Springer-Lehrbuch
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Springer-Lehrbuch
Thomas Zerres
Bçrgerliches Recht Ein einfçhrendes Lehrbuch in das Zivil- und Zivilprozessrecht Fçnfte, çberarbeitete und erweiterte Auflage Mit 57 Abbildungen
12
Professor Dr. jur. Thomas Zerres Fachhochschule Erfurt Fachbereich Wirtschaftswissenschaft Zivil- und Wirtschaftsrecht Steinplatz 2 99085 Erfurt
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar.
ISBN 3-540-22687-7 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-43771-1 4. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de ° Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, 1996, 2000, 2003, 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Umschlaggestaltung: design & production GmbH, Heidelberg SPIN 11308690
64/3130-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort zur fünften Auflage
Die vorliegende Veröffentlichung ist als ein einführendes Lehrbuch in das Bürgerliche Recht konzipiert. Es wendet sich an Studierende an Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien und Industrie- und Handelskammern, die sich zu Beginn ihres Studiums mit diesem Rechtsgebiet auseinander zu setzen haben bzw. die sich im späteren Verlauf ihres Studiums vor einer Prüfung noch einmal einen wiederholenden Überblick verschaffen wollen. Um dieser Intention gerecht werden zu können, beschränkt sich das Buch im Wesentlichen auf den Inhalt der ersten drei Bücher des Bürgerlichen Gesetzbuchs, den Allgemeinen Teil, das (allgemeine und besondere) Schuldrecht sowie das Sachenrecht; den Abschluss bilden grundlegende Ausführungen zum Zivilprozessrecht. Das Buch basiert auf Lehrveranstaltungen, die der Verfasser an der Hochschule und an anderen Bildungseinrichtungen abgehalten hat. Vor dem Hintergrund seiner früheren beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt und als Verbandsgeschäftsführer hat sich der Verfasser um eine größtmögliche Praxisnähe bemüht, die ihren Ausdruck in erster Linie in einer Veranschaulichung der theoretischen Grundlagen durch eine Vielzahl von Beispielen findet. Die vorliegende fünfte Auflage ist umfassend überarbeitet und um einige prüfungsrelevante Aspekte erweitert worden. Struktur und didaktische Konzeption sind unverändert. Der Verfasser bedankt sich auch weiterhin für Anregungen und Kritik zu diesem Buch.
Dreieich, im Juli 2004
Thomas Zerres
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis Abkürzungsverzeichnis
XXI XXV
Teil A. Zivilrecht I.
II.
Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
3
1. Juristische Arbeitsmethodik 2. Rechtsquellen 3. Grundstruktur des Bürgerlichen Gesetzbuches 4. Einfluss des Europäischen Rechts 5. Sonderprivatrechte 6. Öffentliches Recht 7. Rechtsanwendung am Fallbeispiel 8. Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung Anhang zur juristischen Arbeitsmethode
3 7 8 13 16 18 21 24 27
BGB - Allgemeiner Teil 1. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte a. Rechtssubjekte b. Rechtsobjekte 2. Die Rechtsgeschäftslehre
33 33 33 35 36
a. Rechtsgeschäft b. Willenserklärung aa. Begriff und Bedeutung bb. Bestandteile einer Willenserklärung cc. Schweigen als Willenserklärung
37 38 38 38 41
VIII
Inhaltsverzeichnis dd. Wirksamwerden einer Willenserklärung ee. Auslegung einer Willenserklärung
43 50
c. Vertrag aa. Bedeutung und Erscheinungsform bb. Grundsatz der Vertragsfreiheit cc. Zustandekommen eines Vertrags d. Willensmängel aa. Einführung bb. Bewusstes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung . . . cc. Unbewusstes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung . dd. Täuschung und Drohung
54 54 55 59 64 64 64 66 70
e. Formvorschriften f. Dissens g. Zusätzliche Wirksamkeitserfordernisse aa. Übersicht bb. Bedingung cc. Befristung
72 75 75 75 76 76
dd. Zustimmung h. Nichtigkeitsgründe aa. Geschäftsfähigkeit bb. Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot
77 79 79 81
cc. Sittenwidrigkeit i. Stellvertretung aa. Begriff und Bedeutung bb. Voraussetzungen cc. Vertreter ohne Vertretungsmacht dd. Grundsätze der Rechtsscheinvollmacht ee. Mittelbare Stellvertretung
82 83 83 84 90 91 92
III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil 1. Schuldverhältnis 2. Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse a. Arten und Entstehung b. Inhalt eines Schuldverhältnisses c. Leistungspflichten d. Leistungsgegenstand
95 95 97 97 98 99 103
Inhaltsverzeichnis e. Zeit und Ort der Leistung f. Vertrag zugunsten Dritter g. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter 3. Beendigung von Schuldverhältnissen a. Übersicht b. Erfüllung
IX 105 107 108 111 111 111
c. Leistung an Erfüllungs Statt d. Hinterlegung e. Aufrechnung
113 113 114
f. g. h. i.
115 116 116 116
Erlass Aufhebungsvertrag Novation Vergleich
j . Konfusion, Konsolidation k. Rücktritt und Kündigung 4. Verbraucherschutz bei besonderen Vertriebsformen a. Überblick über den Verbraucherschutz im BGB
116 117 117 117
b. Haustürgeschäfte c. Fernabsatzverträge d. Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr e. Widerrufsrecht 5. Leistungsstörungen a. Einleitung b. Schuldnerverzug aa. Voraussetzungen bb. Rechtsfolgen c. Gläubigerverzug
118 119 120 122 122 122 126 126 129 131
d. Unmöglichkeit aa. Überblick bb. Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB cc. Faktische Unmöglichkeit dd. Persönliche Unmöglichkeit ee. Rechtsfolgen e. Schlechtleistung aa. Begriff und Überblick über die gesetzliche Regelung bb. Schadensersatz statt der Leistung
133 133 134 136 137 138 143 143 144
X
Inhaltsverzeichnis cc. Mangelfolgeschaden dd. Rücktritt f.
146 146
Verletzung von Schutzpflichten aa. Schutzpflichtverletzung im Schuldverhältnis bb. Schutzpflichtverletzungen im vorvertraglichen Schuldverhältnis g. Wegfall der Geschäftsgrundlage 6. Gläubigerwechsel a. Einleitung
148 150 152 152
b. Gesetzlicher Forderungsübergang c. Forderungsübergang durch Hoheitsakt d. Forderungsübergang durch Rechtsgeschäft 7. Schuldnerwechsel 8. Gläubigermehrheit und Schuldnermehrheit 9. Einwendungen und Einreden
152 153 153 155 156 156
a. Übersicht b. Einreden aa. Einleitung bb. Einrede der Verjährung cc. Einrede des Zurückbehaltungsrechts dd. Einrede des nichterfüllten Vertrags ee. Einrede der Vorausklage
146 146
156 157 157 158 160 163 164
IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse 165 1. Übersicht über die wesentlichen Vertragsarten des Schuldrechts . . . 165 2. Kaufvertrag a. Charakter, Gegenstand und Zustandekommen b. Pflichten des Verkäufers aa. Sachkauf bb. Rechtskauf c. Pflichten des Käufers d. Gefahrtragung beim Kauf e. Haftung für Sachmängel aa. Beschaffenheitsabweichung bei Gefahrübergang bb. Montage und Montageanleitung cc. Aliud und Zuweniglieferung
168 168 170 170 172 173 174 176 176 180 182
Inhaltsverzeichnis f. Haftungsausschluss g. Rechte des Käufers wegen eines Mangels aa. Überblick bb. Nacherfüllung
XI 182 183 183 184
cc. Rücktritt dd. Minderung ee. Schadensersatz h. Verjährung aa. Dauer bb. Beginn i. Vertragliche Modifikationen der Mängelhaftung
190 191 193 197 197 198 199
j.
Garantien aa. Bisher geltendes Recht bb. Regelung der „Garantie" k. Konkurrenzen
200 200 201 204
aa. Abgrenzung zu §§ 119 ff. BGB bb. Vorvertragliche Pflichtverletzungen cc. Abgrenzung zur Verletzung mangelunabhängiger Nebenpflichten dd. Abgrenzung zum Deliktsrecht 1. Sondervorschriften für den Verbrauchsgüterkauf
204 204
aa. Zwingendes Recht bb. Beweislastumkehr cc. Sondervorschriften zu Garantien dd. Rückgriff des Letztverkäufers m. Besondere Arten des Kaufs aa. Kauf unter Eigentumsvorbehalt bb. Kauf als Teilzahlungsgeschäft cc. Kauf auf Probe dd. Wiederkauf ee. Vorkaufsrecht n. Grenzüberschreitender Kauf 3. Mietvertrag a. Gegenstand und Vertragsabschluss b. Vertragliche Pflichten c. Gewährleistung
205 205 206 206 207 208 209 211 211 213 215 215 215 216 218 218 218 221
XII
V.
Inhaltsverzeichnis d. Wechsel der Vertragsparteien e. Beendigung
221 221
4. Leasingvertrag 5. Darlehensvertrag a. Gelddarlehensvertrag b. Kündigung c. Verbraucherdarlehensvertrag d. Sachdarlehensvertrag 6. Dienstvertrag
222 224 224 224 225 226 227
7. Werkvertrag a. Gegenstand b. Vertragliche Pflichten aa. Pflichten des Unternehmers
230 230 231 231
bb. Pflichten des Bestellers c. Gefahrtragung d. Gewährleistung e. Verjährung f. Beendigung durch Kündigung 8. Allgemeine Geschäftsbedingungen a. Zweck und Bedeutung b. Begriff und Anwendungsbereich c. Einbeziehungsvoraussetzungen d. Inhaltskontrolle e. Rechtsfolgen f. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. in besonderen Fällen aa. Verwendung gegenüber Unternehmer bb. Verbraucherverträge
231 233 234 235 236 236 236 237 238 240 242 242 242 242
Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
245
1. Übersicht 2. Geschäftsführung ohne Auftrag a. Begriff und Bedeutung b. Berechtigte GoA aa. Voraussetzungen bb. Rechtsfolgen c. Unberechtigte GoA
245 246 246 247 247 250 251
Inhaltsverzeichnis aa. Voraussetzungen bb. Rechtsfolgen d. Unechte GoA 3. Ungerechtfertigte Bereicherung a. Einleitung b. Leistungskondiktion
XIII 251 251 252 254 254 255
aa. Etwas erlangt bb. Leistung eines anderen cc. Ohne rechtlichen Grund c. Kondiktion in sonstiger Weise (Nichtleistungskondiktion) aa. Eingriffskondiktion bb. Rückgriffskondiktion
255 256 257 259 259 261
cc. Verwendungskondiktion d. Sonderprobleme - Leistung bei Beteiligung Dritter e. Verfügung eines Nichtberechtigten aa. Bedeutung
261 262 266 266
bb. Entgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten cc. Unentgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten dd. Leistung an einen Nichtberechtigten f.
Umfang der Herausgabeverpflichtung aa. Anspruch auf Herausgabe bb. Anspruch auf Wertersatz cc. Wegfall der Bereicherung dd. Verschärfte Haftung 4. Unerlaubte Handlungen a. Überblick b. § 823 Abs. 1 BGB aa. Rechtsgutverletzung bb. Verletzungshandlung cc. Haftungsbegründende Kausalität dd. Rechtswidrigkeit ee. Verschulden ff. Schaden gg. Haftungsausfüllende Kausalität hh. Art und Umfang des Schadensersatzes c. § 823 Abs. 2 BGB
266 267 268 269 269 271 271 273 274 274 274 275 278 280 282 283 283 284 284 288
XIV
Inhaltsverzeichnis
d. e. f. g. h.
aa. Tatbestand bb. Rechtswidrigkeit
288 290
cc. Verschulden §826 BGB § 831 BGB Schmerzensgeldanspruch Zivilrechtliche Beamtenhaftung Gefährdungshaftung
290 290 291 293 294 295
VI. Sachenrecht 1. Begriff
299 299
2. Grundprinzipien des Sachenrechts a. Absolutheitsprinzip b. Typenzwang c. Spezialitätsprinzip d. Publizitätsprinzip 3. Besitz a. Begriff b. Erscheinungsform c. Erwerb und Verlust des Besitzes
300 301 301 302 303 303 303 304 307
d. Schutz des Besitzes e. Funktion 4. Eigentum a. Begriff b. Erscheinungsformen c. Schutz des Eigentums aa. Eigentumsherausgabeanspruch nach § 985 BGB bb. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch 5. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis a. Begriff und Anwendungsbereich b. Vindikationslage c. Nutzungen
308 311 311 311 312 313 313 315 317 317 318 318
d. Schadensersatz e. Verwendungen 6. Erwerb des Eigentums a. Einleitung
320 322 324 324
Inhaltsverzeichnis b. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen. aa. Einigung bb. Übergabe cc. Einigsein dd. Berechtigung c. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an Grundstücken 7. Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten a. Gutgläubiger Erwerb von beweglichen Sachen aa. Gutgläubiger Erwerb nach § 932 BGB bb. Gutgläubiger Erwerb nach § 933 BGB cc. Gutgläubiger Erwerb nach § 934 BGB
XV 325 325 326 329 330 330 331 332 332 334 335
b. Erwerb einer Anwartschaft c. Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs gem. § 935 BGB
336 337
d. Gutgläubiger lastenfreier Erwerb von Eigentum e. Gutgläubiger Erwerb von Grundstücken
338 338
8. Sonstige Formen des Eigentumserwerbs a. Einleitung b. Ersitzung c. Verbindung, Vermischung und Verarbeitung aa. Grundstücksverbindung bb. Fahrnisverbindung gem. § 947 BGB cc. Vermischung (§ 948 BGB) dd. Verarbeitung (§ 950 BGB) ee. Ausgleichsansprüche d. Fruchterwerb, Aneignung, Fund 9. Sonstige dingliche Rechte a. Begriff und Überblick b. Grundpfandrechte aa. Grundprinzipien bb. Hypothek cc. Grundschuld
339 339 339 339 339 341 342 342 344 344 345 345 347 347 349 352
Teil B. Grundzüge der Zivilprozessordnung 1. Allgemeine Grundlagen zur Gerichtsbarkeit
357
XVI
Inhaltsverzeichnis 2. Aufbau, Organisation und Instanzenzug der Zivilgerichtsbarkeit . . . 3. Erkenntnisverfahren a. Einleitung b. Ablauf des Zivilprozesses aa. Überblick bb. Klageerhebung cc. Früher Verhandlungstermin oder schriftliches Vorverfahren dd. Mündliche Verhandlung ee. Rechtsmittel 4. Verfahrensgrundsätze a. b. c. d. e. f. g.
Einleitung Dispositionsmaxime (Verfügungsgrundsatz) Verhandlungsgrundsatz Grundsatz des rechtlichen Gehörs Grundsätze der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und Öffentlichkeit Konzentrationsgrundsatz (Beschleunigungsmaxime) Bestreben nach gütlicher Einigung
360 363 363 366 366 366 369 369 371 371 371 372 372 374 374 376 376
5. Anhängigkeit und Rechtshängigkeit
377
6. Streitgegenstand
378
7. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage a. Überblick b. Sachurteilsvoraussetzungen aa. Zulässigkeit des Zivilrechtsweges bb. Zuständigkeit des angerufenen Gerichts cc. Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung dd. Parteifähigkeit ee. Prozessfähigkeit ff. Prozessführungsbefugnis gg. Postulationsfähigkeit hh. Rechtsschutzbedürfnis ii. Fehlen anderweitiger Rechtshängigkeit 8. Schlüssigkeit der Klage 9. Verhalten des Beklagten a. Einlassung b. Säumnis c. Anerkenntnis
380 380 381 381 381 383 383 384 385 386 386 388 389 389 389 391 392
Inhaltsverzeichnis d. Erledigung der Hauptsache e. Prozessvergleich 10. Beweis a. Beweisbedürftigkeit b. Beweismittel aa. Einleitung bb. Beweis durch Augenschein cc. Urkundenbeweis dd. Zeugenbeweis ee. Sachverständigenbeweis ff. Parteivernehmung c. Beweiswürdigung d. Beweislast 11. Rechtsmittel a. Grundprinzipien b. Berufung c. Revision d. Beschwerde 12. Besondere Verfahrensarten a. Mahnverfahren b. Prozesskostenhilfe c. Urkunden- und Wechselprozess d. Arrest und einstweilige Verfügung e. Schiedsgerichtsverfahren Sachverzeichnis
XVII 392 393 393 393 395 395 396 396 397 398 399 400 400 401 401 402 404 404 406 406 407 408 409 411 413
Abbildungsverzeichnis
1.1
Übersicht über das deutsche Rechtssystem
6
II. 1 11.2 11.3
Rechtssubjekte Rechtsobjekte Rechtsgeschäfte
34 35 38
11.4 11.5 11.6
Willenserklärung Wirksamwerden einer Willenserklärung Anfechtungsgründe
38 44 67
11.7 II. 8 11.9 11.10 II. 11
Beschränkte Geschäftsfähigkeit Stellvertretung Selbstkontrahieren Doppelvertretung Mittelbare Stellvertretung (Kommissionsgeschäft)
80 83 89 90 93
III. 1 111.2 111.3 111.4 111.5 111.6 111.7 111.8 111.9 III. 10 III. 11 III. 12 III. 13 III. 14
Recht der Schuldverhältnisse Vertragliche Schuldverhältnisse Gegenseitige Leistungspflichten Einigungspunkte Vertragspfiichten Pflichten aus dem Schuldverhältnis Vertrag zugunsten Dritter Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Beendigung von Schuldverhältnissen Voraussetzungen des Schuldnerverzugs Rechtsfolgen des Schuldnerverzugs Unmöglichkeit Arten des Gläubigerwechsels Forderungsabtretung
96 97 98 99 100 102 107 109 111 129 130 134 152 153
XX
Abbildungsverzeichnis
III. 15
Einwendungen, Einreden
157
IV. 1
Versendungskauf
175
IV.2 IV.3 IV.4 IV.5
Abgestufte Mängelrechte des Käufers Berechnung der Minderungssumme Struktur des Schadensersatzanspruchs Unternehmerregress beim Verbrauchsgüterkauf
185 192 194 211
IV.6 IV.7 IV.8
Verbundene Verträge Vorkaufsrecht Finanzierungsleasing
215 216 223
IV.9
Werkvertrag
230
VI V.2 V.3
Gesetzliche Schuldverhältnisse Geschäftsführung ohne Auftrag Ungerechtfertigte Bereicherung
245 247 255
V.4 V.5
Dreiecksverhältnis Geschäftsherrnhaftung
264 292
VI. 1 VI.2 VI.3 VI.4 VI.5 VI.6 VI.7 VI.8
Grundsätze des Sachenrechts Numerus clausus der Sachenrechte Besitzformen Besitzmittlungsverhältnis Zeitbestimmung Eigentumsformen Herausgabeanspruch nach § 986 Abs. 1 S. 2 BGB Übereignung nach § 931 BGB
301 302 305 306 309 313 314 329
VI.9 VI. 10
Gutgläubiger Erwerb nach § 934, 1. Hs. BGB Eigentumserwerb nach § 934, 2. Hs. BGB
335 336
B.l B.2 B.3 B.4 B.5 B.6
Rechtsprechende Gewalt in Deutschland Instanzenzug in Zivilsachen Verfahrensablauf Inhalt einer Klageschrift Klagearten Beweismittel
357 361 366 368 368 396
Literaturverzeichnis
Bamberger, H. G., Roth, H: Kommentar zum BGB, Bd. 1, München 2003; zit.: Bamberger/Roth-Bearbeiter Baumbach, A., Hopf, K.: Handelsgesetzbuch, 31. Aufl., München 2003; zit.: Baumbach/Hopt Baumbach, A., Lauterbach, W., Albers, J., Hartmann, P.\ Zivilprozessordnung, 62. Aufl., München 2004 Baur, J., Stürner, R.: Sachenrecht, 17. Aufl., München 1999 Bahr, P.: Grundzüge des bürgerlichen Rechts, 10. Aufl., München 2004 Bitter, G., Meidt, E.: Nacherfüllungsrecht und Nacherfüllungspflicht des Verkäufers im neuen Schuldrecht, ZIP 2001, 2114 Brox, H.: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 27. Aufl., Köln, Berlin 2003; zit: Brox, BGB AT Brox, H.: Handelsrecht und Wertpapierrecht, 17. Aufl., München 2004 Brox, H., Walker, W.-D.: Allgemeines Schuldrecht, 30. Aufl., München 2004; zit.: Brox/Walker, SchuldR AT Brox, H., Walker, W.-D.: Besonderes Schuldrecht, 29. Aufl., München 2004; zit.: SchuldR BT Dauner-Lieb, B., Heidel, T., Lepa, M., Ring, G., (Hsrg.): Schuldrecht (Anwaltskommentar), Bonn 2002 Dauner-Lieb, B., Heidel, T., Lepa, M., Ring, G., (Hsrg.): Das neue Schuldrecht ein Lehrbuch, Heidelberg 2002 Dethloff, N.: Verträge zur Prozessfinanzierung gegen Erfolgsbeteiligung, NJW 2000, 2225 Diederichsen, U., Wagner, G.: Die BGB-Klausur, 9. Aufl., München 1998 Dücker, von, H.-G.: Das kaufmännische Bestätigungsschreiben in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, BB 1996, 3 Erman, W.: Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. I, 11. Aufl., Münster 2004; zit.: Erman-Bearbeiter
XXII
Literaturverzeichnis
Erman, W.: Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. II, 11. Aufl., Münster 2004; zit: Erman-Bearbeiter Fikentscher, W: Schuldrecht, 9. Aufl., München 1997 Gieseler, D.: Die Strukturen der Schlechterfüllung im Leistungsstörungsrecht, ZGS 2003,408 Grigioleit, H.-C, Herresthai, C: Grundlagen der Sachmängelhaftung im Kaufrecht, JZ 2003, 118 Haas, L.: Entwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, Kauf- und Werkvertragsrecht, BB 2001, 1313 Haas, L, Medicus, D., Rolland, W., Schäfer, C: Das neue Schuldrecht, München 2002 Hoffmann, H: Zur Entwicklung des Internet-Rechts, NJW 2001, Beil. zu Heft 14, S. 5-39 Huber, R: Der Nacherfüllungsanspruch im neuen Kaufrecht, NJW 2002, 1004 Huber, R, Faust, F.: Schuldrechtsmodernisierung,München 2002 Jauernig, O.\ Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Aufl., München 2004; zit.: Jauernig-Bearbeiter Jauernig, O.: Zivilprozessrecht, 27. Aufl., München 2002 Hunzinger, E.: Einführung in das Bürgerliche Recht, 11. Aufl., München 2002 Kothe W., Micklitz H. W., Rott, R, Tonnen K., Willingmann A.: Das neue Schuldrecht, Kompaktkommentar, Neuwied 2003 Köhler, H.: BGB - Allgemeiner Teil, 28. Aufl., München 2004; zit.: Köhler, BGB AT Lorenz, K.: Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, 14. Aufl., München 1987; zit.: Larenz, SchuldR AT Larenz, K.: Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Bd. II., 1. Hb., 13. Aufl., München 1986; zit.: Larenz, SchuldR BT Larenz, K., Canaris, C. W.: Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Bd. II., 2. Hb., 13. Aufl., München 1994; zit.: Larenz/Canaris, SchuldR BT Larenz, K., Wolf, M.: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl., München 2004; zit.: Larenz/Wolf, BGB AT Lehmann, M.: Informationsverantwortung und Gewährleistung für Werbeangaben beim Verbrauchsgüterkauf, JZ 2000, 280 Lorenz, S., Riehm, T.: Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, München 2002
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XXIII
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XXIV Literaturverzeichnis Schmidt, K.: Die BGB-Außengesellschaft: rechts- und parteifähig, NJW 2001, 993 Schmidt-Kessel, M.: Auf dem Weg zu einem Europäischen Vertragsrecht, RIW 2003,481 Schreiber, K.\ Sachenrecht, 4. Aufl., Stuttgart, 2003 Schwab, K.-H., Prütting, H.\ Sachenrecht, 31. Aufl., München, 2003 Soergel, T.\ Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 3, Schuldrecht II, 12. Aufl., Stuttgart, Berlin 1991 Soergel, T.\ Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 6, Sachenrecht, 12. Aufl., Stuttgart, Berlin 1990 Staudinger, J. v.: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch - Rechte der Schuldverhältnisse (§§ 249-254 BGB), 13. Aufl., Berlin 1998 Staudinger, J. v.: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch - Rechte der Schuldverhältnisse (§§ 443-535 BGB), 13. Aufl., Berlin 1995 Taupitz, J, Kritter, T.: Electronic Commerce - Probleme bei Rechtsgeschäften im Internet, Jus 1999, 839 Thomas, H., Putzo, H.: Zivilprozessordnung, 25. Aufl., München 2003 Ulmer, P., Brandner, H.-E., Hensen, H.-D.: AGB-Gesetz (Kommentar), 9. Aufl., Köln 2001 Wesel, U.\ Fast alles, was Recht ist, 6. Aufl., Frankfurt 1999 Westermann, H. P.: Das neue Kaufrecht einschließlich des Verbrauchsgüterkaufs, JZ 2001, 530 Westermann, H. P: Das neue Kaufrecht, NJW 2002, 241 Wieling, H.-J.: Sachenrecht, 4. Aufl., Heidelberg 2001 Wolf, M.\ Sachenrecht, 20. Aufl., München 2004 Zerres, T.: Marketingrecht, München 2002 Zöller, R.: Zivilprozessordnung, 24. Aufl., Köln 2004 zit.: Zöller-Bearbeiter
Abkürzungsverzeichnis
a.A. a.a.O. Abs. AcP ABI. ADSp a.E. AG AG AGB AGB-Gesetz AktG Anm. Art. AT Aufl. BAG BayObLG BB BGB BGB1. BGH BGHSt BGHZ BR Bsp. BT BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw.
anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Band, Seite) Amtsblatt Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen am Ende Aktiengesellschaft Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbe dingung Aktiengesetz Anmerkung Artikel Allgemeiner Teil Auflage Bundesarbeitsgericht Bayrisches Oberstes Landesgericht Der Betriebsberater (Jahr, Seite) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt (Band, Jahr, Seite) Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Strafsachen (Band, Seite) Entscheidungen des BGH in Zivilsachen (Band, Seite) Bürgerliches Recht Beispiel Besonderer Teil Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des BVerfG (Band, Seite) beziehungsweise
XXVI Abkürzungsverzeichnis C1C
CISG DB ders. d.h. EDV EFZG EG EGBGB EGV EU EuGH e.V. EWIV f., ff. FernAbsG FGG Fn. GbR GG GmbH GmbHG GoA GVG GWB HGB h.L. h.M. Hs. HWiG i.d.R. Incoterms InsO i.S.d. i.V. m. i. w. S. JA JuS JZ KG
culpa in contrahendo Convention on Contracts for International Säle of Goods (UNKaufrecht) Der Betrieb derselbe das heißt Elektronische Datenverarbeitung Entgeltfortzahlungsgesetz Europäische Gemeinschaft Einfühungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäische Gemeinschaft Europäische Union Europäischer Gerichtshof eingetragener Verein Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung folgende, fortfolgende (Seiten oder Paragraphen) Fernabsatzgesetz (aufgehoben) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote Gesellschaft bürgerlichen Rechts Grundgesetz Gesellschaft mit beschänkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschänkter Haftung Geschäftsführung ohne Auftrag Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Halbsatz Haustürwiderrufsgesetz (aufgehoben) in der Regel International Commercial Terms Insolvenzordnung im Sinne der/des in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Arbeitsblätter Juristische Schulung (Jahr, Seite) Juristenzeitung (Jahr, Seite) Kammergericht
Abkürzungsverzeichnis XXVII KG KGaA LG Lit. MDR m. w. N. NJW NJW-RR Nr., Nrn. OHG OLG PflVersG pFV/pVV ProdhaftG RG RL Rn., Rnn. Rspr. S. SchuldR SigG sog. StGB str. st. Rspr. StVG StVO TzWrG u.a. u.U. UKlaG UWG VerbrKrG VerbrKfRL VersR vgl. VO VOB VVG VwGO VwVfG
Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Landgericht Literatur Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr, Seite) mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer, Nummern offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (Pflichtversicherungsgesetz) positive Forderungsverletzung/positive Vertragsverletzung Produkthaftungsgesetz Reichsgericht Richtlinie der EG Randnummer, Randnummern Rechtsprechung Seite/Satz Schuldrecht Signaturgesetz sogenannte/sogenannter Strafgesetzbuch streitig ständige Rechtsprechung Straßenverkehrsgesetz Straßenverkehrsordnung Teilzeit-Wohnrechtegesetz unter anderem unter Umständen Unterlassungsklagengesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Verbraucherkreditgesetz (aufgehoben) Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Versicherungsrecht vergleiche Verordnung Verdingungsordnung für Bauleistungen Versicherungsvertragsgesetz Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz
XXVIII Abkürzungsverzeichnis WE WEG WM z.B. ZGS ZIP ZPO
Willenserkärung Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) Wertpapiermitteilungen zum Beispiel Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zivilprozessordnung
Ergänzend wird verwiesen auf Kirchner, H., Butz, C.: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl., Berlin, New York 2003.
A. Zivilrecht
I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
1. Juristische Arbeitsmethodik Wer eine juristische Fallbearbeitung vornimmt, wird von der „Gesetzesflut" erschlagen. Ob es Jura-Studierende sind oder Studierende anderer Fakultäten, jeder hat das Problem: „Wie bearbeite ich den Fall?" Eine Patentlösung für dieses Problem gibt es nicht, da die Arbeitsweise individuell verschieden ist. So ist nicht jeder Ansatz für jeden gleich gut geeignet. Es besteht aber die Möglichkeit, durch Disziplin und eine gewisse Arbeitstechnik, jeden Fall auf annehmbare Weise zu lösen. Warum nur auf „annehmbare" Weise, wird verständlicherweise gefragt. Nun, die Antwort ist relativ einfach. Im Bereich der Jurisprudenz gibt es eigentlich kein richtig oder falsch. Bei korrekter Gesetzesanwendung kommt stets ein „richtiges" Ergebnis einer Begutachtung heraus. Die Begutachtung eines juristischen Sachverhalts ist die Basis für eine weitere Verwertung der Ausarbeitungen. Jeder Richter, jeder Rechtsanwalt und auch jeder juristische Mitarbeiter eines Rechtsamts beginnt mit der Begutachtung des betreffenden Sachverhalts. Ob er dabei schriftliche Aufzeichnungen vornimmt oder die Begutachtung „im Kopf" ausführt, spielt dabei keine Rolle. Er kommt jedenfalls nicht daran vorbei, den Fall zu begutachten. Bevor überhaupt daran gedacht werden kann, ein juristisches Gutachten zu erstellen, muss zunächst festgelegt werden, wie ein solches aussehen soll. Dabei ist eins von großer Wichtigkeit: die Arbeitsmethodik. Mit einer besonderen Arbeitsmethodik gelingt es dem Juristen, sich auch auf unbekannten Rechtsgebieten zurechtzufinden, mit denen er mitunter konfrontiert wird. Der NichtJurist hingegen, der sich keiner besonderen Arbeitsmethodik bedient, ist deshalb hoffnungslos unterlegen. Er verliert Zeit und er gerät in die Gefahr, wichtige Dinge zu übersehen. Es kommt deshalb letztlich nicht auf die speziellen Einzelkenntnisse an, die jemand besitzt, sondern auf seine ökonomische Arbeitsmethodik. Diese Arbeitsmethodik, d. h. der Umgang mit den Gesetzen, muss durch ständiges Training geschult und automatisiert werden; nur so führt es zu einer Vereinfachung der Begutachtung und zur Fehlervermeidung. Ist dies erst einmal geschafft, bleibt Zeit für die wichtigen Detailfragen. Um diese Methodik zu trainieren, muss man natürlich wissen, wie sie aussieht. Sie lässt sich im Prinzip in drei Schritte untergliedern.
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
Die juristische Arbeitsmethodik beginnt damit, sich ein genaues Bild davon zu machen, um was es in dem zu bearbeitenden Fall geht. Der erste Schritt ist also das „Erfassen des Sachverhalts" (Diederichsen-Wagner, S. 20). Dies stellt sich in der Praxis oftmals als schwierig dar, weil die Beteiligten ihre subjektiven Eindrücke miteinbringen oder schlichtweg lügen. Kommt eine Einigung zwischen den Beteiligten nicht zustande, wird dieser Konflikt regelmäßig vor einem Gericht ausgetragen werden müssen. Hier steht nun der Richter, dem die Akte zugeteilt worden ist, vor dem Problem unterschiedlicher Behauptungen und Ansichten. Er hat jetzt die Möglichkeit, eine „Beweisaufnahme" durchzuführen, um „Licht in das Dunkel der Angelegenheit" zu bringen. Wie eine derartige Beweisaufnahme zu erfolgen hat, bestimmt sich nach der Zivilprozessordnung. So kann eine Beweiserhebung durch Urkunden, Sachverständige, Inaugenscheinnahme (durch den Richter), Zeugen oder - unter bestimmten Voraussetzungen - durch Parteivernehmung erfolgen. Zu beachten ist, dass man selbst in einem Zivilprozess grundsätzlich nicht sein eigener Zeuge sein kann. Im Studium hat man es dagegen, z.B. bei Klausuren und Hausarbeiten, mit einem feststehenden Sachverhalt zu tun, so wie er sich (vielleicht) nach einer Beweisaufnahme auch dem Richter darstellt. Dieser im Wege einer Beweiswürdigung „festgestellte" (besser: „angenommene") Sachverhalt wird sodann einer Norm unterworfen. Dieser Vorgang wird von Juristen als Subsumtion bezeichnet. Da die Tatsachen feststehen, steht daher die rechtliche Prüfung eindeutig im Vordergrund. Dies gelingt umso besser, je gründlicher man den Sachverhalt studiert und sich die Einzelheiten eingeprägt hat, denn der gesamte Sachverhalt muss juristisch ausgewertet werden. Hilfsmittel zum Erfassen des Sachverhalts (auch des unstreitigen) sind im Übrigen Zeittafeln (Festhalten der Daten im zeitlichen Ablauf) und Skizzen zur Darstellung der beteiligten Personen/Unternehmen, die vor allem, wenn der Sachverhalt umfangreicher ist und mehrere Personen beteiligt sind, zur Ordnung der ersten „Gedankenblitze" sehr zu empfehlen sind. Damit kann das unbewusste Fehlverständnis des Sachverhalts vermieden werden. Es kommt aber trotzdem manchmal vor, dass sich dem Bearbeiter beim Lesen des Falls bestimmte Rechtsprobleme aufdrängen. Der Bearbeiter gerät dann in die Gefahr, den Sachverhalt so zu verändern, dass dieser auf die ihm bekannten Rechtsprobleme passt. Dies ist zu unterlassen, ebenso wie Sachverhaltsunterstellungen, denn im gestellten Sachverhalt ist i. d. R. jedes Wort abgewogen und hat somit Bedeutung. Steht ein bestimmter Lebenssachverhalt fest, ist das „Erfassen der Fallfrage" der nächste große Punkt auf dem Weg zur gelungenen Arbeitsmethodik (vgl. Diederichsen-Wagner, S. 25). Unter der Fallfrage ist die juristische Problemstellung zu verstehen. Diese besteht im Wesentlichen darin, die bestimmten Ansprüche und Rechte zu erkennen. Es muss also je nach Fallfrage geklärt werden, wer Ansprüche stellt. Dem Richter stellt sich diese Frage in Form des Klageantrags; der Rechtsanwalt muss sich dagegen mit bestimmten (möglichen) Ansprüchen auseinandersetzen und der Studierende hat sich i. d. R. mit einer konkreten Fallfrage zu beschäftigen.
1. Juristische Arbeitsmethodik
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Zudem ist zu prüfen, wer als Anspruchsgegner für das entsprechende Begehren in Betracht kommt. Weitehin gilt es eine Rechtsvorschrift zu finden, die das Begehren deckt. Diese Einzelschritte lassen sich in einem Satz zusammenfassen, der als Prämisse für diese Prüfung dient: Wer will was von wem woraus. Beispiel'. V verlangt von K die Zahlung des Kaufpreises; E verlangt von B Herausgabe einer Sache; Z begehrt von seinem Nachbarn Unterlassung des Lärms; A verlangt Schadensersatz von B. Über das „woraus" kommt der Jurist nun zum dritten Schritt der Arbeitsme-
thodik, nämlich dem „Auffinden der einschlägigen Rechtsnorm". Unter der „einschlägigen Rechtsnorm" ist zunächst die Anspruchsgrundlage zu verstehen, also jede Rechtsnorm, die geeignet ist, das aus dem Sachverhalt ermittelte Begehren zu stützen (Diederichsen-Wagner, S. 39). Man erkennt im Gesetz eine Norm als Anspruchsgrundlage regelmäßig an der Formulierung „kann. .. verlangen" bzw. „ist... verpflichtet". Ein Beispiel ist § 433 Abs. 2 BGB: „Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen". Hier nun beginnt das eigentliche juristische Gutachten. Seine Erstellung erfolgt im Prinzip in drei Schritten („Gutachtenstil"): - Hypothese, - Untersuchung und - Ergebnis. Nach der Aufstellung einer Hypothese, in der festgelegt wird, was es rechtlich zu prüfen gilt, steht im Mittelpunkt eines derartigen Gutachtens die eigentliche rechtliche Untersuchung, die mit einem Ergebnis abschließt (vgl. auch zur Methode der Fallbearbeitung, Brox, BGB AT, Rnn. 833 ff.). Wie findet man aber nun eine Anspruchsnorm, die eine mögliche Rechtsgrundlage für den zur Entscheidung stehenden Anspruch sein kann? Der erste Gedanke ist, sämtliche Gesetze durchzusehen, in der Hoffnung eine zutreffende Bestimmung zu finden. Diese „Methodik" ist eigentlich keine Methodik und auch äußerst zeitintensiv. Eine weitere Möglichkeit wäre, die ebenfalls keiner besonderen geistigen Anstrengung bedarf, das Auswendiglernen aller (oder wenigstens der wichtigsten) Anspruchsnormen aus dem BGB. Diese Vorgehensweise ist zeitraubend und überdies unzuverlässig, da sie sich nur auf gesetzlich normierte Anspruchsgrundlagen im BGB beschränkt. Letztlich bleibt eine Methode, die sich an dem viel zitierten Satz orientiert, wonach ein Jurist nichts auswendig wissen muss; er muss nur wissen, „wo etwas steht" (und wenn er das nicht weiß, muss er jemand kennen, der es weiß). Diese Aussage ist zwar übertrieben, bringt aber die Sache auf den Punkt. Nicht das sture
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
Auswendiglernen ist gefragt, sondern das flexible Reagieren auf verschiedene Fallkonstellationen, zumal auch Fälle in Betracht kommen können, die gerade nicht mit den gängigen Anspruchsgrundlagen zu lösen sind. Deshalb ist der sicherste und schnellste Weg zum Auffinden einer Anspruchsgrundlage oder einer bestimmten Norm zunächst ein gründliches Studium des Gesetzes und dessen innerer Zusammenhänge. Kennt man den Aufbau der Gesetze und die entsprechenden Querverbindungen, dann weiß man auch im voraus, an welcher Stelle man die für die Falllösung entscheidenden Paragraphen finden kann. Es ist also erforderlich, zunächst den Aufbau des deutschen Rechtssystems vorzustellen. Das Rechtssystem in der Bundesrepublik Deutschland besteht aus einer Vielzahl, teilweise sehr unterschiedlicher, oftmals dabei auch nicht immer ganz eindeutig voneinander abgrenzbarer Rechtsgebiete. Herkömmlicherweise wird in der deutschen Rechtsordnung zwischen Öffentlichem und Privatem Recht unterschieden, eine Unterscheidung, die auf dem ius publicum und dem ius privatum des römischen Rechts beruht, von dem wesentliche Teile in das Bürgerliche Gesetzbuch Eingang gefunden haben (Larenz/Wolf, § l,Rnn. 1 ff.;Münch-Komm-Säcker,Einl., Rnn. 2 ff.). Die nachstehende Übersicht zeigt dies in Grundzügen auf (vgl. Abb. 1.1).
Privatrecht
Öffentliches Recht
Bürgerliches Recht - Allgemeiner Teil - Schuldrecht - Sachenrecht - Familienrecht - Erbrecht Nebengesetze zum BGB - WEG - Beurkundungsgesetz - Produkthaftungsgesetz - Unterlassungsklagengesetz - Umwelthaftungsgesetz Sonderprivatrechte - Handelsrecht - Arbeitsrecht - Gesellschaftsrecht - Wettbewerbsrecht - Gewerblicher Rechtsschutz
Staats- und Verfassungsrecht
Verwaltungsrecht - Polizei- und Ordnungsrecht - Baurecht - Kommunalecht - Gewerberecht - Subventionsrecht Steuer- und Abgabenrecht Sozialrecht Strafrecht Prozessrechte
Abb. 1.1. Übersicht über das deutsche Rechtssystem
2. Rechtsquellen
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2. Rechtsquellen Seinem Entstehungsgrund nach besteht das Recht aus gesetztem Recht und Gewohnheitsrecht. Das gesetzte Recht ist das von den staatlichen oder staatlich ermächtigten Organen geschaffene „gesetzte" Recht. Das Gesetz im formellen Sinne wird durch den Gesetzgeber (Legislative) erlassen. Die Zuständigkeiten und das Zustandekommen sind auf Bundesebene im Grundgesetz (Art. 20 Abs. 2, 70 ff. GG) und auf Länderebene in den jeweiligen Landesverfassungen geregelt. Staatsverträge, die ordnungsgemäß ratifiziert worden sind, stehen einem formellen Gesetz im Rang gleich. Rechtsverordnungen sind die von einer Stelle der Exekutive auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassenen Rechtsnormen (Art. 80 Abs. 1 GG). Sie stehen im Rang unter dem (formellen) Gesetz, d. h. sie dürfen nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen. Die Satzung wird von nichtstaatlichen Verbänden auf Grund einer ihnen durch Gesetz verliehenen Rechtssetzungsbefugnis erlassen, z.B. Gemeindesatzungen oder Satzungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften. Auch der normative Teil eines Tarifvertrages ist Gesetz im materiellen Sinne und gehört damit begrifflich zu den autonomen Satzungen (BAG, NJW 1985,1238). Von diesen Normen sind die Satzungen privater Verbände bzw. Vereine zu unterscheiden, die keine Rechtsnormen darstellen, sondern privatautonome Regelungen (Palandt-Heinrichs, Einl., Rnn. 21 ff.). Das Privatrecht beruht fast ausschließlich auf Gesetzen im formellen Sinne. Zu den relativ wenigen Rechtsverordnungen zählen etwa die Erbbaurechtsverordnung oder die BGB-Informationspflichtenverordnung. Gewohnheitsrecht entsteht dagegen durch eine lang andauernde Übung, die von den beteiligten Rechtskreisen als rechtsverbindlich anerkannt worden ist (BVerfGE 28, 21 (28)); es muss also eine einheitlich herrschende Rechtsüberzeugung vorliegen („opinio necessitatis"). Heute entsteht Gewohnheitsrecht praktisch nur noch durch Richterrecht. Der Richter ist dazu berufen, das Recht anzuwenden und damit zugleich fortzubilden. Eine richterliche Entscheidung entfaltet jedoch grundsätzlich keine bindende Wirkung für die anderen Rechtsanwender. Ein Gericht ist nicht an die Rechtsauffassung gebunden, die es selbst oder ein anderes Gericht in vergleichbaren Fällen vertreten hat. Hält das Gericht eine Rechtsauffassung für unrichtig, kann es davon abweichen (BGHZ 59, 343; 69, 323). Auch höchstrichterliche Entscheidungen sind nicht Gesetzen gleichzusetzen und entfalten damit auch keine vergleichbare Rechtsbindung (BGHZ 132, 119, 129). Die fachliche Autorität und die Wahrscheinlichkeit, dass (zukünftig) dieses Gericht und die nachgeordneten Gerichte in entsprechender Weise entscheiden, verleihen ihren Entscheidungen eine besonders große praktische Bedeutung. Aus einer ständigen Rspr. kann zunächst ohne weiteres noch kein Gewohnheitsrecht abgeleitet werden. Aus höchstrichterlichen Entscheidungen erwächst zunächst das sog. Richterrecht, das eine Quelle für die Bildung von Gewohnheitsrecht werden kann. Viele Rechtsinstitute, die die
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
Rspr. unter Billigung der Rechtslehre in Fortentwicklung des BGB geschaffen hat, sind heute Gewohnheitsrecht, weil die beteiligten Kreise sie akzeptiert haben und danach verfahren. Beispiel: Rechtssätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder zur Sicherungsübereignung. Im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sind zahlreiche gewohnheitsrechtliche Rechtsinstitute, insbesondere die cic (§311 Abs. 2 BGB), die pFV (§ 280 Abs. 1 BGB) oder die Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (§313 BGB) in das BGB implementiert worden. Weitere wichtige Rechtsquellen sind das höherrangige Verfassungsrecht (vgl. im Folgenden unter 6. zu den Auswirkungen auf das BGB) und das Recht der EG (hierzu Palandt-Heinrichs, Einl., Rnn. 36 ff.), für das ein Anwendungsvorrang besteht (EuGH, NJW 1964, 2371; NJW 1999, 2355). Keine Rechtsnormen ist die Verkehrssitte (unter Kaufieuten „Handelsbrauch"). Sie sind eine im Verkehr der beteiligten Rechtskreise herrschende tatsächliche Übung. Im Unterschied zum Gewohnheitsrecht sehen die Beteiligten sie aber nicht unmittelbar als rechtsverbindlich an. Sie ist also keine Rechtsnorm. Nach den §§ 157, 242 BGB ist sie bei der Auslegung von Rechtsgeschäften und der Abwicklung von Schuldverhältnissen zu berücksichtigen. Eine Verkehrssitte kann, wenn die Überzeugung der Beteiligten von ihrer Rechtsverbindlichkeit hinzu kommt, regelmäßig durch Richterrecht vermittelt, zum Gewohnheitsrecht erstarken. Beispiel: Die Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben, wonach der Inhalt eines solchen Schreibens Vertragsinhalt wird, wenn der Empfänger eines solchen Schreibens nicht unverzüglich widerspricht, sind von einem bloßen Handelsbrauch (§ 346 HGB) zu einem Gewohnheitsrecht geworden. Technische Normen und berufliche Verhaltensregeln, z.B. DIN-Normen oder Regeln der ärztlichen Kunst, haben keine normative Geltung, da sie nicht von einem zur Rechtssetzung befugten Organ erlassen worden sind; diese können aber durch Verweisungen in gesetzlichen Vorschriften mittelbar den Rang einer Rechtsnorm erhalten (Palandt-Heinrichs, Einl., Rnn. 33 ff.).
3. Grundstruktur des Bürgerlichen Gesetzbuches Zum Privatrecht zählen alle Normen, die die Rechtsbeziehungen der Bürger (lat.: cives, daher Zivilrecht) und der auf einem freiwilligen Zusammenschluss beruhenden privatrechtlichen Vereinigungen, z.B. in Form der Vereine oder Gesellschaften regeln. Durch sie wird im Wesentlichen festgelegt, welche Freiheiten, Rechte, Pflichten und Risiken die Menschen im Verhältnis zueinander haben. Das Privatrecht ist typischerweise durch eine Gleichordnung der am Rechtsverhältnis beteiligten Personen gekennzeichnet.
3. Grundstruktur des Bürgerlichen Gesetzbuches
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Den Kern des Privatrechts bildet das bürgerliche Recht, gesetzlich geregelt im Bürgerlichen Gesetzbuch. Es wird ergänzt durch einige Nebengesetze, z.B. das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder auch das Produkthaftungsgesetz (ProdhaftG). Das BGB stellt somit den Kern des Privatrechts dar, dessen Regeln insoweit Anwendung finden, als sie nicht durch Sondervorschriften ergänzt oder abgeändert werden. Darüber hinaus enthält das Privatrecht einige Sondergebiete, zu denen u. a. das Handelsrecht, das Gesellschaftsrecht, das das Marketing besonders betreffende Wettbewerbsrecht, die gewerblichen Schutzrechte und schließlich das Arbeitsrecht gezählt werden. Diese privatrechtlichen Sondergebiete beziehen sich auf einzelne Berufsgruppen oder Lebensbereiche, die wegen ihrer Komplexität besonderer und eingehender Regelung bedürfen. Historisch betrachtet haben sie sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch als Reaktion auf die wirtschaftlichen, sozialen und technischen Wandlungsprozesse in Deutschland herausentwickelt. So wird z.B. das Handelsrecht als ein Sonderrecht für Kaufleute angesehen oder das Arbeitsrecht als Sonderrecht für Arbeitsverhältnisse. Das Bürgerliche Gesetzbuch trat am 1. Januar 1900 in Kraft. Es bildete den vorläufigen Abschluss einer Vereinheitlichung des bürgerlichen Rechts in Deutschland. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es mehrere, zum Teil unterschiedliche landesrechtliche Kodifikationen, so z. B. für alle linksrheinischen Staaten den Code Civile von 1804, für Preußen das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794, für Bayern den Codex Maximüianeus Bavaricus Civilis und für Baden das Badische Landrecht von 1809. Lediglich auf dem Gebiet des Handels- und Wechselrechts bestanden schon einheitliche Rechtsvorschriften in Form der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung von 1848 und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches von 1861. Der Weg zu einer Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts wurde erst durch den Zusammenschluss der deutschen (Klein-) Staaten zum Deutschen Reich 1871 möglich. Während das Strafrecht mit der Schaffung eines einheitlichen Reichsstrafgesetzbuchs bereits im gleichen Jahr eine Rechtsgrundlage fand, dauerte es dann doch noch allerdings fast 30 Jahre bis zur „Fertigstellung des BGB". Inhalt und Grundprinzipien des BGB spiegeln die herrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Anschauungen des 19. Jahrhunderts wider. Im Vordergrund stand ein extremer Liberalismus, zu verstehen als Reaktion auf die erst nach Jahrhunderten überwundenen ständischen und obrigkeitlichen Beschränkungen. Man versuchte, die Freiheit und Gleichheit auch im bürgerlichen Gesetz zu sichern. Das BGB geht daher von einer Rechtsgleichheit aller Bürger aus und gewährleistet in weitem Umfang Privatautonomie. Ausdruck dafür ist etwa die Vertragsfreiheit oder die Eigentumsfreiheit. Als geeignete Handlungsform zur Verwirklichung der grundsätzlichen Privatautonomie wird von der Rechtsordnung der Vertrag zur Verfügung gestellt. Der einzelne Bürger sollte grundsätzlich darin frei sein, ob, mit wem und mit welchem Inhalt er Verträge schließt. Beschränkungen der Privatautonomie findet man kaum. Die Verfasser des BGB gingen davon aus, dass alle Privatpersonen im Rechtsverkehr chancengleich seien und dass sich durch die Privatautonomie stets ein gerechter Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen erzielen lassen werde („Wer würde schon einen für sich nachteiligen Vertrag schließen"). Eine derartige extrem liberale Konzeption konnte jedoch den drängenden Fragen, die die wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Indus-
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
trialisierung aufwarfen, nicht gerecht werden. Es blieb unberücksichtigt, dass eine Vertragspartei, die (ökonomisch) mächtiger als eine andere ist, diese Vertragsfreiheit missbrauchen kann. So waren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aber auch Produzent und Konsument nicht chancengleich. Durch Schutzvorschriften im Bereich des Dienstvertragsrechts oder durch die Schaffung des Abzahlungsgesetzes von 1894 (heute: §§ 491 ff. BGB), das den besonderen Umständen beim Ratenkauf Rechnung tragen sollte, versuchte man zwar diesen Problemen zu begegnen, doch war insgesamt das BGB nach Otto von Gierke „nur mit einem Tropfen sozialistischen Öls gesalbt". Den sozialen Missständen wurde erst später - in der Weimarer Zeit - durch Schaffung von zahlreichen Schutzvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer weitgehend Rechnung getragen. Dies geschah etwa in der Form einer Tarifvertragsordnung, einer Arbeitszeitordnung und eines Betriebsrätegesetzes, die die Verfügungsgewalt der Arbeitgeber als alleiniger „Herr im Haus" beschränken sollten. Es lassen sich hier die ersten Grundstrukturen unseres heutigen Arbeitsrechtes erkennen.
Das BGB stellt die Grundlage aller privatrechtlichen Vorschriften dar. Viele Regelungen der sog. Nebengesetze ebenso wie der „Sonderprivatrechte" sind oftmals ohne die Vorschriften des BGB nicht zu verstehen. Das BGB besteht aus fünf Büchern: l.Buch: 2. Buch: 3. Buch: 4. Buch: 5. Buch:
Allgemeiner Teil Schuldrecht Sachenrecht Familienrecht Erbrecht
(§§ (§§ (§§ (§§ (§§
1-240) 241-853) 854-1296) 1297-1921) 1922-2385)
In einem zum BGB ergangenen Einführungsgesetz (EGBGB) sind neben Übergangsvorschriften, die das Verhältnis des BGB zu den Landesgesetzen betrifft, auch das Internationale Privatrecht geregelt, das das Verhältnis des deutschen Rechts zum ausländischen Recht beinhaltet. Der Begriff „Internationales Privatrecht" ist dabei insoweit missverständlich, als es sich um ein nationales Recht handelt, das grundsätzlich zur Anwendung kommt, wenn ein Sachverhalt grenzüberschreitenden Charakter hat, d. h. wenn also z. B. ein Partner eines Kaufvertrags aus dem Ausland stammt. In diesem Bereich spielen insbesondere die grundsätzlich vorrangigen völkerrechtlichen Verträge und die sonstigen internationalen Abkommen eine Rolle, wie z.B. das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (sog. UN-Kaufrecht), das für die Bundesrepublik 1991 in Kraft getreten ist. Zu beachten bei diesem Abkommen ist allerdings, dass seine Geltung zur Disposition der Vertragsparteien steht. Der Allgemeine Teil des BGB enthält die allgemeinen Regeln für das gesamte bürgerliche Recht; zunächst - der römisch-rechtlichen Einteilung personae, res und actiones folgend - Vorschriften über natürliche und juristische Personen, Sachen und Rechtsgeschäfte, also z. B. über Willenserklärung, Verträge und Stellvertretung. Hieran schließen sich dann unter anderem Vorschriften über Fristen und (Anspruchs-)Verjährung an.
3. Grundstruktur des Bürgerlichen Gesetzbuches
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Mit der mathematischen Methode „etwas vor die Klammer zu ziehen" wird erreicht, dass die im Allgemeinen Teil enthaltenen Grundsätze auch für die weiteren vier Bücher des BGB gelten, soweit nicht entgegenstehende Regelungen enthalten sind. Im Umkehrschluss dazu bedeutet dies aber auch, dass die Vorschriften, die in den anderen vier Büchern niedergelegt sind, nur in den jeweiligen Büchern gelten. Jedes Buch muss man im Prinzip als ein Gesetz für sich betrachten. Durch das „Zusammenpacken" der einzelnen Bücher im BGB wird die viermalige Wiederholung vermieden. Während z. B. das Preußische Allgemeine Landrecht kasuistisch aufgebaut war und in fast 18 000 Paragraphen sich auf Einzelfälle bezog, zeichnet sich das gesamte BGB durch eine äußerst abstrakte Darstellung aus, da es für eine möglichst große Zahl von Anwendungsfällen konzipiert ist. Dies lässt viele Formulierungen, insbesondere für einen juristischen Laien, oftmals nur sehr schwer verständlich erscheinen. Hinzu kommt außerdem die, im Gegensatz etwa zum allgemein verständlicheren Schweizer Zivilgesetzbuch, antiquierte Sprache sowie der didaktisch nicht nachvollziehbare Aufbau. Das BGB ist ein Gesetzbuch von Juristen für Juristen. Sprache und Aufbau des BGB sind von der Pandektistik geprägt, einer im 19. Jahrhundert vorherrschenden Richtung der Rechtswissenschaften. Sie hatte die Verarbeitung des römischen Rechts („Gemeines Recht") zu einem geschlossenen, widerspruchsfreien System des Privatrechts zum Ziel. Das zweite Buch des BGB, das Schuldrecht, behandelt vertragliche und gesetzliche Schuld Verhältnisse. Es regelt die Rechtsverhältnisse zwischen „Gläubiger" und „Schuldner" und gliedert sich seinerseits wieder in einen Allgemeinen und einen Besonderen Teil. Im Allgemeinen Teil des Schuldrechts sind die Vorschriften enthalten, die auf alle Schuldverhältnisse Anwendung finden. Es geht u. a. um die Frage, welche Rechte und Pflichten zwischen Vertragsparteien bestehen und welche Folgen es hat, wenn eine der Parteien ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, sei es, dass die Leistungserbringung verspätet oder schlecht erfolgt oder gar unmöglich geworden ist. Im Besonderen Teil des Schuldrechts sind die am häufigsten vorkommenden Schuldverhältnisse, z.B. Kauf-, Miet- oder Werkvertrag normiert. Zu beachten ist, das diese gesetzlich vorgegebenen Normierungen von den Vertragsparteien weitgehend abgeändert oder ergänzt werden können („Grundsatz der Vertragsfreiheit"), soweit nicht spezielle zwingende Regelungen, z. B. verbraucherschützende Vorschriften, bestehen. Als Beleg für die grundsätzliche Dispositivität der schuldrechtlichen Normen lassen sich die in vielen Branchen verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (besser bekannt als das „Kleingedruckte", i. d. R. auf der Rückseite eines Vertragsformulars) anführen. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz v. 26.11.2001 führte zu strukturellen und inhaltlichen Veränderungen im Schuldrecht. Neben einer Reformierung des Kaufrechts, veranlasst durch die Verbrauchsgüterkauf-Rl, Änderungen im Werkvertragsrecht und Neuregelungen im allgemeinen Schuldrecht wurden darüber hinaus die - regelmäßig als Umsetzung von EG-Richtlinien außerhalb des BGB in Nebengesetzen normierten - Verbraucherschutzbestimmungen in das BGB integriert; ebenfalls im BGB umgesetzt wurden die Richtlinien zur Bekämpfung des Zahlungsverzuges im Geschäftsverkehr und die zivilrechtlichen Teile der E-Commerce Richtlinie.
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
Das Dritte Buch des BGB, das Sachenrecht, regelt die Rechtsbeziehungen von Personen zu Sachen oder Rechten. Es geht also um Fragen des Besitzes, des Eigentums, des Pfandrechts (sowie der Sicherungsübereignung) und der Grundpfandrechte. Während Besitz juristisch dabei die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache meint (so wird beispielsweise der Dieb einer Sache ihr Besitzer), bedeutet Eigentum die rechtliche Sachherrschaft. Hinsichtlich der (möglichen) Rechte, die eine Person an Sachen haben kann, unterscheidet das Gesetz zwischen dem Eigentum als dem unbeschränkt dinglichen Recht an einer Sache und den beschränkt dinglichen Rechten, zu denen in erster Linie Pfandrechte und Grundpfandrechte gezählt werden. Grundpfandrechten (z. B. Hypothek oder Grundschuld) kommen vor allem bei der Kreditsicherung eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zu. Im Rahmen der Kreditsicherung wurde den Bedürfnissen der Wirtschaft vor allem mit der Ausformung eines „Anwartschaftsrechts" beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt und mit der Anerkennung der „Sicherungsübereignung" sowie sonstiger Formen dinglicher Sicherheiten Rechnung getragen. Das vierte Buch des BGB, das Familienrecht, enthält im Wesentlichen Vorschriften, die sich mit den Fragen der Ehe sowie den nach der Ehescheidung auftretenden Fragen des Unterhalts und des Versorgungsausgleichs beschäftigen. Daneben klärt das Familienrecht verwandtschaftliche Rechtsbeziehungen, insbesondere das Verhältnis Eltern und Kind, die Stellung des nichtehelichen Kindes, die Adoption und die Betreuung. Das Familienrecht wurde seit dem Inkrafttreten des BGB mehrfach geändert, um den Bemühungen, eine Gleichstellung von Mann und Frau zu erreichen, Rechnung zu tragen (Art. 3 Abs. 2 GG). So hob erst 1957 das Gleichberechtigungsgesetz den § 1354 BGB auf, in dem, auf alten patriarchalischkonservativen Vorstellungen beruhend, dem Mann die Entscheidung in allen, das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten sowie die elterliche Gewalt über die Kinder zuerkannt worden war. Auch der Verfassungsauftrag zur Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kindern (Art. 6 Abs. 5 GG) wurde (in mehreren Schritten) erfüllt. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz wurde die Lebenspartnerschaft als rechtlich anerkannte Form des Zusammenlebens von Personen gleichen Geschlechts geschaffen. Die Rechtsstellung behinderter Menschen und physisch kranker Menschen wurde u.a. durch Abschaffung der Entmündigung und Ersetzung der Vormundschaft und Gebrechlichkeitspflegschaft durch das Rechtsinstitut der Betreuung verbessert. Das letzte Buch des BGB, das Erbrecht, regelt die vermögensrechtlichen Folgen beim Tod einer Person, d. h. die Erbfolge auf Grund des Gesetzes, durch Testament oder durch Erbvertrag, in deren Rahmen in Form eines Vermächtnisses auch Nichterben bedacht werden können. Die gesetzliche Erbfolge bedeutet, dass zunächst der Ehegatte und die unmittelbaren Verwandten in erster Linie, d. h. die Kinder erben. Die weitere Erbfolge bestimmt sich dann nach dem Gesetz. Der Erblasser kann durch Testament die gesetzliche Erbfolge ausschließen. Setzt er andere Personen als seine unmittelbaren Angehörigen als Erben ein, so behalten diese dennoch grundsätzlich ihren Pflichtteilsanspruch, der die Hälfte des Erbteils ausmacht.
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Im Gegensatz zum Testament ist der Erbvertrag, mit dem der Erblasser ebenfalls die gesetzliche Erbfolge ausschließen kann, nicht frei widerruflich. Will der Erblasser einer Person, z. B. einem Freund, einen Gegenstand aus seinem Nachlass, z.B. ein Bild, zuwenden, dann muss er ihm durch Testament oder Erbvertrag ein Vermächtnis aussetzen. Der Vermächtnisnehmer wird dann zwar nicht Erbe, er kann aber von dem/den Erben Übereignung der Sache bzw. Zahlung des Geldbetrags verlangen. Das Vermögen des Erblassers geht grundsätzlich als Ganzes auf den/ die Erben über (Grundsatz der Universalsukzession), so dass die Erben auch für Nachlassverbindlichkeiten einzustehen haben, und zwar auch mit eigenem, nicht ererbten Vermögen. Will der Erbe dem entgehen, so kann er (innerhalb einer bestimmten Frist) die Erbschaft ausschlagen oder durch bestimmte Maßnahmen die Haftung ausschließen.
4. Einfluss des Europäischen Rechts Das Bürgerliche Recht wird zunehmend durch das Europäische Recht beeinflusst. Zu den Zielen der Europäischen Gemeinschaft zählt nach Art. 3 h EGV die Angleichung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedsstaaten, soweit es für das Funktionieren bzw. zur Aufrechterhaltung des Binnenmarktes erforderlich ist (Larenz/ Wolf, § 3, Rnn. 20 ff.). Die vorrangige Rechtsquelle stellt der EG-Vertrag dar (Primärrecht). Wesentlicher Bestandteil dieses Vertrags sind die Grundfreiheiten. Hierzu zählen: -
Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Freizügigkeit des Personenverkehrs, Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs.
Bereits diese Grundfreiheiten wirken auf das BGB ein. Dies zeigt sich z.B. bei der Vorschrift des § 239 Abs. 1 BGB. Diese Norm besagt, dass eine Person nur dann als Bürge „tauglich" ist, wenn sie ihren allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Diese Regelung diskriminiert dadurch mittelbar die Angehörigen aus anderen EUStaaten und verstößt damit gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV). Auf Grund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht darf dann eine innerstaatliche Norm nicht mehr angewendet werden, wenn die verletzte Gemeinschaftsnorm unmittelbare Wirkung hat. Die Grundfreiheiten sind unmittelbar anwendbares Recht, so dass im Ergebnis § 239 Abs. 1 BGB im Wege der gemeinschaftskonformen Auslegung auch für Personen gelten muss, die eine Bürgschaft übernehmen, aber ihren allgemeinen Gerichtsstand in einem anderen Mitgliedsstaat der EU haben (vgl. hierzu eingehender Köhler, BGB AT, § 3, Rn. 42). Das bürgerliche Recht wird vor allem beeinflusst durch das Sekundärrecht. Unter sekundärem Gemeinschaftsrecht versteht man das von den Organen der EG
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
auf der Grundlage der Gründungsverträge geschaffene Recht. Dem europäischen Gesetzgeber stehen als Mittel der Rechtsangleichung („Harmonisierung") im Wesentlichen die Verordnung und die Richtlinie zur Verfügung. Die Verordnung (VO) gilt gem. Art. 249 Abs. 2 EGV in jedem Mitgliedsstaat unmittelbar und bedarf keines weiteren Umsetzungsakts. Es handelt sich im Prinzip um ein „Europäisches Gesetz". Die Rechtssetzung durch Verordnung spielt als Instrument zur Harmonisierung zivilrechtlicher Regelungen praktisch keine Rolle; von größerer Bedeutung ist sie z.B. im Sozialrecht, im Arbeitsschutzrecht, im Straßenverkehrsrecht, aber auch im Gesellschaftsrecht; ein Beispiel im Gesellschaftsrecht ist die VO über die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) als einer supranationalen Rechtsform. Das wesentliche Instrument zur Harmonisierung im bürgerlichen Recht ist die Richtlinie. Es handelt sich hierbei um einen verbindlichen Rechtsakt der EG, der an die Mitgliedsstaaten gerichtet ist. Sie enthält eine verbindliche „Zielvorgabe" mit der Verpflichtung, diesen Inhalt innerhalb einer gesetzten Frist (i. d. R. innerhalb von drei Jahren) in das nationales Recht umzusetzen (vgl. Art. 249 Abs. 3 EGV). Im Gegensatz zur Verordnung entfaltet sie zunächst keine unmittelbare innerstaatliche Wirkung. Den einzelnen Mitgliedsstaaten steht es z. B. frei, ob sie die Vorgaben der Richtlinie in ein bereits bestehendes Gesetz einbauen oder ein eigenständiges Gesetz verabschieden (vgl. Köhler, BGB AT § 3, Rn. 38). Eine Bindung an bestimmte Formulierungen besteht grundsätzlich nicht. Im Bereich des BGB sind seit Mitte der 80er Jahre in zunehmendem Maße EG-Richtlinien verabschiedet worden, deren Zweck neben einer Verbesserung des Binnenmarkts durch Erleichterung der grenzüberschreitenden Verbrauchertransaktionen vor allem im speziellen Schutz des Verbrauchers bestand. Nicht nur das BGB, sondern auch die im Folgenden unter 5. darzustellenden Sonderprivatrechte sind Gegenstand von Harmonisierungsbestrebungen des europäischen Gesetzgebers. Harmonisierungsschwerpunkte lagen zunächst im Gesellschaftsrecht (vgl. hierzu Hopt, ZIP 1998, 96), im Versicherungsrecht (vgl. hierzu Herrmann, ZEuP 1999, 661) sowie im Arbeitsrecht (vgl. hierzu Hanau, DB 1998, 69). So beruhten vor allem die verbraucherschützenden Nebengesetze, insbesondere das HWiG, das FernabsatzG, das VerbrKrG, das Teilzeit-Wohnrechtegesetz auf EGRichtlinien. Maßgeblich beeinflusst durch das EG-Recht wurde auch das Reisevertragsrecht (§§ 651 a ff. BGB), das Bankrecht (§§ 675 a ff. BGB) und das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (ABG-Gesetz), letzteres durch die sog. „Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen". Mit Ausnahme des ProdhaftG sind diese Gesetze mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in das BGB implementiert worden (vgl. §§ 312 ff., 481 ff., 491 ff. BGB); auch der materiellrechtliche Teil des AGB-Gesetzes wurde in diesem Rahmen im BGB umgesetzt (§§ 305 ff. BGB). Der prozessuale Teil ist dagegen in den §§ 1 ff. UKlaG enthalten. Zahlreiche Regelungen im BGB beruhen damit auf europarechtlichen Vorgaben. Im Streitfall ist die richtlinienkonforme Auslegung zu beachten. Das bedeutet, dass das auf einer Richtlinie beruhende nationale Recht im Lichte der Richtlinie auszu-
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legen ist. Würde die Auslegung des nationalen Rechts, welches auf entsprechenden Richtlinien beruht, den Gerichten in den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben, bestünde dort die Gefahr einer unterschiedlichen Auslegung in den Mitgliedsstaaten. Damit könnte das Ziel einer Harmonisierung gefährdet werden. Die Richtlinie kann jedoch ihrerseits auslegungsbedürftig sein. Damit hier eine einheitliche Interpretation erreicht werden kann, gibt es das sog. Vorabentscheidungsverfahren durch den EuGH. Das bedeutet, dass in einem Rechtsstreit die nationalen Gerichte dem EuGH eine Frage vorlegen können (Art. 234 Abs. 2 EGV) bzw. müssen (Art. 234 Abs. 3 EGV). Eine Vorlagepflicht entfällt dann, wenn nur eine Auslegung ohne Zweifel möglich ist (acte clair-Doctrin) oder die vorzulegende Frage bereits vom EuGH in einem anderen Verfahren beantwortet worden ist. Auf Grund der Entscheidung des EuGH kann das nationale Gericht die streitentscheidende Norm richtlinienkonform auslegen und den Rechtsstreit durch ein Urteil abschließen. Das nationale Gericht kann den EuGH dagegen nicht fragen, wie die innerstaatliche Norm auszulegen ist, da der EuGH gem. Art. 234 Abs. 1 EGV nur die Kompetenz besitzt, Gemeinschaftsrecht auszulegen und nicht auch die nationalen Vorschriften. Das Vorabentscheidungsverfahren ist von großer praktischer Bedeutung. So hat sich der EuGH bereits mehrfach mit der Auslegung von Richtlinien befassen müssen, die im BGB umgesetzt worden waren. So befasste sich z. B. der EuGH nach einer Vorlage durch den BGH (BGH, NJW 2000,521) mit der Frage, ob der nationale Gesetzgeber durch die Richtlinie über Haustürgeschäfte daran gehindert ist, das Widerrufsrecht nach Art. 5 dieser Richtlinie für den Fall, dass der Verbraucher nicht nach Art. 4 dieser Richtlinie belehrt worden ist, zeitlich zu befristen. Nach Auffassung des EuGH (EuGH, NJW 2002, 281 - Heininger) kann die Richtlinie nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Widerrufsrecht in jedem Fall innerhalb eines Jahres ausgeübt werden müsse, selbst wenn der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist (vgl. Köhler, BGB AT, § 3, Rn. 40, ebenso zur Frage der Rechtsfolgen einer fehlerhaften Umsetzung der Richtlinie). In der Diskussion steht die Schaffung eines Europäischen Zivilgesetzbuchs. Das Europäische Parlament hat 1989 und 1994 die Organe der EG aufgefordert, mit der Vorbereitung für ein Europäisches Zivilgesetzbuch zu beginnen. Hierzu gibt es bisher in der Wissenschaft zahlreiche Arbeiten (vgl. Palandt-Heinrichs, Einl., Rn. 43 m. w. N.). Von diesen wissenschaftlichen Arbeiten sind vor allem die sog. Principles of European Contract Law (PECL) der sog. Lando-Gruppe zu nennen. Die PECL enthalten — ähnlich wie die US-amerikanischen Restatements — keine präzisen Kodifikationen, sondern Prinzipien eines allgemeinen Vertragsrechts. Das CISG hatte hier - ebenso wie für die VerbrKf-RL - Vorbildfunktion (vgl. Möllers, JZ 2002, 121 (132 f.)). Daneben treten die nicht speziell auf Europa beschränkten Principles of International Commercial Contracts (PICC), welche unter der Ägide von „Bonell" bei UNIDROIT entstanden sind und eine große Ähnlichkeit zu den PECL aufweisen (zu den weiteren diesbezüglichen Initiativen, vgl. ausführlich Schmidt-Kessel, RIW 2003, 481 (483)). Bis zu einer möglichen Kodifikation werden aber sicherlich noch Jahre vergehen.
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5. Sonderprivatrechte Zum Bereich des Privatrechts zählen auch die anfangs erwähnten Sonderprivatrechte, vor allem das Handelsrecht, das Arbeitsrecht, das Gesellschaftsrecht, das Wertpapierrecht, das Urheberrecht, die gesamten gewerblichen Schutzrechte sowie das Wettbewerbsrecht. Das Handelsrecht ist im Wesentlichen im Handelsgesetzbuch (HGB) normiert und enthält als Sonderrecht der Kaufleute Vorschriften, die den besonderen Bedürfnissen des Handelsverkehrs nach schneller und problemloser Abwicklung der Rechtsgeschäfte, nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sowie nach Vertrauensschutz Rechnung trägt. Die im BGB Handelsgeschäfte betreffenden Vorschriften sind im HGB teilweise modifiziert, aber auch ergänzt. So ist z.B. die Vollmacht durch Erteilung der handelsrechtlichen Prokura (§§ 48 ff. HGB) äußerst weitreichend, bedarf eine Bürgschaftserklärung keiner Schriftform (§ 350 HGB), gilt Schweigen manchmal als Annahme eines Angebots (§ 346 HGB, z. B. beim „kaufmännischen Bestätigungsschreiben") und muss sich der Kaufmann sofort melden, wenn etwa Gekauftes nicht in Ordnung ist (§ 377 HGB). Letzteres fuhrt in der Praxis häufig zu Irrtümern und Missverständnissen. Nach den Vorschriften des BGB verjähren die Ansprüche eines Käufers nach dem Gesetz, wenn die Sache mangelhaft ist, in zwei Jahren ab Ablieferung. Beim Handelskauf, der vorliegt, wenn beide Vertragsparteien Kaufleute sind, trifft den Käufer dagegen eine unverzügliche Untersuchungs- und Rügepflicht (§ 377 HGB). Kommt er dieser Obliegenheit nicht nach, läuft er Gefahr, seine Gewährleistungsrechte - unabhängig von Verjährungsfristen - zu verlieren (vgl. Baumbach/Hopt, § 377 HGB, Rnn. 1 ff.). Das Arbeitsrecht stellt das Sonderrecht der Arbeitsverhältnisse dar. Als Arbeitsverhältnis bezeichnet man dabei das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Arbeitgeber ist, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt. Wer Arbeitnehmer ist, ist rechtlich nicht eindeutig definiert, sondern anhand von mehreren Kriterien zu ermitteln. Als Anhaltspunkt kann die Definition in § 5 Arbeitsgerichtsgesetz dienen. Arbeitnehmer ist danach, wer in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen steht und für diesen abhängige, weisungsgebundene Arbeit leistet (Dütz, Arbeitsrecht, Rnn. 29 ff.). Für Personengruppen wie Beamte, Richter oder Soldaten, die in einem öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis zum Staat stehen, gelten spezielle Regelungen, z.B. Bundes- oder Landesbeamtengesetze. Ein Arbeitsverhältnis wird durch einen privatrechtlichen Vertrag, einem Dienstvertrag, begründet. Rechtliche Grundlage sind zunächst die §§ 611-630 BGB, die im BGB diesbezüglich das komplexe Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer regeln und einen Ausgleich der Interessengegensätze schaffen sollen. Da dies nur schwer möglich ist, wurden im Laufe der Zeit vom Gesetzgeber, insbesondere zum Schutz der „wirtschaftlich und sozial unterlegenen" Arbeitnehmer zahlreiche Schutzvorschriften geschaffen, so z.B. das Kündigungsschutzgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Schwerbehindertengesetz (heute SGB IX) und das Mutterschutzgesetz. Das heutige Arbeitsrecht ist also außerhalb des BGB entwickelt worden. Im Gegensatz zu diesem gibt es aber kein einheitliches Arbeitsgesetzbuch. Diese zum Zeitpunkt des In-
5. Sonderprivatrechte
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krafttretens des BGB enthaltenen „alten" Paragraphen zum Dienstvertrag waren es u. a., die auch 1900 nur einen „Tropfen sozialistischen Öls" (Otto von Gierke) enthielten. Interessant ist eine Betrachtung der Entwicklung des Arbeitsrechts. So wurde z.B. erst im Jahre 1891 ein Arbeitsschutzgesetz geschaffen, das die Sonntagsruhe anordnete und die tägliche Arbeitszeit für Frauen auf 11 Stunden beschränkte. Im Laufe der Zeit sind die arbeitsrechtlichen Vorschriften sowie die Rspr. besonders auf dem gesetzlich nicht normierten Feld des kollektiven Arbeitsrechts, d. h. der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, immer zahlreicher geworden, bis es sich zu einem eigenen komplexen Rechtsgebiet entwickelt hatte. Es besteht eine besondere Gerichtsbarkeit, die Arbeitsgerichtsbarkeit. Verfahren sollen hier schneller und kostensparender durchgeführt werden als vor den Zivilgerichten.
Das Gesellschaftsrecht umfasst grundsätzlich das Recht der Personengesellschaften und der Kapitalgesellschaften. Diese Vorschriften sind teilweise im BGB (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz: GbR) und im HGB (u. a. Offene Handelsgesellschaft, kurz: OHG, Kommanditgesellschaft, kurz: KG, Stille Gesellschaft) enthalten, teilweise auch in anderen Gesetzen. So sind z. B. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG) in eigenen Gesetzen geregelt, im GmbH-Gesetz und im Aktiengesetz. Sowohl die GmbH als auch die AG gehören zu den sog. Kapitalgesellschaften, deren Hauptmerkmale die eigene Rechtspersönlichkeit und die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen sind. Die Gesellschafter haften hier im Gegensatz zu den Personengesellschaften nicht mit ihrem Privatvermögen. Zu den Sonderprivatrechten gehört auch das Wertpapierrecht, das in mehreren Gesetzen geregelt ist, neben dem BGB und teilweise dem HGB insbesondere im Wechsel- und im Scheckgesetz. Wertpapiere, wie Aktien, Wechsel oder auch Schuldverschreibungen sind Urkunden, deren Besitz zur Ausübung des in ihnen verbrieften Rechts erforderlich ist. Im Prinzip werden also Geldforderungen verbrieft und damit verkehrsfähig gemacht. „Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier". Das Urheberrecht wird in einem eigenen Gesetz, dem Urhebergesetz geregelt. Schutzgegenstand sind Werke wissenschaftlichen, literarischen und künstlerischen Kulturschaffens, wie etwa Romane und Musikkompositionen, aber auch Computerprogramme. Dem Urheber wird ein eigentumsähnliches Recht an seinem Werk gewährt, das ihm alle gegenwärtigen und zukünftigen Verwendungsmöglichkeiten einräumt. Das Urheberrecht ist vererblich. Es kann nicht unter lebenden Personen übertragen werden, allerdings können Nutzungsrechte (Lizenzen) eingeräumt werden. Zu den gewerblichen Schutzrechten zählt man herkömmlicherweise das Patentrecht, das Gebrauchsmusterrecht, das Geschmacksmusterrecht, das Markenrecht und teilweise auch das Wettbewerbsrecht. Das Patentrecht schützt Erfindungen; es kann sich dabei um Produktinnovationen wie auch um Prozessinnovationen handeln. Das Vorliegen der Voraussetzungen eines „Patents" wird im Rahmen eines Anmeldeverfahrens vor dem Deutschen Patentamt in München, bei dem die sog. Patentrolle geführt wird, von sachverständigen Technikern geprüft. Das Patent ist veräußerlich und vererblich.
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Eine Besonderheit kann sich ergeben, wenn ein Arbeitnehmer eine Erfindung macht, die entweder zu seinem Tätigkeitsbereich gehört oder die maßgeblich auf den an seinem Arbeitsplatz gewonnenen Erfahrungen beruht. In diesem Fall verpflichtet ihn das Arbeitnehmererfindungsgesetz, diese seinem Arbeitgeber gegen Zahlung einer entsprechenden Vergütung zur Verfügung zu stellen. Das Gebrauchsmusterrecht schützt „Minipatente", kleine Erfindungen, z.B. elektrische Schaltungen an Arbeitsgeräten. Diese werden in die sog. Gebrauchsmusterrolle eingetragen, die ebenfalls beim Deutschen Patentamt in München geführt wird. Das Geschmacksmusterrecht schützt die ästhetischen Gestaltungsformen eines Gegenstands, wie etwa eines Schmuckstücks oder auch das Design einer Tapete. Von großer Bedeutung ist das Markenrecht. Es schützt den Markennamen einer Ware, der aus einem Wort (z. B. Mercedes) und/oder einem Zeichen (z. B. dem „Stern") bestehen kann. Der Schutz setzt grundsätzlich die Eintragung in das Markenregister des Patentamtes voraus. Gegen diejenigen, die die ausschließlichen Nutzungsrechte der Inhaber der Schutzrechte oder Lizenznehmer verletzen, kann ein Unterlassungsanspruch und ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden. In einigen Fällen kann sich derjenige, der ein gewerbliches Schutzrecht vorsätzlich verletzt, sogar strafbar machen. Das Wettbewerbsrecht, gesetzlich geregelt einmal im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) soll den freien Wettbewerb schützen. Das UWG schützt dabei Wettbewerber, aber auch Verbraucher vor unlauteren Wettbewerbspraktiken, wie z. B. irreführender oder belästigender Werbung.
6. Öffentliches Recht Im Gegensatz zum Privatrecht umfasst das Öffentliche Recht die Normen, die die staatliche Organisation und das hoheitliche Handeln des Staates betreffen. Es umfasst also die Rechtsnormen, die die Rechtsbeziehungen des Staates, in Deutschland also des Bundes und der Länder, und der mit sog. hoheitlicher Gewalt ausgestatteten Körperschaften oder Anstalten im Verhältnis zueinander sowie darüber hinaus auch zu den ihrer Hoheitsgewalt unterworfenen Personen regeln. Das Öffentliche Recht ist im Prinzip durch ein „Über- und UnterordnungsVerhältnis" des einen des Staates - gegenüber dem anderen - dem Bürger - gekennzeichnet. Typisch für das Öffentliche Recht ist deshalb grundsätzlich die einseitig verbindliche Regelung durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsakt, für das Privatrecht dagegen der Vertrag. Diese anschauliche, aber vereinfachende Darstellung berücksichtigt allerdings nicht die Fälle, in denen der Staat fiskalisch, d. h. privatrechtlich tätig wird. Hierunter fallen in erster Linie die sog. Beschaffungsgeschäfte (z.B. der Einkauf von Büromaterial oder das Anmieten von Räumen) sowie die Fälle im Rahmen der Leistungsverwaltung, in denen der Staat ein Wahlrecht zwischen privatrechtlichem
6. Öffentliches Recht
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oder öffentlich-rechtlichem Handeln hat (Köhler, BGB AT, § 2, Rnn. 3 ff.). Nach der heute herrschenden Subjektstheorie ist eine Norm dem öffentlichen Recht zuzuordnen, wenn an dem zu beurteilenden Rechtsverhältnis ein Träger hoheitlicher Gewalt gerade in dieser Eigenschaft beteiligt ist (Medicus, AT des BGB, Rn. 10). Zu den wichtigsten Bereichen des Öffentlichen Rechts zählt in erster Linie das Verfassungsrecht. Das Verfassungsrecht ist im Wesentlichen im Grundgesetz (GG) normiert. Das Grundgesetz von 1949 ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und steht damit über den übrigen Gesetzen. Um den provisorischen Charakter des damals neugeschaffenen westdeutschen Teilstaates zum Ausdruck zu bringen, wählte man die Bezeichnung „Grundgesetz" statt „Verfassung". Das Grundgesetz wurde ohne Volksabstimmung erlassen. Heute jedoch nach fast 50 Jahren und vor allem nach dem Betritt der ehemaligen DDR kommt dem Grundgesetz uneingeschränkter Verfassungscharakter zu. Es regelt die rechtliche und politische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Um ihre überragende Bedeutung für das staatliche Leben zu betonen, wurden die Grundrechte in den Artikeln 1-19 an den Anfang gestellt. Sie sind - im Gegensatz noch zur Weimarer Verfassung keine Programmsätze, d. h. gesetzliche Bestimmungen ohne unmittelbare Verbindlichkeit, sondern binden nach Art. 1 Abs. 3 GG Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rspr. Wird ein Bürger beispielsweise durch hoheitliches Handeln in seinen Grundrechten verletzt, dann besteht für ihn die Möglichkeit, mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe diese Verletzung zu rügen. Auch das BGB ist durch die im Grundgesetz enthaltenen Grundsätze und Wertordnungen in Bezug auf seine Fortgeltung, Auslegung und Fortbildung geprägt (Larenz/Wolf, § 4, Rnn. 53 ff. zur Bedeutung der Grundrechte für das Privatrecht; Rüthers/Stadler, ATdes BGB, § 2, Rn. 10). Das Grundgesetz bestätigte im Wesentlichen die vorgefundene Ordnung des BGB; so blieb die Vertragsfreiheit, das freie Eigentum und das Erbrecht erhalten, allerdings mit einer Betonung der sozialen Pflichtbindung („Eigentum verpflichtet"). So haben sich als unvereinbar mit der Wertordnung des Grundgesetzes die zahlreichen patriarchalisch und konservativen Regelungen des Ehe- und Familienrechts erwiesen (vgl. BVerfGE 72, 155). Ansonsten erfolgte die Orientierung des BGB am Grundgesetz im Wege der verfassungskonformen Auslegung. Vor allem die Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffe erfuhren von den Wertungen des Grundgesetzes eine inhaltliche Konkretisierung und inhaltliche Neubestimmung („mittelbare Drittwirkung von Grundrechten"). Bei Gesetzeslücken wurde der Richter als befugt angesehen, durch richterliche Rechtsfortbildung die Wertordnungen des Grundgesetzes rechtsschöpferisch zu verwirklichen (vgl. Köhler, BGB AT, § 3, Rn. 32, § 4, Rnn. 22 ff.). Zum Öffentlichen Recht zählt weiterhin das Verwaltungsrecht, das die Aufgaben und Kompetenzen der öffentlichen Verwaltung in den verschiedenen Lebensbereichen regelt. Hierzu zählt im Wesentlichen das Polizeirecht, das (öffentliche) Baurecht, das Kommunalrecht, das Gewerberecht und das Subventionsrecht.
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Weitere wichtige Rechtsgebiete des Öffentlichen Rechts sind außerdem das Steuer- und Abgabenrecht, das Art und Umfang der Besteuerung der Bürger regelt, das Strafrecht, das bestimmte sozialschädliche Verhaltensweisen unter Strafe stellt, das Sozialrecht, das die soziale Sicherung des Bürgers zum Gegenstand hat sowie das gesamte Prozessrecht, das die gerichtlichen Verfahren zur Durchsetzung des „materiellen Rechts" regelt. Zu erwähnen sei letztlich noch das Völkerrecht, das die Beziehung der Staaten untereinander regelt und das Kirchenrecht, das die Beziehungen zwischen Staat und Kirche zum Gegenstand hat. Der Staat kann durch Anordnung (mit Zwang) handeln (Eingriffsverwaltung) und so dem Bürger - etwa durch Einkommensteuerbescheide - Beschränkungen und Verpflichtungen auferlegen. Wichtigstes Handlungsinstrument stellt hier der Verwaltungsakt dar. Dabei ist der Staat nach dem Grundgesetz an „Gesetz und Recht" gebunden. Das Sozialstaatsprinzip lässt den Staat daneben in Form der sog. Leistungsverwaltung tätig sein. Hierzu zählt u. a. die Gewährung finanzieller Leistungen in Form von Subventionen, Sozialhilfe und Ausbildungsförderung sowie vor allem die Bereitstellung von Einrichtungen, die die Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern versorgen, z.B. die Versorgung mit Wasser, Energie, Fernwärme, Verkehrsbetriebe, Abwasserbetriebe, Abfallbeseitigung, Gesundheitsvorsorge, Krankenhäuser sowie Errichtung und Unterhaltung von Ausbildungsstätten, kulturellen Einrichtungen oder Sportanlagen („Daseinsvorsorge"). Im Rahmen der Leistungsverwaltung kann der Staat auch durch zivilrechtliche Handlungsformen tätig werden. Die Unterscheidung zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht hat historische Gründe und ist insbesondere von Bedeutung für die Gesetzgebungszuständigkeiten und den Rechtsweg. Sie ist in der Praxis jedoch nicht immer gegeben. Nicht selten ist es so, dass ein Sachverhalt sowohl von privatrechtlichen wie auch öffentlich-rechtlichen Vorschriften tangiert wird (vgl. Köhler, BGB AT, § 2, Rnn. 13 ff. zum Zusammenwirken von Privatrecht und öffentlichem Recht). Beispiel: Ein Unternehmer errichtet ohne Genehmigung der zuständigen Behörde eine umweltbelastende Anlage. In diesem Fall können die durch die Immissionen beeinträchtigten Nachbarn privatrechtliche Abwehr- und Schadensersatzansprüche gegen den Unternehmer geltend machen. Es kann aber auch die entsprechende Behörde mit öffentlich-rechtlichen Sanktionen, z.B. mit einer Beseitigungs- oder Unterlassungsverfügung (i.d.R. ein Verwaltungsakt gem. § 35 VwVfG, der das typische und häufigste Handlungsmittel der öffentlichen Verwaltung darstellt) gegen den Unternehmer vorgehen. Für die Klagen der Nachbarn sind die ordentlichen Gerichte (in Zivilsachen: AG, LG, OLG und BGH), für die Klage des Unternehmers auf Aufhebung der belastenden Verfügung die Verwaltungsgerichte zuständig. Im Strafrecht, das mittlerweile neben dem Privatrecht und dem Öffentlichen Recht als ein eigener Rechtsbereich angesehen wird, erhebt bei hinreichenden Verdachtsmomenten die Staatsanwaltschaft Klage (diese wird als „Anklage" bezeichnet) beim zuständigen Gericht. Zuständiges Gericht ist hier wiederum das AG, LG,
7. Rechtsanwendung am Fallbeispiel
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OLG sowie der BGH. Das Strafrecht ist in seinem Kern im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Es wird aber durch Hinzufügen von zahlreichen Einzeltatbeständen in Nebengesetzen ergänzt. Zu diesen Nebengesetzen zählt u. a. das AktG, das GmbHGesetz, das Betäubungsmittelgesetz und die Steuergesetze. Einzelne Nebengesetze enthalten ausschließlich Strafgesetze, wie z.B. das Wehrstrafgesetz und das Wirtschaftsstrafgesetz (sog. „Nebenstrafrecht").
7. Rechtsanwendung am Fallbeispiel An einem (einfachen) Beispiel soll nun das Auffinden der einschlägigen Rechtsnorm sowie die Erstellung eines Gutachtens (in stark verkürzter Form) dargestellt werden. Beispiel: E verlangt von S 500 € Schadensersatz. S hatte aus Nachlässigkeit beim Einparken das daneben geparkte Auto des E beschädigt. Hier handelt es sich um eine privatrechtliche Streitigkeit. Wurde die passende Norm gefunden, die eine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch darstellen kann (hier: § 823 Abs. 1 BGB), folgt an dieser Stelle die Fortsetzung der juristischen Arbeit im Rahmen des „dritten Schritts". So sagt etwa - bezogen auf den vorliegenden Fall - § 823 Abs. 1 BGB aus, dass derjenige, der das Eigentum eines anderen rechtswidrig und schuldhaft verletzt, diesem zum Schadensersatz verpflichtet ist. Es gilt nun zu prüfen, ob diese abstrakt formulierte Rechtsnorm auf den konkreten Sachverhalt anzuwenden ist. Um die Bewältigung des „dritten Schritts" zu vereinfachen, könnte man auf die Idee kommen, sich (ausführliche) Anspruchschemata bis in alle Einzelheiten einzuprägen und auswendig zu lernen. Dies ist in letzter Konsequenz nicht erforderlich und auch nicht sehr hilfreich. Ein Schema hilft nur bei „normal gelagerten" Standardfällen. Tauchen einmal spezielle Probleme auf, versagen die Schemata. Im Anhang dieses ersten Kapitels ist ein kurzes Schema mit einigen wichtigen Anspruchsgrundlagen und den entsprechenden Erläuterungen enthalten. Es ist allerdings (wegen der vorgenannten Gründe) nicht erforderlich, dass man sich dieses Schema im Detail einprägt. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit sollten jedoch die vertraglichen bzw. vertragsähnlichen Ansprüche (falls vorhanden) vor den gesetzlichen Ansprüchen, z. B. Ansprüchen aus §§ 812 ff. BGB, §§ 823 ff. BGB, geprüft werden. Sofern vertragliche Ansprüche vorliegen, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die anderen Ansprüche haben. So kann ein Vertrag für einen Anspruch aus § 985 BGB ein Recht zum Besitz begründen oder für einen Anspruch aus § 812 BGB einen „rechtlichen Grund" darstellen (ausführlich Medicus, BR, Rnn. 8 ff.). Ein Gutachten ist von einem richterlichen Urteil sowohl durch Aufbau als auch durch den Stil der Darstellung zu unterscheiden; regelmäßig hat der Richter, bevor er das Urteil verfasst, den Sachverhalt (wenn auch nur „im Kopf") im Gutachtenstil geprüft.
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Ein richterliches Urteil gliedert sich in zwei Abschnitte: 1. Die Sachverhaltsdarstellung, im Urteil (verwirrenderweise) als „Tatbestand" bezeichnet und 2. die Entscheidungsgründe, die im „Urteilsstil" verfasst werden. Gutachten und Urteil unterscheiden sich wesentlich in der gedanklichen Reihenfolge. Der Urteilsstil nimmt eine Feststellung vorweg, um sie anschließend zu begründen, während der Gutachtenstil „abtastend" alle in Betracht kommenden Möglichkeiten überprüft. Der Urteilsstil ist zweistufig. Er besteht aus Ergebnis (bzw. Entscheidung) und Begründung. Beide Stufen sind durch Worte verbunden wie z. B. „denn, weil, da". Der Gutachtenstil ist dagegen vierstufig. Er besteht aus 1. 2. 3. 4.
Fragesatz, Voraussetzungssatz (mit Definitionssatz), Subsumtionssatz und Folgesatz.
Das Erlernen dieses „Gutachtenstils" ist nicht so schwer, wie es vielleicht auf den ersten Blick den Anschein hat. Es werden lediglich Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens (1. Hypothese, 2. Untersuchung, 3. Ergebnis) auf die Fallbearbeitung in der Rechtswissenschaft angewendet. Es wird zuerst gesagt, was geprüft werden soll, dann folgt die rechtliche Untersuchung und am Schluss steht das Ergebnis. Die vier Stufen des Gutachtenstils sind dabei keine isolierten Stufen, sondern sie gehen ineinander über. Vermeiden sollte man also die einzelnen Stufen „abgehackt" darzustellen. Sprachlich gelungener ist es, wenn eine Sach- und Sinnverbindung die Stufen verknüpft. Das gelingt z. B., wenn man ein Wort, das erläutert oder definiert werden soll (am besten ein Hauptwort oder ein Verb) herausgreift und im nächsten Satz verwendet. So entsteht eine (Satz-)Kette, die den Leser leitet. Zur Lösung des zu Anfang dieses Abschnitts genannten Beispiels soll im Folgenden der § 823 Abs. 1 BGB ansatzweise im Gutachtenstil geprüft werden. 1. Schritt Der Fragesatz formuliert genau die durch das Gutachten zu beantwortende Frage, bei Anspruchsklausuren also die Frage nach der möglichen Anspruchsgrundlage. Wichtig ist, dass der Fragesatz stets eine Norm enthält. Dieser könnte wie folgt lauten: „E könnte gegen S einen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von 500 € aus § 823 Abs. 1 BGB haben."
7. Rechtsanwendung am Fallbeispiel
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2. Schritt Der Voraussetzungssatz stellt fest, welche Voraussetzungen diese Anspruchsnorm hat. Er ist seiner Natur nach abstrakt, geht also noch nicht auf den konkreten Sachverhalt ein, sondern benennt nur die abstrakten gesetzlichen Voraussetzungen für die zu findende Antwort. In der Regel handelt es sich bei den Voraussetzungen um unbestimmte Rechtsbegriffe, die, bevor eine Subsumtion erfolgen kann, erst definiert werden müssen. Der Definitionssatz ist dann sozusagen der zweite Teil des Voraussetzungssatzes. Ein FormulierungsVorschlag: „Erste Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB ist das Vorliegen einer Rechtsgutverletzung. Als verletztes Rechtsgut kommt hier das Eigentum des E in Betracht. Eine Eigentumsverletzung bedeutet eine Einwirkung auf eine Sache in der Weise, dass ein adäquater Schaden eintritt, z. B. durch Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung einer Sache" (Palandt-Thomas, § 823 BGB, Rnn. 7, 8). 3. Schritt Im Subsumtionssatz wird geprüft, ob jede einzelne Voraussetzung in dem zu überprüfenden Fall gegeben ist. Im Gegensatz zum Voraussetzungssatz ist der Subsumtionssatz also konkret, das bedeutet, dass man „prüft", ob jedes einzelne Tatbestandsmerkmal der Rechtsvorschrift durch die Einzelheiten des Sachverhalts ausgefüllt ist. Das ist eine „lästige Kleinarbeit", aber man muss sie sehr genau ausführen, weil sonst Fehler unterlaufen können, sei es, dass man ein Tatbestandsmerkmal übersieht, sei es, dass man etwas in den Sachverhalt hineininterpretiert, um ihn für den Obersatz „passend" zu machen; der Fachjargon spricht dann von „Tatbestandsquetsche". Ein Formulierungsvorschlag: „Durch den Zusammenstoß beim Einparken hat S das Auto des E beschädigt. Die Beschädigung hatte zur Folge, dass E, um den früheren Zustand wiederherstellen zu lassen, eine Reparatur durchzuführen hat. Somit liegt eine Eigentumsverletzung vor." Im Folgenden sollte dieser Fall nach dem Schema weiter durchgeprüft werden, d. h. jede mögliche Tatbestandsvoraussetzung des § 823 Abs. 1 BGB ist auf den Sachverhalt anzuwenden. 4. Schritt Der Folgesatz ergibt sich somit aus der Durchführung der (vollständig durchgeführten) Subsumtion. Er enthält die genaue Antwort auf den Fragesatz und soll dabei möglichst die im Fragesatz gebrauchte Formulierung in der Aussageform wiederholen. Dieser könnte dann wie folgt lauten: „Demnach hat E gegen den S einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 500 € aus §823 Abs. 1 BGB."
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
8. Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung Seit der Verabschiedung des BGB hat sich die Methode seiner Anwendung und Auslegung verändert. Bei Inkrafttreten des BGB war die im 19. Jahrhundert entstandene Begriffsjurisprudenz die (noch) herrschende juristische Methode. Die Vertreter dieser Ansicht (Savigny, Windscheid) waren der Ansicht, dass sich aus dem vorhandenen Normenbestand ein lückenloses System von Rechtsbegriffen entwickeln lasse. Die Ausdifferenzierung der Begriffe und ihrer Zusammenhänge zu einem geschlossenen System wurde als rein logisch formaler Prozess verstanden, der von Wertungen weitgehend frei zu halten sei. Dem auf diese Weise entwickelten System sei für jeden Konflikt eine Lösung zu entnehmen. Der Rechtsanwender brauche den Lebenssachverhalt nur unter die Rechtsbegriffe zu subsumieren. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts kritisierten die Vertreter der sog. Interessenjurisprudenz (Heck, Müller-Erzbach) diese Methode. Sie ging im Anschluss an Jhering davon aus, dass jede Rechtsnorm eine Entscheidung über einen Interessenkonflikt enthalte. Der Rechtsanwender habe zunächst zu ermitteln, welche Interessen in dem zu beurteilenden Fall eine Rolle spielen, um dann zu prüfen, ob und ggf. wie das Gesetz den Interessenkonflikt entschieden habe. Fehle eine Entscheidung, müsse der Rechtsanwender die Entscheidung danach ausrichten, wie das Gesetz die Interessen in ähnlichen Fällen gegeneinander abgewogen habe (vgl. Palandt-Heinrichs, Einl., Rnn. 44ff. m.w.N.). Seit über 30 Jahren bekennt sich der überwiegende Teil der privatrechtlichen Schriften zur Wertungsjurisprudenz. Die Vertreter dieser Interpretationstheorie vertreten kein einheitliches Konzept, stimmen aber in wesentlichen Grundthesen überein. Es wird davon ausgegangen, dass die Tätigkeit des Gesetzgebers und des Rechtsanwenders im Endeffekt wertender Natur sei. Jeder, d. h. auch der unbestimmte Rechtsbegriff sei Ausdruck einer Wertung und in Randbereichen unscharf. Im Rahmen einer Auslegung sei auf die der betreffenden Norm und der Rechtsordnung zu Grunde liegenden Wertentscheidungen abzustellen. Soweit das Gesetz Lücken enthalte, sei es Aufgabe des Richters, diese Lücken unter Berücksichtigung der Wertentscheidungen des Gesetzes, insbesondere der Verfassung, unter dem Aspekt des Zwecks einer Norm zu schließen (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 119 f.; Palandt-Heinrichs, Einl., Rn. 46, 47 m.w.N., u.a. mit Hinweis auf die kritische Jurisprudenz; Hauptvertreter: Esser, Säcker). Die aus den USA rezipierte ökonomische Analyse des Rechts versucht das Recht nach ökonomischen Prinzipien zu erklären. Die Anhänger dieser Lehre halten - trotz Unterschieden in Grundsatz- und Detailfragen - eine „optimale Allokation von Ressourcen" für ein Hauptziel der Rechtsanwendung und Gestaltung. Die sozialen Kosten sollen richtig „internalisiert" werden, die „Transaktionskosten minimiert" und alle wirtschaftlichen Ressourcen optimal genutzt werden. Danach ist im Zweifel der ökonomisch effizienteste Lösungsweg auch der rechtlich richtige Weg. Die anzustrebende gesamtwirtschaftliche Effizienz dient zugleich dem Gemeinwohl. Heute wird ein absoluter Vorrang dieser Methode kaum noch befürwortet. Es ist zunehmend anerkannt, dass die ökonomische Analyse des Rechts nur Teil einer Gesamtbetrachtung sein kann und dass die Auffassung, das Recht nach Effizienzkriterien auszurichten, dem Gesetzgeber und der Rechtswissenschaft obliegt, nicht aber dem Richter (Palandt-Heinrichs, Einl., Rn. 48 m. w. N.).
8. Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung
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Mit der Subsumtion, d. h. mit der Anwendung der Vorschrift bzw. der einzelnen Tatbestandsmerkmale auf den zu beurteilenden Fall kann man nun zu dem Ergebnis kommen, dass - der Sachverhalt erfüllt ist. - der Sachverhalt den Tatbestand nicht eindeutig erfüllt, so dass durch Auslegung der Sinn des Gesetzes zu ermitteln ist. - der Sachverhalt von keinem Tatbestand erfasst wird, so dass eine mögliche Regelungslücke im Wege der Analogie oder auch im Wege der Rechtsfortbildung geschlossen werden muss (Larenz/Wolf, § 4, Rnn. 1 ff.). Ein Gesetz auslegen bedeutet seinen Sinn ermitteln. Maßgebend ist dabei nicht der Wille des historischen Gesetzgebers. Dieser ließe sich oft auch gar nicht feststellen oder ist durch veränderte Lebensumstände überholt. Maßgebend ist daher der im Gesetzeswortlaut objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. objektive Theorie, BVerfG 1,312; 10, 244; 62,45). Als Auslegungsmethoden kommen im Einzelnen in Betracht: -
Sprachlich-grammatische Auslegung, historische Auslegung, systematische Auslegung und die teleologische Auslegung.
Ausgangspunkt der Auslegung ist die Bedeutung des Wortes, die sog. sprachlich-grammatische Auslegung. Enthält das Gesetz für den Ausdruck eine gesetzliche Festlegung, ist diese maßgebend (z.B. § 121 Abs. 1 BGB „unverzüglich"). Sie setzt ansonsten am Gesetzeswortlaut an und fragt nach dem Wortsinn, wie er sich aus dem allgemeinen und speziell dem juristischen Sprachgebrauch und den Regeln der Grammatik ergibt. Der noch mögliche Wortsinn legt zugleich die Grenzen einer zulässigen Auslegung fest, jenseits derer die Lückenfüllung oder die Rechtsfortbildung beginnt. Die Auslegung nach dem Bedeutungszusammenhang, die sog. systematische Auslegung, geht davon aus, dass der einzelne Rechtssatz im Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung zu verstehen ist. Sie fragt insbesondere nach dem Sinnzusammenhang, in den der Rechtssatz oder der einzelne Rechtsbegriff hineingestellt ist (vgl. Köhler, BGB AT, § 4, Rnn. 15 ff.). Ein Unterfall der systematischen Auslegung ist die verfassungskonforme Auslegung. Das bedeutet, dass sich die Auslegung eines Gesetzes an übergeordneten Rechtsnormen zu orientieren hat. Lässt ein Gesetz mehrere Auslegungen zu, ist diejenige vorzuziehen, die der Wertentscheidung der Verfassung als dem ranghöheren Recht besser entspricht (BVerfGE 2, 282; 48, 40; 64, 241 st.Rspr.). In diesem Zusammenhang ist auch die richtlinienkonforme Auslegung von Rechtsnormen von Bedeutung, die in Vollzug einer EG-Richtlinie erlassen worden sind. Die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte, d. h. die historische Auslegung, ist vor allem zur Ermittlung des Gesetzeszwecks von Bedeutung (vgl. BGHZ 46, 74 (80); 62, 340 (350)). Für
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
die Entscheidung eines konkreten Falls ist sie i. d. R. wenig ergiebig. Häufig ist ein Problem nicht gesehen worden oder noch gar als solches aufgetreten oder der Rspr. und Lehre überlassen worden. Eventuelle ausdrückliche Stellungnahmen in den Gesetzesmaterialien sind nicht bindend, verdeutlichen u. U. aber den Gesetzeszweck. Maßgebend für die Auslegung ist die teleologische Auslegung, die sich am Gesetzeszweck (ratio legis) orientiert. Der BGH bezeichnete sie als Auslegung nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (BGHZ 2, 176 (184); 78, 263 (265); 87, 381 (383)). Dahinter steht die Erwägung, dass das Gesetz eine gerechte und sachgemäße Regelung, insbesondere einen angemessenen Interessenausgleich bewirken soll. Die vorgenannten Auslegungsmethoden stehen zueinander im Verhältnis der wechselseitigen Ergänzung. Das Schwergewicht liegt jedoch auf der teleologischen Auslegung (Münch-Komm-Säcker, Einl., Rn. 128; Palandt-Heinrichs, Einl., Rn. 57 ff. m. w. N.). Je nachdem, ob ein Begriff weit oder eng auszulegen ist, spricht man von extensiver oder restriktiver Auslegung. Seit Überwindung der Begriffsjurisprudenz besteht allgemeines Einverständnis darüber, dass der Richter zur Rechtsfortbildung berechtigt ist. Kein Gesetzgeber kann alle künftigen Fälle voraussehen. Jedes Gesetz ist wegen der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte und ihres ständigen Wandels lückenhaft. So darf der Richter eine Entscheidung nicht mit der Begründung verweigern, das Gesetz enthalte für den zu entscheidenden Fall keine Regelung. Die Rechtsfortbildung ist damit nicht nur ein Recht des Richters, sondern auch seine Pflicht (vgl. Palandt-Heinrichs, Einl., Rn. 64 ff. m. w. N.). Enthält ein Gesetz für einen bestimmten Fall keine Regelung, wohl aber für einen ähnlichen Fall, entspricht es dem Gebot der Gleichbehandlung, diese Regelung auf den zu entscheidenden Fall zu erstrecken. Dieses Verfahren nennt man Analogie. Eine Analogie setzt das Bestehen einer „planwidrigen Unvollständigkeit" des Gesetzes und die Gleichheit der Interessenlage voraus (vgl. BGH, NJW 1981, 1726 (1727). Sinn und Zweck der Norm müssen eine analoge Anwendung gebieten. Anstelle der Analogie ist ein Umkehrschluss (argumentum e contrario) vorzunehmen, wenn das Gesetz bewusst eine Rechtsfrage nicht in einem bestimmten Sinne behandelt hat. Die teleologische Reduktion hat (ähnlich wie die restriktive Auslegung) das Ziel, den Anwendungsbereich einer Norm einzuschränken. Während sich die restriktive Auslegung unter mehreren möglichen Wortinterpretationen für die engere entscheidet, setzt sich die teleologische Reduktion mit dem Wortlaut in Widerspruch. Diese Norm soll nach ihrem Sinn und Zweck her nicht angewandt werden, obwohl sie nach ihrem Wortlaut zutrifft. Restriktive Auslegung und teleologische Reduktion verhalten sich ebenso zueinander wie extensive Auslegung und Analogie. Beispiel: Die Vorschrift des § 181 BGB normiert das Verbot des Insichgeschäfts. Der Zweck dieser Regelung besteht in dem Schutz des Vertretenen, da die Gefahr besteht, dass der Vertreter seine Interessen über die des Vertretenen stellt. Eine teleologische Reduktion ist in dem Fall vorzunehmen, wenn es sich um Rechtsgeschäfte handelt, die dem Vertretenen lediglich einen „rechtlichen Vorteil" bringen, etwa eine Schenkung. Die
Anhang zur juristischen Arbeitsmethode
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Anwendung des § 181 BGB würde z.B. das lebensfremde Ergebnis zur Folge haben, dass Eltern ihren geschäftsunfähigen Kindern nur noch unter Hinzuziehung eines Ergänzungspflegers etwas schenken können. Die Kompetenz des Richters geht sogar über die Lückenfüllung hinaus (Art. 20 Abs. 3 GG, Bindung an „Gesetz und Recht"). Er darf - wie bereits erwähnt das Gesetz im Rahmen der ratio legis und der Wertentscheidungen des GG auch ohne konkreten Nachweis einer Regelungslücke ausdifferenzieren und ergänzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Rechtsordnung Wertentscheidungen, sei es auch in unvollkommener Form, für eine Rechtsfortbildung in einem bestimmten Sinne enthält. Beispiel: Rechtsgrundsätze zur Anscheinsvollmacht; Grundsätze zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter; Gewährung von Schmerzensgeld bei (schweren) Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts; die Einschränkung der Rechtsfolge der Nichtigkeit bei vollzogenen Arbeits- und Gesellschaftsverträgen.
Anhang zur juristischen Arbeitsmethode 1. Begriff: Anspruchsgrundlage Eine Anspruchsgrundlage (Anspruchsnorm) ist jede Norm, die zum Ausdruck bringt, dass jemand unter bestimmten Voraussetzungen von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen kann (vgl. Legaldefinition des Begriffs „Anspruch" in § 194 Abs. 1 BGB). Die Norm kann z.B. die Worte „kann verlangen" (z.B. § 987 BGB) oder „ist verpflichtet" (z. B. § 433 Abs. 2 BGB) enthalten. Keine Anspruchsgrundlagen sind daher Normen, die Definitionen enthalten (z. B. § 90 BGB) oder Verweisungen (z.B. § 437 BGB) oder bestimmen, dass jemand selbst etwas tun kann, z.B. Gestaltungsrechte, wie z.B. ein Anfechtungsrecht oder Rücktrittsrecht auszuüben. Diesen Sinn und Zweck einer Norm (sog. „ratio") sollte man sich bei deren Anwendung immer verdeutlichen. 2. Grundstruktur eines Anspruchssprüfungsschema (mit Erläuterungen) I.
Ansprüche aus Vertrag - Ansprüche auf Vertragserfüllung (§§ 433, 488, 535, 631 BGB auf Zahlung oder eine sonstige Leistung) - Sekundärvertragliche Ansprüche (§§ 280, 281 BGB - Anspruch auf Schadensersatz bei verschuldeter Unmöglichkeit; §§ 280 Abs. 1, 2, 286 - Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens; §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung von Nebenpflichten)
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I. Einführung in die juristische Arbeitsmethodik
II. Ansprüche aus vertragsähnlichen Verhältnissen -
§ 179 BGB - Anspruch gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht § 122 BGB-Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens § 670 BGB - Anspruch auf Aufwendungsersatz §§ 677 ff. BGB - Ansprüche im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag
III. Dingliche (= sachenrechtliche) Ansprüche - Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den (unrechtmäßigen) Besitzer (§ 985 BGB) - Beseitigungs-und Unterlassungsansprüche (§ 1004 BGB) - Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) - Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB) IV. Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen - SpezialVorschriften - Familien- und erbrechtlicher Art - Unterlassung und Beseitigung bei schuldlos-rechtswidrigem Verhalten, z. B. nach § 12 BGB (Namensrecht), als negatorischer und quasinegatorischer Unterlassungsanspruch bei der Beeinträchtigung sonstiger rechtlich geschützter Interessen nach dem Rechtsgedanken der §§ 1004, 12, 862 BGB - Eigentümer-Besitzer Verhältnis - Schadensersatz nach §§ 989-992 BGB - Herausgabe von Nutzungen nach §§ 987, 988 BGB - Ersatz von Verwendungen nach §§ 994 ff. BGB - Unberechtigte, angemaßte Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 678, 687 Abs. 2 BGB - Ungerechtfertigte Bereicherung nach §§812 ff. BGB - Unerlaubte Handlung nach den §§ 823 ff. BGB und aus Gefährdungshaftung, z.B. § 7 StVG, § 833 BGB, § 25 AtomG, § 1 HaftpflichtG (zur Reihenfolge der Anspruchsprüfung, vgl. Medicus, BR, Rnn. 8 ff.; Brox, BGB AT, Rn. 839). Die rechtliche Begutachtung eines Falls geht i. d. R. von einer Anspruchsnorm aus. Das vorgenannte Schema soll einen Überblick verschaffen, in welcher Reihenfolge die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zweckmäßig zu prüfen sind. Ist bei der Fallbearbeitung die Fallfrage konkret gestellt, z.B. „Kann A von B die Herausgabe verlangen?", dann sind auch nur die in Frage kommenden Herausgabeansprüche zu prüfen.
Anhang zur juristischen Arbeitsmethode
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Ist die Fallfrage allgemeiner gehalten, z.B. „Was kann A von B verlangen?", so ist zunächst zu prüfen, welche wirtschaftlichen Ziele A gegenüber dem B verfolgen kann. Sodann konkretisiert man diese Ziele zu Rechtsfolgen, für die dann schließlich die passende Anspruchsnorm gefunden werden muss. Bei noch allgemeineren Fragen, wie z.B. „Wie ist die Rechtslage?", muss die Lösung zunächst durch eine Aufgliederung in Zwei-Personen Verhältnisse vorbereitet werden. Im Anschluss daran ist zu fragen, welche im Sachverhalt genannte Person von einer anderen überhaupt etwas verlangen kann, d. h. es sind alle in Betracht kommenden Ansprüche zu prüfen. Steht vor der Frage nach der Rechtslage eine konkretere Fragestellung, wie z.B. „Kann A von B Zahlung verlangen?", dann handelt es sich bei der Frage nach der Rechtslage nur um ein (überflüssiges) Anhängsel. Aus Zweckmäßigkeitsgründen sind „vertragliche Anspruchsgrundlagen" vorrangig zu prüfen. Der Vertrag kann die Grundlage bilden, die auf alle anderen Ansprüche Auswirkungen hat. Gegenüber den Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist der Vertrag eine Vorfrage, weil § 677 BGB fordert, dass der Geschäftsführer das Geschäft im Verhältnis zum Geschäftsherrn unbeauftragt oder sonst unberechtigt geführt hat. Das wäre dann nicht der Fall, wenn ein wirksamer Vertrag (z. B. Auftrag) oder ein gesetzliches Schuldverhältnis (z. B. elterliche Vermögensfürsorge) vorliegt. Gegenüber dem Anspruch aus § 985 BGB (Herausgabeanspruch) sind Verträge vorrangig, weil sie ein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB darstellen können (z.B. Mietvertrag, Leihe) und damit auch die Folgeansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis der §§ 987 ff. BGB ausschließen. Gegenüber Ansprüchen aus Delikt (§§ 823 ff. BGB) können vertragliche Beziehungen das Maß des Verschuldens nicht unerheblich beeinflussen, z. B. wenn V eine Sache des Z unentgeltlich verwahrt und diese infolge leichter Fahrlässigkeit beschädigt. Auf Grund der vertraglichen Beziehung käme man zu einem milderen Haftungsmaßstab (§§ 690, 277 BGB, keine Haftung für leichte Fahrlässigkeit), der auch Auswirkungen auf den deliktischen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB hat. Würde man mit § 823 Abs. 1 BGB beginnen, wäre dann im Rahmen des Tatbestandsmerkmals des „Verschuldens" die vertraglichen Ansprüche mit zu behandeln. Man würde also bei diesem Anspruch bereits alles prüfen, was der Fall überhaupt enthält, was zur Übersichtlichkeit sicherlich nicht beitragen würde. Vertragliche Ansprüche können auch einen Rechtfertigungsgrund bilden; so sind z. B. gem. § 538 BGB die durch vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten Verschlechterungen der Mietsache vom Mieter nicht zu vertreten. Gegenüber Ansprüchen aus Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) ist die Bedeutung des Vorrangs von vertraglichen Ansprüchen besonders deutlich. Der Vertrag kann den Rechtsgrund für eine Vermögensverschiebung darstellen. Im Anschluss an die vertraglichen Ansprüche sind eventuelle Schadensersatzansprüche aus rechtsgeschäftsählichen Schuldverhältnissen zu prüfen. Diese Ansprüche sind vor den Ansprüchen aus Delikt zu untersuchen, weil zum einen eine mildere Haftung aus dem beabsichtigten (aber nicht zustandegekommenen) Vertrag den deliktischen Haftungsmaßstab beeinflussen könnte. In einer BGH-Entscheidung hatte eine minderjährige, selbst nicht einkaufswillige Tochter ihre Mutter in einen Selbstbedienungsladen begleitet. Dort ist die Tochter auf einem Ge-
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müseblatt ausgerutscht und verletzt worden. Nachdem deliktische Ansprüche bereits verjährt waren, hat der BGH einen eigenen Anspruch der Tochter aus culpa in contrahendo gegen den Ladeninhaber bejaht (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, vgl. Medicus, BR, Rn. 199 m. w. N.). Nach heutigem Recht hätte die Tochter einen Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 u. 3, 241 Abs. 2 BGB (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 376). An nächster Position sind die Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu prüfen, denn die „berechtigte Geschäftsführung" hat ähnliche Wirkungen wie ein Vertrag. Sie kann ein Rechtfertigungsgrund sein oder ein Recht zum Besitz geben. Durch § 680 BGB wird auch der deliktische Haftungsmaßstab beeinflusst. Im Verhältnis zum Bereicherungsanspruch kann die Geschäftsführung ohne Auftrag einen Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung darstellen. Die nächste Station in der Prüfungsreihenfolge sind die „dinglichen Ansprüche". Diese Anspruchsgrundlagen haben mit den dinglichen Rechten zu tun. Dingliche Rechte sind Herrschaftsrechte einer Person über einen Gegenstand mit Zuordnungsfunktion. Hinsichtlich des Umfangs und der Zuordnung bestehen zwei Möglichkeiten. Die umfassendste Zuordnung und damit ein grundsätzlich unbeschränktes Herrschaftsrecht begründet das Eigentum (§ 903 BGB). Eine teilweise Zuordnung und damit ein gegenständlich beschränktes Herrschaftsrecht begründen die beschränkt dinglichen Rechte, wie z. B. die Pfandrechte bzw. Grundpfandrechte (zur Verwertung) oder der Nießbrauch (zur Nutzung). Dingliche Ansprüche begründen als Ansprüche das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen zu können (§ 194 Abs. 1 BGB). Sie stellen also selbst keine dinglichen Herrschaftsrechte dar, sondern sind - wie jeder Anspruch gegen eine andere Person gerichtet. Sie entstehen aber auf Grund eines dinglichen Rechts, z.B. dadurch, dass ein Dritter störend auf das dingliche Recht eingewirkt hat. Der dingliche Anspruch dient dann der Herstellung des dem dinglichen Recht entsprechenden Zustands (vgl. §§ 894, 985, 1004, 1133, 1227 BGB). Bezieht sich die Fallfrage auf die dingliche Rechtslage, so z. B. „Wer ist Eigentümer?" oder „Ist das Grundbuch richtig?", ist anhand eines feststehenden zeitlichen Ausgangspunkts dieser Fall aufzubauen (historischer Aufbau). Von dort aus werden dann die dinglichen Veränderungen der Rechtslage in ihrem zeitlichen Ablauf dargestellt. Zu prüfen ist aber auch hier nur, was für den Fall relevant ist. Die dinglichen Ansprüche - vor allem die §§ 985, 2018 BGB - enthalten hinsichtlich Schadensersatz und Ersatz von Nutzungen gegenüber den §§ 812 ff., 823 ff. BGB spezielle Regelungen. Übrig bleiben die Ansprüche aus Delikt, zu denen im weitesten Sinne auch die Ansprüche aus Gefährdungshaftung zu zählen sind sowie die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung. Zwischen diesen beiden Anspruchsformen gibt es kein Rangverhältnis, da sie sich gegenseitig nicht beeinflussen. Man beginnt die Fallbearbeitung daher mit derjenigen Vorschrift, die am ehesten zutreffen kann (ausführlich Medicus, BR, Rnn. 8 ff.).
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Mitunter liegen die Schwierigkeiten eines juristischen Gutachtens statt bei den Anspruchsgrundlagen teilweise oder auch ganz bei den Gegenrechten (des Anspruchsgegners). Hierzu zählen die Einwendungen und Einreden (vgl. im Einzelnen Abschn. III.9.). Der aufgezeigte Anspruchsaufbau ist dann nicht geeignet, wenn es sich - wie oben erwähnt - um Fragen nach der dinglichen Rechtslage handelt. Hier eignet sich der historische Aufbau, bei dem zunächst ein zeitlicher Ausgangspunkt gesucht werden muss, ab dem man die Veränderungen der Rechtslage in ihrem historischen Ablauf verfolgt. Der Rahmen ist durch die Fallfrage vorgegeben. Mitunter kann auch eine prozessuale Vorfrage im Sachverhalt enthalten sein. Die Zulässigkeit einer Klage ist regelmäßig vor der Begründetheit zu prüfen. In Klausuren wird relativ häufig die Frage nach der Zulässigkeit des eingeschlagenen Rechtsweges sowie der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gestellt. Schwerpunktmäßig geht es jedoch um die Begründetheit der Klage, d. h. um die vorher dargestellte Anspruchsprüfung. Bei einer „Anwaltsklausur" (im Gegensatz zur üblichen „Richterklausur") wird keine richterliche Entscheidung verlangt, sondern es wird danach gefragt, was ein Anwalt raten oder unternehmen wird. Diese Klausuren sind besonders gekennzeichnet durch Fragen, wie z. B. „Was kann A von B verlangen?" oder „Was ist B zu raten?" Letztlich geht es auch um die Begründetheit der Anträge, doch sind diese - anders als bei Richterklausuren - nicht vorgegeben, sondern müssen entwickelt werden (vgl. ausführlich, Medicus, Grundwissen BR, Rnn. 3 ff.). 3. Regeln zur Fallbearbeitung Bekannterweise zeigt sich erst am Fall der Jurist, d. h. in der konkreten Rechtsanwendung. Für Studierende, denen am Anfang (verständlicherweise) die Fallbearbeitung schwer fällt, empfiehlt es sich, das Klausurenschreiben häufig zu üben. Hierbei sind einige Regeln zu beachten: - Sachverhalt gründlich lesen und genau auf Fragestellung achten, - Eine Skizze anfertigen, - Entwicklung eines Lösungskonzepts, -
Ausreichend Zeit für die Niederschrift einplanen, Anspruchsgrundlagen jeweils einzeln und systematisch prüfen, Das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden, Rechtsnormen vollständig zitieren, Im „Gutachtenstil" schreiben (in möglichst kurzen verständlichen Sätzen), Ergebniskontrolle in Bezug auf den Aspekt der „Vernunft".
II. BGB - Allgemeiner Teil
Der Allgemeine Teil des BGB weist eine Vielzahl von Rechtsbegriffen auf, die auch für die anderen vier Bücher des BGB gelten. Insofern ist es wichtig, ausführlicher auf die einzelnen Begriffe einzugehen. Diese Begriffe sind dem juristischen Laien nicht immer zugänglich. Mitunter ist die Bedeutung einiger Begriffe in der Umgangssprache deutlich verschieden von deren juristischer Bedeutung.
1. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte Das BGB ist in seinem Allgemeinen Teil so konzipiert, dass es zunächst zwischen Rechtssubjekten und Rechtsobjekten unterscheidet. a. Rechtssubjekte Rechtssubjekte, also Träger von Rechten und Pflichten, sind nach dem BGB nur natürliche und juristische Personen sowie (teil)rechtsfähige Personengesellschaften. Als natürliche Personen bezeichnet man jeden lebend geborenen Menschen. Die §§ 1-14 BGB enthalten grundsätzliche Regelungen zur Rechtsstellung des Menschen. Rechtsfähigkeit bedeutet diesbezüglich, Träger von Rechten und Pflichten sein zu können, z. B. Eigentümer einer Sache, Inhaber eines Rechts oder Erbe eines Vermögens. Das prozessuale Gegenstück zur Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, im Zivilprozess parteifähig zu sein. Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB), ohne dass sie an irgendwelche körperlichen oder geistigen Fähigkeiten geknüpft ist. In bestimmten Fällen wird darüber hinaus die Rechtsfähigkeit des erzeugten, aber noch nicht geborenen Kindes anerkannt (§§ 331 Abs. 2, 844 Abs. 2, 1923 Abs. 2 BGB). Mit dem Tode des Menschen endet die Rechtsfähigkeit, wobei nicht der Herztod, sondern der Hirntod maßgebend ist. Mit diesem Zeitpunkt geht das Vermögen (und die Schulden) des Erblassers als Ganzes auf den/die Erben über (§§ 1922,1967 BGB). Höchstpersönliche Rechte, wie z. B. die Mitgliedschaft in einem Verein (§ 38 BGB), erlöschen mit dem Tod.
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II. BGB - Allgemeiner Teil
Natürliche Personen sind selbst handlungsfähig, also fähig, durch eigene Handlungen Rechte zu erwerben und Pflichten zu begründen. Im Gegensatz zu den juristischen Personen brauchen sie keine anderen Personen, die für sie handeln. Natürliche Personen benötigen für rechtsgeschäftliche Handlungen die Geschäftsfähigkeit. Um für unerlaubte Handlungen zivilrechtlich haftbar gemacht werden zu können, muss die Deliktsfähigkeit gegeben sein. Bei den Vorschriften zur Geschäftsfähigkeit handelt es sich im Wesentlichen um Schutzvorschriften für bestimmte Personengruppen, bei denen der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sie (noch) nicht über die geistige Reife und Einsichtsfähigkeit verfügen. So sind z. B. rechtsgeschäftliche Erklärungen von Kindern unter 7 Jahren generell nichtig und diejenigen von beschränkt geschäftsfähigen, d. h. von Personen zwischen 7-18 Jahren, schwebend unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Wirksamkeit oder Nichtigkeit abhängig ist von der Genehmigung oder Verweigerung der Eltern. Rechtssubjekte natürliche Personen (= alle Menschen) Rechtsfähigkeit (§ 1 BGB) Handlungsfähigkeit beinhaltet: — Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff.) — Deliktsfähigkeit (§§ 827, 828 BGB) — Realaktfähigkeit
juristische Personen (= Kunstschöpfungen der Rechtsordnung) des Privatrechts — Vereine — Stiftungen — GmbH — AG — Genossenschaft
des öffentlichen Rechts — Körperschaften (z.B. Gebietskörperschaften) , IHK, Handwerkskammer — Anstalten _ Stiftungen
Abb. II.l. Rechtssubjekte Den Menschen gleichgestellt sind Personenvereinigungen, die als juristische Personen bezeichnet werden. Diese lassen sich untergliedern in juristische Personen des Privatrechts (z. B. Verein und Kapitalgesellschaften) und juristische Personen des Öffentlichen Rechts (u.a. Gebietskörperschaften, z.B. Bund, Länder oder Gemeinden oder etwa auch Kammern und Innungen). Ebenfalls zu den juristischen Personen zählen Sacheinrichtungen, wie z. B. Stiftungen. Zu beachten ist, dass die Offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft nicht zu den juristischen Personen gezählt werden. In der Praxis werden sie aber diesen in der Mehrzahl aller Fälle gleichgestellt. So wird darüber hinaus auch die (Wechsel- und) Scheckfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bejaht (BGH, NJW 1997, 2754, 2755). Die Entwicklung geht sogar dahin, dass neben der OHG und der KG auch der GbR, soweit sie als „Außengesellschaft" am Rechtsverkehr teilnimmt, die Rechtsfähigkeit zugestanden wird (vgl. BGH, BB 2001, 374; BGH, NJW 2003, 1803, hierzu ausführlich Schmidt, K., NJW 2003, 1897). Ob man dann so weit geht, sie auch als juristische Person anzusehen, ist im Wesentlichen eine terminologische Frage. Im Vordergrund steht eine funktionelle Betrachtungswei-
1. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte
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se, die am jeweiligen Sachproblem (Grundbuchfähigkeit, Erbfähigkeit usw.) ansetzt und danach fragt, ob es sachgerecht ist, die jeweilige Personenvereinigung insoweit als rechtliche Einheit anzuerkennen. Die juristischen Personen werden teilweise auch als „Kunstschöpfungen der Rechtsordnung" bezeichnet, denn die Gleichstellung mit den Menschen hat vor allem rechtstechnische Bedeutung. Mit der Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit für Personenvereinigungen soll das organisierte und zweckgerichtete Handeln im Rechtsverkehr erleichtert werden. Juristische Personen können als solche nicht handeln, sondern benötigen „Organe", um handlungsfähig zu sein. Entsprechende Gesetze (etwa das Aktiengesetz oder das Genossenschaftsgesetz) bestimmen, welche Organe (z. B. ein Vorstand) für eine bestimmte Personenvereinigung vorhanden sein müssen und wie sie handeln können. b. Rechtsobjekte Von den Rechtssubjekten sind die Rechtsobjekte zu unterscheiden. Rechtsobjekte sind (nicht rechtsfähige) Gegenstände - Sachen und Rechte -, die von den Rechtssubjekten „beherrscht" werden (Brox, BGB AT, Rn. 776). Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände (§ 90 BGB). Ein Gegenstand ist dann „körperlich", wenn er sinnlich wahrnehmbar, räumlich abgegrenzt und tatsächlich beherrschbar ist. Im Rechtssinne sind auch Pflanzen Sachen, nicht dagegen elektrischer Strom oder Wärme. Auf den Aggregatzustand kommt es grundsätzlich nicht an. Flüssigkeiten oder Gase sind freilich nur dann Sachen, wenn sie konkret gefasst (z.B. in Behältern) oder doch anfassbar sind. Computersoftware ist eine Sache, wenn sie auf einem Datenträger gespeichert ist (Palandt-Heinrichs, § 90 BGB, Rn. 2 m. w. N.). Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetzte geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 90 a BGB). Rechtsobjekte (= Gegenstände)
Sachen, § 90 BGB Bewegliche Sachen
Unbewegliche Sachen
Rechte Absolute Rechte
Relative Rechte
Abb. II.2. Rechtsobjekte So kann beispielsweise ein Erblasser nicht wirksam sein Vermögen seinem Hund testamentarisch vermachen, der juristisch gesehen einer Sache gleichgestellt und damit nicht rechtsfähig ist. Dem Erblasser verbleibt allerdings die Möglichkeit, sein Vermögen einer „rechtsfähigen" Stiftung mit der Verpflichtung zu hinterlassen, sich um den Hund entsprechend zu kümmern.
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II. BGB - Allgemeiner Teil
Rechtsobjekte untergliedert man in körperliche und unkörperliche Gegenstände. Zu den körperlichen Gegenständen zählen die beweglichen und die unbeweglichen Sachen. Bewegliche Sachen (= Mobilien = Fährnis) sind alle Sachen, die weder Grundstück noch Grundstücksbestandteil sind, z.B. ein PKW oder ein PC. Die Unterscheidung wirkt sich bei Verpflichtungsgeschäften (vgl. z.B. § 311b BGB), bei Verfügungen (vgl. z. B. §§ 929 ff., §§ 873 ff. BGB) oder in der Zwangsvollstreckung (vgl. z. B. §§ 803 ff., §§ 864 ff. ZPO) aus. Um den Rechtsverkehr über Grund und Boden zu ermöglichen und überschaubar zu machen, ist eine Aufteilung in einzelne Grundstücke (= Immobilien = Liegenschaften) und ihre Registrierung im Grundbuch (vgl. § 3 GBO) erfolgt. Unter einer unbeweglichen Sache oder Grundstück ist ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch eingetragen ist, zu verstehen. Zum Grundstück gehören auch die sog. wesentlichen Bestandteile (z.B. darauf errichtete Gebäude, § 94 BGB). Bei beweglichen Sachen spielt im Gesetz weiterhin die Unterscheidung zwischen vertretbaren Sachen und unvertretbaren Sachen eine Rolle. Vertretbare Sachen sind bewegliche Sachen, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt werden (§91 BGB). Es gelten für sie - da sie wirtschaftlich untereinander austauschbar sind - einige Sonderreglungen (vgl. §§ 607, 651, 700, 706, 783 BGB); hierzu zählen u.a. Naturprodukte (Kartoffeln, Wein), Geld und Wertpapiere oder fabrikneue serienmäßig hergestellte Industrieprodukte, z.B. PKW. Nicht vertretbare Sachen sind demgegenüber nach bestimmten Bestellerwünschen angefertigte Produkte (vgl. insbesondere zu § 651 S. 3 BGB). Rechtsobjekte können aber auch absolute und relative Rechte als sog. „unkörperliche Gegenstände" sein. Während absolute Rechte dadurch gekennzeichnet sind, dass sie jedermann gegenüber wirken, z. B. Eigentum oder Urheberrecht, besteht bei relativen Rechten dagegen eine Wirksamkeit nur zwischen bestimmten Personen, z. B. bei einer Kaufpreisforderung. Bei Sachen wird der Berechtigte Eigentümer, bei Rechten Rechtsinhaber oder Gläubiger genannt.
2. Die Rechtsgeschäftslehre Aus dem Gedanken der Privatautonomie hat sich für den Bereich des Privatrechts die Rechtsgeschäftslehre entwickelt. Danach soll der einzelne seine Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach seinem Willen gestalten können. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind durch die drei Grundelemente der Rechtsgeschäftslehre vorgegeben: Die Willenserklärung, das Rechtsgeschäft und der Vertrag.
2. Die Rechtsgeschäftslehre
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a. Rechtsgeschäft Das BGB regelt die Rechtsverhältnisse von natürlichen und juristischen Personen. Die Gestaltung der Rechtsverhältnisse erfolgt i. d. R. durch Rechtsgeschäfte. Aber nicht jedes menschliche Verhalten führt zu rechtlichen Konsequenzen. Unter Rechtsgeschäften sind vielmehr nur bestimmte äußerliche Verhaltensweisen zu verstehen, in denen sich der Geschäftswille einer oder mehrerer Personen offenbart, d. h. dass sie eine bestimmte Rechtsfolge herbeiführen wollen (vgl. Köhler, BGB AT, § 5, Rn. 5). Hierzu zählen vor allem Verträge, z.B. Kauf- und Mietverträge, aber auch diejenigen Willenserklärungen, die einen Vertrag begründen, gestalten oder beenden können; so bewirkt die Annahme eines Kaufangebots den Abschluss eines Kaufvertrags, der Rücktritt die Beendigung des Vertrags oder die Aufrechnung das Erlöschen der Forderung. Es gibt allerdings auch Konstellationen, in denen Rechtsfolgen durch die Verletzung fremder Rechtsgüter, z.B. Leben, Gesundheit, Eigentum, herbeigeführt werden. Diese Handlungsform, durch die etwa mittels einer „unerlaubten Handlung" eine Rechtsfolge, nämlich die Verpflichtung zum Schadensersatz herbeigeführt wird, ist streng zu unterscheiden von der Herbeiführung von Rechtsfolgen durch Rechtsgeschäfte. Mitunter können Rechtsfolgen in einigen Fällen auch durch Realakte bewirkt werden. Hierbei knüpft das Gesetz Rechtsfolgen allein an die Verwirklichung eines bestimmten realen Vorgangs. Diese treten daher auch dann ein, wenn kein oder ein nur unzureichender Wille zu einer rechtlichen Bindung zu erkennen ist. Als Beispiele sind zu nennen der Fund (§§ 965 ff. BGB) einer verlorenen Sache, der Eigentumserwerb durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung einer Sache (§§ 946-950 BGB) oder die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung der Eltern gegenüber dem Kind. Da bisher noch nicht ganz geklärt wurde, was ein Rechtsgeschäft ist, muss demzufolge tiefer in die „Anatomie" des Rechtsgeschäfts eingedrungen werden. Grundelement des Rechtsgeschäfts - und auch des Vertrags - ist die Willenserklärung. Mit rechtserheblichen Willenserklärungen werden Rechtsfolgen herbeigeführt. Das Rechtsgeschäft besteht aus einer oder mehreren Willenserklärungen, die auf Herbeiführung einer Rechtsfolge ausgerichtet sind (Palandt-Heinrichs, Überbl. v. § 104 BGB, Rn. 2). Ob eine Willenserklärung bereits zur Begründung einer Rechtsfolge ausreicht oder ob zwei oder mehrere Willenserklärungen vorliegen müssen, hängt davon ab, um welche Art von Rechtsgeschäft es sich handelt. Es wird im Regelfall unterschieden zwischen:
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II. BGB - Allgemeiner Teil
Rechtsgeschäfte Streng einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Auslobung, Testament)
Einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Kündigung, Rücktritt, Aufrechnung)
Mehrseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Vertrag oder Vereinsgründung)
Die Rechtswirkung tritt bereits mit der Abgabe der Willenserklärung (WE) ein.
