Carl Spitzweg - Leben und Werk, Diese Seite soll dem Leser einen Überblick sowohl über das Leben des Künstlers Carl Spitzweg geben, als auch einen Einblick in dessen Werk, es werden 185 seiner Gemälde dargestellt; ferner sind einige seiner Gedichte zu lesen
zuletzt bearbeitet: 19.10.2002
Im Juni 1833 zog Spitzweg in seine eigene Wohnung, in die Dienergasse 9 in München, denn er wollte sich fortan ganz der Kunst widmen. Dieser Entschluss ging auf einen Kuraufenthalt in Bad Sulz zurück. Spitzweg erkrankte an der roten Ruhr und wollte sich dort auskurieren. Uhde-Bernays schrieb hierzu in der ersten Spitzweg - Biographie: "Dieser Aufenthalt sollte für seine Zukunft entscheidend werden. Zufälligerweise war der Besitzer der Badeanstalt, Dr. Zeuß, ein sehr kunstbegabter und kunstliebender Mann. Sein Ehrgeiz war der freundschaftliche Verkehr mit Münchener Künstlern, deren Ausschwärmen nach dem nicht weit entfernten Kloster Polling bei Weilheim eben begann. Auch dilettierte Zeuß in begabter Weise, und er hatte die höchst originelle, aber sehr vernünftige Idee gefaßt, daß jeder Gast seines ‚Sanatoriums‘ sich das Abendessen durch eine Zeichnung ‚nach der Natur‘ verdienen sollte. Dieses ‚nach der Natur‘ ist zu betonen. Denn hierin steckt außer dem Gesunden der Absicht auch ein versteckter Widerspruch gegen die Hofkünstler, die freilich von der Pollinger Malerschaft ebenfalls nicht anerkannt wurden... Spitzweg hatte großes Glück, als er gerade mit diesem Kreise näher bekannt wurde, dessen Anregungen im menschlichen und künstlerischen Sinne seinem Wesen entgegenkamen. Als begeisterter Naturfreund hatte er schon früher Wanderungen am Ufer des Starnberger Sees entlang nach Murnau und Partenkirchen gemacht. Das ruhige, vom politischen Kannegießern sich fernhaltende Gespräch der Revoluzzer in Polling hatte ihm außerordentlich gefallen. Aber mit seiner bescheidenen Zurückhaltung hatte er bisher nicht gewagt, einem der Mitglieder des Kreises seine Zeichnungen zur Beurteilung vorzulegen. Selbst der gestrenge Zeuß hatte keine Ahnung von der Begabung des schmalbrüstigen kleinen Apothekers, den er mit einer Direktice des adligen Mädcheninstituts in München, Fräulein von Dittrich, und mit dem grundgelehrten, aber in künstlerischen Dingen höchst unverständigen Chemiker Hofrat Nepomuk von Fuchs, welche beide vornehmen Herrschaften ebenfalls in Bad Sulz die Kur gebrauchten, in eine für den kunstbegabteren Teil des Abendtisches amüsante Konkurrenz zu bringen gedachte. Da brachte der Jüngling plötzlich die saubere Zeichnung des Ofens mit, den er am Nachmittage sorgfältig gezeichnet hatte. Das Staunen und Rühmen war nun groß. Der begeisterte Zeuß gestattet seinem Schutzbefohlenen in seiner Entdeckererregung gar alkoholische Exzesse, deren Verhütung sein Pflicht gewesen wäre. Der andere Morgen begründete eine ernste Freundschaft zwischen Carl Spitzweg und dem Landschafter Christian Heinrich Hansonn. Auf des letzteren Rat ließ Spitzweg sich bestimmen, seinen Apothekerberuf aufzugeben und wurde Maler."
