Das Echo des Alls Kurt Brand
Ren Dhark Band Nr. 90 Version 1.0
Die POINT OF und die beiden Ringraumer Larsens und Sza...
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Das Echo des Alls Kurt Brand
Ren Dhark Band Nr. 90 Version 1.0
Die POINT OF und die beiden Ringraumer Larsens und Szardaks sind mit Hilfe der Nogks aus dem Universum der Zeitlosen entkommen. Erst jetzt erfährt der Commander, in welcher großen Gefahr er sich befunden hatte. Endlich sieht die Besatzung der POINT OF ihren blauen Heimatplaneten Terra wieder, und die Männer staunen nur, als sie erfahren, was bisher alles geschehen ist. Die Terraner waren in den Weltraum aufgebrochen. Hunderttausend und mehr Menschen verlassen Tag für Tag die übervölkerte Erde, um geeignete Planeten in der Milchstraße zu besiedeln. Henner Trawisheim hatte sich zu diesem Schritt entschlossen, weil die Gefahr aus dem Raum immer größeres Ausmaß annahm und die Menschheit ihre Überlebenschancen nur vergrößern konnte, wenn sie sich über viele Planeten in der Heimatgalaxis verteilte. Schon taucht auch eine der unheimlichen schwarzen Stationen, die den Utaren eine beinahe vernichtende Niederlage beibrachten, über Cent Field auf, kann aber noch rechtzeitig zerstört werden. Ren Dhark, kaum wieder auf Terra, muß schon bald wieder starten, um sich abermals mit den schwarzen Weißen auseinanderzusetzen, die einen terranischen Forschungsraumer angegriffen haben.
4. August 2058 Gespeicherter Bericht von Mike Doraner, Flash-Pilot der POINT OF. Ich bin auch heute noch nicht in der Lage, den Vibrationsangriff der Tels zu schildern, und wenn ich mich daran erinnere, wird mir abwechselnd kalt und warm, und maßlose Wut kommt in mir hoch. Aber ich soll ja einen sachlichen Bericht abgeben, der frei von Emotionen ist, und ich will mich bemühen, dieser Forderung des Commanders nachzukommen. Als ich mein Bewußtsein wiedererlangte, umgab mich grünes Schimmern. Dieser Vorgang hatte die Dauer eines Augenblicks. Mir wurde keine Zeit gegeben, mich zu orientieren. Erneut verlor ich das Bewußtsein und dämmerte dahin. Dabei erlebte ich etwas Eigenartiges, das schwer zu beschreiben ist. Neben der Leere machte sich Kälte in meinem Körper breit. Der Eindruck, mein Gehirn würde vereist, hat sich fest in mein Unterbewußtsein eingebrannt. Ich kann nicht sagen, wie lange dieser Zustand dauerte. Wenn auch das Gefühl der Kälte blieb, so löste es kein Unbehagen aus. Ich möchte sogar behaupten, daß ich mich in einem neutralen Zustand befand, der alle meine Körperfunktionen stillgelegt hatte. Nach Rücksprache mit meinen Kameraden fällt es mir nicht mehr schwer, die Behauptung aufzustellen, daß ein fremder Stoft durch meine Poren in den Körper drang. Ich habe es einmal, als Glenn Morris und ich strahlverseucht und unrettbar verloren waren, Es genannt. Dabei möchte ich bleiben. Es, das Gallertwesen, drang ein. Es war Überall in mir, und Es überlagerte mein Ich. Ich wurde ein Teil meiner selbst, und in diesem Stadium verschwanden Leere und Kälte, aus meinem Körper. Mein Bericht muß sich dürftig anhören, aber wer kann schon eine exakte Darstellung liefern, der nur auf sein Wissen aus dem Unterbewußtsein angewiesen ist? Unmerklich veränderte sich mein neutraler Zustand, und ebenso unmerklich verschwand Es aus meinem Körper. Zum zweitenmal sah
ich das grüne Schimmern, und plötzlich kam es mir bekannt und vertraut vor. Ich war bei Ihm! Ich war bei Ihm schon einmal gewesen — Glenn Morris und ich. Plötzlich sprach Es mit mir, doch sein Sprechen kann ich nicht definieren, und wie beim erstenmal zeigte Es mir, wie ich ausgesehen hatte, bevor Es mich vom Seeufer zu sich holte. Nur konnte ich darüber nicht erschrecken. Mich wunderte ebenfalls nicht, daß ich nicht allein bei Ihm war. Alle, die wir den Flash-Einsatz in die beiden Tel-Schiffe geflogen hatten, sah ich neben mir liegen. Um uns herum schimmerte es grün. Der Hohlraum dehnte sich unmerklich aus; die Luftblase wurde größer; die Luft, die wir atmeten, war von einer herben Frische, doch niemand verspürte Lust, sich zu erheben oder auch nur ein Wort zu sagen. Wahrscheinlich habe ich nicht einmal ein Fingerglied bewegt. Wie lange wir bei Ihm waren, weiß der Commander besser als wir. Zeitlos zufrieden zu sein, ist ein unbeschreiblicher Zustand, den man öfter erleben möchte. Wahrscheinlich benötigte auch mein Körper diese Zufriedenheit, um den durch Es eingeleiteten Heilungsprozeß folgenlos durchzuführen. Bewegung, verspürten wir nicht; das Gefühl, eingesperrt zu sein, oder der Gedanke, daß wir uns in einer Luftblase, eingebettet in ein Gallertwesen, auf dem Grund eines Sees befanden, kam weder mir noch einem anderen von uns. Als sich über uns die grüne, schimmernde Decke öffnete und wir einen Himmel über uns sahen, erhoben wir uns. Nicht weit entfernt lag die gelandete POINT OF. Wir sahen plötzlich den Commander und einige Ärzte in der geöffneten Schleuse stehen. Nacheinander gingen wir an Land. Es machte sich nicht mehr bemerkbar. Es zog sich zurück und verschwand wieder in seinem Lebensbereich. Das ist mein Bericht zu dem Vorgang auf dem Planeten Hide-out. Gesprochen und gespeichert am 4. August 2058, an Bord der POINT OF. Mike Doraner, Flash-Pilot
* Medo-Station. Folien-Notiz; gleichzeitig Speicherung an den Checkmaster; Mike Doraners Versuch, uns zu schildern, auf welchem Weg die irreparablen Hirnschäden beseitigt wurden, ist mißlungen. Er ist in keinem einzigen Punkt in der Lage gewesen, die von Ihm vorgenommene Therapie zu beschreiben. Vom Standpunkt des Mediziners aus gibt es für diesen Vorfall keine Deutung. Unsere sehr sorgfältig durchgeführten Untersuchungen haben nur ergeben, daß das Große und Kleine Gehirnstrom-Muster der Flash-Piloten eine auffallende, aber wiederum nicht erklärbare Stärkung erfahren haben. 4. August 2058 Maitskill, Hanfstick, Tschobe, Mediziner der Medo-Station der PO. * Hide-out, die merkurgroße Sauerstoffwelt, auf der das Gallertwesen zu Haus war, lag hinter dem Ringraumer, der mit immer höher jagenden Beschleunigungswerten in das All raste. Nur 3740 Lichtjahre lagen zwischen diesem Planeten und Hope, das einmal für 50 000 terranische Kolonisten die neue Heimat gewesen war. Aber weder Commander Ren Dhark noch sein Freund Dan Riker dachten an Hope. Ihnen machten die paralysierten Tels in den beiden schwerbeschädigten Doppelkugelraumern Sorge, und vor allen Dingen ein Wer Sarnr, mit dem Dhark eine Vereinbarung getroffen hatte, die er unter allen Umständen einhalten wollte. Die Ärzte der Medo-Station hatten den wiederhergestellten FlashPiloten empfohlen, Bettruhe einzuhalten, aber die hatten nur schallend gelacht und auf ihren Befund hingewiesen, der eindeutig aussagte, daß sie kerngesund seien — ja, daß sie gerade vor Gesundheit strotzten. Die Funk-Z lauschte mit tausend Ohren den Hyperfunkbereich ab. Vor Esmaladan hatte mit einem unsichtbaren Gegner eine Raumschlacht stattgefunden? Sämtliche Transtnitter-Straßen waren für eine Zeitlang alle ausgeschaltet gewesen, und die Werften auf Dockyard hatten stillgelegen? Von den vermißten Cyborgs, Shanton und Jos immer noch keine Spur? Auch die Giants waren nach wie vor verschwunden?
Elis Yogan unterrichtete den Commander. „Es wird höchste Zeit, daß wir nach Terra zurückkommen." Mehr hatte er dazu nicht zu sagen. Dann ging die POINT OF in Transition, Nach dem dritten Sprung stand sie 145 000 Kilometer über dem Ziel. „Dhark, wir können nicht landen. Dieser Wer Fre Sarnr mit seiner Flotte ist neben den beiden beschädigten Tel-Schiffen gelandet." Ren Dhark beugte sich vor. Die Verbindung zur Funk-Z stand sofort. „Rufen Sie über unseren Translator Wer Sarnr an und erinnern Sie ihn an unsere Vereinbarung!" Dann hätte er den beiden Chefs der Waffensteuerungen etwas zu sagen. In der Kommando-Zentrale horchte man auf. Die beiden Offiziere, die auf der Galerie ihren Dienst verrichteten, starrten zu ihm herunter. Der Commahder hatte den Waffensteuerungen höchste Alarmbereitschaft befohlen. »Mix 3 einsetzen, falls erforderlich, und wenn alles nicht hilft, dann benutze ich das Hy-Kon." Riker war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. „Gehst du nicht zu scharf vor, Ren? Willst du dich nicht erst einmal erkundigen, was den Wer veranlaßt haben könnte, seine Vereinbarung nicht zu ..." Achtzehn Doppelkugelraumer der Tels jagten im Alarmstart hoch. „Hy-Kon!" „Großer Himmel..." Dan versuchte ihn abzuhalten, diese Waffe gegen die Schiffe der Tels einzusetzen, aber da hatte Dhark schon die Kettenschaltung vorgenommen. Einleiung von Stufe l! Achtundzwanzig neue Schaltpositionen! Abruf! Achtzehn Kugelraumer der schwarzen Weißen rasten ihnen entgegen. Im Start verteilten sie sich. Eindeutig war über die Bildkugel zu erkennen, daß sie einen Zangenangriff vornehmen wollten. Ren Dhark warf dem Chrono der Zentrale einen gelassenen Blick zu.
X kam! Der nachtschwarze Raum, in dem sich eine Sauerstoffwelt um ihre GO-Sonne drehte, wurde von opalisierendem Licht aufgerissen. „Dhark, der Wer antwortet auf unseren Ruf nicht!" gab Morris aus der Funk-Z durch. Das opalisierende Licht bildete einen Ring, der durch sechs schmale dunkle Bahnen siebenfach unterteilt war. Der Ring flog mit den Tel-Schiffen! Die POINT OF stand im freien Fall. Jetzt ist es soweit! dachte Ren Dhark, und er wunderte sich, wie wenig ihm das alles ausmachte. Im Unterbewußtsein hatte er fest damit gerechnet, daß der Wer die Vereinbarung brechen würde. Da schillerten plötzlich alle achtzehn Tel-Schiffe in der Farbe des Opals! Unwirklichei Glanz hüllte die Raumriesen ein. Unwillkürlich hielten die Männer in der POINT OF wieder den Atem an. Jedesmal, wenn das Hy-Kon eingesetzt wurde, erfaßte sie das Grauen, denn nach dem Opalisierenden kam das Nichts, das alles verschlang, was gerade noch geschillert hatte. Das Hy-Kon trat ins dritte Stadium! 21 000 Kilometer über dem Sauerstoffplaneten griff es zu. Der Abgrund tat sich auf, der als undefinierbares Nichts die Schiffe der schwarzen Weißen verschlang. In diesem Universum existierten sie nicht mehr! Wer Fre Sarnr verfügte über achtzehn Schiffe weniger! Die POINT OF blieb im freien Fall. „Noch einmal den Wer anrufen! Setzen Sie ihm ein Ultimatum, Brugg, das ihm nicht mehr als fünf Minuten Zeit zum Nachdenken gibt." Ren Dharks Stimme klirrte. Er war von dieser Entwicklung, obwohl er sie befürchtet hatte, hoffnungslos enttäuscht. Sein Fernziel, so schnell wie möglich mit den schwarzen Weißen als gleichwertige Partner zwischen den Sternen zusammenzuarbeiten, lag weiter entfernt als die allerletzte Galaxis entfernt war. Sie, die Terraner, wurden die weißen Affen genannt. Besagte dieser abwertende Begriff nicht schon alles? „Spruch an den Wer ist "raus!" Im Ringraumer wunderten sich immer mehr Männer. Sie fragten sich, warum der Wer mit seinen gelandeten Schiffen keinen einzigen
Versuch unternahm, die relativ niedrig stehende POINT OF vom Boden aus anzugreifen? Die als Frist gesetzten fünf Minuten verstrichen, ohne daß vom Planeten ein Antwortimpuls kam. Dhark hatte die Lippen hart gegeneinandergepreßt. Er war sich klar, daß sein nächster Entscheid Widerspruch auslösen mußte, aber er wollte nicht noch einmal seine Flash-Piloten einem Vibration«-Angriff ausetzen. „Dan, übernimm!" Hastig beugte er sich zu den Sprechrillen vor. „Doorn, Wonzeff, Einsatz mit 003 und 004. Ich fliege die 002. Ende!" Er streifte den Klarsichthelm über den Kopf, erhob sich und sah über Rikers fassungslosen Gesichtsausdruck hinweg. Hastig verließ er den Kommandostand und eilte über das Deck dem Depot zu. Von der anderen Seite her kam Are Doorn im Laufschritt heran. Er hörte über Helmfunk dessen Keuchen. „Wonzeff?" Auch der meldete sich sofort. „Wir fliegen mit Gedankensteuerung. Hoffentlich findet sie das Schiff, in dem dieser Wer sich aufhält. Dieses Mal nageln sie uns nicht mit ihrem Vibrationsangriff fest. Ich werde Vorsorge treffen." Beide Männer verließen sich voll und ganz auf ihren Commander. Niemand stellte eine Frage. Beide meldeten klar. Drei Flash jagten durch die Unitallwandung der POINT OF, ohne eine Spur darin zu hinterlassen. Dhark konzentrierte seine Gedanken, kaum daß der Ringraumer hinter ihnen lag. Verstanden und alle drei Flash übernommen! Aber danach geschah nichts mehr. Die Gedankensteuerung beschleunigte die Blitze nicht. Mit kaum nennenswerter Geschwindigkeit trieben sie dahin und entfernten sich nur langsam vom Mutterschiff. „Was ist denn jetzt los?" fragte Doorn in seiner brummigen Art über Funk. Jeder saß allein in seinem Flash. Jeder hatte den Kopf in den Nacken gelegt und begann nach wenigen Minuten die Mysterious zu verwünschen, weil sie die Bildwiedergabe in die Decke verlegt hatten.
Menschen besaßen nun einmal kein drittes Auge auf dem Schädeldach; Menschen besaßen aber eine ganze Anzahl von Wirbeln, und jedem der drei Piloten begannen diese Nackenwirbel durch die verkampfte Haltung des Kopfes zu schmerzen. Dharks Befürchtung wurde größer, je länger sie dahintrieben. Er glaubte die Gedankensteuerung zu verstehen. Sie war nicht in der Lage, Wer Fre Sarnr zu finden, weil es ihn nicht mehr gab! Er war zusammen mit seinen achtzehn Doppelkugelraumern durch das Hy-Kon in ein anderes Raum-Zeit-Gefüge geschleudert worden! Hatte er sich tatsächlich an Bord eines dieser angreifenden Schiffe aufgehalten? Dhark sprach seinen Verdacht aus. Are Doorn war so schnell nicht bereit, die Theorie seines Commanders zu akzeptieren. „Ich frage mal eben bei Grappa an ..." Der Ortungs-Spezialist enttäuschte ihn mit seiner Antwort. „Wenn ich die achtzehn verschwundenen Schiffe dazurechne, haben wir es mit genauso vielen Raumern zu tun wie beim Erscheinen der Tel-Flotte." Während Grappa noch sprach, stellte Dhark an seinen Instrumenten fest, daß sie in Fremd-Ortung lagen. Jetzt hatte er sich schnell zu entscheiden. „Ich übernehme 003 und 004! Umschalten!" Drei Flash stürzten mit maximaler Sle-Leistung in die Tiefe! Die schwarzen Weißen, die durch den Besitz von Xe-Flash bewiesen hatten, daß ihnen diese kleinen Beiboote der Mysterious nicht fremd waren, konnten durch das gespensterhaft schnelle Auftauchen von kleinen Raumfahrzeugen kaum erschreckt werden. Darauf gründete sich auch nicht Ren Dharks Plan. Er hatte sich nur erinnert, wie man den Singu der Rateken auf dem Raumhafen Cent Field mit Flash zur Vernunft gebracht hatte. Höhe 80 000 Kilometer! Da griffen die Doppelkugelraumer mit allen verfügbaren Waffen die POINT OF an. Dhark, Wonzeff und Doorn sahen die Strahlbahnen, diese grellen Lichtfinger, die urplötzlich im Raum standen und alle an einem winzigen Punkt abprallten. Noch hielten die Intervalle des Ringschiffes dem Anstrum der Energien stand, und noch erwiderte die POINT OF das Feuer nicht,
obwohl Dhark den beiden Ghefs der Waffensteuerungen befohlen hatte, Mix 3 einzusetzen. Sollte Riker diesen Befehl zurückgenommen haben? Hinter Dharks Stirn gab es nur noch einen Gedanken: Kurztransition! Auf diese geringe Distanz mußte er die Gedankensteuerung bemühen, wenn ihre Flash nicht mitten im Planeten rematerialisieren wollten. Das Pfeifen erklang; die Bildprojektion verschwand, das Intervallfeld existierte nicht mehr — und im nächsten Augenblick rasten drei Blitze in einer kurzen Kette dicht über den Boden des Sauerstoffplaneten. Die Raumkolosse der schwarzen Weißen wuchsen rasend schnell. Im doppelten Kreis hatten sie die beiden schwerbeschädigten Schiffe umschlossen. Hat man uns nicht bemerkt? fragte sich Dhark, der den Sie auf negative Beschleunigung geschaltet hatte, um nicht mit einer Geschwindigkeit das Ziel zu erreichen, bei denen ihnen keine Zeit blieb, etwas zu tun. Da glaubten alle drei Flash-Piloten, ihren Augen nicht trauen zu dürfen. Die POINT OF stand in nördlicher Richtung kaum tausend Meter hoch über der fremden Welt. Und die POINT OF feuerte aus allen verfügbaren Antennen in ihrer Unitallhaut! Dan Riker wollte seinen Freund Ren sowie Doorn und Wonzeff nicht im Stich lassen! Die Tels, in zigfacher Übermacht, glaubten trotz aller bösen Erfahrung, mit diesem Ringraumer nun endlich leichtes Spiel zu haben, und hatten ohne Warnung das Strahlfeuer auf ihn eröffnet. Sie fühlten sich so überlegen, daß sie sogar darauf verzichteten, ihre Schutzschirme einzuschalten, und diese Nachlässigkeit und Überheblichkeit wollte Riker ihnen handfest unter die Nase reiben. Er griff mit Dust-Strahlen — Dust, der olivgrüne, nicht lichtschnelle Strahl, der jede anorganische Materie in amorphen Staub verwandelte! — an. Organisches wurde von ihm nicht einmal belästigt! Die drei Beiboote der POINT OF und der Ringraumer arbeiteten plötzlich Hand in Hand, ohne daß vorher eine Verständigung erfolgt
war. „Einfliegen. Gedankensteuerung ..." Verstanden! vernahm Dhark von der Gedankensteuerung, bevor er in der Lage war, Wonzeff und Doorn ausreichend zu informieren. Ihre Intervalle ließen sie in den ersten Kugelriesen hineinfliegen, als ob seine meterdicken Zellwände gar nicht existent seien. Nur der Sie hinterließ eine fußbreite, glühende Schmelzspur. Die drei Flash rasten durch Decks', Wände und Decken. Gleich Schemen waren die schwarzen Weißen und ihre Roboter über die Bildwiedergabe zu sehen, aber nicht zu erkennen. Andrucksausgleicher heulten auf. Sie wurde auf maximale NegativBeschleunigung geschaltet. Mitten in der gigantischen Zentrale kamen drei Flash zum Stehen! Einsatz von Strich-Punkt und Nadel-Strahlen! Einsatz durch die Gedankensteuerung! Drei Männer sahen Tels paralysiert zu Boden stürzen und Roboter der schwarzen Weißen explodieren! Die Instrumenten wände waren in Bruchteilen von Sekunden in einem einzigen Umwandlungsprozeß zerschmolzen. Das Bordgehirn begann zu brennen und nach allen Seiten Energiefontänen auszuspucken. Ringsherum ging alles dem Untergang entgegen, als die Flash wieder ihre Fahrt aufnahmen, durch Wände und Decken jagten, den in seiner Zentrale demolierten Raumer verließen und schon in den zweiten hineinflogen. Schlimmer als die drei Flash wüteten die Dust-Strahlen der POINT OF! Kein Prallschirm hielt sie auf. Mit voller Wucht kamen die DustStrahlen durch und zeigten im gleichen Moment Wirkung! Die beiden Chefs der Waffensteuerungen" leisteten Maßarbeit. Sie schössen gleichzeitig nach drei Seiten, und die Dust-Strahlen rissen die Druckkörper der Doppelkugelraumer nicht auf — sie wandelten Metall in Staub um. Lange Ringwulststrecken lösten sich in graue, schwarze Staubwolken auf. Turmstarke Teleskopbeine wurden vom Wind als Staub davongetragen. Löcher, in die Häuser hineinpaßten, waren eine Sekunde vorher nicht vorhanden gewesen. Der Himmel wurde grau. Das Licht der Sonne wurde zurückgehalten. Das alles machte der POINT OF nichts aus, die trotz Mach 2 ihren
Kurs beibehielt und sich anschickte, die erste Umrundung der gelandeten Tel-Schiffe zu beenden. Da hatten sich die schwarzen Weißen endlich von diesem Überraschungsangriff erholt. Die Raumer schalteten ihre Schutzschirme ein. Die Dust-Strahlen der POINT OF kamen nicht mehr durch. Blitzschnell wurden sie im Ringraumer abgeschaltet, und die Antennen, die gerade noch diesen relativ harmlosen Energiestrahl emittierten, strahlten nun Mix 3 ab! Gleichzeitig aber jagte die POINT OF davon, die dabei aber keinen Versuch machte, an Höhe zu gewinnen. Dieser Kurs war durch das Resultat einer einfachen Rechenaufgabe bestimmt worden. Im Geradeausflug bei dieser niedrigen Höhe konnten die schwarzen Weißen nicht einmal ein Zehntel ihrer Strahlantennen gegen den Ringraumer einsetzen, und bei den Zerstörungen durch die Dust-Strahlen war dieses Zehntel nicht einmal mehr zu dreißig Prozent vorhanden. Ren Dhark, Wonzeff und Are Doorn, die mit ihren Flash gerade die vierte Zentrale eines Tel-Schiffes demolierten, ahnten nichts vom Absetzmanöver des Mutterschiffes. Sie kamen auch nicht dazu, darüber nachzudenken, denn plötzlich wurden sie mit Vibration angegriffen! Drei Männer in ihren Flash schrien auf! „Nein! Nein!" brüllte Wonzeff fast von Sinnen, der doch vor Stunden erst durch Es auf Hide-out von den Folgen eines Vibrationsangriffes geheilt worden war. Keine zwei Sekunden lang hatten sie diesen unmenschlichen Angriff auszuhalten. Die Gedankensteuerung sprach sofort an und riß alle Flash aus dem Gefahrenbereich. Sie riß drei Beiboote in die Tiefe — in den Planeten hinein! Auch Dhark wischte sich den Schweiß ab. Von Wonzeff und Doorn hörte er kein Wort. Ihre Blitze waren von massivem Fels umgeben. Ein Instrument sagte aus, daß sie über zehn Kilometer tief in der Rinde dieser unbekannten Sauerstoffwelt steckten, eingehüllt in ihr Intervall, dem die Drücke des Gesteins von allen Seiten nichts ausmachte, weil es sie einfach in seinem eigenen Raum-Zeitgefüge nicht gab. »Ich muß mich daran erst wieder einmal gewöhnen!" brachte der wortkarge Doorn über die Lippen. Pjetr Wonzeff saß der Schock durch den Vibrationsangriff noch in
den Gliedern. „Mir ist egal, wo wir stecken, aber diese Tels, die einen langsam wahnsinnig machen wollen ..." Der Rest ging in undeutlichem Gemurmel unter. Commander Dhark versuchte mit seinem Schiff Verbindung zu bekommen. Er ging das Risiko ein, angepeilt zu werden, aber eine massive Schicht von zehn Kilometern Dicke war auch für einen hochenergetischen Strahl ein Hindernis, das ihn länger als eine Stunde aufhielt, bis er in diese Tiefen vorstoßen konnte. Die POINT OF gab keine Antwort. Dhark informierte Wonzeff und Doorn. „Ich stoße zur Oberfläche durch und bin in ein paar Minuten wieder zurück, oder ich rufe über Funk, daß Sie nachkommen sollen." Er sah auf sein Chrono. Neun Minuten hatte ihr Aufenthalt in der Tiefe gedauert. Keine zwanzig Sekunden benötigte er, um wieder nach oben zu kommen. Vorsichtig, mit einer Geschwindigkeit von einem Meter in der Sekunde legte er die letzten Meter zurück. Dicht über dem Boden blieb sein Flash in der Luft stehen. Ren Dhark hatte den Kopf wieder weit in den Nacken gelegt und starrte die Bildwiedergabe an. Sie zeigte etwas anderes als beim Anflug auf den Planeten. Er zählte noch einmal und nahm dabei die Finger der linken Hand zur Hilfe. „Vier ... fünf Raumschiffe!" Mehr waren nicht zu sehen, und diese fünf Doppekugelraumer der schwarzen Weißen sahen nicht so aus, als ob sie noch einmal durch das Sternenmeer jagen würden. Er schaltete die Wiedergabe um. Der Himmel war leer. „Wo sind denn die Schiffe geblieben?" Sein To-Funkgerät sprach an. Die POINT OF, die sich eben nicht gemeldet hatte, rief nach ihm. Dhark beorderte sein Schiff zurück, nachdem er gehört hatte, daß der Rest des telschen Verbandes in einem Fluchtstart diesen Planeten verlassen hatte. Anschließend rief er Wonzeff und Doorn, die mit ihren Flash schnell die Oberfläche erreichten. Kaum drei Kilometer vor ihnen standen die beschädigten Doppelkugelraumer. Die Vergrößerung der Bildwiedergabe zeigte ihnen, daß sich zwischen den Schiffen die schwarzen Weißen oder
deren Roboter bewegten. Besatzungen, die im Stich gelassen worden waren! Am Horizont tauchte die POINT OF auf und kam schnell näher. Dhark flog mit den beiden anderen Flash ein. In der Zentrale erstattete Riker ihm Bericht. „Wenigstens drei Tel-Schiffe können nicht weit kommen. Durch Dust-Strahlen sind sie so stark beschädigt worden, daß es Wahnsinn war, mit ihnen zu starten." „Schade", sagte Dhark und er wunderte sich nicht, daß sein Freund ihn verständnislos ansah. „Aus dem Grunde schade, weil die Tels ihren nächsten Stützpunkt anfunken und Hilfe anfordern. Wir müssen damit rechnen, daß diese Hilfe sich auch um die fünf hier liegenden Schiffe kümmert, und diese Gefahr hindert uns daran, den Wracks einen Besuch abzustatten, denn ich möchte brennend gern erfahren, in welchem Sektor der Milchstraße die Hauptwelt der Tels zu finden ist." „Stimmt, es ist wirklich schade. Aber wir können es doch viel einfacher haben und Dro Cimc fragen, Ren." „Glaubst du, daß er uns die Position verraten wird, Dan? Dro Cimc ist kein Verräter seines Volkes, auch kein Überläufer. Inzwischen wissen wir ja, warum er mit mir die ZGUTH verließ und zur POINT OF kam. Er wollte, bevor er durch das Vario sterben sollte, einen Punkt seiner Neugier befriedigen, er wollte uns, die weißen Affen, vorher noch etwas kennenlernen. Daß.. ." Die Bordverständigung knackte. Glenn Morris' Stimme war heiser vor Aufregung. „Dhark, bitte, kommen Sie sofort in die Funk-Z, aber schnell!" Er spurtete. Krachend fiel das Schott zur Zentrale hinter ihm zu. Morris erwartete ihn schon. Er stand vor dem großen Oszillo. Hinter der Echo-Kontrolle hielten sich Yogan und Brugg auf. In der Funk-Z knisterte es vor Spannung. Die Funk-Ortung war von drei Mann besetzt. „Das sehen wir seit drei Minuten. Es wird immer stärker, als käme es näher, aber ein Näherkommen aus sieben verschiedenen Richtungen gibt es doch nicht. Und hören Sie sich das an, Dhark ..." Ron wedda wi terra! Ron wedda wi terra! Ron wedda wi terra! „Kennen Sie diese Sprache, Commander?" Gespannt sah Morris ihn an.