Zur Begründung einer Rechtswirkung bedarf es des Zugangs der WE beim Erklärungsempfänger.
Zur Begründung einer Rechtsfolge bedarf es zweier oder mehrerer übereinstimmender WE.
I
Abb. II.3. Rechtsgeschäfte Im Folgenden soll auf den Begriff der Willenserklärung näher eingegangen werden. b. Willenserklärung aa. Begriff und Bedeutung Der Begriff Willenserklärung wird zwar im Gesetz mehrfach verwendet, so u. a. in den §§ 104 ff., 116 ff. BGB, aber nicht definiert. Eine Willenserklärung wird in der Rechtswissenschaft einhellig als die Erklärung einer Person definiert, die den auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichteten Willen zum Ausdruck bringt (BGH, NJW 2001, 289, 290; Palandt-Heinrichs, Einf.v. § 116 BGB, Rn. 1). Die Willenserklärung setzt sich - wie sich bereits aus dem Wort ableiten lässt - aus zwei Elementen zusammen, ohne dass diese jedoch getrennt nebeneinander stehen; vielmehr bilden diese Elemente eine Willenseinheit. Auf der einen Seite steht die objektive Erklärung (äußerer Tatbestand) und auf der anderen Seite der subjektive Wille (innerer Tatbestand). bb. Bestandteile einer Willenserklärung Die einzelnen Bestandteile einer Willenserklärung lassen sich wie folgt aufgliedern: Willenserklärung
Erklärung — ausdrücklich (schriftlich oder mündlich) — konkludent
Abb. II.4. Willenserklärung
Wille — Handlungswille — Erklärungsbewußtsein — Geschäftswille
2. Die Rechtsgeschäftslehre
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Unverzichtbare Voraussetzung für das Vorliegen einer Willenserklärung ist zunächst die Erklärung. Was nicht nach außen erklärt wurde, ist für die Rechtsordnung grundsätzlich ohne Bedeutung. Dabei ist jedes äußerlich erkennbare Verhalten, sei es ausdrücklich (mündlich oder schriftlich - beispielsweise mittels Brief, Telefax, als „elektronische" Willenserklärung per Mausklick im Internet oder als E-Mail) oder konkludent, d. h. ein Verhalten, das nach der allgemeinen Lebenserfahrung (besser: „Verkehrsauffassung") auf einen dahinterstehenden rechtlich erheblichen Willen schließen lässt, als Erklärungstatbestand ausreichend. Beispiele: Inanspruchnahme einer entgeltlich abgebotenen Leistung, z. B. das Besteigen einer Straßenbahn lässt auf den Willen zum Vertragsabschluss schließen; der Auszug des Mieters aus den gemieteten Geschäftsräumen unter Rücksendung der Schlüssel lässt auf den Willen zur Kündigung schließen; bloßes Kopfnicken beim Zeitungskauf lässt auf den Willen zum Kauf schließen. Die meisten Willenserklärungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit keiner bestimmten Form. Nur in Ausnahmefällen müssen bestimmte Formvorschriften eingehalten werden, z. B. Schriftform, Textform oder notarielle Beurkundung (hierzu ausführlicher unter Abschn. II.2.e.). Die subjektive Seite einer Willenserklärung ist dagegen komplexer. Dieser Teil gliedert sich in einen Handlungswillen, ein Erklärungsbewusstsein und einen Geschäfts willen. Unbedingte Voraussetzung für das Vorliegen einer Willenserklärung ist, dass der Erklärende einen Handlungswillen hatte. Mit Handlungswillen ist nur der bewusste Willensakt gemeint. Liegt bereits kein gewolltes Handeln vor, z.B. bei Reflexbewegungen, Bewegungen im Schlaf oder in Hypnose, dann liegt auch keine Willenserklärung vor. Beispiel: A möchte seinem schlafenden Nachbarn N während einer Auktion einen Streich spielen und hebt dessen Arm während der Gebotsphase hoch. Hier liegt mangels Handlungsbewusstsein des N keine Willenserklärung vor. Einer Anfechtung (wegen Irrtums) durch N (mit der Folge der Schadensersatzverpflichtung nach § 122 BGB) bedarf es daher nicht. In der Jurisprudenz umstritten ist die Frage, ob ein Erklärungsbewusstsein für das Vorliegen einer Willenserklärung gegeben sein muss. Hierbei geht es um das Bewusstsein des Handelnden, dass seine Handlung irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt. Das Erklärungsbewusstsein fehlt, wenn der Erklärende zwar bewusst handelt, aber nicht weiss, dass sein Handeln nach außen rechtsgeschäftliche Bedeutung hat, z. B. Unterzeichnung eines Schecks in der Annahme, es sei eine Besuchsbestätigung für einen Vertreter. Den Schulfall hierfür bildet (noch immer) die Trierer Weinversteigerung, auf der das Handheben ein Mehrgebot bedeutet.
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II. BGB - Allgemeiner Teil
Jemand, der diese Bedeutung nicht kannte, betrat (nichtsahnend) eine Kellerwirtschaft in Trier, in der gerade die besagte Weinversteigerung stattfand, hob die Hand zur Begrüßung eines Freundes und erhielt den Zuschlag, weil der Versteigerer dieses als Gebotsabgabe auffasste. Die Lösung war umstritten (vgl. Medicus, BGB AT, Rn. 130 m. w. N.). Nach einem Teil der Lehre liegt ohne Erklärungsbewusstsein gar keine Willenserklärung vor, weil es einen Verstoß gegen die Privatautonomie darstelle, wenn jemand an eine rechtliche Erklärung gebunden sei, die er nicht bewusst abgeben wollte (vgl. Nachweise bei BGHZ 91, 324, 327). Die heute h. M. stellt dagegen auch auf die Interessen des Erklärungsempfängers ab und lässt den Vertrauensschutz darüber entscheiden, ob ein bestimmtes Verhalten als Willenserklärung gewertet wird. So liegt bei fehlendem Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung auch dann vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass seine Erklärung als Willenserklärung aufgefasst wird (BGHZ 91, 324). So lautet auch der Kernsatz dieser grundlegenden BGH-Entscheidung: „Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat." (ausführlicher Medicus, BGB AT, Rn. 608 a; Larenz/Wolf, BGB AT, § 24, Rnn. 6 ff.). Der Handelnde muss also unverzüglich anfechten und dem anderen Teil dessen Vertrauensschaden ersetzen (vgl. §§ 119 ff. BGB). Unter einem Geschäftswillen ist der Wille zu verstehen, eine konkrete inhaltliche Rechtsfolge herbeizuführen, also das „bestimmte" Rechtsgeschäft vorzunehmen. Wer beispielsweise das Angebot zum Kauf einer bestimmten Sache macht, hat einen auf den Abschluss eines Kaufvertrags ausgerichteten Geschäftswillen. Der Geschäftswille ist nicht notwendiger Bestandteil einer Willenserklärung. Bei dessen Fehlen, z. B. wenn ein Scheckaussteller versehentlich einen höheren Betrag einsetzt, kommt eine Anfechtung wegen Irrtums gem. §§119 ff. BGB in Betracht. Die Willenserklärung ist abzugrenzen von einer rechtlich unverbindlichen sog. Gefälligkeitszusage, wie sie im täglichen Leben häufiger vorkommt. Diesbezüglich hat eine Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 153, 157 BGB) zu erfolgen und muss die gesamten Umstände, insbesondere die zugrundeliegende wirtschaftliche und soziale Situation, berücksichtigen (vgl. BGH, NJW 1985, 313). Ein Rechtsbindungswille ist anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass für den Empfänger der Zusage wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Zusage verlässt oder wenn der Zusagende an der Angelegenheit ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat. Ist dies nicht der Fall, kann ein Rechtsbindungswille nur unter besonderen Umständen angenommen werden (vgl. BGH, NJW 1992, 498).
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Ein Rechtsbindungswille fehlt i. d. R. bei Zusagen im rein gesellschaftlichen Bereich (Einladung zu einem Essen) oder ähnlichen Vorgängen. Diese Gefälligkeiten bewirken keine rechtlichen Verpflichtungen - allenfalls moralische - und können ohne Verpflichtung zu einer Schadensersatzleistung widerrufen werden. Auch bei anderen Gefälligkeiten des täglichen Lebens wird ein Wille zu einer rechtlichen Bindung i. d. R. nicht vorliegen. Keine Willenserklärungen sind im Übrigen Schaufensterauslagen, Zeitungsinserate, Werbeanzeigen, Speisekarten in einem Restaurant oder Angebote auf Websites im Internet (hierzu Taupitz/Kritter, JuS 1999, 840); anders ist es dagegen bei Warenautomaten. Bei diesen Verlautbarungen an die Allgemeinheit fehlt erkennbar ein Geschäftswille. In diesen Fällen kann man davon ausgehen, dass der „Erklärende" noch kein wirksames Angebot auf Abschluss eines Vertrags abgeben möchte. Der Unterschied besteht darin, dass in diesem Fall der Kunde das Angebot macht und dem Geschäftsinhaber freigestellt ist, dieses anzunehmen. Der Geschäftsinhaber will sich dadurch auch noch nicht rechtlich binden, da er nicht weiss, ob und in welchem Umfang Nachfrage nach seinen Leistungen besteht und ob seine Leistungsfähigkeit ausreicht. Wären es hingegen Angebote, so könnte eine unbegrenzte Anzahl von Personen durch Annahme bereits einen Vertragsschluss herbeiführen. Alle Verträge wären somit gültig. Der Anbieter (oder Geschäftsinhaber) wäre nun verpflichtet, alle Verträge zu erfüllen. Könnte er nur einen Vertrag erfüllen, wäre er den übrigen „Vertragspartnern" gegenüber wegen Nichterfüllung dieser Verträge schadenersatzpflichtig. Auch könnte jemand ein „Angebot" annehmen, den der Anbieter vielleicht nicht als Vertragspartner haben will, z. B. wenn dieser als potenziell zahlungsunfähig gilt. Diese Problem bleibt einem Anbieter nur erspart, wenn es sich lediglich um Aufforderungen zur Abgabe eines Angebots bzw. um eine „invitatio ad offerendum" handelt (vgl. Brox, BGB AT, Rn. 170; Palandt-Heinrichs, § 145 BGB, Rn. 2m.w.N.). cc. Schweigen als Willenserklärung Grundsätzlich wird im bürgerlichen Recht ein Schweigen nicht als Willenserklärung angesehen. Ein bloßes Schweigen wird ausnahmsweise dann als Willenserklärung angesehen, wenn die Parteien es vorher vereinbart haben oder das Gesetz an das Schweigen besondere Rechtsfolgen knüpft (Köhler, BGB AT, § 6, Rnn. 5 ff.). Ausnahmetatbestände im bürgerlichen Recht sind z. B. das Schweigen auf ein Schenkungsangebot gem. § 516 Abs. 2 S. 2 BGB und das Schweigen nach Empfang einer zur Probe gekauften Sache (§ 455 S. 2 BGB) Schweigen wird hier als Zustimmung angesehen. Als Ablehnung wird das Schweigen in den §§ 108 Abs. 2 S. 2, 177 Abs. 2 S. 2 BGB gewertet. Schweigen gilt u. a. auch dann als Willenserklärung, wenn der Schweigende nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB zu einer Erklärung verpflichtet war (Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 116 BGB, Rnn. 9 ff.). Ein in der Praxis häufiger Fall ist das Zusenden unbestellter Waren.
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II. BGB - Allgemeiner Teil Beispiel: Eine Versandfirma bietet im Wege des Postversands einen bestimmten Artikel „besonders günstig" an und vermerkt am Ende des Anschreibens u. a. „Sollten wir innerhalb von 10 Tagen nichts Gegenteiliges von Ihnen hören, gehen wir davon aus, dass sie unser günstiges Angebot angenommen haben.". Muss der Empfänger die erhaltene Ware, die weder bestellt noch dementiert wurde, bezahlen? Eine Zahlungspflicht würde nur dann gegeben sein, wenn ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden wäre. Dann müsste der Empfänger das Angebot der Versandfirma angenommen haben. Da das Schweigen grundsätzlich keine rechtliche Bedeutung hat und kein Ausnahmetatbestand vorliegt, ist somit mangels Annahmeerklärung kein Kaufvertrag zustandegekommen. Das Ansinnen der Versandfirma, dass das Schweigen des Empfängers als Zustimmung gewertet wird, ist unbeachtlich, denn dem anderen Teil kann dadurch keine in Wirklichkeit nicht abgegebene Willenserklärung aufgezwungen werden. Die „Lieferung unbestellter Sachen" ist nun in § 241 a BGB gesetzlich geregelt.
Auch im Handelsverkehr, d. h. bei den Rechtsgeschäften mit oder unter Kaufleuten, gilt Schweigen grundsätzlich nicht als Zustimmung, obwohl es hier mehr Ausnahmen gibt als im sonstigen Geschäftsverkehr, da der Handelsverkehr auf eine schnelle Verständigung und zügige Abwicklung von Rechtsgeschäften angewiesen ist. Zu nennen ist hier u. a. das Schweigen auf ein Geschäftsbesorgungsangebot (§ 362 HGB). Von großer praktischer Bedeutung sind auch die Grundsätze zum
kaufmännischen Bestätigungsschreiben (§ 346 HGB). Wird ein Vertrag mündlich oder telefonisch abgeschlossen, entsteht mangels sicherer Grundlage mitunter Streit darüber, ob und mit welchem Inhalt ein Vertrag zustande gekommen ist. Um diese Unsicherheit zu beseitigen, ist es im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen üblich, durch eine schriftliche Bestätigung das Zustandekommen und den Inhalt des Vertrags zu dokumentieren; der Empfänger muss bei einer abweichenden Bestätigung unverzüglich widersprechen, anderenfalls wird die Bestätigung als Zustimmung angesehen. Die Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben, die sich aus einem entsprechenden Handelsbrauch (§ 346 HGB) entwickelt haben, gelten heute als Gewohnheitsrecht (BGH, NJW 1994, 1288). Aus dogmatischer Sicht wird heute die rechtliche Bedeutung des „Schweigens" mit den Grundsätzen zur Rechtsscheinhaftung begründet. Der schweigende Empfänger setzt durch sein Schweigen den Rechtsschein der Zustimmung. Die Rspr. hat - unter Zugrundelegung dieser dogmatischen Begründung - bestimmte Voraussetzungen entwickelt, bei deren Vorliegen von einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben ausgegangen werden kann (BGH, NJW 1974,991; vgl. auch Schmidt, K., Handelsrecht, § 19 II, 3,4 u. 5). Die Anwendbarkeit der Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben setzt zunächst voraus, dass es sich um Kaufleute bzw. um vergleichbar am Geschäftsverkehr teilnehmende Personen handelt. Weiterhin muss es sich um ein echtes Bestätigungsschreiben handeln. Dieses liegt vor, wenn mündliche bzw. fernmündliche Vertragsverhandlungen stattgefunden haben und der wesentliche Vertragsinhalt enthalten ist; dies ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall. In der Praxis stellt sich das Problem der Abgrenzung zur (bloßen) Auftragsbestätigung,
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die in rechtlicher Hinsicht den Vertrag erst zustande bringt, also eine Annahme eines Angebots darstellt (BGH, NJW 1974, 991; BGH, JZ 1977, 603). Der Absender muss redlich gewesen sein. Eine Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Branchenüblichkeit ist zulässig sowie eine Ergänzung in unwesentlichen Nebenpunkten. Die Absendung des Schreibens muss unmittelbar nach den Verhandlungen erfolgt sein. Da keine besondere Form vorgeschrieben ist, kann dies auch per Fax oder E-Mail erfolgen (OLG Hamm, NJW 1994, 3172). Erforderlich ist, dass die Absendung alsbald erfolgt und dem Empfänger zugegangen ist. Letztlich darf das Schreiben keine wesentliche Abweichung enthalten und kein unmittelbarer Widerspruch des Empfängers vorliegen. Die Rechtsfolge besteht darin, dass dem Schweigen konstitutive Bedeutung zukommt und der Vertrag im Interesse der Rechtssicherheit als so abgeschlossen gilt, wie er im Bestätigungsschreiben formuliert ist (hierzu v. Dücker, BB 1996, 3 ff.). In der Praxis bestehen die Problem vor allem im „tatsächlichen" Bereich, d. h. bei der Frage, ob (überhaupt) ein kaufmännisches Bestätigungsschreibens vorliegt. Der „Clou" des kaufmännischen Bestätigungsschreibens besteht also darin, dass die mündlichen Absprachen grundsätzlich verdrängt werden können. Werden rechtsgeschäftliche Erklärungen von automatisierten Datenverarbeitungsanlagen hergestellt, handelt es sich um echte Willenserklärungen. Der Grund besteht darin, dass dahinter der Wille des Betreibers der Anlage steht, da die Anlage selbst keine autonomen Entscheidungen trifft. dd. Wirksamwerden einer Willenserklärung Vom Inhalt einer Willenserklärung losgelöst, stellt sich nun die Frage, ab wann eine Willenserklärung wirksam wird, d. h. ab welchem Zeitpunkt sie ihre intendierte Wirkung entfaltet. Es wird dabei zwischen empfangsbedürftigen und nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen unterschieden, denn es gibt Fälle, in denen eine Willenserklärung zwar existent, aber noch nicht wirksam ist. Es lässt sich zunächst feststellen, dass lediglich eine Konstellation, nämlich der Zugang von empfangsbedürftigen Willenserklärungen unter Abwesenden (§ 130 BGB) gesetzlich geregelt ist. Die übrigen Erscheinungsformen sind in rechtlicher Hinsicht von der Rspr. entwickelt worden und gehören zum Basiswissen (zu den §§ 130-132, Coester-Waltjen, Jura 1992, 272).
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Wirksamwerden einer Willenserklärung "
nicht empfangsbedürftig
~
-
•
—
.
empfangsbedürftig unter Anwesenden
verkörperte WE
mit Abgabe
mit Zugang (i.d.R. Aushändigung)
unter Abwesenden
nicht verkörperte WE
mit Vernehmung
mit Zugang, § 130 BGB
Abb. II.5. Wirksamwerden einer Willenserklärung
Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen sind Willenserklärungen, die nicht an eine andere Personen gerichtet sind. Hier genügt regelmäßig die Abgabe einer solchen Erklärung. Eine entsprechende Abgabe liegt vor, wenn der Erklärende sie vollendet bzw. fertigstellt. Es darf jedoch kein Zweifel an der Endgültigkeit der Erklärung bestehen (Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 4). Schulbeispiele für nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen sind das Testament (§ 1937 BGB) und die Auslobung (§ 657 BGB). Mit der formgerechten Errichtung des Testaments und der Auslobung sind diese Willenserklärungen wirksam abgegeben. Bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist dies anders. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist eine Erklärung, die an eine andere Person gerichtet ist, z.B. eine Kündigung oder ein Vertragsangebot. Hier reicht hingegen die Abgabe der Erklärung alleine nicht aus. Das liegt daran, dass der Erklärende selbst entscheiden können muss, ob und wann er die Erklärung dem Empfänger zukommen lassen will. Deshalb kommt hier eine Zugangskomponente hinzu, d. h. der Erklärende muss seinen Willen in Richtung auf den Empfänger geäußert haben. Handelt es sich also um eine empfangsbedürftige Erklärung, so ist erforderlich, dass diese mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt ist und er damit rechnen konnte bzw. gerechnet hat, sie werde den Empfänger erreichen (BGH, NJW 1979, 2032, 2033; Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 4). Umstritten ist, ob eine Willenserklärung auch dann als abgegeben gilt, wenn sie versehentlich, also ohne Wissen und Wollen des Erklärenden in den Verkehr gebracht worden ist. Wird z. B. das von einem Unternehmer vorsorglich vorbereitete Vertragsangebot von einem Mitarbeiter des Sekretariats versehentlich abgeschickt, stellt sich die Frage, ob ein Vertrag mit dem Empfänger des Schreibens zustande gekommen ist und ob der Unternehmer für eventuelle Schadensansprüche haftet. Ist der Empfänger gutgläubig, soll dieser Fall einem Fehlen des Erklärungsbewusstseins gleichgestellt werden (Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 4; Medicus, BGB AT, Rn. 266). Danach ist die Erklärung wirksam, wenn der Erklärende hätte erkennen und verhindern können, dass die Erklärung in den Verkehr gelangt ist. Der
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Erklärende soll aber nach § 119 Abs. 1 BGB analog anfechten können, jedoch nach § 122 BGB ersatzpflichtig sein. Nach anderer Auffassung (Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 12) widerspricht dies der in § 172 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach sich der Aussteller einer Urkunde deren Inhalt nur dann zurechnen lassen muss, wenn er sie einem anderen ausgehändigt hat. Ist die Erklärung ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt (und kann dies bewiesen werden), so sei ihm dieses - auch unter Rechtsscheingesichtspunkten - nicht zuzurechnen. Einer Anfechtung bedürfe es nicht, jedoch hafte der Erklärende nach §§311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Vertrauensschadens, wenn er die Absendung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Ein Vertrag kommt nicht zustande, weil die Erklärung ohne den Willen des U in den Verkehr gelangt ist. Es bedarf daher keiner Anfechtung und auch keiner analogen Anwendung. Hat der U das „Abhandenkommen" der Erklärung zu vertreten, dann haftet er aus cic (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB). Die praktischen Auswirkungen dürften jedoch gering sein, da in beiden Fällen bei Verschulden auf das Vertrauensinteresse gehaftet wird (Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 4). Im Einzelnen ist zu unterscheiden zwischen Erklärungen unter Abwesenden und unter Anwesenden. Damit eine empfangsbedürftige Willenserklärung unter Abwesenden Rechtsfolgen auslösen soll, bedarf sie - wie bereits erwähnt - des Zugangs an den Erklärungsempfänger (§ 130 Abs. 1 BGB). Mit „Abwesenheit" ist das Fehlen eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Erklärenden und dem Empfänger gemeint. Es besteht dann ein zeitlicher Abstand zwischen der Abgabe der Erklärung - der Absendung des Briefes oder des Telefaxes - und der Kenntnisnahme durch den Empfänger und wirft somit die Frage auf, in welchem Zeitpunkt eine Erklärung wirksam wird (LarenzAVolf, BGB AT, § 26, Rnn. 12 ff.). Der Begriff des Zugangs wird im Gesetz nicht definiert. Nach h.M. ist eine Erklärung aber zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser Kenntnis nehmen kann und nach der Verkehrsanschauung unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist (BGH, NJW 1998,976 (977) st. Rspr.). Ob eine Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht, ist unter Zugrundelegung „gewöhnlicher Verhältnisse" zu beurteilen. Auf Hindernisse im Bereich des Empfängers kann dieser sich nicht berufen, da er diesen durch geeignete Vorkehrungen begegnen kann und muss. Ist der Empfänger wegen Urlaub, Krankheit, Haft oder sonstiger Ortsabwesenheit nicht in der Lage, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen, so steht das einem Zugang nicht entgegen. Wusste der Erklärende z.B. von der Ortsabwesenheit und kannte er die aktuelle Anschrift, kann er sich auf den Zugang nur dann berufen, wenn er die Erklärung an den Aufenthaltsort des Empfängers gesandt hat (Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 5).
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Zum Bereich des Empfängers zählen vor allem die Wohnung oder die Geschäftsräume, aber auch die von ihm zur Entgegennahme von Erklärungen bereitgehaltenen Einrichtungen, wie z.B. Briefkasten, Postfach, Anrufbeantworter oder Telefax. Vollendet ist der Zugang erst, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist (Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 5). Beispiele: 1. Wirft ein Absender einen Brief nachts persönlich ein, tritt der Zugang erst am nächsten Morgen ein, weil erst dann mit einer Leerung verkehrsüblicherweise zu rechnen ist (BGH, VersR 94, 586, Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 6). Bei Privatbriefkästen ist ein Zugang noch am gleichen Tag zu bejahen, wenn die Erklärung am Tag eingeworfen wird, also auch Freitag nachmittag und Samstags, grundsätzlich nicht aber nach 18.00 Uhr und nicht an Sonn- und Feiertagen. Anderes gilt für Geschäftsbriefkästen. Hier ist kein Zugang gegeben, wenn die Erklärung nach dem üblichen Geschäftsschluss (Freitag u. U. bereits ab 14.00 Uhr) oder am Samstag eingeht. So geht ein am Freitag gegen 16.00 Uhr eingeworfener Brief erst am folgenden Montag zu. 2. Bei Einlage in ein Postfach tritt Zugang dann ein, wenn üblicherweise mit der nächsten Leerung zu rechnen ist (grundsätzlich während des gesamten Arbeitstages) (vgl. hierzu ausführlich Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 6). 3. Hat der Empfänger einen Nachsendeantrag gestellt, so bewirkt die Aushändigung am Aufenthaltsort den Zugang; soll die Nachsendung postlagernd erfolgen, geht sie bereits mit der Einordnung in das Postfach zu. 4. Kann der Einschreibebrief wegen Abwesenheit des Empfängers nicht zugestellt werden, ist er auch dann nicht zugegangen, wenn der Postbote einen Benachrichtigungszettel hinerlässt. Einwurf-Einschreiben, die dem Absender den Nachweis des Zugangs ermöglichen sollen, gehen wie normale Briefe zu (vgl. Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 7m.w.N.). Die gleichen Grundsätze gelten auch beim Einsatz moderner Kommunikationssysteme, z. B. Telefax, Anrufbeantworter oder E-Mail. Beim Telefax kommt es (ebenfalls) darauf an, wann mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Bei Privatanschlüssen ist ein Zugang am Tage des Ausdrucks erfolgt, bei geschäftlichen Erklärungen während der Geschäftsstunden mit Eingang, sonst mit dem nächsten Geschäftsstundenbeginn; entsprechendes gilt für den Zugang von Erklärungen auf Anrufbeantwortern oder per E-Mail (vgl. hierzu ausführlich, Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rnn. 6 ff.; Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 18 zu weiteren Einzelfragen). Wer auf seinem Briefkopf seine Faxnummer oder eine E-Mail Adresse verwendet, gibt zu erkennen, dass ihm auch auf diesem Wege Nachrichten übermittelt werden können. Der Empfänger kann sich daher nicht darauf berufen, dass er mit dem Fax oder PC nicht umgehen kann (vgl. OLG Köln, NJW 1990, 1608). Willenserklärungen an einen Empfänger, der im Rechtsverkehr unter seiner E-Mail Adresse auftritt, gelangen in den Machtbereich mit dem Eingang im „Empfangsbriefkasten" („mailbox") des Providers und gehen zu, sobald nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit dem Abruf gerechnet werden kann, beim Eingang zur Unzeit aber erst am folgenden Tag (Hoffmann, NJW 2001, Beil. zu Heft 14, S. 7 m. w. N.; instruktiv Taupitz/Kritter, JuS 1999, 841).
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Handelt es sich um Angebote im Internet, ist diesbezüglich zu differenzieren, ob es um eine unverbindliche Aufforderung zur Abgabe eines Angebots handelt oder um ein echtes Angebot (ad incertas personas). Handelt es sich um unverbindliche Aufforderungen zur Abgabe eines Angebots (Regelfall), enthält die Bestellung „per Mausklick" das Angebot des Kunden. Dieses geht dem Internet-Anbieter dann zu, wenn er die Bestellung unter gewöhnlichen Umständen abrufen kann, d. h. regelmäßig zu den üblichen Geschäftszeiten. Liegt dagegen ein verbindliches Angebot vor, wie z.B. bei Internet-Auktionen (vgl. BGH, NJW 2002, 363), so tritt ein Zugang dieses Angebots mit Aufruf dieser Seite durch einen Nutzer ein (vgl. Köhler, BGB AT, § 6, Rn. 18 m. w. N.). Für den Beweis des Zugangs gilt der Grundsatz, dass der Erklärende den Zugang und ggf. den Zeitpunkt zu beweisen hat (BGHZ 70, 234; 101, 55). Der Nachweis der Abgabe reicht dazu nicht aus. Der Erklärende muss also, wenn er „sicher gehen will", eine Form der Übermittlung wählen, die er auch beweisen kann. Beispiele: Einwurfeines Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten des Mieters unter Zeugen; Übersendung eines „Einschreibens mit Rückschein" (Einschreiben allein genügt nicht, da der Einlieferungsbeleg nur die Absendung beweist; allerdings ist auch der Beweiswert eines Einschreibens mit Rückschein dann zweifelhaft, wenn Streit über die Frage entsteht, welches Schriftstück ausgehändigt worden ist); bei Übermittlung per Telefax beweist das Absendeprotokoll (,,O.K."-Bestätigung) nicht den Zugang (BGH, JZ 1995, 628 mit Anm. Fritzsche), auch nicht prima facie.
Wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber Anwesenden abgegeben, so ist die Zugangskomponente nochmals zu unterscheiden, je nachdem, ob es sich um eine körperliche oder nicht körperliche Erklärung handelt. Hinsichtlich einer verkörperten Erklärung ist die Sache einfach. Händigt der Erklärende dem Empfänger die körperliche Willenserklärung aus, so ist diese nach § 130 BGB analog zugegangen. Schwierigkeiten können beim Zugang von nicht körperlichen Erklärungen vorkommen. Mündliche bzw. telefonische (vgl. § 147 Abs. 1 S. 2 BGB) Erklärungen werden wirksam, wenn sie akustisch richtig verstanden werden (sog. Vernehmungstheorie, vgl. Palandt-Heinrichs, § 130 BGB, Rn. 14 m.w. N.). Das gesprochene Wort kann aber mitunter auch falsch verstanden werden. Hat der Empfänger die Erklärung nicht richtig vernommen, z. B. wegen Sprachunkenntnis oder Schwerhörigkeit, dann ist die Erklärung nicht wirksam geworden. Dies kann unter Umständen für den Erklärenden eine gewisse Härte bedeuten, die ihm aber zumutbar ist, da er die Möglichkeit hat, sich durch eine Rückfrage über die Vernehmung zu vergewissern. Andererseits dürfen dem Erklärenden nicht alle Vernehmungsrisiken aufgebürdet werden. Die Erklärung ist wirksam, wenn keine Zweifel mehr bestehen, dass die Erklärung zutreffend vernommen wurde. Die Wirksamkeit einer bereits (einem Abwesenden gegenüber) abgegebenen Willenserklärung kann verhindert werden, wenn diesem vorher oder wenigstens gleichzeitig ein Widerruf zugeht (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB). Nach § 130 Abs. 2
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BGB ist es im Übrigen ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe der Willenserklärung stirbt oder geschäftsunfähig wird. Ebenso wie für das Angebot ist es auch für die Annahmeerklärung grundsätzlich ohne Bedeutung, ob der Anbietende zwischenzeitlich verstorben oder geschäftsunfähig wurde (vgl. § 153 BGB). Nach § 153 BGB kommt aber ein Vertrag dann nicht zustande, wenn „ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist". Entscheidend hierfür ist der hypothetische Wille des Anbietenden (Palandt-Heinrichs, § 153 BGB, Rn. 2). Gelegentlich kommt es vor, dass die Erklärung nicht an den Empfänger, sondern an eine auf der Empfängerseite eingeschaltete Mittelsperson gerichtet wird. In diesem Fall ist zu unterscheiden, ob es sich dabei um einen Vertreter oder um einen Boten handelt. Im Falle der Stellvertretung gem. §§ 164 ff. BGB gilt das „Repräsentationsprinzip", d.h. es treten die gleichen Wirkungen ein, als ob der Empfänger selbst die Erklärung entgegengenommen hätte. Der Vertreter auf Empfangsseite unterscheidet sich von einem Empfangsboten durch eine gewisse Selbstständigkeit. Der Empfangsbote ist derjenige, der nach der Verkehrsanschauung zur Entgegennahme von Erklärungen ermächtigt ist, z. B. ein Familienangehöriger oder ein kaufmännischer Angestellter einer Firma, sofern dieser nicht bereits Vertreter ist. Erfolgt die Abgabe der Erklärung also einer anderen Person gegenüber, die nicht „Vertreter" ist, aber zur Sphäre des Empfängers gehört, z. B. ein Familienangehöriger, dann kommt es darauf an, ob der Erklärende darauf vertrauen darf, dass diese Person zur Weiterleitung von Erklärungen geeignet und befugt ist. Darf er darauf vertrauen, (was bei erwachsenen Familienangehörigen und sonstigen Angestellten i. d. R. der Fall sein dürfte), dann ist die Erklärung in dem Zeitpunkt zugegangen, zu dem regelmäßig die Weitergabe an den Empfänger zu erwarten ist (Brox, BGB AT, Rnn. 155 ff.). Das Risiko der Weiterleitung trifft also den Empfänger. Durfte der Erklärende nicht darauf vertrauen, dass die Person geeignet und befugt war, z. B. bei Kindern, dann ist die Erklärung mit Entgegennahme durch diese Person dem Empfänger noch nicht zugegangen. Das Risiko der Übermittlung trägt dann der Erklärende; es handelt sich hier um einen Erklärungsboten. Diese Aufteilung und die unterschiedlichen Rechtsfolgen mögen kompliziert erscheinen; man sollte jedoch - um sich das Verständnis zu erleichtern - stets den zu Anfang erwähnten Grundsatz im Auge behalten, dass die Erklärung wirksam wird, wenn man nach der Verkehrsanschauung mit der Kenntnisnahme rechnen darf. Für die Einschaltung einer „Mittelsperson" bedeutet dies, ob im Einzelfall mit einer zuverlässigen Weiterleitung der Erklärung zu rechnen ist oder nicht; ist das nicht der Fall, muss der Übermittler als Erklärungsbote angesehen werden. Ebenfalls gesetzlich nicht geregelt sind die Fälle, in denen die Willenserklärung wegen eines Verhaltens des Empfängers diesem nicht oder nur verspätet zugeht. Auch hier kann eine Lösung nur unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gefunden werden. Welche Rechtsfolgen Zugangshindernisse auslösen, bestimmt sich danach, ob eine Annahmeverweigerung des Empfängers bzw. seines Vertreters vorliegt oder
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der Zugang anderweitig verhindert wird. Beruht das Zugangshindernis auf einer Annahmeverweigerung, so ist zu differenzieren. Je nachdem, welche Gründe dazu führen, unterscheidet man zwischen berechtigter und unberechtigter Annahmeverweigerung. Die berechtigte Annahmeverweigerung geht zu Lasten des Absenders. Jeden einzelnen Fall der berechtigten Verweigerung aufzuzählen, würde hier zu weit führen. Beispielhaft erwähnt sei hier nur die fehlende oder unzureichende Frankierung oder die fehlende Anschrift. Eine unberechtigte Verweigerung geht dagegen zu Lasten des Erklärungsempfängers. Hier geht die Erklärung im Zeitpunkt der Aushändigung zu (Zugangsfiktion), z. B. wenn der Empfänger oder Vertreter den angebotenen Brief zurückweist. In den Fällen der sonstigen Zugangsverhinderung kann nach § 242 BGB eine Erklärung dann als rechtzeitig zugegangen gelten, wenn der Empfänger eine Obliegenheitsverletzung begangen hat und der Erklärende alles Erforderliche und Zumutbare für einen ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Zugang getan hat. Grundsätzlich besteht (für einen Empfänger) keine Verpflichtung, für den Zugang von Erklärungen Sorge zu tragen. Der Erklärende ist ggf. auf die Zustellung nach § 132 BGB (Ersatzzustellung) angewiesen. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings einige Ausnahmen, in denen eine Obliegenheit besteht, für einen Zugang zu sorgen: - bei angebahnten Geschäftsbeziehungen (BGH, NJW 1998, 976,977), - nach vorheriger Ankündigung, z. B. der Vermieter stellt dem Mieter eine Kündigung in Aussicht; der Mieter muss in diesem Fall die Urlaubsadresse hinterlassen (vgl. OLG Hamburg, MDR 1978,489), - bei Kaufleuten (§§ 1 ff. HGB), - bei Geschäfts- oder Betriebsverlegungen. Der Erklärende muss darüber hinaus alles Erforderliche und Zumutbare für einen ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Zugang getan haben, z.B. durch ausreichende Frankierung und eine eindeutige Anschrift. Wird für den Erklärenden erkennbar, dass die Willenserklärung den Empfänger nicht erreicht hat, dann muss er sich, soweit möglich und zumutbar, nach dem Grund erkundigen und seine Erklärung wiederholen. So muss der Erklärende, der ein Einschreiben mit Rückschein versandte, Nachforschungen über den Grund des Fehlschlagens der Zustellung anstellen, wenn aus dem Rückschein zu ersehen ist, dass diese missglückte und ggf. einen neuen Versuch starten (vgl. BGH, NJW 1983, 929 (931)). Einen verspäteten Zugang muss der Erklärungsempfänger dann nach Treu und Glauben nach § 242 BGB als rechtzeitig gegen sich gelten lassen (Medicus, BR, Rn. 50; BGH, NJW 1996,1967 (1968)). In der Praxis ist insbesondere die Zugangsverzögerung von Bedeutung, wenn es auf die Rechtzeitigkeit der Willenserklärung ankommt, z. B. einer fristgemäßen Kündigung. Die Kündigung erreicht z. B. den Empfänger verspätet, weil dieser
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verzogen ist oder sich im Urlaub befindet. Wird das Wirksamwerden der Erklärung durch Umstände verspätet, die in der Sphäre des Empfängers liegen, z.B. der bereits erwähnten Abwesenheit wegen Urlaubs, so darf sich der Empfänger auf die Verspätung nicht berufen. Dies würde andernfalls zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch stehen und gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen. Hat die Erklärung den Empfänger nicht erreicht, muss der Erklärende allerdings, soweit zumutbar, nochmals die Übermittlung versuchen (BGH, NJW 1983, 929, 931). Im Falle der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber gilt grundsätzlich, dass eine an die häusliche Adresse gerichtete Kündigung auch dann zugeht, wenn sich der Arbeitnehmer im Urlaub oder im Krankenhaus befindet. Nach der Rspr. des BAG gilt der „objektive Zugangsbegriff" (BAG, NJW 1989, 606 ff.). Eine andere Frage ist allerdings, ob ihm die nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage (§ 5 KSchG) bewilligt werden muss, wenn er von der Kündigung keine Kenntnis genommen hat und aus diesem Grund die 3-wöchige Klagefrist des § 4 KSchG versäumt hat. ee. Auslegung einer Willenserklärung Abgesehen von der Zugangsproblematik gibt es noch andere Schwierigkeiten, die hinsichtlich des Wirksamwerdens einer Willenserklärung auftauchen können. Mitunter ist die Sprache der Anlass dafür. Die Sprache ist nicht immer ein zuverlässiges Ausdrucksmittel für die vielseitigen Interessen. Selbst ein scheinbar eindeutiger Ausdruck kann je nach Situation, auf die er bezogen ist, einen anderen Sinn haben. Nicht selten sind Äußerungen auch wegen sprachlicher Ungewandtheit oder Nachlässigkeit von vornherein unklar formuliert. Beispiel: G ist auf Geschäftsreise und geht in ein typisches Lokal in der Düsseldorfer Altstadt. Er bestellt die Spezialität des Hauses, die als „Hämmchen" bezeichnet wird. Er glaubt, es handele sich hierbei um sein Lieblingsgericht Hammelbraten; tatsächlich handelt es sich um Schweinshaxe. Ist ein Vertrag über Hammelbraten oder Schweinshaxe zustandegekommen? In diesem Fall stellt sich die Frage, ob ein Vertrag über Hammelbraten oder Schweinshaxe zustande gekommen ist. Dies ist erst dann der Fall, wenn G eine entsprechende Willenserklärung abgegeben hat. Willenserklärungen bedürfen deshalb einer Auslegung, d. h. einer „Sinnermittlung". Die Auslegung von (Willens-)Erklärungen ist im gesamten Privatrecht und sogar im öffentlichen Recht von großer Bedeutung und zwar nicht nur bei Willenserklärungen, sondern auch bei (privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen) Verträgen (zur Gesetzesauslegung, vgl. Köhler, BGB AT, § 4, Rnn. 12 ff., unter 18.). Der Auslegung geht die Feststellung des Auslegungsgegenstands und des Auslegungsmittels voraus. Auslegungsgegenstand ist das konkrete Verhalten oder die konkrete Äußerung, dem eine Erklärung entnommen werden soll, z. B. ein Schreiben oder ein Anruf. Auslegungsmittel sind die Umstände, die zur Sinnermittlung des Verhaltens bzw. der abgegebenen Erklärung heranzuziehen sind, z. B. Vertragsverhandlungen, Verkehrsitte, Ort und Zeit oder Bildungsstand der Parteien. Die
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Ermittlung von Auslegungsgegenstand und Auslegungsmittel ist Tatsachenfeststellung, die Auslegung als solche ist rechtliche Würdigung. Mitunter wird gesagt, dass absolut eindeutige Erklärungen nicht auslegungsbedürftig seien. Ob indessen eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, muss vielmehr erst durch Auslegung festgestellt werden. Auslegungsbedürftig ist daher jedes Verhalten, dessen rechtsgeschäftlicher Sinn Zweifel hervorrufen kann. Das BGB enthält in §§ 133, 157 BGB zwei Auslegungsregeln. Die Vorschrift des § 157 BGB gilt jedoch nach ihrem Wortlaut nur für Verträge. Sie wird aber nach allgemeiner Ansicht auch auf die Erklärungen des einzelnen Vertragspartners angewendet, ebenso wie § 133 BGB auf Verträge angewendet wird (Rüthers/Stadler, BGBAT, § 18,Rn.4). Ausgangspunkt ist der konkrete Wortlaut der Erklärung bzw. das konkrete Verhalten des Erklärenden. Es ist der „wirkliche Wille" herauszufinden. Man könnte bei der Auslegung nun auf die Idee kommen, allein den Willen des Erklärenden als Anknüpfungspunkt zu berücksichtigen, da dieser die Erklärung schließlich abgegeben hat. Diese Auslegung wird als natürliche Auslegung bezeichnet. Das würde jedoch das schützenswerte Interesse des Erklärungsempfängers in manchen Fällen missachten, an den sich die Erklärung richtet und dadurch zu einer erheblichen Unsicherheit im Rechtsverkehr führen. Es kann aber auch nicht der Inhalt zugrundegelegt werden, den der jeweilige Erklärungsempfänger verstanden hat. Um einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen zu erreichen, wird das Verhalten des Erklärenden zwar vom Erklärungsempfänger aus betrachtet, da die Erklärung auch an ihn gerichtet war, aber vom Standpunkt eines objektiven Beobachters aus, der alle Umstände kennt, die dem Erklärungsempfänger erkennbar waren. Dies wird als eine Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont bezeichnet („normative Auslegung"). Lediglich bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen, z.B. einem Testament - es fehlt hier an einem Erklärungsgegner, dessen Interessen zu berücksichtigen wären - ist der Wille des Erklärenden sowie die außerhalb der Erklärung liegenden Umstände im Falle einer Auslegung maßgeblich („natürliche Auslegung"). Zu beachten ist, dass eine Auslegung nicht nur in Betracht kommt, um den Inhalt einer Willenserklärung festzustellen, sondern bereits die Frage betreffen kann, „ob" eine Willenserklärung vorliegt (BGH, NJW 1986, 3131 (3132)). Zu Anfang dieses Abschnittes wurde gesagt, dass die Erklärung auf einen Geschäftswillen schließen lassen muss (unabhängig davon, ob dieser tatsächlich vorliegt); so erfolgt beispielsweise die Beurteilung, ob eine invitatio ad offerendum vorliegt, im Wege der Auslegung. Lässt sich bei mehrdeutigen oder widersprüchlichen Willenserklärungen ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser allein rechtlich maßgeblich, unabhängig davon, ob die Parteien irrtümlich oder absichtlich eine falsche Bezeichnung verwendet haben. Das wirklich Gewollte hat Vorrang vor einer absichtlichen oder irrtümlichen Falschbezeichnung („falsa demonstratio non nocet", hierzu BGH, NJW 2001, 486 (487); Rüthers/Stadler, § 18, Rn. 13). Die Auslegung kann sich in diesem Fall - ebenso wie bei den nicht empfangsbedürftigen
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Willenserklärungen - ausschließlich an dem Willen des Erklärenden orientieren. Der Empfänger ist dann nicht schutzwürdig, wenn er den wirklichen Willen des Erklärenden trotz der abweichenden Erklärung richtig erkennt. Nicht erforderlich ist dabei, dass der Empfänger sich diesen Willen zu eigen macht. Ausreichend ist, dass er ihn erkannt hat. Beispiele: 1. A bietet dem B schriftlich 100 Klaviere zu einem bestimmten Preis zum Kauf an. Aus den Vertragsverhandlungen ergibt sich jedoch, dass A und B Waffengeschäfte tätigen und aus Geheimhaltungsgründen die Maschinengewehre als Klaviere bezeichnet haben. Die eindeutige Erklärung „Verkauf von 100 Klavieren" kann, da ein übereinstimmender Wille vorliegt, als „Verkauf von 100 Maschinengewehren" ausgelegt werden (Brox, BGB AT, Rn. 127). 2. A bietet dem B „Haaksjöringsköd", das in der norwegischen Sprache Haifischfleisch bedeutet, zum Kauf an. Beide verstehen darunter Walfischfleisch, so dass das gemeinsam Gewollte (Walfischfleisch) Kaufgegenstand ist (Schulfall: „Haakjöringsköd", RGZ 99, 148). Ansonsten erfolgt die Auslegung der Erklärung nach dem bereits erwähnten objektiven Empfängerhorizont. Diese Vorgehensweise wird - wie erwähnt - als „normative Auslegung" bezeichnet. Bei der Auslegung sind außerdem noch andere Umstände zu berücksichtigen, z. B. die Verkehrssitte und der Handelsbrauch (u. a. Handelsklauseln, Incoterms) sowie der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage. Weiß z. B. der Empfänger, dass der Erklärende Ausländer ist, muss er auch die Gefahr von Übersetzungsfehlern in Betracht ziehen, wo Anhaltspunkte dafür vorliegen können, z. B. bei einer Ausgleichsquittung, mit der der Arbeitnehmer auf alle Ansprüche verzichtet; hier muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass der Arbeitnehmer nicht an seinen Entgeltfortzahlungsanspruch gedacht hat (BAG, NJW 1981, 1285). Passen bei einem Überweisungsauftrag der angegebene Empfänger und die angegebene Kontonummer nicht zueinander, so muss die Bank regelmäßig die Empfängerbezeichnung für vorrangig halten (OLG Frankfurt, NJW 1983, 1681; vgl. Medicus, BGB AT, Rn. 323). In dem „Düsseldorfer Altstadt-Fall" war die Erklärung des Geschäftsreisenden als Bestellung von Schweinshaxe zu verstehen. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass auf der Speisekarte die Gerichte unter der Bezeichnung angeboten werden, wie sie in der Düsseldorfer Mundart verwendet werden, vor allem dann, wenn es sich um besonders hervorgehobene Spezialitäten des Hauses handelt. Eine andere Interpretation käme nur dann in Betracht, wenn die Begleitumstände den Schluss auf einen anderen Inhalt zulassen würden. Hätte der Geschäftsreisende mit dem Ober vor der Bestellung ein längeres Gespräch geführt, aus dem deutlich hervorgegangen wäre, dass er ortsfremd ist und gerne Hammelbraten essen würde, dann könnte der Ober - falls der Geschäftsreisende schließlich „Hämmchen" bestellte nicht davon ausgehen, dass er tatsächlich das Gericht bestellen möchte. Seine Erklärung wäre dann zumindest zweideutig. Er müsste sich daher um weitere Aufklärung bemühen, was der Geschäftsreisende wirklich will (vgl. Bahr, S. 78). Die normative Auslegung bedarf in einer bestimmten Fallgestaltung einer Korrektur. Zugunsten des Erklärenden müssen bei der Auslegung zumindest solche Umstände außer Betracht bleiben, die dieser in keiner Weise erkennen konnte (Me-
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dicus, BGB AT, Rn. 323 (325) m. w. N.) und die eher in die Sphäre des Erklärungsempfängers gehören, auch wenn sie von ihm nicht nach den §§ 276 ff. BGB zu vertreten sind. Beispiel: Ein Jurastudent hat in einer Gaststätte eine reich verzierte Speisekarte mitgehen lassen. Zehn Jahre später - aus dem Studierenden ist inzwischen ein Staatsanwalt geworden plagt ihn sein Gewissen und er legt die Speisekarte unbemerkt wieder zurück. Ein Gast hält diese Karte für die geltende und bestellt sich, erfreut über die niedrigen Preise, ein reichhaltiges Menü. Erst mit der Rechnung stellt sich heraus, dass die bestellten Speisen mehr als doppelt soviel kosten sollen (aus Medicus, BGB AT, Rn. 324). In diesem Fall darf nicht allein auf den Empfängerhorizont abgestellt werden, denn dieses Missverständnis beruht auf der unrichtigen Speisekarte und diese gehört in die Sphäre des Wirtes. Hier handelt es sich um eine vom Empfänger vorformulierte Erklärung (Speisekarte), von der der Erklärende Gebrauch macht, so dass die Erklärung in dem Sinne gilt, wie sie der Erklärende verstehen durfte. Danach wäre in dem „Speisekarten-Fall" ein Vertragsabschluss zu den niedrigen Preisen der alten Karte zu bejahen. Der Gast braucht seine Bestellung nur gegen sich gelten lassen, wie er sie nach der ihm vorliegenden Speisekarte allein verstehen konnte. Der Vertrag ist daher zu den niedrigen Preisen zustandegekommen. Der Wirt könnte demgegenüber seine Erklärung wegen Irrtums nach § 119 Abs. 1 BGB anfechten mit der Folge, dass der Vertrag wieder beseitigt wird. Doch ist fraglich, ob er einen Nutzen davon hat, da er nämlich nach § 122 BGB zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet wäre. Manchmal ergibt sich in Verträgen eine Lücke, da Fragen auftreten, die von den Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bedacht worden sind. Hier führt eine normative Auslegung nicht zum Ziel. In diesen Fällen kommt die ergänzende Vertragsauslegung zum Zuge, die ihre rechtliche Grundlage in § 157 BGB findet und die Lücke nach Maßgabe dessen ausfüllt, was die Parteien nach Treu und Glauben, d. h. als redliche Geschäftspartner, vereinbart hätten, wenn sie an diese Möglichkeit gedacht hätten (sog. hypothetischer Parteiwille). Es handelt sich um ein „Zu-Ende-Denken" der vertraglichen Interessenbewertung, um eine Ausdehnung dieser Bewertung auf nicht geregelte Punkte. Ein instruktives Beispiel für eine ergänzende Vertragsauslegung enthält die folgende Entscheidung des BGH
(BGHZ 16, 71 ff., „Ärztepraxistausch-Fall") Beispiel: Der praktische Arzt Dr. A in K tauschte mit dem praktischen Arzt Dr. B in M die Praxis. Die beiden Orte liegen ca. 150 km voneinander entfernt. Nachdem Dr. B mit der Praxis in K keinen Erfolg hatte, kehrte er einige Monate später nach M zurück und eröffnete in unmittelbarer Nähe seiner alten Praxis eine neue Praxis. Ein großer Teil seiner alten Patienten kehrte zu ihm zurück. Dr. A verklagte Dr. B auf Unterlassung. Der Vertrag ist wirksam zustande gekommen. Allerdings besteht eine Vertragslücke, weil die Parteien den Fall der Rückkehr in den räumlichen Bereich der alten Praxis nicht in Betracht gezogen haben. Dieser Punkt hätte aber geregelt werden müssen, da bei einer Arztpraxis damit gerechnet werden kann, dass die langjährigen Patienten zu ihrem Arzt zurückkehren würden, wenn dieser nach kurzer Zeit wiederkäme. Das Offenlassen dieses Punktes bedeutet eine schwere Gefährdung des Vertragszwecks. Zur Schließung dieser Vertragslücke führt der Bundesgerichtshof hierzu auf S. 81 aus:
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II. BGB - Allgemeiner Teil „..., dass die Parteien bei verständiger Würdigung des mit dem Praxistausch verfolgten Zweckes dann, wenn sie die Rückkehr eines Vertragsteils innerhalb einer gewissen Zeit (etwa zwei bis drei Jahre) seit Vollzug des Praxistausches vorausbedacht hätten, für diesen Fall ein entsprechendes Rückkehrverbot vereinbart haben würden. Denn während eines solchen Zeitraumes ist es dem Übernehmer einer Praxis regelmäßig nicht möglich, seine Beziehungen zu den bisher von seinem Vorgänger betreuten Patienten so zu festigen, dass er durch dessen Rückkehr keine wesentliche Einbuße mehr erfahren würde. In diesem Umfang ist mithin ein Rückkehrverbot jedenfalls als Vertragsinhalt zu betrachten."
Es ist also zu fragen, wie die Parteien, eine redliche Denkweise unterstellt, die offene Frage geregelt haben würden (sog. hypothetischer Parteiwille). Richtschnur sind dabei das Gebot von Treu und Glauben und die Verkehrssitte. Beispiel: A hatte ein Grundstück an den B verkauft, ihm aber verschwiegen, dass es durch Ölablagerungen verunreinigt war. B verkaufte das Grundstück an den C weiter und schloss dabei die Gewährleistung für Sachmängel aus. Da B nichts von dem Mangel wusste, war der Gewährleistungsausschluss wirksam (§ 444 BGB). C konnte aber nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung Abtretung der dem B gegen A zustehenden Mängelansprüche (§ 437 BGB) verlangen (BGH, NJW 1997, 652). Unabhängig davon kann unter Umständen auch eine berichtigende Auslegung erforderlich sein, wenn der Erklärende oder die Parteien infolge fehlender Rechtskenntnis ungeschickte oder sogar unrichtige Bezeichnungen verwenden, aber das bezweckte Ziel bzw. der wirkliche Wille ausreichend zum Ausdruck gekommen ist, z. B. wenn in einem Vertrag von Verpfändung gesprochen wird, aber auf Grund der Begleitumstände offensichtlich an Sicherungsübereignung gedacht war. Zu beachten ist, dass sowohl die ergänzende als auch die berichtigende Auslegung nur bei Verträgen eine Rolle spielt. c. Vertrag aa. Bedeutung und Erscheinungsform Der Vertrag ist eine der wichtigsten Gestaltungsformen, durch die eine Person durch eigenen Willensentschluss gemeinsam mit einer anderen Person Rechtsverhältnisse begründen und inhaltlich gestalten kann, ohne staatliche Stellen hinzuziehen zu müssen. Der Vertrag ist die auf dem Willensentschluss mindestens zweier Personen, den Vertragsparteien, beruhende Einigung über die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs (Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 145 BGB, Rn. 1). Im Rahmen privatautonomer Gestaltung von Rechtsverhältnissen hat ein Vertragsabschluss zwei Aufgaben: Zum einen wird durch ihn festgestellt, ob und mit wem es zur Begründung oder Änderung von Rechtsverhältnissen kommt, zum anderen wird ausgehandelt und bindend geregelt, welchen Inhalt dieses Rechtsverhältnis haben soll. So soll grundsätzlich der Einzelne selbst darüber entscheiden, ob und mit wem er ein Mietoder Arbeitsverhältnis eingeht oder beendet, ob er ein Haus kauft oder verkauft, bei wem er seine Lebensmittel bezieht oder an wen er sein Vermögen vererbt.
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Am häufigsten sind Verträge im Schuldrecht „anzutreffen". Dort unterscheidet man einseitig verpflichtende Verträge, wie z.B. eine Schenkung oder eine Bürgschaft, unvollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge, z. B. die Leihe oder Bürgschaft und schließlich vollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge. Hierzu zählt man den Kauf-, den Miet- oder auch den Werkvertrag. Ein anderes mehrseitiges Rechtsgeschäft ist der Beschluss als Akt der Willensäußerung eines Personenverbands, insbesondere im Verein oder in einer Gesellschaft. So hat z. B. ein Beschluss, der nach dem Mehrheitsprinzip zustande gekommen ist, auch für diejenigen bindende Wirkung, die dagegen gestimmt oder sich der Stimme enthalten haben. Im Sachenrecht werden durch Verträge dingliche Rechte, d. h. Rechte von Personen an Sachen begründet, übertragen oder abgeändert, z.B. bei der Eigentumsübertragung oder der Bestellung eines Grundpfandrechts. Im Familienrecht zählen zu den Verträgen der Ehevertrag, das Verlöbnis und sonstige, die vermögensrechtlichen Verhältnisse unter Angehörigen betreffenden Verträge (z.B. Güterrechts- und Unterhalts vertrage); für die Eheschließung gelten Sonderregeln. Im Erbrecht sind in diesem Zusammenhang der Erbvertrag und der Erbverzicht zu nennen. Auch im Öffentlichen Recht können Rechtsverhältnisse durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden. Derartige Verwaltungsverträge (= öffentlichrechtliche Verträge gem. § 54 VwVfG) haben in der Praxis erheblich an Bedeutung gewonnen. So kann die öffentliche Verwaltung in bestimmten Fällen ihre Anordnungen dadurch vollziehen, in dem sie mit dem Bürger einen Vertrag schließt, z. B. einen „Baudispensvertrag". bb. Grundsatz der Vertragsfreiheit Die Vertragsparteien setzen untereinander „Recht". Der Grundsatz der Vertragsfreiheit äußert sich dabei in zwei Grundfreiheiten, der „Abschlussfreiheit" und der „Inhaltsfreiheit". Das Prinzip der Abschlussfreiheit bedeutet, dass es jedem frei steht, ob und mit wem er einen Vertrag schließt. Der Grundsatz der Inhaltsfreiheit bedeutet, dass die Parteien den Inhalt des Vertrags frei gestalten können. Die Vertragsfreiheit ist Kernbestandteil der Privatautonomie. Privatautonomie ist die Gestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen. Sie ist als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützt (BVerfG NJW 1994, 36). Weitere Bestandteile der Privatautonomie sind u. a. der Grundsatz der Formfreiheit und der Beendigungsfreiheit. Der Grundsatz der Privatautonomie ist kennzeichnend für das gesamte Privatrecht. Rechtspolitisch wird die Vertragsfreiheit vielfach damit begründet, dass durch sie ein angemessener Interessenausgleich stattfinden kann und dass frei disponierende Marktteilnehmer wohl am besten in der Lage sind, die Wirtschaftsgüter rationell zu produzieren und zu verteilen. Vertragsfreiheit kann nur dann funktionieren, wenn ein ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen den Vertragsparteien besteht.
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Dies belegt ein berühmtes Beispiel aus der Antike: Als die Einwohner der griechischen Insel Melos gegen die drohende Plünderung durch die militärisch weit überlegenen Athener mit dem Hinweis protestierten, es bestünden Verträge, die dies verbieten, antworteten die Athener nur: „Recht gilt nur unter Gleichberechtigten"! Die Vertragsfreiheit stößt also offensichtlich dann an ihre Grenzen, wenn eine gleichberechtigte Stellung der Vertragsparteien nicht (mehr) gegeben ist, wenn also eine Partei - heute meist in wirtschaftlicher Hinsicht - der anderen so überlegen ist, dass sie die Bedingungen diktieren kann. So meinte schon Otto von Gierke in seinem berühmten Vortrag im Jahre 1889 „Die soziale Aufgabe des Privatrechts" zum Problem der Vertragsfreiheit: „Schrankenlose Vertragsfreiheit zerstört sich selbst. Eine furchtbare Waffe in der Hand des Starken, ein stumpfes Werkzeug in der Hand des Schwachen, wird sie zum Mittel der Unterdrückung des einen durch den Anderen, der schonungslosen Ausbeutung geistiger und wirtschaftlicher Übermacht. Das Gesetz, welches mit rücksichtslosem Formalismus aus der freien rechtsgeschäftlichen Bewegung die gewollten oder als gewollt anzunehmenden Folgen entspringen lässt, bringt unter dem Schein einer Friedensordnung das „bellum omnium contra omnes" in legale Formen. Mehr als je hat heute auch das Privatrecht den Beruf, den Schwachen gegen den Starken, das Wohl der Gesamtheit gegen die Selbstsucht des Einzelnen zu schützen" (Wesel, S. 124). Wenn auch im Bürgerlichen Gesetzbuch diese Gedanken im Wesentlichen unberücksichtigt blieben, fanden sie später doch ihren Niederschlag in vielen, zum Teil neuen Gesetzen. So wurden bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts Maßnahmen ergriffen, etwa im Hinblick auf die Wohnraumbewirtschaftung, Mietpreisregulierungen und den Kündigungsschutz, um den Missständen auf dem Wohnungsmarkt entgegenwirken zu können. Gerade auch im Arbeitsrecht bedurfte es zum Teil gravierender Einschränkungen der Vertragsfreiheit. Ein Arbeitsvertrag stellt rechtlich betrachtet einen Dienstvertrag dar. Das Dienstvertragsrecht umfasst im BGB relativ wenige Vorschriften. Der Arbeitsvertrag galt ursprünglich nur als Austauschvertrag, auf Grund dessen „Arbeit gegen Lohn geliefert" wurde. Die Arbeit wurde ausschließlich als Produktions- und Erwerbsmittel angesehen. Die besondere Situation des Arbeitnehmers, d. h. desjenigen, der in persönlicher Abhängigkeit Dienste leistet, blieb dabei unberücksichtigt. Die Folge dieses extremen Liberalismus waren zwar große wirtschaftliche Fortschritte einerseits, aber auch große soziale Missstände andererseits, die ein Eingreifen des Staates erforderlich machten. Man erkannte, dass es sich bei den an einem Arbeitsverhältnis beteiligten Personen nicht um gleichberechtigte Partner handelte, da für den Arbeitnehmer der Arbeitsplatz bzw. dessen Verlust von erheblich größerer Bedeutung ist als für den Arbeitgeber, der i. d. R. zwischen mehreren Arbeitnehmern auswählen kann. So entstanden insbesondere in der Zeit der Weimarer Republik die Grundstrukturen unseres heutigen Arbeitsrechts, z. B. durch die erste verfassungsmäßige Garantie der Koalitionsfreiheit, der Tarifverordnung (später Schlichtungsverordnung), des Betriebsrätegesetzes, der Arbeitszeitordnung, des Schwerbehindertengesetzes oder des Arbeitsgerichtsgesetzes. Bereits an den Gesetzesbezeichnungen wird deutlich, dass es sich um unmittelbare Vorbilder heutiger arbeitsrechtlicher Gesetze handelte. Eine weitere gravierende Einschränkung erfolgte auf dem Gebiet des Kartellrechts. Während bis zum zweiten Weltkrieg Deutschland ein bevorzugter Standort für Monopole, Kartelle und „Trusts" war, galten danach im westlichen Teil des Landes die amerikanischen Kartellgesetze als Besatzungsrecht und seit 1958 das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Danach sind insbesondere Kartellverträge grundsätzlich verboten.
Eine weitere Einschränkung der Vertragsfreiheit, speziell der Abschlussfreiheit, besteht beim Vorliegen eines Kontrahierungszwangs. So sind Verkehrs- und Versorgungsbetriebe auf Grund eines öffentlichen Versorgungsauftrags durch eine Viel-
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zahl von speziellen Gesetzen (§ 22 PBefG; § 3 EVO; § 21 Abs. 2 LuftVG) zum Abschluss entsprechender Verträge verpflichtet. Ein Kontrahierungszwang kann sich auch aus § 826 BGB ergeben, wenn einem Antragenden durch eine Verweigerung der Annahme in einer gegen die „guten Sitten" verstoßenden Weise Schaden zugefügt wird. So besteht etwa eine grundsätzliche Abschlusspflicht für Ärzte und Krankenhäuser, die den Abschluss des Vertrags nicht willkürlich, sondern nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen verweigern dürfen. Für Unternehmensberater, Steuerberater und Rechtsanwälte gilt dies dagegen nicht (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 145 BGB, Rnn. 8 ff.). Marktbeherrschende Unternehmen unterliegen nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ebenfalls einem Abschlusszwang, soweit eine Ablehnung gegen das in ihm geregelte Diskriminierungsverbot (§ 20 Abs. 1 u. 2 GWB) verstößt. Beispiele (BGH, NJW 1976, 801, „Rossignol"): L war in Deutschland alleiniger Lieferant von „Rossignol"-Skiern. Er stellte die Belieferung des großen Sportfachgeschäfts S ein, weil es die Skier unter dem gewünschten Endverkaufspreis weiterverkaufte und damit „Unruhe" in den Markt brachte. S erhob Klage auf Weiterbelieferung, weil es die Marke Rossignol im Sortiment führen musste, um konkurrenzfähig zu bleiben. Der BGH entschied zugunsten des Wiederverkäufers S mit der Begründung, dass ein Wiederverkäufer in seiner Preisgestaltung frei sein soll (vgl. § 14 GWB „Preisbindungsverbot"); L war daher zur Weiterbelieferung verpflichtet. Im Hinblick auf den Grundsatz der Abschlussfreiheit ist auf eine EG-Richtlinie hinzuweisen, die sich gegen Diskriminierungen im privaten Bereich wendet und vom deutschen Gesetzgeber umgesetzt werden muss („Antirassismusrichtlinie"). Der (problematische) Entwurf eines „Antidiskriminierungsgesetzes" (§§ 319 a bis 319 g BGB), der vorgesehen hatte, dass u. a. bei der Begründung, Beendigung und Ausgestaltung von Verträgen, die öffentlich angeboten werden oder eine Beschäftigung, medizinische Versorgung oder Bildung zum Gegenstand haben, niemand aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden darf, wird vor Inkrafttreten nächstes Jahr modifiziert (vgl. hierzu Brox/Walker, SchuldR AT, § 4, Rn. 9; Medicus, SchuldR AT, § 10, Rn. 74 a, b m. w. N.; grundsätzlich zu Diskriminierungsverboten, vgl. Larenz/Wolf, § 2, Rnn. 61 ff., § 34, Rnn. 38 ff.). Das Prinzip der Inhaltsfreiheit beinhaltet das Recht, vom Gesetz abzuweichen und sogar andere Vertragstypen zu wählen, die das Gesetz gar nicht kennt oder die gesetzlichen Regelungen oder Vertragstypen miteinander zu kombinieren. Beispiel: Der Pianist P ist besonders lärmempfindlich. Er vereinbart mit seinem Nachbarn N, dass dieser nur einmal in der Woche, und zwar zischen 10.00-12.00 Uhr seinen Rasen mäht. Als Gegenleistung wird eine monatliche Vergütung in Höhe von 50 € vereinbart. Wie lautet die Anspruchsgrundlage? Es handelt sich um einen atypischen, d. h. gesetzlich nicht geregelten Vertragstyp. Der Anspruch des N gegen P ergibt sich aus §§311 Abs. 1 i.V. m. § 241 Abs. 1 BGB.
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Allerdings ist auch die Inhaltsfreiheit in vielen Fällen beschränkt, das bedeutet, dass die Gestaltung des Vertragsinhalts nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht. Die inhaltlichen Beschränkungen sind sogar häufiger als Beschränkungen hinsichtlich der Abschlussfreiheit. Die weitestgehendste Inhaltsfreiheit besteht im Schuldrecht. Die dort enthaltenen gesetzlichen Vorschriften sind zu einem großen Teil dispositiv. Sie gelten nur insoweit, als sie von den Parteien nicht ausgeschlossen oder abgeändert werden. Diese grundsätzliche Freiheit der vertraglichen Gestaltung ist hier unbedenklich, da i.d. R. nur Rechte und Pflichten zwischen den Vertragsbeteiligten (sog. obligatorische Rechte) begründet und Rechte Dritter hiervon nicht berührt werden. Diese obligatorischen Rechte wirken nämlich nur relativ, d. h. nur der „Gläubiger" kann vom „Schuldner" eine Leistung verlangen. Im Schuldrecht ist u. a. der Kauf-, Darlehens-, Miet-, Pacht-, Leih-, Werk- oder Auftragsvertrag gesetzlich geregelt. Als gesetzlich nicht geregelte, von den Parteien - auf Grund der Inhaltsfreiheit - geschaffene Vertragsarten zählen u. a. der Leasingvertrag oder auch der Franchisevertrag. Im Schuldrecht sind allerdings auch unabänderliche gesetzliche Vorschriften enthalten, die für die Vertragsparteien stets verbindlich sind. Diese Bestimmungen werden als zwingendes Recht bezeichnet. Hierzu zählen neben den allgemeinen, auf alle Verträge anwendbaren Vorschriften des BGB zur Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) und Verstöße gegen gesetzliche Verbote (§ 134 BGB), z.B. das Schwarzarbeitsgesetz, die Bestimmungen, die zum Schutz derjenigen Personen erlassen worden sind, denen durch das Prinzip der Vertragsfreiheit eine mögliche Benachteiligung drohen könnte. In diesem Zusammenhang sind auch die bereits erwähnten Bestimmungen des Arbeitsrechts zu nennen, die besonderen Schutzbestimmungen im Rahmen des Wohnungsmietrechts sowie diejenigen Vorschriften, die den Verbraucher vor Übervorteilung schützen sollen, wie etwa - vor der Schuldrechtsreform - durch das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBGesetz), das Verbraucherkreditgesetz (als Nachfolgegesetz des alten Abzahlungsgesetzes) oder auch das Haustürwiderrufsgesetz (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 145 BGB, Rnn. 13 ff.). Das Sachenrecht betrifft die Rechtsbeziehung von Personen an Sachen. Die Rechte sind „absolut", d.h. sie wirken gegenüber jedermann. Deshalb muss auch verständlicherweise durch das Gesetz dafür Sorge getragen werden, dass diese Rechte auch von jedermann zu erkennen sind. Um dies zu gewährleisten, lässt das Gesetz bei sachenrechtlichen Verträgen nur eine Auswahl zwischen bestimmten, scharf umrissenen dinglichen Rechten, wie vor allem dem Eigentumsrecht zu. Es besteht also Typenzwang („numerus clausus des Sachenrechts"). Die Inhaltsfreiheit ist ebenso im Familienrecht erheblich eingeschränkt. Auch im Erbrecht, das die vermögensrechtlichen Folgen beim Tod einer Person regelt, bestehen größtenteils zwingende Rechtsvorschriften, z.B. in Bezug auf die Erbfolge oder im Falle eines Testaments oder Erbvertrags. Schließlich bestehen auch im Gesellschaftsrecht wesentliche Einschränkungen der Inhaltsfreiheit durch einen gesetzlichen Typenzwang („numerus clausus der Gesellschaftsformen"). So müssen Gesellschafter grundsätzlich eine vom Gesetz zur Verfügung gestellte Rechtsform
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auswählen, z.B. GbR, OHG, KG, Partnerschaftsgesellschaft (für „Freiberufler"), GmbH oder AG. cc. Zustandekommen eines Vertrags Ein Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande, der Abgabe eines Angebots und dessen Annahme (§ 151 Abs. 1 BGB). Durch eine derartige Erklärung bringt eine Person ihren Willen zum Ausdruck, sich rechtlich zu binden. Dies kann zum einen ausdrücklich (mündlich oder schriftlich), zum anderen aber auch konkludent geschehen. Unter einer konkludenten Erklärung versteht man eine Erklärung, die sich aus den Umständen heraus als Willenserklärung erkennen lässt, z. B. beim Zeitungskauf am Kiosk. Infolge der technischen Entwicklung werden heute Willenserklärungen auch zunehmend auf elektronischem Wege übermittelt, z. B. beim Versandhandel oder beim Telebanking. Abzugrenzen hiervon sind Erklärungen, bei denen der Wille zu einer rechtlichen Bindung fehlt. Diese sog. Gefälligkeitsverhältnisse, so z.B. eine Einladung zu einem Ausflug, haben bei einer Absage keine rechtlichen Konsequenzen (etwa Schadensersatzansprüche), auch wenn tatsächlich die Enttäuschung groß ist. Schwierig wird diese Abgrenzung bei anderen (unentgeltlichen) Gefälligkeiten, bei denen größere Vermögenswerte auf dem Spiel stehen. Hier ist anhand der Umstände und Indizien festzustellen, ob im Einzelfall ein Rechtsbindungswille vorliegt. Allein die Unentgeltlichkeit eines Vertrags spricht noch nicht gegen einen Rechtsbindungswillen, wie man an den gesetzlich geregelten Vertragstypen des Leihvertrags oder Auftragvertrags, deren Kennzeichen ebenfalls die Unentgeltlichkeit ist, erkennen kann. Charakteristikum eines Vertragsabschlusses ist die Einigung der Vertragsparteien. Der Vertrag kommt - wie erwähnt - zustande durch Angebot (=Antrag) und Annahme. Das Angebot muss dabei alle für den Vertragsabschluss wesentlichen Punkte enthalten, so dass die Annahme durch ein bloßes „Ja" oder durch konkludentes Verhalten angenommen werden kann; zu den wesentlichen Punkten zählen die Individualisierung der Vertragsparteien, der Vertragsgegenstand und die Gegenleistung. Beispiel: Bei einem Kaufvertrag zählen hierzu neben der Bestimmbarkeit von Verkäufer und Käufer, der Kaufgegenstand und der Kaufpreis. In den §§ 145 ff. BGB sind die Einzelheiten zum Vertragsabschluss geregelt, z. B. innerhalb welcher Frist die Annahme erfolgen muss. Die Individualisierung des Vertragspartners kann in bestimmten Fällen entbehrlich sein und zwar dann, wenn dem Anbietenden die Person des Vertragspartners gleichgültig sein kann. Ist ein Angebot lediglich an die Allgemeinheit gerichtet (lat: ad incertas personas), kann trotzdem ein bindendes Angebot gewollt sein, was allerdings im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln ist. So beinhaltet das Aufstellen eines Warenautomaten, z.B. eines Zigarettenautomaten, ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags, unter dem Vorbehalt, dass der Vorrat reicht
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und dass der Automat ordnungsgemäß funktioniert (BGH, NJW 2002, 363 (364); Erman-Armbrüster, § 145 BGB, Rn. 4). Keine rechtliche Bindung ist in den Aufforderungen zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum) gewollt. Bei Selbstbedienungstankstellen macht der Betreiber der Tankstelle das Angebot. Das Angebot ist verkörpert in der betriebsbereiten Zapfsäule und ist gerichtet auf den Abschluss eines Kaufvertrags über die vom Kunden zu bestimmende Menge an Treibstoff zum angegebenen Preis. Die Annahme erfolgt konkludent durch das Tanken. Bei Selbstbedienungsläden geht das Angebot vom Kunden aus, der die Ware an der Kasse vorlegt; die Registrierung des Rechnungsbetrags stellt dann die Annahme dar (vgl. Köhler, BGB AT, § 8, Rnn. 11 ff.). Ein Vertragsangebot ist für den Erklärenden grundsätzlich bindend. Die Bindungswirkung kann aber durch entsprechende Vorbehalte, wie z.B. „unverbindlich" „Angebot freibleibend" oder „ohne obligo" ausgeschlossen werden (vgl. Köhler, BGB AT, § 8, Rn. 13 zur Bedeutung). Ein mündliches Vertragsangebot kann nur sofort angenommen werden (§ 147 Abs. 1 BGB). Entsprechendes gilt für ein fernmündliches oder mittels einer „sonstigen technischen Einrichtung" gemachtes Angebot (§ 147 Abs. 1 S. 2 BGB); letzteres erfasst die Kommunikationsmöglichkeiten der Videokonferenzen und so genannter Chats (simultaner Austausch von Botschaften über das Internet). Ein schriftliches Vertragsangebot kann dagegen je nach den Umständen des Einzelfalles auch einige Zeit später angenommen werden (§ 147 Abs. 2 BGB). Deshalb ist es im Geschäftsverkehr zweckmäßig und üblich, bei Abgabe eines auf den Vertragsabschluss gerichteten Angebots eine Frist für die Annahme zu bestimmen (§ 148 BGB). Nach § 147 Abs. 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt danach, wann mit dem Eingang der Antwort unter gewöhnlichen Umständen zu rechnen ist. Der Antragende muss dabei die regelmäßige Dauer der Beförderung des Angebots zum Empfänger, eine angemessene Überlegungsfrist und die regelmäßige Dauer der Beförderung der Antwort einkalkulieren. Der Absender kann davon ausgehen, dass der andere dasselbe Kommunikationsmedium nutzt. So darf z.B. bei einem Angebot per Fax oder E-Mail mit kurzer Überlegungsfrist und rascher Antwort gerechnet werden. Nach § 150 Abs. 2 BGB gilt eine verspätete Annahme oder die Annahme unter Einschränkungen, Erweiterungen und sonstigen Änderungen als Ablehnung, verbunden mit einem neuen Angebot. Dieses neue Angebot kann angenommen werden, um einen Vertrag zu begründen. Die Annahme ist - ebenso wie das Angebot - eine empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der der Antragsempfänger seine Zustimmung zum Vertragsabschluss erklärt. Die Annahmeerklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit des Zugangs beim Anbietenden. In Ausnahmefällen wird auf den Zugang verzichtet. Nach § 151 BGB kommt ein Vertrag durch die Annahme in zwei Fällen zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht. Ist eine solche Erklärung „nach der Verkehrssitte" nicht zu erwarten, z.B. bei einer kurzfristigen brieflichen Bestellung eines Hotelzimmers, auf Grund derer der Hotelier eine ent-
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sprechende Eintragung in die Hotelzimmerliste vornimmt, kann auf den Zugang verzichtet werden. Hat der Antragende auf den Zugang einer Annahmeerklärung verzichtet, z. B. bei Waren, die starken Preisschwankungen unterliegen und per „express" bestellt werden, liegt die Annahme in der Erfüllungshandlung, d.h. im Verpacken und Absenden der Ware; diese bringt den Vertrag zustande (Brox, BGB AT, Rnn. 181, 182). Durch diese beiden Ausnahmen vom Zugangserfordernis wird das Zustandekommen eines Vertrags beschleunigt. § 151 BGB betrifft aber nicht den Fall des „Schweigens" auf eine Willenserklärung. In den oben bezeichneten Fällen wird lediglich auf den Zugang dieser Willenserklärung verzichtet. § 151 BGB setzt jedoch gedanklich einen entsprechenden Annahmewillen voraus, auch wenn dieser nicht erklärt, sondern lediglich betätigt werden muss. Man spricht insoweit auch von einer „Willensbetätigung" (BGH, NJW 1999, 2179; Köhler, BGB AT, § 8, Rn. 22). Rechtsgeschäfte werden zunehmend - auch von Privatpersonen - im Internet getätigt. So bieten Versandhandelsunternehmen ihre Waren nicht mehr nur in Katalogen an, sondern auch auf ihrer Homepage. Auch Reisen und Hotels können im Internet gebucht werden. Ebenso können Bankkunden ihre Bankgeschäfte „online", d. h. in Form von „homebanking" tätigen. Neuerdings werden auch gebrauchte Sachen über „ebay" meistbietend zum Kauf angeboten. Willenserklärungen können - wie erwähnt - grundsätzlich auch durch elektronische Übermittlung einer Datei im Internet („online") abgegeben und wirksam werden. Das bedeutet, dass auch im Internet ein Vertrag durch Angebot und Annahme zustande kommen kann (§§ 145 ff. BGB). Bei einem Vertrag zwischen einem Verbraucher (§ 13 BGB) und einem Unternehmer (§ 14 BGB) sind die Regeln über Fernabsatzverträge (§§ 312 b ff. BGB) zu beachten. Bietet ein Unternehmen, z. B. ein Versandhandelsunternehmen, Waren auf ihrer Homepage an, handelt es sich um eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (vgl. Köhler, BGB AT, § 8, Rn. 59 m.w.N.); insoweit besteht eine Parallele zu den Schaufensterauslagen. Das Angebot macht in diesen Fällen der Kunde, der es „online" per Mausklick vornehmen kann. Bei einer Versteigerung im Internet geht dagegen das Angebot regelmäßig von dem Bieter aus. Die Annahmeerklärung ist nicht zwingend bereits mit der Bestätigung des Zugangs der elektronischen Bestellung erfolgt (zu den diesbezüglichen Pflichten, vgl. § 312e Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB), es sei denn, der Unternehmer hätte die Annahme bereits in der Zugangsbestätigung zum Ausdruck gebracht. Anderenfalls kommt der Vertrag mit der Annahme, die jedoch nach § 151 BGB durch Betätigen des Annahmewillens, d. h. etwa durch Absenden der Ware, erfolgen kann. Bei Internet-Auktionen kann die Annahme vorweg, nämlich als Zustimmung zu dem höchsten Gebot, das innerhalb des Auktionszeitraums abgegeben wird, erklärt werden (vgl. BGB, NJW 2002, 363 (364); Köhler, BGB AT, § 8, Rn. 60 m.w.N.).
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Bei Massenverträgen, z.B. Beförderungsverträgen, im öffentlichen Personenverkehr oder bei der Inanspruchnahme der Leistungen von Energieversorgungsunternehmen wird teilweise die Auffassung vertreten, dass vertragliche Beziehungen nicht durch Angebot und Annahme, sondern allein auf Grund der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung zustande kommen (unabhängig von einem rechtsgeschäftlichen Willen). Danach soll bereits ein bestimmtes „sozialtypisches Verhalten", z.B. Besteigen der Straßenbahn, das Schuldverhältnis (den „faktischen Vertrag") begründen. Dieser Auffassung ist anfänglich auch der BGH gefolgt, so z.B. in dem berühmten „Parkplatz-Fall" (BGHZ 21, 319 ff.): Ein Autofahrer benutzt - unter ausdrücklichem Protest gegen die Gebührenpflicht - einen Parkplatz (am Rathausmarkt in Hamburg) mit der Begründung, dass das Parken nach wie vor zum Gemeingebrauch gehöre. Das Gericht verurteilte ihn zur Zahlung der Gebühr wegen des vorliegenden „faktischen Vertrags". Inzwischen wird diese „Lehre vom faktischen Vertrag" einhellig abgelehnt (Medicus, BGB AT, Rn. 248 m.w.N; Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 145 BGB, Rnn. 25 ff.). Diese Lehre ist abzulehnen, weil nach geltendem Recht durch bloße Tathandlungen kein Vertragsverhältnis entstehen kann und sachgerechte Ergebnisse sich auch ohne diese Lehre erreichen lassen (Erman-Brox, Einf. v. § 104 BGB, Rn. 10). Zudem können auch Schwierigkeiten bei der Frage des Minderjährigenschutzes auftreten. Ein Minderjähriger, der ohne Wissen seiner Eltern in eine Straßenbahn steigt, wäre nach der Lehre vom faktischen Vertrag zur Zahlung des Entgeltes verpflichtet (so LG Bremen, NJW 1966, 2360 ff.). Diese Fälle lassen sich nämlich auch mit der herkömmlichen Dogmatik lösen, denn i. d. R. liegt eine tatsächliche Willenserklärung des Benutzers vor. Sie ist zwar oft, z. B. beim Besteigen der Straßenbahn, stark abgekürzt oder wird auch nur durch konkludentes Verhalten - so vor allem bei der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen (Gas, Elektrizität, Wasser) - ausgedrückt. Aber sie ist eben doch vorhanden und reicht für die Annahme eines „klassischen Vertragsschlusses" - notfalls über § 151 BGB - völlig aus. Dass in diesem Fall kein Spielraum für Verhandlungen über den Vertragsinhalt besteht, ist insoweit ohne Bedeutung. Bei den Geschäften des täglichen Lebens wird in Mitteleuropa seit langem nicht mehr gefeilscht. Auch wer Brötchen kauft, handelt nicht um den Preis, sondern nennt nur die gewünschte Anzahl. Trotzdem passt das Vertragsrecht (hierzu Medicus, BR, Rnn. 188 ff.; Brox, BGB AT, Rnn. 199, 200); ein Widerspruch wäre bei Inanspruchnahme der Leistung unbeachtlich. Die Partei muss die objektive Erklärungsbedeutung gegen sich gelten lassen, so dass ein wirksamer Vertrag anzunehmen ist (protestatio facto contraria; BGHZ 95, 393 (399); Medicus, BGB AT, Rn. 250; abweichend Köhler, BGB AT, § 8, Rn. 29). Ist ein Vertrag wirksam geschlossen, dann ist er grundsätzlich bindend (pacta sunt servanda). Eine einseitige Aufkündigung vertraglicher Verpflichtungen ist dann nur dort möglich, wo dies entweder vertraglich vereinbart oder vom Ge-
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setz gestattet ist, z.B. bei Anfechtung wegen Irrtums oder Rücktritt wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung. Eine Anfechtung wegen Irrtums ist etwa möglich, wenn man sich versprochen oder verschrieben hat. Der betreffende Vertrag ist dann rückwirkend nichtig. Allerdings muss derjenige, der angefochten hat, dem anderen den „Vertrauensschaden" ersetzen, d. h. die Auslagen, die derjenige, der auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut hat, hatte. In der Praxis besteht häufig die irrtümliche Annahme, dass man jeden Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen könne. Ein solches Widerrufsrecht besteht aber nur in bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen. Zum Zwecke des Verbraucherschutzes wird ein solches (innerhalb einer zweiwöchigen Frist auszuübendes) Widerrufsrecht (§ 355 BGB) besonders schutzwürdigen Verbrauchern eingeräumt. Hierzu zählen vor allem Kunden von Haustürgeschäften, Kreditnehmern sowie Kunden, die Waren im „Fernabsatz" erwerben, d. h. ohne in persönlichen Kontakt zu dem Verkäufer zu kommen (z. B. beim Kauf im Internet). Dieses Widerrufsrecht steht nur sog. Verbrauchern (§13 BGB) zu, die mit einem Unternehmer (§ 14 BGB) einen Vertrag abgeschlossen haben. Unter einem Verbraucher i. S. d. Vorschrift ist jede natürliche Person zu verstehen, die ein Rechtsgeschäft abschließt, das weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Unternehmer i. S. d. Vorschrift ist dagegen jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Bei „Haustürgeschäften", z.B. bei der Akquisition von Zeitungsabonnenten, ist die Gefahr der Überrumpelung sehr groß. Vielfach wird dem Käufer erst nachdem sich der „Werber" verabschiedet hat, klar, dass er sich bei ruhiger Überlegung ganz anders verhalten hätte. Eine Anfechtung, sei es wegen Irrtums oder auch arglistiger Täuschung, ist in diesen Fällen nur selten möglich. Hier gewährt § 312 Abs. 1 BGB i.V. m. § 355 BGB (vormals: Haustürwiderrufsgesetz) ein - binnen einer Frist von zwei Wochen auszuübendes - Widerrufsrecht, auf das der Verbraucher besonders hinzuweisen ist. Es darf nicht zu seinem Nachteil abgeändert werden. Ähnliches gilt bei Verträgen, die bei „Kaffeefahrten" oder „auf der Straße" zustande kommen. Ebenfalls ein Widerrufsrecht innerhalb von zwei Wochen gewährt § 312 d Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB (vormals: Fernabsatzgesetz), wenn das Geschäft ausschließlich über „Fernkommunikationsmittel" nach § 312b Abs. 2 BGB (z.B. Versand, per Fax oder im Internet) zustande gekommen ist. Kreditnehmern, die den Kredit zu privaten Zwecken aufgenommen haben, steht ebenfalls ein befristetes Widerrufsrecht des Verbraucherdarlehensvertrags nach § 495 BGB i.V. m. § 355 BGB (vormals: Verbraucherkreditgesetz) zu. Der Zweck dieser Vorschriften besteht in dem Schutz des typischerweise sozial schwächeren, rechtlich unerfahrenen Verbrauchers vor einer Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit.
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d. Willensmängel aa. Einführung Die Frage nach Willensmängeln stellt sich erst, wenn die Mindestvoraussetzungen einer Willenserklärung vorliegen. Nach der Rspr. ist hierfür, abgesehen von der Erklärung und dem Handlungswillen, ausreichend, dass für den Erklärungsempfänger das Erklärte einen bestimmten Geschäftswillen zum Ausdruck bringt und der Erklärende dies auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Schulbeispiel in diesem Zusammenhang ist der - bereits erwähnte - „ Trierer-Weinversteigerungs-Fall", in dem eine mit den örtlichen Gegebenheiten nicht vertraute Person während einer Weinversteigerung die Hand hebt, um einen hinter dem Auktionator stehenden Bekannten zu grüßen. Der Geschäftswille, d. h. der Wille, das bestimmte Geschäft zu tätigen, ist für das Vorliegen einer Willenserklärung ohne Bedeutung. Fehlt dieser, dann wurde etwas anderes erklärt als gewollt war; diese Inkongruenz kann unter Umständen zur Anfechtbarkeit führen. Bei Willensmängeln wird unterschieden zwischen bewussten und unbewussten Auseinanderfallen von Wille und Erklärung. bb. Bewusstes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung Die Fälle des bewussten Auseinanderfallens von Wille und Erklärung sind in den §§ 116-118 BGB gesetzlich geregelt. Kennzeichen dieser Willensmängel ist, dass der Erklärende bewusst etwas anderes äußert, als er tatsächlich will. Das Gesetz behandelt den geheimen Vorbehalt (§116 BGB), das Scheingeschäft (§117 BGB) und die Scherzerklärung (§118 BGB). Ein geheimer Vorbehalt (§ 116 BGB) liegt vor, wenn der Erklärende eine Willenserklärung abgibt und sich insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Der Erklärende wird an seiner Erklärung festgehalten (§ 116 S. 1 BGB). Das Schutzinteresse des vertrauenden Vertragspartners geht vor. Die Lage ändert sich, wenn dieser den Vorbehalt erkennt. Dann ist er auch nicht mehr schutzwürdig und kann den Erklärenden nicht mehr an der Erklärung festhalten. Dies hat zur Folge, dass der geheime Vorbehalt nichtig ist (§ 116 S. 2 BGB). Beispiel: Vermieter V kündigt dem Mieter M das Geschäftsraummietverhältnis zum Jahresende, obwohl er das in Wirklichkeit nicht will. Ihm kommt es vielmehr darauf an, dass der Mieter sich einschüchtern lässt und ihn bittet, das Mietverhältnis zu veränderten Konditionen fortzusetzen. V ist an die Erklärung gebunden. Das bedeutet, dass die Kündigung wirksam geworden ist. Anders wäre es, wenn M vor der Kündigung von einem Dritten erfahren hätte, dass V ihm kündigen wolle, ohne aber eine wirkliche Beendigung des Mietverhältnisses zu wollen.
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Beim Scheingeschäft werden Willenserklärungen mit dem Einverständnis des Erklärungsempfängers nur zum Schein abgegeben. Der Rechtsbindungswille fehlt, da die damit verbundenen Rechtsfolgen nicht gewollt sind (BGH, NJW 1980, 1572). Diese Willenserklärung ist nach § 117 S. 1 BGB nichtig. Nicht selten soll mit einem Scheingeschäft ein anderes, wirklich gewolltes Rechtsgeschäft, verdeckt werden und dadurch ein Dritter (z. B. das Finanzamt) getäuscht werden. Nach § 117 Abs. 2 BGB finden in diesem Fall die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung. Beispiele: A will einem bedürftigen Verwandten einen Geldbetrag schenken. Da er Vorwürfe seiner Frau erwartet, tarnen beide das Geschäft als Darlehen. Es ist als Handschenkung (§516 Abs. 1 BGB) wirksam. Wird bei einem Grundstückskaufvertrag, um Grunderwerbssteuer und Notarkosten zu sparen, ein niedrigerer Preis als der vereinbarte beurkundet (Schwarzkauf), ist der beurkundete Vertrag gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtig, der vereinbarte wegen §§ 311 b Abs. 1 S. 1, 125 BGB ebenfalls. Der Vertrag kann jedoch durch Auflassung und Eintragung wirksam werden (§ 311 b Abs. 1 S. 2 BGB).
Das Scheingeschäft ist von den Treuhand-, Strohmann- und Umgehungsgeschäften zu unterscheiden. Nach h. M. greift § 117 Abs. 1 BGB in diesen Fällen nicht ein, da diese Rechtsgeschäfte (z.B. Übertragung von Forderungen zu treuen Händen; Lohnschiebungsverträge, vgl. Brox, BGB AT, Rn. 358) nicht nur zum Schein, sondern ernsthaft gewollt sind, wenn auch nicht mit allen Konsequenzen. Beispiel (für ein Umgehungsgeschäft): Arbeitnehmer N schließt mit seinem Arbeitgeber G einen Arbeitsvertrag. Darin wird bestimmt, dass N keinen Arbeitslohn erhält, sondern der Ehefrau des N Zahlungsansprüche gegen den G zustehen sollen. Grund für diese Abrede ist die Befürchtung des (überschuldeten) N, dass seine Gläubiger seine Lohnforderung pfänden werden. Um eine Pfändung zu umgehen, sollen die Lohnforderungen ausgeschlossen und statt dessen der Ehefrau des N eingeräumt werden (vgl. „Lohnschiebungsverträge", § 850 h ZPO). Die Scherzerklärung gem. § 118 BGB ist eine nicht ernsthaft gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, „der Mangel an Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden". Der Unterschied zum geheimen Vorbehalt besteht somit darin, dass der Erklärende in diesem Fall hofft, dass der Mangel an Ernstlichkeit erkannt wird. Vom Scheingeschäft unterscheidet sich die Scherzerklärung durch das fehlende Zusammenwirken mit dem Erklärungsempfänger. Der „Spaßvogel", der seinen Scherz so herausbringt, dass kein vernünftiger Mensch daraus einen rechtsgeschäftlichen Willen schließen würde, gibt bereits keine Willenserklärung ab, so dass § 118 BGB unanwendbar ist. Der „ungeschickte Spaßvogel" verhält sich so, dass der Schluss auf einen rechtsgeschäftlichen Willen immerhin möglich ist. Die Besonderheit des § 118 BGB besteht darin, dass die Erklärung auch dann nichtig ist, wenn der andere die fehlende Ernstlichkeit der Erklärung nicht erkennt. Dem Erklärungsempfänger steht allerdings dann ein
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Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach § 122 Abs. 1 BGB zu, wenn er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat. Dieser Anspruch soll dann ausgeschlossen sein, wenn der Erklärungsempfänger die Nichternstlichkeit kennt oder die fehlende Ernstlichkeit infolge (leichter) Fahrlässigkeit nicht erkannt hat. In diesen Fällen fehlt es an einem Vertrauensschutz (vgl. § 122 Abs. 2 BGB). Die praktische Bedeutung des § 118 BGB ist eher gering, denn in den meisten Fällen wird der Erklärungsempfänger die Nichternstlichkeit gleich erkennen. Beispiel'. Ein Kunde beschwert sich über einen Angestellten und verlangt seine Entlassung. Der Geschäftsinhaber zitiert seinen Angestellten herbei und kündigt ihm schriftlich (§ 623 BGB). Dabei geht er davon aus, dass der Angestellte merkt, dass die Kündigung nicht ernst gemeint ist, sondern zur Beschwichtigung des Kunden ausgesprochen wird. Der sensible Angestellte nimmt sie jedoch ernst und bewirbt sich um eine neue Stelle (vgl. Köhler, BGB AT, § 7, Rn. 13). Nach § 118 BGB ist diese Erklärung des Geschäftsinhabers nichtig. Nach § 122 Abs. 1 BGB hat der Angestellte einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens (z.B. Inseratskosten für Stellenanzeige), wenn die fehlende Ernstlichkeit ohne den Vorwurf von Fahrlässigkeit nicht erkannt werden konnte. cc. Unbewusstes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung Das unbewusste Auseinanderfallen von Wille und Erklärung beruht auf einem Irrtum des Erklärenden. In diesen Fällen ist die Willenserklärung nicht von vornherein nichtig, sondern das Gesetz gewährt in bestimmten Fällen ein Anfechtungsrecht. Dadurch erhält der Anfechtungsberechtigte die Möglichkeit zur Vernichtung des ungewollten Rechtsgeschäfts. Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, ist es gem. § 142 BGB als von Anfang an (ex-tunc-Wirkung) nichtig anzusehen. Die Parteien sind dann verpflichtet, die bereits empfangenen Leistungen zurückzugewähren (gem. § 812 Abs. 1 BGB). Die rückwirkende Nichtigkeit führt bei Dauerschuldverhältnissen, z. B. Arbeits- oder Gesellschaftsverträgen, die bereits in Vollzug gesetzt worden sind, zu Abwicklungsproblemen. Wird ein Arbeitsvertrag wirksam angefochten (vgl. BAG, NJW 1991, 2723), tritt die Rechtsfolge der Nichtigkeit erst im Zeitpunkt des Zugangs der Anfechtungserklärung ein (für den Arbeitsvertrag, vgl. u.a. BAG, NJW 1980, 1302). Es entstehen nämlich gegenseitige Leistungspflichten, die einer Rückabwicklung nicht zugänglich sind. Der Arbeitnehmer kann seine bereits erbrachte Arbeitsleistung nicht zurückfordern. Der Arbeitgeber hat Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt. Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt, auf Kranken-, Unfall- oder Rentenleistungen gegenüber den Sozialversicherungsträgern, auf Urlaub und auf ein Zeugnis aus dem Arbeitsverhältnis würden rückwirkend vernichtet werden, falls die Nichtigkeit im Anfechtungsfall auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurückwirken würde. Die Anfechtung hat damit praktisch die gleiche Wirkung wie eine Kündigung. Entsprechendes gilt für den Gesellschaftsvertrag, nachdem eine Gesellschaft im Rechtsund Wirtschaftsverkehr ihre Tätigkeit aufgenommen hat (BGHZ 63, 343; Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft).
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Nach dem Gesetz berechtigen die in den §§119 ff. BGB aufgezählten Irrtumsformen zur Anfechtung. Eine darüber hinausgehende Anzahl der Anfechtungsgründe würde zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, da sich sonst niemand mehr im täglichen Geschäftsverkehr auf die Verbindlichkeit von abgegebenen Erklärungen verlassen könnte. Eine Anfechtung setzt deshalb - das Vorliegen eines Anfechtungsgrunds und - eine Anfechtungserklärung voraus. Anfechtungsgründe §119 Abs. 1 BGB Erklärungs- und Inhaltsirrtum
§119 Abs. 2 BGB Eigenschaftsirrtum
§ 120 BGB Anfechtung bei falscher Übermittlung
§ 123 BGB Anfechtung bei arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung
Abb. II.6. Anfechtungsgründe Ein Anfechtungsgrund liegt nach § 119 Abs. 1, 1. Alt. BGB vor, wenn der Erklärende bei der Abgabe der Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war („Inhaltsirrtum"). Hier liegt ein Irrtum über die Bedeutung der abgegebenen Erklärung vor. Der Erklärende „weiß zwar, was er sagt, aber er weiß nicht, was er damit sagt". Ein Inhaltsirrtum bedeutet daher ein Irrtum über die Bedeutung und Tragweite der abgegebenen Erklärung. Beispiele: 1. A bestellt einen Martini in der Annahme, es sei ein Weinbrand. 2. A bestellt bei einem Zeitschriftenverlag die Zeitschrift „Pig International" in der Annahme, es handelt sich um ein Pornomagazin. Als die Zeitschrift bei ihm eintrifft, stellt er enttäuscht fest, dass es sich um eine Fachzeitschrift des Internationalen Schweinezüchterverbands handelt. 3. Die Leiterin einer Schule unterschrieb eine von einem Vertreter ausgefüllte Bestellung über „25 Gros Rollen Toilettenpapier, die Rolle zu 1 000 Blatt". Sie wusste nicht, dass „Gros" soviel wie 12 Dutzend bedeutet, nahm vielmehr an, lediglich 25 große Rollen Toillettenpapier bestellt zu haben. Ergibt die Auslegung, dass das Wort „Gros" im üblichen Sinne zu verstehen ist, geht die Bestellung zwar auf 3 600 Stück, jedoch kann die Bestellung wegen Inhaltsirrtums angefochten werden (vgl. LG Hanau, NJW 1979, 721). Nach § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB ist auch derjenige zur Anfechtung berechtigt, der bei Abgabe der Willenserklärung „eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte". Der Erklärende „will nicht das, was er sagt". Man bezeichnet diese Irrtumsform auch als „Erklärungsirrtum". Dieser liegt vor bei einem Versprechen, Verschreiben oder Vertippen des Erklärenden. Beispiel: V macht K ein schriftliches Kaufangebot über bestimmte Maschinenteile. Das Angebot beträgt 102,00 € . V vertippt sich und schreibt als Angebotspreis 100,20 € .
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Zur Anfechtung berechtigt auch der Übermittlungsfehler gem. § 120 BGB. Nach § 120 BGB sind solche Willenserklärungen anfechtbar, „welche durch die zur Übermittlung verwendete Person oder Einrichtung unrichtig übermittelt worden sind". Die Besonderheit besteht darin, dass nicht der Erklärende sich selbst verspricht, sondern der Wortlaut der Erklärung bei deren Weitergabe durch die Übermittlungsinstanz verändert wird, wobei von dieser Vorschrift nicht nur die unrichtige Übermittlung an den richtigen Empfänger, sondern auch die richtige Übermittlung an den falschen Empfänger erfasst wird (Köhler, BGB AT, § 7, Rn. 22). Ansonsten wird die unrichtige Übermittlung wie ein Erklärungsirrtum behandelt. § 120 BGB greift aber nur ein bei der Einschaltung eines Dritten als „Werkzeug" zur Übermittlung der Erklärung (Bote, Post), nicht dagegen bei der Einschaltung eines Vertreters. Der Vertreter gibt eine eigene Erklärung ab, während der Bote eine fremde Erklärung übermittelt. Hier können im Einzelfall Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Bote und Vertreter auftreten. Beispiele: Der zum Einkaufen bestellte Auszubildende bringt die Bestellungen durcheinander; dem Sekretär unterläuft bei der Durchgabe eines telefonischen Vertragsangebots ein Fehler. Eine Willenserklärung kann aus unterschiedlichen Gründen abgegeben werden. Man kauft ein Geschenk, um jemand eine Freude zu machen oder man bucht eine Reise, um sich zu erholen. Enttäuschte Erwartungen können grundsätzlich eine Anfechtung nicht rechtfertigen. Kauft z.B. der Bräutigam beim Juwelier die Eheringe oder kauft sich die Braut in einer Boutique ein schickes Kleid für die Hochzeit und findet diese nicht statt, berechtigt das entfallene Motiv nicht zur Anfechtung. Diese Fälle betreffen alle die Frage nach dem Motiv („warum eine Willenserklärung abgegeben worden ist"). Für den Geschäftsgegner ist das Motiv regelmäßig ohne Bedeutung, es sei denn, es wurde ausdrücklich zum Inhalt des Vertrags gemacht. Die enttäuschten Erwartungen rechtfertigen daher im Regelfall keine Anfechtung. Der „Motivirrtum" ist deshalb grundsätzlich unbeachtlich. Beispiel: Ein Loskauf kann nicht aus dem Grund angefochten werden, weil man dachte, man würde einen Preis gewinnen. Beim Kalkulationsirrtum irrt der Erklärende über einen Umstand (Rechnungsfaktor), den er in seiner Berechnung, z. B. Preis oder Menge, zugrunde legt. Ist die Kalkulationsgrundlage dem Geschäftspartner nicht offengelegt, handelt es sich um einen Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtigt. Beispiel: Malermeister M macht dem Hauseigentümer E ein Angebot über Anstreicharbeiten zu einem Gesamtpreis von 2000 € . Dieses Angebot basiert darauf, dass M bei der Berechnung von einer geringeren Quadratmeterzahl der Wandfläche und von einem zu geringen Stundenlohn ausgegangen ist. In diesem Fall kann M nur 2 000 € verlangen
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Unbeachtlich ist grundsätzlich, ob der Geschäftspartner diesen Irrtum hätte erkennen können oder sogar kannte (BGHZ 139, 177, 181 ff.); im Einzelfall kann der Ausschluss der Anfechtung über § 242 BGB als unzulässige Rechtsausübung korrigiert werden (vgl. Köhler, § 7, Rnn. 25 ff.). Einen weiteren Anfechtungsgrund stellt § 119 Abs. 2 BGB dar. Dieser betrifft den Irrtum über Eigenschaften einer Person oder einer Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden („Eigenschaftsirrtum"). Dieser Irrtum ist dem Inhaltsirrtum nach dem Gesetz gleichgestellt und berechtigt daher ebenfalls zur Anfechtung. „Eigenschaften einer Sache" i. S. d. Vorschrift sind alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die infolge von Beschaffenheit und Dauer für die Brauchbarkeit und den Wert der Sache von Einfluss sind (BGH, NJW 2001, 226; RGZ 64, 269), d. h. alle wertbildenden Faktoren. Der Begriff „Sache" ist weit auszulegen und umfasst nicht nur körperliche Gegenstände (§ 90 BGB), sondern auch unkörperliche Gegenstände, insbesondere Rechte. Verkehrswesentlich heißt, dass die Eigenschaft vereinbart wird oder zumindest in der Erklärung Anklang findet. Beispiele: - Urheberschaft eines Gemäldes; - Größe, Lage, Bebaubarkeit eines Grundstücks (u. U. liegt hierin auch ein Sachmangel beim Kauf, daher speziellere Regelungen der §§ 434 ff. BGB beachten); - Belastbarkeit einer Maschine; - Goldgehalt einer Münze; - Alter eines Gebrauchtwagens. Nicht zu den Eigenschaften zählt daher der Preis (= Wert) einer Sache, da dieser erst durch äußere Umstände bestimmt wird (Palandt-Heinrichs, § 119 BGB, Rn. 27). Eigenschaften einer Person sind Merkmale, die ihr für eine gewisse Zeit anhaften oder sie charakterisieren (BGH, NJW 1992, 1222), z. B. Kreditwürdigkeit, Zahlungsfähigkeit, Vorstrafen oder Gesundheitszustand. Das Anfechtungsrecht allein genügt nicht. Die Anfechtung ist - als Willenserklärung — auch gegenüber dem Anfechtungsgegner zu erklären (vgl. §§ 142, 143 BGB). Die Irrtumsanfechtung muss zudem nach § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern" (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Der Begriff „unverzüglich" wird im Gesetz an mehreren Stellen (z.B. § 377 HGB) verwendet, wobei stets die Legaldefinition in § 121 BGB maßgebend ist. Dem Erklärenden steht eine angemessene Überlegungsfrist zu. So kann je nach Sachlage auch die Einholung von juristischer Beratung noch als unverzüglich gelten. Unabhängig davon ist eine Anfechtung nach § 121 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung 10 Jahre vergangen sind. Nach § 122 BGB ist der Anfechtende dem Vertragspartner zum Schadensersatz verpflichtet; seine Ersatzpflicht ist aber begrenzt. Er hat lediglich den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass der andere auf die Gültigkeit des
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Vertrags vertraut hat, d. h. er muss ihn so stellen, als wäre vom Vertrag nie die Rede gewesen (Brox, BGB ÄT, Rn. 397). Juristen bezeichnen diesen Schaden deshalb als Vertrauensschaden. Die Vorschrift des § 119 Abs. 2 BGB wird in ihrem Anwendungsbereich eingeschränkt durch das Sachmängelrecht beim Kauf nach §§ 434 ff. BGB. Weist eine gekaufte Sache Mängel auf, so stehen dem Käufer ab Gefahrübergang (§ 446 BGB, i. d. R. mit Übergabe) bestimmte Rechte zu. Hierzu zählt der (vorrangige) Nacherfüllungsanspruch, das Rücktritts- und Minderungsrecht sowie u. U. ein Anspruch auf Schadensersatz. Im Falle einer mangelhaften Lieferung kann man auch sagen, dass sich der Käufer über eine verkehrswesentliche Eigenschaft geirrt hat. Das Sachmängelrecht geht der Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB als lex specialis vor. Der Grund besteht im Wesentlichen in den unterschiedlichen Verjährungsfristen. Während die Verjährung bei den beweglichen Sachen grundsätzlich zwei Jahre beträgt (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB), unterliegen die Ansprüche aus der Anfechtung der regelmäßig (subjektiven) dreijährigen Verjährungsfrist. Dies gilt auch nach neuem Recht, auch wenn sich die Verjährungsfristen angenähert haben (vgl. hierzu Lorenz/Riehm, Rnn. 572 ff.). Zwischen der Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB und den „Gewährleistungsrechten" besteht dagegen kein Konkurrenzproblem, da es sich um unterschiedliche „Fehlerquellen" handelt. dd. Täuschung und Drohung Das Gesetz durchbricht den Grundsatz der Unbeachtlichkeit des Motivs - abgesehen von dem nicht zu erörternden Ausnahmefall des § 2078 BGB - nur für den Fall der Beeinflussung der Motivation durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung, (§ 123 BGB). Durch § 123 Abs. 1 BGB werden zwei Fälle erfasst, die bereits erwähnte arglistige Täuschung und die widerrechtliche Drohung. In diesen Fällen ist der Erklärungsempfänger nicht schutzwürdig, da er durch verwerfliches Verhalten die Abgabe der Willenserklärung herbeigeführt hat. Aus dem Grund entfällt auch die Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens nach § 122 BGB. Der Unterschied zu den bisher erörterten Tatbeständen liegt darin, dass hier kein Irrtum des Erklärenden vorliegt. Schutzzweck dieser Anfechtungsgründe ist die Freiheit der Willensentschließung. Die arglistige Täuschung ähnelt dem strafrechtlichen Betrugstatbestand (§ 263 StGB). Das Hauptmerkmal besteht im „Hervorrufen oder Aufrechterhalten eines Irrtums durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen" (BGH, NJW 2001, 64), z.B. wenn ein Verkäufer eines Handelsgeschäfts gefälschte Bilanzen vorlegt. Arglistig ist eine Täuschung, wenn sie in dem Bewusstsein vorgenommen wird, dass der Getäuschte durch sie zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt wird, die er ohne die Täuschung nicht oder nicht so abgegeben hätte (BGH, NJW 2001,
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64). Eine Bereicherungsabsicht ist dabei nicht erforderlich; ebensowenig muss die Täuschung zu einer Vermögensschädigung geführt haben. Die Täuschungshandlung kann auch in einem Unterlassen begangen werden. Dies setzt voraus, dass eine Rechtspflicht zur Aufklärung des anderen Teils besteht. Dies ist dann der Fall, wenn das Schweigen den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) widerspricht und der andere Teil nach der Verkehrsanschauung eine Aufklärung erwarten durfte (BGH, NJW 2001, 64). Beispiele: 1. Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens unterlässt den Hinweis auf einen nicht unerheblichen Verkehrsunfall, obwohl er hierzu verpflichtet gewesen wäre (BGH, NJW 1968, 436, 437). 2. Der Verkäufer eines Hausgrundstücks verschweigt, dass das Grundstück zur Straßenerweiterung in Anspruch genommen werden soll. 3. Ein Versicherungsnehmer verschweigt wesentliche Vorerkrankungen beim Abschluss einer Lebensversicherung (weitere Beispiele, vgl. Palandt-Heinrichs, § 123 BGB, Rnn. 5 ff.). Es sind in diesem Zusammenhang auch Fälle denkbar, dass nicht der Erklärungsempfänger, sondern ein Dritter die Täuschung verübt hat. Nach § 123 Abs. 2 BGB ist die Anfechtung dann ausgeschlossen, wenn die Täuschung durch einen Dritten verübt wurde und der Erklärungsempfänger die Täuschung weder kannte noch kennen musste. Entscheidend ist hierbei die Definition, wer Dritter ist. Der Begriff des „Dritten" ist umstritten. Die Rspr. (vgl. BGHZ 33, 302; 47, 224, 227; BGH, NJW 1996, 1051) entscheidet im Einzelfall nach Billigkeit und Interessenlage. „Dritter" soll nicht sein, wer Vertrauensperson des Erklärungsempfängers ist oder diesem sonst nach Treu und Glauben zugerechnet werden kann. Dritter ist z.B. der bloße Vermittler des Erklärungsempfängers, nicht dagegen sein Vertreter oder ein sonstiger Gehilfe, der den Vertrag weitgehend vorbereitet hat. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch eine widerrechtliche Drohung bestimmt worden ist, kann diese Erklärung ebenfalls anfechten. Dies setzt das Vorliegen einer Drohung voraus, die rechtswidrig ist und ursächlich für die Abgabe der Erklärung gewesen ist. Unter Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines empfindlichen Übels, auf dessen Eintritt der Handelnde glaubt einwirken zu können (BGH, NJW 1988, 2599). Das „Übel" braucht nicht besonders schwerwiegend zu sein oder den Erklärenden selbst zu treffen. Erforderlich ist lediglich, dass die Ankündigung beim Bedrohten eine subjektive Zwangslage auslöst. Bei der Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1 Fall 2) tritt vor allem folgendes Problem auf: Zweifelsfrei widerrechtlich sind Drohungen mit einem rechtswidrigen Mittel (z. B. mit Verprügeln oder der gewaltsamen Wegnahme einer Sache) oder zu einem rechtswidrigen Zweck (z.B. zur Hergabe von Rauschgift)Zweifelhaft ist dagegen, wann sich eine Widerrechtlichkeit aus der ZweckMittel-Relation ergibt, also wann selbst ein erlaubtes Mittel (z.B. eine Strafanzeige) für einen erlaubten Zweck (z.B. zur Entschädigung des Drohenden) nicht angedroht werden darf.
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II. BGB - Allgemeiner Teil Beispiel: Der Gläubiger droht, den Ehemann wegen Betrugs anzuzeigen, wenn sich nicht die Ehefrau für die Schulden des Mannes verbürgt; dort wurde Rechtswidrigkeit verneint, allerdings auch mit Rücksicht auf besondere Umstände (BGHZ 25, 217; ausführlicher Medicus, BGB AT, Rn. 818; Brox, BGB AT, Rn. 470).
Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung kann nach § 124 BGB nur binnen Jahresfrist erfolgen, wobei die Frist im Falle der Täuschung dann beginnt, sobald der Erklärende von der Täuschung Kenntnis erlangt hat und im Falle der Drohung, in welchem die Zwangslage aufhört (Palandt-Heinrichs, § 124 BGB, Rn. 2). Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung 10 Jahre verstrichen sind (§ 124 Abs. 3 BGB). e. Formvorschriften Im bürgerlichen Recht gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Dieser Grundsatz bedeutet, dass die von den Parteien vorgenommenen Rechtsgeschäfte „formlos", d. h. ohne Beachtung einer vom Gesetz oder vertraglich vereinbarten Form gültig sind. Ist vom Gesetz die Einhaltung einer bestimmten Form vorgeschrieben, so ist das Rechtsgeschäft im Falle der Nichteinhaltung gem. § 125 S. 1 BGB nichtig. Bei der Nichtbeachtung der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form (§ 125 S. 2 BGB) hat dies nur im Zweifel gleichfalls die Nichtigkeit zur Folge. Die Tragweite der Nichteinhaltung ist durch Auslegung zu ermitteln. Soll die Formvorschrift lediglich der Beweissicherung oder Klarstellung dienen, ist das Rechtsgeschäft auch bei Nichteinhaltung der Form wirksam (Palandt-Heinrichs, § 125 BGB, Rn. 12). Im Falle der Nichteinhaltung der gesetzlichen Formvorschriften kann in einigen wenigen Fällen der Formmangel durch Erfüllung des Rechtsgeschäfts geheilt werden (z. B. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang § 167 Abs. 2 BGB. Soll ein formbedürftiges Rechtsgeschäft von einem Stellvertreter vorgenommen werden, so bedarf die Bevollmächtigung zu diesem Geschäft grundsätzlich nicht der Form. Die Anordnung von Formvorschriften hat einen mehrfachen Zweck: -
Beweisfunktion, Warnfunktion, Belehrungsfunktion sowie Kontrollfunktion.
Zu den wichtigsten Formvorschriften zählen: Schriftform (§ 126) bedeutet, dass die Erklärung schriftlich (nicht unbedingt handschriftlich) aufgesetzt und von dem Aussteller „eigenhändig" zu unterzeichnen ist; eine Unterzeichnung durch einen Stellvertreter ist zulässig.
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Das Schriftformenerfordernis des § 126 BGB erfüllen grundsätzlich nicht der Faksimilestempel oder die Übersendung eines Telefaxes. Beim Telefax ist zwar die Unterschrift auf der Originalurkunde, diese ist jedoch nicht zugegangen und damit nicht wirksam (vgl. BGH, NJW 1993, 1126 - Bürgschaft per Telefax). Beispiel: Beendigung oder Befristung von Arbeitsverträgen (§ 623 BGB); Verbraucherkreditverträge; Übernahme einer Bürgschaft (§ 766 BGB); Abgabe eines abstrakten Schuldanerkenntnisses oder -Versprechens (§§ 780, 781 BGB) - beachte bei Kaufleuten i.S.v. §§ 1 ff. HGB die Formfreiheit dieser Erklärungen nach § 350 HGB - oder die Befristungsabrede bei Miet- und Pachtverträgen nach §§ 550 BGB. Bei Miet- und Pachtverträgen, die länger als ein Jahr gelten sollen (§§ 550, 581 BGB), hat die Nichtbeachtung dieser Formvorschrift allerdings nicht die Nichtigkeit dieses Vertrags, sondern nur die Ungültigkeit dieser Befristung zur Folge. Die öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB) bedeutet, dass die Echtheit der Unterschrift oder des Handzeichens von einem Notar beglaubigt wird. Die Beglaubigung bezieht sich nur auf die Unterschrift, nicht auf die Urkunde; der Notar bestätigt, dass die Unterschrift von der Person herrührt, die die Erklärung abgegeben hat.
Beispiel: Anmeldungen zur Eintragung ins Handelsregister (§ 12 HGB) oder Vereinsregister (§ 77 BGB); Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt (§ 29 Abs. 1 GBO). Notarielle Beurkundung (§§ 127 a, 128 BGB) als strengste Form bedeutet, dass der Gesamttext eines Vertrags vom Notar beurkundet wird. Einzelheiten über die Beurkundung finden sich im Beurkundungsgesetz. Die Erklärung wird nach vorangegangener Beratung vor dem Notar abgegeben, von diesem niedergeschrieben, den Erklärenden vorgelesen, von diesen genehmigt und unterschrieben sowie anschließend durch den Notar unterzeichnet. Für besonders wichtige Verträge ist vom Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben. Beispiele: Vertrag über die Veräußerung oder den Erwerb eines Grundstücks (§ 311 b Abs. 1 BGB); Erbverzichtsvertrag (§ 2348 BGB); Erbschaftskauf (§ 2371 BGB); Gründungsvertrag zur Errichtung einer GmbH (§ 2 GmbHG); Abgabe eines Schenkungsversprechens (§518 Abs. 1 BGB). In bestimmten Fällen ist eine Heilung des Formmangels vorgesehen. Beispiele: Erfüllung des Schenkungsversprechens (§ 518 Abs. 2 BGB); beim Grundstücksverkauf durch Bewirken der versprochenen Leistung, d. h. durch Auflassung und Eintragung (§ 311 b S. 2 BGB).
Die bestehenden Formvorschriften wurden den Anforderungen des modernen Rechts- und Geschäftsverkehrs nicht mehr gerecht, wenn neue Informations- und Kommunikationstechnologien genutzt werden. Willenserklärungen können - wie erwähnt - auch auf elektronischem Wege, z.B. per E-Mail oder lediglich als
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Mausklick wirksam abgegeben werden; dies gilt im Übrigen auch für Computererklärungen (zum Vertragsabschluss im Internet, vgl. BGH, NJW 2002, 363). Mit der Abgabe von Willenserklärungen konnte bisher keine gesetzliche Form gewahrt werden, da beim Empfänger keine verkörperte Erklärung zugeht. Der Gesetzgeber hatte mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr (vgl. BGB1. I 2001, 1542) zwei neue Formtatbestände in das BGB eingefügt; die „elektronische Form" und die „Textform". Mit der elektronischen Form kann nach § 126 Abs. 3 BGB die schriftliche Form grundsätzlich ersetzt werden, wenn die andere Partei damit einverstanden ist (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, § 126 a BGB, Rn. 6). Soll nach § 126 a BGB die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen zufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen (§ 126 a Abs. 1 BGB, vgl. Legaldefinition der elektronischen Signatur in § 2 Nr. 3 SigG); diesbezügliche Einzelheiten regelt das Signaturgesetz (SigG). Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der nach § 126 a Abs. 1 BGB bezeichneten Weise elektronisch signieren (§ 126 a Abs. 2 BGB). Der Anwendungsbereich der elektronischen Form entspricht grundsätzlich dem der Schriftform. In den Fällen der §§ 484 Abs. 1 S. 2 BGB („Teilzeitwohnrechtevertrag"), 492 Abs. 1 S. 2 BGB („Verbraucherdarlehensvertrag"), 623 BGB („Kündigung" oder „Aufhebung" eines Arbeitsverhältnisses), 630 (Zeugniserteilung), 761 S. 2 (Leibrentenversprechen), 766 S. 2 (Bürgschaft), 780 (Schuldversprechen), 781 BGB (Schuldanerkenntnis) kann die Schriftform (noch) nicht durch die elektronische Form ersetzt werden; damit steht die elektronische Signatur der eigenhändigen Unterschrift nur in verhältnismäßig unbedeutenden Fällen gleich, z. B. bei den §§ 368 (Quittung), 550 S. 1,568 Abs. 1 (Abschluss und Kündigung von Mietverträgen über Wohnraum), 1154 (Abtretung von Hypotheken oder Grundschuldbriefen) sowie bei § 355 Abs. 2 S. 2 BGB (Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung durch den Verbraucher im Rahmen von Verbraucherverträgen). Neu eingefügt ist auch die in § 126 b BGB geregelte Textform, mit der - dem Bedürfnis nach zunehmender Automatisierung Rechnung tragend - lesbare, aber unterschriftslose Erklärungen erfasst werden sollen, z. B. Erklärungen per Fax oder per E-Mail. Es handelt sich um eine gegenüber der Schriftform erleichterte Form, bei der also eine eigenhändige Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur entbehrlich ist. Für die Textform ist ausreichend, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere Weise zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneter Weise abgegeben wird, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Die Textform kommt in den Fällen in Betracht, in denen sie im Gesetz ausdrücklich zugelassen ist (vgl. Lozenz/Riehm, Rnn. 11 ff.). Beispiele: Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB; Mieterhöhungsverlangen
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nach § 558 a Abs. 1 BGB; Zurückweisung der Anzeige von Reisemängeln gem. § 651 g Abs. 2 S. 3 BGB; vgl. ausführlich Palandt-Heinrichs, § 126 b BGB, Rn. 2.
f. Dissens In der „Nachbarschaft" von Irrtum und Auslegung steht auch der Dissens. Allerdings gilt dies nicht für den „offenen Dissens" (§ 154 BGB). Hier wissen die Vertragsparteien, dass sie sich nicht geeinigt haben. Beim „versteckten Dissens" (§ 155 BGB) nimmt dagegen mindestens eine Vertragspartei eine solche Einigung an. Kennzeichnend für einen Dissens ist, dass sich die bereits einer Auslegung unterzogenen Erklärungen nicht miteinander decken. Im Falle eines Irrtums besteht eine Inkongruenz von Wille und Erklärung. Dissens bedeutet dagegen eine Inkongruenz beider Erklärungen. So kann ein Irrtum daher auch bei einer nicht empfangsbedürftigen Willenserklärung möglich sein, ein Dissens dagegen nur beim Vertragsschluss. Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist zu unterscheiden: - Betrifft der Dissens wesentliche Vertragsbestandteile, so ist kein Vertrag zustandegekommen. Betrifft der Vertrag lediglich Nebenpunkte, so findet die Auslegungsregel des § 155 BGB Anwendung. - Haben sich die Parteien bei einem Vertrag, den sie als geschlossen ansehen, über einen Punkt, über den eine Vereinbarung getroffen werden sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte (nur), wenn anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde. g. Zusätzliche Wirksamkeitserfordernisse aa. Übersicht In der Regel tritt die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts mit dessen Abschluss ein, das bedeutet „sofort". Die Parteien können jedoch - j e nach den individuellen Bedürfnissen - durch Vereinbarung von Bedingungen oder Befristungen diese Wirkungen abändern. Man unterscheidet in dieser Hinsicht folgende Erscheinungsformen: Bedingung:
Auflösende und aufschiebende Bedingung, § 158 BGB
Befristung:
Anfangstermin und Endtermin, § 163 BGB
Zustimmung:
Einwilligung und Genehmigung, §§ 182 ff. BGB
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bb. Bedingung Ein Rechtsgeschäft kann unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung vorgenommen werden. Dadurch machen die Vertragsparteien die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts vom Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses abhängig. Eine Bedingung wird meist aus dem Grund in ein Rechtsgeschäft aufgenommen, um bereits bei Abschluss des Geschäfts einen möglichen zukünftigen Umstand zu berücksichtigen und das Geschäft der künftigen Entwicklung anzupassen. Ein in der Praxis häufiger Fall, wo ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wird, ist der Eigentumsvorbehalt beim Verkauf einer Sache (§ 449 BGB). Durch Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts steht die Eigentumsübertragung der Kaufsache unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises. Ein anderes Beispiel ist der Kauf auf Probe (§ 454 BGB). Der Kaufvertrag auf Probe wird hier unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung des Kaufgegenstands durch den Käufer abgeschlossen. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endet mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts. Vom Zeitpunkt des Bedingungseintritts an tritt der frühere Rechtszustand wieder ein, (vgl. § 158 Abs. 2 BGB). Beispiel für eine auflösende Bedingung ist vor allem die Sicherungsübereignung. Hier erfolgt die Übereignung einer Sache zum Zweck der Kreditsicherung. Die RückÜbertragung des Eigentums soll bei vollständiger Tilgung der Verbindlichkeit erfolgen. Auflösende Bedingungen stellen auch die unter Kaufleuten gelegentlich verwendeten Selbstbelieferungsklauseln dar. Die Vertragsklausel „Selbstbelieferung vorbehalten" macht die Wirksamkeit des Kaufvertrags davon abhängig, dass der Verkäufer von seinem Lieferanten die Waren erhält, die er an den Käufer verkauft hat. Nicht alle Rechtsgeschäfte können unter einer Bedingung abgeschlossen werden. In bestimmten Fällen ist aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit die Vereinbarung einer Bedingung vom Gesetz nicht gestattet. Beispiele: 1. Die Ausübung von Gestaltungsrechten (Kündigung, Anfechtung) darf nicht unter einer Bedingung stehen; der Erklärungsempfänger soll wissen, woran er ist. 2. Rechtsgeschäfte (statusbegründende) im Familienrecht, etwa die Eheschließung gem. §§ 1303 ff. BGB oder die Ehelicherklärung nach § 1724 BGB sind bedingungsfeindlich. 3. Die Auflassung von Grundstücken (§ 925 BGB) ist bedingungsfeindlich; die Eintragung darf nicht von Ungewissheiten abhängen.
cc. Befristung Unter einer Befristung versteht man eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung, wonach die Rechtsfolgen von einem zukünftigen gewissen Ereignis abhängen sollen (Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 158 BGB, Rn. 2). Das Gesetz kennt die Anfangs- und Endtermine. Der Oberbegriff ist die Zeitbestimmung. Nach § 163 BGB gelten die Vorschriften über die Bedingungen grundsätzlich entsprechend.
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dd. Zustimmung Durch Erfordernisse der „Zustimmung" wird die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften von zusätzlichen Voraussetzungen, nämlich der Zustimmung Dritter, abhängig gemacht. Es handelt sich bei den Rechtsgeschäften, die die Mitwirkung dritter Personen erfordert, im Wesentlichen um folgende Konstellationen. Die erste Konstellation betrifft den Fall, wenn Dritte Aufsichtsrechte ausüben. In diesem Fall bedürfen Rechtsgeschäfte von beschränkt Geschäftsfähigen nach den §§ 107 ff. BGB der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Der Minderjährige soll dadurch vor möglichen Nachteilen durch eigenes Handeln geschützt werden. Die zweite Konstellation betrifft den Fall, wenn Rechtsgeschäfte in die Rechtssphäre Dritter eingreifen. Diese Konstellation ist weitaus häufiger. Hier kann die Wirksamkeit von derartigen Rechtsgeschäften (selbstverständlich) nur von der Zustimmung des betroffenen Dritten abhängig gemacht werden (Klunzinger, S. 138 ff.). Beispiele: 1. Die Rechtsgeschäfte, die ein Vertreter ohne Vertretungsmacht getätigt hat, bedürfen nach § 177 BGB der Genehmigung des Vertretenen. 2. Die Verfügung eines Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen bedarf der Zustimmung des anderen Ehegatten (§§ 1365, 1369 BGB). 3. Die (befreiende) Schuldübernahme zwischen Alt- und Neuschuldner gem. § 415 BGB muss vom Gläubiger genehmigt werden. Die vorherige Zustimmung wird als Einwilligung bezeichnet (Legaldefinition in § 183 BGB). Die Einwilligung kann vom Einwilligenden gem. § 183 Abs. 1 BGB bis zur Vornahme des zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfts grundsätzlich frei widerrufen werden. Die nachträgliche Zustimmung wird als Genehmigung bezeichnet nach der Legaldefinition in § 184 Abs. 1 BGB. Die Genehmigung wirkt, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück. Durch diese Rückwirkung (ex-tunc-Wirkung) wird erreicht, dass das zustimmungsbedürftige Geschäft so behandelt wird, als wäre der Mangel der Zustimmung überhaupt nicht vorhanden. Besonders geregelt ist die Verfügung eines Nichtberechtigten in § 185 BGB. Zum Verständnis dieser Vorschrift ist an dieser Stelle ein Hinweis auf das im bürgerlichen Recht geltende Abstraktionsprinzip nötig. Im bürgerlichen Recht besteht - anders als beispielsweise im anglo-amerikanischen Rechtskreis - die Besonderheit, dass zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften unterschieden wird. Das Verpflichtungsgeschäft, durch das sich eine Person zu einer Leistung verpflichtet (Grundgeschäft), ist von der Erfüllung dieses Rechtsgeschäfts in rechtlicher Hinsicht zu trennen. Das Verpflichtungsgeschäft ist der Grund (lat.: causa) für die Vornahme des Erfüllungsgeschäfts. Das Verpflichtungs- und das Erfüllungsgeschäft sind also zwei voneinander zu trennende Verträge. Das Abstraktionsprinzip lässt sich am folgenden Beispiel veranschaulichen.
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II. BGB - Allgemeiner Teil Beispiel: Wer eine Sache kauft, schließt regelmäßig - ohne sich dessen bewusst zu sein - drei Verträge: einen Kaufvertrag, einen Übereignungsvertrag hinsichtlich der Sache und einen Übereignungsvertrag hinsichtlich des Geldes.
Man muss sich dabei vor Augen halten, dass der Gesetzgeber bei der Verwendung des Begriffs „Kaufvertrag" nur die schuldrechtliche Verpflichtung für die Vertragsparteien meinte, das Eigentum an der Sache und des Geldes zu übertragen. Davon losgelöst ist die Eigentumsübertragung als eigenständiger Vertrag vorgesehen. Eine Konsequenz aus dem Abstraktionsprinzip ist, dass sich jeder durch einen schuldrechtlichen Vertrag zu einer Leistung verpflichten kann; ob er sie dann auch erfüllt, ist ein anderes Problem. Das führt zu dem Ergebnis, dass eine Sache u. U. mehrfach „verkauft" werden kann. Es liegen dann mehrere Verträge vor, die den Schuldner zur Eigentumsverschaffung an der Sache verpflichten. Der Verkäufer kann deshalb auch Sachen verkaufen, die ihm nicht „gehören". Er verpflichtet sich zwar, das Eigentum daran zu verschaffen. Ob dies letztlich verwirklicht wird, hängt aber davon ab, ob der Eigentümer (oder der Berechtigte) diesem Rechtsgeschäft zustimmt. Nach § 185 Abs. 1 BGB ist eine Verfügung, über die ein Nichtberechtigter verfügt, dann wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt. Häufig ist eine solche Konstellation im Handelsverkehr zu finden. Es werden Waren unter Eigentumsvorbehalt von einem Lieferanten an den Händler geliefert, die dieser an den Endabnehmer veräußern will. Der Lieferant bleibt zunächst durch den Eigentums Vorbehalt Eigentümer der Ware, auch wenn sich die Ware schon beim Händler befindet. Veräußert nun der Händler an den Endabnehmer, so verfügt er über das Eigentum des Lieferanten (an sich) als Nichtberechtigter. Er hat aber die Einwilligung des Lieferanten (der ja will, dass seine Ware verkauft wird), so dass das Rechtsgeschäft mit Zustimmung des Eigentümers stattgefunden hat. Regelmäßig ist die Verfügung über das Eigentum des Lieferanten mittels der Lieferbedingungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) gestattet. Der Eigentümer erklärt darin also seine Einwilligung. Eine Verfügung eines Nichtberechtigten wird gem. § 185 Abs. 2 BGB auch dann wirksam, wenn der Berechtigte sie (später) genehmigt. Beispiel: Dieb D stiehlt dem Eigentümer E einen PC und veräußert diesen zum Preis von 800 € an den K. Welche Rechte hat E? E könnte gegen K auf Herausgabe nach § 985 BGB klagen. Er ist Eigentümer geblieben, da trotz guten Glaubens an gestohlenen Sachen kein Eigentumserwerb möglich ist (vgl. § 935 BGB). Regelmäßig ist aber K nicht mehr auffindbar, so dass schon aus diesem Grunde E ein Interesse daran hat, statt der Herausgabe des gestohlenen Geräts von D die Herausgabe des erzielten Kaufpreises zu verlangen. Als Anspruchsgrundlage kommt § 816 Abs. 1 BGB in Betracht. Wenn ein Nichtberechtigter eine Verfügung trifft, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, hat der Berechtigte Anspruch auf Herausgabe des erzielten Erlöses. Zwar ist die Verfügung des D unwirksam, E kann jedoch
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diese Verfügung genehmigen. Sie wird dann nach § 185 Abs. 2 BGB ihm gegenüber wirksam. E verliert damit rückwirkend (vgl. § 184 Abs. 1 BGB) das Eigentum durch Veräußerung des Nichtberechtigten D. Folglich liegen die Voraussetzungen des § 816 Abs. 1 BGB vor. E hat gegen D einen Anspruch auf Herausgabe der erzielten 800 € .
h. Nichtigkeitsgründe Es kommt aber auch vor, dass ein Rechtsgeschäft so schwere Mängel aufweist, dass das Gesetz diesem keinerlei rechtliche Wirkung zubilligt. Das Rechtsgeschäft ist dann „nichtig". Die wichtigsten Fälle, in denen das Gesetz eine Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vorsieht, sind die fehlende Geschäftsfähigkeit, der Verstoß gegen gesetzliche Verbote und das sittenwidrige Rechtsgeschäft. aa. Geschäftsfähigkeit Unter Geschäftsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, Willenserklärungen wirksam abzugeben und entgegenzunehmen. Die §§ 104 ff. BGB enthalten Schutzvorschriften zugunsten des Minderjährigen und der anderen in den Paragraphen genannten Personen. Danach sind die Willenserklärungen von Minderjährigen unter 7 Jahren nichtig (§§ 104 Nr. 1 BGB, 105 BGB), ebenso wie die Willenserklärungen von Personen, die sich in einem, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach vorübergehend ist" (§§ 104 Nr. 2 BGB, 105 BGB). Beispiel: Ein 4-jähriges Kind ist zwar rechtsfähig, so dass es Eigentümer eines Grundstücks sein kann. Es kann aber keine Rechtsgeschäfte tätigen, selbst wenn es einen Kaufvertrag über ein Spielzeugauto abschließt. Mit dem Betreuungsgesetz wurde die Entmündigung wegen Geisteskrankheit abgeschafft. Die frühere Regelung bedeutete einen zu starren Eingriff und berücksichtigte die Restfähigkeiten des Betroffenen nicht ausreichend. Die Stellung eines Betreuers hat keine Auswirkung auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten. Zu seinem Schutz wird für bestimmte Geschäfte ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet (vgl. Köhler, BGB AT, § 10, Rn. 7, ebenso Rüthers/Stadler, BGB AT, § 23, Rnn. 42 ff. zum Rechtsinstitut der Betreuung). Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unwirksamkeit macht § 105 a BGB für Geschäfte des täglichen Lebens, die mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden können. Das vom Geschäftsunfähigen getätigte Geschäft ist wirksam, sobald Leistung und Gegenleistung bewirkt sind. Sinn und Zweck dieser Regelung ist die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit des Geschäftsunfähigen und die Förderung seiner sozialen Emanzipation, nicht dagegen die Sicherheit des Rechtsverkehrs. Etwas anderes gilt nach § 105 a S. 2 BGB nur bei einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Geschäftsunfähigen. Der Gedanke, z.B. bei Volltrunkenheit auf eine Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB zu schließen, geht fehl, da die Volltrunkenheit nur eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit darstellt, auch wenn die Völltrunkenheit
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II. BGB - Allgemeiner Teil
möglicherweise ein Dauerzustand des Betreffenden ist. Gibt der Volltrunkene eine Willenserklärung ab, so ist diese aber nach § 105 Abs. 2 BGB („vorübergehende Störung der Geistestätigkeit") nichtig. Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren sind beschränkt geschäftsfähig. Die Rechtsgeschäfte des beschränkt Geschäftsfähigen sind im Gegensatz zu denen des Geschäftsunfähigen nicht unheilbar nichtig, sondern schwebend unwirksam. Das bedeutet, dass sie von der Einwilligung oder Genehmigung des gesetzlichen Vertreters abhängig sind (§ 107 BGB). Bei der beschränkten Rechtsfähigkeit ist zu unterscheiden zwischen zustimmungsbedürftigen und nicht zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäften (vgl. Abb. II.7). Zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte
Nicht zustimmungsbedürftige schäfte
Rechtsge-
Rechtsgeschäfte, die nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sind, Das sind alle Rechtsgeschäfte, die für den Minderjährigen eine Verpflichtung begründen, sozusagen alle gegenseitigen Verpflichtungsgeschäfte, wie z.B. Kauf-, Miet- oder Werkvertrag
Höchstpersönliche Rechtsgeschäfte, z. B. Rücktritt vom Verlöbnis. Rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte, z. B. Schenkung Rechtlich neutrale Rechtsgeschäfte, z.B. Rechtsgeschäfte, die der Minderjährige als Vertreter vornimmt
Abb. II.7. Beschränkte Geschäftsfähigkeit Hinsichtlich der Frage, ob ein Rechtsgeschäft für einen Minderjährigen „lediglich rechtlich vorteilhaft" ist, kommt es allein auf die rechtlichen Folgen für den Minderjährigen an, nicht dagegen auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. So liegt ein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft z.B. auch dann vor, wenn der Minderjährige einen besonders günstigen Kauf tätigt, da er allein hierdurch eine persönliche Verpflichtung (Zahlung des Kaufpreises) eingeht. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass nach h. M. die Erbringung einer Leistung an einen Minderjährigen keine Erfüllung auslöst, sondern nur dann, wenn der gesetzliche Vertreter zustimmt, da der Untergang der Leistungsverpflichtung für den beschränkt Geschäftsfähigen rechtlich nachteilig wäre (Köhler, BGB AT, § 10, Rn. 18). Beispiel: Erbe E schuldet seinem minderjährigen Neffen A 10 000 € aus einem Vermächtnis. E zahlt das Geld an A, ohne die Eltern zu informieren. A „verjubelt" das ganze Geld. Liegt hier eine Erfüllung der Verpflichtung vor? Hier liegt keine Erfüllung des E aus dem Vermächtnis vor, da es an der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters fehlte. Der „beschränkt Geschäftsfähige" kann allerdings in bestimmten Fällen auch „allein" nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte abschließen, und zwar in den vom Gesetz bestimmten Einwilligungstatbeständen der §§ 110, 112 und 113 BGB.