Bei diesem Entschluss wurde er stets von seinen Verwandten unterstützt. Er hatte diese Entscheidung nie bereut, im Gegenteil, wie folgende Zeilen vom 07. Oktober 1834 an Eduard verdeutlichen: "Sey versichert, seit dem ich Maler bin - bin ich ganz ein anderer Mensch - ich kann nicht mehr Rechtschreiben, und will nimmer recht schreiben - und Gott sey es gedankt, wenn Du nach München kommst, und unsere Sachen ein wenig ordnest, so will ich mich der Malerei nun ganz verschreiben." Dennoch wollte Spitzweg nicht Zeit seines Lebens Maler bleiben. So schrieb er im Mai 1833 seinem Bruder: "Was meine Sachen betrifft, so mag ich weder servieren noch prinzipalisieren oder heyrathen, d.h. bis jetzt (lieben schon, ja juchje!) mein Abbsolutorj hab i, kann, wenns mir einfallt, einen Schmierladen etablieren, auch noch nach Jahren. Um aber die Zeit ja bis in mein 40tes Jahr auszufüllen, hab ich wieder gescheid - und ein Apotheker zu werden. Na
so rathens, was Sie meinen? (Schick mir auch eine Moral darüber). Übrigens bestimme mich zu einer anderen Standeswahl keineswegs die Erbschaft, sondern der Keim lag schon seit meiner Rückkehr von Italien in mir." Spitzweg war kein Maler von der Akademie, sondern ein Autodidakt. Der erstarrte Akademiebetrieb war konservativ und huldigte der Historie in großen Werken. Spitzweg hatte das Glück gehabt, Freunde unter den Malern zu finden, die der Akademie den Rücken gekehrt hatten. Solche Maler hatten, um ihre Werke ausstellen zu können, im Jahre 1824 als Bürgerinitiative einen Kunstverein gegründet, den ersten Kunstverein in deutschen Landen. In diesem Maler- und auch Freundeskreis fand Spitzweg Hilfe und Ermunterung. So schrieb Jens Christian Jensen: "Da gab es den Maler Lichtenfeld, dessen Fach das der Nacht- und Mondscheinbilder war, Zwengauer war berühmt für sein Abendrot, Eduard Grützner für seine trinkenden Mönche, Sebastian Habenschaden malte Jäger, Alpen und italienische Folklore, Heinrich Bürkel erzählte von alpenländischen Bauern und Jägern und von südländischen Hirten und Reisenden. Ludwig Hartmann malte nur Pferde, und Johann Friedrich Voltz fast nur Kühe. Alle diese Maler hat Carl Spitzweg gekannt, ein bunter, betriebsamer Haufen tüchtiger Fachleute, in deren Werk bei aller Routine immer wieder wahre Meisterschaft aufblitzen konnte. Man half sich auch gegenseitig: Der Tierspezialist malte dem Landschaftsspezialisten schon einmal seine Schafe ins Bild, und der zeigte sich erkenntlich, indem er einen blau-weißen Himmel in die Darstellung des anderen fügte."
Aber auch geschäftlich ist Spitzweg durchaus engagiert. So widmete er sich gemeinsam mit seinem Stiefvater Neuerndt den Finanzgeschäften, um frei zu bleiben und so seine künstlerischen Aufgaben lösen zu können. Ferner führte er eine systematische Verkaufsstrategie seiner Bilder durch, indem er Vertreter für seine künstlerische Produktion angeworben hatte, die in alle Länder "ausschwärmten", um die Kunstvereine mit seinen Bildern zu versorgen. Er wartete also nicht bis ein Kunde zu ihm kam, sondern gab es in einen der vielen Kunstvereine. Folgende Kunstvereine wurden von ihm beliefert: Augsburg, Basel, Bergen, Braunschweig, Breslau, Christiania in Schweden, Darmstadt, Dresden, Frankfurt, Gießen, Hanau, Köln, Königsberg, Leipzig, Linz, Luzer/Schweiz, Mainz, Magdeburg, Mannheim, München, Nürnberg, Prag, Regensburg, Salzburg, Sankt Gallen, Stuttgart, Wien, Winterthur, Worms und Zürich. Bei all diesen Aktivitäten ist es äußerst bemerkenswert, dass Spitzweg dennoch immer wieder die Muße fand, sich seiner künstlerischen Produktion zu widmen. Zumal er nach wie vor viel durch Europa reiste. 1834 beispielsweise fährt er zum zweiten Mal nach Venedig. Und auch in den folgenden Jahren ist er häufig unterwegs, von wo er immer wieder neue Studien mitbrachte. Im Jahre 1835 wird Spitzweg Mitglied des Münchener Kunstvereins. Er versprach sich davon auch merkantil abgesichert zu sein. Seine Vorliebe für das Theater bleibt jedoch weiterhin ungebrochen. So schreibt er am 12. Mai 1836 an seinen Bruder Eduard in Oedenburg: "[...] der Bock ist auch wieder offen und es reißt mich zuweilen auf eine Halbe hin. Detto das Schweiger-Theater; wurde mit Templer und Jüdinn eröffnet als Trauerspiel, am selben Abend war im Hoftheater: Lumpachivagabundus! Tenor Bayern hat ein Halsübel, kann vielleicht nie wieder singen. Jetzt ist ein Wiener Crambobohni (oder wie) als Gast hier."