Ron wedda wi terra! Es klang wie ein Schrei! Wie ein Notruf: Ron wedda wi terra! „Nein", sagte Dhark, „diese Sprache kenne ich nicht. Morris, Sie haben geglaubt...?" „Ja, ich habe geglaubt, die Mysterious würden nach uns rufen, und ich hatte gehofft, Sie würden diese Worte verstehen." „Befragen wir den Checkmaster, Morris." Der Satz wurde zur Obersetzung an das Bordgehirn gegeben, aber statt einer Antwort kam rot. -Auch der Translator der Rateken streikte. Ihm war diese Sprache auch unbekannt. „Hören Sie sich das nur an. Man ruft ununterbrochen diesen einen Satz. Wenn das Wort terra nicht vorkäme, würde ich mir nicht allzuviel denken, aber immer wieder hören: Ron 'wedda wi terra! Kostet auf die Dauer Nerven." Dhark verstand ihn nur zu gut. Auch er war enttäuscht. Auch er hatte die stille Hoffnung in sich getragen, ein Lebenszeichen von den Mysterious zu erhalten — eine Hoffnung, die der Commander schon fast aufgegeben hatte. Der atmete schwer durch. „Wir können Sie nicht erfassen. Bitte, sehen Sie es sich an." »Morris, liegen die Standorte der sieben Sender fest?" Er schaltete am Oszillo auf Hyper. Das Aussehen der starken Amplituden veränderte sich schlagartig. Ein markantes Merkmal fehlte allen. Der Raum-Zeitschnörkel, wie es im Jargon der Funker hieß. »Das verstehe ich nicht", gab Dhark unumwunden zu und zuckte mit den Schultern. „Es ist nicht schwer zu verstehen, aber um so schwerer, es sich vorzustellen, Dhark. Alle sieben Stationen befinden sich im Hyperraum. Das Fehlen des Schnörkels an den Blips läßt es vermuten." »Also nicht absolut sicher?" »Was ist absolut? Aber erinnern Sie sich, was uns damals passierte, als wir von Hope aus gerade die Erde wiedergefunden hatten und wir noch nicht mit dem Schiff transistieren konnten? Wenn wir einen bestimmten Sektor der Galaxis durchflogen, hatten wir die Schiffe der anderen Rassen auf dem Hals und durften uns mit ihnen herumschlagen. Meines Wissens ist dieses Rätsel, wie wir damals geortet wurden, nie gelöst worden."
»Ich habe oft daran gedacht, Morris, aber haben wir Zeit gehabt, uns auch noch darum zu bemühen? Ich weiß, eines Tages wurden wir beim Passieren dieses berüchtigten Sektors nicht mehr geortet, und von den meisten von uns wurde diese Tatsache schnell vergessen. Manchmal habe ich mich gefragt, wie die anderen benachrichtigt wurden, dass wir mit dem Ringraumer wieder auf Reisen waren, aber in diesem Zusammenhang fällt mir jetzt eine Sache auf: die Schiffe der schwarzen Weißen stellten sich uns nicht in den Weg. Und nun das hier! Moment, ich lasse Doorn kommen. Vielleicht kann er uns weiterhelfen." Die POINT OF war inzwischen in den Raum vorgestoßen und beschleunigte immer schneller. Riker hatte nach wie vor das Kommando und ohne Rückfrage bei Dhark Kurs Terra eingeschlagen. Alle Ortungen tasteten vergeblich den Raum nach fremden Schiffen ab. Auf viele Lichtjahre hin war der Raum zwischen den Sternen leer. Doorn ließ sich von Morris alles vorführen. Das Fehlen des Schnörkels fiel ihm sofort auf, und er schlußfolgerte wie der Funkspezialist: „Stationen im Hyperraum?!" Morris war mit seiner Antwort vorsichtig. Sein Schulterzucken besagte nicht viel. »Ron wedda wi terra!" wiederholte Doorn und sah dann den Commander fragend an. „Tatsächlich nicht die Sprache der Mysterious?" Auch er vermutete sie hinter diesem Ruf, der von sieben Stationen zur gleichen Zeit mit demselben Wortlaut ausgestrahlt wurde. Aber etwas Ähnliches hatten sie doch schon einmal erlebt! „Doorn, ich verstehe den Satz nicht. Vielleicht ist mit terra gar nicht unsere Erde gemeint, und wir bilden uns nur ein, einen Notruf zu hören." „Meistens hat unsere Phantasie mit der Wirklichkeit, der wir konfrontiert wurden, nicht wetthalten können. Aber was ist das hier? Stationen im Hyperraum gibt's nicht. Dhark ..." Als ob der Sibirier aus einem Traum wach geworden sei, sah er seinen Commander an. „Haben Sie im Tresor nicht einen Mammutsender liegen?" Doorn hatte das gleiche Aggregat, da* seit dem Jungfernflug auf der POINT OF fehlte, auf dem Gewissen, obwohl man ihm keinen Vorwurf machen konnte, damals auf Hope damit leichtsinnig
experimentiert zu haben. Und Mammutsender dieser Leistung und dieses Aussehens gab es auf Terra so viele, wie die TF S-Kreuzer besaß, doch alle diese Aggregate wurden so abgesichert gelagert, daß ein Mensch allein nicht herankommen konnte. Damals, als die Robotflotte über der Erde aufgetaucht war und Dhark in einem waghalsigen Einsatz zusammen mit Doorn die Gefahr bannte, war auf allen zurückgebliebenen Robotschiffen dieses kleine Gerät mit der unvorstellbaren Leistung als Hypersender und empfänger ausgebaut worden weil man allen Ernstes befürchten mußte, über dieses Aggregat auch die riesige Robotflotte herbeirufen zu können, deren Heimatwelten nur Captain Jon Bradock von der FO-III bekannt waren. Aber Captain Bradoek und die Besatzung seiner FO-III lebten nicht mehr. Sie waren im Spiralarm II/a auf einer Roboterwelt umgekommen, und niemand auf Terra konnte ahnen, daß der Untergang der FO-II den Angriff der abertausend robotisch geflogenen Ringraumer auf die Erde ausgelöst hatte. „Wir haben es im Tresor liegen, Doorn, und dort bleibt es." Er sah die Enttäuschung des anderen, und er legte dem Sibirier die Hand auf die Schulter. „Doorn, die Existenz dieser sieben Stationen, deren Standorte nicht feststellbar sind, ist schon beunruhigend genug, und wir können es Uns bei der augenblicklichen Lage zu den Tels nicht leisten, noch mehr Gefahren heraufzubeschwören. Wenn wir nicht an Terra denken wollen, dann haben wir an die Millionen Siedler auf den vier Planeten zu denken, die sich dort eine neue Heimat schaffen Wollen und fest glauben, im Schutz der Erde es schaffen zu können." „Wir fliegen also nach Terra zurück und unternehmen keinen Versuch, den siebenfachen Ruf zu ergründen, oder wenigstens eine der sieben Stationen zu finden?" „Wir fliegen nach Terra zurück!" Das war endgültig, doch als Ren Dhark die Funk-Z verließ, hörte er immer noch den einen Satz: Ron wedda wi terra * Die POINT OF war Cent Field gerade von Jupiter gemeldet worden, als Ren Dhark bei Henner Trawisheim eintrat. Der schaute den Commander wie ein Gespenst an. Dann schickte er seinen Blick auf das Chrono. Erst in einer Stunde und 15 Minuten sollte das Flaggschiff landen,
wieso konnte der Commander vor ihm stehen? Der machte es kurz. „Ich bin mit einem Flash gekommen Trawisheim. Was gibt es Neues in den Sachen Tels, Dro Cimc und unseren vermißten Männern auf dem Planeten der Giants?" „Die Tels sind zu keiner Angabe zu bewegen. Dro Cimc wird morgen im Brana Tal entlassen. Von den vermißten Männern nach wie vor keine Spur." Ren Dhark stand am Plastikfenster und sah über Alamo Gordo hinweg, die Stadt, die jeden Tag um zehntausend Menschen größer wurde. Trotz aller Steuerung, trotz aller Zusätze in der täglichen Nahrung — Terras Bevölkerung explodierte. Die tägliche Zuwachsrate war größer als die Zahl der Siedler, die nach änderen Planeten auswanderten. Auch daran dachte der Commander in diesem Augenblick, als die künstliche Beleuchtung über der Weltmetropole eingeschaltet wurde, weil die Sonne am Horizont untergehen wollte. „Warum sind die Planeten Dolmin, Laxer und Ega immer noch nicht zur Besiedlung freigegeben worden, Trawisheim?" Vor zwei Jahren, im August 2056, hatte es offiziell geheißen, diese erdähnlichen Welten würden in den nächsten Monaten von jeweils drei Milliarden Menschen besiedelt. Sie lagen vor der Haustür der Erde: Dolmin mit der Sonne Formalhaut war 25 Lichtjahre entfernt; Laxer im Pollux-System 54 und Ega unter der Sonne Regulus im Großen Löwen 135 Lichtjahre weit. Mit ruhigen Gewissen konnte Trawisheim sagen: „Alle drei Systeme liegen in einem Bereich, in dem die Hochwerte des galaktischen Magnetfeldes einfach nicht abnehmen wollen. Die Welten können erst besiedelt werden, wenn sie über einen planetarischen Schutz verfügen wie wir. Deshalb sind wir auf die anderen Welten ausgewichen." „Okay. Wieviel Cyborgs stehen zur Verfügung?" „Kein einziger." Ren Dhark blickte seinen Stellvertreter erstaunt an. „Verschaffen Sie mir sofort den Einsatzplan der Cyborgs." Er hatte Zeit, eine Tasse starken Kaffee zu trinken, danach legte ihm Trawisheim die Liste vor: Dhark las drei Namen:
Burton, Charly und George Snide. „Diese drei Cyborgs benötige ich. Wen Sie als Ersatz an ihre Stelle schicken, ist Ihre Sache, Trawisheim. Morgen um sieben möchte ich die Männer in der Zentrale der POINT OF sehen. Noch etwas: Wie sieht es mit der Transmitter-Verbindung nach Hope aus?" „Dhark…" Halb verzweifelt und leicht mit dem Kopf schüttelnd musterte Trawisheim seinen Chef. „Mehr als arbeiten können wir nicht." Dharks Gesicht wurde eisig. „Diese Erklärung habe ich schon oft gehört, Trawis aber nicht erwartet, daß Sie diese abgedroschene Ausrede benutzen würden. Darf ich Sie einmal bitten, sich nur den Leerlauf auf dem Raumhafen anzusehen? Wozu dieses Aufgebot an menschlichen Arbeitskräften, wenn stationäre Roboter verrosten? Und noch eins: Ich erwarte zum 1. September, daß die erste Zehntausender-Serie unserer neuen Roboter vom Band gelaufen und an den wichtigsten Knotenpunkten unseres Verwaltungsapparates eingesetzt ist. Nach den Berechnungen des Checkmaster sparen wir damit allein 127 000 Techniker und 86 500 Ingenieure ein. Diesen Männern würde es einmal guttun, sich auf fremden Planeten den Wind um die Nase wehen zu lassen, Also, morgen um sieben stehen die drei Cyborgs in der Zentrale der POINT OF!" Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, kam sich Henner Trawisheim etwas verloren vor. Der Commander war bei seinen letzten Besuchen keineswegs freundlich gewesen und hatte an manchen Dingen Kritik geübt. Dhark betrat seine Privaträume. Er wollte sich für eine halbe Stunde einmal entspannen. Die Geschehnisse der letzten Tage zogen im Zeitraffer an ihm vorbei Plötzlich umspielte ein Lächeln seine Lippen. Er glaubte eine junge Frau zu Sehen, eine Frau, die mit ihm von Europa nach Alamo Gordo geflogen war. Warum sollte er nicht einfach einmal... Die Viphoverbindung zur GSO kam sofort. Er verlangte nach Eylers, dem Chef der Galaktischen Sicherheits-Organisation. „... und lassen Sie Ihre Personalien und Adresse feststellen. In diesem Fall eilt es." Bernd Eylers, der für seinen Beruf geboren war und oft seinen sechsten Sinn unter Beweis gestellt hatte, blieb in diesem Fall
ahnungslos. Ren Dhark und eine Frau? Das gab es doch gar nicht. Für den Commander der Planeten gab es keinen Hafen, in den er einlaufen konnte. Auch für den Chef der GSO war der Commander der Planeten ein Museumsstück geworden, nur daß dieses Museumsstück aus Fleisch und Blut war, daran dachte auch Eylers nicht mehr. Knapp eine Stunde später, Dan Riker hatte sich bei ihm noch nicht gemeldet, rief Eylers an. „Die Dame ist 22 Jahre alt, Futurologin, Examen mit Auszeichnung bestanden, heißt Joan Gipsy und wohnt in dem 556. Strich 38 AGD. Unverheiratet, tätig im Sozialministerum. Ihr Vermögen beträgt..." Hastig dankte Dhark ' und schaltete ab, weil er Angst hatte, die GSO würde ihm zum Schluß auch noch mitteilen, wie viele Freunde Joan Gipsy gehabt hatte. In diesem Moment wurde ein anderer Mann stutzig. Sein Alltagsgesicht veränderte sich auffallend. Kindliches Staunen zeigte es, dann maßlose Verwunderung, und plötzlich lachte er so schallend, daß ihm darüber die Tränen kamen. Der Commander hatte Feuer gefangen! Heiliger Strohsack, Ren Dhark hatte ein Auge auf diese Joan Gipsy geworfen! Nein, das hätte er ihm nicht zugetraut. Ren Dhark und eine Frau? Ren Dhark und die Sterne — ja! Aber konnte eine Frau nicht auch für Ren Dhark der Stern des Lebens werden? * In der großen Hyperfunkstation von Cent Field herrschte Nervosität, die von den Experten ausging und sich besonders im Empfang breitgemacht hatte. Dort tauchten sie immer wieder auf und schufen mit den Technikern eine Unruhe, die normales Arbeiten kaum noch zuließ. Ursache dieser Unruhe war ein Spruch in unbekannter Sprache, der von sieben Stationen zur gleichen Zeit ausgestrahlt wurde. Diese Stationen aber waren mit den Ortungen nicht zu erfassen, und das war es, was die Experten zur Verzweiflung trieb. Ron wedda wi terra!
Ununterbrochen klang es aus dem Lautsprecher, und dieser Ruf wurde nicht nur in Cent Field empfangen; alle Schiffe der TF nahmen ihn auf und erzielten das gleiche Resultat wie die große Hyperfunkstation, wenn man den Versuch unternahm, einen der sieben Sender zu lokalisieren. Mit einem Rundspruch an alle Schiffe hatte der Stab der TF die Order erlassen, wegen dieses Phänomens keine Rückfragen mehr zu stellen. Natürlich machte die POINT OF wieder eine Ausnahme. Elis Yogan fragte über Vipho an. Gerade in dem Augenblick, in dem die Wissenschaftler wieder einmal hofften, das gesteckte Ziel doch zu erreichen. . „Bitte?" fragte Diplom-Ingenieur Riz scharf. Yogan überhörte es. „Könnte man mit diesen Stationen nicht einen Schritt weiterkommen, wenn man Planet l im Zwitt-System beauftragen würde, sich der Sache einmal anzunehmen?" „Überlassen Sie das uns!" schnarrte Riz. »Sonst noch etwas?" Elis Yogan reichte diese Unfreundlichkeit. Er schaltete ab, aber er überließ den Fall nicht den Experten in der Hyperfunkstation. Er schaltete den Sender der POINT OF hoch, holte sich aus dem Katalog die Koordinaten des Zwitt-Systems und rief dann über ToFunk Planet l an. Ob man einige Kilometer weiter seine Tätigkeit bemerkte, bekümmerte ihn nicht. Bisher hatte nicht einmal der Stab der TF es gewagt, der gelandeten POINT OF auch Funkverbot zu erteilen, das für alle anderen Schiffe galt. „Na?" sagte Yogan, weil es so lange dauerte, bis Planet l sich meldete. Wenig später setzte er die Echo-Kontrolle ein. Dann schüttelte er mit dem Kopf. Der Sender auf Planet l war klar, aber warum antwortete er nicht? Er versuchte es noch einmal, schaltete aber To ab. Obwohl er es sich nicht vorstellen konnte, daß der gebündelte To-Funkstrahl an Planet l vorbeigegangen war, so konnte dieser Fall doch eingetreten sein. Planet l schwieg! Yogan langweilte sich mit den beiden Sergeanten, die wie er Sitzwache in der Funk-Z hatten, darum schaltete er alle Sender auf das Hauptgerät und verdreifachte damit seine Leistung. Noch einmal rief er durch zur Sternenbrücke.
Keine Antwort! Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Hyperfunkstation zu informieren und den verantwortlichen Offizier zu bitten, Planet l anzurufen. Oberleutnant Shigitu, der keine Ahnung hatte, welche Unruhe drei Etagen tiefer im Empfang herrschte, war bereit, seinem Kollegen auf der POINT OF den kleinen Gefallen zu tun. „Lassen Sie die Viphophase stehen, dann können Sie alles beobachten, Yogan. Den Empfang schalte ich zu mir herein. Ich rufe jetzt Planet l!" Nur antwortete ihm der Planet auch nicht. »Versuchen Sie es mit Zwitt, Shigitu!" schlug ihm Yogan vor, der langsam unruhig wurde. Zwitt, der unheimlichste Planet, den die Menschen bis heute kennengelernt hatten, verbarg sich hinter einer Korona, die jedem Ortungstest standhielt und so raffiniert von den Mysterious aufgebaut worden war, daß man sie einfach für eine ganz normale Sonne halten mußte. Zwitt schwieg auch. „Versuchen wir's mit Hope!" lautete Yo-gans nächster Vorschlag. „Warum nicht!?" Shigitu war allmählich zu jeder Schandtat bereit; ihn begann dieser Fall auch lebhaft zu interessieren Auf der Hyperfrequenz, auf der Hope verkehrte, herrschte Ruhe! „Shigitu, wenn jetzt auch unsere Relaisstationen nicht antworten, dann benötige ich erst einmal eine Pause, um nachzudenken." Kurz darauf mußten beide nachdenken. Aber es brachte ihnen nichts ein. „Müßten wir nicht den Stab benachrichtigen?" fragte Shigitu vorsichtig. „Versuchen Sie es noch einmal mit Planet l! Der muß doch kommen!" Aber er antwortete nicht. „Ich rufe den Stab an", sagte Elis Yogan, „und anschließend benachrichtige ich Sie, was der veranlaßt hat. Bis gleich." Es war 0:43 Uhr Norm-Zeit, aber das spielte für den Stab der TF keine Rolle. Er war Tag und Nacht voll tätig. Dort nahm man Yogans Nachricht nicht wichtig. „Vielleicht sind in diesen Sektoren die Werte des galaktischen Magnetfeldes wieder
hochgeschnellt. "„Aber Hope antwortet doch auch nicht und keine einzige unserer Relaisstationen. Da geht doch etwas nicht mit rechten Dingen zu!" Yogan wurde lebhaft. „Wir werden es überprüfen. Besten. Dank!" Yogan hielt sich den Kopf fest und murmelte: „Nein, das darf nicht wahr sein. So viel Gleichgültigkeit müßte bestraft werden." Er stellte die Viphoverbindung zu Shigutu wieder her und berichtete ihm. „Ich hatte nichts anderes erwartet, Yogan. Sie kennen den Stab nicht, weil Sie mit dem Commander ständig unterwegs sind. Und mit einem Colonel haben Sie gesprochen? Ja, mein Lieber, haben Sie denn vergessen, daß Sie nur Leutnant sind?" Das hatte Elis Yogan vergessen, weil die Besatzung der POINT OF an den Uniformen keine Rangabzeichen trug. Damals, als Terra plötzlich über Raumschiffe der Giants verfügte und die Terranische Flotte buchstäblich von einem Tag zum anderen entstand, lebte auch der militärische Drill wieder auf, und mit ihm kamen Rangabzeichen, und es gab wieder verschiedene Mannschaftsgrade, Offiziere und Generäle. Nur die Männer der POINT OF machten diesen Zirkus nicht mit, und Ren Dhark hatte diesen stummen Protest still akzeptiert. Doch eines Tages stellte die Besatzung des Ringraumers erstaunt fest, daß man nicht nur am Fehlen aller Rangabzeichen erkannte, auf welchen Raumer sie gehörten, sondern daß viele Angehörige der Flotte ihnen die schmucklose Uniform neideten. Die anderen sahen darin eine Auszeichnung, die sie nie erlangen würden. Und aus diesem Grund war es glaubwürdig, daß Elis Yogan seinen Leutnantsrang vergessen hatte. „Also ein Leutnant ist für einen Colonel des Stabes weniger als nichts?!" fragte er bissig. „Weniger als nichts, möchte ich nicht behaupten, aber sehr wenig, Yogan!" Shigitu amüsierte sich über den Ärger seines Kollegen. Dann aber bekam er Grund, sich zu wundern. „Ob Sie es glauben oder nicht, Shigitu, ich rufe Dhark an." „Es ist doch Mitternacht, Yogan!" versuchte ihn der Oberleutnant zurückzuhalten. „Glauben Sie, ich wollte morgen früh von Dhark eine Zigarre verpaßt bekommen? Ich rufe ihn an. Ende." Er löste eine Kettenreaktion aus.