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§ 110 BGB ist ein Sonderfall der Einwilligung durch Überlassen von Mitteln des gesetzlichen Vertreters („Taschengeldparagraph"). Wie weit diese Einwilligung allerdings reicht, ist durch Auslegung zu ermitteln (Brox, BGB AT, Rn. 281). Beispiel: Der 13-jährige Z erhält monatlich 100 € Taschengeld. Kann er davon Zigaretten kaufen? Der Kaufvertrag ist schwebend unwirksam, da er weder einen rechtlichen Vorteil bringt noch eine Einwilligung der Eltern vorliegt. Die Auslegungsregel des § 110 BGB greift hier nicht ein. Soweit dem Minderjährigen das Geld zur freien Verfügung überlassen wird, ist die von dem gesetzlichen Vertreter getroffene Zweckbestimmung entscheidend. Überlassen die Eltern einem 13-jährigen 100 € monatlich zur freien Verfügung, so geht diese Einwilligung nicht soweit, dass er davon Zigaretten (oder pornographische Literatur) kaufen kann. Mit der Verweigerung wird der von Z geschlossene Kaufvertrag endgültig unwirksam. Beispiel: Der 16jährige M kauft sich von seinem Taschengeld ein Los für 2 € . Er gewinnt damit 2 000 € und kauft sich ein Motorrad. Ist der Kaufvertrag wirksam? Der Kaufvertrag über das Los ist wirksam nach § 110 BGB. Der Kaufvertrag über das Motorrad hingegen ist unwirksam, weil die konkludente Einwilligung der Eltern nicht so weit reicht, dass M auch über den Losgewinn verfügen können soll (vgl. RGZ 74, 234).
Echte Ausnahmen zu den §§ 107,108 BGB sind die §§ 112,113 BGB. In diesen Fällen ist der Minderjährige für einen bestimmten Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gem. § 112 BGB, im Falle „eines Dienst- und Arbeitsverhältnisses" gem. § 113 BGB unbeschränkt geschäftsfähig. Hiervon ausgenommen sind die Rechtsgeschäfte, für die der gesetzliche Vertreter die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts benötigt. bb. Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot Rechtsgeschäfte müssen einen zulässigen Inhalt haben, um eine rechtliche Wirksamkeit entfalten zu können. Für alle Rechtsgeschäfte gilt § 134 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Es muss also ein Verbotsgesetz vorliegen. Ob eine Rechtsnorm ein gesetzliches Verbot enthält und im Falle eines Verstoßes zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, lässt sich aus § 134 BGB nicht entnehmen. Hier ist im Wege der Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Gesetzesvorschrift zu ermitteln, ob die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vorliegt (Brox, BGB AT, Rn. 321). Durch § 134 BGB soll ein rechtswidriger Leistungsaustausch zwischen den Parteien verhindert werden. Richtet sich das Verbot nur gegen die äußeren Umstände, beispielsweise gegen den Ort, die Zeit oder die Art und Weise der Vornahme des Rechtsgeschäfts, so ist dieses grundsätzlich wirksam. Entscheidend ist aber stets der Schutzzweck des jeweiligen Gesetzes.
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II. BGB - Allgemeiner Teil
Trifft das Verbot den Regelungsgehalt, d. h. den Inhalt des Rechtsgeschäfts, so ist dieses regelmäßig nichtig. Insbesondere bei einem Verstoß beider Parteien gegen ein Inhaltsverbot wird es i. d. R. mit dem Sinn und Zweck der Norm unvereinbar sein, den wirtschaftlichen Erfolg des verbotenen Geschäfts hinzunehmen. Ein wesentliches Indiz für ein gesetzliches Verbot ist es insoweit, wenn das Verhalten für beide Beteiligten mit Strafe oder Bußgeld sanktioniert ist. Wendet sich das Verbot demgegenüber nur gegen das Verhalten einer Partei, so ist besonders zu prüfen, ob das Rechtsgeschäft im Interesse der redlichen Partei nicht doch wirksam sein soll. Verträge, bei deren Abschluss nur eine der Parteien ein gesetzliches Verbot verletzt, sind regelmäßig gültig (vgl. BGHZ 46,24,26); so ist ein Werkvertrag auch dann wirksam, wenn der Bauhandwerker pflichtwidrig nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist (BGH, NJW 1984,230). Einseitige Verbotsverstöße führen nur dann zur Nichtigkeit, wenn es mit dem Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung bestehen zu lassen (vgl. BGH, NJW 1991, 2955, 2956; Rüthers/Stadler, BGB AT, § 26, Rnn. 4 ff.). Wird z. B. gegen das Ladenschlussgesetz verstoßen, indem nach Ladenschluss eine Sache verkauft wird, so bleibt das abgeschlossene Rechtsgeschäft wirksam, da der Sinn und Zweck des Gesetzes vor allem der Arbeitnehmerschutz ist. Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot liegt z. B. vor bei Hehlergeschäften, beim Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz, bei einem Verstoß gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz und bei einem Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz (weitere Fälle, vgl. PalandtHeinrichs, § 134 BGB, Rnn. 14 ff.). cc. Sittenwidrigkeit Im Privatrecht gilt der Grundsatz der Privatautonomie. Dieser beinhaltet die bereits erwähnte Befugnis, die Lebensverhältnisse mittels Rechtsgeschäft eigenverantwortlich zu gestalten. Andererseits hat auch diese Befugnis ihre Grenzen. Als Grenze hat der Gesetzgeber die „guten Sitten" angesehen. Darunter versteht wohl jeder etwas anderes. Die Rspr. hat versucht, diesen dehnbaren Begriff einzuengen und hat ihn definiert „als das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" (BGH, NJW 1999, 2266 (2267); BGHZ 10, 228 (232); RGZ 80, 219). Ein Verstoß hiergegen ist als sittenwidrig zu betrachten. Aber auch diese Formel ist unpräzise und bedarf deshalb ebenfalls einer weiteren Ausfüllung. Anknüpfungspunkt ist dabei nicht die „Sitte" oder „Sittlichkeit", sondern die bestehende Rechts- oder Sozialmoral in der Gemeinschaft oder der beteiligten Gruppe. Es ist hierbei auf die Auffassung eines „anständigen Durchschnittsmenschen" abzustellen (Brox, BGB AT, Rn. 329). Aber auch nach diesen Anknüpfungspunkten ist die Frage, wann die Voraussetzungen des § 138 BGB vorliegen, nicht einfach zu beantworten. Zur Vereinfachung kann man zwei Fallgruppen heranziehen. So kann in der ersten Fallgruppe die Sittenwidrigkeit in dem bewusst schädigenden Verhalten eines Vertragspartners liegen. Das ist der Anwendungsbereich des § 138 Abs. 2 BGB (Wucher oder wirtschaftliche Knebelung). So liegen die Fälle, in denen der Vertragspartner seine Machtposition bewusst missbraucht, z. B. indem er sich übermäßig hohe Zinsen oder andere Sicherheiten für einen Kredit geben lässt.
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Die zweite Fallgruppe betrifft die Fälle, in denen beide Vertragsparteien bewusst einen Dritten schädigen oder gegen gewisse „ungeschriebene Gesetze" der Gesellschaft verstoßen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an die Verträge, die auf eine Belohnung oder Förderung der Unzucht gerichtet sind. Aber auch Abwerbungsversuche mit Angestellten fremder Unternehmen können sittenwidrig sein, wenn der Angestellte dadurch zum Vertragsbruch gegenüber seinem derzeitigen Arbeitgeber verleitet wird; des weiteren sind alle Schmiergeldversprechen sittenwidrig (Auflistung von Einzelfallentscheidungen in Palandt-Heinrichs, § 138 BGB, Rnn. 77 ff.). i. Stellvertretung aa. Begriff und Bedeutung Die vorgenannten Fälle betrafen Konstellationen, in denen die Willenserklärung von der Person abgegeben wurde, die auch die Rechtsfolge herbeiführen wollte. Wie immer im Leben gibt es Situationen, in denen man sich anderer Personen bedient, um ein Rechtsgeschäft herbeizuführen bzw. eine Willenserklärung abzugeben (Stellvertreter). Stellvertreter benötigen natürliche Personen, die nicht (voll) geschäftsfähig sind. Vor allem (teil-)rechtsfähige Personengesellschaften (z.B. OHG, KG) oder juristische Personen (z.B. GmbH, AG) wären ohne die Möglichkeit der Stellvertretung nicht handlungsfähig. Aber auch das einzelkaufmännische Unternehmen erlangt durch die Möglichkeit der Stellvertretung einen größeren Handlungsspielraum. Zu beachten ist jedoch stets, dass eine Vertretung nur bei Willenserklärungen möglich ist. Bei Tathandlungen (= Realakten) werden die Rechtswirkungen nur an die tatsächliche Vornahme angeknüpft; ein besonderer Erklärungswille ist hierfür nicht nötig. Kennzeichnend für die Stellvertretung ist es, dass regelmäßig drei Beteiligte vorhanden sind. Dazu gehört ein Vertreter, der für einen anderen handelt, einen, für den der Vertreter die Willenserklärung(en) abgibt (Vertretener) und einen Dritten (Geschäftspartner), der mit dem Vertreter das Rechtsgeschäft vornimmt. = Innenverhältnis Vertretener
(Vertreter) l.d.R. Arbeitsvertrag, Auftrag = Außenverhältnis
Dritter
Abb. II.8. Stellvertretung Die Rechtsbeziehung zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter wird als Innenverhältnis bezeichnet. Zwischen beiden besteht i. d. R. ein Dienstvertrag in
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Form eines Arbeitsvertrags oder im Falle der Unentgeltlichkeit ein Auftragsvertrag, woraus sich die Rechte und Pflichten des Vertreters ergeben. Im Außenverhältnis bewirkt die Vertretung Rechtsfolgen zwischen dem Vertretenen und dem Dritten, d. h. es kommt ein Vertrag zwischen dem Dritten und dem Vertretenen zustande. bb. Voraussetzungen Stellt sich im Einzelfall die Frage nach der Wirksamkeit der Stellvertretung, so bestimmt sich dies nach den §§ 164 ff. BGB. Grundsätzlich ist die Stellvertretung bei jeder Willenserklärung zulässig. Unzulässig ist die Stellvertretung allerdings bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften, z.B. bei der Eheschließung (§§ 1303 ff. BGB) und der Testamentserrichtung (§ 2064 BGB). Der Vertreter handelt selbst rechtsgeschäftlich, so dass seine Willenserklärung bzw. die ihm gegenüber abgegebene Willenserklärung wirksam sein muss. Unwirksam ist die Willenserklärung, wenn der Vertreter geschäftsunfähig ist. Für die Wirksamkeit der Willenserklärung ist aber nicht erforderlich, dass der Vertreter voll geschäftsfähig ist. Es reicht eine beschränkte Geschäftsfähigkeit aus, da die Rechtsfolgen der Willenserklärung nicht ihn, sondern den Vertretenen treffen und dadurch kein rechtlicher Nachteil für den Vertreter entsteht. Der Stellvertreter ist vor allem abzugrenzen von einem Boten. Der Unterschied wird bei der Abgabe der Willenserklärung deutlich. Der Stellvertreter gibt eine „eigene Willenserklärung" ab, während der Bote lediglich eine „fremde Willenserklärung" übermittelt (Brox, BGB AT, Rn. 518). Der Bote ist im Prinzip nur ein Erklärungsüberbringer und braucht deshalb auch nicht geschäftsfähig zu sein. Ob eine Hilfsperson Stellvertreter oder Bote ist, hängt davon ab, wie er auf Geheiß des Geschäftsherrn auftritt. Es ist abzustellen auf den individuellen Handlungs- und Entscheidungsspielraum, auf die soziale Stellung des Mittlers zum Geschäftsherrn und die sonstigen Umstände, die für einen objektiven Empfänger erkennbar sind. Merksätze: - Der Vertreter sagt: „Ich schließe das Geschäft im Namen meines Auftraggebers." - Der Bote sagt: „Mein Auftraggeber lässt Ihnen sagen, dass er das Geschäft abschließt." Der Unterschied zwischen Stellvertreter und Bote wird durch mehrere Punkte deutlich (Gegenüberstellung Stellvertreter - Bote; vgl. Hunzinger, S. 146). Der Bote braucht im Gegensatz zum Stellvertreter nicht geschäftsfähig zu sein (weder beschränkt noch voll geschäftsfähig). Merksatz: „Ist ein Kind noch so klein, Bote kann es immer sein." Wenn der Bote die Willenserklärung unbewusst falsch übermittelt, ist der Geschäftsherr daran gebunden. Er kann jedoch die unrichtig überbrachte Willenserklärung gem. § 120 BGB anfechten. Die bewusste Falschübermittlung durch den Boten bewirkt hingegen keine rechtliche Bindung (Brox, BGB AT, Rn. 521; Larenz/Wolf, § 36, Rn. 26). Demgegenüber gibt der Stellvertreter eine eigene Willenserklärung ab. Bei einer Anfechtung kommt es daher darauf an, dass er sich - und nicht der Vertretene - in einem Irrtum befunden hat, der zur Anfechtung berechtigt (§ 166 Abs. 1 BGB).
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Ausnahmsweise soll es bei einer rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht auch auf die Person der Vertretenen ankommen, und zwar dann, wenn der Vertreter nach den Weisungen des Vertretenen gehandelt hat (§ 166 Abs. 2 BGB; vgl. Köhler, BGB AT, §11, Rnn. 50, 51, auch zur Anwendung auf den Fall, dass die Erteilung der Weisung an den Bevollmächtigten von Willensmängeln beeinflusst war). Der Vertreter muss außerdem „im fremden Namen" auftreten, d. h. er muss den Willen, für einen anderen zu handeln, hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen. Es gilt dabei das „Offenkundigkeitsprinzip". Es ist unerheblich, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB) oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB). Wird der Wille des Vertreters im fremden Namen zu handeln, nicht deutlich zum Ausdruck gebracht, treten die Rechtswirkungen für und gegen den Vertreter selbst ein. Es liegt dann ein Eigengeschäft vor, d. h. der „Vertreter" wird nun selbst verpflichtet. Eine Ausnahme von dem Offenkundigkeitsprinzip gilt, wenn die dem Erklärungsgegner - dessen Interessen durch das Prinzip geschützt werden sollen - die Person des Geschäftspartners gleichgültig ist. Das ist der Fall bei dem „Geschäft, für wen es angeht". Hierunter fallen insbesondere die „Bargeschäfte des täglichen Lebens". Der Dritte schließt in diesen Fällen das Rechtsgeschäft ab, unabhängig davon, ob der Geschäftspartner für sich oder einen anderen handelt. Er überlässt es dem Handelnden, ob die Wirkungen bei sich oder bei dem Dritten eintreten sollen. Bei Kreditgeschäften hingegen, mögen sie noch so häufig im täglichen Leben vorkommen, muss deutlich werden, wer den Vertrag schließen will. Der Kreditgeber legt Wert auf die Kreditwürdigkeit der jeweiligen Person, mit der er den Vertrag schließt. Von dem Handeln in fremden Namen ist das „Handeln unter fremden Namen" zu unterscheiden. Das sind die Fälle, in denen jemand unter fremden Namen eine Willenserklärung abgibt. Diese Art der „Stellvertretung" ist besonders beliebt bei Hochstaplern und denjenigen, die sich einen „Schabernack" erlauben wollen. In rechtlicher Hinsicht sind zwei Unterscheidungen zu machen. Wird bei dem Erklärungsgegner kein Irrtum über die Person des Vertragspartners ausgelöst, weil ihm der Name des Handelnden gleichgültig ist, dann liegt ein Eigengeschäft des unter einem fremden Namen Auftretenden vor. Beispiel: Der berühmte Schauspieler M will ein Hotelzimmer mieten. Da er incognito bleiben will, unterzeichnet er unter fremden Namen. Der Hotelier will regelmäßig das Geschäft mit der vor ihm stehenden Person abschließen. Der Vertrag kommt daher zustande zwischen dem Hotelier und dem M (und nicht mit dem, in dessen Namen er handelt). Kommt es dem Dritten dagegen entscheidend auf die Person des Vertragspartners an, liegt kein Eigengeschäft des Handelnden vor. Der schützenswerte Erklärungsempfänger, der das Geschäft mit dem wahren Namensträger abschließen wollte, wurde über die Person getäuscht. Es liegt ein Fremdgeschäft für den (wahren)
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Namensträger vor. Den wahren Namensträger dürfen aber aus dem Geschäft auch keine Rechtsfolgen treffen, es sei denn, wenn er mit dem Handeln des Handelnden einverstanden war. Die geschilderte Interessenlage entspricht derjenigen, wenn jemand im fremden Namen ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. Es finden daher die Vorschriften der §§ 164 ff., 177 ff. BGB entsprechend Anwendung (BGHZ 45, 193). Beispiel: Der zahlungsunfähige G kauft unter dem Namen des Z bei T ein Kfz auf Kredit. T glaubt, den kreditwürdigen Z vor sich zu haben. Unter Umständen kann T gegen G nach § 179 BGB - im Falle der Verweigerung durch Z - einen Schadensersatzanspruch haben. Die Wirkungen einer Stellvertretung treten nur ein, wenn der Vertreter Vertre-
tungsmacht hat. Die Vertretungsmacht kann sich zum einen aus dem Gesetz ergeben. So ergibt sich die gesetzliche Vertretungsmacht der Eltern aus §§ 1626, 1629 Abs. 1 BGB und für den Vormund für das Mündel aus § 1793 BGB. Mitunter kann sich die gesetzliche Vertretungsmacht unmittelbar aus der Bestellung zum „Organ" einer juristischen Person ergeben, so z. B. für den Vorstand einer AG (§ 78 AktG), den Geschäftsführer einer GmbH (§ 35 GmbHG), für die Gesellschafter einer OHG oder für die Komplementäre einer KG aus den jeweiligen Gesetzen (Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 164 BGB, Rn. 5). Die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters, der Organe juristischer Personen sowie des vertretungsberechtigten Gesellschafters von Personenhandelsgesellschaften ist grundsätzlich unbeschränkt (vgl. Köhler, BGB AT, § 11, Rn. 2). Eine Vertretungsmacht kann auch durch Rechtsgeschäft erteilt werden. Diese rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht entsteht durch Erteilung einer Vollmacht (§ 167 Abs. 1 BGB). Durch die Vollmacht wird geregelt, inwieweit der Vertreter Rechtsfolgen zwischen dem Dritten und dem Vertretenen herbeiführen kann. Da diese Frage gegenüber dem Dritten von Bedeutung ist, betrifft sie das Außenverhältnis. Regelmäßig bestehen - wie erwähnt - auch Rechtsbeziehungen zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen (z.B. durch Dienst- oder Arbeitsvertrag). Dadurch bestimmt sich, zu welchen Maßnahmen der Vertreter intern berechtigt bzw. verpflichtet ist. Diese Verbindung wird als Innenverhältnis bezeichnet. Das Außen- und Innenverhältnis sind hinsichtlich des Entstehens und des Umfangs voneinander unabhängig. Es gilt das Abstraktionsprinzip. Der Dritte ist, da er bezüglich des Innenverhältnisses keinen Einblick hat, schutzwürdig. Maßgebend ist daher nur die Vollmacht und ihr Umfang. Hat der Vertreter im Namen und mit Vollmacht des Vertretenen gehandelt, so wirkt das Geschäft für und gegen diesen auch dann, wenn der Vertreter seine intern bestehenden Beschränkungen überschritten hat.
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Beispiel: A schreibt an den Antiquitätenhändler B, dass er in den folgenden Tagen den C vorbeischicken werde, der für ihn ein Gemälde kaufen solle. Daraufhin vereinbart A mit dem C, dass er kein Bild über 1 500 € kaufen soll. C kauft bei B ein Bild für 2 000 € . Der Umfang der Vollmacht bezog sich auf den Kauf eines Gemäldes. Der Kauf ist daher wirksam zustande gekommen. Die interne Beschränkung hinsichtlich des Preises hat nur Auswirkungen auf die rechtlichen Beziehungen zwischen A und C. Unter Umständen käme ein Schadensersatzanspruch des A gegen den C wegen Vertragsverletzung in Betracht. Nach § 167 Abs. 1 BGB kann eine Vollmacht entweder gegenüber dem Bevollmächtigten (Innenvollmacht) oder gegenüber dem Dritten (Außenvollmacht) erteilt werden. Diese Begriffe sind nicht zu verwechseln mit dem Innen- und Außenverhältnis. Sowohl die Innen- als auch die Außenvollmacht betreffen das Außenverhältnis. Diese Unterscheidung ist hinsichtlich des Widerrufs der Vollmacht von Bedeutung. Die Außenvollmacht ist bis zu ihrem in gleicher Weise erfolgenden Widerruf bestandskräftig. Die Erteilung der Vollmacht ist grundsätzlich formlos gültig, selbst wenn das Rechtsgeschäft, für das die Vollmacht bestimmt ist, einer Form bedarf. In Einzelfällen ist jedoch auch für die Bevollmächtigung eine bestimmte Form einzuhalten (vgl. Köhler, BGB AT, § 11, Rn. 27). Ausschlagung einer Erbschaft (§ 1945 Abs. 3 BGB), Abschluss eines GmbH-Vertrags durch einen Bevollmächtigten und Grundbuchanträge sowie in den Fällen, in denen Sinn und Zweck es erfordern, z.B. bei einer unwiderruflichen Vollmacht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags (§ 311 b Abs. 1 BGB, vgl. BGHZ 132, 119 (124 ff.)). Die Vollmacht kann für alle Arten von Rechtsgeschäften erteilt werden, indem der Vollmachtgeber Inhalt und Umfang der Vertretungsmacht festlegt. Dabei kann er zwischen mehreren Arten der Vollmacht wählen und zwar zwischen Spezialvollmacht, die sich nur auf das vorzunehmende Rechtsgeschäft beschränkt, einer Gattungsvollmacht (Artvollmacht), die sich auf eine ganze Gruppe bestimmter Rechtsgeschäfte bezieht sowie einer Generalvollmacht. In diesen Fällen bezieht sich die Vollmacht auf alle in Betracht kommenden Rechtsgeschäfte des Vollmachtgebers. Durch Auslegung der (Haupt-)Vollmacht ist auch zu ermitteln, ob der Bevollmächtigte einem Dritten Untervollmacht erteilen darf. Um den besonderen Bedürfnissen im Handelsverkehr nach Rechtssicherheit und zügiger Abwicklung von Rechtsgeschäften gerecht zu werden, kennt das HGB drei Formen, in denen der Umfang der Vertretungsmacht gesetzlich vorbestimmt ist. Es handelt sich dabei um die Prokura (§§ 48 ff. HGB), die Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) und die Ladenvollmacht (§ 56 HGB). Die umfangreichste Vertretungsmacht hat der Prokurist, d. h. er darf alle Geschäfte vornehmen, die zum Betrieb „irgendeines" Handelsgewerbes gehören. Die Prokura darf im Außenverhältnis, d. h. im Verhältnis zu Dritten, nicht beschränkt werden.
II. BGB - Allgemeiner Teil Beispiel: Kaufmann K untersagt seinem Prokuristen P, Verträge über einen Betrag in Höhe von 50 000 € hinaus abzuschließen. Trotzdem kauft P beim Kaufmann V Waren im Wert von über 70 000 € ein. Ist K verpflichtet zu zahlen? Würde es einen Unterschied machen, wenn V die interne Beschränkung gekannt hätte? Der Vertrag zwischen K und V über die Waren im Wert von 70 000 € ist wirksam zustandegekommen. Die Beschränkung der Prokura im Innenverhältnis auf Vertragsabschlüsse bis zu 50 000 € gilt nicht im Außenverhältnis, d. h. nicht gegenüber V. P macht sich allerdings gegenüber K, da er sich über die internen Beschränkungen hinweggesetzt hat, u. U. schadenersatzpflichtig nach § 280 Abs. 1 BGB. Wenn V die interne Beschränkung gekannt hätte, dann würde das Rechtsgeschäft nicht gegenüber K wirken, da V in diesem Fall nicht schutzwürdig wäre. Trotz der grundsätzlich Unbeschränkbarkeit der Prokura werden vom Gesetz der Rechtsmacht des Prokuristen Schranken gesetzt. So ist ein Prokurist zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken (nicht der Erwerb von Grundstücken!) nur befugt, wenn er vom Inhaber des Handelsgeschäfts besonders bevollmächtigt ist (sog. Immobiliarklausel, § 49 Abs. 2 HGB; vgl. ausführlich Brox, Handels- und Wertpapierrecht, Rnn. 204 ff.). Wegen der Abstraktheit der Vollmacht kann also ein Vertreter an sich wirksam Geschäfte tätigen, selbst wenn er dabei die (vertraglichen) Pflichten im Innenverhältnis verletzt. Dies ist wegen des weitreichenden Umfangs häufiger bei der Prokura der Fall. Die Wirksamkeit der Vertretungsmacht wird daher zum Schutz des Vertretenen bei schweren Missbräuchen eingeschränkt. Die Rspr. unterscheidet dabei zwei Fälle: - Ein Rechtsgeschäft, bei dem der Vertreter mit dem Dritten bewusst zum Nachteil des Vertretenen handelt, ist sittenwidrig i.S.v. § 138 Abs. 1 BGB und daher nichtig („Kollusion"). - Der Vertretene, der das Risiko des Vollmachtsmissbrauchs trägt, ist weiterhin dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in erkennbar verdächtiger Weise - aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers Gebrauch macht, so dass beim Dritten begründete Zweifel entstehen müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt (BGH, NJW 1996, 1961, sog. „Evidenz des Missbrauchs", vgl. Rüthers/Stadler, BGB AT, § 30, Rnn. 64 ff.). Das Erlöschen der Vollmacht richtet sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhälntis (§ 168 S. 1 BGB), sofern sich das Erlöschen nicht bereits aus ihrem Inhalt ergibt (z. B. bei Fristablauf oder Bedingungseintritt). Hat sich die dem Vertreter übertragene Aufgabe erledigt, bedarf es keiner Vollmacht mehr. Ist beispielsweise der Auftrag ausgeführt oder das Arbeitsverhältnis beendet, dann erlischt auch die Vollmacht. Beispiel: T beauftragt seinen Bruder S, für ihn sein Kfz zu verkaufen. S gibt Inserate auf und
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verkauft kurze Zeit später das Kfz. Die Vollmacht erlischt hier mit Erledigung des Auftragvertrags. Unabhängig von dem Fortbestand des Innenverhältnisses kann die Vollmacht jederzeit widerrufen werden, sofern sich aus dem Innenverhältnis nichts anderes ergibt (§ 168 S. 2 BGB). Adressat dieser Willenserklärung kann sowohl der Vertreter als auch auch der Dritte sein (§§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 BGB); bei Widerruf sind zum Schutz des Dritten die §§ 170-173 BGB zu beachten. Die Vollmacht kann auch unwiderruflich erteilt werden. Wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung des Vollmachtgebers ist eine unwiderrufliche Vollmacht nur zulässig, wenn ein berechtigtes Eigenintersse des Vertreters am Gebrauch der Vollmacht vorliegt (Köhler, BGB AT, § 11, Rn. 32). Taucht später ein wichtiger Grund für den Widerruf der Vollmacht auf, so kann sie ausnahmsweise widerrufen werden (BGH, NJW 1988, 2603). Die Vollmacht erlischt im Übrigen mit dem Tod oder dem Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Bevollmächtigten. Über den Widerruf hinaus kann die Vollmacht auch durch Anfechtung beseitigt werden. Bei der Vollmacht handelt es sich nämlich um eine Willenserklärung und die ist wie jede Willenserklärung bei Willensmängeln (§§ 119, 120, 123 BGB) anfechtbar. Wird die Vollmacht wirksam angefochten, so hat der Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt und haftet dem Dritten aus § 179 BGB und der Anfechtende dem Dritten aus § 122 BGB. Wird der Vertreter von dem Dritten in Anspruch genommen, so kann dieser, da er von der Anfechtbarkeit der Vollmacht keine Kenntnis hatte, von dem Vollmachtgeber eine Freistellung von den Ansprüchen des Dritten verlangen. Eine Anfechtbarkeit der Vollmacht ist nach Abschluss des Geschäfts mit einem Dritten ausgeschlossen, wenn die Grundsätze der Anscheinsvollmacht vorliegen (Larenz/Wolf, BGB AT, § 47, Rn. 35). Durch § 181 BGB wird für den Vertreter die Möglichkeit des Selbstkontrahierens sowie die Mehrvertretung eingeschränkt. Es gilt grundsätzlich das „Verbot der In-Sich-Geschäfte". Hierdurch soll eine Interessenkollision vermieden werden, die dadurch zwangsläufig entsteht, wenn eine Person auf beiden Seiten des Vertrags steht. § 181 BGB beinhaltet zwei Fallgestaltungen und zwar einmal in Form des Selbstkontrahierens und zum anderen bei der sog. Doppelvertretung (vgl. die folgenden Abbildungen). Selbstkontrahieren, § 181, 1 .Alt. BGB Vertretener
(im Namen des Vertretenen)
Vertreter
(im eigenen Namen)
Vertreter
Abb. II.9. Selbstkontrahieren Entgegen dem Gesetzeswortlaut führt ein Verstoß gegen § 181 BGB nicht zur Nichtigkeit, sondern (nur) zu einer schwebenden Unwirksamkeit, mit der Folge
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II. BGB - Allgemeiner Teil
dass der Vertrag durch Genehmigung des Vertretenen bzw. der beiden Vertretenen voll wirksam gemacht werden kann (BGHZ 65, 125). Doppelvertretung, § 181, 2. Alt. BGB Vertretener V
Vertretener K
Vertreter (handelt für V und K) i
Abb. 11.10. Doppelvertretung Die Vorschrift des § 181 BGB enthält zwei Ausnahmen: Zum einen, wenn das Selbstkontrahieren von dem Vertretenen gestattet worden ist (i. d. R. durch folgende Formulierung „unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB"), zum anderen, wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in dem Erfüllen einer Verbindlichkeit besteht, z. B. der Vertreter begleicht eine Schuld gegenüber dem Vertretenen durch Zahlung einer Geldsumme in die von ihm verwaltete Kasse des Vertretenen. Darüber hinaus hat die Rspr. noch weitere Fälle des Selbstkontrahierens als zulässig erachtet, und zwar in den Fällen, in denen kein Interessenkonflikt vorliegt und auch Belange Dritter nicht berührt werden (BGHZ 56, 97). § 181 BGB findet keine Anwendung auf Rechtsgeschäfte, durch die der Vertretene lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt i. S. v. § 107 BGB (BGHZ 59, 236; 94, 232, 235). cc. Vertreter ohne Vertretungsmacht Handelt der Vertreter ohne Vertretungsmacht, ergibt sich eine Interessenkollision zwischen dem Vertrauensinteresse des Dritten und dem Schutzinteresse des Vertretenen. Diese Interessenkollision wird in den §§ 177 ff. BGB geregelt. Handelt der Vertreter ohne Vertretungsmacht, so gilt § 179 BGB. Der Vertrag ist in dem Fall schwebend unwirksam und kann vom Vertretenen genehmigt werden (§§ 177, 178, 184 BGB; wichtig: §§ 75 h, 91 a HGB). Wird die Genehmigung verweigert, so gilt § 179 BGB. Nach § 179 Abs. 1 BGB haftet der Vertreter, wenn er den Mangel der Vertretungsmacht kannte, dem Gegner nach dessen Wahl auf Erfüllung oder auf Schadensersatz in Geld. In dem letzteren Falle muss der Vertreter den Gegner durch Geldzahlung so stellen, als wenn der Vertrag durch den Vertretenen ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Der Vertreter hat danach das Erfüllungsinteresse (positive Interesse) zu ersetzen. Sofern der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht kannte, haftet er ohne Rücksicht auf Verschulden oder NichtVerschulden auf Ersatz des Vertrauensschadens (negatives Interesse). Das bedeutet, er hat den Gegner so zu stellen, als wäre vom Vertrag nie die Rede gewesen. Die Geltendmachung des Vertrauensscha-
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dens wird allerdings durch die Höhe des Erfüllungsinteresses beschränkt gem. § 179 Abs. 2 BGB. § 179 BGB stellt insoweit eine eigenständige Anspruchsgrundlage dar. Kannte der Dritte den Mangel der Vertretungsmacht oder musste er ihn kennen (vgl. Legaldefinition des § 122 Abs. 2 BGB), so entfällt der Anspruch. Eine Schadensteilung kommt gem. § 179 Abs. 3 S. 1 BGB nicht in Betracht. Der beschränkt geschäftsfähige Vertreter haftet überhaupt nicht aus § 179 BGB, wenn er nicht mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters handelte (§ 179 Abs. 3, S. 2 BGB). dd. Grundsätze der Rechtsscheinvollmacht Tritt im Rechtsverkehr ein Vertreter ohne Vertretungsmacht auf, dann wird der Vertretene grundsätzlich nicht verpflichtet. Der Vertreter haftet dem Dritten (= Geschäftsgegner) aus § 179 BGB. Von diesem Grundsatz sind im Gesetz in den §§ 170-173 BGB Ausnahmen zugunsten des Dritten vorgesehen, der bei Vornahme des Rechtsgeschäfts das Erlöschen der Vertretungsmacht weder kennt noch kennen musste (§ 173 BGB). Obwohl die Vollmacht nicht (mehr) besteht, wird in diesen Fällen im Interesse des gutgläubigen Dritten die Vollmacht als fortbestehend angesehen. Der Vertretene hat hier in zurechenbarer Weise einen Rechtsschein für eine bestehende Vollmacht gesetzt. Es gibt drei gesetzlich geregelte Fälle einer Vollmacht kraft Rechtsschein. Nach § 170 BGB gilt die Vollmacht, die gegenüber dem Dritten erklärt wurde (sog. Außenvollmacht), so lange als fortbestehend, bis diesem das Erlöschen vom Vollmachtgeber angezeigt wird. Ist die Bevollmächtigung durch besondere Mitteilung an den Dritten oder öffentlich bekanntgemacht worden (z.B. besondere Ankündigung des Vertreterbesuchs, Zeitungsanzeigen, Eintragungen ins Handelsregister), wird ein gutgläubiger Dritter so lange in seinem Vertrauen auf das Bestehen der Vollmacht geschützt, bis der durch die Mitteilung oder Bekanntmachung erzeugte Rechtsschein wieder beseitigt worden ist. Das bedeutet, dass die Vertretungsmacht so lange bestehen bleibt, bis die Kundgebung in derselben Weise, wie sie erfolgt ist, widerrufen wird (§171 BGB). Wer dem Vertreter eine Vollmachtsmachtsurkunde aushändigt, die der Vertreter dann dem Dritten vorlegt, setzt ebenfalls einen Rechtsschein, der erst wieder durch Rückgabe der Vollmachtsurkunde oder durch „Kraftloserklärung" beseitigt wird (§§ 172, 176 BGB). Die §§ 170 ff. BGB gehen also davon aus, dass dem Dritten die Nachprüfbarkeit der Vollmacht nicht zuzumuten ist, wenn das Verhalten des Vertretenen nach der Verkehrsauffassung auf das Bestehen einer Vollmacht schließen lässt. Wer also wissentlich durch besondere Kundgabe einem Dritten gegenüber den Rechtsschein einer Vollmacht setzt, ist diesem gegenüber daran gebunden. Die Rspr. hat weitergehend die Grundsätze über die Duldungsvollmacht und Anscheinsvollmacht entwickelt (Palandt-Heinrichs, § 173 BGB, Rnn. 9 ff.). Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner
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II. BGB - Allgemeiner Teil
dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt war (Palandt-Heinrichs, § 173 BGB, Rn. 10; BGH, NJW 2002, 2325 (2327)). Die Duldungsvollmacht unterscheidet sich von der stillschweigend erteilten Vollmacht durch den fehlenden Willen zur Vollmachtserteilung. Die Abgrenzung der Duldungsvollmacht von einer stillschweigend erteilten Vollmacht ist mitunter schwierig. Eine Duldungsvollmacht liegt nur dann vor, wenn das Verhalten des Vertreters vom Vertretenen zwar wissentlich geduldet wird, aber das sonstige Verhalten des Vertretenen keinen eindeutigen Schluss auf eine Vollmachtserteilung zulässt. Eine Abgrenzung ist aber praktisch unerheblich, da in beiden Fällen den Vertretenen die Rechtsfolgen des Geschäfts treffen. Beispiel: Die Sekretärin S des Firmeninhabers U nimmt seit einiger Zeit die Bestellungen der Kunden selbst entgegen, anstatt diese mit dem dazu bevollmächtigten Angestellten A zu verbinden. Der Dauerkunde D verlangt von U Erfüllung des mit der S abgeschlossenen Vertrags. Mit dem Vertragsabschluss ist U nicht einverstanden. U, dem das Verhalten der S bekannt war, wendet ein, er habe der S keine Vollmacht erteilt. Zu Recht? Nein, denn U kannte das Verhalten der S und ist nur aus Nachlässigkeit nicht eingeschritten, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre. U ist also von S auf Grund einer „Duldungsvollmacht" wirksam verpflichtet worden. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Auftreten eines anderen als Stellvertreter zwar nicht kennt (sonst Duldungsvollmacht), er aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Geschäftsherr dulde und billige das Auftreten seines scheinbaren Vertreters (Palandt-Heinrichs, § 173 BGB, Rn. 13; BGH, VersR 1992, 990 (991)). Beispiel: Hätte U in dem vorherigen Beispiel keine Kenntnis von dem Verhalten der S gehabt, weil er sich um seinen Betrieb zuwenig gekümmert hat, so wäre eine rechtliche Bindung auf Grund einer Anscheinsvollmacht anzunehmen. Denn hätte U sich selbst um seinen Betrieb mehr gekümmert oder einen zuverlässigen Angestellten damit beauftragt, dann wäre ihm das Verhalten der S aufgefallen. Der Vertretene haftet in beiden Fällen also auf Erfüllung aus Gründen des erzeugten Rechtsscheins. Er muss sich so behandeln lassen, als habe er den Handelnden tatsächlich bevollmächtigt. (BGHZ 86, 275; Palandt-Heinrichs, § 173 BGB, Rnn. 9 ff., 13 ff. m.w.N.). Wenn im Gesetz von Stellvertretung die Rede ist, ist damit die in diesem Abschnitt besprochene (unmittelbare) Stellvertretung gemeint. Das BGB regelt in den §§ 164 ff. BGB nur die offene Stellvertretung, nicht dagegen die mittelbare (verdeckte) Stellvertretung, die im Folgenden kurz behandelt werden soll. ee. Mittelbare Stellvertretung Unter einer mittelbaren Stellvertretung versteht man das Handeln im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung. Hier wird jemand im Interesse eines anderen
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tätig, tritt aber in eigenem Namen auf und wird selbst Vertragspartner. Um die Ergebnisse seines Handelns auf den eigentlichen Interessenten zu übertragen, sind weitere Rechtsgeschäfte erforderlich (<-> Offenkundigkeitsprinzip). Der wichtigste Fall der mittelbaren Stellvertretung ist das Kommissionsgeschäft gem. §§ 383 ff. HGB. Übergibt der Kommittent dem Kommissionär Waren, die dieser veräußern soll, so überträgt er ihm damit i. d. R. nicht das Eigentum gem. § 929 BGB. Er erteilt ihm nur die Befugnis (§ 185 BGB), über diese Waren als Nichtberechtigter (Nichteigentümer) im eigenen Namen zu verfügen. Der Kommissionär schließt im Rahmen seines Handelsgewerbes die Geschäfte im eigenen Namen, d. h. er wird im Gegensatz zur Stellvertretung selbst Vertragspartner, aber im Interesse des Kommittenten. Die praktische Bedeutung des Kommissionsgeschäfts ist durch das vermehrte Auftreten des Handelsvertreters und der Vertragshändler gesunken und hat im Wesentlichen nur noch im Kunsthandel, bei Warenimport und -export und im Wertpapiergeschäft Bedeutung. Eine weitere Form einer mittelbaren Stellvertretung ist im Übrigen das - ebenfalls im HGB geregelte - Speditionsgeschäft. Kommissionsvertrag Kommittent
Kommissionär (Abwicklungsgeschäft) l.d.R. Kaufvertrag (Ausführungsgeschäft) Dritter
Abb. 11.11. Mittelbare Stellvertretung (Kommissionsgeschäft) Eine weitere - der Stellvertretung ähnliche Erscheinungsform - ist das „Treuhandverhältnis". In diesem Fall hat der Eigentümer einer Sache bzw. der Inhaber einer Forderung diesen Gegenstand (i. d. R. langfristig) auf einen anderen übertragen unter gleichzeitiger (schuldrechtlicher) Vereinbarung, dass dieser den Gegenstand nur „zu treuen Händen" haben soll. Der Treugeber tritt zur Ausübung der ihm eingeräumten Rechte im eigenen Namen auf, mit der Einschränkung, die sich aus dem Innenverhältnis zum Treugeber ergibt (vgl. zur „uneigennützigen Treuhand" und zur „Sicherungstreuhand", Köhler, BGB AT, § 5, Rnn. 18 ff.). Beispiel: Ein Arzt (Treugeber) überträgt seine Forderung gegen seine Patienten an die ärztliche Verrechnungsstelle (Treuhänderin) „zu treuen Händen". Dadurch wird die ärztliche Verrechnungsstelle Inhaberin (Gläubigerin) der Forderung. Gegenüber dem Arzt ist sie verpflichtet, die Forderung einzuziehen und die eingegangenen Beträge an ihn abzuführen (Brox, BGB AT, Rn. 406).
III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Das zweite Buch des BGB, das Schuldrecht (§§ 241-853 BGB) regelt die einzelnen Rechte und Pflichten, die in einem Schuldverhältnis bestehen. Das Schuldrecht besteht wiederum aus einem Allgemeinen und einem Besonderen Teil. In den §§ 241-432 BGB sind die allgemeinen Regeln, die grundsätzlich alle Schuldverhältnisse betreffen, enthalten, z. B. die Vorschriften über Entstehen der Schuldverhältnisse, deren Erlöschen, die unter Umständen auftretenden Leistungsstörungen, die Abtretung von Forderungen sowie die Übernahme von Verpflichtungen.
1. Schuldverhältnis Im Allgemeinen Teil des Schuldrechts wird zunächst das Schuldverhältnis behandelt. Nach § 241 Abs. 1 BGB ist ein Schuldverhältnis eine Rechtsbeziehung zwischen (mindestens) zwei Personen - diese werden als Gläubiger und Schuldner bezeichnet -, auf Grund dessen der Gläubiger berechtigt ist, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Nach § 241 Abs. 1 S. 2 BGB kann die „Leistung" auch in einem Unterlassen bestehen, z. B. die Verpflichtung einer Person auf Unterlassen von Wettbewerb (vgl. Palandt-Heinrichs, § 241 BGB, Rn. 4). Sowohl auf der Gläubigerais auch auf der Schuldnerseite ist eine Beteiligung von mehreren Personen möglich („Gesamtgläubiger, Gesamtschuldner", §§ 420 ff. BGB). Als Gläubiger wird jeder bezeichnet, der von einem anderen auf Grund eines Schuldverhältnisses etwas verlangen kann. Der Begriff ist weiter gefasst als in der Umgangssprache, in der mit Gläubiger häufig der Darlehensgläubiger und mit Schuldner nur derjenige, der Geld zu zahlen hat, gemeint ist. Die Leistungsbeziehung kann den Austausch von Gütern betreffen (Ware gegen Geld, Ware gegen Ware), aber auch die (zeitweilige) Gebrauchsüberlassung sowie Dienstleistungen und vieles andere mehr. Hierbei sind angesichts der Privatautonomie und der Dynamik wirtschaftlicher und technischer Entwicklungen eine Vielzahl von neuen Vertragsarten entstanden, an die der Gesetzgeber zum großen Teil gar nicht gedacht hatte, wie z. B. Leasing-, Factoring- oder Franchiseverträge. Aus der Definition des Begriffs „Schuldverhältnis" ergibt sich, dass die Berechtigungen und Verpflichtungen immer nur zwischen bestimmten Personen, nämlich zwischen Gläubiger und Schuldner bestehen. Das Recht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner bezeichnet man als „Forderung" (oder „obligatorisches
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Recht"). Dies korrespondiert mit einer entsprechenden Verpflichtung des Schuldners. Die Rechte zwischen Gläubiger und Schuldner bezeichnet man im allgemeinen als „relative Rechte". Die Forderung ist streng zu unterscheiden von den absoluten Rechten oder Rechtsgütern, insbesondere Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum. Mit § 241 BGB wird der Begriff des Schuldverhältnisses nur unvollständig umschrieben. Danach kann der jeweilige Anspruch auf den Gegenstand der Leistung bereits ein Schuldverhältnis sein (z. B. bei §§ 275, 362 BGB, auch als Schuldverhältnis im engeren Sinne bezeichnet). Das Schuldverhältnis wird auch in einem umfassenden Sinne verstanden. Der Vertrag als Ganzes kann ein Schuldverhältnis sein, so dass die Gesamtheit der durch den Vertrag begründeten Berechtigungen und Pflichten vom Begriff „Schuldverhältnis" umfasst werden, wie die Leistungs- und Sorgfaltspflichten, die Ansprüche aus der Verletzung dieser Pflichten, die Gestaltungsrechte, wie z. B. die vertraglichen Kündigungs- und Rücktrittsrechte (zum Begriff des Schuldverhältnisses vgl. Larenz, SchuldR AT, Bd. 1, S. 1 ff.; Brox/Walker, SchuldR AT, § 2, Rnn. 1-3). Ein Schuldverhältnis kann auf einen einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sein, z.B. beim Kauf, Tausch oder Schenkung. Es kann aber auch vereinbart werden, dass die Leistung des Schuldners in einem dauernden Verhalten oder in einer wiederkehrenden, sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden, Einzelleistung besteht (Palandt-Heinrichs, Einl. v. § 314 BGB, Rn. 2). In diesen Fällen handelt es sich um Dauerschuldverhältnisse. Für Dauerschuldverhältnisse z.B. Miet- oder Arbeitsverhältnisse, gelten einige Besonderheiten. Auf Grund der Dauerhaftigkeit der schuldrechtlichen Beziehungen ist eine stärkere Rücksichts- und Loyalitätspflicht anzunehmen. Dauerschuldverhältnisse werden regelmäßig nicht durch Rücktritt, sondern durch Kündigung beendet, weil die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen einer Rückabwicklung nicht oder nur schwer zugänglich sind. Schuldverhältnisse lassen sich unterscheiden zwischen rechtsgeschäftlichen bzw. vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen. Erstere entstehen kraft Rechtsgeschäft, letztere entstehen unmittelbar kraft Gesetzes ohne rechtsgeschäftliches Handeln, sondern durch Verwirklichung der zur Anspruchsbegründung normierten gesetzlichen Tatbestandsmerkmale. Recht der Schuldverhältnisse Allgemeine Vorschriften (§§ 241 - 432 BGB)
Arten der Schuldverhältnisse (vgl. § § 4 3 3 - 8 5 3 BGB)
Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse Ausnahme: Einseitiges Rechtsgeschäft
Regelfall: Vertrag (§311 Abs. 1)
Abb. III.l. Recht der Schuldverhältnisse
— : — ' Gesetzliche Schuldverhältnisse Geschäftlicher Kontakt
§§812 ff.
GoA
§§823 ff.
2. Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
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Im Schuldrecht gibt es vier wichtige Gruppen gesetzlicher Schuldverhältnisse, nämlich die unerlaubte Handlung, die ungerechtfertigte Bereicherung und die Geschäftsführung ohne Auftrag und den geschäftlichen Kontakt (§§ 311 Abs. 2 u. 3 BGB; vgl. Medicus, SchuldR AT, § 14, Rn. 112; Brox/Walker, SchuldR AT, § 3, Rn. 10 zur Einordnung der Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen als gesetzliche Haftung; hierzu unter III.5.f.bb. Die vertraglichen Schuldverhältnisse lassen sich danach wie folgt einteilen: Umsatzverträge: Kaufvertrag, Tauschvertrag, Schenkungsvertrag Gebrauchsüberlassungsverträge: Mietvertrag, Pachtvertrag, Leihvertrag, Darlehensvertrag Verträge über Tätigkeiten: Dienstvertrag, Werkvertrag, Maklervertrag, Reisevertrag, Auftragsvertrag, Verwaltungsvertrag sonstige Schuldvertragstypen:
Gesellschaft, Gemeinschaft, Verträge zur Sicherung und Bestärkung einer Schuld (Bürgschaft, Schuldversprechen und -anerkenntnis, Vergleich)
Abb. III.2. Vertragliche Schuldverhältnisse
2. Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse a. Arten und Entstehung Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse entstehen i. d. R. durch Vertrag (vgl. § 311 Abs. 1 BGB). § 311 Abs. 1 BGB bestimmt ausdrücklich, dass „zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft ein Vertrag zwischen den Parteien erforderlich ist, soweit das Gesetz nicht ein anderes vorschreibt". Ausnahmsweise entstehen rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse durch ein einseitiges Rechtsgeschäft (z.B. Auslobung, § 657 BGB; Testament, § 1937 BGB; Vermächtnisse, § 1939 BGB). Einseitige Gestaltungsrechte, wie z.B. Anfechtung, Widerruf, Kündigung und Aufrechnung begründen kein Schuldverhältnis, sondern verändern den Inhalt eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses. Innerhalb der vertraglichen Schuldverhältnisse wird nach dem Grad der gegenseitigen Verpflichtungsabhängigkeit wie folgt unterschieden: „Einseitig verpflichtende Verträge" verpflichten nur eine Vertragspartei zu einer Leistung, z. B. ein Schenkungs- oder Bürgschaftsvertrag. „Unvollkommen zweiseitig" verpflichtende Verträge sind typisch dafür, dass nicht nur für eine Vertragspartei, sondern auch für die andere Vertragspartei Pflichten entstehen, diese aber nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Durch den Auftrag gem. § 662 BGB - das unentgeltliche Tätigwerden für einen anderen - verpflichtet sich der Beauftragte zum Tätigwerden. Diese Tätigkeit muss der Auftraggeber zwar nicht vergüten (andernfalls läge ein Dienst- oder Werkvertrag vor), er muss dem Beauftragten jedoch seine Aufwendungen ersetzen. Durch den Leihvertrag (§ 598 BGB) verpflichtet sich der Verleiher zur unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung (im Falle der Entgeltlichkeit läge ein Miet- oder Pachtvertrag vor) und
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
der Entleiher zur Erhaltung sowie zur Rückgabe der entliehenen Sache. Eine gegenseitige Verpflichtung des Entleihers enthält § 598 BGB nicht. Die Rückgabepflicht des Entleihers nach § 604 Abs. 1 BGB steht nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis, da der Verleiher die Sache nicht verleiht, damit er sie zurückbekommt, sondern damit der Entleiher die Sache unentgeltlich gebrauchen kann.
„Vollkommen zweiseitig" verpflichtende Verträge (gegenseitige Verträge) zeichnen sich dadurch aus, dass beide Vertragsparteien gleichzeitig Gläubiger und Schuldner sind. Die Leistung erfolgt nur auf Grund einer Gegenleistung. Man spricht auch von einer synallagmatischen Verknüpfung der gegenseitigen Verpflichtungen (sog. „do ut des-Verhältnis", d. h. „Ich leiste, damit Du leistest."). Forderung auf die Leistung Gläubiger ist zugleich Schuldner
gegenseitiger Vertrag
Schuldner ist zugleich Gläubiger
Forderung auf die Gegenleistung
Abb. III.3. Gegenseitige Leistungspflichten Da die Terminologie im Gesetz hinsichtlich „Leistungspflicht" und „Gegenleistungspflicht" etwas verwirrend ist, sollte man sich zur Vereinfachung wie folgt orientieren: Die Leistungspflicht geht grundsätzlich auf die Sachleistung (z. B. Übereignung der Kaufsache, § 433 Abs. 1 BGB; Überlassung der Mietsache, § 535 Abs. 1 BGB; Leistung von Diensten, § 611 Abs. 1 BGB; Erstellung eines Werks, § 631 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Gegenleistungspflicht ist regelmäßig auf eine Geldleistung gerichtet (vgl. § 433 Abs. 2, § 535 Abs. 2, § 611 Abs. 1, § 631 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Ausnahme stellt der Tauschvertrag i.S.v. § 515 BGB dar, da hier beide Leistungen sog. Sachleistungen sind. b. Inhalt eines Schuldverhältnisses In diesem Abschnitt geht es um die Frage, was alles Inhalt und Gegenstand des Schuldverhältnisses sein kann; es geht also darum „was, wann, wo und an wen" der Schuldner leisten muss. Auf Grund des im deutschen Recht bestehenden Grundsatzes der Privatautonomie ist daher maßgebend, was die Vertragsparteien vereinbart haben. Die gesetzlichen Vorschriften im Schuldrecht sind weitgehend dispositiv.
2. Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
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Einigungspunkte Notwendige Einigung
Vertrags Parteien
Gegenstand der Leistung
Grds. keine Einigung erforderlich, nur wenn eine Partei es wünscht
Ob und ggf. welche Gegenleistung
Beschaffen- Ort heit
Zeit
Weitere Umstände z.B. Bedingung
Abb. III.4. Einigungspunkte Für das Zustandekommen eines Vertrags gelten die Regeln des Allgemeinen Teils des BGB über Rechtsgeschäfte. Danach müssen sich die (geschäftsfähigen) Parteien über wesentliche Vertragsbestandteile (unerlässlicher Vertragsinhalt) und über solche Punkte einigen, worüber nach dem Willen einer Partei eine Einigung erzielt werden soll, andernfalls der Vertrag im Zweifel als nicht geschlossen gilt (vgl. § 154 BGB). Zu den wesentlichen Vertragsbestandteilen gehört eine Einigung darüber, wer Vertragspartei sein soll, welche Leistungen zu erbringen sind sowie ob und ggf. welche Gegenleistung geschuldet werden soll. Die Leistung muss dabei bestimmt oder zumindest bestimmbar sein (vgl. §§ 315-319 BGB). Darüber hinaus können sich die Parteien insbesondere über die Leistungsmodalitäten, d. h. Ort und Zeit der zu erbringenden Leistung und über die Beschaffenheit des Leistungsgegenstands einigen. Weiterhin können sich die Vertragsparteien darüber einigen, welche Rechtsfolgen eintreten sollen, wenn eine Partei ihre Leistungspflicht nicht erfüllt oder unter welchen Voraussetzungen die eine oder andere Vertragspartei vom Vertrag zurücktreten kann. c. Leistungspflichten Der Begriff der Leistung ist gesetzlich nicht definiert. Nach § 241 Abs. 1 BGB kann die Leistung in einem Tun oder Unterlassen bestehen. Es kann mithin jedes bestimmte Verhalten einer Person sein, dass einen Vermögenswert darstellt. Auf Grund des Schuldverhältnisses ist der Schuldner zur Erbringung der Leistung verpflichtet. Diese lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen. Nach dem Wortlaut des § 241 BGB und der Gesetzesbegründung ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen Leistungspflichten und Schutzpflichten. Unter Leistungspflichten sind diejenigen Pflichten des Schuldners zu verstehen, denen ein Forderungsrecht des Gläubigers entspricht (§ 241 Abs. 1 S. 1 BGB). Sie sind selbstständig einklagbar. In diesem Rahmen ist zu differenzieren zwischen Hauptleistungspflichten und Nebenleistungspflichten. Die Verletzung von Leistungspflichten nach § 241 Abs. 1 BGB führt zum Eingreifen der Leistungsstörungsregeln der §§ 280, 281, 283, 311a, 323, 326 BGB, wobei dann genauer
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
zwischen Leistungsstörungsarten der Unmöglichkeit, des Verzugs und der Gewährleistung zu differenzieren ist. Hauptleistungspflichten sind diejenigen Leistungspflichten, die für das konkrete Schuldverhältnis wesentlich sind, ihm also sein Gepräge geben. Pflichten aus dem zustandegekommenen Vertrag Pflicht ergibt sich gemäß Einigung
Hauptleistung (Auslegung: §§157,242, gesetzl. Auslegung, z.B. § 311c)
Nebenleistung (= Hilfsleistung §242)
Pflicht besteht auch dann, wenn keine Einigung vorliegt
Beschaffenheit (gesetzl. Auslegung z.B. § 434)
Ort Zeit weitere Sorgfalts§ 269 § 271 Umstände pflichten §§158 ff.
Abb. III.5. Vertragspflichten Beispiel: Beim Kaufvertrag ist der Verkäufer nach § 433 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB zur Übereignung und Übergabe der Sache in mangelfreiem Zustand, der Käufer nach § 433 Abs. 2 BGB zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Inhalt und Umfang der Hauptleistungspflichten ergeben sich aus der getroffenen Vereinbarung. Gesetzliche Auslegungsregeln enthalten u.a. die §§ 612 Abs. 2 BGB, 632 Abs. 2, 653 Abs. 2 BGB. Eine Vertragslücke kann ggf. durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden. Ist eine Leistung lediglich bestimmbar, hat eine Leistungsbestimmung zu erfolgen (§§315 ff. BGB). Entsprechendes gilt für die Leistungsmodalitäten, etwa Leistungszeit und Leistungsort. Liegen insoweit keine Vereinbarungen vor, greifen die gesetzlichen Regelungen (§§ 269-271 BGB). Bei einem gegenseitigen Vertrag stehen die Hauptleistungspflichten der beiden Teile in einem Austauschverhältnis. Daran knüpfen die §§ 320, 326 BGB besondere Rechtsfolgen. Die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenleistungspflichten ist deshalb von Bedeutung, da nur auf die Hauptleistungspflichten die §§ 320 ff. BGB angewendet werden. Jedoch hat die Frage nach der Abgrenzung insoweit an Bedeutung verloren, als § 280 Abs. 1 BGB sowohl für die Verletzung von Hauptund Nebenleistungspflichten Grundlage für einen Schadensersatzanspruch ist. Nebenleistungspflichten sind alle anderen selbstständig einklagbaren Pflichten. Sie können auf die ordnungsgemäße Erbringung und Nutzung der eigenen Hauptleistung, d. h. auf das Erfüllungsinteresse des Gläubigers, gerichtet sein, aber auch einen anderen, selbstständigen Zweck verfolgen, z. B. Schutz des Integritätsinteresses des Gläubigers. Nebenleistungspflichten können sich aus Vertrag oder aus dem Gesetz ergeben. Einige wenige Nebenpflichten sind gesetzlich normiert, wie
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z.B. in §§ 402, 617, 666 BGB; bei den Pflichten nach § 402 BGB (Auskunftspflicht; Urkundenauslieferung) und § 666 BGB (Auskunfts- und Rechenschaftspflicht) handelt es sich um (einklagbare) auf die Hauptleistung bezogene Nebenpflichten, während es sich bei der Pflicht des Dienstberechtigten (Arbeitgebers) zur Krankenfürsorge und zu Schutzmaßnahmen nach den §§ 617, 618 BGB um eine sonstige Nebenpflicht handelt; entsprechendes gilt auch für die Abnahmepflicht des Käufers nach § 433 Abs. 2 BGB. Nebenpflichten können vertraglich vereinbart werden, so dass ihr Umfang maßgeblich von dem konkreten Schuldverhältnis abhängt; ggf. ist dieses durch Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Auch ohne eine spezielle Vereinbarung ergeben sie aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Danach ist die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrsitte es erfordern. Beispiel: V verkauft K eine Computeranlage für 30000 € . Nach der Anlieferung kann K die Anlage nicht in Gang setzen. Die Bedienungsanleitung ist viel zu kompliziert. K bittet den V um Einweisung, was dieser mit Hinweis auf eine bereits erfolgte Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten verweigert. Grundsätzlich trägt der Käufer einer Sache auch das Risiko dafür, dass er die Sache zweckentsprechend benutzen kann, z. B. kann der Käufer eines Speisefisches vom Verkäufer nicht verlangen, dass er ihm bei der Zubereitung behilflich ist und ihn darüber aufklärt, wie man diesen isst. Dieser Grundsatz kann jedoch in den Fällen nicht gelten, in denen der Verkäufer einer Sache nach den gesamten Umständen damit rechnen muss, dass der Käufer den Kaufgegenstand erst nach seiner Einweisung zweckentsprechend benutzen kann. Der Verkäufer hat alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um einem durchschnittlichen Käufer einen funktionsgerechten Einsatz zu ermöglichen. Das bedeutet, dass V die einweisenden Hinweise nicht verweigern darf. Den Leistungspflichten des § 241 Abs. 1 BGB stehen die sog. Schutzpflichten, die teilweise auch als weitere Verhaltens-, Sorgfalts- oder Nebenpflichten bezeichnet werden, gegenüber. Sie sind nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB speziell normiert. Werden diese Pflichten verletzt, so ergeben sich die Rechtsfolgen allein aus den §§ 280, 282, 324 BGB. § 241 Abs. 2 BGB wurde im Rahmen der Schuldrechtsreform eingefügt und kodifiziert die Rücksichtnahmepflichten, die nach der bisherigen Rspr. und Lit. zu § 242 BGB entwickelt worden sind; aus dem Grund kann auf die hierzu von der Rspr. und Lit. gebildeten Fallgruppen zurückgegriffen werden. Danach kann das Schuldverhältnis seinem Inhalt nach jeden Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Diese Pflichten sind - anders als die Leistungspflichten - nicht selbstständig einklagbar, da der Begünstigte keinen Anspruch auf ihre Beachtung hat. Im Falle ihrer Verletzung können Schadensersatzansprüche, in Ausnahmefällen auch ein Rücktrittsrecht in Betracht kommen. Diese Schutzpflichten dienen vor allem dem Integritätsinteresse des anderen Teils. Dieser soll vor Schäden bewahrt werden, die ihm aus der Durchführung des Vertrags entstehen können (vgl. hierzu Brox/Walker, SchuldR AT, § 2 , Rnn. 11 ff.).
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil Beispiel: Der Malermeister, der sich vertraglich zum Tapezieren einer Wohnung verpflichtet hat, hat nicht nur diese Arbeit fachgerecht auszuführen, sondern auch darauf zu achten, dass bei der Arbeit die Wohnungseinrichtung des Auftraggebers nicht beschädigt wird.
Die Annahme von Schutzpflichten setzt nicht das Bestehen von Leistungspflichten voraus. Ein Schuld Verhältnis kann sich auch auf solche Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB beschränken. Es handelt sich dann um ein Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die Anbahnung eines Vertrags oder ähnliche geschäftliche Kontakte. Ansonsten bestimmt sich die Abgrenzung zwischen Nebenleistungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) und Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) auch nach den Auswirkungen auf die Hauptleistung. Bei Dauerschuldverhältnissen, z.B. bei Gesellschafts- oder ArbeitsVerhältnissen, sind diese Schutzpflichten stärker ausgeprägt als bei solchen Geschäften mit einmaligem Leistungsaustausch, etwa bei einem Kaufvertrag. Von den bisher erörterten Primärpflichten sind die Sekundärpflichten zu unterscheiden. Sie ergeben sich - anders als diese - nicht unmittelbar aus dem Schuldverhältnis. Sie können vielmehr erst als Folge der Störung primärer Pflichten, d. h. der Leistungs- und Schutzpflichten entstehen. Sie treten neben die Primärpflicht (§§ 280 Abs. 1 u. 2 BGB) oder an ihre Stelle (§§ 280 Abs. 3 BGB u. 346 BGB). Pflichten aus dem Schuldverhältnis
Sekundärpflichten
Leistungspflichten Schutzpflichten (einklagbar, § 241 Abs. 1) (nicht einklagbar, § 241 Abs. 2)
Hauptleistungspflichten
Nebenleistungspflichten
Hauptleistungsbezogene (z.B. Auskunftserteilung, § 666)
Sonstige (z.B. Krankenfürsorge, § 617)
Abb. III.6. Pflichten aus dem Schuldverhältnis (in Anlehnung an Brox/Walker, SchuldR AT, §2, Rn. 16) Bei einer sog. Obliegenheit handelt es sich nicht um eine Pflicht gegenüber der anderen Partei, sondern um „Pflichten gegen sich selbst" (Brox/Walker, SchuldR AT, § 2, Rn. 16). Die Nichtbeachtung einer Obliegenheit, z. B. einer Rüge bei mangelhafter Lieferung, kann die Rechte einer Partei ausschließen oder beschränken
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(§ 377 HGB). Es entstehen weder Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche einer Partei. d. Leistungsgegenstand In diesem Zusammenhang geht es um die Art der geschuldeten Leistung. Die Vertragsparteien können im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Gegenstand der Leistung und Gegenleistung im Einzelnen bestimmen. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einigung ist das aber nicht; es reicht aus, wenn die Leistungen auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen bestimmbar sind. Gesetzliche Regeln zur Leistungsbestimmung enthalten § 243 BGB und die §§ 262 ff. BGB bzgl. der Wahlschuld; ergänzend können die Auslegungsregeln der §§315 ff. BGB greifen. Bei einer Wahlschuld werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet, dass nur die eine oder andere zu bewirken ist. Im Falle einer Gattungsschuld wird keine individuell bestimmte Sache (Spezies- oder Stückschuld), sondern nur eine Sache aus einer bestimmten Gattung, d.h. aus einer Sachgruppe mit gleichen (z.B. Sorte, Typ, Serie) Merkmalen geschuldet. Der Schuldner hat dann einen Gegenstand von mittlerer Art und Güte gem. § 243 Abs. 1 BGB zu leisten, der die vereinbarten Merkmale der betreffenden Gattung aufweist (Larenz, SchuldR AT, Bd. I, S. 151, 152). Beispiel: Ein VW Golf, drei Zentner Kartoffeln. Dem entspricht die für den Kaufmann im Handelsverkehr aufgestellte Verpflichtung, dass dieser bei Gattungsschulden „Handelsgut mittlerer Art und Güte" nach § 360 HGB zu leisten hat. Nicht zu verwechseln ist diese Einteilung mit der Unterteilung in vertretbare und nicht vertretbare Sachen (§91 BGB). Während die Frage der Vertretbarkeit objektiv durch die Verkehrsauffassung bestimmt wird, legen hier die Vertragsparteien fest, ob eine Stück- oder Gattungsschuld vorliegt. Der Schuldner kann also die betreffenden Sachen auswählen, wobei auf einen Durchschnittsmaßstab abzustellen ist. Es darf weder unterdurchschnittliche Qualität sein, noch braucht es herausragende Qualität zu sein. Im Falle der Lieferung von unterdurchschnittlicher Qualität erfüllt der Schuldner seine Leistung nicht. Im Falle der Gattungsschuld ist zu unterscheiden zwischen einer unbeschränkten und beschränkten Gattungsschuld. Bei der unbeschränkten Gattungsschuld besteht die Verpflichtung des Schuldners so lange, wie ein Gegenstand aus der Gattung überhaupt noch vorhanden ist. Die Leistungspflicht beschränkt sich dann nicht auf die in seinem Besitz befindlichen Sachen. Sie ist daher stets eine Beschaffungsschuld. Eine Beschränkung der Leistungspflicht könnte sich nur daraus ergeben, dass eine derartige
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Beschaffung im Einzelfall wegen außergewöhnlicher Leistungserschwernisse, die dem Schuldner zumutbare Opfergrenze überschreiten würde und ihm daher nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist (RGZ 102, 98, 100). Eine beschränkte Gattungsschuld liegt dagegen vor, wenn sich aus der Auslegung des Vertrags ergibt, dass zwar der Gattung nach bestimmte Sachen geschuldet sind, die Leistung aber auf einen bestimmten Vorrat beschränkt bleiben soll. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Vorratsschuld (PalandtHeinrichs, § 243 BGB, Rn. 3; Brox/Walker, SchuldR AT, § 8, Rn. 1). Beispiele: Holz von einem bestimmten Lagerplatz; Kohlen einer bestimmten Zeche; Flaschenweine eines bestimmten Jahrgangs und Anbaugebiets; 50 Zentner Hafer der diesjährigen Ernte. Hiervon zu unterscheiden ist die Stückschuld, bei der der Schuldner eine konkrete, individuell bestimmte Sache zu leisten hat, z. B. ein bestimmter (besichtigter) Pkw. Der Schuldner kann in diesem Fall nur durch Lieferung dieser konkreten Sache seine Leistungspflicht erfüllen, der Gläubiger nur Lieferung dieser bestimmten Sache verlangen (Larenz, SchuldR AT, Bd. 1, S. 151). Gattungsschulden sind für den Schuldner bei Übernahme eines Beschaffungsrisikos insoweit riskant, als er gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB zur Leistung verpflichtet bleibt, solange eine Leistung aus der Gattung möglich ist (anders bei der beschränkten Gattungsschuld). Der Schuldner kann sich im Einzelfall nicht darauf berufen, dass ihm „persönlich" die Leistung nicht möglich ist, z.B. beim anderweitigem Verkauf oder Untergang der Sache, solange es den zu leistenden Gegenstand der Gattung noch gibt. Etwas anderes gilt, wenn es sich um eine Stückschuld handelt. Obwohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich die Vereinbarung einer Gattungsschuld trotz dieses Risikofaktors recht häufig vorkommt, ist dieses Risiko dennoch überschaubar. Der Grund liegt darin, dass aus einer vereinbarten Gattungsschuld durch Vornahme bestimmter Handlungen eine „Konkretisierung" zu einer Stückschuld erfolgt. Diese Umwandlung der Gattungsschuld in eine Stückschuld („Konzentration" oder „Konkretisierung") tritt ein, wenn der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche getan hat (§ 243 Abs. 2 BGB). Wann dies der Fall ist, hängt davon ab, welche Leistungspflichten der Schuldner im Einzelfall zu erbringen hat. Mindestvoraussetzung ist zunächst, dass der Schuldner eine den Erfordernissen des Vertrags entsprechende Sache ausgewählt und ausgesondert hat. Die weiterhin erforderlichen Leistungsverpflichtungen sind je nach Schuldverhältnis verschieden. Ob eine Geldschuld als Sonderfall der Gattungsschuld angesehen werden muss, ist umstritten (Münch-Komm.-Grundmann, §§ 244, 245 BGB, Rn. 84). In jedem Fall ist zu beachten, dass der Gefahrübergang durch Konkretisierung abweichend von § 243 Abs. 2 BGB in § 270 BGB geregelt ist. Der Schuldner trägt danach die Übermittlungsgefahr, nicht aber die Verzögerungsgefahr. § 243 BGB passt im Übrigen insoweit nicht für eine Geldschuld, da Geld nicht von mittlerer Art und Güte zu leisten ist, sondern in der vereinbarten Währung (Brox/Walker, SchuldR AT, § 9, Rnn. 1 ff.); Sondervorschriften finden sich in den §§ 244, 245 BGB.
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Zur Feststellung, ob der Schuldner seine Leistungspflicht vertragsgemäß erfüllt hat, gehören Leistungszeit und Leistungsort. e. Zeit und Ort der Leistung Regelmäßig werden die Vertragspartner neben dem Leistungsort auch eine Leistungszeit (= Fälligkeit) vereinbaren. Wurde von den Vertragsparteien in dieser Hinsicht keine Vereinbarung getroffen oder lässt sich die Zeit nicht aus den sonstigen Umständen entnehmen, dann greifen die gesetzlichen Bestimmungen ein. Nach § 271 Abs. 1 BGB ist die Leistung „sofort" zu bewirken und der Gläubiger kann sie auch sofort verlangen. In einigen Sonderfällen ist die Leistungszeit abweichend gesetzlich geregelt. Beispiele: Dienstvertrag (§614 BGB; ArbeitsVergütung nach Leistung der Dienste); Werkvertrag (§ 641 BGB; Werklohn grundsätzlich bei Abnahme des Werks). Zu einer ordnungsgemäßen Leistung gehört auch, dass der Schuldner am richtigen Ort leistet. Nur dann hat er das seinerseits Erforderliche getan. Wo dies ist, bestimmt sich nach dem Leistungsort. Der Leistungsort wird regelmäßig von den Vertragsparteien durch Vereinbarung festgelegt. Diese Vereinbarung kann entweder ausdrücklich oder konkludent erfolgen oder sich aus den Umständen des Einzelfalles ergeben. Innerhalb der gesetzlichen Vorschriften für einzelne Verträge finden sich auch Sondertatbestände,- die aber oft dispositiv, d. h. vertraglich abdingbar sind. Als Leistungsort bezeichnet man - wie erwähnt- den Ort, an dem der Schuldner die Leistungshandlung zu erbringen hat (Palandt-Heinrichs, § 269 BGB, Rn. 1). Mit dem Leistungsort kann die Gemeinde oder die Stadt gemeint sein, aber auch die Wohnung oder das Geschäft des Schuldners in derselben Gemeinde (bei sog. Platzgeschäften). Es ist nicht erforderlich, dass dort auch die Erfüllung des Vertrags, der sog. Leistungserfolg, eintritt. Diese beiden Begriffe sind genau voneinander zu unterscheiden. Hinsichtlich der Bestimmung des Leistungsortes enthält § 269 BGB folgende Regelung. Zu dessen Bestimmung ist zunächst von der Parteivereinbarung auszugehen. Soweit diese fehlt, greifen die dispositiven gesetzlichen Vorschriften ein. Es wird zwischen folgenden Leistungsmodalitäten unterschieden, und zwar kann es sich um eine Hol-, Bring- oder Schickschuld handeln. Grundsätzlich ist jede Schuld eine Holschuld. Der Schuldner muss den Leistungsgegenstand aussondern und bereithalten und dem Gläubiger anbieten, wobei ein wörtliches Angebot gem. § 295 BGB ausreicht. Ist für die Abholung ein Kalendertermin vereinbart, so ist auch ein wörtliches Angebot nicht erforderlich. Bei einer Bringschuld liegt der Erfüllungsort (= Leistungsort) beim Gläubiger. Der Schuldner hat das seinerseits Erforderliche erst getan, wenn er dem Gläubiger
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den Leistungsgegenstand an dessen Wohnsitz oder seiner gewerblichen Niederlassung tatsächlich angeboten hat, und zwar in der Weise, dass nur noch zwei Möglichkeiten in Betracht kommen: Entweder tritt Erfüllung ein (§ 362 BGB, wenn der Gläubiger annimmt) oder es kommt zu einem Annahmeverzug des Gläubigers (§§ 293, 294 BGB). Bei der Schickschuld (z.B. einem Versendungskauf) liegt der Erfüllungsort beim Schuldner, wobei die Ware vom Schuldner an einen anderen Ort verschickt werden soll. Erfüllungs- und Bestimmungsort fallen auseinander. Der Schuldner hat am Erfüllungsort den Leistungsgegenstand ordnungsgemäß zu verpacken und an eine sorgfältig ausgesuchte Transportperson (z.B. Spedition, Deutsche Post, Deutsche Bahn) zu übergeben (Palandt-Heinrichs, § 243 BGB, Rn. 5). Eine Besonderheit gilt für den Fall, dass die Leistungspflicht in einer Geldzahlung besteht. Geldschulden sind immer Schickschulden (§ 270 Abs. 1 BGB). Hat der Schuldner diese Leistungshandlungen erbracht, tritt eine Konkretisierung der zunächst nur der Gattung nach geschuldeten Sache zu einer Stückschuld ein. Ist der Leistungsgegenstand beispielsweise im Rahmen der Vertragsabwicklung ohne Verschulden des Schuldners untergegangen, dann findet § 275 Abs. 1 BGB Anwendung, mit der Folge, dass der Schuldner infolge der Konkretisierung auf einen bestimmten Gegenstand von seiner Leistungspflicht frei wird. Die Festlegung des Leistungsortes kann - wie erwähnt - ausdrücklich oder stillschweigend geschehen, so z. B. die Aussage eines Möbel Verkäufers, diese „frei Haus" zu liefern. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, so erfolgt die Bestimmung des Leistungsortes aus den Umständen heraus, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (und des Handelsbrauchs im Handelsverkehr). Wenn die Leistungspflicht notwendig an einem bestimmten Ort erbracht werden muss, so wird mit der Leistungsvereinbarung auch der Leistungsort bestimmt. Beispiele: - Bei den Ladengeschäften des täglichen Lebens ist der Geschäftsraum der Leistungsort. - Malerarbeiten oder Reparaturarbeiten an einem Gebäude sind dort auszuführen. Verpflichtet sich der Verkäufer bei den normalen Geschäften des Alltags zur Anlieferung der Ware, so wird i. d. R. eine Bringschuld anzunehmen sein. Das bedeutet, dass Leistungsort die Wohnung des Käufers ist. Im Handelsverkehr sind dagegen Warenschulden grundsätzlich Schickschulden (Palandt-Heinrichs § 269 BGB, Rn. 12). Wenn ein Kaufmann als Käufer nach den gesamten Umständen die Ware nicht selbst abholen kann, dann kann der Verkäufer grundsätzlich davon ausgehen, dass die Versendung gewollt ist und dass er seine Leistungshandlung bereits an seinem Wohnort vornimmt, indem er die Kaufsache an die Transportperson aushändigt.
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f. Vertrag zugunsten Dritter Grundsätzlich ist das Schuldverhältnis nur ein Rechtsverhältnis zwischen zwei Personen, so dass regelmäßig die Vertragsparteien gegenseitig Gläubiger und Schuldner der durch den Vertrag begründeten Leistungsverpflichtungen sind. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass die Vertragspartner vereinbaren, dass die Leistung einem Dritten zustehen soll. Man spricht dann von einem Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB). Beispiele: - Ein Arbeitgeber vereinbart mit einer Versicherungsgesellschaft für seine Arbeitnehmer eine zusätzliche Altersversorgung. - Sparvertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 488, 328, 331 BGB). - Abschluss einer Lebensversicherung des Ehemannes zugunsten seiner Ehefrau. - Herstellergarantie zugunsten des Endabnehmers im Liefervertrag mit dem Zwischenhändler (weitere Bsp., vgl. Palandt-Heinrichs, § 328 BGB, Rnn. 8 ff. m. w. N.). Es handelt sich hierbei nicht um einen eigenständigen Vertragstyp, wie z. B. den Kaufvertrag oder den Werkvertrag. Vielmehr kann er für alle Vertragstypen vereinbart werden, wo immer eine Leistung an einen Dritten erfolgen soll. Der Anspruch des Dritten ergibt sich aber niemals allein aus § 328 BGB, sondern stets nur im Zusammenhang mit einer Anspruchsgrundlage. Deshalb steht dieser Vertragstyp auch nicht im Besonderen Teil des Schuldrechts, sondern im Allgemeinen Teil unter dem Titel „Versprechen der Leistung an einen Dritten". Zu beachten ist, dass Verträge zu Lasten Dritter, d. h. Verträge, durch die gegen einen Dritten ein Anspruch begründet wird, nicht zulässig sind. Sie sind mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht vereinbar (Palandt-Heinrichs, Einf. v. § 328 BGB, Rn. 10). Dem Dritten soll dann unmittelbar ein eigener Anspruch zustehen. Die drei beteiligten Personen nennen sich Versprechender, da dieser sich zu einer Leistung verpflichtet hat, Versprechensempfänger, dem die Leistung versprochen wurde und Dritter, an den die Leistung bewirkt werden soll (Brox/Walker, SchuldR AT, § 32, Rn. 7). Versprechender (Schuldner)
(Deckungsverhältnis)
Eigener Anspruch Valutaverhältnis (Zuwendungsverhältnis) Berechtigter^ (Dritter)
Abb. III.7. Vertrag zugunsten Dritter
Versprechensempfänger (Gläubiger)
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Das Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner, durch das der Leistungsanspruch des Dritten begründet wird, nennt man Deckungsverhältnis, weil dieses Rechtsverhältnis den Rechtsgrund für die Zuwendung des Schuldners an den Dritten darstellt, d.h. also diese Zuwendung im Prinzip rechtlich deckt. Das Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Dritten, durch das der Gläubiger seinerseits eine Verpflichtung gegenüber dem Dritten erfüllen oder ihm ein Geschenk machen will, wird als Valutaverhältnis bezeichnet, weil der Gläubiger den Vertrag zugunsten Dritter mit dem Schuldner schließt, um dadurch die Rechtsbeziehung mit dem Dritten zu valutieren; es gibt also Aufschluss darüber, warum der Gläubiger dem Dritten etwas zuwendet. Das Valutaverhältnis bildet im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner den Rechtsgrund (i. S. v. § 812 BGB) für das Behaltendürfen der Leistung des Schuldners. Im Falle eines Schenkungsvertrags zugunsten eines Dritten wird der Dritte als Beschenkter angesehen, so dass im Hinblick auf groben Undank nach § 530 BGB auf seine Person abzustellen ist (OLG München, NJW 2000, 1423). Beispiel: Eine Lebensversicherungsgesellschaft verpflichtet sich, an den hinterbliebenen Ehegatten eine bestimmte Summe zu zahlen. Der Grund für die Auszahlung der Versicherungssumme (Deckungsverhältnis) liegt in dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag zwischen dem Versprechenden (Versicherungsgesellschaft) und dem Versprechensempfänger (derjenige, der die Versicherung zugunsten der Hinterbliebenen abgeschlossen hat (Klunzinger, S. 200). Man unterscheidet zwischen einem echten und einem unechten Vertrag zugunsten Dritter. Beim echten Vertrag zugunsten Dritter steht dem Dritten ein eigener Anspruch auf die Leistung gegen den Versprechenden zu. Im Falle eines unechten Vertrags zugunsten Dritter besteht die Verpflichtung des Schuldners, an den Dritten zu leisten, nur gegenüber dem Versprechensempfänger. Der Dritte hat keinen eigenen Anspruch auf die Leistung. Ob ein echter oder unechter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, bestimmt sich nach § 328 Abs. 2 BGB „aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrags"; Auslegungshilfen ergeben sich aus den §§329-331 BGB. g. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Neben dem eigentlichen Vertrag zugunsten Dritter, der für den Dritten einen Anspruch auf die (Haupt-)Leistung begründet, hat die Rspr. als eine besondere Form den „Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" entwickelt (Larenz, SchuldR AT, Bd. I, S. 224; Medicus, SchuldR AT, Rnn. 722 ff.). Der Anspruch auf die Hauptleistung steht allein dem Gläubiger zu. Der Dritte ist jedoch insoweit in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten einbezogen, dass er bei deren Verletzung einen (vertraglichen) Schadensersatzanspruch geltend machen kann (PalandtHeinrichs, § 328 BGB, Rn. 13).
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Schuldner (z.B. Vermieter, Arbeitgeber)
Zurechnung des schädigenden Verhaltens, § 278 BGB
Mietvertrag oder Arbeitsvertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
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Gläubiger (z.B. Mieter)
Vertraglicher Schadensausgleich
Erfüllungsgehilfe (z.B. Hausmeister des Vermieters)
Dritter (z.B. Familienmitglied des Mieters)
Abb. III.8. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Der Grund für die Konstruktion des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter war die Unzulänglichkeit des Deliktsrechts, insbesondere die für einen Geschädigten unbefriedigende Regelung der Gehilfenhaftung. Im deliktischen Bereich kann bei der Gehilfenhaftung (§ 831 BGB) der sog. Exkulpationsbeweis geführt werden, während der Verletzte im Falle einer Verletzung vertraglicher Pflichten i. d. R. durch die Anwendung des § 278 BGB erheblich günstiger steht. Nach § 278 BGB ist im Falle der Einschaltung eines Erfüllungsgehilfen ein Exkulpationsnachweis ausgeschlossen; weitere Gründe sind die günstigere Beweislastverteilung und die Möglichkeit, auch Vermögensschäden ersetzt zu bekommen. Rechtsgrundlage des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist nach der Rspr. eine ergänzende Vertragsauslegung, durch die festgestellt wird, ob und in welchem Umfang eine Schutzwirkung zugunsten des Dritten besteht, während in der Literatur die Ansicht vorherrscht, dass es sich um eine, auf § 242 BGB beruhende, Rechtsfortbildung handelt. Im Ergebnis macht das aber keinen Unterschied (Palandt-Heinrichs, § 328 BGB, Rn. 14 m. w. N.). Die Schutzwirkung zugunsten Dritter kann auch schon während laufender Vertragsverhandlungen in Betracht kommen, wenn z.B. das seine Mutter begleitende Kind im Laden auf einem Gemüseblatt ausrutscht („Gemüseblatt-Fall", BGHZ 66, 51). Diese Konstruktion darf allerdings nicht dazu führen, jedem Dritten, der durch eine Sorgfaltspflichtsverletzung des Schuldners einen Schaden erlitten hat, einen Schadensersatzanspruch aus dem Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner zu gewähren. Dies würde die grundsätzliche Regelung missachten, dass eine vertragliche Haftung nur zwischen Gläubiger und Schuldner besteht, die durch den Vertrag miteinander verbunden sind. Außerdem würde der Unterschied zwischen mittelbarem und unmittelbarem Schaden unbeachtet bleiben. Die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Vertrags soll daher nur unter bestimmten, engen Voraussetzungen möglich sein (Brox/Walker, SchuldR AT, § 33, Rn. 7). Voraussetzung für das Vorliegen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist, dass zunächst eine „besondere Leistungsnähe" des Dritten gegeben ist. Das bedeutet, dass der Dritte den Gefahren der Sachleistung ebenso stark
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
ausgesetzt ist wie der Gläubiger selbst, z.B. die Angehörigen des Mieters bei der Wohnungsmiete. Weiterhin muss ein Schutzinteresse des Gläubigers „gegenüber dem Dritten" bestehen. Die Rspr. hat ursprünglich eine Schutzwirkung zugunsten Dritter nur dann bejaht, wenn der Gläubiger für das „Wohl und Wehe" des Dritten mitverantwortlich ist, d.h. wenn er diesem Schutz und Fürsorge schuldet („Sorgen wie ein Vater", Palandt-Heinrichs, § 328 BGB, Rn. 17 m. w.N.). Dementsprechend hat die Rspr. verlangt, dass zwischen dem Gläubiger und dem Dritten eine Rechtsbeziehung mit personenrechtlichem Einschlag bestehen soll, wie z.B. im Falle einer familienrechtlichen, arbeitsrechtlichen oder mietvertraglichen Beziehung. Inzwischen hat die Rspr. aber den Schutz des Dritten auch dann anerkannt, wenn die Leistung nach dem Vertragsinhalt bestimmungsgemäß dem Dritten zugute kommen soll (BGH, NJW 1984, 355; Palandt-Heinrichs, § 328 BGB, Rn. 17). Die Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags muss für den Schuldner auch „erkennbar" gewesen sein (Medicus, SchuldR AT, Rn. 776); andernfalls entfällt eine Haftung. Die Einbeziehung des Dritten ist abzulehnen, wenn kein Schutzbedürfnis besteht. Sie ist grundsätzlich dann abzulehnen, wenn dem Dritten eigene vertragliche Ansprüche - egal gegen wen - zustehen, die denselben oder zumindest einen vergleichbaren Inhalt haben wie die Ansprüche, die ihm zustehen würden, wenn er in den Schutzbereich einbezogen wäre. In § 311 Abs. 3 S. 1 BGB ist der vertragliche Drittschutz enthalten (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 376). Beispiele: Beförderungsvertrag: Mitbeförderte Personen. Mietvertrag: Außer den Eltern - als Vertragspartner des Vermieters - werden die Kinder sowie die anderen Familienmitglieder, die für den Vermieter erkennbar zum Benutzerkreis der Wohnung gehören, in den Schutzbereich des Mietvertrags miteinbezogen. Arbeitsvertrag: Der Arbeitnehmer fällt in den Schutzbereich des Kaufvertrags zwischen Arbeitgeber und Hersteller der Maschine. Aus dem Vertrag eines Händlers mit einem Hersteller kann dagegen keine besondere Schutzpflicht zugunsten des Endverbrauchers hergeleitet werden. Die Probleme, die bei der „Produzentenhaftung" entstehen, lassen sich nicht mit der Rechtsfigur des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter lösen (Palandt-Heinrichs, § 328 BGB, Rn. 17). Tritt bei einer Vertragsverletzung ein Schaden nicht bei dem Gläubiger, sondern (zufällig) bei einem Dritten ein, kann der Gläubiger ausnahmsweise diesen Schaden (für den Dritten) liquidieren (Drittschadensliquidation). Der Unterschied zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter besteht darin, dass der Anspruch nicht zum Schaden, sondern der Schaden zum Anspruch gezogen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt z.B. (eingeschränkt) noch beim Versendungskauf, beim Vermächtnis oder beim Treuhandgeschäft. Beispiel: Wird der einem Vermächtnisnehmer vermachte Gegenstand, der sich noch im Eigentum
3. Beendigung von Schuldverhältnissen
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des Erben befindet, durch Verschulden eines Dritten zerstört, scheitert ein Schadensersatzanspruch des Erben aus § 823 Abs. 1 BGB daran, dass dieser rechnerisch kein Schaden erlitten hat, da er nach § 2174 BGB von seiner Übereignungspflicht frei geworden ist. Den Schaden hat vielmehr auf Grund der in § 275 BGB enthaltenen Regelung zur Sachgefahr der Vermächtnisnehmer; dieser hat aber keinen Anspruch.
3. Beendigung von Schuldverhältnissen a. Übersicht Es gibt verschiedene Varianten, die eine Beendigung eines Schuldverhältnisses zu Folge haben. Die Beendigung begründet - im Gegensatz zu den Leistungsverweigerungsrechten - keine bloße Einrede, sondern ist im Falle eines Prozesses von Amts wegen zu berücksichtigen. Beendigung des Schuldverhältnis durch
Erfüllung Aufrechnung
Konfusion, Konsolidation
Zweckerreichung
Hinterlegung
Erlass
Rücktritt, Kündigung
Abb. III.9. Beendigung von Schuldverhältnissen
b. Erfüllung Unter Erfüllung versteht man das Bewirken der tatsächlichen Leistung. Eine Erfüllungswirkung tritt nur dann ein, wenn der richtige Schuldner dem richtigen Gläubiger die richtige Leistung am richtigen Ort erbringt. In diesem Fall erlischt das Schuldverhältnis (§ 362 Abs. 1 BGB). Umstritten ist die Rechtsnatur der Erfüllung (vgl. hierzu Brox/Walker, SchuldR AT, § 14, Rn. 3). Nach der heute herrschenden Theorie der realen Leistungsbewirkung (Jauernig-Stürner, § 362 BGB, Rn. 2) wird grundsätzlich nur auf die Herbeiführung des Leistungserfolges durch die Leistungshandlung abgestellt, die in erkennbarer Weise der geschuldeten entspricht. Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen (z. B. zur Zahlung) verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung aus, stellt sich die Frage, welches Schuldverhältnis durch die Zahlung erlischt. Meistens besteht kein Zweifel zwischen den Parteien, welche Forderung nach dem Willen des Schuldners durch dessen Leistung getilgt werden soll.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Liegt jedoch keine Vereinbarung vor, so hat der Schuldner das Recht, die Schuld zu bestimmen, die getilgt werden soll (§ 366 Abs. 1 BGB). Hat er dies getan, ist auch alles klar. Schwierig wird es in dem Fall, in dem auch der Schuldner keine „Zweckbestimmung" vorgenommen hat. Dann richtet sich die Tilgung nach der gesetzlichen Regel des § 366 Abs. 2 BGB. Es wird danach durch die Zahlung getilgt die - zunächst fällige Schuld, - unter mehreren fälligen die weniger sichere Schuld, - unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere Schuld (z.B. bei mehreren Darlehensschulden die mit dem höheren Zinssatz), - bei mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und - bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig. Merkregel: „Fällig, sicher, aber lästig ist das ältere Verhältnis" (Klunzinger, S. 225). Betrachtet man den Wortlaut des § 362 BGB, so fällt auf, dass der Schuldner nicht wörtlich erwähnt ist. Daraus ergibt sich, dass der Schuldner nicht unbedingt persönlich leisten muss. Die Leistung kann auch von einem Dritten erbracht werden (§ 267 BGB). Der leistende Dritte muss aber dann, damit es zu einer Erfüllungswirkung führt, zum Ausdruck bringen, dass er eine fremde Schuld erfüllen will. Für die Erfüllung enthält § 363 BGB zudem noch eine Beweislastbestimmung, die dem Gläubiger, der die geschuldete Kaufsache entgegennimmt und verwendet oder veräußert, die Beweislast aufbürdet. Regelmäßig muss die Leistung an den Gläubiger bewirkt werden. Diese Leistung bringt das Schuldverhältnis zum Erlöschen. Ausnahmsweise kann aber auch die Leistung an einen Nichtgläubiger befreiende Wirkung haben. Einen solchen Fall regelt § 362 Abs. 2 BGB durch Verweisung auf den § 185 BGB. Die Leistung an einen Dritten befreit, wenn der Gläubiger dazu vorher seine Einwilligung erteilt hat (§ 185 Abs. 1 BGB). Die Leistung an einen Dritten hat gem. § 362 Abs. 2 BGB auch dann befreiende Wirkung, wenn der Gläubiger sie nachträglich genehmigt oder wenn einer der beiden anderen Fälle des § 185 Abs. 2 BGB eintritt (d.h. der Empfänger Gläubiger wird oder der Gläubiger beerbt den Empfänger und haftet unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten). Weitere Fälle, in denen die Leistung an einen Nichtberechtigten befreiend wirkt, liegen vor, wenn dem Gläubiger an der Forderung ein Nießbrauch oder ein Pfandrecht zusteht (§§ 1074, 1282, BGB, §§ 835, 836 Abs. 1 ZPO; Palandt-Heinrichs, § 185 BGB, Rn. 4) oder wenn der Schuldner an jemand leistet, den er gutgläubig für empfangsberechtigt hält. Diese Fallgestaltungen finden sich bei der Forderungsabtretung und bei den Wert- und Legitimationspapieren (§§ 370, 407, 408, 893, 2367 BGB).
3. Beendigung von Schuldverhältnissen
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Der Gläubiger hat auf Verlangen eine Quittung zu erteilen (§ 368 BGB), damit dieser notfalls die Erfüllung beweisen kann. Ferner muss der Gläubiger einen möglicherweise ausgestellten Schuldschein zurückgeben (§ 371 BGB). c. Leistung an Erfüllungs Statt Der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Sache annimmt, u. U. durch vorherige Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis (Leistung an Erfüllungs Statt, § 364 Abs. 1 BGB). Weist die an Erfüllungs Statt gegebene Sache Mängel auf, dann hat der Gläubiger die Rechtsstellung eines Käufers (hierzu ausführlich Medicus, SchuldR AT, Rnn. 247 ff., vor allem zu den Fragen, wenn sich der an Erfüllungs Statt gegebene Gegenstand als fehlerhaft erweist). Von der Leistung an Erfüllungs Statt gem. § 364 Abs. 1 BGB ist die „Leistung erfüllungshalber" nach § 364 Abs. 2 BGB zu unterscheiden. Wenn der Schuldner gegenüber dem Gläubiger neben der bereits bestehenden Verpflichtung eine neue Verbindlichkeit begründet, so bleibt im Zweifel die bisherige Verbindlichkeit bestehen (vgl. die gesetzliche Auslegungsregel des § 364 Abs. 2 BGB). Die bereits bestehende Forderung, z. B. auf Zahlung des Kaufpreises, wird allerdings insoweit verändert, als der Gläubiger aus dieser Forderung so lange nicht vorgehen darf, als er Befriedigung aus der neu begründeten Verbindlichkeit erlangen kann. Die bisherige Verbindlichkeit gilt solange als gestundet. Eine typische Leistung erfüllungshalber ist die Hingabe eines Wechsels oder Schecks für eine - beispielsweise aus Kauf- oder Werkvertrag - bestehende Zahlungspflicht oder die Zahlung mit Kredit- oder ec-karte im POS-System (PalandtHeinrichs, § 364 BGB, Rnn. 6 ff. m. w. N.). Das Schuldverhältnis erlischt dann erst, wenn der Gläubiger bei Fälligkeit des Wechsels oder bei Einreichung des Schecks tatsächlich die Zahlung erhält. Wie aus der Übersicht (vgl. unter a.) zu ersehen ist, bestehen außer der eigentlichen Leistungsbewirkung noch andere Tatbestände, die zur Beendigung des Schuldverhältnisses führen können. Diese Folgenden Tatbestände werden auch als „Erfüllungssurrogate" bezeichnet. d. Hinterlegung Nimmt der Gläubiger die geschuldete Leistung nicht ab, so kann dennoch eine Erfüllungswirkung eintreten. Durch die Hinterlegung (i. d. R. beim AG) nach § 372 BGB erhält der Schuldner die Möglichkeit, sich von einer Verbindlichkeit zu befreien, wenn er dazu aus Gründen, die aus dem Bereich des Gläubigers stammen, nicht oder nicht mit Sicherheit in der Lage wäre. Die einzelnen Voraussetzungen, unter denen der Schuldner eine Sache hinterlegen kann, ergeben sich aus den §§ 372 ff.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
BGB. Ein Schwerpunkt der Prüfung, ob eine wirksame Hinterlegung vorliegt, betrifft die Frage, ob ein Hinterlegungsgrund vorliegt. Dieser liegt u. a. vor, wenn sich der Gläubiger im Annahmeverzug befindet (§ 372 S. 1 BGB). Der zweite Schwerpunkt ist die Hinterlegungsfähigkeit der Sachen, die in § 372 S. 1 BGB aufgezählt sind, (wobei das Problem bei „.. .sonstige Urkunden und Kostbarkeiten" liegt). Die §§ 372 ff. BGB regeln die privatrechtliche Seite der Hinterlegung, nämlich die Voraussetzungen und Wirkungen, während sich das Verfahren nach einer Hinterlegungsordnung von 1937 bestimmt (vgl. Brox/Walker, SchuldR AT, § 15, Rnn. 4 ff.).
e. Aufrechnung Die Aufrechnung ist in den §§ 387-396 BGB geregelt. Es ist eine Möglichkeit, ein Schuldverhältnis ohne Erfüllung zum Erlöschen zu bringen. In der Praxis spielt die Aufrechnung eine große Rolle. Sie wird dabei nicht immer als Aufrechnung, sondern oft als „Verrechnung", „Saldierung" oder „Anrechnung" bezeichnet. Man versteht darunter die Tilgung zweier einander gegenüberstehender Forderungen. Die Aufrechnung ist ein Erfüllungssurrogat, deren Zweck zum einen in einer Tilgungserleichterung besteht, da durch sie ein umständliches Hin- und Herzahlen vermieden und zum anderen auch eine gewisse Sicherungsfunktion erfüllt wird. Beispiel: Der Käufer K schuldet dem Verkäufer V aus einem Kaufvertrag 1 000 €. K steht demgegenüber gegen V eine Forderung in Höhe von 800 € aus einem Darlehensvertrag zu. Jeder ist also Gläubiger und Schuldner des anderen. Unter den Voraussetzungen der §§ 387 ff. BGB ist jeder zu einer Aufrechnung berechtigt. Mit der Aufrechnungserklärung erlöschen die Forderungen in Höhe der betragsmäßiger Übereinstimmung, d. h. in diesem Fall in Höhe von 800 €. Die Parteien können im Rahmen der Vertragsfreiheit entweder den einzelnen Leistungsanspruch oder das gesamte Schuldverhältnis abändern. Wählen die Parteien die Aufrechnung, um ein Schuldverhältnis zum Erlöschen zu bringen, so müssen dennoch einige Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Aufrechnung vorliegen. Zunächst müssen zwei Personen einander etwas schulden, d. h. jeder muss zugleich Schuldner und Gläubiger sein (§ 387 BGB). Die geschuldeten Leistungen müssen dabei ihrem Gegenstand nach gleichartig sein, i. d. R. gegeben bei Geldforderungen. Zudem muss die Forderung des Aufrechnenden nach § 387 BGB fällig sein („sobald er ... fordern kann"). Außerdem darf sie nicht einredebehaftet sein (§ 390 BGB) und muss erzwingbar sein, d. h. es darf sich nicht um eine Naturalobligation handeln. Sodann muss auch die Erfüllbarkeit der Forderung gegeben sein (§ 387 BGB „... bewirken kann").
3. Beendigung von Schuldverhältnissen
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Die Aufrechnung muss gegenüber der anderen Person erklärt werden (§ 388 S. 1 BGB), wobei Bedingungen oder Zeitbestimmungen die Aufrechnung unwirksam werden lassen. Letztlich darf die Aufrechnung nicht ausgeschlossen sein. Ein Ausschluss kann sich kraft Gesetzes gem. § 393 BGB bzw. § 394 S. 1 BGB, durch Vertrag oder durch Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben ergeben. Nach § 393 BGB ist eine Aufrechnung nicht zulässig, wenn die Hauptforderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammt. Nach § 394 S. 1 BGB kann nicht gegen eine unpfändbare Forderung aufgerechnet werden; welche Forderungen darunter fallen, bestimmt sich nach § 850 ZPO. Zu beachten ist stets, dass nach § 389 BGB die aufgerechneten Forderungen nur insoweit erlöschen, wie sie sich decken und zwar in dem Zeitpunkt, in dem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenüber gestanden haben (§ 389 BGB). f. Erlass Ein Schuldverhältnis erlischt nach § 397 Abs. 1 BGB, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt, da man auf einzelne Forderungen nicht einseitig verzichten kann. Gegen seinen Willen soll niemand aus der Schuld entlassen werden. Das kann aus steuerlichen Gründen wichtig sein, da sonst der Gläubiger dem Schuldner durch einseitigen Verzicht höhere Steuern aufbürden könnte (Fikentscher, SchuldR, Rn. 296). Zu beachten ist, dass der Erlass nur einzelne Forderungen zum Erlöschen bringen kann. Wollen die Parteien das ganze Schuldverhältnis („Schuldverhältnis im weiteren Sinne") zum Erlöschen bringen, kann dies nur durch einen Aufhebungsvertrag geschehen. Der Erlassvertrag kann ausdrücklich oder konkludent geschlossen werden und bedarf keiner besonderen Form. Weil mit seinem Abschluss die Forderung erlischt, ist er ein Verfügungsvertrag. Damit bedarf er eines Kausalverhältnisses, das regelmäßig eine Schenkung sein dürfte. Das gleiche gilt, wenn der Gläubiger gem. § 397 Abs. 2 BGB durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht besteht. Man spricht insoweit auch von einem „negativen konstitutiven Schuldanerkenntnis". Das negative Schuldanerkenntnis ist eine besondere Form des Erlasses und bedarf wie dieses keiner besonderen Form; ein wichtiger Anwendungsfall ist die sog. Ausgleichsquittung im Arbeitsrecht, durch die ein Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, dass er keine weiteren Ansprüche gegen den Arbeitgeber hat. Bei den „unverzichtbaren Ansprüchen" ist sowohl ein Erlass als auch ein negatives Schuldanerkenntnis nicht zulässig. Verzichtsverbote sind vor allem im Arbeitsrecht enthalten (z. B. § 4 Abs. 4 TVG).
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
g. Aufhebungsvertrag Das Schuldverhältnis kann von den Parteien auch durch vertragliche Abrede aufgehoben werden. Somit wird im Unterschied zum Erlassvertrag nicht nur eine einzelne Forderung, sondern das gesamte Schuldverhältnis beendet. Die Besonderheit ist außerdem, dass der Aufhebungsvertrag hierzu nicht der Form des Begründungsvertrags bedarf. Mitunter wird häufig, auch wenn die Parteien fälschlicherweise von einer Kündigung sprechen, in der Praxis ein Aufhebungsvertrag vorliegen. Allerdings kann die Hinnahme einer Kündigung nicht ohne weiteres als stillschweigender Abschluss eines Aufhebungsvertrags aufgefasst werden. h. Novation Die Novation (bzw. Schuldumwandlung) ist die Aufhebung des alten in Verbindung mit der Begründung eines neuen Schuldverhältnisses, z.B. wenn sich Verkäufer und Käufer darüber einig sind, dass die noch offene Kaufpreisforderung in ein langfristiges Darlehen umgewandelt werden soll. i. Vergleich Unter einem Vergleich - gesetzlich geregelt in § 779 BGB - versteht man einen Vertrag, durch den der Streit und die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird. Ein Vergleich i. S. v. § 779 BGB ist auch der Prozessvergleich in einem Rechtsstreit. Er unterliegt aber als Prozesshandlung auch den Regeln des Prozessrechts. Der Prozessvergleich ist deshalb so bedeutungsvoll, weil es sich hierbei um einen Titel i. S. v. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO handelt, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. j . Konfusion, Konsolidation Auch eine Konfusion bringt ein Schuldverhältnis zum Erlöschen. Darunter versteht man den Fall, dass sich Forderung und Schuld in einer Person vereinigen. Beispiel: A, der gegen seinen Sohn eine Forderung von 5 000 € hat, wird von diesem allein beerbt. Das sachenrechtliche Pendant dazu ist die Konsolidation. Hierbei vereinigen sich Berechtigung und Belastung in einer Person.
4. Verbraucherschutz bei besonderen Vertriebsformen
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k. Rücktritt und Kündigung Der Rücktritt ist ein einseitiges Gestaltungsrecht mit dem Ziel, das Schuldverhältnis in ein AbwicklungsVerhältnis umzugestalten. Durch die Ausübung des Rücktritts erlöschen die noch bestehenden Verpflichtungen und es entsteht bezüglich der bereits erbrachten Leistungen ein sog. Rückgewährschuldverhältnis (vgl. §§ 346 ff. BGB). Die Rücktrittsregeln finden grundsätzlich auf vertragliche und gesetzliche Rücktrittsrechte Anwendung (§ 346 Abs. 1 BGB). Nach § 346 BGB sind die Parteien verpflichtet, die einander empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben (vgl. zum Inhalt §§ 346 ff. BGB). Die vollständige Beendigung des Schuldverhältnisses tritt daher erst dann ein, wenn auch die Leistungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis erfüllt worden sind. Bei Dauerschuldverhältnissen, z. B. Miete, Pacht, Leihe, Dienstverträge, tritt an die Stelle des Rücktritts i. d. R. die Kündigung (vgl. § 313 Abs. 3 S. 2 BGB). Sie ist im BGB nicht zusammenfassend geregelt, sondern bei den einzelnen Vertragstypen besonders ausgestaltet. Bei einer Kündigung ist zu unterscheiden zwischen einer ordentlichen Kündigung, die den Vertrag nach Ablauf der Kündigungsfrist beendet und der außerordentlichen (= fristlosen) Kündigung aus wichtigem Grund, die den Vertrag mit sofortiger Wirkung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung beendet. Die außerordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen ist in § 314 BGB geregelt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Kündigung beendet das Schuldverhältnis im Gegensatz zum Rücktritt nur für die Zukunft. Der Grund hierfür besteht darin, dass bei einem in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnis eine Rückabwicklung der gegenseitig empfangenen Leistungen i. d. R. nicht durchführbar ist und darüber hinaus auch nicht im Interesse der Parteien sein dürfte (Fikentscher, SchuldR, Rn. 36).
4. Verbraucherschutz bei besonderen Vertriebsformen a. Überblick über den Verbraucherschutz im BGB Schließt ein Unternehmer (§ 14 BGB) mit einem Verbraucher (§13 BGB) einen Vertrag, dann ist der Verbraucher im Zweifel die unterlegene Partei, die es durch zahlreiche Vorschriften zu schützen gilt. Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Verbraucherbegriff wird auf die Rolle beim Abschluss eines Rechtsgeschäfts bezogen. Somit ist man nicht stets Verbraucher, sondern nur dann, wenn man i. S. v. § 13 BGB am Rechtsverkehr teilnimmt.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil Beispiel: Ein Schriftsteller kauft Papier für das Manuskript seines nächsten Romans. Hier tritt er nicht als Verbraucher auf; anders ist es, wenn er z. B. Brötchen kauft.
Unternehmer ist nach § 14 BGB jede natürliche oder juristische Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ihre gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit ausübt. Zum Teil bezieht sich der Verbraucherschutz auf einzelne Vertragstypen, z. B. auf den Teilzeitwohnrechtevertrag (§§ 481 ff. BGB), den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB), den Verbraucherdarlehensvertrag (§§ 491 ff. BGB), die Finanzierungshilfen (§§ 499 ff. BGB) oder Ratenlieferungsverträge (§ 505 BGB). Soweit der Verbraucherschutz alle oder jedenfalls mehrere Vertragstypen betrifft, ist er im Allgemeinen Schuldrecht geregelt. Die bisher in verschiedenen Nebengesetzen normierten Verbraucherschutzgesetze, z.B. Haustürwiderrufsgesetz (HWiG), Fernabsatzgesetz (FernabsatzG), Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) oder das Teilzeitwohnrechtegesetz (TzWrG) wurden im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung in das BGB implementiert. Zu den besonderen Vertriebsformen gehören nach den §§ 312—312f BGB die Haustürgeschäfte, die Fernabsatzverträge sowie die im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossenen E-Commerce-Verträge. Die Gemeinsamkeit dieser Vertriebsformen besteht darin, dass die Verträge auf unübliche Weise, unter unüblichen Umständen oder an einem unüblichen Ort abgeschlossen oder angebahnt werden. Einheitlich ist in § 312 f BGB das grundsätzliche Verbot vertraglicher Dispositionen oder sonstiger Umgehungen zu Lasten der Kunden vorgesehen. Die Vorschriften dieses Untertitels finden danach, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. b. Haustürgeschäfte Beruht der Vertragsabschluss zwischen Unternehmer und Verbraucher auf einer anbieterinitiierten Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz, im Bereich einer Privatwohnung, anlässlich einer vom Unternehmer oder von einem Dritten zumindest auch im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeitveranstaltung oder im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen (Haustürgeschäfte), steht dem Verbraucher ein zweiwöchiges Widerrufsrecht gem. § 312 Abs. 1 BGB i.V. m. § 355 BGB zu. Beispiele: Partyverkäufe, „Kaffeefahrten", Heimvorführungen. Das bedeutet, dass der Verbraucher mit fristgerechter Ausübung seines Widerrufsrechts an seine gegenüber dem Unternehmer abgegebene Willenserklärung nicht mehr gebunden ist.
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Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass bei „Haustürgeschäften" für den Verbraucher typischerweise die Gefahr einer „Überrumpelung" besteht. Vielfach wird dem Käufer erst, nachdem sich der „Werber" verabschiedet hat, klar, dass er sich bei ruhiger Überlegung ganz anders verhalten hätte; eine Anfechtung, sei es wegen Irrtums oder auch arglistiger Täuschung, ist in diesen Fällen nur selten möglich. Dem Verbraucher kann anstelle des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht nach § 356 BGB eingeräumt werden. Die Anwendung des § 312 BGB ist ausgeschlossen, wenn die mündlichen Verhandlungen auf Grund einer vorhergehenden Bestellung des Verbrauchers geführt worden sind, wenn die Leistung bei Vertragsabschluss sofort erbracht und bezahlt wird und ihr Wert 40 € nicht übersteigt sowie schließlich, wenn die Willenserklärung des Verbrauchers notariell beurkundet worden ist (§ 312 Abs. 3 BGB). Zu beachten ist, dass bei Versicherungsverträgen eine spezielle Regelung bzgl. des Widerrufsrechts besteht, sofern der Versicherungsvertrag für eine längere Dauer als ein Jahr abgeschlossen worden ist (§ 8 Abs. 4 VVG). c. Fernabsatzverträge Unter Fernabsatzverträgen sind nach § 312 b BGB alle Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen zu verstehen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden. Ausgenommen sind Unternehmer, die kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem unterhalten, also etwa nur gelegentlich am Telefon Verträge abschließen. Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer „ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien" eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telefaxe, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste. Die Regelung erfasst daher sowohl die klassischen Fernabsatzgeschäfte (z. B. Bestellung per Katalog) als auch einen Großteil des sog. elektronischen Geschäftsverkehrs. Darüber hinaus sind in § 312 b Abs. 3 BGB Bereichsausnahmen enthalten, denen jeweils unterschiedliche Erwägungen zugrunde liegen. Beispiele: Verträge über Fernunterricht (§ 1 Fernunterrichtsschutzgesetz), Verträge über die Teilzeitnutzung von Wohngebäuden (§ 481 BGB), Verträge betreffend Finanzgeschäfte, insbesondere Bankgeschäfte, Finanz- und Wertpapierdienstleistungen, Versicherungen sowie deren Vermittlung; ausgenommen sind weiterhin Verträge über Vermittlung von Darlehensverträgen, Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken, sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs (z. B. regelmäßige Lieferung von „Mineralwasser"), die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von Unternehmern im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden sowie Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung (z. B. Hotelreservierung), Beförderung, Lieferung von Speisen und Getränken (z. B. Pizzabestellung).
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Die besondere Gefährdung des Verbrauchers bei Fernabsatzgeschäften besteht darin, dass die Beurteilung des Vertragsgegenstands und des Vertragspartners sowie ggf. die Rechtsverfolgung gegenüber diesem erschwert ist. Der Unternehmer hat daher den Verbraucher rechtzeitig nach § 312 c Abs. 1 BGB „vor Abschluss eines Fernabsatzvertrags" über zahlreiche Details klar und verständlich zu informieren, z.B. muss er bei Telefongesprächen seine Identität und den gewerblichen Zweck des Vertrags zu Beginn des Gesprächs offen legen. Die Einzelheiten der Informationspflichten des Unternehmers ergeben sich aus der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach BGB (BGBInfo V), auf die § 312 c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB verweist. Diese wiederholt und ergänzt insbesondere die Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr; in Anl. 2 enthält sie zudem das Muster einer Widerrufsbelehrung. Dem Verbraucher sollen also die erforderlichen Informationen über den wesentlichen Vertragsinhalt, seinen Vertragspartner und das Widerrufsrecht zur Verfügung gestellt werden, damit er seine Entscheidung für den Vertragsabschluss informiert treffen kann. Nach § 312 c Abs. 2 BGB hat der Unternehmer diese Informationen spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags diesem in Textform mitzuteilen, bei Waren spätestens bei Lieferung an den Verbraucher. Bei einem Verstoß des Unternehmers gegen seine Informationspflichten kommt eine Schadensersatzhaftung nach § 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten in Betracht. Bei nicht hinreichender Information beginnt die Widerrufsfrist nach § 312d BGB nicht zu laufen. Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein zweiwöchiges Widerrufsrecht nach § 312d BGB i.V.m. § 355 BGB zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 BGB eingeräumt werden. Das Widerrufsrecht besteht grundsätzlich nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde, bei der Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind, bei der Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, bei der Erbringung von Wett- und LotterieDienstleistungen oder bei Verträgen im Rahmen von Versteigerungen (§ 312d Abs. 4 BGB). d. Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr § 312 e BGB setzt die (privatrechtlichen) Vorgaben der E-Commerce-RL 2000/31/ EG, die für den elektronischen Geschäftsverkehr Anforderungen an die Ausgestaltung des Vertragsabschlusses und weitere Informationspflichten enthalten, in das
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deutsche Recht um. Während die oben erwähnten Vorschriften vornehmlich dem Verbraucherschutz dienen, betreffen die Regelungen über Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr grundsätzlich auch Verträge unter Unternehmern. Die Regeln zum elektronischen Geschäftsverkehr sind nach § 312e BGB dann anwendbar, wenn sich der Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen eines Tele- oder Mediendienstes bedient (zum Begriff, vgl. § 2 Abs. 1 TDG, § 2 Abs. 1 MDStV). Diese besonderen Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr treffen nur Unternehmer, jedoch nicht beschränkt auf das Verhältnis zu Verbrauchern, sondern zu allen Kunden, d. h. auch gegenüber anderen Unternehmern. Die einzige Besonderheit im unternehmerischen Bereich besteht darin, dass nach § 312 a Abs. 2 BGB die Parteien grundsätzlich frei über die Regeln disponieren können. Im elektronischen Geschäftsverkehr besteht die Gefahr von Eingabefehlern und das Bedürfnis der Kunden, vor Abgabe einer endgültigen Bestellung noch Berichtigungen vornehmen zu können. Der Unternehmer hat daher dem Empfänger (Kunden) angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung (Bestellung) erkennen und berichtigen kann. Der Unternehmer hat dem Kunden weiterhin rechtzeitig vor Abgabe seiner Bestellung klar und verständlich die den Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr betreffenden Informationen zu erteilen, den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen und die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen alsbald, spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags, bei Waren spätestens bei Lieferung an den Kunden abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern (vgl. § 312e BGB). Zu beachten ist, dass es sich bei einem Vertrag, der „im elektronischen Geschäftsverkehr" zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher zustande kommt, auch um einen Fernabsatzvertrag i. S. v. § 312b BGB handelt. Unmittelbare Rechtsfolgen sind mit einer Nichteinhaltung der in § 312e BGB enthaltenen Pflichten nicht verbunden. Handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag, steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gem. den §§ 312d, 355 BGB zu. Für diesen Fall bestimmt § 312e Abs. 3 S. 2 BGB - ohne freilich dem Verbraucher ein eigenes Widerrufsrecht einzuräumen -, dass die Widerrufsfrist erst nach Erfüllung der in § 312 e Abs. 1 S. 1 BGB geregelten Pflichten beginnt. Der Verstoß gegen eine oder auch mehrere Pflichten des § 312e Abs. 1 S. 1 BGB führt nicht zur Nichtigkeit des Vertrags. Eine solche Rechtsfolge widerspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, den Kunden zu schützen. Würde nämlich die Nichtbeachtung der Informationsund Verhaltenspflichten durch den Unternehmer die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge haben, hätte der Kunde nicht einmal einen (durchsetzbaren) Anspruch auf nachträgliche Information. Verstöße gegen die in § 312e Abs. 1 BGB bestimmten Pflichten begründen im Übrigen auch die Möglichkeit einer Unterlassungsklage
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nach § 13 UWG und nach § 2 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG). Mit der Nichteinhaltung der besonderen Pflichten beim E-Commerce kann der Anbieter auch Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Kunden verletzen. Wenn dies zu einem Schaden führen sollte, könnte eine Haftung aus §§311 Abs. 2, 241 Abs. 2 i.V. m. § 280 Abs. 1 BGB begründet sein. In Betracht kommt auch ein Anfechtungsrecht des Kunden wegen eines Erklärungsirrtums nach § 119 Abs. 1 BGB. e. Widerrufsrecht Für das Widerrufsrecht gelten die allgemeinen Vorschriften. Das Widerrufsrecht bezweckt den Schutz des Verbrauchers vor einer vertraglichen Bindung. Der Verbraucher ist nach § 355 Abs. 1 S. 1 BGB nach Ausübung seines Widerrufsrechts an seine Vertragserklärung nicht mehr gebunden. Der Vertrag ist solange schwebend wirksam. Sie kann durch den Widerruf endgültig unwirksam gemacht werden. Der Verbraucher kann seine Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer ohne Begründung in Textform oder durch Rücksendung der Ware widerrufen (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn dem Verbraucher eine Belehrung über das Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt (§ 126 b BGB; § 355 Abs. 2 S. 1 BGB) oder bei einem schriftlich abzuschließenden Vertrag (z.B. § 492 Abs. 3 BGB) zur Verfügung gestellt worden ist. Um dem Verbraucher die zwei Wochen als Überlegungsfrist zu lassen, genügt zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufs; es kommt also nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs an. Nach § 355 Abs. 3 BGB erlischt das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsabschluss. Diese Regelung sollte nach der Fassung im Schuldrechtsmodernisierungsgesetz auch dann gelten, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden war. Dies war jedoch europarechtswidrig (vgl. EuGH, NJW 2002, 281). Deshalb bestimmt nunmehr § 355 Abs. 3 S. 3 BGB, dass für das Widerrufsrecht des nicht ordnungsgemäß belehrten Verbrauchers die Höchstfrist von sechs Monaten nicht gilt.
5. Leistungsstörungen a. Einleitung Schuldverhältnisse, vor allem Verträge sind darauf ausgerichtet, dass der Schuldner seiner Leistungspflicht ordnungsgemäß nachkommt, d. h. durch Erfüllung oder
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Erfüllungssurrogat. Werden diese Verpflichtungen erfüllt, ergeben sich keine Probleme. Nicht immer verläuft jedoch die Abwicklung eines Schuld verhältnisses problemlos. Oftmals treten nach seiner Entstehung und vor seinem Erlöschen Störungen auf. Der Verkäufer kann eine Sache nicht (mehr) übereignen, die Leistung wird zu spät oder mangelhaft erbracht oder es wird eine sonstige Pflicht verletzt oder der Gläubiger kommt mit der Annahme der Leistung in Verzug. In allen Fällen handelt es sich um Leistungsstörungen. Die Neuregelungen in den §§ 275-288 BGB fassen grundsätzlich sämtliche Tatbestände der Leistungsstörungen unter den einheitlichen Begriff der Pflichtverletzung zusammen (§ 280 Abs. 1 BGB). Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB ist das Vorliegen eines Schuldverhältnisses, einer Pflichtverletzung und eines Vertretenmüssens. Die Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB gilt für die Verletzung von Hauptpflichten, Nebenleistungspflichten und Schutzpflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB. Aus den Verweisungen in §§ 281-283, 437 Nr. 3 BGB sowie 634 Nr. 4 BGB auf die Vorschrift des § 280 BGB wird deutlich, dass alle Leistungsstörungen auf diesem Grundtatbestand beruhen, soweit es sich um Schadensersatzansprüche handelt. Eine Pflichtverletzung liegt danach vor, wenn der Schuldner die Leistung zu spät, gar nicht oder schlecht erbringt, d. h. nicht in der geschuldeten Qualität oder unter Verletzung von Nebenpflichten. Die Pflichtverletzung führt dazu, dass der Gläubiger grundsätzlich einheitlich Schadensersatz wegen Pflichtverletzung verlangen kann, sofern diese schuldhaft erfolgt ist. Sie löst damit den bisher zentralen Begriff der Unmöglichkeit im Leistungsstörungsrecht ab. Das bedeutet allerdings nicht, dass die bisherigen Differenzierungen zwischen den unterschiedlichen Formen an Leistungsstörungen ohne Bedeutung sind. Diese Differenzierungen sind nunmehr auf der Rechtsfolgenebene von Relevanz, indem das Gesetz neben dem allgemeinen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung (§ 280 Abs.l BGB) noch besondere Regelungen für den Schadensersatz statt der Leistung (§ 280 Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 281-283 BGB) und wegen des Schadensersatzes wegen Verzugs (§§ 280 Abs. 2, 286 BGB) enthält. Die Zusammenfassung ist allerdings nicht stringent durchgeführt worden. So bleibt die Unmöglichkeit als Grund für das Freiwerden von der Verbindlichkeit erhalten (§§ 275 BGB, 326 Abs. 5 BGB). Diese liegt vor, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung nicht erbringen kann, wobei § 275 BGB eine Erweiterung auf vergleichbare Fälle enthält; § 275 Abs. 2 BGB betrifft den „unzumutbaren Aufwand" und § 275 Abs. 3 BGB die „unzumutbare persönliche Leistungserbringung". Der Verzögerungsschaden wird nur unter besonderen Voraussetzungen des Verzugs ersetzt (§§ 280 Abs. 2, 286 BGB). Ein Schuldnerverzug liegt vor, wenn der Schuldner eine fällige Leistung auch nach einer Mahnung nicht erbringt (§ 286 BGB). Schadensersatz statt der Leistung (früher: Schadensersatz wegen Nichterfüllung) kann grundsätzlich nur nach einer Fristsetzung i. S. v. § 281 BGB verlangt werden. Im Besonderen Teil des Schuldrechts enthält das Gesetz ergänzende Regelungen zu den sog. Mängelrechten, z. B. in den §§ 437 ff. BGB für den Kaufvertrag, in den
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
§§ 536 ff. BGB für den Mietvertrag, in den §§ 633 ff. BGB für den Werkvertrag und in §§ 651 c ff. BGB für den Reisevertrag. Im Mietrecht (§ 536 a Abs. 1 BGB) und im Reiserecht (§§ 651 f BGB) gibt es jeweils einen eigenen Schadensersatzanspruch. Sonstige Pflichtverletzungen sind direkt nach der Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Schadensersatz statt der Leistung kann nach § 282 BGB bei sonstigen Pflichtverletzungen nur verlangt werden, wenn die Pflichtverletzung wesentlich ist und dem Gläubiger die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist. Regelmäßig handelt es sich um eine Verletzung von Rücksichtnahmepflichten i.S.v. §241 Abs. 2 BGB. Eine Besonderheit besteht bei der anfänglichen Unmöglichkeit. Diese führt nach neuem Recht nicht mehr zur Unwirksamkeit des Vertrags (§ 311 a Abs. 1 BGB). Bei anfänglicher Unmöglichkeit besteht eine an die Kenntnis vom Unvermögen anknüpfende Verschuldenshaftung (§ 311a Abs. 2 BGB). Für die gedankliche Prüfungsreihenfolge im Rahmen eines Gutachtens ergibt sich auf Grund der neuen Gesetzessystematik eine wichtige Änderung. Während früher zunächst die Art der Leistungsstörung festgestellt werden musste, um über die Anwendung der richtigen Norm (z.B. §§ 325, 326, 463 BGB a.F.) zu einer Rechtsfolge zu kommen, ist nach der neuen Rechtslage von der begehrten Rechtsfolge auszugehen. Es kommt darauf an, ob der Gläubiger Schadensersatz „statt der Leistung" (früher: Schadensersatz wegen Nichterfüllung), Ersatz von (reinen) Verzugsschäden, Schadensersatz „neben" der Leistung ( d. h. Mangelfolgeschäden) oder Rückgewähransprüche nach Rücktritt geltend macht. Sämtliche Schadensersatzansprüche setzen ein Vertretenmüssen voraus. Regelmäßig geht es hier um das Verschulden. Das Verschulden bestimmt sich - wie bisher - nach § 276 BGB, bei zurechenbarem Fremdhandeln über die §§ 278, 31 BGB. Der Schuldner hat nach § 276 Abs. 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Ein strengerer oder milderer Haftungsmaßstab kann sich insbesondere aus dem Inhalt des jeweiligen Schuldverhältnisses ergeben. In dieser Vorschrift sind beispielhaft die Übernahme einer Garantie und eines Beschaffungsrisikos genannt. Die Übernahme einer Garantie bedeutet, dass der Schuldner verspricht, verschuldensunabhängig für den Eintritt oder Nichteintritt eines bestimmten Erfolges einstehen zu wollen. Die Garantie ist vor allem im Kaufrecht von Bedeutung, wenn der Verkäufer das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft der Kaufsache garantiert. Die Übernahme eines Beschaffungsrisikos geschieht regelmäßig in den Fällen, in denen der Schuldner verspricht, eine am Markt erhältliche Gattungssache zu liefern. In diesem Fall hat der Schuldner grundsätzlich für seine Leistungspflicht so lange einzustehen, wie eine Beschaffung dieser Sachen am Markt möglich ist.
5. Leistungsstörungen
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Überblick: - §§ 280 Abs. 1 u. 2 i.V. m. § 286 BGB - Anspruchsgrundlage für den Ersatz von reinen Verzögerungsschäden bei Verzug. - §§ 280 Abs. 1 u. 3 i.V. m. § 283 BGB - Anspruchsgrundlage für Schadensersatz wegen nachträglicher Unmöglichkeit. - §§ 280 Abs. 1 u. 3 i.V.m. § 281 BGB - Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz statt der Leistung, wenn eine Leistung schuldhaft nicht oder nicht wie geschuldet erbracht wird und eine angemessene Frist erfolglos abläuft. - §§ 280 Abs. 1 u. 3 i.V. m. § 282 BGB - Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz statt der Leistung bei Verletzungen von Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 BGB und Unzumutbarkeit. - §§ 280 Abs. 1 BGB - Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz bei sonstigen schuldhaften Pflichtverletzungen. - Sonderfall: § 311 a Abs. 2 BGB - Anspruchsgrundlage für Schadensersatz wegen anfänglicher Unmöglichkeit.
Das Verschulden wird durchgehend vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Behauptungs- und Beweislast liegt damit stets beim Schuldner, so dass dieser Umstände darzulegen und zu beweisen hat, dass die Pflichtverletzung nicht die Folge eines von ihm zu vertretenden Umstands ist. Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger auch Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen verlangen (§ 284 BGB). Bei gegenseitigen Verträgen kann ein Rücktritt des Gläubigers dann erfolgen, wenn der Schuldner ohne Verschulden eine angemessene Nachfrist zur Leistung oder Nacherfüllung verstreichen lässt (§ 323 Abs. 1 BGB). § 325 BGB lässt eine Kumulierung von Rücktritt und Schadensersatz zu. Zu beachten ist, dass das BGB hier keine einheitliche Terminologie verwendet. So ist z. B. in § 323 Abs. 1 BGB die Rede davon, dass der Schuldner die Leistung „nicht oder nicht vertragsgemäß" erbringt. Rücktritt und Widerruf sind nun zusammen in den §§ 346 ff. BGB geregelt. Wesentliche Änderungen betreffen vor allem das Rücktrittsrecht, und zwar bei Störungen des Rückabwicklungsverhältnisses. Zu beachten ist, dass die Unmöglichkeit der Rückgewähr das Rücktrittsrecht nicht ausschließt. Derartige Störungen werden über die Pflicht zum Wertersatz ausgeglichen. Beim Widerrufsrecht besteht eine wesentliche praktische Änderung darin, dass ein ordnungsgemäß über die Folge unterrichteter Verbraucher nunmehr auch im Falle des Widerrufs Wertersatz für die auf Grund bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme eingetretene Wertminderung leisten muss, sofern er spätestens bei Vertragsabschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden (§ 357 Abs. 3 BGB).