Im selben Jahr wütete wieder einmal ein Choleraepidemie in München, was Spitzweg dazu veranlasste in die Berge flüchten. Dort - in Gern - lebte er in einer Mühle. Er meidet die Stadt, fährt allenfalls einmal nach Pasing, um dort Materialien einzukaufen. Die Innenstadt beschließt er jedoch nicht zu betreten. Nachdem die Cholera für Spitzweg glimpflich verlaufen war, kehrte er 1837 wieder nach München zurück und versucht sich mit vielen Bildthemen. In eben diesem Jahr entstanden auch erste Vorzeichnungen zum "Armen Poeten" und auch die erste Fassung. Von der Jury des Kunstvereines wurde dieses Gemälde 1839 jedoch nicht angenommen. Im Jahre 1838 verkaufte Spitzweg erstmals 8 Bilder und beginnt mit der Anfertigung seines Verkaufsverzeichnisses. Nachdem er 1844 nach vielen Reisen - u.a. nach Dalmatien, Ragusa, Venedig, Verona, in die Schweiz aber auch Österreich - wieder nach München zurückkehrte, beginnt Spitzweg als Illustrator für die vom Kasper Braun gegründete Zeitschrift "Fliegende Blätter" zu arbeiten. Diese Mitarbeit dauert bis 1853. Ihr wird durch eine erneute Choleraepidemie ein jähes Ende gesetzt. Spitzweg geht 1853/53 gemeinsam mit Schleich aufs Land in das Vorgebirge und in die Tiroler Täler. Eduard Schleich den Älteren hatte Spitzweg im Jahre 1844 kennengelernt. Ihre Beziehung war hauptsächlich durch umfassende Wanderungen geprägt, so unter anderem nach Triest und Laibach. Das bedeutsamste Ereignis des Jahres 1847 fand für Spitzweg anlässllich einer Zusammenkunft der "Münchener Liedertafel" statt. Am 14. September trafen sich hier die beiden Maler Carl Spitzweg und Moritz von Schwind. Die Schwindschen Bilder waren Spitzweg durchaus bekannt, er bewunderte deren Einheit von genauer Zeichnung und freier Farbgebung. Diese Einflüsse waren wichtig für Spitzwegs Nachtbilder. Zwischen beiden entwickelte sich eine Freundschaft. Eine der wichtigsten Reisen der folgenden Jahre war wohl die nach Prag, im Jahre 1849. Dort lernte er die tschechischen Maler Josef Manés und Josef Navratil kennen. Um 1850 beginnt sich im Leben und auch in der Kunst von Carl Spitzweg einiges zu ändern. Er versteht nun seine Reiseerfahrungen auch in sein künstlerisches Schaffen einzubringen. So sind wohl seine Reisen nach Italien insbesondere nach Venedig maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich Spitzweg zu einem internationalen Maler entwickelt. 1851 fährt er mit seinem Bruder Eduard und Schleich d.Ä. zur Industrieausstellung nach Paris und auch zur Ersten Weltausstellung nach London. Dort wollte er sich mit den Vorgaben der internationalen künstlerischen Entwicklung auseinandersetzen. Ein weiterer wichtiger Einschnitt in Spitzwegs Lebens vollzieht sich 1858. In diesem Jahr zieht er in die Neuhauser Gasse 11/2. Hier richtet er gründlich sein Atelier ein und nimmt die gewaltigen Massen an Skizzen und Studien in Öl und die vielfältigen Skizzenbücher mit. Aber auch dies machte ihn nicht sesshafter und er reiste weiterhin vielfach durch Europa.