Ren Dhark ließ Marschall Bulton wecken. Der stand im Halbpyjama vor seinem Vipho und tobte mit einem Colonel seines Stabes. „Mein Gott, schrei doch nicht so laut!" rief Bultons Frau aus dem Schlafzimmer ihm zu. Da kam Bulton erst dahinter, daß er nur seine Schlafanzugjacke anhatte, und im nächsten Moment tobte er mit zwei Personen: Mit seiner Frau und diesem Colonel in seinem Stab. Der gab seinen Anpfiff an die Überwachung in der Hyperfunkstadon weiter. Dort verschanzte man sich hinter der fadenscheinigen Entschuldigung, durch die Experten an der ordnungsgemäßen Arbeit gehindert worden zu sein. Um 1:17 Uhr Norm-Zeit erhielten drei S-Kreuzer, die zwischen den beiden Spiralarmen Kurs Terra flogen, den Befehl, auf Gegenkurs zu gehen und Planet l im Zwitt-System anzufliegen. Acht andere Schiffe hatten die Aufgabe, die im Raum stehenden Relaisstationen zu kontrollieren. Der Raumer MOLDAU, der kurz vor der Transition stand, die ihn in der Nähe des Col-Systems wieder ins heimatliche Gefüge bringen sollte, erfuhr, daß sich die Hyperfunkstation auf Hope nicht mehr meldete. Dem Handelsschiff wurde größte Vorsicht angeraten. Die Aktion lief gerade überall an, als plötzlich der rätselhafte Dauerruf verstummte. Irn gleichen Moment meldete sich Planet l! Die Überraschungen nahmen kein Ende! Planet l behauptete, die ganze Zeit über empfangsklar gewesen zu sein, aber ein Ruf von Terra sei nie und nimmer an ihn abgestrahlt worden! Der erste Teil der Behauptung stimmte mit der Feststellung über die Echo-Kontrolle überein, aber der andere Teil war falsch. Auch die im Raum stehenden Relaisstationen arbeiteten wieder einwandrei. Hope antwortete auf den ersten Anruf. Unbegreiflich, lautete überall das Urteil, aber man war sich klar, daß das Unbegreifliche mit dem Dauerruf in Zusammenhang stehen mußte. Ron wedda wi terra! Wer rief wen, und was bedeutete dieser Satz?
* Pünktlich meldeten sich die drei Cyborgs in der KommandoZentrale der POINT OF. Niemand konnte den Zwillingen Snide ansehen, daß sie jahrelang als geistesschwache, bedauernswerte Geschöpfte dahinvegetiert hatten. Echri Ezbal, der geniale Wissenschaftler im Brana-Tal, hatte sich ihrer angenommen und das Wunder vollbracht, sie zu heilen. Jan Burton, ein auffallend schöner Mann, war eine gelungene Mischung aus drei Rassen. In seinen Adern floß das Blut von Mongolen, Negern und Weißen. Sein Haar hatte einen leichten Blaustich und seine Augen die ungewöhnliche Bernsteinfarbe. Er war ein Spezial-Cyborg, ein lebender Suprasensor, dessen Aufgabe es weniger war, sich m den Einsätzen zu exponieren, sondern durch Auswertung der angefallenen Daten den einzigen Weg zum erfolgreichen Abschluß zu berechnen. »Das Schiff startet in dreißig Minuten, ist die Welt der Giants, auf der vier Shanton mit seinem Jimmy und Jos Aachten van Haag verschwunden sind." Mehr hatte ihnen Ren Dhark nicht zu sagen. „Okay", sagte Charly Snide, und für ihn mit dem eidetischen Vermögen war der Fall vorläufig abgeschlossen. Als sie die Zentrale verlassen hatten, sagte Dan zu seinem Freund: „Das ist ein Gespann", und schmunzelte dabei. Auf die Minute genau hob der Ringraumer ab. A-Grav stieß ihn hoch. Erst in mehr als zehntausend Metern Höhe kam Sie. Das Schiff jagte durch das Sol-System jener Welt zu, auf der die Giants sich selbst produziert hatten; jene Giants, die von den durch den Cal regierten anderen Giants nichts wußten, sich aber ebenso wie diese All-Hüter nannten. Nach drei Transitionen stand die POINT OF über ihrem Ziel. Die Gruppe, die hier Forschung betrieb, holte den Ringraumer über Peilstrahl herunter. Stoßfrei setzte das Schiff auf. Wenig später studierten Dhark, Riker, die Cyborgs und noch vier Mann den Lageplan dieser gewaltigen unterirdischen Anlage, in der die Transmitter-Straßen der Mysterious durch Giants überwacht worden waren. „Commander", behauptete Oberleutnant de Cluny, „wir haben alles durchforscht. Wir haben alle Methoden eingesetzt, damit uns auch
kein Raum entgehen konnte, aber weder von den Giants, noch von den verschwundenen Männern konnte eine Spur entdeckt werden. Bis heute ist es uns auch nicht gelungen, die Produktion von Giants wieder in Gang zu setzen. Alle Versuche schlugen fehl." „Was ist das?" fragte Dhark und deutete mit dem Lichtstab auf einen bestimmten Punkt der Karte. „Das ist das Archiv der Giants, ein Mentcap-Archiv, aber diese Mentcaps wirken bei uns nicht. Wir haben keine einzige Information daraus beziehen können. Wahrscheinlich sind sie ausschließlich auf den Metabolismus der Raubtierwesen ausgerichtet." Fragend blickte Dhark den Afrikaner an. Er war Giant-Experte, doch Manu Tschobe zuckte ratlos mit den Schultern. „Ich kann es mir schlecht vorstellen, daß Giants Ment-caps geschluckt haben. Das widerspricht unseren Erkenntnissen, Ich möchte mir dieses Archiv doch einmal genauer ansehen." „Ganz Ihrer Meinung, Tschobe." Dhark erhob sich und wandte sich wieder an de Cluny. „Geben Sie uns einen Mann mit, der uns zum Archiv führt. Dan, dich würde ich gern wieder auf der POINT OF sehen." „Als ob ich etwas anderes erwartet hätte, mein Lieber!" sagte Riker außerordentlich unfreundlich. „Soll ich mir vom langen Sitzen schon wieder Blasen einhandeln?" Sein Protest änderte nichts an Dharks Anordnung. Dan Riker mußte zur POINT OF zurück. Kurz darauf erreichte der Commander mit seiner Gruppe das Archiv. Es hatte keine Ähnlichkeit mit den Mentcap-Archiven auf Hope und Erron-3, und die Mentcaps kamen auch nicht in einer Metallverpackung aus dem Schlitz, sondern lagen in klarsichtigen Plastikfolien, die man aufbrechen mußte, um an die kleine weiße Kugel zu kommen. Jeder schluckte zwei. Wirkung trat nicht ein. De Clunys Behauptungen stimmten. Tschobe ging langsam an der metallverkleideten Wand entlang. Sie war fugenlos bis auf den Schlitz, aus dem die Kapseln in einen kleinen Auffangkorb fielen. Als er wieder neben dem Commander stand, sagte er nur: „Ich verstehe das nicht, oder wir sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr."
»Wahrscheinlich wird das letztere der Fall sein, aber wo ist hier der Wald, Tschobe?" Die drei Cyborgs sagten kein Wort. Daß Doorn sich ausschwieg, war nicht verwunderlich. Die Gedankensteuerung funktionierte einwandfrei. Tschobe hatte nach einer Mentcap verlangt, die ihm Aufschluß über dieses Archiv geben sollte. Die Plastikkapsel fiel in den Korb. Er nahm sie heraus, brach sie auf und schluckte die dritte Mentcap. Wieder ohne Erfolg! „Ich geb's auf!" sagte er unzufrieden und warf die zerbrochene Plastikdose verärgert in den Auffangkorb. Die beiden anderen, die er in die Tasche gesteckt hatte, holte er hervor und beförderte sie auch dorthin. Auch Ren Dhark machte große Augen, als sich der Boden des Auffangkorbes Öffnete, darunter eine u-förmige Schiene aus der Metallwand fuhr und über die Schiene die zerbrochenen Plastikschachteln in der Wand verschwanden. „Nein!" Tschobes Schrei gellte durch das Archiv, das mit gut dreißig mal dreiundzwanzig Metern, bei einer Höhe von achtzehn Metern wirklich nicht klein war. „Nein, 'das ist doch total verrückt!" Mit einem weiten Schritt stand Dhark neben ihm. „Sagen Sie jetzt bloß, die Mentcaps hätten Wissen geliefert?" Stumm nickte der Afrikaner, dann aber wurde er lebhaft. „Los, die Plastikdosen in den Auffangkorb!" Der Boden hatte sich wieder geschlossen, und die U-Schiene war nicht mehr zu sehen. Zerbrochenes Plastik klickerte hinein — und verschwand. Jemand sagte: „Diese verdammten Geheimniskrämer!" Und der es sagte, war Arc Doorn, und er meinte damit wieder einmal die Mysterious, die ihm noch nie besonders sympathisch gewesen wären. „Wo ist hier der Transmitter?" George Snide hatte die Frage gestellt. Eine der beiden Mentcaps hatte ihm gerade das Wissen verschafft, daß es im Archiv einen Transmitter gäbe. Ren Dhark blieb ruhig, nachdem er seine Überraschung überwunden hatte. Das neue Wissen mußte er erst einmal verarbeiten. Dieses Archiv war nicht für die Giants bestimmt gewesen, sondern die Mysterious hatten es zu ihrer Benutzung angelegt.
„Tschobe!« „Und?" fragte der Afrikaner ahnungsvoll und bereitete sich auf die nächste Überraschung vor. „Tschobe, wissen Sie, wer die Giants geschaffen hat? Jetzt können Sie es sich wahrscheinlich denken: die Mysterious. Aber dabei ist ihnen ein Fehler unterlaufen, nur haben sie nie herausgefunden, wo der Fehler steckte. Sie stellten plötzlich fest, daß ihre giantischen Roboter nicht nur eine völlig unerwartete Eigeninitiative entwickelten, sondern auch Serien schufen, die mit völlig neuen Aufgaben programmiert waren. Was sagen Sie dazu?" „Mich wundert so langsam gar nichts mehr, Dhark. Diese anorganisch-biologischen Roboter haben selbständig eigene Serien entwickelt. Dann muß es den Giants gelungen sein, sich der Kontrolle der Mysterious zu entziehen. Aber verdammt noch mal, die Giants existieren noch, und die Geheimnisvollen ..." Er stutzte. Ein Gedanke hatte ihm die Sprache verschlagen. „Ich weiß, was Sie jetzt denken, Tschobe. Sie vermuten, daß die Mysterious durch die Giants vernichtet worden sind. Stimmt's?" »Ja, das habe ich gerade gedacht und ..." Doorn machte sich bemerkbar. „Dhark, ich habe Informationen über robotische Ringraumer erhalten. Burton, können Sie Mysterious-Koordinaten auf unser Bestimmungssystem umrechnen?" Der konnte es. George Snide ging in der Zwischenzeit langsam an den fugenlosen Wänden entlang und suchte immer noch den Transmitter, der sich laut Wissen einer Mentcap hier befinden sollte, und er konnte doch nur in einer der drei Metallwände stecken. Sonst gab es doch in diesem Raum nichts als das große Portal in der vierten Wand. Ren Dhark wollte nicht glauben, was Manu Tschobe vermutete. Es erschien ihm einfach unmöglich, daß die Mysterious durch die Giants vernichtet worden waren; aber gab das Eingeständnis der Geheimnisvollen nicht zu denken, die zugegeben hatten, daß ihnen bei der Entwicklung der giantischen Roboter ein grundlegender Fehler unterlaufen war? Lag in diesem Fehler das Verschwinden einer Rasse, die vor rund tausend Jahren alle ihre Positionen in der Galaxis verlassen hatten, um nie mehr wieder aufzutauchen?
Jan Burton gab Doorn die umgerechneten Koordinaten bekannt. Im gleichen Moment stutzte Burton. „Ist in diesem Gebiet nicht die FO III unter Captain Bradock verschollen?" Dhark, der wieder einmal zweigleisig dachte, hatte die Bemerkung gehört, obwohl er sich gerade mit Doorn unterhielt, der ihm Informationen über eine große Robotflotte gab, die in unterirdischen Depots auf irgendwelchen Planeten stationiert seien und auf einen bestimmten Kommando-Impuls in Marsch gesetzt werden könnten. „Moment, Burton." Audi Doorn schwieg. Dhark hatte sein Spezialvipho eingeschaltet und sprach mit Riker in der POINT OF. „Kannst du sofort feststellen lassen, aus welchem Sektor der letzte Funkspruch der FO III gekommen ist, die unter dem Kommando von Captain Bradock flog?" „War dieser Captain nicht mit Marschall Bulton verwandt?" „Ja, aber versuche so schnell wie möglich die Angaben zu bekommen, die vielleicht von unwahrscheinlicher Wichtigkeit für Terra sein können." Dan Riker ahnte nicht, um was es ging, aber am hastigen Sprechen seines Freundes hörte er heraus, wie eilig Dhark es hatte. Zwei Minuten später tobte Riker über die Schlamperei in der Zentrale. Die drei Offiziere am Checkmaster bekamen unfreundliche Worte zu hören. „Und nur weil wieder einmal wichtige Unterlagen dem Checkmaster zur Speicherung nicht hereingegeben wurden, darf ich jetzt Cent Field anrufen, während der Commander das Vergnügen hat, warten zu dürfen. Meine Herren, ich werde auf diesen Fall zurückkommen. Verlassen Sie sich darauf." „Okay!" sagte Morris in der Funk-Z. »Cent Field werden wir sofort haben!" Er hielt Wort, dann ging die Anfrage nach Terra ab. Die Antwort sollte in wenigen Minuten kommen. In der Zwischenzeit hatte, sich Charly Snide mit einem neuen Menteap versorgt und es geschluckt. Er machte noch einmal die Probe und hatte die, Plastikschachtel nicht in den Auffangkorb zurückbefördert. Die gerade geschluckte Menteap lieferte ihm kein Wissen. Diese unheimliche Sicherung, die von den Mysterious mit einer bestimmten Absicht eingebaut worden war, wirkte auch in diesem
Fall, und die Sperre an der Menteap wurde erst aufgehoben, als die zerbrochene Verpackung über die U-Schiene in der fugenlosen Wand wieder verschwunden war. „Wir stehen auf dem Transmitter!" rief Charly seinem suchenden Bruder zu, der die linke Metallwand abtastete. „Oder vielleicht auf einem Raumschiff!" spottete Doorn, nachdem er den Boden betrachtet hatte, der spiegelblank war und nicht einen Kratzer aufwies. Die beiden Snides waren gutmütige Knaben und konnten eine ganze Portion Spott vertragen. „Warum soll diese Anlage kein Raumschiff sein. Sie ist doch in Ringform gebaut, wenn man sich den Kuppelsaal fortdenkt!" warf Charly dem Sibirier zu. Dhark schüttelte den Kopf. Mit seinen Männern ging die Phantasie durch. Da meldete sich Riker aus der POINT OF, Er gab die letzten Koordinaten der FO III an. Jan Burton konnte einen Pluspunkt für sich verbuchen. Der letzte Funkspruch des Forschungsraumers mit seinen Standort-Koordinaten lag auf Grün nur um 32,7 Lichtjahre von jenen entfernt, wo es auf Planeten riesige Robotflotten geben sollte. Und wieder wurde Verdacht in Dhark wach. Sollte das Verschwinden der FO III das Auftauchen der gewaltigen Ringraumer-flotte über Terra ausgelöst haben? Aber wie, zum Kuckuck, waren dann die Robotschiffe an die Position der Erde gekommen? Er ahnte nicht, daß er mit seinen Vermutungen der Wirklichkeit ziemlich nahe gekommen war. „Vorsicht!" gellte Charlys Ruf durch den Archivraum. Die Männer wirbelten herum. Ihr Blick ' folgte der ausgestreckten Hand von Charles Snide. Der Boden war transparent geworden. Man konnte nicht bestimmen, wie viele Meter man in die Tiefe blicken konnte, aber es mußten mehr als zwanzig sein. Und in der Tiefe stand eine graue Transmitter-Antenne, ähnlich dem Modell, das man zuerst im Industrie-Dom auf Hope entdeckt hatte. Aber wie kam man an diesen Transmitter heran? Und waren durch diesen Transmitter die vermißten Männer mit dem Robothund verschwunden? Hatten sich auch die Giants über diese Anlage
abgesetzt? Ren Dhark verlor trotz der turbulenten Ereignisse nicht die Übersicht. Er hatte seine Gedanken auf eine bestimmte Sache konzentriert, nahm eine neue gutverpackte Mentcap in Empfang, warf die zerbrochene Packung in den Korb zurück und schluckte die kleine weiße Kugel. Die Hoffnung, diesen Transmitter zu benutzen, mußten sie aufgeben. Mentcap-Wissen hatte ihm gesagt, daß die Anlage, wenn sie nur zu sehen war, aber nicht aus der Tiefe hochfuhr, gesperrt war. Die Aufhebung der Sperre war nur von der Gegenstation aus möglich! „Mist!" knurrte Doorn. Dhark schluckte die nächste Mentcap. Er wollte erfahren, ob die Giants über diesen Transmitter hatten verschwinden können, denn nach den in Terra vorliegenden Informationen der verschwundenen vier Cyborgs waren die Kugeltransmitter für die Giants unpassierbar. Sollten Transmitter mit der grauen Ringantenne die berühmte Ausnahme darstellen? Dieser Typ war die Ausnahme! Dann blieb der Auffangkorb leer. Es gab keine Mentcap, die angab, auf welchem Planeten die Gegenstation zu diesem Transmitter zu finden war. „Hier brechen wir vorläufig einmal unsere Untersuchungen ab und ..." Die POINT OF meldete sich. Dan Rikers leicht gerötetes Gesicht war auf der Bildscheibe des Spezialgerätes zu erkennen. „Ren, wir haben gerade wieder dieses ominöse Ron wedda wi terra! aufgefangen. Es kam aber nur dreimal ganz durch, und beim viertenmal brach es nach dem zweiten Wort ab. Deswegen allein rufe ich dich nicht an. Walt Brugg glaubt die Position des Senders jetzt ausgemacht zu haben. Er ist 62378 Lichtjahre von uns entfernt! Auf der Höhe des galaktischen Zentrums, aber auf Rot davon um 12 579 Lichtjahre versetzt." »Also links davon! Hm ... Ein bißchen und wir haben uns ja auch eine andere Aufgabe gestellt, unsere vermißten Männer zu suchen. Dazu ist in diesem fernen Sektor noch nicht einmal ein Forschungsraumer gewesen. Ich ..."
„Moment!" rief Riker dazwischen. „Die Station hat soeben wieder gesendet, aber den Text des Rufes verändert. Ich lasse nochmals durchspielen. Achtung, Speicherung läuft!" Terra wire! Wire terra! Terra wire! Wirt terra! Kein Wort aus der POINT OF. Kein Wort im Archivraum. Aber alle glaubten unter einer schweren, Last zu stehen. Terra — war mit diesem Wort nun die Erde gemeint, oder war es nun zum zweitenmal Zufall, daß dieses Wort in dem Ruf vorkam? Doch wozu diente das Wechselspiel im Verschieben der Wörter? „Konnte die Position erneut bestimmt werden?" durchbrach Dhark das Schweigen auf beiden Seiten. „Noch genauer. Mit der Echo-Kontrolle ist der Mammutsender genau zu erfassen. Distanz 62 376,9 Lichtjahre. Wir könnten es in drei Transitionen schaffen, Ren." „Ich muß es mir noch überlegen. Wenn wir mit der Suche nach unseren Leuten nicht weiterkommen, können wir ja noch einmal darüber sprechen." „Gut. Ende." Dhark trat auf Charly Snide zu. „Wie haben Sie es geschafft, daß der Transmitter sichtbar wurde?" „In Gedanken habe ich verlangt, ihn zu sehen, und da wurde der Boden transparent. Gedankertsteuetung!" Nur ein Wort, aber was verbarg sich nun tatsächlich dahinter? Sprach diese Steuerung der Mysterious tatsächlich nur auf die schwache Alpha-Rhythmus-Ausstrahlung des menschlichen Gehirns an, oder kamen noch andere Faktoren, die man bisher nicht entdeckt hatte, zur Wirkung? Manu Tschobe schluckte als letzter noch eine Mentcap. Er wollte erfahren, ob die Giants von den Mysterious als Wächter über die Transmitter-Straßen eingesetzt worden waren, oder ob die Giants sich eigenmächtig diese Aufgabe zudiktiert hatten. Er schüttelte den Kopf. „Man könnte darüber verrückt werden. Dhark, gerade erfahre ich, daß es gar keine Kontrolle oder Überwachung der Transmitter-Straßen gibt! Und es gibt sie doch. Zum Donnerwetter, gibt es auch Mentcaps, die uns einen Bären aufbinden?" »Das weiß ich nicht, aber daß es hier Giants mit einer auffallend
starken Eigeninitiative gab, das weiß ich. Ich möchte vermuten, daß die Giants in den letzten tausend Jahren hier allerlei verändert haben. Der Beweis, wenn man davon ausgeht, daß Mentcaps keine Lügen vermitteln, ist doch erbracht worden. Im Kuppelsaal sind über einen Schalter alle Transmitter stillzulegen und dazu noch die Werften auf Dockyard. Wir müssen uns hier mit der Tatsache vertraut machen, daß Mentcap-Wissen nicht unbedingt mit der heutigen Wirklichkeit übereinstimmt. Aber jetzt möchte ich noch etwas erfahren." Aber der Auffangkorb blieb leer. „Ich hatte es befürchtet." Er sah seine Männer der Reihe nach an. „Ich wollte erfahren, was die Mysterious über die Herstellung der Giants an Nachrichten hinterlassen hatten. Versuch negativ verlaufen. Keine Mentcap im Korb. Daraus wäre zu schließen, daß mit der Herstellung der Giants erst begonnen wurde, als die Mysterious verschwunden waren ..." „Und damit wären wir wieder bei meinem Verdacht, daß die Geheimnisvollen durch ihre eigenen Roboter vernichtet worden sind!" Doch Manu Tschobe brachte es nicht im triumphierenden Ton hervor, sondern stellte es nur als Wahrscheinlichkeit hin. Ren Dhark sah den Afrikaner nachdenklich an. „Tschobe, wenn das stimmt, dann haben auch wir die Giants zu fürchten. Dann sind sie aller Feind, aber können die Mysterious wirklich so dumm gewesen sein, Roboter zu entwickeln, die zu einer Gefahr für sie werden konnten?" „Commander, denken Sie an die Kuge-raumer der Giants. Jetzt bin ich überzeugt, daß sie diese Schiffe selbst hergestellt haben. Und noch eins: Warum hätten die Giants die Geheimnisvollen nicht vernichten sollen? Eine ethische Schranke zwischen ihnen bestand doch nicht. Die Mysterious stellten irgend etwas dar, das die Giants störte und das sie dann zur Seite fegten. Es war für sie so unbedeutend, daß sie die Tatsache der Vernichtung nicht einmal ihren Programmgehirnen mitgaben. Wie sie es ja auch als völlig belanglos betrachteten, woher sie kamen. Unsere lieben Mysterious haben mit diesen Giants etwas geschaffen, das streng genommen gegen Naturgesetze verstößt. Sie haben eine unverzeihliche Sünde begangen, ich möchte fast annehmen, aus Hochmut, und diese Sünde haben sie mit dem Untergang ihrer Rasse bezahlen müssen. Es wäre schön, wenn ich mich mit allen meinen Vermutungen
geirrt hätte, aber ich befürchte, daß ich am Ende doch recht behalte. Und wie groß die Gefahr durch die Giants ist..." Er verstummte. Tschobe schüttelte nur den Kopf. „Wenn das stimmt, dann haben wir und andere Rassen schon mit ihnen zu tun. Dhark, die Unsichtbaren mit ihren unsichtbaren Stationen könnten Giants sein, denn nur Roboter können so sinnlos, so gnadenlos morden." „Sie sind weit über das Ziel hinausgeschossen, Tschobe. Erinnern Sie sich, wie genau der Cal den Vertrag einhielt, den wir mit ihm geschlossen hatten." Ich habe es nicht vergessen, aber ich habe uch nicht vergessen, daß wir es mit verchiedenen Arten von Giants zu tun haben. Mag der Himmel wissen, was sich die Mysterious dabei dachten, als sie diese Roboter schufen, und was mir gar nicht in den Kopf will wozu sie die Giants bei ihrer perfekten Automation benötigten. Verfiel ihre Kultur schon, war ihre Technik ausgebrannt, und gab es bei ihnen keine schöpferischen Gedanken mehr?" Fragend blickte er den Commander an, der sich der Wirkung von Tschobes Überlegung nicht entziehen konnte. Vieles, was der Afrikaner ausgesprochen hatte, war auch von ihm gedacht worden, aber es gab darunter einiges, dem er unter normalen Verhältnissen scharf widersprochen hätte. Die Störung kam von der POINT OF. „Ren, auch Cent Field hat die Station lokalisiert. Ihre und unsere Koordinaten stimmen bis auf eine Differenz von 0,23 Lichtjahren überein. Dort wundert man sich auch, daß die ungewöhnlich starke Hyperfunksendung plötzlich nicht mehr von sieben verschiedenen Stellen gleichzeitig abgestrahlt wird. Man hat auf Terra den Verdacht geäußert, daß bei dem ersten stundenlangen Dauerruf ein technischer Fehler das eigenartige Phänomen ausgelöst hat, aber damit ist das Schweigen von Planet l und den anderen Sendern und Relaisanlagen leider nicht geklärt. Doch wie sieht es.bei euch aus? Habt Ihr Spuren von den Vermißten entdeckt?" »Ja, eine. Wir vermuten, daß sie mit den Giants durch einen Transmitter mit grauer Ringantenne verschwunden sind, aber das Aggregat ist von der Gegenstation her abgeschaltet. Wir kommen nicht einmal heran, denn es steckt im Boden des Archivs, der plötzlich transparent wurde. Mehr ist zur Zeit nicht zu melden." Die Auswertung des Archivs mußte einem Spezialteam überlassen werden; das bedeutete, daß Terra wieder um einige hundert
erstklassiger Experten ärmer wurde, aber der Mangel an Fachkräften aller Art würde erst zum Jahresende zu einer Katastrophe werden, wenn es bis dahin nicht gelungen war, einen Weg zu finden, der aus diesem Dilemma führte. Die Aufgaben, vor denen die Menschheit plötzlich stand, waren wohl zu bewältigen, aber der Zeitraum, in dem sie gelöst werden sollten, war zu kurz bemessen. Man hatte es ja nicht einmal geschafft, eine Transmitter-Verbindung zwischen Hope und Terra herzustellen, weil die Industrie mit Orders eingedeckt war, die unbedingt zuerst abgewickelt werden mußten. Drei Stunden später befand sich Dhark mit seinen Männern wieder auf der POINT OF. Die Lagebesprechung mit Riker war kurz, das To-Funkgespräch mit dem Stab der TF und Henner Trawisheim noch kürzer. Ajs einzige Neuigkeit von Bedeutung war die Meldung, daß sieben Pyramiden-raumer der Utaren durch das Sonnensystem Kurs Terra flogen. Die Weisheit der pygmanenhaften Humanoiden besuchte zum erstenmal die Erde, um sich auf Terra für die Hilfe gegen den unbekannten und mörderischen Gegner persönlich zu bedanken. Cent Field hatte einen Bahnhof vorbereitet, der einmalig in der Geschichte der Menschheit war. Ren Dhark stand vor der Entscheidung, die Suche nach den Vermißten weiterzuführen, wenngleich es keine einzige handfeste Spur gab, oder nach Terra zurückzufliegen, um als Commander der Planeten die Weisheit zu empfangen. Der Entschluß fiel ihm nicht schwer. Die Weisheit mußte sich mit seinem Stellvertreter begnügen. Seine Aufgabe war es, Männer zu suchen, die auch ihn nie im Stich gelassen hätten. Knacken in der Bordverständigung. Die Männer um den Schwebetisch in der Kabine des Commanders blickten in Richtung des Lautsprechers. „Dhark, da ist die Station schon wieder zu hören. Ich schalte um!" Terrun woger terra! Terrun woger terra! Terrun woger terra! Jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Der Ruf aus dem Sternenmeer galt Terra, aber wer rief die Erde? Wer? Terrun woger terra! Terrun woger terra!