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Die bisher als Einrede der Vermögensverschlechterung ausgestaltete Vorschrift des § 321 BGB ist zur allgemeinen Unsicherheitseinrede erweitert worden. Im Hinblick auf die Gegenleistung enthält § 326 BGB im Falle der Unmöglichkeit eine Sonderregelung. Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurden die richterrechtlich entwickelten Rechtsinstitute kodifiziert. So sind vor allem die positive Forderungsverletzung (pFV, jetzt: § 280 Abs. 1 BGB), das Verschulden bei Vertragsverhandlungen (cic; jetzt: § 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB), die Störung/Wegfall der Geschäftsgrundlage (§313 BGB) und die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) gesetzlich geregelt. Die folgende Darstellung des Leistungsstörungsrechts orientiert sich aus didaktischen Gründen nicht an den Rechtsfolgen, sondern an den Typen der Störungen im Schuldverhältnis. b. Schuldnerverzug aa. Voraussetzungen Häufig kommt es zu der Situation, dass die vertraglich geschuldete Leistung nicht termingemäß erbracht wird, obwohl dies möglich gewesen wäre. Der Schuldner kommt grundsätzlich dann in Verzug, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers hin nicht leistet. In systematischer Hinsicht ist das Verzugsrecht auch nach der Schuldrechtsmodernisierung ein eigenständiger Abschnitt im Leistungsstörungsrecht geblieben. Die Einbindung in die allgemeine Haftung für Pflichtverletzungen hat jedoch dazu geführt, dass sich der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens jetzt aus §§ 280 Abs. 1 u. 2 BGB ergibt. Die bisherigen §§ 286 Abs. 2, 326 Abs. 1 BGB, die den Übergang vom Anspruch auf Leistung zum Schadensersatz bzw. zum Rücktritt im Verzugsfall regelten, sind in den neuen §§281, 323 BGB aufgegangen, die den Verzug nicht mehr explizit voraussetzen. Der Schuldnerverzug hat „nur" noch zur Folge, dass der Gläubiger Ersatz von (reinen) Verzögerungsschäden (§§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB), z.B. Verzugszinsen (§ 288 BGB) verlangen kann und dass eine Haftungsverschärfung nach § 287 S. 2 BGB eintritt (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 255 m. w. N.). Der Schuldnerverzug hat keine Auswirkungen auf den Erfüllungsanspruch. Diese Ansprüche treten vielmehr neben den Erfüllungsanspruch. Der Gläubiger kann nur Schadensersatz statt der Leistung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten, wenn die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1 u. 3, 281 bzw. 323 BGB vorliegen, d. h. grundsätzlich erst nach einer erfolglosen Fristsetzung. Der Schuldnerverzug nach den §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB setzt voraus: - Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Anspruchs, - Nichtleitung trotz Möglichkeit der Leistung,
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- Mahnung. Die Fälligkeit des Anspruchs bestimmt sich nach der Leistungszeit. Sie ist gegeben, wenn der Gläubiger die Leistung zu fordern berechtigt ist. Die Leistungszeit ergibt sich häufig nach der Parteivereinbarung. Liegt keine besondere Abrede vor, ist die Leistung nach § 271 BGB im Zweifel sofort fällig. Gesetzliche Sonderregeln für die Fälligkeitfindensich in den §§ 556 b Abs. 1, 579 BGB für die Miete, in § 604 BGB für die Leihe, in § 488 Abs. 2 u. 3 BGB für das Gelddarlehen oder in § 641 BGB für den Werkvertrag. Der fällige Anspruch muss durchsetzbar sein. Stehen dem Anspruch Einreden oder Einwendungen des Schuldners entgegen, kann der Gläubiger nicht erwarten, dass der Schuldner seinen Anspruch erfüllt. Die mangelnde Durchsetzbarkeit hindert den Verzugseintritt, auch wenn dies nicht explizit in § 286 Abs. 1 BGB erwähnt ist. Ob bereits das Bestehen einer Einrede oder deren Geltendmachung den Schuldnerverzug ausschließt, hängt davon ab, um welche Art von Einwand es sich handelt. So schließt z. B. wegen der gegenseitigen Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung nach h. M. das bloße objektive Bestehen der Einrede des § 320 BGB die Durchsetzbarkeit des Anspruchs und damit den Schuldnerverzug aus. Entsprechendes gilt für die Verjährungseinrede (§ 214 Abs. 1 BGB), die Mängeleinrede (§ 438 Abs. 4 S. 2 BGB, bisher: § 478 BGB a.R), die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB), die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 821 BGB) und die Arglisteinrede (§ 853 BGB). Anders ist es bei dem Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB. Da der Gläubiger nicht in jedem Fall damit rechnen muss, dass der Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen wird, schließt daher allein das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB den Eintritt des Verzugs nicht aus; diese Einrede muss daher hier geltend gemacht werden (vgl. Palandt-Heinrichs, §286BGB,Rnn. 12 ff.). Weitere Voraussetzung des Schuldnerverzugs ist eine Mahnung. Eine Mahnung ist die an den Schuldner gerichtete eindeutige und bestimmte Aufforderung, die Leistung zu erbringen (vgl. Palandt-Heinrichs, § 286 BGB, Rn. 16). Die Mahnung selbst ist keine Willenserklärung, sondern eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Der Verzugseintritt und die Verzugsfolgen werden durch das Gesetz und nicht durch den Willen des mahnenden Gläubigers bestimmt. Die Rechtsfolgen treten auch dann ein, wenn der Gläubiger bei der Aufforderung zur Leistung gar nicht an den Verzug gedacht hat. Die Mahnung kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Sie ist formlos gültig. Auf sie finden die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend Anwendung (vgl. BGH, NJW 1987, 1546, 1547 BGB). Die Mahnung kann grundsätzlich erst nach Eintritt der Fälligkeit wirksam erklärt werden. Eine vor Fälligkeit ausgesprochene Mahnung ist rechtlich ohne Bedeutung; sie erlangt auch nach Eintritt der Fälligkeit keine Wirksamkeit (BGH, NJW-RR 1997, 622, 623). Nach h.M. kann die Mahnung aber mit der die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden werden, z.B. in einem Schreiben (Palandt-Heinrichs, § 286 BGB, Rn. 16). Der Gläubiger muss zur Erbringung der vollen Leistung aufgefordert haben; hat er lediglich eine Teilleistung angemahnt, so hat das nur einen
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Verzug hinsichtlich der tatsächlich angeforderten Leistung zur Folge. Nach § 286 Abs. 1 S. 2 BGB steht die Erhebung einer Leistungsklage sowie die Zustellung eines Mahnbescheids der Mahnung gleich. Nach § 286 Abs. 2 BGB ist die Mahnung in bestimmten Fällen entbehrlich. Eine Mahnung ist nicht erforderlich, wenn der Leistungszeitpunkt nach dem Kalender bestimmt ist, z. B. wenn der Schuldner zusagt, am 1.6... zu liefern. Nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt eine kalendermäßige Bestimmung nicht nur bei einer exakten Datumsangabe vor, sondern auch dann, wenn der Zeitraum, z. B. Ende Juni, festgelegt ist. Nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die Mahnung weiterhin entbehrlich, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und die Leistungszeit von dem Ereignis ab nach dem Kalender berechenbar ist. Ein Ereignis i. d. S. ist z. B. die Formulierung „2 Wochen nach Lieferung" oder „ 1 Woche nach Abruf". Etwas anderes gilt bei der Formulierung „zahlbar sofort nach Lieferung", da in dieser Bestimmung keine Mahnung liegt, da sie vor Fälligkeit erfolgt. Die Mahnung ist ebenso entbehrlich bei einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). In diesem Fall wäre eine Mahnung offensichtlich sinnlos (Jauernig-Stadler, § 286 BGB, Rn. 29 m. w. N.). Nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB bedarf es keiner Mahnung, wenn besondere Umstände unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Verzugseintritt rechtfertigen. Mit dieser Regelung wird die bisherige Rspr. zur Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 242 BGB anerkannt. Zu dieser Fallgruppe zählt z. B. die Selbstmahnung, d. h. der Schuldner kündigt die Leistung sofort oder zu einem bestimmten Termin an und hält damit den Gläubiger von einer Mahnung ab (BT-Drs. 14/ 6040, S. 146). Sofern nach den vorgenannten Voraussetzungen noch kein Verzug eingetreten ist, kommt der Schuldner einer Entgeltforderung nach § 286 Abs. 3 S. 1 BGB spätestens 30 Tage nach Fälligkeit der Forderung und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung in Verzug. Entgeltforderungen sind solche (Geld-)Forderungen, mit denen der Gläubiger das Entgelt für eine auf Grund eines gegenseitigen Vertrags erbrachte Leistung verlangt, d. h. für die Lieferung von Gütern oder Erbringung einer Dienstleistung. Auf Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche findet § 286 Abs. 3 BGB keine Anwendung. Somit sind nicht alle Geldforderungen gleichzeitig auch Entgeltforderungen. Im Unterschied zur Mahnung kann die Rechnung auch vor Fälligkeit zugehen. Diese Vorschrift stellt keine verdrängende Sonderregel zu § 286 Abs. 1 u. 2 BGB dar, sondern ergänzt diese. Gegenüber Verbrauchern (§ 13 BGB) beginnt die 30-Tage-Frist nur dann zu laufen, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Weitere Voraussetzung ist ein Vertretenmüssen des Schuldners. Das bedeutet, dass der Schuldner den Umstand, der zum Ausbleiben der Leistung führt, vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat (§§ 276, 278 BGB). Aus § 286 Abs. 4 BGB ergibt sich, dass der Schuldner die Beweislast für das Nichtvertretenmüssen trägt. Es ist daher grundsätzlich von einem Verschulden auszugehen, es sei denn,
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der Sachverhalt enthält Hinweise, die ein Verschulden ausschließen. So liegt kein Verschulden vor, wenn tatsächliche oder rechtliche Leistungshindernisse vorliegen, z. B. eine schwere Krankheit des Schuldners oder Einfuhrbeschränkungen.
Voraussetzungen des Schuldnerverzugs (§§ 280 Abs. 1, 2 i.V.m. §§ 286 ff. BGB)
Erfüllungsanspruch (§ 271 BGB)
Nichtleistung trotz Möglichkeit (keine Unmöglichkeit)
Mahnung oder ihre Entbehrlichkeit oder 30-Tage-Regel bei Entgeltforderung)
Vertretenmüssen (vgl. §§ 286 Abs. 4, 276, 278 BGB)
Abb. 111.10. Voraussetzungen des Schuldnerverzugs
bb. Rechtsfolgen Nach den §§ 280 Abs. 1 u. 2,286 BGB kann der Gläubiger Ersatz des Verspätungsbzw. Verzögerungsschadens ersetzt verlangen. Es handelt sich dabei um den Schaden, der adäquat kausal durch den Verzug entstanden ist. In diesem Zusammenhang ist der Unterschied zur Anspruchsgrundlage der §§ 280 Abs. 1 u. 2, 281 BGB zu beachten. Der Verzugs- bzw. Verzögerungsschaden nach §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB zeichnet sich dadurch aus, dass er „neben" dem Erfüllungsanspruch bestehen kann. Welche von beiden Anspruchsketten hier Anwendung findet, bestimmt sich nach dem geschützten Interesse. Beispiele: Entgangener Gewinn, wenn der gewinnbringende Weiterverkauf wegen der Verspätung scheitert (zum entgangenen Gewinn aus Spekulationsgeschäften, vgl. BGH, ZIP 2002, 895); Kosten der Rechtsverfolgung, die nach Eintritt des Verzugs entstanden sind (nicht hierzu zählen die Kosten der verzugsbegründenden Mahnung); Mietzahlungen für eine Ersatzwohnung infolge verspäteter Herstellung eines Wohnhauses; Zinsverluste (bei Geldschulden), z.B. Verlust von Anlagezinsen oder Aufwendungen für Kreditzinsen (vgl. Palandt-Heinrichs, § 286 BGB, Rnn. 45 ff).
Soweit der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung geltend machen will, muss er - wie erwähnt - nach §§ 280 Abs. 1 u. 2, 281 BGB vorgehen, d. h. eine Frist setzen. In einer solchen Fristsetzung ist stets auch eine Mahnung zu sehen. Der Gläubiger kann den Ersatz des Verzögerungsschadens auch dann verlangen, wenn der Schuldner innerhalb der gesetzten Frist leistet. Macht der Gläubiger beide Ansprüche nebeneinander geltend, darf die gleiche Schadensposition nur einmal berücksichtigt werden. Handelt es sich um Geldschulden, so werden i. d. R. Verzugszinsen verlangt. Für Entgeltforderungen aus Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher beteiligt
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
ist, beträgt der Verzugszinssatz nach § 288 Abs. 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, dessen jeweilige, sich zweimal im Jahr verändernde Höhe aus § 247 BGB ergibt. Ist kein Verbraucher beteiligt, ist eine Entgeltforderung mit acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 288 Abs. 2 BGB). Während des Schuldnerverzugs ist die Haftung des Schuldners verschärft. Nach § 287 S. 1 BGB hat er jede Fahrlässigkeit zu vertreten, und zwar auch dann, wenn er nach allgemeinen Regeln nicht für jede Fahrlässigkeit (§§ 690, 708 BGB) haften würde. Nach § 287 S. 2 BGB haftet der Schuldner wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde. Will der Gläubiger auf Grund der Verzögerung von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, sind die §§ 320 ff. BGB zu beachten. Der Gläubiger einer fälligen Leistung (Ausnahme: § 323 Abs. 4 BGB) muss dem Schuldner eine angemessene Frist zur Leistung gesetzt haben. Sie soll dem Schuldner Gelegenheit zur Vertragserfüllung geben und braucht daher nicht so lange zu sein, dass der Schuldner eine noch nicht begonnene Leistung anfangen und fertig stellen kann. Ausnahmsweise ist eine Nachfrist entbehrlich nach § 323 Abs. 2 BGB, wenn der Schuldner endgültig die Leistung verweigert, bei einem relativen Fixgeschäft oder wenn besondere Umstände vorliegen. Die Regelung in § 323 Abs. 2 BGB stimmt mit ihren Nummern 1 und 3 mit § 281 Abs. 2 BGB überein, in dem eine vergleichbare Regelung für den Schadensersatz getroffen worden ist. Der Rücktritt ist nach § 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder überwiegend verantwortlich ist oder wenn er sich zu diesem Zeitpunkt in Annahmeverzug befindet. Ein Verschulden des Schuldners ist keine Voraussetzung. Rechtsfo Igen des Schuldne rverzuges
Schadensersatz
Sonstige Ans srüche
- Verzögerungsschaden (§§ 280 Abs. 2, 286 BGB) — Statt Leistung (§§ 280 Abs. 3, 281 BGB)
- Erfüllungs;anspruch - Verzugszirisen (§ 288 BG 3) — Haftungsv 3rschärfungen (§ 287 BG 3)
Abb. III.ll. Rechtsfolgen des Schuldnerverzugs
Rücktritt bei gegenseitigem Vertrag - Fristsetzung (§ 323 Abs. 1, 2 BGB) — Ausnahme (§ 323 Abs. 6 BGB Gläubigerverschulden/ Annahmeverzug)
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c. Gläubigerverzug Nicht nur der Schuldner kann in Verzug kommen. Es ist auch denkbar, dass die Erfüllung der Leistung durch Gründe, die aus dem Verantwortungsbereich des Gläubigers stammen, gestört wird. Damit der Schuldner seine Leistungspflicht erfüllen kann, bedarf es hierzu regelmäßig einer Mitwirkungshandlung durch den Gläubiger, sei es, dass er die angebotene Leistung annimmt oder eine sonstige Mitwirkungshandlung unterlässt. Diese Mitwirkung stellt keine Hauptpflicht des Gläubigers dar, sondern im Regelfall lediglich eine Obliegenheit. Würde es sich bei der Annahme um eine Hauptpflicht handeln, läge kein Gläubiger-, sondern Schuldnerverzug vor. Unterlässt der Gläubiger die Mitwirkung, wobei ein Verschulden nicht vorausgesetzt wird, gerät er in Gläubigerverzug; daraus können ihm rechtliche Nachteile erwachsen. Der Gläubigerverzug ist in den §§ 293 ff. BGB gesetzlich geregelt. Voraussetzung ist, dass der Schuldner die Leistung ordnungsgemäß, d. h. am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der richtigen Weise tatsächlich angeboten hat (§ 294 BGB). Das Leistungsangebot muss also so beschaffen sein, dass der Gläubiger nichts weiter tun muss als zuzugreifen und die angebotene Leistung anzunehmen (RGZ 109, 324; Brox/Walker, SchuldR AT, § 26, Rn. 5). Ausnahmsweise ist nach § 295 BGB ein wörtliches Angebot ausreichend, wenn der Gläubiger dem Schuldner erklärt, er werde die Leistung nicht annehmen oder wenn zur Erfüllung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, z. B. die Überbringung der zu reparierenden Sache oder die Abholung der Sache bei Holschulden. Ein Angebot des Schuldners ist weiterhin gem. § 296 BGB entbehrlich, wenn für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist und der Gläubiger diese Handlung nicht rechtzeitig vornimmt. Der Gläubiger kommt also ohne weiteres in Verzug, wenn er die Ware nicht am Fixtag abholt. Ist dagegen verabredet, dass die bestellte Ware „auf Abruf" bis zum Fixtag an ihn verschickt werden soll und ruft der Gläubiger rechtzeitig ab, dann ist ein „Angebot" des Schuldners durchaus erforderlich. Das gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt (vgl. § 296 S. 2 BGB). Eine kalendermäßige bestimmte Mitwirkungshandlung ist beispielsweise die einem Arbeitgeber obliegende Zuweisung von Arbeit. Der Arbeitgeber, dessen Kündigung unwirksam ist oder der bestimmten Arbeitnehmern rechtswidrig die Arbeitsmöglichkeit verweigert, kommt daher in Annahmeverzug, ohne dass es eines Arbeitsangebots des Arbeitnehmers bedarf (Palandt-Heinrichs, § 296 BGB, Rn. 2 m. w. N.; u. a. BAG, NJW 1985, 935, 2662).
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Der Gläubiger kommt allerdings nur dann in Annahmeverzug, wenn der Schuldner zur Leistung (schon) berechtigt ist (vgl. § 271 BGB) und der Schuldner im Stande ist, die Leistung auch tatsächlich zu erbringen (§ 297 BGB). Durch die Nichtannahme der angebotenen Leistung gerät dieser in Gläubigerverzug (vgl. § 293 BGB). Gleichgültig ist, aus welchem Grund der Gläubiger die Leistung nicht annimmt. Er kommt auch dann in Annahmeverzug, wenn er die Nichtannahme oder die Nichtmitwirkung nicht zu vertreten hat (Ausnahme: § 299 BGB). Annahmeverzug setzt also kein Verschulden des Gläubigers voraus (PalandtHeinrichs, § 293 BGB, Rn. 10). Der Gläubigerverzug führt als solcher für den Schuldner noch nicht zur Befreiung von der Leistungspflicht (Ausnahme: bei Hinterlegung nach § 372 BGB), bringt diesem aber eine Haftungserleichterung in der Hinsicht, dass nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gehaftet wird (vgl. § 300 Abs. 1 BGB). Bei „Gattungsschulden" geht mit dem Annahmeverzug auch die Leistungsgefahr auf den Gläubiger über (vgl. § 300 Abs. 2 BGB). Der Schuldner trägt bei Gattungsschulden bei Übernahme eines Beschaffungsrisikos die Leistungsgefahr, solange die Lieferung aus der Gattung möglich ist. Unmöglichkeit tritt insoweit nicht ein. Im Falle des Annahmeverzugs wird der Schuldner allerdings auch bei Gattungsschulden von seiner Leistungspflicht frei, wenn die Sache während dieses Zeitraums untergeht. Die praktische Bedeutung des § 300 Abs. 2 BGB ist relativ gering, bereitet aber Studierenden mitunter Schwierigkeiten. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf die Leistungsgefahr (des Schuldners). Regelmäßig hat der Schuldner im Falle des Gläubigerverzugs „das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche bereits getan", so dass nach § 243 Abs. 2 BGB bereits eine Konkretisierung der Gattungsschuld auf eine Stückschuld eingetreten ist. Mit der Konkretisierung beschränkt sich die Leistungspflicht des Schuldners nur noch auf die von ihm ausgesonderte Sache mit der Folge, dass er im Falle der Unmöglichkeit von seiner Leistung frei wird. § 300 Abs. 2 BGB ist also nur für die Fälle von Bedeutung, in denen der Gläubiger in Annahmeverzug gerät, ohne dass zuvor eine Konkretisierung eingetreten ist sowie bei Geldschulden, da hier gem. § 270 Abs. 1 BGB der Gefahrübergang durch Konkretisierung abweichend von § 243 Abs. 2 BGB geregelt ist. Beispiel: Verkäufer V verpflichtet sich, an den Käufer K 10 Tonnen Sommerweizen „frei Haus" zu liefern, und zwar in Säcken, die der K vor der Anlieferung noch rechtzeitig dem V zu übergeben hat. Es handelt sich um eine Bringschuld. Kurz vor dem Liefertermin erklärt K eindeutig, dass er die Lieferung nicht annehmen werde. V bietet seine Leistungsbereitschaft wörtlich an gem. § 295 BGB. Die Gefahr eines (möglichen zufälligen) Untergangs der Sache geht gem. § 300 Abs. 2 BGB auf K über. Es liegt hier noch immer eine Gattungsschuld vor, da der V die zur Konkretisierung erforderlichen Leistungshandlungen, nämlich das Abfüllen des Weizens in die vom Gläubiger K bereitzustellenden Säcke, (noch) nicht vorgenommen hat bzw. vornehmen konnte.
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Im Falle des Gläubigerverzugs hat der Schuldner nach § 304 BGB einen Anspruch auf Ersatz der Mehraufwendungen (z.B. Transportkosten). Weitere Folgen des Gläubigerverzugs enthalten die §§ 274 Abs. 2, 326 Abs. 2 S. 1, 372 S. 1, 642644 BGB. d. Unmöglichkeit aa. Überblick Kann der Schuldner die geschuldete Leistung nicht erbringen bzw. kann der Leistungserfolg nicht mehr eintreten, bezeichnet man dies als „Unmöglichkeit" (der Leistung). Im bisherigen Recht war die Unmöglichkeit - entgegen ihrer praktischen Bedeutung der zentrale Tatbestand im Leistungsstörungsrecht. Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung sollte die Unmöglichkeit als eigenständiger Tatbestand schließlich ganz entfallen. Auf Grund heftiger Kritik (u. a. von Canaris, JZ 2001, 521) ist die Unmöglichkeit als eigenständiger Tatbestand des Leistungsstörungsrechts erhalten geblieben, wobei die Rechtsfolgen zwar grundsätzlich in die allgemeine Pfiichtverletzungsdogmatik eingebunden, aber doch speziell geregelt sind (§§ 283, 285, 311a, 326 BGB). Im bisherigen Recht war zwischen der objektiven und der subjektiven Unmöglichkeit zu unterscheiden. Während bei der objektiven Unmöglichkeit niemand in der Lage war, die Leistung zu erbringen, konnte bei der subjektiven Unmöglichkeit nur der Schuldner die Leistung nicht erbringen (theoretisch aber ein Dritter). Zu unterscheiden war weiterhin zwischen der anfänglichen Unmöglichkeit (bei Vertragsabschluss) und der nachträglichen Unmöglichkeit (nach Vertragsabschluss). Die Varianten führten zu unterschiedlichen Rechtsfolgen (vgl. §§ 275, 306 a. F., 323 ff. BGB a.F.), die teilweise Wertungswidersprüche enthielten. So haftete z.B. der Schuldner verschuldensunabhängig, wenn die verkaufte Sache „eine Sekunde vor Vertragsabschluss" gestohlen worden war (anfängliche subjektive Unmöglichkeit; Garantiehaftung), während der Schuldner, wenn der Diebstahl „eine Sekunde nach Vertragsabschluss" geschah, nur bei Verschulden (§ 276 BGB) Schadensersatz zu leisten hatte. Wurde die Sache „vor Vertragsabschluss" nicht gestohlen, sondern zerstört, so trat an die Stelle der Garantiehaftung u. U. eine Haftung auf das negative Interesse bei Nichtigkeit des Vertrags (vgl. §§ 306 ff. BGB a. F.). Diese Differenzierungen sind im Rahmen der Reform weitgehend beseitigt worden. Nach dem heutigen Recht spielt die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit keine Rolle mehr. Unerheblich ist, ob die Leistung „für den Schuldner" oder „für jedermann" unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Auch die Unterscheidung zwischen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit ist nur noch für den Schadensersatzanspruch von Bedeutung (vgl. § 311 a BGB). Entfallen ist die Rechtsfolge der Nichtigkeit bei anfänglich objektiver Unmöglichkeit (§ 306 BGB a. F.). Der Vertrag bleibt auch in diesem Fall (und bei den anderen Formen der Unmöglichkeit) wirksam.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Die Vorschrift des § 275 Abs. 1 BGB regelt den Ausschluss des Leistungsanspruchs bei tatsächlicher oder rechtlicher Unmöglichkeit. Nach § 275 Abs. 2 u. 3 BGB stehen dem Schuldner dagegen Leistungsverweigerungsrechte in den Fällen zu, in denen die Erbringung der Leistung unzumutbar ist. Die Auswirkungen des Freiwerdens von der Leistungspflicht ergeben sich aus § 326 BGB. Zu beachten ist, dass sich die §§ 320 ff. BGB nur auf gegenseitige Verträge beziehen. Unmöglichkeit
Ausschluss der Leistungspflicht (§275 Abs. 1-3)
Schadenersatz statt der Leistung
anfängliche Unmöglichkeit (§311 a Abs. 2)
Sonderfälle der §§ 446 oder 447
Rücktritt vom Vertrag (§ 326 Abs. 5)
nachträgliche Unmöglichkeit (§§280 Abs. 1,3, 283)
§ 326 Abs. 1 S.2
Befreiung von der Gegenleistung (§ 326 Abs. 1, S. 1)
Herausgabe des Ersatzes (§285 Abs. 1)
Ausnahmen
§ 326 Abs. 2 Alt. 1
§ 326 Abs. 2 Alt. 2
§ 326 Abs. 3
Abb. 111.12. Unmöglichkeit
bb. Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB In § 275 Abs. 1 BGB wird der Begriff der Unmöglichkeit selbst nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Mit dieser Formulierung sind objektive und subjektive Unmöglichkeit einander gleichgestellt. Die Unmöglichkeit kann darauf beruhen, dass die Leistung tatsächlich (z. B. Untergang des Leistungsgegenstands) oder aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist. Eine rechtliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Anspruch aus rechtlichen Gründen nicht erfüllt werden kann. Beispiele: Einfuhrverbot beim Handelsgeschäft; Verweigerung einer behördlichen Exportgenehmigung; Beschlagnahme der zu liefernden Sache; Einreiseverbot beim Reisevertrag.
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Handelt es sich um eine Gattungsschuld, tritt Unmöglichkeit dann nicht ein, solange noch Sachen aus der Gattung verfügbar sind; dies ist erst dann der Fall, wenn die ganze Gattung untergeht, d. h. die Sache auf dem Markt nicht verfügbar ist. Handelt es sich um eine beschränkte Gattungsschuld, d. h. haben die Parteien vereinbart, dass die geschuldete Leistung nur aus einem bestimmten Teil der Gattung zu erbringen ist, liegt Unmöglichkeit vor, wenn dieser Teil der Gattung nicht mehr verfügbar ist (Vorratsschuld). Ob es sich um eine normale oder beschränkte Gattungsschuld handelt, bestimmt sich - wenn es an konkreten Vereinbarungen fehlt - durch Auslegung (Jauernig-Mansel, § 243 BGB, Rn. 8). Unmöglichkeit tritt weiterhin dann ein, wenn sich nach § 243 Abs. 2 BGB das Schuldverhältnis auf einen bestimmten Gegenstand konkretisiert hat und dieser Gegenstand untergeht. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche getan hat. Welche Pflichten dies sind, hängt davon ab, ob es sich um eine Hol-, Schick- oder Bringschuld handelt. Handelt es sich um eine Geldschuld, ist zu beachten, das Geldmangel den Schuldner regelmäßig nicht entlastet. Dass der Schuldner das geschuldete Geld nicht hat, führt also nicht zur Unmöglichkeit der Leistung. Der Schuldner hat sein finanzielles Unvermögen stets nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB zu vertreten („Geld hat man zu haben"; vgl. Brox/Walker, SchuldR AT, § 9, Rn. 9). Eine Unmöglichkeit kann lediglich nach einer Konkretisierung eintreten, z.B. nach § 300 Abs. 2 BGB. Der Geldmangel wird regelmäßig erst bei der Zwangsvollstreckung berücksichtigt. Ist der Leistungshandlung weiterhin möglich, kann der Leistungserfolg aber aus bestimmten Gründen nicht mehr herbeigeführt werden, spricht man von einem Zweckfortfall, z.B. wenn ein Kinderarzt zur Behandlung eines Kindes, dass sich eine Erbse ins Ohr gesteckt hat, gerufen wird und die Erbse auf andere Weise bereits entfernt werden konnte. Die Regelung dieser Fälle bleiben - wie bisher der Rspr. und Lit. überlassen, die beide grundsätzlich als Fälle der Unmöglichkeit ansehen; Für die Gegenleistung gilt § 326 BGB (vgl. Palandt-Heinrichs, § 275 BGB, Rnn. 18 ff. zur „Unmöglichkeit und Zweckstörungen"). Eine Leistung kann in bestimmten Fällen auch durch Zeitablauf unmöglich werden, vor allem bei absoluten Fixgeschäften und zeitgebundenen Dauerschuldverhältnissen. Bei einer Terminüberschreitung kommt es für das Vorliegen einer Unmöglichkeit darauf an, ob das Gläubigerinteresse noch befriedigt werden kann. Grundsätzlich kommt ein Schuldner bei verspäteter Lieferung unter den Voraussetzungen des §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB in Verzug. Unmöglichkeit infolge Zeitablaufs ist jedoch dann gegeben, wenn die Leistung nicht mehr nachholbar ist (absolutes Fixgeschäft). Ein absolutes Fixgeschäft liegt vor, wenn die Einhaltung der Leistungszeit so wesentlich ist, dass die verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt. Bei Fristüberschreitung kann der Leistungserfolg nicht mehr herbeigeführt werden, so dass Unmöglichkeit vorliegt. Beispiele: Bestellung eines Taxis, um einen bestimmten Zug zu erreichen; Buchung einer Flugreise; Bestellung von Einladungen für eine bestimmte terminlich festliegende Veranstaltung (Palandt-Heinrichs, § 271 BGB, Rn. 16).
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Das absolute Fixgeschäft ist von dem relativen Fixgeschäft zu unterscheiden. Hier bleibt die Leistung auch bei einer Terminüberschreitung möglich. Ein relatives Fixgeschäft liegt vor, wenn im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags eine Fristvereinbarung getroffen wird, aus der hervorgeht, dass das Geschäft mit der Einhaltung der Frist steht und fällt (vgl. BGHZ 110, 88, 96; Palandt-Heinrichs, § 271 BGB, Rn. 17). Grundsätzlich müssen Formulierungen wie z. B. „fix, prompt, genau, spätestens" gewählt werden, um eindeutig auf den Willen der Parteien zum Abschluss eines (relativen) Fixgeschäfts schließen zu können. Neu im Rahmen der Unmöglichkeit ist die Kategorie der qualitativen Unmöglichkeit (vgl. zum Begriff, Lorenz/Riehm, Rn. 302 m. w. N.). Schuldet der Verkäufer bzw. der Werkunternehmer die Erbringung einer mangelfreien Sache, liegt ein Fall der Unmöglichkeit auch dann vor, wenn ein Mangel nicht behoben werden kann (vgl. die Verweise auf das Unmöglichkeitsrecht in §§ 437 Nrn. 2, 3, 634 Nr. 3, 4 BGB). Beispiel: Gebrauchtwagenhändler V verkauft an K einen PKW als unfallfrei. Stellt sich nachträglich heraus, dass dieser Wagen bereits einen Unfallschaden hatte, liegt eine qualitative Unmöglichkeit vor. Eine Nacherfüllung führt nicht zum Erfolg, da zum einen eine Nachlieferung bei einer Speziesschuld ausscheidet, zum anderen der PKW auch mit einer Nachbesserung nicht unfallfrei gemacht werden kann. § 275 BGB erfasst auch die teilweise Unmöglichkeit. Teilunmöglichkeit setzt voraus, dass die Leistung teilbar ist. Die Rechtsfolgen treten dann grundsätzlich nur hinsichtlich des unmöglich gewordenen Teils ein. Hinsichtlich des noch möglichen Teils der Leistung bleibt der Schuldner weiter leistungspflichtig. Beispiel: Von der geschuldeten antiken Sitzgruppe wird ein Sessel durch einen Brand zerstört. Dann beschränkt sich die Leistungspflicht auf den Rest. Der Gläubiger kann aber zum Rücktritt vom ganzen Vertrag berechtigt sein (vgl. § 326 Abs. 5, 323 Abs. 5 BGB). Die Verpflichtung zur Gegenleistung wird entsprechend gemindert. Ausnahmsweise steht die teilweise Unmöglichkeit der vollständigen Unmöglichkeit gleich (Palandt-Heinrichs, § 275 BGB, Rn. 7 ff. zur qualitativen Unmöglichkeit und dem Interessenfortfall). Beispiel: Kauft jemand ein spezielles Kaffeeservice, bestehend aus 10 Teilen und werden z. B. die Kaffeekanne und drei Tassen zerstört, ist eine vollständige Unmöglichkeit anzunehmen, weil die zerstörten Gegenstände und die übrig gebliebenen zusammen gehören und nur in kompletter Form den Leistungsgegenstand bilden. Anders ist es, wenn etwa jemand drei Maschinen eines bestimmten Typs zum Zwecke der Weiterveräußerung kauft und eine davon zerstört worden ist. Hier ergibt der verbleibende Rest noch eine durchaus sinnvolle Leistung. cc. Faktische Unmöglichkeit § 275 Abs. 2 BGB erfasst die sog. faktische oder praktische Unmöglichkeit. Dabei geht es um Fälle, in denen die Leistung zwar theoretisch möglich ist, sie aber
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von einem vernünftigen Vertragspartner nicht erwartet werden konnte. Während die Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB automatisch erlischt, gewährt § 275 Abs. 2 (und § 275 Abs. 3 BGB) eine Einrede Beispiele: Der geschuldete Ring liegt auf dem Meeresgrund. Hier erfordert die Erbringung der Leistung einen unzumutbaren Aufwand nach § 275 Abs. 2 BGB (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 130) Steht der Leistungsgegenstand im Eigentum (und/oder Besitz) eines Dritten, ist es fraglich, ob Unmöglichkeit vorliegt. Der Schuldner kann (theoretisch) die Sache gegen Zahlung eines Entgeltes erwerben und dem Gläubiger übertragen. Das Vorliegen der Unmöglichkeit hängt davon ab, ob der Dritte zur Eigentumsübertragung bzw. zur Herausgabe bereit ist. Ist das der Fall, kann der Gläubiger Erfüllung verlangen; Schadensersatzansprüche kommen nicht in Betracht. Ist der Dritte zur Herausgabe des Leistungsgegenstands nicht bereit (oder verlangt er vom Schuldner einen „utopischen" Preis), liegt Unmöglichkeit vor; der Gläubiger hat einen Ersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1 u. 3, 283 BGB. Steht die Leistungsbereitschaft nicht fest, besteht der Erfüllungsanspruch des Gläubigers im Falle der ungeklärten Lage fort, wobei dieser Anspruch nur durchgesetzt werden kann, wenn der Schuldner den Gegenstand vom Dritten erwirbt. Die Rspr. und ein Teil der Lit. gehen, wenn der Gläubiger Schadensersatz verlangt, von Unmöglichkeit aus, wenn der Dritte Inhaber des Leistungsgegenstands ist und der Schuldner nicht darlegt, dass er bereit und in der Lage ist, dem Gläubiger den Leistungsgegenstand zu verschaffen (vgl. BGH, NJW 1999, 2034 ff.; BGH, NJW 1992, 3224 ff.; hierzu auch Palandt-Heinrichs, § 275 BGB, Rn. 25 m. w. N.). Anders ist die Rechtslage bei der sog. wirtschaftlichen Unmöglichkeit. Nach der h. M. wurde die wirtschaftliche Unmöglichkeit, bei der die Leistungserbringung unverhältnismäßige Aufwendungen erfordert, die eine für jeden Schuldner anzuerkennende Opfergrenze übersteigen, über den Wegfall der Geschäftsgrundlage geregelt; das Vorliegen einer Unmöglichkeit wurde verneint. Auch nach der Gesetzesbegründung wird die wirtschaftliche Unmöglichkeit als Fall des § 313 BGB angesehen (BT-Drs. 14/6040, S. 130; Brox/Walker, SchuldR AT, § 22, Rn. 21 m. w. N.). dd. Persönliche Unmöglichkeit § 275 Abs. 3 BGB enthält eine Sonderregelung für den Fall, in denen der Schuldner die Leistung persönlich zu erbringen hat. In diesen Fällen sollen nicht nur objektive, sondern auch persönliche Umstände des Schuldners Berücksichtigung finden. Diese Vorschrift betrifft in erster Linie Dienst- oder Arbeitsverträge. Dem Schuldner steht in diesen Fällen ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Beispiele: Ein ausländischer Arbeitnehmer wird zum Wehrdienst in sein Heimatland einberufen und muss bei Nichtbefolgung mit der Todesstrafe rechnen (vgl. BAG, NJW 1983, 2782); eine Sängerin weigert sich aufzutreten, weil ihr Kind lebensgefährlich erkrankt ist (BTDrs. 14/6040, S. 130).
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Dagegen soll eine Verweigerung der Leistung, deren Erfüllung der Schuldner in Gewissenskonflikte stürzen würde, als Störung der Geschäftsgrundlage (§313 BGB) anzusehen sein (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 130). ee. Rechtsfolgen (1) Auswirkung auf die Gegenleistung Ist der Schuldner nach § 275 BGB von seiner Leistungspflicht frei geworden, richtet sich bei einem gegenseitigen Vertrag das Schicksal der Gegenleistung (i. d. R. der Geldleistung) nach § 326 BGB. Häufig handelt es sich bei der Gegenleistung um die Geldleistung, da es i.d. R. die Sachleistung ist, bei der eine Leistungsstörung eingetreten ist. Grundsätzlich erlischt der Anspruch auf die Gegenleistung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. Von diesem Grundsatz gibt es einige Ausnahmen. Eine Ausnahme betrifft die qualitative Unmöglichkeit. Hier ist § 326 Abs. 1 S. 1 BGB) wegen § 326 Abs. 1 S. 2 BGB nicht anwendbar. Stellt sich etwa im Rahmen einer mangelhaften Lieferung heraus, dass die Nacherfüllung unmöglich ist, erlischt der Anspruch auf die Gegenleistung nicht automatisch. Der Grund besteht darin, dass auch eine mangelhafte Sache noch ihren Wert hat. Es bleibt dem Käufer überlassen, ob er vom Vertrag zurücktritt, den Kaufpreis mindert oder einen entstandenen Schaden ersetzt verlangt (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 327). Der Gläubiger kann auch hier vom Vertrag zurücktreten nach § 326 Abs. 5 BGB i.V. m. § 323 Abs. 5 BGB, wenn die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist. Kann der Schuldner nur teilweise leisten, ist der Anspruch auf die Leistung auch nur hinsichtlich des unmöglich gewordenen Teils ausgeschlossen und bleibt im Übrigen bestehen. Der Anspruch auf die Gegenleistung bleibt auch dann bestehen, wenn der Gläubiger für die Unmöglichkeit allein oder überwiegend verantwortlich ist (§ 326 Abs. 2 S. 1 1. Alt. BGB). Den Gläubiger trifft keine Pflicht, die Leistung nicht unmöglich zu machen. Es handelt sich um eine Obliegenheit, deren Verletzung dazu führt, dass der Gläubiger die Gegenleistung erbringen muss, ohne die Leistung zu erhalten. § 326 Abs. 2 BGB tritt an die Stelle des § 324 BGB a. F. Da der Gläubiger die Unmöglichkeit nicht „zu vertreten" hat, da man grundsätzlich nur Pflichtverletzungen zu vertreten haben kann und der Gläubiger diese Leistung nicht schuldet, ist in § 326 Abs. 2 BGB nun korrekterweise von einer „Verantwortlichkeit" die Rede; sachlich hat dies aber zu keiner Änderung geführt. Beispiele: Käufer K beschädigt die gekaufte Sache vor Übergabe, so dass V seiner Erfüllungspflicht nicht mehr nachkommen kann; Mieter M verstößt gegen seine Obhutspflicht, auf Grund dessen eine Gebrauchsüberlassung nicht mehr möglich ist. Tritt die Unmöglichkeit zu einem Zeitpunkt ein, in dem sich der Gläubiger in Annahmeverzug befindet und ist der Schuldner für die Unmöglichkeit nicht
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verantwortlich, bleibt der Gegenleistungsanspruch ebenfalls bestehen (§ 326 Abs. 2 S. 1 2. Alt. BGB). Der Gläubigerverzug ist in § 293 ff. BGB geregelt. Dazu muss der Schuldner die Leistung ordnungsgemäß, d. h. am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Weise angeboten haben. Nach § 326 Abs. 3 BGB bleibt der Anspruch auf die Gegenleistung bestehen, wenn der Gläubiger nach § 285 BGB das Surrogat, z.B. die Abtretung eines Ersatzanspruchs oder die Herausgabe des Ersatzes verlangt; in diesem Fall erhält er eine Leistung, die den Fortbestand des Gegenleistungsanspruchs rechtfertigt. Beispiet V verkauft sein Haus, das hoch versichert war. Das Haus brennt nach Abschluss des Kaufvertrags vollständig ab. V erlangt in der Folge einen Anspruch gegen die Versicherung. In diesem Fall könnte K statt der Übereignung des Hauses Abtretung des Anspruchs gegen die Versicherung verlangen (§§ 326 Abs. 3, 285 BGB). Der Gegenleistungsanspruch bleibt weiterhin dann bestehen, wenn besondere Gefahrtragungsregeln eingreifen (vgl. §§ 446, 447, 644, 645 BGB). Beispiel: Autohändler V verkauft an K ein gebrauchtes Kfz. Da K den Kaufpreis nicht sofort bezahlt, behält sich V das Eigentum vor. Ein Tag nach der Übergabe wird das Kfz durch einen umgestürzten Baum vollständig zerstört. Mit der Übergabe nach § 446 BGB war die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den K übergegangen. Er bleibt daher zur Zahlung verpflichtet. Im Arbeitsrecht erlischt der Lohnanspruch nicht nach § 326 BGB, soweit eine der Sonderregeln zu den Fällen eingreifen, in denen „Lohn ohne Arbeit" in Betracht kommen, z. B. bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, beim Annahmeverzug des Arbeitgebers (§615 BGB) oder bei der Lehre vom Betriebsrisiko. Mitunter kann es vorkommen, dass beide Parteien die Unmöglichkeit der Leistungserbringung zu vertreten bzw. zu verantworten haben. Verlangt der Schuldner die Gegenleistung, z.B. Zahlung des Kaufpreises nach § 433 Abs. 2 BGB, ist im Rahmen der Prüfung, ob der Kaufpreisanspruch nach § 326 Abs. 1 BGB erloschen ist, die Vorschrift des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB zu beachten, nach der der Vertragspartner allein oder überwiegend für die Unmöglichkeit verantwortlich gewesen sein muss. Hierfür ist eine Verantwortungsquote von 90 %, mindestens aber 80 % erforderlich. Die unterschiedliche Verschuldensquote wird im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs unter Berücksichtigung eines entsprechenden Mitverschuldens nach § 254 BGB zu berücksichtigen sein (vgl. Palandt-Heinrichs, § 326 BGB, Rn. 9; Brox/Walker, SchuldR AT, § 22, Rn. 41). (2) Schadensersatzanspruch Handelt es sich um eine anfängliche (objektive und subjektive) Unmöglichkeit, ergeben sich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen aus der speziellen Regelung des § 311 a Abs. 2 BGB Nach § 311 a Abs. 1 BGB steht es der Wirksamkeit eines
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Vertrags nicht entgegen, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 u. 3 BGB nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis bereits bei Vertragsabschluss vorlag. Der Gläubiger kann grundsätzlich Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen verlangen, Dies gilt nicht, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsabschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat (§ 311 a Abs. 2 BGB). Beispiel: V vermietet an M Räume zum Betrieb einer Praxis. V verpflichtet sich zum Umbau der Räumlichkeiten. Da das Haus, in dem sich die Räume befinden, unter Denkmalschutz steht, können die versprochenen Umbaumaßnahmen nicht vorgenommen werden. M nimmt die Räume nicht in Besitz. Er sucht andere Räumlichkeiten und verlangt von V Schadensersatz wegen Unmöglichkeit. Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich hier aus § 311 a Abs. 2 BGB. Ein Mietvertrag liegt vor. Der Umbau, zu dem sich V verpflichtet hatte, war nicht möglich. V hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, dass denkmalschutzrechtliche Vorschriften entgegenstehen können. Ein Rückgriff auf § 536 a Abs. 1 BGB (538 BGB a. F.) bedarf es nicht, weil mit dieser Vorschrift die Rechtsfolge der Nichtigkeit des Mietvertrags bei anfänglich objektiver Unmöglichkeit verhindert werden sollte. Da die Anordnung der Nichtigkeit nach der Reform entfallen ist, besteht kein Bedürfnis nach einem Vorrang des § 536 a BGB. Im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit ergeben sich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen für einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1 u. 3, 283 BGB. Es muss danach ein Schuldverhältnis vorliegen und der Schuldner braucht nach § 275 Abs. 1 u. 3 BGB nicht zu leisten. Eine Fristsetzung (zur Leistung) ist hier (verständlicherweise) nicht erforderlich. Ein Anspruch entfällt, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Vorschriften der §§ 280 ff. BGB gelten grundsätzlich auch für die unmöglich gewordenen Leistungspflichten aus den gesetzlichen Schuldverhältnissen. Keine Anwendbarkeit besteht dagegen bei den sog. dinglichen Ansprüchen, da hier Sonderregeln bestehen. So finden auf den dinglichen Eigentumsherausgabeanspruch aus § 985 BGB im Falle einer „Leistungsstörung" die speziellen Regeln zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nach den §§ 987 ff. BGB, insbesondere die §§ 989, 990 BGB Anwendung (Jauernig-Jauernig, Vor §§ 987-993 BGB, Rnn. 10 ff.). Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann der Gläubiger entweder Schadensersatz statt der Leistung oder Aufwendungsersatz in dem in § 284 BGB bestimmten Umfang verlangen. Nach § 285 BGB hat der Gläubiger einen Anspruch auf das Surrogat, z.B. einer Versicherungszahlung; in diesem Fall bleibt er allerdings zur Gegenleistung verpflichtet (§ 326 Abs. 3 S. 1 BGB). Der Gläubiger kann nach § 326 Abs. 4 BGB eine bereits geleistete, aber nicht geschuldete, Gegenleistung nach den §§ 346-348 BGB zurückfordern. Darüber hinaus hat der Gläubiger ein verschuldensunabhängiges Rücktrittsrecht vom Vertrag ohne Fristsetzung (§§ 326 Abs. 5 BGB, 323 BGB).
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Der Schadensersatz ist auf das positive Interesse (= Erfüllungsinteresse) gerichtet. Der Gläubiger kann verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte (§§ 249 ff. BGB). Ersatzfähig ist also der Marktwert der ausgebliebenen Leistung. Aber auch die höheren Kosten für eine Ersatzbeschaffung sowie ein entgangener Gewinn aus einer geplanten Weiterveräußerung können ersetzt verlangt werden. Beispiel: V verkauft an K einen gebrauchten PKW im Wert von 7 000 € für 6 000 € , die er auch bezahlt. Der PKW wird nach Abschluss des Vertrags durch Verschulden des V zerstört. Das Erfüllungsinteresse des K beträgt 7 000 € . Bei gegenseitigen Verträgen kann der Gläubiger wählen, ob er seinen Schaden
nach der Differenzmethode oder nach der Austausch- bzw. Surrogationsmethode berechnet (vgl. BGHZ 20, 338). Nach der Differenzmethode tritt der Schadensersatz an die Stelle von Leistung und Gegenleistung. Der Gläubiger ist nicht mehr zur Leistung verpflichtet. Sein ersatzfähiger Schaden besteht in der Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung. Der Wert der unmöglich gewordenen Leistung und der Wert der nicht mehr zu erbringenden Gegenleistung sind also lediglich Rechnungsposten des einseitigen Schadensersatzanspruchs. Nach der Austauschmethode erbringt der Gläubiger der unmöglich gewordenen Leistung weiterhin seine Gegenleistung und verlangt Schadensersatz hinsichtlich der gesamten ausgebliebenen Leistung. Der Gläubiger wird (ausnahmsweise) diese Form wählen, wenn er seine Gegenleistung loswerden will. Grundsätzlich hat der Gläubiger den Schaden konkret zu berechnen, d. h. er muss die Vermögenseinbußen im Einzelnen offen legen. Etwas anderes gilt unter Kaufleuten, wenn es um den Handel mit beweglichen Sachen geht. Es wird ihnen zugestanden, den Schaden auch abstrakt zu berechnen. Bei einer teilweisen Unmöglichkeit kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung nur hinsichtlich desjenigen Teils verlangen, den der Schuldner nicht erbringen muss. Das ist der sog. kleine Schadensersatz. Beispiel: V verkauft an K 100 Flaschen Wein, kann aber nur 90 liefern. Hier richtet sich der Schadensersatz statt der Leistung auf den Wert der nicht gelieferten 10 Flaschen oder auf die ggf. höheren Kosten einer Ersatzbeschaffung bei einem anderen Händler. Unter den Voraussetzungen der §§ 281 Abs. 1 S. 2, 283 BGB hat der Gläubiger auch die Möglichkeit, auf die Teilleistung zu verzichten und „Schadensersatz statt
der ganzen Leistung" zu verlangen; das ist der sog. große Schadensersatzanspruch. Voraussetzung ist, dass der Gläubiger an der Teilleistung kein Interesse hat (§ 281 Abs. 1 S. 2 BGB) oder das der unbehebbare Mangel der Leistung erheblich ist (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB). Diese zusätzliche Voraussetzung entspricht derjenigen des § 326 Abs. 5, § 323 Abs. 5 BGB beim Rücktritt wegen einer teilweisen Unmöglichkeit oder eines unbehebbaren Leistungsmangels.
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Das ist konsequent, da sich der große Schadensersatzanspruch wie eine Kombination aus Rücktritt und Schadensersatz auswirkt. Macht der Gläubiger den großen Schadensersatzanspruch geltend, muss er nach §§ 283, 281 Abs. 5 BGB die bereits erhaltene Teilleistung nach den §§ 346 ff. BGB an den Schuldner zurückgegeben. Beispiel: G bestellt für einen Veranstaltungsraum 300 Stühle. Auf Grund eines Verschuldens auf Seiten des Verkäufers werden nur 150 Stühle geliefert. Der gleiche Stuhltyp ist nicht mehr lieferbar. G kommt es auf die einheitliche Bestuhlung an; die gelieferten 150 Stühle kann er nicht verwenden. G kann Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen. Er ist dann verpflichtet, die gelieferten Stühle zurückzugeben. Wird die Leistung dagegen nicht wie geschuldet erbracht, d. h. handelt es sich um eine mangelhafte Leistung, bedarf es für die Geltendmachung eines Schadensersatzes statt der ganzen Leistung keines Interessenfortfalls, sondern nach § 281 Abs. 1 S. 3 BGB lediglich der Feststellung, dass es sich nicht um einen unerheblichen Mangel bzw. eine unerhebliche Pflichtverletzung gehandelt hat. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, dass ein Gläubiger wegen eines unerheblichen, d. h. ganz geringfügigen Mangels, keinen (großen) Schadensersatz geltend machen soll. Eine entsprechende Regelung enthält § 325 Abs. 5 S. 2 BGB zum Rücktritt. Beispiel: K kauft von V einen gebrauchten PKW. Einen Tag später stellt sich heraus, dass das Radio defekt ist. In diesem Fall soll K verständlicherweise nicht Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen können. Anstelle des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung kann der Gläubiger wie erwähnt - auch Aufwendungsersatz nach § 284 BGB verlangen. Zu beachten ist, dass der Aufwendungsersatzanspruch keine spezielle Regelung im Recht der Unmöglichkeit ist, sondern bei allen Schadensersatzansprüchen statt der Leistung in Betracht kommen kann. Mit dieser Vorschrift sollen auch „vergebliche" bzw. „frustrierte" Aufwendungen geltend gemacht werden können. Es geht um Aufwendungen, die im Hinblick auf einen Vertragsabschluss gemacht worden sind, die aber vergeblich waren, weil der Vertrag nicht zustande kam. Nach bisher geltendem Recht konnten vergebliche Aufwendungen nach der Rspr. nur dann ersetzt verlangt werden, wenn sie rentabel waren, d. h. wenn sie im Falle des Vertragsabschlusses mit vergütet worden wären (BGH, NJW 2000, 2342 m. w. N.).Verfolgte der Betroffene allerdings nur ideelle Zwecke, z. B. Anmietung von Räumen zum Abhalten einer Informations- oder Unterhaltungsveranstaltung, fehlte eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Beispiel: G hat ein Hundewelpen gekauft, der ihm im Alter von 10 Wochen übergeben werden soll. In der Zwischenzeit erwirbt G für seinen kleinen „Liebling" bereits teure Halsbänder, Körbchen und sonstige Ausstattungsgegenstände. Kann das Hundewelpen durch ein Verschulden des Verkäufers nicht übergeben werden, schuldet dieser Ersatz der entstandenen Kosten nach § 284 BGB.
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e. Schlechtleistung aa. Begriff und Überblick über die gesetzliche Regelung Statt Verzug und Unmöglichkeit gibt es weiterhin die Fälle, in denen der Schuldner seine Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt. Von einer Schlechtleistung spricht man, wenn die erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht der vereinbarten Qualität entspricht. Das Gesetz beschreibt die Schlechtleistung mit den Worten „Leistung ... nicht wie geschuldet" (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB) oder „Leistung ... nicht vertragsgemäß" (§ 323 Abs. 1 BGB). Unerheblich ist nach dem Gesetzeswortlaut, worin die Schlechterfüllung besteht. Sie kann auf einer Schlechterfüllung einer Hauptpflicht oder auf einer Verletzung einer Nebenpfiicht beruhen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 138, 184). In diesem Fall kann der Gläubiger nach den §§ 280 Abs. 1 u. 3,281,283, 311a Abs. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen oder nach §§ 323 Abs. 1, 326 Abs. 5 BGB vom Vertrag zurücktreten. Vor der Schuldrechtsmodernisierung war die Schlechtleistung nur unvollständig geregelt. Die Rspr. und Lit. entwickelten hier das Rechtsinstitut der positiven Forderungsverletzung (pFV). Die Anspruchsgrundlage ist heute § 280 Abs. 1 BGB. Die genannten Vorschriften erfassen zunächst die Schlechtleistung einer Hauptpflicht solcher Schuldverhältnisse, für die das Gesetz keine besonderen Vorschriften enthält. Dies gilt z. B. für den Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB), den Auftragsvertrag (§§ 662 ff. BGB) sowie für alle Vertragstypen, die im Gesetz nicht geregelt sind, z. B. den Automatenaufstellvertrag. Die bedeutsamen Vertragstypen Kaufvertrag und Werkvertrag enthalten zwar ein besonderes Sachmängelrecht (vgl. §§ 434 ff. BGB, §§ 633 ff. BGB), ohne aber dort eine abschließende eigenständige Regelung zu treffen. Die Mängelrechte des Käufers und des Werkbesteller ergeben sich vielmehr über die Verweisungsnormen (§ 437 BGB, § 634 BGB) aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht. Abschließende eigenständige Mängelrechte enthält dagegen der Mietvertrag (§§ 536 ff. BGB) und der Reisevertrag (§§ 651 c ff. BGB). In diesen Fällen kann wegen einer Schlechtleistung grundsätzlich nicht auf die allgemeinen Regeln, insbesondere der §§ 281 ff. BGB, 323 ff. BGB zurückgegriffen werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Mängelansprüche bereits vor Gefahrübergang geltend gemacht werden, z. B. beim Mietvertrag vor Überlassung der Mietsache oder beim Reisevertrag vor Antritt der Reise; zu diesem Zeitpunkt greifen die besonderen Mängelrechte noch nicht ein. Im Rahmen einer Schlechtleitung werden weiterhin die Verletzung von leistungsbezogenen Nebenpflichten erfasst (z. B. Beratungs-, Hinweis-, Aufklärungsoder Verpackungspflichten). Werden Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, also nicht leistungsbezogene Nebenpflichten, nicht beachtet, sind die Sonderregeln der §§ 282, 324 BGB zu be-
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achten. Ihre Verletzung führt zwingend zu einem Schaden, der durch Nacherfüllung (nach Fristsetzung) nicht behoben werden kann (vgl. Gieseler, ZGS, 2003,408). Die Vorschriften der §§ 282, 324 BGB gewähren einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung bzw. ein Recht auf Rücktritt nicht wegen der Verletzung eines Leistungsinteresses, sondern ausschließlich wegen Verletzung der Schutzpflichten i. S.v. §241 Abs. 2 BGB. bb. Schadensersatz statt der Leistung Voraussetzung für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen einer Schlechtleistung nach §§ 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB ist das Vorliegen eines Schuldverhältnisses. Regelmäßig handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag. Weiterhin muss es sich - ebenso wie bei den Verzugsvoraussetzungen - um einen fälligen, durchsetzbaren Anspruch handeln. Die Leistung darf weiterhin nicht oder nicht wie geschuldet erbracht worden sein. Soweit es die Nichtleistung betrifft, ist damit rein begrifflich auch die Unmöglichkeit erfasst. Die Unmöglichkeit ist jedoch in § 283 BGB speziell geregelt, die eine Anwendung des § 281 BGB ausschließt. Erbringt der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet, handelt es sich um eine „Schlechtleistung". Damit werden grundsätzlich auch die Vertragstypen mit einem speziellen Mängelrecht erfasst. Mit dieser Formulierung „nicht wie geschuldet" sollen aber auch alle anderen Schuldverhältnisse erfasst werden, die kein spezielles Sachmängelrecht haben und die nach bisherigem Recht eine Fallgruppe der pFV darstellten. Der Gläubiger muss den Schuldner auffordern, innerhalb einer angemessenen Frist zu leisten (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Fristsetzung ist ein zentrales Merkmal des neuen Leistungsstörungsrechts zur Sicherung des Erfüllungsanspruchs. Die Angemessenheit der Frist bestimmt sich nach den Umständen des konkreten Vertrags. Dabei sind die Interessen beider Vertragsparteien zu berücksichtigen. Während das Interesse des Gläubigers darin besteht, möglichst kurzfristig Klarheit darüber zu erhalten, ob der Schuldner seine Leistung noch erbringt, soll dem Schuldner mit der Fristsetzung eine letzte Möglichkeit gegeben werden, die Leistung noch zu erbringen. Aus dem Grund muss die Frist so lang sein, dass der Schuldner in der Lage ist, die (begonnene) Leistung noch zu erbringen; sie muss aber auf der anderen Seite nicht so lang sein, dass der Schuldner die Möglichkeit hat, erst ab diesem Zeitpunkt mit der Leistungshandlung zu beginnen. Hat der Gläubiger eine zu kurze Nachfrist gesetzt, hat das zur Folge, dass eine angemessene Nachfrist in Lauf gesetzt wird (Palandt-Heinrichs, § 281 BGB, Rn. 10 m. w. N.). Die Fristsetzung ist in folgenden Fällen entbehrlich. Einer Fristsetzung bedarf es nach § 281 Abs. 2 1. Alt. BGB nicht, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. An die Weigerung werden hohe Anforderungen gestellt. So muss erkennbar werden, dass es des Schuldners „letztes Wort" ist (vgl. BGH, NJW 1997, 51, 52; Jauernig-Stadler, § 281 BGB, Rn. 9). Die Fristsetzung ist weiterhin nach § 281 Abs. 2, 2. Alt. BGB entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltend-
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machung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Diese besonderen Umstände können in der besonderen Zeitbezogenheit der Leistung liegen. Beispiel: Bei „ Just-in Time"-Lieferverträgen ist ein Zulieferer verpflichtet, zu einem bestimmten Zeitpunkt zu liefern, damit die Produktion des Gläubigers ordnungsgemäß nach Plan verlaufen kann (BT-Drs. 14/6040, S. 140). Weitere Voraussetzung ist, dass die Fristsetzung ergebnislos gewesen ist. Zur Einhaltung der Frist reicht es grundsätzlich aus, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung vorgenommen hat.
Beispiel: V verkauft an K 1 000 T-Shirts. K setzt dem V (nach Fälligkeit) eine Nachfrist bis zum 20.5... Übergibt V am 20.5. die T-Shirts einem Spediteur, ist die Frist gewahrt, selbst wenn die T-Shirts einige Tage später eintreffen; etwas anderes gilt, wenn V dies erst nach Fristablauf getan hätte. Letztlich setzt § 280 Abs. 1 BGB ein Vertretenmüssen voraus (vgl. §§ 276,278 BGB), das nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet wird. Das Verschulden muss sich dabei auf die Pflichtverletzung und nicht auf den eingetretenen Schaden beziehen. Für das schuldhafte Verhalten seiner „Hilfspersonen", d.h. der Personen, die zur Erfüllung des Vertrags eingesetzt werden, hat er nach § 278 BGB wie für eigenes Verschulden einzustehen. Nach Fristablauf kann der Gläubiger Schadensersatz „statt der Leistung" verlangen. Der Erfüllungsanspruch erlischt nicht mit Fristablauf, sondern nach § 281 Abs. 4 BGB erst dann, wenn der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangt oder den Rücktritt erklärt hat (§ 349 BGB). Der Gläubiger ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte, d. h. der Schadensersatz ist auf das positive Interesse gerichtet (zur grundsätzlichen Wahlfreiheit zwischen Differenzmethode und Austauschmethode zur Berechnung des Schadensersatzes, vgl. bereits zur Unmöglichkeit, u. a. hierzu auch Lorenz/Riehm, Rnn. 208 ff.). Ist die Schlechterfüllung erheblich, kann der Gläubiger statt des kleinen Schadensersatzanspruchs auch den großen Schadensersatzanspruch (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB) geltend machen („Schadensersatz statt der ganzen Leistung"). Dies gilt auch bei einer quantitativ zu geringen Leistung, wenn die Zuweniglieferung erheblich ist (vgl. § 281 Abs. 1 S. 2 BGB). Bei Kauf- und Werkverträgen stellt die Zuweniglieferung jedoch keine Teilleistung i. S.v. § 281 Abs. 1 S. 2 BGB dar, sondern eine Schlechtleistung nach § 281 Abs. 1 S. 3 BGB (zur vergleichbaren Rücktrittsproblematik, vgl. § 323 Abs. 5 BGB). Wird die Leistung teilweise nicht erbracht, besteht ein Rücktrittsrecht nur bei Interessenwegfall (§ 323 Abs. 5 S. 1 BGB). Wird eine Leistung nicht vertragsgemäß erbracht, besteht kein Rücktrittsrecht, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Anstelle des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung kann der Gläubiger auch Aufwendungsersatz nach § 284 BGB verlangen.
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cc. Mangelfolgeschaden Führt die Schlechtleistung nicht nur zu einem Minderwert der Leistung, sondern zu einer Verletzung anderer Rechtsgüter des Gläubigers, kann dieser die daraus resultierenden Mangelfolgeschäden ersetzt verlangen. Hier handelt es sich dann nicht um einen Schadensersatz statt der Leistung, da eine Nachbesserung der Leistung diesen Mangelfolgeschaden nicht beseitigen würde. Diese Mangelfolgeschäden können sowohl unabhängig von der Mangelhaftigkeit der Hauptleistung eintreten oder aber eine Folge der Mangelhaftigkeit der Hauptleistung sein. Der Anspruch ergibt sich direkt aus § 280 Abs. 1 BGB. Dieser besteht - wie erwähnt - neben dem Anspruch auf Erfüllung und dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung. Bei Kauf-, Miet-, Werk- und Reiseverträgen existiert jeweils ein spezielles Sachmängelrecht, das in seinem Anwendungsbereich der Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB vorgeht. Wenn es um den Ersatz von Mangelfolgeschäden geht, kommt § 280 Abs. 1 BGB (§ 437 Nr. 3 BGB) unmittelbar zur Anwendung. Spezielle Regeln zu Mangelfolgeschäden enthalten nur der Miet- und der Reisevertrag. Beispiel (nach BGH, NJW 1990, 908): Die Lieferung mangelhafter Weinkorken verursachen beim Käufer das Verderben seines Weines. Vor der Schuldrechtsmodernisierung wurde diese Fallgestaltung mit der pFV erfasst; diesbezüglich kann auf die bisherige Rspr. zurückgegriffen werden. dd. Rücktritt Der Gläubiger kann bei Vorliegen dieser Voraussetzungen daneben auch vom Vertrag zurücktreten, wobei - wie erwähnt - auf Seiten des Schuldners ein Verschulden nicht vorliegen muss. § 323 Abs. 1 BGB setzt allerdings voraus, dass es sich um einen gegenseitigen Vertrag handelt. Nicht erforderlich ist, dass der Anspruch des Gläubigers, der Gegenstand der Pflichtverletzung des Schuldners ist, im Gegenseitigkeitsverhältnis steht. § 323 BGB ist insoweit weiter gefasst als § 326 BGB a.F. Mit der Rücktrittserklärung erlöschen die beiderseitigen Leistungspflichten. Das Schuldverhältnis wandelt sich in ein Rückgewährschuldverhältnis (vgl. §§ 346 ff. BGB). Der Rücktritt ist nach § 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen, wenn der Gläubiger den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend zu verantworten hat oder wenn der Rücktrittsgrund während des Annahmeverzugs eintritt. f. Verletzung von Schlitzpflichten aa. Schutzpflichtverletzung im Schuldverhältnis Nach § 241 Abs. 2 BGB „kann" das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Anderen verpflichten. Grundlage der Nebenpflicht ist also nicht § 241 Abs. 2 BGB, sondern das jeweilige
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Schuldverhältnis, das Umfang und Intensität der Nebenpflichten bestimmt. Es kann sich dabei um vertragliche und - wenn auch selten - um gesetzliche Schuldverhältnisse handeln. Die Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht hat regelmäßig zur Folge, dass ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB entsteht, der neben den Leistungsanspruch tritt. § 280 Abs. 1 BGB ist damit unmittelbar anwendbar, wenn es sich um die Verletzung von Rücksichtnahmepflichten i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB handelt, z.B. Schutzpflichten. Beispiele: Ein Verkäufer unterlässt eine Aufklärung über die spezielle Wartungsbedürftigkeit einer Zementwaage bei Frost; ein Handelsvertreter unterrichtet den Unternehmer nicht über seine Bedenken bzgl. der Kreditwürdigkeit eines Geschäftspartners; ein Architekt erkennt auf Grund seiner besonderen Sachkenntnis Falschberechnungen des Statikers und teilt diese dem Bauherrn nicht mit; ein Kellner schüttet einem Gast infolge einer Ungeschicklichkeit Bratensoße über den Anzug; ein Verkäufer unterlässt die Mitteilung an den Käufer über ein neues, verbessertes Produkt, dass er in Kürze auf den Markt bringt (vgl. Palandt-Heinrichs, § 280 BGB, Rnn. 28 ff. m. w. N.). Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB hat der Gläubiger einen Anspruch auf Ersatz des durch die Pflichtverletzung entstandenen Schadens. Dieser Ersatz des Integritätsinteresses ist an keine weiteren Voraussetzungen mehr gebunden, weil es sich hier weder um einen durch Verzögerung noch durch Nichterfüllung entstandenen Schaden handelt. Ausnahmsweise kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung verlangen (§§ 280 Abs. 1 u. 3, 282 BGB) oder vom Vertrag zurücktreten (§ 324 BGB), wenn dem Gläubiger die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist. Während § 282 BGB und § 324 BGB explizit die Verletzung einer Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB voraussetzen, erfasst § 280 Abs. 1 BGB als (alleinige) Anspruchsgrundlage alle Fälle, die nicht in §§ 281-283, 311a BGB geregelt sind. Beispiel: Maler M soll die Wohnung des T streichen. Bei der Ausführung richtet M aber Verwüstungen an. T möchte die Arbeiten daher von einem anderen Maler durchführen lassen und entsprechende Mehrkosten ersetzt bekommen. Hier sind die Pflichtverletzungen so erheblich, dass der Gläubiger T eine Möglichkeit erhalten soll, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen (§§ 280 Abs. 1, 282 BGB) oder vom Vertrag zurückzutreten (§ 324 BGB). Verletzt der Schuldner eine „leistungssichernde" Nebenpflicht und hat dies zur Folge, dass er die ihm obliegende Leistung nicht vertragsgerecht erbringen kann, z . B . wenn der Verkäufer eine Gebrauchsanweisung nicht liefert und auch sonst nicht in der Lage ist, dem Käufer eine entsprechende Anleitung zu geben, kommt § 281 BGB zur Anwendung. Der Gläubiger kann Schadensersatz „statt der Leistung" nur unter diesen zusätzlichen Voraussetzungen geltend machen.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
bb. Schutzpflichtverletzungen im vorvertraglichen Schuldverhältnis (1) Haftungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen Die von Rudolf von Jhering entwickelte Lehre von der culpa in contrahendo (cic) ist im Laufe der Zeit von der Rspr. und Lit. weiter entwickelt worden. Grundgedanke dieses Rechtsinstituts ist, dass nicht erst mit dem Zustandekommen des Vertrags, sondern bereits in dessen Vorfeld eine „besondere" Rechtsbeziehung besteht. Die (potenziellen) Parteien sind schon in diesem Stadium zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Ein schuldhafter Verstoß gegen diese Pflichten kann zu einem Schadensersatzanspruch führen. Der Gesetzgeber hat nun dieses Rechtinstitut im BGB verankert, ohne dass eine sachliche Änderung oder sogar eine „Festschreibung" der cic auf dem derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung damit verbunden sein sollte; auch nach Einfügung des § 241 Abs. 2 BGB und des § 311 Abs. 2 u. 3 BGB können auf die bisher entwickelten Fallgruppen zurückgegriffen werden. Nach § 311 Abs. 2 u. 3 BGB kann ein Schuldverhältnis mit Pflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB auch schon in einem vorvertraglichen Stadium entstehen. Bei diesen Rücksichtnahmepflichten handelt es sich insbesondere um Schutzpflichten, Aufklärungspflichten und die Pflicht, einen wirksamen Vertragsabschluss nicht zu gefährden. Im Falle einer Pflichtverletzung ist (auch hier) Anspruchsgrundlage § 280 Abs. 1 BGB. Die Anspruchsgrundlage ist zwar dieselbe wie bei der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten aus vertraglichen Schuldverhältnissen. Die Pflichten im vorvertraglichen Bereich unterscheiden sich allerdings teilweise von diesen, so dass sie insoweit eine Sonderstellung einnehmen und in einem eigenen Abschnitt behandelt werden. Die Schutzpflicht beinhaltet, dass jeder Partner auf Grund des vorvertraglichen Schuldverhältnisses aus § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, sich so zu verhalten, dass die Rechtsgüter des anderen nicht verletzt werden; insbesondere ist die persönliche Sicherheit zu gewährleisten. Wer z. B. Geschäftsräume eröffnet, hat für die Sicherheit der Kunden zu sorgen, die darauf vertrauen dürfen, nicht geschädigt zu werden. Beispiel: G betritt das Kaufhaus in der Absicht, sich über Preise von Herrenanzügen zu informieren. G rutscht auf einer Bananenschale aus und erleidet einen Beinbruch. Hat G Ansprüche gegen den Betreiber des Kaufhauses? G hat einen Schadensersatzanspruch nach §§ 311Abs. 2, 241 Abs. 2, 280, Abs. 1 BGB. G durfte darauf vertrauen, dass sein Vertragspartner alle zumutbaren Maßnahmen zur Schadensabwendung trifft. Das Verschulden des Inhabers wird vermutet. Dieser Fall ist vergleichbar mit der „Linoleumrollen-Entscheidung" des RG (RGZ 78, 239). Hier hatte ein Angestellter eines Kaufhauses so ungeschickt mit einer Linoleumrolle hantiert, dass ein Kunde verletzt worden war. Das schuldhafte Verhalten des Angestellten war über § 278 BGB dem Unternehmensinhaber zuzurechnen. Hintergrund dieser Entscheidung waren die „Härten" des Deliktsrechts in
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Bezug auf die „Gehilfenhaftung" nach § 831 BGB. Im Rahmen einer vertragsähnlichen Sonderverbindung, wie es die cic darstellte, war § 278 BGB anwendbar; einen Entlastungsbeweis sieht § 278 BGB nicht vor. Die Aufklärungs- und Mitteilungspflichten haben zum Inhalt, dass jeder Partner den anderen über die für das Zustandekommen des Vertrags wesentlichen Umstände unterrichten und auf Gefahren hinweisen muss. Der Vertragspartner muss verständlicherweise nicht auf sämtliche in Betracht kommende Umstände hinweisen, sondern nur insoweit, als der andere mit Rücksicht auf Treu und Glauben darauf vertrauen durfte. Weitere Beispiele von Pflichtverletzungen i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB sind der grundlose Abbruch von Vertragsverhandlungen, wenn ein Vertragspartner die Unwirksamkeit eines Vertrags verschuldet hat oder die arglistige Täuschung. Liegen die Voraussetzungen - Gesetzliches Schuldverhältnis (z. B. Aufnahme von Vertrags Verhandlungen; ähnliche geschäftliche Kontakte), - Verletzung einer sich daraus ergebenden Rücksichtnahmepflicht (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB), - Schaden, - Vertretenmüssen des Schuldners (§§ 276, 278 BGB) vor, besteht die Rechtsfolge nach § 280 Abs. 1 BGB in der Verpflichtung des Schuldners zum Ersatz des durch die Pflichtverletzung entstandenen Schadens (§§ 249 ff. BGB). Grundsätzlich wird der Vertrauensschaden ersetzt. Ausnahmsweise kann sich der Schadensersatzanspruch auch auf das Erfüllungsinteresse beziehen. (2) Konkurrenzen § 280 Abs. 1 BGB kommt in seiner direkten Anwendung kommt nur in Betracht, wenn keine speziellen Vorschriften eingreifen, z. B. Unmöglichkeit, Verzug, Nichtleistung nach Fristsetzung oder spezielle Mängelregeln. Macht der Verkäufer vor Abschluss des Vertrags Falschangaben über die Beschaffenheit der gekauften Sache, führt dies i.d.R. zu einem Sachmangel. Die §§ 280 ff. BGB finden nicht neben den vertragstypischen Mängelrechten, sondern als Bestandteil dieser Rechte, Anwendung. So verweist § 437 Nr. 3 BGB für das Kaufrecht und § 634 Nr. 4 BGB für das Werkvertragsrecht u. a. auf § 280 BGB; hier greifen spezielle Verjährungsregeln. Liegt dagegen kein Sachmangel vor, z.B. weil die Pflichtverletzung des Verkäufers in einer fehlerhaften oder nicht erfolgten Aufklärung über die sachgerechte Bedienung der mangelfreien Sache oder über von ihr ausgehende Gefahr besteht, greifen die besonderen Mängelrechte nicht ein, so dass wegen der Schutzpflichtverletzung § 280 Abs. 1 BGB direkt Anwendung findet; für die Verjährung gilt hier § 195 BGB.
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(3) Drittwirkungen In Rspr. und Lit. war anerkannt, dass das Rechtsverhältnis der Vertragsanbahnung sowohl auf Schuldner- als auch auf Gläubigerseite Erweiterungen auf Personen erfahren kann, die nicht selbst Partei des Vertrags werden sollen. Danach kann ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht Vertragspartei werden sollen. So gelten die Grundsätze zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch im vorvertraglichen Bereich. Beispiel (BGHZ 66, 51 ff. „Gemüseblatt-Fall"): Die minderjährige Tochter T begleitet ihre Mutter beim Einkaufen. Sie rutscht im Supermarkt auf einem Gemüseblatt aus und verletzt sich. Dieser Fall wird heute von § 311 Abs. 3 S. 1 BGB erfasst. Zu beachten ist, dass § 280 Abs. 1 BGB die Anspruchsgrundlage ist, wobei die Voraussetzungen für das Schuldverhältnis durch § 311 Abs. 2 bzw. 3 BGB präzisiert werden und durch die Nennung des § 241 Abs. 2 BGB klargestellt ist, welche Pflichten verletzt sind. Für den umgekehrten Fall der Haftung Dritter, die zwar an der Vertragsanbahnung beteiligt sind, nicht aber selbst Vertragspartei werden sollten, ist der Begriff der „Sachwalterhaftung" entstanden. Der Grundgedanke dieser Haftung besteht darin, dass ein Dritter, der als Vertreter oder als bloßer Verhandlungsgehilfe beteiligt ist und dabei besonderes Vertrauen für sich selbst in Anspruch nimmt, in eigener Person in Bezug auf die Rechte oder Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksichtnahmepflichten treffen (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 374 m. w. N.). g. Wegfall der Geschäftsgrundlage Bei jedem Eingehen eines Schuldverhältnisses haben die Parteien bestimmte Vorstellungen, Erwartungen und Umstände als selbstverständlich angesehen. Fallen diese nachträglich weg oder ändern sich die Umstände, kann ein Festhalten am Vertrag in dieser Form für eine Partei unzumutbar sein. Die gesetzlichen Instrumentarien, z. B. Anfechtung, Rücktritt, Kündigung oder Schadensersatz reichen mitunter nicht aus, um eine interessengerechte Lösung zu erreichen. Diese „Lücke" wurde im Wesentlichen mit der von Oertmann entwickelten Lehre von der Geschäftsgrundlage geschlossen („Die Geschäftsgrundlage-ein neuer Rechtsbegriff", 1921), um eine Anpassung von Verträgen an schwerwiegende Veränderungen der äußeren Umstände zu erreichen, die dem Vertrag gewissermaßen zugrunde lagen. Angesichts der Wirtschaftskrise 1923 übernahm das RG diese Lehre und verankerte sie in § 242 BGB, also im Grundsatz von Treu und Glauben. Nach dem zweiten Weltkrieg hat auch der BGH auf diese Lehre zurückgegriffen, vor allem, als er über die wirtschaftlichen Folgen des zweiten Weltkrieges und der Währungsreform und schließlich auch im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung zu entscheiden hatte. Die Anwendungsfälle der Lehre von der Geschäftsgrundlage sind jedoch nicht auf solche Extremsituationen beschränkt. Auch in wirtschaftlich stabileren Zeiten gibt es Fallgestaltungen, z. B. im Hinblick auf die Anpassung von langfristig geschlossenen Verträgen an geänderte Verhältnisse. Zu beachten ist
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allerdings, dass eine Berufung einer Partei auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage, um den Grundsatz „pacta sunt servanda" nicht auszuhöhlen, grundsätzlich nur in Ausnahmefällen möglich ist. Unter einer Geschäftsgrundlage versteht man nach einer Formel des BGH die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, beim Vertragsabschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des einen Vertragsteils oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Teile vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille auf diesen aufbaut (BGHZ 133, 281, (293); 131, 209). Der Gesetzgeber hat nun den bisher auf § 242 BGB gestützten Grundsatz zum Wegfall der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB verankert und damit die bisherige Rspr. bestätigt, deren Kontinuität durch diese Kodifikation gesichert bleibt. Der wesentliche Unterschied zur bisherigen Rechtslage besteht darin, dass § 313 Abs. 1 BGB als primäre Rechtsfolge der Störung der Geschäftsgrundlage einen Anspruch auf Vertragsanpassung festschreibt; es kommt darauf an, was die Parteien vereinbart hätten. Die Vertragsanpassung ist inhaltlich darauf gerichtet, das eingetretene Risiko zwischen den Parteien angemessen zu verteilen, z. B. durch eine Herabsetzung der geschuldeten Gegenleistung, durch Zahlung eines angemessenen Ausgleichs oder durch eine vollständige bzw. eine teilweise Befreiung von einer Leistungspflicht. Subsidiär kommt eine Vertragsaufhebung in Betracht. Zu den wichtigen Anwendungsfällen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gehört der Fall des gemeinsamen Motivirrtums, etwa ein gemeinsamer Kalkulationsirrtum, z.B. über einen Umrechungskurs (vgl. RGZ 105, 406 - „Rubel-Fall"). Das RG behandelte den Irrtum über die Grundlagen des Geschäfts noch als Erklärungsirrtum. Weiterhin zählt hierzu ein Irrtum über den mit einem Pachtobjekt erzielbaren Umsatz oder über die öffentliche Förderung eines Bauvorhabens (BGH, NJW-RR 1990, 601,602). Ein weiterer Fall betrifft die sog. Zweckstörung. Beide Vertragsparteien gehen bei Vertragsschluss davon aus, dass die vertraglich vorgesehene Leistung zu einem bestimmten Zweck verwendet werden kann; anschließend stellt sich heraus, dass dieser Zweck nicht verwirklicht werden kann. Beispiel: V vermietet seinen Fensterplatz an M zur Besichtigung eines festlichen Umzugs. Später stellt sich heraus, dass der Umzug nicht stattfindet. Eine Anpassung des Vertrags kommt hier nicht in Betracht. M kann Rückzahlung des Mietzinses verlangen (hierzu Medicus, BR, Rn. 160). Letztlich gibt es den Fall der Äquivalenzstörung. Beide Vertragsparteien gehen bei Vertragsschluss davon aus, dass beide Leistungen im Wesentlichen ausgewogen sind und auch bleiben. Durch später eintretende extreme wirtschaftliche und politische Veränderungen geraten Leistung und Gegenleistung in ein grobes Missverhältnis.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil Beispiel: A verkauft an B Whisky zu einem bestimmten Preis. In der Folgezeit wird die Whiskysteuer so erhöht, dass A von dem vereinbarten Preis nicht einmal die Steuer bezahlen kann. Zu erwähnen seien hierzu besonders die Entscheidungen des RG während der Zeit der Inflation nach dem ersten Weltkrieg im Falle eines extremen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die „normale Geldentwertung" nicht von der Geschäftsgrundlage erfasst wird (vgl. BGH-Entscheidung „Kaliabbau"-Fall, NJW 1959, 2203).
6. Gläubigerwechsel a. Einleitung In Rahmen eines Schuldverhältnisses hat der Gläubiger gegen den Schuldner einen Anspruch auf eine bestimmte Leistung. Diesem Anspruch, der auch als Forderung bezeichnet wird, kann unter Umständen eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommen. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass eine Forderung übertragbar ist, abgesehen davon, dass der Gläubiger sie auch selbst geltend machen kann. Das Gesetz kennt drei Formen des Gläubigerwechsels. In den §§ 398 ff. BGB ist der Forderungsübergang durch Rechtsgeschäft (Abtretung) geregelt. Diese Vorschriften finden nach § 412 BGB auf einen gesetzlichen Gläubigerwechsel („cessio legis") entsprechende Anwendung. Ein Gläubigerwechsel kann schließlich auch durch einen staatlichen Hoheitsakt eintreten. Forderung sübergang du xh
_ Hoheitsakt
—
1r——^
Rechtsc eschäft
Gesetz
Abb. 111.13. Arten des Gläubigerwechsels
b. Gesetzlicher Forderungsübergang In einigen Fällen sieht das Gesetz einen automatischen Forderungsübergang vor. Man spricht in diesen Fällen von der sog. cessio legis. Beispiel: Der Bürge hat die Forderung des Gläubigers gegen den (Haupt-)Schuldner bezahlt. Nach § 774 Abs. 1 BGB geht diese Forderung auf diesen über, d. h. der Bürge erwirbt den Anspruch gegen den (Haupt-)Schuldner.
6. Gläubigerwechsel
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Dasselbe Prinzip gilt bei Gesamtschuldnern (§ 426 Abs. 2 BGB), im Versicherungsrecht (§ 67 VVG), im Arbeitsrecht (z. B. § 6 EFZG), sowie im Falle der § 268 Abs. 3 BGB, § 1225 BGB, § 1143 Abs. 1 BGB, § 116 SGB X. Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen, d. h. auch deren Forderung, auf den Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB). c. Forderungsübergang durch Hoheitsakt
Ein Gläubigerwechsel kann auch durch einen staatlichen Hoheitsakt (d. h. auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften) eintreten. Hierunter fällt vor allem die Zwangsvollstreckung in Forderungen. In diesem Falle erwirbt der Vollstreckungsgläubiger die gepfändete Forderung des Altgläubigers mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 829, 835 ZPO) an den Drittschuldner, soweit die Forderung an Zahlungs Statt und nicht nur - wie es in der Praxis üblich ist - „zur Einziehung" überwiesen wurde. Der Drittschuldner kann dann, um sich von der Verbindlichkeit zu befreien, nur noch an den Pfändungsgläubiger leisten. Häufigster Fall einer Forderungspfändung ist die Lohnpfändung bei einem Arbeitnehmer. d. Forderungsübergang durch Rechtsgeschäft Ein rechtsgeschäftlicher Forderungsübergang erfolgt durch einen Abtretungsvertrag zwischen Neugläubiger und Altgläubiger. Der „alte" Gläubiger wird als Zedent, der „neue" Gläubiger als Zessionar und die Forderungsabtretung an sich als Zession bezeichnet. Mit dem Abschluss des Vertrags übernimmt der neue Gläubiger die Position des bisherigen Gläubigers (§ 398 S. 2 BGB). Ein Mitwirken des Schuldners, insbesondere seine Zustimmung, ist nicht erforderlich. Abtretungsvertrag Altgläubiger (= Zedent)
(= Zession)
Neugläubiger .. (= Zessionar)
Forderung abgetretene Forderung
Schuldner
Abb. 111.14. Forderungsabtretung Durch eine Forderungsabtretung wird regelmäßig ein entsprechendes Kausalgeschäft erfüllt. In Betracht kommen hierbei Kauf, Schenkung, Auftrag, Geschäftsbesorgung oder sonstige Vereinbarungen.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Die Abtretung ist ein Verfügungsgeschäft und daher von dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Rechtsgeschäft zu unterscheiden. Etwaige Mängel im Kausalgeschäft sind grundsätzlich ohne Auswirkungen auf die Abtretung. Allerdings steht dann dem bisherigen Gläubiger gegen den neuen Gläubiger ein Anspruch aus §§812 ff. BGB auf Grund der Abtretung zu. Nicht selten stellt ein Kaufvertrag den Rechtsgrund für die Abtretung dar. Das ist vor allem beim Factoring-Vertrag der Fall, durch den ein Gläubiger - zur Verbesserung seiner Liquidität - seine Außenstände gegen einen Kosten- und Bonitätsabschlag i. d. R. auf ein Kreditinstitut überträgt. Die Forderungsabtretung ist auch im Bereich des Kreditgeschäfts von großer Bedeutung. Die Sicherungsabtretung (= Sicherungszession) einer Forderung hat gegenüber der Verpfändung einer Forderung den Vorteil, dass sie keine bonitätsschädigende Anzeige an den Schuldner erfordert (§ 1280 BGB). Im Wesentlichen gibt es verschiedene Arten von Abtretungsgeschäften. Zunächst gibt es den Fall, dass der Schuldner von der Abtretung benachrichtigt wird. Das bezeichnet man als offene Zession (Gegensatz: stille Zession). Es gibt auch die Möglichkeit, dass der Gläubiger sämtliche ihm zustehende Ansprüche abtritt (Globalzession). Der Gläubiger kann die Forderung aber auch nur treuhänderisch zur Einziehung abtreten. Dies bezeichnet man als Inkassozession. Mithin kann der Gläubiger eine Abtretungsurkunde ausstellen, bei der der Empfänger der „blanco" ausgestellten Abtretungsurkunde ermächtigt wird, sich selbst oder einen Dritten als Zessionar zu bestimmen („Blankozession"; vgl. Palandt-Heinrichs, § 398 BGB, Rn. 4). Voraussetzung einer Forderungsabtretung ist - wie erwähnt - zunächst der Abschluss eines Abtretungsvertrags. Wesentlicher Inhalt dieses Vertrags ist die Einigung über den Forderungsübergang. Er ist grundsätzlich formlos gültig (Ausnahme: § 1154 BGB, Abtretung einer Hypothekenforderung). Weiterhin ist das tatsächliche Bestehen einer Forderung erforderlich. Anders als bei Gründstücken und beweglichen Sachen (vgl. §§ 932 ff., 892 BGB) gibt es bei Forderungen keinen gutgläubigen Erwerb, da es an einem entsprechenden Vertrauenstatbestand fehlt. Von diesem Grundsatz macht § 405 BGB eine Ausnahme, wenn die Forderung in einer Urkunde verbrieft ist, z. B. ein Lagerschein (PalandtHeinrichs, § 405 BGB, Rn. 3). Beispiel: T, der sich in argen Geldproblemen befindet, erzählt dem S, dass er gegen M eine Darlehensforderung in Höhe von 1 000 € besitzt. Da das Darlehen aber erst in einem Jahr zurückzuzahlen ist, er aber das Geld sofort brauche, sei er bereit, ihm die Forderung gegen den M für 700 € zu verkaufen. S ist damit einverstanden und zahlt den gewünschten Preis. Tatsächlich hat T niemals gegen M eine Forderung gehabt. Kann S von M Zahlung der 1 000 € nach Fälligkeit der Darlehensforderung verlangen? Nein, da S die Forderung nicht erworben hat. Auch der gute Glaube an das Bestehen der Forderung hilft ihm nicht. Der Grund für den Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs an Forderungen besteht darin, dass es an einem Kennzeichen fehlt, das - wie
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bei beweglichen Sachen der Besitz oder bei Grundstücken das Grundbuch - auf die Berechtigung des Verfügenden hinweist und damit einen Rechtsschein schafft, auf den der Gutgläubige vertrauen darf. Etwas anderes wäre der Fall gewesen, wenn M (zum Schein) einen Schuldschein ausgestellt hätte. Dann hätte sich M nach § 405 BGB nicht darauf berufen können, dass er den Schuldschein nur zum Schein ausgestellt hatte. S hätte in diesem Fall also die Forderung erworben. Weiterhin muss die Forderung, wie jeder Gegenstand einer Verfügung, bestimmbar sein. So lässt die Rspr. zu, auch künftig entstehende Forderungen zu übertragen (sog. Vorausabtretung), vorausgesetzt, es besteht zur Zeit ihrer Entstehung Klarheit über Inhalt und Höhe der Forderung sowie über die Person des Schuldners (BGH, NJW 1988, 3204). Diese Frage nach der Bestimmbarkeit ist vor allem bei der Globalzession und bei der Abtretung künftiger Forderungen im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehaltes von Bedeutung (Jauernig-Stürner, § 398 BGB, Rn. 11). Schranken können sich hier aus § 138 BGB ergeben („Knebelung", vgl. BGH, WM 1990, 1326). Eine Forderungsabtretung ist unzulässig bei unpfändbaren Forderungen (§ 400 BGB), wenn die Abtretung vertraglich ausgeschlossen war (§ 399 BGB) sowie in einigen gesetzlich bestimmten Fällen (z. B. § 717 BGB). Der Schuldner muss, da er an der Abtretung nicht beteiligt wird, geschützt werden. So kann der Schuldner nach § 404 BGB dem neuen Gläubiger alle Einwendungen und Einreden entgegenhalten, die er auch gegenüber dem alten Gläubiger hätte geltend machen können. Weitere Schutzvorschriften enthalten die §§ 405 ff. BGB. Erfährt der Schuldner von der Abtretung nichts und leistet er an den alten Gläubiger, der nunmehr Nichtberechtigter ist, greift § 407 BGB ein. Der neue Gläubiger muss dann die Leistung des Schuldners gegen sich gelten lassen. Es ist also eine Erfüllung der Verbindlichkeit eingetreten; nach § 407 BGB gilt dies auch für jedes andere Rechtsgeschäft. Es tritt demnach eine für §§812 ff. BGB typische Bereicherungssituation auf, denn der bisherige Gläubiger erlangt etwas, was nicht ihm, sondern dem neuen Gläubiger zusteht. Nach § 816 Abs. 2 BGB kann der neue Gläubiger vom Altgläubiger die Herausgabe des Erlangten verlangen.
7. Schuldnerwechsel Durch die Abtretung erfolgt ein Wechsel auf der Gläubigerseite. Der Wechsel auf der Schuldnerseite erfolgt durch eine Schuldübernahme. Die Schuldübernahme setzt eine Beteiligung des Gläubigers voraus, da diesem i. d. R. die Bonität seines Schuldners nicht gleichgültig sein dürfte. Nach § 414 BGB kann die Schuldübernahme durch einen Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Übernehmer (als. sog. Neuschuldner) bewirkt werden oder nach § 415 BGB durch einen Vertrag zwischen dem Neuschuldner und Altschuldner. Dieser Vertrag bedarf allerdings (verständlicherweise) für die Wirksamkeit der Genehmigung des Gläubigers.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Die Rechtsstellung des Schuldübernehmers im Einzelnen sowie die besonderen Haftungsvorschriften sind in den §§ 417 ff. BGB geregelt. Die Schuldübernahme gem. §§ 414, 415 BGB ist von der „gesetzlich nicht geregelten Schuldmitübernahme" (auch als Schuldbeitritt oder kumulative Schuldübernahme bezeichnet) zu unterscheiden. Bei der Schuldmitübernahme wird die Schuld in der Weise übernommen, dass der Übernehmer als Gesamtschuldner neben dem bisherigen Schuldner in das Schuldverhältnis eintritt. Der Gläubiger erhält in diesem Fall einen zweiten Schuldner. In einigen Fällen entdeckt ein Schuldbeitritt kraft Gesetz (vgl. § 613 a BGB; § 25 HGB).
8. Gläubigermehrheit und Schuldnermehrheit Bis zu diesem Zeitpunkt wurde immer nur von dem Gläubiger bzw. dem Schuldner gesprochen. Als Gläubiger oder Schuldner können auch mehrere Personen auftreten. Im Gesetz ist die Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern in den §§ 420 ff. BGB gesetzlich geregelt. Die wichtigste Form in diesem Zusammenhang ist die sog. Gesamtschuldnerschaft gem. § 421 BGB. Diese liegt vor, wenn jeder der Schuldner auf das Ganze haftet, der Gläubiger die Leistung aber nur einmal verlangen kann. Eine Gesamtschuld entsteht durch rechtsgeschäftliche Verpflichtungen, insbesondere wenn mehrere eine unteilbare Leistung schulden (z. B. Verpflichtung zur Erstellung eines Werks, Herausgabe einer bestimmten Sache) oder wenn es vom Gesetz angeordnet ist (z. B. §§ 830, 840 BGB; Jauernig-Stürner § 421 BGB, Rn. 3). Nach § 427 BGB besteht im Zweifel im Falle einer gemeinschaftlichen Leistungsverpflichtung eine Gesamtschuld. Beispiel: Die Ehegatten unterschreiben beide den Mietvertrag über die gemeinsame eheliche Wohnung. Damit haften sie als Gesamtschuldner. Der Vermieter kann sich wegen der Mietzinszahlung über die volle Höhe sowohl an den Ehemann als auch an die Ehefrau halten.
9. Einwendungen und Einreden a. Übersicht Auch wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer Anspruchsnorm vorliegen, kann die Durchsetzung dieses Anspruchs im Endeffekt scheitern, wenn der Anspruch erloschen ist oder der Schuldner Gegenrechte vorbringen kann. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen „Einwendungen" und „Einreden".
9. Einwendungen und Einreden
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Gegenrechte gegen einen Anspruch
Einwendungen
rechtshindernde
rechtsvernichtende
Einreden
dilatorische
peremtorische
Abb. 111.15. Einwendungen, Einreden Einwendungen sind „Gegentatsachen". Sie beschreiben die Voraussetzungen, unter denen ein Recht ausnahmsweise trotz Vorhandenseins der zur Entstehung erforderlichen Voraussetzungen nicht entsteht (rechtshindernde Einwendung) oder ein bereits entstandenes Recht wieder erlischt (rechtsvernichtende Einwendung). Zu den rechtshindernden Einwendungen zählen u. a. die Geschäftsunfähigkeit (§ 105 BGB), die Formnichtigkeit (§ 125 BGB), die Gesetzeswidrigkeit (§ 134 BGB), die Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) oder das Scheingeschäft (§ 117 BGB). Rechtshindernde Einwendungen sind in einem juristischen Gutachten bereits bei den Anspruchsvoraussetzungen zu überprüfen. Rechtsvernichtende Einwendungen bezeichnen die Voraussetzungen, unter denen ein bereits entstandenes Recht wieder erlischt. Hierzu zählen u. a. die Erfüllung und die Erfüllungssurrogate (Leistung an Erfüllungs Statt, Hinterlegung, Aufrechnung, Erlass) oder die Verwirkung (§ 242 BGB). Die rechtsvernichtenden Einwendungen bewirken das Erlöschen einer bereits entstandenen Forderung und werden demzufolge dann geprüft, wenn feststeht, dass der Anspruch besteht, aber u. U. wieder erloschen sein kann. Einwendungen sind im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen. Von Amts wegen heißt, dass sie nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie sich aus dem unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen vortrag der Parteien ergeben. Von sich aus darf der Richter sie nicht berücksichtigen (Larenz/Wolf, BGB AT, § 18, Rn. 47). b. Einreden aa. Einleitung Liegen Einwendungen nicht vor, so steht damit noch nicht fest, ob der Anspruch auch durchsetzbar ist. Dies hängt davon ab, ob dem Anspruchsgegner Leistungsverweigerungsrechte, sog. Einreden, zustehen. Unter Einreden sind Gegenrechte zu verstehen, die der Anspruchsgegner (im Prozess: Beklagter) dem Anspruch des Anspruchsstellers (im Prozess: Kläger) entgegensetzen kann. Im Unterschied zur Einwendung hat die Einrede nicht zur Folge, dass der Anspruch erlischt. Dieser wird nur in seiner Durchsetzbarkeit gehemmt. Zudem entfalten die Einreden nur dann eine Rechtswirkung (im Gegensatz zu den Einwendungen, die von Amts wegen beachtet werden), wenn der Beklagte dieses Recht geltend macht.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Man unterscheidet Einreden, die die Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Dauer ausschließen (sog. dauernde bzw. peremtorische Einrede) und solche, die die Durchsetzbarkeit des Anspruchs nur aufschieben (sog. aufschiebende bzw. dilatorische Einrede). Zu den dauernden Einreden zählen z.B. die Einrede der Verjährung (§ 214 BGB) und die Mängeleinrede (§ 438 Abs. 4 BGB). Zu den Einreden, die hingegen die Geltendmachung eines Anspruchs nur aufschieben, zählen u. a. die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB), die Einrede der Stundung, die Einrede der Vorausklage des Bürgen (§ 771 BGB) sowie die Dreimonatseinrede des Erben (§ 2014 BGB). Die Einrede im prozessrechtlichen Sinn bezieht sich auf die Einwendungen und Einreden im materiell-rechtlichen Sinn. Einwendungsbegründende Tatsachen sind im Prozess stets, d. h. von Amts wegen, zu berücksichtigen. Einredebegründende Tatsachen sind dagegen nur zu berücksichtigen, wenn gleichzeitig feststeht, dass der Schuldner die Einrede erhoben hat. Die praktisch wichtigsten Einreden sind: - Die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB), - die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB), - die Einrede des nichterfüllten Vertrags (§ 320 BGB) und - die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB). bb. Einrede der Verjährung Die Verjährung bedeutet den Verlust der Durchsetzbarkeit eines Anspruchs durch Zeitablauf. Der Schuldner ist mit Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Ihm steht die Einrede der Verjährung zu (§ 214 Abs. 1 BGB). Die Verjährung dient der Sicherheit des Rechtsverkehrs und des Rechtsfriedens (BGHZ 59, 72 (74)). Der Gläubiger soll nicht beliebig lange mit der Geltendmachung seines Anspruchs warten können. Ansprüche, die über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend gemacht worden sind, begründen für den Schuldner einen gewissen Vertrauensschutz, da er damit rechnen darf, in dieser Sache nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Je länger der Gläubiger mit seinem Anspruch wartet, desto schwieriger kann auch die Klärung der Beweislage sein. Daraus können Streitigkeiten entstehen und der Schuldner in Beweisschwierigkeiten geraten, z.B. durch Unauffindbarkeit einer Quittung oder durch den Tod eines Zeugen. Diese Probleme sollen mit den Verjährungsregeln vermieden werden, indem der Gläubiger gezwungen ist, seinen Anspruch in einer bestimmten Zeit geltend zu machen. Der Verjährung unterliegen nur Ansprüche (§ 194 Abs. 1 BGB), nicht dagegen Gestaltungsrechte (vgl. aber § 218 BGB in Bezug auf die Gestaltungsrechte „Rücktritt" und „Minderung" im Rahmen der Gewährleistung); für diese kann es Ausschlussfristen geben, nach deren Ablauf das Recht erlischt (z.B. § 122 Abs. 1, § 124 BGB).
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Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist gilt für sämtliche Ansprüche, soweit nicht innerhalb des BGB oder anderer Gesetze besondere Fristen vorgesehen sind. Nach § 196 BGB verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie Ansprüche auf die Gegenleistung in 10 Jahren. Nach § 197 Abs. 1 BGB verjähren in 30 Jahren, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, familien- und erbrechtliche Ansprüche sowie die eben erwähnten titulierten Ansprüche. Besondere Verjährungsfristen gelten nach wie vor im Gewährleistungsrecht in den §§ 438, 548, 634 a, 651 g BGB. Diese Vorschriften sehen für Mängelansprüche eine kürzere, objektiv zu bestimmende, Verjährungsfrist vor. Diese Fristen erfassen damit nicht nur die verschuldensunabhängigen Gewährleistungsrechte, sondern nach ihrem eindeutigen Wortlaut auch die verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüche nach §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 536a Abs. 1 2. Alt., 634 Nr. 4, 651 f BGB. Diese Fristen gelten aber nicht für Garantieverträge nach § 443 BGB, die grundsätzlich der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195,199 BGB unterliegen. Nach § 199 Abs. 1 BGB setzt der Beginn der regelmäßigen Verjährung voraus, dass zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Zunächst muss der Anspruch entstanden sein (vgl. BGHZ 113, 188 (193); sobald er geltend gemacht werden kann, i. d. R. mit Fälligkeit) und zweitens muss der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen sowie von der Person des Schuldners haben; grob fahrlässige Unkenntnis ist allerdings gleichgestellt. Da die Anknüpfung an den Tatbestand der Entstehung oder Fälligkeit beim Verjährungsbeginn unverzichtbar ist, liegt die eigentliche rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers darin, dass er an die Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers anknüpft und damit an ein subjektives Merkmal. Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des betreffenden Jahres zu laufen, also am 31.12. um 24 Uhr (Jahresendverjährung). Mit dieser Regelung sollen Streitigkeiten über das genaue Datum der Kenntniserlangung vermieden und die Überwachung des Verjährungsablaufs erleichtert werden. Die kenntnisabhängige Regelverjährung wird in § 199 Abs. 2 u. 3 BGB durch zwei verschiedene kenntnisunabhängige Verjährungsfristen ergänzt. Die regelmäßige Verjährungsfrist wird durch Höchstfristen ergänzt, deren Dauer entweder 10 oder 30 Jahre beträgt. Diese Höchstfristen sind als objektives Korrektiv zu der auf dem subjektiven System beruhenden regelmäßigen Verjährung zu verstehen. Für Ansprüche, die nicht der regelmäßigen Verjährung unterliegen, beginnt die Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Entstehung des Anspruchs (§ 200 S. 1 1. Hs. BGB). Titulierte Ansprüche (§ 197 Abs. 1 Nrn. 3-5 BGB) verjähren nach § 201
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
BGB 30 Jahre nach dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels (d. h. vollstreckbare Urkunden) oder der Feststellung im Insolvenzverfahren. Dem normalen Ablauf der Verjährungsfrist können Hindernisse entgegenstehen, die eine Hemmung, Ablaufhemmung oder einen Neubeginn bewirken. Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung sind die einzelnen Tatbestände der Hemmung, Ablaufhemmung und des Neubeginns an die Entwicklung in der Rspr. angepasst und teilweise erweitert worden. Weiterhin wurden die wichtigsten Fälle der Verjährungsunterbrechung nun als Hemmungstatbestand ausgestaltet, nämlich die Fälle der gerichtlichen Geltendmachung. Neubeginn bedeutet nach § 212 BGB, dass die Verjährung erneut zu laufen beginnt. Dieser Begriff ersetzt die sog. Unterbrechung; eine sachliche Änderung ist damit nicht verbunden gewesen, da bereits § 217 BGB a. F. den Neubeginn als Rechtsfolge für die Unterbrechung angeordnet hat. Fälle des Neubeginns sind nach § 212 Abs. 1 BGB lediglich das Anerkenntnis und die Zwangsvollstreckung. Hemmung bedeutet ein Anhalten der Verjährungsfrist. Nach dem Wegfall der Hemmung läuft die Verjährungsfrist weiter. Es wird also lediglich der Zeitraum der Hemmung in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Verjährungsfrist wird z.B. gehemmt bei Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner über den Anspruch, bei prozessualer Geltendmachung oder aus familiären oder ähnlichen Gründen (vgl. §§ 203 ff. BGB). Die Ablaufhemmung schiebt den Eintritt der Verjährung hinaus. Sie tritt ein bei Ansprüchen, die vorübergehend nicht geltend gemacht werden können. Die Verjährungsfrist läuft hier grundsätzlich weiter, jedoch tritt die Verjährung erst eine bestimmte Zeit nach Wegfall des Ablaufhemmungsgrundes ein, z. B. sechs Monate nach Eintritt der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit (§ 210 BGB). Die Wirkung der Verjährung entspricht grundsätzlich derjenigen des bisherigen Rechts. Die Verjährung führt zu einer Einrede. Der Schuldner ist nach Vollendung der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Das gleichwohl Geleistete kann nicht zurückgefordert werden (§ 214 Abs. 2 BGB). cc. Einrede des Zurückbehaltungsrechts Ebenfalls in der Praxis bedeutsam ist die Einrede des Zurückbehaltungsrechts gem. § 273 BGB. Dabei muss man im Auge behalten, dass grundsätzlich eine Zurückbehaltung bzw. Leistungsverzögerung unberechtigt ist, wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch des Gläubigers gegeben sind und der Schuldner keine Hinderungsgründe vorbringen kann. Der Schuldner bleibt zur Leistung verpflichtet und kommt ggf. in Verzug. In bestimmten Ausnahmefällen ist es denkbar, dass der Schuldner seine Leistung zurückhalten darf, weil umgekehrt der Gläubiger seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist daher möglich, dass sich der Schuldner auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen kann.
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Das (allgemeine) Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB gewährt dem Schuldner ein Recht, seine Leistung zu verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt ist. Es kann grundsätzlich gegenüber Leistungen aller Art geltend gemacht werden, d. h. auch gegenüber sachenrechtlichen, familien- oder erbrechtlichen Ansprüchen (Palandt-Heinrichs, § 273 BGB, Rn. 2); eine Sonderregel besteht bei gegenseitigen Verträgen (§ 320 BGB). Im Handelsrecht ist das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht des § 369 HGB zu beachten, das auf die speziellen Bedürfnissse des kaufmännischen Rechtsverkehrs ausgerichtet ist und an die Voraussetzungen für ein Zurückbehaltungsrecht weniger Anforderungen knüpft und weitergehende Wirkungen hat als § 273 BGB. So ist u. a. für Forderungen aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft eine Konnexität nicht erforderlich (vgl. hierzu Baumbach/Hopt, § 369 HGB, Rnn. 1 ff.). Die zulässige Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts setzt zunächst eine Gegenseitigkeit (besser: Gegenläufigkeit) voraus. Das bedeutet, dass der Gläubiger einen schuldrechtlichen oder sachenrechtlichen Anspruch geltend macht und der Schuldner einen Gegenanspruch hat. Das Erfordernis einer Gegenläufigkeit der Forderungen ist nicht zu verwechseln mit einer Gegenseitigkeit der Forderungen. Diese müssen nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stehen; § 273 BGB gilt nicht für die in einem Austauschverhältnis stehenden Leistungen bei gegenseitigen Verträgen. Weiterhin muss die Gegenforderung des Schuldners fällig und vollwirksam sein. Ist der Gegenanspruch noch nicht fällig, dann kann der Schuldner nicht zurückbehalten, sondern muss dann zu einem späteren Zeitpunkt seinen Anspruch geltend machen und notfalls Klage erheben. Diese Voraussetzung beinhaltet auch, dass dem Anspruch (des Schuldners) keine Einreden (des Gläubigers) entgegenstehen dürfen. Die Zurückbehaltung einer Leistung ist nach § 215 BGB auch mit einer bereits verjährten Gegenforderung möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass die Verjährung noch nicht eingetreten war, als der Anspruch des Gläubigers entstand, d. h. beide Forderungen müssen sich einmal vollgültig gegenüber gestanden haben. Außerdem muss zwischen beiden Ansprüchen eine Konnexität bestehen. Unter Konnexität versteht man das Erfordernis, dass der Anspruch des Gläubigers und der Gegenanspruch des Schuldners auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen müssen. Es ist aber nicht erforderlich, dass die beiderseitigen Ansprüche in demselben Vertrag oder Schuldverhältnis ihre Grundlage haben. Nach der Rspr. soll es ausreichen, dass ein „einheitlicher Lebensvorgang" vorliegt, d. h. die beiden Ansprüche in einem „inneren, natürlichen bzw. wirtschaftlichen Zusammenhang" stehen (BGHZ 47, 157, 167; Palandt-Heinrichs, § 273 BGB, Rnn. 9 ff. m.w.N.). So besteht eine Konnexität beispielsweise bei Ansprüchen aus ständigen Geschäftsbeziehungen, sofern die verschiedenen Verträge wegen ihres zeitlichen oder sachlichen Zusammenhangs als eine natürliche Einheit erscheinen.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Als Kurzformel für die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts kann man sich merken: Gegenseitigkeit, Fälligkeit, Konnexität. Einen besonderen Fall der Konnexität regelt § 273 Abs. 2 BGB. Danach steht dem Besitzer einer Sache ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem dinglichen Herausgabeanspruch zu, wenn er Verwendungen auf den Gegenstand gemacht hat oder wenn ihm durch diesen ein Schaden entstanden ist. So kann beispielsweise der Finder eines Hunds ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers wegen der Fütterungskosten (vgl. § 970 BGB) geltend machen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Herausgabepflichtige den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung (z.B. Diebstahl, Betrug) erlangt hat. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist die Ungleichheit des Inhalts von Forderung und Gegenforderung. Sind nämlich beide Forderungen gleichartig, kommt nur eine Aufrechnung in Betracht. Eine Zurückbehaltung von 500 € wegen eines Gegenanspruchs auf 500 € wäre genauso sinnlos wie ein auf einen solchen Leistungsaustausch lautendes Urteil. Schließlich darf die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nicht ausgeschlossen sein. Dieser Ausschluss kann einen vertraglichen oder gesetzlichen Grund haben. Ein vertraglicher Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts findet sich häufig in Mietverträgen, wobei allerdings die Vorschrift des § 556 b BGB zu beachten ist. Diese Vorschrift schützt das Zurückbehaltungsrecht des Wohnraummieters wegen einer Schadensersatzforderung sogar gegen einen individualrechtlichen Anspruch. Generell verboten ist der Ausschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. § 309 Nr. 2 b BGB). Für den kaufmännischen Rechtsverkehr ist dies grundsätzlich zulässig, es sei denn, es handelt sich um unbestrittene, rechtskräftig festgestellte oder entscheidungsreife Forderungen (BGHZ 92, 312,316). Das Zurückbehaltungsrecht ist im Übrigen ausgeschlossen kraft gesetzlicher Anordnung, aus der Natur des Schuldverhältnisses heraus oder wenn dies rechtsmissbräuchlich wäre. So verbieten beispielsweise die §§ 570, 578, Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB dem Mieter oder Pächter ein Zurückbehaltungsrecht gegen den auf Rückgabe seines Grundstücks klagenden Vermieter (Verpächter), denn bei Grundstücksmiet- oder -Pachtverträgen steht der Gegenanspruch des Mieters (Pächters) in keinem Verhältnis zum Wert der Mietsache. Die Vorschrift des § 175 BGB verbietet die Zurückbehaltung der Vollmachtsurkunde; diese ist nach Erlöschen der Vollmacht stets zurückzugeben, um einem Missbrauch vorzubeugen. Das Zurückbehaltungsrecht ist ferner ausgeschlossen, wenn eine Aufrechnung nicht zulässig wäre, da sonst eine „verschleierte Aufrechnung" vorliegen würde (Klunzinger, S. 208). Dies gilt insbesondere für die Zurückbehaltung gegenüber unpfändbaren Ansprüchen, soweit § 394 BGB (§§ 850 ff. ZPO) diese gegen eine Aufrechnung schützt. Eine Unzulässigkeit der Zurückbehaltung wegen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hierzu zählen beispielsweise die Zurückbehaltung einer sehr wertvollen Leistung gegenüber einer relativ unbedeutenen Gegen-
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forderung oder wenn der Zurückbehaltende seine Gegenforderung schon anderweitig (z. B. durch Bankbürgschaft) gesichert hat (Medicus, SchuldR AT, Rn. 217). Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB bewirkt ein Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners (kein Befriedigungsrecht; anders als im Fall des § 1003 BGB). Der Verzug wird dadurch ausgeschlossen. Er muss allerdings zur Vermeidung des Verzugs leisten, wenn der Gläubiger Sicherheit (§§ 232 ff. BGB) leistet (ausgenommen durch Bürgschaft, § 273 Abs. 3 BGB). Erhebt der Gläubiger Klage, dann führt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nicht zur Abweisung der Klage, sondern zur Verurteilung Zug um Zug gegen Empfang der Gegenleistung (vgl. § 274 Abs. 1 BGB). dd. Einrede des nichterfüllten Vertrags Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB ist von dem besonderen Fall der Leistungsverweigerung nach § 320 BGB zu unterscheiden. Ein Zurückbehaltungsrecht besonderer Art in Form einer Einrede des nichterfüllten Vertrags (§ 320 BGB) kann dem jeweiligen Schuldner in einem gegenseitigen Vertrag bezüglich der Leistungspflichten zustehen. Hier stehen die geschuldeten Leistungen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis (z. B. beim Kauf). Wegen der besonderen Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung soll gewährleistet sein, dass kein Vertragspartner die Leistung erbringen muss, ohne gleichzeitig die Gegenleistung zu erhalten. Durch die Einrede nach § 320 BGB kann die Erfüllung der Leistung solange verweigert werden, bis der andere Teil die von ihm versprochene Leistung erbracht hat. Beispiel: Der Verkäufer kann die Auslieferung der Ware verweigern, solange der Käufer den Kaufpreis nicht entrichtet. Der Käufer kann die Einrede nach § 320 auch geltend machen, wenn der Verkäufer ein Recht auf Nacherfüllung nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB hat, d.h. der Käufer Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache verlangt. Dieser Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB ist kein Gewährleistungsanspruch. Es handelt sich vielmehr um den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aus § 433 Abs. 1 BGB. Die Einrede nach § 320 BGB kann allerdings von demjenigen nicht mehr erhoben werden, der zur Vorleistung verpflichtet ist, sei es aus Vertrag, kraft Gesetzes (z. B. §§ 579, 614, 641 BGB) oder aus der Natur des Schuldverhältnisses heraus. Um die Vereinbarung einer „Vorleistung" handelt es sich z. B. beim Teilzahlungsgeschäft. Der Verkäufer einer Sache erklärt sich bereit, die Kaufsache sofort zu übergeben. Der Käufer erhält den Besitz (und eine Anwartschaft auf das Eigentum) sofort. Er braucht den Kaufpreis nur in Raten zu zahlen; auf § 320 BGB kann sich der Verkäufer nicht berufen.
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III. Schuldrecht - Allgemeiner Teil
Der Verkäufer hat allerdings die Möglichkeit, sich durch Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts eine gewisse Sicherheit zu verschaffen. Wird z. B. „Kasse gegen Faktura" oder „Zahlung (Kasse) gegen Dokumente" vereinbart, bedeutet das ebenfalls eine Vorleistungspflicht des Käufers (Palandt-Heinrichs, § 320 BGB, Rn. 16). Zu beachten ist § 321 BGB, wenn sich die Vermögensverhältnisse des anderen Vertragspartners nach Vertragsabschluss wesentlich verschlechtern und dadurch der Gegenanspruch gefährden ist. Der Unterschied zum (allgemeinen) Zurückbehaltungsrecht besteht darin, dass die Einrede des nichterfüllten Vertrags nicht durch eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abwendbar ist, da nicht der Sicherungszweck, sondern die Erzwingung der Gegenleistung im Vordergrund steht. Das bloße objektive Bestehen dieses Leistungsverweigerungsrechts verhindert den Eintritt des Schuldnerverzuges; der Schuldner braucht diese Einrede (anders im Fall des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB) zur Verhinderung des Verzugseintritts nicht geltend zu machen (Palandt-Heinrichs, § 320 BGB, Rn. 12). Im Falle eines Prozesses muss die Einrede allerdings erhoben werden, um eine uneingeschränkte Verurteilung zu vermeiden. Nach § 215 BGB begründen auch verjährte Ansprüche dann die Einrede nach § 320 BGB, wenn die Verjährung noch nicht eingetreten war, als der Gegenanspruch des Gläubigers entstand.
ee. Einrede der Vorausklage Wichtig ist letzlich noch die Einrede der Vorausklage des Bürgen nach § 771 BGB. Danach kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat. Der Bürge haftet grundsätzlich nur subsidiär, d. h. nur dann, wenn beim Hauptschuldner „nichts mehr zu holen ist". Dadurch wird der Wert einer Bürgschaft (für den Gläubiger) erheblich gemindert, insbesondere wenn man das langwierige und kostenaufwändige Procedere eines Klageverfahrens mit anschließender Zwangsvollstreckung bedenkt. In der Praxis wird deshalb häufig von einem Bürgen der Verzicht auf die Einrede der Vorausklage verlangt. Man spricht dann von einer selbstschuldnerischen Bürgschaft (vgl. § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Im Übrigen ist die Einrede der Vorausklage nach § 773 Abs. 1 Nrn. 2-4 BGB in den Fällen ausgeschlossen, in denen von Anfang an beim Schuldner eine Zwangsvollstreckung offensichtlich zwecklos ist; hier kann sich der Gläubiger sofort bei Fälligkeit an den Bürgen halten (Merkvers: Einen Bürgen soll man würgen). Zu beachten ist, dass einem Kaufmann i.S.v. §§ 1 ff. HGB die Einrede der Vorausklage gem. § 349 HGB nicht zusteht.
IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
1. Übersicht über die wesentlichen Vertragsarten des Schuldrechts Der Besondere Teil des Schuldrechts ist in den §§ 433-853 BGB geregelt. Hier wird auf die einzelnen Schuldverhältnisse speziell eingegangen. Dabei versuchte der Gesetzgeber, die wichtigsten und häufigsten schuldrechtlichen Beziehungen vorsorglich für den Fall zu regeln, dass die Parteien keine speziellen Vereinbarungen treffen. Den Parteien sollten damit aber nicht bestimmte (gesetzgeberische) Interessen, die sich an dem Normalfall orientieren, aufgedrängt werden. Die meisten Vorschriften über vertragliche Schuldverhältnisse sind daher dispositiv. Sie können von den Parteien durch anderweitige Vereinbarungen abgeändert werden, d. h. sie stehen „zur Disposition der Parteien". Dies geschieht in der Praxis auch häufig durch die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ausnahmen von der grundsätzlichen Disposivität der schuldrechtlichen Vorschriften bestehen bei den speziellen verbraucherschützenden Vorschriften oder im Wohnungsmietrecht. Die ebenfalls im Besonderen Teil des Schuldrechts enthaltenen gesetzlichen Schuldverhältnisse beruhen nicht auf einer Willenserklärung bzw. Willensübereinstimmung, sondern entstehen „kraft Gesetzes", sobald die rein objektiven Voraussetzungen bestimmter Tatbestandsmerkmale erfüllt werden; hierzu zählen insbesondere die Geschäftsführung ohne Auftrag, die ungerechtfertigte Bereicherung und die unerlaubte Handlung. Schuldverhältnisse findet man aber nicht nur im Schuldrecht, sondern auch in den anderen Büchern des BGB, z. B. im Sachenrecht (Ansprüche aus einem Eigentümer-BesitzerVerhältnis), im Familienrecht (Unterhaltsansprüche nach §§ 1601 ff. BGB oder die Zugewinnausgleichsansprüche eines Ehegatten gegen den anderen) oder auch im Handels- und Gesellschaftsrecht. Im Besonderen Teil des Schuldrechts sind die wesentlichen Vertragsarten geregelt. Die vielfältigen Vertragsarten weisen dabei eine Reihe von Gemeinsamkeiten, aber auch erhebliche Unterschiede auf. Der am häufigsten im Rechtsverkehr vorkommende Vertragstyp ist der Kaufvertrag der im Besonderen Teil des Schuldrechts gleich zu Beginn in den §§ 433479 BGB geregelt ist. Darunter versteht man (vereinfacht) den Austausch eines Kaufgegenstands gegen Entgelt auf Dauer.
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Im Unterschied dazu verpflichten sich die Parteien bei einem Tausch zum dauerhaften Austausch von Sachen oder Rechten (vgl. § 480 BGB). Bei der Schenkung (§§ 516 ff. BGB) erfolgt hingegen die Hingabe eines Gegenstands auf Dauer ohne eine Gegenleistung (i. d. R. Entgelt). Demgegenüber bedeutet Miete die Überlassung einer Sache auf Zeit gegen Entgelt (§§ 535 ff. BGB). Im Verhältnis zur Miete ist die Pacht die Überlassung einer Sache (auch Rechte oder Sachgesamtheiten) gegen Entgelt zum Gebrauch, mit der Berechtigung, die Früchte aus dem Gegenstand zu ziehen (§§ 581 ff. BGB). Erfolgt die Überlassung einer Sache unentgeltlich zum Gebrauch für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit, so spricht man von einer Leihe (§§ 598 ff. BGB). Im täglichen Sprachgebrauch wird häufig (juristisch unkorrekt) von einem „Leihwagen" gesprochen, obwohl es sich hierbei um Miete handelt. Durch einen Darlehensvertrag nach §§ 488 ff. BGB wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das geschuldete Darlehen zurückzuzahlen. Handelt es sich auf Seiten des Darlehensgebers um einen Unternehmer (§14 BGB) und auf Seiten des Darlehensnehmers um einen Verbraucher (§13 BGB), gelten zusätzlich besondere Vorschriften (vgl. §§ 491 ff. BGB - Verbraucherdarlehensvertrag; es handelt sich im Wesentlichen um die - im BGB implementierten - Vorschriften des (früheren) Verbraucherkreditgesetzes). Hiervon zu unterscheiden ist der Sachdarlehensvertrag (§ 607 BGB). Durch einen Sachdarlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache (§91 BGB) zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet. Im Gegensatz zur Leihe muss nicht dieselbe Sache zurückgewährt werden, sondern eine andere gleiche Sache. Die zusätzliche Vereinbarung eines Entgelts kann, muss aber nicht getroffen werden. Beispiel: A bittet seinen Wohnungsnachbarn, „er möge ihm doch fünf Eier leihen", da er einen Kuchen für eine Feier backen möchte. In rechtlicher Hinsicht kommt hier ein sog. Sachdarlehensvertrag nach § 607 BGB zustande. Der Dienstvertrag beinhaltet eine Tätigkeit gegen Entgelt (§§ 611 ff. BGB). Hauptbeispiele sind i. d. R. der Arztvertrag, der Vertrag mit einem freien Mitarbeiter oder das Arbeitsverhältnis mit Angestellten. Demgegenüber wird beim Werkvertrag ein „Erfolg" gegen Entgelt geschuldet (§§ 631 ff. BGB). Im Gegensatz zum Dienstvertrag steht nicht die Leistung von „Diensten" im Vordergrund, sondern das Erreichen eines bestimmten „Erfolgs", z. B. der Bauplan beim Architektenvertrag, die Zahnprothese beim Zahnarztvertrag,
1. Übersicht über die wesentlichen Vertragsarten des Schuldrechts
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das Bauwerk beim Bauunternehmervertrag oder die Reparatur bei einem Vertrag mit einem Handwerker. Verpflichtet sich allerdings jemand mittels vertraglicher Absprache zum unentgeltlichen Tätigwerden, liegt ein Auftrag vor (§§ 662 ff. BGB). In der Umgangssprache wird fälschlicherweise von einem Auftrag gesprochen, wenn damit die Übernahme einer entgeltlichen Tätigkeit gemeint ist. Auf einen Dienstvertrag oder Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, findet in weiten Teilen das Auftragsrecht Anwendung (§ 675 BGB). Der Begriff „Geschäftsbesorgung" ist allerdings enger auszulegen als in § 662 BGB „Geschäft zu besorgen". Es muss sich um eine „selbstständige Tätigkeit" wirtschaftlichen Charakters im Interesse eines anderen handeln, die innerhalb einer fremden wirtschaftlichen Interessensphäre wahrgenommen wird, z. B. das Mandat eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters. Ohne diese Einschränkung wäre bei jedem Dienst- oder Werkvertrag auch Auftragsrecht anwendbar. Der Überweisungsvertrag (§§ 676 a-c BGB) zählt neben dem Zahlungsvertrag (§§ 676 d-e BGB) und dem Girovertrag (§§ 676 f-g BGB) zum Bankvertragsrecht. Durch den Überweisungsvertrag verpflichtet sich das (überweisende) Kreditinstitut gegenüber dem Überweisenden, dem Begünstigten einen bestimmten Geldbetrag zur Gutschrift auf dessen Konto beim überweisenden Kreditinstitut zur Verfügung zu stellen. Durch den Verwahrungsvertrag verpflichtet sich der Verwahrer, eine ihm vom Hinterleger übergebene Sache aufzubewahren (§§ 688 ff. BGB). Die Bürgschaft ist ein Vertrag, durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen (§§ 765 ff. BGB). Die Bürgschaft ist vor allem ein Mittel zur Kreditsicherung, und zwar in Form eines Personalkredits. Der Vergleich ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (§ 779 Abs. 1 BGB). Bei Vertragsabschlüssen ist man - wie erwähnt - aber nicht auf die gesetzlich vorgezeichneten Vertragsarten beschränkt, da im Schuldrecht im Wesentlichen Vertragsfreiheit besteht. Die Vertragsparteien können von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen, sofern sie die Schranken der §§ 134, 138 BGB oder der §§ 305 ff. BGB nicht überschreiten; sie können also umfassend von den gesetzlichen Vertragstypen abweichen. Es ist somit auch möglich, die gesetzlich vorgegebenen Vertragsarten zu kombinieren. Solche gemischten Verträge sind recht häufig anzutreffen. Hierzu gehört u. a. der sog. Bierlieferungsvertrag. Dieser Vertrag beinhaltet eine Verpflichtung zum langfristigen und ausschließlichen Bezug von dem Vertragspartner. Er ist meist kombiniert mit der Vergabe von Darlehen oder der Einräumung von sonstigen Vergünstigungen. Beispielhaft erwähnt sei auch der Beherbergungsvertrag. Dieser Vertrag enthält die Vertragselemente von Miete, Dienstleistung, Werkvertrag und u. U. auch Kaufvertrag. Letztlich stellt
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
auch der Automatenaufstellvertrag eine Kombination von miet-, darlehens- und gesellschaftsrechtlichen Elementen dar. Es können aber auch neue Vertragstypen geschaffen werden. Zu diesen „neu geschaffenen" Vertragstypen (auch Verträge „eigener Art" bzw. Verträge „sui generis") zählen beispielsweise der Leasingvertrag, der Factoringvertrag, das Franchising, der Baubetreuungsvertrag oder der Garantievertrag (ausführlicher zu „typengemischten und typenfremden Verträgen", Medicus, SchuldR BT, Rnn. 585 ff., Rnn. 596 ff.; ders. BR Grundwissen, Rnn. 79 ff.).
2. Kaufvertrag a. Charakter, Gegenstand und Zustandekommen Der Kaufvertrag zählt zu den am häufigsten vorkommenden Rechtsgeschäften. Dieser ist ein auf die dauernde Überlassung einer Sache, eines Rechts oder eines „sonstigen Gegenstands" gerichteter, gegenseitiger schuldrechtlicher Vertrag. In der Umgangssprache sind unter einem „ Kauf" alle Vorgänge von den Vertragsverhandlungen bis zur Übergabe bzw. Rechtsverschaffung zu verstehen. In rechtlicher Hinsicht ist jedoch genau zwischen dem Verpflichtungsgeschäft, d. h. dem Kaufvertrag und dessen Erfüllung, d. h. dem Verfügungsgeschäft, zu unterscheiden. Verfügungsgeschäfte sind vor allem die Einigung und Übergabe einer (beweglichen) Sache nach den §§ 929 ff. BGB, die Einigung (Auflassung) und Eintragung bei Grundstücken (§§ 873, 925 BGB) sowie die Abtretung bei Forderungen bzw. Rechten (§§ 398, 413 BGB). Es ist nicht erforderlich, dass der Verkäufer Eigentümer der Sache oder Inhaber des Rechts ist. So ist es durchaus möglich, dass jemand gestohlene Sachen verkauft; ob derjenige den Kaufvertrag auch erfüllen kann, ist eine andere Frage. Es gilt hier weiter das Trennungs- und Abstraktionsprinzip zwischen dem Kaufvertrag als schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft und den Verfügungsgeschäften (Trennungsprinzip), die in ihrer Wirksamkeit grundsätzlich unabhängig voneinander sind. Gegenstand eines Kaufvertrags nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB sind zunächst alle beweglichen und unbeweglichen Sachen (§ 90 BGB). Wegen des Anspruchs auf Mängelfreiheit einschließlich des Nacherfüllungsanspruchs (§§ 433 Abs. 1 S. 2, 439 BGB) ist die bisherige differenzierte Regelung zwischen Spezies- und Gattungskäufen (§§ 480 ff. BGB) entfallen, so dass die §§ 433 ff. BGB für beide gelten; unberührt bleiben die §§ 243 Abs. 2, 300 Abs. 2 BGB. Nach § 453 Abs. 1 BGB finden diese Vorschriften eine entsprechende Anwendung auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen. Der Rechtskauf umfasst den Forderungskauf, den Kauf von GmbH-Anteilen, Wertpapieren, gewerblichen Schutzrechten oder Grundpfandrechten. Unter „sonstigen Gegenständen" sind
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darüber hinaus - der bisherigen Rspr. folgend - alle verkehrsfähigen Güter zu verstehen. Hierzu zählen z.B. Kaufverträge über Gewinnchancen, technisches Knowhow, Werbeideen, Domainadressen, Strom und Wärme, Standardsoftware, freiberufliche Praxen von Ärzten, Rechtsanwälten oder Steuerberatern und vor allem Unternehmen (Palandt-Putzo, § 433 BGB, Rn. 8; Büdenbender, in Dauner-Lieb/ Heidel/Lepa/Ring, SchuldR, § 453 BGB, Rn. 3 m.w.N.). Mit der Vorschrift des § 453 BGB sind die bisherigen Sonderregeln für kaufähnliche Verträge entbehrlich (§§ 445, 493 BGB a.R). § 452 BGB erstreckt die Geltung des besonderen Kaufrechts für Immobilien (§§ 435 S. 2,436,442 Abs. 2,448 Abs. 2 BGB) auch auf den Schiffskauf. Das Kaufrecht gilt auf Grund einer besonderen Verweisung auch für Tauschverträge (§ 480 BGB). Unter einem Tauschvertrag versteht man einen gegenseitigen Vertrag, in dem sich die Parteien zum Austausch von Sachen und rechten verpflichten. Im Unterschied zum Kaufvertrag wird also keine Kaufpreiszahlung vereinbart. Weiterhin gelten die Vorschriften für Verträge, die die Lieferung einer noch herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sache zum Gegenstand haben (§ 651 S. 1 BGB). Damit ist die komplizierte Unterscheidung in § 651 BGB a.F. zwischen der Herstellung vertretbarer oder nicht vertretbarer Sachen infolge der Annäherung des Kauf- und Werkvertragrechts, insbesondere durch den gesetzlichen Nachbesserungsanspruch im Kaufrecht, grundsätzlich entbehrlich geworden. Soweit nicht vertretbare Sachen in Rede stehen, werden aber einige Vorschriften des Werkvertragsrechts für zusätzlich anwendbar erklärt (§ 651 Abs. 1 S. 2 BGB), z. B. bei den Mitwirkungspflichten des „Bestellers". Der Kaufvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Diesbezüglich gelten die §§ 145 ff. BGB. Erforderlich ist eine Einigung über die „essentialia negotii" des Kaufvertrags, d. h. Parteien, Kaufgegenstand und Preis. Darüber hinaus können die Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit noch weitere Vereinbarungen über Leistungsort, Leitungszeit sowie über die Haftung treffen. Für den Verbrauchsgüterkauf, also für Kaufverträge zwischen Unternehmern als Verkäufer und Endverbrauchern als Käufer (§§ 13, 14 BGB), gelten Sonderregeln in den §§ 474 ff. BGB, die zugleich auch den Rückgriff zwischen Unternehmern in der Lieferkette erfassen. Die Bestimmungen im Allgemeinen Teil des BGB über Willenserklärungen, Geschäftsfähigkeit oder Stellvertretung sind ebenfalls zu beachten. Grundsätzlich ist ein Kaufvertrag formfrei wirksam. Grund hierfür ist vor allem eine Erleichterung des Warenumsatzes. In bestimmten Fällen ist vom Gesetzgeber die Einhaltung einer bestimmten Form vorgeschrieben. So ist z.B. die notarielle Beurkundung - zum Schutz vor Übereilung und Gelegenheit zur sachverständigen Aufklärung durch den Notar und der Beweissicherung - erforderlich bei einem Kaufvertrag über ein Grundstück (§ 311b Abs. 1 BGB) oder beim Erbschaftskauf (§ 2371 BGB).
