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ielobjekt hat jetzt den Strand der vorgelagerten Insel erreicht. Nähert sich uns mit hoher Geschwindigkeit! Zeit bis zu seiner Liquidierung; vier Minuten!« »Druck dich gefalligst exakter aus, Nedir!«, verlangte Weddrin. »Auf Theke gibt es tausend Inseln, auf einer davon sitzen wir gerade. Woher also kommt der Arkonide?« »Hast du Dreck auf den Linsen ?«, spottete Nedir. »Schau auf deinen Schirm, du Anfänger, dann mach deine Waffensysteme Klar.« »Meine Waffensysteme sind klar, seit ich dich kenne!« Nedir lachte, Weddrin war ein eiskalter Klotz ohne jeden Sinn für Humor. In seinem Job war er allerdings fast so gut wie Nedir. Fast! »Hort auf zu faseln«, fuhr Leuff dazwischen, »Konzentriert euch lieber auf das Ziel. Ihr wisse doch, dass uns ein Spitzenkopfgeld erwartet.«
Nedir presste die Lippen zusammen. »Das Zielobjekt kann uns orten!« Ne Ihre Anführerin hatte Recht. Aber das dir war perplex. So etwas war bisher Kopigeld interessierte ihn nicht. Er noch nie vorgekommen. Der Gegner musste den entscheidenden Treffer musste über eine extrem hochwertige landen. Er musste der Beste sein! Technik verfügen. Koste es, was es wolle! In wilden Haken durchflogen sie die Der Gleiter näherte sich in immer Schusslinien, bis der Rauch sich ein we kleiner werdenden Kreisen dem geheimen Stützpunkt. Ihr Opfer hatte nig verflüchtigt hatte. Dann stürzten sie anscheinend Erfahrung im Abschütteln sich erneut auf die Beute. Die drei Verfolger betätigten pausen von Verfolgern. So konnte der Pilot eventuelle Gefahren rechtzeitig ent los ihre Waffen, Nedir den Granatwer decken und würde den Standort seiner fer, Weddrin den Thermostrahler und Leuff die Vibrationsschleuder. Erst als Basis nicht verraten. Hervorragende Taktik, dachte Nedir. sie zum Punktbeschuss übergingen, ex Sie funktionierte allerdings nur, wenn es plodierte das Fahrzeug mit mörderi sich bei den Verfolgern nicht um hoch scher Wucht. spezialisierte Auftragsmörder wie sie »Er flieht!« Leuff zeigte in die Rich handelte. Ihr Triple-Jet war praktisch tung eines leuchtenden Schemens, der nicht zu orten. Die genaue Lage der Ge sich schnell durch den Qualm entfernte. heimstation hatten ihre Spionsonden Offenbar hatte ihr Opfer seinen Gleiter schon bei der ersten Verfolgung des Ar rechtzeitig verlassen und die Bordka koniden ermitteln können. none auf Automatik gestellt. Jetzt flog Jetzt flog der Pilot sein Versteck di der Arkomde in Richtung einer Nach rekt an. Der Ortungsschutz seiner Basis barinsel.. Vielleicht hatte er dort ein wei erlosch, eine Bodenschleuse öffnete teres Versteck? sich. Der Gleiter schwebte darauf zu. Sie rasten mit dem Gleiter durch den Als er zur Hälfte in der Schleuse ver-. Dschungel. Ihr Opfer sauste im Zick schwunden war, explodierte die Ther zackkurs über den Strand der Insel. mobombe. Weddrin und Nedir klinkten ihre außen Der tropische Dschungel verdampfte liegenden Drittel des Triple-Jets aus, so in weitem Umkreis. dass drei fast gleichwertige Minigleiter Nedir wusste, dass der Gleiter nun entstanden. Sie nahmen den Flüchten wehrlos und verbeult in der Schleuse den unter Dauerbeschuss und machten lag. Er führte den Triple-Jet in das so einen Durchbruch zur benachbarten Chaos aus Hitze und Qualm, legte die Insel unmöglich. Finger auf die Auslöser seines Granat Immer wieder kannte das Opfer ihren werfers, Nur noch eine Millitonta, dann Schüssen entgehen. Doch dann, Nedir würde sich der Rauch lichten ... lud gerade seinen Granatwerfer nach, Ein mörderischer Feuerstrahl schlug beging der Flüchtende einen verhäng ihnen entgegen. Mehrere Salven trafen nisvollen Fehler. Statt am Dschungel ihren Kampf gleiter und warfen ihn bru rand zu bleiben, folgte er mit hoherGe tal aus der Bahn. Leuff konnte gerade schwindigkeit einer weit ins Meer hin noch abdrehen, sonst wären die Schirme ausragenden Landzunge, wodurch er zusammengebrochen. jede Deckung verlor.
Als er seinen Fehler bemerkte, brems te er stark ab. Nedir ließ ihm keine Chance, umzu kehren. Er hatte nun nachgeladen und platzierte mit blitzschnellen Bewegun gen eine Granate direkt neben dem Schutzschirm des Gejagten. Die Wirkung war verheerend. Der Schutzschirm wurde ausgeblasen wie eine Kerze im Sturm, der Arkpnide flog wie ein welkes Blatt durch die Luft und landete auf dem Strand. - Nedir riss die Arme hoch. »Ich habe ihn erwischt!« Er kostete seinen Tri-, umph aus, während er langsam auf den Flüchtenden zu schwebte, der ängstlich zu ihm hochblickte. Der Mann konnte ihn nicht erkennen. Nedirs Deflektor schirm war undurchsichtig. »Was wollt ihr?«, keuchte ihr Opfer. »Geld? Ich bin reich und bezahle gut!«
Nedir lachte höhnisch. Mit dem na deldünnen Strahl seines Desintegrators trennte er dem Arkoniden die rechte Hand ab. Die Augen des Mannes schienen .aus den Höhlen zu quellen, als er den blu tenden Armstumpf angaffte. »Nehmt meinen Kreditchip, zerstört meinen Stützpunkt, aber lasst mich am Leben! Was habe ich euch getan? Wer schickt euch?« Der Arkonide versuchte ver zweifelt, mit seiner linken Hand die Wunde abzudrücken. »Spielt das noch eine Rolle für dich? Ich glaube kaum. Aber ich habe heute meinen großzügigen Tag. Ich verrate es dir trotzdem. Dein geheimer Stützpunkt ist jemandem ein Dorn im Auge. Des halb liegst du jetzt hier im Sand und verlierst Blut!« »Nedir! Mach's kurz, wir haben nicht
Was bisher geschah: Wir schreiben den Februar des Jahres 1225 NGZ. Auf Einladung der Historikerin Li da Zol tral besucht Atlan das auf einer Museumsinsel gelegene Epetran-Archiv, in dem Schätze und geheimes Wissen der Lemurer lagern, der Ersten Menschheit, die schon vor weit über fünfzig Jahrtausenden die Milchstraße besiedelte und von der alle gegenwärtig in der Ga- * laxis existierenden humanoiden Völker abstammen. Als Atlan auf ein Krish'un aufmerksam wird, einen Umhang lemurischer Temräte, der zu ih rer Identifizierung diente, dringen Unbekannte ein und stehlen das Relikt. Der gestohlene Krish'un stammt aus Omega Centauri, einem bisher unerforschten Kugelsternhaufen, Er ist deshalb unerforscht, weil er durch seine besonders dicht stehenden Sterne und extre men Hypersturme eine Strahlung erzeugt, die ihn lediglich durch eine »intermittierende Sprungtechnik« erreichbar macht. Atlan beschafft sich auf der Erde einen Krish'un, den er vor langer Zeit selbst einmal ver wendete, um sich als Tarn rat auszuweisen, und bricht mit seinem Raumschiff ATLANTIS nach Omega Centauri auf. Als er mit dem Schweren Jagdkreuzer TOSOMA ins Zentrum des Sternhaufens vorstößt, wird er dort von Walzenraumern der Mograks erwartet. Kur zerhand flieht; Atlan zur Handelswelt Yarn, wo er wichtige Informationen über lemurische Hinterlassenschaften auf der Ruinenwelt Acharr erhält und den jungen Mutanten Akanara an Bord nimmt Beim Start stellen sich der TOSOMA erneut Walzenraumer entgegen, so dass sie eine Not transition durchführen muss, die sie mitten in einen Hypersturm bringt. Der Schwere Jagd kreuzer havariert auf der Sumpfwelt Othmura. Nur mit äußerster Mühe gelingt es der Be satzung, die geistige Beeinflussung durch ein planetenweites Bewusstsein abzustreifen. Endlich ist der Weg nach Acharr frei...
dem ganzen Tag Zeit.« Weddrin saß vornübergebeugt hinter seinen Kontrol len, die riesige Kombiwaffe lässig im Arm haltend. »Spielverderber!« Die Emotionslo sigkeit, mit der Weddrin seine Aufträge durchzog, machte Nedir manchmal ra send. »Man wird sich doch noch einen kleinen Spaß gönnen dürfen!« Er wandte sich wieder an sein Opfer. »Du möchtest sicher wissen, wer wir sind. Ich will es dir nicht vorenthalten. Es wird dich überraschen.« Der Kopf des Arkoniden fuhr herum, als Nedir den Deflektorschirm desakti vierte. Die Augen in seinem kalkweißen Gesicht weiteten sich. »Ihr seid ...?« Kraftlos sank sein Kopf zur Seite. Nedir beugte sich zu dem Wehrlosen hinab, so dass ihre Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt wa ren. »Wie du siehst, sind wir völlig harmlos.« »Ja!« Ein Hauch von Zuversicht fla ckerte in den Augen des Arkoniden. »Bitte lasst mich gehen!« Nedir grinste den Mann freundlich an. Dann löste sich ein Schuss aus sei nem Desintegrator. Die Hoffnung im Blick des Arkoniden erlosch für alle Zeiten. *
Sie zerstrahlten gerade die Leiche, als ein leises Piepsen ertönte. Leuff drückte einen Sensor an ihrem Multifunktions armband und flüsterte etwas in das Ge rät. Nedir sah, wie sie plötzlich erstarrte und das Display näher an die Augen hielt. Gleich darauf ließ sie langsam den Arm sinken. Mit seltsamem Gesichts ausdruck schaute sie zu den anderen. »Was ist los?« Nedir bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte.
»Ich habe eine Nachricht vom Schiff bekommen.« »Probleme?« Er konnte die Fassungs losigkeit seiner Anführerin mit Händen greifen. »Es liegt ein neuer Auftrag vor.« Was sollte an einem neuen Auftrag so schrecklich sein? Verdutzt blickte er sich nach Weddrin um, der noch immer die Waffe erhoben hielt. »Es ist ein ganz besonderer Auftrag, wie wir noch nie einen hatten.« »Urnso besser. Stimmt wenigstens die Bezahlung?« Leuff holte tief Luft. Weddrin ließ seine Waffe sinken und kam näher. »Wie viel?« Sie blickte ihre Partner bedeutsam an, dann nannte sie den Betrag. Nedir ächzte. »Und was müssen wir dafür tun? Den Imperator töten?« Weddrin stieß ein heiseres Lachen aus, doch Leuff blieb ernst. »Fast«, sagte sie. »Wobei das möglicherweise sogar einfacher wäre-« Sie nannte den Namen ihres Zielobjekts. Nedir, Weddrin und Leuff schauten sich lange schweigend an. Dann begann Leuff schallend zu lachen. Die beiden anderen stimmten ein. Begeistert rissen sie die Arme hoch und schlugen sich ge genseitig auf die Handflächen. Sie hatten es geschafft. Sie hatten es endgültig geschafft! L 22. Februar 1225 NGZ, Schwerer Jagdkreuzer TOSOMA
»Noch" eine Dezitonta bis zum Sprung! Transitionstriebwerke sind justiert, Ortungsschutz aktiv, Schift im Gefechtszustand. Achtzig Prozent
Lichtgeschwindigkeit werden ... jetzt... erreicht!«, meldete Altra pflichtbewusst von seinem Pilotenstand aus. Übertrieben pflichtbewusst-trifft es besser, raunte mein Extrasinn. Wenn ihr euch nicht bald aussprecht, gefährdet ihr die Mission und den Rest der Besat zung. Die Penetranz, mit 4er mein Logik sektor unangenehme Dinge aussprach, nervte. Gut, wahrscheinlich war das die Aufgabe, die ihm die Schöpfung in mei nem Fall zugedacht hatte. Unsterblich und glücklich wäre wohl zu viel des Gu ten gewesen. Aber der Feuereifer, mit dem er dieser Arbeit in den letzten Ta gen nachging, gefiel mir überhaupt nicht. Leider kam ich nicht umhin, ihm Recht zu geben. Die Ereignisse auf Oth mura hatten die wenigen Dinge, die ich im Kugelsternhaufen Omega Centauri als feste Größen angenommen hatte, zu Staub werden lassen. Zum Beispiel die irrige Annahme, dass ich einer Frau be gegnet war, mit der ich eine einfache und unproblematische Beziehung füh ren konnte. Die Wirklichkeit sah anders aus. Li da Zoltral hatte mit Altra, meinem Paten sohn, geschlafen. Natürlich ungewollt und unter dem Einfluss eines hypnosug gestiven Plasmawesens, das sie ebenso wie große Teile der Besatzung hem mungslos gemacht hatte. »Sprung in dreißig Millitontas!« Ich fragte mich, was hemmungslos ei gentlich bedeutete. Dass man Dinge tat, die man schon immer gern getan hätte, sich bisher aber nicht traute. Die Bilder, die sich meinem fotografischen Ge dächtnis eingeprägt hatten, ließen an Deutlichkeit jedenfalls nichts zu wün schen übrig. Ja, die beiden waren auf
Othmura wirklich hemmungslos gewe sen. Aber Li und ich waren übereinge kommen, die Vorgänge auf dem Sumpf planeten als das abzuhaken, was sie hof fentlich gewesen waren: ungewollte Vorfälle, die sich woanders nie ereignet hätten. Dass sie mich tief verletzt hatte, stand auf einem ganz anderen Blatt. Vielleicht, nein, hoffentlich hatten Li und ich an unserem Ziel Gelegenheit, uns über unsere Gefühle zueinander endgültig klar zu werden. Ich wünschte mir jedenfalls nichts sehnlicher. Die Ta buwelt Acharr barg wahrscheinlich viele Geheimnisse, die wir zu lüften ge dachten. Möglicherweise barg sie auch Hoffnung für Li und mich. »Zehn! Neun! Acht!« Die kurze Zeit bis zum Sprung erlebte ich in einem seltsamen Zustand zwischen Klarsicht und bleierner Schwere. Von meinem Podest in der Mitte der Zentrale blickte ich auf die Panorama galerie mit dem Gleißen der unglaublich dicht stehenden Sonnen von Omega Centauri. Neben mir saß der Komman dant der TOSOMA, January KhemoMassai. Schwarz wie Ebenholz, mit kur zem Kraushaar und Zähnen, die so weiß waren, dass sie mit den Sternen um die Wette blinkten. Um mich herum befan den sich die voll besetzten Missionssta tionen von Einsatzleitung, Funkkon trolle und Feuerleitstand. Ich sah Frauen und Männer mit entschlossenen Gesichtern, die nur darauf warteten, dass es die TOSOMA vor einer Gefahr zu schützen galt. Und ich sah Altra, den 1. Piloten. Ker zengerade stand er an seinen Kontrol len, ein Ausbund an Erfahrung, Autori tät und Übersicht, mit Augen, die stän dig von einem Display zum anderen wanderten. Überall zugleich schien er
hinzublicken, nichts schien ihm zu ent gehen. Nur zu mir sah er nicht. Seit gestern brachte er es nicht mehr fertig, mir in die Augen zu schauen. Das schlechte Gewissen war ihm regelrecht ins Ge sicht geschrieben. Verwechselst du nicht ein schlechtes Gewissen mit Unsicherheit? Schau dir den armen Kerl doch an! Altra geht es mindestens genauso dreckig wie dir. Rede mit ihmt Mein Extrasinn beherrschte die Gabe, überflüssige Ratschläge zu ertei len, offenbar immer noch aus dem Eff eff. Mir war klar, dass ich über ein Gespräch mit Altra nachdenken musste. Aber nicht jetzt, wo ich mich selbst so hunde elend fühlte und wo uns möglicherweise nur noch Millitontas von dem entschei denden Ziel unseres Auftrags trennten: der Tabuwelt Acharr. Oder anders aus gedrückt: Epetrans Shamakh! »Zwei! Eins! Sprung!« Ein leichtes Ziehen im Nacken sagte mir, dass wir unsere Raumzeit wechselten. Meine Sorgen nahm ich allerdings mit. *
»Ich enthaare mir den ganzen Körper, wenn wir hier keinen Treffer gelandet haben!« Das aufgeregte Meckern, seiner Stimme ließ den Ziegenbart von AgirIbeth Nir-Adar-Nalo Nilmalladah III. so heftig erzittern, dass ich jeden Moment mit seinem Abfallen rechnete. Der Chef der Funk- und Ortungssta tion enttäuschte jedoch meine Erwar tungen. Anstatt sein Kinn zu entblößen, übermittelte er uns die eingehenden Da ten in aufbereitetem Zustand. Eine Mil litonta später hatten wir den Grund für seine Begeisterung auf den Schirmen.
»Gelbe Sonne vom Spektraltyp G5V, ein Planet im Abstand von 135,59 Mil lionen Kilometern«, rasselte der Hasproner herunter. »Durchmesser 13.136 Kilometer, Schwerkraft 1,03 Gravos. Kein Mond. Land-Wasser-Verteilung, Zusammensetzung der Atmo sphäre, Durchschnittstemperatur, alles passt. Der Planet ist absolut erdähn lich.« »Kampfschiffe der Mograks?« Ich stellte diese Frage wegen unserer bishe rigen Erfahrungen mit den Froschwe sen. Sie waren immer in Momenten auf getaucht, wo wir sie am wenigsten hat ten brauchen können. »Nichts, keine Walze in Sicht. Oder soll ich besser sagen, keine Warze?« Der Ortungschef meckerte erneut, offenbar sahen die Mograks mit ihrer Krötenhaut äußerst witzig für ihn aus. Vermutlich war es ganz gut, dass er keine Ahnung hatte, wie ein Hasproner auf einen Ar koniden wirkte. Exotisch?, wagte mein Extrasinn ei nen Vorschlag. Ich seufzte. Exotisch war das Mindes te. Mit seinen Hufen an den von zotteli gem Pelz bedeckten Beinen und den bei den Knochenkämmen auf deia ebenfalls bepelzten Schädel hätte man ihn auf den ersten Blick für eine gelungene Mi schung zwischen Ztege und Mensch hal ten können. Trotz seiner enormen Mus keln kam man bei seiner Größe von nur 1,34 Metern durchaus in Versuchung, ihn zu unterschätzen. Was allerdings ein gewaltiger Fehler gewesen wäre. Nichts an seinem Äußeren durfte darüber hin wegtäuschen, dass der Funkchef wie alle Hasproner ein unglaubliches ma themajisches Talent besaß. Von seinem eidetischen Gedächtnis und den gewal tigen Körperkräften ganz abgesehen.
Wer ihn'unterschätzte, hatte schon ver ausgerechnet in deren erdähnliche Öko loren. sphäre legt, ist verschwindend gering. Aber der Begriff »exotisch« traf es Wenn man dann noch unser Wissen über ganz gut. lemurische Technik berücksichtigt, kann Wir sind überhaupt ein sehr illustrer man nur zu dem Schluss kommen, dass Kreis, dachte ich, als ich sah, wie Janu hier kräftig nachgeholfen wurde.« ary Khemo-Massai, unser afroterrani Ich versuchte mir vergeblich auszu scher Kommandant, Cisoph Tonk zu malen, welche Energien nötig gewesen nickte, dem Leiter der Schiffsverteidi waren, um eine so große Masse durch gung. »Halt dich bereit!«, hieß das, was das All zu bewegen. Dabei war der Pla für' den Polynesier selbstverständlich net nicht nur durch einen Großtrans war. Der abgebrochene Ertruser, wie er mitter geschickt worden, sondern man wegen seines gedrungenen Körperbaus hatte ihn auch noch mit absoluter Prä genannt wurde, strahlte eine Mischung zision auf eine vorbestimmte Umlauf aus Konzentration und Euhe aus, die bahn gebracht! keinen Zweifel ließ: Wer auch immer die Und das war nur die Spitze des Eis TOSOMA angreifen sollte, bekam es mit bergs. Wenn man an die Formation aus ihm zu tun. Höchstpersönlich und ohne zwanzig Gigant-Sonnen dachte, die wir jeden Kompromiss. im Zentrum des Kugelsternhaufens an Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmalla messen konnten, bekam man eine unge dah III. schaltete eine Nahaufnahme fähre Vorstellung davon, mit welch un von Acharr auf die Panoramagalerie, glaublichen Kräften die Lemurer hier worauf es mir kalt den Rücken hinun hantiert hatten. Die blauen Riesen wa terlief. ren scheinbar so mühelos platziert wor Fünf Pyramiden auf einem Hochpla den, dass man den Eindruck gewinnen teau!, triumphierte mein Extrasinn. Es konnte, es handele sich um Spielzeug. handelt sich also tatsächlich um den Dagegen verblasste sogar Tiga Ranton, Planeten, den Epetran Shamakh ge das Projekt der drei Welten, der ganze nannt hat. Aber beachte auch die übri Stolz Arkons. gen Daten des Sonnensystems! Fällt, dir Auch wenn es den Lemurern einst da nicht noch etwas auf? leicht gefallen sein mag, du kannst ge O doch, das tat es, und nicht nur mir. trost davon ausgehen, dass sie den Auf Ein Raunen ging durch die zwanzig Me ' wand nicht zum Spaß betrieben haben, ter durchmessende Zentrale. Khemo- gab mein Extrasinn zu bedenken. Acharr Massai blickte mich wissend an. »Wenn hatte eine ganz besondere Bedeutung. diese Konstellation nicht künstlich her »Die Energietaster schlagen aus!«, gestellt wurde, verzichte ich auf einen rief Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmal ladah III. plötzlich aufgeregt. »Starke kompletten Jahressold.« »Die Hohen Damen und Herren im Impulse vom einzigen Kontinent, gut Kristallimperium dürften bei diesem abgeschirmt, aber nicht zu übersehen.« Anblick jedenfalls Minderwertigkeits »Ortungsversuche?«, fragte Khemokomplexe bekommen«, gab ich ihm Massai. Recht. »Die Wahrscheinlichkeit, dass die Der Hasproner schüttelte den Kopf. Natur den einzigen Planeten einer Sonne »Nein. Wer auch immer da unten ist,
fühlt sich unbemerkt und hat nur ein paar Kraftwerke hochgefahren. Aber was für welche! Bei den Säulen von Ar baraith, die verbrauchen pro Millitonta mehr Saft als mein Kabinenkühl schrank in einem Monat!« Khemo-Massai gab Altra ein Hand zeichen. »Wir begeben uns so schnell wie möglich "in den Ortungsschutz der Sonne!« Der Afroterraner grinste mich an. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du auf den Planeten hinunter willst, auch wenn die Chaotarchen per sönlich dort hausen?« Ich lächelte zurück. »Bin ich so leicht zu durchschauen?« »Das Glitzern in deinen Augen strahlt durch die Bordwand direkt bis nach Ar kon.« Der Kommandant der TOSOMA blickte auffordernd in die Runde. »Was wir brauchen, ist eine Strategie, um un bemerkt auf den Planeten zu gelangen. Irgendwelche Vorschläge?« »Mit der TOSOMA zu landen ist zu riskant«, meldete sich Altra. »Ortungs schutz hin oder her, ein Schiff dieser Größe bekommt man nicht unbemerkt auf den Boden. Außerdem ist unser Pa ratron noch defekt. Wenn wir davon ausgehen, dass dort unten keine Freunde auf uns warten, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.« »Wir könnten auf der anderen Seite des Planeten landen und uns von dort zum Plateau durchschlagen«, überlegte ich laut. »Und dabei abgeschossen werden?«, "widersprach Zanargun, der Leiter der Landungstruppen. Er sah mich an, 'als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf. »Wir müssten uns auf dem Weg zum ein zigen Kontinent über große Wasserflä chen bewegen und wären somit eine perfekte Zielscheibe.«
Bevor ich Zanargun beipflichten konnte, sog Agir-Ibeth Mr-Adar-Nalo Nilmalladah III. plötzlich heftig Luft durch seine vier Nasenlöcher ein. Nach denklich starrte er auf die Ortungsan zeigen vor ihm, dann lächelte er geheim nisvoll. »Ich glaube, ich habe eine Idee.« Sofort richteten sich alle Blicke auf ihn. »Heraus damit, Agir-Ibeth!«, rief ich. »Was hat dein geniales Gehirn sich ausgedacht?« Die Augen des Hasproners fixierten mich wie die eines Chirurgen vor einem größeren Eingriff. Sein Kinnbart er bebte bis in die Haarspitzen, während er tief Luft holte. Dann platzte er heraus: »Ich heiße Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmalladah der Dritte und will gefäl ligst auch so angeredet werden! Eine Silbe weniger, und ich lege meine Arbeit nieder! Verdammt, gerade von dir hätte ich das nicht erwartet! Hast du nicht ein fotografisches Gedächtnis?« Der Kleine gibt's dir aber richtig, konnte sich mein Extrasinn seinen Spott nicht verkneifen. Ich unter drückte trotzdem nur mit Mühe ein Grinsen. »Bitte entschuldige«, sägte ich. »Es wird nicht wieder vorkommen.« Der Hasproner neigte würdevoll den Kopf. »Das will ich auch hoffen. Ich nehme deine Entschuldigung an. Und hier ist mein Plan B.« *
Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmalla dah III. drückte auf einen Sensor und veränderte so die Einstellung auf der Panoramagalerie. Statt Acharr in Groß ansicht war jetzt eine schematische Darstellung des kompletten Sonnensys tems zu sehen, mit allen wichtigen
Punkten; einer gelben Sonne, einem blauen Planeten, Deinem unsichtbaren Raumschiff. »Plan B? , echote ich. »Genau. Euer Plan A mit der Lan dung der TOSOMA hat sich ja als un brauchbar erwiesen.« Der Hasproner meckerte herzhaft. »Anscheinend muss euch erst jemand auf die Sprünge helfen und an die drei Stealth-Shifts an Bord erinnern. Sie sind kleiner als die TO SOMA und durch ihre spezielle Außen haut wirklich kaum zu orten.« »Das Restrisiko ist mir zu groß«, gab ich zu bedenken. »Ein zufällig den Shift treffender Ortungsimpuls würde rei chen, und dein schöner Plan wäre Ma kulatur.« »Richtig«, antwortete der Ortungs chef. »Aber was macht man, wenn man nicht entdeckt werden will? Man mischt sich unters Volk.« »Wir haben leider keine Flotte, in der wir uns verstecken könnten. Oder weißt, du mehr als ich?« »Allerdings!« Agir-Ibeth Nir-AdarNalo Nümalladah III. machte sich wie der an einem seiner Pulte zu schaffen. Zunächst änderte sich nichts an der Darstellung des Systems, es waren wei ter nur die drei ursprünglichen Punkte zu sehen. Aber dann blendete der Hasproner plötzlich viele weitere, er heblich kleinere Punkte ein, die sich di rekt auf Acharr zubewegten. »Ein Meteoritenschwarm!«, staunte ich. »Darin würde unser Shift vielleicht tatsächlich nicht auffallen. Du bist wirklich der Größte, Agir! Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmalladah der Dritte meine Ich natürlich!«, verbesserte ich mich schnell, als ich die gefährlich tie-, fen Falten auf seiner Stirn bemerkte. Ich schaute in das zwanzig Meter
durchmessende Rund der Zentrale. »Wir stellen sofort ein Bodenkommando zu sammen. Irgendwelche Freiwilligen?« »Ich!«, schallte es mir aus allen Rich tungen gleichzeitig entgegen. Die ge samte Besatzung der Zentrale war auf gesprungen oder hatte die Hand geho ben. Aber konnte mich das bei dieser Teufelstruppe wirklich noch wundern? Da war Zanargun, der .Chef der Lan dungstruppen. Er war mit einem Satz hochgeschnellt und starrte mich erwar tungsvoll an. Ich hatte von dem Luccia ner nichts anderes erwartet, zumal er sowieso meine erste Wahl gewesen wäre. Phazagrilaath, der Ishkhorer, nahm nicht den Blick von mir. Auch an ihn hatte ich gedacht, obwohl er zurzeit nur Stellvertretender Leiter der wissen schaftlichen Abteilung war. Seit er auf Othmura unserem Paratrön das Licht ausgeblasen hatte, plagten ihn heftige Schuldgefühle. Gern gab ich ihm die Möglichkeit, sich auf Acharr zu rehabi litieren. Auch mein Patenkind Altra da Orba naschol hatte sich erhoben und schaute mir zum ersten Mal, seit ich ihn auf dem Sumpfplaneten mit Li ertappt hatte, wieder in die Augen. Ich sah ihm an, dass an seiner Entscheidung nicht zu rütteln war, und wusste im gleichen Au genblick, wie tief greifend sich diese Mission auf unser weiteres Verhältnis auswirken konnte. Aber es war noch eine Stimme er klungen, hinter mir und engelsgleich. Ich drehte mich um, obwohl ich bereits wusste, wer da gesprochen hatte. Li da Zoltral, die während der letzten Milli tontas unbemerkt die Zentrale betreten hatte. »Du brauchst gar nicht erst versu chen, es mir auszureden.« Breitbeinig
stand sie vor dem Schott und strich sich energisch durch ihr rotes Haar. »Und er kommt natürlich auch mit.« Sanft legte sie eine Hand auf die Schulter Aka naras, der neben ihr stand, doch dieser schüttelte sie trotzig ab. In seiner Bord kombination und mit dem weißen YarnTurban sah er fast wieder zivilisiert aus, auch wenn seine Kleidung heftig an dem dürren Körper schlotterte* »Willst du denn mit?«, fragte ich ihn vorsichtig. »Es könnte gefährlich für dich werden.« Akanara schaute erst zu Li hoch, dann zu mir. »Ohne mich habt ihr da un ten sowieso keine Chance-Und wenn ihr beide auf mich aufpasst, kann mir nichts geschehen.« Meine Blicke und Lis trafen sich auf halbem Weg. »Wir werden uns alle Mühe geben«, antwortete ich, ohne sicher sa gen zu können, zu wem ich das eigent lich sagte. *
Leuffs Posilog, letzter Eintrag. Wichtige Nachricht in Code C-T77! (Zusatzinfo: Zweimalige Anwendung eines falschen Codes führt zur Zerstö rung des Logs!) Text: Achtung, dringender Einsatz auf Acharr notwendig! Eventuell noch laufende Aktion gilt hiermit als zweit rangig und muss SOFORT abgebrochen werden! Bereits stationierte Truppen auf Ta buwelt Aeharr wurden als nicht ausrei chend eingestuft. Zweite Strategie not wendig. Zielobjekt ist in Kürze vor Ort,-mit be waffneten Begleitpersonen ist in jedem Fall zu rechnen. Bezahlung: 1.000.000 Einheiten pro
Kopf bei nachweisbarem Erfolg. Übliche Zahlungsweise. Achtung: Zielobjekt gilt als extrem schwierig! Alle nötigen Maßnahmen und Mittel vorbereiten. Einzige Bedingung: Es sind KEINE Gefangenen zumachen! Sonstige Vorge hensweise nach eigenem Befinden. Weitere Informationen zum Zielob jekt und Acharr: siehe beigefügte Datei. Ende der Nachricht. 2.