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zuletzt bearbeitet: 10.05.2002
Carl Spitzweg wurde am 05. Februar 1808 in München geboren. Seine Mutter – Franziska Spitzweg (geb. Schmutzer) – gehörte als Tochter eines reichen Früchtegroßhändlers dem Großbürgertum Münchens an. Carls Vater – Simon Spitzweg – stammte aus dem Dorf Unter-Pfaffenhoffen bei Fürstenfeldbruck (in Oberbayern), wo dessen Familie zu Reichtum gekommen war. Simon wurde Kaufmann, und als solcher äußerst erfolgreich. Im Jahre 1804 erhielt er die Bürgerrechte der Stadt München. Im selben Jahr ehelichte er auch Franziska. Sein ererbtes und angeheiratetes Vermögen ermöglichten es ihm ein Haus an der Ecke Neuhauser- und Eisenmanngasse zu erstehen, wo er seine Firma "Tuch -, Wollen -, Baumwollen -, Seiden - und Spezereinwaren, Kommission und Spedition" eröffnete. Aber auch gesellschaftlich war seine Stellung in München durchaus gefestigt: Er beherrschte mehrere Sprachen, war Beisitzer am Münchner Handelsgericht und Mitglied des Gemeindekollegiums, später sogar Vorsteher und 1818 wählte ihn die Stadt München gar als ihren Vertreter im Bayrischen Landtag. Dieses umfassende Tätigkeitsfeld seines Vaters erklärt wohl auch, warum Carl ihn in seiner frühen Jugendzeit als einen "Übervater" empfand. Franziska und Simon Spitzweg wurden 3 Söhne beschieden. Der älteste Sohn Simon (* 1805) sollte Kaufmann werden und später das väterliche Geschäft übernehmen. Für Carl war der Beruf des Apothekers vorgesehen, und Eduard - der jüngste Sohn (* 1811) - sollte Arzt werden. Bei einer solchen Berufsverteilung - so die Vorstellung des Vaters - könnten die Brüder sich gut einander zuarbeiten. Er wollte, dass die Söhne seinen eigenen Weg mit Fleiß weitergehen. Diese Pläne ließen den Söhnen wenig Freiheiten. Widerspruch wurde nicht geduldet. Der Erfolg des Vaters schien die Strenge zu rechtfertigen. Carls künstlerische Neigungen fanden bei seinem Vater kein Verständnis und wurden allenfalls durch seine Mutter gefördert. Vater Spitzweg sah als Grundlage für seinen Wohlstand und sein Ansehen die Bildung als maßgebliches Gut an und sorgte deswegen dafür, dass seine Söhne eine gute Schuldbildung erhielten. 1818 wurde Carl in die mindere lateinische Vorbereitungsklasse eingeschult. Im Zeugnis von 1818/ 19 steht: "Fähigkeit: sehr viele, Fleiß: sehr groß, Sittliches Betragen: sehr lobenswürdig, Allgemeiner Fortgang: gut, Carl ist der 39. Schüler und erhält die Erlaubnis zum Vorrücken in die nächste Klasse." Als Sondervermerk wird ihm jedoch "Zu große Ängstlichkeit [...]" bescheinigt. Spitzweg ging mit großem Vergnügen zu Schule. Er hatte den Beistand seiner Mutter, die ihm vieles abnahm und auch bei den ersten schulischen Versuchen zur Seite stand. Im Jahre 1819 jedoch verstarb Franziska Spitzweg ganz plötzlich, an einer nicht näher benannten Krankheit. Dieser Einschnitt hatte eine entscheidende Wesensveränderung Carls zu Folge. Sein Vater heiratete noch im gleichen Jahr die Schwester Franziskas und Alleinerbin des Schmutzerschen Unternehmens, Kreszentia Schmutzer. Dies war durchaus nicht unüblich für diese Zeit, denn man musste stets den frühen Tod einkalkulieren. Und so blieb das Geschäft in der Familie. Das Verhältnis Carls zu seiner Stiefmutter ist nicht bekannt. 1820/21 tritt Spitzweg in die Gymnasialklasse des Wilhelmgymnasium in München in der Herzog-