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
b. Pflichten des Verkäufers aa. Sachkauf Nach § 433 Abs. 1 BGB ist der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Eine Sache übergeben bedeutet die Verschaffung der tatsächlichen Sachherrschaft (Besitz, § 854 BGB, wobei die Erlangung mittelbaren Besitzes gem. § 868 BGB ausreicht). Der Verkäufer verschafft dem Käufer Eigentum, in dem er Handlungen vornimmt, die zum Eigentumserwerb führen. Diese Handlungen sind je nach Kaufgegenstand unterschiedlich. Die Pflicht zur Verschaffung des Eigentums erfüllt der Verkäufer bei beweglichen Sachen durch Einigung und Übergabe nach den §§ 929 ff. BGB und bei Grundstücken durch Auflassung und Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch (§§ 873, 925 BGB). Übereignung bedeutet also die Verschaffung der rechtlichen Sachherrschaft über eine Sache (§ 903 BGB, Art. 14 GG). Beim Rechts- oder Forderungskauf erfolgt die Erfüllung durch Abtretung nach § 398 BGB (beachte: § 413 BGB). Sonstige Vermögenswerte Güter, z.B. Knowhow, Geschäftsgeheimnisse, überträgt der Verkäufer durch rein tatsächliche Handlungen, die dem Käufer eine entsprechende Rechtsposition verschaffen (vgl. hierzu Jauernig-Berger, § 433 BGB, Rn. 19; § 453 BGB, Rn. 3, 13, 16). Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Lieferung einer mangelfreien Sache ist nun Gegenstand der Erfüllungspflicht. Damit ist der Theorienstreit zwischen der bisher herrschenden Gewährleistungstheorie, wonach für den Verkäufer (beim Sachkauf) eine solche Pflicht gerade nicht bestand und der Erfüllungstheorie zugunsten der letzteren entschieden worden (vgl. nur Lorenz/Riehm, Rn. 472 m. w. N.). Die verkaufte Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 Abs. 1 BGB) oder - falls es an einer Beschaffenheitsvereinbarung fehlt -, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 S. 2 BGB). Beispiele: Lieferung von ungenießbarem Bier; Lieferung eines PC mit defekter Festplatte; Lieferung eines defekten Fernsehers; Lieferung einer Maschine mit einer geringeren Leistungsfähigkeit als vereinbart. Der Verkäufer ist verpflichtet, die Sache frei von Rechtsmängeln zu liefern. Eine Sache ist nach § 435 S. 1 BGB frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Unter Rechte Dritter fallen zunächst die dinglichen Rechte (z. B. Hypothek), schuldrechtliche Rechte (z. B. Miet- oder Pachtrechte) oder öffentlichrechtliche Befugnisse (z. B. Veräußerungsverbote). Dagegen sind
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öffentlichrechtliche Beschränkungen, die aus Gründen des Gemeinwohls bestehen und vom Verkäufer nicht beseitigt werden können, insbesondere öffentlichrechtliche Baubeschränkungen, keine Rechtsmängel, sondern Sachmängel (BGH, NJW 1992, 1384(1385)). Beispiel: Eine auf dem verkauften Grundstück im Baulastenverzeichnis eingetragene Baulast eines Dritten stellt einen Rechtsmangel dar, der zur Anwendung der Mängelrechte führt. Das bedeutet, dass ein Käufer zunächst einen Anspruch auf Nacherfüllung nach §§ 439 Abs. 1, 437 Nr. 1, 435 BGB hat. Da eine Nachlieferung wegen der Einzigartigkeit des Grundstücks unmöglich ist, kommt nur ein Anspruch auf Nachbesserung in Betracht, d. h. der Verkäufer muss versuchen, eine Löschung der Grunddienstbarkeit zu erreichen. Nach ergebnislosem Ablauf der gesetzten Nachfrist kommen Rücktritt und Minderung in Betracht. Ein Rechtsmangel liegt auch vor, wenn im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das nicht besteht (§ 435 S. 2 BGB). Zwar besteht in diesen Fällen des § 435 S. 2 BGB kein Recht eines Dritten, das den Käufer beeinträchtigen könnte. Diese „Buchrechte", d.h. eingetragene, aber nicht bestehende Rechte sollen einem Rechtsmangel gleichgestellt werden. Zwar beeinträchtigen sie die Rechtsposition des Käufers nicht unmittelbar, allerdings können sie ihn bei der Verfügung über ein Grundstück behindern und bergen die Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs in sich mit der Folge, dass das eingetragene Recht tatsächlich entsteht. Ein Rechtsmangel wird nach wie vor objektiv verstanden. Es kommt nicht darauf an, ob das Recht des Dritten den Käufer (tatsächlich) bei der gewöhnlichen oder der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung beeinträchtigt oder nicht. Dies entspricht im Wesentlichen der bisherigen Rechtslage. Mit der grundsätzlichen Gleichstellung von Sach- und Rechtsmängeln in Bezug auf die Rechtsfolgen sind Abgrenzungsprobleme im Prinzip bedeutungslos geworden, z. B. in Bezug auf öffentlichrechtliche Baubeschränkungen bei einem als Bauland verkauften Grundstück, die von der Rspr. (ergebnisorientiert) als Sachmangel i. S. d. §§ 459 ff. BGB a. F. qualifiziert worden sind (vgl. BGHZ 67, 134 (136)). Für öffentliche Lasten enthält § 436 BGB eine spezielle Regelung. Der Verkäufer eines Grundstücks haftet nach § 436 Abs. 2 BGB nicht für die Freiheit des Grundstücks von anderen öffentlichen Abgaben und von anderen öffentlichen Lasten, die zur Eintragung in das Grundbuch nicht geeignet sind; dies gilt jedoch nicht für Baulasten (Palandt-Putzo, § 436 BGB, Rn. 11). Die praktische Bedeutung in Bezug auf Baulasten ist jedoch gering, da es in notariellen Grundstückskaufverträgen üblich ist, die Risikoverteilung für das etwaige Vorhandensein von Baulasten ausdrücklich zu regeln. Die Sach- und Rechtsmängelfreiheit gehört zur Hauptleistungspflicht des Verkäufers. Die Lieferung einer mangelhaften Sache ist daher keine Erfüllung. Der Käufer kann also die Annahme verweigern, ohne in Annahmeverzug zu geraten; zudem steht ihm nach § 320 BGB die Einrede des nicht erfüllten Vertrags zu. Die weiteren Rechte ergeben sich aus § 437 BGB, mit der teilweise auf die allgemeinen
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Vorschriften zum Rücktritt (§§ 323 ff. BGB) und zum Schadensersatz (§§ 280 ff. BGB) verwiesen wird. Soweit in § 437 BGB auf die allgemeinen Vorschriften des Leistungsstörungsrechts verwiesen wird, hat der Gesetzgeber die Sachmängelvorschriften in das allgemeine Leistungsstörungsrecht integriert. Dies ist konsequent, da die Lieferung einer mangelhaften Sache eine Nichterfüllung der Verkäuferpflicht ist (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) und diese Nichterfüllung eine Pflichtverletzung i. S. v. § 280 BGB bzw. eine nicht vertragsgemäße Leistung nach § 323 BGB darstellt. Die Nebenpflichten des Verkäufers ergeben sich aus dem Gesetz oder durch Vertragsauslegung unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§§ 133,157,242 BGB, vgl. auch § 241 Abs. 2 BGB), z. B. zur Verpackung, Versendung oder Versicherung der Ware, zur Aufklärung, Beratung, Warnung, Vorhalten von Ersatzteilen oder Lieferung einer Betriebsanleitung. Der Gesetzgeber hat von einer Kodifikation sog. leistungsbezogener Nebenpflichten, z. B. die Verpflichtung des Verkäufers einer EDV-Anlage zur Lieferung eines Benutzerhandbuchs, abgesehen, da sich deren Umfang und Ausgestaltung nach dem Einzelfall bestimmt. Nicht leistungsbezogene Nebenpflichten, etwa die Verpflichtung des Verkäufers, den Käufer an sonstigen Rechtsgütern nicht zu schädigen (z.B. Schutz- und Obhutspflichten), sind generalklauselartig in § 241 Abs. 2 BGB erfasst. Diese Unterscheidung ist aus haftungsrechtlicher Sicht relevant. Die Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten begründet nur einen Anspruch auf Ersatz des daraus resultierenden Schadens (§§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB). Anspruch auf Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung bzw. Rücktritt kommt bei diesen nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 282, 324 BGB in Betracht. bb. Rechtskauf Beim Rechtskauf finden nach § 453 BGB die Vorschriften zum Sachkauf entsprechend Anwendung. Danach ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer das Recht mangelfrei zu verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben (§ 453 Abs. 3 BGB). Die Pflicht zur mangelfreien Verschaffung bedeutet grundsätzlich nur die Freiheit von Rechtsmängeln, da das verkaufte Recht als solches keinen Sachmangel haben kann (vgl. hierzu Brox/Walker, SchuldR BT, § 2, Rnn. 11 ff.). Beim Rechtskauf, insbesondere beim Forderungskauf, gehört die Realisierung der Forderung bzw. die Werthaltigkeit des Rechts nicht zu deren „gewöhnlicher Beschaffenheit" i. S.d. objektiven Fehlerbegriffs, so dass trotz der Aufhebung der in § 437 BGB a. F. enthaltenen Regelung eine Bonitätshaftung des Verkäufers einer Forderung oder eines Rechts nur bei besonderer Vereinbarung in Betracht kommt (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 485 m. w. N.). Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/ 6040, S. 242) ergibt sich hierzu nichts, so dass es im Ergebnis auf die Rspr. ankommen wird. Die Vorschrift des § 437 BGB a. F. enthielt eine verschuldensunabhängige Veritätshaftung, d. h. der Verkäufer einer Forderung, die nicht bestand, haftete nach den Grundsätzen zur Garantiehaftung für deren Bestand auf Schadensersatz
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nach §§ 440, 320 ff. BGB a.F. Wegen § 453 Abs. 1 BGB ist ein Bedürfnis für diese Regelung entfallen. In der Praxis werden sich keine wesentlichen Änderungen ergeben, da sich z.B. Factoringbanken und Leasinggeber üblicherweise nach der Durchsetzbarkeit von Forderungen erkundigen. Beim Unternehmenskauf kommt der Unterscheidung zwischen dem Kauf von Anteilen („share deal") und dem Kauf der einzelnen Wirtschaftsgüter („asset deal") nach wie vor Bedeutung zu, wobei hier regelmäßig detaillierte vertragliche Vereinbarungen getroffen werden. c. Pflichten des Käufers Nach § 433 Abs. 2 BGB ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. Die Höhe des Kaufpreises bestimmt sich nach der Vereinbarung. Eine Regelung, wie z.B. im Werkvertrag nach § 632 Abs. 1 u. 2 BGB („taxmäßige" oder „übliche Vergütung"), existiert im Kaufrecht nicht. Preisänderungsvorbehalte in AGB für Waren, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsabschluss geliefert werden sollen, sind unwirksam (vgl. § 309 Nr. 1 BGB). Der Kaufpreis ist grundsätzlich in bar zu zahlen. Der Käufer hat dem Verkäufer also Geldscheine bzw. Geldstücke in der vereinbarten Höhe zu übereignen. In der Praxis ist jedoch weitgehend die bargeldlose Zahlung üblich. Der Verkäufer dokumentiert sein Einverständnis in der Angabe seiner Kontonummer auf der Rechnung oder der Auftragsbestätigung oder der Annahme von ec-Karten, Geld- oder Kreditkarten. Eine Erfüllung tritt grundsätzlich erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Verkäufers ein. Entsprechendes gilt bei der Hingabe eines Schecks oder eines Wechsels (§ 364 Abs. 2 BGB), so dass die bis dahin gestundete Kaufpreisforderung erst mit Einlösung erlischt. Der Käufer ist ferner verpflichtet, die Sache abzunehmen. Unter Abnahme versteht man die tatsächliche Entgegennahme des Kaufgegenstands, durch den der Verkäufer vom Besitz der Sache befreit wird (Palandt-Putzo, § 433 BGB, Rn. 43). Mit der Abnahme ist allerdings noch keine Billigung des Kaufgegenstands verbunden. Die Abnahmepflicht ist nach wie vor regelmäßig eine Nebenpflicht, es sei denn, sie wurde ausnahmsweise zur Hauptpflicht gemacht, z. B. wenn auf Seiten des Verkäufers - für den Käufer erkennbar - ein besonderes Bedürfnis an einer Lagerräumung bestand. Mit der Änderung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts hat die Charakterisierung als Haupt- oder Nebenpflicht an Bedeutung verloren. Während der Verkäufer bei Nichtabnahme nur in Ausnahmefällen, wenn die Abnahmepflicht als synallagmatische Hauptpflicht qualifiziert werden konnte, nach § 326 BGB a. F. vom Vertrag zurücktreten bzw. Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen konnte und im Übrigen Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur bei verzugsbedingtem Interessenfortfall in Betracht kamen (§ 286 Abs. 2 BGB a. F.), setzt § 323 BGB für den „Rücktritt wegen nicht erbrachter Leistung" nun nicht mehr
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voraus, dass die nicht erbrachte Leistung Gegenstand einer Hauptleistungspflicht ist (BT-Drs. 14/6040, S. 183); entsprechendes gilt für den Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB). Den Käufer treffen über die Abnahmeverpflichtung hinaus noch eine ganze Reihe von Nebenpflichten, die sich vereinzelt aus dem Gesetz ergeben (§ 448 BGB) oder aus der Vereinbarung unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und des Vertragszwecks aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. d. Gefahrtragung beim Kauf Nicht immer fallen der Abschluss eines Kaufvertrags und dessen Erfüllung zeitlich zusammen. Wird dem Verkäufer nach Abschluss des Kaufvertrags die Erfüllung infolge eines Umstands unmöglich, den weder er noch der Käufer zu vertreten hat, stellt sich die Frage, ob er gleichwohl die Gegenleistung verlangen kann. Der Verkäufer wird von seiner Leistungspflicht befreit (§ 275 Abs. 1 BGB) und unterliegt auch mangels eines Verschuldens keiner Schadensersatzpflicht (§ 280 BGB). Er verliert jedoch grundsätzlich seinen Anspruch auf die Gegenleistung nach §326 Abs. 1 S. 1BGB. Diese Regel wird im Kaufrecht durch spezielle Vorschriften (§§ 446, 447 BGB) modifiziert. Der Käufer bleibt in bestimmten Fällen zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet, ohne die Leistung zu erhalten. Dieses Risiko wird als Preisgefahr oder Gegenleistungsgefahr bezeichnet. Sie ist zu unterscheiden von der Leistungsgefahr, d. h. ob der Verkäufer (trotz des zufälligen Untergangs der Sache) weiterhin zur Leistung verpflichtet ist. Nach § 446 S. 1 BGB geht mit der Übergabe die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über; der Übergabe steht es gleich, wenn der Käufer im Verzug der Annahme ist. § 446 BGB betrifft den Fall, dass die Sache zwar übergeben worden, aber ein Eigentumsübergang noch nicht erfolgt ist, z. B. beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt. Mit dem Eigentumsübergang hätte der Verkäufer den Kaufvertrag nämlich vollständig erfüllt und der Käufer hätte als Eigentümer selbstverständlich das Risiko des zufälligen Untergangs zu tragen; das Problem der Gefahrtragung stellt sich dann nicht. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, den Verkäufer zu schützen. Nach der Übergabe hat er keine Möglichkeit mehr, Vorkehrungen gegen eine Gefährdung der Sache zu treffen. Beispiel: K kauft vom Antiquitätenhändler V eine wertvolle Vase. Da K die Vase nicht gleich voll bezahlen kann, behält sich V bei der Übergabe das Eigentum vor. Drei Tage später wird die Vase durch einen Brand in der Wohnung des K, der von niemand zu vertreten war, vollständig zerstört. Der Verkäufer ist hier nach § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht zur Verschaffung des Eigentums frei geworden. Grundsätzlich müsste er damit auch den Anspruch auf die Kaufpreiszahlung nach § 326 Abs. 1 BGB verlieren. Auf Grund der Sonderregelung in § 446 S. 1 BGB behält er aber den Anspruch auf die Kaufpreiszahlung, da die Gefahr mit der Übergabe auf den Käufer übergegangen ist.
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Ab Übergabe stehen dem Käufer auch die Nutzungen zu (§ 446 S. 2 BGB), so dass er auch das Risiko für Untergang und Verschlechterungen tragen soll. Eine Besonderheit gilt auch beim Versendungskauf nach § 447 BGB. Versendet der Verkäufer die Sache an einen anderen Ort als den Erfüllungsort (= Leistungsort), geht die Gefahr nicht erst mit der Übergabe auf den Käufer über, sondern bereits dann, wenn der Verkäufer die verkaufte Sache an eine ordnungsgemäß ausgesuchte Transportperson (z.B. Spedition, Deutsche Bahn, Deutsche Post) übergeben hat. Die Gefahr, dass durch den Transport die Kaufsache untergeht oder beschädigt wird, soll nicht den Verkäufer, sondern den Käufer treffen, da der Transport nicht mehr zu seiner Pflicht und seinem Verantwortungsbereich gehört, sondern nur auf Verlangen des Käufers veranlasst ist. Nach § 447 Abs. 1 BGB i.V. m. § 446 BGB geht allerdings nur die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Käufer über. Wie bei § 446 S. 1 BGB liegt kein Zufall vor, wenn den Verkäufer ein Verschulden trifft, z.B. bei unsachgemäßer Verpackung oder fehlerhafter Weisung an die Transportperson. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Transportpersonen daher auch keine Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) sind, deren Verhalten sich der Verkäufer wie ein eigenes zurechnen lassen muss. Die Vorschrift des § 447 BGB findet im Übrigen auch Anwendung, wenn die Versendung innerhalb derselben Stadt erfolgt („Platzgeschäft"), da der Erfüllungsort die Niederlassung oder die Wohnung des Schuldners ist. ,, , .. t Verkaufer
Kaufvertrag -=^
Kaufer
Transportvertrag
Transportunternehmer
Abb. IV.l. Versendungskauf Der Käufer ist wegen des Übergangs der Gegenleistungsgefahr zur Zahlung des Kaufpreises auch dann verpflichtet, wenn die Sache nach der Ablieferung verloren gegangen, zerstört oder beschädigt worden ist. Der Käufer kann gegen den Verkäufer in diesem Fall wegen der Transportschäden keine Rechte nach den §§ 434 ff. BGB geltend machen. Liegt ein Verschulden des Frachtführers vor, haftet dieser nach §§ 425,426 HGB für Güter- und Verspätungsschäden. Der Verkäufer ist als Absender zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs befugt, obwohl er auf Grund der (zufälligen) Schadensverlagerung keinen Schaden hat. Nach § 421 Abs. 1 S. 2 HGB kann auch der Käufer (als Empfänger der Sache) die Ansprüche aus dem Frachtvertrag im eigenen Namen geltend machen. Dies gilt (in dem praktisch seltenen Fall) dann nicht, wenn der Transport von einer Privatperson durchgeführt worden ist. In diesem Fall greifen aber zugunsten des Käufers die
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Grundsätze zur Drittschadensliquidation. Das bedeutet, dass der Verkäufer (der auf Grund der Gefahrtragungsregel des § 447 BGB keinen Schaden hat) den Schaden des Käufers (Kaufpreiszahlung ohne Erhalt der Leistung) gegenüber dem (nicht gewerblichen) „Transportunternehmer" ersetzt verlangen kann. Da der Käufer gegen den Transportunternehmer keine eigenen Ansprüche hat (§ 421 HGB greift nicht ein), steht ihm gegen den Verkäufer ein Leistungsverweigerungsrecht zu, da er den Kaufpreis nach §§ 320, 285 BGB nur Zug um Zug leisten muss gegen Abtretung der Anspruchs aus der Transportversicherung oder des Anspruchs gegen denjenigen, der für den Transportschaden verantwortlich ist oder auf Grund von Vertragsverletzungen des Frachtvertrags haftet.
Nach § 447 Abs. 2 BGB geht die Gefahr beim Verbrauchsgüterkauf erst mit der Übergabe der Sache auf den Verbraucher über. Das Transportrisiko im Versandhandel soll damit nicht beim Verbraucher liegen. e. Haftung für Sachmängel aa. Beschaffenheitsabweichung bei Gefahrübergang Die Vorschrift des § 434 BGB bestimmt im Einzelnen, wann die verkaufte Sache frei von Sachmängeln ist. Nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie im Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§ 445 BGB) die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Diese Vorschrift geht auf Art. 2 VerbrKfRL zurück (BT-Drs. 14/6040, S. 211). Eine Beweislastumkehr ist jedoch damit nicht verbunden. Der Käufer hat grundsätzlich das Vorliegen eines Sachmangels im Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu beweisen. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB kodifiziert damit den bisher im geltenden Recht maßgebenden „subjektiven Fehlerbegriff", in dem in erster Linie auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarung abgestellt wird. Auch dann, wenn ein Muster oder eine Probe vor oder bei Vertragsabschluss nicht nur zu Werbezwecken vorgelegen hat, sondern zur Darstellung und Festlegung der Eigenschaften der Kaufsache, ist die Beschaffenheit der Probe bzw. des Musters als Beschaffenheit der verkauften Sache vereinbart worden. Eine Abweichung von dem Muster oder der Probe stellt dann einen Sachmangel dar (BT-Drs. 14/6040, S. 212). Der Begriff „Beschaffenheit" ist nicht definiert. Der Gesetzgeber hat nicht entschieden, ob damit nur Eigenschaften erfasst werden, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften oder ob auch Umstände heranzuziehen sind, die „außerhalb" der Sache liegen (z.B. Mietertrag, Umsatz, Gewinn, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 213). In der Lit. wird überwiegend die Auffassung vertreten, den Beschaffenheitsbegriff in § 434 Abs. 1 S. 1 BGB an den Begriff der (zusicherungsfähigen) Eigenschaft nach § 459 Abs. 2 BGB, 463 BGB a. F. anzulehnen, da nach neuem Recht für eine einschränkende Definition des „Eigenschaftsbegriffs" in § 459 Abs. 2 BGB a. F. kein Raum mehr sei (Huber, in Huber/Faust, S. 202 ff.; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118 (123); Tonner/Echtermeyer, in: Kothe/Micklitz/Rott/Tonner/Willing-
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mann, § 434 BGB, Rn. 11; wohl auch Palandt-Putzo, § 434 BGB, Rnn. 14 ff.; anders wohl OLG Hamm, ZGS 2003, 394). Ist keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, kommt es auf der nächsten Stufe darauf an, dass sich die Sache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB). Die Gesetzesbegründung lässt offen, ob es sich dabei um eine echte vertragliche Vereinbarung oder um Vorstellungen der Parteien im Vorfeld des Vertrags handelt (BT-Drs. 14/6040, S. 213). Diese Regelung ist eine Art Auffangtatbestand, mit der Fälle erfasst werden sollen, bei welchen die Beschaffenheit zwar nicht konkret abgesprochen und damit Vertragsinhalt geworden ist, jedoch gleichsam im Vorfeld des Vertrags als selbstverständlich zugrunde gelegt wurde. Bringt z. B. der Käufer einer Yacht zum Ausdruck, dass er eine Atlantiküberquerung plant, so muss sie demnach entsprechend „hochseetauglich" sein. Ausreichend ist also eine konkludente Übereinstimmung. Einseitige Vorstellungen des Käufers, über die er mit dem Verkäufer keine Übereinstimmung erzielen konnte, reichen jedenfalls nicht aus. Hierfür spricht, dass die Vorschrift auf die „nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung" abstellt (vgl. auch Huber, in: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, S. 300 m. w. N.; Haas, in Haas/Medicus/Rolland/Schäfer, Kaufrecht, S. 188 ff.; Palandt-Putzo, § 434 BGB, Rn. 21). Auf der nächsten Stufe kommt es, wenn also eine Vereinbarung der Parteien nicht festzustellen ist, auf objektive Kriterien an. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB bestimmt, dass die Sache fehlerfrei ist, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und nicht diejenige Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Maßgebend ist der Erwartungshorizont eines „Durchschnittskäufers" (BT-Drs. 14/6040, S. 214). Den Vergleichsmaßstab bilden dabei Sachen der gleichen Art. So bestehen insbesondere Unterschiede zwischen neuen und gebrauchten Gegenständen, zwischen Gebrauchsartikeln des täglichen Lebens und Luxusartikeln und zwischen einem Einsatz unter normalen oder extremen Bedingungen. Beispiel: V verkauft an K einen gebrauchten Opel Vectra für 13 000 € . Bald nach der Übergabe stellt sich heraus, dass der Wagen sehr viel Öl verbraucht. Eine Überprüfung in einer Werkstatt ergibt, dass der Motor einen Riss aufweist. Liegt ein Sachmangel vor? Hier liegt ein Sachmangel vor, da nach der Verkehrsauffassung ein normal beanspruchter Opel Vectra, der zu diesem Preis verkauft wird, verkehrssicher und verkehrstüchtig ist und außer den üblichen altersbedingten Verschleißerscheinungen keine besonderen Mängel aufweist. Etwas anderes würde gelten, wenn es sich um ein Fahrzeug gehandelt hätte, das für 800 € verkauft worden wäre und zahlreiche Roststellen bzw. abgenutzte Sitzpolster aufweist. Darüber hinaus gehören nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB zur (üblichen) Beschaffenheit einer Sache auch die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen
Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 ProdhaftG) oder eines Gehilfen
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insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann. Damit wurde fast vollständig der Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 VerbrKfRL einschließlich der Ausnahmen übernommen (Lehmann, JZ 2000,280). Im Unterschied zur bisherigen Rechtslage bedeutet dies eine Erweiterung des Maßstabs, nach dem die übliche, vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit einer Sache festzustellen ist. Werbeaussagen erhalten damit also ein größeres Gewicht, als ihnen in Rspr. und Lit. bislang beigemessen wurde (Münch-Komm-Westermann, § 459 BGB, Rnn. 63 ff.); eine Verantwortlichkeit des Werbenden bestand bisher grundsätzlich nur im Rahmen von § 1 UWG. Praktische Bedeutung hat diese Erweiterung vor allem bei Äußerungen Dritter, etwa des Herstellers oder seines Gehilfen, da Werbeaussagen des Verkäufers ohnehin meist als Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB gewertet wurden (BGHZ, 132, 55; Bamberger/Roth-Faust, § 434 BGB, Rn. 75). Der Gesetzgeber sieht diese Regelung als gerechtfertigt an, da zum einen der Verkäufer der Nutznießer der Werbung ist, auf Grund derer ihm Kunden zugeführt werden, zum anderen soll der Käufer (nicht nur der Verbraucher) vor unrichtigen Werbeaussagen geschützt werden. Der Verantwortungsbereich des Verkäufers wird auch außerhalb von Verbrauchsgüterkäufen erheblich erweitert mit der Konsequenz eines größeren Käuferschutzes (BT-Drs. 14/6040, S. 214). Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um Werbeaussagen handelt, die sich auf bestimmte Eigenschaften der Sache beziehen. Grundsätzlich geht es um Werbeaussagen bzgl. der Haltbarkeit, Verträglichkeit, Wirkung oder des konkreten Nutzens eines Produkts. Im bisherigen Recht war eine Haftung des Verkäufers für solche Aussagen zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Es gab jedoch einige Fälle, in denen ein Sachmangel angenommen wurde, weil die Kaufsache nicht die in der Werbung versprochenen Eigenschaften hatte, etwa weil der Kraftstoffverbrauch eines gekauften Neuwagens über den Herstellerangaben lag (BGH, NJW 1997, 2590; Tonner/Echtermeyer, in Kothe/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, § 434 BGB, Rn. 19 m. w. N.). In diesen Fällen war es jedoch grundsätzlich so, dass die in den Prospekten enthaltenen Herstellerangaben vom Verkäufer in die Vertragsverhandlungen einbezogen worden waren und auf diese Weise Eingang in die Parteivereinbarung gefunden hatten (Huber, in: Huber/Faust, S. 302). Daraus folgt, dass allgemein gehaltene Werbeaussagen, die also nur einen reklameartigen Inhalt aufweisen, nicht zu einer Haftung des Verkäufers führen; entsprechendes gilt für „marktschreierische" Werbung mit ersichtlich nicht ernst gemeinten Anpreisungen, z. B. „Red Bull verleiht Flügel". Beispiel: K hat in einem vom Hersteller X herausgegebenen Prospekt entnommen, dass ein dort beworbener Fahrradträger für den Transport von bis zu 4 Fahrrädern geeignet ist. In einem in einer Tageszeitung veröffentlichten Testbericht heißt es außerdem, der Träger sei auch für den Transport eines Surfbretts geeignet und zugelassen. Nach Abschluss des Kaufvertrags mit V stellt sich heraus, dass max. drei Fahrräder transportiert werden
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können. Für den Transport von Surfbrettern ist der Träger weder geeignet noch zugelassen. Nach bisherigem Recht lag kein Sachmangel vor, da zwischen dem Verkäufer und dem Käufer weder eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde noch eine Eigenschaft zugesichert worden war. Nach neuem Recht handelt es sich in beiden Fällen um öffentliche Äußerungen über die Kaufsache i. S. d. Vorschrift. Der Prospekt beinhaltet eine unrichtige Angabe des Herstellers X über die Beschaffenheit des Fahrradträgers, die geeignet war, die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Da nur 3 statt 4 Fahrräder transportiert werden konnten, handelt es sich hier um einen Sachmangel; wenn dem Verkäufer ein Haftungsausschluss nicht gelingt, stehen dem Käufer seine Rechte nach § 437 BGB zu. Kein Sachmangel liegt allerdings vor, wenn in einem Warentest unrichtige Angaben enthalten sind, da es sich hier um Aussagen handelt, die weder vom Hersteller noch von einem Gehilfen stammen. Kannte V diesen unrichtigen Test, ist er zur Vermeidung einer Haftung nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB verpflichtet, den Käufer auf den Fehler hinzuweisen, sofern er hätte erkennen können, dass es dem Käufer auch um den Transport von Surfbrettern ging. Der Verkäufer kann sich von der Haftung nur befreien, wenn er die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste (§ 434 Abs. 1 S. 3 2. Hs. 1. Fall BGB). Da von dem Verkäufer zu erwarten ist, dass er sich - soweit möglich und zumutbarüber fremde Werbung hinsichtlich der von ihm verkauften Produkte informiert und er für diesen Umstand beweispflichtig ist, dürfte angesichts der Verbreitung der Werbung über die Medien eine Haftungsbefreiung nur selten gelingen (vgl. hierzu Westermann, JZ 2001, 533; Bamberger/Roth-Faust, § 434 BGB, Rn. 85). Eine Haftungsbefreiung ist ferner dann gegeben, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war (§ 434 Abs. 1 S. 3 2. Hs. 2. Fall BGB) oder sie keinen Einfluss auf die Kaufentscheidung hatte (§ 434 Abs. 1 S. 3 2. Hs. 3. Fall BGB). Die Berichtigung der unrichtigen Werbeaussage ist gleichwertig, wenn sie mit dem gleichen oder mit einem vergleichbaren Medium erfolgt. Beispiel: Eine groß angelegte fehlerhafte Plakatwerbung kann nicht durch eine Kleinanzeige in einer Tageszeitung korrigiert werden. Der Verkäufer hat darüber hinaus die Möglichkeit, die unrichtige Werbung im Verkaufsgespräch zu korrigieren und damit eine Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen. In der Praxis besteht das Problem darin, dass der Verkäufer erhebliche Beweisprobleme haben dürfte und dass eine negative Wirkung von einer Richtigstellung der Herstellerwerbung gegenüber dem Kunden ausgeht (und dessen Kaufbereitschaft nicht gerade fördert). Die Erheblichkeit (vgl. § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. betreffend „Fehler") ist keine Voraussetzung mehr für die Mängelhaftung. Unerhebliche Mängel sind nun ebenfalls Sachmängel. Eine solche Einschränkung wäre auch mit den Vorgaben von Art. 3 Abs. 5 u. 6 VerbrKfRL nicht zu vereinbaren gewesen. Beispiel: Vertragshändler V verkauft an Käufer K einen Neuwagen. Im Katalog wird der Benzinverbrauch mit 6,0 Liter pro 100 km angegeben. Nach der Übergabe stellt K fest, dass
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse der durchschnittliche Benzinverbrauch 6,3 Liter pro 100 km beträgt. Hier liegt ein Sachmangel vor, da der tatsächliche Benzinverbrauch vom vereinbarten Benzinverbrauch abweicht. In § 434 BGB wird nicht mehr zwischen erheblichen und unerheblichen Mängeln unterschieden. In Betracht kommt zunächst ein Anspruch auf Nacherfüllung nach §§ 439, 437 Nr. 1, 434 BGB. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist könnte K den Kaufpreis mindern oder bei schuldhafter Vertragsverletzung Schadensersatz verlangen. Ausgeschlossen ist dagegen ein Rücktritt nach §§ 323, 437 Nr. 2 1. Alt., 434 BGB wegen § 323 Abs. 5 BGB, da die Pflichtverletzung unerheblich ist. Der Rücktritt vom Vertrag ist nur bei erheblichen Mängeln möglich (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Mit dieser Regelung wird die frühere „Bagatellklausel" speziell für den Fall der Vertragsauflösung beibehalten.
Die Differenzierung erfolgt damit auf der Ebene der Rechtsbehelfe. Den Interessen des Verkäufers ist dadurch Rechnung getragen, indem bei geringfügigen Mängeln nur ein Anspruch auf Nacherfüllung und Minderung besteht. Die Minderung ist nach §§ 437 Nr. 2 2. Alt., 441 BGB möglich, weil der Ausschlussgrund nach § 323 Abs. 5 S. 2 nach § 441 Abs. 1 S. 2 BGB keine Anwendung findet. Der maßgebende Zeitpunkt für das Vorliegen eines Sachmangels ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Die Gefahr geht regelmäßig über mit der Übergabe. Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels ist nicht ausdrücklich geregelt. Es gelten diesbezüglich die von der Rspr. in Analogie zu § 363 BGB entwickelte Regel. Die Beweislast für die Mängelfreiheit trifft bis zum Gefahrübergang den Verkäufer, nach Gefahrübergang den Käufer. Für den Verbrauchsgüterkauf gilt die Sonderregel des § 476 BGB. Für Garantiefälle ist die besondere Beweislastregel des § 443 Abs. 2 BGB zu beachten. bb. Montage und Montageanleitung Ein Sachmangel ist weiterhin dann gegeben, wenn der Verkäufer die vertraglich vereinbarte Montage, d. h. den Zusammenbau der Sache, nicht sachgemäß durchführt (§ 434 Abs. 2 S. 1 BGB). Beispiel: V, Inhaber eines Elektrogeschäfts, verkauft an K eine Waschmaschine. Auf Grund eines fehlerhaften Wasseranschlusses durch den Verkäufer dringt Wasser in Teile der Maschine (die eigentlich trocken bleiben sollten), so dass diese beschädigt wird (BTDrs. 14/6040, S. 215). Nach bisherigem Recht wurde bzgl. der Montageleistung regelmäßig Werkvertragsrecht (§§ 631, 633 ff. BGB) angewendet, sofern diese nicht völlig untergeordnet war. Die Waschmaschine selbst wies danach keinen Sachmangel auf, so dass der Käufer keine kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche geltend machen konnte. Es konnte nur Nachbesserung der Montageleistung nach § 633 Abs. 2 BGB, d. h. in diesem Fall ein richtiger Anschluss, verlangt werden. Nach § 434 Abs. 2 S. 1 BGB wird eine mangelhafte Montage nicht mehr isoliert betrachtet und braucht daher nicht mehr dem Werkvertragsrecht unterstellt zu werden. Eine fehlerhafte Montage führt nun zu einem Mangel an der Sache selbst, auch wenn es nicht zur Beschädigung an dieser, z. B. an den Einzelteilen bei einer
2. Kaufvertrag
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fehlerhaften Schrankmontage, gekommen ist. Die Montage muss vom Verkäufer vertraglich übernommen und durchgeführt worden sein. Dem Käufer stehen bei einer fehlerhafter Montage des Verkäufers die kaufrechtlichen Rechtsbehelfe zu; schwierige Abgrenzungsfragen zu anderen Vertragstypen stellen sich nicht mehr (BT-Drs. 14/6040, S. 215). Die weitere Regelung in § 434 Abs. 2 S. 2 BGB betrifft die sog. IKEA-KIausel. Danach liegt ein Sachmangel auch dann vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist. Prototyp für diese Regelung sind die Kaufverträge über Möbel, die erst noch vom Käufer zusammengebaut werden, weil sie aus Kostengründen, z. B. durch Einsparen von Transport- und Montagekosten, in Einzelteilen geliefert werden. Mit dieser Regelung trägt der Gesetzgeber den Vorgaben der VerbrKfRL Rechnung, die sich in erster Linie auf den Verbraucherschutz bezieht. Der Gesetzgeber sieht es allerdings als gerechtfertigt an, diese Vorgaben auf alle Kaufverträge auszudehnen. Der Verkäufer hat für die mangelhafte Montageanleitung dann nicht einzustehen, wenn sie sich nicht ausgewirkt hat (§ 434 Abs. 2 S. 2 2. Hs. BGB), d. h. wenn es dem Käufer trotz dieses Mangels gelungen ist, die Sache fehlerfrei zu montieren. Das Gesetz will den Käufer nur dann schützen, wenn im konkreten Fall die Gebrauchstauglichkeit tatsächlich beeinträchtigt worden ist. Der Käufer soll nicht vor einer bloßen Wertminderung durch eine mangelhafte Montageanleitung geschützt werden. Beispiel: K kauft von V ein Kinderturngerät für den Garten zum Selbstaufbau. Da die Montageanleitung vom Schwedischen ins Deutsche übersetzt wurde, ist sie im Prinzip unverständlich. Trotzdem gelingt es K, der handwerklich geschickt ist, das Turngerät einwandfrei zusammenzubauen. K ist der Ansicht, dass das Turngerät mit einer unbrauchbaren Montageanleitung weniger wert ist. Ein angemessener Preis sei nicht zu erzielen, weil er im Falle eines Weiterverkaufs keine brauchbare Montageanleitung mitliefern könne. K verlangt die Rückgängigmachung vom Vertrag. K hat in diesem Fall kein Recht zum Rücktritt nach §§ 323 Abs. 1, 437 Nr. 2 1. Alt., 434 Abs. 2 S. 2 BGB, da kein Sachmangel vorliegt. Zwar ist die Montageanleitung unverständlich. Ein Sachmangel liegt jedoch nicht vor, weil er sich nicht ausgewirkt hat Nicht erwähnt in § 434 Abs. 2 BGB sind die Bedienungs- und Gebrauchsanleitungen. Diesbezüglich ist streitig, ob sie den Montageanleitungen gleichzustellen sind. Vereinzelt wird auf Grund einer vergleichbaren Schutzwürdigkeit eines Käufers, der z. B. wegen mangelhaft übersetzter Anleitungen ein technisches Gerät, z. B. einen Videorecorder oder ein Computerprogramm, nicht nutzen kann, eine Gleichstellung befürwortet (Büdenbender, in Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, § 434 BGB, Rn. 19). Nach richtiger Ansicht dürfte jedoch eine Gleichstellung zu verneinen sein, da eine Montageanleitung auf eine „Erstnutzung" abstellt und ein Haftungsausschluss bei erfolgreicher Montage in Betracht kommt; in diesem Fall liegt bereits ein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vor (vgl. Bamberger/Roth-Faust, § 434 BGB, Rn. 96; Brox/Walker, SchuldR BT, § 4, Rn. 25; Palandt-Putzo, § 434 BGB, Rn. 48).
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
cc. Aliud und Zuweniglieferung Nach § 434 Abs. 3 BGB steht es einem Sachmangel gleich, wenn der Verkäufer eine „andere Sache" (aliud) oder eine „zu geringe Menge" (minus) liefert. Der Gesetzgeber hat mit dieser Gleichstellung einen Streit zwischen Rspr. und Lit. zur Abgrenzung von aliud und Sachmangel beim Gattungskauf (BGH, NJW, 1968, 640 „Winterweizen/Sommerweizen") zugunsten eines extensiv interpretierten Fehlerbegriffs entschieden. Auf Grund dieser Erweiterung ist der § 378 HGB beim beiderseitigen Handelskauf obsolet geworden. Die für den beiderseitigen Handelskauf in § 377 HGB geregelte Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gilt damit, da sie jeden Fall eines Sachmangels erfasst, auch für die aliud-Lieferung und die Manko-Lieferung. Auch beim Stückkauf soll § 434 Abs. 3 BGB gelten (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 4, Rn. 26). Hat der Verkäufer versehentlich (zu beachten: § 814 BGB) eine wertvollere Sache als die geschuldete geliefert, kann er das aliud als nicht geschuldete Leistung nach § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zurückfordern. Der Verkäufer hat nicht mit „Erfüllungswillen" gehandelt (BT-Drs. 14/6040, S. 216), so dass eine mangelhafte Leistung ausscheidet (vgl. hierzu Lorenz/Riehm, Rn. 493, 574). Zuviellieferungen werden von § 434 Abs. 3 BGB nicht erfasst. Der Verkäufer kann das zuviel Gelieferte als nicht geschuldet unter den Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB im Wege der Leistungskondiktion zurückfordern, es sei denn, die Parteien hätten den ursprünglichen Kaufvertrag entsprechend erweitert. Auf der anderen Seite braucht der Käufer das zuviel Geleistete nicht zu bezahlen und er kann vom Verkäufer die Rücknahme verlangen. f. Haftungsausschluss Nach § 442 BGB sind die Rechte des Käufers ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsabschluss den Mangel kennt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Unkenntnis auf einer besonders schweren Vernachlässigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt beruht. Im Falle der groben Fahrlässigkeit bestehen die Gewährleistungsrechte jedoch dann, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Bei der Lieferung neu herzustellender Sachen, d.h. bei dem bisherigen „Werklieferungsvertrag", ist die Mängelhaftung außerdem ausgeschlossen, wenn der Mangel auf den vom Besteller gelieferten Stoff zurückzuführen ist (§ 651 S. 2 BGB). Beim Pfandverkauf in öffentlicher Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand ist die Mängelhaftung im Interesse des Pfandgläubigers grundsätzlich ausgeschlossen (§ 445 BGB). Im kaufmännischen Rechtsverkehr bleibt die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 HGB grundsätzlich bestehen.
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Diese Vorschrift umfasst nun - wie bereits erwähnt - auch die aliud-Lieferung und Zuweniglieferung. Beide sind im gewöhnlichen Mangelbegriff enthalten gehen in § 377 HGB auf; auf die Genehmigungsfähigkeit kommt es künftig nicht mehr an.
Ein Haftungsausschluss kann ferner vertraglich vereinbart werden. Die §§ 437 ff. BGB sind grundsätzlich abdingbar. Zu beachten sind dabei zunächst die Grenzen des § 444 BGB. Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Werden beim Verkauf neu hergestellter Sachen die Mängelrechte des Käufers durch AGB ausgeschlossen bzw. beschränkt, kann auch ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8 b BGB vorliegen. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist jedoch relativ gering, da beim Verbrauchsgüterkauf nach den §§ 474 ff. BGB nach § 475 Abs. 1 BGB grundsätzlich keine abweichenden Regelungen zum Nachteil des kaufenden Verbrauchers zulässig sind. Nur soweit in AGB das Recht auf Schadensersatz ausgeschlossen bzw. beschränkt wird, findet auch beim Verbrauchsgüterkauf eine Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB statt. Der Grund besteht darin, dass die VerbrKfRL bezüglich des Schadensersatzes keine verbindlichen Vorgaben enthält. Kein Haftungsausschluss, aber ein Leistungsverweigerungsrecht, begründen die Fälle der Verjährung des § 438 i.V. m. §§ 214 Abs. 1,218 BGB. g. Rechte des Käufers wegen eines Mangels aa. Überblick Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gab es wesentliche Änderungen bei den Mängelrechten des Käufers (§ 437 BGB). Diese Norm erfasst Sach- und Rechtsmängel gleichermaßen. Sie stellt keine Anspruchsgrundlage dar, sondern enthält eine Übersicht über die Rechte des Käufers im Sinne einer Rechtsgrundverweisung. Rechtsgrundlagen für die jeweiligen Rechtsfolgen sind die in § 437 Nrn. 1-3 BGB genannten Normen. Das neue Sachmängelrecht unterscheidet sich von dem bisherigen Recht vor allem durch seine Zweistufigkeit. An erster Stelle steht ein verschuldensunabhängiger Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung, d. h. auf Nachbesserung oder auf Ersatzlieferung. Nach bisherigem Recht bestand beim Stückkauf kein Nacherfüllungsanspruch und beim Gattungskauf auch nur in Form des Ersatzlieferungsanspruchs nach § 480 BGB (gleichrangig neben Wandlung und Minderung). Mit der Implementierung eines solchen Nachlieferungsanspruchs wird das Kaufrecht dem Werkvertragsrecht angenähert und darüber hinaus auch der bisherigen Vertragspraxis Rechnung getragen (vgl. hierzu die Rspr. zu § 11 Nr. 10 b des früheren AGB-G und den Grenzen, die Wandelung und Minderung gegen ein Nachbesserungsrecht zu ersetzen). Diese Regelung, die den Vorgaben der Richtlinie entspricht, bringt darüber hinaus auch eine Annäherung an die Regeln im CISG (Schlechtriem, in: Ernst/
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Zimmermann, 2001, S. 205 ff.)- Die Hierarchie der Käuferrechte ist aber im CISG insoweit abweichend geregelt, weil sowohl für Nachlieferung als auch für den Rücktritt eine „wesentliche Vertragsverletzung" verlangt wird. Damit sollen die Besonderheiten des grenzüberschreitenden Handelskaufs Berücksichtigung finden, insbesondere die Vermeidung hoher Transportkosten. Der Käufer kann nun im Falle einer mangelhaften Lieferung nicht mehr sofort Wandlung oder Minderung verlangen. Erst wenn die Nacherfüllung nicht innerhalb einer gesetzten Frist vorgenommen wird, unmöglich ist, verweigert wird oder fehlschlägt, kommen entweder Rücktritt (bisher: Wandlung) oder Minderung als alternativ nebeneinander stehende Gestaltungsrechte in Betracht. Das Erfordernis der Fristsetzung ist ein wesentliches Strukturmerkmal des neuen Leistungsstörungsrechts und sichert den Vorrang des Erfüllungsanspruchs. Der Vorrang der Nacherfüllung ergibt sich nicht ausdrücklich aus § 437 BGB, sondern erst aus einem Umkehrschluss zu den §§ 281, 323 Abs. 1,441 Abs. 1 BGB. Damit erhält der Verkäufer gleichzeitig ein Recht zur zweiten Andienung. Der Anspruch auf Schadensersatz ist ebenfalls grundsätzlich nachrangig, sofern Schadensersatz statt der Leistung verlangt wird (vgl. §§ 437, 440, 280 Abs. 1, 3, 281, 283, 311a BGB); diese Form entspricht im bisherigen Recht dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Schadensersatz ist neben Rücktritt und Minderung (§§ 437 Nr. 2, 325 BGB) möglich. Die Beseitigung der Alternative von Rücktritt und Schadensersatz ist für die Praxis von großer Bedeutung. Im Rahmen der Schadensberechnung ist allerdings zu berücksichtigen, dass dasselbe Interesse - wie bisher auch - nicht doppelt verlangt werden kann. Alternativ zum „Schadensersatz statt der Leistung" kann der Käufer auch Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen verlangen (§§ 437 Abs. 3, 284 BGB). bb. Nacherfüllung (1) Wahlrecht des Käufers Der Anspruch auf Nacherfüllung nach § 439 BGB beinhaltet zwei Varianten: die Nachbesserung („Beseitigung des Mangels") und die Ersatzlieferung („Lieferung einer mangelfreien Sache"). Nach § 439 BGB hat der Käufer (nicht der Verkäufer) ein Wahlrecht zwischen beiden Formen. Dies ist das Ergebnis der Umsetzung von Art. 3 Abs. 3 der VerbrKfRL. Diese Regelung steht im Gegensatz zur parallelen Bestimmung im Werkvertragsrecht (§ 635 Abs. 1 BGB), nach der das Wahlrecht dem Unternehmer zusteht. Für die sonstigen Kaufverträge, etwa unter Kaufleuten, ist das jedenfalls nicht zwingend. Mitunter ist es der Verkäufer, der besser beurteilen kann, auf welche Art und Weise das Ziel der Mangelfreiheit sicher und kostengünstiger zu erreichen ist. Hier ist Raum für eine individuelle oder formularmäßige Vertragsgestaltung (vgl. hierzu Haas, BB 2001, 1315; Westermann, NJW 2002, 248).
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Grundsätzlich unerheblich ist, ob es sich um einen Stück- oder um einen Gattungskauf handelt; diese Frage kann jedoch Auswirkungen auf den Inhalt des Anspruchs haben (Huber, NJW 2002, 1004 (1006) zur Frage der Ersatzlieferung im Falle eines Stückkaufs). Umstritten ist, ob beim Stückkauf Nacherfüllung nur durch Nachbesserung, d.h. durch Reparatur der Sache, möglich ist. Die Lieferung einer mangelfreien Sache könnte wegen der anfänglichen Konzentration des Schuldverhältnisses auf einen Gegenstand ausgeschlossen sein, so dass der Verkäufer in diesem Fall nach § 275 Abs. 1 BGB diesbezüglich von der Nacherfüllungspflicht befreit wäre (vgl. hierzu im Folgenden). Beim Gattungskauf ist die Nacherfüllung dagegen sowohl durch eine Lieferung eines mangelfreien Stücks aus der Gattung (§ 243 Abs. 1 BGB; „mittlerer Art und Güte") als auch durch eine Nachbesserung möglich. Der Anspruch auf Nacherfüllung setzt nicht voraus, dass der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Dieser Anspruch ist auch unabhängig von der Erheblichkeit des Mangels, da das neue Recht eine dem § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. entsprechende allgemeine Erheblichkeitsschwelle nicht vorsieht. Da diese Erfüllungspflicht auf der anderen Seite auch einen Erfüllungsanspruch des Käufers bedeutet, handelt es sich bei dem in §§ 437 Nr. 1, 439 BGB normierten Nacherfüllungsanspruch um eine modifizierte Form des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs (Huber, NJW 2002, 1004 (1005)). Wenn der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert, führt dies zum Erlöschen seiner Leistungspflicht (§§ 433 Abs. 1, 437 Nr. 1, 362 BGB). Zudem hat der Verkäufer gegen den Käufer einen Anspruch auf Rückgew ähr der zuvor gelieferten mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346-348 BGB (§ 439 Abs. 4 BGB). Auf der Grundlage des § 346 Abs. 1 BGB hat der Käufer auch die gezogenen Nutzungen nach § 100 BGB herauszugeben (BT-Drs. 14/ 6040, S. 233; a. A. Büdenbender, in Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, SchuldR, § 439 BGB, Rn. 16). Dies setzt freilich voraus, dass er die Sache auch tatsächlich nutzen konnte. Eine solche Regelung steht auch nicht im Widerspruch zur VerbrKfRL, da Nutzungsvorteile nicht zu den „Aufwendungen" (§ 439 Abs. 2 BGB) gehören, die zum Herstellen des vertragsgemäßen Zustands erforderlich sind, z. B. Transportkosten für die Ersatzlieferung. Der Verkäufer hat nach § 439 Abs. 2 BGB die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen; diese Vorschrift entspricht dem bisherigen § 476 a BGB. (2) Ausschluss oder Einschränkung des Nacherfüllungsanspruchs § 439 Abs. 3 BGB betrifft die Grenzen der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers. Die Nacherfüllung ist ausgeschlossen, wenn sie unmöglich ist (§§ 439 Abs. 3, 275 Abs. 1 BGB) oder der Verkäufer die Einrede nach § 275 Abs. 2 BGB erheben kann. Die Unmöglichkeit ist zwar in § 439 Abs. 1 BGB nicht speziell aufgeführt,
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ergibt sich aber aus den allgemeinen Vorschriften. Erfasst werden danach die objektive und subjektive sowie die anfängliche und die nachträgliche Unmöglichkeit. Dies ergibt sich bereits aus Art. 3 der VerbrKfRL, wonach der Käufer Nachbesserung oder Ersatzlieferung nur verlangen kann, soweit dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Der Gesetzgeber hat diesen Fall durch eine ausdrückliche Bezugnahme auf das Leistungsverweigerungsrecht der Unmöglichkeitsregel nach § 275 Abs. 2 u. 3 BGB erfasst. Beispiel: K schließt mit V einen Kaufvertrag über einen unfallfreien Gebrauchtwagen zu einem Preis in Höhe von 6 000 € ab. Nach der Übergabe stellt K fest, dass es sich um einen Unfallwagen handelt, von dem V nichts wusste. Der Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437 Nr. 2, 439 BGB ist hier nach § 275 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen sein. Eine Ersatzlieferung scheidet aus, weil der individuell ausgesuchte Gebrauchtwagen eine nicht ersetzbare Stückschuld darstellt. Aber auch durch eine Reparatur lässt sich die „Unfallfreiheit" nicht mehr herbeiführen. K kann daher ohne Fristsetzung gem. §§ 326 Abs. 5, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 S. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten. Alternativ kommt ein Minderungsanspruch nach § 441 Abs. 1, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1, S. 1 BGB in Betracht, da hier die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts erfüllt sind. Der Ausschluss der Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB („soweit"), der als Einwendung von Amts wegen zu beachten ist, bezieht sich allerdings nur auf die jeweilige Variante der Nacherfüllung, die unmöglich ist. Der Verkäufer schuldet in diesem Fall grundsätzlich weiterhin die jeweils andere Form der Nacherfüllung, es sei denn, dass der Verkäufer auch diese andere Form der Nacherfüllung verweigern kann. In diesem Fall gibt es kein Nacherfüllungsanspruch des Käufers, so dass dieser direkt ohne Nachfristsetzung die weiteren Rechte auf der zweiten Stufe geltend machen kann. Ohne besondere Bedeutung ist das (neue) Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 2 BGB bei einer faktischen bzw. praktischen Unmöglichkeit. Grund hierfür ist, dass bereits § 439 Abs. 3 BGB mit dem Hinweis auf „unverhältnismäßige Kosten" eine niedrigere Schwelle für die Einrede des Verkäufers darstellt (BT-Drs. 14/6040, S. 232); § 275 Abs. 3 BGB bezieht sich dagegen nur auf vom Schuldner „persönlich" zu erbringende Leistungen, i. d. R. also auf Dienst- und Arbeitsverträge. Umstritten ist, ob der Nacherfüllungsanspruch auch beim Stückkauf auf die Lieferung einer mangelfreien Sache gerichtet sein kann oder ob hier nur Nachbesserung in Betracht kommt. Das Problem besteht darin, dass beim Stückkauf von vornherein nur eine bestimmte individualisierte Sache geschuldet wird, während die Ersatzlieferung auf Lieferung einer anderen als der zunächst gelieferten mangelhaften Sache gerichtet ist. Nach einer Entscheidung des OLG Braunschweig ist ein Nachlieferungsanspruch bei einem Stückkauf nicht von vornherein wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen, sondern nur dann, wenn der Verkäufer eine mangelfreie Sache der geschuldeten Art nicht beschaffen kann (vgl. OLG Braunschweig, NJW 2003, 1053 (= ZGS 2003,156 f.)). Das Gericht weist auf die Intention des neuen Kaufrechts hin, wonach die Einführung der Pflicht zur mangelfreien Leistung nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB und das daran anknüpfende Nacherfüllungsrecht gerade auf dem Gedanken
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beruhen, dass der Verkäufer das Leistungsinteresse des Käufers durch Lieferung einer (nicht: der) mangelfreien Sache zu erfüllen hat (ähnlich LG Ellwangen (NJW 2003,517)). Überwiegend wird die Ansicht vertreten, dass eine Ersatzlieferung jedenfalls in Betracht kommen könne, wenn es sich um den Kauf einer (neuen) vertretbaren Sache handelt, z. B. könne anstelle eines gebrauchten Vorführwagens die Lieferung eines typengleichen Vorführwagens erfolgen (Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114 (2119); Tonner/Echtermeyer, in: Kothe/ Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, § 439 BGB, Rnn. 13 ff. - keine Ersatzlieferung nur bei Unikaten oder gebrauchten Gegenständen -, möglicherweise auch BT-Drs. 14/6040, S. 209; a. A. Lorenz, JZ 2001, 742 ff. (744); Huber, NJW 2002, 1004 (1006); Pammler, NJW 2003, 1992). In bestimmten Fällen kann es vorkommen, dass sowohl die Ersatzlieferung als auch eine Nachbesserung unmöglich sind. Der Nacherfüllungsanspruch ist weiterhin dann ausgeschlossen, soweit dieser nur mit unverhältnismäßigen Kosten erfüllt werden kann (Unverhältnismäßigkeitseinrede). Durch die Worte „unbeschadet des § 275 Abs. 2 u. 3 BGB" wird deutlich, dass die Verweigerungsmöglichkeit des § 439 Abs. 3 BGB neben die Leistungsverweigerungsrechte des allgemeinen Schuldrechts tritt (BT-Drs. 14/6040, S. 232). § 439 Abs. 3 BGB besagt, dass der Verkäufer die Nacherfüllung verweigern kann, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. § 439 Abs. 3 S. 2 BGB nennt einige Kriterien, die bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sind. Hierzu zählen: Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, Bedeutung des Mangels für den Käufer und den Aspekt, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann. So wird bei geringwertigen Sachen des alltäglichen Lebens, z.B. bei einem fehlerhaften Druckmechanismus eines Kugelschreibers, einer Schraube mit Gewindefehler, einem defekten Toaster oder bei einer einfachen Luftmatratze aus dem Supermarkt eine Nachbesserung regelmäßig einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen, so dass dann eine Ersatzlieferung in Betracht kommt. Entsprechendes gilt bei allen anderen industriellen Massenprodukten, bei denen eine Ersatzlieferung aus der maschinellen Serienproduktion preiswert erfolgen kann. Umgekehrt kann bei höherwertigen Verbrauchsgütern die Ersatzlieferung einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten, wenn z. B. ein Defekt an einem komplizierten technischen Gerät, etwa einer Waschmaschine oder einem Kfz, durch einfaches Auswechseln eines fehlerhaften Teils behoben werden kann. Diesbezügliche Anhaltspunkte bietet die Rspr. und Lit. zu § 633 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. (vgl. Tonner/Echtermeyer, in: Kothe/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, § 439 BGB, Rnn. 15 ff., wonach bei der Bestimmung der Unverhältnismäßigkeit der Kosten nicht das Verhältnis der Nacherfüllungskosten zum Kaufpreis maßgebend ist, sondern zum objektiven Wert der Sache, so dass z. B. die Nachbesserung bei einer Sache von geringem Wert mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden sein kann; vgl. auch OLG Braunschweig, ZGS
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2003, 156 ff., wonach Nacherfüllungskosten in Höhe von 4,7% des Werts der mangelfreien Sache nicht unverhältnismäßig sind; vgl. auch LG Ellwangen, NJW 2003, 517). Nach § 633 Abs. 2 S. 3 BGB a. F. hatte der Werkunternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn die Mängelbeseitigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erforderte. Sind beide Nacherfüllungsalternativen nicht absolut unverhältnismäßig, soll es auf einen internen Kostenvergleich zwischen beiden ankommen. Letztlich bleibt es der Rspr. überlassen zu entscheiden, wo im Einzelfall die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit liegen soll. Erfordert nur die eine Art der Nacherfüllung unverhältnismäßige Kosten, beschränkt sich der Anspruch des Käufers auf die jeweils andere Art der Nacherfüllung. Bei der Unzumutbarkeit kann man darauf abstellen, wie lange der Käufer auf einen mangelfreien Gegenstand verzichten muss und ob man von ihm noch erwarten kann, dem Verkäufer für die ordnungsgemäße Durchführung zu vertrauen (Tonner/Echtermeyer, in: Kothe/Micklitz/Rott/TonnerAVillingmann, § 439 BGB, Rnn. 15 ff.) Jedoch bestehen für dieses Nacherfüllungsrecht (des Verkäufers) Grenzen. Es entfällt stets dann, wenn der Käufer sofort seine Rechte auf Rücktritt bzw. Minderung und Schadensersatz statt der Leistung bzw. Ersatz vergeblicher Aufwendungen geltend machen kann, ohne zuvor eine angemessene Frist setzen zu müssen, weil diese entbehrlich war. Die Fälle der Entbehrlichkeit der Fristsetzung finden sich in § 440 S. 1 BGB, der wiederum einen Verweis auf die allgemeinen Grenzen des Nacherfüllungsrechts nach den §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB (bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung, bei Fixgeschäften oder bei sonstigen Umständen, die die Nacherfüllung entbehrlich machen) enthält. Nach § 440 S. 1 BGB ist eine Fristsetzung weiterhin entbehrlich, wenn der Verkäufer beide Formen der Nacherfüllung verweigert (§ 439 Abs. 3 BGB), wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ist oder wenn diese für den Käufer nicht zumutbar ist, z.B. eine mehrtägige Reparatur beim Käufer oder im Falle einer arglistigen Täuschung des Verkäufers (BT-Drs. 14/6040, S. 234). Zum Begriff „Fehlschlagen der Nachbesserung" in § 440 S. 2 BGB kann auf die bisher von der Rspr. zu § 11 Nr. 10 b AGB-G a.F. (jetzt: § 309 Nr. 8 b AGB-G) zurückgegriffen werden. Nach § 440 S. 2 BGB gilt eine Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Diese Vorschrift bedeutet nicht, dass der Verkäufer in jedem Fall zwei Nacherfüllungsversuche hat. Denn § 440 BGB steht unter dem Vorbehalt der allgemeinen Regelung des § 323 Abs. 1 BGB, die in jedem Fall den Rücktritt nach Ablauf einer angemessenen Frist ermöglicht (BT-Drs. 14/6040, S. 234). Der Käufer ist also nicht verpflichtet, dem Verkäufer für die Nachbesserung zweifach eine angemessene Frist zu setzen. Während § 439 Abs. 3 BGB also den Verkäufer schützt, dient § 440 BGB dem Schutz des Käufers. § 439 BGB geht davon aus, dass der Käufer sein Wahlrecht gegenüber dem Verkäufer erklärt. Solange sich der Käufer nicht entschieden hat, ob er Nachliefe-
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rung oder Reparatur verlangt, kommt der Verkäufer auch nicht in Verzug. Verlangt der Verkäufer Zahlung des Kaufpreises, steht dem Käufer die Einrede des nicht erfüllten Vertrags nach § 320 BGB zu. Es dürfte aber eine Obliegenheitsverletzung des Käufers vorliegen, wenn er nach Aufforderung des Verkäufers nicht innerhalb einer angemessener Frist sein Wahlrecht ausübt. cc. Rücktritt Mit dem Rücktritt wird das Ziel verfolgt, den Kaufvertrag unter Rückabwicklung der jeweils empfangenen Leistungen rückgängig zu machen (§ 346 Abs. 1 BGB). Das Recht des Käufers, vom Vertrag zurückzutreten, bestimmt sich nach Maßgabe der §§ 440, 323 und § 326 Abs. 5 BGB (Verweis in § 437 Nr. 2 1. Fall BGB). Über die gesetzliche Verweisung wird mit § 323 BGB die zentrale Rücktrittsvorschrift des allgemeinen Leistungsstörungsrechts für anwendbar erklärt. Voraussetzung für einen Rücktritt ist nach § 323 Abs. 1 BGB, dass ein gegenseitiger Vertrag, eine nicht oder nicht vertragsgemäße Leistung sowie eine angemessene Fristsetzung und deren erfolgloser Ablauf vorliegt. Mit dem Erfordernis der Nachfristsetzung hat der Gesetzgeber - wie bereits erwähnt den Vorrang des Nacherfüllungsanspruchs gegenüber dem Rücktrittsrecht abgesichert. Der Verkäufer erhält damit eine Chance zur zweiten Andienung. Die Angemessenheit der Frist bestimmt sich im Einzelfall vorrangig nach dem Interesse des Käufers (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 234). Eine Ablehnungsandrohung wird nicht mehr verlangt. Der Rücktritt setzt kein Vertretenmüssen der Pflichtverletzung voraus. Entbehrlich ist eine Nachfristsetzung im Falle einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB), bei einem relativen Fixgeschäft (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und beim Vorliegen besonderer Umstände (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Weitere Ausnahmetatbestände vom Erfordernis der Nachfristsetzung enthält § 440 S. 1 BGB. Zunächst ist der Fall genannt, dass der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern kann (§ 440 S. 1 1. Alt BGB) oder wenn die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ist (§ 440 S. 1 2. Fall BGB). Schließlich erklärt § 440 S. 1 3. Fall BGB die Nachfristsetzung für entbehrlich, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar ist (BT-Drs. 14/6040, S. 233 ff.). Aus §§ 437 Nr. 2 1. Fall, 326 Abs. 5 BGB ergibt sich, dass eine Nachfristsetzung auch entbehrlich ist, wenn der Schuldner wegen §§ 275 Abs. 1-3 BGB nicht zu leisten braucht. Der Rücktritt ist ein Gestaltungsrecht, der durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird; der Käufer hat ihn gegenüber dem Verkäufer zu erklären (§ 349 BGB). Der Käufer ist an seine Rücktrittserklärung gebunden. Der Rücktritt ist als Gestaltungsakt unwiderruflich.
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Anders als bisher kann der Verkäufer dem Käufer keine Frist zur Ausübung des Rücktrittsrechts setzen (§ 466 BGB a. F.). Der Verkäufer kann den Schwebezustand bei Vorliegen eines Sachmangels nur durch Nacherfüllung oder eine Kaufpreisklage beseitigen. Der Gläubiger kann somit auch nach ergebnislosem Fristablauf noch Erfüllung verlangen. Der Anspruch auf Leistung erlischt erst mit der (gestaltenden) Rücktrittserklärung, da erst dann das Rückgewährschuldverhältnis entsteht. Die Rechtsfolgen des Rücktritts ergeben sich aus den §§ 346 ff. BGB. Mit der Rücktrittserklärung erlöschen die primären Leistungsansprüche. Es entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis. Die empfangenen Leistungen sind von den Parteien Zug-um-Zug zurückzugewähren (§§ 346, 348 BGB). Der Käufer kann einen bereits gezahlten Kaufpreis einschließlich Zinsen zurückverlangen; ein Anspruch aus vom Verkäufer nicht erwirtschafteter Zinsen kann sich aus § 347 Abs. 1 BGB ergeben. Der Käufer hat seinerseits die gekaufte Sache zurückzugeben und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Die Unmöglichkeit der Rückgewähr der Kaufsache stellt - im Gegensatz zum bisherigen Recht - keinen Ausschlussgrund dar, sondern verpflichtet u. U. zum Wertersatz. Ein Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Käufer für den Rücktritt allein oder überwiegend verantwortlich ist (§ 323 Abs. 6, 1. Alt. BGB), wenn der vom Schuldner zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist (§ 323 Abs. 6 2. Alt. BGB) oder wenn es sich um eine unerhebliche Pflichtverletzung handelt (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB; zur Bagatellgrenze beim Quantitätsmangel, vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 4, Rn. 64). dd. Minderung Statt eines Rücktritts kann der Käufer nach § 441 BGB den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Das bedeutet, dass die Gegenleistung des Käufers der Minderleistung des Verkäufers hinsichtlich der Kaufsache angepasst werden soll. Die Voraussetzungen der Minderung sind denen des Rücktritts gleichgestellt (§ 441 Abs. 1 BGB „statt zurückzutreten"), so dass im Hinblick auf die Fristsetzung und deren Entbehrlichkeit auf die Ausführungen zum Rücktritt verwiesen werden kann. Ein Unterschied zum Rücktritt besteht darin, dass auch ein unerheblicher Mangel zur Minderung berechtigt (§ 441 Abs. 1, S. 2 BGB). Im Gegensatz zum früheren Recht kommt eine Minderung auch bei Rechtsmängeln in Betracht, z.B. wenn es beim Grundstückskauf dem Verkäufer nicht gelingt, ein Wegerecht oder eine Grundschuld zu beseitigen. Dies war bisher nicht möglich, da diesbezüglich allgemeines Leistungsstörungsrecht galt (vgl. § 434 BGB a.R). In § 441 Abs. 3 BGB geht es um die Berechnung des Minderungsbetrags. Der Kaufpreis ist dabei in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsabschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem
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wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln (§ 441 Abs. 3 S. 2 BGB). Der Gesetzgeber orientierte sich an dem bisherigen § 472 BGB a. F. mit seiner Formel über die relative Berechnung: Wert der mangelfreien Sache (hypothetischer Wert der mangelfreien Sache): Wert der mangelhaften Sache (tatsächlicher Wert) = Kaufpreis: geminderter Kaufpreis (neuer Preis). Die Formel lautet daher: Wert der mangelfreien Sache Wert der mangelhaften Sache
Kaufpreis Geminderter Kaufpreis
_, . , ., . . Wert der mangelfreienSache x Kaufpreis Geminderter Kaufpreis = Wert der mangelhaften Sache Abb. IV.3. Berechnung der Minderungssumme Beispiel: V verkauft dem K ein gebrauchtes Fahrrad für 90 €. Dieses ist mangelhaft. V verlangt 80 €, da es seiner Meinung nach diesen Wert hat. K meint, er habe weniger zu zahlen, da das Fahrrad in mangelfreiem Zustand einen Wert von 120 € hat. Der Anspruch auf Rückerstattung ergibt sich aus § 441 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Höhe der Minderung berechnet sich wie folgt: X
~ x =
80 € x 90 € 12Ö€ 60 €
In diesem Fall hat der Käufer einen für sich günstigen Kauf getätigt, da er das Fahrrad, das eigentlich 120 € wert gewesen wäre, für 90 € gekauft hat. Hätte er 80 € zu zahlen, wäre er benachteiligt, da er den Vorteil aus dem Vertrag verlieren würde. Hätte umgekehrt der Verkäufer ein günstiges Geschäft gemacht und das Fahrrad für 150 € verkauft, würde er benachteiligt, wenn der Käufer wegen des Mangels nur den wirklichen Wert des Fahrrades (80 €) zu zahlen hätte. In diesem Fall hätte der geminderte Preis nach der oben genanten Formel 100 € betragen. Durch die Berechnung soll das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erhalten bleiben. Hat z. B. ein (geschickter) Verkäufer die Sache teurer verkauft als sie objektiv wert gewesen ist, fällt die Minderung verhältnismäßig geringer aus; umgekehrt gilt entsprechendes. Hat der Käufer den vollständigen Kaufpreis bereits geleistet, sieht § 441 Abs. 4 S. 1 BGB vor, dass der Käufer den Mehrbetrag vom Verkäufer zurückverlangen kann. Es handelt sich um eine selbstständige Anspruchsgrundlage; ergänzend finden die §§ 346 ff. BGB entsprechende Anwendung. Die Minderung ist ebenso wie der Rücktritt als Gestaltungsrecht konzipiert. Das Minderungsrecht ist grundsätzlich aus den gleichen Gründen wie der Rücktritt ausgeschlossen. Es ist aber in Bagatellfällen, d. h. bei unerheblichen Mängeln, nicht ausgeschlossen. Nach § 441 Abs. 1 S. 2 BGB findet der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB keine Anwendung.
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ee. Schadensersatz (1) Struktur des Schadensersatzrechts Nach § 437 Nr. 3 BGB kann der Käufer unter den Voraussetzungen der §§ 440,280, 281, 283, 311a BGB Schadensersatz bzw. nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Sämtliche Schadensersatzansprüche ergeben sich aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht. Zentrale Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch ist nunmehr §280 BGB. Die Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB setzt eine Pflichtverletzung voraus, die soweit der Verkäufer eine mit einem Sach- oder Rechtsmangel behaftete Sache liefert - vorliegt. Sämtliche Schadensersatzansprüche setzen ein Vertretenmüssen voraus, das vermutet wird (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Behauptungs- und Beweislast liegt damit beim Schuldner (Verkäufer), so dass er Umstände darzulegen und zu beweisen hat, dass die Pflichtverletzung nicht die Folge eines von ihm zu vertretenden Umstands ist. Damit erlangen die Sorgfaltspflichten des Verkäufers zunehmende Bedeutung. Es gehört aber grundsätzlich nicht zu den Sorgfaltspflichten eines Händlers, industrielle Massenprodukte auf Konstruktions- und Fertigungsmängel zu untersuchen, so dass die bloße Lieferung einer mangelhaften Sache noch kein Vertretenmüssen des Verkäufers darstellt. Das Vertretenmüssen bestimmt sich nach § 276 BGB, bei zurechenbarem Fremdhandeln über §§ 278, 31 BGB. Der Schuldner hat nach § 276 Abs. 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Beispiel: Beim Kauf eines Altbaus ist z. B. die Undichtigkeit eines Flachdaches ein vom Verkäufer zu vertretender Sachmangel, wenn ihm z. B. diesbezüglich ein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden kann. Ein vorwerfbares Verhalten liegt u. a. dann vor, wenn er das Flachdach als Terrasse benutzt hat in Kenntnis der Tatsache, dass es hierfür nicht geeignet ist und es dadurch beschädigt worden ist oder wenn er den Mangel durch ein pflichtwidriges Unterlassen, z.B. eine unterbliebene Wartung der Heizungsanlage, die der Hersteller vorschreibt, herbeigeführt hat.
In § 276 Abs. 1 BGB ist die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos geregelt. Unter einer Garantie ist alles zu verstehen, was bisher als „zugesicherte Eigenschaften" galt, d.h. es handelt sich um eine Zusicherung des Verkäufers in der Hinsicht, dass die Kaufsache eine bestimmte Eigenschaft aufweist und er bei Fehlen dieser Eigenschaft für alle eintretenden Folgen einstehen wolle (BGH, NJW 2001, 3130 (3131); BGH, NJW 1991,912). Die Haftung des Verkäufers für zugesicherte Eigenschaften (§ 463 BGB a. F.) ist damit nicht entfallen, sondern als Übernahme einer Garantie in die allgemeine Vorschrift der Verantwortlichkeit für eigenes Verschulden (§ 276 Abs. 1 BGB) überführt worden.
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Im Zusammenhang mit Gattungsschulden bzw. marktbezogenen Geschäften verspricht der Schuldner regelmäßig seine Fähigkeit zur Überwindung der typischen Beschaffungshindernisse; inhaltlich findet sich hier der bisherige § 279 BGB. Beispiel: K bestellt bei V 100 Kisten Getränke. V kann seine Verpflichtung nicht erfüllen, weil seine Lagehalle zuvor durch einen Brand zerstört worden ist. K muss die Getränke teurer bei einem anderen Händler einkaufen. V muss diese Mehrkosten dem K ersetzen. Obwohl § 280 BGB zunächst an den einheitlichen Tatbestand der Pflichtverletzung anknüpft, kommt es also im Hinblick auf das Anspruchsziel des Gläubigers (nach wie vor) auf eine Differenzierung an, um welche Art von Pflichtverletzung es sich handelt (zur Differenzierung, vgl. nachstehende Abb.).
Schadensersatzanspruch (Grundprinzip)
Pflichtverletzung, die der Schuldner zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 276-278 BGB)
Unterscheidung nach dem Anspruchsziel des Gläubigers
Verzögerungsschaden, §§280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB
Schadensersatz, der nicht statt der Leistung verlangt wird (z.B. Mangelfolgeschaden)
Schadensersatz statt der Leistung, §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, BGB i.V.m. §§281,282, 283 BGB
Abb. IV.4. Struktur des Schadensersatzanspruchs
(2) Schadensersatz statt der Leistung Es geht hier um den Schadensersatz in Bezug auf das Erfüllungsinteresse. Der Schadensersatzanspruch tritt an die Stelle der ursprünglich geschuldeten Leistung. Handelt es sich um einen von Anfang unbehebbaren Mangel, d. h. war dieser bereits bei Vertragsabschluss vorhanden, liegt eine anfängliche Unmöglichkeit vor. In diesem Fall findet § 311 a Abs. 2 BGB als eigene Anspruchsgrundlage Anwendung. Der Gläubiger hat nach § 311 a Abs. 2 BGB einen Schadensersatzanspruch statt der (ganzen) Leistung oder einen Aufwendungsersatzanspruch (§ 284 BGB), es
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sei denn, der Schuldner kannte das Leistungshindernis bei Vertragsabschluss nicht und musste es auch nicht kennen. Sowohl bei anfänglicher als auch bei nachträglicher Unmöglichkeit entfällt eine Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit. Der Verkäufer wird nach § 275 Abs. 1 BGB von seiner ursprünglichen Leistungspflicht frei. Der Vertrag bleibt aber wirksam; möglich ist in diesem Fall auch ein sofortiger Rücktritt (§ 326 Abs. 5 BGB). Beispiel: K kauft von V einen Gebrauchtwagen. Nach der Übergabe stellt sich heraus, dass der Wagen - was V auf Grund von Fahrlässigkeit nicht wusste - bereits einen Unfallschaden hatte. K will den Wagen nicht behalten und verlangt Schadensersatz wegen entgangenem Gewinn, da er den Wagen nachweislich mit Gewinn hätte weiterverkaufen können. Nach bisherigem Recht hätte K keinen Anspruch auf den entgangenen Gewinn gehabt, da die Voraussetzungen des § 463 BGB a. F. nicht vorlagen und die pFV auf Mangelschäden (entgangener Gewinn) neben den §§ 459 ff. BGB a. F. nicht anwendbar war. Nach neuem Recht hat K Anspruch auf Schadensersatz wegen anfänglicher Unmöglichkeit nach §§ 311 a Abs. 2, 437 Nr. 3, 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Mängelfreiheit ist nun Teil der Leistungspflicht. Da der Wagen bereits bei Vertragsabschluss einen unbehebbaren Mangel hatte, konnte V dieser Verpflichtung nicht nachkommen, so dass eine Fristsetzung nicht erforderlich war und 311a Abs. 2 BGB für diesen Fall eine SpezialVorschrift zu § 280 BGB darstellt. Der dogmatische Grund besteht darin, dass die Leistungspflicht wegen § 275 Abs. 1 BGB erst gar nicht entstanden ist; es liegt hier eine Verletzung des „Leistungsversprechens" vor. Die (nachträgliche) Unmöglichkeit wird in der speziellen Vorschrift des § 283 BGB geregelt; auch hier ist eine Fristsetzung entbehrlich. Unmöglichkeit liegt vor bei tatsächlicher oder faktischer Unmöglichkeit. § 282 BGB betrifft im Übrigen den Fall der Verletzung von nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten, die zum Schadensersatz oder zum Rücktritt (§ 324 BGB) berechtigen können. Beispiel: Ein Maler führt die beauftragten Malerarbeiten ordnungsgemäß durch, richtet ansonsten in der Wohnung des Auftraggebers „Verwüstungen" an. Handelt es sich um i.S.v. § 439 BGB um behebbare Sachmängel, richtet sich der Schadensersatzanspruch im Hinblick auf das Erfüllungsinteresse nach den §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB. Der wichtigste Unterschied zu den eben dargestellten Haftungstatbeständen für unbehebbare Mängel besteht darin, dass der Gläubiger den Schuldner zur Leistung auffordern und eine angemessene Nachfrist setzen muss. Hinsichtlich der Entbehrlichkeit der Fristsetzung kann auf die Ausführungen zum Rücktritt verwiesen werden (§§ 440, 281 Abs. 2 BGB). Im Wesentlichen handelt es sich um die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung, das Fehlschlagen oder die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung. Ist die Frist fruchtlos verstrichen, kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung grundsätzlich
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in Form des kleinen Schadensersatzanspruchs oder des großen Schadensersatzanspruchs („Schadensersatz statt der ganzen Leistung") geltend machen. Der kleine Schadensersatzanspruch umfasst - ausgehend vom positiven Interesse - folgende Aufwands- und Schadenspositionen, insbesondere Reparaturkosten, Gutachterkosten zur Feststellung des Mangels, Nutzungsausfall während der Reparaturzeit, entgangenen Gewinn, welcher auf der Mangelhaftigkeit der Sache beruht und einen eventuell verbleibenden Minderwert. Wählt der Gläubiger den Schadensersatz statt der ganzen Leistung, muss er dem Schuldner den bereits erbrachten Teil zurückgeben. Dieser „große Schadensersatzanspruch" kommt - um einen Gleichlauf mit dem Rechtsbehelf des Rücktritts zu erreichen - nur in Betracht, wenn es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung handelt (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB). Eine erhebliche Pflichtverletzung wird im Zweifel anzunehmen sein, wenn der erbrachte Teil der Leistung unter Berücksichtigung des Schadensersatzes statt der ausgebliebenen Leistung das Leistungsinteresse des Schuldners nicht voll abdeckt. Das bedeutet, je umfangreicher der Mangel ist, desto eher wird ein Schadensersatzanspruch statt der ganzen Leistung in Betracht kommen. Nach § 325 BGB schließen sich Rücktritt und Schadensersatz nicht (mehr) aus. Damit kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten und Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 543 m. w. N.). C3) Schadensersatz wegen Verzögerung der mangelfreien Leistung Hat der Verkäufer eine mangelhafte Sache geliefert und wird dieser Mangel später behoben, kann es vorkommen, dass der Käufer durch die Verzögerung der mangelfreien Leistung und durch die notwendige Nacherfüllung einen Schaden erleidet. Es handelt sich um einen mangelbedingten Nutzungsausfallschaden. Beispiele: - V verkauft K eine Autowaschanlage. Infolge eines Mangels verzögert sich die Inbetriebnahme, so dass dem K ein Gewinn durch den Produktionsausfall entgeht. - K kauft von V eine Maschine; die gelieferte Maschine muss wegen eines Mangels repariert werden und kann dadurch erst verspätet in Betrieb genommen werden, so dass dem K hier ein Betriebsausfallschaden entsteht. Durch die Verzögerung der mangelfreien Leistung können weitere Schäden entstehen, z.B. Rechtsverfolgungskosten. Diese auf der Verzögerung der Nacherfüllung beruhenden Kosten sind nur unter den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs zu ersetzen. Entsprechendes gilt in Bezug auf den Ersatz von Schäden, die der Käufer durch die verzögerte Lieferung erleidet. Anspruchsgrundlage für Verzugsschäden ist daher §§ 280 Abs. 1 u. 2 i.V. m. 286 BGB; die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus § 286 BGB. Umstritten ist, ob die Voraussetzungen des Verzugs auch für den Anspruch auf Ersatz von Betriebsausfallschäden vorliegen müssen, die trotz fristgemäßer Nacherfüllung bereits durch die Mangelhaftigkeit der Kaufsache verursacht worden
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sind. Nach Ansicht des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/6040, S. 225) sollen derartige Schäden bereits nach § 280 Abs. 1 BGB ersetzt verlangt werden können. Dies ist zutreffend, da der Verkäufer hier nicht verspätet, sondern schlecht erfüllt (vgl. Medicus, SchuldR BT, § 74, Rn. 73). (4) Schadensersatz wegen Pflichtverletzung Die Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB ist Grundtatbestand für Ansprüche auf Schadensersatz und alleinige Anspruchsgrundlage, wenn es um den Ersatz von Schäden geht, die der Käufer infolge der Mangelhaftigkeit der Kaufsache an anderen Rechtsgütern erleidet (Mangelfolgeschäden); es geht also um den Schadensersatz bzgl. des Integritätsinteresses. § 280 Abs. 1 BGB erfasst die Ansprüche, die nach früherem Recht mit der pFV erfasst worden sind. Werden durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsgüter, z.B. Eigentum, verletzt, kommt daneben auch eine Haftung nach dieser Vorschrift in Betracht. Beispiel: K kauft von V einen Neuwagen. V erkennt auf Grund von Fahrlässigkeit nicht, dass die Bremsen bei einer Probefahrt beschädigt worden sind. Es kommt auf der ersten Fahrt zu einem Unfall. K erleidet neben dem Sachschaden einen Armbruch und verlangt von V Ersatz der Heilungskosten. Ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus §§ 280 Abs.l BGB, 437 Nr. 3,434 Abs. 1 S. 2 BGB. Die verschuldete Pflichtverletzung bestand auf Seiten des V darin, dass sich der Wagen nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete und V dies hätte erkennen können. (5) Ersatz vergeblicher
Aufwendungen
Der Käufer kann alternativ zum Schadensersatz statt der Leistung nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Es geht um Aufwendungen, die im Hinblick auf einen Vertragsabschluss gemacht worden sind, die aber vergeblich waren, weil der Vertrag nicht zustande kam. Diese Vorschrift stellt einen Spezialfall des Ersatzes des negativen Interesses dar. Der Käufer kann nun unabhängig von der Rentabilität den Ersatz solcher Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Sache gemacht hat und billigerweise machen durfte. Unter diese Vorschrift fallen nun auch die Vertragskosten, die nach § 467 S. 2 BGB verschuldensunabhängig vom wandelnden Käufer verlangt werden konnten. h. Verjährung aa. Dauer Die Verjährungsfristen sind im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung vollständig neu geregelt worden. Die Verjährung der Sach- und Rechtsmängelansprüche bestimmt sich nach § 438 BGB. Soweit die Ausnahmetatbestände des § 438 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 BGB nicht eingreifen, bestimmt sich die Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB.
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Besteht der Mangel in einem dinglichen Recht eines Dritten (Rechtsmangel) und kann dieser Dritte auf Grund des Rechts die Herausgabe der Kaufsache verlangen („Eviktionsfälle"), z. B. bei gestohlenen Sachen oder besteht der Mangel in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, verjähren diese Ansprüche in 30 Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 1 a, b BGB). Der Grund dieser Regelung besteht darin, einen Fristengleichlauf herzustellen. Nach § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB verjähren Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten in 30 Jahren. Dies muss demzufolge auch dann gelten, wenn der besondere Rechtsmangel in einem dinglichen Recht eines Dritten besteht, wonach Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann. Ohne den durch § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB herbeigeführten Gleichlauf der Fristen müsste der Käufer ansonsten das Risiko tragen, dass seine Ansprüche gegen den Verkäufer mit Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjähren, er jedoch noch weitere 28 Jahre dem Herausgabeanspruch eines berechtigten Dritten ausgesetzt wäre. Entsprechendes gilt nach § 438 Nr. 1 b BGB, wenn der Mangel in einem sonstigen Recht, das in einem Grundbuch eingetragen ist, besteht. Für den Verkauf von Bauwerken gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Übergabe (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 a BGB). Eine fünfjährige Verjährungsfrist gilt auch dann, wenn eine Sache entsprechend ihrer üblichen (objektiv zu bestimmenden) Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet wird, z. B. Fertigteile, Stahlträger, Fenster (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB). Der Grund des § 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB besteht in der Schaffung eines Gleichlaufs von Verjährungsfristen bzw. die Vermeidung einer Regressfalle für einen Bauhandwerker. Die werkvertragliche Gewährleistungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Solange haftet z. B. ein Bauhandwerker gegenüber dem Besteller; damit soll ihm die Möglichkeit verschafft werden, seinen Lieferanten während der gleichen Zeit in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Es handelt sich hier um eine objektive Frist, bei der es auf die Kenntnis oder das Kennen müssen auf Seiten des Käufers nicht ankommt. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, verjähren die Ansprüche innerhalb der regelmäßigen (dreijährigen) Verjährungsfrist des § 195 BGB. Auf den ersten Blick scheint dies eine Verschlechterung für den Käufer gegenüber dem bisherigen Recht zu bedeuten; allerdings handelt es sich hier um eine subjektive Frist, d. h. die Frist beginnt erst mit Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis von dem Mangel zu laufen (§ 199 BGB). bb. Beginn Die Frist beginnt nach § 438 Abs. 2 BGB bei beweglichen Sachen mit der Ablieferung, bei Grundstücken mit der Übergabe. Es handelt sich um eine objektive Verjährungsfrist, bei der es auf die Kenntnis oder Kennen müssen des Käufers nicht ankommt. Anders als im Bereich der regelmäßigen Verjährung (§ 195 BGB) gilt also kein subjektives, sondern (weiterhin) ein objektives System.
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Die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die bei arglistigem Verschweigen des Mangels gilt, beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Käufer von dem Mangel Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Die Vorschriften über die Verjährung erfassen unmittelbar nur die Ansprüche auf Nacherfüllung und Schadensersatz. Die Verjährungsfrist gilt dabei sowohl für Mangel- und Mangelfolgeschäden. In Bezug auf den Rücktritt und die Minderung ist § 218 BGB zu beachten (§ 438 Abs. 4 u. 5 BGB). Es handelt sich nicht um „Ansprüche" des Käufers, sondern um Gestaltungsrechte, die nicht der Verjährung unterliegen. Danach verjähren Rücktritt und Minderung nicht, sondern sind unwirksam, wenn der Anspruch auf Nacherfüllung verjährt ist und der Verkäufer sich darauf beruft. Unwirksam sind Rücktritt und Minderung auch, wenn der Nacherfüllungsanspruch wegen Unmöglichkeit erloschen ist, insbesondere bei einem unbehebbaren Fehler (§ 275 BGB), z.B. beim Verkaufeines Unfallwagen als „unfallfrei". Der Käufer kann nach § 438 Abs. 4 u. 5 BGB (i.V. m. § 218 Abs. 1 BGB) trotz der Verjährung der Mängelansprüche die Zahlung des Kaufpreises verweigern, wenn die Sache mangelhaft ist. Der Käufer muss also eine mangelhafte Sache auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist nicht mehr bezahlen. Dieses Ergebnis entspricht im Wesentlichen dem Ergebnis, das durch den bisherigen § 478 BGB a. F. erreicht worden ist; eine Mängelanzeige ist nicht mehr erforderlich. Zu beachten ist allerdings, dass Pflichtverletzungen, die keinen Sachmangel nach § 434 BGB darstellen, keine Ansprüche nach § 437 BGB begründen und daher auch nicht nach § 438 Abs. 1 BGB verjähren. Für solche Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB, z. B. wegen Verletzung von Neben- und Sorgfaltspflichten, etwa wegen fehlender Beratung vor Vertragsabschluss, gilt allgemeines Leistungsstörungsrecht und damit die regelmäßige Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB). i. Vertragliche Modifikationen der Mängelhaftung Die Sachmängelrechte sind grundsätzlich dispositiv. Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs ist eine sachliche oder zeitliche Begrenzung der Mängelhaftung weiterhin grundsätzlich möglich. So kann die z. B. die Verjährungsfrist von zwei Jahren individualvertraglich oder durch AGB verkürzt werden. Nach § 202 Abs. 1 BGB kommt eine vertragliche Verkürzung jedoch nicht in Betracht für eine Haftung des Verkäufers wegen Vorsatz. Die Parteien können individualvertraglich vereinbaren, dass dem Käufer die gesetzlichen Mängelrechte nicht oder nur unter Einschränkungen zustehen sollen. Der Verkäufer kann sich jedoch auf die Vereinbarung nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen hat. Daneben gelten noch die allgemeinen Einschränkungen der §§ 134, 138, 242 BGB.
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Die Vorschrift des § 444 BGB fasst die bisherigen §§ 443, 476 BGB a. F. zusammen; zugleich geht in dieser Regelung § 11 Nr. 11 AGB-Gesetz auf. Handelt es sich um jedoch einen Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB), ist eine individualvertragliche Haftungsbegrenzung nur in ganz engen Grenzen möglich. Nach § 475 Abs. 1 u. 3 BGB können die Mängelrechte des Verbrauchers weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden; möglich ist dagegen eine Vereinbarung nach Mitteilung des Mangels. Beim Verkauf gebrauchter Sachen besteht die Möglichkeit einer Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr (§ 475 Abs. 2 BGB). Eine vertragliche Verlängerung der Verjährungsfrist kann nach § 202 Abs. 2 BGB nur bis zu einer Höchstfrist von 30 Jahren wirksam vereinbart werden; sie kommt nur für die Fristen des § 438 Abs. 1 Nrn. 2 u. 3 BGB in Betracht. Erfolgt eine Haftungsbeschränkung durch AGB, bestimmt sich die Zulässigkeit nach den §§ 307 ff. BGB zur Inhaltkontrolle. Zu beachten sind insbesondere die Klauselverbote in § 309 Nr. 8 b BGB (bisher: § 11 Nr. 10 AGB-Gesetz) für die Lieferung neu hergestellter Sachen. Beim Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) ist ein Haftungsausschluss- bzw. eine Haftungsbegrenzung durch AGB weitgehend ausgeschlossen. Diese gewährleistungsrechtlichen Klauselverbote für die Lieferung neu hergestellter Sachen in § 309 Nr. 8 b BGB haben dadurch in der Praxis erheblich an Bedeutung verloren, da diese Vorschriften zwingend sind und im Übrigen im Verhältnis zu Unternehmern zumindest nicht unmittelbar gelten (§310 BGB). Nach § 475 Abs. 3 BGB finden die §§ 307 ff. BGB, speziell § 309 BGB, Anwendung, wenn beim Verbrauchsgüterkauf der Anspruch auf Schadensersatz ausgeschlossen oder beschränkt wird. Von besonderer Bedeutung ist § 309 Nr. 7 a BGB. Danach ist ein Haftungsausschluss bzw. eine Haftungsbegrenzung der Haftung für Körperschäden, die auf einer (fahrlässigen) Pflichtverletzung beruhen, die der Verwender, sein gesetzlicher Vertreter oder Erfüllungsgehilfe zu vertreten haben, in AGB unwirksam. Nach § 309 Nr. 7 b BGB gilt gleiches für einen Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen beruhen. j . Garantien aa. Bisher geltendes Recht Im bisher geltenden Recht gab es keine ausdrückliche Regelung über Inhalt und Rechtsfolgen einer (vertraglichen) Garantieübernahme. Die Bedeutung einer Garantie war durch Auslegung zu ermitteln (Überblick zur Rspr. und Lit. bei Staudinger-Honsell, § 459 BGB, Rnn. 175 ff.). Es konnte sich dabei lediglich um
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die Zusicherung einer Eigenschaft oder das NichtVorhandensein eines Fehlers handeln mit der Konsequenz, dass die „normalen" Gewährleistungsvorschriften bestehen blieben (Beschaffenheitsgarantie). Der Verkäufer konnte auch eine Garantie dahingehend übernehmen, dass die Kaufsache während eines bestimmten Zeitraums oder für eine bestimmte Nutzungsdauer sachmängelfrei blieb (Haltbarkeitsgarantie), z. B. die Kilometerleistung eines Kfz. Für den Käufer bestand der Vorteil darin, dass seine Rechte unabhängig davon bestanden, ob ein Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden war. Eine derartige Haltbarkeitsgarantie erweiterte bzw. verstärkte die gesetzliche Sachmängelhaftung. Sie wurde als „unselbstständige" Garantie bezeichnet. Bei der sog. selbstständigen Garantie übernimmt der Verkäufer die Gewähr für einen, neben der Mangelfreiheit der Kaufsache tretenden, besonderen Erfolg, z. B. für die zukünftige Bebaubarkeit eines Grundstücks. Neben Verkäufergarantien haben Herstellergarantien große praktische Bedeutung. Wenn z. B. ein Hersteller von Autos in einem Garantieschein die Garantie für kostenlose Reparatur oder Ersatz bei Material und Herstellungsfehlern übernimmt, kommt hier ein selbstständiger Garantievertrag - über den Verkäufer als Vertreter bzw. als Boten - mit dem Käufer zustande, bei dem der Garantiegeber auf den Zugang der Annahme verzichtet (BGHZ 78, 369 (373)). Die selbstständige Garantie ist auch weiterhin gesetzlich nicht geregelt. bb. Regelung der „Garantie" Mit dem § 443 BGB hat der Gesetzgeber erstmals eine Vorschrift in das Kaufrecht eingefügt, die sich auf „ Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantien" des Verkäufers und eines Dritten, regelmäßig des Herstellers, beziehen; ergänzt wird diese Vorschrift durch 477 BGB im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs. Inhalt und Umfang ergeben sich aus der Garantieerklärung und aus den in der einschlägigen Werbung angegebenen Bedingungen. Unmittelbare Rechtsfolgen werden nicht geregelt, sondern sind grundsätzlich im Einzelfall im Wege der Auslegung (unter Einbeziehung der „Werbung") nach §§ 133, 157 BGB zu bestimmen. § 443 Abs. 1 BGB enthält das in Art. 6 VerbrKfRL vorgegebene Bindungsgebot. Die Rechte aus der Garantie stehen dem Käufer neben seinen anderen gesetzlichen Ansprüchen nach den §§ 437 ff. BGB zu. Bei der Haltbarkeitsgarantie sagt der Verkäufer zu, dass die Kaufsache während eines bestimmten Zeitraums oder einer bestimmten Nutzungsdauer sachmangelfrei bleibt. Ein Sachmangel bedeutet ein Fehler bei Gefahrübergang, während sich die Garantie auf die Haltbarkeit und Funktionsfähigkeit nach Gefahrübergang bezieht. Damit geht der Verkäufer über die gesetzliche Regelung hinaus, da er nur bei Gefahrübergang vorhandene Sachmängel einstehen muss. Aus der Haltbarkeitsgarantie ergibt sich aber keine selbstständige Anspruchsgrundlage, da die Haltbarkeitsgarantie Bestandteil des Kaufvertrags ist. Eine
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
selbstständige Garantie des Verkäufers liegt nur dann vor, wenn ein eigener über die vertragsgemäße Erfüllung hinausgehender Erfolg geschuldet wird. Wird eine Haltbarkeitsgarantie übernommen, wird nach § 443 Abs. 2 BGB vermutet, dass ein während ihrer Geltungsdauer auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet. Der Käufer hat nur zu beweisen, dass eine Garantie gegeben worden ist, dass es sich um eine Eigenschaft handelt, die von der Garantie erfasst ist und dass innerhalb der Garantiezeit ein Mangel aufgetreten ist. Sache des Garantiegebers, i. d. R. des Verkäufers, ist es dann, das Vorliegen eines Garantiefalls zu entkräften, z. B. durch Nachweis einer sachwidrigen Behandlung des Kaufgegenstands durch den Käufer. Der Gesetzgeber hat keine Entscheidung getroffen, welche Auswirkungen die Garantiefrist auf die Verjährungsfrist hat. Er tendiert dahin, den Beginn der Verjährung nicht zu verschieben, sondern auch bei der Übernahme einer Garantie die Verjährungsfrist mit der Ablieferung der Sache beginnen zu lassen. In der Lit. wird weiterhin davon ausgegangen, dass die Verjährung des Anspruchs erst mit Auftreten des Garantiefalles beginnt (Palandt-Putzo, § 443 BGB, Rn. 15). Beispiel: K kauft bei V einen PC, der ihm eine Garantieurkunde des Herstellers H aushändigt. H verspricht darin, innerhalb eines Jahres alle auftretenden Mängel zu reparieren. Nach acht Monaten funktioniert die Festplatte nicht mehr. Die Ursache des Defekts ist unklar. Es ist nicht festzustellen, ob der Defekt auf einem bereits bei Gefahrübergang vorliegenden Materialfehler des Geräts oder auf unsachgemäßer Behandlung durch K zurückzuführen ist. K hat gegen H einen Anspruch auf Nachbesserung aus dem Garantievertrag i.V. m. § 443 BGB. H hat gegenüber K eine Haltbarkeitsgarantie gem. § 443 Abs. 1 BGB abgegeben. Diese Garantie hatte zum Inhalt, dass K innerhalb eines Jahres kostenlose Reparatur im Falle eines Mangels verlangen kann. Ein solcher Mangel ist mit dem Defekt an der Festplatte acht Monate nach Übergabe eingetreten. Ungeklärt ist jedoch die Ursache des Mangels. Für Defekte, die K selbst verursacht hat, wollte H sicherlich nicht einstehen. Hier kommt K die Vermutung nach § 443 Abs. 2 BGB zugute. Zu seinen Gunsten wird widerleglich vermutet, dass der aufgetretene Mangel die Rechte aus der Garantie zur Folge hat. Kann H also keine Verursachung durch K nachweisen, steht K aus der Garantie i.V. m. § 443 BGB gegen H ein Anspruch auf kostenlose Reparatur zu. Ein Nacherfüllungsanspruch gegen V nach §§ 437 Nr. 1, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2. BGB ist zwar nicht verjährt (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB); allerdings kann K nicht nachweisen, dass der Mangel am PC bei Gefahrübergang vorlag. Die Garantie gilt inhaltlich auch im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs, enthält diesbezüglich in § 477 Abs. 1 BGB zusätzliche Anforderungen an die Klarheit, Verständlichkeit und Abgrenzbarkeit der Garantie von der kaufrechtlichen Mängelhaftung. Übernimmt der Verkäufer eine Garantie für die Beschaffenheit, ergeben sich
die Rechte des Käufers auch hier grundsätzlich aus der Erklärung des Verkäufers. Eine Beschaffenheitsgarantie ist zu unterscheiden von einer bloßen Beschaffenheitsvereinbarung. Das maßgebliche Abgrenzungskriterium ist das verbindliche Einstehenwollen für die Folgen des Fehlens einer bestimmten Beschaffenheit bzw. Eigenschaft (vgl. zur Abgrenzung Medicus, BR, Rnn. 336 ff.).
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Der Begriff der Garantie wird noch im Rahmen des Schadensersatzes in § 276 BGB verwendet. Die Übernahme einer Garantie führt zu einer „verschuldensunabhängigen" Haftung; die „Zusicherung von Eigenschaften" gem. § 463 BGB a. F. findet sich in dieser Vorschrift wieder. Nach § 444 BGB kommt - wie erwähnt - ein (vereinbarter) Haftungsausschluss nicht in Betracht, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Diese Vorschrift entspricht den bisherigen §§ 443-446 BGB und § 11 Nr. 11 AGBGesetz. In rechtlicher Hinsicht besteht z.Z. beim Unternehmenskaufvertrag eine gewisse Unsicherheit, da hier üblicherweise von der Verkäuferseite (als Ausgleich für einen umfassenden Haftungsausschluss) Garantien gegeben werden und (noch) nicht geklärt ist, ob und inwieweit diese Garantien inhaltlich begrenzt werden können. Sinn und Zweck des § 444 2. Alt. BGB ist es, den Käufer davor zu schützen, dass der Verkäufer sich widersprüchlich verhält, indem er zunächst eine umfassende „Garantie für die Beschaffenheit" übernimmt, um an anderer Stelle (im Vertrag) seine Haftung zu beschränken oder auszuschließen. Ein „widersprüchliches Verhalten" des Verkäufers liegt nur dann vor, wenn eine zunächst übernommene (umfassende) Garantie nachträglich wieder ausgeschlossen oder beschränkt wird, z. B. wenn der Verkäufer den Bestand des Warenlagers uneingeschränkt garantiert und in einem nachfolgenden Abschnitt seine Haftung begrenzt, etwa durch eine Formulierung „... garantiert bis zur Höhe von 500 000,00 € " . Werden Inhalt und Umfang der Garantie jedoch von vornherein zeitlich oder haftungsmäßig (auf Höchstsummen) begrenzt, so stehen dem Käufer eben nur die Rechte in dem beschriebenen Umfang zu. Da der Verkäufer nicht verpflichtet ist, (überhaupt) Garantien abzugeben, liegt eine Beschränkung i. d. S. nicht vor, denn was der Käufer nie hatte, kann ihm auch nicht genommen werden. § 444 2. Alt. BGB ist also nur dann anwendbar, wenn zunächst eine umfassende Garantie abgegeben wird, jedoch die Vereinbarung an anderer Stelle im Vertrag eine Haftungsbegrenzung oder einen Haftungsausschluss enthält. Unter Berücksichtigung der ratio der Norm erscheint es daher nicht gerechtfertigt, den Anwendungsbereich des § 444 2. Alt. BGB - wie teilweise in der Literatur vertreten - auf unselbstständige Garantien zu beschränken. Bei einem Unternehmenskauf entspricht die Übernahme einer begrenzten Garantie der gängigen Vertragspraxis. Dies geschieht üblicherweise in Form einer „Garantieliste". Mit dieser „Garantieliste" übernimmt der Verkäufer eine verschuldensunabhängige beschränkte Gewährleistung für die Richtigkeit bestimmter Informationen (z.B. Umsatz und Warenbestand), deren Rechtsfolgen in einer dann folgenden Bestimmung exakt umschrieben werden, sowohl im Hinblick auf Umfang (z.B. Haftungssummenbeschränkungen) und zeitlicher Dauer der Haftung unter gleichzeitigem Ausschluss einer weitergehenden Haftung, insbesondere für Sachmängel des Unternehmens und der zum Unternehmensvermögen gehörenden Sachen. Demnach beinhaltet § 444 2. Alt. BGB eine Art „Transparenzgebot", wonach die Vertragsparteien gehalten sind, widerspruchsfreie „beschränkte Garantien" zu formulieren. Somit hat die genannte Vorschrift für die üblicherweise im Unternehmenskauf abgegebenen (beschränkten) Garantien keine Bedeutung. Auch in der Literatur wird überwiegend dieses Ergebnis, wonach § 444 2. Alt. BGB die Vertragspraxis grundsätzlich nicht beeinträchtigt, mit unterschiedlicher Begründung vertreten. In Anbetracht der Tatsache, dass das Gesetz erst seit dem 1.1.2002 in Kraft ist, existiert hierzu jedoch noch keine gesicherte Rechtsprechung. Daher ist es den Vertragsparteien zu empfehlen, zunächst bei der Formulierung von Unternehmenskaufverträgen auf Zusicherungen und Garantien möglichst zu verzichten und
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statt dessen umfassende Beschaffenheitsvereinbarungen (§ 434 BGB), die nach neuem Recht sich auch auf Angaben zum Umsatz, Ergebnis eines Unternehmens etc. beziehen können, zu formulieren. Sollten die Parteien dennoch beschränkte Garantien formulieren wollen, so ist darauf zu achten, dass missverständliche Begriffe in der Garantieliste (z. B. uneingeschränkt, voll umfänglich etc.) vermieden werden, oder ein Hinweis in der Garantieliste auf nachfolgende Haftungsbeschränkungen erfolgt. Im Übrigen ist bei Schadenersatzansprüchen darauf zu achten, dass lediglich eine verschuldensunabhängige Haftung erfolgen sollte, die keine Garantieübernahme i. S. v. § 276 Abs. 1 S. 1 bzw. § 444 2. Alt. BGB darstellt (vgl. hierzu Zerres, MDR 2003, 368; der Gesetzgeber plant in § 444 BGB das Wort „wenn" durch „soweit" zu ersetzen, vgl. BT-Drs. 15/1096).
k. Konkurrenzen Liegt ein Sachmangel vor, stellt sich die Frage, ob auch andere in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen, z. B. aus ungerechtfertigter Bereicherung nach einer Anfechtung wegen Irrtums oder etwaige deliktische Ansprüche neben den Sachmängelvorschriften anwendbar sind. Auf Grund der jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen und Verjährungsvorschriften, die mit den einzelnen Ansprüchen verknüpft sind, stellt sich nun die Frage, in welchem Verhältnis die Sachmängelvorschriften zu den anderen in Betracht kommenden Vorschriften stehen. aa. Abgrenzung zu §§ 119 ff. BGB Grundsätzlich ist eine Anfechtung wegen Irrtums nach den §§119 ff. BGB nach Gefahrübergang möglich. Dies gilt jedenfalls für den Erklärungs- und den Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 BGB, weil die „Fehlerquellen" vollkommen unterschiedlich sind. Entsprechendes gilt auch für die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB. Es besteht kein Anlass, den betrügerisch oder sonst unrechtmäßig handelnden Verkäufer durch die Beschränkung des Käufers auf die Sachmängelgewährleistung zu begünstigen. Ausgeschlossen ist dagegen eine Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach § 119 Abs. 2 BGB durch den Käufer. Soweit der Irrtum auf einem Sachmangel beruht, liegt auch ein Irrtum über eine verkehrwesentliche Eigenschaft vor, da der Käufer von der Mangelfreiheit der Sache ausgegangen ist. Würde man dem Käufer eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB gestatten, könnte er sich unabhängig vom Ablauf der Verjährungsfrist des § 438 BGB und auch im Falle grob fahrlässiger Unkenntnis (§ 442 BGB) oder einem wirksamen Gewährleitungsausschluss vom Vertrag lösen, wenn er nur die - erst mit Kenntnis des Irrtums beginnende - Anfechtungsfrist wahrt. Es ist daher nach wie vor davon auszugehen, dass die §§ 437 ff. BGB lex specialis zu § 119 Abs. 2 BGB sind (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 4, Rn. 135 m. w.N.). bb. Vorvertragliche Pflichtverletzungen In bezug auf die Haftung für fahrlässige Falschangaben über fehlerbegründende oder zusicherungsfähige Eigenschaften der Kaufsache stellen die §§ 437 ff. BGB
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Sonderregeln zu dem Schadensersatzspruch aus § 311 Abs. 2 u. 3 BGB i.V. m. § 280 Abs. 1 BGB dar. Zum einen enthält das Sachmängelrecht eine Sonderregel für den Ausschluss von Mängelansprüchen bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers, zum anderen könnte bei behebbaren Mängeln durch einen sofort auf § 311 Abs. 2, 3 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Vertragsauflösung der Vorrang der Nacherfüllung umgangen werden (vgl. Lorenz/Riehm, Rn. 576). Hinsichtlich der Haftung für unrichtige Beratung wird es darauf ankommen, ob der Beratungsgegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 BGB zugänglich ist. Die Haftung wegen Verletzung einer selbstständigen Nebenpflicht aus den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB unterliegt der Regelverjährung des § 195 BGB.
cc. Abgrenzung zur Verletzung mangelunabhängiger Nebenpflichten Die Verletzung von mangelunabhängigen Nebenpflichten, z.B. Sorgfalts- und Erhaltungspflichten, führte bisher zu einem Schadensersatzanspruch aus pFV, der nicht der kurzen Verjährungsfrist unterlag. Beschädigt der Verkäufer bei Lieferung der Kaufsache das Eigentum des Käufers oder verletzt er ihn, so verletzt er eine Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB und haftet nach § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz. Dieser Anspruch unterliegt nicht der Verjährungsfrist des § 438 BGB. § 438 BGB bezieht sich nur auf die Ansprüche wegen Sachmängel (Lorenz/Riehm, Rn. 580). dd. Abgrenzung zum Deliktsrecht Die §§ 823 ff. BGB werden durch die Vorschriften des Sachmängelrechts nicht ausgeschlossen. Hat z.B. der Käufer durch eine schuldhaft mangelhafte Lieferung des Verkäufers eine Rechtsgutverletzung i. S.d. § 823 Abs. 1 BGB erlitten, stehen ihm zusätzlich die Ansprüche nach §§ 823 ff. BGB zu. Problematisch war in der Vergangenheit die Abgrenzung zwischen Deliktsrecht und Gewährleistungsrecht im Falle einer Eigentumsverletzung. Grund hierfür waren die erheblichen Unterschiede bei der Verjährung (vgl. §§ 477, 852 BGB a.F.). Grundsätzlich stellt die Lieferung einer mangelhaften Sache keine Eigentumsverletzung dar, da der Käufer - genau genommen - niemals mangelfreies Eigentum erhält. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht, wenn nur die Gebrauchstauglichkeit an der Sache beeinträchtigt ist, d. h. das „Äquivalenzoder Nutzungsinteresse" betreffen. Die Rspr. hat jedoch in bestimmten Fällen das Deliktsrecht mit der dreijährigen Verjährungsfrist (§ 852 BGB) zur Anwendung kommen lassen, wenn es sich um einen „weiterfressenden Schaden" handelte. Darunter waren solche Mängel zu verstehen, die sich an der Kaufsache nach Eigentumserwerb durch den Käufer weiter ausdehnten und so zu einem Schaden führten. Die Rspr. hat eine Eigentumsverletzung dann angenommen, wenn ein funktionell abgrenzbares Einzelteil einer - ansonsten intakt gelieferten - Gesamtsache an dieser einen weiteren Schaden verursacht hat.
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse Beispiel (vgl. BGHZ 67, 359 - „SchwimmerschalterFall): K kauft von V eine Reinigungsanlage mit elektrisch beheizten Drähten. Der Heizstrom sollte bei Flüssigkeitsmangel durch einen Schwimmerschalter (Wert: 2 €) unterbrochen werden. Da dieser nicht richtig funktionierte, kam es ca. 3 Jahre nach der Lieferung der Anlage zu einem Brand. Die Reinigungsanlage mit einem Wert von 50000 € wurde zerstört. Der BGH hatte eine Anwendbarkeit des § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung unter Bezugnahme auf den „weiterfressenden Schaden" bejaht. Die Ansprüche des Käufers auf Mängelgewährleistung waren verjährt (§ 477 BGB) so dass nur Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung in Betracht kamen.
In der Folgezeit hatte der BGH u. a. im sog. „Gaszug-Fall" (BGH, NJW 1983, 812), in dem ein defekter Gaszug zu einem Unfall des PKW führte, das Abgrenzungskriterium des „abgrenzbaren Einzelteils" durch das Kriterium der „Stoffgleichheit" ersetzt. Soweit sich der geltend gemachte Schaden mit dem Unwert deckt, welcher der Sache bereits wegen ihrer Mangelhaftigkeit von Anfang an bei ihrem Erwerb anhaftet, d.h. mit diesem also „stoffgleich" ist, ist er allein auf die enttäuschten Vertragserwartungen zurückzuführen. Eine Verletzung des Integritätsinteresses liegt dann nicht vor, so dass sich die Rechtsfolgen allein nach dem Gewährleistungsrecht bestimmen. In diesem Fall kam das Deliktsrecht zur Anwendung. Ebenso entschied der BGH im sog. Kompressor-Fall, in dem es um ein mangelhaft gesichertes Olablaufrohr an einem Kompressormotor ging und im „PKW-Motor-Fall", in dem ein Schaden entstand wegen einer fehlenden Befestigungsschraube an der Nockenwelle eines PKW-Motors sowie im Falle eines „defekten Autoreifens", auf Grund dessen es zu einem Unfall und Totalschaden des PKW kam (vgl. Rspr-Übersicht bei Palandt-Sprau, § 3 ProdhaftG, Rn. 13, Brox/ Walker, § 41, Rn. 6 m. w. N.). Ob diese Rspr. weiter Bestand hat, ist angesichts der Vervierfachung der Verjährungsfrist in § 438 BGB gegenüber § 477 BGB a. F. offen. Es spricht jedoch viel dafür, dass bisherige Pflichtenkonzept beizubehalten, weil die kaufrechtlichen Vorschriften das Äquivalenzinteresse bzw. Erfüllungsinteresse betreffen, während die Verkehrssicherungspflichten des § 823 Abs. 1 BGB den Schutz des Integritätsinteresses des Käufers zum Gegenstand haben. Hinzu kommt, dass die Verjährungsfristen (und der Verjährungsbeginn) nach wie vor erhebliche Unterschiede aufweisen. Für Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB gilt die allgemeine Verjährung nach 195 BGB mit dem subjektiven Fristbeginn nach § 199 Abs. 1 BGB (u. U. bis zu 30 Jahre gem. § 199 Abs. 2 u. 3 BGB, Huber, in: Huber/Faust, S. 391; kritisch hierzu Lorenz/ Riehm, Rn. 582). 1. Sondervorschriften für den Verbrauchsgüterkauf aa. Zwingendes Recht Die §§ 474 ff. BGB enthalten Sondervorschriften für den Verbrauchsgüterkauf. Dieser liegt vor, wenn ein Verbraucher ( § 1 3 BGB) von einem Unternehmer (§ 14
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BGB) eine bewegliche Sache kauft. Diese Vorschriften finden also keine Anwendung bei Kaufverträgen unter Unternehmern oder unter Verbrauchern oder wenn ein Verbraucher an einen Unternehmer verkauft. Bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher sind nach § 475 BGB die wesentlichen Elemente der gesetzlichen Regelungen zwingendes Recht. Dies gilt vor allem für die grundlegenden Pflichten der Parteien (§§ 433-^-35 BGB) sowie für den Nacherfüllungsanspruch und das Recht auf Rücktritt und Minderung (§§ 437,439,440,441,442 BGB). Das bedeutet, dass sie weder durch AGB noch durch eine Individualvereinbarung abdingbar sind. Diese Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 VerbrKfRL. Die Inhaltskontrolle nach § 309 BGB verliert damit - jedenfalls für Verbrauchsgüterkäufe - an Bedeutung. Nach § 474 Abs. 2 BGB finden die §§ 445-447 BGB, die den Gefahrübergang regeln, beim Verbrauchsgüterkauf keine Anwendung. Dies wirkt sich insbesondere beim Versendungskauf aus. Da die Gefahr erst mit der Übergabe auf den Verbraucher übergeht, trägt der Verbraucher damit das Transportrisiko nicht. Der Verkäufer hat allerdings auch beim Verbrauchsgüterkauf die Möglichkeit, dem Verbraucher ihm bekannte Mängel mitzuteilen und danach eine entsprechende Haftungsbeschränkung zu vereinbaren. Der zwingende Charakter erstreckt sich auch auf die gebrauchten Sachen. Ein vollständiger Gewährleistungsausschluss (auch individualvertraglich) ist nicht möglich. Für die Verkäufer von gebrauchten Waren wird es zur Vermeidung einer Haftung für Sachmängel darauf ankommen, möglichst detaillierte Beschaffenheitsvereinbarungen zu treffen. Ergänzend sind auch die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung des Kaufgegenstands zu definieren, da bereits die Frage der Mangelhaftigkeit von der Bestimmung des Verwendungszwecks abhängt (vgl. Haas, BB 2001, 1313 (1320); Westermann, JZ 2001, 530 (536)). Im professionellen Gebrauchtwagenhandel sind von der Versicherungswirtschaft entsprechende Modelle entwickelt worden. Ein Ausweichen auf die - früher häufig praktizierten - Agenturverträge zur Vermeidung der Umsatzsteuer, da der Händler nur als Vermittler auftritt, wird praktisch regelmäßig nicht vorgenommen werden können, da der Verkäufer i.d. R. den Wagen eines Käufers nur gegen Verkauf eines „neuen" Wagens in Zahlung nimmt. Eine Ausnahme von dem zwingenden Charakter macht § 475 Abs. 3 BGB für den Schadensersatzanspruch und den Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 284 BGB), da die VerbrKfRL hierzu keine Vorgaben enthält. bb. Beweislastumkehr Von besonderer praktischer Bedeutung ist beim Verbrauchsgüterkauf auch die Vorschrift des § 476 BGB, wonach eine Beweislastumkehr für einen bestimmten Zeitraum zu Lasten des Verkäufers besteht. Zeigt sich innerhalb der ersten sechs Monate ab Gefahrübergang ein Mangel, wird vermutet, dass die Sache bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder der Art des Mangels nicht vereinbar. Der Verbraucher
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
muss (nur) darlegen, dass ein Sachmangel vorliegt und dieser innerhalb der ersten sechs Monate aufgetreten ist. Die Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs steht in Übereinstimmung mit den Vorgaben der VerbrKfRL. Die Beweislastumkehr bedeutet eine Verbesserung des Verbraucherschutzes, da - nach bisherigem Recht - grundsätzlich der Käufer sowohl für den Mangel als auch für sein Vorliegen ab Gefahrübergang beweispfiichtig war (vgl. BGH, DB 1989, 1746; Münch-Komm-Westermann, § 459 BGB, Rn. 99). Die Beweislastumkehr ist mit der Art der Sache nicht vereinbar, wenn es sich um eine gebrauchte Sache handelt. Bei gebrauchten Sachen besteht schon wegen des sehr unterschiedlichen Grades der Abnutzung kein entsprechender allgemeiner Erfahrungssatz. Auch bei Lebensmitteln mit kurzer Haltbarkeit passt eine Beweislastumkehr nicht. Die Beweislastumkehr ist mit der Art des Mangels nicht vereinbar, wenn sich aus ihr mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ergibt, dass der Mangel erst nach Gefahrübergang aufgetreten ist, etwa bei sehr auffälligen äußeren Beschädigungen einer Kaufsache, die offen übergeben worden war. Diese Vermutung dürfte auch nicht passen bei Tierkrankheiten. Wegen der Ungewissheit über den Zeitraum zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit ist häufig nicht feststellbar, ob eine Ansteckung vor oder erst nach dem Gefahrübergang erfolgt ist. Hier ist eine Vermutung dahingehend, dass der Mangel bereits zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen hat, nicht gerechtfertigt. cc. Sondervorschriften zu Garantien Im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs muss eine Garantie zusätzlich dem Transparenzgebot entsprechen. Die Garantieerklärung (§ 443 BGB) muss einfach und verständlich abgefasst sein, den Verbraucher darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Rechte dadurch nicht eingeschränkt werden und bestimmte Informationen enthalten. Der wesentliche Zweck dieser Vorschrift besteht in dem Schutz des Verbrauchers vor Irreführung durch unklar formulierte Garantiebedingungen. In § 477 Abs. 3 BGB ist klargestellt, dass bei Nichteinhaltung der in § 477 Abs. 1 u. 2 BGB genannten Voraussetzungen die Garantieverpflichtung nicht unwirksam wird. Anderenfalls wäre der Verbraucher in dem Fall, in dem der Unternehmer seinen diesbezüglichen Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend nachkommt, schlechter gestellt. Abgesehen von dem Anspruch des Verbrauchers auf Übermittlung der Garantie in Textform (§ 126 b BGB) begründet diese Vorschrift bei Nichteinhaltung grundsätzlich keine weiteren unmittelbaren Ansprüche des Verbrauchers. Denkbar wäre ein Anspruch des Käufers nach §§311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB wegen Verletzung von Schutz- und Aufklärungspflichten. Diese können unter extremen Umständen zu einer Rückabwicklung des Vertrags führen, sofern die fehlerhafte Unterrichtung über die Garantie ursächlich für den Abschluss des Vertrags war. Die Nichteinhaltung der in dieser Vorschrift enthaltenen Anforderungen kann weiterhin eine Irreführung nach § 3 UWG oder einen Verstoß gegen die guten Sitten nach § 1 UWG wegen Rechtsbruchs darstellen.
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Naheliegender im Falle eines Verstoßes gegen § 477 BGB ist ein Verbandsklageverfahren auf Unterlassung nach § 2 UKlaG (bisher § 22 AGBG).
dd. Rückgriff des Letztverkäufers (1) Sinn und Zweck Die Vorschriften der §§ 478, 479 BGB erleichtern im Falle einer Lieferkette dem Letztverkäufer die Möglichkeit eines Rückgriffs gegen seinen Lieferanten für den Fall, dass der Verbraucher gegen ihn Mängelansprüche geltend gemacht hat. Mit diesen Regelungen soll verhindert werden, dass der Letztverkäufer (i. d. R. der Einzelhändler) die „Nachteile" des erhöhten Verbraucherschutzes tragen muss, wenn er von dem Verbraucher wegen eines Sachmangels in Anspruch genommen wird, der nicht in seinem Verantwortungsbereich verursacht wurde, sondern auf einen Fehler im Herstellungsprozess zurückzuführen ist. Aber auch der Zwischenhändler soll die Folgen eines Sachmangels im Endeffekt nicht tragen müssen, wenn der Mangel beim Hersteller verursacht wurde. Für den Letztverkäufer (und den Zwischenhändler) besteht - wegen der größeren Vertragsfreiheit, kürzerer Fristen, geringerem Vertrauen in Werbeaussagen - das Risiko einer „Regressfalle" (vgl. hierzu Prinz v. Sachsen/Gessaphe, RIW 2001,721 ff.). Daher soll nicht nur der Letztverkäufer bei seinem Lieferanten Regress nehmen können, sondern der Rückgriff soll innerhalb der gesamten Glieder der Vertriebskette möglich sein, wenn diese Unternehmer sind, je nachdem, woher die Vertragswidrigkeit stammt (§ 478 Abs. 5 BGB). Zusätzliche Vertragsbeziehungen bzw. Ansprüche werden nicht geschaffen, sondern der Rückgriff soll nur innerhalb der jeweiligen Vertragbeziehungen vorgenommen werden. Diese Regelung beruht auf Art. 4 der VerbrKfRL. (2) Privilegierung nach § 478 Abs. 1 BGB § 478 Abs. 1 BGB enthält nun für den Unternehmer (Letztverkäufer) in den Fällen, in denen er von dem Verbraucher infolge der Mangelhaftigkeit die Sache zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat, die Privilegierung, dass er zur Geltendmachung seiner Rechte nach § 437 BGB gegenüber dem Unternehmer, der ihm die mangelhafte Sache verkauft hatte (Lieferant/Hersteller), keine Nachfrist für eine Nacherfüllung setzen muss, die ansonsten erforderlich wäre (§ 478 Abs. 1, S. 2 BGB). Zu beachten ist, dass die Privilegierung nur in Betracht kommt, wenn der Letztverkäufer die (neu hergestellte) Sache auf Grund ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste; diese Vorschriftfindetkeine Anwendung, wenn etwa der Verbraucher ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht ausgeübt hat oder er von einem Widerrufsrecht nach § 355 BGB Gebrauch gemacht hat. Als weitere Privilegierung sieht § 478 Abs. 3 BGB vor, dass die in § 476 BGB zugunsten des Verbrauchers geregelte Beweislastumkehr auch gegenüber dem Lieferanten Anwendung findet. Die sechsmonatige Frist beginnt nicht bereits
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mit Gefahrübergang auf den Letztverkäufer, sondern erst mit der Lieferung an den Verbraucher; dies führt im Ergebnis zu einer Verlängerung der Vermutung nach § 476 BGB im Verhältnis Letztverkäufer und Lieferant/Hersteller. Eine weitere Modifikation besteht in bezug auf die Verjährung von Mängelansprüchen des Letztverkäufers gegen den Lieferanten. Da diese nämlich mit der Ablieferung der Sache an den Unternehmer beginnt, könnten ohne eine Sonderregel Gewährleistungsansprüche zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Unternehmers durch den Verbraucher bereits verjährt sein, wenn zwischen Ankauf und Weiterverkauf durch den Letztverkäufer zwei Jahre verstrichen sind, z. B. bei „Ladenhütern". § 479 Abs. 2 BGB sieht eine Ablaufhemmung vor. Die Verjährung endet frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers durch den Letztverkäufer, spätestens aber nach Ablauf von fünf Jahren seit der Ablieferung beim Letztverkäufer. (3) Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB § 478 Abs. 2 BGB beinhaltet eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Danach kann der Unternehmer von seinem Lieferanten Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, die er zur Nacherfüllung machen musste, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer vorhanden war; auf ein Verschulden des Lieferanten kommt es nicht an. Ohne die Regelung in § 478 Abs. 2 BGB hätte diese Kosten regelmäßig der Letztverkäufer zu tragen. Zu ersetzen sind jedoch nur die Aufwendungen, zu deren Übernahme der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher verpflichtet war; Kosten, die dieser z. B. aus Kulanzgründen übernommen hat, zählen nicht hierzu. Diese Bestimmungen haben zwar keinen unmittelbar zwingenden Charakter. Zum Schutz des Unternehmers sind jedoch abweichende Vereinbarungen nach § 478 Abs. 4 BGB nur zulässig, wenn diesem - als Rückgriffsgläubiger - ein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Dies gilt - unabhängig des § 307 BGB - nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz. Wie dieser „gleichwertige Ausgleich" nun im Einzelnen aussieht, wird die Praxis zeigen; denkbar wäre eine pauschale Ausgleichsregelung anstelle einzelner Ansprüche oder eine Beschränkung auf Höchstbeträge (vgl. Palandt-Putzo, § 478 BGB, Rnn. 20 ff.). In jedem Fall ist eine Neugestaltung der von den Unternehmen verwendeten AGB und eine Anpassung an die neue Rechtslage erforderlich. Es ist zu erwarten, dass gerade in diesem Bereich noch zahlreiche (Streit)Fragen auftreten werden. Regelmäßig handelt es sich im Rahmen der Rückgriffsbeziehungen um Handelskäufe, bei denen die in § 377 HGB normierte Untersuchungs- und Rüge-
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pflicht zu beachten ist. Diese Untersuchungs- und Rügepflicht besteht unabhängig davon, ob ein Verbraucher am Ende der Vertriebskette steht oder nicht. Es soll nicht nur die gesetzliche Regelung des § 377 HGB, sondern auch die hiervon abweichenden Vereinbarungen unberührt bleiben. So hat die Rspr. bisher entschieden, dass Vertragsklauseln über Ausschlussfristen, die die Rügemöglichkeit praktisch vollständig beseitigen, unwirksam sind (vgl. BGHZ 115, 324, zu der Vereinbarung einer Ausschlussfrist von drei Tagen für die Rüge versteckter und erkennbarer Mängel). Diese Vorschrift stellt damit sicher, dass dem seinen Untersuchungs- und Rügepfiichten nachkommenden Letztverkäufer der Rückgriff erhalten bleibt.
Kaufvertrag
Unternehmer ("Lieferant")
Unselbständiger Regress: Modifizierte Gewährleistungsansprüche gem. §§ 437, 478 Abs. 1, 479 Abs. 2: Kein Fristsetzungserfordernis, Vermutung des Zeitpunkts des Mangels (Abs. 3), Ablaufhemmung der Verjährung
A
S V
Letztverkäufer (Händler)
tt
I Selbständiger Regress: Anspruch auf Aufwendungsersatz für Nachbesserungskosten gem. § 478 Abs. 2; Vermutung des Zeitpunkts des Mangels (Abs. 3); Verjährung nach § 479 Abs. 1 (2 Jahre), Ablaufhemmung nach § 479 Abs. 2
y
Hersteller
Verbraucher
Abb. IV.5. Unternehmerregress beim Verbrauchsgüterkauf
m. Besondere Arten des Kaufs aa. Kauf unter Eigentumsvorbehalt Der Eigentumsvorbehalt ist ein wichtiges Sicherungsmittel des Warenkreditgebers zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung. Dieses Kreditgeschäft führt zu einer Vorleistung des Verkäufers. Dieser liefert die Ware sofort, während der (vollständige) Kaufpreis erst zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt werden soll. Der Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft wird aber unbedingt geschlossen. Der Verkäufer sichert sich dinglich dadurch, dass er bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises Eigentümer der verkauften Sache bleibt. Dies kann dadurch erreicht werden, dass der Verkäufer dem Käufer die Kaufsache sofort übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum auf den Käufer erst dann übergeht, wenn der gesamte Kaufpreis gezahlt ist
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
(Eigentumsvorbehalt). Ein Eigentums vorbehält kann auch im Rahmen von AGB vereinbart werden. Der nach § 929 BGB erforderliche Übereignungsvertrag wird also unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) der vollständigen Kaufpreiszahlung geschlossen. Ist dies geschehen, verliert der Verkäufer ohne weiteres sein Eigentum an den Käufer. Diese Form der Übereignung ist nur bei beweglichen Sachen möglich. Die Übereignung von Grundstücken ist bedingungsfeindlich (§ 925 Abs. 2 BGB). Beim Grundstückskauf wird dieses Problem wie folgt gelöst: Der Verkäufer erklärt die Auflassung nur Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises (i. d. R. auf ein Notaranderkonto), um sicher zu sein, dass er als Gegenleistung für das Grundstück auch den Kaufpreis erhält. Der Käufer kann sich demgegenüber durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung (§§ 883 ff. BGB) absichern. Dadurch ist er vor zuwiderlaufenden Verfügungen des Verkäufers nach Abschluss des Kaufvertrags geschützt. Der Kauf unter Eigentumsvorbehalt ist in § 449 BGB besonders geregelt. § 449 BGB enthält folgende Auslegungsregel: Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (Eigentumsvorbehalt); § 449 Abs. 3 BGB enthält einen „ Konzernvorbehalt". In schuldrechtlicher Hinsicht bedeutet diese Vereinbarung, dass der Verkäufer wenn der Kaufpreis nicht vereinbarungsgemäß gezahlt wird - die Sache nur dann herausverlangen kann, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist. Dies setzt voraus, dass er dem Käufer eine angemessene Zahlungsfrist gesetzt hat (§ 323 BGB). Die in § 455 BGB a. F. erleichterte Rücktrittsmöglichkeit des Vorbehaltsverkäufers ohne Fristsetzung ist zum 1.1.2002 entfallen. In sachenrechtlicher Hinsicht ist der Käufer vor einer Weiterveräußerung des Verkäufers durch ein Anwartschaftsrecht geschützt. Es ist eine Vorstufe zum Vollrecht (Eigentum); dieses wird auch als „wesensgleiches Minus" bezeichnet. Der Verkäufer bleibt Eigentümer und mittelbarer Besitzer (§ 868 BGB). Er kann jedoch durch eine Verfügung einen Eigentumserwerb des Käufers grundsätzlich nicht mehr verhindern (§ 161 Abs. 1 BGB). Beispiel: Hat V an einen Dritten D eine Maschine unter Eigentumsvorbehalt verkauft, kann er diese (theoretisch) ein zweites Mal verkaufen und übereignen. Sobald K aber den Kaufpreis gezahlt hat, wird die zweite Übereignung an D gem. § 161 Abs. 1 BGB unwirksam, so dass K Eigentum erwirbt. Bis zur Zahlung ist der K nach § 986 Abs. 2 BGB gegen einen Herausgabeanspruch durch V gesichert Oft vereinbaren Verkäufer und Käufer, dass das Eigentum an der Kaufsache nicht bereits mit der Zahlung des Kaufpreises, sondern erst dann auf den Käufer übergehen soll, wenn dieser alle aus der Geschäftsverbindung mit dem Verkäufer bestehenden Forderungen beglichen hat (erweiterter Eigentumsvorbehalt). In der Praxis wird häufig ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart. Der einfache Eigentumsvorbehalt erfüllt seinen Sicherungszweck nur dann, wenn die
2. Kaufvertrag
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Ware beim Käufer bleibt und dort auch nicht weiter verarbeitet wird, da er durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten (§§ 932 ff. BGB) oder durch Weiterverarbeitung und Verbindung (vgl. §§ 946 ff. BGB) erlischt. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalts vereinbaren Verkäufer und Käufer, dass an Stelle des Eigentumsvorbehalts, wenn dieser erlischt, die neue Sache (Arbeitsprodukt, § 950 BGB) oder die daraus entstehende Forderung aus der Weiterveräußerung treten soll. Mit der Ermächtigung (§ 185 BGB) darf der Käufer die Sache also veräußern oder verarbeiten, wobei im Gegenzug entweder eine Vorausabtretung der Forderungen vereinbart wird, die aus dem Verkauf der Vorbehaltsware entstehen oder das Eigentum an der durch Verarbeitung geschaffenen Sache auf den Verkäufer übertragen wird.
bb. Kauf als Teilzahlungsgeschäft Häufig werden beim Kaufvertrag die gegenseitigen Leistungspflichten gleich vollständig erfüllt, i. d. R. durch Barzahlung. Mitunter werden Kaufverträge, vor allem beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt, mit der Vereinbarung geschlossen, dass der Käufer den Kaufpreis in Teilleistungen erbringen kann. Beim Teilzahlungskauf wird der Kaufpreis daher in Raten geleistet. Der Teilzahlungskauf gehört zu den sog. Teilzahlungsgeschäften, die in § 499 Abs. 2 BGB definiert sind. Danach handelt es sich um einen Vertrag, der die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten Leistung „gegen Teilzahlung" zum Gegenstand hat, wobei es unerheblich ist, ob die spätere Zahlung auf einmal oder in Raten erfolgen soll. Entscheidend ist das vertragliche Hinausschieben des Zahlungstermins, d. h. jeder entgeltliche Zahlungsaufschub im Zusammenhang mit einem Lieferungsvertrag. Für Teilzahlungsgeschäfte gelten besondere Vorschriften. Der Grund besteht darin, dass Teilzahlungskäufe für beide Parteien mit einem gewissen Risiko behaftet sind. Der Verkäufer muss befürchten, dass er den Kaufpreis wegen Vermögenslosigkeit des Käufers nicht erhält. Zwar besteht die Möglichkeit eines Rücktritts, jedoch wird die Sache durch den Gebrauch bis dahin erheblich an Wert verloren haben. Hiergegen wird sich der Verkäufer durch entsprechende Vereinbarung absichern wollen. Für den Käufer besteht dagegen die Gefahr infolge der Unerfahrenheit und der wirtschaftlichen Unterlegenheit, dass Bestimmungen in den Vertrag aufgenommen werden, die ihn unangemessen belasten, z.B. der Verfall aller Teilleistungen bei nur ganz geringfügigem Kaufpreisrückstand. Hier schützte bereits das AbzG von 1894 den Käufer und später das an seine Stelle getretene VerbrKrG, dessen Regelungen seit dem 1.1.2002 in das BGB integriert worden sind. Gesetzessystematisch zählen Teilzahlungsgeschäfte nicht zu den besonderen Arten des Kaufs, sondern werden neben dem Darlehensvertrag und den Ratenlieferungsverträgen als eine Art Finanzierungshilfe eingeordnet (§§ 499 Abs. 2, 501 BGB). Die umfassende Verweisung in § 499 Abs. 1 BGB auf das Verbraucherdarlehensrecht bezieht sich nicht auf Finanzierungshilfen in Form von Teilzahlungsgeschäften. Nach § 501 BGB sind nur einzelne Vorschriften zum Verbraucherdar-
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
lehensvertrag auf Teilzahlungsgeschäfte entsprechend anwendbar. Die §§ 502 ff. BGB enthalten weiterhin Vorschriften, deren wesentlicher Zweck in dem Schutz des Verbrauchers (§ 13 BGB) besteht, da bei Geschäften dieser Art der Verkäufer (als Unternehmer i. S. v. § 14 BGB) regelmäßig der wirtschaftlich Stärkere ist. Der Verbraucher benötigt beim Abschluss eines Teilzahlungsgeschäfts - ebenso wie beim Abschluss eines Darlehensvertrags - hinreichende Informationen, um die auf ihn zukommende Belastung richtig einzuschätzen und ihm unterbreitete Angebote sachkundig vergleichen zu können. Der Gesetzgeber verpflichtet daher jeden „Teilzahlungsverkäufer", standardisierte und damit vergleichbare Informationen über das von ihm angebotene Teilzahlungsgeschäft zu erteilen (vgl. § 502 Abs. 1 Nrn. 1-6 BGB), z.B. Barzahlungspreis, Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Raten sowie den effektiven Jahreszins. Teilzahlungsgeschäfte, die im Fernabsatz getätigt werden, werden im Hinblick auf die erforderliche Form und die Pflichtangaben privilegiert (§ 502 Abs. 2 BGB). Fehlt eine Pflichtangabe oder ist das Schriftformerfordernis nicht eingehalten, ist der Teilzahlungsvertrag nichtig (§ 503 Abs. 3 BGB). Es besteht die Möglichkeit der Heilung, wenn der Unternehmer dem Verbraucher die Sache übergibt oder die Leistung erbringt. Bei einem Teilzahlungsgeschäft steht dem Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu (§§ 501 S. 1, 495 Abs. 1, 355 BGB). Stattdessen kann dem Verbraucher auch ein Rückgaberecht eingeräumt werden (§§ 503 Abs. 1, 356 BGB). Zu beachten ist u. a. noch die gesetzliche Rücktrittsfiktion. Die Erklärung des Rücktritts ist formfrei; sie kann auch konkludent erfolgen. Für den häufigen Fall der Rücknahme der gelieferten Sache durch den Unternehmer, der regelmäßig noch Eigentümer ist, gilt die unwiderlegliche Vermutung, dass darin die Erklärung des Rücktritts liegt (§ 503 Abs. 2 S. 4 BGB). Die Rücktrittsfolgen bestimmen sich nach den §§346 ff. BGB. Die §§ 358, 359 BGB behandeln den wichtigen Fall, dass ein Kauf mit einem Kreditvertrag verbunden ist, den der Käufer mit einem Dritten, regelmäßig einer Bank oder Sparkasse (B-Geschäft) abgeschlossen hat („finanzierter Abzahlungskauf"). In diesem Fall schließt also der Käufer (Verbraucher) nicht nur den Kaufvertrag mit dem Verkäufer (Unternehmer), sondern zugleich auch (regelmäßig durch Vermittlung des Verkäufers) einen Darlehensvertrag mit der finanzierenden Bank. Diese zahlt z.B. beim Kauf eines PKW's die vereinbarte Summe an den Verkäufer des Fahrzeugs und erfüllt damit die Kaufpreisschuld, während der Käufer gegenüber der Bank verpflichtet bleibt. Nicht der Verkäufer finanziert also den Kauf, sondern die Bank.
2. Kaufvertrag
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Kaufvertrag Verkäufer
Darlehen ~" \ ^
^^^~
Käufer (Darlehensnehmer) ^ ^ Darlehensvertrag
Bank (Darlehensgeber)
Abb. IV.6. Verbundene Verträge In diesem Fall sollen die Rechtsbehelfe, die aus dem Kauf stammen, auch gegenüber dem Darlehensgeber geltend gemacht werden können. Eine solche Verbindung zwischen Kaufvertrag und Darlehensvertrag ist dann gegeben, wenn der Kredit zur Finanzierung des Kaufpreises diente und beide Verträge eine „wirtschaftliche Einheit" bilden. Eine solche Einheit soll vor allem dann vorliegen, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrags der Mitwirkung des Verkäufers bedient. In diesem Fall ist der Verbraucher schutzwürdig wie bei einem Teilzahlungsgeschäft. Das bedeutet, dass nach § 358 BGB der Widerruf eines der verbundenen Verträge auch gegen den anderen wirkt (vgl. Medicus, SchuldR BT, § 94, Rn. 307). cc. Kauf auf Probe Bei einem Kauf auf Probe oder auf Besichtigung steht die Billigung des gekauften Gegenstands im Belieben des Käufers (§ 454 Abs. 1 BGB). Der Kauf ist im Zweifel unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen (§ 454 Abs. 1 S. 2 BGB). Ob ein Kauf auf Probe vorliegt, muss durch Auslegung ermittelt werden. dd. Wiederkauf Hat sich der Verkäufer in dem Kaufvertrag das Recht des Wiederkaufs (Rückkaufrecht) vorbehalten, so kommt der Wiederkauf mit der Erklärung des Verkäufers gegenüber dem Käufer, dass er das Wiederkaufsrecht ausübe, zustande. Eine solche Vereinbarung kann bereits im Kaufvertrag enthalten sein oder später zwischen den Parteien vereinbart werden. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form (§ 456 BGB). ee. Vorkaufsrecht Unter einem Vorkaufsrecht versteht man das Recht, einen Gegenstand durch Kauf zu erwerben, sobald der Vorkaufsverpflichtete diesen an den Dritten verkauft (§§ 463, 464 BGB). Ein Vorkaufsrecht kann sich zum einen aus Gesetz ergeben. Beispiel: Vorkaufsrecht der Gemeinde (§§ 24 ff. BauGB); Vorkaufsrecht der Miterben bei der Veräußerung eines Erbanteils nach §§ 2034 ff. BGB.