Der Stealth-Shift wurde aus der Schleuse der TOSOMA katapultiert und fiel zusammen mit Hunderten.von Me teoriten Acharr entgegen. »Ich hänge mich an einen der größe ren Brocken«, entschied Altra. »So kön nen wir seinen Ortungsschatten nutzen, und wir stoßen nicht mit anderen Bruchstücken zusammen.« Wenige Schübe der Triebwerke ge nügten, um den Shift auf einen beson ders großen Meteoriten zuzusteuern. Er hatte die Form einer länglichen Kartof fel, war dreißig Meter lang und zwanzig Meter dick. Da er leicht trudelte, war eine Landung nicht einfach, doch Altra bewies, dass er ein echter Ausnahmepi lot war. Er versetzte den Shift in densel ben Bewegungsrhythmus und ließ ihn mit einem kurzen Impuls der Trieb werke nach unten sinken. Dann veran kerte er unser Fahrzeug mit einigen kräftigen Fesselfeldern, so dass wir nicht mehr abgetrieben werden konn ten. Jetzt mussten wir nur noch warten, bis unser unfreiwilliges Trägerraum schiff Acharr erreicht hatte. Hinter uns entfernte sich derweil die TOSOMA, um sich in den Ortungs
schütz der Sonne zu begeben. Mit einem Und du denkst, dass es dir wegen Li einzigen kurzen Schub beschleunigte schlecht geht, stichelte mein Extrasinn. das Schiff so stark, dass es den gelben Uvtash-Mura wurden an einem Tag all Stern innerhalb einer Tonta erreicht ha seine moralischen Werte zertrümmert, ben würde. Khemo-Massai sollte es dort bei dir ist es dagegen nur dein verdamm ständig einsatzbereit halten, um uns tes männliches Ego. notfalls schnell zu Hilfe kommen zu Ich antwortete nicht. Das tat ich nie, können. wenn ich spürte, dass mein Logiksektor Ich sah mich in der Kanzel des Shifts ins Schwarze getroffen hatte. um und musterte die kleine Truppe. Während wir an'triebslos Acharr ent Fünf wortkarge Männer, eine verführe gegenstürzten, reduzierten wir den risch schöne Frau und ein stark behaar Energieverbrauch auf ein absolutes Mi ter Halbwüchsiger mit viel zu großen nimum. Zwar war der Shift mit einer Füßen - das war meine Mannschaft, mit Howalgonium dotierten Stealth-Außender ich auszog, um das Geheimnis , hautbeschichtung ausgerüstet, trotz Acharrs zu lüften. Auf den ersten Blick dem fühlten wir uns wie Tontauben, die nicht sehr berauschend, aber wir wür gerade in die Schussbahn eines unbe den das Beste daraus machen. Außer • kannten Jägers geworfen worden wa dem gab es ein Problem, dem ich mich ren. ebenso zähnekirschend hatte beugen »Ich versuche, auf der Hochebene zu müssen wie die vielen anderen Freiwil landen«, sagte Altra, als wir Acharr fast ligen auf der TOSOMA: In den Shift erreicht hatten. Er projizierte ein Holo passten einfach nicht mehr Leute hin gramm mit den Umrissen des Plateaus ein. in die Mitte der kleinen Zentrale und Außer Li, Akanara, Phazagrilaath blendete dazu eine Entfernungsskala und mir hatten Altra, Zanargun und ein. zwei seiner Männer Platz gefunden, der »Das Ding ist genauso künstlich an Arkonide Hespran und Daguray, ein Za gelegt wie das gesamte Sonnensystem«, liter. Zu gern hätte ich zur Untersu erkannte Phazagrilaath. »Kreisrund bei chung der Pyramidenanlage auch noch einem Durchmesser von fünfundsiebzäg Uvtash-Mura mitgenommen, unseren Kilometern, dazu topfeben und drei begnadeten Mikrotechniker von Swoo hundertfünfzig Meter über dem Höhen fon. Mit seinen 33 Zentimetern Größe niveau der Umgebung. So etwas schafft hätten wir ihn sogar problemlos unter keine Natur, das wäre ihr nämlich viel bringen können. Aber leider hatte er es zu langweilig!« nicht über sich gebracht. Aus verständ Die fünf Pyramiden darauf finde ich lichen Gründen: Seit seinen unfreiwilli überhaupt nicht langweilig, warf mein gen Exzessen auf Othmura, wo er Olylyn Extrasinn ein. Sollen wir wetten, dass Salryn, die Morann-Wanderpflanze, se Sie aus rotem Lemur-Metall bestehen xuell bedrängt hatte, stand er psychisch und eine Steuerstation für einen Son am Rande des Zusammenbruchs. Swoon nen- oder Situationstransmitter beher- • waren generell äußerst sensible Wesen, bergen? aber besonders stark galt das für ihr Ge Nein, ich wollte nicht wetten, denn schlechtsleben. mein fotografisches Gedächtnis lieferte.
mir bereits mehr Informationen, als mir lieb war. Die Darstellung der Pyramiden war für mich wie eine Initialzündung gewesen. Auf einmal spürte ich, wie Bil der und Daten, die seit Jahrhunderten verschüttet gewesen waren, mit unbän diger Macht an die Oberfläche meines Bewusstseins drängten. Kahalo, Twin, Temur ... Hilflos krallte ich die Finger um die Lehnen meines Kontursessels und fand mich damit ab, zum Spielball meiner Erinnerungen zu werden. »Achtung, Kollision!« Altras lauter Aufschrei riss mich abrupt aus meinem unfreiwilligen Déjà-vu-Erlebnis. Reflex artig schlug unser Pilot mit der Faust auf die Notschaltfläche für die Schutzr schirme. Im nächsten Augenblick wurde der Shift Von einem furchtbaren Schlag getroffen. Ein mindestens zwanzig Meter großer Meteorit war mit hoher Ge schwindigkeit auf unseren geprallt. Al tra hatte mit seiner schnellen Reaktion gerade noch rechtzeitig gehandelt. Der Shift wurde aus dem Untergrund herausgeschossen. In einer wahnwitzi gen Rotationsbewegung entfernte er sich von unserem Versteck. »Wenn wir nicht endgültig abdriften wollen, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Triebwerke zu aktivieren«, rief Altra. »Damit wollte ich eigentlich bis dicht über der Oberfläche Acharrs war ten!« Schnell schaltete er den Paratron schirm wieder aus, der den Shift für je den Ortungsspezialisten zu einem Leuchtfeuer machte. Anschließend sta bilisierte er das Fahrzeug mit wenigen Korrekturschüben und führte es in den Meteoritenschwarm zurück. Dort des aktivierte er die Triebwerke sofort wie der in der vagen Hoffnung, dass wir nicht entdeckt worden waren.
Wenige Dezitontas später griff die Schwerkraft des Planeten nach uns. Der größte Teil der Meteoriten wurde nur leicht vom bisherigen Kurs abgelenkt, doch immer noch zog es viele mit uns langsam, aber sicher in die Atmosphäre hinab. Schon bald drangen wir mit einer mörderischen Geschwindigkeit in die dichteren Bereiche der Luftschicht ein. Fünfzehn Kilometer über der Ober fläche wurde es noch einmal ernst. Altra leitete einen kontrollierten Gleitflug ein und lenkte den Shift aus dem Meteori tenschwarm heraus. Dazu benötigte er zunächst keine Triebwerke, denn der Shift besaß ein ausreichendes Maß an aerodynamischen Eigenschaften. Trotz dem war ein Meteorit, der sich plötzlich seitwärts bewegte, natürlich nicht ge rade unauffällig, Altra überflog die Tag-Nacht-Grenze und steuerte in gleißendem Sonnen schein dem einzigen Kontinent Acharrs entgegen. Uns bot sich ein atemberau bend schöner Anblick, als wir dabei über das türkisf arbene Meer mit seinen unzähligen Inseln flogen. Doch das Ge fühl, uns einem unbekannten Gegner auf dem Präsentierteller darzubieten, wuchs in mir mit jeder Millitonta. Wir erreichten das Festland ohne Zwischenfälle. Immer noch in beträcht licher Höhe überflogen wir den un durchdringlichen Dschungel, der mit seinen breiten Flüssen und von Wasser dampf eingehüllten Baumwipfeln aus sah wie ein riesiger, brodelnder Topf kosmischen Lebens. Als das Plateau mit den Pyramiden in Sichtweite kam und wir gerade anfin gen, uns über einen Landeplatz zu bera ten, ertönte plötzlich ein hektisches Piepsen. »Jetzt haben sie uns!«, rief Altra. »Ty--
pische Peilstrahlen für Waffensysteme. Quelle irgendwo bei der Hochebene.« »Sofort runter!«, befahl ich. Einen Augenblick später hatte Altra die Triebwerke aktiviert und steuerte den Shift im Sturzflug der Oberfläche entgegen. Das dunkle Grün kam rasend schnell näher, so dass wir schon glaub ten, Altra wolle uns im Dschungel zer bersten lassen. Doch in letzter Milli tonta leitete er ein Bremsmanöver ein und lenkte den Shift über die Baumwip fel Das Piepsen verschwand. »Wie haben sie uns nur entdecken können?«, rätselte Li, während sie er leichtert aufatmete. »Wahrscheinlich hat man uns schon im Weltraum geortet, als Altra den Pa ratron aktivieren musste«, erklärte ich ihr. »Man ließ uns nur näher herankom men, um uns leichter abschießen zu kön nen.« Altra biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe. Gleichzeitig raste er mit dem Shift so dicht über den Bäumen da hin, dass mir der Atem stockte. »Mach dir keine Vorwürfe«, beruhigte ich ihn. »Es war die einzig richtige Ent scheidung unter diesen Umständen, sonst wären wir jetzt schon tot.« Und denke um Himmels willen nicht, ich würde dich bei Li aus purer Bosheit in ein schlechtes Licht stellen wollen, fügte ich in Gedanken hinzu. Gleich darauf ertönte wieder das Piepsen, das uns signalisierte, dass wir von gegnerischer Ortung getroffen wur den. Sofort deutete ich auf eine Lich tung, auf die wir gerade zuflogen. »Schnell, lande dort! Ein Weiterflug zum Plateau wäre Selbstmord.« Für einen kurzen Moment schaute mir Altra ungläubig in die Augen. »Wir sollen aufgeben?«
Ich schüttelte energisch den Kopf, dann lächelte ich. »Wer redet von aufge ben? Wir laufen!« Altra lächelte erleichtert zurück und ließ unser Fahrzeug wie einen Stein fal len. Nur Millitontas später setzten wir fast zwanzig Kilometer von der Hoch ebene entfernt auf. Der feuchte Dschun gelboden schmatzte laut, als er den Shift aufnahm. *
Der Mann steht nackt vor dem Wand spiegel in seiner Kabine und betrachtet seinen Körper. Seinenelendigen Körper, denkt der Mann, denn er sieht nichts, was ihn auch nur ansatzweise aufhei tern könnte. Seine Schultern sind viel zu schmal, dafür seine Hüften deutlich zu breit, und von seinen Haaren ist nur noch die Hälfte vorhanden. Seine Nase gleicht der eines Kaubvogels, gebrochen in ei nem Kampf, den er nur mit List und Tücke gewinnen konnte, ein verzweifel tes Symbol der Stärke. Er hat sie nie richten lassen. Hinzu kommt seine geringe Größe, un ter der er seit seiner Kindheit leidet. Wie oft hat er seinen Vater verflucht, weil er sich ausgerechnet eine palkonische Zwergin zur Frau nehmen musste, von der er nichts erbte als diesen Makel! Angewidert fahren seine Hände über seinen Körper, ertasten Dinge, die er nicht erblicken kann. Er fühlt die Haut, rauer und runzeliger, als es einer Frau gefallen könnte. Er betastet seinen Bauch, der nicht die gewünschte Straff heit besitzt. Dass er ihn deshalb schon seit Jahren nicht mehr ohne Spiegel se hen kann, ist dabei nur das Tüpfelchen auf dem »i«.
Alles in allem, muss der Mann fest stellen, wäre er unter tausend wahllos ausgesuchten Arkoniden mit Sicherheit immer einer der unattraktivsten. Ein Umstand, der ihn schier in den Wahn sinn treibt. Nein, der Mann besitzt von Natur aus keine Vorteile, die ihn zu dem machen könnten, was er von jeher sein will. Ein mächtiger Arkonide, der am Hofe des Imperators verkehrt und nur mit den Fingern zu schnippen braucht, um seine Wünsche erfüllt zu bekommen. Doch halt! Eines hat der Mann, das ihn von anderen unterscheidet. Es ist keine Äußerlichkeit und nichts, was man irgendwo erlernen kann. Es ist viel mehr der unbändige Wunsch nach Macht und die entsprechende Kaltblü tigkeit, ihn mit allen Mitteln durchzu setzen. In dieser Eigenschaft ist er den meisten anderen Arkoniden um Licht jahre voraus. Das ist das Kapital, mit dem er es zwar nicht zu Ruhm, aber zu einer Menge Geld gebracht hat. Was ihm jetzt noch fehlt, ist die end gültige Aufnahme in die Oberschicht des Kristallimperiums. Deshalb ist er hier auf diesem gottverdammten Plane ten, dafür wird er in wenigen Tontas das tun, was die Person seiner Hoffnung ihm aufgetragen hat. Töten. Einen Mann töten, der durch seine hohe Geburt all das bekommen hat, was er selbst für erstrebenswert hält. Adel. Schönheit. Und vor allem: ein ewiges Leben. Der Mann lächelt in den Spiegel. Er wird beweisen, was es wirklich heißt, potenziell unsterblich zu sein! *
Der kleine, untersetzte Mann betrat
die Zentrale mit einem selbstbewussten Glanz in den Augen und einem ener gisch vorgestreckten Kinn. Leise und ehrfurchtsvoll schloss sich das Schott hinter ihm, gerade so, als wolle es ihn nicht mit einem unbotmäßigen Ge räusch verärgern. Zumindest neigte der Mann dazu, es so auszulegen. Aber das war ganz nor mal für diesen Schnösel, den die ge samte Besatzung des Schiffes aus langer, leidvoller Erfahrung als selbstherrlich und arrogant kannte. Normal für Igusen Kanarek. Kanarek hielt direkt auf Komman dant Teriwei zu, seinem einzigen An sprechpartner an Bord. Mit anderen, untergeordneten Leuten unterhielt er sich nur im äußersten Notfall, etwa, wenn er sie zusammenstauchen musste, weil sie ihn versehentlich angerempelt hatten. »Haben Sie endlich eine Ortung von den Eindringlingen? Ich warte seit un zähligen Tontas auf eine entsprechende Meldung, aber offenbar sind Ihre Leute sogar für die einfachsten Dinge unge eignet.« »Wir haben eine Ortung von ihrem Fahrzeug, und es befindet sich noch im mer ...« Igusen Kanarek explodierte. »Das heißt, wir haben eine Ortung von ihrem Fahrzeug, Erhabener!«, brüllte er. Seine Adern am Hals drohten zu platzen. »Wie können Sie es wagen, vor allen Leuten die mir angemessene Ehrenbezeichnung zu unterlassen? Noch so eine Entglei sung, und ich schicke sie in den Reini gungsdienst. Verstanden, Teriwei?« »Ich glaube nicht, dass ...« »Sie glauben was nicht? Die Voll machten, die ich vom Eigentümer des Schiffes erhalten habe, geben mir das
Recht, alle Maßnahmen zu ergreifen, die zum Erfolg der Mission führen. Alle!« Die übrigen Besatzungsmitglieder in der Zentrale standen da wie erstarrt. Gebannt verfolgten sie, wie Igusen Ka narek ihren Kommandaten anbrüllte, und mehr als einer von ihnen ballte da bei die Hände in der Tasche. Dennoch hätte es niemand gewagt, offen für Teri wei Partei zu ergreifen. Die Reaktionen Kanareks hatten sich seit ihrem Start als absolut unberechenbar erwiesen. »Ihr Fahrzeug befindet sich noch im mer an seinem ursprünglichen Platz, Erhabener. Wo sich ihr. Stoßtrupp auf hält, kann ich erst sagen, sobald er das Plateau erreicht hat. Zumindest solange sie keine Energiequellen aktivieren.« »Na also, es geht doch.« Igusen Kana rek überlegte, wie er Teriweis Stolz noch tiefer verletzen konnte, aber es wollte ihm nichts einfallen. »Ich ziehe mich jetzt für letzte Vorbereitungen in meine Kabine zurück. Schicken Sie mir Orb ton Madleda, damit sie mir behilflich ist. Vergessen Sie nicht, was ich Ihnen jetzt sage: Ich will sofort, ich wiederhole es für Sie, sofort, informiert werden, wenn die Eindringlinge die Hochebene er reicht haben. Außerdem soll sich meine Spezialtruppe bereithalten. Glauben Sie, dags Sie das schaffen?« »Ja, Erhabener.« Der Kommandant klang jetzt wieder völlig unbeteiligt, doch Kanarek sah in den tiefroten Au gen, wie sehr es in seinem Inneren bro delte. Gut!, dachte Kanarek und legte die rechte Hand auf die Seite seiner Jacke, unter der er den Strahler wusste. Er hatte den großen Kommandanten also im wahrsten Sinne des Wortes klein ge kriegt. Damit war der erste Teil seiner Mission erfüllt. Fehlte nur noch die Klei
nigkeit, die sein Auftraggeber für die Hand seiner Schwester gefordert hatte. Die Ermordung des Unsterblichen. Aber auch das würde er mit Deiner Spezialtruppe noch schaffen, da war sich Kanarek ganz sicher. Er würde den Auftrag sogar mit besonderer Motiva tion erfüllen, immerhin entsprach das Opfer hundertprozentig seinem persön lichen Feindbild. Tiefe Befriedigung durchströmte ihn, als ihm bewusst wurde, dass er sich der Erfüllung seines Lebenstraums ein entscheidendes Stück näherte. Bald würde er nicht mehr ein fach nur Igusen Kanarek sein, sondern ein da! Als er zurück in seine Kabine ging, be schäftigte ihn schon viel mehr die Frage, wie Orbton Madleda sich wohl anstellen würde. Er hoffte bei den zwölf Heroen, dass sie nicht so prüde war wie seine letzte Gespielin. Wie er so etwas hasste! ;
3.