„Los, Brugg, funken Sie auf derselben Frequenz zurück. Am besten mit To-Funk. Als Text nur Terra und dann dahinter die Additionsaufgabe: Zwei plus zwei gleich vier. Sie wissen Bescheid." Leichte Röte stand in Dharks Gesicht. Er wußte darum, aber nicht, weshalb er sich darüber so stark erregt hatte. „Morris!" Der meldete sich sofort aus der Funk-Z. „Fehlen an den Blips dieser Sendung auch die RaumZeitschnörkel?" „Nein, schon beim letztenmal nicht, Dhark. Das war uns sofort aufgefallen. Sogar den Herren in Cent Field." „Hm..." Danach kam nichts mehr. Dhark überlegte: Ron wedda wi terra! Terra wire Wire terra! Und nun: Terrun woger terra! Unverändert der Begriff Terra. Aus dem Wort Terrun konnte man vielleicht auch Terra ableiten. Die Wörter wedda, wi, wire und woger konnten nicht gedeutet werden. Auffallend, daß sie alle mit dem Buchstaben W begannen. Brugg jubelte über die Verständigung: „Die Station antwortet! Drei plus drei gleich sechs. Und hier der Text!" Terra wowire terra! „Commander, der Stab der TF. Ich gebe durch." Marschall Bulton wollte den Commander sprechen. „Hier steht alles kopf, Commander. Manche sehen in diesen Funksprüchen die größte Sensation. Ich selbst weiß nicht, was ich davon halten soll. Unsere Experten haben behauptet, die Sendeleistung wäre noch acht bis zehnmal größer als die von Planet 1. Und in den Rufen immer unverändert das Wort Terra. Je länger man es hört, um so stärker wird der Verdacht, daß man Terra um Hilfe ruft. Aber wer kann das sein? Wer weiß denn schon zwischen den Sternen, daß wir unsere gute Mutter Erde auch Terra nennen? Und wer ist in der Lage, solche riesenstarken Sender zu bauen, die jede menschliche Vorstellungskraft sprengen?" Dhark durchschaute Marschall Bulton, und auch Dan Riker, der eigentliche Chef der TF, dem aber jede Schreibtischarbeit verhaßt war. Dhark und Riker schmunzelten. Der Sibirier in der Ecke der Kabine
-grinste breit. Bultons Fragen waren eine einzige Bitte an den Commander, sich diese Funkstation in der Tiefe der Galaxis doch aus der Nähe einmal anzusehen. Wieder sorgte Brugg für eine Unterbrechung. Er hatte einfach ohne Ankündigung durchgeschaltet. Terra to! Terra, to! Das Wort Terra, ausgestrahlt von einer fernen, unbekannten Station, hatte Suggestivkraft, der auch Ren Dhark erlag. „Wir starten!" sagte er und erhob sich. Auf der Erde hatte Bulton mitgehört. Er nickte zufrieden. In Dharks Kabine gab es keinen Mann, der mit dem Entschluß des Commanders nicht einverstanden war. Um 22:09 Uhr Norm-Zeit startete die POINT OF zu einem Flug, der über 62 000 Lichtjahre führte. * Sie stießen in Weiten der Galaxis vor, die terra incognita war — unbekanntes Land. Im Schiff bestand Alarmstufe l! Die Waffensteuerungen waren vollbesetzt, auch die Zentrale. Falluta und Bebir unterstützten Tino Grappa an den Ortungen. Der Checkmaster hatte die Order erhalten, sofort einzugreifen, wenn Gefahr für die POINT OF bestehen sollte. Alle Wissenschaftler fieberten, als ob sie noch nie einen Raumflug mitgemacht hätten. Jens Lionel rieb sich die Hände. „Endlich kommen wir mal ein Stück dem Sektor näher, in dem die Störungen des elektromagnetischen Feldes ihren Ursprung haben. Vielleicht haben wir sogar die Möglichkeit, zu erfahren, wie es zu diesen Magnetorkanen kommt." Seine Kollegen teilten seinen Optimismus nicht. Ein Teil davon glaubte nicht mehr daran, daß zu ihrer Lebenszeit dieses Rätsel noch gelöst werden würde. Ren Dhark tastete sich vorsichtig an das Ziel heran. Er hatte die Tels nicht vergessen, und es lag im Bereich der Möglichkeit, daß diese Rufe in unbekannter Sprache, die nur das eine bekannte Wort Terra enthielten, nichts anderes als ein Köder waren. Dro Cimc mußte befragt werden. Neuer To-Funkspruch nach Terra. Dro Cimc war nicht zu
erreichen! „Ich muß ihn in der nächsten halben Stunde sprechen, andernfalls haben wir die Transition zu verschieben!" sagte Dhark mit allem Nachdruck. Dreizehn Minuten später sprach der Commander mit dem Wer der Tels. Auch ihm war diese Sprache unbekannt. Er verbürgte sich dafür, daß sie zu keinem Idiom der Tel-Sprache gehörte. Dann machte er noch eine bedeutungsvolle Bemerkung. Ihm als Wer, im Rang einem General der TF vergleichbar, war nicht bekannt, daß das TelImperium einen Sender von dieser Megawattleistung besaß. Also keine Falle? Marschall Bulton mußte noch einmal her. „Szardak und Larsen sollen ihre S-Kreuzer startklar halten, für den Fall, daß wir in eine bedrohliche Notlage kommen ..." „Wir setzen in diesem Fall auch noch die neue TERRA _ein, Commander. Sind Sie damit einverstanden?" TERRA, der erste To-Raumer der Erde, der mit drei MysteriousTriebwerken ausgerüstet war. „Einverstanden. Ende." Die Astrophysiker waren ungehalten, weil zwischen der Rematterialisierung und dem nächsten Sprung nur immer fünfundvierzig Minuten lagen. Sie hätten Tage benötigt, um all das Neue, das auf sie einstürmte, zu analysieren und zu erkennen. Unter anderem waren sie auf eine Tatsache gestoßen, die sie nicht erwartet hatten. Daß blaue Riesen in diesem Gebiet standen, war nichts Neues, aber daß sich diese blauen Sterne im Bereich einer erstaunlich dichten Gaswolke bewegten, verblüffte die Experten. Der kühle Wasserstoff war so komprimiert anzutreffen, daß damit alle Theorien über Dichte von Gaswolken im interstellaren Raum über den Haufen geworfen wurden. Plishi, ein Experte, der bisher kaum Aufsehen erregt hatte, fragte in der Funk-Z an: „Ist es möglich, eine Hypertunkfrequenz auf das metrische System umzurechnen?" „Natürlich, aber was soll das erbringen?" fragte Glenn Morris. »Wir möchten nur eine weitere Vergleichsmöglichkeiten haben",
wich Plishi aus. „Und was soll umgerechnet werden?" erkundigte sich Morris freundlich. Dann staunte er. „Okay, jetzt verstehe ich wohl gar nichts mehr, aber das spielt ja keine Rolle. Gut, ich rechne Ihnen die Hyperfrequenz, auf der die unbekannte Station gesendet hat auf das metrische System um. Ich rufe Sie wieder an, wenn's soweit ist." „Plishi, was wollen Sie eigentlich damit erreichen?" fragte ihn sein Kollege, der gerade wieder zwei blaue Riesen auseinandergenommen hatte und nun die Daten speichern mußte. „Es gibt doch zwei Möglichkeiten für das Elektron des Wasserstoffs, an das Proton gebunden zu werden..." „Ja, aber das ist eine alte Jacke, und?" „Und was geschieht, wenn das Elektron im Wasserstoff von einem Zustand in den ändern übergeht?" „Wollen Sie mich mit diesen einfältigen Fragen auf den Arm nehmen, Plishi?" „Nein." Der andere schüttelte den Kopf. „Dann will ich Ihnen auch noch diesen Gefallen tun. Also, wenn das Elektron im Wasserstoff von einem Zustand in den anderen übergeht, sendet es gleichzeitig Radiowellen aus, und wie beim Licht hat diese Radiowelle eine ganz bestimmte Wellenlänge, die einer Spektrallinie entspricht. Ich glaube, daß vor rund hundert Jahren ein Van de Hülst mit der damals ganz jungen Radioastronomie eine Untersuchungsreihe vorgenommen hat und auf eine Wellenlänge von etwa 21 Zentimetern gestoßen ist. Aber damit habe ich Ihnen erschöpfend Auskunft gegeben. Eigentlich hätten Sie es selbst wissen müssen. Verstehe gar nicht, wie man mit diesen Wissenslücken Astrophysiker werden konnte." Plishi schwieg zu diesen Vorhaltungen. Er wartete auf Glenn Morris Umrechnungsresultat. Kurz vor der Transition gab der Funkspezialist es durch, „20,899 Zentimeter. Mein lieber Plishi, das war vielleicht eine Heidenarbeit, aber sie hat mir Spaß gemacht. Wenn Sie hin und wieder ähnlich verrückte Anliegen haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an mich. Es tut manchmal gut, seinen Geist anzustrengen. Meistens ist man doch zu faul dazu und fragt den Checkmaster."
„Plishi, und was machen Sie jetzt?" fragte ihn sein Kollege mit gutmütigem Spott in der Stimme. „Die nächste Transition abwarten." Pünktlich auf die Sekunde wurde der Sprung durchgeführt. Blaue Riesen gab es auch hier, aber nur ein Zehntel, gemessen an der Zahl der Sterne, auf die sie 10 000 Lichtjahre zurückliegend gestoßen waren. Die Dichte der Wasserstoffwolke hatte noch mehr zugenommen. Im Gebiet der blauen Riesen wurde sie aufgeheizt. Sie war wunderbar in herrlichen Farben auf einigen Bildschirmen zu sehen. „Das wird schwerwiegende Auswirkungen auf die bisher gültige Gaswolkentheorie haben." Plishi kümmerte sich nicht um das Streitgespräch. Er nahm eine Untersuchung nach der anderen vor, und er wurde immer zufriedener, je länger er die Resultate studierte. Dann befand sich die POINT OF 50 000 Lichtjahre entfernt vom Planeten der Giants, und das Schiff stand immer noch in einer Wasserstoffwolke, deren Dichte abermals eine Steigerung erfahren hatte. Acht Minuten vor der letzten Transition schaltete Plishi zu Commander Dhark durch. Ich möchte Sie auf etwas vorbereiten, der. Wir werden auf eine Funkstation stoßen, deren Megawatt-Leistung nicht atemberaubend groß ist, aber wir werden eine Station antreffen, die sich im Zentrum einer Wasserstoffwolke aufhält und mit Hilfe dieser Wolke auf dem 21-Zentimeterband seine Sendungen verstärkt." Ren Dhark hatte nur 21-Zentimeterband verstanden! War dieser Astrophysiker Plishi leicht übergeschnappt? Wußte er nicht, daß diese Station Hyperfunksprüche ausgestrahlt hatte? „Doch, das ist mir bekannt. Glenn Morris hat mir die Hyperfrequenz, auf der die Rufe ankamen, auf das metrische System umgerechnet und dabei kam 20,899 Zentimeter heraus..." „Himmel noch einmal, gibt's das wirklich?" entfuhr es Ren Dhark, der keine Ahnung davon hatte und gleichzeitig feststellte, wieviel auch er nicht wußte. „Die Radiowellen dieser Gaswolke werden von der Funkstation benutzt, um die eigene Leistung um ein Vielfaches zu verstärken!" behauptete Plishi.
„Wissen Sie, was Sie damit sagen?" „Ja! Eine Wasserstoffwolke mit einer Breite von rund 28 000 Lichtjahren und einer Dicke von 8000 bis 13 000 Lichtjahren ist nichts anderes als der Verstärker dieser Station, die wir anfliegen." „Hm ..." Im Kommandostand sah man sich verblüfft an. Angst vor Zahlen hatte dieser Astrophysiker nicht, und allem Anschein Phantasie mehr als genug. Eine Wasserstoffwolke, die Radiowellen auf dem 21Zentimeterband ausstrahlte, als Verstärker für eine Hyperfunkstation zu benutzen? Ren Dharks Schlußbemerkung klang dementsprechend. „Wir lassen uns überraschen, Die letzte Transition erfolgte. Bis auf einige Lichtstunden entfernt sollte die POINT OF wieder ins heimatliche Kontinuum einbrechen. 2,1 Lichtstunden vor der Station rematerialisierte der Ringraumer. Die Vergrößerung der Bildkugel sprang auf Maximum. Überall im Schiff hielten Männer den Atem an! Sie sahen eine im Raum stehende, bizarr aussehende Kugel, die im schwachen Blaulicht strahlte. Um sie herum, aber noch deutlicher hinter ihr, glühten Gaspartikel, die dem Gebilde das Aussehen eines Kometen gaben. Aber was war mit dieser Kugel? Der Ausdruck war unrichtig. Sie hatten eine überdimensionale Kastanie, die noch in ihrer stacheligen Schale steckte, vor sich! „Energie-Ortung spricht an! — Massen-Ortung auch! Starke Konverter, schätzungsweise ein paar hundert, sind in Tätigkeit. Distanz 2,1 Lichtstunden. Durchmesser der Kastanie 68 Kilometer. Ganz hübscher Brocken. Schwerkraft hat er auch. An der Oberfläche 0,42, aber im Innern 0,94 Gravos!" Leidenschaftslos hatte Grappa seinen Bericht abgegeben. Seit ihren Besuchen in einigen Universen hatte er es sich doch abgewöhnen wollen, sich immer wieder aufzuregen, wenn ihnen Neues begegnete. In diesem Fall war es ihm sehr schwer gefallen, denn wer hatte schon eine Riesenkastanie von 68 Kilometern Durchmesser erwartet? Eine Kurztransition erfolgte. Im zeitlosen Sprung stand die POINT OF plötzlich nur noch in einer Entfernung von 230 000 Kilometern vor dem stacheligen Etwas, das aus dieser Nähe bedeutend stärker im
Blaulicht strahlte. „Blau, die Lieblingsfarbe der Mysterious", murmelte Dan Riker, der sidi an dem bizarren Gebilde nicht sattsehen konnte. Dhark zeigte seine Verwunderung und Ratlosigkeit nicht. Er schaltete die Feinjustierung der Bildkugel ein. Beinahe unmerklich wurden Einzelheiten auf der Oberfläche deutlicher. Die nach allen Seiten ragenden Spitzen waren Antennenmasten. Keine glich der anderen. Neben Spiralantennen standen langstielige Konstruktionen. Daneben und davor wieder freischwebende Halbkugeln, und dahinter reckten sich Masten, deren Enden Rechteckflächen trugen, ins All. „Ein Antennen-Museum!" Niemand lachte über diese treffende Bemerkung. „Dhark, die Kugel ist ein einziger Konverter; Was wir hier anmessen, hat es nicht einmal auf W-4 im Ika-3 System gegeben..." Plishi steckte in der Verständigung. „Dhark, die kühle kosmische Wolke, die mit Wasserstoffatomen übersättigt ist, hat in diesem Bereich ihre größte Dichte erreicht. Wir beobachten gerade einen Radiowellenstrom, der von der halbkugeligen Antenne — man möchte fast sagen — angesaugt wird. Mit dieser Beobachtung ist meine Vermutung verstärkt worden, daß man die Radiostrahlung der Gaswolke zur Verstärkung des Hyperfunksenders benutzt." Dieser Plishi war nicht nur hartnäckig, sondern auch ein dickköpfiger Mann. „Besten Dank für die Informationen!" Dhark schaltete ab. Die Funk-Z sollte die Station anrufen. Spannung wechselte in Enttäuschung. Die Station antwortete nicht. Dhark wagte nicht noch näher heranzugehen. Er beorderte die Cyborgs, Doorn und Manu Tschobe in die Zentrale. Jeder Cyborg war auch als Flash-Pilot ausgebildet. »Wir fliegen mit Flash hinüber. Ob wir einfliegen, kann ich noch nicht sagen. Für alle Fälle aber wird die große Ausrüstung mitgenommen." Sie wußten, was das hieß. Die große Ausrüstung schuf die Möglichkeit, bis zu vier Wochen von jedem Nachschub unabhängig zu sein. Sie zeigte aber auch an, für wie gefährlich der Commander
diesen Einsatz hielt. „Noch einmal die Kastanie anrufen, Morris!" Sie strahlte keinen Ruf zurück. Die blauschimmernde Riesenkastanie, die doch beim erstenmal stundenlang ein und denselben Satz ausgestrahlt hatte und die zum Schluß mit drei plus drei gleich sechs geantwortet hatte, schwieg sich aus. Wortlos, mit grimmigen Gesicht, wechselte Riker in Dharks Sitz. In seinem nahm Falluta, der erste Offizier der POINT OF, Platz. Das Einsatzkommando verließ die Zentrale. Dreiundzwanzig Minuten später flogen drei Cyborgs, Dhark, Tschobe und Doorn in drei Flash aus. Auf der Bildkugel sah man die plumpen Blitze kleiner und kleiner werden, aber Riker holte sie wieder in die Kugel, indem er auf Ausschnittvergrößerung geschaltet hatte. Da flogen sechs Mann dem Neuen entgegen, und er durfte wieder einmal Rückendeckung geben. Es fiel Dan Riker nicht immer leicht, stets Nummer zwei zu sein. Ob Ren Dhark daran schon einmal gedacht hatte? * Eylers Stimmung bewegte sich um den Nullpunkt herum. Dieser Tel mit dem eigenartigen Namen Dro Cimc machte ihm und seiner GSO Sorgen! Er versuchte immer wieder, der Überwachung zu entwischen. Und Bert Stranger, der Starreporter der TERRA- PRESS, wollte ihn verrückt machen. Allen Ernstes hatte doch dieser Mann behauptet, daß außer dem Wer und den einundneunzig schwarzen Weißen weitere von der Sorte frei und vergnügt auf Terra herumlaufen würden. Aber Beweise für seine ungeheuerliche Behauptung hatte der Mann mit dem unschuldigen Babyblick und der unglücklichen Figur nicht erbringen können. Eylers hatte ihn hinausgeworfen, Er hatte ihm empfohlen, sich so schnell nicht wieder sehen zu lassen. Er hatte ihn einen billigen Sensationsreporter genannt! Bert Stranger hatte ihn nur aus seinen Babyaugen unschuldig angesehen und war wortlos gegangen. Sein wortloser Abzug machte Eylers Sorge. Das paßte nicht zu dem Reporter, der sonst doch immer das letzte Wort haben mußte.
„Welches faule Ei brütet der Kerl bloß jetzt schon wieder aus?" fragte er sich, aber in seinem Arbeitszimmer gab es keinen Menschen, der ihm darauf eine Antwort geben konnte. * Die Sicherungswache im Brana-Tal hatte den leichtesten und langweiligsten Dienst. Das behaupteten die Männer, die hinter den Strahlkontrollen 'saßen und dort ihren Dienst verrichteten. U-587 war gemeldet, ein Groß-Jett aus Bombay. Achtundzwanzig Wissenschaftler kamen von einem Kongreß zurück. Gestern war die U-587 nach Bombay ge-llogen, um die Ärzte abzuholen. Fast auf die Minute pünktlich kam sie zurück, stand über dem Prallschirm, der die Cyborg-Station schützte, und forderte Landeerlaubnis. Die hatte der Tower zu geben. Und der Tower gab sie zuerst der Sicherungswache, damit die den Schirm abschalteten, und dann dem Piloten der U-587. Auch im Brana-Tal hatte alles seine Ordnung. Es gab in der Station sogar eine Abteilung der GSO. Schnüffler vom Dienst nannte man die Männer völlig zu Unrecht, denn sie taten nichts anderes als ihre Pflicht. Die U-587 durfte landen. Gemütlich stiegen die Wissenschaftler aus. Die Sicherungswache verfolgte es über zwei Bildschirme. Plaudernd kamen die Ärzte heran, nur der Pilot des Groß-Jett ließ sich nicht sehen. Wahrscheinlich hatte er an seiner Maschine eine Kleinigkeit in Ordnung zu bringen. Es gab noch Piloten, die kleine Reparaturen selbst durchführten, aber die mußte man auf Terra schon mit der Lupe suchen. „Nanu, was ist denn das?" stieß Shu Dragon aus, der die SensorKontrolle zu überwachen hatte. Rot flackerte. Drei Kreise waren ausgefallen. Die Kontrolle arbeitete nicht mehr, aber Dragon beeilte sich nicht sonderlich. Warum jetzt etwas überstürzen, denn die zurückkehrenden Ärzte waren ja schon hundertmal identifiziert worden, Er schaltete sein Vipho durch und rief die Abteilung Technik an. „Am Haupteingang ist die Sensorkontrolle ausgefallen. Schickt doch
mal einen Mann 'rüber, der sich der Sache annimmt." „Sehr eilig?" kam die Gegenfrage. „Wir haben bis in die späte Nacht zu tun." Die Techniker hatten immer bis spät in die Nacht zu tun. Das behaupteten sie stets; wer sie aber mal nach zwanzig Uhr besuchte, der fand sie hinter einer Plastikflasche bei gemütlichem Gespräch zusammensitzen, und der Alkoholgehalt der Luft in dem Aufenthaltsraum war dann meistens ziemlich hoch. „Eilig ist bei uns alles, aber bis zum Schichtwechsel muß die Reparatur erledigt sein, sonst kann ich nicht übergeben." »Wir sehen, was sich machen läßt!" Shu Dragon speicherte die Meldung, gab die Uhrzeit dazu, und damit war der Fall Torläufig für ihn erledigt. Achtundzwanzig Mediziner gingen durch den langen Haupttunnel immer tiefer in die Station hinein. Vor drei Jahren hatten hier 1350 Wissenschaftler gearbeitet. Inzwischen war die Zahl der Mitarbeiter auf über fünftausend gestiegen. Diese Station konnte für sich den Ruf in Anspruch nehmen, eine der kostspieligsten Forschungsstellen der Erde zu sein, aber die Unsummen, die hier ausgegeben wurden, kamen millionenfach an anderen Stellen wieder herein. Denn innerhalb weniger Jahre hatte die Cyborg-Station der Medizin so viele neue Impulse gegeben, daß Ärzte gesetzteren Alters einfach nicht mehr mitkamen, das Neue in ihrer Praxis zu verwenden. Hin und wieder begegnete die Gruppe anderen Kollegen. Man grüßte sich flüchtig, aber Bekannte waren nicht darunter. Drei Experten waren zurückgeblieben. Sie diskutierten über einen Vortrag, den sie auf der Tagung in Bombay gehört hatten, dem sie aber nur teilweise zustimmen konnten. Am Kreuzungspunkt drei blieben sie stehen und sprachen immer lauter. „Die Behauptung, das Pel-Virus sei eine Mutation aus dem Gerro-2 ist doch nackte Spekulation. Die Kristallstruktur beweist es doch ..." »Vergessen Sie nicht die Molekülkette..." „Ach! Zufällige Übereinstimmung. Die haben wir beim Forra, beim 2-Dru und beim Xida gleich dreimal..." Die anderen waren weiter gegangen. Bei 34-TT bogen sie rechts ab. Die beiden GSO-Männer, die vor der Tür 4638 Wache schoben, sahen die plaudernde Gruppe gemütlich herankommen.