216
IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Ein Vorkaufsrecht kann sich aber auch aus Rechtsgeschäft ergeben. Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist der Abschluss eines Kaufvertrags zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und einem Dritten über einen Gegenstand (sog. Vorkaufsfall). Das Vorkaufsrecht wird durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vorkaufsverpflichteten ausgeübt. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form (§ 464 Abs. 1 BGB). Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts wird der Kaufvertrag zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten wirksam, und zwar mit demselben Inhalt, den der Verpflichtete im Vertrag mit dem Dritten vereinbart hat (§ 464 Abs. 2 BGB). Der Vorkaufsberechtigte tritt nicht an die Stelle des Dritten in den Kaufvertrag ein. Dieser Vertrag bleibt durch Ausübung des Vorkaufsrechts unberührt. Das bedeutet, dass der Verkäufer sowohl gegenüber dem Vorkaufsberechtigten als auch dem Dritten gegenüber zur Erfüllung verpflichtet ist; kann er eine Verpflichtung nicht erfüllen, macht er sich seinem Vertragspartner gegenüber schadensersatzpflichtig. Der Vorkaufsberechtigte hat gegenüber dem Dritten keine Ansprüche, da es sich um ein persönliches Vorkaufsrecht handelt, das sich nur gegen den Vorkaufsverpflichteten richtet. Bei einem Grundstück kommt jedoch auch ein dingliches (im Grundbuch eingetragenes) Vorkaufsrecht in Betracht, das rechtsgeschäftlich durch Einigung und Eintragung im Grundbuch entsteht (§§ 873, 1094 BGB). Das dingliche Vorkaufsrecht wirkt gegenüber jedem Grundstückseigentümer. Verkäufer
Vorkaufsberechtigter
Dritter
Abb. IV.7. Vorkaufsrecht
n. Grenzüberschreitender Kauf Sind die Vertragsparteien in verschiedenen Staaten ansässig oder erfolgt eine grenzüberschreitende Leistung, stellt sich die Frage, welche nationale Rechtsordnung Anwendung findet. Regelmäßig bestimmt sich diese Frage nach dem Internationalen Privatrecht (IPR) als Kollisionsrecht. Im Vertragsrecht obliegt es nach Art. 27 EGBGB zunächst den Parteien, die anwendbare Rechtsordnung zu wählen. Ausnahmen bestehen u. a. für Verbraucherverträge (Art. 29 EGBGB), wonach dem Verbraucher stets die Schutzvorschriften des Staates, in dem er seinen Aufenthaltsort hat, erhalten bleiben. Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, soll das Recht des Staats gelten, mit dem der Vertrag „die engsten Verbindungen aufweist" (Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB). Bei einem Kaufvertrag ist das regelmäßig das Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen Sitz hat, da er i. d. R. die für den Vertrag charakteristische Leistung erbringt.
2. Kaufvertrag
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Bei grenzüberschreitenden Handelskäufen findet das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf" („Convention on Contracts for the International Säle of Goods" = CISG) Anwendung. In der Bundesrepublik ist das CISG seit 1991 in Kraft. Das CISG ist ein - grenzüberschreitende Kaufverträge regelnder - völkerrechtlicher Vertrag, dem mittlerweile mehr als 40 Staaten beigetreten sind und durch den international einheitliches Sachrecht geschaffen worden ist. Seine Bestimmungen sind in Deutschland unmittelbar anwendbares, von Amts wegen zu beachtendes Recht (Medicus, SchuldR BT, § 81, Rn. 146 m. w. N.). Das CISG enthält keine Kollisionsnormen, d. h. es bestimmt nicht, welches nationale Recht auf den streitigen Fall anzuwenden ist, sondern enthält selbst die maßgebenden materiellrechtlichen Regeln für grenzüberschreitende Warenkaufverträge; es handelt sich also nicht um Internationales Privatrecht im engeren Sinne. Ziel dieses Übereinkommens ist es, für grenzüberschreitende Warenkaufverträge ein einheitliches (materielles) Recht zu schaffen. Das CISG besteht aus vier Teilen. Teil I bestimmt den Anwendungsbereich und enthält allgemeine Bestimmungen (Art. 1-13 CISG). Das CISG kommt grundsätzlich (anstelle der unvereinheitlichten nationalen Rechte) dann zur Anwendung, wenn die Parteien des Kaufvertrags ihre Niederlassungen erkennbar in verschiedenen Staaten haben und diese Staaten Vertragsstaaten sind und es sich um Kaufverträge über Waren handelt; das CISG gilt auch für bestimmte Werklieferungsverträge (Art. 3 CISG). Zu beachten ist allerdings, dass die Parteien die Anwendbarkeit des CISG vertraglich ausschließen können (Art. 6 CISG), was in der Praxis häufig geschieht. In diesem Fall entscheiden regelmäßig die Vorschriften des IPR, insbesondere die Art. 27 ff. EGBGB darüber, welche nationale Rechtsordnung anwendbar sein soll. Teil II enthält Regeln zum Vertragsabschluss (Art. 14-24 CISG), wobei sich die Vorschriften im Wesentlichen auf den Mechanismus von Antrag bzw. Angebot und Annahme beschränken. So richten sich insbesondere die Unwirksamkeitsgründe weiter nach nationalem Recht. Teil III enthält materielle Vorschriften zum Kaufrecht (Art. 25-88 CISG). Diese Vorschriften befassen sich vornehmlich mit der Vertragserfüllung, insbesondere mit den Leistungsstörungen. Der zentrale Begriff ist hier die (wesentliche) Vertragsverletzung (Art. 25, 35 CISG). Liegt eine Vertragsverletzung vor, hat der Käufer ein Recht auf Nachbesserung und Ersatzlieferung. In Anbetracht der regelmäßig großen Entfernungen und der damit zusammenhängenden höheren Kosten ist eine Aufhebung des Vertrags bzw. ein Nachlieferungsanspruch nur im Falle einer „wesentlichen Vertragsverletzung" zulässig (Art. 25 CISG, 49, 64 CISG). Liegt ein Sachmangel vor, hat der Käufer eine Obliegenheit zur Untersuchung und Rüge (Art. 38, 39 Abs. 1 CISG). Die Mängelrechte erlöschen spätestens zwei Jahre nach Übergabe (Art. 39 Abs. 2 CISG). Der Verkäufer kann sich nur durch den Nachweis entlasten, dass „die Nichterfüllung auf einem außerhalb (seines) Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von (ihm) vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluss in Be-
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
tracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund und seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden" (Art. 79 Abs. 1 CISG; vgl. hierzu BGZH 141, 129 ff.; Medicus, SchuldRBT, § 81, Rn. 146, 147m.w.N.). Teil IV enthält völkerrechtliche Bestimmungen (Art. 89-101 CISG).
3. Mietvertrag a. Gegenstand und Vertragsabschluss Der Mietvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, in dem sich eine Partei (Vermieter) verpflichtet, der anderen Partei (Mieter) den Gebrauch einer Sache zu gewähren (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB). Die andere Partei verpflichtet sich, den vereinbarten Mietzins zu zahlen. Gegenstand eines Mietvertrags sind bewegliche Sachen, z.B. Fahrzeuge, Maschinen, Computer und unbewegliche Sachen (Grundstücke), nicht aber Rechte. Auch abgrenzbare Sachteile können vermietet werden, wie z.B. eine Hauswand als Werbefläche (vgl. zur Abgrenzung von anderen Vertragstypen und zum gemischten Vertrag, Palandt-Weidenkaff, Einf. v. § 535 BGB, Rnn. 15 ff., 29 ff. m. w. N.). Das Mietrecht ist durch das Mietrechtsreformgesetz v. 1.9.2001 (BGB1. I 2001, 1149) grundlegend neu gestaltet worden. Das Gesetz enthält nun allgemeine Vorschriften, die für alle Mietverhältnisse gelten (§§ 535-548 BGB), einen geschlossenen Regelungskomplex für Wohnraummietverhältnisse (§§ 549-577 a BGB) und einzelne Regelungen für Mietverhältnisse über Grundstücke, andere Räume als Wohnräume und Schiffe (§§ 578-580 a BGB). Das Mietverhältnis wird durch den Abschluss eines grundsätzlich formfreien Mietvertrags begründet. Im Regelfall wird aus Gründen der Rechtssicherheit Schriftform vereinbart. Wird ein Mietvertrag über Wohnraum oder ein Grundstück für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form (§ 126 BGB) abgeschlossen, so gilt er nach §§ 550, 578 BGB als für unbestimmte Zeit geschlossen. Der wesentliche Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dass dem späteren Erwerber im Hinblick auf § 566 BGB ermöglicht wird, sich vollständig über die auf ihn übergehenden Rechte zu informieren (Palandt-Weidenkaff, § 550 BGB, Rn. 1). Sie hat keine Warnfunktion. b. Vertragliche Pflichten Nach § 535 S. 2 BGB hat der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. Das bedeutet, er muss dem Mieter den ungestörten tatsächlichen Sachgebrauch ermöglichen. Der Unterschied zum Kaufvertrag oder Tauschvertrag besteht darin, dass diese Verträge auf eine dauerhafte Sachüberlassung gerichtet sind.
3. Mietvertrag
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Der Vermieter ist weiterhin zur Instandhaltung und Instandsetzung verpflichtet (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB). Reparaturen und Instandhaltung sind daher grundsätzlich Sache des Vermieters. Soweit sie abdingbar sind, werden sie in der Praxis vertraglich (auch formularmäßig) auf den Mieter übertragen (vgl. BGHZ 101, 253 (254)). Im Wohnungsmietrecht gehören hierzu vor allem die sog. Schönheitsreparaturen. Unter Schönheitsreparaturen sind solche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung zu verstehen, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch entstanden sind (BGH, NJW-RR 1995, 123). Dazu gehören das Streichen oder Tapezieren von Wänden (beachte: zur Übergabe nicht in „ungewöhnlichen" Farben), Decken, Böden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, Innentüren sowie Fenster und Außentüren von innen, Reinigung von Teppichböden. Entsprechendes gilt für die Geschäftsraummiete. In gewissen Rahmen dürfen bei nicht preisgebundenem Wohnraum im Wege einer Formularvereinbarung kleinere Instandhaltungsreparaturen auf den Mieter „abgewälzt" werden, z.B. bis 50 € . Unzulässig sind Klauseln, die eine Gesamthaftung des Mieters vorsehen (vgl. Palandt-Weidenkaff, § 535 BGB, Rn. 41 ff. m. w. N.). Die Nebenpflichten des Vermieters bestimmen sich nach dem Inhalt des Mietvertrags und der Art der Mietsache. Hierzu gehören vor allem Sorgfalts- und Schutzpflichten zugunsten des Mieters, z. B. Warnpflichten in Bezug auf Einbruchsgefahr oder Verkehrssicherungspflichten, die sich nicht nur auf die Mietsache selbst zu beziehen brauchen, sondern z.B. bei der (Wohn-)Raummiete auch Hausflur, Treppe etc. einbeziehen. So hat z.B. der Vermieter für einen sicheren Zugang zur Wohnung zu sorgen, z. B. durch Streuen bei Glatteis oder ausreichender Beleuchtung im Hausflur. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Mietvertrag zu den Rechtsverhältnissen zählt, die den Schutz von Personen umfassen, sofern sie zu dem Mieter in einer engen Beziehung stehen, die die Mietsache betreffen. Werden z. B. Angehörige des Mieters geschädigt, steht ihnen einen Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter wegen Pflichtverletzung
Nach § 535 Abs. 2 BGB besteht die primäre Pflicht des Mieters in der
Zahlung der Miete sowie der vereinbarten Nebenkosten (§ 535 Abs. 2 BGB). Dies ist im Übrigen der Unterschied zum Leihvertrag, der die unentgeltliche Sachüberlassung vorsieht. Deswegen sind auch die umgangssprachlichen Bezeichnungen wie z. B. Leihwagen, in rechtlicher Hinsicht nicht korrekt. Soweit der Mieter die Zahlung der Nebenkosten übernommen hat, sind sie Bestandteil der Miete. Hierzu gehören insbesondere die Betriebskosten, für Wohnraum begrenzt nach § 556 Abs. 1 BGB auf die Betriebskosten i. S. v. § 27 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung einschließlich Heizkosten für Wärme und Warmwasser (vgl. im Einzelnen Palandt-Weidenkaff, § 535 BGB, Rn. 72 ff). Die Betriebskosten können als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden (§ 556 Abs. 2 BGB). Die Mietzahlung kann in Geld, aber auch durch andere geldwerte Leistungen erfolgen. Möglich sind etwa Dienstleistungen, z. B. als Hausmeister. Nach § 556 b BGB ist die Miete bei Mietverhältnissen über Wohnraum und andere Räume (§ 579 Abs. 2 BGB) zu Beginn der Mietzeit zu zahlen oder des jewei-
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
ligen Zeitabschnitts, nach denen sie bemessen ist; bei der Miete über Grundstücke oder über bewegliche Sachen ist die Miete am Ende der Mietzeit fällig (§ 579 Abs. 1 BGB). Die Höhe der Mietkaution ist - wie bisher - auf das 3-fache der Monatsmiete ohne Berücksichtigung der Betriebskosten begrenzt (§ 551 Abs. 1 BGB). Zulässig ist - neben der Anlage des Geldes zum Sparbuchzins - auch die Vereinbarung sonstiger Anlageformen. Der Vermieter erwirbt nach § 562 BGB wegen seiner Forderungen aus dem Mietverhältnis ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters (Vermieterpfandrecht). Die Höhe der Miete können die Parteien grundsätzlich frei vereinbaren. Bei der Wohnraummiete bestehen zum Schutz des Mieters zahlreiche Sonderregeln. So bestimmt sich die Höhe der Miete für Sozialwohnungen und Wohnraum, der mit staatlicher Förderung oder steuerbegünstigt errichtet wurde, nach dem Wohnungsbindungsgesetz sowie nach dem Wohnungsbaugesetz. Danach unterliegt die Höhe der Miete der Preisbindung. Der Vermieter kann somit nur die Kostenmiete oder die Vergleichsmiete beanspruchen. Die Kostenmiete wird auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelt. Um die Vergleichmiete zu bestimmen, legen die Gemeinden sog. Mietspiegel an (Palandt-Weidenkaff, § 535 BGB, Rn. 76 m. w. N.). Bei nicht preisgebundenem Wohnraum kann zum Schutz des Mieters der Vermieter die Miete nicht nach Belieben erhöhen. Die Grenzen einer Mieterhöhung ergeben sich aus den §§ 557 ff. BGB. So kann der Vermieter eine Zustimmung des Mieters nur bis zur ortüblichen Vergleichsmiete verlangen; außerdem muss sie vor dem Erhöhungszeitpunkt 15 Monate unverändert geblieben sein und sie darf sich innerhalb von drei Jahren nicht mehr als 20 % erhöhen (vgl. hierzu Klein-Blenkers, in Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, SchuldR-Lehrbuch, § 17, Rnn. 41 ff.). Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Staffelmiete (§ 557 a BGB) oder eine Indexmiete (§ 557 b BGB) vereinbart werden. Die Nebenpflichten des Mieters bestehen im vertragsgemäßen Gebrauch. Er hat die Mietsache sorgfältig und pfleglich zu behandeln. Der Mieter darf von der Sache keinen vertragswidrigen Gebrauch machen. So soll er die Sache nicht Dritten überlassen (z.B. Verbot der Untermiete) oder die Wohnräume gewerblich nutzen dürfen. Bei der Wohnraummiete gibt es Ausnahmen (§ 553 BGB). So hat der Mieter Anspruch auf Erlaubnis der Mitbenutzung, wenn nach Vertragsabschluss ein berechtigtes Interesse entsteht (z. B. bei Familienangehörigen, „Lebensabschnittspartnern" etc.) Eine weitere Pflicht des Mieters ist die Anzeigepflicht bei drohenden und eingetretenen Beeinträchtigungen der Mietsache (§ 536 c BGB). Nach Beendigung der Mietzeit hat der Mieter die Sache dem Vermieter zurückzugeben (§ 546 Abs. 1 BGB).
3. Mietvertrag
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c. Gewährleistung Zentrale Norm für Gewährleistungsansprüche ist nunmehr § 536 BGB. Diese Vorschrift fasst Sach- und Rechtsmängel zusammen. Weist die Sache bei Überlassung einen Sach- oder Rechtsmangel auf, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt bzw. mindert oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, kann der Mieter neben seinem auf Beseitigung der Mängel gerichteten Erfüllungsanspruch mehrere Rechte geltend machen. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat der Mieter nur eine angemessene herabgesetzte Miete zu zahlen; eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht (§ 536 BGB); es erfolgt also eine gesetzliche Befreiung bzw. Reduzierung der Mietzahlungspflicht. Weiterhin kann der Mieter Schadensersatz verlangen, wenn der Mangel bereits bei Vertragsabschluss vorhanden war (Garantiehaftung, § 536 a BGB). Entsteht ein solcher Mangel erst später, hat er Mieter einen Schadensersatzanspruch nur bei einem Vertretenmüssen des Vermieters (Verschuldenshaftung) oder wenn er mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist (§ 536 a BGB Abs. 1 BGB). Der Schadensersatzanspruch erfasst auch Mangelfolgeschäden. Ist der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug, kann der Mieter diesen Mangel selbst beseitigen (Ersatzvornahmerecht) und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 536 a Abs. 2 BGB). Der Mieter kann letztlich nach § 543 Abs. 1 u. 2 Nr. 1 BGB den Mietvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Bei Dauerschuldverhältnissen tritt an die Stelle des Rücktritts die Kündigung, da hier eine RückabWicklung der erbrachten Leistungen nicht möglich ist. d. Wechsel der Vertragsparteien Kommt es zu einer Personenauswechselung auf Seiten des Vermieters, z.B. auf Grund einer Veräußerung, hat dies keine Auswirkungen auf das bestehende Mietverhältnis. Es gilt der Grundsatz „Veräußerung bricht nicht Miete" (§§ 566, 578 BGB). Auf Seiten des Mieters sind mehrere Konstellationen zu unterscheiden. Stirbt der allein in der Wohnung lebende Mieter, treten die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsposition ein (§§ 564 BGB, 1922 BGB). Es besteht die Möglichkeit einer außerordentlichen, aber an die gesetzliche Frist gebundene Kündigung. Leben mehrere Personen in der Wohnung, kommt ein Eintrittsrecht in Betracht (vgl. § 563 BGB), das den Ehegatten und neuerdings auch den Lebenspartner i. S. d. LPartG einbezieht, ansonsten auch die Kinder oder sonstige Familienangehörige. e. Beendigung Grundsätzlich endet ein Mietverhältnis nach Ablauf der vereinbarten Zeit. Ist eine Mietzeit nicht bestimmt, kann jede Partei das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen. Im Übrigen endet ein Mietverhältnis durch Kündigung.
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Die allgemeinen Vorschriften der §§ 542, 543 BGB zur Beendigung von Mietverhältnissen sind bei der Wohnraummiete entsprechend modifiziert (§§ 568 ff. BGB). Grund hierfür ist die besondere Schutzwürdigkeit des Mieters. Die Kündigung bedarf hier der Schriftform (§ 568 Abs. 1 BGB); dies gilt für beide Vertragsparteien. Der Vermieter braucht darüber hinaus für eine Kündigung des Wohnraummietverhältnisses - wie bisher - ein berechtigtes Interesse (§ 573 BGB), nämlich eine Pflichtverletzung des Mieters, das Vorliegen von Eigenbedarf oder eine Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung der Mietsache durch das Mietverhältnis. Für die außerordentliche Kündigung gilt § 543 BGB, ergänzt bei der Wohnraummiete durch § 569 BGB.
4. Leasingvertrag Dem Mietvertrag ähnlich ist der Leasingvertrag. Leasinggeschäfte, die ihren Ursprung in den USA hatten, haben seit den 60er Jahren auch in Deutschland Verbreitung gefunden. Im Rahmen eines Leasingvertrags überlässt ein Leasinggeber einem Leasingnehmer eine Sache, z. B. ein Fahrzeug oder Computer oder eine Immobilie („Immobilienleasing") zum Gebrauch und erhält dafür ein in Raten zu zahlendes Entgelt („Leasingraten"). Die häufigste Erscheinungsform des Leasingvertrags ist das Finanzierungsleasing. Hier sucht sich zunächst ein (potenzieller) Kunde die gewünschte Sache bei einem Hersteller oder Händler aus. Dieser schaltet daraufhin ein Leasingunternehmen zur Finanzierung ein. Im Falle einer Einigung schließt dieses als „Leasinggeber" mit dem Kunden als „Leasingnehmer" den eigentlichen Leasingvertrag und mit dem Hersteller oder Händler einen Kaufvertrag und zahlt diesem den Kaufpreis. Im Wesentlichen finden die Vorschriften zum Mietvertrag Anwendung. Der wesentliche Unterschied zu diesem bzw. zum Mietkauf besteht darin, dass der Leasinggeber die Risiken für Sachmängel, Untergang, Beschädigung oder Instandsetzung regelmäßig nicht trägt, da er durch Vertrag diese auf den Leasingnehmer abwälzt. Nach der Rspr. des BGH wurde diese Vereinbarung als zulässig erachtet, wenn der Leasinggeber dem Leasingnehmer seine Ansprüche aus dem Kaufvertrag (mit dem Lieferanten) abtritt (BGH, NJW 1998, 1637; 1985, 129 (130)). Der Leasinggeber übernimmt hier also vornehmlich eine Finanzierungsfunktion. Während der Dauer der Grundmietzeit ist regelmäßig eine Kündigung ausgeschlossen. Neben einer Leasingsonderzahlung bei Vertragsabschluss hat der Leasingnehmer die Leasingraten in der Grundmietzeit zu zahlen sowie bei einer Kaufoption eine Restwertzahlung. Alle Zahlungen des Leasingnehmers decken nach Ablauf der Grundmietzeit sämtliche Kosten des Leasinggebers für Anschaffung und Vertragsabwicklung ab einschließlich eines Gewinns in Höhe von etwa 20% und mehr (Palandt-Weidenkaff, Einf. v. § 535 BGB, Rnn. 37 ff.). Die zunehmende Bedeutung des Leasinggeschäfts beruht darauf, dass sie für den Leasingnehmer eine erleichterte Finanzierungsmöglichkeit darstellen. Der Leasingnehmer kann die von ihm benötigte Sache nutzen, ohne sie erwerben zu müssen.
4. Leasingvertrag
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Darüber hinaus bedeutet die volle steuerliche Geltendmachung der Leasingraten als Betriebsausgaben (und der damit verbundenen) Verringerung seines steuerpflichtigen Gewinns) einen weiteren wichtigen Vorteil. Als Eigentümer müsste er den Leasinggegenstand bilanzieren und könnte dafür nur die meist niedrigeren Abschreibungen vornehmen. Eine besondere Form des Finanzierungsleasing ist das Immobilienleasing.
Finanzierungsfirma (Leasinggeber)
Leasingvertrag
Kaufvertrag _,-.
.,.-•''
Hersteller/ Händler
Ware
Kunde ^ (Leasingnehmer)
Abb. IV.8. Finanzierungsleasing Das Leasinggeschäft entspricht wirtschaftlich einem Teilzahlungsgeschäft, so dass nach §§ 499 Abs. 2, 500-504 BGB die dort geregelten Besonderheiten gelten, wenn der Leasingnehmer ein Verbraucher ist. In der Praxis sind diese Regelungen vor allem im Rahmen des Kfz-Leasing relevant. Das bedeutet, dass der Vertragsantrag des Leasingnehmers widerruflich und der Kunde hierüber zu belehren ist, dass die Kündigung des Vertrags durch den Leasinggeber wegen Zahlungsverzugs des Leasingnehmers nur unter den Voraussetzungen der §§ 500, 498 BGB möglich ist und dem Leasingnehmer der Einwendungsdurchgriff eröffnet ist, d. h. er also die Zahlung der Leasingraten verweigern kann, wenn er auch die Zahlung des Kaufpreises verweigern könnte. Je nach Vertragsart lassen sich aus rechtlicher Sicht mehrere Arten von Leasingverträgen unterscheiden, so u. a. das auf eine längere Zeit - bereits angesprochene Finanzierungsleasing, weiterhin das „Operatingleasing" bei kürzeren Laufzeiten (ohne Kaufoption), bei der der Leasinggeber die Vollamortisation durch mehrfaches Überlassen an verschiedene Leasingnehmer erreichen will (BGH, NJW 2003, 505) und das „Herstellerleasing/Händlerleasing", wenn der Hersteller bzw. Händler selbst Leasinggeber ist, d.h. das typische Dreiecksverhältnis nicht vorliegt (PalandtWeidenkaff, Einf. v. § 535 BGB, Rnn. 40 ff.).
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
5. Darlehensvertrag a. Gelddarlehensvertrag Durch einen Darlehensvertrag nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das geschuldete Darlehen zurückerstatten (§ 488 BGB). Die Zinszahlungspflicht ist die mit der Darlehenshingabe im Gegenleistungsverhältnis stehende Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Zinszahlung besteht nur bei besonderer Vereinbarung. Der Darlehen kann auch zinslos gewährt werden. Die Höhe der Zinsen ergibt sich aus der Vereinbarung, hilfsweise aus dem Gesetz (vgl. § 246 BGB; § 352 HGB; § 488 Abs. 2 BGB betrifft die Fälligkeit). Es gelten die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen. So wird ein Darlehensnehmer vor übermäßig hohen Zinsen insbesondere durch § 138 Abs. 2 BGB („Wuchertatbestand") als auch durch eine weite Auslegung des § 138 Abs. 1 BGB geschützt (Erman-Palm, § 138 BGB, Rn. 96). Darlehensverträge sind in der Praxis von großer Bedeutung. Typische Erscheinungsformen sind etwa das Baudarlehen bzw. Bauspardarlehen, wenn Gelder zum Neu-, Um- oder Ausbau eines Gebäudes gewährt werden, das Brauereidarlehen, das eine Darlehensgewährung an eine Bierbezugsverpflichtung koppelt, das partiarische Darlehen, bei dem statt eines Festzinses eine Gewinnbeteiligung vereinbart wird oder das Arbeitgeberdarlehen, mit dem ein Arbeitgeber ein Darlehen im Hinblick auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis gewährt und die Rückzahlung durch Verrechnung mit Lohnforderungen erfolgt. Der Darlehensvertrag ist ein sog. Konsensualvertrag, d. h. er kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen und damit durch eine Einigung zustande. Mit der Konstruktion in § 488 Abs. 1 BGB wurde der frühere Theorienstreit, ob der Darlehensvertrag erst mit der Hingabe der Darlehensvaluta zustande kommt („Realvertragstheorie") oder ob die Einigung genügt (Konsensualvertragstheorie), vom Gesetzgeber i. S. d. KonsensualVertragstheorie entschieden. Die Fälligkeit des Darlehens richtet sich in erster Linie nach der getroffenen Vereinbarung. Fehlt eine Abrede, so ist eine Kündigung durch eine Vertragspartei erforderlich. b. Kündigung Ist von den Parteien kein bestimmter Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens vereinbart, hängt die Fälligkeit davon ab, dass eine Kündigung von einer Vertragspartei vorliegt. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt drei Monate (§ 488 Abs. 3
5. Darlehensvertrag
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S. 2 BGB). Die Parteien können aber auch andere Kündigungsfristen vereinbaren. Ein Kündigungsgrund ist nicht erforderlich. Das Recht zur ordentlichen Kündigung sowie die Dreimonatsfrist ist abdingbar. Die ordentliche Kündigung hat zur Folge, dass das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen ist. Ist ein bestimmter Zeitpunkt für die Rückzahlung vereinbart, hat nach § 489 BGB nur der Darlehensnehmer ein Recht zur Kündigung. Deren Zulässigkeit hängt davon ab, ob ein fester oder ein variabler Zinssatz vereinbart worden ist. Kredite mit einem variablen Zinssatz können nach § 489 Abs. 2 BGB jederzeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden. Kredite mit einem festen Zinssatz können nur unter eingeschränkten Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 BGB, in jedem Fall aber spätestens nach Ablauf von zehn Jahren gekündigt werden (§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Eine Kündigung durch den Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 oder 2 BGB gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt (§ 489 Abs. 3 BGB). Wenn sich bei dem Darlehensnehmer die Vermögensverhältnisse oder die Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit wesentlich verschlechtern, kann der Darlehengeber den Darlehensvertrag vor der Darlehensauszahlung immer und nach der Darlehensauszahlung nur i. d.R. fristlos kündigen (§ 490 Abs. 1 BGB). Aber auch dem Darlehensnehmer steht bei einem festverzinslichen und durch Grundpfandrechte gesicherten Darlehen ein vorzeitiges Kündigungsrecht zu, wenn er daran ein berechtigtes Interesse hat. Dies ist allerdings erst möglich nach Ablauf von sechs Monaten nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten (§ 490 Abs. 2 BGB i.V. m. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Nach § 490 Abs. 2 S. 2 BGB liegt ein berechtigtes Interesse vor allem dann vor, wenn der Darlehensnehmer die Sache, die er zur Absicherung der Darlehensfordemng eingesetzt hat, anderweitig verwenden möchte. Jedoch ist der Darlehensnehmer im Falle einer Kündigung dem Darlehensgeber gegenüber zum Ersatz des auf Grund der vorzeitigen Kündigung entstandenen Schadens verpflichtet („Vorfälligkeitsentschädigung"). c. Verbraucherdarlehensvertrag Die §§ 491-498 BGB enthalten besondere Regelungen zum Verbraucherdarlehensvertrag. Dieser liegt dann vor, wenn es sich auf Seiten des Darlehensgebers um einen Unternehmer (§ 14 BGB) und auf Seiten des Darlehensnehmers um einen Verbraucher (§13 BGB) handelt. Der Grund für die Schaffung von Sonderregeln besteht darin, dass der Darlehensvertrag die Gefahr in sich birgt, dass der Darlehensnehmer für möglicherweise nicht absehbare Zeit einen großen Teil seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit verliert und in eine sog. Schuldenspirale gerät. Der Gesetzgeber hat daher zum Schutz geschäftlich unerfahrener Bevölkerungsgruppen die Regelungen über das Verbraucherdarlehen in den §§ 491 ff. BGB geschaffen. Diese Schutzvorschriften beziehen sich dabei nur auf den (Geld-)Darlehensvertrag,
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nicht auf den Sachdarlehens vertrag. Dieser Schutz darf nicht zum Nachteil des Darlehensnehmers abbedungen oder durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Der Schutz erstreckt sich auch auf Existenzgründungskredite bis zu 50000 € (vgl. § 507 BGB). In bestimmten Fällen ist die Anwendbarkeit dieser Regeln ausgeschlossen oder eingeschränkt (vgl. §§ 491, 492 BGB, z.B. Bagatellkredite bis zu 200 € oder bei Arbeitgeberkrediten mit einem unterhalb der Marktüblichkeit liegenden Zinssatz. Vor der Schuldrechtsreform enthielt das BGB für die rechtliche Bewältigung aller Formen der Kreditgewährung der Banken, Sparkassen, Bausparkassen und Privaten nur die Regelungen in den §§ 607 ff. BGB. Die Besonderheiten des Verbraucherkredits waren im damaligen VerbrKrG normiert, deren Regelungen im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung in das BGB implementiert worden sind. Der Anwendungsbereich des damaligen VerbrKrG umfasste neben Darlehensverträgen auch Kredite in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubes (Haupterscheinungsform: Teilzahlungsgeschäfte, vgl. §§ 499 Abs. 2, 501 ff. BGB) oder einer sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfe (Haupterscheinungsform: Finanzierungsleasingverträge, vgl. § 500 BGB). Handelt es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag, sind vor allem die besondere Formvorschriften (§§ 492, 494 BGB), das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers (§ 495 BGB iV.m. § 355 BGB), der Einwendungsdurchgriff bei Vorliegen eines finanzierten Abzahlungskaufes (§ 359 BGB), die Unwirksamkeit eines Verzichts des Darlehensnehmers auf die Einwendungen der §§ 404, 406 BGB (§ 496 Abs. 1 BGB) oder die besonderen Voraussetzungen für die Ausübung eines vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsrechts bei Zahlungsverzug des Darlehensnehmers zu beachten (§ 498 BGB). d. Sachdarlehensvertrag Hiervon zu unterscheiden ist der Sachdarlehensvertrag (§ 607 BGB). Durch einen Sachdarlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache (§ 91 BGB) zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet. Im Gegensatz zur Leihe muss nicht dieselbe Sache zurückgewährt werden, sondern eine andere gleiche Sache. Die zusätzliche Vereinbarung von Zinsen kann, muss aber nicht getroffen werden. Soweit die Parteien hinsichtlich der Rückerstattung keine Abrede getroffen haben, hängt die Fälligkeit von der Kündigung des Vertrags durch einen der beiden Vertragspartner ab (§ 608 Abs. 1 BGB). Ein auf unbestimmter Zeit abgeschlossener Vertrag kann dabei jederzeit ganz oder teilweise gekündigt werden (§ 608 Abs. 2 BGB).
6. Dienstvertrag
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6. Dienstvertrag Der Dienstvertrag i. S. v. § 611 Abs. 1 BGB ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den der eine Teil zur Erbringung von Diensten (Dienstverpflichteter) verpflichtet, der andere Teil (Dienstberechtigter) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet wird. Es geht hier also um das Erbringen einer Tätigkeit. Nicht immer ist die rechtliche Einordnung eines Dienstleistungsverhältnisses eindeutig. Hier kann es im Einzelfall zu Abgrenzungsproblemen kommen. Der Dienstvertrag ist vor allem abzugrenzen vom Werkvertrag gem. § 631 BGB, bei dem es auf das Erreichen eines bestimmten „Erfolgs", d.h. eines bestimmten Arbeitsergebnisses, ankommt. Beispiele'. Der Arztvertrag ist i. d. R. ein Dienstvertrag; der Vertrag des Bauherrn mit dem Architekten ist dagegen ein Werkvertrag. Gegenstand eines Dienstvertrags kann eine selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit sein. Bei einem Dienstverhältnis über selbstständige Dienste leistet der Dienstverpflichtete einem anderen Dienste, aber er bleibt dabei persönlich und wirtschaftlich unabhängig. Wann dies der Fall ist, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit sind u. a. die fehlende Eingliederung in den Betrieb des Dienstberechtigten sowie eine fehlende Weisungsgebundenheit. Der selbstständige Dienstverpflichtete kann auch Zeit und Ort seiner Tätigkeit selbst bestimmen z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Unternehmensberater oder Tennislehrer. Hat ein Dienstvertrag (oder Werkvertrag) eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand, dann findet über § 675 BGB weitgehend Auftragsrecht (§§ 662 ff. BGB) Anwendung. Eine „Geschäftsbesorgung" i. S. d. Vorschrift liegt vor, wenn es sich um eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlichen Charakters im Interesse eines anderen handelt, die innerhalb einer fremden wirtschaftlichen Interessensphäre wahrgenommen wird (z. B. Bankgeschäfte, Baubetreuung). Ein Dienstverhältnis über unselbstständige Dienste liegt vor, wenn der Dienstverpflichtete einem anderen in persönlicher Abhängigkeit Dienste leistet, i. d. R. als dessen Arbeitnehmer. Es handelt sich dann um ein Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte hierfür sind - wie erwähnt - u. a. die Eingliederung in den Betrieb, die Weisungsgebundenheit und wenn der Dienstverpflichtete Zeit und Ort seiner Leistung nicht selbst bestimmen kann. Bei der Schaffung des BGB ist diese Abhängigkeit des Dienstverpflichteten (Arbeitnehmers) nicht ausreichend berücksichtigt worden. Das konservative BGB brachte die wirtschaftliche Grundauffassung jener Zeit - den Liberalismus - zum Ausdruck. Die Arbeit wurde ausschließlich als Produktions- und Erwerbsmittel angesehen. Der „Arbeitsvertrag" galt als Austauschvertrag, auf Grund dessen die „Arbeit" gegen „Lohn" geliefert wurde. Die Folge waren zwar große wirtschaftliche Erfolge einerseits, aber auch große soziale Missstände andererseits, die ein Eingreifen des Staates erforderlich machten. Man erkannte, dass es sich bei den am Arbeitsverhältnis beteiligten Parteien nicht um gleichberechtigte Personen handelte, da für den Arbeitnehmer der Arbeitsplatz bzw. dessen Verlust
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von erheblich größerer Bedeutung ist als für den Arbeitgeber, der i. d. R. zwischen mehreren Arbeitnehmern auswählen kann. Aus dem Grund hat sich in der Folgezeit das Arbeitsrecht als „Sonderrecht des Arbeitnehmers" (u. a. Kündigungsschutzgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz) herausgebildet, für die die §§ 611-630 BGB nur eine allgemeine Grundlage bilden. Durch den Dienstvertrag ist der Dienstverpflichtete zur Leistung der versprochenen Dienste (aller Art) verpflichtet. Grundsätzlich hat er die Dienste „in Person" zu leisten, wobei im Rahmen des Üblichen Erfüllungsgehilfen eingesetzt werden können (Jauernig-Mansel, § 611 BGB, Rn. 6). § 611 a BGB enthält ein geschlechterbezogenes Benachteiligungsverbot. Nach § 611 b BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz grundsätzlich weder öffentlich noch innerhalb des Betriebes nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben. Der Inhalt und Umfang der Dienstleistungspflicht bestimmt sich nach den vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen, mitunter auch nach einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder nach Einzelanweisungen des Arbeitgebers auf Grund des Direktionsrechts (Zuweisung von Arbeitsplätzen, vgl. Jauernig-Mansel, §611 BGB, Rnn.7ff.). Der Dienstberechtigte ist verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu bezahlen. Ist diese nicht vertraglich genau fixiert (§ 612 BGB), wird sie taxmäßig (= nach einer Gebührenordnung, z.B. GebO für Ärzte oder Zahnärzte oder die BRAGO für Rechtsanwälte) berechnet. Nach § 614 BGB ist die Vergütung im Zweifel nach Erbringung der Dienste zu entrichten, d. h. der Dienstverpflichtete ist vorleistungspflichtig. Von großer praktischer Bedeutung im Rahmen von Unternehmenskäufen oder im Falle von Outsourcing-Maßnahmen ist die Vorschrift des § 613 a BGB. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Hinsichtlich der Nebenpflichten schulden sich beide Parteien gegenseitig insbesondere Treue, Schutz und Sorgfalt, z.B. Erstellen eines Dienstzeugnisses, Gewährung von Freizeit zur Stellungssuche oder den pfleglichen Umgang mit Arbeitsgeräten. Treten Vertragsstörungen auf, so sind die allgemeinen Vorschriften grundsätzlich anwendbar. Im Allgemeinen Teil des Schuldrechts gilt der Grundsatz, dass der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt, wenn der Schuldner bei nicht zu vertretender Unmöglichkeit von seiner Leistung frei wird. Für den Fall einer vom Dienstverpflichteten verschuldeten Unmöglichkeit enthält das Dienstvertragsrecht in § 616 BGB eine Besonderheit. Nach § 616 BGB behält der Dienstverfplichtete seinen Anspruch auf die Gegenleistung, wenn er „für eine nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird".
6. Dienstvertrag
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Ein in der Person des Dienstverpflichtenden liegender Grund ist beispielsweise eine Krankheit. Bei Angestellten gelten 6 Wochen als „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit". Insoweit sind auch die Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) zu beachten (Jauernig-Mansel, § 616 BGB, Rn. 6). Eine weitere Durchbrechung des Grundsatzes „Ohne Arbeit kein Lohn" ist in § 615 BGB geregelt. Befindet sich der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, dann kann der Dienstverpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste trotzdem die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne seine Leistung nachholen zu müssen (§ 615 BGB); entsprechendes gilt in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt (§ 615 S. 3 BGB - „Betriebsrisiko"). § 619 a BGB betrifft die Beweislast bei Haftungsfragen. Der Grund für diese neuere Regelung besteht darin, dass grundsätzlich bei Pflichtverletzungen i. S. v. § 280 BGB das Verschulden vermutet wird. Um den Arbeitnehmer nicht zu benachteiligen, ist nun bestimmt, dass sich die Beweislast bezüglich Pflichtverletzungen nach allgemeinen Grundsätzen richten soll. Die von § 280 Abs. 1 S. 2 BGB verfügte Umkehr der Beweislast kommt demnach bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers nicht zur Anwendung. Es handelt sich um keine Anspruchsgrundlage; diese ist nach wie vor § 280 Abs. 1 S. 1 BGB. Dienstverhältnisse enden mit Zeitablauf, mit dem Tod des Dienstverpflichteten (nicht aber grundsätzlich mit dem Tod des Dienstberechtigten), durch Aufhebungsvertrag sowie durch Kündigung (§ 620 BGB). Selbstständige Dienstverhältnisse sind grundsätzlich unter Einhaltung relativ kurzer gesetzlicher Fristen kündbar (§ 621 BGB). Dagegen sind Arbeitsverhältnisse aus sozialen Gründen anders geschützt, und zwar einerseits durch längere Kündigungsfristen (§ 622 BGB), zum anderen aber durch die Notwendigkeit von Rechtfertigungsgründen bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung. In diesem Zusammenhang ist das grundsätzlich für Arbeitsverhältnisse geltende Kündigungsschutzgesetz (KSchG) von Bedeutung, da nach § 1 KSchG die Kündigungen, die sozial nicht gerechtfertigt sind, für unwirksam erklärt werden. Das KSchGfindetAnwendung, wenn in dem Betrieb i.d. R. mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden und das Arbeitsverhältnis des gekündigten Arbeitnehmers länger als sechs Monate bestanden hat. Eine Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. In besonderen Fällen kann auch beim Arbeitsverhältnis eine fristlose bzw. eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB ausgesprochen werden, wenn ein „wichtiger Grund" vorliegt, der eine Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Abwägung aller Umstände für beide Parteien nicht zumutbar erscheinen lässt, z. B. bei einem Diebstahl.
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
7. Werkvertrag a. Gegenstand Der Werkvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, in dem sich der eine Teil (Unternehmer) zur Herstellung des versprochenen Werks und der andere Teil (Besteller) zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 Abs. 1 BGB). Kennzeichen eines Werkvertrags ist die Zusage, ein bestimmtes Werk herzustellen. Werkunternehmer
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Vergütung
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Abb. IV.9. Werkvertrag Im Gegensatz zum Dienstvertrag wird hier nicht ein bloßes Tätigwerden, d. h. der bloße Arbeitseinsatz, geschuldet, sondern ein bestimmter „(Arbeits-)Erfolg". Der Gegenstand eines Werkvertrags kann vielgestaltig sein. Als Gegenstand eines Werkvertrags kommt einmal die Herstellung oder die Veränderung einer Sache, aber auch jeder andere durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführende Erfolg in Betracht. Beispiele: Reparatur einer Maschine; Errichtung eines Bauwerks; Planung und Bauüberwachung eines Architekten, Gutachten eines Sachverständigen, Konzert eines Künstlers, Vorführung eines Films, Beförderung von Personen oder Gütern; Haarschnitt, Piercing. Der Werkvertrag kann auch eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand haben, z.B. eine Inkassotätigkeit. Dieser Vertrag unterliegt dann in wesentlichen Teilen dem Auftragsrecht (§ 675 BGB). Erst dieser „Erfolg" begründet die Zahlungspflicht des Auftraggebers. Die Vergütung wird mit der „Abnahme" fällig (§ 640 BGB). Besteht das „Werk" in der Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen, findet nach § 651 S. 1 BGB das Kaufrecht Anwendung. Dies gilt selbst dann, wenn der Stoff für das Werk vom Besteller geliefert wird. Bei unvertretbaren beweglichen Sachen, z. B. Herstellung eines Maßanzuges, wird das Kaufrecht durch einige wenige Vorschriften aus dem Werkvertragsrecht modifiziert; hierzu zählen jedoch nicht die Mängelrechte des Bestellers nach den §§ 633 ff. BGB). Da seit der Schuldrechtsreform die Lieferung herzustellender beweglichen Sachen dem Kaufrecht unterliegt, beschränkt sich die Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts im Wesentlichen auf die Herstellung von Bauwerken, auf reine Reparaturarbeiten sowie auf die Herstellung nicht körperlicher Werke (Raab, in Dauner-Lieb/Heidel/ Lepa/Ring, SchuldR, § 9, Rn. 8). Auf den Kauf mit Montageverpflichtung wird in Bezug auf die Gewährleistung ebenfalls das Kaufrecht angewendet, da § 434 Abs. 2 BGB die unsachgemäß durchgeführte Montage als Sachmangel der Kaufsache qualifiziert.
7. Werkvertrag
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Der Gesetzgeber hat für Werkverträge mit bestimmten Leistungsgegenständen Sonderregeln geschaffen, um der jeweils bestehenden Interessenlage besser gerecht zu werden. Soziale Motive waren nicht ausschlaggebend, abgesehen vom 1979 geschaffenen Reisevertragsrecht (§§ 651 a ff. BGB), um Problemen, die aus dem stark gewachsenen Pauschaltourismus erwuchsen, besser begegnen zu können. Gegenstand von Sonderregelungen sind etwa bestimmte Vertragstypen des Handelsrechts, z.B. das Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB), das Frachtgeschäft (§§ 407 ff. BGB), das Speditionsgeschäft (§§ 453 ff. HGB) oder der Verlagsvertrag (§§ 1 ff. VerlagsG). Zu nennen ist weiterhin die Makler- und Bauträgerverordnung, die bei Bauträgerverträgen zu beachten ist. Ein Bauträgervertrag liegt vor, wenn eine Vertragspartei auf dem ihr gehörenden Grundstück im eigenen Namen für einen zukünftigen Erwerber ein Bauvorhaben durchführt. Die Makler- und Bauträgerverordnung gilt ebenfalls für den Baubetreuungsvertrag, durch den sich eine Vertragspartei zur wirtschaftlichen undfinanziellenBetreuung eines Bauvorhabens verpflichtet. Für bestimmte Werkverträge haben sich darüber hinaus allgemeine Geschäftsbedingungen durchgesetzt. Wegen der großen praktischen Bedeutung sei an dieser Stelle auf die bei Bauverträgen häufig vereinbarte Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) hingewiesen. Die VOB besteht aus drei Teilen, den allgemeinen Vergabebestimmungen (Teil A), den Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Bauausführung (Teil B) sowie den allgemeinen technischen Vorschriften für Bauleistungen (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 22, Rn. 13 m. w. N.). b. Vertragliche Pflichten aa. Pflichten des Unternehmers Nach § 631 Abs. 1 BGB ist der Werkunternehmer zur Erstellung des versprochenen Werks verpflichtet. Im Unterschied zum Dienstvertrag muss der Unternehmer die Werkleistung nicht persönlich erbringen. Der Unternehmer hat das Werk mangelfrei zu erstellen. Dies hat zur Folge, dass der Besteller nicht in Annahmeverzug kommt, wenn er das Werk nicht abnimmt; unwesentliche Mängel sind nach § 640 Abs. 1 BGB unbeachtlich. Die Nebenpflichten ergeben sich - wie bei allen Verträgen - aus § 241 Abs. 2 BGB sowie aus dem Vertragszweck unter Berücksichtung von Treu und Glauben nach § 242 BGB. bb. Pflichten des Bestellers (1) Vergütungspflicht Der Besteller ist in erster Linie zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB).
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Art und Umfang der Vergütung ergeben sich aus der Vereinbarung. Fehlt eine dahingehende Abrede, greift § 632 BGB. Eine Vergütung gilt danach als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (§ 632 Abs. 1 BGB). Ist die Höhe nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe (z.B. HOAI, BRAGO oder die Gebührenordnungen der Steuerberater und Ärzte) die taxmäßige Vergütung zu zahlen; falls keine Taxe besteht, gilt das Übliche als vereinbart (§ 632 Abs. 2 BGB). Die Vergütung wird fällig mit Abnahme (§ 641 BGB, vgl. im Folgenden). Nach § 632 Abs. 3 BGB ist ein Kostenanschlag im Zweifel nicht zu vergüten. Nach dieser Auslegungsregel bedarf eine Vergütungspflicht für einen Kostenanschlag einer eindeutigen Vereinbarung. Der Unternehmer kann von dem Besteller nach § 632 a BGB für in sich geschlossene Teile des Werks Abschlagszahlungen für die erbrachten vertragsgemäßen Leistungen verlangen. Ziel dieser Regelung ist es, den Vorleistungspflichtigen Unternehmer, vor allem im Baubereich, zu entlasten. Voraussetzung ist, dass es sich um eine in sich abgeschlossene Teilleistung handelt, z.B. bei einer Softwareentwicklung ein wirtschaftlich verwertbares Teilprogramm (vgl. BroxAValker, SchuldR BT, § 22, Rn. 9 m. w. N.). Der Unternehmer hat ein schützenswertes Interesse an einer Sicherheit für seinen Vergütungsanspruch. Das Gesetz sichert den Vergütungsanspruch des Unternehmers gegen den Besteller durch ein Pfandrecht nach § 647 BGB (Werkunternehmerpfandrecht) an den hergestellten oder reparierten Sachen des Bestellers. Dieses gesetzliche Pfandrecht nützt jedoch einem Unternehmer nur dann etwas, wenn die zu reparierende Sache dem Besteller gehört. Gehört die Sache einem Dritten, kommt nur der Erwerb eines (Vertrags-)Pfandrechts in Betracht (mit Zustimmung des Eigentümers oder auf Grund guten Glaubens). Das gesetzliche Pfandrecht nach § 647 BGB kann dagegen nicht gutgläubig erworben werden (vgl. BGHZ 34, 125 ff.; 34, 153 ff.; vgl. Jauernig-Mansel, § 647 BGB, Rnn. 3 ff.). Bezieht sich der Werkvertrag auf die Erstellung eines Bauwerks oder Teile davon, hat der Unternehmer, da ihm § 647 BGB keine Sicherheit bietet, einen Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek (§ 648 BGB). Diese Sicherungshypothek entsteht nicht kraft Gesetz, sondern muss rechtsgeschäftlich begründet werden. Eine Sicherungshypothek nach § 648 BGB bietet aber regelmäßig keine ausreichende Sicherheit, wenn das Grundstück bereits sehr belastet ist. Dann kann er von dem Besteller darüber hinaus auch unter den Voraussetzungen des § 648 a BGB Sicherheitsleistung für die von ihm erbrachten Leistungen verlangen, z. B. eine Bankgarantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts. (2) Abnahme Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsgemäß hergestellte Werk abzunehmen und ggf. bei der Herstellung mitzuwirken. Unter einer Abnahme versteht die h. M. nicht nur die körperliche Entgegennahme des „Werks", sondern auch die Anerkennung des Werks als die vertragsgemäße Leistung (vgl. BGHZ, NJW 1993, 1972; Brox/
7. Werkvertrag
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Walker, Schuldrecht BT, § 25, Rn. 10). Es handelt sich dabei um eine Hauptpflicht des Bestellers. Ist nach der Beschaffenheit des Werks eine Abnahme praktisch nicht möglich, tritt an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werks. Das Gesetz verbindet eine Reihe von Rechtsfolgen mit der Abnahme. Hierzu zählen die Fälligkeit der Vergütung, der Beginn der Verjährungsfrist für bestimmte Mängelansprüche und der Übergang der Preisgefahr vom Unternehmer auf den Besteller. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden (§ 640 Abs. 1 S. 2 BGB). In diesem Fall kann der Besteller jedoch die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern, etwa das 3-fache der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten. Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten, angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist (§ 640 Abs. 1 S. 3 BGB). (3) Nebenpflichten Auch für ihn können sich Nebenpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB sowie aus dem Vertragszweck unter Berücksichtung von Treu und Glauben nach § 242 BGB ergeben. Den Besteller trifft vor allem eine Fürsorgepflicht, wenn der Unternehmer in den Räumen des Bestellers tätig ist, etwa bei Reparaturen, z. B. in Bezug auf den Schutz vor Unfällen (vgl. Palandt-Sprau, § 631 BGB, Rnn. 15 ff.). c. Gefahrtragung § 644 BGB enthält Sonderregeln zur Gefahrtragung. Der Unternehmer trägt nach § 644 Abs. 1 BGB bis zur Abnahme die Preisgefahr. Kommt der Besteller mit der Abnahme in Verzug, geht die Gefahr auf ihn über (§ 644 Abs. 1 S. 2 BGB). Im Falle der Versendung des Werks geht die Preisgefahr bereits mit der Absendung auf den Käufer über, sofern das „Werk" auf sein Verlangen versandt werden soll (§§ 644 Abs. 2, 447 BGB). Soweit es sich um einen „Werklieferungsvertrag" zwischen einem Werkunternehmer und einem Verbraucher handelt, gilt die Regelung nach §§ 651, 474 Abs. 2 BGB nicht. Ist nach der Beschaffenheit des Werks, z.B. eine Personenbeförderung oder eine Theateraufführung, die Abnahme ausgeschlossen, so tritt nach § 646 BGB an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werks; dies gilt auch für den Gefahrübergang. Nach § 645 Abs. 1 BGB geht zwar nicht die Preisgefahr auf den Besteller über, in bestimmten Fällen hat er aber eine „TeilVergütungsgefahr" zu tragen. Der Unternehmer kann einen Teil seiner Vergütung verlangen, wenn das Werk infolge eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stoffes oder wenn das Werk nach Anweisung des Bestellers zu erbringen war, untergegangen oder unausführbar geworden ist. Der Grund dieser Teil Vergütungspflicht besteht in der Mitverantwortung des Bestellers.
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Liegt die Ursache für das zufällige Scheitern der „Werkerbringung" im Risikobereich des Bestellers, wird ein Teilvergütungsanspruch des Unternehmers nach § 645 BGB analog begründet. Dies ist gerechtfertigt, da die Interessenlage ähnlich ist, z. B. wenn eine Handlung des Bestellers das Werk in einen Zustand oder in eine Lage versetzt, die eine Gefährdung des Werks mit sich gebracht hat und ursächlich für seinen späteren Untergang geworden ist (Brox/Walker, SchuldR BT, § 23, Rn. 12 m. w. N.) Beispiel: B beauftragt U, eine Scheune zu errichten. B bringt in die unfertige Scheune Heu ein, das sich ohne sein Verschulden entzündet. Dabei brennt die Scheune ab. U verlangt Vergütung seiner bereits geleisteten Arbeit. Der BGH hat einen Anspruch des U nach § 645 BGB analog bejaht (vgl. BGHZ 40, 71; 60, 14; 136, 303; keine Anwendung der „ Sphärentheorie").
d. Gewährleistung Der Unternehmer hat dem Besteller danach das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen; die Definition in § 633 Abs. 2 BGB entspricht weitgehend § 434 Abs. 1 BGB. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Schuldrechtsreform das Kauf- und Werkvertragsrecht einander angenähert. Nicht übernommen worden sind hier die Werbeaussagen zur Bestimmung des Mangelbegriffs, da die entsprechende kaufrechtliche Regelung auf den Kauf von Massenwaren zugeschnitten ist, bei dem es typischerweise einen vom Verkäufer zu unterscheidenden Hersteller gibt, der für das Produkt wirbt. Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können. Ist das Werk mangelhaft, hat der Besteller zunächst seinen originären Erfüllungsanspruch. Er braucht das Werk nicht abzunehmen, sofern der Mangel nicht unwesentlich ist. Daneben steht ihm nach § 634 BGB mehrere Gewährleistungsansprüche zu (zur Anwendbarkeit der §§ 634 ff. BGB vor Abnahme, vgl. PalandtSprau, vor § 633 BGB, Rn. 7). Sofern das bestellte Werk mangelhaft ist, kann der Besteller grundsätzlich Nacherfüllung verlangen. Verlangt der Besteller Nacherfüllung, kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. Dem Unternehmer steht - im Gegensatz zum Kaufrecht - das Wahlrecht zu, ob er die Nacherfüllung durch Neuerstellung oder durch Nachbesserung erbringen will. Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. Der Unternehmer kann die Nacherfüllung auch verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 635 Abs. 3 GB). Nach erfolglosem Ablauf einer gesetzten Nachfrist kann der Besteller nach § 637 BGB den Mangel selbst beseitigen (Selbstvornahme) und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.
7. Werkvertrag
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Im Gegensatz zum bisherigen Recht setzt dieser Anspruch keinen Verzug mehr voraus. Unter den Voraussetzungen des Fehlschlagens bzw. der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung ist die Fristsetzung nach § 637 Abs. 2 BGB entbehrlich. § 637 Abs. 3 BGB gibt dem Besteller in Bezug auf die Aufwendungen - in Übereinstimmung mit der bisherigen Rspr. (vgl. Jauernig-Mansel, § 637 BGB, Rnn. 6 ff. m. w. N.) - einen Anspruch auf Vorschuss. Ein Rücktritt ist nach § 634 Nr. 3 1. Fall BGB, sofern dieser nicht ausgeschlossen ist, nach fruchtlosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist (§ 323 Abs. 1 BGB) möglich. In § 638 BGB ist - deckungsgleich mit § 441 BGB - bestimmt, dass der Besteller unter denselben Voraussetzungen (vgl. „Statt zurückzutreten" ...) Minderung (§ 634 Nr. 3 2. Fall BGB) verlangen kann. Nach § 634 Nr. 4 BGB kann der Besteller unter den Voraussetzungen der §§ 636, 280,281,283,311 a BGB Schadensersatz bzw. nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Sämtliche Schadensersatzansprüche setzen ein Verschulden des Unternehmers voraus, das allerdings vom Gesetz vermutet wird. Erfasst werden damit alle Schäden, die unmittelbar oder mittelbar mit dem Werkmangel zusammenhängen. Die Schadensersatzansprüche sind prinzipiell inhaltsgleich mit denen des Kaufrechts e. Verjährung Nach § 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB verjähren die in § 634 BGB enthaltenen Ansprüche bei Werkleistungen (vorbehaltlich § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB), deren geschuldeter Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistung hierfür besteht, in zwei Jahren. Besteht die Werkleistung in der Erstellung eines Bauwerks oder eine Planungs- oder Überwachungsleistung hierfür (z.B. von Architekten, Statikern oder Bauleitern), beträgt die Verjährungsfrist nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB fünf Jahre. Im Übrigen gilt die regelmäßige Verjährungsfrist. Die Verjährung beginnt in den Fällen des § 634 a Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 BGB nach § 634 a Abs. 2 BGB mit der Abnahme des Werks. Dagegen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB (§ 634 a Abs. 1 Nr. 3, § 634 a Abs. 3 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Besteller von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Unterliegt der Werkvertrag den Regeln der VOB (B), besteht mangels abweichender Vereinbarung die Verjährungsfrist bei Bauwerken zwei Jahre, bei Arbeiten an einem Grundstück ein Jahr (vgl. § 14 Nr. 4 VOB (B)).
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
f. Beendigung durch Kündigung Der Besteller kann nach § 649 S. 1 BGB den Vertrag bis zur Vollendung des Werks ordentlich kündigen. Mit der Kündigung wird das Vertragsverhältnis für die Zukunft aufgehoben. Der Besteller bleibt aber in vollem Umfang zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der Unternehmer muss sich dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 S. 2 BGB). Besonderheiten ergeben sich, wenn dem Werkvertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden ist; liegt dem Werkvertrag ein unverbindlicher Kostenanschlag zugrunde, kann der Besteller bei wesentlicher Überschreitung (etwa ab 25 %) den Vertrag nach § 650 BGB kündigen (vgl. Palandt-Sprau, § 650 BGB, Rn. 2 zu den Auswirkungen auf das Kündigungsrecht). Der Unternehmer kann sich vom Werkvertrag dagegen nur unter den engen Voraussetzungen des § 643 BGB lösen (vgl. hierzu Brox/Walker, SchuldR BT, § 26, Rn. 4).
8. Allgemeine Geschäftsbedingungen a. Zweck und Bedeutung Allgemeine Geschäftsbedingungen sind in der Praxis von großer Bedeutung. Jedes größere Unternehmen verwendet aus Rationalisierungs- und Vereinfachungsgründen vorformulierte Vertragsbedingungen (vgl. insbesondere die AGB der Banken, Verscherungen). Dadurch lassen sich zeitraubende Verhandlungen von Einzelvereinbarungen bei Massengeschäften vermeiden. In der Umgangssprache wird in diesem Zusammenhang auch von dem „Kleingedruckten" gesprochen, dass sich regelmäßig auf der Rückseite eines Vertragsformulars befindet. Ferner dienen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Risikobegrenzung. Dies kann durch eine für sie günstige Abänderung der dispositiven gesetzlichen Vorschriften, z. B. durch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes, eines Ausschlusses bestimmter Schadensersatzansprüche sowie einer Einschränkung der Rechte des Kunden bei Mängeln, erreicht werden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen lassen somit das Geschäftsrisiko für die Unternehmen kalkulierbarer werden. Darüber hinaus können sie auf den Märkten, auf denen sie Anwendung finden, die Transparenz erhöhen. Beispiele: AGB-Banken, Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen, Allgemeine Versicherungsbedingungen, Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB (B)).
8. Allgemeine Geschäftsbedingungen
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AGB haben weiterhin den Zweck, dass sie eine rasche Anpassung der vertragsrechtlichen Grundlagen an den wirtschaftlichen und technischen Wandel ermöglichen. Für gesetzlich nicht geregelte bzw. durch vorhandene gesetzliche Vorschriften nur unzureichend zu erfassende Vertragsarten, wie z.B. den Factoringvertrag, den Baubetreuungsvertrag, den Vertragshändlervertrag oder auch den Franchisevertrag, kann durch die Verwendung von Allgemeine Geschäftsbedingungen erreicht werden, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten stets umfassend geregelt sind („Lückenfüllungsfunktion"). Von den vorformulierten Vertragsbedingungen wird ein Verwender im Regelfall nicht abweichen, insbesondere dann nicht, wenn die Konkurrenz die gleichen Bedingungen verwendet. Da im Hinblick auf die AGB der Vertragspartner des AGB-Verwenders so gut wie keine Einflussmöglichkeit auf den Vertrag hat (vertragliche Einschränkung der „Inhaltsfreiheit"), besteht die Gefahr eines Machtmissbrauchs, den die Rspr. schon früh erkannt hat. So hat sie im Wege der Rechtsfortbildung dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB folgende Grundsätze über eine Inhaltskontrolle von vorformulierten Vertragsbedingungen entwickelt (vgl. Jauernig-Jauernig, § 305 BGB, Rn. 1). Diese Problematik aufgreifend, hatte der Gesetzgeber im Jahre 1976 das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) erlassen. Das AGB-Gesetz hatte erhebliche rechtspraktische Bedeutung erlangt, da es in einem Rechtsstreit vor Gericht eine Überprüfung der verwendeten Klauseln in mehrfacher Hinsicht gestattet. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in den Jahren 1996 und 1998 an die EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen angepasst worden. Die deutschen Regelungen sind daher, soweit sie Verbraucherverträge betreffen, richtlinienkonform auszulegen (Palandt-Heinrichs, § 310 BGB, Rnn. 23 ff.). Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz erfolgte eine (im Wesentlichen) systematische Änderung durch die Integration der Vorschriften in die §§ 305-310 BGB bzw. bezüglich der Unterlassungsklagenvorschriften in den §§ 13-22a AGBGesetz a. F. in das Unterlassungsklagengesetz. Das Unterlassungsklagengesetz sieht die Möglichkeit eines Verbandsklageverfahrens vor. Zweck der Einrichtung eines Verbandsklageverfahrens ist es, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln frei zu halten. § 1 UKlaG bestimmt, dass Verwender und Empfehler von AGB, die den §§ 307 ff. BGB widersprechen, auf Unterlassung und im Falle des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden können. Klagebefugt sind alle Verbände, z. B. Verbraucherschutzverbände. Wird eine Klausel im Rahmen eines Verbandsklageverfahrens für unwirksam erklärt, darf diese Klausel im Rechtsverkehr generell nicht mehr verwendet werden. Jeder - auch der am Verfahren nicht beteiligte Vertragpartner des Verwenders - kann sich auf die im Urteil festgestellte Unwirksamkeit einer ihm gegenüber verwendeten Klausel berufen (§11 UKlaG). b. Begriff und Anwendungsbereich AGB sind „alle für eine Vielzahl von Verträgen" (untere Grenze: 3-5) vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Abschluss des Vertrags stellt (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB). Gleichgültig ist dabei, ob die Bestimmungen der Verwender selbst, ein Interessenverband oder ein Dritter aufgesetzt hat. Unerheblich ist ebenso, ob sie bereits mehrfach verwendet worden sind, da auch die erstmalige Verwendung ausreicht, sofern nur vom Verwender (oder vom Aussteller) eine mehrfache Verwendung beabsichtigt ist, z. B. ein formularmäßiger Mietvertrag eines Haus- und Grundbesitzervereins (BGH, NJW 2004, 502 (503)). Die untere Grenze liegt bei drei Verwendungen (BGH, NJW 2002, 138). Unerheblich ist auch, ob sie einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat (§ 305 Abs. 1 S. 2 BGB). Keine AGB sind die im Einzelnen individuell ausgehandelten Vereinbarungen. Individualvereinbarungen gehen den AGB vor (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB). Zum Schutz des Vertragspartners des Verwenders erfordert ein „Aushandeln" nach h. M. mehr als ein bloßes Verhandeln. Der Verwender muss seine AGB ernsthaft zur Disposition stellen und der Kunde muss die tatsächliche Möglichkeit haben, den Inhalt der Bedingungen zu beeinflussen; erforderlich ist ein tatsächliches „Geben und Nehmen" (vgl. BGHZ 104, 232 (236), Palandt-Heinrichs, § 305 BGB, Rnn. 20 ff.). Die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf „ Verbraucherindividualverträge" (§ 24 a AGB-Gesetz a. F.) findet sich unverändert in § 310 Abs. 3 BGB wieder. Vom sachlichen Anwendungsbereich sind nach § 310 Abs. 4 BGB Verträge auf dem Gebiet des Familien-, Erb- und Gesellschaftsrechts ausgeschlossen. Eine wesentliche Änderung ergibt sich auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Auf Arbeitsverträge sind die §§ 305 ff. BGB grundsätzlich anwendbar (§ 310 Abs. 4 S. 2 BGB). Der Sinn und Zweck dieser Einbeziehung besteht u.a. darin, dem BAG die Möglichkeit zu geben, seine bisherige Rspr. zur Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen, die auf die §§ 242, 315 BGB gestützt war, zu vereinheitlichen und konsequent an den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB zu orientieren (Lorenz/Riehm, Rn. 93 m. w. N.). Die Ausnahme gilt für kollektivarbeitsrechtliche Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen. In persönlicher Hinsicht schließt § 310 Abs. 1 BGB die Anwendung der besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen sowie die speziellen Klauselverbote der §§ 308, 309 ff. BGB bei der Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern aus. Im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB kommt den Klauselverboten allerdings eine Indizwirkung zu. c. Einbeziehungsvoraussetzungen Steht fest, dass es sich um AGB handelt, müssen diese Vertragsbestandteil geworden sein. Hier müssen grundsätzlich drei Voraussetzungen bei Vertragsabschluss kumulativ erfüllt sein (§ 305 Abs. 2 BGB): - Ausdrücklicher oder jedenfalls deutlich sichtbarer Hinweis,
8. Allgemeine Geschäftsbedingungen
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- Möglichkeit der Kenntnisnahme durch die andere Vertragspartei und - Einverständnis der anderen Vertragspartei mit der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, das auch konkludent erklärt werden kann, etwa bei Vertragsdurchführung. Für einige typische Massengeschäfte enthält diese Vorschrift eine Einschränkung von der ausdrücklichen Hinweispflicht. Ist der Hinweis wegen der besonderen Art und Weise des Vertragsabschlusses nur unter unverhältnismäßig hohen Schwierigkeiten möglich (z.B. Kino-, Theater- oder Sportveranstaltungen, Kaufhaus, Automaten, Autowaschanlage), genügt ein deutlich sichtbarer Aushang der AGB am Ort des Vertragsabschlusses. Der Verwender von AGB verschafft seinem Vertragspartner in zumutbarer Weise Kenntnis von dem Inhalt z.B. durch Aushändigung, etwa der VOB (B), wenn der Vertragspartner eine Privatperson ist und keine Kenntnis vorausgesetzt werden kann (BGHZ 109, 195). Unter Anwesenden reicht ansonsten grundsätzlich Auslage zur Einsicht (vgl. hierzu Jauernig-Jauernig, § 305 BGB, Rn. 14; zur Einbeziehung der AGB bei Geschäften im Internet, vgl. Hoffmann, S. 9 u. 10 m. w. N., insbesondere zur Frage, welche Anforderungen die Anbieter in diesem Fall erfüllen müssen). Der Text muss schließlich auch verständlich sein, d. h. er muss so geschrieben sein, dass auch ein juristischer Laie den Text verstehen kann (vgl. zum Transparenzgebot noch § 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Gegenüber Unternehmern (Kaufleute und Freiberufler) sind die Einbeziehungsvoraussetzungen auf Grund ihrer Geschäftserfahrenheit weniger streng ausgestaltet. Hier reicht es aus, dass sich die Parteien irgendwie (auch konkludent) über die Geltung der AGB einigen, wobei die allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre gelten (Palandt-Heinrichs, § 305 BGB, Rnn. 50 ff. m. w. N.). Im unternehmerischen Rechtsverkehr kommt auch eine Einbeziehung der AGB nach den Grundsätzen zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben in Betracht. Wollen beide Parteien ihre eigenen (gegensätzlichen) AGB in den Vertrag einbeziehen, hielt die frühere Rspr. die letzte Verweisung für entscheidend („Theorie des letzten Wortes"). Die neuere Rspr. geht davon aus, dass widersprechende AGB soweit sich diese nicht decken - keine Wirksamkeit entfalten. An ihre Stelle treten die dispositiven gesetzlichen Vorschriften, vorausgesetzt, der Vertrag wird einvernehmlich durchgeführt (vgl. Köhler, BGB AT, § 16, Rn. 19). Nicht Vertragsbestandteil werden auch überraschende Klauseln nach § 305 c Abs. 1 BGB. Der Gesetzgeber möchte den Vertragspartner vor ungewöhnlichen Klauseln schützen. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass nur wenige Kunden die AGB des Vertragspartners im Einzelnen lesen. Meistens fehlt es an Zeit und Geduld beim Vertragsabschluss. Es handelt sich i.S.d. Vorschrift um Bestimmungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner nicht mit ihnen zu rechnen braucht. Dies gilt sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Unternehmern. Eine „überraschende Klausel" i. d. S. ist z. B. der Kauf einer Sache mit gleichzeitiger Verpflichtung zum Abschluss eines Wartungsvertrags oder die Miete einer Sache mit gleichzeitiger Verpflichtung zu deren Erwerb nach Ablauf der Mietzeit (vgl. Köhler, BGB AT, § 16, Rn. 20). Nach § 305 b BGB haben Individualabreden Vorrang vor AGB. Der Unterschied zum Aushandeln i. S. v. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB besteht darin, dass eine Individualvereinbarung nach § 305 b BGB auch noch nach Vertragsabschluss getroffen werden kann. Der sonstige Vertragstext bleibt regelmäßig unverändert. Vielfach findet man in AGB eine „Schriftformklausel". Soweit sie für Nebenabreden oder Vertragsänderungen konstitutiv die Einhaltung der Schriftform fordern, verstoßen sie gegen § 305 b BGB. Eine Individualabrede geht stets vor. Entsprechendes gilt für sog. Bestätigungsklauseln, die die Wirksamkeit mündlicher Nebenabreden von einer schriftlichen Bestätigung abhängig machen (vgl. Palandt-Heinrichs, § 305 b BGB, Rn. 5; hierzu auch Köhler, BGB AT, § 16, Rn. 23 m. w. N.). Der Schwerpunkt der gerichtlichen Überprüfung liegt im Bereich der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Danach kann das Gericht in einem Individualprozess bestimmte Klauseln, etwa weitreichende Haftungsausschlüsse oder zu weitreichende Beschränkungen der Rechte des Kunden etc. für unwirksam erklären. Vor einer Inhaltskontrolle sind die AGB auszulegen. Maßgebend ist dabei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten Vertragspartners, sondern die eines gedachten durchschnittlichen Kunden (objektiver Empfängerhorizont). Dabei ist eine zweistufige Prüfung vorzunehmen. Zunächst ist die Klausel in ihrer „kundenfeindlichsten" Auslegung der Inhaltskontrolle zu unterziehen. Hält sie der Inhaltskontrolle stand, d. h. ist sie wirksamer Vertragsbestandteil, so ist sie in der kundenfreundlichsten Auslegung auf den konkreten Fall anzuwenden. Dabei ist § 305 c Abs. 2 BGB zu beachten, wonach Unklarheiten, die nach erfolgter Auslegung bleiben, zu Lasten des Verwenders gehen (Unklarheitenregel).
d. Inhaltskontrolle In welcher Weise die AGB-Klauseln überprüft werden, ergibt sich im Einzelnen aus den §§ 307-309 BGB. Die Vorschriften entsprechen im Wesentlichen den §§ 8-11 AGB-Gesetz a. F. Der Inhaltskontrolle unterliegen nur solche Klauseln, die von den Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen (vgl. § 307 Abs. 3 BGB). Damit sind nur Leistungsbeschreibungen, die dazu dienen, die Art und den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht unmittelbar zu regeln oder deklaratorische Klauseln der Inhaltskontrolle entzogen. In § 309 BGB sind kasuistisch Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit aufgelistet, die stets unwirksam sind. Zu erwähnen sei an dieser Stelle etwa § 309 Nr. 5 BGB, wonach Schadenspauschalierungen in AGB nur dann zulässig sind, wenn dem Kunden „ausdrücklich" die Möglichkeit eingeräumt wird, einen geringeren Schaden des Verwenders nachzuweisen (zur bisherigen ähnlichen Rspr., vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Komm., § 11 AGB-Gesetz, Nr. 5, Rnn. 18 ff.).
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Nach § 309 Nr. 7 a BGB ist ein Haftungsausschluss bzw. eine Begrenzung der Haftung für Körperschäden, die auf einer (fahrlässigen) Pflichtverletzung beruhen, die der Verwender, sein gesetzlicher Vertreter oder Erfüllungsgehilfe zu vertreten haben, in AGB unwirksam. Nach § 309 Nr. 7 b BGB gilt gleiches für einen Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen beruhen. Zu erwähnen ist noch § 309 Nr. 8 BGB, der an das neue Leistungsstörungsrecht angepasst worden ist, insbesondere § 309 Nr. 8 b BGB. Diese gewährleistungsrechtlichen Klauselverbote für die Lieferung neu hergestellter Sachen haben jedoch in der Praxis erheblich an Bedeutung verloren, da die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) zwingend sind und im Verhältnis zu Unternehmern zumindest nicht unmittelbar gelten (§ 310 Abs. 1 BGB). Beispiele: Haftungsausschlüsse und generelle Verweise auf Dritte (§ 309 Nr. 8baa BGB), Beschränkungen der Gewährleistung auf Nacherfüllung, soweit dem Vertragspartner nicht bei Fehlschlagen der Nacherfüllung das Recht vorbehalten ist, Minderung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten (§ 309 Nr. 8bbb BGB), Verkürzungen der Gewährleistungsfrist in den Fällen der §§ 438 Abs. 1 Nr. 2, 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB oder in sonstigen Fällen, soweit die Verjährung weniger als ein Jahr beträgt (§ 309 Nr. 8 b ff BGB); Ausschlussfrist für eine Mängelanzeige, wenn diese Frist für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel kürzer ist als die nach § 309 Nr. 8 b ff BGB zulässige Frist (§309 Nr. 8beeBGB). In § 308 BGB sind Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit enthalten. Charakteristisch für diese Vorschrift ist, dass sie „unbestimmte Rechtsbegriffe", z.B. „unangemessen lange", „hinreichend bestimmt" oder „sachlich nicht gerechtfertigter Grund" enthält. So ist z.B. in § 308 Nrn. 1 u. 2 BGB von „unangemessen langen" Fristen die Rede. Mit diesen unbestimmten Rechtsbegriffen ist es der Rspr. überlassen, diese im Einzelfall zu konkretisieren unter Berücksichtigung des Vertragszwecks und der Gesamtumstände. Findet eine Inhaltskontrolle nicht nach §§ 309, 308 BGB statt, insbesondere gegenüber Unternehmern, so greift die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB mit einer Generalklausel. Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Klausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel vor, wenn „eine Bestimmung mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist", z. B. die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Maklerprovision. Die Vorschrift bringt zum Ausdruck, dass den in den Normen des dispositiven Rechts enthaltenen Wertentscheidungen eine „Ordnungs- und Leitbildfunktion" für die Inhaltskontrolle zukommt.
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IV. Schuldrecht BT: Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse
Nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel auch dann anzunehmen, wenn diese „wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist". Welche Rechte und Pflichten „wesentlich" sind, bestimmt sich nach Art und Inhalt des jeweiligen Vertrags. Bei gegenseitigen Verträgen sind das i. d. R. die Hauptpflichten und wesentliche leistungsbezogene Nebenpflichten. So kann z.B. ein Bewachungsunternehmen die Haftung für Schäden durch eine mangelhafte Bewachung nicht ausschließen. Der Vertragszweck ist „gefährdet", wenn der Vertrag nicht mehr als geeignetes Instrument zur Durchsetzung wesentlicher Interessen des Kunden erscheint (BGHZ 50, 200; vgl. Beispiele in Brox/Walker, SchuldR AT, § 4, Rnn. 51 ff.). Neu im Rahmen der Inhaltskontrolle ist die ausdrückliche Erwähnung des Transparenzgebots. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine „unangemessene Benachteiligung" auch daraus ergeben, dass eine Klausel nicht klar und verständlich gefasst ist, unabhängig von ihrem Inhalt (grundlegend BGHZ 106,42 (49)). e. Rechtsfolgen Ist eine Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden oder ist sie nach den §§ 307309 BGB unwirksam, dann richten sich die Rechtsfolgen nach § 306 BGB. Die Unwirksamkeit erfasst - entgegen dem Grundsatz in § 139 BGB - nur die Klausel selbst. Eine „geltungserhaltende Restriktion", d. h. eine Umdeutung in eine (gerade noch) zulässige Klausel kommt nicht in Betracht. Das Risiko der vollständigen Unwirksamkeit trägt damit der AGB-Verwender. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt das dispositive Gesetzesrecht. Besteht kein dispositives Gesetzesrecht, z. B. bei Leasing oder Sicherungsabreden als nicht geregelten Vertragstyp, muss die Rspr. diese Lücke im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung schließen (Köhler, BGB AT, § 16, Rn. 31). f. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. in besonderen Fällen aa. Verwendung gegenüber Unternehmer Werden AGB gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet, dann finden nach § 310 Abs. 1 BGB die Vorschriften über die Einbeziehung (§ 305 Abs. 2 u. 3 BGB und über die besonderen Klauselverbote (§§ 308, 309 BGB) keine Anwendung; eine Inhaltskontrolle findet nach der Generalklausel nach § 307 BGB statt. bb. Verbraucherverträge Für Verbraucherverträge gelten Besonderheiten. Die bisher auf Grund der Klauselrichtlinie erfolgten Erweiterungen des AGB-Gesetzes (§ 24 a AGB-Gesetz), mit
8. Allgemeine Geschäftsbedingungen
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dem der Verbraucherschutz zum zweiten tragenden Schutzprinzip des AGB-Rechts geworden ist, sind unverändert in § 310 Abs. 3 BGB übernommen worden. Nach § 310 Abs. 3 BGB ist ein Verbrauchervertrag jeder Vertrag, zwischen einem Unternehmer (§ 14 BGB) und einem Verbraucher (§13 BGB). Die Erweiterung besteht u. a. darin, dass die §§ 305 ff. BGB auch solche vorformulierten Vertragsbedingungen erfassen, die nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Der Verbraucherschutz wurde damit auf vorformulierte Verbraucherindividualverträge erweitert. Grundsätzlich ist bei der Inhaltskontrolle ein generell-objektiver Maßstab anzulegen (BGHZ 105, 24 (31)). Demgegenüber bestimmt § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, dass bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 u. 2 BGB auch „die den Vertragsabschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen" sind, z. B. eine besondere Geschäftserfahrung des Verbrauchers. Es erfolgt also eine konkret-individuelle Betrachtung. Die Vorschrift des § 310 Abs. 1 BGB sieht im Ergebnis vor, dass der AGBKontrolle auch solche Klauseln unterliegen, die auf Vorschlag eines Dritten (z. B. Notar, Makler) in den Vertrag einbezogen worden sind. Das Gesetz fingiert in diesen Fällen, dass die AGB vom Unternehmer gestellt worden sind. Zu beachten ist, dass mit der Klauselrichtlinie 93/13/EG für Auslegungsfragen im Endeffekt der EuGH zuständig ist, so dass das Recht der AGB ein Teil des europäischen Rechts geworden ist.
V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
1. Übersicht Neben den rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen, die auf Grund von Parteivereinbarungen zustande kommen, gibt es noch die gesetzlichen Schuldverhältnisse, die keiner Parteivereinbarung bedürfen. Im Schuldrecht gibt es drei wichtige Gruppen von gesetzlichen Schuldverhältnissen, die Geschäftsführung ohne Auftrag, die unerlaubte Handlung sowie die ungerechtfertigte Bereicherung. Gesetzliche Schuldverhältnisse zeichnen sich dadurch aus, dass sie kraft Gesetzes durch die Verwirklichung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale enstehen und Rechte und Pflichten zwischen Personen begründen. Gesetzliche Schuldverhälntisse finden sich allerdings nicht nur im Schuldrecht, sondern auch in anderen Bereichen. Für jedes gesetzliche Schuldverhältnis normiert der Gesetzgeber gesonderte Tatbestandsmerkmale. Im Gegensatz zum vertraglichen Schuldverhältnis gibt es hier keine gemeinsamen EntstehungsVoraussetzungen. Gesetzliche Schuldverhältnisse
Geschäftsführung Ungerechtfertigte Unerlaubte Eigentümer-Besitzer- Sonstige Schuldohne Auftrag Bereicherung Handlung Verhältnis Verhältnisse
Gesetzliches Pflichtteilsrecht Güter- und Erbrecht
Abb. V.l. Gesetzliche Schuldverhältnisse
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
2. Geschäftsführung ohne Auftrag a. Begriff und Bedeutung Ein enges Bindeglied zwischen rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen ist die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA). Im Gegensatz zum „Auftrag" besorgt jemand (Geschäftsführer) bei der Geschäftsführung ohne Auftrag gerade das Geschäft eines anderen (Geschäftsherrn), „... ohne von ihm beauftragt worden zu sein" (§ 677 BGB). Die Bezeichnung „Geschäftsführung ohne Auftrag" ist allerdings zu eng. Nicht das Fehlen eines Auftragsvertrags, sondern das Fehlen jedes Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten hinsichtlich der Geschäftsbesorgung kennzeichnet die Geschäftsführung ohne Auftrag (Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 1). Durch die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag will das Gesetz einen Interessenausgleich schaffen für die Fälle, in denen jemand Handlungen vornimmt, die den Rechtskreis eines anderen betreffen. Das Handeln des Geschäftsführers kann für den Betroffenen erwünscht oder dienlich sein. In diesem Fall ist es angebracht, den willkommenen Helfer zu entschädigen, der für den Geschäftsherrn ein finanzielles Opfer gebracht hat. Auf der anderen Seite soll der Geschäftsherr vor „Besserwissern" oder „Weltbeglückern" geschützt werden, die sich ungefragt in seine Angelegenheiten einmischen und Dienste aufdrängen, die ihm lästig sind (Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 2). Beispiel: T beobachtet einen Motorradunfall und bringt den bewusstlosen und stark blutenden Z ins Krankenhaus. T möchte, dass Z ihm die Rechnung für die Reinigung der blutverschmierten Autopolster bezahlt. Z verweigert dies unter Hinweis auf eine fehlende Beauftragung. Zu Recht? Diese Frage beantwortet sich nach den Regeln zur Geschäftsführung ohne Auftrag, die im Folgenden dargestellt werden. Eine echte GoA liegt vor, wenn jemand „für einen anderen" ein Geschäft führt. Das Gesetz unterscheidet je nach der Interessenlage zwischen berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag. Führt jemand hingegen ein Geschäft als eigenes, spricht man von Eigengeschäftsführung. Das Gesetz unterscheidet dann zwischen irrtümlicher (§ 687 Abs. 1 BGB) und unerlaubter Eigengeschäftsführung (§ 687 Abs. 2 BGB).
2. Geschäftsführung ohne Auftrag
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Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Echte GoA
| Berechtigte GoA
Unberechtigte GoA
Unechte GoA
Eigengeschäftsführung
Geschäftsanmaßung
Abb. V.2. Geschäftsführung ohne Auftrag
b. Berechtigte GoA aa. Voraussetzungen Führt der Geschäftsführer berechtigterweise ein Geschäft für den Geschäftsherrn aus, spricht man von einer berechtigten GoA. Die einzelnen Voraussetzungen für einen Anspruch des Geschäftsführers auf Grund einer berechtigten GoA bestimmen sich nach den §§ 677, 683 BGB. In einem Gutachten könnte der Fragesatz wie folgt lauten: „Der Geschäftsführer könnte einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 683 S. 1, 670, 677 BGB gegen den Geschäftsherrn haben.". Zuerst muss der Geschäftsführer überhaupt ein Geschäft des Geschäftsherrn besorgt haben. Unter einer Geschäftsbesorgung ist dabei jedes Tätigwerden zu verstehen, also nicht nur rechtsgeschäftliches und geschäftsähnliches, sondern auch rein tatsächliches Handeln (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 6). Geschäftsbesorgungen i. S. d. § 677 BGB sind also z. B. das Ausweichen mit einem Kraftfahrzeug, um eine Kollision zu vermeiden (BGHZ 38, 270, 275) oder die Hilfeleistung für Verunglückte (BGHZ 33, 251). Mit dem Merkmal der Geschäftsbesorgung ist zugleich meist die Person des an der Geschäftsbesorgung beteiligten Geschäftsführers bestimmt. Geschäftführer i. S. d. §§ 677 ff. BGB ist derjenige, der die in Frage stehende Tätigkeit ausführt, wobei sich der Geschäftsführer als Herr des Geschehens unselbstständiger Geschäftsführungsgehilfen bedienen kann (BGH, DB 2000, 1560, 1561). Die GoA setzt voraus, dass das Geschäft für einen anderen geführt wird. Der Geschäftsführer muss also mit Fremdgeschäftsführungswillen handeln. Dazu gehören das Bewusstsein und der Wille, eine Angelegenheit, die eigentlich der Sorge eines anderen obliegt, weil sie in dessen Rechtskreis gehört, für ihn zu besorgen. Der Geschäftsführer muss wissen und wollen, dass er für einen anderen handelt, d.h. dass die Vorteile des Geschäfts dem anderen zugute kommen. Ein solcher Fremdgeschäftsführungswillen ist lediglich dann ausgeschlossen, wenn es sich um eine Geschäftsbesorgung handelt, die den eigenen Interessenkreis des Geschäftsführers betrifft.
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
Bewusstsein und Wille, ein fremdes Geschäft zu führen, können auch bei reflexartigen Handlungen vorliegen, z. B. wenn ein Kraftfahrer in einer spontanen Reaktion das Steuer herumreißt, um einen anderen nicht zu schädigen, wobei er eine Eigenschädigung in Kauf nimmt (vgl. hierzu BGHZ 38, 270). Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer den Geschäftsherrn kennt. Es reicht aus, dass er für einen anderen handeln will. Aus dem Grund ist auch ein Irrtum über die Person des Geschäftsherrn unschädlich (§ 686 BGB). Der Fremdgeschäftsführungswüle ist oft schwer nachweisbar. Die Rspr. hat diesbezüglich besondere Beweislastregeln entwickelt. Wenn das Geschäft bereits äußerlich erkennbar zu einer fremden Interessenssphäre gehört (= objektiv fremdes Geschäft), ist der Fremdgeschäftsführungswüle anzunehmen, wenn dem Geschäftsführer die Fremdheit des Geschäfts bewusst ist (§ 687 Abs. 1 BGB) und er das Geschäft nicht nur als eigenes führen will (§ 687 Abs. 2 BGB). Bei einem objektiv fremden Geschäft wird der Fremdgeschäftsführungswüle vermutet (vgl. BGH, DB 2000, 1560 (1561)). Beispiel: A rettet das Kind eines anderen vor einem heranfahrenden PKW; B ruft bei einem Brand in dem Haus des C die Feuerwehr. Handelt es sich um Geschäfte, die nach ihrem Inhalt keinen fremden Rechtskreis betreffen, muss der Fremdgeschäftsführungswüle äußerlich erkennbar in Erscheinung getreten sei (BGH, DB 2000,1560 (1561), sog. objektiv neutrale Geschäfte. Erwirbt z. B. A Karten für ein Fußballspiel, tut er dies regelmäßig für sich selbst. Nur wenn er erkennbar für jemand anderes handelt, liegt diese Voraussetzung vor (vgl. Medicus, SchuldR BT, Rn. 619). Handelt es sich um ein Geschäft, das beide Interessenkreise berührt, liegt ein sog. „auch fremdes Geschäft" vor. Der Fremdgeschäftsführungswüle des Geschäftsführers wird hier - ebenso wie bei dem objektiv fremden Geschäft - vermutet (st. Rspr., vgl. BGH, DB 2000, 1560 (1561)). Beispiele: Mieter M löscht einen Brand in der gemieteten Wohnung; E - Eigentümer eines Hauses - löscht den Brand im Nachbarhaus. Die Vermutung eines Fremdgeschäftsführungswillens ist dann zweifelhaft, wenn sich das Doppelinteresse aus einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung des Geschäftsführers ergibt. Nach einer überwiegenden Meinung ist ein Fremdgeschäftsführungswüle nur dann gegeben, wenn besondere Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Im Einzelnen ist danach zu differenzieren, ob für den Geschäftsführer eine allgemeine öffentlich-rechtliche Pflicht oder eine spezielle öffentlichrechtliche Pflicht bestand oder ob für ihn eine vertragliche Verpflichtung gegeben ist. Besteht lediglich eine allgemeine öffentlich-rechtliche Pflicht, für einen anderen tätig zu werden (z.B. § 323c StGB - allgemeine Hilfeleistungspflicht), wird der Fremdgeschäftsführungswüle regelmäßig gegeben sein.
2. Geschäftsführung ohne Auftrag
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Beispiel: Z bringt den S, der nach einem Autounfall bewusstlos auf der Straße liegt, in ein nahe gelegenes Krankenhaus. Die Polster sind blutverschmiert. Z kann von S Ersatz, z. B. Reinigungskosten, verlangen.
Besteht dagegen eine spezielle öffentlich-rechtliche Pflicht, ist es fraglich, ob der Geschäftsführer gleichzeitig auch ein Geschäft eines anderen besorgt. Beispiel: Die Feuerwehr löscht einen Brand, der durch einen Funkenflug aus einer Lokomotive der Bundesbahn verursacht worden ist (vgl. BGHZ 40, 28 „Funkenflug-Fall"; vgl. auch BGHZ63, 167). Die Annahme einer GoA ist in diesem Fall umstritten, wenn es sich um Maßnahmen der Gefahrenabwehr durch die öffentliche Hand handelt. Für das Verhältnis zwischen Staat und Bürger enthalten die Verwaltungsvollstreckungs- und Kostengesetze nämlich eine abschließende Regelung über die Kostenerstattung der hoheitlichen Maßnahme. Entsprechendes gilt in dem Fall, wenn der Geschäftsführer ein Geschäft besorgt, wozu er auf Grund eines Vertrags mit einem Dritten diesem gegenüber verpflichtet ist. Nach einer Ansicht, der auch die Rspr. folgt, ist in diesen Fällen eine GoA nicht ausgeschlossen (Palandt-Sprau, § 677 BGB, Rnn. 6 ff. m. w. N.; Jauernig-Mansel, § 677 BGB, Rn. 3; a. A. Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 16 m. w. N.; ausführlich auch Martinek/Theobald, JuS 1997, 805 (807 ff.)). Letztlich darf der Geschäftsführer weder vom Geschäftsherrn zu der Geschäftsführung beauftragt noch diesem gegenüber sonst dazu berechtigt gewesen sein. Die GoA ist also subsidiär. Unter „Auftrag" ist jeder verpflichtende Vertrag zu verstehen. Unter einer sonstigen Berechtigung versteht man jede gesetzlich eingeräumte Befugnis, die Geschäfte eines anderen zu besorgen, z.B. als Organ einer juristischen Person oder als Eltern für die Kinder. Nach h. M. finden die Grundsätze zur GoA auch Anwendung, wenn der zwischen dem Geschäftsführer und dem Geschäftsherrn geschlossene Vertrag nichtig ist (vgl. BGH, BB 1993, 95). Die Übernahme der Geschäftsbesorgung ist nur berechtigt, wenn einer der drei im Gesetz genannten Berechtigungsgründe vorliegt (vgl. §§ 683 S. 1, 683 S. 2, 684 S. 2): - wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem (zum Ausdruck gebrachten) wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 S. 1 BGB, hierzu ausführlich Martinek/Theobald, JuS 1998, 29 m. w. N.), - wenn dies zwar nicht der Fall ist, die Geschäftsbesorgung aber einer im öffentlichen Interesse liegenden Pflicht (z.B. Abschleppen eines Verkehrs behindernd geparkten PKWs) oder einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entspricht oder wenn ein entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn gegen ein gesetzliches Verbot oder grob gegen die guten Sitten verstößt (z.B. A rettet den zum Selbstmord entschlossenen B, der sich gegen die „Hilfeleistung" des A wehrt, vgl. Martinek/ Theobald, JuS 1998, 30 m. w. N. zum Anwendungsbereich des § 679 BGB),
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- wenn der Geschäftsherr eine zunächst unberechtigte Geschäftsführung genehmigt (möglich nach § 684 S. 2 BGB). Eine berechtigte GoA kann auch gegenüber einem geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Geschäftsherrn erfolgen. Soweit es dabei auf den Willen des Geschäftsherrn ankommt (§§ 683,684 BGB - Genehmigung), ist auf den Willen des gesetzlichen Vertreters abzustellen. Umstritten ist, ob die berechtigte GoA Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers voraussetzt. Nach überwiegender Auffassung wird eine Übernahme der Geschäftsbesorgung als eine geschäftsähnliche Handlung angesehen, auf die die §§ 104 ff. BGB entsprechend angewandt werden. Eine Übernahme durch einen Geschäftsunfähigen kann daher nicht erfolgen. Der beschränkt Geschäftsfähige bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 33, aber mit a. A.). bb. Rechtsfolgen (1) Pflichten des Geschäftsführers Der Geschäftsführer hat nach § 677 BGB das Geschäft ordnungsgemäß zu führen, so wie es das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert. Nach § 681 BGB hat der Geschäftsführer die Pflicht zur Anzeige der Geschäftsübernahme und eine Nachrichten-, Auskunftsund Rechenschaftspflicht. Der Geschäftsführer ist insbesondere zur Herausgabe desjenigen verpflichtet, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat (§ 667 BGB). Der Geschäftsführer ist bei Pflichtverletzungen nach den allgemeinen Vorschriften zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 280 ff. BGB, §§ 823 ff. BGB). Nach § 680 BGB ist die Haftung des Geschäftsführers in dem Sonderfall erleichtert, dass eine dem Geschäftsherrn drohende Gefahr dringend abgewendet wird. Sinn und Zweck dieser Modifizierung ist die Förderung der Bereitschaft zur Nothilfe. Der Geschäftsführer hat in diesem Fall nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Die Vorschrift des § 682 BGB enthält eine Haftungsbeschränkung für den geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Geschäftsführer, dessen Geschäftsführung der gesetzliche Vertreter nicht zugestimmt hat. (2) Pflichten des Geschäftsherrn Der Geschäftsherr ist dem Geschäftsführer zum Ersatz der von diesem gemachten Aufwendungen verpflichtet (§§ 683 S. 1, 670 BGB). Für die „eigene Arbeit" kann der Geschäftsführer nach h. M. dann eine Vergütung verlangen, wenn die Tätigkeit seinem Beruf oder Gewerbe angehört hat (vgl. BGHZ 69, 36). Die hier von der h. M. (vgl. Erman/Ehmann, § 683 BGB, Rn. 8) analoge Anwendung des § 1835 Abs. 3 BGB ist, anders als im Auftragsrecht, zu billigen. Der Geschäftsherr haftet dem Geschäftsführer auch für erlittene Schäden, die aus einer mit der Geschäftsführung typischerweise verbundenen Gefahr erwachsen
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sind (BGH, NJW 1993, 2235; Jauernig-Mansel, § 677 BGB, Rn. 7 m. w. N.; Brox/ Walker, SchuldR BT, § 35, Rnn. 45 ff.). c. Unberechtigte GoA aa. Voraussetzungen Bei der unberechtigten GoA fehlt der Berechtigungsgrund für die Übernahme der Geschäftsführung. Die unberechtigte GoA unterscheidet sich von der berechtigten GoA zunächst dadurch, dass die Geschäftsbesorgung nicht mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn (vgl. § 683 S. 1 BGB) übereinstimmt (§ 678 BGB). Außerdem greift § 679 BGB nicht ein. Letztlich liegt auch eine Genehmigung des Geschäftsherrn nicht vor (§ 684 S. 2 BGB). Greifen hingegen die §§ 679 oder 684 S. 2 BGB ein, sind die Rechtsfolgen der berechtigten GoA einschlägig. Alle anderen Voraussetzungen der unberechtigten GoA müssen ebenso vorliegen wie bei der berechtigten GoA. Es muss sich also um eine Geschäftsbesorgung des Geschäftsführers für einen anderen (den Geschäftsherrn) handeln, wobei beim Geschäftsführer ein Fremdgeschäftsführungswille vorliegen muss. Außerdem muss der Geschäftsführer „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung" gegenüber dem Geschäftsherrn gehandelt haben; letztlich darf die Geschäftsbesorgung des Geschäftsführers - wie erwähnt - nicht „dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen" des Geschäftsherrn entsprechen. bb. Rechtsfolgen Da das gesetzliche Schuldverhältnis der berechtigten GoA hier nicht entsteht, sind die §§ 677, 681 BGB nicht anwendbar. Die Beziehungen der Beteiligten werden deshalb nach den Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung i. S. d. §§ 812 ff. BGB und über unerlaubte Handlung nach den §§ 823 ff. BGB abgewickelt. Zunächst kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 678 BGB wegen eines sog. Übernahmeverschuldens in Betracht. Diese Vorschrift ist jedoch nur einschlägig, wenn die Übernahme nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht und der Geschäftsführer sich dabei bewusst gewesen ist, dass er sich über den ihm bekannten Willen des Geschäftsherrn hinweggesetzt hat. Dem gleichgestellt ist der Fall, in dem er infolge Fehleinschätzung oder Nichtbeachtung der erkennbaren Umstände fahrlässig nicht auf den entgegenstehenden Willen geschlossen hat. Regelmäßig genügt hierzu leichte Fahrlässigkeit (Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 53). Anders ist dies nur, wenn die Geschäftsübernahme die Abwehr einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr gem. § 680 BGB bezweckte. Ein Schadensersatzanspruch wird nur dann ausgelöst, wenn der Geschäftsführer in einem solchen Fall mindestens grob fahrlässig gehandelt hat. Liegen also die Voraussetzungen des § 678 BGB vor, dann hat der Geschäftsführer
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
jeden von ihm durch die Geschäftsführung adäquat verursachten Schaden zu ersetzen, selbst wenn er bei der Ausführung nicht schuldhaft handelte. Der Geschäftsherr muss dem Geschäftsführer nach § 684 S. 1 BGB das durch die Geschäftsführung Erlangte nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) herausgeben. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung, d.h. dass die Voraussetzungen der §§812 ff. BGB nicht mehr zu prüfen sind (BGH, WM 1976, 1060). Bei der unberechtigten GoA erhält der Geschäftsführer keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Nach der ratio des § 684 BGB ist es unbillig, dem Geschäftsherrn die „Früchte" der vom Geschäftsführer vorgenommenen Tätigkeit zu belassen. d. Unechte GoA Der Geschäftsführer will bei der berechtigten oder unberechtigten GoA das Geschäft für einen anderen führen. In § 687 BGB hingegen werden Sachverhalte geregelt, in denen jemand ein fremdes Geschäft als eigenes, also eben nicht für einen anderen, führt (Eigengeschäftsführung). Diese Konstellation bezeichnet man auch als unechte GoA. Ein gesetzliches Schuldverhältnis entsteht nicht. Auch eine Genehmigung nach § 684 S. 2 BGB scheidet aus, da diese Bestimmung jedenfalls das Handeln des Geschäftsführers für einen anderen voraussetzt. § 687 BGB regelt zwei konkret umrissene Sachverhalte: § 687 Abs. 1 BGB behandelt den Fall, dass der Handelnde irrtümlich glaubt, er besorge ein eigenes Geschäft. Diesen Fall bezeichnet man als irrtümliche Eigengeschäftsführung. Beispiel: Der Erwerber verkauft in gutem Glauben eine Sache mit Gewinn weiter, die zuvor einem anderen gestohlen worden war. Bei der irrtümlichen Eigengeschäftsführung muss der Geschäftsführer irrtümlich ein objektiv fremdes Geschäft ohne Berechtigung als eigenes besorgen. Der Irrtum des Geschäftsführers muss sich auf die objektive Fremdheit des Geschäfts beziehen. Hinsichtlich der Rechtsfolgen finden nach § 687 Abs. 1 BGB für das Verhältnis zwischen dem Eigengeschäftsführer und demjenigen, dem das Geschäft objektiv zuzurechnen ist, die allgemeinen Bestimmungen über §§ 823 ff. BGB und §§ 812 ff. BGB Anwendung. Die Vorschriften der §§ 677-686 BGB finden hingegen keine Anwendung (Ausnahmen: §§ 994 Abs. 2, 1959 Abs. 1, 1978 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 BGB). Im Rahmen des § 687 Abs. 1 BGB ist unerheblich, ob der Irrtum des Handelnden verschuldet war. In § 687 Abs. 2 BGB wird der Fall geregelt, dass der Handelnde die Fremdheit kennt, aber das Geschäft unerlaubterweise als eigenes behandelt. Das ist der Fall der angemaßten Eigengeschäftsführung.
2. Geschäftsführung ohne Auftrag
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Beispiele: Vorsätzliche Verletzung von Patent- und Urheberrechten; vorsätzliche Eingriffe in fremde Eigentums- und Besitzverhältnisse. Bei § 687 Abs. 2 BGB führt also der Handelnde ein objektiv fremdes Geschäft wissentlich und ohne Berechtigung ausschließlich zu seinem eigenem Vorteil aus. Aus dem Sinn und Wortlaut des § 687 BGB folgt, dass es sich bei den „fremden Geschäften" i. S. d. Vorschrift stets nur um objektiv fremde Geschäfte handeln kann. Das Verhalten des Geschäftsführers ist nicht gerechtfertigt. Er haftet daher nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB und §§ 823 ff. BGB. Die §§ 812 ff. BGB können allerdings durch die §§ 987 ff. BGB ausgeschlossen sein. Daneben oder statt dessen kann der Geschäftsherr gem. § 687 Abs. 2 S. 1 BGB alle Ansprüche aus §§ 677, 678, 681, 682 BGB geltend machen, d.h. die Rechte, die er im Falle einer berechtigten GoA gehabt hätte; er kann das Geschäft sozusagen an sich ziehen. Hierzu zählt insbesondere der Anspruch auf Herausgabe des durch die Geschäftsbesorgung Erlangten (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB). Diese Ansprüche werden nicht durch die §§ 987 ff. BGB ausgeschlossen (Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 59). Beispiel: Der Dieb verkauft die gestohlene Sache mit Gewinn weiter. Ansprüche des Eigentümers? Der Eigentümer kann von dem Dieb nach § 992 i.V. m. §§ 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 242 StGB Schadensersatz verlangen; die §§ 812 ff. BGB scheiden aus. Der Eigentümer könnte daher nach den bisher erwähnten Vorschriften nur Ersatz seines Schadens erhalten, nicht jedoch den durch den Dieb erzielten Gewinn. Insoweit kann aber ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 BGB gegeben sein. Der Eigentümer könnte zudem nach § 687 Abs. 2 BGB von dem Dieb die Herausgabe des Gewinns fordern. Wird der Geschäftsführer von dem Geschäftsherrn auf Schadensersatz oder ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch genommen, so entstehen für den Geschäftsführer ebenfalls Ansprüche. Der Geschäftsherr ist - wenn er nach § 687 Abs. 2 BGB vorgeht- dem Geschäftsführer nach § 684 S. 1 BGB verpflichtet (§ 687 Abs. 2 S. 2 BGB). Diese Verweisung kann zu einem Missverständnis führen. Denn nach § 684 S. 1 BGB müsste der Geschäftsherr dem Geschäftsführer das durch die Geschäftsführung Erlangte herausgeben, das er doch seinerseits von dem Geschäftsführer erhalten hatte. Dieses Erlangte würde also hin- und hergeschoben werden. Diese Sinnlosigkeit muss man vermeiden und daher den § 687 Abs. 2 S. 2 BGB anders verstehen. Diese Vorschrift meint nicht das Geschäftsführungsergebnis, sondern die Aufwendungen des Geschäftsführers. Diese sollen ihm nach Bereicherungsrecht zu ersetzen sein, wenn er das durch die Geschäftsführung Erlangte herausgeben muss (Brox/Walker, SchuldR BT, § 35, Rn. 60). In einem Gutachten muss dabei die Anspruchskette für den Aufwendungsersatz nach Bereicherungsrecht lauten: §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1, 812 ff. BGB.
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
3. Ungerechtfertigte Bereicherung a. Einleitung Ein weiteres gesetzliches Schuldverhältnis stellt die ungerechtfertigte Bereicherung dar, gesetzlich in den §§ 812 ff. BGB geregelt. Die §§ 812 ff. BGB haben die Aufgabe, die auf Grund mangelhafter schuldrechtlicher Grundlage ausgetauschten Leistungen wieder rückgängig zu machen. Sie dienen also dem Ausgleich nicht gerechtfertigter Vermögensverschiebungen. Ihre Funktion ist mit den Rücktrittsvorschriften vergleichbar. Beim Rücktritt wird das gültige Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, während es bei den §§ 812 ff. BGB von Anfang an unwirksam war. Letztlich kann man den Rücktritt und die ungerechtfertigte Bereicherung an den unterschiedlichen Rückabwicklungsmaßstäben differenzieren (§§ 346 ff. BGB bzw. §§ 818 ff. BGB). Wer also ohne rechtfertigenden Grund einen Vermögenswert erlangt, muss das Erlangte nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§812 ff. BGB) an den Berechtigten herausgeben. Anders als beim Schadensersatz geht es nicht darum, die Einbuße, die der „Entreicherte" an seinen Gütern erlitten hat, auszugleichen. Vielmehr soll nur die Vermögensmehrung beim „Bereicherten" zugunsten des „Entreicherten" wieder beseitigt werden (Brox/Walker, SchuldR BT, § 36, Rn. 1). Beispiel: V hat dem K ein Buch verkauft und übereignet. Später ficht der K den Vertrag nach § 119 Abs. 1 BGB wegen Irrtums wirksam an. V verlangt daraufhin das Buch zurück. Mit Recht? Ein Kaufpreisanspruch für V aus § 433 Abs. 2 BGB entfällt, da der Kaufvertrag durch die Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend nichtig gemacht wurde. Ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB kommt nicht in Betracht, weil der K durch die Übereignung Eigentümer des Buchs geworden ist (§ 929 S. 1 BGB). Ansprüche aus §§ 1007, 861 und 823 BGB scheiden ebenfalls aus. Es erscheint aber nicht gerechtfertigt, dass der K das Buch behalten kann, ohne dafür bezahlen zu müssen. In diesem Fall hilft § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. K hat durch die Leistung des V das Eigentum und den Besitz an dem Buch ohne rechtlichen Grund - der Kaufvertrag ist nichtig - erlangt und ist daher zu dessen Herausgabe verpflichtet. Die §§812 ff. BGB sind insgesamt eine notwendige Ergänzung des Abstraktionsprinzips, wonach das Verfügungsgeschäft (hier: Eigentumserwerb) unabhängig von der Gültigkeit des Verpflichtungsgeschäfts (Kaufvertrag) ist. Nach einem Begriff aus dem römischen Recht bezeichnet man diese Ansprüche auch als Kondiktionen. Zwischen den Parteien besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis. Eine weitere Aufgabe der §§ 812 ff. BGB ist der Ausgleich eines Vermögenserwerbs, der nicht auf einer „Leistung" beruht. Das sind die Fälle, in denen der Vermögenserwerb ohne den Willen des Bereicherungsgläubigers eingetreten ist.
3. Ungerechtfertigte Bereicherung
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§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB enthält einen Grundtatbestand, der seinerseits zwei Alternativen aufweist. Eine Alternative ist die Bereicherung „durch die Leistung eines anderen" (= Leistungskondiktion). Die andere Alternative ist die Bereicherung „in sonstiger Weise" (= Eingriffs- oder Nichtleistungskondiktion). Dieser Grundtatbestand ist nur dann zu prüfen, wenn die Bereicherung nicht durch Leistung erfolgte. Der Umfang des Bereicherungsanspruchs ist in den §§818 ff. BGB geregelt. b. Leistungskondiktion Bei der Leistungskondiktion (§812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB) geht es darum, eine Leistung, die ohne gültiges Kausalgeschäft erbracht oder sonst fehlgeschlagen ist, wieder rückgängig zu machen. Der Hauptanwendungsfall ergibt sich aus der rechtlichen Trennung des kausalen Verpfiichtungsgeschäfts von dem Verfügungsgeschäft (Abstraktionsprinzip). Auf Grund dieser Trennung kann es vorkommen, dass das Verfügungsgeschäft (die Übereignung einer Sache) wirksam ist, während das Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kaufvertrag) unwirksam ist. Voraussetzung der Leistungskondiktion ist nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, dass jemand durch die „Leistung eines anderen" „ohne rechtlichen Grund" „etwas erlangt" hat. Ungerechtfertigte Bereicherung
durch Leistung
in sonstiger Weise auf Kosten (des Gläubigers) ^—~— etwas
ohne rechtlichen Grund
I erlangt
Abb. V.3. Ungerechtfertigte Bereicherung
aa. Etwas erlangt Zunächst muss jemand etwas erlangt haben. Unter einem kondizierbaren „etwas" ist jeder Vorteil für die Rechts- oder Vermögenslage einer Person zu verstehen. Hierzu zählen der Erwerb von Rechten (z.B. Eigentum, sonstige dingliche Rechte an Sachen, Inhaberschaft einer Forderung), die Befreiung von Verbindlichkeiten, die Ersparnis von Aufwendungen, die Erlangung des Besitzes oder Gebrauchsvorteilen sowie geleistete Dienste (Brox/Walker, SchuldR BT, § 37, Rn. 3 ff.).
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
bb. Leistung eines anderen Dieser kondizierbare Vermögensvorteil muss durch die Leistung eines anderen erlangt worden sein. Unter einer Leistung i. S. d. Vorschrift ist jede bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (Palandt-Sprau, § 812 BGB, Rn. 3; Brox/Walker, SchuldR BT, § 37, Rn. 6). Entscheidend ist dabei der Zweck, den der Leistende verfolgt. Es reicht also nicht jede (bewusste) Vermögensverschiebung aus (kritisch zum Leistungsbegriff, vgl. Larenz/Canaris, SchuldR BT II, § 70 VI2). Beispiel: Der Landwirt T füttert mit seinem Viehfutter die Tiere seines Nachbarn Z in der irrtümlichen Annahme, es handelt sich dabei um seine eigenen Tiere. Hier fehlt es an einer Leistung des T, da er unbewusst fremdes Vermögen vermehrt. In Betracht kommt nur eine Bereicherung „in sonstiger Weise". Im Einzelnen kann die Zweckbestimmung einer Leistung recht unterschiedlich ausfallen. Man unterscheidet drei Grundformen. Regelmäßig wird der Leistende die Erfüllung einer Verbindlichkeit bezwecken, z. B. die Erfüllung eines Vertrags (causa solvendi). Die Leistung kann aber auch, ohne dass eine entsprechende Verbindlichkeit besteht, den Zweck haben, ein Rechtsverhältnis zu begründen (causa obligandi), z. B. eine Handschenkung oder im Wege einer GoA. Letztlich kann eine Leistung auch den Zweck haben, den Empfänger- unabhängig von einem Rechtsverhältnis - zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen. Beispiele: 1. Die Nichte pflegt regelmäßig ihre alte Tante, wobei die Tante zu erkennen gegeben hat, sie werde sie als Erbin einsetzen. 2. Der Neffe baut ein Haus auf dem Grundstück der Tante aus in der Hoffnung, dies im Testament zugewiesen zu bekommen (vgl. BGHZ 44, 321). Insgesamt gesehen kann der Leistungszweck grundsätzlich sowohl vom Leistenden allein als auch mit dem Empfänger der Leistung vereinbart werden. Zu beachten ist, dass nach h. M. die allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte, z. B. zur Geschäftsfähigkeit, nicht gelten. Das bedeutet, dass auch ein Minderjähriger eine wirksame Leistungsbestimmung i. S. d. Vorschrift treffen kann. Kommt man zu dem Ergebnis, dass es bei einer gewollten Vermögensverschiebung an einer zweckgerichteten Leistung fehlt, handelt es sich in diesem Fall lediglich um eine Zuwendung, auf die die Vorschriften zur Leistungskondiktion nicht anwendbar sind. Um eine Zuwendung handelt es sich u. a. auch dann, wenn irrtümlich eine falsche Sache oder an einen falschen Empfänger geliefert wurde.
3. Ungerechtfertigte Bereicherung
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cc. Ohne rechtlichen Grund Die Leistung eines anderen muss letztlich ohne rechtlichen Grund erfolgt sein, damit § 812 Abs. 1 S. 1 BGB einschlägig ist. Eine Leistungskondiktion ist ohne rechtlichen Grund erfolgt, wenn der Leistende seinen (subjektiven) Zuwendungszweck (objektiv) nicht erreicht hat (Palandt-Sprau, § 812 BGB, Rn. 68). Damit soll eine solche Leistung wieder rückgängig gemacht werden, die fehlgeschlagen ist. Ob eine Leistung fehlgeschlagen ist, muss anhand des Leistungszwecks ermittelt werden. Es sind vier (komplexe) Fallgruppen zu unterscheiden. Die erste Fallgruppe behandelt die Situation, in der es an einem Rechtsgrund für eine Leistung fehlt, weil die Verbindlichkeit, die mit der Leistung erfüllt werden sollte, nicht besteht (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB). Beispiele: 1. V übereignet eine Sache an K zum Zwecke der Erfüllung eines Kaufvertrags, der allerdings nichtig ist. 2. A überfährt auf der Straße einen Hund und zahlt an P Schadensersatz, den er irrig für den Eigentümer hält. In § 812 Abs. 1 S. 2 BGB sind zwei weitere Fälle des Problemkreises „ohne rechtlichen Grund" beschrieben. Die erste Alternative enthält den späteren Wegfall des rechtlichen Grundes („condictio ob causam finitam"). Der Wegfall des Rechtsgrundes kann auf Grund einer Parteivereinbarung - durch eine Bedingung oder Befristung - oder durch eine einseitige Willenserklärung geschehen. Beispiele'. - Widerruf einer Schenkung (§§ 530, 531 Abs. 2 BGB); - Anfechtung des Kausalgeschäfts wegen Irrtums (bis zur Anfechtungserklärung ist das Geschäft als wirksam zu betrachten, obwohl es durch die Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend unwirksam wird); - Die Diebstahlversicherung zahlt dem Eigentümer eine Entschädigung, wenn die gestohlene Sache später unversehrt zurückgegeben wird. Die zweite Alternative betrifft den Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs („condictio causa data causa non secuta" oder „condictio ob rem"). Als „Erfolg" i. S. d. zweiten Alternative ist nicht die bloße „Schuldtilgung" gemeint, wenn jemand in Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt. Wird dieser Zweck nicht erreicht, dann ist bereits § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt BGB anwendbar. Nicht hierher gehören auch die Tatbestände, dass jemand in Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags leistet, um die Gegenleistung des Vertragspartners zu erhalten. Dafür stellen die §§ 320 ff. BGB eine abschließende Regelung dar. Im Übrigen ist, sofern der Zweck zur Geschäftsgrundlage gemacht wurde, die Vorschrift des § 313 BGB zu beachten (Larenz/ Canaris, SchuldR BTII, § 68 I 3 d). Es muss sich also um einen Fall handeln, wo jemand über die unmittelbare Erfüllung einer Verbindlichkeit hinaus die Erreichung eines weitergehenden Erfolgs beabsichtigt. Die Parteien müssen sich über den Zweck wenigstens stillschweigend verständigt haben und der bezweckte Erfolg muss ausgeblieben sein (BGHZ 44, 321; BGH, NJW 2001, 3118; Palandt-Sprau, § 812 BGB, Rn. 86).
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse Beispiel: Die Nichte pflegt ihre (vermögende) alte Tante, damit sie als Erbin eingesetzt wird. Der hier in Frage kommende „Erfolg" ist nicht die Zahlung der Summe, sondern die erwartete Erbeinsetzung. Wenn die Erbeinsetzung ausbleibt - aus welchen Gründen auch immer -, kann das Geleistete unter den zuvor genannten Voraussetzungen nach Bereicherungsrecht zurückgefordert werden.
Lediglich einseitige Erwartungen der Beteiligten reichen für einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. BGB nicht aus. Sie müssen dem anderen Teil erkennbar gewesen sein und dieser muss sie sich zu eigen gemacht haben. Die vierte und letzte Fallgruppe der Leistung ohne rechtlichen Grund liegt bei einer Leistung mit verwerflichem Zweck vor. Nach § 817 S. 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn er durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt. § 817 S. 1 BGB ist eine eigene Anspruchsgrundlage, auf Grund derer das Erlangte zurückgefordert werden kann, z. B. wenn ein Amtsträger für eine Amtshandlung ein Geschenk angenommen hat. Ein Anspruch aus § 817 S. 1 BGB setzt die Kenntnis des Leistungsempfängers von den Tatsachen, die die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit begründen und das Bewusstsein des Rechts- oder Sittenverstoßes voraus. Die Bedeutung des § 817 S. 1 BGB liegt darin, Bereicherungsansprüche auch in den Fällen zu gewähren, bei denen der Anspruch nach § 812 BGB wegen §§ 814, 815 BGB - der Leistende weiß hier, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist - ausgeschlossen wäre (z. B. bei Zahlung von Lösegeld an einen Erpresser), aber auch dann, wenn das Grundgeschäft beispielsweise nach § 134 BGB nichtig ist. Nach § 817 S. 2 BGB entfällt jedoch der Bereicherungsanspruch, wenn dem Leistenden ebenfalls (aber auch alleine) ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last gelegt wird. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, demjenigen, der sich selbst rechts- bzw. sittenwidrig verhält, keinen Vorteil zu verschaffen. Beispiel: Der Vorsitzende des Fußballvereins X bietet dem Trainer des Fußballvereins Y einen bestimmten Betrag, damit dieser für das kommende zwischen beiden Mannschaften entscheidende Spiel seiner Mannschaft „Zurückhaltung" empfiehlt. Der Trainer meint, das werde sich machen lassen. Als die Mannschaft Y dann trotzdem gewinnt, verlangt der Vorsitzende das Geld zurück. Dieser Anspruch ist wegen § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, da sowohl die Hingabe als auch die Annahme von Geldern zur Beeinflussung sportlicher Wettkämpfe gegen die guten Sitten verstößt. § 813 BGB behandelt einen Sonderfall der Leistungskondiktion, dass jemand erfüllt, obwohl der Anspruch mit einer dauernden Einrede behaftet ist (z. B. Einrede der Arglist nach § 242 BGB). Zu beachten ist allerdings, dass diese Vorschrift nicht
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für die Einrede der Verjährung gilt, d. h. wer also nach Eintritt der Verjährung die Verjährungseinrede nicht erhebt, sondern leistet, hat keinen Bereicherungsanspruch (Brox/Walker, SchuldR BT, § 37, Rn. 25). Nach den §§ 814, 815 BGB ist - wie erwähnt - ein Anspruch aus einer Leistungskondiktion ausgeschlossen, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist oder wusste, dass der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war. c. Kondiktion in sonstiger Weise (Nichtleistungskondiktion) Ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen können auch auf andere Weise als durch „Leistung" eintreten. Insofern kann man auch von einer Nichtleistungskondiktion sprechen. Im Verhältnis der beiden Kondiktionsansprüche zueinander ist die Leistungskondiktion grundsätzlich vorrangig (BGHZ 40, 272, 278; Brox/Walker, SchuldR BT, § 36, Rn. 1). Das bedeutet, dass in einem Gutachten zuerst zu prüfen ist, ob die Bereicherung nicht bereits durch eine Leistung eingetreten ist. aa. Eingriffskondiktion In § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB sind Fallvarianten der Nichtleistungskondiktion geregelt. Mit den Worten „in sonstiger Weise" wird auf den Unterschied zur Leistungskondiktion hingewiesen. Der Gegensatz zu einer Leistung ist sprachlich ein Eingriff. Die Eingriffskondiktion ist tatsächlich auch der häufigste Fall der Nichtleistungskondiktion und wird deshalb fälschlicherweise auch oft damit gleichgesetzt, obwohl es noch andere Fallvarianten gibt, die sprachlich nicht unbedingt einen „Eingriff" darstellen. Für eine Eingriffskondiktion ist erforderlich, dass - entsprechend der Leistungskondiktion -jemand einen Vermögensvorteil erlangt hat. Die Bereicherung ist in sonstiger Weise erlangt, wenn die Vermögensverschiebung nicht auf einer zweckgerichteten Zuwendung eines Leistenden beruht, sondern i.d.R. ohne den Willen des Leistenden eingetreten ist (Palandt-Sprau, § 812 BGB, Rn. 10). Dem Bereicherten sind aus einem fremden Rechtskreis Vorteile zugeflossen, die nach der Rechtsordnung nicht ihm, sondern einem anderen gebühren. Soweit sind keine Unterschiede zur Leistungskondiktion erkennbar. Bei der Eingriffskondiktion erfolgt aber die Bereicherung - wie erwähnt - nicht durch Leistung eines anderen, sondern gerade durch den Eingriff des Bereicherten selbst auf Kosten des Bereicherungsgläubigers, indem er in die rechtlich geschützte Vermögenssphäre des Bereicherungsgläubigers eingreift. Das kann beipielsweise in dem unbefugten Gebrauch oder in der Benutzung einer fremden Sache liegen. Beispiele: Unerlaubte Wegnahme einer Sache, Diebstahl, unbefugte Nutzung gewerblicher Schutzrechte wie z. B. Patente, Rechts Verlust bei Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse beweglicher Sachen gem. § 951 BGB, Einzug einer fremden Forderung, Gebrauch einer fremden Sache, Aufwendungen auf eine fremde Sache (vgl. Palandt-Sprau, § 812 BGB, Rnn. 10 ff.).
Zur geschützten Vermögenssphäre des Gläubigers gehören neben den absoluten Rechten auch der Besitz und Immaterialgüterrechte (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 38, Rn. 5). Beispiel: Die Firma H verwendet das Bild eines bekannten Sportlers S zu Reklamezwecken ohne dessen Einverständnis. S verlangt eine Vergütung. Zu Recht? Hier ist ein Bereicherungsanspruch zu bejahen. Nach h. M. wird bei derartigen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts ein Bereicherungsanspruch gewährt, da sie geeignet sind, gewinnbringend verwertet zu werden (vgl. BGHZ 20, 345; BGH, NJW 1992, 2084). Eine Eingriffskondiktion ist aber auch dann gegeben, wenn der Eingriff durch einen Dritten oder ohne menschliches Zutun, z. B. durch Naturereignisse, erfolgte. Beispiel: Das Vieh des Bauern B läuft (von selbst oder unter Mithilfe eines Dritten) auf die Weide des Nachbarn Z und grast sie ab. Anspruch des Z? Z könnte einen Anspruch gegen B aus ungerechtfertigter Bereicherung - „in sonstiger Weise" - wegen Einsparung der Fütterungskosten geltend machen. Anders als bei der Leistungskondiktion ist bei der Eingriffskondiktion stets zu prüfen, ob der Eingriff in das Recht eines anderen auf dessen Kosten erfolgt ist. Damit ist nach zutreffender Ansicht nicht damit gemeint, dass bei dem anderen eine Vermögensminderung eingetreten sein muss. Beim Bereicherungsrecht geht es nicht - im Unterschied zum Schadensrecht - darum, eine Vermögensminderung auszugleichen, sondern eine Bereicherung rückgängig zu machen, die dem Berechtigten nicht gebührt. Mit dem Tatbestandsmerkmal auf dessen Kosten soll also der Bereicherungsgläubiger bei der Eingriffskondiktion bestimmt werden. Das ist der Träger derjenigen Rechtsposition, in die eingegriffen worden ist, dem also das Gut von der Rechtsordnung zugewiesen ist. Hat z. B. A unbefugt die Mietwohnung des B, der in Urlaub gefahren ist, benutzt, besteht ein Anspruch des B nach §§812 ff. BGB gegen A. Letztlich muss, wie auch bei der Leistungskondiktion, die Bereicherung bei der Nichtleistungskondiktion ohne rechtlichen Grund erfolgt sein. Nach der „Zuweisungstheorie" ist eine Bereicherung dann „ohne rechtlichen Grund" erfolgt, wenn die Erlangung des Vermögensvorteils durch den Bereicherten mit der rechtlich gewollten Güterzuordnung in Widerspruch steht, weil dieser Vorteil nach der Rechtsordnung einem anderen gebührt (BGHZ 20, 354); es kommt nicht darauf an, ob der Gläubiger den Vorteil selbst hätte ziehen können (RGZ 97, 310).
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bb. Rückgriffskondiktion Eine Nichtleistungskondiktion wird aber auch bei der Tilgung von Verbindlichkeiten eines Schuldners durch einen Dritten angenommen. Man spricht dann von einer Rückgriffskondiktion. Eine solche Kondiktion liegt aber nur dann vor, wenn die Tilgung den Schuldner dem Gläubiger gegenüber von der Leistung befreit. Da durch die Tilgung oft der Anspruch kraft Gesetzes auf den Dritten übergeht, bedarf es i.d.R. nicht des Bereicherungsrechts (vgl. § 267 bzw. § 268 Abs. 3 BGB). Überhaupt ist der Anwendungsbereich für eine Rückgriffskondiktion sehr begrenzt, da das Gesetz den zahlenden Dritten ausreichend schützt, indem es den Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner - im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs (z. B. § 774 Abs. 1, § 426 Abs. 1 BGB) oder durch Anwendung der Grundsätze zur GoA - auf den zahlenden Dritten übergehen lässt (Brox/Walker, SchuldR BT, § 38, Rn. 8; ausführlicher Medicus, BR, Rnn. 950 ff.). Besteht allerdings keine Schuld des Schuldners, dann kann auch keine Schuldbefreiung und kein Forderungsübergang eintreten (Palandt-Sprau, § 812 BGB, Rn. 25). Der Schuldner hat nichts erlangt. In diesen Fällen wird dem Dritten die Leistungskondiktion gegen den Gläubiger gewährt, da der Zweck - die Schuldbefreiung des Schuldners - nicht eingetreten ist. Besteht eine Schuld des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, hält sich der Dritte aber irrtümlich selbst für den Schuldner, dann liegen die Voraussetzungen des § 267 BGB nicht vor, da der Dritte seine eigene Schuld tilgen wollte. Auch hier hat der Dritte nur gegen den Gläubiger und nicht gegen den wahren Schuldner einen Leistungkonditkionsanspruch, da der Schuldner nichts erlangt hat. Die Schuld wurde nicht getilgt wegen § 267 BGB. Eine Rückgriffskondiktion kommt danach auch hier nicht in Betracht (Brox/Walker, SchuldR BT, § 38, Rnn. 8 ff.) cc. Verwendungskondiktion Letztlich fällt unter die Nichtleistungskondiktion auch der Fall, in dem der sich für den Eigentümer haltende Besitzer Verwendungen auf fremdes Gut macht, z. B. eine Reparatur. Diese Kondiktionsform wird zur besseren Unterscheidbarkeit als Verwendungskondiktion bezeichnet. Unter Verwendungen sind Aufwendungen zu verstehen, die einer Sache unmittelbar zugute kommen, d. h. diese erhält oder verbessert. Die Fälle der Verwendungskondiktion sind sehr selten, da in den §§ 994 ff. BGB die Fragen des Verwendungsersatzes abschließend geregelt sind und diese Normen die Anwendung der §§ 812 ff. BGB ausschließen (n.M., u.a. BGHZ 41, 157; BGH, JZ 1996, 366; für ein Konkurrenzverhältnis vgl. Medicus, SchuldR BT, Rn. 717). Die Verwendungskondiktion betrifft also nur die Fälle, in denen beispielsweise auf einem fremden Grundstück gebaut wird oder wenn fremde Sachen repariert werden. Ist eine Vermögensmehrung auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung erfolgt und ist der Vertrag nichtig, kommt eine Leistungskondiktion in Betracht, da hier eine zweckgerichtete Zuwendung vorlag.
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Ein Spezialfall der Verwendungskondiktion ist durch § 951 Abs. 1 S. 1 BGB geregelt. Hat der Eigentümer einer Sache sein Eigentum nach den §§ 946 ff. BGB durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung verloren, kann er von demjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eingetreten ist, einen Ausgleich verlangen. § 951 Abs. 1 S. 1 BGB stellt eine Rechtsgrundverweisung auf die Vorschriften des Bereicherungsrechts dar. Das bedeutet, dass die einzelnen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen vorliegen müssen. Die Anspruchsgrundlage in einem Gutachten lautet: §§ 951 Abs. 1 S. 1 i.V. m. 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB. Für die Verwendungskondiktion verbleiben danach nur diejenigen Fälle, in denen jemand Verwendungen gemacht hat, ohne im Besitz der Sache gewesen zu sein. Beispiele: Die von einem Flugzeug aus durchgeführte Einsaat, Bewässerung, Brand- oder Schädlingsbekämpfungsaktion, die - ohne spezielle Auftragserteilung durch den Grundstücksnachbarn - auch zugunsten seines Grundstücks erfolgte (Hunzinger, S. 423). Häufig entsteht im Rahmen der Verwendungskondiktion das Problem einer „aufgedrängten Bereicherung". Wurde die Bereicherung einem anderen aufgedrängt, d. h. wollte sie derjenige gar nicht haben, so hat ein Bereicherungsanspruch i. d. R. zu entfallen. Beispiel: Dieb D hat das von E gestohlene Kfz komplett lackieren lassen und verlangt dafür nach der Verwendungskondiktion Ersatz? Ein Bereicherungsanspruch entfällt, da es sich hier um eine aufgedrängte Bereicherung handelt. Begründet wird dieses Ergebnis teilweise mit einer subjektiven Wertbestimmung nach § 818 Abs. 2, von anderen mit § 818 Abs. 3 BGB. Teilweise wird aus § 996 BGB und § 687 Abs. 2 BGB der Grundsatz entnommen, wonach der bösgläubige Besitzer und der unechte Geschäftsführer keinen Ersatz nach § 812 BGB verlangen können (Brox/Walker, SchuldR BT, § 38, Rn. 15). Ist der (aufgedrängte) Gegenstand noch vorhanden und kann er herausgegeben werden, dann hat der Empfänger diesen herauszugeben. Eine unbillige Belastung ist damit für ihn nicht verbunden (vgl. zum Problem der aufgedrängten Bereicherung, BGHZ 23, 61 ff.; Medicus, BR, Rn. 899). d. Sonderprobleme - Leistung bei Beteiligung Dritter Besondere Probleme können bei der Leistungskondiktion entstehen, wenn mehr als zwei Personen an der Vermögensverschiebung beteiligt waren. Bedient sich jemand bei der Leistungsbewirkung eines Dritten, z.B. einer Bank oder eines Gehilfen, kann es im Einzelfall fraglich sein, welche bereicherungsrechtlichen Auswirkungen
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diese Einbeziehung Dritter hat. Es kommt darauf an, wer i.S.d. Vorschriften der Leistende und Leistungsempfänger ist. Anspruchsberechtigt ist daher nicht ohne weiteres derjenige, der die Vermögensverschiebung vorgenommen hat und als Anspruchsverpflichteter ist nicht bereits derjenige anzusehen, der den Gegenstand in Empfang genommen hat (Brox/Walker, SchuldR BT, § 37, Rn. 10). Wird ein Dritter im Rahmen der Leistungsbewegung nur unselbstständig und ohne Einbeziehung seines Vermögens tätig, insbesondere als eine Hilfsperson (z. B. Bote, Vertreter), so ergeben sich bereicherungsrechtlich keine Besonderheiten. Leistender nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts ist dann der Auftrag- bzw. Vollmachtgeber; dies gilt entsprechend auf der Empfängerseite (Palandt-Sprau, §812 BGB, Rn. 46). Beispiel: Vertreter V des A übereignet dem K ein Gemälde, das A an K verkauft hat. Wenn sich herausstellt, dass der Kaufvertrag zwischen A und K nichtig ist, also ohne Rechtsgrund erfolgte, dann ist A Inhaber des Kondiktionsanspruchs und nicht V, da dieser nur unselbstständig und ohne Einbeziehung seines Vermögens tätig wurde. V ist nicht Leistender, weil er dem K gegenüber keinen eigenen Leistungszweck verfolgte. Ist allerdings das Vermögen Dritter in den Leistungsvorgang einbezogen worden, ist für die Bestimmung des Bereicherungsgläubigers und des Bereicherungsschuldners die Unterscheidung zwischen Leistung und Zuwendung von Bedeutung. Eine Leistung wird nur von derjenigen Person erbracht, die einen „eigenen Leistungszweck" mit der Wertbewegung verfolgt. Beispiel: Eine Bank zahlt im Auftrag des Käufers K an den V einen bestimmten Geldbetrag. Hier liegt eine Leistung von K an V vor, da K den Zweck verfolgte, mit der Zahlung die Verbindlichkeit zu erfüllen. Eine Leistung liegt auch im Verhältnis des K zu der Bank vor, da die Bank mit der Zahlung an V ihre Verpflichtung aus dem Auftragsverhältnis erfüllen will. Bei der Auszahlung des Geldes an V handelt es sich jedoch um eine bloße Zuwendung, weil die Bank mit dieser Handlung gegenüber dem V keine eigene Zwecksetzung verfolgt (Palandt-Sprau, § 812 BGB, Rnn. 49 ff.). Derjenige, der auf Grund einer Anweisung handelt und im Verhältnis zum Empfänger keine eigene Leistung erbringt, wird als Leistungsmittler bezeichnet. Ob es sich im Einzelfall um eine Leistung i. S.d. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB oder um eine Zuwendung handelt, bestimmt sich nach h.M. aus Gründen des Vertrauensschutzes aus der Sicht des Empfängers. Als Leistender und somit als Gläubiger des Bereicherungsanspruchs gilt danach derjenige, den der Empfänger bei objektiver Betrachtungsweise als den Leistenden ansehen konnte, i. d. R. also sein Geschäftspartner (BGHZ 40, 272, 278). Wer aus Empfängersicht dagegen nur als Leistungsmittler in Erscheinung tritt, ist demnach nicht Gläubiger des Kondiktionsanspruchs. Im Einzelfall kann zweifelhaft sein, zwischen welchen Personen ein Leistungsverhältnis besteht. Nach der h. M. kommt es also darauf an, wen der Empfänger für
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den Leistenden halten durfte. Entsprechend wird bei der gesetzlichen Wertung der Willenserklärung auf den „objektiven Empfängerhorizont" abgestellt (BGH, ZIP 1999, 435 (437)). Beispiel: Hauseigentümer E kauft beim Installateur I einen Warmwasserspeicher, der in sein Haus eingebaut werden soll. I wiederum kauft, ohne von E hierzu bevollmächtigt zu sein, als sein „Vertreter" dieses Gerät bei Hersteller H. Das Gerät wird von H geliefert und eingebaut. Wer ist Leistender? Entscheidend ist, wen der Empfänger - hier der E - vernüftigerweise für den Leistenden halten durfte. Das bedeutet, dass eine Leistungskondiktion des H gegen den E ausscheidet, wenn dieser die Zuwendung für eine Leistung des I halten durfte. Falls sich etwaige Ansprüche des H gegen den I z. B. aus § 179 BGB wegen Vermögenslosigkeit des I nicht realisieren lassen, dann geht H sozusagen „leer" aus. Diesem Ergebnis ist zuzustimmen, da der E schutzwürdiger ist als H. E hat an I im Vertrauen darauf gezahlt, dass es sich um eine Leistung des I handelt. H hat diesen Glauben aufrechterhalten, da er es unterlassen hat, zum Ausdruck zu bringen, dass er an ihn - den E - leisten wolle. Es ist daher gerechtfertigt, dass E nicht noch einmal - an H - zahlen muss (vgl. Brox/ Walker, SchuldR BT, § 37, Rn. 21). Ein mittelbarer Stellvertreter (z. B. ein Kommissionär) tritt aus der Sicht des Empfängers als Leistender auf. Das das wirtschaftliche Risiko der Kommittent trägt, ist für das Bereicherungsrecht unerheblich. Eine Wertbewegung im Dreiecksverhältnis ergibt sich im Zahlungsverkehr („Anweisungsfall"), wenn ein Gläubiger seinen Schuldner anweist, an einen Dritten zu zahlen, dem wiederum der Gläubiger verpflichtet ist. Entsprechendes gilt auch außerhalb des Zahlungsverkehrs, wenn beispielsweise Verkäufer V an Käufer K Waren verkauft, die K aber vor Lieferung an einen Dritten D weiterverkauft und den V anweist, diese Waren unmittelbar an den D zu liefern. K erbringt also mit der Auslieferung der Waren seine Verpflichtung gegenüber D, d. h. er erbringt gegenüber D eine Leistung; man bezeichnet dieses Verhältnis auch als Valutaverhältnis. V erfüllt mit seiner Auslieferung an D eine Verpflichtung gegenüber K und erbringt damit eine Leistung. Dieses Verhältnis bezeichnet man als Deckungsverhältnis (dasjenige, welches die Leistung im Valuta Verhältnis ermöglicht). Die Auslieferung der Waren des V an D erfolgt ohne eigene besondere Zwecksetzung; es handelt sich also um eine bloße Zuwendung.