Das Pruun war nicht intelligent Das Pruun war eine Pflanze, hatte nicht ei nen Funken Verstand in sich und nur ei nen Lebensinhalt, der es vorwärts trieb: Fressen, Fressen, Fressen. Es war das einzige Lebewesen seiner Art, aber das kümmerte es nicht, es war auch völlig ohne Bedeutung. Wenn ein anderes Wesen in seine Reichweite kam, gab es nur zwei Kategorien, in die es ein geteilt werden konnte: essbar oder nicht essbar. Das Pruun war ein denkbar ein faches Geschöpf und hatte ständig Hun ger. Trotz seines schlichten Gemüts hatte das Pruun es geschafft, in einem großen Teil des Dschungels zum beherrschenden Organismus zu werden. Seine Möglich
keiten waren nicht besonders vielfältig, aber doch so wirksam, dass ihm kein Tier gewachsen war. Was in seine Nähe geriet, wurde auf Verwertbarkeit getestet, ab transportiert und möglichst lange aufbe wahrt. Das Pruun verstand es, mit seiner Nahrung zu haushalten, das war sogar seine ganz besondere Stärke. Das Pruun hatte nicht die geringste Ahnung, wie es aussah. Es musste wohl recht groß sein, denn auch die größten Tiere des Dschungels hatten keine Chance gegen es, aber sonst... Ständig wachte es über sein Revier. Es vergaß nie, auch kleinere Beutetiere zu erlegen, um seinen allumfassenden Anspruch auf Herrschaft und Nahrung zu ver deutlichen. Und so tat es das Pruun auch an die sem Tag. Die Sonne war aufgegangen, die Tiere streiften durch den Dschungel, und es brauchte nur zu warten, bis ihm das Futter zulief. Bisher war das immer bloß eine Frage der Zeit gewesen. Das Leben des Pruun war wirklich sehr einfach. *
Der Marsch durch den Dschungel war eine einzige Qual. Bereits auf den ersten Metern überfiel uns die Geräuschkulisse wie ein Hammerschlag. Brüllaffen, Zi kaden und Vogel oder deren Elntspre chungen auf Acharr lagen in einem ständigen Wettstreit um die lauteste Stimme. Wer gewinnen würde, wussten wir nicht, die Verlierer jedoch waren eindeutig wir. Außerdem setzten uns die schwüle, mit Wasser getränkte Luft zu, die un zähligen Fluginsekten aller Art und die unglaublich intensiven Düfte, die uns umtobten. Im einen Augenblick zucker
süß, im anderen extrem aromatisch und im nächsten wieder Verwesung pur. Man musste schon hart im Nehmen sein, um sich durch diese grüne Hölle kämpfen zu können. Ich hatte entschieden, dass Altra mit Hespran an Bord des Shifts bleiben und für Notfälle bereitstehen sollte. Das war einerseits logisch, da er für den Job des Piloten einfach am besten geeignet war. Andererseits hielt ich es für besser, das Trio, das Altra, Li und ich derzeit bilde ten, für kurze Zeit zu trennen. Ich hatte in Altras und Lis Augen stille Zustim mung erkannt. • »Ich gehe voran«, entschied Zanar gun, als wir unsere Ausrüstung geschul tert hatten. »Daguray.« Er gab dem Za liter ein Zeichen. »Du hast ein Auge auf Akanara.« Der Landungstruppler nickte und stellte sich wortlos neben den Jungen von Yarn. Daguray war etwa sechzig Jahre alt, so groß wie ich, aber wesent lich muskulöser. Sein dunkles Haar war ein wenig struppig, und um seine Augen hatten sich tiefe Falten in die sonnenge gerbte Haut gegraben. Als er meinen Blick bemerkte, wich er mir aus und schaute zu Boden. »Es ist besser, wenn ich mich um Akanara kümmere«, widersprach ich Zanargun. »Ich habe ihn zu diesem Ein satz eingeteilt, deshalb trage ich auch die Verantwortung für ihn.« Der Leiter der Außenoperationen schüttelte den Kopf. »Wir befinden uns in einem Dschungel. Das erledigt Da guray.« Eine weitere Erklärung gab er nicht, doch er schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein, und ich gab nach. Zanargun übernahm also die Spitze und pflügte durch den Dschungel wie ein wild gewordener Tambur-Eber. Es
war wirklich beeindruckend, mit wel Galaktozentrischer cher Wucht der Luccianer uns den Weg Sonnensechseck-Transmitter bahnte. Mit einem langen Vibrator schwert aus seiner persönlichen Waffen Lage: Milchstraßenzentrum. sammlung räumte er zur Seite, was ihm Entstehung: Um 50.500 v. Chr. mit in die Quere kam. Quiekend und krei Hilfe der Sonneningenieure von einer in schend stob allerlei Getier aus seinem die Vergangenheit versetzten Expedi Weg, und mehr als ein Baum kippte un tion der Meister der Insel unter Selaron ter einem kräftigen Tritt seiner stämmi Merota erbaut. Dadurch Schließung ei gen Beine einfach um. Wenn man be ner Zeitschleife. dachte, dass der nur 1,69 Meter große Geschichte: Von den Lemurern 50.373 Mann von Luccia an anderthalb Gravos v.Chr. entdeckt, die ihn um 50.350 v. Chr. gewöhnt war, bekam man fast ein'wenig erstmals offiziell benutzen, nachdem Mitleid mit dem Dschungel. auch das Andro-Sechseck als Gegen Hinter Zanargun kamen Li und ich, stück in Andromeda entdeckt wurde. dicht gefolgt von Phazagrüaath. Das Wieder entdeckt am 19. August 2400 Schlusslicht bildeten Akanara und Da durch die CRESTII, die dabei entmate guray, der Zaliter, den ich noch kein nalisiert und in das Twin-System ver Wort sprechen gehört hatte. Dafür setzt wird* wirkte er umso aufmerksamer, sogar ir Status: Zerstört am 25. 08. 2405, Ent gendwie neugierig. Ich glaubte gera stehung einer gigantischen Supernova. dezu sehen zu können, wie er bei jedem Steuerplanet: Kahalo mit Pyramineuen Geräusch die Ohren spitzte. Hin den-Sechseck, ebenfalls zerstört. und wieder schien ein Lächelt) über Geschichtlicher Hintergrund: Beginn seine Lippen zu huschen. Nun ja, we der Straße nach Andromeda, Ausgangs nigstens einer, der sich in dieser grünen punkt zur Gründung neuer Tarnanien in Hölle wohl fühlte. Andromeda, Hauptfluchtweg der Le In dem unwegsamen Gelände würden murer bei der sich, abzeichnenden Nie Wir die Hochebene nicht vor Einbruch derlage im Großen Krieg gegen die der Dunkelheit erreichen. Das gab Li Haluter. Daraus später hervorgehend und mir Gelegenheit, gegenseitig unsere die Tefroder und Meister der Insel. Stimmung auszuloten, was wir durch Ebenso der Ausgangspunkt für die Be verstohlene Seitenblicke und zufällige freiung Andromedas von deren Herr Berührungen auch ausgiebig taten. schaft durch die Terraner. Welche Freude machte sich in mir Bedeutung für die Menschheit: Über breit, als ich sah, wie Li mir verlegen zu ragend! lächelte. Mein Herz machte einen Sprung, Dringende Handlungsempfehlung: und eine gewaltige Ameisenarmee krab Das Auffinden weiterer Sonnentrans belte schnurstracks ins Innere meines mitter ist aufgrund der damit verknüpf Schutzanzugs, um dort in jeden Qua ten kosmohistorischen Zusammen dratzentimeter meiner Haut zu zwicken. hänge umgehend zu forcieren. Entspref Etliche tausend Jahre Lebenserfah chende Anlagen müssen laut lemuri rung hatten mir nicht die Schmetter scher Restdaten noch in großer Zahl linge im Bauch geraubt. unentdeckt vorhanden sein.
Priorität der Maßnahme: Überrang! Quelle: Geheimer Speicherbereich NATHANS; Relikte der Ersten Mensch heit - Handlungsempfehlungen an den Ersten Terraner *
Dem Pruun war die Unruhe in seinem Dschungel nicht entgangen. Seine Abertausende Rezeptoren hatten ihm starke Erschütterungen gemeldet, die auf eine größere Gruppe von Beutetie ren hinwiesen. Mit der ihm eigenen Ziel strebigkeit stellte das Pruun überall Be obachter auf, die beim ersten Auffindet! von Bhit Alarm schlagen würden. Kurz darauf entdeckte einer seiner Rezeptoren an einem Baumstumpf eine unglaubliche Duftmarke. Süß, aroma tisch und so eisenhaltig, dass der Rezep tor vor Erregung zitterte, als er die we nigen Tropfen des Stoffes in sich auf nahm. Die Konzentration des für das Pruun lebenswichtigen Metalls übertraf alles, was es bisher kannte. Starke Impulse peitschten durch sein Netzwerk, und die Beobachter verstärk ten ihre Aufmerksamkeit bis zu einer Intensität, die alles Dagewesene in den Schatten stellte. Ein winziger Hinweis würde jetzt genügen, um der Beute hab haft zu werden. Das Pruun hatte Witterung aufge nommen. 4.
Trotz des dichten Bewuchses kamen wir nun besser voran. Zanarguivdrosch sein Vibratorschwert mit so großer Kraft in das Unterholz, dass uns die Splitter nur so um die Ohren flogen. Wir
hatten etwa die Hälfte der Strecke zu rückgelegt, da ertönte hinter mir ein lauter Ruf. »Atlan!« Daguray hatte sein Schwei gegelübde gebrochen - und nicht ohne Grund. Als ich herumfuhr, sah ich, wie sich Akanara eine blutende Hand hielt und vor Schmerzen das Gesicht verzog. Li ging zu ihm, um die Wunde zu unter suchen, doch der Yarn entzog sich ihr. »Ist nicht schlimm, hab sie nur an den Rosen aufgerissen«, sagte er trot zig. Tatsächlich standen er und Dagu ray direkt neben einem duftenden Wildrosenstrauch, der mit langen Dor nen bewehrt war. Beiläufig registrierte ich, wie Akanaras Aufpasser fast liebe voll eines der Blätter zwischen seinen Fingern rieb und dabei seine Nase in eine der vielen Blüten steckte. Li ließ sich von der unwirschen Art des Yarn nicht abwimmeln, sondern er griff energisch seine Hand. »Von wegen nicht schlimm«, attestierte sie. »Das ist jedenfalls kein Kratzer mehr. Es könnten Krankheitserreger übertra gen worden sein. Also halt gefälligst still!« Sie sprühte eine Reinigungsflüssig keit auf den stark behaarten Handrü cken und spülte damit das Blut fort. Es war eine ganze Menge, das in dicken Tropfen auf den Dschungelboden fiel und dort versickerte. Dann träufelte sie ein Breitband-Antibiotikum in die Wunde, dessen eine Komponente sich sogleich auflöste und in den Blutkreis lauf eintrat. Die anderen Bestandteile sorgten für eine stark beschleunigte Wundheilung, so dass sich schon nach wenigen Millitontas eine dicke Kruste bildete. Zum Schluss versah die Histo rikerin die Wunde so routiniert mit ei
nem Sprühverband, als hätte sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan. Li hatte wirklich sehr viele Talente... »Das müsste reichen. In Mülltonnen solltest du aber in nächster Zeit nicht wühlen.« Den kleinen Seitenhieb auf Akanaras Lebensweise auf Yarn konnte Li sich offenbar nicht verkneifen. Wir wollten gerade weitergehen, als der Junge einen markerschütternden Schrei ausstieß. »Es wird kommen und mich holen«, stöhnte er mit vor Angst geweiteten Au gen. »Es will mein Blut, und niemand kann es daran hindern!« Hilflos ruderte er mit den Armen, während sein von dichtem, schwarzem Haar umrahmtes Gesicht noch bleicher wurde als sonst. Sein Blick richtete sich kurz auf den Boden, dann stöhnte er laut auf und begann zurückzuweichen. Kein Zweifel, Akanaras Paragabe war aktiviert worden. In besonders brenzligen Situationen konnte der Yarn zwei bis drei Zentitontas in die Zukunft sehen. Auch wenn seine Fähigkeit sehr ungenau und unzuverlässig war, hatte er bereits mehr als einmal eine erstaunli che Treffergenauigkeit bewiesen. Unwillkürlich griff ich nach meinem Vibratormesser. Mit der anderen Hand packte ich den Jungen an seinem mage ren Arm und schüttelte ihn. »Was wird kommen? Los, rede schon!« »Es ist so unglaublich groß«, war al les, was ich Akanara entlocken konnte. Der Yarn entriss sich mir und wich mit irrem Blick weiter zurück, bis er mit dem Rücken gegen einen Baumstamm stieß. Dort verharrte er mit schlottern den Gliedern, wobei er gehetzt nach al len Seiten schaute. »Zanargun?« »Keine Ortung. Wir sind in weitem
Umkreis die einzigen Lebewesen im Dschungel. Bis auf Millionen Mücken.« Nimm seine Warnung ernst, meldete sich mein Extrasinn. Bisher lag der Junge mit seinen Ankündigungen meis tens richtig. »Haltet eiuch bereit«, rief ich den an deren zu, die daraufhin ihre Waffen zo gen. Wie von selbst bildeten wir einen Kreis, der uns nach außen absicherte. Aber auch nach einer Zentitonta war nichts zu sehen, weder auf den Ortem noch im Dschungel. Hörst du es denn nicht? Hören? Nein, ich hörte nichts. Zu nächst wusste ich tatsächlich nicht, was mein Extrasinn meinte, doch dann ... Der Lärm war verschwunden. Das Brüllen der Tiere, das Schreien der Vö gel ... Nichts war mehr zu hören. Sogar die Insekten schienen sich in Luft auf gelöst zu haben, nicht eine einzige Zi kade wollte uns noch nerven. Die grüne Hölle war plötzlich höllisch still. Mit pochendem Herzen starrten wir in den Dschungel und zählten die Milli tontas. Akanara presste sich nach wie vor an den Baum, während Daguray aufmerksam neben ihm stand. Als nach einer weiteren Zentitonta immer noch nichts geschehen war, begann ich lang sam aufzuatmen.'Akanaras Fähigkeiten waren unzuverlässig, vielleicht hatte er sich ja getäuscht und... »Da!« Li entdeckte es zuerst. An der Stelle neben dem WUdrosenstrauch, wo sie gerade noch Akanara verarztet hatte, schob sich langsam etwas aus dem Boden. Anfangs war es einfach nur ein Ding in der Farbe eines Regenwurms, etwa einen Meter lang und fingerdick, das sich offenbar suchend umschaute. Dabei schien es keine Eile und keine Furcht zu haben, denn als es uns mus
terte, nahm es sich für jeden von uns ausgiebig Zeit. Mir lief es kalt den Rü cken herunter, als ich an der Reihe war. Auf mich wirkte es unglaublich gierig. Schließlich erblickte der Wurm Akanara. Ich konnte nicht mit Sicher heit sagen, ob das seltsame Etwas in die sem Moment wirklich zitterte, aber ei nen Moment lang sah es für mich so aus. Jeder voa uns spürte, dass es ihn anders anschaute als uns. Länger und intensi ver. »Akanara, komm zu mir!«, rief ich dem Yarn zu. Doch dieser wagte es nicht, sich zu rühren. Wie hypnotisiert lehnte er an dem Baum und starrte auf die Spitze des Wurms. Dann ging alles rasend schnell. Das seltsame Etwas schob sich weiter aus dem Boden direkt auf den Jungen zu. In wenigen Millitontas würde es Akanara erreicht haben, wenn dieser sich nicht endlich bewegte. Rette ihn!, schrie mein Extrasinn, als ich auch schon sprang. Mit meinem Vibratormesser voran schnellte ich auf Akanara zu, um ihn vor dem Wurm zu retten. Fast hatte ich ihn erreicht - da prallte ich gegen eine Mauer aus weiteren Würmern, die einen Augen blick zuvor noch nicht da gewesen war! Im Moment meines Aufpralls spürte ich, dass es keine Würmer sein konnten. Würmer waren weich und glitschig", aber ich war gegen eine Wand aus Stahl ge prallt. Als ich benommen zu Boden glitt, erkannte ich, um was es sich wirklich handelte. Es waren Wurzeln, die mich außer Gefecht gesetzt hatten. Hunderte stahlharte Wurzeln, die aus der Erde wuchsen und nur ein Ziel hatten. »Hilf mir, Daguray!« Akanaras Schrei war schrill vor Entsetzen. *
Daguray redete oft Tage lang nicht ei nen Satz, außer vielleicht mit sich selbst. Daguray war der beste Einzel kämpfer, den man sich überhaupt vor stellen konnte. Daguray war der Rosenblättermann. Wahrscheinlich lag seine Schweig samkeit daran, dass er nach dem Tod seiner Eltern viele Jahre allein in der Wildnis von Scolo II hatte verbringen müssen. Die Blätter des Dschungels re deten anfangs nicht viel mit dem Jun gen, außer vielleicht, wenn der Wind einmal besonders heftig durch die Wip fel pfiff und die Bäume zum Knarzen brachte. Daguray brauchte lange, bis er die Sprache des Dschungels verstand, doch dann warnte er ihn mit seinem lei sen Rascheln vor gefährlichen Tieren und bot ihm verborgene Stellen dar, wenn er auf Nahrungssuche war. Scolo II war keine Welt für Kinder. Erwachsene verfielen dort in kürzester Zeit dem Genuss einer der vielen Dro gen, die dort in rauen Mengen produ ziert wurden. Zu viel, zu billig, für jeden leicht erschwinglich. Wer auf Scolo II nicht süchtig war, war entweder völlig pleite oder tot. Oder er lebte wie Daguray im Dschungel. Der Sohn gebürtiger Zaliter war acht gewesen, als er seine Eltern leblos und mit je einem Abdrücker im Arm in ihrer Baracke fand. Bei seinem Vater steckte das Gerät im Schlagarm, dem Arm, mit dem er Daguray immer verdrosch, wenn dieser es wagte, ihn an zusprechen. Bei seiner Mutter hing es aus dem kalten Arm. Mit diesem Kör perteil hatte sie den Jungen immer aus der Hütte gestoßen, wenn er sich wieder einmal an sie schmiegte und um körper liche Zuwendung bettelte. Alles in allem empfand Daguray den
Tod seiner, Eltern nicht als großen Ver lust, eher als Schlussstrich unter den schlimmsten Teil einer schweren Kind heit. Erließ seine Eltern dort liegen, wo er sie gefunden hatte, und ging davon. Das Einzige, was er mitnahm, war ein abgewetzter Gedichtband eines längst vergessenen terranischen Poeten. Daguray wusste nicht, woher das Buch stammte, er wusste nur, dass er zwar ohne Vater und Mutter, aber nicht ohne diese Gedichte leben konnte. Vor allem eines hatte es ihm angetan und eine stille Sehnsucht in ihm geweckt. Immer wenn seine Eltern ihn allein ge lassen hatten, hatte Daguray über dem Gedicht vom Rosengarten gesessen und in den wenigen Zeilen das gefunden, was es auf Scolo II niemals geben würde: einen Funken Liebe. Jetzt war er ganz allein auf dieser Welt. Einer feindlichen Welt. Die Ge setze auf Scolo II waren mörderisch. Die Drogendealer achteten streng darauf, dass ihnen die Kundschaft nicht aus ging. Regelmäßig zogen ihre Rekrutie rungstrupps durch die Straßen der Stadt und lasen alle herumlungernden Kinder auf. Nachdem sie ihnen einen Schuss mit einer der vielen Drogen ver passt hatten, warfen sie sie wieder zu rück in die Gosse, wo sie nichts anderes mehr im Kopf hatten, als möglichst schnell an Geld für die nächste Dosis zu kommen. Daguray wollte nicht süchtig werden und wie seine Eltern in einer verdreck ten Baracke sterben. Also verließ er die feindliche Stadt und floh mit seinem Buch in den nicht minder gefährlichen Dschungel. Dass er die ersten Tage dort überlebte, war schieres Glück. Die Raubtiere über sahen ihn entweder, weil er zu klein war,
oder er konnte ihnen gerade noch recht zeitig ausweichen. Bald lernte der Junge, die Nächte schlafend oder im Mondschein lesend auf Bäumen zu ver bringen, trotzdem war er mehr als ein mal kurz davor, in einem zahnbewehr ten Maul zu landen. Eines Tages, als er auf Nahrungssu che war, wurde er plötzlich von einer mächtigen Jambor-Katze angegriffen. Da ihn das Tier auf einer Lichtung stellte, schlüpfte Daguray in seiner Ver zweiflung unter die einzige Deckung, die für ihn gerade erreichbar war: einen großen Wildrosenstrauch. Das war der Augenblick, in dem Da guray die Sprache der Rosenblätter zu verstehen begann. Der Strauch redete mit ihm. Zumin dest glaubte Daguray ganz fest daran. Mit gezieltem Rascheln auf der jeweili gen Seite warnte der Strauch den. Jun gen vor den stahlharten Krallen der Janibor-Katze, die sich mit ihrem gro ßen Körper und wegen der vielen Dor nen nicht so weit wie Daguray unter den Busch schieben konnte. So hatte der junge Zaliter immer ausreichend Zeit, auf die andere Seite zu robben. Irgend wanngab die Katze schließlich auf, und der Junge konnte sein Versteck wieder verlassen. , Daguray lernte nach und nach auch die Sprachen der anderen Pflanzen, aber sein besonderes Verhältnis zu Rosen vertiefte sich von Tag zu Tag. Immer wenn er sich fürchtete oder sich einsam fühlte, zog es ihn mit seinem Buch in die Nähe von Rosensträuchern, wo er mit lautlosen Lippenbewegungen das Ge dicht vom Rosengarten las. Das änderte sich auch nicht, als er mit den Jahren ge lernt hatte, jeder Gefahr des Dschungels zu begegnen und sogar vor Jambor-Kat-
zen keine Angst mehr haben musste. Däguray hatte begriffen, dass Gedichte und Rpsen etwas gemeinsam hatten: Beide gaben ihm Dinge, die Menschen ihm nie hätten geben können. Irgendwann verließ Daguray schließ lich Scolo II. Als blinder Passagier an Bord eines Handelsraumers stieß er in die Weiten des arkonidischen Imperi ums vor, wo er eines Tages einem Kris tallprinzen begegnen sollte. Niemals vergaß Daguray jedoch, wem er diese Chance zu verdanken hatte. Einem un-* verhofften Freund, der ihm in größter Not beigestanden hatte. Seit jenem Tag betrachtete Daguray sein Leben als Ge schenk, und er war bereit, eines fernen Tages seinen Dank abzustatten. Zum Beispiel durch seine eigenartigen Fä higkeiten. Auch jetzt, als Daguray neben Aka nara in dem fremden Dschungel stand, hörte und sah er mehr als alle anderen. Er sah einen kleinen, wehrlosen Jungen, dessen Blut auf die Erde getropft war. Er spürte stahlharte Wurzeln, die sich gie rig danach durch den Untergrund scho ben. Er vernahm ihr aufgeregtes Kna cken, als sie sich mit Wucht auf ihr Op-» f er stürzten. Und er lauschte dem Ra scheln der Wildrosen, die ihm zuflüster ten, was zu tun war. Sssssssssst, machten sie. Wenn irgendjemand Akanara retten konnte, dann1 war es der Rosenblätter mann. *
Archi-Tritrans (Sonnendreieck) Lage: Milchstraßenzentrum. Entdeckung: November 3440 n. Chr. durch die Explorerschiffe EX-8977 und >
EX-1819 unter den Obersten Mopron und Lohompy. Beide gehören dem Kom mando für Lemurische Hinterlassen schaften (KLH) an, einer von Perry Rho dan ins Leben gerufenen Unterabteilung der Explorerflotte. Wenig später Ent deckung eines Weißen Zwerges, der die Sonne Gamma umläuft und nur 188,67 Kilometer durchmisst. Eigenname des Weißen Zwerges: Kobold. Steuerplanet: Keiner, stattdessen wird am 2. August 3459 die Schaltsta tion PP-III entdeckt. Ein Diskus von 450 Metern Durchmesser und 120 Metern Höhe, der exakt über dem Schnitt punkt der drei Riesensonnen installiert wurde. Geschichtlicher Hintergrund: Am 28. Oktober 3459, während der Invasion durch das Hetos der Sieben (Laren krise), wird der Weiße Zwerg Kobold per Situationstransmitter-Schaltung in das Solsystem versetzt. Am 7. März 3460 werden im Gegenzug das kom plette Erde-Mond-System mit über 18 Milliarden Menschen plus 88.000 terra nischen Großraumschiffen und 8000 Fragmentraumern der Posbis nach Archi-Tritrans v'ersetzt. Sie erscheinen dort jedoch nur für kurze Zeit und rematerialisieren dann endgültig im Mahlstrom der Erde. Die Odyssee der" Menschheit beginnt. Bedeutung für die Menschheit: Über ragend. Dringende Handlungsempfehlung: So fortige Beseitigung der technischen De fizite, die eine sichere Beherrschung der Sonnentransmitter derzeit noch verhin dern. Ähnliche Krisen sind für die Menschheit sonst als unbedingt tödlich einzustufen. Priorität der Maßnahme: Überrang. Quelle: Geheimer Speicherbereich
NATHANS; Relikte der Ersten Mensch heit - Handlungsempfehlungen an den Ersten Terraner *
Innerhalb weniger Mülitontas hatten sich massive Wände eines wurzelarti gen Geflechts aus dem Dschungelboden geschoben und Akanara von uns ge trennt. Schon krochen weitere Wurzeln hervor und begannen, den Jungen wie in einen hölzernen Käfig einzuschlie ßen. Wenn das so weiterging, würde er in wenigen Augenblicken nicht mehr zu sehen sein. Es dauerte nicht lange, bis sich aus den undurchdringlichen Tiefen des Dschungels besonders lange Wurzeln heranschlängelten und mit dem Käfig verknoteten. Das Geflecht hob Akanara in die Höhe und trug ihn davon. Das Knarren, von dem dieser Vorgang be gleitet wurde, und die Hilfeschreie des Jungen gingen" uns durch Mark und Bein. Tu etwas!, peitschte mich mein Ex~ trasinn an. Leichter gesagt als getan. Wegen der Ortungsgefahr dürfen wir unsere Strah ler nicht benutzen. Dennoch handelte ich. Mit meinem Vibratormesser begann ich, wie wild Schneisen in das Geflecht zu schlagen, und meine Gefährten taten es mir nach. Links, rechts, links, rechts, bei jedem Hieb flogen uns die Wurzeln in dichten Bündeln um die Ohren. Vor allem Zanargun war mit seinem Vibrator schwert unermüdlich tätig, er mähte die Wurzeln gleich reihenweise um. Trotzdem merkte ich bald, dass wir viel zu langsam waren. Immer wieder schoben sich neue Wurzeln nach, und
wenn Akanara erst einmal aus unserer Sichtweite war... In diesem Moment explodierte Dagu ray. Der schweigsame Zaliter aus Zanarguhs Truppe hatte sich bis zu die sem Zeitpunkt praktisch nicht bewegt, sondern mit seltsam lauschendem Ge sichtsausdruck die Vorgänge beobach tet. Als ich schon dachte, er würde ta tenlos abwarten, bis wir ihn aus seiner Falle heraushauen konnten, ging er in die Knie, schaute nach oben - und schnellte sich aus dem Stand über die Wand, die ihn umgab. Man hätte meinen können, Daguray hätte sein Antigrav-Aggregat einge schaltet, aber das stimmte nicht. Bäume, Äste, Bäche, das alles stellte für ihn kein Hindernis dar, es waren für ihn Gelegenheiten, uns seine unglaubliche Sprungkraft vorzuführen. Bevor wir ihm auch nur ansatzweise zu Hilfe kom men konnten, hatte er mit ein paar ele ganten Sätzen den fliehenden Käfig aus Wurzeln erreicht. Sofort griffen einige Wurzeln Daguray an, doch dieser wirr belte sein Vibratormesser so schnell durch die Luft, däss meine Blicke ihm nicht folgen konnten. Innerhalb von Mülitontas watete er in abgeschnitte nen Strängen. Der Käfig bemühte sich nach Kräften, so rasch wie möglich mit Akanara zu entkommen. Aber Daguray war schnel ler, viel schneller sogar. Er durchschlug mit rasenden Hieben die Wurzeln, die den Jungen davontragen wollten. Laut krachend stürzte der Käfig zu Boden. Daguray zerteilte die letzten Banken und Pflanzenarme und befreite Akanara endgültig. Die gekappten Wurzeln zogen sich schmatzend in den Dschungelboden zu rück. Außer unserem Keuchen und den
abgeschnittenen Strängen um uns herum erinnerte nichts mehr an den Kampf. DagUray knieje sich neben den Jun gen und schaute ihm tief in die Augen. Er bewegte lautlos die Lippen, sprach aber kein Wort, sondern streichelte nur ganz sanft Akanaras Wange. Als beide aufstanden und zu uns zurückkehrten, hatte ich dennoch das Gefühl, dass soj eben etwas ganz Besonderes zwischen den beiden geschehen war. Akanara wirkte seltsamerweise völlig ruhig. Er strahlte nur, geradeso, als habe er ein wichtiges Geheimnis erfahren. Daguray hingegen steckte sein Messet weg und war mit einem Mal wieder ganz die graue Maus von zuvor. Wahrschein lich aber auch der beste Bewacher, den ich. mir für Akanara wünschen konnte. Ich nahm mir vor, den Mann näher ken nen zu lernen. Zanargun, der neben mir gerade sein Vibratorschwert desaktivierte? lächelte wissend. Ich begann zu ahnen, dass er Daguray nicht zufällig ausgewählt hatte. Von irgendwoher glaubte ich, ein lei ses SsSssssst zu hören. *
Das Pruun war nicht intelligent, aber es hatte seine Instinkte. Sie machten ihm klar, dass jeder weitere Einsatz kostbarer Körpersubstanz sinnlos war. Zum ersten Mal in seiner langen Exis tenz setzte ihm eine Beute so großen Widerstand entgegen, dass es sich nicht lohnte, sie zu überwältigen. Schade, es hätte gern noch mehr von dem Aroma gekostet, das die Beute verbreitete. , Aber die Aufmerksamkeitsspanne des Pruun war gering.