„Die Mediziner aus Bombay!" sagte der eine zum anderen. Die Nachricht von der Landung des Groß-Jett hatten sie über Vipho erhalten. Vier Ärzte waren so sehr in ihr Gespräch vertieft, daß sie die beiden GSO-Leute gar nicht bemerkten. Höflich traten sie bis an die Wand zurück. Trotzdem war ein Zusammenstoß nicht zu vermeiden. Sie konnten nicht mehr reagieren, als sie die Paraschocker in den Händen der anderen sahen. Von der vollen Dosis getroffen, sackten sie paralysiert zu Boden. Im nächsten Moment wurde die Tür 4638 aufgestoßen, die beiden besinnungslosen GSO-Männer hineingeschleppt, und dahinter folgten in stürmischer Eile die anderen. Worte in fremder Sprache klangen auf. Einundneunzig Tels glaubten ihren Ohren nicht trauen zu dürfen. Hauchdünne Gesichtsmasken flogen auf sie zu, ebenso dünne Handschuhe. Die Reisetaschen, die jeder der fünfundzwanzig trug, schienen keinen Boden zu haben. Overalls der Monteure und Techniker wechselten den Besitzer. Sie sahen so aus, aber auch sie waren aus hauchdünnem, undurchsichtigem Plastikstoff. Genau durfte man nicht hinsehen, dann erkannte man die Tarnung. Die im Brana-Tal festsitzenden Tels hatten endlich begriffen, daß man sie befreien wollte. Ihre schwarzen Gesichter verschwanden hinter fleischfarbigen Masken, die Hände in den Handschuhen, und dann streiften sie die Pseudo-Overalls über. In ihrer Muttersprache wurde ihnen mit hastigen Worten der Fluchtplan erklärt. Atemlos hörten die schwarzen Weißen zu. IN drei Gruppen sollten sie verschwinden, wenn alles glatt verlief, befanden sie sich in einer Stunde schon in Sicherheit. An der Kreuzung drei standen die drei Männer immer noch und diskutierten über Viren, die eine Mutation erlebt haben sollten. Aber einer beteiligte sich plötzlich nicht mehr daran, als er die erste Gruppe aus dem Raum 4638 treten sah. Er griff in seine Reisetasche, holte ein Gerät hervor, das Ähnlichkeit mit einem Vipho hatte und sagte hinein: „Hauptausgang?! Hier Technische Zentrale IIIc. Hundertneunzehn Techniker und Ingenieure fliegen um 14:20 Uhr Norm-Zeit mit U-
578 nach Lhasa zu einem Spezialkursus. Danke!" Der nächste Anruf galt dem Tower. „Unterrichten Sie den Piloten der U-587, daß er um 14:20 Uhr Norm-Zeit mit hundertneunzehn Technikern und Ingenieuren nach Lhasa fliegen muß. Technische Zentrale IIIc erbittet Startfreigabe um diesen Zeitpunkt." „Hier werden nur noch Reisen angetreten. Gestern hundertachtzig Assistenten, vorgestern dreiunddreißig Laboranten ..." „Unsere Leute fliegen zu einem Spezialkursus nach Lhasa, der ihnen kaum Zeit zum Atmen läßt!" schnarrte der Mann in sein Gerät. „So war es auch nicht gemeint!" entschuldigte sich der Mann im Tower. „Startfreigabe erfolgt für 14:20 Uhr," An der defekten Sensorkontrolle war immer noch kein Monteur zu sehen, als der letzte der großen Gruppe nach draußen auf den GroßJett zuging. Niemand hatte es eilig. Man bummelte sogar. Shu Dragon, der sie davongehen sah, dachte etwas neidisch, daß er auch ganz gern mal wieder in einer großen Stadt ein Paar hübsche Mädchen sehen möchte, aber sein Urlaub was erst in fünf Monaten fällig. Der Groß-Jett hob ab. Der Prallschirm fiel zusammen, und die Maschine stieg steil in die Höhe. „Der hat's aber eilig, nach Lhasa zu kommen!" rief Dragon seinen Kameraden in der Sicherungswache zu. „Der fliegt direkt!" Der Pilot der U-587 hielt auf die fast siebentausend Meter hohe Wand zu, die dem Brana-Tal eine unbeschreibliche Kulisse gab, und er verzichtete darauf, erst zwei-hundertzehn Kilometer lang dem Tal zu folgen, und dann durch ein Seitental Kurs nach Lhasa einzuschlagen. In der Sicherungswache wurde der Steigflug des Jett über zwei Bildschirme verfolgt, und man war so gefesselt, daß man das Eintreten eines Monteurs überhörte. Der mußte sich erst bemerkbar machen. „Wer hat denn die Sensorkontrolle demoliert? Das ist doch Sabotage, was damit gemächt wurde. Laß mich mal ran." Er schaltete das Vipho ein und rief die GSO an. Er nahm kein Blatt vor den Mund. „Bleiben Sie, wo Sie sind, wir schicken sofort zwei Mann hinüber." Fünf Minuten später waren sie da. Wiederum eine Minute später
wurden alle Ausgänge der Cyborg-Station durch Energiegitter geschlossen. Aber erst um 14:56 Uhr Norm-Zeit entdeckte man die Flucht der einundneunzig Tels! Das löste Großfahndung auf der gesamten Erde aus. Es kam noch schlimmer. Die achtundzwanzig Mediziner, die von einem Kongreß aus Bombay gekommen waren, konnten nicht aufgetrieben werden. Nicht ein einziger meldete sich. Ghendi, erst seit drei Monaten bei der GSO, führte eine einfache Additionsaufgabe durch. Achtundzwanzig plus einundneunzig ergab hundertneunzehn! Niemand wagte dem Chef diese Mitteilung zu machen. Die beiden paralysierten GSO-Leute waren auf Stunden nicht zu verhören. Ihr Zustand war sogar bedenklich, weil man ihnen eine Dosis verabreicht hatte, die letale Stärke besaß. Aber wo waren dann die echten achtundzwanzig Mediziner, die doch längst wieder zurück sein mußten? Plötzlich stand Bernd Eylers in der Tür. Er war über Transmitter aus Alamo Gordo gekommen. An Ort und Stelle erfuhr er alles. Die Viphoverbindung zu seiner Zentrale stand. „Wo hält sich Dro Cimc im Augenblick auf?" fragte er durch. Er saß. Das war sein Glück. Dro Comc war seit 14 Uhr Norm-Zeit üer Überwachung entkommen. „Das paßt gut zusammen!" sagte Eylers, «der sich nur mit Mühe und Not noch beherrschen konnte. Am liebsten hätte er jeden einzelnen seiner Mitarbeiter angebrüllt, und er verdankte diesen Rest an Beherrschung nur seiner Erinnerung, die ihm hatte einfallen lassen, was Bert Stranger ihm erst vor ein paar Stunden in seinem Büro erzählt hatte: Auf Terra laufen Tels frei und vergnügt herum! Und er hatte darauf nicht reagiert! Er hatte sich auch noch aufs hohe Pferd gesetzt und Stranger hinausgeworfen, anstatt die Sicherung im Brana-Tal um das Zehnfache Zu verstärken. Er war ratlos, als er sich erhob. Was sollte er noch tun? Er konnte nichts anderes machen, als das Resultat der weltweiten Fahndung abwarten.
Dro Cimc, dachte er, du hast uns alle hereingelegt, den Commander und alle anderen. Wir haben dich unterschätzt! Aber er blieb doch nicht im GSO-Büro. Kurz darauf war er an der Sensorkontrolle des Haupteinganges zu finden. Den Monteuren fiel der Mann mit dem nichtssagenden Alltagsgesicht, der sich dazu auch noch etwas linkisch bewegte, nicht auf. Er selbst hielt sich im Hintergrund und hörte zu. Der Techniker, der den Störtrupp leitete, fluchte Stein und Bein über den Schuft, der die Kontrolle so fachgerecht demoliert hatte. „Das war ein Fachmann. Einer von den Spitzenkönnern, denn wer weiß schon, daß die ganze Geschichte durchschmoren muß, ohne die Sicherungen zu belasten, wenn man den Xipol mit Satz 3 und 7 zusammenschaltet? Verdammte Schweinerei!" Da legte ihm Eylers die Hand auf Schulter. „Woher wissen Sie es denn?" fragte er nur. Der Techniker musterte ihn von Kopf bis Fuß. Beunruhigt .war er nicht. „Wer sind Sie überhaupt? Zusehen und eine freche Lippe riskieren, das haben wir gern. Und darf ich Sie bitten, ganz schnell Ihre Hand von meiner Schulter zu legen, sonst entferne ich sie und Sie mit!" Das waren keine leeren Versprechungen. Der Techniker war gut gebaut'und gegenüber Bernd Eylers kompakt. „Eylers. GSO." Der Techniker grinste. „Kaiser von China!" meinte er und wollte mit schnellem Zugriff Eylers Hand von seiner Schulter entfernen. Er hatte den Chef der Galaktischen Sicherheits-Organisation immer noch nicht erkannt. Aber er kam nicht an Eylers Hand. Sie wurde von einer Prothese aufgefangen, und die Finger der Prothese hatten die Kraft von Stahlklammern. Es gehörte zu Eylers, daß er nicht daran dachte, sich den linken Unterarm mit einer normal arbeitenden Hand in einer kleinen Operation erneuern zu lassen. Ihn störte seine Prothese nicht; sie behinderte ihn in keinem Fall; sie war aber wiederum mit der eingebauten Gaswaffe und dem Filter, um sich bei Gas-beschuß nicht selbst zu gefährden, eine nicht ungefährliche Waffe. Wer ahnte denn schon, daß ein Mann mit dem linken Unterarm schießen konnte? Schmerzhaft verzog der Techniker sein Gesicht. „Antwort auf meine Frage!" verlangte der Chef der GSO kalt.
So schnell gab der andere nicht klein bei. „Sind Sie wirklich von der GSO, Mann?" Ein anderer rief ihm zu: „Das ist unser Chef in Alamo Gordo!" „Darum braucht er mir noch lange nicht die Knochen zu zerbrechen!" In diesem Augenblick wurde der Techniker ungezogen. Eylers ließ sein Handgelenk los und trat zurück. „Ich will Sie in Ihrer Arbeit nicht aufhalten." Er verschwand. Über Vipho bekam er seine Verbindung mit der Zentrale in Alamo Gordo. „Jetzt ist mal wieder ein Wunder fällig. Ich benötige in den nächsten dreißig Minuten alle Informationen über einen SensorTechniker Boris Tabor, 34 Jahre alt, geboren in Preßburg, tätig in der Cyborg-Station. In drei Minuten erwarte ich Ihren Gegenanruf." „Okay, Chef, wir versuchen es." Bombay meldete sich noch einmal. Die Mediziner, die den Kongreß besucht hatten, mußten schon in der Stadt verschwunden sein. Beweis, der Film eines Amateurs, der den Verkehr auf dem Jett-Hafen gefilmt hatte. Die achtundzwanzig Personen aber, die den Groß-Jett U-587 benutzt hatten, waren auf dem Film als jene Unbekannte ausgemacht worden, die man mit den Tels suchte. Kurz darauf meldete sich Bombay noch einmal. Man hatte den Piloten des Groß-Jett gefunden. Er lag im City Hospital, und die Ärzte waren noch nicht in der Lage, festzustellen, welche Drogen er zu sich genommen hatte. »Wer hat dann den Groß-Jett geflogen?" Ein Funkspruch lief ein. U-S 87 gefunden aber leer. Spuren lassen darauf schließen, daß die Gruppe durch mehrere Schnell-Jetts fortgeschafft wurde. Wenigstens acht Maschinen waren im Spiel. U-587 befindet sich in flugfähiger Verfassung. Das wiederum wollte Eylers nicht glauben. „Halten Sie Distanz zu dem Groß-Jett. Unter keinen Umständen etwas einschalten. Wir schicken Spezialisten, die den Kahn erst einmal durchkontrollieren, oder möchten Sie mit dem Ding in die Luft fliegen?" Drei Stunden später bestätigte sich, daß er mit seinem Verdacht recht hatte. Ein Zeitzünder war eingebaut worden, der dem Groß-Jett
nach einem Flug von zehn Minuten in tausend Stücke zerrissen hätte. Der Verdacht gegen Boris Tabor war unbegründet. Der Techniker hatte eine fleckenreine Weste und war in der Cyborg-Station als absolut zuverlässig bekannt, wenn er auch oft das große Wort führte. Bernd Eylers aber ließ nicht locker. Er bestellte Tabor ins Büro und nahm ihn ins Verhör. Unter dem Dauerfeuer an Fragen wurde Tabor langsam warm. Immer deutlicher erkannte er, daß der GSO-Chef ihm mißtraute, und das regte seine Denktätigkeit außergewöhnlich stark an. Polternd erwiderte er auf die letzte Frage: „Warum sitze ich allein hier? Warum verhören Sie nicht auch meine anderen Kollegen? Jeder von uns kann diese Schweinerei mit der Sensorkontrolle ausgeheckt haben ... Aber da fällt mir etwas ein." Sein Blick bekam einen grüblerischen Eindruck. Er schien vergessen zu haben, daß er seit zwei Stunden im Kreuzverhör stand. „Da hat sich doch jemand bei meinem Kollegen Loa To-Datse über Pannenmöglichkeiten an Sensorkontrollen erkundigt. Wer war das denn noch?" Er hatte die letzte Frage- noch nicht ganz ausgesprochen, als Loa To-Datse schon den Befehl erhalten hatte, sich sofort im Büro der GSO einzufinden. Er nahm Tabors Stelle ein. Auf ihn prasselten die Fragen herunter. Er erinnerte sich des Falles besser als sein Kollege Tabor. „Mit Frank Spollaine habe ich darüber gesprochen, aber den können Sie nicht mehr sprechen. Der ist vor zwei Stunden tödlich verunglückt. Mit 200000 Volt ist nicht zu spaßen." Aber es war kein Unglücksfall, wie man bisher angenommen hatte. Es war Mord. Doch wer hatte Spollaine an einer 200 000-VoltLeitung in den Tod geschickt? Hatte Spollaine deswegen sterben müssen, weil er die Sabotage an der Sensorkontrolle verübt hatte? Die fünfundzwanzigtausend Dollar, von denen nur ein paar fehlten, verstärkten den Verdacht, und daß man sie im doppelten Boden seiner Werkzeugtasche gefunden hatte, sprach Bände. Er konnte den Betrag nicht gesperrt haben, denn Spollaine war als leidenschaftlicher Spieler bekannt, der unentwegt neue Freunde suchte, um sie anpumpen zu können. Alle Spuren brachen plötzlich ab. Dro Cimc war und blieb verschwunden! Von den Tels und ihren Befreiern keine Spur.
Frank Spollaine war durch einen Stromstoß von 200 000 Volt ins Jenseits befördert worden. Nach wie vor suchte man in Bombay die achtundzwanzig Mediziner, die an einem Kongreß teilgenommen hatten. Und um das Maß vollzumachen, lief Bernd Eylers in der CyborgStation einem Reporter in den Weg, der Bert Stranger hieß. „Na, Sie kluger GSO-Chef, der seine Besucher so gekonnt an die frische Luft setzen kann, wie fühlen Sie sich?" Und diese unschuldig blickenden Babyaugen stellten die allergrößte Unverschämtheit dar. „Wenn Sie etwas Neues über den Fall erfahren wollen, müssen Sie schon die nächsten Nachrichten der TERRA-PRESS hören. Eylers, laden Sie mich heute abend in Alamo Gordo .zum Essen ein? Wie war's mit ,Chris' Bar'? Seine chinesische Reistafel soll unübertrefflich sein." „Schlucken Sie von mir aus Zyankali!" schleuderte ihm Eylers wütend entgegen, weil er einsah, daß diese Runde von Bert Stranger gewonnen worden war. Aber wo hatte der Bursche die Informationen her, durch die er erfahren hatte, daß sich Tels ungestört auf Terra bewegten? Die Frage lag ihm schon auf der Zunge, doch dann stellte er sie nicht. Stranger würde sich hinter seine Schweigepflicht verschanzen, und ein Gesetz gab ihm das Recht dazu. Nur bei planetarischen Notstand hatte jeder Journalist Farbe zu bekennen und seine Informanten zu nennen, aber auf Terra gab es keinen planetarischen Notstand. Bert Stranger sah Eylers so lieb an, daß es einem weh tun konnte. „Darf ich Ihnen von meiner Zyankali-Portion die Hälfte abgeben, Eylers? Das wäre doch nett von mir, denn dann würden wir beide uns nie mehr reizende Bonmots sagen können." Er nickte freundlich und schob seine unglückliche Figur weiter. Er hatte wieder einmal das letzte Wort gehabt, und Eylers sah ihm keineswegs freundlich nach. Dabei waren sie sich im Grunde des Herzens nicht ernsthaft böse, aber es ergab sich aus ihren verschiedenen Positionen, daß sie immer wieder aneinandergerieten, und war es der Fall, dann sagten sie sich ungeschminkt die Meinung. Doch Zyankali hatten sie sich gegenseitig noch nie angeboten. „Aber woher hat Stranger die Informationen bezogen? Sein Riecher kann sie ihm nicht zugetragen haben."
Der Fall im Brana-Tal blieb ungelöst. Eylers kehrte nach Alamo Gprdo zurück. Hier erwartete ihn auch nichts Neues. Dann fiel ihm Strangers Vorschlag ein, in ,Chris" Bar' die chinesische Reistafel zu sich zu nehmen. Plötzlich bekam er Appetit, und eine halbe Stunde später saß er in ,Chris' Bar' an einem reservierten Tisch, Für ihn reserviert! Er konnte es sich nicht erklären, denn er hatte keinen Tisch bestellt. Er wußte alles, als er Bert Stranger durch die Drehtür eintreten sah. Die Babyaugen des Reporters schauten ihn so unschuldig un, daß Eylers um ein Haar der Appetit auf die Reistafel verging. Das gleiche drohte ihm noch einmal zu passieren, als Stranger an seinem Tisch Platz nahm. „Nett, daß Sie mich zur Reistafel eingeladen haben, Eylers, nun, bei ihrem Gehalt als Chef der GSO spielen die heutigen Ausgaben auch keine Rolle. "Wahrscheinlich werden Sie unser Essen sogar noch als Spesen absetzen." Jetzt nassauerte dieser Zeilenschmierer auch noch. »Ich habe Sie nicht eingeladen ..." Es hatte keinen Sinn, noch mehr zu sagen. Die Feuersuppe wurde serviert — für Eylers und Stranger. Bert Stranger hatte alles untadelig organisiert, und Chris Bar_versuchte das Beste zu geben, denn der Chef der GSO kam nicht alle Tage zu ihnen. Doch als es ans Zahlen ging, wurde Bernd Eylew weiß vor Wut. Chris kam persönlich an ihren Tisch. Chris weigerte sich, auch nur einen Dollar anzunehmen. „Meinem Haus ist es eine Ehre, den Chef der GSO und den berühmtesten Reporter der TERRA-PRESS als Gäste bewirten zu dürfen." Chris verschwand wieder. Eylers Gesicht zeigte immer noch eine blasse Hautfarbe. „Was haben Sie da gemacht, Stranger .. .?" Der erhob sich. Der Blick aus seinen Augen war unerträglich, das kindliche Lächeln auch. „Was macht man in solchen Fällen, Eylers? Als ich in Ihrem Namen den Tisch reservieren ließ, ließ ich auch gleichzeitig durchblicken, daß die GSO schlecht bei Kasse ist. Hat Chris nicht einmalig gut auf meine dezent vorgetragene Anspielung reagiert?" „Ich könnte Sie vergiften!" zischte Eylers, der keine Möglichkeit
sah, Strangers unverschämtes Vorgehen zu ahnden. „Ich weiß", sagte der Reporter mit dem Kinderblick. „Mit Zyankali, aber jetzt, da ich vollkommen gesättigt bin, schmeckt's mir nicht. Herzlichen Dank für den schönen Abend und das Essen, Eylers. Bye bye!" Kugelkopf und Kugelkörper setzen sich gleichzeitig in Bewegung. Einige Gäste im Lokal sahen ihm nach und grinsten über die unglückliche Figur, die zum Lachen reizte, doch andere wiederum lachten nicht. Sie flüsterten plötzlich mit ihrem Nachbarn am Tisch und wiesen auf Stranger. „Das ist er, dieser Stranger. Reporter bei der TERRA-PRESS. Ein gefährlicher Mann, der auch nicht mit zehn Millionen Dollar zu kaufen ist. Der geht über Leichen!" * Ren Dharks Kopilot im Flash 002 war der Cyborg Jan Burton; im Blitz 003 flogen Ch»rly Snide und Arc Doorn zusammen. Die 004 wurde von George Snide und Manu Tschobe besetzt. Unaufhaltsam näherten sich die Beiboote der POINT OF der überdimensionalen Kastanie. Je näher sie dem Monstrum kamen, um so mehr Einzelheiten der Oberfläche wurden erkennbar. Das war keine Riesenkastanie, das war «in Riesenigel, der alle seine Stacheln aufgerichtet hatte, Stacheln, die bis zu fünfzehn Kilometer ins All ragten und an ihren Enden alle nur erdenklichen Antennenformen besaßen. „Eine Raumstation von 68 Kilometern Durchmesser, und wir sind schon stolz darauf, Raumer zu bauen, die vierhundert Meter Durchmesser besitzen", sagte Dhark zu Burton, der wieder den Kopf in den Nacken gelegt hatte, um die Bildprojektion zu betrachten. Im Funk zwischen den Flash blieb es still. Die drei Blitze flogen in Keilformation. Der Abstand zueinander betrug mehr als zehn Kilometer. Das war nichts anderes als eine normale Sicherheitsmaßnahme. Man •wollte damit bei eventuellem Strahlbeschuß vermeiden, zugleich von einem einzigen Strahl getroffen 2u werden. Je länger sie flogen, um so schneller verringerte sich der Abstand zum Ziel. Aus der Bildprojektion wanderte der Riesenigel heraus,
und der Teil der Oberfläche, der erkennbar blieb, wurde ununterbrochen kleiner. Drei schlanke Türme von grauer Farbe, die vom schwach strahlenden Blau beleuchtet wurden, hatten im Bereich der Basis einen Durchmesser von zwei Kilometern, verjüngten sich dann aber auffallend schnell, um auf der Spitze drei hohle Halbkugel-Antennen zu tragen, die sich plötzlich gemeinsam bewegten und sich auf die Blitze ausrichteten. Im selben Moment stellte Dhark fest, daß sie in Fremdortung lagen. Ober Funk unterrichtete er die anderen. Jeder bereitete sich auf einen Zwischenfall vor. Distanz zur Oberfläche 34 000 Kilometer. Durchmesser der drei hohlen Halbkugeln fast zweitausend Meter. „Falls keine Störung erfolgt, gehen wir bei 10 000 in den Orbit und umfliegen die Station mehrfach. Doorn, achten Sie ganz besonders auf die drei Hohlkugeln. Sie sind mir nicht sonderlich sympathisch." „Okay." Die POINT OF meldete sich. „Wir werden seit einer Minute von Fremd-Ortung erfaßt. Grappa hat festgestellt, daß in der Kastanie noch ein paar tausend Konverter mehr angelaufen sind. Es klingt unglaublich, aber ich habe mich persönlich davon überzeugt. Aber auf Anrufe reagiert das stachelige Unkraut nicht. Wir haben alle Sprüche, die uns zugestrahlt wurden, abgespielt. Fehlanzeige." Das klang nicht beruhigend. Das Schweigen der Station kündigte im Gegenteil nahendes Unheil an. Und wenn Plishis Theorie stimmte, daß diese Konstruktion die Emissionsenergie einer riesigen kühlen Gaswolke als Verstärker benutzte, dann war sie auch in der Lage, diese Energie über Transformer umzuwandeln, um sie als Kampfstrahlen zu verwenden. Eine Methode, die Betriebskosten auf ein Minimum herunterzudrücken. Abstand noch 19 000 Kilometer! In den Flash wurde Summen laut. Überrascht lauschte auch Ren Dhark. Dieses Geräusch war ihm unbekannt. Ein schneller Blick über die Instrumente verriet ihm nichts. Unwillkürlich setzte er sein Wissen von Erron-3 ein. Es half ihm nicht weiter.