V (Angewiesener)
Deckungsverhältnis
K (Anweisender)
Abb. V.4. Dreiecksverhältnis Beim Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) werden Leistungen nur im Deckungsverhältnis zwischen dem Versprechenden (vgl. oben V) und dem Verspre-
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chensempfänger (K) sowie im Valutaverhältnis zwischem Versprechensempfänger und dem Dritten erbracht. Die Vermögensverschiebung zwischen dem Versprechenden und dem Dritten stellt eine bloße Zuwendung dar. Auch beim echten Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 Abs. 1 BGB, wo der Dritte einen eigenen Anspruch gegen den Versprechenden erhalten soll, entsteht zwischen diesen beiden kein Leistungsverhältnis. Der Versprechende handelt nämlich nur im Hinblick auf seine Verpflichtung gegenüber dem Versprechensempfänger. Wenn in einem Dreiecksverhältnis das Valutaverhältnis mangelhaft ist, z.B. wegen Anfechtung, dann kann der Versprechensempfänger (K) den Leistungsgegenstand vom Empfänger (Dritten) herausverlangen, weil der Empfänger diesen Gegenstand auf Grund einer „Leistung" des K erlangt hat. Es spielt dabei keine Rolle, dass der K nicht im Besitz der Sache gewesen ist, da eine Leistung auch durch Einschaltung des Vermögens Dritter erbracht werden kann. Die Mängel im Valutaverhältnis sind ohne Auswirkungen auf das Deckungsverhältnis. Beispiel: Der Versprechende leistet auf Grund einer Anweisung des Versprechensempfängers an den Dritten. Der Versprechensempfänger ficht seinen Vertrag mit dem Dritten nach § 123 BGB wirksam an, so dass dieser rückwirkend nichtig wird. Es liegt aber gleichwohl eine Leistung des Versprechensempfängers an den Dritten vor, so dass eine Leistungskondiktion in Betracht kommt. Ist das Deckungsverhältnis mängelbehaftet, dann kann sich der Bereicherungsgläubiger nur an seinen Vertragspartner halten. Beispiel: V verkauft an K ein Gemälde. K hat das Gemälde an den Dritten D weiterverkauft und den V angewiesen, dieses direkt an D zu liefern. V ficht nun den Vertrag wirksam an. Kann V das Gemälde von D herausverlangen? Eine Leistungskondiktion zwischen V und dem D kommt nicht in Betracht, weil es sich in diesem Verhältnis nicht um eine Leistung handelt, sondern um eine bloße Zuwendung. V muss sich bereicherungsrechtlich an den K halten, der insoweit bereichert ist, als die bestehende Verbindlichkeit gegenüber D durch die Lieferung des Gemäldes erfüllt worden ist. Selbst wenn in einem Dreiecksverhältnis das Deckungsverhältnis mangelhaft ist und die Zuwendung des V an den Dritten tatbestandsmäßig die Voraussetzungen der Nichtleistungskondiktion erfüllen würde, bleibt sie gegenüber der Leistungskondiktion subsidiär. Zum Schutz des Leistungsempfängers (D) gilt, wenn in demselben Bereicherungsvorgang eine Leistungs- und Nichtleistungskondiktion konkurrieren könnten, der grundsätzliche Vorrang des Leistungsverhältnisses. Der Leistungsempfänger darf darauf vertrauen, sich nur mit dem Leistenden bereicherungsrechtlich auseinandersetzen zu müssen. In dem Fall eines Doppelmangels, d. h. wenn sowohl das Deckungs- als auch das Valutaverhältnis mangelhaft sind, gelten die gleichen Grundsätze.
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse Beispiel: K kauft von V ein Kfz und verkauft anschließend an D. Auf Anweisung des K wird das Kfz von V direkt an D geliefert. Beide Verträge sind wegen der zunächst unerkannten Geisteskrankheit des K nichtig. Aus bereicherungsrechtlicher Sicht brauchen sich die Parteien nur an ihre Geschäftspartner zu halten. V kann sich nicht direkt an D wenden, da er ihm gegenüber keinen eigenen Leistungszweck verfolgt hat und die Leistungskondiktion gegenüber einer Nichtleistungskondiktion vorrangig ist. V kann aber wegen des Mangels im Deckungsverhältnis im Wege der Leistungskondiktion die Abtretung des Bereicherungsanspruchs des K gegen den D verlangen. Um diesen Anspruch ist der K bereichert. Diese bereicherungsrechtliche Abwicklung bezeichnet man als Doppelkondiktion.
e. Verfügung eines Nichtberechtigten Die Vorschrift des § 816 BGB betrifft auch einen Fall der Eingriffskondiktion, nämlich den Eingriff in eine geschützte Vermögenssphäre. aa. Bedeutung Es handelt sich bei dieser Vorschrift um einen Sondertatbestand der Eingriffskondiktion; letztere ist wiederum der wichtigste Unterfall der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB). § 816 Abs. 1 S. 2 BGB behandelt den Fall einer unentgeltlichen Verfügung des Nichtberechtigten und § 816 Abs. 2 BGB regelt die Folgen bei einer Leistung an einen Nichtberechtigten. bb. Entgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten Nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB wird bereicherungsrechtlich die Fallkonstellation behandelt, in der ein Berechtigter durch einen Nichtberechtigten einen Rechtsverlust erleidet, weil ein Dritter den betroffenen Gegenstand gutgläubig (bei beweglichen Sachen nach den §§ 932 ff. BGB) erwirbt. Der Dritte kann also darauf vertrauen, dass er den durch gesetzliche Vorschriften zugesprochenen Gegenstand (z.B. §§ 929, 932 BGB, 366 HGB), für den er eine Gegenleistung erbracht hat, behalten darf. Damit derjenige, der den Rechtsverlust erleidet (= ursprünglich Berechtigter), nicht „leer ausgeht", wird nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ein Bereicherungsausgleich zwischen dem ursprünglich Berechtigten und dem Verfügenden durchgeführt. Der Verfügende (- Nichtberechtigte) soll das durch die Verfügung Erlangte (verständlicherweise) nicht behalten dürfen. Damit § 816 Abs. 1 S. 1 BGB einschlägig ist, muss zunächst eine Verfügung vorliegen. Unter einer Verfügung ist jedes Rechtsgeschäft zu verstehen, durch das ein bestehendes Recht unmittelbar aufgehoben, übertragen, belastet oder inhaltlich verändert wird; kurz gesagt ist damit jede rechtsgeschäftliche Zuordnungsänderung der dinglichen Rechtslage zu verstehen (Palandt-Sprau, § 816, Rn. 7). Den Gegensatz hierzu stellen die Rechtsgeschäfte dar, durch die nur die Verpflichtung zur Vornahme einer Rechtsänderung begründet wird.
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Der Verfügende muss zudem nicht berechtigt gewesen sein. Der Verfügende ist dann nicht berechtigt, wenn er nicht Inhaber des Rechts ist, über das er verfügt und auch keine andere Verfügungsberechtigung, z. B. eine Einwilligung nach § 185 BGB, vorliegt. Die Verfügung muss außerdem dem Berechtigten gegenüber wirksam sein. In Betracht kommen die Fälle, in denen jemand etwas kraft guten Glaubens vom Nichtberechtigten erwirbt, also z.B. nach den §§ 932 ff., 892 BGB, § 366 HGB und dadurch das Eigentum des ursprünglich Berechtigten erlischt. Die Wirksamkeit kann auch dadurch herbeigeführt werden, dass der Berechtigte die Verfügung des Nichtberechtigten nachträglich genehmigt (§§ 185 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. BGB). Eine (nachträgliche) Genehmigung der Verfügung ist dann zu empfehlen, wenn ein Fall nach § 935 Abs. 1 BGB vorliegt, bei dem ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist (z. B. Erwerb einer gestohlenen Sache) oder der Erwerber bösgläubig war. Der Berechtigte kann sich bei einer Kette von Veräußerungen jede „Veräußerung" aussuchen, die er dann genehmigt. Die Genehmigung wird Zug um Zug gegen Zahlung erteilt. Die Verfügung muss entgeltlich sein. Das ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu der gesetzlichen Regelung des § 816 Abs. 1 S. 2 BGB; ihr muss also ein Kauf oder Tausch (nicht eine Schenkung) zugrundeliegen. Durch § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Nichtberechtigte verpflichtet, das „durch die Verfügung Erlangte" herauszugeben. Regelmäßig ist das der erzielte Kaufpreis. Wenn der Verfügende einen geringeren Erlös erzielt hat, als der Gegenstand eigentlich wert ist, hat der Berechtigte Pech gehabt. Er kann nicht den Sachwert herausverlangen, sondern nur das, was der Verfügende tatsächlich erlangt hat; die Differenz müsste er sich mit einer anderen Anspruchsgrundlage holen. Stellt sich der Verfügende hingegen als ein Verkaufstalent dar und ist der Erlös höher als der eigentliche Sachwert, kann der ursprüngliche Eigentümer die volle Herausgabe verlangen. Er bekommt also den gesamten Erlös, auch wenn er den Gegenstand vielleicht nicht so gut verkauft hätte. Dieses Ergebnis wird vom Gesetz in Kauf genommen. In Extremfällen will der BGH mit § 242 BGB helfen (Brox/ Walker, SchuldR BT, § 38, Rn. 22). cc. Unentgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten Hat der Nichtberechtigte unentgeltlich verfügt, hat er selbst keinen Vorteil erlangt, den er herausgeben könnte. Der ursprüngliche Eigentümer ginge danach leer aus. Hier liegt der Vorteil allein bei dem unentgeltlich Erwerbenden. Dieser unerträglichen Situation schafft § 816 Abs. 1 S. 2 BGB Abhilfe. Danach kann der Bereicherungsanspruch gegen den unentgeltlich Erwerbenden (= Dritten) gerichtet werden. Der Inhalt des Anspruchs ist auf die Herausgabe des erlangten Vorteils gerichtet. Darunter wird regelmäßig die Rückgabe des Gegenstands verstanden. Der Grund dieser besonderen Regelung ist es, dem unentgeltlich (gutgläubig) Erwerbenden weniger Schutz zukommen zu lassen als dem entgeltlich Erwerbenden.
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
Auch § 816 Abs. 1 S. 2 BGB setzt eine wirksame Verfügung des Nichtberechtigten voraus. An die Stelle der Entgeltlichkeit tritt die Unentgeltlichkeit. Unentgeltlich ist eine Verfügung, wenn die Parteien sich darüber geeinigt haben, dass für die erstrebte Verfügung keine Gegenleistung zu erbringen ist. Mitunter kommt es vor, dass der Rechtserwerb zwar entgeltlich, aber rechtsgrundlos erfolgt ist. Gesetzlich geregelt ist dieser Fall nicht. „Erlangt" ist an sich nur etwas, was jemand auf Grund eines rechtswirksamen Vertrags zugeflossen ist. Deshalb hat die Rspr. den § 816 Abs. 1 S. 2 BGB analog angewendet mit der Begründung, dass der rechtsgrundlose Erwerb einem unentgeltlichen Erwerb gleichzustellen ist. Der Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB geht auf Herausgabe des unentgeltlich erlangten Gegenstands. Diese Ansicht ist recht umstritten. Die h. M. in der Literatur wendet auch hier die Doppelkondiktion an. Der Berechtigte könnte danach vom Verfügenden nur die Abtretung seines Bereicherungsanspruchs gegen den Erwerber verlangen (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, Rn. 423). Die Rspr. hingegen behandelt die rechtgrundlose (entgeltliche) Verfügung wie eine unentgeltliche, wenn der Verfügende noch keine Gegenleistung erhalten hat und es ihm gleichgültig ist, an wen er die Sache herauszugeben hat (BGHZ 37, 363 (368)). Ist jedoch eine Gegenleistung erbracht worden, so fehlt es an der für die Analogie gebotenen Gleichheit der Interessenlage, da der Erwerber möglicherweise gegenüber dem nicht berechtigt Verfügenden nicht zu leisten braucht (z. B. wegen §§ 814, 815, 817 BGB) oder der Erwerber die Rückgabe verweigern kann, bis der Verfügende ihm die erbrachte Gegenleistung erbracht hat (BGHZ 37, 363; 47, 393). Zu beachten ist dabei, dass der Schuldner des Bereicherungsanspruchs immer nur derjenige ist, der auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Das bedeutet, dass der Rechtserwerb des Bereicherungsschuldners und der Rechtsverlust des Bereicherungsgläubigers durch dasselbe Rechtsverhältnis herbeigeführt sein müssen. Wenn das nicht der Fall ist, wäre § 822 BGB zu beachten. Beispiel: Hätte B das geliehene Buch des A (Bereicherungsgläubiger) an den C verkauft und den Erlös D (Bereicherungsschuldner) geschenkt, so würde es an der Unmittelbarkeit fehlen und § 816 Abs. 1 S. 2 BGB wäre nicht anwendbar. A hätte aber in diesem Fall einen Anspruch aus § 822 BGB.
dd. Leistung an einen Nichtberechtigten § 816 Abs. 2 BGB betrifft den Fall, dass an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt wird, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, d. h. ein Schuldner (des Berechtigten) leistet an eine Person, die zum Empfang der Leistung nicht befugt ist. Ist die Erbringung der Leistung gegenüber dem Berechtigten wirksam geworden, d.h. ist der Schuldner dadurch von seiner Leistungspflicht frei geworden, dann steht dem Berechtigten gegen den Nichtberechtigten ein Bereicherungsanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 816 Abs. 2 BGB zu. Der Hauptanwendungsfall
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des § 816 Abs. 2 BGB ist die Leistung des Schuldners an den bisherigen Gläubiger in Unkenntnis einer zwischenzeitlichen Abtretung. In einem solchen Fall kann vom Schuldner nach § 407 BGB befreiend an den alten Gläubiger geleistet werden. Der alte Gläubiger hat auf Kosten des neuen Gläubigers etwas erlangt, was er herauszugeben hat. Die Vorschrift des § 816 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass eine Leistung an einen Nichtberechtigten vorliegt. Nichtberechtigter ist derjenige, der weder Inhaber des Rechts noch zur Verfügung über das Recht befugt war. Diese Leistung muss dem Berechtigten gegenüber wirksam sein. Die Wirksamkeit ergibt sich aus gesetzlichen Normen, die einen entsprechenden Schuldnerschutz anordnen. Eine unwirksame Verfügung kann auch nach § 185 Abs. 2 S. 1 BGB genehmigt werden. Die Genehmigung empfiehlt sich, wenn sich dem Berechtigten die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung anbietet. Will er die Gewinnabschöpfung und klagt er auf Herausgabe des Erlöses, so wird die Klageerhebung als Genehmigung der unwirksamen Verfügung angesehen. Ein praktisch wichtiger Anwendungsfall liegt vor, wenn eine stille und eine dem Schuldner angezeigte Forderungsabtretung (— Zession) aufeinanderfolgen. Es gilt hierbei das Prioritätsprinzip. Die zeitlich zuerst erfolgte stille Zession an den ersten Zessionar ist danach wirksam; die zweite ist unwirksam. Der Schuldner wird aber nach §§ 407 Abs. 1, 408 Abs. 1 BGB durch die Leistung an den nicht berechtigten Zweitzessionar gegenüber dem berechtigten Erstzessionar frei. Damit der Erstzessionar nicht mit leeren Händen dasteht, kann er den Leistungsgegenstand vom Zweitzessionar nach § 816 Abs. 2 BGB herausverlangen. Auf Verschulden des Zweitzessionars (der ja von der ersten Zession nichts wissen konnte) kommt es für § 816 Abs. 2 BGB nicht an. Die ebenfalls praktisch wichtige Frage einer wirksamen Globalzession durch eine Bank wird im Gutachten unter dem Tatbestandsmerkmal „Nichtberechtigter" geprüft. Als Richtschnur ist dabei zu merken, dass eine Globalzession ohne „dingliche Teilverzichtsklausel" nach § 138 BGB nichtig ist, da eine Übersicherung der Bank vorliegt (vgl. ausführlich Wolf, Rnn. 726 ff. m.w.N.). f. Umfang der Herausgabeverpflichtung aa. Anspruch auf Herausgabe Bisher wurde im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Ansprüche davon gesprochen, dass man bei einer ungerechtfertigten Bereicherung zur „Herausgabe des Erlangten" verpflichtet ist; was darunter zu verstehen ist, bestimmt sich nach den §§ 818 ff. BGB. In erster Linie erstreckt sich die Bereicherungsschuld auf die Herausgabe des Erlangten (§818 Abs. 1 BGB), vorausgesetzt, dass der Schuldner hierzu in der Lage ist. Das ist der Fall, wenn der Bereicherungsgegenstand seiner Natur nach herausgabefähig ist und sich noch im Vermögen des Schuldners befindet (Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 5). Die häufigsten Fälle sind diejenigen, bei denen
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der Bereicherungsschuldner eine Sache oder ein Recht erlangt. Ein herausgabefähiger Gegenstand i. S. d. Vorschrift kann auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder die Ersparnis von Aufwendungen sein, sofern bei letzterem infolge der Geldzahlung des Gläubigers dem Schuldner ein Gut zugewendet wurde, dass er ohne die Leistung des Gläubigers selbst hätte erwerben müssen. Die Herausgabe erfolgt nach den jeweiligen für die einzelnen Gegenstände geltenden Übertragungsregeln. Beispiel: Die vom Verkäufer übereignete Sache ist zurückzuübereignen. Die abgetretene Forderung ist zurückabzutreten. Bei Grundstücken hat die Wiedereinräumung des Besitzes und eine Grundbuchberichtigung zu erfolgen. Nach § 818 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Herausgabeverpflichtung auch auf die gezogenen Nutzungen. Unter Nutzungen versteht man i. S. d. §§ 99, 100 BGB Früchte und Gebrauchsvorteile, z.B. Miet- oder Pachteinnahmen oder Zinsen des empfangenen Kapitals. Es sind jedoch nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Solange der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes nicht kannte und der Kondiktionsanspruch auch nicht rechtshängig war und demzufolge keine verschärfte Haftung nach §§ 819, 818 Abs. 4 BGB eingetreten ist, ist es unerheblich, ob der Bereicherte, sei es auch schuldhaft, unterlassen hat, weitere Nutzungen zu ziehen (Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 9). Die Vorschrift des §§818 Abs. 1 BGB kann hinsichtlich der Herausgabe von Nutzungen in Konkurrenz zu den §§ 987,988, 990 Abs. 1 sowie § 993 Abs. 1 BGB stehen. Wenn ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vorliegt, sind die Sonderregeln der §§ 987 ff. BGB vorrangig (Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 8 m. w. N.). Die Herausgabepflicht erstreckt sich nach § 818 Abs. 1 BGB auch auf die Surrogate. Darunter sind Gegenstände zu verstehen, die an die Stelle des zunächst herausgabefähigen Bereicherungsgegenstands (der dann weggefallen ist), getreten sind). Beispiel: Der Käufer eines Kfz kann dem Verkäufer - wegen eines nichtigen Vertrags - den Kaufgegenstand nicht mehr rückübereignen, weil das Kfz durch einen unverschuldeten Unfall zerstört wurde. Die dafür gezahlte Versicherungssumme tritt an die Stelle des entsprechenden Gegenstands und ist statt dessen vom Käufer herauszugeben. Als Ersatz für die Beschädigung, Zerstörung oder Entziehung sind allerdings nur solche Leistungen anzusehen, die das unmittelbare Surrogat für den Kondiktionsanspruch darstellen (z.B. die Versicherungssumme oder der Schadensersatz wegen Zerstörung oder Beschädigung; sog. commodum ex re). Der Kaufpreis aus einer Veräußerung ist demgegenüber kein unmittelbares Surrogat, sondern erst auf Grund eines zusätzlichen Vertrags erlangt (sog. commodum ex negotiatione). Er fällt daher nicht unter § 818 Abs. 1 BGB. Der Anspruch auf Herausgabe dessen, was der Schuldner durch eine Weiterveräußerung erlangt, ergibt sich aus dem bereits angesprochenen § 816 Abs. 1 S. 1 BGB.
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bb. Anspruch auf Wertersatz Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grund zur Herausgabe außerstande, so hat er nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert zu ersetzen. Ein wegen der Beschaffenheit nicht herausgabefähiger Gegenstand kann beispielsweise vorliegen bei Gebrauchsvorteilen oder Dienstleistungen des Gläubigers an den Schuldner. Ein Bereicherungsgegenstand, der „aus einem anderen Grund" nicht herausgabefähig ist, liegt vor, wenn der Schuldner den Gegenstand verbraucht, veräußert (Sonderbestimmung des § 816 BGB beachten), verarbeitet hat oder dieser wirtschaftlich verändert wurde. Im Falle des § 951 Abs. 1 BGB handelt es sich ebenfalls um nicht herausgabefähige Gegenstände. Hier kommt als Anspruchsgrundlage für den Wertersatz bereits § 951 Abs. 1 S. 1 BGB i.V. m. § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB in Betracht, so dass ein Rückgriff auf § 818 Abs. 2 BGB nicht erforderlich ist. Ist der Wert zu ersetzen, so ist der objektive Verkehrswert maßgebend (Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 19), d. h. für eine Dienstleistung gilt der übliche Lohn oder für Gebrauchsvorteile ist die übliche Miete bzw. Pacht zu bezahlen. Hinsichtlich des Zeitpunkts für die Wertbestimmung ist auf den Zeitpunkt des Bereicherungsvorgangs abzustellen. Ein Schuldner, der nach § 818 Abs. 2 BGB infolge Veräußerung des Gegenstands Wertersatz schuldet, ist allerdings nicht verpflichtet, auch den aus der Veräußerung erzielten Gewinn mit abzuführen. Anders ist es, wenn ein Nichtberechtigter die Verfügung getroffen hat (§ 816 BGB). Beispiel: T kauft von Z ein Kfz zum Preis von 1 500 € . T verkauft es sofort weiter an D zu einem Preis von 2 000 € . Z ficht den Vertrag mit T nach § 123 BGB wirksam an. Hier kann Z von T nicht den erzielten Gewinn, sondern nur den objektiven Verkehrswert, d. h. 1 500 € ersetzt verlangen.
cc. Wegfall der Bereicherung Aus § 818 Abs. 3 BGB ergibt sich, dass die Herausgabepflicht des Bereicherungsschuldners auf die vorhandene Bereicherung beschränkt ist. Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Wertersatz ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Hier zeigt sich das unterschiedliche Prinzip zum Schadensrecht; es geht um Vorteilsrückgabe, nicht um Nachteilsausgleich. Beispiel: Der Empfänger hat den erhaltenen Geldbetrag sofort sinnlos „verprasst". Im Einzelfall ist genau zu prüfen, ob eine Bereicherung vorliegt, auch wenn der Empfänger das Erlangte nicht mehr besitzt. Maßgebend ist hierfür eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. So kann eine Bereicherung beim Bereicherungsschuldner gegeben sein, wenn dieser Ausgaben erspart hat oder anderweitige Schulden getilgt wurden, nicht dagegen beim ersatzlosen Untergang einer Sache.
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Verwendungen, die der Schuldner auf den Gegenstand gemacht hat, wie z.B. Reparaturkosten, können als Verlustposten von der Bereicherung abgezogen werden. Nach der Rspr. sind alle Aufwendungen, Kosten (z.B. Kosten des Erwerbs, Frachtkosten, Vermittlungsprovision, Kosten der Vertragsbeurkundung sowie sonstige Nachteile) als bereicherungsschmälernd zu berücksichtigen, wenn sie mit dem Erwerb in einem adäquaten Zusammenhang stehen (RGZ 106,7; 170,67; BGHZ 1, 81; 118, 386; Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rnn. 41, 42), unabhängig davon, ob sie nützlich oder notwendig waren. Allerdings kann sich unter dem Gesichtspunkt einer aufgedrängten Bereicherung ergeben, dass im Einzelfall getätigte Aufwendungen nicht abzugsfähig sind. Bisher wurde der Kondiktionsanspruch bei der Leistungskondiktion nur unter dem Gesichtspunkt des leistenden Gläubigers gegen den bereicherten Schuldner gesehen. Beim gegenseitigen Vertrag ist aber zu beachten, dass auch der Schuldner seinerseits eine Leistung erbracht hat. Es stellt sich nun die Frage, im welchen Verhältnis die beiden Kondiktionsansprüche zueinander stehen. Dazu gibt es zwei Theorien. Nach der Zweikondiktionenlehre (Mindermeinung) stehen sich die beiden Bereicherungsansprüche, die bei einem Leistungsaustausch auf Grund eines unwirksamen Kausalgeschäfts entstehen, selbstständig gegenüber. Möglich ist danach nur die Aufrechnung oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts. Diese Lehre führt aber bei deren konsequenten Anwendung zu ungerechten Ergebnissen, wenn nämlich nur bei einer Partei die Bereicherung weggefallen ist (Nachweise bei Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 47). Beispiel: Der Verkaufer eines Kfz müsste, wenn dieses beim Käufer zufällig zerstört werden würde, bei Nichtigkeit des Kaufvertrags den Kaufpreis zurückzahlen, während sich der Käufer auf den Wegfall der Bereicherung berufen könnte. Nach der von der h.M. praktizierten Saldotheorie liegen in wirtschaftlicher Hinsicht zwei eng miteinander verbundene Ansprüche vor. Die gegenseitig entstehenden Bereicherungsansprüche sollen nicht unabhängig voneinander geltend gemacht werden können. Das hat zur Folge, dass bei Rückforderung einer Leistung die Gegenleistung berücksichtigt werden muss (Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 48 m. w. N.). Sind - wie im Regelfall - ungleichartige Gegenstände ausgetauscht worden, z.B. „Ware gegen Geld" und sind die Gegenstände auf beiden Seiten noch vorhanden, bedeutet das nach der Saldotheorie, dass eine Rückabwicklung nur Zug um Zug erfolgt. Handelt es sich um gleichartige Gegenstände (z.B. Geld), dann wandeln sich die Ansprüche nach der Saldotheorie (per Saldo) in einen einzigen Anspruch um, und zwar für denjenigen, zu dessen Gunsten ein positiver Saldo vorliegt. Die beiden Ansprüche werden also miteinander verrechnet. Der Untergang der empfangenen Sache führt dazu, dass der „andere Teil" um die von ihm empfangene Leistung nicht mehr bereichert ist, da diese nur noch seinen Verlust kompensiert, d. h. er wird dann von der Rückgabe frei.
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Diese Theorien spielen nur bei der Leistungskondiktion - nicht bei der Eingriffskondiktion - eine Rolle, da sie sich nur auf die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge beziehen. Zudem muss es sich um einen Wegfall einer Bereicherung handeln.
In zwei Ausnahmefällen wird die Zweikondiktionenlehre angewendet. Dies ist der Fall, wenn ein nicht voll Geschäftsfähiger beteiligt war und dadurch die Unwirksamkeit herbeigeführt wurde, da dadurch der Schutz des Nichtgeschäftsfähigen entfallen würde (BGH, ZIP 1994, 954). Die Rspr. hat auch demjenigen, der arglistig getäuscht wurde (bzw. dem widerrechtlich Bedrohten), zu seinem Schutz das Recht zugestanden, beiderseitige Leistungsrückgewähr zu verlangen; so kann ein arglistig getäuschter Autokäufer den Kaufpreis auch dann zurückverlangen, wenn das Kfz durch Zufall bei ihm ersatzlos untergegangen ist (BGHZ 53, 147; Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 49; Str.). dd. Verschärfte Haftung In bestimmten Fällen ist eine Privilegierung des Bereicherungsschuldners nicht sachgerecht. Nach § 818 Abs. 4 BGB trifft den Bereicherungsschuldner von Beginn der Rechtshängigkeit an eine verschärfte Haftung. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bestimmt sich nach den Vorschriften der ZPO. Regelmäßig wird ein Anspruch mit Zustellung der Klageschrift an den Beklagten rechtshängig (§§ 261 Abs. 1, Abs. 2, 253 Abs. 1 ZPO). Durch § 819 BGB tritt eine weitere Haftungsverschärfung ein, wenn der Erwerber Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit des Erwerbs hatte oder diese später erfahren hat; grob fahrlässige Unkenntnis reicht dabei nicht aus (Palandt-Sprau, §819 BGB, Rn. 2). Eine verschärfte Haftung i. S. d. Vorschriften bedeutet zunächst, dass auf Grund der Verweisung des § 818 Abs. 4 BGB die allgemeine Vorschrift des § 292 BGB eingreift und diese Vorschrift wiederum auf die Vorschriften zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gem. den §§ 987 ff. BGB verweist. Der Schuldner hat danach gem. § 989 BGB für jede Vermögensminderung des Bereicherungsgegenstands einzustehen. Insoweit kann er sich nicht auf einen Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen. Der Bereicherungsschuldner hat auch nach § 987 Abs. 2 BGB für alle schuldhaft nicht gezogenen Nutzungen Ersatz zu leisten. Hat der Schuldner Verwendungen auf eine Sache gemacht, so sind sie nach den §§ 994 ff. BGB nur zu ersetzen, wenn es - zur Sacherhaltung - notwendige Verwendungen waren (Palandt-Sprau, § 818 BGB, Rn. 52). Umstritten ist, ob die verschärfte Haftung auch auf Minderjährige angewendet werden kann. Nach der h. M. wird der § 166 Abs. 1 BGB bei der Leistungskondiktion angewendet und bei einem Eingriffserwerb (vgl. BGHZ 55,128 „FlugreiseFall") findet § 828 Abs. 3 (Fassung ab 1.8.2002) BGB analog Anwendung, wenn der Minderjährige den Bereicherungsgegenstand durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung erlangt hat. Bei einer Leistungskondiktion wird danach auf die Kenntnis
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der gesetzlichen Vertreter, regelmäßig der Eltern, abgestellt (es reicht die Kenntnis, dass der Minderjährige trotz Unwirksamkeit eines Mietvertrags die Sache benutzt), während bei einem Eingriffserwerb (z. B. der Minderjährige, der sich eine Flugreise erschlichen hat) auf die Deliktsfähigkeit abgestellt wird (Palandt-Sprau, § 819 BGB, Rn. 3).
4. Unerlaubte Handlungen a. Überblick Die §§ 823-853 BGB sind im BGB mit dem Titel „Unerlaubte Handlungen" überschrieben. Im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch wird auch vom Deliktsrecht (lat: delictum = Vergehen, Verstoß) gesprochen. Das Deliktsrecht wird getragen von der Überlegung, denjenigen zum Schadensersatz zu verpflichten, der geschützte Rechtsgüter oder Rechte eines Dritten rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Anknüpfungspunkt der Schadensersatzpflicht ist die Verletzung bestimmter Rechtsgüter und nicht die Verletzung von vertraglichen Pflichten. Folglich setzen die §§ 823 ff. BGB kein bestehendes Schuldverhältnis voraus, sondern begründen statt dessen ein solches, allerdings nur bei Vorliegen der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 823 ff. BGB. Zwischen den Ansprüchen aus Vertrag und denen aus unerlaubter Handlung besteht daher eine Anspruchskonkurrenz, d. h. die Ansprüche bestehen selbstständig nebeneinander, ohne dass der eine Anspruch vom anderen verdrängt wird. Das Deliktsrecht besteht aus drei Grundtatbeständen: § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB und § 826 BGB. Daneben gibt es noch eine Reihe von Sondertatbeständen, von denen beispielhaft nur die Kreditgefährdung (§ 824 BGB) und die Geschäftsherrnhaftung (§ 831 BGB) zu nennen sind. Von unerlaubten Handlungen spricht man auch in den Fällen der sog. Gefährdungshaftung. Die Tatbestände der Gefährdungshaftung begründen eine Ersatzpflicht für solche Schäden, die durch eine zwar erlaubte, aber für andere gefährliche Betätigung oder Anlage verursacht werden (z. B. Betrieb eines Kraftfahrzeugs). Ein Verschulden braucht nicht vorzuliegen. b. § 823 Abs. 1 BGB Der wichtigste Grundtatbestand ist § 823 Abs. 1 BGB. Die Besonderheit des § 823 Abs. 1 BGB liegt darin, dass die geschützten Rechtsgüter zunächst enumerativ aufgezählt sind und mittels eines generalklauselartigen Begriffs („sonstiges Recht") erweitert werden.
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aa. Rechtsgutverletzung § 823 Abs. 1 BGB setzt das Vorliegen einer Rechtsgutverletzung voraus. Abschließend aufgezählt sind vier Rechtsgüter (Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit), deren Verletzung eine Schadensersatzpflicht herbeiführen kann. Verletzung des Lebens bedeutet die Tötung eines Menschen. Eine Körperverletzung ist jeder äußere Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Menschen, z. B. ein Faustschlag ins Gesicht, aber auch jeder ärztliche Eingriff. Zur Verletzung der Gesundheit zählen Eingriffe, die zu einer Störung der inneren Lebensvorgänge führen (z.B. Ansteckungen mit Geschlechtskrankheiten, HIV-Übertragung, Nervenleiden infolge dauernder Kränkungen oder bei Nervenschockschäden). Zwischen einer Körperverletzung und einer Verletzung der Gesundheit kann es Überschneidungen geben. Eine genaue Abgrenzung zwischen einer Körper- oder Gesundheitsverletzung erübrigt sich jedoch, da keine unterschiedlichen Rechtsfolgen hieraus hergeleitet werden. Die Verletzung der Freiheit bedeutet eine Entziehung der körperlichen Bewegungsfreiheit (z. B. durch Einsperren, Fesseln). Nicht geschützt wird nach h.M. die Entschließungsfreiheit oder die allgemeine, z. B. wirtschaftliche, Entfaltungsfreiheit. Zusätzlich ist in § 823 Abs. 1 BGB auch das absolute Recht Eigentum geschützt. Dessen Verletzung ist gegeben bei Einwirkungen auf die Substanz der Sache (z. B. durch Beschädigung oder Zerstörung) oder bei einer dauernden oder zeitweiligen Entziehung (z.B. durch Wegnahme; vgl. Palandt-Sprau, § 823 BGB, Rnn. 7 ff.). Ein Eingriff in die Sachsubstanz erfordert zunächst, dass die Sache intakt war. Wird eine Sache fehlerhaft hergestellt oder geliefert, dann liegt keine Substanzverletzung vor, da der Käufer niemals mangelfreies Eigentum hatte. Der Käufer ist hier grundsätzlich auf das Sachmängelrecht angewiesen. Die Rspr. macht allerdings eine Ausnahme und bejaht eine Eigentumsverletzung beim Käufer, wenn ein isolierbares fehlerhaftes Teil einer an sich fehlerfreien Sache bei deren Benutzung die Zerstörung oder eine wesentliche Verschlechterung der Gesamtsache bewirkt. Es darf keine Stoffgleichheit zwischen Mangel und entstandenem Schaden vorliegen, um die Grenzen zum Sachmängelrecht nicht zu „verwischen". Beispiel: Das Versagen eines kleinen Teils der gekauften Maschine (eines „Schwimmerschalters") führt zu erheblichen weiteren Schäden. Der BGH hat hier eine Eigentumsverletzung angenommen und den Hersteller (= Verkäufer) nach den Grundsätzen zur Produzentenhaftung zum Ersatz des entstandenen Schadens verurteilt (vgl. BGHZ 67, 359 „Schwimmerschalter-Fall"). Eine Gebrauchsbeeinträchtigung kann eine Eigentumsverletzung (z.B. durch Immissionen) oder nur eine (nicht durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte) Vermögensbeeinträchtigung darstellen. Beispiel: Ein Reeder kann vertraglich übernommene Transporte von einer Mühle mit seinen Schiffen nicht mehr durchführen, weil die Mühle durch den Einsturz einer Ufermauer längere Zeit vom Wasserweg abgeschlossen ist. Ein Schiff wird zwischen Mühle und
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse Einbruchstelle eingeschlossen; die anderen Schiffe sind vom Anlaufen der Mühle ausgeschlossen.
Nach der Rspr. des BGH (BGHZ 55, 153) liegt eine Eigentumsverletzung nur hinsichtlich des eingeschlossenen Schiffes, nicht hinsichtlich der ausgeschlossenen Schiffe vor. Diese Unterscheidung ist gerechtfertigt, da es zum Schutzbereich des Eigentums an einem Schiff gehört, dass das Schiff überhaupt fahren kann, nicht aber, dass das Schiff für ganz bestimmte Transporte einsetzbar ist (Brox/Walker, SchuldRBT, §41,Rn. 7). Liegt ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vor, so ist bei Eigentumsverletzungen zunächst zu prüfen, ob die SpezialVorschriften der §§ 989 ff. BGB die Anwendung des § 823 BGB ausschließen (vgl. § 992 BGB). Schließlich nennt § 823 Abs. 1 BGB im Anschluss an das Eigentum noch das sonstige Recht. Es muss sich hierbei um ein absolutes Recht handeln, also ein von jedermann zu beachtendes und gegen jedermann durchzusetzendes Recht. Typische Beispiele sind alle dinglichen Rechte (z. B. Eigentumsanwartschaft, Hypothek und Grundschuld), die Immaterialgüterrechte (Patent-, Urheber- und Markenrechte) sowie die Firma (— Name des Kaufmanns, § 17 HGB, vgl. hierzu Brox, HuW, Rnn. 95 ff.). Der rechtmäßige Besitz als bloße tatsächliche Sachherrschaft wird ebenfalls als sonstiges Recht i. S. d. Vorschrift angesehen. So kann beispielsweise der Mieter einer Sache vom Schädiger Schadensersatz verlangen, wenn er die Mietsache vorenthält bzw. beschädigt. Als sonstiges Recht wird auch das von der Rspr. entwickelte allgemeine Persönlichkeitsrecht angesehen (seit BGHZ 13, 334). Hierunter versteht man das Recht des einzelnen auf Achtung seiner Würde und Entfaltung seiner Persönlichkeit (vgl. Art. 1 u. 2 GG). Der Grund für die Anerkennung eines solchen Rechts lag darin, dass das BGB die Persönlichkeit nicht ausreichend schützt. Zwar wird die Persönlichkeit durch einzelne Vorschriften geschützt, wie z.B. durch das Namensrecht gem. § 12 BGB oder das Recht am eigenen Bild nach § 22 KUrhG. Andererseits wird die Ehre des Einzelnen nicht durch explizite gesetzliche Regelungen geschützt. So ist etwa die Ehre in § 823 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich genannt. Ehrverletzungen können zwar unter den Schutz des § 823 Abs. 2 BGB fallen (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 185 ff. StGB). Allerdings setzen diese Strafvorschriften vorsätzliches Handeln voraus. Die erwähnten Schutzbestimmungen waren nicht ausreichend, um die durch den technischen Fortschritt (Tonbandgeräte, Spezialkameras, Abhöranlagen) möglichen Schädigungen abzudecken. Die Rspr. hätte in diesem Fall nun eine Reihe von Einzeltatbeständen entwickeln können. Der BGH ist aber den umgekehrten Weg gegangen und hat mit der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht eine Generalklausel entwickelt, die allerdings einer Konkretisierung bedarf (Brox/Walker, SchuldR BT, § 41, Rn. 21; Larenz/Canaris, SchuldR BT II/l, § 80).
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Es lassen sich nach der Rspr. drei Fallgruppen von Verletzungshandlungen unterscheiden. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird anerkannt bei Ehrverletzungen. Beispiel: In einer Reportage der Illustrierten Stern wurde eine Berliner Fernsehansagerin dahin gekennzeichnet, sie passe „in ein zweitklassiges Tingeltangel auf der Reeperbahn", sie sehe aus „wie eine ausgemolkene Ziege" und bei ihrem Anblick werde den Zuschauern „die Milch sauer". Ihr wurde wegen Verletzung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts" eine Entschädigung in Höhe von € 5 000,- zugesprochen (BGHZ 39, 124, 127 - „Die Fernsehansagerin "). Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung wird auch anerkannt bei Verletzung der fremden Intimssphäre (z.B. heimliche Bildaufnahmen im privaten Bereich) oder bei der Weitergabe von Angelegenheiten aus fremder Privatspähre (z. B. Veröffentlichung heimlicher Tonband-, Telefon- oder Tagebuchaufzeichnungen) und bei der missbräuchlichen Verwendung der Persönlichkeit zu Werbezwecken. Im sog. Herrenreiter-Fall (BGHZ 26, 349) ging es um die Verwendung des Bildes eines dem Reitsport zugetanen Kaufhausbesitzers als Werbemittel für ein Potenzstärkungsmittel; der BGH hat neben einem Unterlassungsanspruch dem Betroffenen auch ein Schmerzensgeld zugesprochen. Zu den sonstigen Rechten i. S. d. Vorschrift zählt auch das Recht am einge-
richteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Es bezweckt den Schutz des Unternehmers in seinem gesamten gewerblichen Tätigkeitsbereich. Die Rspr. hat dieses Recht als sonstiges Recht anerkannt, weil der Unternehmer durch das Gesetz nicht ausreichend geschützt wird. Erfolgt nämlich die schädigende Handlung nicht zu Wettbewerbszwecken, dann findet der Schutz des Wettbewerbsrechts, insbesondere das UWG (= Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), keine Anwendung. Sofern auch keine kredit- oder erwerbsgefährdende Handlung vorliegt, scheidet auch ein Anspruch gem. § 824 BGB aus; § 826 BGB findet letztlich auch nur Anwendung, wenn es sich um eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung handelt. Durch die Anerkennung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes als sonstiges Recht können auch fahrlässige Schädigungen erfasst werden (BroxAValker, SchuldR BT, § 41, Rnn. 15 ff.). Allerdings handelt es sich auch hier um eine generalklauselartige Regelung, die nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch gewährt. Zunächst darf es keine andere Rechtsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch geben (z. B. § 824 BGB). Außerdem muss es sich um einen „unmittelbaren und betriebsbezogenen Eingriff" handeln. Bejaht wurde nach der Rspr. eine Verletzung am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bei einer unberechtigten Abmahnung von Schutzrechtsverletzungen im Wettbewerbsrecht (BGHZ 38, 200, 205) oder bei einem unzulässigen Streik (Bummelstreik der Fluglotsen im Jahr 1973, BGHZ 69, 128) oder bei der Veröffentlichung unrichtiger Warentests (BGH, NJW 1966, 2010). Keine Verletzung liegt vor bei einer nur mittelbaren Beeinträchtigung, d. h. wenn auch andere Personen mit betroffen
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sein können, z.B. bei der Beschädigung eines Stromkabels (BGHZ 29, 65) oder der Störung eines Telefonanschlusses (Palandt-Sprau, § 823 BGB, Rnn. 20, 126 ff. m. w. N.). Nicht unter § 823 Abs. 1 BGB fällt das Vermögen. Geschützt wird das Vermögen nur insoweit, als es in seinen konkreten Ausgestaltungen als absolutes Recht in Erscheinung tritt (z.B. Eigentum, sonstige dingliche Rechte oder Immaterialgüterrechte). So fällt z. B. eine Forderungsverletzung nicht unter den Schutzbereich des § 823 Abs. 1 BGB. Anderenfalls würde das auch zu einer Ausuferung des deliktischen Rechtsschutzes führen und jede Vertragsverletzung würde dann zugleich den Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllen. Das Vermögen als solches wird allerdings unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB geschützt, wenn ein Schutzgesetz i. S. d. Vorschrift verletzt wurde (z. B. Betrug gem. § 263 StGB) oder durch das sonstige Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. bb. Verletzungshandlung Es muss weiterhin eine Verletzungshandlung vorliegen. Dem Anspruchsgegner wird die Verletzung eines Rechtsguts oder eines Rechts nur zugerechnet, wenn sie auf seinem Handeln beruht. Unter einer Handlung ist dabei jede willensbestimmte Tätigkeit zu verstehen, daher nicht unwillkürliche Reflexe oder Bewegungen in Hypnose oder Bewegungen, die auf Grund eines physischen Zwangs erfolgen (Jauernig-Teichmann, § 823 BGB, Rn. 20). Diese sog. absoluten Rechte müssen durch eine Verletzungshandlung geschädigt werden. Dies kann durch positives Tun oder durch ein Unterlassen geschehen. Allerdings kann nicht jedes Unterlassen dem positiven Tun gleichgestellt werden. Das ergibt sich aus dem Grundsatz, dass niemand Hüter fremder Rechte ist. Eine Gleichstellung erfolgt daher nur dann, wenn dem Nichthandelnden eine Rechtspflicht zum Handeln bzw. zur Erfolgsabwendung trifft. Eine Rechtspflicht zur Erfolgsabwendung besteht im Falle einer sog. Garantenstellung. Garantenstellungen ergeben sich aus Gesetz (z.B. §§ 1626, 1631 BGB: Personensorgepflicht der Eltern gegenüber den Kindern), aus Vertrag, wenn dieser eine bestimmte Fürsorge zum Inhalt hat (z. B. Bergführer, Arzt) oder aus der tatsächlichen Übernahme von Obhutspflichten (z. B. Bademeister). Auch aus engen Lebensbeziehungen, wie z. B. bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, können sich Pflichten zur Schadensabwendung ergeben. Eine Pflicht zur Schadensabwendung ergibt sich vor allem bei „vorangegangenem gefährdendem Tun", der sog. Ingerenz (z.B. Liegenlassen eines Hindernisses auf der Fahrbahn; Ausschank von Alkohol durch einen Gastwirt, allerdings nur, wenn der Trunkenheitsgrad des Gastes einen solchen Grad erreicht hat, dass er nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist, BGHSt 19, 154; 25, 221). Zu den Handlungspflichten aus vorangegangenem Tun gehören auch die von der Rspr. entwickelten Verkehrssicherungspflichten. Eine Verkehrssicherungspflicht trifft denjenigen, der im Verkehr eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält. Ebenso hat derjenige eine Verkehrssicherungspflicht, der eine Sache beherrscht, die für Dritte gefährlich werden kann oder der gefährliche Sachen dem allgemeinen Verkehr aussetzt oder in Verkehr bringt.
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Beispiele: - Wer Zugänge, Wege, Straßen oder sonstigen Verkehr eröffnet, muss diese in verkehrssicherem Zustand halten (z.B. bei Glatteis streuen, schadhafte Treppen reparieren) und vor Gefahren warnen; entsprechendes gilt für den Betrieb von Fahrstühlen oder Karussels. - Wer gefährliche Produkte vertreibt, muss auf die Gefährlichkeit durch entsprechende Behältnisse (BGH, NJW 1968, 1182 - keine Natronlauge in Bierflaschen), Aufschriften und Gebrauchsanweisungen hinweisen. - Wer im Straßenverkehr eine Panne hat, muss sein Fahrzeug absichern, damit niemand auffährt. - Wer die Straße durch Sand und Erde (ausfahrende Bauwagen) oder ausgelaufenes Öl verschmutzt hat, muss verhindern, dass andere Fahrzeuge ins Schleudern geraten. Ein besonderer Fall der Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten ist die sog. Produzentenhaftung. Der Produzent hat für diejenigen Schäden einzustehen, die einem anderen - meistens dem Endverbraucher, zu dem regelmäßig keine vertraglichen Beziehungen bestehen - durch die Benutzung des Produktes entstehen. Zum Schutz der Verbraucher wurden von der Rspr. besondere Regeln entwickelt, die an die Art der verletzten Verkehrssicherungspflicht anknüpfen und dem Geschädigten u. a. einen leichteren Nachweis des Verschuldens des Herstellers ermöglichen. Ein Endverbraucher hat i. d. R. keinen Einblick in den Produktionsvorgang, so dass ein Nachweis von einer schuldhaften Pflichtverletzung nur schwer geführt werden kann. Der Fehler kann dabei konstruktionsbedingt (z.B. mangelhafte Bremsanlage bei einer bestimmten Kfz-Serie), materialbedingt (z.B. Verwendung abfärbenden Leders) oder fabrikationsbedingt (z.B. schadhafte Isolation einzelner Bügeleisen aus sonst fehlerfreier Produktion) sein. Zum anderen kann sich eine Schädigung des Verbrauchers daraus ergeben, dass das Produkt zwar fehlerlos ist, aber auch bei sachgerechter oder aber jedenfalls naheliegender Benutzung Gefahren aufweist, die der Verwender nicht ohne weiteres erkennen kann. Auf diese Gefahren muss der Produzent hinweisen (BGH, NJW 1972, 2217; BGH, NJW 1987, 372; BGHZ 116, 60 (= NJW 1992, 560 ff. - Milupa-Kindertee-Entscheidung); BGH, NJW 1994, 932; BGH, NJW 1995, 1286 - „Kindertee und Kinderfruchtsäfte"). Das gilt auch dann, wenn sich die Gefährlichkeit des Produkts erst nach einer gewissen Benutzungszeit zeigt, da den Produzenten und den Alleinimporteur ausländischer Artikel (BGH, NJW 1987, 1009) Produktbeobachtungspflichten treffen. Unter Umständen kann dann auch eine Verpflichtung zum Rückruf des Produkts bestehen (BGH, NJW 1990, 2560). Die Instruktions- und Warnpflichten des Herstellers sind jedoch beim Inverkehrbringen solcher Produkte deutlich herabgesetzt, die nur von Fachpersonal bedient werden (BGH, NJW 1992,2016). Das Verschulden des Produzenten wird vermutet, so dass nicht der Geschädigte das schuldhafte Handeln des Unternehmers zu beweisen braucht, sondern dieser sich entlasten muss (Beweislastumkehr; vgl. BGHZ 51, 91 - HühnerpestEntscheidung; BGHZ 116, 104; BGH, NJW 1993, 528; BGH, NJW 1999, 1028). Dabei gilt ein strenger Maßstab. Der Produzent muss beweisen, dass weder ihn
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noch einen verfassungsmäßig berufener Vertreter oder ein Organ ein Verschulden trifft, dass kein Organisationsmagel vorliegt und dass jeder einzelne Bedienstete, der mit der Herstellung des fehlerhaften Produkts befasst war, sorgfältig ausgewählt und überwacht worden ist (BGH NJW 1973, 1602). Darüber hinaus ist 1990 zum Schutz des Verbrauchers das Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (- Produkthaftungsgesetz = PHG) in Kraft getreten (hierzu, Brox/Walker, § 46 IV). Das Ziel dieses Gesetzes, das auf einer EGRichtlinie basiert, ist die Vereinheitlichung des Verbraucherschutzes innerhalb der EU und die Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen, die dadurch entstanden sind, dass an die Hersteller von Produkten innerhalb der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten unterschiedliche Sorgfaltsanforderungen gestellt wurden. Zu beachten ist, dass dieses Gesetz neben die bislang bestehende kaum noch überschaubare Rspr. zur Produzentenhaftung nach § 823 BGB tritt; es besteht eine Anspruchskonkurrenz. Die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht kann auf andere übertragen werden, z. B. die Übertragung der Streupflicht des Hauseigentümers auf die Mieter. Durch die Übertragung der Pflicht wird der Verkehrssicherungspflichtige in seiner Haftung nicht frei. Vielmehr wandelt sich die Verkehrssicherungspflicht in eine Aufsichtspflicht um (BGH, NJW 1976, 46). Die Verletzung der Aufsichtspflicht begründet dann eine eigene Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB und nicht aus § 831 Abs. 1 BGB. cc. Haftungsbegründende Kausalität Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB setzt weiterhin voraus, dass die Rechtsgutverletzung durch ein Verhalten des Anspruchsgegners verursacht worden und diesem zuzurechnen ist. Man spricht in diesem Fall von einer haftungsbegründenden Kausalität. Zwischen der Rechts(guts)verletzung und der Verletzungshandlung bedarf es eines rechtlich relevanten Kausalzusammenhangs. Die Kausalität erfüllt im Haftungsrecht den Zweck einer Zurechnungsschranke. Ihre Aufgabe besteht darin, aus dem Kreis der verschiedenen Ursachen diejenigen auszuwählen, die dem Handelnden rechtlich zuzurechnen sind. Im Haftungsrecht unterscheidet man zwei Kausalitätstheorien. Grundsätzlich wird zunächst auf die Äquivalenztheorie zurückgegriffen. Danach ist jeder Umstand äquivalent kausal, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele („condicio sine qua non"). Für ein Unterlassen wird diese Formel entsprechend umgestellt. Ein Unterlassen ist danach ursächlich, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele (Brox/Walker, SchuldR BT, § 41, Rn. 28). Die Äquivalenztheorie begründet allerdings noch keine ausreichende Zurechnungsschranke, denn nach ihr sind auch die abwegigsten Kausalverläufe noch ursächlich für den Erfolg (z.B. dem Verkehrsunfallopfer wird im Krankenhaus die Geldbörse gestohlen oder es wird eine nicht mit dem Verkehrsunfall zusammenhängende
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Erkrankung entdeckt). Sie führt also nicht zu einer Beschränkung auf die rechtlich relevanten Umstände. Nach der Adäquanztheorie ist dem Handelnden eine Rechtsgutverletzung nur dann zuzurechnen, wenn die von ihm gesetzte Bedingung nach allgemeiner Lebenserfahrung aus der Sicht eines optimalen Beobachters in der Rückschau (ex-antePrognose) generell geeignet ist, einen derartigen Erfolg herbeizuführen. Es fehlt also an der Adäquanz, wenn die Ursache nach der allgemeinen Lebenserfahrung völlig ungeeignet war, einen solchen Erfolg herbeizuführen. So wurde von der Rspr. als adäquat kausal angesehen, wenn sich das Verkehrsunfallopfer im Krankenhaus eine schwere Lungenentzündung zuzieht. Ein Krankenhausaufenthalt erhöht die Gefahr einer Lungenentzündung nicht unwesentlich, was sich zum einen aus der unfallbedingten Schwächung ergibt als auch aus der durch längeres Liegen bedingten mangelnden Durchblutung der Lungen. Stirbt das Unfallopfer durch einen ärztlichen Kunstfehler, so ist Adäquanz ebenfalls zu bejahen, da ärztliche Kunstfehler nicht so eigenartige und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge unwahrscheinliche Umstände sind, dass sie bei der Feststellung der Kausalität außer Betracht bleiben können Wird das Verkehrsunfallopfer nach der Entlassung aus dem Krankenhaus infolge einer Unfall- und Rentenneurose arbeitsunfähig, so sind zwar die seelischen Störungen adäquat kausal, wenn sie durch die Verletzung hervorgerufen sind. Die Grenze ist aber dort zu ziehen, wo eine Verletzung von dem Kranken nur zum Anlass genommen wird, sich den Schwierigkeiten des Arbeitslebens dadurch zu entziehen, indem er in eine Unfall- oder Rentenneuroseflüchtet(RGZ 105, 264). Die Adäquanztheorie reicht als alleiniges Zurechnungskriterium nicht aus. Es gibt Fälle, in denen die Rechtsgutverletzung dem Verursacher trotz vorhandener Adäquanz nicht zuzurechnen ist als auch solche, in denen die Zurechnung trotz fehlender Adäquanz zu bejahen ist. Es handelt sich um diejenigen Fälle, in denen der Geschädigte durch das Verhalten eines anderen einen Entschluss fasst, auf Grund dessen ihm selbst im weiteren Verlauf ein Schaden entstanden ist. Beispiele: - Ein Kraftfahrer verfolgt einen anderen Kraftfahrer, der Unfallflucht begeht und kommt bei der Verfolgungsjagd selbst zu Schaden. - Ein Angestellter der Bahn verfolgt einen Schwarzfahrer und stürzt über eine steile Treppe. - Ein Polizist verfolgt einen Flüchtigen und stürzt auf einem nassen Rasen und zieht sich einen Beinbruch zu. In diesen Fällen bereitet die Ermittlung der Adäquanz besondere Probleme. Erforderlich ist demnach ein weiteres Zurechnungskriterium. Als ergänzendes Zurechnungskriterium wird neben der Adäquanztheorie die Lehre vom Schutzbereich der Norm herangezogen, obwohl sie in erster Linie für die haftungsausfüllende Kausalität entwickelt worden ist. Diese Theorie vom Schutzzweck der Norm geht davon aus, dass das Gesetz - § 823 Abs. 1 BGB - den Rechtsgütern und deren Trägern keinen absoluten Schutz, sondern nur Schutz vor bestimmten Arten von Beeinträchtigungen gewähren will (Brox/Walker, SchuldR BT, § 41, Rn. 31).
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So hat die Rspr. in den vorangegangenen Beispielen eine Verantwortlichkeit der flüchtenden Täter bejaht, da es sich um solche Rechtsgutverletzungen handelt, die durch das gesteigerte Verfolgungsrisiko veranlasst worden sind (BGHZ 57, 25 ff.; Brox/Walker, SchuldR BT, §41,Rn. 31m.w.N.). dd. Rechtswidrigkeit Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB setzt außerdem voraus, dass der Täter eines der geschützten Rechtsgüter widerrechtlich verletzt. Regelmäßig ist bei einem Eingriff in fremde Rechtsgüter die Rechtswidrigkeit zu bejahen, sofern nicht ein Rechtfertigungsgrund vorliegt; die Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung wird also bei Vorliegen des objektiven Tatbestands indiziert. Die Rechtswidrigkeit ist ausgeschlossen, wenn Rechtfertigungsgründe vorliegen (Lehre vom „Erfolgsunrecht", vgl. zur neueren Lehre vom „Handlungsunrecht", Brox/Walker, SchuldR BT, §41,Rnn.48ff.). Diese Regel, dass die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit indiziert, passt nicht für die sog. Rahmrenrechte (d. h. das allg. Persönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb). Sie sind weit gefasst, so dass die Rechtswidrigkeit im Einzelfall durch Gegenüberstellung der jeweiligen Interessen zu ermitteln ist. Rechtfertigungsgründe können zum einen beruhen auf einem Gesetz. Beispiele: Notwehr (§ 227 BGB), Verteidigungsnotstand (§ 228 BGB), Angriffsnotstand (§ 904 BGB), Selbsthilfe (§ 229 BGB); vorläufiges Festnahmerecht (§ 127 StPO), Wahrnehmung berechtigter Interessen bei Ehrverletzungen (§ 193 StGB) oder sonstige öffentlich-rechtliche Eingriffsrechte, vor allem im Polizeirecht oder im Bereich der Zwangsvollstreckung. Zu beachten ist, dass die strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe auch im Zivilrecht auf Grund des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung anwendbar sind. Als Rechtfertigungsgrund kann aber auch die - praktisch bedeutsame - Einwilligung des Verletzten in Betracht kommen. Eine wirksame Einwilligung des Verletzten kann die Rechtsgutverletzung rechtfertigen. Dazu ist eine hinreichende Einsichtsfähigkeit des Verletzten in die Tragweite seiner Einwilligung notwendig. Diese Einsichtsfähigkeit des Verletzten ist von der Geschäftsfähigkeit zu unterscheiden. Die Einwilligung kann ausdrücklich, aber auch konkludent (= stillschweigend) erfolgen, z. B. bei Sportwettkämpfen. Bei Fußballspielen beispielsweise werden Verletzungen von einer Einwilligung erfasst, die durch das regelrechte Verhalten verursacht wurden. Nicht davon erfasst sind Verletzungen, die durch grobe Regelverstöße verursacht worden sind. Ärztliche Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit eines Menschen sind aus juristischer Sicht rechtswidrig und lösen bei Verschulden eine Schadensersatzpflicht aus. Damit der Arzt nicht rechtswidrig handelt, muss folglich eine entsprechende Einwilligung in den ärztlichen Eingriff vorliegen. Der Arzt wird (bzw. muss) deshalb nach einer entsprechenden Aufklärung des Patienten dessen Einwilligung zu dem Eingriff einholen. Inwieweit eine ausreichende Aufklärung stattgefunden hat und für welche Eingriffe eine Einwilligung abgegeben wurde, ist allerdings recht häufig Thema in Arzthaftungsprozessen.
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Kann ein Jugendlicher die Bedeutung und Tragweite seiner Einwilligung nicht ermessen, muss sie vom gesetzlichen Vertreter abgegeben werden. Ist eine Einwilligung (z. B. wegen Abwesenheit oder Bewusstlosigkeit) nicht zu erlangen, so kann die mutmaßliche Einwilligung (vgl. §§ 677 ff. BGB) Rechtfertigungsgrund sein. Zu beachten ist dabei, dass eine Einwilligung in die Tötung diese nicht rechtfertigt (beachte: Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen, § 216 StGB).
ee. Verschulden Ist der objektive Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt und liegt auch eine Rechtswidrigkeit vor, muss noch ein Verschulden des Täters gegeben sein, wenn dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch nach dieser Vorschrift zustehen soll. Als Formen des Verschuldens verlangt § 823 Abs. 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit i. S. v. § 276 BGB. Das Verschulden muss sich auf den objektiven Tatbestand beziehen, also auf den Verletzungserfolg und die Verletzungshandlung einschließlich der haftungsbegründenden Kausalität. Auf den Schaden und die haftungsausfüllende Kausalität muss sich das Verschulden allerdings nicht beziehen. Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen des Erfolgs und Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Fahrlässig i. S. v. § 276 Abs. 2 BGB handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (Brox/Walker, § 41, Rn. 7 m. w. N.). Ein Verschulden setzt voraus, dass der Täter deliktsfähig ist. Die Deliktsfähigkeit bestimmt sich nach den §§ 827, 828 BGB, auf die § 276 Abs. 1 S. 2 BGB verweist. Die Deliktsfähigkeit ist z.B. nach § 828 Abs. 1 BGB nicht gegeben bei Kindern, die nicht das siebente Lebensjahr vollendet haben. Nach § 828 Abs. 2 BGB ist, wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kfz, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich; dies gilt nicht, wenn die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt worden ist (vgl. Schadensrechtsänderungsgesetz v. 25.7.2002; BGB1. I S. 2674). Wer das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach § 828 Abs. 1 u. 2 BGB ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat (§ 828 Abs. 3 BGB). Auch wer nach §§ 827, 828 BGB deliktsunfähig ist, kann Vermögen haben und sich im Verkehr frei bewegen. Daher kann es unbillig erscheinen, dass jemand für einen Schaden, den er anderen zufügt, ohne Haftung davonkommen soll. Diese Lücke wird mit der Billigkeitshaftung nach § 829 BGB geschlossen (vgl. Medicus, SchuldR BT, § 136, Rn. 770). ff. Schaden Durch die rechtswidrige und schuldhafte Handlung muss weiterhin ein Schaden entstanden sein. Unter einem Schaden ist jede unfreiwillige Einbuße zu verstehen, die jemand infolge eines bestimmten Ereignisses an seinen Lebensgütern, z.B. Gesundheit, Ehre, Eigentum oder Vermögen erleidet (Palandt-Heinrichs, Vorbem.
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§ 249 BGB, Rn. 7). Demgegenüber werden freiwillige Opfer als Aufwendungen bezeichnet (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 29, Rn. 1; § 10, Rn. 2). Der Schaden wird dadurch ermittelt, dass man die gegenwärtige Lage mit der Lage ohne das Schadensereignis vergleicht (§ 249 Abs. 1 BGB). Für die Feststellung, ob und in welcher Höhe ein Schaden vorliegt, wird nach der sog. Differenzhypothese der Unterschied zwischen zwei Güterlagen ermittelt. Der Schaden ist die Differenz zwischen der tatsächlichen Lage, die infolge des schädigenden Ereignisses besteht und der hypothetischen, die bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (vgl. u. a. zur Differenzmethode, BGH, WM 1986, 266, 268; Palandt-Heinrichs, Vorbem. § 249 BGB, Rn. 8). Nicht notwendig ist, dass immer vor dem Schadensereignis vorhandene Vermögenswerte beeinträchtigt worden sind; so gehören z. B. bei einer Körperverletzung nicht nur die Kosten der Heilbehandlung, sondern auch die Folgekosten, z.B. Verdienstausfall, entgangener Gewinn, zum ersatzfähigen Schaden. Der Schadensbegriff umfasst sowohl Vermögens- als auch Nichtvermögensschäden, wobei jedoch unterschiedliche Grundsätze zu beachten sind. gg. Haftungsausfüllende Kausalität Die Rechtsgutverletzung muss den Schaden ursächlich hervorgerufen haben. Während es bei der haftungsbegründenden Kausalität um die zurechenbare Ursächlichkeit des Handelns für die Rechtsgutverletzung geht, betrifft die Frage nach der haftungsausfüllenden Kausalität den Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsgutverletzung und dem Schaden. Der Täter hat nämlich nicht nur den Verletzungsschaden, sondern auch den Folgeschaden zu ersetzen (z.B. einen Verdienstausfall auf Grund körperlicher Schädigung). Das Verschulden des Täters braucht den Folgeschaden nicht zu umfassen. Die haftungsausfüllende Kausalität wird auch nach den Grundsätzen der Adäquanztheorie geprüft, wobei hier vor allem auf den Schutzzweck der Norm zu achten ist. Der entstandene Schaden muss also von dem Schutzbereich der Norm erfasst worden sein. Das ist der Fall, wenn er aus einer Rechtsgutverletzung stammt, deren Zweck es gerade ist, einen derartigen Verletzten wie den Geschädigten vor einer Beeinträchtigung, wie er sie erlitten hat, zu schützen (Normzweck-Gedanke). hh. Art und Umfang des Schadensersatzes (1) Gesetzliche Regelungen Sind alle Tatbestandsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz erfüllt, stellt sich die Frage nach der Art und dem Umfang des zu leistenden Schadensersatzes. Art und Umfang des zu leistenden Schadensersatzes bestimmen sich grundsätzlich nach den §§ 249 ff. BGB. Die §§ 249 ff. BGB gelten dabei nicht nur für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, sondern auch für vertragliche Schadensersatzansprüche wegen
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Pflichtverletzung; darüber hinaus finden die §§ 249 ff. BGB auch Anwendung auf Schadensersatzansprüche aus den §§ 122, 179 BGB, auf Ansprüche aus GoA oder aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 989 ff. BGB) sowie auf Schadensersatzansprüche außerhalb des BGB, z. B. aus dem HGB. Für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung sind ergänzend die §§ 842 ff. BGB zu beachten. Sämtliche Ansprüche nach den §§ 823 ff. BGB verjähren nach den §§ 195,199 BGB in drei Jahren ab Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Die §§ 249 ff. BGB unterscheiden grundsätzlich zwei Arten des Schadensausgleichs. (2) Grundsatz der Naturalrestitution Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Damit ist die Herstellung eines wirtschaftlich gleichwertigen Zustands gewollt (RGZ 76, 146 st. Rspr.). Dieser Grundsatz gilt sowohl für Vermögens- als auch für Nichtvermögensschäden. Beispiele: Tatsächliche Reparatur der beschädigten Sache, Verschaffung einer gleichwertigen (Gattungs)Sache; Widerruf einer ehrverletzenden Äußerung (3) Schadensersatz
in Geld
Der Geschädigte kann unter den Voraussetzungen der §§ 249 Abs. 2, 250, 251 BGB Geldersatz verlangen. Der Geschädigte kann bei Personen- oder Sachsschäden statt der Naturalherstellung sofort den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen; es handelt sich hier um eine gesetzliche Ersetzungsbefugnis nach S 249 Abs. 2 BGB. Diese Möglichkeit wird dem Geschädigten eingeräumt, damit er nicht auf „Herstellungsversuche" des Verpflichteten angewiesen ist und auch keine unnötigen Zeitverzögerungen eintreten. Der Geschädigte kann aber auch bei Sach- und Personenschäden zunächst nur auf Naturalrestitution bestehen und dem zum Ersatz Verpflichteten eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzen. Nach Ablauf der Frist kann er Schadensersatz verlangen (§ 250 BGB). Ist die Naturalrestitution nicht möglich oder ungenügend erbracht, muss der Verpflichtete den Geschädigten von vornherein mit Geld entschädigen (§ 251 Abs. 1 BGB). Das Gesetz löst hier den Interessenstreit zwischen Gläubiger und Schuldner nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Der Weg über § 249 Abs. 2 BGB ist von größerer praktischer Bedeutung, weil der Schadensersatz durch Naturalrestitution häufig mit praktischen Schwierigkeiten verbunden ist. So rechnet z. B. der Geschädigte eines Verkehrsunfalls i. d. R. seinen Kfz-Schaden auf Basis eines Sachverständigengutachtens ab. Als erstattungsfähige „Herstellungskosten" kommen bei einem Kfz-Unfall insbesondere Reparaturkosten, Mietwagenkosten (oder Nutzungsausfall), Kosten des Gutachtens sowie eine
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Schadenspauschale in Betracht. Bei Kfz-Unfallschäden ist zu beachten, dass diese bis zu 130% des Wiederbeschaffungswertes zu ersetzen sind. Beispiel: S kommt mit seinem PKW infolge einer Unachtsamkeit von der Fahrbahn ab und zerstört den am Fahrbahnrand geparkten und von G liebevoll restaurierten Bentley, Baujahr 1950. G verlangt Wiederherstellung seines Bentley. Es stellt sich heraus, dass die Reparaturkosten 50% über dem Wiederbeschaffungswert (= Verkehrswert, vgl. hierzu BGHZ 92, 85 (90)) liegen. In diesem Fall hat S das Recht zu einer Entschädigung in Höhe des Wiederbeschaffungswertes, da die Reparaturkosten 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen und die Wiederherstellung mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist (§ 251 Abs. 2 S. 1 BGB). Es handelt sich damit um einen wirtschaftlichen Totalschaden; die 30 %-Regel findet allerdings nur im Rahmen von Kfz-Unfallschäden Anwendung. Der persönliche Liebhaber- oder Erinnerungswert, den der Gegenstand für den Geschädigten hat, ist nicht zu ersetzen (Affektionsinteresse). Der Geschädigte hat also nach § 249 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, den Schaden auf Kosten des Verpflichteten zu beheben. Bei Sachschäden (nicht allerdings bei Personenschäden) steht es dem Geschädigten frei, ob er das erhaltene Geld tatsächlich zur Wiederherstellung verwendet oder nicht. Zu beachten ist, dass vom Geschädigten Umsatzsteuer nur dann verlangt werden kann, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Lässt der Geschädigte seinen Unfallschaden nicht in einer Fachwerkstatt reparieren, sondern behält er den auf Gutachterbasis abgerechneten und von der Versicherung erstatteten Geldbetrag, kann er die im Falle einer Reparatur angefallene Umsatzsteuer nicht verlangen. Repariert der Geschädigte seinen Wagen selbst, kann er jedoch die für die gekauften Ersatzteile gezahlte Umsatzsteuer abrechnen (vgl. weiterhin zum Ersatz des Minderwertes, zur Entschädigung des Nutzungsentgangs (Frustrationsschaden; Schadensbemessung über die Kommerzialisierung), Sachfolgeschäden etc., vgl. ausführlich Medicus, SchuldRBT, §55m.w.N.). (4) Entgangener Gewinn Nach § 252 S. 1 BGB ist auch der entgangene Gewinn zu ersetzen. Zu dem entgangenen Gewinn zählen alle Vermögensvorteile, die im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch nicht zum Vermögen des Geschädigten gehörten, die ihm aber ohne dieses Ereignis zugeflossen wären. Da der entgangene Gewinn schwierig zu beweisen ist, gilt nach § 252 S. 2 BGB die Beweiserleichterung, dass der Gewinn als entgangen gilt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erwartet werden konnte. (5) Vermögensschäden - Nichtvermögensschäden Von diesen Vermögensschäden (= materielle Schäden) sind die Nichtvermögensschäden (- immaterielle Schäden) zu unterscheiden. Unter einem Vermögensschaden versteht man einen Schaden an materiellen Gütern, unter einem Nichtvermö-
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gensschaden einen Schaden an immateriellen Gütern, insbesondere Schmerz, Wohlbefinden oder in bezug auf die Ehre. Der Ersatz des immateriellen Schadens bestimmt sich nach § 253 Abs. 2 BGB. Voraussetzung ist danach, das wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten ist. Im Prinzip ist damit § 847 BGB a. F. mit dem Schadensrechtsänderungsgesetz in das allgemeine Schuldrecht übertragen worden und nicht mehr auf deliktische Ansprüche beschränkt. (6) Konkrete und abstrakte Schadensberechnung Der Schaden ist grundsätzlich konkret zu berechnen. Derjenige, der einen Schaden geltend macht, muss nicht nur die anspruchsbegründenden Tatsachen vortragen, sondern auch konkret den Eintritt der Vermögensminderung und deren Höhe. Nur in Ausnahmefällen ist eine abstrakte Schadensberechnung zulässig. Handelt es sich um Personenschäden, überlässt der Geschädigte die Sorge für seine Heilung regelmäßig nicht dem Ersatzpflichtigen. Daher kann er nach § 249 Abs. 2 BGB den hierfür erforderlichen Geldbetrag verlangen. Heilungskosten sind allerdings nur dann zu ersetzen, wenn sie tatsächlich angefallen sind; eine fiktive Abrechnung wie bei Sachschäden ist nicht zulässig. In Bezug auf den Ersatz von Verdienstausfall ist zunächst zu unterscheiden, ob der Geschädigte Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist; eine Sonderstellung nehmen die Personen ein, die sich in Ausbildung befinden. Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, hat dies grundsätzlich keine Auswirkungen auf sein Arbeitseinkommen. Aus zahlreichen Vorschriften ergibt sich, dass der Arbeitgeber oder Dienstherr wenigstens für eine bestimmte Zeit Lohn, Gehalt oder Besoldung weiterzahlen muss (vgl. Entgeltfortzahlungsgesetz; Beamtengesetze). Für die Zeit der Lohnfortzahlung scheint es damit an einem Erwerbsschaden zu fehlen. Der Schaden scheint vielmehr beim Arbeitgeber einzutreten, der eine Arbeitsleistung nicht erhält, obwohl er dafür bezahlen muss. Aber auch beim Arbeitgeber ist ein Schaden nicht sicher, wenn z. B. in größeren Unternehmen die Arbeit eines kurzfristig ausgefallenen Arbeitnehmers durch einen Kollegen mit erledigt wird. Bei Behörden wird der Ausfall nicht selten durch eine Verschlechterung der Leistung ausgeglichen. Ohne eine Sonderregelung würde der Verpflichtete in diesen Fällen entlastet werden. Eine solche Entlastung widerspricht aber dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Auch aus § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz ergibt sich, dass eine solche Entlastung des Verpflichteten durch den Gesetzgeber nicht beabsichtigt war. Man stellt in diesem Fall dem natürlichen Schadensbegriff einen normativen Schadensbegriff gegenüber, um zum Ausdruck zu bringen, dass auch dann ein Vermögensschaden auf Grund wertender Betrachtung bejaht werden kann, wenn sich rechnerisch ein vermögensmäßiger Nachteil nicht feststellen lässt. Es wird in diesem Fall von einem Schaden ausgegangen (vgl. BGHZ 43, 378, 381; hierzu auch Medicus, JuS 1979, 233 ff.). Selbstständige müssen grundsätzlich konkret nachweisen, welche Einnahmen ihnen durch den Ausfall der Arbeitskraft entstanden sind. Diesen oft schwierigen Beweis erleichtert § 252 S. 2 BGB. Danach reicht es aus, wenn der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahr-
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scheinlichkeit erwartet werden konnte (vgl. hierzu ausführlich Medicus, SchuldR BT, §56m.w.N.). (7) Mitverschulden Im Rahmen der Schadensberechnung sind schadensmindernde Faktoren zu berücksichtigen, insbesondere eine Vorteilausgleichung sowie ein Mitverschulden des Geschädigten nach § 254 BGB. Nach § 254 BGB ist die Ersatzpflicht des Verpflichteten eingeschränkt, wenn bei Entstehung oder Weiterentwicklung des Schadens ein Mitverschulden des Geschädigten vorliegt. Der Ersatzanspruch ist zwar nicht ausgeschlossen, doch muss der Geschädigte einen Teil des Schadens selbst tragen. Die quotenmäßige Aufteilung hängt von dem Grad des vorwerfbaren Verstoßes gegen die eigenen Interessen ab, ist also vom Einzelfall abhängig; im Prozess obliegt die Bestimmung dem richterlichen Ermessen (§ 287 ZPO). (8) Mittäter und Beteiligte Haben mehrere Personen durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht oder lässt sich unter mehreren Beteiligten der Täter nicht ermitteln, so ist jeder als Gesamtschuldner für den Schaden verantwortlich (§ 830 BGB). Der Geschädigte kann sich nach seiner Wahl an jeden Täter wenden und seinen Schaden ganz oder teilweise - insgesamt aber nur einmal - geltend machen (§§ 421, 840 BGB). (9) Sonstige Bestimmungen Nähere Bestimmungen über Art und Umfang der Haftung für unerlaubte Handlungen sind in den §§ 842 ff. BGB enthalten. Nach den §§ 844, 845 BGB wird ein Schadensersatzanspruch auch solchen Personen gewährt, die nicht selbst geschädigt worden sind, sondern denen infolge der Verletzung eines anderen ein Vermögensschaden entstanden ist. Diese sog. Drittgeschädigten hätten ohne die §§ 844, 845 BGB keinen Anspruch gegen den Verpflichteten und wären damit ohne rechtlichen Schutz. c. §823 Abs. 2 BGB aa. Tatbestand Schadensersatzpflichtig ist nach § 823 Abs. 2 BGB derjenige, der gegen ein Schutzgesetz verstößt. Mit dieser Norm sollen die Fälle erfasst werden, in denen der Täter kein Rechtsgut oder Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB verletzt; angesprochen ist hier insbesondere das Vermögen. Beispiel: Ein Betrüger ist nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. 263 StGB dem Betrogenen gegenüber schadenersatzpflichtig; § 823 Abs. 1 BGB greift nicht, da das Vermögen kein „sonstiges Recht" ist.
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Den Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB erfüllt derjenige, der „gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt". Darunter ist jede Rechtsnorm zu verstehen, die nicht bloß den Schutz der Allgemeinheit betrifft, sondern gerade auf den Schutz von Einzelpersonen abzielt (BGHZ 12, 146). Zahlreiche Schutzgesetze enthält das Strafgesetzbuch (StGB), z.B. die Körperverletzungsdelikte gem. §§ 223 ff. StGB, die Eigentumsdelikte nach den §§ 242 ff. StGB und die Vermögensdelikte gem. den §§ 263 ff. StGB; aus dem BGB sind als Beispiele die §§ 906-909 BGB zu nennen. Die Überprüfung des Verstoßes geschieht dabei nach den jeweils für das Schutzgesetz geltenden Regeln. Ist das Schutzgesetz ein Strafgesetz, muss nach strafrechtlichen Regeln geprüft werden, ob der Täter die Strafnorm erfüllt hat. Dabei ist nicht nur der objektive und subjektive Tatbestand zu prüfen, sondern auch die Rechtswidrigkeit und die Schuld. So scheidet z. B. ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 303 StGB bei Fahrlässigkeit aus, da § 303 StGB Vorsatz erfordert. Ebenso entfällt ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem strafrechtlichen Schutzgesetz, wenn der Täter wegen § 20 StGB schuldunfähig ist. Handelt es sich bei dem Schutzgesetz um eine Norm, die bloß auf einen objektiven Verstoß abstellt, so ist an dieser Stelle auch nur zu prüfen, ob ein solcher Verstoß vorliegt. Damit ist dann bereits der Verstoß gegen ein Schutzgesetz festgestellt. Durch den Verstoß gegen das Schutzgesetz muss ein Schaden adäquat verursacht worden sein. Die Ausführungen zu § 823 Abs. 1 BGB können sinngemäß übernommen werden. Der Schutz des § 823 Abs. 2 BGB soll nicht weiter gehen als das Schutzgesetz. Es ist daher der Schutzzweck der Norm zu ermitteln. Hier ist zwischen dem persönlichen und dem sachlichen Schutzbereich der Norm zu unterscheiden (Brox/Walker, SchuldR BT, § 41, Rn. 72). Der persönliche Schutzbereich betrifft die Frage, welche Person oder Personengruppe durch das Schutzgesetz geschützt werden soll. Beispiel: Jemand nimmt unbefugt ein Kfz in Gebrauch und schädigt dadurch einen anderen Verkehrsteilnehmer. Der geschädigte Verkehrsteilnehmer kann seinen Schadensersatzanspruch nicht auf § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 248 b StGB stützen, da dieses Schutzgesetz nur den Gebrauchsberechtigten vor unbefugtem Gebrauch schützen will, aber nicht andere Verkehrsteilnehmer. Der sachliche Schutzbereich bestimmt, vor welchen Gefahren die Norm schützen soll. So bezweckt beispielsweise § 323 StGB die Abwendung von Gefahr für Leben und Gesundheit, die infolge einer Verletzung von Regeln der Baukunst entstehen. Kommt es somit zu einem Sachschaden, kann dem Geschädigten dieser Schaden nach dieser Bestimmung nicht ersetzt werden, da dies von dem sachlichen Schutzbereich der Norm nicht erfasst wird.
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bb. Rechtswidrigkeit Für die Verletzung des Schutzgesetzes ist, ebenfalls wie bei § 823 Abs. 1 BGB, Rechtswidrigkeit erforderlich, die aber bereits durch die Verletzung des Schutzgesetzes indiziert wird. cc. Verschulden Gundsätzlich wird bei einer Schutzgesetzverletzung für die Schuldform auf die Regeln des verletzten Schutzgesetzes abgestellt. Auch wenn der Verstoß gegen das Schutzgesetz ohne Verschulden möglich ist, muss für § 823 Abs. 2 BGB ein Verschulden vorliegen. An § 823 Abs. 2 BGB werden also strengere Anforderungen gestellt als an das Schutzgesetz; es ist demnach mindestens Fahrlässigkeit erforderlich. d. §826 BGB Nach § 826 BGB ist derjenige schadenersatzpflichtig, wer einen Schaden durch eine „gegen die guten Sitten verstoßende Weise" verursacht. Notwendig ist demnach nicht, dass ein Rechtsgut oder ein Recht wie in § 823 Abs. 1 BGB oder ein Schutzgesetz wie in § 823 Abs. 2 BGB verletzt wird. Ein sittenwidriges Verhalten liegt vor, wenn es gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verstößt. Maßgeblich sind die Anschauungen des „anständigen Durchschnittsmenschen", sofern nicht bei der Bewertung einer konkreten Handlung auf die Anschauungen der in Betracht kommenden Kreise abzustellen ist (z.B. bei Wettbewerbshandlungen auf die Anschauungen der Gewerbetreibenden) und die Allgemeinheit keinen strengeren Maßstab anlegt. Die Rspr. hat Fallgruppen entwickelt, bei deren Vorliegen von einer sittenwidrigen Handlung auszugehen ist. Beispiele: - Arglistiges Verhalten zwecks Abschluss eines Vertrags, z.B. eine arglistige Täuschung, - Erteilen wissentlich falscher Auskünfte (z. B. falsche Auskunft über die Kreditwürdigkeit einer Person oder ein falsches Gutachten über die Echtheit eines Kunstwerks), - Verleiten zum Vertragsbruch, - Ausnutzen einer wirtschaftlichen Machtstellung (z. B. grundlose Ablehnung eines Vertragsabschlusses bei Monopolstellung, Aufruf zum Boykott; vgl. ausführlicher statt vieler nur Jauernig-Teichmann, § 823 BGB, Rnn. 12 ff.). Allerdings muss auch hier die Kausalität vorliegen, d. h., dass die sittenwidrige Handlung ursächlich für den Schaden gewesen sein muss. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich aus der Sittenwidrigkeit. Liegt ein Rechtfertigungsgrund vor, ist die Tat schon nicht mehr tatbestandsmäßig, da i. d. R. die Sittenwidrigkeit zu verneinen ist. Hinsichtlich des Verschuldens verlangt § 826 BGB Vorsatz, wobei dolus eventualis genügt. Dolus eventualis bedeutet, dass es dem Handelnden zwar nicht unbedingt
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auf die Erreichung des Erfolgs ankommt, er aber diesen erkennt und billigend in Kauf nimmt; grobe Fahrlässigkeit ist daher nicht ausreichend. Der Vorsatz muss zum einen bezüglich der Kenntnis der Tatumstände vorliegen, welche die Sittenwidrigkeit ausmachen. Dass der Täter seine Tat selbst als sittenwidrig einstuft, ist nicht notwendig. Ausreichend ist, dass er die Tatsachen kennt, die zur Sittenwidrigkeit führen. Außerdem muss ein Vorsatz bezüglich der rechtswidrigen Herbeiführung eines Schadens gegeben sein. Hinsichtlich des Schadensumfangs und des Schadensverlaufs ist hingegen kein Vorsatz notwendig (Brox/ Walker, §41, Rn. 84).
e. §831 BGB In den §§ 831-838 BGB werden eine Reihe von Sondertatbeständen geregelt, die neben die oben ausgeführten Grundtatbestände treten. Im Allgemeinen regeln sie die Ersatzpflicht desjenigen, der für einen anderen oder für eine Sache verantwortlich ist. Die gesetzlichen Regelungen weisen nach ihrem Tatbestand betrachtet die Besonderheit auf, dass vom Gesetz ein Verschulden des zum Ersatz herangezogenen Schuldners vermutet wird, sofern eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige Handlung vorliegt. Im Folgenden soll lediglich auf den in der Praxis am häufigsten einschlägigen § 831 BGB eingegangen werden. Nach § 831 BGB haftet derjenige, der einen anderen zu einer Verrichtung bestellt hat, für den Schaden, den der Verrichtungsgehilfe in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. § 831 BGB ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Der Zweck für diese Vorschrift besteht darin, denjenigen, der sich fremder Hilfe bedient und dem das Ergebnis der Arbeit bzw. Verrichtung zugute kommt, für den Fall eines Auswahlverschuldens haften zu lassen. Voraussetzung für die Geschäftsherrnhaftung nach § 831 Abs. 1 BGB ist, dass ein Verrichtungsgehilfe einen Schaden verursacht hat. Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und dabei dessen Weisungen unterworfen ist. Die Tätigkeit kann dabei tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Natur sein. Das Weisungsrecht muss allerdings nicht bis ins Detail gehen, d.h. es muss nicht jeden einzelnen Arbeitsvorgang umfassen. Für die Verrichtungsgehilfen wird - anders als bei § 278 BGB - „soziale Abhängigkeit" vom Geschäftsherrn gefordert. Erforderlich und ausreichend ist, dass der Geschäftsherr bei der konkreten Verrichtung (nicht generell) die Tätigkeit nach Zeit und Umfang bestimmen kann, dass er sie jederzeit beschränken oder dem Gehilfen entziehen kann (Medicus, BR, Rn. 811). Wer eine Verrichtung übernimmt, dies aber freiberuflich macht, z.B. als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Taxifahrer, ist kein Verrichtungsgehilfe.
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
Geschäftsherr (Anspruch) Geschädigter (Schadenszufügung) Verrichtungsgehilfe
Abb. V.5. Geschäftsherrnhaftung Der Verrichtungsgehilfe muss den objektiven Tatbestand eines der in §§ 823 ff. BGB genannten Tatbestände rechtswidrig erfüllt haben. Schuldhaftes Handeln des Verrichtungsgehilfen ist dabei nicht Voraussetzung, denn § 831 BGB begründet eine Haftung des Geschäftsherrn für eigenes Verschulden (Aus wählverschulden). Der Schaden muss durch den Verrichtungsgehilfen „in Ausführung der übertragenen Verrichtung" verursacht worden sein. Das ist zu bejahen, wenn ein unmittelbarer, innerer Zusammenhang zwischen der aufgetragenen Verrichtung und der Schadenzufügung besteht (Brox/Walker, SchuldR BT, § 42, Rn. 5). Beispiel: Der Malermeister haftet nach § 831 BGB für seine Leute, wenn diese bei der Ausführung von Arbeiten beim Kunden dessen Mobiliar beschädigen; er haftet nicht wenn sie dort einen Diebstahl begehen, da ein Diebstahl nicht mehr in einem unmittelbaren, inneren Zusammenhang mit den Malerarbeiten steht. Dieser geschah dann nicht „in Ausführung der Verrichtung", sondern vielmehr „bei Gelegenheit" der übertragenen Verrichtung. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn den Geschäftsherrn kein Verschulden trifft. Nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB liegt kein Verschulden vor, wenn der Geschäftsherr den Entlastungsbeweis führen kann („Exkulpation"). Der Geschäftsherr kann nachweisen, dass er bei der Auswahl des Verrichtungsgehilfen, bei der Gerätebeschaffung bzw. bei der Überwachung der Ausführung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Dem Inhaber eines Großbetriebs ist es nicht möglich, das gesamte Personal auszusuchen und zu überwachen. Nach der Rspr. wird hier der dezentralisierte Entlastungsbeweis zugelassen. Der Betriebsinhaber ist danach entlastet, wenn er die Kontrolle der übrigen Arbeitnehmer an sorgfältig ausgewählte und angeleitete Zwischenpersonen (z.B. Abteilungsleiter) übertragen hat und ein entsprechender organisatorischer Rahmen für deren gründliche Überwachung besteht. Die mit der Überwachung beauftragten Zwischenpersonen trifft allerdings möglicherweise eine eigene Haftung nach § 831 BGB. Verstößt der Betriebsinhaber oder die juristische Person gegen die Verpflichtung zur ordentlichen Organisation der Betriebsüberwachung, dann kommt (ohne die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises) eine unmittelbare Haftung aus §§ 823 Abs. 1 bzw. §§ 823, 31 BGB in Betracht („Organisationsverschulden").
4. Unerlaubte Handlungen
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Nach § 831 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. BGB tritt die Ersatzpflicht ferner nicht ein, wenn der Geschäftsherr nachweisen kann, dass der Schaden auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt eingetreten wäre (- Widerlegung der Kausalitätsvermutung). Gäbe es nur die Vorschrift des § 831 BGB mit der Möglichkeit der Exkulpation des Geschäftsherrn, so könnte sich das in einigen Fällen nachteilig für den Geschädigten auswirken. Hier greifen allerdings noch andere Vorschriften ein, die nicht im Besonderen Teil des Schuldrechts geregelt sind. Bestehen vertragliche Verbindungen zwischen Geschäftsherrn und Geschädigten, so hat der Geschäftsherr für das schädigende Verhalten seines (ErfülIungs-)Gehüfen nach § 278 BGB ohne eine Möglichkeit der Exkulpation einzustehen. Durch die Rspr. wurde dies auch auf die Fälle der (früheren) culpa in contrahendo und des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ausgedehnt. Probleme bereitet Studierenden in diesem Zusammenhang die Unterscheidung des Verrichtungsgehilfen vom Erfüllungsgehilfen. Die Vorschrift des § 278 BGB setzt ein bestehendes Schuldverhältnis sowohl zwischen dem Geschäftsherrn und dem Erfüllungsgehilfen als auch zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschädigten voraus. Außerdem muss der Erfüllungsgehilfe mit Wissen und Wollen des Schuldners tätig werden. § 278 BGB begründet eine Haftung für fremdes Verschulden (i.V.m. § 278 BGB), während § 831 BGB - wie erwähnt - eine selbstständige Anspruchsgrundlage darstellt. § 831 BGB verlangt lediglich, dass der Verrichtungsgehilfe im konkreten Fall weisungsabhängig war und dass der Schaden in Ausführung der Verrichtung geschehen ist. Bei § 278 BGB ist eine Exkulpation nicht möglich, während bei § 831 BGB der Geschäftsherr einen Entlastungsbeweis führen kann. Beide Vorschriften sind nebeneinander anwendbar. Beispiel: Ein Malermeister schickt seinen Gehilfen zu seinem Auftraggeber. Der Gehilfe hantiert mit dem Farbeimer so ungeschickt, dass dieser von der Leiter in die Fensterscheibe fällt. Dabei fällt ein Teil der Farbe dem zufällig vorbeikommenden Passanten P auf den Anzug. Wie ist die Rechtslage? Der Auftraggeber hat einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V. m. § 278 BGB gegen den Malermeister, wenn er aus dem Vertrag vorgehen würde. Geht er nach §§ 823 ff. BGB vor, kommt als Anspruchsgrundlage § 831 BGB in Betracht mit der Möglichkeit der Exkulpation. Den Gehilfen kann er natürlich auch aus § 823 BGB direkt in Anspruch nehmen, vorausgesetzt allerdings, der Anspruch ließe sich realisieren. Der Passant könnte, da zwischen ihm und dem Malermeister keine vertraglichen Beziehungen bestehen, nur aus § 831 BGB vorgehen (und nach § 823 BGB direkt gegen den Gehilfen).
f. Schmerzensgeldanspruch Nach § 253 Abs. 1 BGB kann wegen eines Schadens, der Nichtvermögensschaden („immaterieller Schaden") ist, Entschädigung in Geld nur in den durch Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Immaterielle Schäden sind Einbußen am körperlichen oder seelischen Wohlbefinden oder Ehrverletzungen; hierzu zählen z.B.
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
körperliche Schmerzen, Kummer, Ängste, aber auch der Verlust der Möglichkeit, Tätigkeiten (z. B. Musizieren) auszuüben, welche bis zur Verletzung ausgeübt worden sind. Der Schmerzensgeldanspruch steht seit dem Schadensrechtsänderungsgesetz im allgemeinen Schuldrecht. Die Ersatzfähigkeit eines immateriellen Schadens setzt nach § 253 Abs. 2 BGB voraus, dass wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten ist. Auf welcher Rechtsgrundlage die Schadensersatzpflicht beruht, ist unerheblich. Nach § 253 BGB wird danach Schmerzensgeld unabhängig vom Haftgrund gewährt, d. h. im Vertragsrecht, im Deliktsrecht und bei allen Gefährdungshaftungstatbeständen, was bisher nur in Ausnahmefällen in Betracht kam. Das Schmerzensgeld als Ersatz eines immateriellen Schadens erfüllt zwei Funktionen. In erster Linie soll es die Einbußen am Wohlbefinden ausgleichen (Ausgleichsfunktion). Zudem besitzt es eine Genugtuungsfunktion (BGH, NJW 1996, 1147). Die Höhe des zu leistenden Schmerzensgeldes ist nach der Billigkeit festzusetzen. Im Prozess ist sie von den Gerichten nach § 287 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Das Problem in der Praxis besteht darin, dass sich die immateriellen Schäden nicht in Geld oder Geldeswert ausdrücken lassen. Auf Grund von Erfahrungswerten, die die Rspr. im Laufe der Zeit gesammelt hat, kommt es für die Festlegung der Höhe entscheidend auf die Heftigkeit und die Dauer der erlittenen Schmerzen, aber auch auf das Ausmaß des Schädigerverschuldens an. So wird bei Vorsatz auch bei relativ geringen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeld gewährt, weil hier die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes eingreift. Mitunter können bei der Bemessung auch die persönliche Situation und die Vermögensverhältnisse des Verletzten und des Ersatzpflichtigen eine Rolle spielen. Für Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gibt es grundsätzlich kein Schmerzensgeld. Der Grund besteht zum einen darin, dass es sich um ein schwer abgrenzbares „sonstiges Recht" i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB handelt, zum anderen ist es in erster Linie ein Abwehrrecht, das vor allem durch negatorische Ansprüche auf Unterlassung und Widerruf zu schützen ist. Ausnahmsweise gewährte der BGH - entgegen der gesetzlichen Regelung des § 253 BGB - in Fällen schwerster Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und wenn dies nicht in anderer Weise aufgefangen werden konnte - dem Geschädigten einen Anspruch auf Geldersatz; dieser Anspruch wurde aus Art. 1, 2 GG hergeleitet (vgl. Brox/Walker, SchuldR BT, § 44, Rn. 15). Es ist anzunehmen, dass der BGH trotz der Regelung in § 253 Abs. 2 BGB an seiner bisherigen Rspr. festhält. g. Zivilrechtliche Beamtenhaftung Schäden können auch durch den Staat bzw. seinen Organen verursacht werden. Handelt ein Beamter im fiskalischen Bereich, wenn also der Staat sich privatrechtlicher Rechtsformen bedient, dann haftet der Beamte unter den Voraussetzungen des § 839 BGB dem Geschädigten persönlich. § 839 BGB ist insoweit eine Spezialregelung zu den §§ 823 ff. BGB. Er kann sich aber bei fahrlässigem Handeln auf § 839
4. Unerlaubte Handlungen
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Abs. 1 S. 2 BGB berufen, wonach er lediglich haftet, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag (sog. Subsidiarität der Amtshaftung). Handelt der Beamte in hoheitlicher Form, d. h. auf Grund von öffentlich-rechtlichen Normen und verletzt er eine gegenüber einem Dritten bestehende Amtspflicht, dann tritt der Staat (oder eine sonstige Körperschaft) gewissermaßen schützend vor ihn und übernimmt den Schaden. Dem Geschädigten steht dann nur ein Anspruch zu, und zwar gegen den Staat aus § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG (Staatshaftung). Mit dem Schadensrechtsänderungsgesetz ist § 839 a BGB eingefügt worden. Diese Vorschrift sieht eine Haftung eines gerichtlichen Sachverständigen vor, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt hat. h. Gefährdungshaftung Die oben geschilderten Tatbestände der unerlaubten Handlung sind durch eine Verschuldenshaftung gekennzeichnet. Das bedeutet, dass derjenige, der rechtswidrig und vorwerfbar Rechte oder Rechtsgüter Dritter verletzt, den aus dieser Verletzung eingetretenen Schaden zu ersetzen hat. Andererseits trägt der Geschädigte die Darlegungslast und im Bestreitensfalle die Beweislast für alle Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs. Ganz anders aufgebaut sind die Tatbestände der Gefährdungshaftung. Diese gehen vom Verschuldensprinzip ab und haben als Haftungsgrund die „Gefährdung" gemeinsam. Sie beruhen auf dem Gedanken, dass derjenige, der erlaubterweise eine gefährdende Betätigung ausübt oder eine gefährliche Anlage betreibt und daraus Nutzen zieht, auch den Schaden tragen soll, den außenstehende Dritte dadurch erleiden, dass die Gefahr sich verwirklicht hat (Brox/Walker, SchuldR BT, § 46, Rn. 1). Der „klassische Fall" einer Gefährdungshaftung ist die Tierhalterhaftung gem. § 833 BGB. Wer ein Tier hält, schafft damit eine Gefahrenquelle, die auch durch eine sorgfältige Beaufsichtigung nicht ausgeschlossen werden kann. Verursacht das Tier einen Schaden, so haftet der Halter nach § 833 S. 1 BGB ohne Rücksicht auf ein eigenes Verschulden. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um die Verwirklichung einer typischen Tiergefahr handelt, z. B. einen Hundebiss. Es reicht also nicht, wenn jemand über einen schlafenden Hund stolpert. Weitere Beispiele sind § 7 StVG, §§1,2 HaftpflichtG, § 25 AtomG, § 1 Produkthaftungsgesetz, § 33 LuftVG, § 1 Umwelthaftungsgesetz, § 22 Wasserhaushaltsgesetz, § 84 Arzneimittelgesetz oder § 32 Gentechnikgesetz. Kennzeichnend für die Gefährdungshaftung ist, dass die Schadensersatzpflicht auch dann eintritt, wenn dem Ersatzpflichtigen ein Verschulden an dem Schadensereignis nicht zur Last gelegt werden kann. Gleichwohl wird dies, wie sich nachfolgend bei der Kfz-Halterhaftung zeigen wird, nicht konsequent durchgehalten. Nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Halter, wenn beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Haftpflichtig ist der Halter eines Kfz. Der Begriff des Kraftfahrzeugs bestimmt sich nach § 1 Abs. 2 StVG (z.B. handelt es sich nicht um ein Kfz, wenn es auf ebener Strecke nicht schneller als 20 Kilometer in der Stunde fährt). Halter ist derjenige, wer die Kosten des Kfz trägt (BGHZ 116, 200 = NJW 1992, 900). Die Eigentumsverhältnisse sind dabei nicht entscheidend, können aber ein wichtiger Anhaltspunkt sein. Nach h. M. wird das Tatbestandsmerkmal „beim Betrieb" extensiv ausgelegt, nämlich nicht nur „maschinentechnisch", d.h. wenn das Fahrzeug durch seinen Motor bewegt wird, sondern „verkehrstechnisch". Danach ist ein Fahrzeug in Betrieb, solange es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet (BGHZ 29, 163), z. B. wenn das Fahrzeug verkehrswidrig geparkt wird oder wenn beim Be- oder Entladen ein Schaden verursacht wird (etwa durch einen wegrollenden Einkaufswagen). Die Erweiterung dieser Vorschrift im Rahmen des Schadensrechtsänderungsgesetzes auf den Betrieb von Anhängern resultiert aus der mit seiner Verwendung verbundenen Erhöhung der Betriebsgefahr, die von den betreffenden Fahrzeugen ausgeht. Nach § 7 Abs. 2 StVG ist die Halterhaftung nach dem Schadensrechtsänderungsgesetz nur noch dann ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird. Bisher war die Halterhaftung ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Verrichtungen beruhte, z. B. einem Bremsversagen (vgl. Medicus, BR, Rn. 634). Der Halter musste für das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses nachweisen, dass das Schadensereignis auch durch äußerst mögliche Sorgfalt nicht hätte abgewendet werden können. Dazu gehört sachgemäßes geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen oder persönlichen Maßstab hinaus. Der Grund für diese Gefährdungshaftung ist die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs. Sie dient dabei dem Ausgleich von Schäden, nicht der Schadensprävention. Der Begriff „unabwendbares Ereignis" machte allerdings die Haftung von Sorgfalts- und damit von Verschuldenskriterien abhängig; Verschuldenselemente sind aber einer Gefährdungshaftung fremd. Es ist für einen Geschädigten unerheblich, ob der Schaden auf Grund eines technischen Mangels des Fahrzeugs (z.B. versagende Bremsen) oder auf Grund einer - auch für einen „Idealfahrer" nicht zu erkennenden - Ölspur verursacht wurde. Auch in anderen Gefährdungshaftungstatbeständen ist bisher nur die „höhere Gewalt" als Befreiungsgrund anerkannt. Mit der Verwendung des Merkmals „höhere Gewalt" ist nun eine Verschärfung der Halterhaftung verbunden. Als höhere Gewalt wird nämlich nur ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis anerkannt, das nach menschlicher Einsicht und
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Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist (vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 30). Beispiele: Ein durch geparkte Fahrzeuge verdeckter Fußgänger läuft unvermittelt auf die Straße. Autofahrer A erfasst und verletzt ihn. Früher handelte es sich um ein unabwendbares Ereignis. Eine höhere Gewalt liegt allerdings hier nicht vor. Auch wenn ein Kfz wegen plötzlichem Glatteis oder einer Ölspur ins Schleudern gerät, ist keine höhere Gewalt anzunehmen; höhere Gewalt wäre z. B. gegeben, wenn etwa ein Erdrutsch zu einem Verkehrsunfall führt. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist ferner dann ausgeschlossen, wenn jemand das Fahrzeug ohne Wissen und Wollen des Halters benutzt (§ 7 Abs. 3 S. 1 StVG; Schwarzfahrer). Der Halter bleibt aber haftbar, wenn er die unbefugte Ingebrauchnahme schuldhaft ermöglicht hat. Im Falle einer entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderung darf die Verpflichtung des Halters, wegen Tötung oder Verletzung beförderter Personen Schadensersatz nach § 7 StVG zu leisten, weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Die Geschäftsmäßigkeit einer Personenbeförderung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beförderung von einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird (§ 8 a StVG). Ersatzberechtigt sind auch die unentgeltlich und nicht geschäftsmäßig beförderten Fahrzeuginsassen, d. h. Mitfahrer und Fahrgäste. Jedoch ist außerhalb einer entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderung ein Haftungsausschluss durch die Parteien zulässig. Trifft den Verletzen ein Mitverschulden, so ist § 254 BGB anwendbar. Ist eine Sache beschädigt worden, so steht ein Verschulden desjenigen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausgeübt hat, dem Verschulden des Geschädigten gleich (§ 9 StVG). § 9 StVG und § 254 BGB greifen jedoch erst dann ein, wenn der Halter (§ 7 Abs. 1 StVG) oder der Fahrer (§ 18 Abs. 1, § 7 Abs. 1 StVG) ersatzpflichtig sind; das Verhalten des Verletzten darf also keine höhere Gewalt darstellen. Ist der Verletzte selbst Halter eines am Unfall beteiligten Fahrzeuges, so ist bei der Bestimmung des Schadensersatzes noch § 17 Abs. 1 S. 2 StVG zu beachten. Der geschädigte Halter muss sich danach nicht nur ein eigenes Verschulden oder dasjenige seines Fahrers, sondern auch seine Betriebsgefahr anrechnen lassen. Unter der Betriebsgefahr ist die Gesamtheit aller Umstände zu verstehen, die geeignet sind, bei dem Betrieb eines Kfz Gefahren für die Gesundheit und das Eigentum der Mitmenschen in den Verkehr zu tragen, zu verstehen. Sie kann je nach Fahrzeuggröße und Raumbeanspruchung unterschiedlich hoch sein, z.B. ist die Betriebsgefahr eines LKW größer als die eines PKW. Die Anrechnung entfällt, wenn für den geschädigten Halter der Unfall ein unabwendbares Ereignis war ( § 1 7 Abs. 3 StVG). Die Charakterisierung eines Unfalls als ein aus Sicht des Haftpflichtigen „unabwendbaren Ereignisses" spielt
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V. Schuldrecht BT: Gesetzliche Schuldverhältnisse
damit noch eine Rolle beim Schadensausgleich unter mehreren beteiligten KfzHaltern. Für die Haftung von Kindern vor Vollendung des zehnten Lebensjahres bei Unfällen mit Kfz ist der Haftungsausschluss nach § 828 Abs. 2 BGB zu beachten. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs ist in den §§10 ff. StVG geregelt. Nach § 11 S. 2 StVG gibt es jetzt auch einen Schmerzensgeldanspruch. Nach § 12 Abs. 1 StVG ist die Haftung des Ersatzpflichtigen summenmäßig begrenzt (z.B. 600 000 € als Kapital oder 36 000 € jährliche Rente). Bei der Schadensersatzpflicht des Fahrers nach § 18 Abs. 1 StVG handelt es sich nicht um eine Gefährdungs- sondern um eine Haftung mit vermuteten Verschulden, d. h. es besteht die Möglichkeit, den Beweis des Gegenteils zu erbringen. Der Geschädigte hat einen Direktanspruch gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung nach dem PflichtversicherungsG. Halter, Fahrer und Versicherung haften dem Geschädigten gegenüber als Gesamtschuldner. Zu beachten ist die Obliegenheit des Geschädigten innerhalb von zwei Monaten den Schaden anzuzeigen (§ 15 StVG).
VI. Sachenrecht
1. Begriff Unsere Rechts- und Gesellschaftsordnung überlässt die vorhandenen Sachen nicht allen zum beliebigen Gemeingebrauch, sondern geht von der im Grundgesetz festgelegten Institution des Privateigentums aus (Art. 14 GG). Deshalb muss geregelt sein, welche Sachen welcher Person zustehen und welche Befugnisse diese Person an der Sache hat. Das ist die Aufgabe des Sachenrechts. Im Sachenrecht ist die Herrschaft über Sachen und der Schutz, die Übertragung und Beschränkung dieser Herrschaft geregelt. Es wird also über die Zuordnung einzelner Güter und Rechte zu Personen entschieden. Das Sachenrecht ist damit das Hauptgebiet des bürgerlichen Vermögensrechts und wird im Wesentlichen durch das dritte Buch des BGB (§§ 854-1296 BGB) übernommen. Die allgemeinen Vorschriften über Sachen sind bereits in den §§ 90-103 BGB vorgegeben. Das dritte Buch des BGB enthält auch über das Sachenrecht hinausgehende Vorschriften. Man hat hier aus Gründen des Sachzusammenhangs auch den Nießbrauch und das Pfandrecht an Rechten mitgeregelt. Das Sachenrecht des BGB wird durch einige Sondergesetze ergänzt, wobei beispielhaft nur die Grundbuchordnung, die Erbbaurechtsverordnung und das Wohnungseigentumsgesetz zu nennen sind. Auf landesrechtlicher Ebene treten daneben noch weitere Gesetze, vor allem auf dem Gebiet des Nachbarrechts. Das Vertragsrecht, das zuvor behandelt wurde, hatte die Leistungsverpflichtung von „Person—Person" zum Gegenstand. Das Sachenrecht betrifft demgegenüber das Verhältnis „Person-Sache". Das Eigentum ist dabei das umfassendste Zuordnungsrecht an einer Sache. Das Zuordnungsrecht an einer Sache bedeutet, dass dem Berechtigten die Sache unmittelbar zugewiesen ist und er auf sie unmittelbar einwirken kann, ohne dass er zuvor andere Personen um Erlaubnis fragen muss (Wolf, § l,Rn.2). Diese rechtliche Herrschaft über Sachen wird durch dingliche Rechte ausgeübt. Die dinglichen Rechte sind absolute Rechte, die - anders als die nur gegenüber bestimmten Personen bestehenden obligatorischen Rechte - gegen jedermann wirken. Die rechtliche Vollherrschaft bildet das Eigentum (vgl. § 903 BGB). So kann z.B. der Eigentümer einer Sache mit dieser nach Belieben verfahren und andere Personen von jeder Einwirkung ausschließen (§ 903 BGB), d. h. er kann von jedem
300
VI. Sachenrecht
Besitzer der Sache Herausgabe verlangen, sofern dieser ihm gegenüber kein Recht zum Besitz hat (z.B. ein Mieter nach Ablauf der Mietzeit) oder von jedem Störer Beseitigung oder Unterlassung verlangen (§§ 985, 1004 BGB). Fragmente dieses Eigentums sind die Nutzungsrechte (Nießbrauch, Dienstbarkeiten) und die Sicherungsrechte (Pfandrecht, Hypothek und Grundschuld). Stets zu beachten ist das Abstraktionsprinzip, wonach das schuldrechtliche Kausalgeschäft streng zu trennen ist von dem dinglichen Rechtsgeschäft. Aus dem Abstraktionsprinzip folgt, dass etwaige Mängel beim Kausalgeschäft (z.B. Anfechtbarkeit) die Gültigkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts grundsätzlich unberührt lassen. Durch die Abstraktheit des dinglichen Rechtsgeschäfts oder Verfügungsgeschäfts wird die Sicherheit und Klarheit der dinglichen Zuordnungsverhältnisse bezweckt. Die Verfügungsgeschäfte sollen an einen möglichst leicht feststellbaren Tatbestand geknüpft werden und von den häufigen Fehlern des kausalen Verpflichtungsgeschäfts (§§ 119, 134, 138, 155 BGB) befreit werden. Die Sicherheit und Klarheit der dinglichen Zuordnungsverhältnisse liegt insbesondere im Interesse Dritter, vor allem bei Veräußerungen, bei der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz (Zugehörigkeit des erworbenen Gegenstands zur Insolvenzmasse). Beispiel: Durch einen Kaufvertrag über ein Kfz wird nur die Verpflichtung des Verkäufers zur Übergabe der verkauften Sache an der Käufer und zur Übertragung des Eigentums begründet. Dieses obligatorische Recht wirkt nur zwischen den beteiligten Personen; die dingliche Rechtslage (Eigentümerstellung) bleibt davon unberührt. Die Übertragung des Eigentums erfolgt erst durch ein zweites Rechtsgeschäft, d. h. in diesem Fall durch Einigung und Übergabe gem. § 929 BGB. Durch dieses Rechtsgeschäft wird der Käufer dann Eigentümer des Kfz. In Ausnahmefällen wird jedoch der Grundsatz der Abstraktheit des Verfügungsgeschäftes durchbrochen (z. B. bei §§ 123, 138 Abs. 2, 1369 BGB). In diesen Fällen ist sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch das Verfügungsgeschäft unwirksam mit der Folge, dass ein Erwerber kein dingliches Recht erworben hat. Im anderen Fall, wenn das Verfügungsgeschäft wirksam ist, führt dies aber zu einer ungerechtfertigten Vermögensmehrung desjenigen, der ohne eine schuldrechtliche Berechtigung eine dingliche Rechtsposition erlangt hat (z. B. Eigentum). Dann wird über Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§812 ff. BGB (wegen einer „Leistung ohne rechtlichen Grund") ein Ausgleich herbeigeführt.
2. Grundprinzipien des Sachenrechts Das Sachenrecht wird - wie andere Rechtsgebiete auch - von bestimmten Prinzipien beherrscht, die im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt sind, die aber der gesetzlichen Regelung zu Grunde liegen und deren Anwendung und Auslegung beeinflussen. Die Kenntnis dieser Prinzipien ist daher besonders wichtig.
2. Grundprinzipien des Sachenrechts
301
Dingliche Rechte wirken absolut Absolutheit führt zu Erfordernis der Klarheit und Erkennbarkeit Deshalb Typenzwang
Bewegliche Sachen: Traditionsprinzip (Übergabegrundsatz) § 929 Abs. 1 BGB
Grundstücke: Eintragungsgrundsatz § 873 Abs. 1 BGB
Abb. VI.l. Grundsätze des Sachenrechts (vgl. in Anlehnung an Kallwass, Privatrecht, 17. Aufl., München 2004, S. 265)
a. Absolutheitsprinzip Ein Grundprinzip ist das Absolutsheitsprinzip. Nach diesem Prinzip wirken dingliche Rechte absolut, d. h. gegenüber jedermann. Als Herrschaftsrechte gewähren sie dabei einen umfassenden Schutz, der sich am deutlichsten beim Eigentum zeigt. b. Typenzwang Die „dinglichen Rechte" wirken - wie erwähnt- gegenüber jedermann. Die Güterzuordnung verlangt daher klare Verhältnisse. Aus diesem Grund hat das Gesetz den Katalog dinglicher Rechte abschließend geregelt, man spricht auch vom numerus clausus der Sachenrechte. Das bedeutet, dass die Parteien nur zwischen den im Gesetz genannten dinglichen Rechten wählen können; ebenso kann auch der Inhalt dieser Rechte nicht verändert werden (vgl. folgende Übersicht). Neben dem Eigentum als dem umfassenden Recht an einer Sache (vgl. Art. 14 GG; § 903 BGB) gibt es im Sachenrecht noch die beschränkt dinglichen Rechte. Der Inhaber eines solchen Rechts hat aber nur Teilbefugnisse. Beispiel: Eine Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) berechtigt zu einer bestimmten Nutzung des dienenden Grundstücks, etwa als Parkplatz. Eine Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB) belastet ein Grundstück in der Weise, dass der Grundschuldgläubiger das Recht hat, im Falle der Nichtzahlung der durch die Grundschuld gesicherten Forderung das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung zu veräußern. Die beschränkt dinglichen Rechte können daher als Belastungen des Eigentumsrechts verstanden werden. Nach ihrem Inhalt unterscheidet man:
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VI. Sachenrecht
Dingliche Nutzungsrechte: Nießbrauch gem. §§ 1030-1089 BGB; Grunddienstbarkeit gem. §§ 1018-1029 BGB; beschränkt persönliche Dienstbarkeit gem. §§ 1090-1093 BGB; Erbbaurecht nach der ErbbauVO. Dingliche Verwertungsrechte: Reallast gem. §§ 1105-1112 BGB; Grundpfandrechte, insbesondere Hypothek gem. §§ 1113-1190 BGB und Grundschuld gem. §§ 1191-1198 BGB; Pfandrecht an beweglichen Sachen gem. §§ 1204-1258 BGB. Dingliche Erwerbsrechte: Dingliches Vorkaufsrecht an Grundstücken gem. §§ 1094-1104 BGB; Vormerkung gem. § 883 BGB; das Anwartschaftsrecht wird nach der Rspr. ebenfalls wie ein dingliches Recht behandelt (vgl. Wolf, § 1, Rn. 9). Sachenrecht
Beschränkte dingliche Rechte
Eigentum
an unbeweglichen Sachen
an beweglichen Sachen
Nießbrauch §§1030 ff. Erbbaurecht Erbbau RVO
Grunddienstbarkeit §§1018 ff.
Dienstbarkeit
Nießbrauch §§1030 ff.
Dingliches Vorkaufsrecht 1094 ff.
Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten §§1090 ff.
Reallast §§1105 ff.
Grundpfandrechte
Hypotheken Grundschuld Rentenschuld §§1113 ff. §§1191 ff. §§1199 ff.
Abb. VI.2. Numerus clausus der Sachenrechte (vgl. Klunzinger, S. 454)
c. Spezialitätsprinzip Ebenso wie der Typenzwang, dient auch das Spezialitätsprinzip (oder Bestimmtheitsgrundsatz) der Klarheit und Erkennbarkeit der dinglichen Rechtslage für Dritte. Dieses Prinzip bedeutet, dass dingliche Rechte nur an einzelnen Sachen begründet werden können und nicht eine Sachgesamtheit im Sinne einer Mehrheit von Sachen erfassen kann. So kann an einer Sachgesamtheit (z.B. Unternehmen) kein dingliches Recht begründet werden. Dieses ist eine Zusammenfassung von
3. Besitz
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Sachen, Rechten, insbesondere Forderungen, und geschäftlichen Werten, wie etwa dem Kundenstamm und Lieferbeziehungen. Eigentum i. S. d. § 903 BGB kann hier nur an den einzelnen, zum Unternehmen gehörenden Sachen bestehen. So kann das Unternehmen zwar Gegenstand eines Kaufvertrags sein. Dadurch wird aber nur die „Verpflichtung" zur Veräußerung der betreffenden Übertragung geschaffen. Die Erfüllung dieser Verpflichtung erfolgt dann durch die (vor allem) im Sachenrecht geregelten Erwerbstatbestände, für die der Grundsatz der Spezialität bzw. der Bestimmtheitsgrundsatz gilt. d. Publizitätsprinzip Der Erkennbarkeit der dinglichen Güterzuordnung dient auch das Publizitätsprinzip. Da absolute Rechte jedermann binden, muss diese dingliche Zuordnung auch nach außen erkennbar sein. Das bedeutet im Endeffekt, dass (grundsätzlich) jede rechtsgeschäftliche Veränderung der sachenrechtlichen Lage für Dritte erkennbar sein soll. Publizitätsmittel sind bei Rechten an beweglichen Sachen (= Fährnis) der Besitz als Ausdruck des Übergabe- oder Traditionsprinzips (§ 929 BGB); bei Grundstücksrechten ist es die Grundbucheintragung als Ausdruck des Eintragungsgrundsatzes (§ 873 Abs. 1 BGB).
3. Besitz a. Begriff Die Ausdrücke „Eigentum" und „Besitz" werden im täglichen Leben oft durcheinander gebracht. So spricht man vom Hausbesitzer bzw. Grundbesitzer und meint den Hauseigentümer oder Grundeigentümer. Denn Grund- bzw. Hausbesitzer wäre auch der Mieter oder Pächter dieser Sache. Im Sachenrecht ist jedoch eine strenge Unterscheidung notwendig. Der Besitz ist gem. § 854 BGB die von der Verkehrsauffassung anerkannte „tatsächliche Sachherrschaft". Die tatsächliche Herrschaft über eine Sache äußert sich dadurch, dass der Besitzer in tatsächlicher Hinsicht die Herrschaftsgewalt über eine Sache ausüben kann, ohne auf andere Personen angewiesen zu sein. Die tatsächliche Sachherrschaft braucht dabei nicht rechtmäßig zu sein, sondern es kann auch der Dieb Besitzer sein. Das Eigentum ist hingegen gem. § 903 BGB die grundsätzlich unbeschränkte „rechtliche (Sach-)Herrschaft", d.h. die Rechtsherrschaft. Die rechtliche Seite der Sachherrschaft zeigt sich daran, dass der Eigentümer bei Verfügungen über die Sache (Veräußerungen, Belastungen) als Berechtigter handelt. Eigentümer und Besitzer einer Sache können identisch sein. Häufig sind es jedoch verschiedene Personen.
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VI. Sachenrecht
b. Erscheinungsform Der Besitz an einer Sache wird nach § 854 Abs. 1 BGB durch Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. Wann eine solche tatsächliche Sachherrschaft vorliegt, ist allerdings im Gesetz nicht geregelt. Vielmehr bestimmt sich dies nach der allgemeinen Verkehrsanschauung. Unter dieser allgemeinen Verkehrsanschauung ist die Durchschnittsmeinung des Personenkreises zu verstehen, für den die Frage nach dem Besitz zu entscheiden ist. In jedem Fall ergibt sich die Sachherrschaft aus der engen räumlichen Beziehung einer Sache zum körperlichen Einwirkungsbereich eines Menschen. Zur Erlangung des (unmittelbaren) Besitzes ist eine gewisse Festigung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erforderlich. Da es sich bei der Besitzerlangung um die Ausübung einer tatsächlichen Herrschaftsmacht handelt, ist Geschäftsfähigkeit nicht erforderlich. Die Sachherrschaft besteht auch an Sachen, die man jederzeit und nach eigenem Willen in diesen körperlichen Einwirkungsbereich verbringen kann, z.B. an der Garderobe (in Reichweite) abgelegte Kleidungsstücke. Aber auch ohne enge räumliche Beziehung kann Besitz bestehen. So kann u. U. Sachherrschaft am Inhalt von Behältnissen bestehen. Diese Sachherrschaft hat derjenige, der den Verschluss der Behältnisse kontrolliert, also der den Schlüssel dafür besitzt. Für den Wohnungsschlüsselinhaber besteht Sachherrschaft an allen Wohnungsgegenständen. Besteht weder eine enge räumliche Beziehung noch eine Verschlusskontrolle, so kann nach der Verkehrsanschauung eine Sachherrschaft vorliegen, wenn an der Sache erkennbar ist, dass jemand sie beansprucht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass gem. § 856 Abs. 2 BGB „eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt" den Besitz nicht beendet. So bleibt man Besitzer, wenn man seine Wohnung oder sein Kfz abschließt und anschließend auf Reisen geht; ebenso bleibt man Besitzer von frei herumlaufenden Haustieren, vorausgesetzt, sie kommen noch ab und zu nach Hause (Palandt-Bassenge, § 856 BGB, Rn. 4). Der Begriff „Besitz" gilt jedoch nicht uneingeschränkt. So gibt es Situationen, in denen jemand zwar trotz tatsächlicher Sachherrschaft nicht als Besitzer gewertet wird, z. B. der Besitzdiener. Besitzdiener ist nach § 855 BGB, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache nach Weisung für einen anderen (den Besitzherrn) ausübt. Der Besitzherr hat auf diese Weise ohne tatsächliche Sachherrschaft Besitz über die Sache. Die Weisungsgebundenheit des Besitzdieners wird i.d. R. durch ein Arbeitsverhältnis begründet. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber der arbeitsteiligen Wirtschaft und der Tatsache Rechnung getragen, dass in vielen Fällen die unmittelbare Sachherrschaft für andere ausgeübt wird. Würde man in den oben beschriebenen Abhängigkeitsverhältnissen stets Besitz annehmen, dann bestünde wegen der Rechtsscheinwirkung des Besitzes die Gefahr, dass Gutgläubige zu Lasten des Berechtigten Eigentum an den überlassenen Sachen erwerben. Der Erwerb vom Besitzdiener fällt unter § 935 BGB, d. h. dass die Sachen insoweit als
3. Besitz
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„abhanden gekommen" gelten und ein gutgläubiger Erwerb danach ausscheidet (Klunzinger, S. 464). Dritten muss jedoch erkennbar sein, dass jemand die Sachherrschaft als Besitzdiener ausübt. Eine Besonderheit ist hier der Fall, dass der Besitzdiener unter Bruch seines Weisungsverhältnisses die Sache für sich selbst besitzen will. Dann endet der Besitz des Besitzherrn erst, wenn dies für einen unbeteiligten Dritten äußerlich erkennbar ist. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, kann der Besitz verschiedene Erscheinungsformen haben. Diese Erscheinungsformen sind in den §§ 854-872 BGB geregelt (vgl. Abb. VI.3). Besitz
unmittelbarer Besitz
Teilbesitz
Alleinbesitz
mittelbarer Besitz
Mitbesitz
schlichter Mitbesitz
Gesamthandsmitbesitz
Abb. VI.3. Besitzformen So kann zunächst die Intensität der Sachherrschaft den Besitzbegriff differenzieren. Man unterscheidet dabei zwischen dem unmittelbaren und mittelbaren Besitz. Der Besitzer, der die unmittelbare tatsächliche Gewalt über eine Sache erlangt hat, wird unmittelbarer Besitzer genannt (§ 854 Abs. 1 BGB). Steht der unmittelbare Besitzer zu einem anderen in einem Rechtsverhältnis, kraft dessen er den Besitz nur auf begrenzte Zeit haben darf, so ist der andere mittelbarer Besitzer (§ 868 BGB). Besitzmittlungsverhältnisse dieser Art sind insbesondere Miete, Pacht, Leihe, Verwahrung oder Nießbrauch. Im Rahmen eines Mietverhältnisses ist demnach der Mieter unmittelbarer Besitzer, der Vermieter mittelbarer Besitzer. Der Mietvertrag stellt daher ein Besitzmittlungsverhältnis dar (§ 868 BGB), welches den Mieter zur Ausübung des (unmittelbaren) Besitzes auf Zeit berechtigt und ihn nach Ablauf des Mietverhältnisses zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet. Kein Besitzmittlungsverhältnis besteht, wenn jemand im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses die tatsächliche Gewalt über eine Sache erlangt; vielmehr ist nach § 855 BGB nicht er, sondern der Arbeitgeber unmittelbarer Besitzer.
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VI. Sachenrecht
Vermieter (Besitzer)
Mietvertrag (= Besitzmittlungsverhältnis) — -
Mieter (Besitzmittler)
• Sache•
Abb. VI.4. Besitzmittlungsverhältnis Für die Frage des Besitzschutzes ist wichtig, ob jemand den Besitz alleine oder zusammen mit anderen ausübt bzw. ausüben kann. Dabei ist zunächst zu beachten, dass Besitz nicht nur an einer ganzen Sache möglich ist, sondern auch an abgrenzbaren Sachteilen, insbesondere an bestimmten Wohnräumen. Dies nennt man Teilbesitz. Der Teilbesitzer genießt nach § 865 BGB denselben Schutz wie der Besitzer einer ganzen Sache (Wolf, § 8, Rn. 195). Bislang wurde immer nur von einem Besitzer ausgegangen, den man Alleinbesitzer nennt. Es können aber auch mehrere Personen gleichzeitig Besitzer derselben Sache sein. Dabei handelt es sich dann um Mitbesitzer (bzw. um Teilmitbesitzer). Mitbesitz bedeutet demnach, dass mehrere Personen eine Sache oder einen abgrenzbaren Sachteil gemeinschaftlich besitzen (§ 866 BGB), z.B. gemeinsame Einrichtungen in Mietshäusern, wie das Treppenhaus. Durch die gleichzeitige Sachherrschaft der übrigen Mitbesitzer ist jeder Mitbesitzer in seiner Sachherrschaft über die ganze Sache eingeschränkt. Dieser Mitbesitz ist mitunter nach der Art seiner Ausübung unterschiedlich. Bei schlichtem Mitbesitz kann die Sachherrschaft von jedem Mitbesitzer allein ausgeübt werden, während hingegen beim Gesamthandsmitbesitz für die Ausübung der Sachherrschaft das Zusammenwirken aller Mitbesitzer erforderlich ist. Letztlich kann der Besitz nach der inneren Willensrichtung des Besitzers unterschieden werden. So ist zunächst gem. § 872 BGB derjenige als Eigenbesitzer zu bezeichnen, der eine Sache „als ihm gehörend besitzt". Diese Formulierung ist nicht ganz eindeutig. Gemeint ist damit der Besitzer, der die Sache wie ein Eigentümer besitzen und keinen mittelbaren Besitzer über sich dulden will. Eigenbesitzer ist deshalb nicht nur der (besitzende) Eigentümer, sondern auch der Dieb, der die gestohlene Sache behalten will und wie ein Eigentümer verfährt (dann allerdings als „nichtberechtigter Eigenbesitzer"). Fremdbesitzer ist dagegen derjenige, der die Sache für einen anderen besitzt und diesem die Sache später wieder herausgeben will. Ob Eigen- oder Fremdbesitz vorliegt, hängt also vor allem vom erkennbaren Willen des Besitzers ab. Die Eigentumsverhältnisse bleiben davon unberührt. Fremdbesitzer ist danach der Mieter oder jeder, der auf Grund eines Besitzmittlungsverhältnisses die Sachherrschaft - regelmäßig nur vorübergehend - für einen anderen ausübt. Die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdbesitzer ist u. a. für die Frage der Ersitzung (§§ 937 ff. BGB) von Bedeutung, wonach der Eigentumserwerb durch Ersitzung den Eigen-
3. Besitz
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besitz voraussetzt oder beim Fruchterwerb nach § 955 BGB. Danach erwirbt der gutgläubige Eigenbesitzer das Eigentum an den Früchten und Erzeugnissen der Sache.
c. Erwerb und Verlust des Besitzes Mit den obengenannten Ausführungen ist allerdings noch nicht beantwortet, wie der Besitz von einem Besitzer auf den anderen übergeht. Nach § 854 Abs. 1 BGB ist zum Erwerb des Besitzes die Erlangung der tatsächlichen Gewalt nötig. Nach h. M. ist dazu noch als subjektives Element ein Besitzerwerbswille erforderlich, wobei nicht notwendig ist, dass dieser Wille beim Besitzerwerb an einer einzelnen Sache konkretisiert sein muss, sondern es genügt ein genereller Besitzerwerbswille. Der Besitzerwerbswille muss nicht die gleiche Qualität haben wie der rechtsgeschäftliche Wille. Mittels diesem generellen Besitzerwerbswillen ist der Besitzerwerb auch an solchen Sachen möglich, die nur ihrer Art nach bestimmt sind. Infolgedessen ist der Besitzerwerb auch nicht von der Geschäftsfähigkeit des Besitzers abhängig, weil der Besitz lediglich ein tatsächliches Verhältnis bezeichnet. Notwendig ist nur eine gewisse geistige Reife zum Verständnis des tatsächlichen Vorgangs (vgl. zum Besitzwillen, Wieling, § 4 11). Nach § 854 Abs. 2 BGB kann auch durch eine bloße Einigung der Besitz übertragen werden. Es muss allerdings für den Erwerber die Möglichkeit der Sachherrschaftsausübung bestehen. Soll z. B. der Besitzdiener nunmehr Besitzer werden, ist die Einigung des Besitzers mit dem Besitzdiener (als Besitzerwerber) ein Rechtsgeschäft, für das die rechtsgeschäftlichen Vorschriften Anwendung finden (Wolf, § 8, Rn. 172). Eine Besonderheit ist der Besitzerwerb (kraft Gesetzes) gem. § 857 BGB hinsichtlich eines Erben. Diese Regelung soll einen Erben davor schützen, dass der Nachlass durch den Zugriff unbefugter Dritter vermindert wird. Der Besitz besteht solange fort, wie der Besitzer in der Lage ist, den Besitz auszuüben. Der Besitz wird nicht durch eine vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Sachherrschaft beendet. Der unmittelbare Besitz wird erst dadurch beendet, dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert (z. B. der Zeitungsleser, der die Zeitung wegwirft oder das Auto, dass gestohlen wird). Endet die Sachherrschaft mit dem Willen des Besitzers {- freiwillig), dann liegt ein Besitzverlust durch Besitzaufgabe vor. „In anderer Weise" endet der Besitz, wenn die Sachherrschaft ohne oder gegen den Willen des Besitzers (= unfreiwillig) endet (§ 856 Abs. 1 BGB). Zu beachten ist, dass der Besitz, der ohne oder gegen den Willen des unmittelbaren Besitzers entzogen wird, als „abhanden gekommen" i. S. d. § 935 BGB gilt. So ist beispielsweise der Gast, der in einem Restaurant auf dem Stuhl sitzt und das Besteck in der Hand hält, ebensowenig Besitzer wie der Kunde in einem Buchladen, der ein Buch zur Ansicht in der Hand hält, da dies noch vom Willen des unmittelbaren Besitzers gedeckt ist.
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VI. Sachenrecht
d. Schutz des Besitzes Dem Schutz des Besitzes dienen neben Vorschriften des Schuldrechts (wie z.B. §§ 812 ff. und §§ 823 ff. BGB) auch sachenrechtliche Vorschriften. Dem Besitz kommt eine Rechtsfriedensfunktion zu. Deshalb ist durch das Gesetz der Besitzer einer Sache gegen Entziehung oder Störung der Sachherrschaft geschützt. So kommt ein sachenrechtlicher Besitzschutz in Betracht, wenn gegen den Besitzer verbotene Eigenmacht verübt wird. Darunter versteht man nach § 858 Abs. 1 BGB Handlungen, die den Besitzer ohne dessen Willen widerrechtlich beeinträchtigen. Die verbotene Eigenmacht gibt es in den Formen der Besitzentziehung und der Besitzstörung (vgl. Baur/Stürner, § 9, Rnn. 3 ff.). Dabei ist die Besitzentziehung die vollständige Beseitigung der Sachherrschaft, während die Besitzstörung jede andere Beeinträchtigung des Besitzes ist, wie z. B. Lärmbelästigung. Eine Einwilligung des Besitzers in die Besitzbeeinträchtigung erfordert die Einsichtsfähigkeit in die tatsächliche Bedeutung des Vorgangs; Geschäftsfähigkeit ist nicht nötig. Subjektive Elemente (wie Verschulden oder Bewusstsein der Rechtswidrigkeit) sind nach § 858 Abs. 1 BGB nicht erforderlich. Es kommt lediglich auf die objektive Widerrechtlichkeit der Besitzentziehung oder -Störung an. Der auf Grund einer verbotenen Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft (§ 858 Abs. 2 S. 1 BGB). Eine Eigenmacht ist grundsätzlich verboten, es sei denn, es liegt ein Recht zur Eigenmacht (nicht zu verwechseln mit dem Recht zum Besitz) vor. Ein derartiges Recht gewähren die Notwehr- und Selbsthilfebefugnisse aus §§ 227, 229, 859, 860, 904 BGB sowie die Beschlagnahmebefugnisse des Gerichtsvollziehers (vgl. § 808 Abs. 1 ZPO), nicht jedoch das Verfolgungsrecht aus §§ 867, 1005 BGB. Der Besitzer kann sich gegen die verbotene Eigenmacht selbst schützen. Ihm steht unter den Voraussetzungen des § 859 BGB ein Selbsthilferecht zu, d. h. er kann eine mittels verbotener Eigenmacht weggenommene Sache einem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter wieder abnehmen. Die Verteidigung des noch bestehenden Besitzes wird als Besitzwehr bezeichnet (§ 859 Abs. 1 BGB). Besitzwehr ist ein Fall der Notwehr. Es darf also die Gewaltanwendung nicht über das zur Abwehr gegenwärtiger verbotener Eigenmacht gebotene Maß hinausgehen. Die Wiederergreifung des entzogenen Besitzes ist eine Besitzkehr (§§ 859 Abs. 2 u. 3 BGB). Besitzkehr ist eine echte Selbsthilfe, also keine Notwehr. Zu beachten ist, dass die Besitzkehr nicht - wie § 229 BGB - voraussetzt, dass eine obrigkeitliche Hilfe nicht zu erreichen ist. Hinsichtlich der Besitzkehr von beweglichen Sachen oder Grundstücken bestehen unterschiedliche Voraussetzungen. Bei Grundstücken darf die Besitzkehr nur „sofort" erfolgen (§ 859 Abs. 3 BGB). „Sofort" bedeutet dabei, dass nach dem Auslösungstatbestand noch eine objektiv erforderliche Vorbereitungszeit verstreichen darf, wobei die subjektive Kenntnis nicht berücksichtigt wird (Schreiber, Rn. 99).