Nur weniger Minuten vergingen, dann hatte, es den Vorfall schon wieder vergessen und legte sich wieder auf die Lauer. Irgendwann würde es heute sicher noch Beute schlagen können. *
Das Kleinraumschiff remateriali sierte nur wenige Lichtminuten vom Zielplaneten entfernt. Die Daten, die man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, waren so genau, dass sich ein Orientie rungsmanöver am Band des Systems erübrigte. Die Ortungsgefahr wurde damit noch geringer, als sie für das High-Tech-Schiff ohnehin schon war. Leuff steuerte die SWARNON zu nächst in eine tiefe Umlaufbahn, um sich ein Bild von den näheren Umstän den an ihrem Einsatzort zu machen. »Kannst du die anderen erfassen?«, fragte sie Nedir, der an den Ortungsge räten saß. »Und ob! Unser gemeinsamer Auf traggeber hat die ganz schwere Artille rie aufgefahren. Im Moment warten sie an der Stelle, wo es ihnen befohlen wurde. Mit dem Unterschied, dass wir von ihnen wissen, sie aber nicht von uns.« Die Aussicht, dem anderen Kom mando das gemeinsame Zielobjekt vor der Nase wegschnappen zu können, freute ihn ungemein. Leuff steuerte das Schiff auf die Hochebene zu, wo sie ihr Opfer erwar ten wollten. Nedir schlug mit der Faust auf eine Konsole. »Wir kommen zu spät, unser Kunde ist bereits da!« Mit einem Fluch projizierte er ein Holo in die Mitte der Zentrale, auf dem ein fremdes Fluggerät zu erkennen war. Es stand in einiger
Entfernung vom Plateau mitten im Dschungel auf einer Lichtung. »Ein Stealth-Shift«, sagte Weddrin sofort. Er hatte die Datei mit den Infor mationen über ihr Opfer offenbar be sonders genau studiert. »Typisches Bei^ boot eines Schweren Jagdkreuzers. Laut unseren Unterlagen auch auf der ATLANTIS vorhanden.« Nedir verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Das ändert alles. Wir kön nen jetzt nicht einfach auf der Hoch ebene warten, bis sie uns in die Falle hineinlaufen, sondern müssen erst ein mal herausfinden, wo sich Atlan auf hält.« Weddrin blickte Nedir misstrauisch an. Er wusste, dass Nedir zu unüberleg tem Handeln neigte, wenn ein einmal festgelegter Plan- geändert werden musste. »Du hast dir doch schwerere Gegner gewünscht? Jetzt hast du sie. Das macht die Sache nur spannender.« Leuff schwieg dazu. Besonnen lenkte sie die SWARNON in einem weiten Bo gen auf die gegenüberliegende Seite der Hochebene. Dort landete sie das HighTech-Schiff in einer tiefen Schlucht, wo eine zufällige Entdeckung ausgeschlos sen war. Als es sicher stand, drückte sie kurz auf eine grüne Sensorfläche, und in der Zentrale öffnete sich ein Stauraum. Drei maßgeschneiderte Kampfanzüge schwebten hervor. »Ab in die Waffenkammer, dann macht den Triple-Jet klar«, wies sie Weddrin und Nedir an. »Wenn ihr dann fertig seid, holen wir uns die Beloh nung!« Das Glitzern in den Augen ihrer Ge-fährten zeigte Leuff, dass sie den; richti gen Ton getroffen hatte. *
»Ich glaube, ich empfange etwas.« Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmalla dah III. fixierte die Displays der Or tungsgeräte. Ein winziger Ausschlag hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. »Zeig mir die Aufzeichnung!« Khemo-Massai drehte sich zu seinem Ortungschef um. Der Afroterraner hatte gerade die Zentrale verlassen wollen. Gemeinsam betrachteten sie, was die Geräte wiedergaben. »Nicht viel zu sehen.« Der Komman dant der TOSOMA fuhr sich mit den Fingerspitzen durch das Kraushaar. »Ein leicht erhöhtes Potenzial in gerin ger Entfernung zu Acharr.« Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo NilmaUa dah III zuckte mit den Achseln. »Der Planet stand zwischen uns und dem ... Reflex. Vielleicht handelt es sich auch nur um eine durch die Sonne hervorge rufene Störung. Wenn wir die Korona verlassen könnten und das Phänomen nochmals auftritt, ließe sich bestimmt mehr sagen. Aber so ...« Khemo-Massai überlegte kurz. »Nein, kommt nicht in Frage«, sagte er dann. »Atlans Befehle sind unmissver ständlich. Wir halten uns verborgen, bis wir ein Funksignal erhalten oder eine eindeutige Bedrohung erkennbar ist. Wenn wir unsere Position jetzt ver lassen, sind wir leichter erfassbar und bringen unsere Leute auf dem Planeten in Gefahr.« Er deutete auf die Displays. »Behalt die Anzeigen im Auge und in formiere mich über jede neue Ortung.« Der Kommandant sah für einen Mo ment irritiert in die erwartungsvollen Rehaugen des Hasproners, dann ver stand er. »Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmalladah der Dritte!« Der Ortungschef nickte zufrieden. Er würde seine Augen offen halten.
5.
Wir erreichten ohne weitere Zwi schenfälle den Fuß des Hochplateaus. Beinahe senkrecht ragte es vor uns auf, und wir hätten wer weiß was darum ge geben, unsere TRUV benutzen zu dür fen. So aber waren wir gezwungen, bis zum Einbruch der Dunkelheit zu war ten, um die Gefahr einer Entdeckung beim Aufstieg so gering wie möglich zu halten. Am Abend zeigte uns Zanargun, wie vorteilhaft Arme waren, die es an Dicke mit meinen Oberschenkeln aufnehmen konnten. Der Luccianer kletterte trotz seiner schweren Ausrüstung mit einer Behändigkeit voraus, die jeder Berg ziege Ehre gemacht hätte. Alle paar Me ter blieb er stehen, um seine muskulösen Beine in den von Schotter und Gestrüpp bedeckten Untergrund zu stemmen. An schließend wickelte er eine Leine aus Hochleistungskunststoff um einen sei ner eisenharten Arme und wartete mit einem lässigen Lächeln, bis wir uns daran hochgezogen hatten, Eine Hilfe, die wir nur 2u gern in Anspruch nahmen. Während wir kletterten, bemerkte ich mehrmals, wie Li krampfhaft nach oben sah. »Höhenangst?«, fragte ich sie. Aber sie starrte mich nur wütend an. Akanara hielt sich besser als erwar tet. Obwohl wir schon einige hundert Meter zurückgelegt hatten, zog er sich fast mühelos am Seil hoch. Sein geringes Gewicht und seine großen Füße, die ihm einen sicheren Stand verliehen, kamen ihm zugute. Außerdem schien ihn Dagu rays Anwesenheit zu beflügeln, ohne den er keinen Schritt mehr machte. Ich erhaschte mehr als einen ehrfürchtigen Blick, den er seinem Lebensretter zu warf.
Nach einer weiteren Tonta und 350 Höhenmetern erreichten wir keuchend die Hochebene. Im kalten Licht der dicht beieinander stehenden Sterne von Omega Centauri erkannten wir vor uns denselben urwüchsigen Dschungel wie unterhalb des Plateaus. »Da!«, rief Phazagrilaath plötzlich und deutete aufgeregt zum Horizont rechts von uns. Neugierig folgten wir seinem Blick. In einigen Kilometern Entfernung zeichneten sich die dunklen Silhouetten von fünf Pyramiden ab. Die Steuerstation eines Sonnen- oder Situationstransmitters!, meldete sich sofort mein Extrasinn. An derselben Stelle wie du hat vielleicht einmal der große Ka'Marentis Epetran gestanden und sieh überlegt, welche Bedeutung diese Bauwerke wohl haben könnten. Möglicherweise hat er es auch gewusst. Mich durchströmte das Gefühl, ge schiehtsträchtigen Boden zu betreten. Vor Jahrtausenden war Epetran hier ge wesen, und vor weiteren Jahrtausenden* hatte sich ein unbekannter Tamrat die sen Fleck als letzte Ruhestätte ausge sucht. Heute stand mit mir ein Zellakti vatorträger auf Acharr. Ich fragte mich, ob dieser Planet und vielleicht ganz Omega Centauri einen Stellenwert hat ten, von dem ich bisher noch gar nichts ahnte. »Die Station, die uns angepeilt hat, muss ganz in der Nähe sein«, sagte ich mit trockener Kehle. »Vielleicht ist sie sogar identisch mit der Steuerstation in den Pyramiden. Ehrlich gesagt wundere ich mich ein wenig, dass wir unentdeckt so weit vorstoßen konnten. Die TRUV bleiben deshalb vorerst desaktiviert. Zanargun?« Der Luccianer wuchtete ein Tornister gerät auf den Boden und schaltete es ein.
Auf einem Display erschien eine Luft aufnahme des Plateaus, die noch auf der TOSOMA gemacht worden war. Nach kurzem Zögern deutete ich auf einen Punkt, der in natura zwei Tontas Fuß marsch von uns entfernt war. »Dort ist die Ruinenstadt, von der Epetran berich tete. Und das hier...«, ich zeigte auf einen weiteren Punkt im Zentrum der Stadt, »muss das Mausoleum sein, in dem er das tote arkonoide Wesen entdeckte.« Ich schaute die anderen bedeutungs schwer an. »Und den Krish'un natür lich, den Umhang eines lemurischen Tamrats. Die Grundrisse sind noch zu erkennen, also gibt es Hoffnung, dass auch die Gebäude entsprechend gut er halten sind und wir fündig werden.« Wir gönnten uns eine kurze Rast, aßen eine Kleinigkeit und sortierten unsere Gedanken. Als die UngeWissheit, was uns wohl erwartete, zu groß wurde, ord nete ich den Weitermarsch an. *
»Stealth-Shift ohne jede Energieab strahlung. Sie verhalten sich still wie Surk-Bären im Winterschlaf.« Nedir lachte lauthals. Er hatte seinen Ärger über die kurzfristige Änderung des Plans bereits verdaut. Die drei Auftragskiller waren mit ih rem Triple-Jet in unmittelbarer Nähe des gegnerischen Shifts gelandet, ohne dass es dort bemerkt worden war. Kein Wun der, denn der Jet war noch besser abge schirmt als ihr Raumschiff und damit wirklich kaum zu orten. Jetzt lagen sie auf der Lauer und beratschlagten sich. »Die Infrarot-Kameras zeigen Spu ren, die vom Shift weg in Richtung des Hochplateaus führen«, sagte Leuff. »Dort sind mehrere Personen gelaufen,
es können also nur noch wenige an Bord sein.« »Gut, dann jagen wir jetzt den Shift in die Luft«, jubelte Weddrin. »So kann ich endlich nieine neuen Desintegrator bomben testen. Gebt mir eine Minute, und alles ist erledigt.« Spielerisch warf er einen kleinen, eiförmigen Gegen stand in die Höhe und fing ihn elegant wieder auf. »Mach keine Dummheiten«, wies ihn Leuff zurecht. »Du bekommst bald Ge legenheit zu einem Test, aber nicht jetzt. Wahrscheinlich hat sich Atlan zu Fuß auf den Weg gemacht, weil er mit dem Shift nicht näher an die Station heran kam. Wenn wir hier jetzt eine Bombe zünden, weiß Atlan sofort, dass ihm je mand auf den Fersen ist. Der Überra schungseffekt wäre dahin, und unsere Millionen wahrscheinlich auch.« Leuff startete den Jet und begann, die Infrarot-Abdrucke abzufliegen. »Zuerst müssen wir unser Zielobjekt lokalisie ren. Das übernehme ich. Ihr bereitet die Falle vor. Wenn alles klappt, erledigen wir Atlan und seine Truppe mit einem Schlag, ohne dass die Leute im Shift überhaupt darauf reagieren können. Die'schnappen wir uns zum Schluss, wenn sie den Ort untersuchen, wo ihre Freunde gestorben sind.« Nedir und Weddrin klinkten sich aus und flogen an die Stelle, wo sie ihre Opfer den Berechnungen nach erwarten konnten. Weddrin grinste, als sie die erste von mehreren Bomben am Fuß des Hochplateaus platzierten. Endlich wür de er seine Neuentwicklung ausprobie ren können. Er war sich absolut sicher, dass das niemand überlebte. *
Reichtum war eine Sache. Das per sönliche Auftreten die andere. Doch was wirklich zählte, war Macht. Schiere, unumschränkte Macht, wie sie nur ein Mitglied einer der führenden arkonidischen Adelsfamilien haben konnte. Igusen Kanarek war dabei, sich sei nen Anteil an dieser Macht zu sichern, und wenn er an seinem nackten Körper hinuntersah, musste er sich eingestehen, dass ein wenig mehr Macht nicht scha den konnte. An seiner Figur konnte er ohne aufwändige Operationen nichts, ändern, aber an seiner Macht durchaus. Daran arbeitete er, dafür würde er alles tun. Ein schrilles Pfeifen ertönte, und Igu sen Kanarek knurrte ungehalten. Aus gerechnet jetzt. Orbton Madleda hatte endlich damit begonnen, ihre Prüderie abzulegen, da platzte der Kommandant per Bordfunk dazwischen. Mit einem kurzen Kodewort nahm er das Gespräch an. Er wusste, dass man nun in der Zen trale seinen entblößten Oberkörper se hen konnte, aber das störte ihn nicht. Sollten sie ruhig sehen, was ein Mann von Welt erreichen konnte. »Ihr hattet darum gebeten, sofort in formiert zu werden, wenn die Gesuch ten auf dem Plateau eintreffen, Erhabe ner. Hoffentlich habe ich Eure Vorberei tungen nicht gestört.« War da nicht gerade ein spöttisches Lächeln in Teriweis Gesicht? Igusen Ka rtarek war sich nicht sicher, aber er be gann innerlich vor Wut zu kochen. Die Erregung, die er gerade noch verspürt hatte, schlug um in blanken Hass auf ei nen aufmüpfigen, degenerierten Kom mandanten. »Ich komme jetzt in die Zentrale, und
wenn Sie mir dann keinen ordentlichen Lagebericht geben können, sind Sie die längste Zeit Kommandant dieser Ein heit gewesen!« Er desaktivierte den In terkom, und das Holo mit Teriwei er,losch. Igusen Kanarek beruhigte sich nur mühsam. Er spürte genau, wie uner wünscht er an Bord dieses Schiffes war. Geduldet nur wegen des Befehls ihres Auftraggebers, aber keinesfalls respek tiert, wie ein Adliger respektiert worden wäre. Er musste sich etwas einfallen las sen, um sich den Respekt zu verschaffen, den er für angemessen hielt. Orbton Madleda schaute wachsam zu ihm hoch. Kanarek hätte ihr gern noch ein paar Vorschläge gemacht, aber das musste leider warten. Erst galt es, seinen Auftrag zu erledigen und sauberen Voll zug zu melden. Alles andere war zweit rangig. »Wasch dich und warte, bis ich zurück bin. Ich verspreche dir, •wir holen dann alles nach, was dir jetzt entgeht.« Während seine Gespielin sich in die Hygienekabine zurückzog, aktivierte er nochmals den Interkom. Wie jedes Mal, wenn er Luris-Laak sah, erschrak er ei nen Moment lang. Dann fiel ihm ein, dass er die Befehlsgewalt hatte und fand den richtigen Ton. »Sag deinen Leuten, dass sie mit dem Training aufhören kön nen. Wir treffen uns in einer Tonta im Hangar. Es geht los!« Luris-Laak verzog das Gesicht zu et was, das wohl ein Lachen sein sollte. »Es wird auch höchste Zeit, Igusen. Als du uns angeheuert hast, sagtest du, du brauchtest eine Spezialtruppe für ein gefährliches Kommando, nicht für eine Kreuzfahrt.« Luris-Laak zog einen rie sigen Strahler und hielt ihn vor das Auf nahmefeld. »Wer, sagtest du, wird un sere Zielscheibe sein?«
»Das weißt du genau. Atlan, der Un sterbliche.« Luris-Laak lächelte. »Atlan also, welche Ehre. Mein Trümmer-Toser freut sich schon darauf, seine Bekanntschaft zu machen.« Luris-Laak zielte mit sei ner Waffe spielerisch auf das Aufnah mefeld, dann erlosch das Holo. Igusen Kanarek registrierte es mit ei ner gewissen Erleichterung. Gespräche mit Luris-Laak strengten ihn immer ganz besonders an, da er es ihm gegen über einfach nicht schaffte, sich wie ge wohnt durchzusetzen. Deshalb war er froh, wenn die Unterhaltungen nicht zu lange dauerten. Kanarek hatte natürlich auch regis triert, dass Luris-Laak ihn mit einem entwürdigenden Du angesprochen hat te. Eine Demütigung, die für andere töd lich hätte ausgehen können. In diesem Fall lag die Sache jedoch anders. Igusen Kanarek hätte niemals gewagt, LurisLaak auf diesen Affront hinzuweisen. Nicht Luris-Laak. *
Endlich erreichten wir die Stadt. Oder besser gesagt das, was davon noch übrig war. Die zum Teil riesigen, zyklo penhaf ten Gebäude waren allesamt zer fallen und vom Dschungel überwuchert. Für Jahrtausende gedachter Plastikbe ton lag zerbröselt auf dem, was wahr scheinlich in grauer Vorzeit breite Stra ßen gewesen waren. Große, grob aus dem Fels gehauene Statuen türmten sich wie von Riesenhand aufgeschichtet im dichten Unterholz. Es fiel schwer zu glauben, dass hier einmal Urahnen der Menschheit gelebt haben sollten. Mühsam schlugen wir uns ins Zen trum des fünf Kilometer durchmessen
den Ruinenfelds durch. Die großen Zer störungen zwangen uns immer wieder zu neuen, zeitraubenden Umwegen, aber schließlich gelangten wir an unser Ziel, eine zwölfstufige Pyramide mit ei ner Grundfläche von 120 mal 120 Me tern und einer Höhe von sechzig Metern. Hier befand sich das Mausoleum, in dem Epetran den toten Tamrat gefunden hatte. Hier würden wir hoffentlich die Spuren finden, die uns zu den Attentä tern von Arkon führten. Langsam 'gingen wir die breite, von Pflanzen überwucherte Freitreppe hin auf. Auf halber Höhe mündete sie in ei nen mächtigen Eingang, der uns wie ein Schwarzes Loch erschien. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend und den Händen an den Waffen traten wir ein. Schon nach wenigen Schritten erwei terte sich der Gang zu einer zwanzig Meter langen und zehn Meter breiten Halle mit einer Höhe von fünf Metern, die wir im Licht unserer Handlampen gut erkennen konnten. Der Raum war fast völlig leer, bis auf eine dicke Staub schicht, die wir mit jeder unserer Bewe gungen aufwirbelten. Undeutlich waren Spuren auf dem Boden zu erkennen, ohne dass man noch hätte sagen können, von wem oder von wann sie stammten. Einige waren jedoch eindeutig neueren Datums. Und in der Mitte stand der Sarkophag des Tamrats! Die stilisierte Menschengestalt aus rotem Lemur-Metall zog sofort unsere Blicke auf sich. Vorsichtig näherten wir uns im Licht unserer Scheinwerfer, bis wir endlich so dicht an dem Behälter standen, dass wir sehen konnten, was sich darin befand. Der Deckel lehnte an der linken Seite
des Sarkophags, und ich fragte mich, ob das seit Epetran der Fall war oder mit den neueren Spuren in Verbindung stand. Die stilisierte Ausführung der abgebildeten Gestalt Meß vermutlieh nicht den geringsten Eückschluss auf das Aussehen des Tamrats zu. »Wir sind nicht die Ersten, die den Weg hierher gefunden haben«, sagte Phazagrilaath mit kaum verhohlener Enttäuschung. Jemand war uns zuvorgekommen und hatte abgeräumt. ' Dafür kommt nur einer in Frage, fol gerte mein Extrasinn. Derselbe, der (Mich den Krish'un aus Epetrans Archiv gestohlen hat. Ich überlegte, welche Folgen das für unsere Mission haben mochte. Wir wa ren nach Acharr gereist, um die Hinter gründe eines Diebstahls auf Arkon zu klären. Ohne irgendwelche Spuren konnten wir das -vergessen. Sollten all die Anstrengungen, die wir auf uns ge nommen hatten, wirklich vergebens ge wesen sein? »Als Epetran hier war, lag der tote Tamrat noch in einem intakten Sarko phag.« 14 hielt sich den Kopf'und wirkte merkwürdig abwesend. »Er enthielt auch einige Grabbeigaben. Also muss nach Epetran noch jemand hier gewesen sein. Entweder, weil dieser Jemand ebenfalls den Krish'un gesucht oder weil er es auf wertvolle Relikte abgese hen hatte.« Oder auf den toten Tamrat selbst, nannte mein Logiksektor eine weitete Möglichkeit. Von ihm fehlt schließlich jede Spur. Was soll jemand mit einer Leiche an fangen können?, fragte ich zweifelnd. Dafür gibt es mehr Erklärungen, als du denkst. Heiligenverehrung zum Bei
spiel, oder vielleicht hatte jemand Inter esse an der Genstruktur des Toten. Ei nen Tamrat findet man schließlich nicht an jeder Ecke. Cloning - sofern brauchbares Mate rial extrahiert werden kann? Wäre eine Möglichkeit. »Seht euch das hier an!« Phazagri laaths Stimme riss mich aus meinen Ge danken. Er untersuchte mit wissen schaftlicher Akribie die Wände. Sie wa ren über und über mit halb zerfallenen Bildern und Reliefen bedeckt. Wir folgten seinem Beispiel und be trachteten die uralten Motive. Im Licht strahl unserer Lampen erkannten wir Szenen einer menschlichen Hochkultur, die über eine weit entwickelte Technik verfügt hatte. Auf einem Bild waren Hunderte Raumschiffe zu erkennen, auf einem anderen ein Torbogentransmitter. Andere zeigten Landschaften von Planeten, an deren Horizont sich Pyra midenerhoben, aus deren Spitzen Glut bahnen schössen und sich zu Transport feldern vereinten. In stilisierten Son nensystemen waren große Kreisringe neben -den Planetenbahnen markiert, die zweifellos Situationstransmitter darstellten. Vor einem dichten Sternen hintergrund waren sechs Sonnen als Eckpunkte eines gleichseitigen Sechs ecks hervorgehoben - der galaktozentri sche Sonnenseehsecktransmitter. Erinnerungen stiegen in mir auf, Bil der aus dem Jahr 2400, als wir diese Konstellation entdeckten und von ihr ins Twin-System abgestrahlt worden waren. Nachdem das Sechseck im Zen trum Andromedas vernichtet worden war und die Kernregion der Stemenin sel in ein Sonneninferno verwandelt hatten, schlugen die tobenden Kräfte auf die Transmitterstraße über. Am
25. August 2405 wurden Kahalo und das galaktozentrische Sonnensechseck vernichtet, die Sonnen zu einer giganti schen Supernova... »Wie alt genau mögen diese Reliefe wohl sein, verehrte Laktrote der Ge schichte?«, fragte ich Li. Sie antwortete nicht. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass sie heftig zit terte. Die Augen waren weit aufgeris sen, während sie wie gebannt auf die Schriftzeichen starrte. Nach einigen Millitontas begann die Historikerin von Arkon scheinbar unter größter Anstrengung zu sprechen. »Ich kann dir das genaue Datum ihrer Er schaffung nicht nennen, aber ich weiß, dass sie mit Sicherheit älter als 54.000 Jahre sind.« »Was macht dich so sicher?« Li atmete tief durch, dann deutete sie auf eines der Wandbilder. »Das hier zum Beispiel. Die Form der Raumschiffe hat sich während des Großen Krieges zwi schen Halutern und Lemurern leicht verändert, und das ist definitiv noch die frühere Version. Aber es gibt auch ein Relief, das dir bei näherem Hinsehen zeigt, wie alt es ist.« Li deutete auf ein anderes, besonders großes Bild. Es stellte das Schema eines Sonnensystems dar. Der dritte Planet war besonders hervorgehoben. Es han delte sich natürlich um das Solsystem, meine Heimat in vielen tausend Jahrep Tief schlaf, die Heimat der Lemurer. Dieses Bild reichte in 'eine Zeit zu rück, die sogar für einen Unsterblichen wie mich fernste Vergangenheit dar stellte. Das abgebildete System hatte nämlich zehn Planeten, nicht acht, wie heute der Fall. Pluto, der äußerste von ihnen, war im Jahre 3438 nach Christus im Schwerefeld des riesigen Objekts