Das Summen wurde lauter. Da riß der Commander die Augen weit auf. Das Intervall seines Flash baute ab! Es brach nicht zusammen, sondern näherte sich unaufhaltsam der Unitalloberfläche. Der Abstand zwischen beiden betrug keine acht Zentimeter mehr. „Abstoppen!" befahl er über Funk und schaltete auf negative Beschleunigung. Die Andrucksausgleicher wurden mit den aufkommenden Gravoswerten spielend leicht fertig, aber der Abbau des Intervalls wurde damit nicht aufgehalten. Dan Ricer warnte aus der POINT OF. „Ihr fliegt in ein Feld hinein, mit dem unsere Experten nichts anfangen können. Ist bei euch noch alles okay?" Das war es längst nicht mehr. „Das Feld", informierte sie Ricer weiter, „hat seinen Ausgang bei den drei hohlen Halbkugeln auf den Amennenmasten." Unverständlich, daß die Belastung des Intervalls unverändert auf 1,3 Prozent stand, ein sehr niedriger Wert, wenn man berücksichtigte, daß man durch eine kühle Gaswolke von unerwarteter Dichte flog, in der Wasserstoffatome ihre Energie frei machten. Wenn die Entwicklung bei den drei Flash •weiterging, mußte in er nächsten Minute das Intervall die Unitalloberfläche der Blitze berühren. Und was geschah dann? Hob der Mini-Weltraum die Existenz des Unitalls auf? Und gab es zu einem gewissen Zeitpunkt dann keinen Flash mehr, wenn das Intervall sich noch stärker zusammenlog und im Bereich der Kabine wirksam wurde? Ren Dhark wurde es bei diesen Überlegungen etwas warm. Das Wissen, das er aus dem Archiv auf Erron-3 bezogen hatte, sagte ihm über diesen Fall nichts. Das Summen hatte an Stärke gewonnen. Es wurde belästigend laut. Dhark und Burton hatten Mühe, sich gegenseitig zu verliehen. Auf den beiden anderen Flash herrschte der gleiche Zustand, aber es war bezeichnend, daß an Dhark keine einzige Frage gerichtet wurde. Die Männer, die mit ihm diesen Einsatz flogen, waren es gewohnt,
Gefahren ins Auge zu sehen. Sie standen im freien Fall. Der Abbau dei Intervalls ging unaufhaltsam weiter. Dhark versuchte es mit der Gedankensteuerung. Sie sprach sofort an und übernahm die 002. Das hatte er nicht erwartet. Bemerkte die Gedankensteuerung die Gefahr nicht, in der sie schwebten? Dann traute er seinen Augen nicht. Sie kam wieder. Sie nahmen neue Fahrt auf. Der Kurs blieb unverändert. Aber das Summen in den Kabinen steigerte sich und näherte sich der Brüllstärke. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Ratlos schüttelte Dhark den Kopf. Sie kannten weder ihre POINT OF noch die Beiboote. Die Utaren, die einen Colonel Neep einmal gefragt hatten: Kennt Ihr Terraner überhaupt die POINT OF?, hatten mit dieser Frage ins Schwarze getroffen. Jetzt fanden Intervall und Oberfläche der Unitallhaut Kontakt miteinander. „Dhark, wenn das so weitergeht, sitzen wir bald im Freien!" rief Manu Tschobe herüber. Sie näherten sich dem 10 000-Kilometer-Abstand. Bei dieser Distanz wollten sie in den Orbit gehen und die Kastanie ein paarmal umfliegen, aber ob die Gedankensteuerung dieses Manöver durchführte, mußte abgewartet werden. Da wurde das Raum-Zeitgefüge unwahrscheinlich stark belastet. Der Taster für Struktur-Erschütterung schlug um ein Haar durch. Die Riesenkastanie war verschwunden! Sie hatte transistiert! War sie vor drei winzigen Beibooten der POINT OF geflohen? Dhark rieb sich die Augen, sah wieder zur Bildprojektion über seinem Kopf hoch, aber der Raum vor ihm war nachtschwarz, und in weiter Entfernung waren die ersten Sterne zu sehen. Stille in seinem Flash. Stille in den anderen beiden Beibooten. Aber auch Stille auf der Frequenz der POINT OF. Dort mußte ihnen das Ereignis auch die Sprache verschlagen haben. Eine Kugel von 68 Kilometern Durchmesser war aus dem Stand heraus in Transition gegangen! „Grappa!" Dharks Stimme klang heiser. »Ja?"
»Wo ist die Station wieder herausgekommen?" »Nirgendwo, Dhark. Nicht in unserem Raum-Zeitgefüge. Selbst wenn sie bis auf die andere Seite der Galaxis gesprungen wäre, ich hätte es anmessen müssen; aber es gab in diesem Fall nichts anzumessen. Sie muß sich in eines der anderen Universen zurückgezogen haben." Die Gedankensteuerung hatte alle drei Flash gestoppt. Ein Beweis, daß auch sie die Transition registriert und als solche erkannt hatte. „Grappa, ist alles ohne ein einziges Fragezeichen? Arbeiten Ihre Ortungen tatsächlich mit Null-Werten?" „Ja!" kam es sicher und schnell von der POINT OF. „Hier gibt es nichts, was zu Fragen Anlaß geben könnte." „Danke!" sagte Dhark. Sie konnten das Unternehmen abbrechen und wieder Kurs auf den Ringraumer nehmen. Da meldete sich Charly Snide. „Dhark, die Mysterioustechnik in allen Ehren, aber der Schwindel ist nicht perfekt genug. Die Station hat gar nicht transi-stiert. Ich sehe sie doch!" „Und ich auch!" behauptete der Zwillingsbruder George, der dem anderen so glich, daß man sie nicht unterscheiden konnte. In drei Flash und in der POINT OF hielten alle Menschen den Atem an. Alle wußten um das phänomenale Fernsichtvermögen der beiden Snides, die sogar noch im Frequenzbereich von 10", also etwa ,bis zur Mitte des Ultraviolettspektrums vordringen konnten. Kilometerweit entfernte Ziele spielten dabei keine Rolle. Im freien Raum war ihrer Fernsichtigkeit kaum Grenzen gesetzt. Zu diesem Können kam noch das eideti-sche Vermögen der Snides, das sie schon besessen hatten, als sie noch schwachsinnig waren. Die übersteigerte Ausprägung der Fähigkeit, optische Sammeleindrücke gleichsam photographisch im Gedächtnis zu speichern, hatte sie schon auf dem Planeten Robon bekannt werden lassen. Doch als sie dank Einsatz von Echri Ezbal zu gesunden,Menschen wurden, ging die .Ausprägung über diese enge Definierung hinaus, als sie den Beweis erbrachten, einwandrei geistige Arbeit zu leisten, um ein unbestechliches Resultat zu erzielen. Die Snides sahen die Station, aber von keiner Ortung konnte sie ertastet werden. Selbst die Gedankensteuerung war auf diesen Trick
hereingefallen. „Sie haben sich einen Deflektorschirm zugelegt und Transition gemimt, aber der Schirm ist nicht gut. Er wirft Schatten, und die sehe ich!" behauptete wieder Charly Snide. „Und ich auch!" bestätigte George. Diese Eigenart, daß der andere bestätigte, was der eine behauptete, hatten sie aus jener trostlosen Zeit als Schwachsinnige mit in ihr normales Leben genommen. Dadurch wurden ihre Behauptungen aber nicht abgeschwächt. Doch mit einem De-lektorfeld, das Schatten werfen sollte, konnte Ren Dhark nichts anfangen. Er fragte Charly noch einmal. „Der Schirm wirft Schatten. Mehr kann ich nicht sagen. Du vielleicht, George?" „Mehr kann ich auch nicht sagen!" So kam man nicht weiter. „Dhark, warum hat das Summen plötzlich ausgesetzt, aber warum liegt das Intervall immer noch auf der Unitalloberfläche unserer Flash?" Charlys Frage war berechtigt. „Ich bin kein Weissager. Ich weiß es nicht. Charly, können Sie uns an die Kastanie heranbringen? Trauen Sie es sich zu?" „Ich muß erst hören, was George meint. ; — Was sagst du dazu, George?" „Probieren und beweisen, daß die Station immer noch da ist, wo wir sie sehen. 'Übernimmst du? Der Commander hat dir die Chance gegeben." „Ich übernehme. Alles klar?" Aus seiner 003 gab Charly an, wie hoch er den Sie abgeschaltet hatte, und welcher Kurs bei ihm anlag. Er verzichtete darauf, in den Orbit zu gehen, sondern flog wieder direkten Kurs. „Der Schatten wird deutlicher. Seine Grenzen schärfer. George, du mußt mich verbessern, wenn du es anders siehst, verstanden?" „Schnauz mich nicht so an. Nimm dir endlich mal ein Beispiel am Commander. Ich habe es dir schon oft gesagt. Wenn du den Chef spielen darfst, bist du ein unausstehliches Ekel." Das Streitgespräch zwischen den Zwillingen lenkte für ein paar Sekunden ab. Dann war es Charly, der ihm ein Ende machte. »Dhark, der Belastungswert meines Intervalls geht immer weiter herunter. Ist es bei Ihnen auch so?"
„Unter eins, Charly." Fast ohne Ausnahme wurden die Zwillinge nur mit Vornamen angesprochen, und sie hatten sich daran gewöhnt, denn durch diese Methode wußten sie, wer von ihnen angesprochen worden war, wenngleich alle anderen sie nicht auseinanderhalten konnten. „Ist das von Bedeutung?" Daß er diese Frage stellte, bewies, daß er nicht auf sein zweites System geschaltet hatte. Sein Programm-Gehirn hätte ihm diese Frage unverzüglich beantwortet. „Charly, es wäre bedeutungslos, wenn das Intervall nicht auf der Oberfläche der Flash läge. Wenn meine Vermutung stimmt, dann manipuliert die Besatzung in der Kastanie mit unseren Intervallen und verrät damit, daß sie mehr darüber weiß als wir." „Sie eine Stufe zurück. Wir stehen ziemlich dicht vor der Station. George, siehst du mehr als Schatten?" „Nein, aber wir sind zu schnell. Denke daran, daß die Intervalle vielleicht nicht mehr wirken. Dann schlagen wir uns alle den Schädel ein, wenn wir aufprallen." Für einige Zeit war es im Funk still. Außer den Zwillingen sah kein Mensch etwas. Dhark konnte nicht an einen Deflektorschirm glauben, hinter dem sich die Riesenstation versteckt haben sollte, denn er sah die fernen Sterne, die vorhin nicht zu sehen gewesen waren, als sie auf die Kastanie zuflogen. Damit war doch der Beweis erbracht, daß sie sich durch Transition abgesetzt hatte. Aber wenn sich die Station doch hinter einen Schirm zurückgezogen hatte, der sie unsichtbar machte, dann wurde damit ein Verdacht des Afrikaners verstärkt, der in den Giants jene mörderischen Gegner zu sehen glaubte, die aus ihren unsichtbaren Stationen den Planeten Esmaladan und auch Terra angegriffen hatten, und auf deren Konto der Totriverlust von Schiffen der TF ging. „Sie auf Minimum." Kurz wurden die Flash abgebremst, damit sie auf die niedrige Geschwindigkeit kamen, .und dann war es im Funk erneut will. „Siehst du endlich besser, George?" Charlys Stimme war mit Unruhe geladen.
„Nur Schatten." „Wie sehen diese Schatten aus?" Dhark verlangte eine Beschreibung. „Wie schon, Commander? Grau, ein bißchen schwarz, und alles so verschwommen. Nichts Stabiles, aber es ist undurchdringlich." Das war dürftig, doch da sich George nicht meldete, mußte man daraus schließen, daß er die Schatten genauso sah. „Jetzt haben wir noch ein paar hundert Meter. Die anderen Flash stoppen! Ich taste mich vor. Paß auf, George!" „Gemacht." Die 003 setzte sich ab. Ob Doorn sich in der Gesellschaft von Charly Snide besonders wohl. fühlte, war nicht festzustellen. Der wortkarge Sibirier hatte bisher nicht viel gesagt. Langsam schob sich der Flash vor. Meter um Meter. Die Sekunden wurden zu Ewigkeiten. Der Gedanke, daß weit hinter ihnen die POINT OF stand, bereit, in jedem Augenblick einzugreifen, war nicht sehr trostvoll. Denn wenn es die Station hinter einem Deflektbrschirm gab und sie niit ihren Kampfstrahlen zuschlug, dann gingen alle drei Blitze trotz Intervall in einer Licht- und Energieorgie unter. „Gleich habe ich den Rand des Schattens erreicht..." Das war das letzte, was man von Charly Snide hörte. Der Flash schob sich langsam weiter, und ebenso langsam verschwand die plumpe Spitze des Beibootes. Dann war die Hälfte des tankförmigen Rumpfes schon verschwunden, und dann gab es die 003 nicht mehr! Kein Wort wurde laut. Jeder wartete, daß die 003 zurückkehren würde. Auch in der POINT OF. Minuten verstrichen. Das Beiboot mit Charly Snide und Are Doorn an Bord blieb verschwunden. Dhark versuchte, es über Funk zu erreichen. Es meldete sich nicht. In der POINT OF setzte man die Echo-Kontrolle ein. „Von einem Sender der 003 ist nichts festzustellen. Oder die EchoKontrolle versagt", gab Walt Brugg durch. Dhark mußte eine Entscheidung treffen, „Burton, sind Sie bereit, das gleiche zu wagen wie Charly?" „Commander, diese Frage war nicht erforderlich."
Dhark unterrichtete die 004, was er vorhatte. „George, Sie bringen mich mit Ihren Angaben langsam an den Schatten heran. Wenn ich halb drinstecke, versuche ich wieder zurückzukommen. Dabei wird Burton versuchen, ununterbrochen mit Tschobe zu sprechen. Sollte der Funkkontakt abreißen, schalte ich sofort auf maximale Negativbeschleunigung. Setzen Sie sich darum etwas ab, damit ich bei diesem Manöver nicht gegen Ihren Flash krache. Unserem Intervall traue ich nicht mehr," Die 002 schob sich langsam vorwärts. George gab ab und zu Anweisungen. „Jetzt stehen Sie dicht davor, Dhark." Hinter Dhark sprach Jan Bulton ununterbrochen mit Tschobe in der 004, Der Funkverkehr verlief ohne jede Störung. Die Bildübertragung war ebenfalls erstklassig. Die Farben kamen gut an. „Jetzt verschwindet die Nase Ihres Flash, Dhark." Der wunderte sich, daß ihm seine Bildprojektion davon nichts zeigte. Er sah seine komplette 002, an der auch die Nase nicht fehlte. „Jetzt sind Sie zur Hälfte mit dem Beiboot verschwur! . . ." In diesem Moment riß die Funkverbindung zu George und zu Manu Tschobe ab. Blitzschnell schaltete Ren Dhark auf maximale Negativbeschleunigung. Sein Flash mußte jetzt wie ein Torpedo in rückwärtige Richtung losrasen. Nichts geschah. Sle ließ sich nicht umschalten. Die Instrumente verrieten es. „Sterne und Soliden!" stieß Ren Dhark aus, dem es im geschlossenen Raumanzug heiß geworden war, obwohl die Klimaanlage einwandfrei arbeitete. „Wir haben kein Intervall mehr!" Jetzt schützte sie nur noch die Unitallzelle des Flash. Vergeblich versuchte er über Impulse der Steuerschalter das Intervall neu zu erstellen. Auf dem maßgeblichen Instrument höhnte ihn der Null-Wert an! „Commander, die Station!" Burtons Schrei gellte durch die kleine Kabine. Der Cyborg hatte die Projektion über seinem Kopf nicht aus den Augen gelassen. Hastig blickte auch Dhark nach oben. Zum Greifen nah standen sie dicht über der Station. Kaum hundert Meter von ihnen entfernt ragte eine Antennenkonstruktion in die Höhe. „. .. ihr uns? Hört ihr uns? Wir können euch sehen. Hallo, warum
meldet ihr euch nicht?" Doorns Stimme war es, die sie hörten. „Burton, schalten Sie auf Ihr zweites System!" befahl Dhark, der auf das Spezialkönnen seines Cyborgs jetzt nicht verzichten wollte. „Schon erfolgt!" Jan Burtons Stimme klang kaum verändert. Nur wer mit diesem Vorgang vertraut war und den Cyborg persönlich gut kannte, war in der Lage, an der winzigen Veränderung der Stimme festzustellen, daß der andere auf sein zweites System geschaltet hatte. Burton übernahm die Rolle des Funkers. Der Kontakt zur 003 war gut. „Unser Intervall steht wieder!" stellte Dhark mit Überraschung fest, weil er nicht! getan hatte, um es aufzubauen. „Unseres auch!" rief Doorn durch, der mitgehört hatte. „Kommt die 004 nach?" „Ich will es hoffen, wenn Riker es ihnen nicht strikt untersagt. Denen müssen ja die Haare zu Berge gestanden haben, als sie uns mit den Flash verschwinden sahen." „War es so unheimlich?" fragte der Sibirier zurück. „Ja", gab Dhark ehrlich zu. „Darum kann ich Riker verstehen, wenn er George untersagt, uns nachzufliegen." Doch seine Sorge war unbegründet. Hinter ihnen tauchte die 004 auf. Drei Beiboote der POINT OF standen 8536 Meter über der metallenen Oberfläche einer 68 Kilometer durchmessenden Station, die mit den bizarrsten Antennenmasten übersät war. * „Ob wir die noch einmal wiedersehen?" Diese Frage war in der Kommando-Zentrale der POINT OF gestellt worden. Dan Riker wirbelte mit seinem Pilotensessel herum. „Wer hat diese Frage gestellt?" Einer der beiden Offiziere auf der Galerie senkte den Kopf. Riker sah ihn nur an. Sein Blick sagte alles. Er verzichtete darauf, den Leutnant zurechtzuweisen. Die Funk-Z sollte eine Verbindung mit Cent Field herstellen. Hoffentlich kam der Kontakt zustande, und hoffentlich trafen die Vermutungen des Astrophysikers Plishi nicht ein, der schon wieder
eine neue Behauptung in die Welt gesetzt hatte, nach der jeder FunkVerkehr mit Terra unmöglich sei, weil die Radiostrahlung dieser kühlen Gaswolke auch Hyperfunk unmöglich mache. „... Wir befinden uns im Zentrum der Emissionen, in der nicht nur die Dichte am größten ist, sondern auch die Radiostrahlung einen bisher nie beobachteten Wert besitzt!" Die Kollegen von derselben Fakultät hatten Plishis Behauptung auch noch unterstrichen. Und die Funk-2 bestätigte es. To-Funk versagte auf diese Entfernung. Wütend fragte Riker bei den Astrophysikern an: „Können Sie mir vielleicht einen Tip geben, wie wir diese Radiostrahlung als Verstärker für unsere Sendeanlage benutzen können?" Genau die Antwort, die sie ihm gaben, hatte er erwartet. Das wäre eine Aufgabe für Hyperfunk-Spezialisten, Riker!" Die hatten schon lange vorher abgewinkt und ihr Unvermögen eingestanden. In der Zentrale herrschte keine gute Stimmung. Die drei Flash waren verschwunden und die Funkverbindung mit ihnen abgerissen, und Terra war auf diesem Weg auch nicht zu erreichen. Riker gab das Schiff an den Ersten ab. „Benachrichtigen Sie mich sofort, wenn sich irgend etwas Außergewöhnliches ereignet. Ich bin in der Astrophysik zu finden." Dort hielt er sich aber nicht lange auf, kam wieder in die Zentrale und ließ sich noch einmal den Film vorspielen, wie ein Flash nach dem anderen verschwand. »Sollten die Zwillinge doch recht gehabt haben, meine Herren? Sieht dieses Verschwinden nicht danach aus, als ob die Beiboote durch einen Deflektorschirm geflogen wären?" Niemand wagte sich festzulegen, weil die Erfahrungen fehlten. „Dann bleibt uns mal wieder nichts an-Jeres übrig, als zu warten und zu hoffen." Riker wollte auf Vorrat schlafen, aber die Unruhe machte diesen Vorsatz zunichte. Er wanderte in seiner Kabine auf und ab, nahm ein eiskaltes Duschbad und hoffte dadurch ruhiger zu werden. Auch das nützte nichts. Dem Alkohol ging er aus dem Weg. Die Medizinmänner in der Medo-Station wollte er nicht belästigen, denn Sedativa, zu einem falschen Moment eingenommen, konnten
bösartige Streiche spielen und einen Mann für Stunden lahmlegen. Seine Sorgen wären noch größer gewesen, wenn er geahnt hätte, daß man sich an "anderer Stelle auch Gedanken über die POINT OF machte, weil sie über Hyperfunk nicht mehr zu erreichen war. * Drei Schiffe der TF erhielten Startorder: B-100 und B-101 und die TERRA, der große rotfunkelnde To-Raumer, das erste Schiff aus dieser Fertigung. Eine Umgruppierung hatte vorher stattgefunden, nachdem zwischen Larsen und Szardak ein kurzes Gespräch vor Marschall Bulton geführt worden war. „Ich dränge mich nicht danach, das Kommando über die TERRA zu erhalten!" hatte Janos Szardak erklärt. „Und ich auch nicht!" hatte Ralf Larsen gesagt. Bulton hatte schon einen Dollar in der Hand. Larsen wählte Zahl. Der Dollar auf dem Boden zeigte sie nicht. ' Der neue Kommandant der TERRA hieß Janos Szardak. Larsen gratulierte ihm von Herzen. »Die POINT OF wäre mir lieber!" Welchem Raumschiffkommandanten nicht? Sie war immer noch das Non plus ultra; es gab kein zweites Schiff mit einem Checkmaster; es gab kein zweites Schiff, das über eine Gedankensteuerung verfügte, auch kein Schiff, das das Hy-Kon als Waffe einsetzen konnte. Die Mysterious, die ihren Ringraumer im Höhlensystem auf Hope nicht mehr ganz hatten fertigstellen können, hatten sich mit diesem Modell selbst übertroffen. Der Kurs der POINT OF war bekannt. Pie drei Schiffe, die nach dem Ringraumer suchen sollten, hatten genaue Order, die sie u,nter allen Umständen einhalten mußten. Janos Szardak haue beim Stab der TF Einspruch eingelegt. „Wer hat diese Order ausgearbeitet?" „Marschall Bulton mit den Colonels Clark und Huxley." „Dann richten Sie den beiden Colonels von Colonel Szardak einen schönen Gruß aus mit dem Versprechen, ich würde sie bei ihrem nächsten Einsatz auch mit Grüne-Tisch-Befehlen versorgen. Ende!" Die Utaren, die mit sieben 320-Meter-schiffen nach Terra
gekommen waren, verfolgten über einen Bildschirm d«n Start der TERRA, gegenüber der sich die S-Kreuzer wie Beiboote ausmachten. Die Weisheit verfolgte wortlos den Start des rotfunkelnden Schiffes. Sie versuchte zu verbergen, welchen Eindruck dieser Raumergigant auf sie machte, doch das Leuchten ihrer Knopfaugen verriet sie, und dann zeigten sie ihre Neugier, als sie sich nach dem Tofirit erkundigten. Drei Metallurgen, die die Sprache der Utaren beherrschten, gaben gern die nötigen Erklärungen ab. Einige Testreihen wurden auch gezeigt. Mehrfach wollten die Utaren nicht glauben, daß das Tofirit so stark durch gebündelte Energiestrahlen belastbar war, doch als der Film einen Vergleich zwischen dem rotfunkelnden Metall und Unitall brachte, bei dem das Tofirit seine überragende Qualitäten bewies, geriet die Weisheit aus der Fassung. Die Metallurgen erwarteten, daß nun die Utaren das Angebot machen würden, Tofirit zu kaufen, aber sie wurden angenehm enttäuscht, denn Terra hätte nicht liefern können, weil es seinen Eigenbedarf an Tofirit immer noch nicht decken konnte. Nicht allein der Transport des Schwermetalls bereitete immer noch Schwierigkeiten, mehr noch der Abbau auf den Planeten Hope und Jump. Während der utarischen Delegation die Erde von ihrer besten Seite gezeigt wurde, sah Bern Eylers nur die Schatten. Immer noch keine Spur von den entkommenen Tels! Keine Spur von Dro Cimc! Keine Spur von den Medizinern, die in, Bombay kurz nach Ende des Kongresses verschwunden waren! Stellten diese Tatsachen der GSO nicht ein Armutszeugnis aus? War es nicht auch ein Zeichen, daß die GSO von Grund auf umgestellt werden mußte? Lohnte es sich für die Galaktische Sicherheits-Organisation aber, Milliarden jedes Jahr auszugeben, wenn sie in den wichtigsten Fällen versagte? Hatten sich nicht alle Angehörige dieser Organisation vor einem Mann zu schämen, der Bert Stranger hieß und von Beruf Reporter war? Am liebsten hätte sich Bernd Eylers in einen Spezial-Jett gesetzt
und wäre in die, Einsamkeit des Nordpols geflogen, um nichts mehr von diesen Fehlschlagen zu sehen und zu hören. Aber er hatte in seinem Büro auszuhalten. Er war der Chef. Er hatte Direktiven zu geben. Er mußte neue Wege finden, wenn andere nicht zum Ziel führten. Wieso konnte der Tel Dro Cimc der Überwachung entkommen? Der Suprasensor, den er zu Rate gezogen hatte, -war mit der gestellten Aufgabe schnell fertig geworden, und eben hatte er zum drittenmal behauptet, daß Dro Cimc sich nicht mehr auf der Erde aufhalten, würde. Plötzlich erinnerte sich Bern Eylers eines ähnlichen Falles. Damals war ein Jack O'Sullivan wie eine Stecknadel gesucht und auf der Erde nicht gefunden worden. Kein Mensch war auf den Gedanken gekommen, daß er kurz vor dem Start einen Raumer betreten hatte, um mit ihm zu verschwinden. Eylers wurde aktiv. Die Verbindung zur Hyperfunkstation in Cent Field stand. „Ich benötige sofort Verbindung zu allen Raumschiffen, die seit gestern 13 Uhr Cent Field verlassen haben. Hoffentlich sind's nicht ein paar hundert." Es waren nur dreiundachtzig. Eylers stöhnte laut. „An alle Schiffe folgende Anfrage: Die GSO bittet den Kommandanten auf seinem Schiff nach dem Tel, der sich Dro Cimc nennt und in seinem Heimat-Imperium den Rang eines Generals besaß, zu suchen. Sollte er an Bord aufgegriffen werden, sofort Meldung an die GSO-Zentrale in Alamo Gordo! — Wie lange benötigen Sie, bis alle dreiundachtzig Schiffe den Spruch erhalten haben?" „Keine zehn Minuten!" „Dann jagen Sie den Spruch "raus!" Er wurde auch auf der TERRA empfangen. „Eylers im Druck!" stellte Janos Szardak fest, und ihm tat der Mann leid, der mit ihnen seit Hope durch Dick und Dünn gegangen war, und der keine Ambitionen hatte, die galaktische SicherheitsOrganisation zu mißbrauchen, um Machtgelüste zu befriedigen, denn in diesem Punkt war Eylers ohne jeden Ehrgeiz. Szardak reichte die Folie an seinen Zweiten weiter. „Veranlassen Sie alles
Erforderliche und machen Sie Meldung, wenn die Suchaktion abgeschlossen ist." Über Funk unterhielt er sich dann mit Larsen und Captain Swing, der der neue Kommandant der B-100 war. Auch dort wurde nach dem Tel gesucht. „Wenn er mit der Befreiung der einund-neunzig Tels in Verbindung steht, dann weiß ich jetzt schon, daß ein Mann maßlos enttäuscht sein wird — Ren Dhark." „Ziemlich unwahrscheinlich, daß Cimc damit zusammengebracht werden kann, Larsen. Denken Sie daran, daß ihn die anderen Tels freundlicherweise zu Tode trampeln wollten und in ihm einen Verräter ihrer Rasse sahen. Aber ich bin neugierig, auf welchem Schiff man ihn findet." „Oder er ist von Tels umgebracht worden. Haben Sie gestern die Nachricht der TERRA-PRESS gehört, die behauptet, daß sich eine Reihe Tels frei und unbelästigt auf der Erde bewegen würden?" „Ich glaube noch lange nicht alles, was man uns über TV serviert. Selbst unsere liebe Regierung einschließlich Trawisheim habe ich schon bei einigen saftigen Lügen erwischt. .. Moment, hier . . . Großer Himmel, ich habe Dro Cimc an Bord! Gerade hat man ihn in die Zentrale gebracht." Er durfte sich auch noch Ralf Larsens schallendes Gelächter anhören, das seine Stimmung auch nicht besserte. Janos Szardak baute sich vor Dro Cimc auf, ja, und dann war er mit seinem Latein am Ende. Seine TERRA verfügte über keinen Translator, und ohne ein Übersetzungsgerät war eine Verständigung mit Dro Cimc unmöglich. Der Tel sah ihn ruhig an. Unsicherheit war in seinen Augen nicht festzustellen. Die Uniform der TF, die er trug, stand ihm nicht einmal schlecht. Sie war vielleicht schuld daran, daß man erst nach dem Suchspruch der GSO auf ihn aufmerksam geworden war. Daß er kein Neger war, obwohl er die schwarze Haut eines Negers besaß, fiel kaum noch auf. „Na", sagte Szardak, „dann haben wir uns eben damit abzufinden. Spruch an die GSO, daß wir den Mann an Bord haben. Wird Eylers sich freuen. Aber das senden Sie nicht. .. Moment, aber meine Anfrage, ob uns Eilers einen Translator zur Verfügung stellen kann, der auf To-Funk eingerichtet ist."