Spital-Gasse ein. Dieses besuchte er bis 1825. In dem Zeugnis von 1824/25 steht: "Dieser Schüler trat um Ostern freiwillig aus, um zu einem bürgerlichen Gewerbe überzugehen. An Taten fehlte es ihm nicht, aber er hatte unreif eine Klasse übersprungen und konnte sich daher aus Mangel an gründlicher Bildung auf keiner gehörigen und den früheren Jahren entsprechenden Stufe des Fortgangs mehr erhalten. Seine Arbeiten lieferte er überaus genau und fleißig und man sah wohl, daß es ihm nicht an Willen fehlte, sondern nur daß sein Geist zu unreif für diese Klasse sey. Sein Sinn selbst war noch ganz kindlich und folgsam und sein Gemüth berechtigt zu schönen Hoffnungen, nur wenn sich sein Verstand noch einmal entwickelt und sich sein Charakter auf Grundsätze stützt, wie er jetzt noch auf bloßem Glauben beruht. Dieser Schüler, der nur auf Bedingung aufgenommen worden war, besuchte die Klasse nur bis zum 22. Jänner, wo er freiwillig aus der Studienanstalt austrat, wegen Mangel an gehöriger Vorbildung und den Sprachen, um, wie er angab, diesen Mangel durch Privatvorbereitung zu ersetzen. [...] Der Schüler hielt sich übrigens ruhig und sein Fortgang wäre unter den letzten 3 gewesen. Er trat nach den ersten 12 Monaten in das elterliche Haus zurück, weil er sich zu schwach fühlte, einen ehrenvollen Platz in der Klasse zu behaupten. Der Lehrer mußte ihn selbst nur umso mehr dazu raten, da nur gänzliche Zerstreutheit und Gedankenlosigkeit, die ihm zur anderen Natur geworden war, ihn für Energie des Willens, die speziellere Ermunterung zu benutzen. Das Unglück kam freilich kam auch noch dazu, daß er zu früh in die höhere Klasse eingetreten war, so daß sein Wissen mehr [...] Anlage als zusammenhängende Übersicht war." Am 1. April 1825 tritt Spitzweg als Lehrling seine Ausbildung in der Königlich Bayerischen Hof- und Leibapotheke zu München bei dem Prinzipal Dr. Franz Xaver Pettenkofer an. Diese Lehre schloss er am 21.März 1828 ab, arbeitete jedoch ein weiteres Jahr als Gehilfe. In diesem Jahr entschloss er sich auch neben der Tätigkeit als Gehilfe in der Hofapotheke ein Studium an der Münchener Universität aufzunehmen. Dort beschäftigte er sich bis 1832 mit Pharmazie, Botanik, Chemie, Mineralogie, Physik, Toxologie und Zoologie. Seine Arbeit bei Pettenkofer endete am 31. März 1829 und Spitzweg ging anschließend sieben Monate in die Löwenapotheke nach Straubing. Jedoch veranlassten ihn persönliche Auseinandersetzungen mit dem dortigen Prinzipal Franz Xaver Attenhauser zur Kündigung. Dort in Straubing beteiligte er sich beim "Liebhabertheater" in kleineren Rollen er übernahm auch die Regie von kleinen Theaterstücken und Singspielen. Das Theater hatte Spitzweg schon seit jeher Freude gemacht. Bereits während seiner Schulzeit hatte ihn seine Mutter zum Laienspiel animiert. Diese Jahre waren aber auch von schweren Schicksalsschlägen in der Familie bestimmt. So starb im Jahre 1828 sein Vater und bereits am 28. April des darauf folgenden Jahres sein Bruder Simon. Dieser war in Kairo als Kaufmann tätig, wo ihn die Pest dahinraffte. Damit mußte Eduard zunächst die Geschäfte des Vaters übernehmen. Doch bereits im Jahre 1831 verheiratete sich die Stiefmutter Kreszentia erneut. Diesmal in den Handelsmann Herrmann Neuerndt. Mit diesem unternahm Carl kleinere Reisen und es ist wohl auch anzunehmen, dass ihm Neuerndt ein finanztechnischer Lehrer war. Am 29. Februar 1832 erhält Carl das Resultat der Zensurnoten für den Kandidaten der Pharmazie als Probereferenten. Die schriftlichen Prüfungen fallen alle mit der Note 1 aus, ebenso die praktischen und auch die mündlichen Prüfungen.