zerbrochen, das sich durch den Zusam menschluss der 470.000 Sammler der Urmutter gebildet hatte. Doch das war in der galaktischen Neuzeit geschehen und für die Geschichte der Lemurer nicht von Belang. Der Grund für die Gänsehaut, die mir in diesem Moment den Rücken hinun terlief, war die Darstellung des vierten Planeten: Zeut, von angreifenden Halu tern zerstört und zu dem Planetoiden ring zertrümmert, der heute zwischen Mars und Jupiter die Sonne umkreiste. Geschehen im 12. Jahr des Großen Krie ges, also 50.068 vor Christus! Auf dem Relief war der Himmelskör per völlig unversehrt. Wenn man ver suchte, diese Tatsache mit der Bestat tung eines Tämrats in einer Pyramiden station in Einklang zu bringen, blieb nur ein denkbar kleiner Zeitraum für die mögliche Entstehung dieser Gruft. Zwischen dem Bau des ersten Sonnen transmitters und dein Beginn des Halu terkrieges lagen nämlich gerade einmal dreihundert Jahre. Nachdem die Erforschung des Son nensechsecks abgeschlossen war, wurde im Jahr 6050 der lemurischen Zeitrech nung, 50.350 vor Christus, die Transmit terstraße erstmals offiziell benutzt; Steuerwelt mit einem Pyramidensechs eck war Kahalo gewesen, von den Le murern auch Tanta III genannt. Ausge dehnte Explorer-Expeditionen in An dromeda folgten, dje Lemurer trafen unter anderem auf die Maahks, wäh rend es in der Milchstraße zu einem Ex pansionsschub kam und viele weitere Tamanien entstanden. Nach Kontakt mit den Sonneninge nieuren im 3 711 Lichtjahre vom Andromeda-Zentrum entfernten Eyhoe-System gab eseinen forcierten Technologie
transfer vor allem hinsichtlich der Situationstransmitter, so dass es zur Erbauung von Sonnentransmittern in der Milchstraße und Andromeda als »Hauptverkehrsrouten« zwischen dem lemurischen Kernreich und den neuen, zum Teil sehr weit entfernten Ein zeltamanten einerseits und zwischen den beiden Stemeninseln über die ga laktozentrische Sechseck-Haupttransmitter-Verbindung andererseits kam. 6180 dha-Tamor waren sämtliche 111 Tamanien des Lemurischen Reiches konstituiert, aber erst 6203 dT wurden auf dem Planeten Darak die Krish'un entdeckt und in der Folgezeit als »le bende Umhänge« zum Machtsymbol der Tamrate. Während die 111 Tamräte der Einzeltamanien weiterhin nur einfach stimmberechtigt waren, hatten die 50 lemurischen Hohen Tamräte mit ihrem Dreifach-Stimmrecht ein nicht zu kip pendes Monopol. Da der in dem Sarkophag beigesetzte Tamrat einen Krish'un besessen hatte, musste er nach 6203 dT gelebt haben, vielleicht sogar während des lemurisch halutischen Kriegs. Dass Zeut unzer^ stört dargestellt worden war, konnte un ter Umständen unter nostalgischen Ge sichtspunkten gesehen werden. Durch das Studium lemurischer Artefakte und Hinterlassenschaften wussten wir längst, dass diese Welt für die Lemurer eine besondere Bedeutung gehabt hatte. Als wir mit der £REST ZU in die Ver gangenheit versetzt wurden, tobte der Krieg schon im 92, Jahr, auf Lemur schrieb man 6412 dT. Admiral Hakhat, Oberbefehlshaber der Zentrums-Transmitterzone, erschien wie ein verwasche ner Schemen, von meinem fotografi schen Gedächtnis heraufbeschworen. Er war ein alter Mann mit silberfarbe
nem Bart und ergrauten Haaren gewe sen, der erwähnte, dass mit der 14. halu tischen Großoffensive die letzte Evaku ierungsphase von über fünfhundert be siedelten Welten begonnen habe, und er sprach weiterhin davon, dreißig Milliar den Flüchtlinge durch den Sechseck transmitter zur »Zweiten Insel« Ka rahol, die wir als Andromeda kannten, schicken zu müssen. Später, nach der Landung der CREST auf Lemur und der Auswertung der Daten von Mikrobeob achtungssonden, wurde klar, dass aus schließlich »echte« Lemurer nach An dromeda umgesiedelt wurden. Spätestens in jenen Jahren musste der Tamrat gestorben sein, denn es war kaum anzunehmen, dass er noch nach dem Ende der Evakuierungen gelebt hatte, weil er ansonsten ebenfalls nach Andromeda gegangen wäre. Oder wir denken in völlig falschen Bahnen, weil uns noch entscheidende Informationen fehlen, orakelte mein Ex trasinn. Vielleicht gibt es ja eine Erklä rung, die wir momentan noch für völlig unmöglich halten, Plötzlich schrie Li auf. Aus unerfind lichen Gründen ruderte sie mit den Ar men, fiel rücklings gegen die Wand und schien dort unsichtbare Dämonen ab wehren zu wollen. Ich sprang hinzu, kniete mich neben sie und versuchte sie zu stützen, doch sie schlug so heftig um sich, dass ich sofort wieder von ihr ab ließ. Dann erstarrte sie plötzlich. Tränen rannen ihr die Wangen hinunter. Sie verdrehte die Augen so weit, dass nur noch das Weiße darin zu sehen war. Im nächsten Moment begann Li ein dringlich zu sprechen. *
Unendliche Schwärze um mich he rum. Kristallklar, tief und tödlich zugleich umgibt diese Schwärze alles, was ich im Moment darstelle. Mit jeder Faser mei nes Korpers will ich fort von hier, aber wo soll ich hin, wenn ich nicht einmal weiß, wo ich bin? Ich spüre nur, dass eine Arkonidin hier nichts zu suchen hat und ich nicht von selbst an diesen Ort ge langt sein kann. Das schwarze Nichts zwingt mich, in eine bestimmte Richtung zu sehen. Ganz weit hinten entsteht tatsächlich ein Punkt, der Farbe besitzt. Wie ein Ertrin kender klammere ich mich daran fest, denn die kalte Schwärze schmerzt so schrecklich, dass ich mich nach jeder Art von Farbe sehne. 'Irgendwann wird aus dem kleinen Punkt eine riesige Walze. Kobaltblau, strahlend wie ein Diamant und von ma jestätischer Grazie kommt sie auf mich zu. Für einen winzigen Augenblick ver harrt sie vor mir, scheint mich zu durch leuchten und auf unbegreifliche Art und Weise genau Maß zu nehmen. Dann ver schwindet sie auf dem gleichen Weg, wie sie gekommen ist. In dem unendlich schwarzen Nichts, in dem ich schwebe. Im nächsten Moment renne ich um mein Leben! Ich rase durch Furcht ein flößende Gänge und versuche vor dem zu fliehen, was mich hierher verschlagen hat. Doch wohin ich mich auch wende, das Labyrinth ist endlos und auf merk würdige Weise beseelt Die Wände star ren mich an und greifen nach mir. Immer wieder raunen sie mir Dinge zu, die ich nicht verstehe, versetzen mich in eine Panik, die mich schier zerreißt. Wo bin ich, wie kann ich von hier fliehen? Da gerate ich in eine Sackgasse und werde von den seltsamen Wänden einge
schlössen wie von der Faust eines Rie sen. Die Wände ziehen sich immer enger zusammen, drohen, mich wie ein Insekt zu erdrücken - als mich etwas berührt, das mein Leben für alle Zeit verändert! Kälte. In diesem Moment verspüre ich eine Kälte auf meiner Haut, die nicht von dieser Welt sein kann. Nicht von die ser Welt, nicht von dieser Galaxis und auch nicht von diesem Universum. Sie ist so mörderisch intensiv und hart wie der Tod, dass mir die Kraß zum Schreien fehlt. Mühelos durchdringt die Kälte nicht nur meine Haut, sondern auch meine Seele, stößt tiefer, härter und schmerz hafter zu als alles, was ich jemals ge spürt habe. In dem Moment, wo sie mich trifft, gefriert mein Innerstes, und ich weiß, dass ich tot bin, auch wenn andere noch glauben, ich sei am Leben. Ich, Li da Zoltral, habe für diese eine Sekunde abgehört zu existieren. Gleichzeitig spüre ich jedoch auch ein Leben, wie ich es in dieser Intensität noch nie gespürt habe. Es ist kein Leben im üblichen Sinn, jedenfalls habe ich so etwas noch nie kennen gelernt. Es ist so grundlegend anders als das, was ich bis her Leben nannte, dass sich mir plötz lich eine völlig neue Welt erschließt. Ich verstehe nicht, was um mich ist, aber ich fühle, dass dieses unbekannte Phänomen lebendig ist und mich mit Haut und Haar verschlingen will. Das Etwas lockt mich und schockt mich, liebkost und zerreißt mich und ist mehr, als ich ertragen kann. Wie ein Puzzle nimmt es mich auseinander, um mich dann wieder zu einer Einheit zusam menzusetzen, die ganz anders ist als zu vor. Das Gefühl des Lebens durchströmt mich erneut, doch dieses Mal in einer Stärke, die ich nie mehr missen will.
Im nächsten Moment ist da wieder diese Kälte. Diese schreckliche, messer scharfe, Tod bringende Kälte, die mei nen Atem zum Klirren bringt. Unendliche Schwärze um mich herum. *
Li hörte auf zu sprechen. Ihr Kopf sackte einen Moment lang zur Seite, dann hob sie ihn wieder. Unschlüssig schaute sie sich um. »Was starrt ihr mich so an? Ist irgend was?« Mühsam versuchtesie sich aufzu rappeln. »Das wüssten wir gern von dir«, gab ich zurück, während ich ihr beim Auf stehen den Arm hielt. »Du warst plötz lich weggetreten und hast merkwürdige Dinge erzählt.« Ich schilderte ihr in gro ben Zügen, was sie in den letzten Zenti tontas von sich gegeben hatte. »Das soll ich gesagt haben?« Man sah ihr an, dass sie angestrengt nach dachte. »Ich kann mich an nichts erin nern. Ich weiß nur, dass ich plötzlich furchtbare Kopfschmerzen hatte.« Sie f asste sich an den Kopf, und ich spürte, wie plötzlich Zärtlichkeit in mir auf stieg. Ich hätte ihr so gern die Schmerzen genommen. Ich Wollte nicht, dass sie litt. Aber gleichzeitig empfand ich auch Un ruhe. Ihre Äußerungen hatten etwas in mir berührt, das ich nicht auf den Punkt bringen, nicht recht beim Namen nen nen konnte. Weil du ein verliebter Narr bist, gif tete mein Extrasinn. Die blaue Walze war doch nicht zu überhören. Und von der hast du nicht zum ersten Mal ge hört. Das kann Zufall sein, es ist ja noch
nicht einmal klar, ob Li ein Raumschiff meinte. Ja, sicher. Und die Erde ist eine Scheibe. »Ein Traum war es jedenfalls nicht«, sagte ich dann zu Li, »Für mich klang es eher wie eine Vision von etwas Kom mendem oder die Wiedergabe von et was, das du schon erlebt hast.« »Blödsinn! Wo sollte ich denn so et was Surreales erlebt haben? Entweder die Umgebung bekommt mir nicht, oder ich fange jetzt einfach an zu spin nen.« Ich schaute sie zweifelnd an, doch sie zuckte nur mit den Schultern. »Auch wenn es frustrierend ist, aber hier gibt es für uns nichts zu holen«, er klärte ich. »Wenn wir auf Acharr noch etwas finden können, dann nur bei der Pyramidenstation,« Ich ließ Phazagrilaath Aufnahmen von den Wänden machen, dann verlie ßen wir 'die unheimliche Halle ohne Klarheit darüber, ob sie uns jetzt weiter gebracht hatte oder nicht. *
Der kleine, untersetzte Mann mit dem energisch vorgestreckten Kinn hatte mehr denn je das Gefühl, ein Zwerg zu sein. Seine Spezialtruppe bestand nur aus Kiesen, die ihm problemlos auf seine Halbglatze schauen konnten. Leise murmelnd standen sie beieinander und überprüften zum hundertsten Mal den Ladezustand ihrer Waffen. Obwohl er der Auftraggeber dieser Bluthunde war und sie für viel Geld von der SENTENZA ausgeliehen hatte, lie ßen sie ihn merken, was sie von seinen Ambitionen hielten. Nämlich gar nichts. Sie würden alles tun, um ihren Auftrag
zu erfüllen, aber nicht für ihn, sondern für sein Geld. Geld ist Macht, dachte Kanarek zu frieden und zog ebenfalls seine Waffe. Am wichtigsten war, dass man nie seine langfristigen Ziele aus den Augen ver lor. Dafür konnte man schon mal einen kurzzeitigen Kompromiss eingehen und sich mit derartigem Abschaum einlas sen. Man durfte nur nicht vergessen, sich hinterher gründlich die Hände zu waschen. Ein leises Piepsen meldete ihm, dass sich der Unsterbliche dem Ort seines To des näherte. »Auf die Positionen und bereithalten! Es geht gleich los!«, brüllte Kanarek so laut, dass die Hallendecke ein schnar rendes Echo zurückwarf, Luris-Laak lachte kehlig, während er mit seinem Strahler eine imaginäre Fliege von Kanareks Schulter schoss. Bumm!, formte der Riese lautlos mit sei nen extrem schmalen Lippen. Igusen Kanarek schwor sich, ihn zu allererst seine neue Macht spüren zu las sen. 6.
Das Bild, das uns die Pyramidensta tion bot, war ehrfurchtgebietend und erbärmlich zugleich. Jeder Schritt, den wir uns ihr näherten, machte uns die rie sigen Dimensionen der Anlage klar. Bei fünf im Kreis angeordneten Pyramiden, jeweils 500 Meter hoch und mit einer Grundfläche von 578 Metern im Qua drat, handelte es sich um wahre Gigan ten, die den ägyptischen Herrscher Che ops vor Neid hätten erblassen lassen. Ihr rotes Lemur-Metall war zwar stark ver schmutzt, leuchtete uns jedoch im Wi
derschein der abertausend Sterne blutig entgegen. Andererseits erkannten wir auch den, katastrophalen Zustand der Anlage. Jede Pyramide war mehr oder weniger stark eingefallen. Ob durch natürliche Erosion oder Gewalt ließ sie'h ohne nä here Untersuchung nicht sagen, aber keine sah mehr so aus wie zur Zeit ihrer Erbauer. Wir setzten kraftig unsere Vibrator messer und -Schwerter ein, als wir uns, einen Weg zu der Pyramide bahnten, die uns am nächsten stand. Über ein großes, umgekipptes Tor hinweg drangen wir ein, wie vor uns etliches Getier und jede Menge Pflanzen. Das Innere der Pyra mide glich daher auch mehr einem. Feuchtbiotop als einem architektoni-, sehen Meisterwerk. »Heiliges Tabalon!«, rief Phazagri laath entsetzt, als er über ein undefinier bares, verrostetes Etwas stolperte. »Die Pyramide ist kein Juwel mehr, sondern ein ausgeschlachtetes Wrack«, bestätigte ich dem Ishkhorer. »Oder siehst du irgendwelche Geräte?« »Nein.« Frustriert blickte er sich um. »Hier hat jemand gründlich ausge räumt.« »Durch das tropische Klima und den schnellen Pflanzenwuchs sind die Spu ren der Demontage mit Sicherheit ver wischt«, stellte Li fest. Sie wirkte nach ihrem seltsamen Zusammenbrach wie von einer großen Last befreit'und hatte jede Nervosität verloren. »Wir können nur raten, wann die Anlagen fortge schafft wurden.« »Was sollte jemand mit solchen Gerä ten anfangen können?« Phazagrilaath stapfte ziellos in der leeren Station herum. »Wenn es sich bei den Pyrami den wirklich um das Steuerzentrum ei
nes Transmitters handelt, wäre es doch am sinnvollsten gewesen, sie an Ort und Stelle zu reparieren.« »Mir stellt sich noch eine ganz andere Frage«, gab ich zu bedenken. »Wer kann so eine Anlage überhaupt in Stand set zen? Um hier erfolgreich Hand anzule gen, braucht man ein SpezialWissen, das es heute fast nirgends mehr gibt.« Wir sahen uns noch eine Weile in der Pyramide um und wollten gerade frus triert aufgeben, als Zanargun sich plötzlich meldete. »Hat jemand auf die Orter geschaut?«, fragte er. »Es gibt keinerlei energetische Aktivitäten, aber unter uns sind bis in eine Tiefe von zweitausend Metern und in einem Umkreis von zwölf Kilometern Hohlräume, die Platz für eine komplette Flotte bieten.« Li lächelte mich an und deutete mit dem Daumen nach unten. »Dann lasst uns doch schnell nachsehen, ob die un bekannten Diebe nicht etwas vergessen haben.« »Zanargun!«, rief ich. »Schau nach, ob es einen direkten Zugang gibt.« Der Luccianer schien auf diese Auf gabe nur gewartet zu haben. Jedenfalls begann er sofort damit, eine breite Schneise in den Pflanzenteppich zu schlagen. Er arbeitete sich von dem um gekippten Tor bis zur gegenüberliegen den Wand der Pyramide, wobei er im mer wieder stehen blieb und seine Ge räte befragte. Bereits nach wenigen Zentitontas winkte er uns heftig herbei. »Hier geht's abwärts!« Als wir Zanargun erreichten, erkann ten wir den Umriss einer großen Abde ckung, die er freigelegt hatte. Der Luc cianer nickte Daguray zu, worauf beide ihre Desintegratoren aus den Gürteln zogen. Sie zerstrahlten die schwere Me
tallplatte, dann holten sie ihre Hand lampen heraus und richteten sie auf eine schmale Treppe, die in die Tiefe führte. »Müssen wir wirklich da hinunter?« Akanara schien von der Idee wenig be geistert zu sein. »Das Höhlenleben müsste dir doch von Yarn bestens vertraut sein«, sti chelte Li. »Eine Prinzessinnen-Suite, wie du eine hattest, gab es für mich jedenfalls nicht.« Der Junge zog lautstark die Nase hoch. »Also gut, mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Wer sollte denn sonst auf euch aufpassen?« Ich gab Zanargun ein Zeichen, wora'uf der Luccianer voranging. Vorsichtig folgten wir ihm im Licht unserer Lam pen. Die Stufen waren zwar von einer Staubschicht bedeckt, aber wir konnten endlieh auf den Einsatz unserer Messer und Schwerter verzichten. Zunächst führte die Treppe fast ein hundert Stufen in die Tiefe, dann er reichten wir ein großes Podest, wo meh rere Türen, Gänge und weitere Treppen abzweigten. Wahllos öffneten wir eine der Türen und betraten eine große Halle. »Auch leer.« Phazagrilaath hatte sich offenbar mehr versprochen. Dennoch begannen wir sofort, den Raum auf Spu ren zu untersuchen. »Kommt mal her!«, rief uns plötzlich der Ishkorer aufgeregt zu sich. Als wir bei ihm standen, zeigte er auf ein großes Loch in der Wand. »Hier wurde etwas aus der Wand ge fräst, vermutlich ein Kabelstrang oder etwas in der Art«, sagte er. Dabei schaute er uns an wie ein Lehrer, der auf die richtige Antwort seiner Schüler wartete. »Sehr interessant«, meinte Li. »Und was sagt uns das?«
»Siehst du denn nicht den Unter schied zwischen dem Loch und dem Bo den der Halle?« »Der Staub fehlt.« Tatsächlich, wäh rend sich auf dem Hallenboden eine mehr oder weniger dicke und geschlos sene Staubschicht befand, war das am unteren Rand des Loches nicht der Fall. »Kannst du das Alter des Lochs be stimmen?«, fragte ich den Wissenschaft ler. Phazagrilaath hob bedauernd die Schultern. »Für eine genaue Angabe fehlen mir leider die Mittel. Aber ich schätze zwischen mehreren Monaten und wenigen Jahren.« Li stieß einen Pfiff aus. »Das passt zu den frischen Spuren in der Gruft. Die Anlagen wurden erst kürzlich hier weg geschafft! Wisst ihr, was das bedeutet?« »Ja«, sagte ich mit einem nachdenkli chen Nicken. »Es gibt in Omega Cen tauri jemanden, der diese Technik heute noch beherrscht oder sich zutraut, sie zu lernen.« Unvermittelt meldete sich mein Ex trasinn. Ist dir denn gar nichts an der Anordnung der Pyramiden aufgefallen? Sie sind in einem Kreis mit einem Durchmesser von 2600 Metern angeord net, dachte ich. Und was erhältst du, wenn du die Mit telpunkte der Pyramiden durch Gera den miteinander verbindest? Ein Fünfeck natürlich. Genau, ein Pentagon. Ich konnte förmlich spüren, wie der Logiksektor in meinem Kopf zum entscheidenden Schlag ausholte. Und erinnerst du dich an die geometrische Form des kosmi schen Leuchtfeuers, das ihr im Zentrum von Omega Centauri angemessen habt? Die zwanzig Sonnen bilden zusam men ... Im selben Moment verstand ich,
worauf er hinauswollte. Sie bilden einen Pentagon-Dodekaeder. Du glaubst, dass es zwischen der Anordnung der Pyrami den und der Sonnen des Leuchtfeuers ei nen Zusammenhang gibt? Ich bin ein Logiksektor, ich glaube gar nichts, wurde ich belehrt. Aber ich er kenne mögliche Zusammenhange und mache dich darauf aufmerksam, damit sie dir nicht entgehen. Sowohl bei den Pyramiden als auch beim Leuchtfeuer spielen regelmäßige Fünfecke eine Rolle, Bei Kahalo und dem zugehörigen Transmitter im Milchstraßenzentrum waren es Sechsecke. Das muss nichts be deuten, kann aber alles erklären. Such es dir aus. Mein Extrasinn hatte Recht. Ich erin nerte mich noch an den Schauder, der uns ergriffen hatte, als wit im Jahre 2400 nach Christus mit der CREST II das galaktozentrische Sonnensechseck entdeckten. Sechs blaue Riesensonnen, die bis hinab zur kleinsten Hyperkom ponente miteinander übereinstimmten und mit absoluter Präzision positioniert worden waren. Bevor ich den Gedanken zu Ende füh ren konnte, überschlugen sich plötzlich die Ereignisse. Zunächst durchzuckte ein gellender Schrei die Halle, und Akanara schaute sich gehetzt um: »Große Männer kommen!«, rief er. »Sie wollen uns alle töten!« Gleich darauf warnte uns Zanargun: »Um uns herum sind soeben ein gutes Dutzend Energiequellen aktiviert wor den. Wir werden eingekreist!« »Charakteristika?« »Schutzschirmel wahrscheinlich von Kampf anzügen.« Der Luccianer schau te Mich ernst an. »Das dürfte die Begrü ßung sein, auf die wir die ganze Zeit ge wartet haben.«
»Schutzschirme klar machen, Waffen entsichern!«, rief ich meinen Gefährten zu. »Wir ziehen uns zur Treppe zurück!« »Die Hallen unter uns sind offenbar nicht alle so leer wie diese hier. Ich messe in wenigen Kilometern Entfer nung weitere Energiequellen an. Aber was für welche! Wenn meine Orter nicht spinnen, werden dort gerade vier arkonidische Zweihundert-Meter-Raumer neuester Baureihe startklar ge macht!« So schnell wie möglich raus hier! Ihr sitzt in einer tödlichen Falle! Der Warn ruf meines Extrasinns kam schnell Und scharf. Noch bevor wir einen Schritt in Rich tung Ausgang machen konnten, brach um uns herum das Chaos aus. Starke Sprengsätze explodierten und rissen riesige Löcher in alle vier Wände. Ge steinsbrocken jeglicher Größe flogen uns um die Ohren oder verglühten in un seren Schutzschirmen, während dichter Qualm den Raum erfüllte. Einen Augen blick später warf jemand mehrere Blendgranaten in die Halle, deren Wir kung von den Steuerungen unserer An züge jedoch automatisch weggefiltert wurde. »Alle zusammenrücken!«, rief ich durch das Donnern der einstürzenden Wände. »Akanara in die Mitte!«, fügte ich rasch hinzu, als ich sah, wie unbe holfen sich der Junge von Yarn anstellte., Er war in seiner Heimat zwar ständig bedroht gewesen, aber ein Kampfein satz wie dieser war ihm völlig fremd. Er musste mehr als nur verwirrt sein. Nach allen Seiten sichernd schoben wir uns zum Gang vor, der. zur Treppe führte. Wir hatten schon die Hälfte der Strecke zurückgelegt, und noch immer war nicht auf uns geschossen worden,
als direkt neben uns eine weitere Wand detonierte. Eine unbekannte Waffe zertrümmerte sie auf einer Länge von zwanzig Metern. Gleich darauf griffen dicke Lichtkegel aus den aufsteigenden Staubwolken nach uns, und ich wunderte mich noch über die ungewöhnliche Höhe, aus der sie auf uns herabstrahlten ... Da brach das Grauen auf zwei Beinen durch das gerade entstandene Loch. Unter dem Einsatz schwerer Strahler raste das auf uns zu, wovor sich jeder Soldat in der Galaxis mit am meisten fürchtete: Naats! Riesige, furchterre gende Naats! *
Ich hatte meine Erfahrungen mit Naats, und sie gehörten nicht zu den schönsten. Aber die Naats selber auch nicht. Sie waren drei Meter groß, hatten einen kugelrunden Kopf und drei Au gen, die einen mit der Schärfe eines Dagorista-Schwerts anblickten. Ihre Arme Waren lang, ihre Beine dagegen so kurz und stämmig wie Baumstümpfe, Wes halb die schwarzbraunen Riesen meist in einem seltsam wiegenden Gang her umtapsten. Natürlich kam niemand auf den Gedanken, darüber zu lachen, denn wer würde über solche Wesen schon Witze reißen? Naats waren nützlich, vor allem wenn man Totalschäden in Raumfahrerknei pen nach wilden Raufereien oder derbe Witze über einen ungewöhnlich gefalte ten Körperbau bei ihren Gegnern mochte. Naats gehörten zu den erge bensten Dienern des Großen Imperiums und konnten sehr sensibel sein und ih rem einmal ausgewählten Herrn treu bis in den Tod folgen.