Eylers Alltagsgesicht zeigte keine Bewegung, als es auf dem Bildschirm zu sehen war. „Ja, Szardak, wir können sofort einen Trapslator einsetzen. Ich bin auch neugierig, was Dro Cimc bewogen,hat, Terra mit der TERRA zu verlassen." »Das kann ich Ihnen sofort sagen." Dro Cimc sprach terranisch! Er hatte die terranische Sprache in der Cyborg-Station durch ein Verfahren gelernt, das die Utaren den Menschen zur Verfügung gestellt hatten. Davon hatte Eylers nichts gewußt. „Ich möchte über die TERRA wieder auf die POINT OF. Ich möchte in der Nähe des Commanders sein. Das allein ist der Grund, weshalb ich auf diesem Raumschiff bin." Auf der fernen Erde, die schon mehr als zentausend Lichtjahre entfernt lag, zuckte Bernd Eylers mit den Schultern. Der Tel war seinem Machtbereich entwischt. Jetzt hatte Colonel Szardak die Aufgabe, ihn zu überwachen. Solange sich das Schiff im Raum befand, war es kein Problem. Aber der Auftrag wurde verantwortungsvoll, wenn die TERRA auf einem Planeten gelandet war. »Szardak, ich habe keine Ahnung, wie Dhark über den Plan der Tels denkt, und solange er nicht zu befragen ist, tragen Sie die Verantwortung für den Wer. Damit wäre der Fall vorläufig für die GSO abgeschlossen." Die Verbindung mit der Erde bestand nicht mehr. Szardak wußte nicht, wie er sich gegenüber dem Tel verhalten sollte, aber er' wußte, daß der Commander diesen Mann achtete. Der Wer war doch kein Gefangener, oder doch? Wer hatte ihn der Aufsicht und Kontrolle durch die GSO unterstellt? Etwa Ren Dhark? „Wer, wußten Sie, daß Sie auf Terra überwacht wurden?" fragte er. „Überwacht? Ich wurde nicht überwacht, ich wurde beschützt. Nur war dieser Schutz manchmal etwas lästig. Im Brana-Tal konnte ich davon kaum etwas feststellen, aber in Alamo Gordo und in Cent Field versuchte man manchmal, mit den falschen Methoden zu arbeiten. Ich kam mir etwas hilflos vor, weil der Commander sich nicht auf Terra aufhielt. Erst als er mich von seinem Schiff aus anrief und ich ihm versichern durfte, daß die Sätze in unbekannter Sprache nicht meiner Muttersprache entstammten, faßte ich den Entschluß,
wieder auf sein Raumschiff zu kommen. In Cent Field hörte ich von dem Start dreier Schiffe, die losfliegen sollten, wenn Commander Dhark in Gefahr wäre. Ich verschaffte mir eine Uniform, und es gelang mir, unbemerkt an Bord zu kommen ..." „Trotz der Wachen an den Schleusen?" fragte ihn Szardak scharf. „Trotz der Wachen, Colonel." Lächelte der Wer? Szardak konnte- ei nicht genau sagen. Er drehte sich nach seinem Zweiten um. „Weisen Sie dem Wer eine Offizierskabine an!" und wieder zu Dro Cimc gewandt, sagte er: „Sie können sich im Schiff frei bewegen. Sollten wir aber landen, dann haben wir beide noch einmal miteinander zu sprechen." Der Wer verbeugte sich knapp. „Danke, Colonel", sagte er ruhig. „Darf ich mich, wenn ich meine Kabine angewiesen erhalten habe, auch hier in der Zentrale umsehen? Sie interessiert mich, denn sie unterscheidet sich stark vom Leitstand der POINT OF." „Leider", erwiderte der Colonel. „Aber auch die Zentrale steht Ihnen frei." Der Zweite Offizier blieb mit ihm auf dem Hauptdeck. Zwischen dem Leitstand und der WS-West erhielt Wer Dro Cimc seine Kabine, die mit Bad und Leseecke sehr modern und gut eingerichtet war. Der junge Offizier zeigte ihm, wie er die Bordverständigung zu bedienen hatte, doch als er gehen wollte, äußerte Dro Cimc einen Wunsch. „Darf ich Sie um eine Zigarette bitten? In meinem Reich kennt man das Rauchen nicht, und jetzt möchte ich es zum erstenmal in meinem Leben versuchen." „Bitte!" sagte der Zweite und bot ihm eine Packung an. „Viel Erfolg bei dem ersten Versuch, aber inhalieren Sie noch nicht, denn sonst könnten Sie einen unangenehmen Hustenanfall erleben." „Danke für den Rat." Zwei Stunden später war Dro Cimc immer noch nicht im Kommandoraum erschienen. Auch an anderer Stelle hatte man ihn nicht gesehen. Auf Durchruf über die Verständigung meldete er sich nicht. Szardak gab abermals seinem Zweiten den Auftrag, nach dem Gast auf der TERRA zu sehen. . Eine halbe Minute später wurde aus der Kabine des Wer die Medo-Station alarmiert. Der Zweite hatte den Tel besinnungslos dicht neben der Tür aufgefunden. Der Wer mußte im letzten Moment versucht haben, das Hauptdeck zu erreichen und hatte es nicht mehr geschafft. Eine zur
Hälfte angerauchte Zigarette lag ausgedrückt neben ihm. Der Zweite warf sie in den Ascher, als man den schwarzen Weißen hinaus und zur Medo-Station geschafft hatte. Erst drei Stunden später meldete sich ein Arzt bei dem Colonel. „Der schwarze Weiße hat unwahrscheinliches Glück gehabt, Colonel. Wir haben bis vor etwa einer Viertelstunde geforscht und uns nicht erklären können, warum seine Bewußtlosigkeit immer tiefer wurde und sich dem Koma näherte, bis wir eine NikotinBlutprobe machten. Da zeigte sich das Drama in seiner ganzen Größe. Nikotin ist für einen Tel Gift, tödlich wirkendes Gift. Kleinste Mengen genügen schon, um das Ende herbeizuführen. Unser Patient, mit einem uns vollkommen fremden Aufbau der inneren Organe, leidet an zerebraler, spinaler, neuropathischer und atrophischer Lähmung. Schlimmer konnte es bald nicht mehr kommen. Aber nun, da wir wissen, was diesen Lähmungsreigen ausgelöst hat, werden wir ihn bald wieder über den Berg haben. Colonel, ich schwöre Ihnen, dieser Tel faßt nie mehr eine Zigarette an." Kaum war die Verbindung unterbrochen, als der Zweite seinem Kommandanten sagte: „Das die erste Zigarette in seinem Leben. Er wollte nur eine haben. Ich habe ihm die ganze Packung gegeben, aber ich muß unsere Ärzte doch noch einmal fragen, wieso Nikotinrauch in der Luft einem Tel nichts ausmacht, aber zwei Züge aus einer Zigarette ihn in die Jagdgründe bringen können. In der TVSchau, in der er zum erstenmal zu sehen gewesen war, saß er doch mitten zwischen Rauchern." „Wenn es Sie interessiert, bitte", erwiderte Szardak, der dann keine Zeit mehr hätte, sich mit diesem Fall zu beschäftigen, denn die XZeit lief, und TERRA, die B-100 und B-101 gingen in die dritte Transition. * Die Oberfläche der Riesenkastanie hatte nie Leben getragen. Die Scheinwerfer der drei Flash, die das schwache blaue Leuchten aufhellten, zeigten in ihren Lichtkegeln nur nackten Metallboden. Hin und wieder waren gradlinig verlaufende feine Haarrisse zu sehen: die Stoßkanten von gewölbten Metallteilen, die quadratkilometergroß waren. Für die irdische Technik eine Aufgabe,
die sie noch nicht zu bewältigen imstande . war. Über Funk teilte Dhark seinen Begleitern seinen Entschluß mit. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als einzufliegen. Unsere Intervalle stehen wieder, und es müßte eigentlich gelingen. Sollten wir auf robotischen Widerstand stoßen, darin ist von allen Waffen Gebrauch zu machen. Begegnungen mit Intelligenzen werden wir wohl nicht zu erwarten haben. Wir fliegen den Nummern nach ein. Die 003 wartet, bis wir uns über Funk gemeldet haben. 004 verhält sich genauso. Noch Fragen?" Hundert Meter von der Basis einer Antennenkonstruktion entfernt stellte sich die 002 mit Dhark und Burton auf den Kopf. Die platte Rumpfnase zeigte nach unten, und mit schwach laufendem Sie näherte sich der Flash der metallenen Oberfläche. Widerstandslos drang das Beiboot der POINT OF durch die Wandung. »Flash hinterläßt keine Schmelzspur!" teilte ihnen Charly Snide über Funk mit. Im gleichen Moment wußte jeder, daß man es mit einer Station der Mysterious zu tun hatte und der 68 Kilometer durchmessende Zellkörper aus einem Metall bestand, das mit dem Unitall verwandt sein mußte. Plötzlich stießen , die Scheinwerfer ins Leere vor. Der Flash war in einen riesigen, vollkommen leeren Hangar eingeflogen, in dem zehn Ringraumer Platz gefunden hätten. „Nachkommen! Beide Flash zusammen einfliegen!" Dhark wollte keine Minute mehr verlieren. Jan Burton war Cyborg geworden. Exakt arbeitete sein ProgrammGehirn. „Dhark, Sauerstoffatmbsphäre. Zusätze ohne Bedeutung. Schwerkraft 0,94, wie Grappa sie getastet hatte. Stecken wir in einer Raumschiffhalle?" Die beiden anderen Beiboote tauchten auf und blieben dicht neben der 002 freischwebend in der Luft stehen. „Die Kugel ist mit Sauerstoff gefüllt. Jetzt haben wir damit zu rechnen, auf intelligentes Leben zu stoßen. Kampf ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Sind alle Strahlwaffen klar? Im Funk kein Verkehr festzustellen?" Auf allen Frequenzen herrschte Stille.
Der Einflug wurde fortgesetzt. Vorsichtig tastete sich Dhark mit seinem Flash durch die nächste Wand, die eine Stärke von mehreren Metern hatte. „Energie-Ortung schlägt an. Wir nähern uns einem Gebiet, in dem unzählige Konverter stehen!" meldete Jan Burton. „Genaue Meterangabe!" verlangte Dhark, der feststellte, wie sehr ihn die Spannung erfaßt hatte. Sein Flash stieg zwei Meter höher. Als er durchbrach, überflogen sie kugelförmige Konverter, die an die M-Aggregate in der POINT OF erinnerten. Grappa hatte mit seiner Vermutung recht behalten, als er behauptete, daß die Riesenkastanie eine einzige Konverteransammlung sei. 3,2 Kilometer lang und über zwei Kilometer breit war der Konvertersaal. Wenn es auf den anderen Decks auch so aussah, dann stellte diese Kugel ein Energiezentrum dar, das wahrscheinlich einmalig in der ganzen Galaxis war. Aber welchem Zweck diente diese Basis? Erreichte man mit der Sendeleistung alle Sterne der Milchstraße, oder kam man damit sogar bis zur Andromeda durch? Ren Dhark unterdrückte seine spekulativen Vorstellungen. Sie mußten weiter. Dicht hinter seinem Flash flogen die anderen Beiboote. Als sie zwanzig Kilometer weit von der Oberfläche entfernt waren, stießen sie überraschend auf die innere Kugel, die durch eine neutrale Zone, in der keine Schwerkraft herrschte und die auch luftleer war, von der gewaltigen äußeren getrennt war. „Giants!" Sie hatten sie alle zur gleichen Zeit gesehen ! Die zweieinhalb Meter großen Roboter mit dem Raubtierkopf und der hellgelben Hauttönung starrten die drei Flash, die mit aufgeschalteten Scheinwerfern durch die Wandung gekommen waren, nur für einen Augenblick an, dann wirbelten sie auf der Stelle herum und rasten davon. „Kein Beschuß!" schrie Dhark im letzten Augenblick und konnte verhindern, daß Manu Tschobe sie mit Dust unter Feuer nahm. Dust — der Strahl, der Anorganisches in amorphen Staub verwandelte, und die Hülle der Giants bestand aus einer anorganisch-biologischen Mischung. „Zur Hölle, wer ist denn noch hier in diesem Affenkasten?" orgelte
eine tiefe Baßstimme über Funk. Ren Dharks Schrecksekunde war verblüffend kurz: „Shanton, hier Dhark mit drei Flash! Wo stecken Sie? Sind Sie allein?" „Abschalten! Abschalten. Die orten alles!" Aus! Alles ausschalten. Auch den Helmfunk. Und die Giants konnten die Gedanken der Terraner lesen. Die Aussichten waren denkbar schlecht! Jetzt waren die Cyborgs die letzte Hoffnung. Dhark stieß den Ausstieg seines Beibootes auf, klappte den Raumhelm zurück und rümpfte die Nase. Er verstand Chris Shantons Bemerkung, der die innere Kugel einen Affenkasten genannt hatte. Genauso roch es. In den beiden andern Flash hatte man sein Tun beobachtet, aber niemand stieg aus, weil sie Dharks Zeichen verstanden hatten. „Jetzt kommen nur noch unsere Cyborgs weiter. Tschobe, Doorn, wir dürfen unsere Flash unter keinen Umständen verlassen. Aber ob wir geortet werden oder nicht, wir müssen zu den anderen stoßen. Wir müssen sie finden. Burton, jetzt kommt Ihre große Stunde. Exponieren Sie sich nicht mehr als unbedingt nötig. Ich denke, daß unsere beiden Snides uns ab und zu ein paar Giants .. ." Are Doorn hatte Nadelstrahlen eingesetzt. Die Wirkung war fürchterlich. Am Ende des langen Ganges flogen zwei Aggregate, die erst zum Teil um die Ecke geschoben worden waren, in grellen Blitzen und unter fürchterlichem Donnern auseinander. Dhark wurde vom Explosionsdruck gepackt und über den Boden gefegt. George Snide sah ihn wie ein welkes Blatt vorbeischießen. Im nächsten Moment stand der Cyborg auf dem Boden, kümmerte sich keinen Deut um die tobenden Luftmassen, rannte hinter dem Kommander her, bekam ihn zu fassen, warf ihn sich über die Schulter und eilte mit ihm zur 002 zurück. „Da haben Sie ihn wieder, Burton. Er soll besser auf sich aufpassen!" sagte er mit seiner leidenschaftslosen Cyborgstimme. Dhark war nur benommen und kam schnell wieder in den Besitz seiner geistigen Krähe. „Die Cyborgs übernehmen die Flash, venn wir anderen ausfallen sollten!" schrie er ihnen durch das schwächer werdende Donnern zu. „Harte Strahlung!" schrie ihm Burton in die Ohren. Einstiege
klappten zu, und Verschlüsse rasteten automatisch ein. Helmfunk aufdrehen, und wenn man sie hundertmal ortete. „Shanton, melden Sie sich ..." - „Schnauze!" gellte es orgelnd zurück. „Ich schicke Jimmy. Abschalten, verdammt und zugenäht!" Wenn der Diplom-Ingenieur nicht einmal darauf Rücksicht nahm, daß er mit dem Commander der Planeten sprach, dann mußte die Lage in der inneren Kugel äußerst kritisch sein. Aber ob Jimmy sie finden würde? Sie mußten zum Mittelpunkt. Von dort aus war es bestimmt einfacher, jede andere Stelle zu erreichen. Drei Blitze nahmen Fahrt auf. Sie schwebten an der Stelle vorbei, wo durch Doorns Beschüß zwei Aggregate explodiert waren. Zerfetzte giamische Roboter waren zu sehen, die meisten bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Niemand hatte Mitleid mit diesen künstlichen Wesen, die die Terraner so lange über ihr wahres Ich getäuscht hatten. Da handelten die Giants! Energetische Sperrwände standen plötzlich vor und hinter ihnen. Dhark schaltete seinen Sie auf Vollast! Die Energiewand konnte sein Beiboot nicht aufhalten. Im Bereich seines Intervalls war es nicht existent. Die beiden anderen Flash folgten ihm. »Wir müssen die Zentrale in die Hand bekommen, dann werden wir auch mit den Giants fertig." Auf logistischer Basis hatte Jan Burton seine Berechnungen angestellt und den einfachsten Weg aufgezeigt, aber wo war die Zentrale einer Station zu finden, die in ihrem inneren Bereich noch immer einen Durchmesser von gut zwanzig Kilometern hatte? Da stießen sie auf den ersten A-Gravschacht! Die TERRA hätte darin Platz gehabt! „Größenwahnsinnige Mysterious!" Nicht zum erstenmal wurden Dhark die Geheimnisvollen unheimlich. Welchen praktischen Sinn hatte ein A-Gravschacht, der mehr als fünfhundert Meter Durchmesser hatte? „Burton, achten Sie darauf, ob die beiden Flash uns folgen." Der Cyborg antwortete nicht. Dhark und er saßen Rücken an Rücken, und er blickte über die Projektion in die Richtung, die sie hinter sich ließen.