Äußerst entscheidend für den weiteren Werdegang ist die darauf folgende Italienreise, die Spitzweg vom 2. Mai - 12. Juni 1832 unternahm. Auch hier gibt er sich den Genüssen des Theaters hin. So schreibt er seinem Bruder am 1.Juni 1832: "Jetzt gehen wir ins Tagestheater in die Arena, weil sonst kein Theater hier ist und sehen das Bombadimento i‘algeri, wobey ganze Linienschiffe in die Luft gehen werden. Das wird freilich was anderes werden, als die Accademia musicale vocale d‘instrumentale in Mailand im Theatro Canobbiano, wo die Madame Heineveter und Madame Catalane sang, und das ganze ein herrliches Balett schloß. Alles in seiner Art!". Das fantastische und illusionäre Theater und die Singspiele sowie Opern in Italien haben Carl Spitzweg in der Frühzeit beachtliche Phantasieschübe gegeben, so dass er sich vielfältig Notizen, beziehungsweise auch Zeichnungen nach den Kulissen und den Bühnenbildern anfertigte. Diese Italienreise - mit Zwischenstops u.a. in Bologna, Florenz, Rom und Neapel - war nicht unerheblich für seinen späteren Entschluss Maler zu werden.
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Spitzweg ging nun nicht mehr auf viele große Reisen. (wohl auch aufgrund einer 1865 erlittenen Venenentzündung) Im Jahre 1865 erhält Carl Spitzweg den bayerischen Michaelsorden. Dies beeindruckte ihn jedoch wenig. Er begegnete dem gar mit einem Spottgedicht: Die Orden Wenn einer einen Orden kriegt, Bei uns ist’s so der Brauch, Sagt jeder grad zu ihm ins G’sicht: "Verdient hätt‘ ich ihn auch!" Wahrhaft erfreulich ist dies schon, Es gibt ein treues Bild! Wie hoch muß stehen die Nation, Wo jeder sich so fühlt!
Auf der Weltausstellung des Jahres 1867 war Spitzweg mit vier Bildern vertreten, die dort internationale Anerkennung fanden. Diese Ehrung setzte sich auch in deutschen Landen fort und Spitzweg wurde 1868 Ehrenmitglied der Akademie der Künste in München. Seine Kunst hatte nun endlich auch die Gunst des Publikums errungen. 1871 verkauft Spitzweg zum ersten mal 31 seiner Gemälde. Jedoch in den Jahren 1873/74 grassierte erneut ein Choleraepidemie in München. Diese war noch heftiger als die bereits vorangegangen, es werden große Verluste in der Bevölkerung erlitten und auch für Spitzwegs Freund Schleich hat sie den Tod zur Folge. Spitzweg flüchtet wieder einmal nach Tirol und kommt ein ganzes Jahr nicht mehr in die Stadt zurück. Die folgenden Jahre waren von Spitzwegs Arbeitseifer geprägt. Er war nun ein berühmter Maler. Im Jahre 1875 wurde er in die CentralGemälde-Kommission München als ständiges Mitglied berufen. Dieses Amt führte er bis 1881, dann trat er aus Gesundheitsgründen zurück. 1879 stellte Spitzweg auch auf der Münchener Kunstausstellung aus und wurde dort von Friedrich Pecht in der Ausstellungsbesprechung gesondert hervorgehoben. Den Höhepunkt seines Verkauferfolges erlangte Spitzweg 1880, in diesem Jahr wurden gar 37 seiner Bilder veräußert. 1884 stirbt sein von ihm so sehr geliebter Bruder Eduard, womit wesentliche famliäre Kontakte entfielen, was Spitzweg doch sehr einsam werden ließ. Die letzten Jahre unseres Künstlers waren also von Ruhm und Ehr geprägt. Endlich fand seine Kunst die von ihm gewünschte Anerkennung. Dies spiegelte sich sowohl in den Verkäufen, als auch in den ihm zu Teil werdenden Auszeichnungen und Ehrungen wieder.