Aber Naats waren vor allem eines: un glaublich gute Kämpfer, die vor nichts und niemandem Angst hatten. Sie ge hörten zum Besten, was die Milchstraße in dieser Hinsicht hervorgebracht hatte. Mit Maats konnte man beruhigt «in jede Schlacht ziehen, denn allein ihr Anblick verängstigte jeden Gegner so entschei dend, dass er schon zur Hälfte verloren hatte. Kämpfe mit Naats hatten nur einen kleinen, dafür aber entscheidenden Nachteil: Man musste absolut sicherge hen, dass man auf derselben Seite stand wie sie. Die vier Naats, die gerade auf uns zu stürmten, standen definitiv nicht auf unserer Seite. Brüllend feuerten sie mit Waffen auf uns, deren Länge die unserer Arme übertrafen, und sie schienen uns zudem mit bloßer Körpergewalt nieder rennen zu wollen. Im Gegensatz zu den anderen Angreifem hatte» sie keine De flektorschirme aktiviert. »Zanargun, Daguray, Mauer bilden!«, schrie ich in das Chaos aus Feuer und Lärm. Sofort stellten sieh die beiden Kämp fer vor Akanara, der das schwächste Mitglied unserer Truppe war, und feuer ten mit mir aus allen Bohren. Tatsäch lich gelang es uns, die Viererkette ge rade noch rechtzeitig zu sprengen und zur Seite abzudrängen. Li und Phaza grilaath wehrten die übrigen Angreifer ab, die uns von den anderen Seiten be schossen. Wenn ihr es nicht innerhalb der nächs ten Zentitontas an die Oberfläche schafft, seid ihr erledigt,- machte mir mein Extrasinn den Ernst der Lage klar. Euer Gegner ist euch vielfach überlegen, da hilft nur Flucht oder ein guter Plan, Eindringlich flüsterte mir mein Ex
trasinn zu, was er sich ausgedacht hatte, Unsere Gegner drangen mit vollerWucht auf uns ein. Meter um Meter trie*~ ben sie uns zurück und nahmen Aka nära unter Punktbeschuss. Verängstigt floh er in einem unkontrollierten Zick zackkurs, doch er schaffte es nicht, sich' aus der Schusslinie zu bringen. Sein Schutzschirm begann bedenklich zu flackern, sein Ende schien nur noch Au genblicke entfernt. Während ich meinen Gefährten kurze Anweisungen gab, formierten sich die vier Naats neu und bildeten mit den an deren Angreifern einen Keil. Nur einer blieb ein Stück zurück, wie ein Regis seur, der seinen Akteuren aus der Ferne Anweisungen gab. Gleichzeitig schoss Zanargun verborgen im Qualm ein gro ßes Loch in die Decke und schwebte in die über uns liegende Etage. Ein rascher Blick nach oben bestätigte mir, dass er dort wie vereinbart sofort seine Schutz schirme ausschaltete. Mit etwas Glück war sein Verschwinden nicht bemerkt worden. Akanära! Daguray stellte sich Wagemutig vor den Jungen und fing eine Salve nach der anderen ab. Wieder bewies er gera dezu fantastische Reflexe, dennoch konnte er nicht verhindern, dass Aka naras Schutzschirm werter geschwächt wurde. Mir wurde klar, dass ich sofort handeln musste, sonst war es um den Jungen geschehen. Wie so oft in Situationen, in denen mein Leben oder das von Freunden be droht war, stieg meine Konzentration mit einem Schlag ins Unermessliche. Gerade noch war ich ein Wesen ausFleisch und Blut, jetzt mutierte ich zu einem Bündel aus reiner Energie. Adre nalin strömte in mörderischen Mengen
in mein Blut und machte meine Sinne zu hoch sensiblen Antennen. Gleichzeitig versank ich in der Meditation des Dagor-Zhy, was die Aufnahmefähigkeit meines Gehirns steigerte. Ich war jetzt nicht mehr Atlan, sondern ein fliegendes Etwas, das in einem Augenblick mehr Informationen in sich aufnahm als sonst in einer halben Ewigkeit. Erste Millitonta! Ich ziehe zwei Ther mogranaten und suche mir instinktiv die beiden taktisch günstigsten Stellen für meinen Gegenschlag. Die Horde der Naats und den unbekannten Regisseur im Hintergrund. Zweite Millitonta! Weitere Blitze schlagen in Akanäras Schutzschirm ein, und der Junge schreit in Todesangst. Mit beiden Händen gleichzeitig werfe ich die Bomben auf unsere Feinde. Dritte Millitonta! Ich stelle mich vor Akanara und verschaffe ihm so ein we nig Luft. Li wird von einer Breitseite aus mehreren Waffen erfasst und durch den kinetischen Impuls gegen eine Wand ge schleudert. Meine Bomben landen im Ziel und rollen noch einige Meter weiter. Vierte Millitonta! Meine Li! Die Wucht des Aufschlags ist so gewaltig, dass sie für einen Moment benommen ist. Ihr Ächzen, das sie über Funk aus stößt, jagt mir ein glühendes Messer ins Herz. Wann explodieren endlich diese verdammten Bomben? Wann handelt Zanargun? Fünfte Millitonta! Die dunklen Bes tien haben sich ein neues Opfer gesucht: Li, die zu schwach ist, um sich in Sicher heit zu bringen. Akanara ist gerettet, aber innerhalb eines Augenblicks strömt mehr Energie auf Lis Schutz schirm ein, als dieser absorbieren kann. Sechste Millitonta! Die Bomben ex plodieren in der engen Halle mit einer
Wucht, die uns fast von den Beinen reißt. Für einen Augenblick gibt es nur noch sonnengrelles Licht, im nächsten ver schwindet der Feuerschein; und ich sehe zwei Dinge gleichzeitig: die riesenhaf ten Angreifer, die Spielzeugen gleich durcheinander gewirbelt werden, und den geheimnisvollen Regisseur, dessen Deflektorschirm für den Bruchteil einer Millitonta erlischt. Sein Gesicht ist eine von Hass verzerrte Fratze, dennoch macht es in meinem Kopf laut und deut lich klick! Siebte Millitonta, der Augenblick der Entscheidung! Welche Schicksale wol len sich auf diesem Planeten noch kreu zen? Ich kenne diesen Mann, habe ihn auf Arkon gesehen und weiß nun genau, wer uns hetzt! Aus unzähligen Indizien wird bittere Gewissheit! In einer einzigen riesigen Detonation sprengt Zanargun die Decke auf der Seite der Halle weg, wo unsere Gegner stehen. Sein Handeln zeugt von un glaublicher Präzision, er findet sein Ziel ohne Gnade. Eine mehrere hundert Quadratmeter große Platte aus Stahl und Beton fällt mit ungeheurer Wucht in die Tiefe. Sie kann unsere Gegner viel leicht nicht töten, aber sie zerquetschen. »Raus hier, sofort zur Treppe!«, brülle ich. In aberwitzigem Tempo rasen wir den Weg zurück, den wir gekommen sind. Raus aus der Halle, der Freiheit entgegen, nur weg von diesem Ort. Als wir so schnell wie möglich aus der Pyramide fliehen, ist Li an meiner Seite. Ich blicke rasch zu ihr, doch sie hat schon erkannt, dass etwas nicht stimmt. »Was ist denn in dich gefahren?« »Die da Zoltrals wollen uns töten!«, stoße ich hervor. *
»Sie kommen!« Leuff landete ihren Teil des Triple-Jets direkt zwischen Weddrin und Nedir, so dass diese sich wieder einklinken konnten. Weddrin schloss seinen feuerroten Kampfanzug und lachte. »Das erste Kommando hat also versagt. Ich habe nichts anderes erwartet. Unser Auftrag geber weiß, auf wen er sich verlassen kann und auf wen nicht.« Mit einem lau ten Krachen schlug der Killer sich' auf die Brust und streckte dann siegessicher die Faust in die Luft. »Wundert dich das?«, fragte Nedir. »Immerhin haben wir für ihn das Pro blem auf Arkon beseitigt.« »Ich habe es beseitigt, nicht wir!«, wi dersprach Weddrin energisch. »Wer von uns war denn zuerst im Krankenhaus und hat diesen Dummkopf getötet, der sich gefangen nehmen ließ? Frag Leuff, wie wir in der Nacht danach ...« »Wir haben alle gemeinsam dafür ge sorgt, dass der Krish'un jetzt da ist, wo er hingehört. Konzentriert euch auf eu ren Auftrag, es ist der wichtigste, den wir je bekommen haben.« Nedir warf Weddrin einen giftigen Blick zu. Dann kümmerte er sich um die Ortung. »Ihr Kurs ist perfekt. Und sie scheinen es ziemlich eilig zu haben.« Weddrin zog die letzte der Desinte gratorbomben aus seinem Waffengürtel und warf sie Nedir zu. Dieser fing sie mit einer blitzschnellen Handbewegung auf und machte sie scharf. Anschließend steckte er sie in das dünne Bohrloch, das er vorbereitet hatte. »Macht euch bereit«, rief Leuff. Die beiden Killer sahen sich abschät zend an. Nein, alles durfte passieren, nur das nicht. *
Am Bande des Hochplateaus gab es keine Verfolger mehr. Sie hatten entwe der aufgegeben oder lagen gefangen un ter dem Schutt der herabgefaEenen Hallendecke. Die vier Raumschiffe konnten, wir immer noch anmessen, aber ihr Energieniveau war nicht weiter ge stiegen. Ganz im Gegensatz zu dem von Li. Wutschnaubend stand «sie neben mir und starrte mich an. »Wie kannst du nur so etwas Infames von mir behaupten?« Ich sah ihr in die rubinroten Augen und bereute, auch nur eine Millitonta an ihr gezweifelt zu haben. Li und die Überfälle, das hatte definitiv nichts mit einander zu tun. Hoffte ich, »Es tut mir Leid. Ich weiß, dass du zu mir stehst. Aber hast du den Mann im Hintergrund bemerkt, der den Angrei fern Anweisungen gab?« »Natürlich habe ich ihn gesehen! Er war es, der die Naats auf mich hetzte.« La trat zu mir und nahm mich liebevoll in den Arm. Ihre Wut schien Übergangs los wieder verraucht zu sein. »Aber was hat das mit meiner Familie zu tun?« »Ich habe ihn schon einmal gesehen«, antwortete ich. »Auf Arkon, im Stamm sitz der da Zoltrals bei der Audienz, die uns Crest-Tharo im Wasserpalast ge währte. Er stand an der Tür, als wir den kleinen Speisesaal betraten, wandte sieh sofort ab und verließ den Baum.« Lis Augen wurden einen Moment lang stumpf, dann funkelten sie mich an. »Wussten wir nicht schon damals Be scheid? Die Indizien waren nicht zu übersehen, aber wahrscheinlich wollten wir es nur nicht glauben.« Sie warf einen Blick zurück zur Pyra mide. »Früher war Blut dicker als Was ser, doch heute scheint meine FamilienZugehörigkeit nicht mehr zu zählen.
Crest-Tharo hätte mich genauso um bringen lassen wie dich!« Mit zusam mengepressten Lippen klammerte sie sich an mich wie eine Ertrinkende. »Verdammt, was ist los mit euch?«, durchbrach Altra unseren Augenblick der Nähe. »Ich konnte starke Energie ausbrüche anmessen und wollte schon eine Rettungsaktion einleiten.« »Bleib, wo du bist«, funkte ich zu rück. »Bringe dich und Hespran nicht unnötig in Gefahr, indem du eure Posi tion Verrätst. Wir kommen jetzt zu dir, und dann machen wir, dass wir von die sem Planeten wegkommen.« »Glaubst du etwa, ich schaue zu, wie ihr abgeschlachtet werdet? Vergiss es, Herr Einsatzleiter!« Altra trennte die Verbindung. Li schaffte es, schon wieder zu lä cheln. »Von wem er diesen Dickkopf wohl hat?« »Keine Ahnung. Als Patenonkel bin ich für Geschenke zuständig, nicht für schlechte Charaktereigenschaften.« Zanargun räusperte sich. »Die vier Schiffe fahren soeben ihre Triebwerke hoch!« Die nächste Runde der Falle Acharr wird eingeläutet, warnte mein Extra sinn. Macht, dass ihr von hier ver schwindet. Das würden wir ja gem. Aber bevor wir mit dem Shift die TOSOMA errei chen können, haben die Schiffe das Sys tem schon abgeriegelt und uns ausra diert. Es gibt immer eine Möglichkeit, und wenn sie nur in der Überheblichkeit des Gegners liegt, widersprach mein Ex trasinn, Stimm folgende Aktionen der TOSOMA und des Shifts so exakt wie möglich aufeinander ab, dann habt ihr eine Chance.
Mir lief es kalt den Rücken herunter, als mir mein Logiksektor seinen Plan of fenbarte. Plan? Wahnsinnsplan traf es weitaus besser. Gleichzeitig erkannte ich aber, dass wir tatsächlich keine an dere Wahl mehr hatten. Wir würden Achanr entweder so verlassen oder gar nicht. Umgehend nahm ich Kontakt mit der TOSOMA auf. »January, üir bekommt wahrschein lich gleich Besuch. Egal, wie die Ausein andersetzung lauf t, ihr müsst unbedingt folgende Parameter einhalten!« Schnell gab ich ihm die Berechnungen meines Extrasinns durch. Ein heftiges Stöhnen war die Antwort. »Jetzt spinnst du völlig!« Dann folgte ein heisetes Lachen. »Seid pünktlich, wir sind es ganz bestimmt!« Die Verbindung wurde übergangslos getrennt. »Im Tiefflug zurück zum Shift!«, be fahl ich ohne zu zögern. »Wir haben ge nau eine halbe Tonta Zeit, Eine Dezi tonta mehr, und wir sind verloren.« Mit einem wilden Schlag auf den Not startschalter brachte ich meinen TRUV auf Höchstleistung. *
»Verdammt«, fluchte Nedir. »Sie flie gen nicht dicht beieinander, sondern in einer langen Kette. Das könnte die Tref ferquote verringern.« Leuff starrte ihre beiden Gefährten ungläubig an. »Habt ihr etwa nicht ge nügend Bomben versteckt, um alle auf einmal zu erledigen?« Weddrin und Nedir warfen sich einen betretenen Blick zu. »Du weißt, dass wir nur ein Dutzend von den Eiern hatten«, antwortete Weddrin. Nedir machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Sie befinden sich jetzt
auf halber Höhe des Hangs und halten direkt auf die Bomben zu. Wenn doch welche von ihnen die Explosion überle ben, nehmen wir sie eben nacheinander ins Kreuzfeuer. Mit dem Kleinen fangen wir an, und ganz zum Schluss erledigen wir Atlan, damit er den Tod seiner Freunde mit uns genießen kann. Was soll schon groß schief gehen?« Ein strenger Blick von.Leuff brachte ihn zum Schweigen. 7.
Mit voller Geschwindigkeit rasten Wir den Hang der Hochebene zum dunk len Dach des Dschungels hinunter. Di rekt unter uns befand sich der Punkt, an dem wir mit unserem Aufstieg begonnen hatten. Halb links lag ein ausgetrockne tes Flussbett, das am Fuß des Plateaus begann und bei starkem Regen von dem Wasser gespeist wurde, das von oben hinabstürzte. In weiten Windungen schien es bis zum Landeplatz des Shifts zu führen. »Halt!« Akanaras Schrei ließ uns un seren Flug sofort abbrechen. »Ich sehe Blitze«, stammelte er entsetzt. »Vier werden Acharr nicht verlassen, und ei ner von uns stirbt. Ich sterbe!« »Dir kann nichts passieren, solange wir bei dir sind«, versuchte ich den Jun gen zu beruhigen, doch er zitterte weiter am ganzen Leib. Er wittert eine Falle, meldete sich mein Extrasinn. Und wenn es auf Acharr eine gibt, dann ist die Wahr scheinlichkeit dafür an zwei Stellen Be sonders hoch: am Shift und unmittelbar vor euch. »Wir können nicht warten, es geht um jede Millitonta«, rief ich meinen Beglei
tern zu. »Wir fliegen weiter, ändern den Kurs aber ein wenig und nehmen den Weg durchs Flussbett. Aktiviert zusätz lich die Deflektorschirme!« Zanargun nickte zustimmend, und wir drehten einige Grad nach links ab. Dabei blieben wir dicht über dem Hang um eine Entdeckung so schwer wie mög lich zu machen. Gleichzeitig reduzier ten wir unsere Geschwindigkeit kurz fristig, um nicht überstürzt in eine Falle zu fliegen. Zwei Dezitontas später hatten wir den Hang hinter uns gebracht und be gannen gerade zu glauben, dass Aka nara sich getäuscht hatte, da zuckte von rechts ein grüner Blitz durch die Luft: Im nächsten Moment hörten wir unmit telbar hinter uns ein furchterregendes Grollen. Reflexartig drehte ich mich um - und erstarrte! Ein Teil des Hangs fehlte. Wo sich ge rade noch das künstlich aufgeschüttete Plateau befunden hatte, blickte ich nun in einen riesigen Hohlraum. Entsetzt er kannte ich seine gewaltigen Ausmaße, fast dreißig Meter hoch und genauso tief . Die Länge, über die er sich am Fuß des Hanges hinzog. Er begann gleich hinter uns und verlor sich irgendwo weiter rechts in der Ferne. Tausend« Kubikmeter Gestein waren einfach ver schwunden. Keine Hitzeentwicklung, also eine. Art Desintegratorbombe, kommentierte mein Extrasinn. Wenn ihr nicht nach links abgedreht wärt, gäbe es euch jetzt, nicht mehr. Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als ich begriff, wodurch das immer noch anschwellende Grollen ver ursacht wurde. »Nach oben!«, brüllte ich. »Der Hang rutscht!«
Seines Fundaments beraubt, brach das Plateau auf einer Länge von mehre ren hundert Metern weg und stürzte mit tödlicher Kraft auf uns herab. Dutzende von Metern hoch donnerte die Steinla wine in den Dschungel und walzte alles platt, was ihr in die Quere kam. Die Not startautomatiken unserer TEUV jaul ten, als sie mit Vollschub senkrecht nach oben beschleunigten. Dennoch wurden wir durch den Sog der mitgerissenen Luft herumgewirbelt wie welke Blätter im Sturm. Millitontas später schwebten, wir über den Baumwipfeln, während unter uns Tausende Tonnen Fels und Gestein brandeten. Wir hatten unseren Flug noch nicht annähernd stabilisiert, als Wir auf einmal angegriffen wurden. Es waren unsichtbare Gegner, mehrere gleichzeitig. Thermoschüsse und hefti ges Granatfeuer schlugen bei uns ein und brachten unsere Schutzschirme zum Glühen. »Ich kann nichts orten!«, schrie Li, während sie wie wild um sich schoss. »Schalte um auf breiteste Streuung!«, rief ich meiner Gefährtin zu. »Sobald du einen Schutzschirm triffst, könne« wir anderen ihn unter Punktbeschuss neh men!« Li bestrich mit ihrer Waffe den Luft- , räum. Tatsächlich traf sie einen An greif er, der direkt über uns schwebte. Sofort konzentrierten wir unser Feuer, auf ihn. Bevor wir ihn jedoch aus schalten konnten, brachte er sich durch eine blitzschnelle Bewegung in Sicherheit. Es sind nur drei Gegner, die aus stän dig wechselnden Positionen feuern, teilte mir mein Logiksektor mit. Weil sie euch orten können, ihr sie aber nicht. Sie sind euch technisch deut-
Iich überlegen, zudem übertrifft die Stärke ihrer Waffen und Schutzschirme eure bei weitem. Es kann sich also defi nitiv nicht um Angreifer in normalen Kampfanzügen handeln. Eher um eine Art Minigleiter. Bevor ich über diese Bemerkung nachdenken konnte, stellten sich die Unsichtbaren auf unsere Taktik ein und gingen ihrerseits zum Punktbeschuss über. Innerhalb einer Millitonta wähl ten sie das erste ihrer Opfer aus, das sie mit ihren überlegenen Waffen auszu schalten gedachten. Und wieder traf es den Schwächsten unter uns. Wieder traf es Akanara. Während er von einem Angreifer mit starkem Thermofeuer eingedeckt wurde, hüllte der zweite den Jungen in eine Art Vibrationsfeld, das sämtliche Funktionen seines TRUV störte. Das Triebwerk zuckte unkontrolliert, als Akanara Verzweifelt versuchte, dem Thermofeuer auszuweichen. Dabei wäre sein Schutzschirm mit diesen bei den Waffen vielleicht sogar noch zu rechtgekommen. Nicht aber mit der Waffe des dritten Angreifers. Der wartete nämlich kurz, bis wir unser Abwehrfeuer auf seine Kumpane konzentrierten, dann schlug er erbarmungslos zu. Seine erste Granate brachte Aka naras Schutzschirm zum Flackern und def orniierte ihn, als sei er plötzlich in ei nen Orkan geraten. Das zweite Geschoss folgte sofort und degradierte die fast unüberwindliche Hülle zu einer dünnen Blase, die beim kleinsten zusätzlichen Impuls platzen würde. Die dritte Granate war vermutlich schon unterwegs, um Akanara aus dem' Universum zu fegen - da überraschte
mich der unscheinbare Bewacher des Jungen von Yarn erneut. Daguray schleuderte sich mit einem wilden Schrei in den Fokus aus drei töd lichen Waffen und wurde zu einer zali tischen Fackel. *
Der Rosenblättermann hat weit fah ren müssen, um an seine Wurzeln zu rückzukehren. In einen Dschungel, wo ein verzweifelter Junge um sein Leben kämpft. Er weiß, wie es sich anfühlt, allein zu sein. Oder wie es ist, wenn man in einer feindlichen Umgebung den Tod vor Au gen hat. Man taumelt vor Angst und hat nichts, woran man sich festhalten konnte. Niemanden, der mit einem spricht. Nicht einmal Rosen und schon gar kein Gedicht. So wie dieser Junge. Der unsichtbare Gegner hat auf ihn angelegt und wird jetzt seine Granate abfeuern. Jeder weiß es, jeder spürt es, gleich wird es gesche hen. Ein gerade erst begonnenes Leben 'wird ausgelöscht, weil der Junge zur fal schen Zeit am falschen Ort ist. Seihe ihm von der Schöpfung gegebene Chance wird vertan. Der Rosenblättermann will nicht, dass der Junge stirbt. Er soll eine zweite Chance bekommen und diesen Planeten verlassen, so wie Daguray einst Scolo II verlassen hat. Gestählt, mit leuchtenden Augen und dem Wissen, dass es nichts Wichtigeres gibt als gute Freunde, die immer für einen da sind, wenn man sie braucht. Und wenn es sich dabei nur um Rosen handelt. Der Junge hat keine Rosen, die ihm helfen könnten, deshalb ist es an dem Rosenblättermann, als Freund einzu
springen. Dies ist der Moment, in dem Daguray das zurückgeben will, was er einst bekommen hat. Der Moment, auf den er unbewusst sein Leben lang ge wartet hat. Mit einem befreienden Schrei wirft sich Daguray in die heranfliegende Gra nate und rettet Akanara vor dem siche ren Tod. *
Im gleichen Augenblick, als Daguray sein selbstmörderisches Manöver voll zog, erschien Altra mit dem StealthShift über dem Kampfgebiet und eröff nete das Feuer. Während Akanaras Bewacher in einer grellen Explosion verging und in .den Dschungel stürzte, traf die erste BodenLuft-Rakete den Angreifer. Sofort er losch sein Schutzschirm, und ein winzi ger Gleiter wurde sichtbar, der in der Mitte auseinanderbrach. Ein kleiner Schemen war darin zu erkennen, der sich an einem Pult festzuklammern schien. »Was zur Hölle ist das?«, rief Lidurch den Lärm der Verklingenden Explosio nen. Ich verfolgte, wie sich für den Bruch teil einer Millitonta ein weiterer, kleine rer Schutzschirm zu manifestieren ver suchte, doch auch dieser wurde von Al tra zerschmettert. In einer unkontrol lierten Trudelbewegung stürzten die beiden Gleiterhälften in den Abgrund. Im nächsten Moment betätigte Altra das MVH-Geschütz und verwandelte den zweiten Angreifer in eine grelle Feuerlohe. Lautes Knistern erfüllte die Luft, als auch dieser Schutzschirm er losch und der Gleiter absackte. Auf hal ber Höhe zum Dschungel fing er sich
wieder, doch nur für einen Augenblick, dann stürzte er wie ein Stein in die Tiefe. Ein roter Blitz markierte die Stelle de? Aufschlags. Der dritte Angreifer ergriff umgehend die Flucht. In einem unberechenbaren i Zickzackkurs raste er über die Baum wipfel in Richtung des Hochplateaus. Als ich schon dachte, dass Altra ihn ent kommen lassen wollte, schoss mein Pa tenkind eine weitere Rakete ab. Obwohl der Flüchtige versuchte, sie mit einer Art Virtuellbildner zu täuschen, explodierte das Fahrzeug unter lautem Krachen. Der unbekannte Pilot wurde in weitem Bogen davongeschleudert, ohne einen Deflektorschirm aktiviert zu haben. »Zehnfach Zoom!«, befahl ich meiner Anzugsteuerung und sah eine Millitonta Spater, Wer uns angegriffen hatte. Sofort wurde mir klar, warum wir die Angrei fer so schwer hatten anmessen können. Es war - unglaublich! »Ich hoffe, du verzeihst mir die grobe Befehlsverweigerung!«, durchbrach Al tra über Funk meine Gedanken. »Ich verzeihe dir nicht nur, ich ver leihe dir dafür einen Orden!«, gab ich erleichtert zurück. »Auf den verzichte ich gern, wenn zwischen uns nie wieder das Wort Oth mura fällt. Ich hasse diesen Planeten!« Ein befreites Lachen war zu hören. »Aber wenn ihr jetzt nicht unverzüglich an Bord kommt, schaffen wir es nie pünktlich zu unserem Rendezvous.« Al tra drehte den Stealth-Shift bei und öff nete die Seitenschleuse. »Wir haben noch etwas zu erledigen«, meldete ich meinem Patensohn. Dann nickte ich mit ernster Miene Akanara zu. »Wahrscheinlich willst du mich be gleiten.« Der Junge von Yarn schaute mich be
klommen an, aber er hatte verstanden. Mit Zanargun und Li flogen wir zu Da guray hinunter, dessen Körper merk würdigverdreht neben einem Baum lag. »Sieh nur«, sagte Akanara und deutete'mit zitternden Fingern auf den To ten. Ich schluckte, denn ich erkannte so fort, was er meinte. Daguray war offenbar nicht gleich tot gewesen. In seinen letzten Millitontas hatte er den Kopf unnatürlich weit in den Nacken gelegt. Wie seine linke Hand zeigte es auf ein ganz bestimmtes Objekt in einigen Metern Entfernungr einen großen, unglaublich intensiv duf tenden Wildrosenstrauch. Zwischen seinen Fingern entdeckte ich einen Zettel, den er kurz vor seinem Tod aus einer Tasche gezogen haben musste. Als ich ihn vorsichtig aus Dagu rays Umklammerung löste, wurde mir klar, dass der Zaliter alles andere als eine graue Maus gewesen war. Bei dem Zettel handelte es sich um ein vergilbtes Blatt mit einem Gedicht, das mir beim Lesen einen Stich versetzte: Wie gern war ich in deinem Garten der Rosenstrauch, der aus brauner Erde sprießt, seine Wurzeln, die das Wasser ziehen, - seine Stämme, die zur Sonne fliegen, seine Zweige, die nach Freiheit su chen, die Blätter, die aus ihnen wuchern, die Blüten, die für Farben sorgen, der Schatten, den ein einzig Blatt nur flüchtig deinen Augen spenden darf. Wie gern war ich dein Rosengarten. Die wenigen Zeilen brannten sich mit einer Intensität in mein fotografisches Gedächtnis, die mich trotz des gerade erlebten Kampfes zutiefst berührte.
