller. "Er verfügt über keine besonderen magischen Fähigkeiten, aber vielleicht gibt es die eine oder andere Situation, in der er sich als nützlich erweisen könnte." Am nächsten Tag hatten Dorian und Coco einen Termin bei Dr. McClusky. Die ersten Untersuchungen zeigten, dass die Beiden kerngesund waren. Sogar Dorians Leberwerte waren wieder in Ordnung - offensichtlich hatte das Agron-Tor rundum positiv gewirkt. "Darauf sollte ich etwas trinken!", sagte Dorian grinsend, als er mit Coco die Klinik verließ. Sie zupfte ihn am Ohr und gab ihm dann einen Kuss. "Nein, jetzt holen wir Martin ab und machen uns einen schönen Tag!"
Ende
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