Am 23. September 1885 stirbt Spitzweg schließlich an einem Schlaganfall in seiner Wohnung am Heumarkt in München.
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Gemäldegalerie
Auf den folgenden Seiten sehen Sie ca. 185 Bilder aus dem oeuvre Carl Spitzwegs, die sie über das in der oberen Leiste befindliche Pull-Down Menü aufrufen können. Das Spitzweg-Werkverzeichnis von Günther Roennefahrt registriert ca. 1500 Bilder. Die hier gezeigten Abbildungen können somit nur einen kleinen Teiles des umfangreichen Werkes von Carl Spitzweg zeigen. Wenn Sie sich einmal die Bilder von Spitzweg "live" ansehen wollen, finden sie hier eine Übersicht über aktuelle Ausstellungen.
Spitzweg ist zwar vor allem wegen seiner Malerei bekannt. Er hat jedoch auch zahlreiche Gedichte verfasst. Eine kleine Auswahl ist hier zu finden: Der Weisheitszahn Des genügsamen Trost Berg und Tal Die Holde, die durch Spiel und Sang Ein spaßigs Leben führen wir Mei Dachstubn Neue Bauernregeln für das Jahr 1877 Romanze Mein Schlafrock Die Ausgrabungen in Olympia
Bei der Erarbeitung des vorliegenden Projektes habe ich folgende Literatur verwendet: Albrecht, Manuel
Carl Spitzwegs Malerparadies Stuttgart, Schuler Verlagsgesellschaft 1980
Höhne, Erich
Carl Spitzweg Leipzig: VEB Seemann Verlag 1961
Jensen, Jens Christian
Carl Spitzweg - Zwischen Resignation und Zeitkritik Köln: DuMont 1986 (5.Aufl.)
Müller Kristiane / Urban, Eberhard
Carl Spitzweg Stuttgart: Unipart-Verlag 1995
Roennefahrt, Günther
Carl Spitzweg - Werkverzeichnis
Schirmer, Lisa
Carl Spitzweg Augsburg: Weltbild Verlag 1995
Wichmann, Siegfried
Carl Spitzweg München: Bruckmann, 1990
ders.
Spitzweg München: Bruckmann 1967
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Spitzweg - Ausstellungen Die große Sommerausstellung - Carl Spitzweg
Museum Georg Schäfer in Schweinfurt verlängert bis zum 6. Januar 2003
CARL SPITZWEG (1808-1885) - Reisen und Wandern in Europa und der Glückliche Winkel
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Der Weisheitszahn Wart allweil auf den Weisheitszahn, Die andern fallen aus I denk, i zieh mein Pelzrock an Und geh schön stat nach Haus! Was hilft denn a dös Warten jetzt, Dös Herstehn da im Schnee; Da könnt i mi verkältn z'letzt, Dös Gscheitest ist - i geh! Zur Einsicht bin i endli glangt, Den krieg i nimmer - i ! Allweil hat mir vor Weisheit bangt: An Zahn hats ghabt auf mi!
Des Genügsamen Trost Behalt die Perlen und dein Gold, Bahlt die Diamanten! Was tut's wenn auch Fortuna schmollt Durch ganze Folianten! Es bleibt zuletzt doch etwas noch, Was muß das Herz erheben Weit über alles Unbill hoch Und schöner macht das Leben! Ach, wenn ich es nicht sagte Dir, Du würdest's nie erraten! Freund, morgen gibt es Märzenbier Und Heringe gebraten!