Einer inneren Stimme folgend zog ich meinen Desintegrator und schoss eine Ausschachtung in den Boden, die bis di rekt unter den Rosenbusch leichte. Dann gab ich Zanargun ein Zeichen, worauf er Daguray zu dem Loch trug. Man sah dem Luccianer an, wie schwer es ihm fiel, von dem Mitglied seiner Lan dungstruppen Abschied zu nehmen. Er hatte ihn zu dem Einsatz ausgewählt und fühlte sich nun für seinen Tod ver antwortlich. Vorsichtig, ja fast liebevoll, ließ er Daguray hinabgleiten, dann löste er mit seinem Vibratorschwert die Erde am Rand der Ausschachtung, so dass sie hinunterfiel. Er trug Äste, Steine und Reisig herbei. Als das Loch vollständig aufgefüllt war, trampelte er alles mit wuchtigen Tritten fest. Anschließend versiegelte er das Grab mit einer kurzen Salve aus seinem Thermostrahler. »Das waren wir ihm schuldig«, sagte er mit belegter Stimme. »Er hätte es so gewollt.« Verblüfft verfolgte ich, wie Li trös tend eine Hand auf Akanaras Schulter legte, ohne dass dieser sich sträubte. Gleichzeitig sah ich die winzigen Trä nen, die sich aus seinen Augen lösten und die er schluchzend mit dem Hand rücken wegwischte. »Danke, Daguray!«, hörte ich ihn flüs tern, dann drehte er sich zur Seite, um sein Gesicht vor uns zu verbergen. »Wir müssen los«, sagte ich und akti vierte meinen TRUV. Langsam began nen wir, nach oben zum Shift zu schwe ben, wo Altra bereits Ungeduldig auf uns wartete. Von irgendwoher glaubte ich erneut, ein leises Sssssssst zu hören. *
Igusen Kanarek stürzte in die Zen trale Und hielt direkt auf KommandantTeriwei zu. - Sein Anzug war ver-. schmutzt, doch das kümmerte ihn nicht; denn seine Ehre war es noch viel mehr. Das Einzige, was jetzt noch zählte, war. die rasche Begleichung der Rechnung, die Atlan durch seine hinterhältige List unter den Pyramiden mit ihm aufge macht hatte. »Teriwei, sofort starten!«, brüllte er den großen, denwiderlich großen Kom mandanten an. »Die Eindringlinge müs sen innerhalb der nächsten halben Tonta eliminiert werden!« »Sie sind noch nicht bei ihrem Shift, angekommen«, wagte Teriwei einzu-: wenden. »Wenn wir noch einige Dezi tontas warten, können wir sie wahr scheinlich bequem be,im Abflug ...« Die Besatzung der Zentrale erfuhr nie, was ihr Kommandant noch hatte sa-. gen wollen. Igusen Kanarek stieß einen' schrillen Schrei aus, zog seine Waffe und schoss Teriwei nieder. , Atemloses Entsetzen herrschte in der Zentrale. »Was starrt ihr mich so an?«, schrie Kanarek mit sich überschlagen-, der Stimme. »Räumt den Befehlsver weigerer weg, und dann startet dieses verdammte Raumschiff!« Als sich niemand rührte, ging Kana rek zum nächstbesten Arkoniden und hielt ihm die Waffe an den Kopf. »Wer ist hier der stellvertretende Komman-r. dant? Du hast genau eine Millitonta Zeit!« Bevor der Angegriffene reagieren konnte, trat ein besonders groß gewach sener Offizier vor. »Ich bin es.« Er nickte den zwei Männern neben sich zu, die daraufhin den toten Kommandanten aus der Zentrale trugen. »Du hast meinen Befehl gehört!«, rief
Kanarekdem Stellvertreter zu. »Ich will diese Bastarde brennen sehen!« Der Offizier sah das wahnsinnige Flackern in den Augen des kleinen Man nes. Er begriff, dass jeder erdenkliche Einwand nur weitere Tote bedeutet hätte. *
»Die vier Arkonidenraumer starten.« Altra blicktewüterid auf die Ortungsge räte des Flugpanzers. »Unglaublich ihr Hangar lag direkt unter der PyramidenStation!-« »Wenigstens ist jetzt1 klar, woher die Angreifer in der unterirdischen Anlage kamen«, sagte ich. »Sie sind durch Ver bindungsgänge direkt vom Hangar zur Halle vorgedrungen. Sie mussten nicht einmal an die Oberfläche. Wir hatten gar keine Chance, sie vorzeitig zu bemer ken.« Und noch etwas wird dadurch bewie sen, meldete sich mein Extrasinn. CrestTharos Leute müssen sieh auf Acharr ausgezeichnet anskennen, 'sonst hätten sie die Falle nicht so gut vorbereiten können. Damit dürfte endgültig geklärt sein, wer die technischen Geräte demon tiert hat. Wir saßen angeschnallt auf unseren Plätzen und verfolgten gebannt, wie ei nes der vier Raumschiffe Kurs auf uns nahm, während die anderen drei mit Vollschub in den freien Weltraum jagten, »Wir haben nur eine Chance, hier heil herauszukommen.« Ich schaute zu Al tra. »Dabei hängt alles von dir ab. Du musst den Shift in genau neun Deziton tas an folgende Position gebracht ha ben.« Ich nannte ihm die Daten, die mein Logiksektor berechnet hatte, und beobachtete seine Reaktion.
Altra riss ungläubig die Augen auf. »Bei den zwölf Heroen! Wenn ich das meinem Vater erzähle, entzieht er dir die Patenschaft für mich.« In der nächsten Millitonta umspielte ein entschlossenes Lächeln seinen Mund. »Aber ein Ver suchist es allemal wert. Wollen wir doch mal sehen, wer hier der bessere Pilot ist« Ein Ruck ging durch seinen Körper. »Antiortungsschirme sind aktiviert! Pa ratron auf Notautomatik«, meldete er. »Er wird erst hochgefahren, wenn uns ernsthaft Gefahr droht. Ich hoffe nur, dass, unsere Verfolger keine besseren Geräte haben als wir. Sonst schießen sie uns schneller vom Himmel, als wir Voll treffer sagen können.« »Bleib dicht über der Oberfläche, bis der optimale Zeitpunkt erreicht ist!«, befahl ich. »Wir dürfen den Schutz des Planeten erst im allerletzten Moment verlassen.« Das angreifende Raumschiff schien durchaus zu wissen, wo wir uns befan den, Zwar ließ seine Zielgenauigkeit noch etwas zu wünschen übrig, doch das lag einzig und allein an der Tarnung des Shifts. Eine Thermosalve nach der an deren jagte an'uns vorbei. Altra schaffte es immer wieder, den Gegner mit völlig unvorhersehbaren Manövern zu irritie ren. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie der Mann an den feindlichen Ge schützen verzweifelt versuchte, das ver waschene Ortungsecho anzuvisieren. Gleichzeitig fragte ich mich, ob es sich dabei um den Arkoniden handelte, der den Anschlag auf uns in der Pyramiden station geleitet hatte. »Jetzt!«, rief ich, Umgehend beendete Altra seinen scheinbar ziellosen Flug über die Planetenoberfläche und steu erte mit steigendem Tempo den Punkt
der Entscheidung an. Dieser lag genau auf der anderen Seite Acharrs. Bange Augenblicke waren zu überste hen, als der Shift ohne jede, Deckung über das spiegelnde Meer raste. Der Ru gelraumer preschte heran und schien sich seiner Beute nun sicher zu sein. Er konnte den Flugpanzer zwar immer noch nicht eindeutig lokalisieren, aber parallel mit der steigenden Türiebwerks leistung strahlten wir auch mehr Ener gie ab. Die gegnerischen Schüsse jagten in immer kürzerer Entfernung an uns vorbei. Im nächsten Moment war das feindli che Raumschiff über uns. Wie ein riesi ger Raubvogel und aus allen Rohren feuernd stürzte es auf uns herab - und wir taten genau das Gegenteil! Während der Kugelraumer auf den Planeten zuraste, entfernten wir uns von ihm mit allem, was unsere Gravo pulstriebwerke hergaben. 500 Kilome ter pro Sekundenquadrat bedeuteten, dass wir in genau 11,73 Millitontas zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit er reicht haben würden. Den Wert, den mir mein Extrasinn als optimal vorgegeben hatte. »Sie haben uns verloren!«, rief Altra triumphierend. Und tatsächlich, für ei nen Moment waren unsere Gegner of fenbar verwirrt. Kostbare Zeit ver strich, als sie mit einem Gewaltmanöver ihren Sturzflug in ein zielloses Gleiten über der Wasseroberfläche verwandel ten. Niemand an Bord schien damit ge rechnet zu haben, dass wir mit dem Shift eine Flucht in den freien Raum ris kierten, wo wir viel leichter zu orten wa ren. »Was ist mit den anderen drei Raum schiffen?«, fragte ich schnell. »Auf Kollisionskurs mit der TO
SOMA«, meldete Altra. »Ich messe erste Explosionen von Transformbomben an. Dort wird schwer gekämpft!« Ein schrilles Piepsen erklang. »Or tung! Jetzt haben sie uns!« Verbissen umklammerte er' die Kontrollen, wäh rend der Shift weiter beschleunigte. Das gegnerische Raumschiff wurde förmlich herumgerissen. In einem atem beraubend engen Bogen zog es ins All hoch, bis es in dieselbe Richtung wie wir flog. Auch dieses Manöver kostete wie der wertvolle Zeit, die uns zugute kam, doch schließlich beschleunigte die zwei hundert Meter durchmessende Stahlku gel mit doppelt so hohen Werten wie wir. Ihr müsst nur noch vier Millitontas durchhalten, meldete mein Extrasinn, Vier Millitontas! So wenig, und doch so viel, wenn es um das eigene Leben ging. Um uns herum stachen permanent die grellen Strahlenfinger des gegnerischen Beschüsses durchs All, aber immer noch wagten wir es nicht, denParatron zu ak tivieren. Sobald wir das taten, konnten uns die Arkoniden spielend leicht orten. Dann hätte es nur noch einer Trans formbombe bedurft, um uns aus dem Universum zu fegen. Also ttiussten wir so lange wie möglich unseren einzigen Trumpf ausreizen; den überragenden Ortungsschutz des Shifts. Im nächsten Moment war schon alles Vergangenheit, Ein dicker Energie strahl schoss so dicht an uns vorbei, dass die Antiortungssysteme für den Bruch teil einer Millitonta zusammenbrachen. Gleich darauf alarmierte uns ein ener gisches Piepsen, dass wir von den geg nerischen Systemen voll erf asst worden waren. »Paratron!«, rief ich und griff nach Lis Hand.
Zu spät!, schalt mich mein Extrasinn. Im gleichen Augenblick explodierte um uns herum der Weltraum. *
Igusen Kanarek tobte vor Wut. Er er trug es nicht, dass der fremde Pilot durch sein Können seine Besatzung bloßstellte. Der gegnerische Flugpanzer schaffte es immer wieder, ihnen ein Schnippchen zu schlagen und sich sei ner gerechten Strafe zu entziehen. Die Adern an Kanareks Mals waren dick wie Wasserschläuche, und seine Augen drohten aus den Höhlen zu quel len. Mit e'inem zornigen Aufschrei drosch er die Faust gegen eine Projekti onsfläche, die neben dem Kommandan tensessel befestigt war. Kanarek hatte wie selbstverständlich Teriweis Position eingenommen, ob wohl er von Raumfahrt nicht das Ge ringste verstand. Aber das war ihm egal. Er nahm an Bord den höchsten Rang ein. Ihm gebührte der Platz in der Mitte, kei.nem anderen sonst. Da kam die Meldung, auf die er ge wartet hatte. »Zielobjekt erfasst!«, rief der stellvertretende Kommandant. »Hab ich dich, du Abschaum Ar kons!« Igusen Kanarek sprang auf. Vor seinem geistigen Auge sah er Atlan, wie er verängstigt im Shift saß und auf den tödlichen Treffer wartete. Den sollte er bekommen, und zwar jetzt gleich. »Nehmt eine Transformbombe!«, brüllte Kanarek. »Ich will ein Feuer werk sehen, das diesem Mistkerl ge recht wird. Kein Gramm soll mehr von ihm übrig bleiben! Kein Gramm, hört ihr!« Die Besatzung hörte ihn. Das Ende des feindlichen Shifts war gekommen.
8.
In unmittelbarer Nähe des Schweren Jagdkreuzers explodierten mehrere Transformbomben. Der aktivierte Vir tuellbildner hatte die drei gegnerischen Schiffe zwar kurz ablenken können, aber dann hatten sie das echte Echo der TOSOMA erkannt und erbarmungslos zugeschlagen, »Der Shift ist in Bedrängnis!« Der Warnruf von Agüvlbeth Nir- Adar-Nalo Nilmalladah in. erreichte auch den hin tersten Winkel der Zentrale. »Wir müs sen das Manöver vorziehen, sonst wer den sie abgeschossen!« »So wie wir!«, rief Zuunarik. Der 2. Pilot bewies, warum Atlan so große Stücke auf ihn hielt, und steuerte die TOSOMA in einer unglaublich engen Parabel aus dem Schussfeld. »Unser Paratron ist immer noch defekt, ein gut gezieltef Schuss, und wir sind erledigt.« Khemo-Massai schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass es knapp wird. Aber At lans Plan funktioniert nur, wenn wir ihn bis ins kleinste Detail einhalten. Außer dem brauchen wir zwanzig Prozent Lichtgeschwindigkeit, sonst zerreißt es das Schiff. Noch drei Millitontas. Das überstehen wir!« Eine weitere Salve der heranrasenden Kampfschiffe erschütterte die TOSOMA und brachte die doppelt gestaffelten HÜ-Schirme gefährlich zum Flackern. Das Schiff wurde von den Ausläufern ei nes der Glutbälle erf asst, die vor ihr ent standen, durchstieß ihn jedoch unbe schadet. Cisoph Tonk schoss seinerseits aus allen acht Transformkanonen und zwang so die Gegner zu einem Kurs wechsel. Gleich darauf hatten sie sich schon wieder neu formiert. »Mach den Sprung deines Lebens,
Zuunarik!«, rief Khemo-Massai dem 2. Piloten zu. »Ich tue mein Bestes, drückt mir die Daumen.« Zuunariks Blicke hingen wie gebannt an der Zeitanzeige. »Drei, zwo, eins i- Sprung!« Die TOSOMA entmaterialisierte und sprang exakt zum abgesprochenen Zeitpunkt an die vereinbarten Koordi naten. Nur ein Drittel Millitonta später explodierten sechs Transformbomben an der Stelle, an der sie sich gerade noch befunden hatte. *
Die Besatzung der TOSOMA erfüllte ihren Auftrag - aber mit was für einer Präzision! Einen Wimpernschlag von uns entfernt fiel sie mit einer Wucht in den Einsteinraum zurück, die im Shift das Chaos ausbrechen ließ. »Dreißig lächerliche Kilometer Ab stand nach einem Sprung über mehrere Lichtminuten! Restfahrt wie bei uns exakt zehn Prozent Lichtgeschwindig keit.« In Altras Stimme schwang Hoch achtung mit. »Strukturerschütterungen höchsten Ausmaßes, Triebwerke kom plett ausgefallen, Ortungsschutz, Pa ratron und Druckabsorber gestört. Flugrichtung nicht mehr kontrollier bar!« »Sie halten sich nur an meine Anwei sungen!«, schrie ich über den Lärm hin weg. »Ich habe January dieselbe Ge schwindigkeit und denselben Flugvek tor vorgegeben wie dir, und zwar ent lang der Geraden zwischen der Sonne und Acharr. Vielleicht war ich bei den Koordinaten ein wenig zu genau. Dass es so eng werden würde, war jedenfalls nicht vorgesehen!« »Das nennst du eng? Zuunarik hätte
vor dem Sprung nur einmal zu husten brauchen, und die TOSOMA wäre auf unserem Schoß rematerialisiert!« »Agir-Ibeth Nir-Adar-Nalo Nilmal ladah der Dritte im Dienste aller Wit wen und Waisen!«, erklang über Funk plötzlich die Stinüne des Hasproners. »Festhalten!« Vier riesige Feuerbälle entstanden im All, aber nicht bei uns, sondern direkt vor dem anfliegenden Arkon-Raumer. Cisoph Tonk hatte das Überraschungs moment offenbar genutzt. Das feindliche Schiff wurde trotz so fortigen Gegensteuerns von einer der, Glutwolken schwer erschüttert. Eine halbe Millitonta später griffen starke Trakstorstrahlen nach dem führerlosen Shift und zerrten ihn mit Gewalt in eine sich öffnende Schleuse. Nicht einmal eine Dezitonta nach der Transition be fanden wir uns an Bord der TOSOMA. Während Altra den Shift fixierte, rannte ich bereits zur Schleuse. Ich ver ließ den Shift und durchquerte im Lauf schritt den bereits mit Atemluft geflu teten Hangar. Ehe ich mich versah, stürzte ich aus dem VEX-Lift in die Zentrale des Kreuzers. Khemo-Massai ignorierte mich ge nauso wie der Rest der Besatzung. Ein Blick auf die Panoramagalerie genügte, um den Grund zu kennen. Wir waren noch lange nicht in Sicherheit. Die drei Feindschiffe, die sich auf halbem Weg zwischen Acharr und der Sonne befan den, hatten ein Wendemanöver einge leitet und fast die nötige Sprungge schwindigkeit erreicht. Das vierte Schiff, unser Verfolger, hatte die Transformbomben heil über standen und war ebenfalls nicht gewillt aufzugeben. Verbissen beschleunigte es wieder mit Vollschub in unsere Rich
tung. Doch die Zeit lief ihm davon. Während es der 200-Meter-Raumer nur auf 1000, Kilometer pro Sekundenqua drat brachte, schaffte die kleinere TO SOMA ein Fünftel mehr. Algo brauchen wir fünf Millitontas, um von der Restfahrt auf minimale Sprunggeschwindigkeit zu kommen. Davon sind noch zwei Millitontas übrig, rechnete mein Logiksektor blitzschnell hoch. Dosmusste reichen. Cisoph Tonk bediente die Feuerorgel der TOSOMA geradezu virtuos. Jede Anweisung meinerseits war überflüssig. Ich konnte nur zusehen und staunen, mit welcher Präzision der Polynesier mit vier Transf ormbomben einen weite ren Sperrriegel zwischen uns und unse ren Verfolger setzte. Erneut musste die ser abdrehen, und wir hatten fast schon die Sprunggeschwindigkeit erreicht als direkt in unserer Flugbahn die drei anderen Arkonraumer rematerialisier ten! Ich hatte keine Ahnung, ob das so ge plant oder ein Versehen war. Für die TOSOMA jedenfalls hätte es normaler weise das Ende bedeutet. Wenn sie nicht eine so unglaubliche Besatzung gehabt hätte. »Kurs beibehalten! Weiter beschleu nigen!« Dieser eine Ruf von mir ge nügte, um die Frauen und Männer zu schier unglaublichen Leistungen anzu spornen. Während die drei Gegner sich noch orientieren mussten, zeigten Zuunarik und Cisoph Tonk ein Manöver, das ei nem Nome Tschato aus den seligen Zei ten der Mdl alle Ehre gemacht hätte. Unter Verwendung aller Reserven lenkte zunächst der Zahler die TO SOMA wie einen Kugelblitz mitten
durch die feindliche Formation. In die ser Zeit war für diese ein Schuss auf uns unmöglich, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. »Sprung!«, rief Zuunarik, als die TO SOMA im nächsten Moment die magi schen sechzigtausend Kilometer pro Sekunde erreicht hatte. Bevor unsere Gegnerreagieren konnten, verschwand das System von Acharr von unseren Or tern. *
Totenstille herrschte in der Zentrale. Nichts war zu hören außer dem regel mäßigen Piepsen der Orter, das besagte, dass das Sonnensystem nun leer war. Bis auf die vier eigenen Raumschiffe natürlich, aber die zählten nicht. Der kleine, untersetzte Mann wusste, wann er verloren hatte, und genau jetzt war es so weit. Das Schiff, in dem die Person saß, de ren Tod ihn zu einem da gemacht hätte, war verschwunden. Untergetaucht in den undurchdringlichen Weiten des Kugelsternhaufens. Er würde ihn nie mehr finden können. Igusen Kanarek hatte versagt, und dieses Versagen brannte in ihm wie Schwefelsäure. Er räusperte sich. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und baute die Verbindung auf, von der er bis vor kur zem gedacht hatte, dass sie sein Leben zum Guten wenden würde. Bruchteile von,Millitontas später sah er in das Ge sicht des Mannes, der ihn hierher ge schickt hatte. Wenige wortlose Blicke genügten, dann wusste sein Auftraggeber, dass Kanarek gescheitert war. Die hageren Züge entgleisten. Aber schon im nächs ten Moment war er wieder ganz der
Mann, der das Kristallimperium aus den Angeln heben wollte. »Komm zurück!«, befahl er hart. »Ich will dich morgen bei mir sehen.« Das Holo erlosch, und Igusen Kanarek war allein mit seinen Ängsten. Und mit ei ner Besatzung, die ihn hasste, weil er ihren Kommandanten getötet hatte. Wie Nadelstiche spürte er ihre erwar tungsvollen Blicke. Alle in der Zentrale schienen den Atem anzuhalten und auf seine Reaktion zu lauern. Eine Reak tion, die für einen Mann mit seinen Am bitionen nur so aussehen konnte, wie es der Ehrenkodex eines Adligen vor schrieb. Igusen Kanarek zog seinen Strahler. Schwer wog er in der Hand viel schwe rer als unten auf Acharr, wo er sich noch so sicher gewesen war, dass er den lang ersehnten Erfolg bald haben würde. Sein Auftraggeber hatte Recht behal ten, indem er ein zweites Kommando ausgesandt hatte, auch wenn es eben falls gescheitert war. Kanarek entsicherte den Strahler und stellte ihn auf breiteste Streuung. Zitternd hob er die Waffe und suchte an seinem Kopf die Stelle, wo er den schnellsten Tod vermutete. Die letzte Chance zur Rettung seiner beschmutz ten Ehre lag jetzt in seiner eigenen Hand. Die Blicke der Besatzung verrieten Genugtuung. Kanarek konnte förmlich spüren, wie sie auf den Schuss hofften, der, sie von seiner Anwesenheit erlöste. Diese dreckigen, nichtswürdigen Krea turen warten tatsachlich auf meinen Tod! Kanarek senkte den Strahler wieder. Nein, er würde ihnen den Gefallennicht tun! Er würde stattdessen zu seinem Auftraggeber zurückkehren und sich
dessen Urteil stellen. Wenn es eine Ge rechtigkeit gab, dann würde er begrei-, fen, dass die Schuld für den Misserfolg nicht bei Igusen Kanarek lag, sondern bei der Besatzung, die sich hatte über tölpeln lassen. Mit entschlossener Miene stand Igu sen Kanarek auf und steckte den Strah ler in das Holster zurück. Es gibt viel zu tun für einen Mann meines Formats, dachte er mit zurückkehrendem Selbst bewusstsein. Am besten würde er die Zeit' bis zur Ankunft in seiner Kabine mit dem Entwurf neuer Strategien für seine Karriere verbringen. Oder viel leicht auch mit Orbton Madleda, die si cher nichts gegen weitere Anweisungen einzuwenden hatte. Wenigstens noch einmal ein paar Tontas vom großen Glück träumen, bei vor ihn die Wirklichkeit einholte. Ka narek lächelte versonnen, als er die Zentrale verließ, Die enttäuschten Blicke der Besat-, zung erfüllten ihn mit Stolz und Häme. *
Tropf, tropf, tropf .