Giants griffen aus dieser Richtung an. Giants, für die das Sterben so viel bedeutete wie ihre Existenz — nichts! Alle drei Cyborgs nahmen die Raketen, die die Giants auf sie abschössen, nicht ernst. Was konnten Raketen schon ihrem Intervall anhaben! Doch dann zeigten sie ihre unheimliche Wirkung! Um drei Flash herum explodierten Lichtbomben! Die Leuchtdichte hatte irrsinnig hohe Werte. Die Blenden der Beiboote schafften es nicht, mit dieser grellen Lichtflut fertigzuwerden. Drei Männer waren blind. Drei Männer preßten die Hände vor die Augen und versuchten ihr Stöhnen zu unterdrücken. Drei Cyborgs sahen trotz der Lichtflut. Ihr zweites System hatte beim ersten Aufgrellen auf Infrarot geschaltet, und damit waren die Lichtbomben rundherum nicht mehr vorhanden. Charly schoß dem Schwärm Raketen Dauerfeuer entgegen, der auf sie in einer zweiten Welle zukam. Ein halbes Dutzend giantische Roboter wurden dabei auch umgewandelt. Der Rest brach unter Dust zusammen. Der organische Bestandteil im Hautgerüst wurde schlagartig zu amorphem Staub und nahm dem Ganzen den Halt. Die Lichtorgie verebbte so schnell, wie sie entstanden war. Die Cyborgs konnten ihren Partnern nicht helfen. Sie mußten sehen, wie sie mit ihren gequälten Augen und der Blendung fertig wurden. Sie überflogen den A-Gravschacht und stießen auf der anderen Seite auf die Fortsetzung des breiten und hohen Ganges. Sie steckten noch keine hundert Meter darin, als die Gravoswerte anstiegen. 10 g — 20 g — 40 g! Die Giants hatten eine Graviationsschleuder eingesetzt und wollten damit die Flash und ihre Besatzungen vernichten, aber sie kamen damit nicht durch die Intervalle, und in den Beibooten brauchten nicht einmal die Andruckausgleicher anzufahren. Da hatte George Snide den Ausgangspunkt des Schwerkraftbeschusses ausgemacht. Ohne zu zögern setzte er Nadelstrahl ein. Rechts in der Wand glühte es auf. Sekunden später hatte das Loch schon die Größe von mehreren
Quadratmetern. George Snide, der seinen Flash abgestoppt hatte, schoß Dauerfeuer. Auf die immer höher schnellenden Gravoswerte, die seine Ortung erfaßte, achtete er nicht. Wenn die Giants es absolut wollten und durch diesen Angriff einen Teil der inneren Station zum Zusammenbruch brachten, dann war es ihre Sache. Er wollte nur dieser Gravitationsschleuder den Garaus machen. Daß es dabei nicht ohne Feuerwerk abging, war ihm klar. Welche Energien allein benötigt wurden, um auf einen Kilometer Distanz hohe Gravoswerte zu erzeugen, könnte jeden Fachmann schwindeln lassen. Der Nadelstrahl fraß die dritte sperrende Wand an. Dann war er auch durch diese hindurch. Im nächsten Moment existierte die Schleuder nicht mehr. Aber keine dreihundert Meter von dem Beiboot entfernt tobte sich die Hölle aus, und wie dieser Ausbruch noch unter Kontrolle gebracht werden konnte, wußte George mit seinem Programm-Gehirn auch nicht zu sagen. Er schaltete den Sie hoch und jagte den anderen nach. Er hätte sich gar nicht zu beeilen brauchen. Im Funk brüllte Shantons Stimme: „Seid Ihr denn wahnsinnig geworden? Wollt Ihr uns alle in die Luft jagen? Macht die Giants fertig, aber nicht die Station. Wir wollen doch auch noch einmal nach Hause kommen!" Was war in den Dicken gefahren? Von dieser Seite kannte man ihn nicht. Und warum rief er jetzt ohne Rücksicht darauf, geortet zu werden, über Funk an? Ren Dhark, trotz aller Schmerzen wieder Herr seiner Sinne, tastete blind und schaltete ein. „Shanton, stellen Sie endlich Ihr hysterisches Schreien ein. Wo können wir Sie finden? Wer ist bei Ihnen? Lagebericht, aber exakt!" Schweres Atmen war zu hören. „Wenn Sie es absolut heraufbeschwören wollen, Commander, dann sei's geschehen. Wir sind noch alle gesund, die vier Cyborgs, Jos und ich. Aber wir wissen auch, was passiert, wenn Sie den gewaltsamen Angriff nicht einstellen. Erron-1 wird in die Luft fliegen. Nicht durch die Giants, sondern durch die nette Sicherung, die die lieben Mysterious eingebaut haben. Haben Sie denn vergessen, wie die Giants sich nennen? Die All-Hüter, und sie betrachten es als ihre heilige Aufgabe, Erron-1 zu hüten, mit allen Mitteln, bis dann in
einem Augenblick die Sicherung wirksam wird und Erron-1 mit einem weichen Knall auseinanderfliegt!" Ren Dhark dachte nicht mehr an seine schmerzenden Augen. Erron-3 im blaßblauen Universum, und Erron-1 in ihrer Milchstraße! Er glaubte an diese Sicherung, von der Chris Shanton gesprochen hatte; er bezweifelte kein Wort des Diplom-Ingenieurs, und er konnte jetzt auch dessen Aufregung verstehen. „Wo können wir Sie finden?" Wieder wurde der Dicke erregt. „Sie können uns nicht finden. Sie müssen Warten, bis Jimmy Sie gefunden hat und Sie dann zu uns bringt. Wir hängen hier fest. Aus. Funk zu Ende! Die Giants kommen. Jetzt geht bei uns das Theater wieder los!" Im Funk herrschte wieder Stille. „Ist der Dicke krank geworden?" fragte Doorn über Helmfunk. Dhark gab keine Antwort. Sollten sie hier tatsächlich warten, bis der Robothund sie aufgespürt hatte? Oder war es nicht besser, doch noch einmal einen blitzschnellen Vorstoß zu versuchen, in dem den Giants keine Zeit blieb, mit einem Gegenangriff aufzuwarten? Dhark fiel es schwer, sich zu entscheiden. Da war Shantons Stimme abermals zu hören. „Wenn das wahr wird, ist alles zu Ende. Dhark die POINT OF will einfliegen. Ich schwöre, daß dann die Sicherung anspricht und Erron1 explodiert. Gerade haben es uns die Giants mitgeteilt. Dhark, Sie müssen verhindern, daß es geschieht. Sie müssen es tun, aber schnell, sonst ist es zu spät. Commander, glauben Sie mir doch!" Zum Schluß hatte Shantons Stimme einen beschwörenden Klang bekommen, und einen Chris Shanton in dieser Art reden zu hören, war wirklich einmalig. „Doorn! Tschobe! Ich fliege mit Burton zurück und bin in ein paar Minuten wieder da. Keinen Angriff fliegen. Hier stoppen und warten. Ende!" Sein Flash ging auf Gegenkurs. Er schaltete die Gedankensteuerung ein. Einen besseren Piloten gab es nicht, der sie sicher und schnell ans Ziel brachte. Er sah immer noch nichts. Ununterbrochen schoß Wasser aus
seinen Augen. Der Klarsichthelm hinderte ihn daran, sie zu reiben. Jan Burton sagte kein Wort. Er beobachtete über die Bildpro jektion, wie sie durch Erron-1 rasten und versuchten, zur Oberfläche zu kommen. Die beiden Flash hatten Wartestellung bezogen. Gelassen beobachteten die Cyborgs über ihr zweites System. Doorn und der Afrikaner waren nicht so ruhig. Ihr größtes Handicap war die Tatsache, daß sie immer noch nichts sehen konnten, und das machte das Warten noch schlimmer. Shanton meldete sich nicht mehr. Giants zeigten sich nicht. Der Angriff von ihrer Seite, auf den man wartete, blieb aus, oder trafen sie Vorbereitungen für einen Angriff, in defn die Beiboote des Ringraumers vernichtet werden mußten? * Marc Carrell, Holger Alsop, Lati Oshuts. und Bram Sass hatten auf ihr zweites System geschaltet; Chris Shanton und Jos Aachten van Haag waren nicht in dieser glücklichen Lage. Jimmy machte das alles nichts aus. Es störte ihn auch nicht, daß er mit seiner sturen Befehlsverweigerung den Dicken fast zur Raserei getrieben hatte. Er dachte nicht daran, sich auf den Weg zu machen und die Flash in den Saal zu lotsen, der ihnen von den Giants angewiesen worden war. Eine Erklärung für sein störrisches Verhalten, das einem Robotgebilde widersprach, hatte er nicht gegeben. Er lag mit ausgestreckten Vorderpfoten auf dem Bauch und blinzelte zu den Männern hinüber. Sie hatten nichts mehr zu besprechen. Diese Zeiten waren vorbei, nachdem ihnen die Giants Erron-1 gezeigt hatten. Ein Wunderwerk der Mysterious! Aber allem Anschein nach ein technisches Wunder, das sie niemals benutzt hatten. Die Kantine war nicht eingerichtet. Die Messe nur zum Teil. Nur die technische Anlage war fix und fertig, und die Giants hatten es ihnen bewiesen. Sie hatten mit dem Empfang Stationen aus der Galaxis Andromeda herangeholt und bei drei Versuchen einwandfreie Bildsendungen erhalten. Unheimlich war das Können dieser noch unheimlicheren Roboter, wenn man sich vorstellte, daß sie sich selbst produzierten. Aber warum sie plötzlich alle ihre Fabrikationswelt verließen und die Terraner dabei gezwungen hatten,
mit ihnen zu gehen, hatten sie nie erklärt. Der Raum, in dem die Männer sich aufhielten, war spartanisch eingerichtet, aber die schwebenden Liegen waren bequem, und aus der Kantine wurde ihnen über die Gedankensteuerung alles geliefert, was sie sich wünschten, wenn auch hin und wieder ein Gericht etwas eigenartig schmeckte. Bram Sass hatte schon ein paarmal schauerlich geflucht, wenn sein Cordon bleu versalzen geliefert wurde, und die Schnäpse, die er sich bestellte, waren noch nie nach seinem Geschmack gewesen „Ob Dhark es schafft, daß die POINT OF nicht einfliegt?" fragte Jos, der GSO-Mann, der sich unter diesen Spezialisten immer verlorener vorkam, weil er ihnen in den meisten Gesprächen nicht folgen konnte. „Er muß es schaffen, oder Erron-1 geht hoch!" knurrte Shanton, dem in den letzten Tagen die Stoppeln kräftig gewachsen waren und der damit rechnen konnte, in nicht zu ferner Zukunft — wenn er sie erlebte — wieder seinen stolzen Backenbart tragen zu dürfen. Er kam sich ohne diese Zierde wie ein nackter Mann vor. Ein Giant trat ein und ließ seine Augen in die Runde gehen. Die Männer reagierten auf diese Besuche nicht, nur dann, wenn ein Giant versuchte, sich mit ihnen telepathisch zu verständigen. Sie vernahmen gerade wieder die ersten Gedankenimpulse des Giants, als dieser auf der Stelle herumwirbelte und aus dem Raum stürmte. „Jetzt möchte ich wissen, was nun schon wieder passiert ist", sagte Holger Alsop, aber es klang so unbeteiligt, als ob ihm alles gleichgültig sei. Selbst Cyborgs können ahnungslos sein. * Ren Dhark hatte dank der Gedankensteuerung die POINT OF erreicht. Das Schiff war durch den Deflektorschirm geflogen und hatte bei diesem Manöver die gleichen Beobachtungen gemacht wie die drei Beiboote. Die Intervalle hatten sich von allen Seiten der Oberfläche des Ringraumers genähert, und erst als sie Kontakt mit der Unitallhaut gefunden hatten, war es dem Schiff möglich gewesen, den Deflektorschirm zu durchdringen. Vom Flashdepot aus, über Funk, hatte Dhark seinem Freund die
Order erteilt, sofort wieder den freien Raum aufzusuchen. „Wir haben es mit Erron-1 zu tun, wenn du dir darunter etwas vorstellen kannst!" Riker hatte verstanden, aber ein fassungsloses Staunen nicht unterdrücken können. Hier in der heimatlichen Galaxis befand sich Erron-1 und im blaßblauen Universum Erron-3? Wo konnte dann Erron-2 stecken? Zwei Ärzte waren zum Flashdepot unterwegs. Dhark hatte sie angefordert und gleichzeitig verlangt, daß sie einen größeren Vorrat des Medikamentes mitbringen sollten, da Doorn und Tschobe an den gleichen Augenbeschwerden leiden würden. Der Spray, der auf seine Augäpfel gesprüht wurde, war wasserklar und ohne jede Trübung. „Augen zwei Minuten lang geschlossen halten. Nach diesen zwei Minuten können Sie wieder einwandfrei sehen. Der Film wird in den nächsten Stunden von den Augäpfeln aufgenommen." Er hatte nicht einmal Zeit, sich zu bedanken. Mit der Spraydose auf dem Schoß gab er Jan Burton den Befehl, zurückzufliegen. Kaum befanden sie sich außerhalb der POINT OF, als die Gedankensteuerung das Kommando erneut übernahm. Wieder stießen sie in Erron-1 hinein, jagten durch inzwischen bekannte Bezirke und trafen in der inneren Kugel auf die wartenden Beiboote. Are Doorn und Manu Tschobe wurden mit Spray behandelt und mußten dann die Zweiminuten-Frist abwarten. Auch bei diesen Männern stellte sich die Besserung sofort ein. »Hat sich Chris Shanton noch einmal gemeldet?" Auch kein Giant hatte sich blicken lassen. »Ich hatte etwas Zeit, nachzudenken", erklärte Dhark über Helmfunk. „Die Giants müssen unser Eindringen falsch verstanden haben — als einen kriegerischen Akt. Darum lassen wir unsere Flash jetzt zurück und versuchen als Fußgänger einmal die Raubtierwesen zu treffen und mit ihnen zu verhandeln. Wir nehmen alle Waffen mit, um für jeden Fall etwas gesichert zu sein. Ergibt sich aus der Situation, daß wir uns unserer Haut wehren müssen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als radikal gegen die Roboter vorzugehen und dazu noch zu versuchen, die Zentrale zu erreichen. Ich bin nämlich überzeugt, daß es in Erron-1 eine Sicherung gibt, die, wenn sie tätig wird, diese Wunderkugel in die Luft jagt." Manu Tschobe wiegte den Kopf. „Dhark, haben Sie dabei
berücksichtigt, daß wir es mit einer tausendfachen Übermacht zu tun haben?" „Ja, das habe ich. Diese tausendfache Übermacht muß vorher beschäftigt werden, und das werden unsere drei Flash tun, die wir hier zurücklassen. Warum wollen wir eigentlich nicht die Gedankensteuerung benutzen, auch wenn niemand von uns im Beiboot sitzt? Ich werde ihr die Order geben, nach eigenem Ermessen zu handeln, dabei aber alles zu tun, um die Masse der Giants zu binden. Hoffen wir nur, daß sich kein Giant die Mühe gemacht hat, gerade jetzt unsere Gedanken zu lesen, dann würde unsere Aktion ein Schlag ins Wasser. Hat noch jemand Fragen oder Einwände?" Jan Burton rechnete schon wieder durch. „Dreißig zu siebzig stehen unsere Chancen. Nur mit einer Portion Glück werden wir Erfolg haben und ..." Dhark unterbrach ihn. „Haben Sie Alsop, Sass, Oshuta und Carrell in Ihre Rechnung mit einbezogen? Und Jimmy, den Robothund?" „Nein!" „Dann holen Sie es jetzt nach, und Ich bin gespannt, wie Ihre Berechnung dann aussieht, Burton." Er kam auf zweiundvierzig zu achtundfünfzig. Das sah schon besser aus. Dhark nickte ihm zu und traf dann an seinem Flash die letzten Vorbereitungen. Die Männer holten einen Teil der großen Ausrüstung aus den Beibooten. Mit schwersten Waffen waren sie versorgt, mit Nahrungskonzentraten und Wasservorrat. Sie brauchten ihre Flasch nicht zu schließen. Die Gedankensteuerung besorgte es. Sie warfen ihren raumtüchtigen Booten keinen Blick mehr zu, gingen an den spinnbeindünnen Teleskopstützen vorbei und folgten Ren Dhark. So ähnlich war es einmal gewesen, als sie im Höhlensystem von Deluge von Roccos Männern gejagt wurden und niemand außer Dhark noch an einen guten Ausgang glaubte. Doch daran dachte Ren Dhark nicht. Er fragte sich in Gedanken, ob die POINT OF inzwischen wieder im freien Raum war und über Erron-1 stand und auf ihre Rückkehr wartete. Der große, kahle Gang, der im Blaulicht lag, hatte unzählige Schotts anstelle von Türen. Millionen Menschen konnten in der inneren Kugel untergebracht werden, und selbst dann war sie längst
noch nicht überfüllt. „Wir kommen nicht schnell genug vorwärts!" drängte Jan Burton plötzlich, und im nächsten Augenblick hatten drei Cyborgs sich Männer über die Schultern gelegt und rannten mit ihrer Last immer schneller werdend den Gang entlang, der kein Ende nehmen wollte. Den zweiten A-Gravschacht passierten sie schwebend. Er war nur noch knapp hundert Meter im Durchmesser, doch in seiner Art immer noch ein Monstrum. Die Lage der Terraner begann sich zu ändern, als die Seitengänge nicht mehr rechtwinklig auf den Haupteingang stießen, sondern sich im spitzen Winkel mit ihm vereinigten. Und dann standen wieder einmal Giants vor ihnen. Die Cyborgs setzten ihre Männer ab. Die Distanz zwischen Raubtierwesen und Menschen veränderte sich nicht. Eine Gruppe starrte die andere an. Wir kommen in friedlicher Absicht! dachte Ren Dhark immer wieder, in der Hoffnung, daß man seine Gedanken empfing. Da flogen die Raubtierköpfe der Giants herum. Einen Augenblick lang blieben sie wie angewurzelt stehen, dann kümmerten sie sich um die Terraner nicht mehr und hasteten davon. Dhark blickte auf sein Chrono. Auf die Minute genau hatten die Flash ihre Tätigkeit aufgenommen. An drei Stellen zugleich, aber die Gedankensteuerung hatte auch den ausdrücklichen Befehl erhalten, nicht sinnlos zu zerstören, sondern an immer wieder anderen Stellen Einrichtungen zu demolieren. „Weiter!" brachte er hastig über seine Lippen, und zum zweitenmal rasten die Cyborgs mit ihnen davon. Dann hatten sie den Zentral-A-Gravschacht erreicht. Die strahlenförmig endenden Gänge bewiesen es, aber sie konnten sich unmöglich auf dem Hauptdeck befinden. Es mußte viel tiefer liegen. Sie benutzten den A-Gravschacht und ließen sich von der MinusSphäre in die Tiefe tragen. Giants sahen sie überall, aber die nahmen von ihnen keine Notiz. Nur einmal drangen drei auf sie zu. Drei Cyborgs traten in Aktion und schleuderten sie mit aller Kraft in den Bereich der Plus-Sphäre, in der sie schnell aufwärtssteigend verschanden. Das Hauptdeck zeichnete sich durch seine Größe aus. Heller als auf
den anderen Gängen strahlte das Blaulicht. Der breite Gang „lieh einer Prachtstraße. Abrupt war Ren Dhark stehengeblieben, als er das Emblem einer stilisierten Galaxis erkannte, das im Boden eingelassen war und im herrlichen Goldton schimmerte. Wie lange war es her, daß sie dieses Symbol irgendwo gesehen hatten! Sie durften sich nicht aufhalten lassen. Sie mußten die Zentrale dieser wahrhaft einmaligen Anlage finden. Erron-1! Die Mysterious hatten ihren Hauptbasen markante Namen gegeben. Ein Giant führte sie direkt in die Zentrale. Er hatte sie nicht gesehen, weil er über das Hauptdeck von einer Seite zur anderen hastete, ein gewaltiges Schott aufspringen ließ und den Terranern ermöglichte, einen Blick in den Raum zu werfen! Eine ins Gigantische vergrößerte Zentrale der POINT OF! Die Männer hatten ihr Ziel fast erreicht. Niemand hielt sie auf, als sie hineinstürmten, aber sie hatten die Hälfte des Raumes noch nicht durchmessen, als sie von Giants angegriffen wurden. Manu Tschobe krümmte sich unter einem Paralysierenden Strahlschuß, der seinen linken Arm gestreift hatte. Polternd war sein Parraschocker auf den Metallboden gefallen. Arc Doorn ging in die Knie, raffte sich aber wieder auf. In der Zwischenzeit hatten alle drei Cyborgs zum Gegenschlag ausgeholt. Die drei Giants in den Steuersesseln kippten um und stürzten zu Boden. Auf den beiden Galerien, die sich wie ein Kranz um gesamte Anlage zogen, verschwanden Giants, die gerade noch mit Waffen in ihren vier Händen auf sie hatten schießen wollen. Charly Snide rannte durch einen Parastrahl und brachte einen Giant durch einen Kinnhaken zu Boden. Wie ein Irrwisch wirbelte er herum und schaltete vier Raubtierwesen aus. Ren Dhark lag hinter einem mannshohen, unitallverkleideten Aggregat und hielt das noch immer offenstehende Schott unter Feuer. Da zischte über dem Hauptdeck ein plumper Schatten vorbei — einer der Flash, die in der inneren Station die Massen der giantischen Roboter binden sollten. Jan Burton hatte seine Spezialaufgabe vergessen und bewies sich als Meisterschütze. George Snide riß den Afrikaner aus der
Feuerlinie und schaffte ihn hinter ein Gerät, wo schon der Sibirier lag, der sein Beine nicht mehr richtig bewegen konnte. „Shanton und die anderen alarmieren!" rief George dem Mann mit der Boxernasi zu und war schon wieder verschwunden. Doorn nahm sein Spezialvipho hoch. „Shanton! Gruppe Shanton, melden! Sofort melden!" Der Dicke war da. Er fragte nicht. Doorn ließ ihm auch keine Zeit dazu. „Wir haben die Zentrale besetzt. Jetzt versucht ihr, zu uns zu stoßen. Das ist unsere einzige Chance!' „Zentrale?" Shanton schnappte nach Luft, „Wir kommen! Wir sind nicht weit davon entfernt'." Verbindung aus! Doorn mußte schießen. Auf der zweiten Galerie tauchten Raubtierköpfe auf. Sein Strahl zischte los. Sich überschlagend, stürzten drei giantische Roboter in die Tiefe, zwei andere verschwanden hinter der Brüstung der Galerie. Ein Mann raste quer durch die Zentrale auf die drei Steuersitze zu, neben denen am Boden geschockte Giants lagen. „Rückendeckung!" gellte Dharks Schrei durch den Raum. Die Cyborgs handelten wie Automaten, nur präziser und schneller. Burton übernahm die Aufgabe, Dharks Leben zu sichern. Die beiden Snides kämpften mit der ihnen charakteristischen Ruhe gegen die Raubtierroboter, die sich meistens sinnlos zum Angriff stellten und dabei unterlagen. Immer stärker zeichnete sich ab, daß der Giant fehlte, dem laut Programm die Verteidigung der Zentrale oblag. Ren Dhark sah die ihm vertrauten Schlüsselzeichen der Mysterious. Sein Blick hetzte über die vielen Instrumente, und er sah eine Unmasse an Meßgeräten, die ihm vollkommen fremd waren. „Deckung!" rief Jan Burton ihm zu, als er gerade eine aufsehenerregende Entdeckung gemacht hatte. Wie ein Stein krachte er zu Boden. Dicht .über seinen Rücken zischte ein tödlicher Energiestrahl hinweg, dann hatte der Cyborg Burton eingegriffen und die Gefahr ausgeschaltet. Dhark sprang auf. Er sah nichts anderes als einen Steuerschalter. Fingerkuppe darauf. Ganz nach rechts in die neue Position. „Was ist denn das?" hörte er Charly Snide fragen, und im gleichen Moment wußte Dhark, daß Erron-1 den Terranern gehörte. In Erron-1 gab es keinen einzigen aktiven Giantroboter mehr! In
aber Tausenden Raubtierwesen waren die Programm-Gehirne blockiert. Über einen Steuerschalter war Ren Dhark Herr über Erron-1 geworden. Ein Robothund wetzte um die Ecke und raste in die Zentrale — Jimmy! Wie ein echter Hund sprang er von einem zum ändern und blieb zum Schluß schwanzwedelnd am Schott stehen. Dichtauf folgten ihm die vier Cyborgs, mit Abstand trafen Jos und dann der dicke Shanton ein. Niemand außer Ren Dhark konnte sich erklären, was diese Umwandlung in der Station ausgelöst hatte. Dann sah einer nach dem anderen zum Commander hinüber, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und dessen Gesicht unter dem Klarsichthelm strahlte. »Erron-1 gehört uns, und die giantischen Roboter dieser Serien hören von jetzt an auf unsere Befehle! Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg!" Er drehte sich um und deutete auf den Steuerschalter und auf die Beschriftung darunter. „Und was heißt das?" fragte Shanton, der wie alle anderen die Schriftzeichen der Mysterious nicht kannte. „Roboter-Blockierung!" sagte Dhark und klappte den Klarsichthelm zurück. „Einen Augenblick bitte!" Er konzentrierte seine Gedanken auf die drei in der inneren Kugel tobenden Beiboote. Von diesem Augenblick an war ihr zerstörerisches und störendes Wirken fehl am Platz, aber würde die Gedankensteuerung auf diese große Entfernung noch ansprechbar sein? Dhark mußte es darauf ankommen lassen. „Erron-1, Shanton ... Sie wissen mehr darüber als wir. Ich glaube, Sie werden in den nächsten Monaten hier oft zu finden sein und die Spezialisten einweisen; aber warum haben Sie, als Sie mit Erron-1 die Erde anriefen, diesen Unfug gemacht, Planet l, Hope und alle Relaisstationen blockiert und dann in einem nicht zu verstehenden Kauderwelsch die Sprüche abgestrahlt, wie Ron wedda wi terra, oder terra wire! Wire terra! Wer ist auf diese nicht besonders gute Idee gekommen?" Die anderen verstanden kein Wort. Shantons Gesicht wurde immer länger und der Ausdruck immer dummer. „Was? Wir sollen gesendet haben? Wir sollen Hope, Planet l und Relaisstationen blockiert
haben, und das noch in chinesischem Text? Dhark, halten Sie uns wirklich für so saudumm?" »Sie haben nicht...?" »Nein! Die Giants hätten uns ganz schön auf die Finger geklopft. Wir wissen ja nicht einmal, wo in diesem Mammut die Sendeanlage liegt." Jetzt schüttelte Ren Dhark den Kopf. Nun war er es, der nichts mehr begriff. Wer hatte denn die Sprüche abgestrahlt? Die Giants? Ziemlich unwahrscheinlich. „Das verstehe ich nicht, Shanton. Hat jemand eine Erklärung, wie die Funksprüche abgestrahlt werden konnten?" Da machte sich Mark Carrell bemerkbar. „Commander, müssen sie unbedingt von hier aus abgestrahlt worden sein, oder kann Erron-1 in diesen Fällen nichts anderes als ein Verstärker gewesen sein, der die Sprüche mit neuem Schwung nur weiterzuleiten hatte?" Dhark zuckte mit den Schultern. Er enthielt sich der Stellungnahme. Die Flash lenkten ihn auch ab. Die drei, die auf dem Hauptdeck vor dem großen Schott standen und ihre spinnbeindünnen Teleskopstützen ausgefahren hatten. „Hier liegt jetzt alles still?" vergewisserte sich Holger Alsop. „Ja, bis dieser Blockierungsschalter wieder in eine andere Position gelegt wird. Wir haben also die giantischen Roboter nicht mehr zu befürchten!" „Hm ..." Shanton fuhr mit der flachen Hand über seine Bartstoppeln, „dann könnten wir von hier ja eigentlich verschwinden, aber diese drei Flash reichen nicht. Eigentlich benötigen wir sie nicht einmal, aber wir können sie doch mitnehmen. Commander, wie wäre es, wenn wir die Transmitter-Straße nach der Fabrikationswelt der Giants benutzen würden, um dort auf die Rückkehr der POINT OF zu warten?" Der Scherzbold Shanton kam wieder zum Vorschein. „Einverstanden, aber es gilt nicht für mich. Als Commander kann und darf ich mir solche Scherze nicht leisten. Okay, Männer, dann treffen wir uns in rund zehn Stunden auf der Welt der Giants. Bevor ich aber diese Zentrale verlasse, sichere ich Erron-1 ab." Und sieben Steuerschalter nahmen andere Positionen ein. — ENDE —