Berg und Tal Erst auf den höchsten Zinnen, Die mühsam du erklommst, Wird's hell in deinen Sinnen, Dem Himmel näher kommst! Willst du ein Weilchen selig sein, So leg dich auf den Bauch Dort in die nächste Wiese 'nein, Inmitt' der Blumen Hauch! So bist der Gottheit näher, Das Herz, es schlägt dir froh: Nur meide nahe Späher, Die finden so was roh!
Die Holde, die durch Spiel und Sang Die Holde, die durch Spiel und Sang Uns oft das Herz erwärmt Ach - sie - für die ein Leben lang Gar manches Herz noch schwärmt: Sie lacht ob unserm Liebesschmerz, Sie will nicht tausend Dank Für alles - für ihr kostbar Herz Begehrt sie ..... einen Frank
Ein spaßigs Leben führen wir Ein spaßigs Leben führen wir, Ein Leben ohne Sonne. Dös anzi is no' s Kellerbier Is unsre ganze Wonne. Heut nehmen wir a Paraploi, A Regendachl morgen. Z'letzt lassen wir a Arche Noi Noch für uns alle bsorgen...
Mei Dachstubn Logier in a Dachstubn, Und da bin i gern, Da siech i gar weit rum In d'Höh und in d'Fern. Da tramt mir der schönst Tram, Wie d'Engerln rum fliegn Die drunten, die sehns kam, Die über oa Stiegn. Da guck i frohseli In d'Himmelwelt naus, Bis kummt z'letzt Micheli, Da zieh i dann aus. Mi tragts, wenns a wenig Is weiter ins Grab, Daß i - notabeni Net selber z'steign hab. Und hoff, wenn i dro kimm Und's Sterbgewand onhab, Das i so an Tram nimm Mit abi ins Grab.
Neue Bauernregeln für das Jahr 1877 Die Dächer, wenn im Juni naß, Deutet schon auf Regen das. Wenn der Kuckuck nicht vor Johanni schreit, So hat er später auch noch Zeit. Wenn der M ai recht warm und fein, Wirst im Juni durstig sein; War er aber kalt und schlecht, Durst's im Juni dich erst recht. Is der Oktober noch heiter und warm, War der Mai, daß Gott erbarm. Aufs Antlaß, wenns schön Wetter is, Da graten die Bratwürst allmal gwis. Is d'Hitz auch groß noch im September, Späternaus wirds kühler und bequember. Summen die Fliegen schon im Mai, Kommt bald der Juni auch herbei. Marie Himmelfahrt klar Sonnenschein, Schmeckt 's ganze Jahr a guter Wein. Donnersts im August, Wird später auch viel gekust. Wenn in d'Schlehdornblüh ein Reif einfallt, Wirds später a no warm und kalt. Am Abend vor Laurenzi, Da kuß i mein Zensi.
Romanze I hab an Hexenschuß, Weil i'n halt habn muß, Sonst hätt i'n ned. Wenn i die Hex nur wißt, Die allweil auf mi schißt, I brachts ins Gred. Bal i mi niedersitz, Gibts an Stich, wie a Blitz Fahr i in d'Höh! Wenn i mi bucken will, Herrgott, is das a Gfühl, Ah, dös tut weh! 's is rein zum Teufel holn, 's is, als wär alls verschwolln Hinten im Kreuz! D'Hex hätt koa Mitleid ned, Wenns mi abreißn ted Na, sagts, mi freuts!
Mein Schlafrock Wie arg, daß jetzt mein Schlafrock hin, Zerfetzt und durchgefressen, Kaum siebzehn Jahr ich älter bin, Seit er mir angemessen. Von Wolle kaum mehr eine Spur, Durchlöchert schon von Schaben, Ich tröste mich mit solchen nur, Die keinen Schlafrock haben. Soll ich mir jetzt als Sterbekleid Noch einen neuen schenken? Dann möcht' ich ihn bequem und weit, Wenn sie ins Grab mich senken.
Die Ausgrabungen in Olympia Und wird die Welt auch noch so alt, Der Mensch, er bleibt ein Kind! Zerschlägt sein Spielzeug mit Gewalt, Wie eben Kinder sind! Wann alles erst in klein zerstückt Und nichts mehr zu verderben, So sucht er wieder - neubeglückt Und spielt dann mit den Scherben!