Donnergrollen am Horizont. Ir-. gendwo in der Nähe brüllte ein riesiges Raubtier. In dem Moment, als er auf wachte, ahnte der Swoon, dass er heute. sterben würde. Weddrin spürte es ganz deutlich. Es ging ihm schlecht, jede Faser seinesKörpers schmerzte. Das Letzte, woran er Sich erinnern konnte, war der helle Blitz, mit dem sein Triple-Jet explodiert. war. Der plötzlich aufgetauchte Shift hatte einen von ihnen nach dem ande ren fertig gemacht. Erst Nedir, dann. Leuff, schließlich ihn. Wenn es nicht seine erste Niederlage gewesen wäre
hätte Weddrin den fremden Kanonier für seine Zielsicherheit bewundert.
Tropf, tropf, tropf. Etwas stimmte nicht. Seine. linke Körperhälfte fühlte sich seltsam taub an. Als Weddrin sich zur Seite drehte, erkannte er die Ursache des Geräu sches. Einer seiner vier Arme fehlte. Leise blubberte das Blut aus den Arte rien und fiel auf das große Blatt, auf dem er lag. Fasziniert verfolgte der Swoon, wie die Flüssigkeit von dort weiter auf den Dschungelboden tropfte und darin ver sickerte. Ein schönes Bild, dachte der Swoon. Schön und bedrohlich zugleich. Wenn seine beiden Partner nicht über lebt hatten und ihm-nicht bald zu Hilfe kamen, musste er tatsächlich mit dem Schlimmsten rechnen. Mit seinem Tod. Weddrin versuchte sich aufzurichten. Aber mehr als ein lautes Stöhnen -brachte er nicht zustande. »Nedir, mein Freund! Leuff!« Seine Stimme war nur ein Haiich. Niemand konnte ihn hier hören, obwohl der Dschungel eigenar tig still war - entsetzlich still. Da begann das Blatt, auf dem Weddrin lag, sich plötzlich zu bewegen. Endlich! Eine unglaubliche Erleich terung machte sich in ihm breit. Sie ha ben mich gefunden und bringen mich mit einem Traktorstrahl in Sicherheit. Vielleicht, so hoffte der Swoon, finden sie ja auch meinen Arm, und man kann ihn noch retten. Plötzlich kippte das Blatt zur Seite weg, und Weddrin rollte unkontrolliert auf den Dschungelboden, »Nedir, ver dammt!«, stöhnte er. Die offene Wunde brannte jetzt höllisch, bestimmt war sie Voller Schmutz und Krankheitserreger. Hatte sein Partner den Verstand verlo ren?
Ein leises Rascheln erklang. Der Swoon blickte zur Seite und sah eine Wurzel. Sofort begriff er, dass es sich nicht um ein normales Gewächs handeln konnte, denn die Wurzel bewegte sich. Sie ragte genau dort aus dem Boden, wo sein Blut Versickert war. In kleinen Pendelbewegungen suchte sie die Erde ab, wobei sie dem blutgetränkten Fleck besondere Aufmerksamkeit schenkte. Mehrmals berührte sie ihn, geradeso, als schnupperte oder leckte sie daran. Dann wandte die Wurzel sich zu Weddrin und schaute ihn an! Jedenfalls hatte er das Gefühl, dass sie ihn anschaute. Die Öffnung an ihrem oberen Ende war genau auf ihn gerich tet. Nach wenigen Augenblicken, die Weddrin wie eine Ewigkeit vorkamen, schob sie sich wie von unsichtbarer Hand aus dem feuchten Untergrund, bis sie nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt war. Neugierig - ja, neugierig!, dachte Weddrin - unterzog sie anschlie ßend jeden Quadratzentimeter des klei nen Swoon-Körpers einer genauen Un tersuchung. Dem Auftragskiller lief ein Schauer über den Rücken, als das merk würdige Etwas ihm für einen Moment genau in die Augen starrte. Als die Wurzel schließlich seine Wunde erblickte, erstarrte sie mitten in der Bewegung. Millitontas lang ver harrte sie so, dann näherte sie sich lang sam dem Blubbern der Arterie. Interes siert betrachtete sie, wie mit jedem Schlag von Weddrins kleinem Herzen mehr Blut auf dem Dschungelboden landete. Als sie nur noch Millimeter von der Wunde entfernt war, wurde sie plötzlich von einem Schwall Blut be spritzt, und Weddrin konnte sehen, wie mehrere Tropfen in das Loch an ihrem Ende hineinliefen.
Ein heftiges Zittern durchlief die Wurzel. Wenn Weddrin nicht sicher ge wesen wäre, dass es sich um eine Pflanze handelte, hätte er geglaubt, es mit ei nem intelligenten Wesen zu tun zu ha ben. Die Wurzel wirkte auf ihn jetzt ge radezu erregt. Auf einmal kam Leben in den Dschungel. Wie aus dem Nichts schös sen weitere Wurzeln aus dem Boden und umringten Weddrin wie eine Wand. Mehrere schoben sich unter und über seinen Körper und bildeten so einen en gen Käfig. »Nedir! Leuff!«, schrie der Swoon. »Helft mir!« Doch niemand antwortete ihm. / Als Weddrin sich zur Seite drehte, sah er, wie sich eine der Wurzeln gerade um seinen Armstumpf wickelte. Mit sanfter Gewalt drückte sie ihn ab und brachte die Blutung zum Stillstand. Anschlie ßend setzte sich die Höhle mitsamt ihm und der Leben rettenden Wurzel in Be wegung. Weddrin verfolgte, wie er eine große Strecke durch den Dschungel transpor tiert wurde. Umgestürzte Bäume und andere Hindernisse wurden von seinen seltsamen Trägern einfach beiseite ge räumt, bis er auf einer Lichtung zum Stillstand kam. Sofort drang dem Swoon ein widerli cher Aasgeruch in die Nase. Durch das Wurzelwerk hindurch sah er einen un glaublich dicken, merkwürdig ausse henden Baum, der zwar viele Äste, aber keine Blätter hatte. Zwischen den Ästen hingen Gegenstände verschiede ner Größe, die er jedoch nicht zu iden tifizieren vermochte. Plötzlich beugten sich zwei der Äste herab. Die Wurzeln zogen sich zurück, dafür umschlossen ihn nun die Zweige.
Wie in einem Lift wurde er in die Höhe gehoben, bis er sich irgendwo in der Mitte des Wipfels befand. Keine Milli tonta später tauchte eine weitere Wur zel vor seinem Gesicht auf und schob sich, bevor er zu einer Reaktion fähig gewesen wäre, tief in seinen Rachen. In stinktiv wollte der Swoon sie ausspu cken und sich zur Seite drehen, doch das Nest aus Zweigen umklammerte ihn eisern. Eine süße Flüssigkeit strömte in sei nen Rachen. Weddrin erkannte, dass es sich um eine Art Nährstofflösung han deln musste. Als er die Zähne zusam menbiss und dabei die Wurzel berührte, hörte die Zufuhr sofort auf als er den Kiefer wieder öffnete, begann sie von neuem. Heiliges Swoofon!, dachte Weddrin fassungslos. Will mich dieses Ding etwa retten? Neue Hoffnung keimte in ihm auf. Wenn ihn die Pflanze ernährte und die Wunde abdrückte, bis sie verheilt war, würde er vielleicht doch überleben! Doch er irrte sich. Als er nach einigen Stunden wieder einigermaßen zu Kräf-• ten gekommen war, schob sich eine dritte Wurzel in das Geflecht aus Zwei gen. Zielsicher hielt sie auf Weddrins inzwischen teilweise verkrustete Wun de zu - und schoss mit einer blitzschnel len Bewegung mitten in seine verletzte Arterie! Der Schrei des Swoon war lang und schrill. Die Schmerzen, die er jetzt verr spürte, waren die schlimmsten seines Lebens, aber nicht halb so schrecklich wie die Kälte, die ihn plötzlich durch strömte. Mit seltsamer Klarheit spürte er, wie die eine Wurzel die Umklamme rung seines Armstumpfs löste und die andere das ausströmende Blut in sich aufnahm. Nur einige Herzschläge lang
saugte sie an ihm, dann wurde die Blu tung wieder abgeklemmt. Weddrin hatte den Eindruck gehabt, als wären es Jahre gewesen. In seiner Verzweiflung warf der Swoon irre Blicke in die Runde. Viel leicht fand er ja irgendwo etwas, das ihn aus der tödlichen Situation, in der er sich befand, befreite. Vielleicht gab es eine Möglichkeit, wie'er ... Sein Blick blieb an einem der vielen merkwürdigen Objekte hängen, die sich mit ihm im Baumwipfel befanden. Das letzte bisschen Hoffnung platzte wie eine Seifenblase. Der Gegenstand war wie er in ein dichtes Gewirr aus Wur zeln und Zweigen eingewickelt. Er war auch ungefähr so groß wie Weddrin. Und genauso grün. Weddrin würgte seinen gesamten Mageninhalt meinem einzigen Schwall hoch, als er Nedir erkannte. Sein Part ner war ebenfalls gefangen. Weddrin zwang sich, nicht zu Nedir zu sehen, weil er so sein eigenes Leid,erblickt hätte. Also betrachtete er das Ob jekt daneben und entdeckte Leuff. Ihre Anführerin hing reglos zwischen den blattlosen Zweigen, wo gleich mehrere Wurzeln sie durchbohrten. Als Weddrin plötzlich heftigen Durst bekam, sich etwas in seinen Schlund bohrte und ihm wieder Nährflüssigkeit aus der Wurzel zugeführt wurde, be gann der Swoon zu ahnen, dass ihm eine grausame Zeit bevorstand. Eine endlos lange und sehr grausame Zeit.
9, 25. Februar 1225 NGZ,
Schwerer Jagdkreuzer TOSOMA
Zerwühlte Wäsche auf unserem Bett.
Das Keuchen zweier Leiber nach ge nussvollen Tontas. Eine unglaubliche Frau an meiner Seite. Ja, das Leben eines Unsterblichen konnte durchaus auch seine schönen Seiten habe». Wenigstens manchmal, wenn kein waghalsiger Auftrag oder mein Läster sinn mich störten. Li da Zoltral und ich hatten in den letzten Tontas alles gegeben, um even tuell noch bestehende Reste unseres Zerwürfnisses von Othmura zu beseiti gen. Wir hatten beide den Eindruck, dass wir dabei recht erfolgreich gewe sen waren, jedenfalls fühlten wir uns, abgesehen von unseren heftig pochen den Herzen, rundum gut und dachten nur noch an unsere gemeinsame Zu kunft. Und an die letzten paar Tontas natürlich. »Ich habe etwas für dich.« Behutsam griff ich unter das Bett, wo ich mein Ge schenk für sie aufbewahrt hatte, und hielt es ihr vor das Gesicht. »Eine Rose!« Li schnupperte an der leuchtend roten Blüte und lächelte er freut. »Willst du mir etwa weismachen, dass du an Bord der TOSOMA welche züchtest?« »Nicht ganz. Ich habe sie von Dagu rays Grab mitgenommen. Eine roman tische Anwandlung. Auf einem Plane ten, auf dem ich mich vor Jahren einige Zeit aufhielt, waren Rosen die Blumen der Liebe. Nachdem mir Zanargun Da gurays Lebensgeschichte erzählt hat, bereue ich meinen Diebstahl allerdings fast schon wieder.« Zärtlich legte Li die Rose auf den Nachttisch und presste sich an mich. »Ganz schön verrückt.« »Was?«
»Das mit uns. Vor ein paar Tagen war ich noch so verunsichert, und jetzt ... Puh!« »Was war vor ein paar Tagen? Ich kann mich nicht mehr erinnern.« Liebe voll knetete ich eine ihrer kleinen har ten Brüste. Oh ja, mein Leben konnte wirklich schön sein! »Stell dich nicht dumm. Ich meine die Sache mit Altra.« »Altra? Wer ist Altra?« Albernes Kichern war die Folge. »Quatschkopf. Das ist der Kerl, an den du in letzter Zeit ununterbrochen ge dacht und mit dem du dich ständig ver glichen hast. Ich kenne euch Männer doch! Ihr steht doch standig im Wettbe werb mit allen anderen.« »Immer diese Vorurteile. Ich hoffe, du fängst jetzt nicht auch noch an, Noten zu verteilen.« »Hab ich es nicht gesagt? Aber gut, in welcher Maßeinheit hättest du die Lob hudelei auf deine intergalaktischen Fä higkeiten denn gern?« »Lass uns lieber den Wein verglei chen. Da kommst du bei einer falschen Bewertung nicht so schnell in Verlegen heit.« Neben uns standen zwei Flaschen Nettoruna, die ich vorsorglich bereitge stellt hatte. Mit den Jahrtausenden be kam man Erfahrung darin, wie das Am biente einer Liebesnacht auszusehen hatte, und ein Nettoruna passte ganz hervorragend. Ich schenkte jedem von uns zwei Gläser ein, je eines vom 1156er und eines vom 1161er. Dann stießen wir an. Auf unser Glück, Auf unsere Liebe, Auf das Schicksal, das uns zusammen geführt hatte. Lis rubinrote Augen funkelten wie gleißende Sonnen vom Spektraltyp Hingabe, und ich war fasziniert von der
unglaublichen Wärme, die sie aus strahlten. »Mmmh, ein edler Tropfen«, raunte ich, »Auf Arkon versteht man etwas vom Weinbau.« »Dito! Selten so etwas Hervorragen des getrunken.« Ihr keckes Lächeln trieb mir fast die Schamesröte ins Ge sicht. Wir tauschten die Gläser und stellten fest, dass der 1161er ebenfalls exzellent schmeckte. Beide Weine waren zwar völlig unterschiedlich, aber dennoch absolut gleichwertig. Ein Nettoruna eben. Es gab ihn nur auf Arkon I, wo er. im Süden Laktranors, des Äquatorial kontinents der Kristallwelt, angebaut wurde. Mir ging unsere erste Begegnung durch den Sinn, mein Besuch auf der Museumsinsel, als ich Lis Einladung gefolgt war ... der Überfall... der Baub des Krish'un ... die Spuren, die Epetran in Omega Centauri hinterlassen hatte... und nicht zuletzt die Killer, die hinter uns her gewesen waren. Nie hätte ich gedacht, dass es sich ausgerechnet um Swoon handelte. Aber sie waren nur ausführende Organe gewesen. »Dir ist klar, dass deine Familie in die Vorgänge verwickelt ist?«, sagte ich. »Die Anwesenheit des Arkoniden aus Crest-Tharos Umgebung auf Acharr lässt keinen anderen Schluss mehr zu. Das Oberhaupt meines Khasurns treibt Dinge, die es aufzudecken gilt. Ich hoffe, du glaubst mir, dass ich keine Ah nung davon hatte.« »Ich habe nicht die geringsten Zwei fel an dir.« Das stimmte sogar, obwohl mir ihre seltsamen Aussetzer und Visio-r nen immer mehr zu denken gaben, »Es fragt sich nur, wo wir am besten anset zen sollen.«
»Die da Zoltrals müssen eine Basis in diesem Kugelsternhaufen haben. Die vier Schiffe sind jedenfalls nicht eben mal von Arkon hierher geflogen, sie lau erten in einem Hangar auf uns. Ich gehe davon aus, dass sie innerhalb Omega Centauris losgeschickt wurden. Nur so konnten sie schon lange vor uns auf Acharr sein.« »Was schlägst du also vor?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits kannte. »Wir müssen uns in den drei Reichen umsehen, die hier von Lemurer-Abkömmlingen gegründet wurden. Die Auswertung der Funkgespräche hat ge nügend Hinweise gegeben, wo sie lie gen. Wenn Crest-Tharo logisch denkt, dann wird-er sich bei den schwierigen Verhältnissen in Omega Centauri Ver bündete gesucht haben. Und zwar be stimmt keine Mograks.« Vorsicht!, meldete sich mein Extra sinn. So wahrscheinlich diese Vorge hensweise eurer Gegner ist, so gefähr lich ist sie auch für euch. Ihr begebt euch in die Höhle des Löwen! Sollen wir besser umdrehen und nach Hause fliegen?, wandte ich höhnisch ein. Ihr wisst noch viel zu wenig, um euch hier irgendwo sicher fühlen zu können. Ihr dürft euch auf keinen Fall zum wich tigsten der drei Reiche begeben. Viel leicht hat es seine Bedeutung nur auf grund einer Einmischung von außen er reicht. Richte dich nach den bekannten Ergebnissen der Ortung, aber wähle nicht die Nummer eins! Ich gab Li einen Kuss auf ihren ver führerischen Mund, dann rief ich: »In terkom zur Zentrale, aber ohne Holo!« Die Verbindung stand innerhalb kür zester Zeit.
»Was gibt's, Patenonkel? Warum so geheimnisvoll?« Altras Stimme klang völlig normal und genauso, wie sie vor den Exzessen auf Orthmura geklungen hatte. Anseheinend war wirklich alles wieder in bester Ordnung, und wir konnten wieder normal miteinander umgehen. »Meine neidische Miene würde euch nur den Spaß verderben. Bestimmt sitzt ihr doch alle beieinander und feiert eu ren Husarenritt.« »Worauf du dich verlassen kannst! Ci soph Tonk macht Armdrücken mit AgirIbeth, und Zuunarik spielt Schiedsrich ter, Es werden noch Wetten angenom men - wenn du also möchtest...« »Nein danke!«, lehnte ich lachend ab. »Wenn Tonk versagt, muss ich unseren Kleinen vielleicht noch länger mit sei nem vollen Namen ansprechen. Aber damit ihr wieder etwas Ordentliches zu tun bekommt, habe ich ein neues Ziel festgelegt, das ihr, wenn es eure kost bare Zeit erlaubt, mit der TOSOMA an steuern sollt.« Altra wurde sofort hellhörig. »Wohin soll's denn gehen?« »Berechne den Kurs zum Tamanium Shahan. Ich will so.schnell wie möglich dort sein.« Ich unterbrach die Verbin dung, bevor Altra mich länger von Li abhalten konnte. »Sagtest du eben so schnell wie mög lich?« Lis Ohren waren offenbar keinen Deut schlechter als ihre Fähigkeiten, mich mif ihren vollendeten Formen in den Wahnsinn zu treiben. »Keine Bange, uns bleiben noch über einhundert Lichtjahre«, sagte ich lä chelnd. »Dafür werden wir wegen der hyperphysikalischen Verhältnisse in Omega Centauri mindestens einen gan zen Tag benötigen.«
»Ein Tag? Und du glaubst, das reicht, um mich zufrieden zu stellen? Du scheinst tatsächlich langsam alt zu werden.
Vielleicht sollte ich mir doch einen jüngeren...« , Mit sanfter Gewalt zog ich ihren durchtrainierten Körper an mich.
ENDE
Atlan ist es tatsächlich gelungen, sich auf der Tabuwelt Acharr zu einer Station der alten Lemurer durchzuschlagen und wertvolle Informationen zu sammeln. Nicht einmal ein Killerkommando der Swoon konnte ihn davon abhalten. Sein nächstes Ziel ist das Tamanium Shahan, ein lemurisches Reich, in dem gespenstische Psycho spiele auf ihn tcarten. FRAGMENTE DER EWIGKEIT So lautet der Titel des nächsten Bandes, der in vierzehn Tagen erscheint. Als Verfasser.zeichnet PERRY RHODAN-Autor Hubert Haensel. ,
Atian - erscheint zweiwöchentlich m der Pabel-Moewig Verlag KG, 76437 Rastatt. Internet: www.vpm-online.de. Redaktion: Sabine Kropp, Postfach 2352, 76413 Rastatt. TiteliUustration: Ertugrul Edirne. Druck: Pabel-Moewig Verlag KG, 76437 Rastatt. Vertrieb: VU Verlagsunion KG, 65396 Walluf, Postlach 5707, 65047 Wiesbaden, Tel.: 06123/620-0. Marketing: Klaus Bollhöfener. Anzeigenleitung: Pabel-Moewig Verlag KG, 76437 Rastatt. Anzeigenleiter und verantwortlich: Rainer Groß. Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 28. Unsere Romanserien dürfen in Leihbüchereien nicht verliehen und nicht zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden; der Wiederverkauf ist verboten. Alleinvertrieb und Auslieferung in Österreich: Pressegroßvertrieb Salzburg Gesellschaft m.b.H., Niederalm 300, A-5081 Anrf. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie gewerbsmäßige Weiterverbreitung in Lesezirkeln nur mit vorheriger Zustimmung des Verlages. Für unverlangte Manuskript sendungen wird keine Gewähr übernommen. Prmted in Germany. Februar 2003. Internet: http://wym.Perry-Rhodan.mt und E-Mail: maiiePerry-Rhodan.net Einzelheft-Nachbestellungen richten Sia bitte an:TRANSGALAXIS-Buchvereand, Postfach 1127,61362 Friedrichsdorf/ Taunus. Lieferung erfolgt gegen Vorauskame (zuzügl. € 3,- Vereandkosten, Ausland € 5,50) oder per Nachnahme (zuzügl.€ 5,50 Vereandkosten). <