3. Besitz
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Zu beachten ist die Unterscheidung „augenblicklich", „sofort" und „unverzüglich". „Augenblicklich" ist im Wortsinne zu verstehen, während bei „unverzüglich" nach der gesetzlichen Definition des § 121 Abs. 1 BGB zusätzlich zur objektiv erforderlichen Vorbereitungszeit noch ein entschuldbarer Zeitverlust hinzutreten darf.
auslösender Tatbestand I
objektiv notwendige Vorbereitungen
subjektiv notwendige Vorbereitungen (Zeit)
= augenblicklich
= sofort
= unverzüglich
Abb. VI.5. Zeitbestimmung Besitzschutz ist nicht nur gegenüber dem Täter der verbotenen Eigenmacht möglich, sondern auch gegenüber dessen Besitznachfolger, wenn dieser der Erbe des Täters ist oder wenn er beim Besitzerwerb von der verbotenen Eigenmacht seines Vorgängers weiß (§ 858 Abs. 2 BGB). Außerdem stehen die Selbsthilferechte des § 859 BGB nicht nur dem Besitzer, sondern auch dem Besitzdiener nach § 860 BGB zu. Der Besitzdiener darf den Besitzschutz nur zugunsten des Besitzers ausüben. Streiten zwei Besitzdiener des gemeinsamen Besitzherrn um eine Sachherrschaft, darf keine Selbsthilfe ausgeübt werden, ohne die Besitzposition des Besitzherrn in Frage zu stellen. Der Besitzer kann neben der Selbsthilfe nach § 859 BGB seine Ansprüche aus §§ 861, 862 BGB geltend machen. Diese possessorischen Ansprüche schützen den Besitzer bei Besitzentziehung durch einen Herausgabeanspruch. Der Begriff possessorische Ansprüche ist abgeleitet vom lat. possessor (= Besitzer). Auch der mittelbare Besitzer kann nach § 869 BGB die possessorischen Ansprüche geltend machen. Der Besitzschutz des Mitbesitzers nach § 866 BGB ist allerdings nur eingeschränkt möglich. Den Herausgabeanspruch nach § 861 Abs. 1 BGB steht dem Besitzer nur zu, wenn ihm der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen wurde, wobei sich der Anspruch nur auf die Rückgabe der entzogenen Sache richtet. Surrogate können damit nicht herausverlangt werden, da sie vorher nicht im Besitz des Anspruchsberechtigten standen. Beispiel: M hat von V ein Zimmer gemietet. M zieht ein. Als er einmal über das Wochenende verreist war, findet er am Anfang der Folgenden Woche den X in seinem Zimmer. Der V hat, ohne den M zu fragen, das Zimmer an X vermietet. Anspruchsgrundlage für M gegen X bzgl. des Hinaussetzens? Hier könnte der M gegen X einen Anspruch aus § 861 BGB auf Wiedereinräumung des Besitzes verlangen. M ist Besitzer geblieben trotz der Abwesenheit. Es spielt auch keine Rolle, ob der X davon etwas gewusst hat, da die §§ 858, 861 BGB allein auf die objektive widerrechtliche Pflichtverletzung abstellen und nicht auf ein Verschulden. Aus dem Mietvertrag könnte M nur gegen den V vorgehen, nicht gegen den X.
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VI. Sachenrecht
§ 862 Abs. 1 BGB ist ein Störungsbeseitigungsanspruch, der eingreift, wenn ein Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört wird. Es kann damit zudem die Unterlassung weiterer (künftiger) Störungen verlangt werden. Beispiel: A befährt regelmäßig morgens und abends das Grundstück des E. Die Besonderheit der §§ 861, 862 BGB besteht darin, dass als Anspruchsberechtigter auch ein fehlerhafter Besitzer in Betracht kommt, dessen Besitz durch einen Dritten gestört oder entzogen wurde. Gegenüber diesen Ansprüchen können grundsätzlich nur possessorische Einwendungen (aus einem Recht zur Eigenmacht), nicht aber petitorische Einwendungen (aus einem Recht zum Besitz) geltend gemacht werden (§ 863 BGB). Er kann sich also nur darauf berufen, dass sein Handeln keine verbotene Eigenmacht war, weil er bestimmte Rechtfertigungsgründe für sein Handeln habe; andere Begründungen können nicht vorgebracht werden. Insgesamt ist somit der Gegner der Besitzschutzansprüche in seiner Verteidigung stark eingeschränkt. Der Gesetzgeber wollte damit den Besitzschutz wirksamer gestalten und dem Besitzer die rasche Wiederherstellung seines durch verbotene Eigenmacht beeinträchtigen Besitzes verlangen. Die Verjährung der Besitzschutzansprüche tritt nach § 864 BGB ein Jahr nach Begehung der verbotenen Eigenmacht ein bzw. wenn durch rechtskräftiges Urteil in einem anderen Prozess festgestellt wird, dass der „Eigenmachttäter" einen Anspruch auf den durch seine Eigenmacht bewirkten Erfolg hatte. Besitzschutz wird allerdings nicht nur nach possessorischen Ansprüchen gewährt, sondern auch nach § 1007 BGB. Nach § 1007 BGB wird dem früheren Besitzer wegen seines früheren Besitzes ein Recht auf die Sache zugesprochen. Er kann vom gegenwärtigen Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn ihm die Sache abhanden gekommen ist; § 1007 BGB kommt in der Praxis nur geringe Bedeutung zu (vgl. Schreiber, Rn. 112). Dem mittelbaren Besitzer steht ebenfalls der Anspruch aus § 1007 BGB zu, allerdings ist dieser nach § 869 S. 2 BGB analog insoweit modifiziert, dass der mittelbare Besitzer grundsätzlich nur die Herausgabe an den unmittelbaren Besitzer verlangen kann, es sei denn, dieser kann oder will den Besitz nicht mehr übernehmen. Diese Verstärkung der obligatorischen Rechtsstellung durch die Besitzschutzansprüche mit Wirkung gegen jedermann hat dazu geführt, das obligatorische Rechte zum Besitz in Verbindung mit dem Besitz als sonstigem Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB anzuerkennen. Umstritten ist, ob der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB nur dem berechtigten Besitzer oder auch dem gutgläubigen Besitzer zukommt, der zwar in Wirklichkeit kein Recht zum Besitz hat, aber im guten Glauben an ein solches Recht besitzt (hierzu Wolf, § 8, Rn. 168; Schreiber, Rn. 118). Das durch den Besitz verstärkte Recht zum Besitz kann auch Gegenstand einer Eingriffskondition (§812 BGB) sein (Wolf, § 8, Rn. 169).
4. Eigentum
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e. Funktion Die einzelnen Funktionen des Besitzes haben im Rechtsverkehr eine große Bedeutung. So stellt der Besitz in § 1006 BGB eine Eigentumsvermutung auf. Danach gilt grundsätzlich zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache die Vermutung, dass er auch Eigentümer ist. Dass dies häufig auch der Fall ist, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Oftmals wird man auch gar nicht mehr in der Lage sein, dokumentarisch sein Eigentum an den Sachen nachzuweisen, die man im Besitz hat. Wenn jemand in einem Prozess behauptet, dass der Besitzer nicht der Eigentümer sei, so muss er das beweisen (Legitimationswirkung des § 1006 BGB). Dem Besitz kommt weiterhin eine Übertragungsfunktion zu. Zum Erwerb der meisten dinglichen Rechte an beweglichen Sachen ist die Erlangung des Besitzes erforderlich. Das Eigentum wird nach § 929 BGB durch Einigung und Übergabe übertragen. Auch das Pfandrecht nach § 1205 BGB ist als sog. Faustpfandrecht ausgestaltet und setzt zu seiner Begründung die Verschaffung des Besitzes voraus. Auch im Hinblick auf einen gutgläubigen Erwerb ist der Besitz von erheblicher Bedeutung. Der Besitz an einer Sache ist die Grundlage für den Eigentumserwerb an beweglichen Sachen (Gutglaubensfunktion).
4. Eigentum a. Begriff Für den Inhalt des Eigentums war bis zum Erlass des Grundgesetzes allein der § 903 BGB maßgebend. Nach § 903 BGB kann der Eigentümer nach Belieben mit der Sache verfahren („Totalität des Eigentums") und jeden anderen von jeder Einwirkung auf die Sache ausschließen („Exklusivität des Eigentums"). Nach dem Grundsatz der Spezialität kann Eigentum nur an einzelnen Sachen bestehen. Das ergibt sich aus den Worten „... Eigentümer einer Sache ..." in § 903 BGB. Mithin kann an Sachgesamtheiten (wie z. B. Warenlagern) kein Eigentum bestehen; genausowenig kann Eigentum an Rechten bestehen. Diese Eigentümerfreiheit wurde durch Art. 14 GG entsprechend der seit dem 19. Jahrhundert veränderten sozialpolitischen Situation geschützt, aber auch eingeschränkt, und zwar insoweit, als es dem Verfassungsrahmen des sozialen Rechtsstaates entspricht. Das Eigentum ist also einer Sozialbindung unterworfen, wonach sein Gebrauch auch dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll (vgl. Art. 14 Abs. 2 GG; Sozialpflichtigkeit des Eigentums). Dabei obliegt es dem Gesetzgeber, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Seiner Gestaltungsfreiheit sind umso engere Grenzen gezogen, je mehr Eigentumsnutzung und Eigentumsverfügung innerhalb der Eigentümersphäre verbleiben. Wenn das
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VI. Sachenrecht
Eigentumsobjekt dagegen in einem sozialen Bezug steht und eine soziale Funktion hat, dann ist der Handlungsspielraum für den Gesetzgeber relativ groß. Aus dem Grund verstoßen die Vorschriften des Baurechts, des Umweltrechts oder des sozialen Mietrechts, die den Grundeigentümer in seiner Verfügungsgewalt beschränken, nicht gegen die Eigentumsgarantie (vgl. Wolf, § 3, Rnn. 33 ff.). So kann auch eine Enteignung möglich sein, diese aber grundsätzlich nur gegen eine Entschädigung und zum Wohl der Allgemeinheit (Art. 14 Abs. 3 GG; hierzu Wolf, § 3, Rnn. 78 ff.). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Art. 14 GG über das Eigentum i. S. d. § 903 BGB hinaus alle Vermögensrechte umfasst, d. h. jedes geldwerte Recht, insbesondere Forderungen. Die Rechte und Pflichten des Eigentümers ergeben sich folglich aus dem Spannungsfeld zwischen Art. 14 GG und § 903 BGB. b. Erscheinungsformen Das Eigentum als die unmittelbare rechtliche Sachherrschaft über eine Sache kann in verschiedenen Erscheinungsformen auftreten. Zunächst kann die Sache nur einer Person gehören, dann besteht Alleineigentum. Am Miteigentum sind dagegen mehrere beteiligt, wobei das Miteigentum nach Bruchteilen und als Gesamthandseigentum bestehen kann. Im Rahmen des Miteigentums nach Bruchteilen steht jedem Miteigentümer ein bestimmter Bruchteil an der Sache als selbstständiges dingliches Recht zu. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 741 ff., 1008 ff. BGB. Zwischen den Miteigentümern besteht eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, wobei jeder Miteigentümer berechtigt ist, über seinen Anteil zu verfügen. Gesamthandseigentum liegt vor, wenn die Anteile der einzelnen zugunsten der Gesamtheit „gebunden" sind. Diese Erscheinungsformen des Eigentums finden sich bei den sog. Gesamthandsgemeinschaften. Das BGB kennt nur drei Formen: Das Gesellschaftsvermögen (§§ 718, 719 BGB), die Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) und die eheliche Gütergemeinschaft (§ 1416 BGB). Der Unterschied zur Bruchteilsgemeinschaft besteht darin, dass bei der Gesamthandsgemeinschaft der einzelne Beteiligte nicht gesondert über seinen Anteil an den einzelnen Gegenständen verfügen kann (vgl. §§ 719 Abs. 1, 1419 Abs. 1, § 2033 Abs. 2 BGB; Klunzinger, S. 468; Wolf, § 3 , Rn. 50). Vom Allein- und Miteigentum ist das Treuhandeigentum zu unterscheiden. Das Treuhandeigentum wird durch ein Treuhandverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber begründet. Dadurch erlangt der Treunehmer nach außen die volle Rechtstellung eines Eigentümers, im Innenverhältnis zum Treugeber bleibt er jedoch mehr oder weniger starken Beschränkungen unterworfen. Das Treuhandverhältnis kann zum einen Verwaltungszwecken, z.B. der Vermögensverwaltung (Verwaltungstreuhand oder uneigenützige Treuhand) oder Sicherungszwecken dienen (Sicherungstreuhand oder eigennützige Treuhand). Wichtigster Fall der Sicherungstreuhand ist die Sicherungsübereignung.
4. Eigentum
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Beispiel: Eine Bank lässt sich zur Absicherung ihrer Forderungen das Eigentum des Kreditnehmers nach § 930 BGB zur Sicherheit übertragen. Dadurch wird sie zwar formell Eigentümer, wirtschaftlich beabsichtigt ist aber lediglich die Rechtsstellung eines Pfandgläubigers. Das bedeutet, dass die Bank nur zu Befriedigungszwecken über das Eigentum verfügen darf; anderenfalls könnte sie sich aus dem bestehenden Sicherungsverhältnis schadenersatzpflichtig machen.
Rechtssubjekte
Alleineigentum
Treuhandeigentum
Miteigentum
Bruchteilseigentum
Gesamthandseigentum | I
Abb. VI.6. Eigentumsformen
c. Schutz des Eigentums Im Sachenrecht ist das Eigentum durch zwei wichtige Vorschriften geschützt, und zwar durch den Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) bei der Eigentumsentziehung und den Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch (§ 1004 BGB) bei der Eigentumsstörung. aa. Eigentumsherausgabeanspruch nach § 985 BGB Der Eigentümer einer Sache kann nach § 985 BGB von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. Dieser Anspruch wird als dinglicher Anspruch bezeichnet, weil ihm kein schuldrechtlicher Entstehungstatbestand (z. B. aus Vertrag), sondern die sachenrechtliche (dingliche) Zuordnung der streitigen Sache zugrunde liegt. Sowohl der unmittelbare als auch der mittelbare Besitzer ist zur Herausgabe verpflichtet, da § 985 BGB nur von dem „Besitzer" spricht. Der Anspruch gegen den mittelbaren Besitzer hat regelmäßig zum Inhalt, dass der mittelbare Besitzer seinen Herausgabeanspruch gegen den unmittelbaren Besitzer (= Besitzmittler) an den Eigentümer abtritt (Schreiber, Rn. 206). Der Grund dafür ist, dass der mittelbare Besitzer nur mittelbaren Besitz herausgeben kann und der Eigentümer zur Erlangung des unmittelbaren Besitzes an der Sache dann noch gegen den unmittelbaren Besitzer vorgehen muss. Die Sache muss aber nicht in jedem Fall herausgegeben werden. Nach § 986 BGB ist der Herausgabeanspruch ausgeschlossen, wenn der Besitzer „ein Recht zum Besitz" hat. Das Besitzrecht kann ein eigenes oder auch ein abgeleitetes Besitzrecht sein.
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Es kann schuldrechtliche, sachenrechtliche, familienrechtliche oder erbrechtliche Grundlagen haben. In schuldrechtlicher Hinsicht kann z.B. aus einem Miet- oder Pachtvertrag ein Recht zum Besitz während der Miet- bzw. Pachtzeit begründet werden; ebenso einem Eigentumsvorbehaltskäufer, dem ein Anwartschaftsrecht an der Sache zusteht, da ein Anwartschaftsrecht im Verhältnis zum Eigentum ein „wesensgleiches Minus" ist (Wolf, § 10, Rn. 229 m.w.N.); öffentlich-rechtlich entsteht ein Recht zum Besitz z.B. durch staatliche Einweisung in Wohnräume (ausführlich Wieling, § 1213). Beispiel: V hat dem M sein Kfz für eine Woche vermietet. Nach 3 Tagen will er ihn ärgern und verlangt sein Kfz zurück. Mit Recht? Nein, zwar ist - bildlich gesprochen - das „rechtliche Band", das zwischen dem Vermieter bzw. Eigentümer und der Sache bestand, durch den Mietvertrag nicht zerrissen, jedoch sind ihm durch den Mietvertrag sozusagen die Hände gebunden, d. h. er darf an dem „rechtlichen Band" während der Dauer der Mietzeit nicht ziehen. M kann die Einwendung des § 986 BGB erheben, wodurch der Anspruch aus § 985 BGB ausgeschlossen ist. Anders wäre es, wenn die Mietzeit abgelaufen wäre; dann würde dem M kein Recht zum Besitz mehr zustehen. Hat der mittelbare Besitzer die Sache dem unmittelbaren Besitzer unerlaubt überlassen, so kann der Eigentümer von dem unmittelbaren Besitzer die Herausgabe an den mittelbaren Besitzer verlangen. Die Herausgabe an sich selbst kann er nach § 986 Abs. 1 S. 2 BGB nur fordern, wenn der mittelbare Besitzer nicht bereit oder in der Lage ist, den unmittelbaren Besitz zu übernehmen.
Mietvertrag Eigentümer
Mieter
§ 986 Abs. 1 S. 2 BGB
Unbefugte Überlassung der Sache
Besitzer
Abb. VI.7. Herausgabeanspruch nach § 986 Abs. 1 S. 2 BGB Diese Vorschrift des § 986 BGB gibt einem Besitzer das Recht zur Verweigerung der Herausgabe und zwar im Wege einer Einwendung, d. h. der Anspruch ist dadurch ausgeschlossen (vgl. Palandt-Bassenge, § 986 BGB, Rn. 1). Hat der Eigentümer neben dem Anspruch des § 985 BGB noch einen vertraglichen Herausgabeanspruch so können beide Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden. Es herrscht hierbei also eine echte Anspruchskonkurrenz. In Klausuren und Hausarbeiten ist allerdings darauf zu achten, dass der vertragliche Herausgabeanspruch vor dem Anspruch aus § 985 BGB geprüft wird.
4. Eigentum
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Kann der Eigentümer nach § 985 BGB von dem Besitzer die Herausgabe der Sache selbst verlangen und steht dem Besitzer kein Recht zum Besitz zu, dann enthalten die §§ 987 ff. BGB eine umfassende Regelung hinsichtlich der Folgeansprüche auf Nutzungen, Schadensersatz oder Verwendungen. Diese Folgeansprüche, die keine dinglichen Ansprüche sind, werden jedoch aus Gründen des Sachzusammenhangs gleichwohl im Anschluss an den Herausgabeanspruch des § 985 BGB - unter der Überschrift „dingliche Ansprüche" - mitgeprüft (Medicus, BR, Rn. 452). Durch das besondere „Eigentümer-Besitzer-Verhältnis" ergeben sich Sonderregelungen gegenüber den allgemeinen schuldrechtlichen Vorschriften und den gesetzlichen Schuldverhältnissen im Schuldrecht. Die Ansprüche des Eigentümers auf Grund eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses werden im Folgenden eingehender behandelt. bb. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch Das Eigentum kann auch in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt werden. Darunter sind Eigentumsstörungen bzw. -beeinträchtigungen zu verstehen, z. B. Immissionen, unerlaubte Werbung (z. B. per E-Mail), Verletzung nachbarschützender Vorschriften (weitere Beispiele, vgl. Palandt-Bassenge, § 1004 BGB, Rnn. 5 ff.). Nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Dieser Anspruch bezieht sich auf eine in der Gegenwart fortdauernde rechtswidrige Störung. Ein schuldhaftes Handeln ist allerdings nicht erforderlich. Störer ist derjenige, auf dessen Willen sich die Eigentumsbeeinträchtigung zurückführen lässt. Diesbezüglich sind zwei Fälle zu unterscheiden. Die Störung kann einmal durch eine Handlung (Handlungsstörer) oder durch einen Zustand (Zustandsstörer) herbeigeführt werden. Handlungsstörer ist z.B., wer widerrechtlich über das Grundstück eines anderen fährt, um den Weg abzukürzen, wer Müll auf einem Grundstück ablädt oder wer Parolen an eine Hauswand sprüht. Mittelbarer Handlungsstörer ist auch, wer die störende Einwirkung Dritter tatsächlich veranlasst hat und sie verhindern kann, z.B. Lärm von einem nahegelegenen Flughafen oder die von einem Tennisplatz ausgehenden Spielgeräusche. Zustandsstörer ist, wer eine störende Anlage unterhält, wenn die Beseitigung der Störung von seinem Willen abhängt, z. B. Störung durch Gerüche, Rauch oder Abgase, die vom eigenen Grundstück ausgehen und das Nachbargrundstück beeinträchtigen. Der Anspruch aus § 1004 BGB setzt weiter voraus, dass die Störung rechtswidrig ist. Im Regelfall wird durch die Störung die Rechtswidrigkeit indiziert. Die Rechtswidrigkeit entfällt, wenn der Eigentümer die Störung dulden muss. Diese Duldungspflicht kann sich aus privatrechtlichen, aber auch aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (vgl. hierzu Wolf, § 14, Rnn. 330 ff.). Eine wichtige Vorschrift in diesem Zusammenhang ist § 906 BGB. Nach § 906 BGB muss der Eigentümer eines Grundstücks in bestimmten Umfange die Zuführung unwägbarer Stoffe (z. B. Gase, Dämpfe, Gerüche, Staub oder Erschütterungen
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und ähnliches) dulden; unwesentliche Immissionen sind dagegen nach § 906 Abs. 1 BGB ebenso zu dulden, wie wesentliche, ortsübliche und unvermeidbare nach § 906 Abs. 2 S. 1 BGB. In Ausnahmefällen kann aber einem Eigentümer, der mehr als zumutbare Nachteile erleidet, ein Entschädigungsanspruch gewährt werden. Beispiel: Z wohnt in einem Industriegebiet. Vor allem an diesigen Tagen kommt es trotz aller technischen Vorkehrungen zu erheblichen Beeinträchtigungen durch Rauch, so dass Z die Fenster geschlossen halten muss. Z muss den Rauch als ortsübliche und unvermeidbare Immission dulden. Ob ihm ein Ausgleichsanspruch zu gewähren ist, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Beruht die Duldungspflicht auf der (öffentlich-rechtlichen) Vorschrift des § 14 BImSchG, kann er nach dieser Vorschrift Schadensersatz verlangen. Sofern weitere Beeinträchtigungen zu befürchten sind, kann der Eigentümer nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB auch Unterlassung verlangen. Für diesen auf die Zukunft gerichteten Anspruch muss - neben einer rechtswidrigen Störung des Eigentums - zusätzlich eine Wiederholungsgefahr bestehen, d. h. eine objektive, auf Tatsachen gegründete ernsthafte Besorgnis weiterer Störungen (Palandt-Bassenge, § 1004 BGB, Rn. 32). In erweiterter Anwendung des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wird dem Eigentümer sogar eine vorbeugende Unterlassungsklage bereits ohne das Vorliegen einer ersten Eigentumsstörung gewährt, wenn der Störer Anstalten trifft, von denen eine Beeinträchtigung zu erwarten ist, d. h. eine erste Störung drohend bevorsteht (Erstgefahr). Dadurch wird erreicht, dass der Eigentümer mit seiner Unterlassungsklage nicht bis zur Vollendung der Störung warten muss. § 1004 BGB schützt zwar unmittelbar nur das Eigentum. Von dem Schutzbereich dieser Norm werden jedoch durch entsprechende Anwendung des § 1004 BGB auch die beschränkt dinglichen Rechte erfasst (vgl. § 1017 Abs. 2 BGB und § 11 Abs. 1 ErbbRVO, §§ 1027,1065,1090 Abs. 2, 1227 BGB, § 34 Abs. 2 WEG). Diese Ansprüche nennt man auch negatorische Ansprüche. Geschützt werden aber auch alle anderen absoluten Rechte. Hierzu zählen einmal die Rechtsgüter des § 823 Abs. 1 BGB einschließlich der sonstigen Rechte, wie z. B. das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, das Namensrecht (§12 BGB), die Firma (§ 17 HGB) sowie die gewerblichen Schutzrechte (z.B. §§ 14, 15 MarkenG). Dieser Anspruch wird teilweise auch als quasinegatorischer Beseitigungsanspruch bezeichnet (Palandt-Bassenge, § 1004 BGB, Rn. 4; Wolf, § 14, Rn. 324). Gegenüber hoheitlichen Eingriffen der Staatsgewalt ist nur öffentlich-rechtlicher und kein zivilrechtlicher Schutz zu erlangen. Deshalb ist der zivilrechtliche Anspruch auf Störungsbeseitigung nach § 1004 BGB ausgeschlossen, wenn das Eigentum durch hoheitliches Handeln (= Handeln auf Grund von öffentlich-rechtlichen Normen), beispielsweise durch den Lärm eines Militärflugplatzes, beeinträchtigt wird. Dasselbe gilt in analoger Anwendung des § 1004 BGB auch für andere absolute Rechte, die durch Hoheitsakte betroffen werden.
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Beispiel: Die Stadt S hat den stadtbekannten obdachlosen Schläger in eine freistehende Mietwohnung des E eingewiesen. Auf zivilrechtlicher Grundlage wegen Störung des Eigentums kann E nicht die Aufhebung der Einweisung verlangen, wenn er meint, dass sie zu Unrecht erfolgte. In diesem Fall bleibt ihm nur der verwaltungsrechtliche Weg.
5. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis Der Eigentümer kann nicht nur die Sache selbst vom Besitzer herausverlangen, sondern nach §§ 987 ff. BGB auch die aus der Sache gezogenen Nutzungen. Daneben kommen eventuell Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht. a. Begriff und Anwendungsbereich Die §§ 987-1003 BGB, die innerhalb des vierten Titels des Sachenrechts (§§ 9851003 BGB) eine Sonderstellung einnehmen, lassen sich in zwei große Gruppen unterteilen: 1. Ansprüche des Eigentümers gegen den Besitzer auf Herausgabe der von dem Besitzer gezogenen Nutzungen (§§ 987-993 BGB) und 2. Ansprüche des Eigentümers gegen den Besitzer wegen Beschädigung der Sache (§§ 989-993 BGB). Mitunter stehen den Ansprüchen des Eigentümers noch (Gegen-)Ansprüche des Besitzers auf Erstattung von Verwendungen gegenüber, die der Besitzer während seiner Besitzzeit auf die Sache gemacht hat (§§ 993-1003 BGB). Es handelt sich bei den Sonderregeln des §§ 987 ff. BGB um ein gesetzliches Schuldverhältnis, deren Sinn und Zweck darin besteht, einen gutgläubigen, nicht auf Herausgabe verklagten, nicht deliktischen Besitzer hinsichtlich der Haftung auf Schadensersatz (§§ 989 ff. BGB), der Herausgabe von Nutzungen (§§ 987 ff. BGB) und der Erstattung von Verwendungen (§§ 994 ff. BGB) gegenüber den sonst eingreifenden allgemeinen gesetzlichen Vorschriften (§§ 812 ff., 823 ff. BGB) zu privilegieren („quasi rem suam neglexit"-Gedanke). Diese Privilegierung zeigt sich z.B. bei der Verpflichtung des Besitzers zur Herausgabe von Nutzungen. Nach den §§812 ff. BGB hätte dieser Besitzer alle noch vorhandenen Nutzungen herauszugeben, während nach den §§ 987 ff. BGB seine Herausgabepflicht auf solche Nutzungen beschränkt ist, die er nach Rechtshängigkeit gezogen hat (§ 987 BGB), die er bei unentgeltlichem Erwerb erlangt hat (§ 988 BGB) oder bei denen es sich um Übermaßfrüchte (Raubbau an einem Waldgrundstück) handelt (§ 993 Abs. 1 BGB).
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VI. Sachenrecht
b. Vindikationslage Zunächst muss für die Anwendung der §§ 987 ff. BGB eine Vindikationslage vorliegen. Das bedeutet, dass der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB (lat.: rei vindicatio) nicht durch ein Recht zum Besitz ausgeschlossen ist. Ist der Besitzer dem Eigentümer zum Besitz berechtigt, dann ist § 985 BGB durch die Einwendung des § 986 BGB ausgeschlossen; daher sind auch die Folgeansprüche der Vindikation aus §§ 987 ff. BGB ausgeschlossen. Diese Vorschriften beziehen sich auf einen unrechtmäßigen Besitzer. c. Nutzungen Der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen (Begriff: § 100 BGB) aus den §§ 987, 990 BGB hängt davon ab, ob und seit wann der Besitzer in Bezug auf sein Besitzrecht bösgläubig ist, denn ein bösgläubiger Besitzer muss mehr Nutzungen herausgeben als ein gutgläubiger Besitzer. Nach § 990 Abs. 1 BGB ist ein Besitzer bösgläubig, wenn er seine fehlende Besitzberechtigung beim Besitzerwerb kennt oder grob fahrlässig nicht erkennt. Wer seine fehlende Besitzberechtigung später erfährt, ist nach § 990 Abs. 1 S. 2 BGB ebenfalls bösgläubig. Nach § 987 BGB ist dem bösgläubigen Besitzer derjenige Besitzer gleichgestellt, der auf Herausgabe der Sache verklagt ist. Die in dieser Vorschrift genannte Rechtshängigkeit wird regelmäßig durch Erhebung einer Klage begründet (vgl. §§ 253, 261 ZPO). Der Grund besteht darin, dass der verklagte Besitzer mit der Möglichkeit zu rechnen hat, dass er die Sache nicht behalten darf. Die Zustellung der Klage ist für ihn eine Warnung, die nach dem Willen des Gesetzgebers eine Aufhebung der Privilegierung rechtfertigt. Beispiel: Z erwirbt von dem Dieb D ein gestohlenes Kfz ohne Kfz-Papiere. Er weiß allerdings von dem Diebstahl nichts. Er handelt bösgläubig hinsichtlich seines Besitzrechts, da er in grob fahrlässiger Weise nicht beachtet hat, dass dem Kfz keine Kfz-Papiere beigefügt worden sind. Glaubt der Besitzer an sein Recht zum Besitz, selbst wenn er dabei leicht fahrlässig handelt, so ist er gutgläubig. Erfährt er später nicht von seinem fehlenden Besitzrecht, selbst wenn er dabei grob fahrlässig ist, so liegt auch hier seine Gutgläubigkeit vor. Nach dem Besitzerwerb ist der Besitzer nur noch dann als bösgläubig anzusehen, wenn er von seinem fehlenden Besitzrecht positive Kenntnis hat. Gutgläubigkeit ist letztlich dann anzunehmen, wenn der fehlerhaft Besitzende nicht auf Herausgabe der Sache verklagt ist. Nach § 991 Abs. 1 BGB gilt ein in Wirklichkeit bösgläubiger, unmittelbarer Besitzer als gutgläubig, wenn er seinen Besitz von einem gutgläubigen mittelbaren Besitzer herleitet. Damit wird der gutgläubige mittelbare Besitzer geschützt, der ansonsten dem unmittelbaren (bösgläubigen) Besitzer wegen der entzogenen Nutzungen ersatzpflichtig würde.
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Hat der gutgläubige Besitzer nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft Nutzungen aus einer Sache gezogen, so darf er diese nach § 993 BGB behalten. Die Folge ist nach § 100 BGB, dass ihm die gezogenen Früchte verbleiben. Desweiteren braucht er Vorteile, die ihm der Sachgebrauch ermöglichte, nicht zu vergüten. Beispiel: Z hat gutgläubig ein gestohlenes Kfz mit gefälschten Papieren erworben. Eigentümer E verlangt, nachdem sich der wahre Sachverhalt herausgestellt hatte, zusätzlich zur Herausgabe der Sache auch eine Geldleistung für die Benutzung des Kfz während dieser Zeit. Mit Recht? Nein, denn Z als gutgläubiger Besitzer braucht die normal gezogenen Nutzungen (in diesem Fall Gebrauchsvorteile) nicht herauszugeben (§ 993 Abs. 1, 2. Hs. BGB). Gehen die Früchte (Begriff: § 99 BGB) über den normalen Ertrag einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hinaus („Übermaßfrüchte"), dann hat der gutgläubige Besitzer gem. § 993 Abs. 1, 1. Hs. BGB diese nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts (§§ 812 ff. BGB) herauszugeben. Hat der gutgläubige Besitzer den Besitzerwerb unentgeltlich erlangt (z.B. durch Leihe), muss er ausnahmsweise die gezogenen Nutzungen gem. § 988 BGB herausgeben. Die Rspr. hat in entsprechender Anwendung einen unentgeltlichen Besitzerwerb dem rechtsgrundlosen Besitzerwerb gleichgestellt (BGH, NJW 1983, 164, 165). In diesem Fall erhält der Besitzer sein Entgelt zurück (wichtigster Fall eines rechtsgrundlosen Geschäfts ist die Anfechtung des Kausalgeschäfts wegen Irrtums). Dieser Vorschrift liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass derjenige, der einen Besitz unrechtmäßig unentgeltlich erwirbt, geringeren Schutz verdient. Die Gleichsetzung von unentgeltlich gleich rechtsgrundlos ist sehr streitig. In Klausuren und Hausarbeiten ist der Lösungsweg der Lit. (vgl. u. a. Roth, JuS 1997, 899 (900)) über die Rückabwicklung nach §§812 ff. BGB ebenfalls vertretbar. Unabhängig davon, ob der bösgläubige Besitzer den Besitz entgeltlich oder unentgeltlich erworben hat, hat er alle während seiner Bösgläubigkeit erworbenen Nutzungen herauszugeben. Unterlässt er sogar schuldhaft bestimmte Nutzungen zu ziehen, die er bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hätte erzielen können, muss er außerdem dem Eigentümer dafür Ersatz leisten (§§ 990 Abs. 1, 987 BGB). Beispiel: Z hat von V einen Gemüsegarten gepachtet. Als V sich auf die Unwirksamkeit des Vertrags beruft und von Z Herausgabe des Gartens verlangt, lässt Z aus Ärger über dieses Verhalten das Gemüse verderben. Falls V in dem Prozess obsiegen sollte, könnte er von Z nicht nur Herausgabe des Gartens, sondern wegen § 987 Abs. 2 BGB auch Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen verlangen. In Hinblick auf §§ 812 ff. BGB oder §§ 823 ff. BGB enthalten die §§ 987 ff. BGB nach h. M. hinsichtlich der Ansprüche auf Herausgabe gezogener Nutzungen sowie auf Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen eine abschließende Regelung.
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Eine direkte Anwendung der §§ 812 ff. BGB oder §§ 823 ff. BGB ist also auf Grund der Sperrwirkung der §§ 987 ff. BGB grundsätzlich ausgeschlossen (Palandt-Bassenge, Vorbem.v. § 987 BGB, Rnn. 19 ff. m.w.N.). Die Rspr. entnimmt diese Schlussfolgerung dem § 993 Abs. 1, 2. Hs. BGB. Insgesamt führt dies zu einer Privilegierung des gutgläubigen Eigenbesitzers, der somit besser gestellt wird als bei der Anwendung der §§ 812 ff. BGB bzw. §§ 823 ff. BGB. d. Schadensersatz Die Sache kann sich während der Besitzzeit des unrechtmäßigen Besitzers verschlechtern. Dann hat der Eigentümer - neben den Ansprüchen auf Herausgabe der Sache und der Nutzungen - nach den §§ 989-993 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der unrechtmäßige Besitzer die Sache schuldhaft verschlechtert hat. Der Schadensersatzanspruch besteht auch dann, wenn der Besitzer die Sache nicht mehr herausgeben kann. Voraussetzung ist auch hier, dass eine Vindikationslage im Zeitpunkt der schädigenden Handlung besteht. Ebenso erfolgt eine Unterscheidung zwischen Gutgläubigkeit und Bösgläubigkeit des Besitzers. Aus § 993 Abs. 1, 2. Hs. BGB folgt, dass der gutgläubige Besitzer grundsätzlich nicht auf Schadensersatz haftet. Demnach sind - wie erwähnt - wegen der Sperrwirkung der §§ 987 ff. BGB auch direkte Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB gegen den Besitzer ausgeschlossen. Beispiel: Der Z kauft von dem D in gutem Glauben ein gestohlenes Kfz. Dieser hatte ihm gefälschte Papiere vorgelegt. Durch grob fahrlässiges Verhalten verursacht der Z einen Unfall, bei dem das Kfz schwer beschädigt wird. Nachdem der Eigentümer vom Verbleib der Sache erfahren hat, verlangt er von Z neben der Sachrückgabe Schadensersatz wegen der Beschädigungen. Zu Recht? Nein, denn Z war zum Zeitpunkt des Schadenseintritts gutgläubiger Besitzer und ist deshalb nach § 993 Abs. 1 BGB nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Handelt es sich bei dem gutgläubigen Besitzer um einen Fremdbesitzer und überschreitet er den Rahmen seines vermeintlich bestehenden Besitzmittlungsverhältnisses, dann begeht er einen sog. Fremdbesitzerexzess (Baur-Stürner, § 11, Rn. 35). Dann muss der Besitzer (entgegen dem Wortlaut des § 993 Abs. 1, 2. Hs. BGB) Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB leisten, da er auch als rechtmäßiger Fremdbesitzer hierfür einstehen müsste. Beispiel: Eigentümer E vermietet an Mieter M seine Wohnung. Der Mietvertrag ist nichtig. M zerschlägt nun eine Scheibe und drückt Zigarettenreste auf dem Teppichboden aus. Ansprüche des E? E steht zunächst kein Anspruch aus Vertrag zu. Da auch eine Vindikationslage besteht, müsste M bei Redlichkeit durch § 993 Abs. 1 BGB auch gegen einen Anspruch
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des E aus § 823 BGB geschützt sein. Dieses Ergebnis wäre aber sinnlos, denn M konnte nicht annehmen, dass er sinnlos Scheiben zerschlagen oder Zigarettenreste auf dem Fußboden ausdrücken durfte. Diese Haftungsbeschränkung des § 993 Abs. 1 BGB gilt aber nicht für den Fremdbesitzerexzess (Palandt-Bassenge, § 993 BGB, Rn. 6). Diesen hat der M hier begangen, da er auch als rechtmäßiger Mieter nach § 280 Abs. 1 BGB für eine starke Beschädigung einstehen musste. M haftet demnach dem E auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB. Ein bösgläubiger Besitzer und ein Besitzer nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs haften dem Eigentümer nach den §§ 989, 990 Abs. 1 BGB für eine verschuldete Verschlechterung der Sache auf Schadensersatz. Ebenso besteht ein Schadensersatzanspruch, wenn die Sache dem Eigentümer nicht mehr herausgegeben werden kann, z. B. im Falle einer Weiterveräußerung. Ebenso haftet der bösgläubige Besitzer über die vorgenannten Tatbestände des Schadensersatzes wegen Verschuldens auch für eine zufällige Verschlechterung oder zufälligen Untergang der Sache, wenn er sich mit der Herausgabe in Verzug befand nach §§ 990 Abs. 2, 287 S. 2 BGB. Das gleiche gilt gem. §§ 992, 848 BGB, wenn der Besitzer sich den Besitz durch eine schuldhaft verbotene Eigenmacht oder durch eine Straftat verschafft hat. Nach dem Wortlaut des § 992 BGB ist von einer verbotenen Eigenmacht die Rede, die nach § 858 BGB auch ohne Verschulden möglich ist. Die h. M. weicht allerdings von diesem Wortlaut insoweit ab, als für die Anwendung von § 992 BGB nur eine „schuldhafte" verbotene Eigenmacht die erschwerten Folgen auslösen soll; es genügt nach der h. M, dass die verbotene Eigenmacht leicht fahrlässig war. Begründet wird dies aus der Gleichstellung der verbotenen Eigenmacht mit Straftaten (Erman-Ebbing, § 992 BGB, Rnn. 2 ff.; Soergel/ Mühl, § 992 BGB, Rn. 4). Schwierig wird es, wenn der unmittelbare Besitzer ohne sein Handeln Besitzer einer Sache geworden ist. So ist die Anwendung der §§ 987 ff. BGB auf den Empfänger unbestellter Waren stark umstritten, vor allem dann, wenn dieser die Sachen nicht behalten will. Bevor der Eigentümer die Waren wieder herausverlangt, handelt es sich bei dem Empfänger um einen rechtmäßigen Besitzer (selbst wenn er die Ware nach Ablauf der Prüfzeit auf Aufforderung nicht zurücksendet), der allerdings jederzeit mit Herausgabe rechnen muss (Palandt-Bassenge, Vörbem. v. § 987 BGB, Rn. 6); die Anwendung der §§ 987 ff. BGB scheidet demnach aus. Für Beschädigungen der Sache haftet er nach h.M. während dieser Zeit lediglich nach den §§ 823 ff. BGB, wobei die Haftung in entsprechender Anwendung des § 690 BGB auf die eigenübliche Sorgfalt (vgl. § 277 BGB) beschränkt ist. Eine Haftung nach §§311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht, da es sich nicht um eine „beiderseitig" angebahnte Vertragsbeziehung handelt. Eine Herausgabe von Nutzungen kann nur nach den §§ 812 ff. BGB verlangt werden. Verweigert der Empfänger allerdings die Herausgabe der Sache bei einem Abholversuch des Absenders, so ist er von diesem Zeitpunkt an als bösgläubiger unrechtmäßiger Besitzer anzusehen und haftet nach den §§ 987 ff. BGB (PalandtBassenge, Einf. v. § 987 BGB, Rn. 6).
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Umstritten ist auch die Anwendung der §§ 987 ff. BGB auf den „Nicht-soberechtigten-Besitzer". Es handelt es sich hierbei um einen rechtmäßigen Fremdbesitzer (Mieter, Entleiher, Pächter, Pfandgläubiger, Nießbraucher), der von der Sache einen Gebrauch macht, zu dem er auf Grund des Vertragsverhältnisses nicht berechtigt ist, z. B. wenn eine Eigentümerin eines Pelzmantels diesen vor ihrer Urlaubsreise ihrer Bekannten zur Verwahrung gibt und die Bekannte den Pelzmantel selbst trägt (und beschädigt). Die §§ 987 ff. BGB sind nach ihrem Wortlaut nicht anzuwenden, da der Besitzer zum Besitz berechtigt ist. Eine analoge Anwendung der §§ 987 ff. BGB lehnt die h. M. jedoch ab, da es sich bei dieser Konstruktion im Einzelnen nicht feststellen lässt, wann und in welchem Umfang eine Nichtberechtigung vorliegen sollte (Medicus, BR, Rn. 582). e. Verwendungen Hat der Besitzer einer herauszugebenden Sache Verwendungen auf diese gemacht, stellt sich die Frage, ob er diese Ausgaben vom Eigentümer ersetzt verlangen kann. Hat der Besitzer umfangreiche Verwendungen auf die Sache gemacht, so könnte der Eigentümer u. U. mit weitreichenden Ersatzansprüchen belastet werden. Das Gesetz (§§ 994-1003 BGB) sieht deshalb zum Schutz des Eigentümers Beschränkungen vor, denen der Besitzer bei der Geltendmachung seiner Verwendungsersatzansprüche unterworfen ist. Auszugehen ist dabei von den §§ 994, 996 BGB, wonach der Besitzer Verwendungen auf die Sache gemacht haben muss. Unter Verwendungen versteht man willentliche Vermögensaufwendungen, die der Sache zugute kommen, indem sie sie wiederherstellen, erhalten oder verbessern sollen (Wieling, § 12 V 2). Keine Verwendungen sind nach Ansicht des BGH - im Gegensatz zur überwiegenden Lehre - solche Aufwendungen, die eine Sache grundlegend umgestalten (BGHZ 41, 157). So zählen zu den Verwendungen die Aufwendungen, die für die Reparatur (und nicht grundlegende Umgestaltung) einer Sache benötigt wurden einschließlich Material und Arbeitslohn oder die Aufwendungen für den Wiederaufbau eines zerstörten Hauses. Keine Verwendungen wären hingegen die Errichtung eines Hauses auf einem unbebauten Grundstück. Die Verwendungen lassen sich zunächst in nützliche und notwendige Verwendungen unterscheiden. Notwendige Verwendungen sind die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache objektiv erforderlichen Aufwendungen, die also der Besitzer dem Eigentümer, der sie sonst hätte machen müssen, erspart hat und die nicht nur den Sonderzwecken des Besitzers dienen (BGHZ 64, 333 (339)), z.B. eine unerlässliche Reparatur oder das Zahlen von Versicherungsprämien. Nützliche Verwendungen sind dagegen solche, die den objektiven Wert einer Sache steigern, z. B. das Einzäunen eines Grundstücks oder der Einbau eines Radios in das Kfz.
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Weiterhin gibt es noch die sog. Luxusverwendungen, die nicht den objektiven Wert einer Sache erhöhen, sondern nur das subjektive Interesse des gegenwärtigen Besitzers befriedigen, z. B. wenn der Mieter die Kacheln im Badezimmer austauscht durch Kacheln, auf denen die Motive eines berühmten Malers abgebildet sind. Der gutgläubige Besitzer kann vom Eigentümer gem. § 994 Abs. 1 S. 1 BGB nur Ersatz der notwendigen Verwendungen verlangen. Der Ausgleichsanspruch erfasst jedoch nicht die gewöhnlichen Erhaltungskosten (§ 994 Abs. 1 S. 2 BGB), die der Besitzer zu einer Zeit aufbringt, in der ihm nach §§ 987 ff. BGB die Nutzungen verbleiben. Gewöhnliche Erhaltungskosten sind die regelmäßig wiederkehrenden laufenden Ausgaben, z.B. Fütterungskosten, Inspektionskosten für ein Kfz einschließlich des normalen Verschleißes (Palandt-Bassenge, § 994 BGB, Rn. 7). Der bösgläubige Besitzer bzw. der Besitzer, der nach Eintritt der Rechtshängigkeit notwendige Verwendungen tätigt, kann die notwendigen Verwendungen nur nach Maßgabe der GoA ersetzt verlangen (§ 994 Abs. 2 BGB). Durch die Verweisung auf die GoA-Vorschriften nach §§ 677 ff. BGB kann Verwendungsersatz unter der Voraussetzung des § 683 S. 1 BGB (mit Weiterverweisung auf § 670 BGB) verlangt werden. Das bedeutet, dass sie nicht schon bei Notwendigkeit zu ersetzen sind, sondern nur, wenn sie dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entsprechen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen gilt § 684 BGB (vgl. Schreiber, Rn. 237). Stellt sich heraus, dass die Verwendung zwar nicht notwendig war, so kann sie dennoch nützlich gewesen sein. Ein Ersatz für nützliche Verwendungen kann lediglich der gutgläubige Besitzer nach § 996 BGB verlangen, allerdings nur soweit der Wert der Sache bei Wiedererlangung durch den Eigentümer noch objektiv erhöht ist. Sind die Verwendungen nicht mal als nützlich zu betrachten und stellen sich z. B. als Luxusaufwendungen dar, kann selbst der gutgläubige Besitzer diese Aufwendungen nicht ersetzt verlangen. Nützliche Verwendungen und Luxus Verwendungen werden dem bösgläubigen Besitzer nicht erstattet (§ 996 BGB). Beispiel: Z ist Besitzer eines dem E gestohlenen Kfz. Bei Erwerb war Z bösgläubig. Er lässt im Laufe seiner Besitzzeit den Wagen, dessen Lack noch in Ordnung, von der Farbe her aber etwas matt geworden ist, neu spritzen und zudem das nicht mehr gebrauchsfähige Getriebe erneuern. Stellt sich nun der wahre Sachverhalt heraus und gibt der Z dem E das Kfz heraus, so kann Z für seine Verwendungen - wenn der E geltend macht, er hätte den Wagen weder lackieren noch reparieren lassen - keinen Ersatz verlangen. Die Lackierung ist eine nützliche Verwendung, für die der Z in keinem Fall Ersatz erlangt; dagegen handelt es sich zwar bei der Getriebereparatur um eine notwendige Verwendung. Da E die Reparatur aber nicht ausführen lassen wollte, entfällt nach § 683 BGB der Aufwendungsersatz. Es verbleibt ein Bereicherungsanspruch aus § 684 S. 1 BGB. Steht nun fest, dass der Besitzer Verwendungen i. S. d. §§ 994 ff. BGB getätigt hat, steht ihm zunächst nur ein Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 BGB zu (z. B. dem Werkunternehmer, der einen Wagen repariert hat, der von einem Nichtberechtigten in die Werkstatt gebracht wurde). Einen durchsetzbaren Anspruch auf Ersatz
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der Verwendungen erhält der Besitzer erst dann, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt hat (§ 1001 BGB). Das Recht auf Zurückbehaltung der Sache aus § 1000 BGB besteht also schon zu einem Zeitpunkt, zu welchem dem Besitzer noch kein fälliger Ersatzanspruch zusteht. Das ist auch der Unterschied zu dem allgemeinen Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB, welches einen „fälligen" Anspruch auf Ersatz der Verwendungen voraussetzt. Die Einfügung des § 1000 BGB neben § 273 Abs. 2 BGB war also erforderlich, weil dieser wie bereits erwähnt - einen fälligen Gegenanspruch verlangt, der Anspruch aus §§ 994 ff. BGB erst nach den Voraussetzungen des § 1001 BGB entstehen kann. Wenn der Eigentümer die ersatzfähigen Verwendungen innerhalb einer vom Besitzer gesetzten Frist nicht genehmigt hat, dann darf der Besitzer nach § 1003 Abs. 1 BGB die Sache verwerten, d.h. versteigern lassen und sich wegen seiner Verwendungen aus dem Erlös befriedigen. Unabhängig von dem Anspruch auf Verwendungsersatz hat jeder Besitzer, der mit der herauszugebenden Sache eine andere Sache als wesentlichen Bestandteil i. S. d. §§ 93, 94 BGB verbunden hat, das Recht, die verbundene Sache wegzunehmen und sie sich anzueignen (§ 997 Abs. 1 S. 1 BGB, z. B. für Einbauschränke). Dieses Wegnahmerecht ist für alle Verwendungen, die nicht ersatzfähig sind - vor allem Luxusaufwendungen - die einzige Möglichkeit des Besitzers, seine Verluste gering zu halten. Das Wegnahmerecht ist nach § 997 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wenn die Sachverbindung im Rahmen gewöhnlicher Erhaltungsmaßnahmen erfolgte, die Abtrennung für den Besitzer keinen Wert mehr hat oder der Eigentümer den Wert der abzutrennenden Sache ersetzt. Diese Ansprüche verjähren nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB in drei Jahren.
6. Erwerb des Eigentums a. Einleitung Bisher wurde ausschließlich die Rechtsstellung desjenigen behandelt, der bereits Eigentümer ist. Nunmehr wird die Frage behandelt, wie er eigentlich Eigentümer geworden ist bzw. ein anderer Eigentümer werden kann. Es geht also um die Frage des Eigentumserwerbs. Eigentum kann auf unterschiedliche Weise erlangt werden. Zum einen dadurch, dass der bisherige Eigentümer sein Eigentum auf den Erwerber durch Rechtsgeschäft überträgt; man spricht daher auch von einem rechtsgeschäftlichen (oder derivativen bzw. abgeleiteten) Eigentumserwerb. Zum anderen kennt das Gesetz eine ganze Reihe von Tatbeständen, bei deren Verwirklichung ebenfalls Eigentum erworben wird. Man bezeichnet diesen auch als originären Eigentumserwerb, weil er sich unmittelbar auf die Erfüllung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale bezieht, unabhängig von der rechtsgeschäftlichen Beziehung der Beteiligten.
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b. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen Im Rahmen des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs unterscheidet das Gesetz zwischen der Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen und an Grundstücken. Die Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache erfordert nach § 929 BGB eine rechtsgeschäftliche „Einigung" des bisherigen Eigentümers mit dem Erwerber darüber, dass das Eigentum übergehen soll und die „Übergabe" der zu übereignenden Sache an den Erwerber. Der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb enthält also zwei Komponenten. Zum einen den rechtsgeschäftlichen Vorgang — die Einigung, den (abstrakten) Vertrag, gerichtet auf den Übergang des Eigentums - und zum anderen den tatsächlichen Vorgang - die Übergabe -, d. h. die Verschaffung der tatsächlichen Gewalt über die zu veräußernde Sache. Bei den Bargeschäften des täglichen Lebens wird der Unterschied zwischen dem schuldrechtlichen und dem sachenrechtlichen Vorgang nicht deutlich. Hier wird, da beide Verträge zeitlich zusammenfallen, nicht sichtbar, dass neben dem Kaufvertrag, der nur die „Verpflichtung" zur Übereignung begründet noch ein weiterer Vertrag geschlossen wird, nämlich die Einigung über den Eigentumsübergang, (Erfüllungsvertrag), z. B. beim Zeitungskauf am Kiosk. Erst beim Eigentumsvorbehalt, bei dem der Veräußerer der Sache Eigentümer bleibt - die Übereignung erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung - kann auch ein juristischer Laie den Unterschied erkennen. aa. Einigung Bei der Einigung handelt es sich um zwei übereinstimmende Willenserklärungen, die darauf gerichtet sind, den Eigentumswechsel herbeizuführen. Für diese Einigung nach § 929 BGB, die ein Vertrag darstellt, finden die allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre Anwendung. Sie ist grundsätzlich formlos möglich, außer bei der Übereignung eines Grundstücks (vgl. Auflassung nach § 925 BGB) und kann auch bedingt (§§ 158 ff. BGB, z. B. beim Eigentumsvorbehalt nach § 449 BGB) oder befristet erklärt werden. Ist die Einigung nicht ausdrücklich erfolgt, muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob sie nach den Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrssitte nach Treu und Glauben konkludent erfolgt ist. In den Fällen, in denen die Sache übertragen worden ist, muss der dafür maßgebliche Grund und der damit verfolgte Zweck in die Auslegung einbezogen werden. Zu beachten ist hierbei stets das Abstraktionsprinzip. Der Kausalvertrag (i. d. R. Kaufvertrag) und der Einigungsvertrag sind zwei verschiedene, selbstständige Verträge. Die Einigung kann also auch dann wirksam sein, obwohl das Kausalgeschäft unwirksam ist. Erfolgen Erklärungen des Veräußerers oder des Erwerbers durch einen Stellvertreter, gilt nach § 164 Abs. 1 BGB das Offenkundigkeitsprinzip. Das Offenkundigkeitsprinzip wird nur bei den Bargeschäften des täglichen Lebens für die Stellvertretung auf der Erwerberseite durchbrochen. Hier ist es dem Veräußerer gleichgültig wer die Sache erwirbt, zumal bei Barzahlung das Bargeschäft regelmäßig
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rasch abgewickelt wird. Der auf der Erwerberseite Handelnde kann danach ohne Offenlegung bestimmen, ob das Eigentum vom Veräußerer auf ihn oder auf den von ihm Vertretenen übertragen werden soll. Der Vorgang wird auch als „Übereignung an den, den es angeht" bezeichnet. Aus dem sachenrechtlichen Spezialitätsprinzip folgt, dass eine Einigung sich nur auf bestimmte Sachen beziehen kann (Bestimmtheitsgrundsatz). § 929 S. 1 BGB spricht von „... einer beweglichen Sache ... ". Wenn also Sachgesamtheiten (z. B. Warenlager) übereignet werden sollen, so müssen die einzelnen betroffenen Sachen individuell bezeichnet werden. bb. Übergabe Die Übereignung bedarf neben der Einigung noch der Übergabe. Die Übergabe als der tatsächliche Vorgang bestimmt sich nach den Vorschriften zum Besitzerwerb. Unter Übergabe i. S. d. § 929 S. 1 BGB ist die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes zu verstehen. Der Veräußerer muss also entweder dem Erwerber selbst oder dessen Besitzdiener die tatsächliche Sachhherrschaft verschaffen. Mit der Verschaffung des unmittelbaren Besitzes soll der Übereignungsvorgang für Dritte erkennbar gemacht werden. Die Übergabe nach § 929 BGB ist erst vollzogen, wenn die Erwerberseite den alleinigen Besitz hat und auf Veräußererseite kein Rest von Besitz mehr besteht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Übergabe auch dann vorliegt, wenn gem. § 854 Abs. 2 BGB eine Einigung über den Besitzerwerb erfolgt. Der Besitzerwerb findet dann bei solchen Sachen statt, bei denen der Erwerber die Möglichkeit hat, die tatsächliche Gewalt über die Sache auszuüben. Durch § 929 S. 2 BGB wird die Veräußerung für den Fall erleichtert, wenn der Erwerber sich bereits im Besitz der Sache befindet. Die Sachübergabe kann in diesem Fall entfallen. Es genügt die bloße Einigung über den Übergang des Eigentums. Damit wird ein umständliches Hin- und Her vermieden. Diese Form der Übergabe wird auch „Übergabe kurzer Hand" (brevi manu traditio) genannt (Klunzinger, S. 474). Mit § 929 S. 2 BGB wird klargestellt, dass es für die Wirksamkeit der Übereignung genügt, wenn die Besitzlage, wie sie nach der Übergabe gem. § 929 S. 1 BGB vorliegen muss, schon vor der Einigung über den Eigentumsübergang eingetreten ist. Beispiel: Der Leasingnehmer möchte nach Ablauf der Leasingzeit das geleaste (bereits bei ihm befindliche) Kfz käuflich erwerben. Würde es nun nur § 929 S. 1 BGB geben, müsste der Leasingnehmer der Leasingfirma zunächst das Kfz zurückgeben und erst dann könnte die Leasingfirma dem Leasingnehmer das Eigentum an dem Kfz durch Einigung und Übergabe verschaffen. Für § 929 S. 2 BGB genügt daher die bloße Einigung. Die Übertragung des unmittelbaren Besitzes als Tatbestandsmerkmal der Übereignung kann auch durch andere Vorgänge ersetzt werden.
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In § 930 BGB ist eine Situation geregelt, dass jemand eine Sache übereignen will, die er aber noch im Besitz behalten und weiter für sich verwenden möchte. Nach § 930 BGB wird die „Übergabe" der Sache in der Weise ersetzt, dass zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis (Besitzkonstitut) i. S. v. § 868 BGB vereinbart wird. Dadurch wird der Erwerber zum mittelbaren Besitzer der Sache, während demgegenüber der Veräußerer (als sog. Fremdbesitzer) den unmittelbaren Besitz behält. Ein Eigentumserwerb nach § 930 BGB setzt somit eine Einigung und die Erlangung des mittelbaren Besitzes voraus. Deshalb sollte man auch immer von der Übereignung gem. §§ 929 S. 1 i.V. m. § 930 BGB sprechen. Beispiel: Der Bärentreiber B möchte von dem Z ein Darlehen erhalten. Z möchte naturgemäß eine Sicherheit haben. B, der sonst kein Vermögen besitzt, verweist auf seinen Bären als Sicherheit. Welche anderen Möglichkeiten haben B und Z, die Z voraussichtlich bevorzugen würde? Beide könnten nach den §§ 1204 ff. BGB einen Pfandvertrag schließen. Das würde aber nach § 1205 BGB voraussetzen, dass B dem Z den Bären übergibt. Z „graust" bei dem Gedanken, den Bären übernehmen zu müssen. Hier hilft § 930 BGB. B und Z können vereinbaren, dass B dem Z das Eigentum durch Übertragung des mittelbaren Besitzes (Besitzkonstitut vereinfacht: „Ich behalte die Sache für Dich") verschafft. In schuldrechtlicher Hinsicht wird ein gesetzlich nicht geregelter Vertrag geschlossen, dass das Eigentum nur zu Sicherungszwecken verwendet werden soll, der neue Eigentümer also nur ein „Treuhänder" ist, der das Eigentum nach Rückzahlung der zu sichernden Forderung wieder zurück übertragen muss. Im Außenverhältnis gegenüber Dritten hat der Sicherungsnehmer Eigentum an der Sache erlangt. Er kann also die Sache wirksam an Dritte weiterveräußern. Im Innenverhältnis wird allerdings zwischen dem Veräußerer und dem Sicherungsnehmer mit der Übereignung eine Sicherungsabrede verbunden. Aus diesem so begründeten Treueverhältnis ergibt sich für den Sicherungsnehmer die Pflicht (auch als Eigentümer), mit der Sache nur in dem vom Sicherungszweck gesteckten Rahmen zu verfahren. Er darf insbesondere die Sache nur bei Nichtrückzahlung des Kredites veräußern. Diese Fallgestaltung spielt eine große Rolle in der Kreditsicherungspraxis, wenn jemand zur Absicherung eines Kredits dem Kreditgeber das Eigentum an bestimmten Gegenständen (z. B. Fahrzeuge, Maschinen) verschaffen will, der Veräußerer die Sache aber weiter benutzen will und dies auch muss. Dies stellt die Grundkonstellation der Sicherungsübereignung dar. Das Besitzmittlungsverhältnis kann schon begründet werden, bevor der Veräußerer Eigentum und Besitz an der Sache erlangt hat. Es handelt sich hierbei um den Fall des antizipierten Besitzkonstituts. Das ist ein Sonderfall hinsichtlich des Spezialitätsgrundsatzes. Die Sache muss bei Begründung des Besitzmittlungsverhältnisses noch nicht bestimmt, aber auf Grund schon vorhandener Anhaltspunkte bestimmbar sein (hierzu Wolf, § 22, Rnn. 547 ff. m. w. N.). Im Zeitpunkt des späteren Eigentumsübergangs muss sie allerdings bestimmt sein.
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VI. Sachenrecht
Man muss beim antizipierten Besitzkonstitut beachten, dass das Eigentum nicht direkt vom ursprünglichen Eigentümer auf den mittelbaren Besitzer übereignet wird. Vielmehr gehört es für eine „juristische Sekunde" (also für einen kurzen gedachten Augenblick) zum Vermögen des unmittelbaren Besitzers. Bedeutung gewinnt dies im Vollstreckungsrecht. Während dieser juristischen Sekunde können Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger des unmittelbaren Besitzers wirksam werden. Beispiel: Autohändler A hat mit der Bank B einen Darlehensvertrag abgeschlossen. A übereignet B zur Sicherheit seinen gesamten Bestand an PKWs, die sich in einer vom Vermieter V gemieteten Halle befinden. Damit A das Darlehen ratenweise zurückzahlen kann, wird er von B zur Veräußerung der Fahrzeuge im ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb ermächtigt (§ 185 Abs. 1 BGB). Gleichzeitig wird zwischen A und B vereinbart, dass auch alle künftig angeschafften PKWs in das Sicherungseigentum von B übergehen. Als A mit der Mietzahlung in Rückstand gerät, macht V sein Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB geltend. Ist das Vermieterpfandrecht entstanden? Wegen des antizipierten Besitzkonstitutes ist B Eigentümer der neu angeschafften PKWs geworden. Zuvor hatte jedoch A im Wege des sog. Durchgangseigentums für eine juristische Sekunde Eigentum an den neu erworbenen Autos. Das Vermieterpfandrecht des V erstreckt sich daher auch auf das im Eigentum der B stehende Sicherungseigentum. V kann also gegenüber B sein Vermieterpfandrecht geltend machen. Ist ein Dritter unmittelbarer Besitzer und der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache, und soll diese besitzrechtliche Lage im Falle einer Veräußerung erhalten bleiben, so wird nach § 929 S. 1 BGB i.V. m. § 930 BGB mehrstufiger mittelbarer Besitz begründet. Sind der Veräußerer und der Erwerber Mitbesitzer der zu übereignenden Sache, können beide vereinbaren, dass der Veräußerer Mitbesitzer bleiben soll. Die Übergabe wird auch hier durch § 930 BGB ersetzt. Die Übergabe als Tatbestandsmerkmal der Übereignung kann - außer durch Besitzkonstitut - noch auf eine andere Weise ersetzt werden. Handelt es sich bei dem Veräußerer nicht um den unmittelbaren Besitzer, kann der Erwerber nach § 931 BGB als „Übergabeersatz" seinen Herausgabeanspruch gegen den Besitzer der Sache abtreten. Beispiel: Z hat seine Wertpapiere, die er bei der Bank B in Verwahrung gegeben hat, an G verkauft. Er überträgt das Eigentum, indem er mit G vereinbart, dass dieser jederzeit von B Herausgabe verlangen kann. G ist damit einverstanden. Nachdem er den Kaufpreis gezahlt hat, verlangt er von B Herausgabe. B weigert sich, da Z sein Konto überzogen hat und seine Schuld gegenüber B noch nicht ausgeglichen hat. Konnte der Z auf diese Weise Eigentum übertragen und konnte B die Herausgabe verweigern? A konnte das Eigentum an der Sache übertragen, indem er seinen mittelbaren Besitz nach § 870 BGB überträgt (§ 931 BGB). Es ist nicht erforderlich, dass die Bank hiervon Kenntnis erlangt hat. A konnte daher durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (aus § 695 BGB) das Eigentum an den Wertpapieren übertragen. Nach § 986 Abs. 2 BGB kann die Bank dem G als Erwerber auch die Einwendungen entgegenhalten, die sie
6. Erwerb des Eigentums
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auch gegenüber Z gehabt hätte. Die Rechtsstellung des Besitzers, der an der Abtretung nicht mitgewirkt hat, soll nicht beeinträchtigt sein.
"Bisheriger" mittelbarer Besitzer
Abtretung des Herausgabeanspruchs zwischen Z und G
Rückforderungsrecht aus Verwahrungsvertrag § 695 BGB \
"Neuer" mittelbarer Besitzer
/ § 695 BGB /
Bank als unmittelbare Besitzerin
Abb. VI.8. Übereignung nach § 931 BGB Ist der Veräußerer also mittelbarer Besitzer der Sache, so tritt er den Herausgabeanspruch gegen den unmittelbaren Besitzer aus dem Besitzmittlungsverhältnis gem. § 870 BGB ab. Besteht allerdings kein mittelbarer Besitz des Veräußerers, muss der Veräußerer andere ihm zustehende Herausgabeansprüche gegen den Besitzer (etwa aus § 812 BGB) abtreten. § 931 BGB dient der Erleichterung der Eigentumsübertragung. Es wäre ein Unding, wenn der Eigentümer in diesen Fällen das Eigentum nicht übertragen oder nur in der Weise übertragen kann, dass er die weggegebenen Sachen zurückverlangt und dann dem Erwerber aushändigt. In den meisten Fällen würde diese Form auch daran scheitern, dass der unmittelbare Besitzer - dem regelmäßig ein Recht zum Besitz zusteht - eine vorzeitige Rückgabe ablehnen würde.
cc. Einigsein Dem Wortlaut des § 929 S. 1 BGB „... und beide darüber einig sind . . . " ist zu entnehmen, dass die Einigung und die Übergabe nicht gleichzeitig vorgenommen werden brauchen, aber einmal zeitlich zusammen vorliegen müssen. Unproblematisch ist dieses Erfordernis, wenn die Einigung und die Übergabe bzw. das Übergabesurrogat gleichzeitig erfolgen. Hauptanwendungsfall für das „Einigsein" ist, wenn die Einigung vorweggenommen worden ist. Eine noch nicht konkretisierte unbestimmte Sache kann, wenn sie bestimmbar ist, ebenso wie eine erst noch herzustellende Sache durch antizipierte, d. h. vorweggenommene, Einigung übereignet werden. Die Wirkung des Eigentumübergangs tritt dann ein, sobald die Sache durch Aussonderung konkretisiert wird, sofern zu diesem Zeitpunkt zugleich die Voraussetzung der Übergabe erfüllt wird (vgl. BGH, NJW 1982, 2371); die Einigung muss allerdings im Zeitpunkt der Übergabe noch fortbestehen.
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VI. Sachenrecht
Problematisch ist dies, wenn zwischenzeitlich ein Widerruf der Einigung unabhängig von welcher Partei - erfolgt ist. Nach § 873 Abs. 2 BGB kann die sachenrechtliche Einigung nicht mehr widerrufen werden. Durch die Festlegung auf diese stark umgrenzten Fälle folgert die h. M., dass im Übrigen die sachenrechtliche Einigung frei widerrufen werden kann. Der Veräußerer ist danach an die Einigung nicht gebunden (Baur-Stürner, § 5, Rn. 36; Wolf, § 22, Rn. 533). Der Widerruf der Einigung ist erst wirksam, wenn er dem anderen Vertragsteil erkennbar ist (Palandt-Bassenge, § 929 BGB, Rnn. 2, 6). dd. Berechtigung Der Eigentumswechsel tritt nach den §§ 929-931 BGB nur ein, wenn der Verfügende berechtigt war, die erstrebte Rechtsänderung herbeizuführen. Berechtigter ist nach dem Wortlaut der §§ 929-931 BGB grundsätzlich der Eigentümer. Er ist allerdings nur dann berechtigt, solange kein gesetzliches oder behördliches Veräußerungsverbot (§§ 135, 136 BGB) besteht. Berechtigt sein kann auch der Nichteigentümer, sofern die Verfügungsberechtigung kraft Gesetzes auf ihn übertragen worden ist, z. B. der Insolvenzverwalter oder der Nachlassverwalter. Verfügt der Nichteigentümer mit vorheriger Einwilligung des Berechtigten, so liegt eine Verfügung eines Berechtigten vor (§ 185 BGB). Handelt er hingegen ohne Einverständnis des Berechtigten, wird die Verfügung durch eine mögliche Genehmigung nicht zu einer Verfügung eines Berechtigten. c. Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an Grundstücken Der rechtsgeschäftliche Übertragungsvorgang bei Grundstückseigentum setzt ebenfalls einen Doppeltatbestand voraus. Nach § 873 Abs. 1 BGB ist zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück - ebenso auch bei der Belastung eines Grundstücks mit einem Recht oder der Übertragung bzw. Belastung eines solchen Rechts (z. B. Hypothek) - die Einigung zwischen den Parteien über den Eintritt der Rechtsänderung (d. h. ein Vertrag) und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich. Grundsätzlich kann die Einigung bedingt oder befristet erfolgen. Sie ist auch an keine Form gebunden. Beispiel: T einigt sich mit S darüber, das S an dem Grundstück des T eine Grunddienstbarkeit, z. B. ein Wegerecht, bestellt wird, aber nur unter der Voraussetzung, dass N das Nachbargrundstück an S verkauft. Eine Ausnahme gilt jedoch bei der Einigung zur Übertragung von Eigentum an Grundstücken, die auch als Auflassung bezeichnet wird. Die Auflassung darf nach § 925 Abs. 2 BGB nicht unter einer Befristung oder Bedingung erklärt werden. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist - wie bei beweglichen Sachen - danach ausgeschlossen. Nach § 925 Abs. 1 BGB ist für eine Auflassung eine besondere
7. Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten
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Form erforderlich. Sie muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsparteien vor dem Notar erklärt werden. Die Beurkundung erfolgt nach den Vorschriften des Beurkundungsgesetzes. Die gleichzeitige Anwesenheit bedeutet allerdings nicht, dass beide Parteien persönlich anwesend sein müssen. Es genügt daher auch die Anwesenheit eines Stellvertreters. Die Begründung oder Übertragung von Grundstücksrechten muss gem. § 873 Abs. 1 BGB im Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung erfolgt nach § 1 Abs. 1 GBO (= Grundbuchordnung) durch das Grundbuchamt. Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, das über Grundstücke und Rechte an Grundstücken Auskunft gibt. Es wird vom Grundbuchamt, einer Abteilung des Amtsgerichts, geführt. Im Zusammenhang mit einem Erwerb sind eine ganze Reihe von öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beachten, so z.B. in Bezug auf die Anfrage über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts der Gemeinde oder der Vorlage der vom Finanzamt erst nach Zahlung der Grunderwerbssteuer erteilten Unbedenklichkeitsbescheinigung. Der Eintragungsgrundsatz hat zur Folge, dass zwischen einem Kaufvertrag über ein Grundstück und dem Eigentumserwerb des Käufers eine gewisse Zeit vergeht. Dies bringt vor allem für den Käufer einige Unsicherheiten mit sich. So ist dieser beispielsweise der Gefahr ausgesetzt, dass der Verkäufer noch einen zweiten Kaufvertrag abschließt und den zweiten Käufer vor dem ersten eintragen lässt. Der zweite Käufer wäre dann Eigentümer geworden und der Käufer hätte dann gegen ihn keine Ansprüche mehr. Dieser Gefahr kann durch die Eintragung einer Vormerkung nach § 883 BGB begegnet werden. Sobald eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist, hat das zur Folge, dass eine Verfügung, die nach deren Eintragung erfolgte, dem Berechtigten (also dem Käufer) gegenüber unwirksam ist. Der Verkäufer ist - wenn der Käufer nicht (voll) bezahlt - dadurch gesichert, dass er in diesem Fall regelmäßig die Auflassung nicht erklären und auch keinen Grundbuchänderungsantrag stellen wird.
7. Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Veräußerer einer Sache auch deren Eigentümer oder in sonstiger Weise zur Verfügung berechtigt ist. Dieser Abschnitt betrifft nun die Frage, was passiert, wenn jemand nicht Eigentümer und auch nicht anderweitig zur Veräußerung berechtigt ist. Im juristischen Sprachgebrauch spricht man auch von einem Nichtberechtigten. Das Problem besteht darin, dass der Erwerber im Regelfall nicht überprüfen kann, ob der Veräußerer Eigentümer bzw. Berechtigter ist. Der Gesetzgeber hätte dieses Problem dadurch regeln können, indem er vorschreibt, dass von einem Nichtberechtigten kein Eigentum erworben werden kann. Im römischen Recht galt der Grundsatz, dass niemand mehr Recht übertragen
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VI. Sachenrecht
kann, als er selbst hat. Im deutschen Recht ist jedoch ein anderes vorgesehen. Unter den Voraussetzungen der §§ 932 ff., 892 BGB ist ein gutgläubiger Erwerb von Eigentum vorgesehen. Zu beachten ist, dass bei den verschiedenen Erwerbstatbeständen der §§ 929, 930, 931 BGB die Paralleltatbestände für den gutgläubigen Erwerb die §§ 932, 933, 934 BGB sind. Diese Regelungen über den gutgläubigen Erwerb beruhen auf dem durch den Besitz erzeugten Rechtsschein, denn im Normalfall ist der Besitzer auch zugleich der Eigentümer. Ein Dritter soll keine langen Nachforschungen anstellen müssen. Es dient daher der Erleichterung des Geschäftsverkehrs, dass man sich generell auf den Rechtsschein des Besitzes verlassen kann. Sollte der erzeugte Rechtsschein einmal nicht stimmen, dann ist es gerechter, dass der wahre Eigentümer, der die Sache einem unzuverlässigen Veräußerer überlassen hat, den Ärger hat. Die alten Germanen hatten für den geprellten Eigentümer die wenig tröstliche Redewendung: „Wo du deinen Glauben verloren hast, sollst du ihn suchen". a. Gutgläubiger Erwerb von beweglichen Sachen Der gutgläubige Eigentumserwerb richtet sich nach den Regeln der §§ 932 ff. BGB. Bei allen Formen des gutgläubigen Eigentumserwerbs sind Grundkonstellationen zu beachten, die stets gleich sind. So muss es sich zunächst um ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts handeln. Dabei muss es sich um ein selbstständiges Rechtsgeschäft handeln (also keine Rückabwicklung). Außerdem müssen Erwerber und Veräußerer personenverschieden sein. Der Erwerber muss gutgläubig sein. Das Vertrauen des Erwerbers muss dabei durch die Besitzlage gerechtfertigt sein (Rechtsschein des Besitzes). Auf Seiten des Veräußerers und des wahren Eigentümers muss es zu einem Besitzverlust führen sowie zu einem Besitzerwerb des Erwerbers. Letztlich darf der Besitzverlust kein Abhandenkommen i. S. d. § 935 BGB sein. aa. Gutgläubiger Erwerb nach § 932 BGB Voraussetzung für einen gutgläubigen Erwerb des Eigentums nach § 932 Abs. 1 BGB ist, dass der Erwerber einer Sache vom Nichtberechtigten bei Einigung und Übergabe gutgläubig war. Nach den §§ 932 ff. BGB wird nur der gute Glaube an das Eigentum des Veräußerers geschützt; nicht geschützt wird dagegen der gute Glaube an dessen Vertretungsmacht, eine Ermächtigung nach § 185 BGB oder das Vertrauen auf die Geschäftsfähigkeit des Veräußeres, z. B. wenn jemand einen minderjährigen Eigentümer einer Sache für volljährig hält. Für die Wirksamkeit eines gutgläubigen Erwerbs ist zunächst Voraussetzung, dass der Erwerber den tatsächlichen Besitz an der Sache erlangt (§ 929 S. 1 BGB). Ist der Erwerber bereits im Besitz der Sache und erfolgt die Veräußerung nach § 929 S. 2 BGB durch bloße Einigung, dann ist der Erwerb kraft guten Glaubens
7. Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten
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vom Nichtberechtigten - da die Übergabe als Tatbestandsmerkmal der Übereignung fehlt und so die Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs entsprechend einschränkt nur dann möglich, wenn er Besitz vom Veräußerer erlangt. In § 932 Abs. 2 BGB ist der gute Glaube negativ formuliert ( „ . . . der Erwerber einer Sache ist nicht im guten Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört."). Durch diese Negativformulierung wird die Beweislast umgekehrt. Der gute Glaube wird vermutet. Wer den guten Glauben des Erwerbers bezweifelt, muss dies durch Tatsachen belegen und vor Gericht beweisen. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt dann vor, wenn der Erwerber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht lässt, d. h. wenn er ohne große Mühe die wahre Sachlage erkennen konnte. Das bedeutet, dass ihm ohne besondere Aufmerksamkeit und besonderer gründlicher Überlegung erkennbar gewesen sein muss, dass der Veräußerer Nichteigentümer war. Dies bestimmt sich nach objektiven Kriterien; eine allgemeine Nachforschungspflicht besteht allerdings nicht (Palandt-Bassenge, § 932 BGB, Rn. 10). So liegt grobe Fahrlässigkeit z.B. vor, wenn sich der Erwerber eines gebrauchten Kfz beim Erwerb die Papiere nicht vorlegen lässt bzw. diese zwar vorgelegt werden, der Veräußerer aber nicht als Halter eingetragen ist (BGH, NJW 1975, 735); ebenso beim Erwerb offensichtlicher Hehlerware, wenn ein neues Fernsehgerät im Wert von 500 € von jemand für 50 € angeboten wird (Palandt-Bassenge, § 932 BGB, Rn. 10). In diesen Fällen verdient der Erwerber keinen Schutz. Spätere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis (nach der Einigung und Übergabe) von der Nichtberechtigung des Veräußerers heben die Gutglaubenswirkung nicht auf. Dies gilt auch dann, wenn die Einigung nur unter einer Bedingung erfolgte (z. B. bei einer Lieferung unter Eigentumsvorbehalt). Zwar hat der Erwerber in einem solchen Fall durch Übergabe und bedingte Einigung noch nicht gutgläubig Eigentum, aber die Anwartschaft auf das Eigentum erworben. Zahlt der Käufer die letzte Kaufpreisrate, tritt die Bedingung für den endgültigen Eigentumserwerb ein, ohne dass der Erwerber zu diesem Zeitpunkt noch in gutem Glauben sein muss. Beispiel: S hat dem T seinen Fotoapparat geliehen. T, der sich in Geldschwierigkeiten befindet, verkauft und übergibt den Fotoapparat an den gutgläubigen K. T war nicht Eigentümer und auch sonst nicht berechtigt (Nichtberechtigter), über den Fotoapparat zu verfügen. Hier hat K nach § 932 BGB gutgläubig Eigentum erworben, es sei denn, er wäre bösgläubig gewesen. Bildlich gesprochen ist damit das rechtliche Band zwischen dem wahren Eigentümer und der Sache zerissen. Allerdings ist der Eigentümer nicht vollkommen rechtlos gestellt. So steht ihm gegen den Nichtberechtigten ein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 8 1 6 Abs. 1 S. 1 BGB zu.
Der Gutglaubenserwerb erfährt im Handelsrecht durch § 366 HGB eine Erweiterung. In bestimmten Geschäftszweigen, z.B. beim Kommissionsgeschäft,
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VI. Sachenrecht
können die Erwerber i. d. R. davon ausgehen, dass der Veräußerer nicht der Eigentümer der Ware ist. Ein Schutz des guten Glaubens an das Eigentum scheidet danach aus. Die Kunden glauben aber an die Ermächtigung des Kommissionärs, über die Waren verfügen zu können (§ 185 BGB) und sind demnach gem. § 366 HGB schutzwürdig. Das bedeutet, sie erwerben gem. § 932 BGB, § 366 HGB gutgläubig Eigentum. Zu beachten ist, dass § 366 HGB nur eine Erweiterung der allgemeinen Gutglaubensvorschriften darstellt; die §§ 932 ff. BGB bleiben die Grundlagenvorschriften. Im Hinblick auf den Schutzzweck dieser Norm, die Sicherheit des Handelsverkehrs zu gewährleisten, nimmt die h.M. an, dass - ausnahmsweise und auf das Handelsrecht beschränkt - auch der gute Glaube an die Vertretungsmacht geschützt wird. bb. Gutgläubiger Erwerb nach § 933 BGB Die entsprechende Gutglaubensvorschrift zu § 930 BGB ist § 933 BGB. Die Begründung eines Besitzkonstituts nach § 930 BGB reicht für einen gutgläubigen Erwerb allein nicht aus. Für einen gutgläubigen Erwerb nach § 933 BGB muss hinzukommen, dass dem Erwerber die Sache von dem Veräußerer übergeben wird und er zu diesem Zeitpunkt noch in gutem Glauben ist. Es kommt also auf die Erlangung des unmittelbaren Besitzes an; der Erwerb des mittelbaren Besitzes genügt hierfür nicht. Wurden die Waren dem Veräußerer unter Eigentumsvorbehalt geliefert und überträgt sie dieser einem Kreditgeber zur Sicherheit, dann konnte zwar das Eigentum nicht übertragen werden; wenn der Schuldner (Sicherungsgeber) den Gläubiger (Sicherungsnehmer) von dem Eigentumsvorbehalt in Kenntnis setzt, wurde dadurch die Übertragung des Anwartschaftsrechts vollzogen. Einer Zustimmung des Lieferanten bedarf es nicht, da der Schuldner - der das Anwartschaftsrecht tatsächlich besitzt - nicht als Nichtberechtigter nach § 185 BGB verfügt. Der Gläubiger hätte nun die Möglichkeit durch Zahlung der Restsumme an den Lieferanten (wenn die Summe nicht mehr so hoch ist) die Bedingung, d. h. den Eigentumserwerb auf direktem Wege herbeizuführen. Verweigert der Lieferant die Annahme der Restzahlung, dann gilt die Bedingung - obwohl der Schuldner nicht widersprochen hat (vgl. § 267 Abs. 2 BGB) - trotzdem als eingetreten. Hat der Schuldner den Eigentumsvorbehalt verschwiegen, dann hat der Gläubiger, da gem. § 933 BGB keine Übergabe erfolgt ist, kein Eigentum erworben. In diesem Fall lässt sich aber eine unwirksame Übereignung nach § 140 BGB in eine wirksame Übertragung der Anwartschaft umdeuten. Diese Vorschrift spielt eine wichtige Rolle bei der Sicherungsübereignung von Waren, die dem Sicherungsgeber (z. B. weil er die Waren selbst unter Eigentumsvorbehalt geliefert bekam) noch nicht gehören. Übereignet er nun die Waren dem Sicherungsnehmer beispielsweise einer Bank - zur Sicherheit, dann verfügt er als Nichtberechtigter (außer, es wurde ihm vom Lieferanten gestattet) und ein gutgläubiger Erwerb durch die Bank wäre gem. § 933 BGB erst dann möglich, wenn eine Übergabe stattgefunden hat. Dies wird aber i. d. R. nicht der Fall sein, denn der Zweck einer Sicherungsübereignung besteht gerade darin, dem Sicherungsnehmer den Besitz an der „übereigneten Ware" zu belassen.
7. Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten
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cc. Gutgläubiger Erwerb nach § 934 BGB Wird das Eigentum nach § 931 BGB von einem Nichteigentümer durch Abtretung des Herausgabeanspruchs übertragen, so ist gem. § 934 BGB - der entsprechenden Gutglaubensvorschrift zu § 931 BGB - zu unterscheiden, ob der Veräußerer mittelbarer Besitzer ist oder nicht. Ist der Veräußerer mittelbarer Besitzer einer Sache, erlangt der Erwerber das Eigentum mit der Abtretung des Herausgabeanspruchs (vgl. § 934, 1. Hs. BGB). Insoweit ist der mittelbare Besitzer einem unmittelbaren Besitzer gleichgestellt. Beispiel: Verkäufer V hat dem Käufer K eine Maschine unter Eigentumsvorbehalt verkauft und übergeben. Diese Maschine vermietet K weiter an Mieter M. K möchte einem gutgläubigen Dritten D das Eigentum an der Sache verschaffen. Wie kann er das erreichen, wenn diese vorerst noch bei M verbleiben soll? Ein gutgläubiger Erwerb ist möglich, wenn sich K und D darüber einig sind, dass das Eigentum auf den D übergehen soll. K müsste seinen Herausgabeanspruch, den er gegen den M auf Grund des Mietvertrags hat, an den D abtreten gem. § 934, 1. Hs. BGB.
§§ 433, 449 BGB
§§ 535 BGB
j 929, 934 BGB
Abb. VI.9. Gutgläubiger Erwerb nach § 934, 1. Hs. BGB Diese Vorschrift des § 934, 1. Hs. BGB steht damit in einem Widerspruch zu den übrigen Gutglaubensvorschriften, insbesondere zu § 933 BGB. Nach den §§ 932, 933 BGB setzt nämlich ein gutgläubiger Erwerb voraus, dass der veräußernde Nichtberechtigte dem Erwerber den unmittelbaren Besitz an der verkauften Sache verschafft (Traditionsprinzip). Der gutgläubige Erwerber wird nicht Eigentümer, wenn ihm der unmittelbare Besitzer, dem noch die Vermutung des § 1006 BGB zugute kommt, mittelbaren Besitz einräumt. Ist der Veräußerer dagegen nur mittelbarer Besitzer, dann soll nach § 934, 1. Hs. BGB mit der Abtretung des Herausgabeanspruchs der gutgläubige Erwerber das Eigentum erlangen, obwohl der Veräußerer in diesem Fall der Sache viel ferner ist als der unmittelbare Besitzer im ersten Fall (für den auch der Rechtsschein des Besitzes spricht). Dieser vorliegende Wertungswiderspruch berechtigt aber nicht zu einer Angleichung des § 934, 1. Hs. BGB an § 933 BGB (durch eine Analogie) in der Weise, dass ein gutgläubiger Erwerb so lange nicht möglich ist, als die Sache im unmittelbaren Besitz dessen verbleibt, dem sie der Eigentümer anvertraut hat. Voraussetzung für eine analoge Anwendung einer Norm ist, dass eine ausfüllungsbedürftige Lücke, d. h. eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, vorliegt.
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VI. Sachenrecht Beispiel: Z verleiht eine CD, die er sich von T, dem Eigentümer, ausgeliehen hat, an S. Anschließend veräußert Z die CD unter Abtretung des Herausgabeanspruchs (§§ 398, 604 BGB) an M, der den Z für den Eigentümer hält. M erwirbt gutgläubig das Eigentum an der CD nach §§913, 934 1. Alt. BGB.
Der Gesetzgeber hat der Regelung des §§ 933, 934 BGB bewusst das Prinzip zugrunde gelegt, dass die Neubegründung mittelbaren Besitzes zum gutgläubigen Erwerb nicht ausreichen soll, wohl aber seine Übertragung (vgl. BGHZ 50,45 (49); Medicus, BR, Rnn. 559 ff.). Ist der Veräußerer, der als Nichtberechtigter eine Sache durch Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruchs übertragen will, auch „nicht mittelbarer Besitzer" der Sache, dann wird der Erwerber nach § 934, 2. Hs. BGB erst dann Eigentümer, wenn er den unmittelbaren oder mittelbaren Besitz der Sache vom besitzenden Dritten erlangt und zu diesem Zeitpunkt noch gutgläubig ist (Palandt-Bassenge, § 934 BGB, Rn. 4). Eigentümer
Besitzmittlungsverhältnis
unmittelb. Besitzer .Übergabe
Einigung + Abtretung Veräußerer (= Nichtberechtigter)
Erwerber
Abb. VI.10. Eigentumserwerb nach § 934, 2. Hs. BGB Eine häufige Fallgestaltung dieser Art ist diejenige, bei der ein Lagerhalter die Sache auf Grund der Anweisung eines Nichtberechtigten zu Unrecht an den gutgläubigen Erwerber herausgibt (vgl. hierzu „Zuckerverwahrungs-Fall", in RGZ 135,75 ff. und 138, 265 ff.; Medicus, BR, Rn. 558). Beispiel (in Anlehnung an RGZ 135, 75 ff.; 138, 265 ff.) „Zuckerverwahrungs-Fall": Eigentümer E verkauft an V Zucker unter Eigentumsvorbehalt. Der Zucker wird bei dem Lagerhalter L für E verwahrt. Noch vor Zahlung des Restkaufpreises veräußert V den Zucker durch Abtretung seines angeblichen Herausgabeanspruchs gegen L an den gutgläubigen K. Als K an L herantritt und ihm unter Berufung auf die Übereignung mitteilt, die Ware demnächst abzuholen, erklärt sich L bereit, den Zucker solange noch für ihn zu verwahren. K hat durch die Vereinbarung mit L mittelbaren Besitz an der Ware erlangt. Hält er bis zu diesem Zeitpunkt den V für den Eigentümer, hat er das Eigentum nach §§ 931, 934 2. Alt. BGB gutgläubig erworben (hierzu Medicus, BR, 558 ff.).
b. Erwerb einer Anwartschaft Bisher wurde über die Verfügungen eines Nichtberechtigten über das Eigentum gesprochen. Beim Eigentumsvorbehalt hat der Erwerber aber bereits eine Rechts-
7. Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten
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position bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung erlangt, die er ebenfalls veräußern kann. Diese Position wird, da es sich um eine Vorstufe zum Erwerb des Vollrechts handelt, als Anwartschaft bezeichnet. Die Eigentumsanwartschaft eines Vorbehaltskäufers ist allerdings gegenüber dem Vollrecht (Eigentum) kein aliud, sondern ein dem Eigentum „wesensgleiches Minus" (BGHZ 28, 21), das auch wie dieses als Rechtsposition übertragen oder belastet werden kann. Die Übertragung einer Eigentumsanwartschaft erfolgt daher nach den §§ 929 ff. BGB analog. Das bedeutet, dass ein Erwerber, der den Besitzer der Sache für den Eigentumsanwärter hält, mit der Besitzerlangung die Anwartschaft erwirbt. Ebenfalls im Gesetz nicht geregelt ist, wenn ein Nichtberechtigter über eine Anwartschaft verfügt. Auch hier werden die Vorschriften über den Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten analog angewendet. Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb der Eigentumsanwartschaft ist allerdings, dass zum Zeitpunkt der Übertragung „tatsächlich" eine Anwartschaft besteht, über die ein Nichtberechtigter verfügt. Wenn an sich keine Anwartschaft (zugunsten eines berechtigten Anwärters) besteht, dann kommt ein gutgläubiger Erwerb nicht in Betracht. c. Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs gem. § 935 BGB Ein gutgläubiger Erwerb nach den §§ 932 ff. BGB ist gem. § 935 BGB ausgeschlossen, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, wobei das letztere der Oberbegriff ist. Eine Sache ist abhanden gekommen, wenn der Eigentümer oder sein Besitzmittler den unmittelbaren Besitz ohne (nicht notwendigerweise gegen) seinen Willen verloren hat, z. B. bei Verlust, Diebstahl, nicht dagegen bei Verfügung auf Grund eines Irrtums oder einer Drohung (Palandt-Bassenge, § 935 BGB, Rn. 3). Beispiel: S wurde in einen Autounfall verwickelt. T leistet dem an der Unfallstelle bewusstlos liegenden S erste Hilfe. Als „Belohnung" für die gute Tat nimmt er sich die goldene Armbanduhr des S. Hier ist die Wegnahme ohne den Willen des S geschehen, denn S hatte, da er bewusstlos war, keinen Willen. Die Uhr ist danach abhanden gekommen. Eine Sache ist auch abhanden gekommen, wenn ein Besitzdiener (z.B. ein Angestellter) die Sache ohne Einwilligung des Besitzers weggegeben hat. In diesem Fall wird das Interesse des Eigentümers an seinem Bestand höher bewertet als das Vertrauen des gutgläubigen Erwerbers. Dies hat seinen Grund darin, dass es sich bei einem Erwerb nach den §§ 932-934 BGB um Sachen handelt, die mit Wissen und Billigung des bisherigen Eigentümers in den Verfügungsbereich des Nichtberechtigten kamen, z. B. durch ein Miet- oder Leihverhältnis. In diesen Fällen wusste der Eigentümer also, wem er seine Sache anvertraut hat. Wenn derjenige dann das Vertrauen des Eigentümers missbraucht, gehört das in den Risikobereich des Eigentümers. Sind die Sachen des Eigentümers dagegen abhanden gekommen, erscheint
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VI. Sachenrecht
es nicht gerechtfertigt, das Vertrauen des Erwerbers höher einzustufen als das Interesse des Eigentümers. Nach § 935 Abs. 2 BGB ist ein Erwerb von Eigentum trotz Abhandenkommens möglich beim Erwerb von Geld oder Inhaberpapieren sowie bei Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung veräußert werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erwerber gutgläubig ist, d.h. den Dieb für den Berechtigten hält, ohne dass ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. d. Gutgläubiger lastenfreier Erwerb von Eigentum Dieser Abschnitt behandelt die Rechte eines Dritten der übereigneten Sache. Eine Sache kann z.B. durch Nießbrauch oder vertragliche (z.B. Vermieterpfandrecht) und gesetzliche Pfandrechte belastet sein. Erwirbt jemand von einem Berechtigten oder Nichtberechtigten das Eigentum an einer beweglichen Sache im guten Glauben, dass sie dinglich nicht belastet sei, z.B. durch ein Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB), so erwirbt er nach den Regeln über den Gutglaubensschutz das Eigentum gem. § 936 BGB lastenfrei. e. Gutgläubiger Erwerb von Grundstücken Ebenso wie an beweglichen Sachen ist auch an Grundstücken ein gutgläubiger Eigentumserwerb möglich. Die entsprechende Vorschrift hierfür ist § 892 BGB. Nach § 892 Abs. 1 BGB gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig zugunsten desjenigen, der ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem Grundstücksrecht erwirbt. Ein gutgläubiger Erwerb ist aber in zwei Fällen ausgeschlossen. Zum einen, wenn der Erwerber bösgläubig ist. Anders als beim gutgläubigen Erwerb von beweglichen Sachen schadet für den guten Glauben nur positive Kenntnis (nicht grobe Fahrlässigkeit) von der Unrichtigkeit des Grundbuchs. Ein gutgläubiger Erwerb ist auch dann ausgeschlossen, wenn ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen war. Was dabei unter einem Widerspruch zu verstehen ist, bestimmt sich nach den §§ 894, 899 BGB. Wenn der Inhalt eines Grundbuchs mit der wirklichen Rechtslage nicht übereinstimmt (z. B. nach Abschluss des Kaufvertrags und Eintragung stellt sich die Nichtigkeit heraus), so kann jeder, dessen Recht dadurch beeinträchtigt ist und im Hinblick auf die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs die Gefahr besteht, das Recht (Eigentum) zu verlieren, einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eintragen lassen. Meistens sind solche Sachen eilbedürftig, so dass die Eintragung eines Widerspruchs auch im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens erfolgen kann.
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8. Sonstige Formen des Eigentumserwerbs a. Einleitung Das Eigentum an beweglichen Sachen kann nicht nur durch Rechtsgeschäft, sondern auch durch rein tatsächliche Handlungen (= Realakte) erworben werden. Das Eigentum entsteht in solchen Fällen allein auf Grund der Verwirklichung bestimmter gesetzlicher Tatbestände, z. B. der Eigentümer eines Grundstücks erwirbt durch eine feste Verbindung einer beweglichen Sache mit dem Grundstück das Eigentum daran. b. Ersitzung Nach den § 937 BGB erwirbt derjenige Eigentum an einer beweglichen Sache, wenn er sie länger als 10 Jahre in Eigenbesitz (§ 872 BGB) hatte. Bei Grundstücken spricht man von Buchersitzung (§ 900 BGB), wonach der Eigentümer 30 Jahre lang im Grundbuch eingetragen sein musste. Die Bedeutung des Eigentumserwerbs durch Ersitzung ist im deutschen Recht - im Gegensatz zum römischen Recht - wegen der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb nicht besonders groß. Bedeutung könnte die Ersitzung erlangen bei abhanden gekommenen Sachen, da ein Gutglaubenserwerb nach § 935 BGB dort ausscheidet. c. Verbindung, Vermischung und Verarbeitung Weitere Möglichkeiten des Eigentumserwerbs kraft Gesetzes, d. h. des originären Eigentumserwerbs, sind in den §§ 946-951 BGB geregelt. Die §§ 946 ff. BGB betreffen die Fälle, in denen aus mehreren Sachen verschiedener Eigentümer eine Sache entsteht und eine Trennung aus wirtschaftlichen Gründen unangebracht ist. In diesen Fällen muss also bestimmt werden, wer Eigentümer wird, d. h. diese Sache muss einer Person zugeordnet werden. aa. Grundstücksverbindung Es kann zunächst die Konstellation in Betracht kommen, dass eine bewegliche Sache mit einem Grundstück verbunden wird. Der Eigentümer des Grundstücks wird erst dann auch Eigentümer an der Sache, wenn dieser wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird (§ 946 BGB). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine entgegenstehende Vereinbarung, z. B. ein Eigentumsvorbehalt an den beweglichen Sachen eines Bauunternehmers unbeachtlich ist, wenn die gelieferten Sachen mit dem Gebäude fest verbunden werden. Einem Bauunternehmer steht daher als Sicherungsmittel seiner Forderung gegen den Grundeigentümer unter bestimmten Voraussetzungen u. a. die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek gem. § 648 BGB sowie ein Sicherungsmittel nach § 648 a BGB zur Verfügung.
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Beweglich sind alle Sachen, die nicht Grundstück- oder Grundstücksbestandteil sind. Unter Grundstücken (auch Wohnungseigentum) i. S. d. Norm versteht man abgegrenzte Teile der Erdoberfläche, die im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts unter einer besonderen Nummer eingetragen oder nach der GBO gebucht sind (Palandt-Heinrichs, Überbl. v. § 90 BGB, Rn. 3) sowie deren Bestandteile. Diese Bestandteile teilen das rechtliche Schicksal des Grundstücks. Man nennt sie auch wesentliche Bestandteile. Der Begriff des wesentlichen Bestandteils ist in den §§ 93-95 BGB geregelt. Zunächst kann die Sache gem. § 93 BGB wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks werden. Nach § 93 BGB muss die Sache überhaupt erst einmal Bestandteil einer anderen Sache werden. Bestandteil ist sie, wenn sie mit der auf Dauer vorgenommenen Einfügung nach der Verkehrsanschauung als Teil der anderen Sache erscheint, so dass eine einheitliche Sache vorliegt. Wesentlich wird dieser Bestandteil nach § 93 BGB nur, wenn durch eine Trennung der abgetrennte oder der zurückbleibende Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert würde (BGHZ 18, 229). Eine Zerstörung in diesem Sinne liegt vor, wenn die bisherige körperliche Beschaffenheit völlig verändert wird oder die physische Vernichtung eines der Teile zur Folge hätte. Eine Wesensänderung läge vor, wenn einer der Bestandteile nach der Trennung nicht mehr für seine ursprünglichen Zwecke verwendet werden könnte und damit in seinem Wert herabgemindert würde. Unerheblich ist, ob die Gesamtsache ihre Funktionsfähigkeit verliert. Danach sind keine wesentlichen Bestandteile der Motor oder die Reifen eines Kfz, da beide ohne Zerstörung vom Restfahrzeug getrennt werden können, obwohl das Fahrzeug seine Fahreigenschaft verliert. Zu den wesentlichen Teilen zählen aber verschweißte Teile, Schiffsmotoren oder elektrische Leitungen einer fabrikeigenen Kraftanlage (Klunzinger, S. 54; Palandt-Heinrichs, § 93 BGB, Rnn. 3 ff.). Die Bedeutung von wesentlichen Bestandteilen liegt darin, dass sie nicht Gegenstand besonderer dinglicher Rechte sein können, d. h. es kann nur ein einheitliches Eigentum an der Gesamtsache bestehen (vgl. hierzu §§ 946 ff. BGB). Es soll z. B. ausgeschlossen sein, dass ein Bauunternehmer, der Eisenträger in das Haus einfügt (und deren Eigentümer er bleibt), von dem Eigentümer des Hauses die Herausgabe der Eisenträger verlangen kann. Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind außerdem nach § 94 Abs. 1 BGB alle mit dem Boden fest verbundene Sachen (Palandt-Heinrichs, § 94 BGB, Rn. 2). Unerheblich ist, wer die Verbindung vornimmt und mit welchen Mitteln sie bewirkt wird. Die Vorschrift des § 94 BGB enthält neben einer Erläuterung auch eine Erweiterung des Begriffs des wesentlichen Bestandteils bei Grundstücken und Gebäuden. Danach gibt es Sachen, die unabhängig von den Merkmalen des § 93 BGB zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks zählen. Teilweise überschneiden sich die Vorschriften des § 93 BGB und § 94 BGB, so dass häufig dieselben Teile wesentliche Bestandteile i. S. d. §§ 93,94 BGB sind. Der Zweck der §§ 93, 94 BGB besteht in der Erhaltung wirtschaftlicher Werte. Nach § 94 Abs. 2
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BGB zählen hierzu des weiteren die zur Herstellung eines Gebäudes eingefügten Sachen, auch wenn sie mit dem Grundstück nicht fest verbunden sind, wie z. B. Dachziegel, Heizkörper, Fenster. Hierbei kommt es nicht auf die Art und Weise der Verbindung an. Entscheidend ist vielmehr der Zweck, der mit der Einfügung verfolgt wurde (RGZ 150, 22). Nicht zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören dagegen solche Gegenstände, die „nur vorübergehend" mit dem Grund und Boden verbunden sind. Man spricht gem. § 95 BGB auch von Scheinbestandteilen, z. B. die vom Mieter während der Mietzeit montierte Heizsonne, die befestigten Kinderspielgeräte im Garten während der Mietzeit oder die Baubaracke während der Bauzeit. Überprüft man, ob eine Sache ein wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks geworden ist, dann kann folgende Merkformel verwendet werden: § 93 + § 94 - § 95 = wesentlicher Bestandteil. Eine Durchbrechung dieses im BGB geltenden Prinzips, dass das Eigentum an einem Grundstück sich nach §§ 93, 94 BGB zugleich auf das darauf errichtete Gebäude erstreckt und auch an Teilen des Gebäudes kein Eigentum begründet werden kann, enthalten das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und die Erbbaurechtsverordnung (Erbbaurechts VO). Das WEG von 1951 eröffnet die Möglichkeit von Wohnungseigentum; dieses setzt sich zusammen aus dem Sondereigentum an der Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil am Grundstück und den nicht in Sondereigentum stehenden Teilen, Einrichtungen oder Anlagen des Gebäudes. Die Erbbaurechts VO ist die Rechtsgrundlage dafür, ein gesondertes Recht an einem Bauwerk zu haben auf dem Grundstück eines anderen (i. d. R. einer Stadt bzw. Gemeinde). bb. Fahrnisverbindung gem. § 947 BGB Aus den §§ 93, 94 BGB ergibt sich, dass wesentliche Bestandteile nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können. Das bedeutet, dass das Eigentum an einer Sache verloren geht, wenn sie wesentlicher Bestandteil einer anderen beweglichen Sache als Hauptsache wird. Werden bewegliche Sachen so miteinander verbunden, dass sie wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache werden, so erwerben die bisherigen Eigentümer nach § 947 Abs. 1 BGB Miteigentum an dieser Sache (z.B. Konservendosen und Füllgut; Zusammenbau von Eisenteilen zu einem Brückenkörper; Palandt-Bassenge, § 947 BGB, Rn. 3). Ist aber eine Sache als „Hauptsache" anzusehen, dann erwirbt der Eigentümer des „Hauptbestandteils" das Alleineigentum an der Sache (§ 947 Abs. 2 BGB). Hinsichtlich der Frage, wann eine Sache „Hauptbestandteil" ist, ist maßgebend die nach der Verkehrsauffassung zu beurteilende allgemeine Bedeutung der Teile für das Wesen (Funktion) des Ganzen (Schreiber, Rn. 181).
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Nicht entscheidend ist das Wertverhältnis; so sind z. B. Hauptbestandteil die Briefmarkensammlung gegenüber den einzelnen eingeklebte Marken oder ein Kfz gegenüber der Bremstrommel (Palandt-Bassenge, § 947 BGB, Rn. 5); auch hier hat ein Eigentumsvorbehalt keine rechtserhaltende Wirkung. Ist keine der Sachen als Hauptsache anzusehen, entsteht an der einheitlichen Sache Miteigentum nach dem Wertverhältnis, das die Sache zur Zeit der Verbindung hatte (§ 947 Abs. 1 BGB).
cc. Vermischung (§ 948 BGB) Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermischt oder vermengt, dann finden gem. § 948 Abs. 1 BGB die Vorschriften des § 947 BGB Anwendung. Nach § 948 Abs. 2 BGB steht der Untrennbarkeit gleich, wenn die Trennung der vermischten bzw. vermengten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein würde. Eine untrennbare Vermischung betrifft vor allem die Herstellung von chemischen Verbindungen und Lösungen, wo die einzelnen Sachen ihre körperliche Abgrenzung verlieren und sich materiell nicht mehr trennen lassen. Bei der Vermengung behalten die Sachen zwar ihre körperliche Abgrenzungsfähigkeit, sie lassen sich aber mangels natürlicher Unterscheidbarkeit oder Kennzeichnung nicht mehr dem bisherigen Eigentümer zuordnen, z.B. Getreide, Baumaterial (PalandtBassenge, § 948 BGB, Rn. 2). Die Folge ist, dass die Eigentümer der vermischten bzw. vermengten Sachen Miteigentümer werden, es sei denn, dass eine Sache als Hauptbestandteil anzusehen ist. dd. Verarbeitung (§ 950 BGB) Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes (§ 950 Abs. 1 BGB). Stellt jemand auf diese Weise eine neue Sache her, so verlieren die Eigentümer der Rohstoffe oder Halbfertigprodukte ihr Eigentum an den Hersteller, unabhängig davon, ob der Hersteller in Bezug auf das Eigentum an den verarbeiteten Stoffen gut- oder bösgläubig ist und ob der Stoff abhanden gekommen ist (Palandt-Bassenge, § 950 BGB, Rn. 6). Auch ein erklärter Eigentumsvorbehalt des Warenlieferanten erlischt. Beispiel: Der Metzger M stiehlt von dem Bauern B eine Kuh. Die Kuh hat einen Wert in Höhe von 200 € . Er schlachtet sie und verarbeitet das Fleisch zu Würsten und Steaks im Wert von 400 € . B erfährt davon und verlangt „als Eigentümer" Herausgabe der Fleischwaren. Zu Recht? Nein, denn das Eigentum an der Kuh ist durch die Verarbeitung durch M untergegangen. Der „Materialwert" ist nicht erheblich höher, sondern liegt sogar erheblich unter dem Wert der Verarbeitungsleistung.
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Der Wert der Verarbeitung wird dadurch bestimmt, dass man von dem Wert der neuen Sache den Stoffwert abzieht, und zwar den Wert der Ausgangsstoffe, nicht der Rohstoffe. Werden beispielsweise mehrere Goldringe zu einer Brosche verarbeitet, dann ist vom Wert der Brosche nicht der reine Metallwert, sondern der Wert der Ringe abzuziehen. Ausnahmsweise erwirbt der Hersteller einer neuen Sache kein Eigentum daran, wenn beim Endprodukt der Materialwert den Wert der Verarbeitungsleistung übersteigt, so z. B. bei der Einschmelzung von Goldabfällen. Ob durch die Arbeitsleistung eine „neue Sache" i. S. d. Vorschrift hergestellt wurde, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. Dabei wird vor allem auf die neuen Verwendungsmöglichkeiten für das Produkt abgestellt. Nach h. M. wird dann keine neue Sache hergestellt, wenn eine Sache nur nach Auftrag repariert (z. B. Kfz-Reparatur, selbst wenn sie sehr umfangreich ist), gepflegt oder zerstört werden soll (im Einzelnen Palandt-Bassenge, § 950 BGB, Rn. 5). Das Eigentum steht allerdings nicht immer dem zu, der die Verarbeitung persönlich durchführt. Erfolgt die Verarbeitung durch einen Angestellten oder einen in Heimarbeit Beschäftigten einer Firma, dann erwerben nicht diese das Eigentum an der neuen Sache, sondern der Unternehmer, der die Verarbeitung durchführen lässt. Er gilt i.S.d. Vorschrift als „Hersteller". Als „Hersteller" i.S.d. Vorschrift kann auch der Besteller gelten, wenn die Verarbeitung in seinem Auftrag und mit den von ihm gelieferten Stoffen erfolgt (Palandt-Bassenge, § 950 BGB, Rn. 8 m. w. N.). Der Werkunternehmer erwirbt nur ein Pfandrecht. Es kommt also darauf an, „für wen" die Verarbeitung vorgenommen wird (BGHZ 20, 159 (163)). In der Kreditpraxis wird versucht, den Nachteil des Rohstofflieferanten über das Rechtsinstitut eines „verlängerten Eigentumsvorbehalts" zu beseitigen. Das bedeutet, dass sich der Lieferant das Eigentum an der gelieferten Ware vorbehält, aber gleichzeitig vereinbart wird, dass die aus dem Weiterverkauf der herstellten Gegenstände resultierenden Forderungen im voraus zur Sicherheit an den Eigentumsvorbehaltsverkäufer (= Lieferant) abgetreten werden. Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt kann es zur Kollision zwischen Waren- und Geldkreditgeber kommen. Der Vorbehaltsverkäufer lässt sich die künftigen Forderungen aus dem Warenverkauf im voraus zur Sicherheit abtreten. Eine Bank als Geldkreditgeber lässt sich diesselben Forderungen zur Sicherheit im Rahmen der Globalzession im voraus abtreten. Diese Globalzession ist allerdings i. d. R. sittenwidrig und ansonsten nur in sehr engen Grenzen zulässig (im Einzelnen Wolf, Rnn. 722 ff. m. w. N.). Eine andere Möglichkeit, eine Benachteiligung des Warenlieferanten zu vermeiden, ist es, eine „Verarbeitungsklausel" zu vereinbaren. Das bedeutet eine Vereinbarung dahingehend, dass der Materiallieferant als Hersteller i. S. v. § 950 BGB anzusehen ist und der Eigentumserwerb am neuen Produkt bei ihm eintreten soll (Schreiber, Rn. 185). Werden Sachen von mehreren Lieferanten, die unter Eigentumsvorbehalt stehen, verarbeitet, dann ensteht mangels anderer Abrede für sie Miteigentum an der neuen Sache in entsprechender Anwendung des § 947 BGB.
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ee. Ausgleichsansprüche Derjenige, der nach den §§ 946-950 BGB durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung einen Rechtsverlust erleidet, vor allem den Verlust des Eigentums, kann nach § 951 Abs. 1 BGB Vergütung in Geld verlangen. Dieser Ausgleichsanspruch bestimmt sich nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. Bei dem Anspruch aus § 951 Abs. 1 S. 1 BGB handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung (im Unterschied zur Rechtsfolgenverweisung), d. h. es müssen alle Tatbestandsmerkmale der §§812 ff. BGB erfüllt sein. d. Fruchterwerb, Aneignung, Fund Weitere Formen des originären Eigentumserwerbs sind diejenigen des Fruchterwerbs nach den §§ 953,954,956 BGB, wonach die Erzeugnisse und Bestandteile einer Sache mit der Abtrennung dem Eigentümer der Sache zustehen. Hat der Eigentümer der Sache einem Dritten ein dingliches Nutzungsrecht an der Sache überlassen, z. B. Nießbrauch an einem Grundstück mit Obstanbau, dann erwirbt der Nutzungsberechtigte mit deren Trennung auch das Eigentum. Das gleiche gilt, wenn der Eigentümer jemandem schuldrechtlich die Aneignung gestattet, z.B. einem Pächter. Ein weiterer, praktisch nicht sehr bedeutsamer Fall eines Eigentumserwerbs ist die Aneignung nach den §§ 958 ff. BGB. Eigentümer durch Aneignung wird derjenige, der eine herrenlose Sache in Eigenbesitz nimmt; „Herrenlos" sind Sachen, die niemand gehören, in erster Linie Luft, Meerwasser oder in Freiheit lebende wilde Tiere (§ 960 BGB). Herrenlos sind aber auch Sachen, an denen der Eigentümer in der Absicht, auf sein Eigentum zu verzichten, den Besitz aufgibt (§ 959 BGB, auch als „Dereliktion" bezeichnet); sie stellt das Gegenstück zur Aneignung dar. Es handelt sich bei der Aneignung um einen reinen Realakt, so dass auch der Minderjährige, der auf der Straße einen Regenschirm findet und diesen als Spielzeug behalten will vorausgesetzt der Eigentümer hatte ihn absichtlich liegen gelassen -, das Eigentum daran erwirbt. Unter den Voraussetzungen des § 965 BGB kann auch der Finder einer verlorenen Sache an dieser Eigentum erwerben. Verloren gegangen sind solche Sachen, an denen zwar kein Besitz, wohl aber noch Eigentum besteht. Regelmäßig sind solche Sachen verloren, wenn sie dem Besitzer ohne seinen Willen und nicht nur vorübergehend abhanden gekommen sind. Wenn der Besitzer weiß, wo sie sich befinden und die Möglichkeit der Wiedererlangung besteht, dann ist die Sache i. S. d. Vorschrift nicht verloren gegangen (Palandt-Bassenge, Vorbem. v. § 965 BGB, Rn. 1). Ein Eigentumserwerb ist schließlich auch durch Hoheitsakt möglich, so insbesondere im Rahmen von Zwangsversteigerungen und im Enteignungsverfahren.
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9. Sonstige dingliche Rechte a. Begriff und Überblick Der Prototyp des dinglichen Rechts ist das Eigentum. Die Rechtsordnung erlaubt darüber hinaus dem Eigentümer, einzelne Herrschaftsbefugnisse aus dem umfassenden Recht „Eigentum" abzuspalten. Dadurch wird das Eigentum zugunsten eines anderen Rechtsinhabers belastet. Bei diesen Rechten handelt es sich um beschränkt dingliche Rechte. Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen beschränkt dinglichen Rechten um Nutzungs- und Sicherungsrechte. Die beschränkt dinglichen Rechte wirken als absolute Rechte - wie das Eigentum - gegenüber jedermann. Diese genießen als absolute Rechte Schutz nach § 823 Abs. 1 BGB („sonstiges Recht"). Beschränkt dingliche Rechte gewähren auch die gleichen Abwehr- und Herausgabeansprüche wie das Eigentum. Wegen des im Sachenrecht geltenden „numerus clausus" der Sachenrechte kommt allerdings nicht jede beliebige Beschränkung des Eigentums mit dinglicher Wirkung in Betracht. Das Gesetz stellt vielmehr einen begrenzten Katalog an beschränkt dinglichen Rechten zur Verfügung. Nach dem belasteten Objekt lässt sich folgende Einteilung vornehmen. Bei beweglichen Sachen gibt es den Nießbrauch und das Pfandrecht. Unter einem Nießbrauch versteht man die Belastung einer Sache in der Weise, dass derjenige, zu dessen Gunsten eine Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (§§ 1030 ff. BGB). Nießbrauch kann außer an beweglichen Sachen auch an Grundstücken (§ 1030 BGB), an Rechten (§ 1068 BGB) sowie am Vermögen (§ 1085 BGB) eingeräumt werden. Das Pfandrecht ist dagegen ein Sicherungsmittel. Zur Sicherung von Forderungen können bewegliche Sachen verpfändet werden. Das Gesetz hat diese Form der Kreditsicherung relativ ausführlich in den §§ 1204-1258 BGB geregelt. In der Kreditpraxis ist das Pfandrecht häufig jedoch nicht zweckmäßig, da die Begründung eines Pfandrechts an beweglichen Sachen die Übergabe der Sache voraussetzt. Aus dem Grund behilft sich die Praxis mit dem Instrumentarium der Sicherungsübereignung nach § 930 BGB. Auch Rechte, insbesondere Forderungen, können verpfändet werden (§§ 1273-1296 BGB). In der Praxis werden Forderungen jedoch häufig nicht verpfändet (wegen der Anzeigepflicht nach § 1280 BGB an den Drittschuldner), sondern durch die Sicherungsabtretung ersetzt. Bedeutsamer ist das Pfändungspfandrecht an Rechten und Forderungen (§§ 828 ff. ZPO). Bei Grundstücken gibt es dagegen eine ganze Reihe an beschränkt dinglichen Rechten. Hierzu zählen insbesondere das Erbbaurecht, Dienstbarkeiten - im Gesetz wird differenziert zwischen Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten und den Nießbrauch - Reallasten sowie die Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden). Zu nennen ist weiterhin noch das Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Im Folgenden sollen das Erbbaurecht, das Wohnungseigentum und die Dienstbarkeit in Stichworten angesprochen werden; die Grundpfandrechte als Sicherungsmittel sind Gegenstand des nächsten Abschnitts.
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Das Erbbaurecht nach der Erbbaurechtsverordnung statuiert eine Ausnahme von dem in § 94 BGB erwähnten Grundsatz, dass die mit Grund und Boden fest verbundenen Teile zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks gehören. Es gibt also grundsätzlich nur Eigentum an einem Grundstück, nicht an einem Gebäude. Die Erbaurechtsverordnung trennt nun zwischen Grundstück und Gebäude und behandelt das Erbbaurecht „wie ein Grundstück"; es handelt sich um ein grundstücksgleiches Recht. Das Bauwerk selbst ist dann nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, sondern des Erbbaurechts (§ 12 ErbbauVO). Für das Erbbaurecht wird ein besonderes Erbbaugrundbuch geführt. Der Erbbauberechtigte zahlt an den Eigentümer einen laufenden Erbbauzins. Regelmäßig wird es für die Dauer von 99 Jahren eingeräumt. Die Wohnungsnot nach dem 2. Weltkrieg führte zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG) von 1951. Das WEG durchbricht den Grundsatz, dass eine Sache entweder nur im Alleineigentum oder Miteigentum stehen kann. Nach Maßgabe des Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen des Gebäudes das Teileigentum begründet werden. Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung i.V. m. einem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum. Der Wohnungseigentümer hat also Alleineigentum an seiner Wohnung und einen ideellen Miteigentumsanteil an allen sonstigen gemeinschaftlichen Einrichtungen, z.B. Keller, Hauseingang, Dachboden. Der Wohnungseigentümer hat (verständlicherweise) nicht die gleiche Freiheit wie der Alleineigentümer. Er unterliegt als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft deren Beschlüssen und Regelungen. Deshalb sieht das Gesetz vor, dass das Wohnungseigentum begründet wird durch Vertrag zwischen den Miteigentümern des Grundstücks oder durch Teilung eines schon bebauten Grundstücks durch den Alleineigentümer. Die Wohnungseigentümer beschließen ihre Angelegenheiten in der Eigentümerversammlung. Die Wohnungseigentümergemeinschaft braucht einen Verwalter, der weitreichende Befugnisse hat (vgl. §§ 20 ff. WEG). Nach der gesetzlichen Systematik erfasst die Dienstbarkeit auch den Nießbrauch. Zu der Dienstbarkeit im engeren Sinne zählt jedoch nur Grunddienstbarkeit und die beschränkt persönliche Dienstbarkeit. Durch eine Grunddienstbarkeit kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in mehrfacher Weise belastet werden (§ 1018 BGB). Zum besseren Verständnis dieser Regelung ist darauf hinzuweisen, dass bei der Grunddienstbarkeit zwischen einem „herrschenden" und einem „dienenden" Grundstück unterschieden wird. Zugunsten des Eigentümers des herrschenden Grundstücks wird das dienende Grundstück in bestimmter Weise belastet. Der Begünstigte darf das Grundstück in bestimmter Weise nutzen, z.B. Wegerechte. Eine Grunddienstbarkeit kann auch vorsehen, dass auf dem Grundstück bestimmte Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen, z. B. eine Baubeschränkung. Letztlich kann auch die Ausübung eines Rechts, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück ergibt, ausgeschlossen sein, z. B. Duldung von Immissionen.
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Das bedeutet, dass eine Grunddienstbarkeit stets auf ein Dulden oder Unterlassen, nicht aber auf ein positives Tun des Eigentümers des dienenden Grundstücks gerichtet sein darf. In der Praxis spielen Grunddienstbarkeiten eine große Rolle, z. B. im Rahmen der kommunalen Infrastruktur (z. B. Durchführung von Über- und unterirdischen Leitungen über private Grundstücke) oder als grundbuchrechtlich abgesicherter Konkurrenzschutz (z. B. Nichtausübung eines bestimmten Gewerbes). Unter einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit versteht man die Belastung eines Grundstücks in der Weise, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen oder das ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (vgl. § 1090 BGB). Die Besonderheit besteht hier also darin, dass bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit die Berechtigung an eine bestimmte Person geknüpft ist. Sie ist aus dem Grund auch nicht vererblich und nicht übertragbar (§ 1092 BGB; vgl. § 1093 BGB zum dinglichen Wohnrecht). b. Grundpfandrechte aa. Grundprinzipien Zu den drei Grundpfandrechten zählen die Hypothek, die Grundschuld und die Rentenschuld. Allen Grundpfandrechten ist gemeinsam, dass der Gläubiger die Zahlung einer bestimmten Geldsumme „aus dem Grundstück" verlangen kann (vgl. 1113, 1191, 1199 BGB). Die Verwertung des Grundstücks durch den Grundpfandgläubiger kann jedoch nur zugelassen werden, wenn ihm das Grundpfandrecht zusteht und er das Recht auch geltend machen darf. Es stellt sich hier z. B. die Frage nach dem wirksamen Erwerb des Grundpfandrechts. Weiterhin kommt es auf die Fälligkeit an. Vor Fälligkeit ist der Grundpfandgläubiger nicht zur Geltendmachung des Verwertungsrechtes befugt. Die Beurteilung, ob die vielfältigen Voraussetzungen des Verwertungsrechtes vorliegen, kann nicht allein dem Gläubiger überlassen bleiben. Wegen der Bedeutung des Grundstücks für den Eigentümer muss der Gläubiger vielmehr eine Klage erheben, auf Grund dessen das Gericht prüft, ob der Eigentümer wegen des Grundpfandrechtes die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück dulden muss. Dies ergibt sich aus § 1147 BGB mit § 704 Abs. 1 ZPO. Der Klageantrag ist auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet, da der Eigentümer auf Grund des Grundpfandrechtes nicht zur Zahlung verpflichtet ist. Die Verwertung des Grundstück erfolgt nach den gesetzlichen Bestimmungen des Zwangsvollstreckungsrechts. Die zwangsweise Verwertung von Grundstücken ist im ZVG geregelt. Als Verwertungsformen sieht das Gesetz die Zwangsversteigerung (§§ 15 ff. ZGV) oder die Zwangsverwaltung (§§ 146 ff. ZVG) vor. In der Zwangsversteigerung wird das Grundstück durch das Vollstreckungsgericht (§ 1 ZVG) in einem öffentlichen Termin versteigert und dem Meistbietenden zugeschlagen (§81 ZVG), der durch den Zuschlag das Eigentum erwirbt (§ 90 ZVG). Das Grundstück wird
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hier in seiner gesamten Substanz verwertet und der Erlös dem Gläubiger in Höhe des festgelegten Geldwertes ausgehändigt. Bei der Zwangsverwaltung wird dagegen vom Vollstreckungsgericht ein Verwalter eingesetzt (§ 150 ZVG), der die Nutzungen des Grundstücks in Geld umzusetzen hat. Der daraus erzielte Erlös wird an die dinglichen Gläubiger verteilt. Die Zwangsverwaltung belässt also dem Eigentümer das Grundstück und verwertet nur die Nutzungen. Sie empfiehlt sich für den Eigentümer als das mildere Mittel dann, wenn nur geringere Beträge, z. B. Zinsen, beizutreiben sind. Aus dieser Wirkung ergibt sich die praktische Bedeutung der Grundpfandrechte als Kreditsicherungsmittel. Das Grundpfandrecht macht Bodenwerte für Kreditzwecke nutzbar. Der auf diese Weise gesicherte Kredit wird auch als Boden- oder Realkredit bezeichnet. Davon zu unterscheiden ist der sog. Personalkredit, der auf der persönlichen Haftung des Schuldners oder dritter Personen basiert.
Beispiel: M gewährt T ein Darlehen in Höhe von 20 000 €. M verlangt eine „Sicherheit" für die Rückzahlung. T sagt, er könne eine Bürgschaft seines Bruders S anbieten, seinen „Citroen" als Sicherheit übereignen oder M an seinem Grundstück ein Grundpfandrecht bestellen. Für M wäre es am besten, wenn er sich für die Bestellung eines Grundpfandrechts entscheidet. Grundpfandrechte sind i. d. R. sicherer als Personal- und Mobiliarsicherheiten (Bürgschaft, Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung), da das Grundstück nicht verloren- oder untergehen kann. Zudem ist bei Grundstücken erhöhte Publizität gewährleistet. So sind Eigentumsverhältnisse und die Belastungen, insbesondere die Grundpfandrechte, aus dem Grundbuch ersichtlich. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass sich professionelle Kreditgeber (Banken, Sparkassen, Bausparkassen, Hypothekenbanken) die Kreditvergabe häufig von der Bestellung eines Grundpfandrechtes, meistens einer sog. Grundschuld, abhängig machen (vgl. ausführlich Wolf, Rnn. 858 ff.; zur Beleihungsgrenze, ders. Rnn. 862 ff.). Ein Grundstück kann mit mehreren beschränkt dinglichen Rechten belastet sein, sei es mit mehreren Grundpfandrechten oder daneben mit einer Dienstbarkeit oder einem Nießbrauch. Im Falle einer Kollision bestimmt sich die Rangfolge nach der Rangstelle. Die Rangstelle ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Erlös nicht ausreicht, alle Grundpfandrechte abzudecken. Das Recht an erster Rangstelle wird vor dem Recht an zweiter Rangstelle befriedigt. Der Erwerb einer Rangstelle bestimmt sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das dingliche Recht ins Grundbuch eingetragen wird (Eintragung der Vormerkung reicht aus), wobei das zuerst eingetragene Recht Vorrang hat. Das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abteilung eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragungen. Sind die Rechte in unterschiedlichen Abteilungen eingetragen, entscheidet dagegen das Eintragungsdatum (§ 879 Abs. 1 BGB; vgl. hierzu Wolf, Rnn. 865 ff.).
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Zwischen den Grundpfandrechten bestehen jedoch auch wesentliche Unterschiede. Die Hypothek ist akzessorisch, d. h. sie ist abhängig von der zu sichernden Geldforderung. Dagegen sind Grundschuld und Rentenschuld nicht akzessorisch, d. h. das dingliche Recht hängt nicht von der Existenz der Forderung ab. Gleichwohl wird in der Praxis die Grundschuld zur Sicherung einer Geldforderung bestellt. Die Rentenschuld ist ein Spezialfall der Grundschuld; sie sichert nicht einen festen Betrag, sondern eine laufende Geldzahlung. Der Gesetzgeber bezweckte mit dieser Form der Belastung, den Bedürfnissen der Landwirtschaft Rechnung zu tragen. Darüber hinaus ist sie von Bedeutung, wo der Gläubiger nicht imstande ist, den vollen Kapitalbetrag sofort aufzubringen. Zu beachten ist, dass der Schuldner der zu sichernden Forderung und der Eigentümer des belasteten Grundstücks nicht identisch zu sein braucht. Aus dem Grund spricht das Gesetz im Hypothekenrecht teilweise vom Schuldner, teilweise vom Eigentümer. Im Folgenden sollen die Hypothek und die Grundschuld näher betrachtet werden. bb. Hypothek (]) Begriff und Bestellung Unter einer Hypothek versteht man eine Grundstücksbelastung in der Weise, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung aus dem Grundstück zu zahlen ist (vgl. § 1113 Abs. 1 BGB). Dem Hypothekengläubiger stehen also sowohl Hypothek als auch eine Forderung zu. Nach § 1147 BGB haftet das belastete Grundstück insoweit, als die Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt. Dabei haftet nicht nur das Grundstück als solches (einschließlich seiner wesentlichen Bestandteile), sondern auch die in § 1120 BGB genannten Gegenstände. Zum Haftungsverband der Hypothek gehören danach auch die Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, das Grundstückszubehör (z.B. Maschinen und Werkzeuge), Miet- und Pachtzinsforderungen bei vermieteten oder verpachteten Grundstücken, mit dem Grundstück verbundene dingliche Ansprüche sowie die infolge eines Schadensfalls erlangten Versicherungsforderungen (vgl. §§ 1120-1129 BGB; zum Gegenstand der Hypothek, Schwab/Prütting, § 57). Maßgebend für eine „Mithaftung" ist insoweit der Zeitpunkt der Beschlagnahme durch den Hypothekengläubiger. Erst ab diesem Zeitpunkt wird die rechtsgeschäftliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers eingeschränkt (vgl. Schreiber, Rnn. 454 ff. zu den Enthaftungstatbeständen). Die Hypothek wird als dingliches Recht an einem Grundstück nach § 873 BGB durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch bestellt. Die Hypothek setzt das Bestehen einer Forderung voraus (vgl. § 1113 Abs. 1 BGB „wegen einer ihm zustehenden Forderung"). Das bedeutet, wenn die Forderung aus irgendeinem Grund nichtig ist, z.B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit oder einer Anfechtung oder wieder erloschen ist (z.B. durch Erfüllung), dass dann auch keine Hypothek ent-
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standen ist (Akzessorietät). Der Grundsatz der Akzessorietät bedeutet auch, dass Hypothekengläubiger und Forderungsgläubiger niemals zwei verschiedene Personen sein können. Der Hypothekengläubiger ist stets identisch mit dem Forderungsgläubiger (Schwab/Prütting, Rn. 628). (2) Erscheinungsformen Nach § 1116 BGB wird für die Hypothek regelmäßig ein Hypothekenbrief erteilt. Es handelt sich dann um eine Briefhypothek. Der Gläubiger erwirbt die Hypothek mit Erlangung des Hypothekenbriefes von dem Grundstückseigentümer (§ 1117 BGB; beachte: Aushändigungsabrede nach § 1117 Abs. 2 BGB). Zur Geltendmachung der Hypothek ist die Vorlage des Hypothekenbriefes erforderlich (§§ 1160, 1161 BGB). Der Hypothekenbrief erleichtert die Übertragung der Hypothek. Die Hypothek kann damit „außerhalb" des Grundbuchs übertragen werden. Der Inhalt eines Hypothekenbriefes ergibt sich aus den §§ 56, 57 GBO (vgl. ausführlich zum Hypothekenbrief, Schwab/Prütting, § 56). Eine Buchhypothek liegt vor, wenn die Erteilung des Hypothekenbriefes ausgeschlossen ist. Das bedeutet, dass eine Buchhypothek nur durch Einigung und Einragung in das Grundbuch übertragen werden kann. Jedoch kann bei der Buchhypothek durch eine Einsicht in das Grundbuch festgestellt werden, wer Gläubiger ist. Bei der Briefhypothek ist dies nicht unbedingt der Fall, dass der im Grundbuch eingetragene Gläubiger auch tatsächlich noch der Hypothekengläubiger ist, da eine Übertragung - wie oben erwähnt - auch außerhalb des Grundbuchs erfolgen kann. Weiterhin ist zu unterscheiden zwischen der Verkehrshypothek und der Sicherungshypothek. Es geht hier um den Grad der Akzessorietät. Wie der Name bereits sagt, steht hier der Sicherungszweck stärker im Vordergrund. Dies hat zur Folge, dass sich das Recht des Gläubigers allein nach der gesicherten Forderung bestimmt. Es gibt keinen gutgläubigen Erwerb, d. h. keinen Schutz eines auf das Bestehen der gesicherten Forderung vertrauenden Erwerbers. Die Vorschrift des § 1138 BGB, die eine gewisse Durchbrechung des Akzessorietätsprinzips bedeutet, gilt hier nicht (§ 1185 Abs. 2 BGB). Sie ist nach § 1184 BGB streng akzessorisch. Der Vertrauensschutz hinsichtlich des Vorliegens einer Forderung entfällt. Eine Sicherungshypothek soll nicht übertragen werden; daher ist ihre Bestellung nur als Buchhypothek möglich. Sie ist für den Schuldner sicherer, nicht aber für den Gläubiger oder Erwerber einer Hypothek. Als Sicherungshypotheken müssen z.B. die Bauhandwerkersicherungshypothek (§ 648 I BGB) und die Wertpapiersicherungshypothek (§ 1187 S. 2 BGB) bestellt werden. Die Hypothek sichert eine bestimmte Geldforderung. Ausnahmsweise kann eine Hypothek nach § 1190 Abs. 1 BGB auch in der Weise bestellt werden, dass nur der Höchstbetrag, bis zu dem das Grundstück haften soll, bestimmt wird. In diesen Fällen ist der Höchstbetrag im Grundbuch einzutragen (Höchstbetragshypothek). Eine Forderung kann weiterhin durch eine Hypothek an mehreren Grundstücken gesichert werden. Bei der dann bestehenden Gesamthypothek haftet nach § 1132 Abs. 1 GB jedes Grundstück für die ganze Forderung. Der Gläubiger kann die
9. Sonstige dingliche Rechte
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Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder teilweise suchen. In bestimmten Fällen kommt es vor, dass auch dem Eigentümer eine Hypothek am eigenen Grundstück zustehen kann. Dies kann nach § 1163 BGB zum einen der Fall sein, wenn die gesicherte Forderung der ansonsten wirksamen Hypothekenbestellung nicht wirksam entstanden ist oder wenn die zu sichernde Forderung erloschen ist (z.B. durch Erfüllung). Wegen der Akzessorietät müsste an sich die Hypothek erlöschen. Das Gesetz lässt die Hypothek auf den Eigentümer übergehen. In diesem Fall entsteht eine Eigentümerhypothek. Der Sinn und Zweck dieser Konstruktion besteht in der Rangsicherung. Mit der Eigentümerhypothek wird die Rangstelle blockiert, so dass die nachrangigen Gläubiger nicht nach vorne rücken und einen ungerechtfertigten Vorteil erlangen können. Im Falle eines späteren Darlehensbedarfs kann der Eigentümer dem Kreditgeber eine günstigere Rangstelle anbieten. Der Hypothek, der keine Forderung mehr zugrunde liegt, verwandelt sich in eine Eigentümergrundschuld (§ 1177 BGB), wenn sich die Hypothek mit dem Eigentum in einer Person vereinigen, ohne dass dem Eigentümer auch die Forderung zusteht. Zu beachten ist jedoch, dass die nachrangigen Grundstücksgläubiger nach § 1179 a BGB die Aufhebung der auf diese Weise entstandenen Eigentümergrundschuld verlangen können. Sind der Grundstückseigentümer und der Forderungsschuldner nicht identisch und leistet der Grundstückseigentümer an den Gläubiger, um die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück abzuwenden, geht mit der Forderung (nach § 1143 Abs. 1 BGB) auch die Hypothek (§ 1153 BGB) - zu seinem Schutz - auf ihn über. Diese steht ihm, da er zugleich Inhaber der Forderung ist, als Eigentümerhypothek zu. Nach § 1177 Abs. 2 BGB wird sie ebenso wie eine Eigentümergrundschuld behandelt. Der Eigentümer kann die Forderung gegen den Schuldner geltend machen, nicht aber die Eigentümerhypothek. Eine Sonderform einer Sicherungshypothek ist die Höchstbetragshypothek (§ 1190 BGB). Sie ist zweckmäßig, wenn Forderungen aus laufenden Geschäftsbeziehungen in der Höhe ständig wechseln, aber hypothekarisch gesichert sein sollen, d. h. es wird ein Höchstbetrag angegeben, bis zu dem Betrag Befriedigung aus dem Grundstück erlangt werden kann. Sie ist in der Praxis weitgehend durch die Sicherungsgrundschuld verdrängt. (3) Durchsetzung der Hypothek Die Klage richtet sich - wie erwähnt - nach § 1147 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung. Das Gericht prüft, ob dem Gläubiger das Pfandrecht zusteht und der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in das Grundstück dulden muss. Außer dem Urteil kommt in der Praxis noch die vollstreckbare Urkunde nach § 794 Abs.l Nr. 5 ZPO in Betracht. In der Praxis ist es üblich, dass sich der Eigentümer bei der Hypothekenbestellung in der notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Das bedeutet, dass der Gläubiger über einen vollstreckbaren Titel verfügt und ein gerichtliches Verfahren dann nicht erforderlich ist (vgl. aber § 767 ZPO in der Zwangsvollstreckung). Die Verwertung kann daher nur im Rahmen einer Zwangsvollstreckung erfolgen,
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VI. Sachenrecht
i. d. R. durch eine Zwangsversteigerung oder eine Zwangsverwaltung, bei der dem Gläubiger Erträge aus dem Grundstück zufließen. Der Grundstückseigentümer kann sich gegen die Geltendmachung der Hypothek wehren. Beruft er sich zu diesem Zweck auf Normen des materiellen Rechts, so spricht man von Einwendungen; diese werden üblicherweise unterteilt in rechtsvernichtende, rechtshindernde und rechtshemmende Einwendungen. Während die ersten beiden Gruppen im Zivilprozess von Amts wegen berücksichtigt werden, müssen rechtshemmende Einwendungen vom Berechtigten vorgebracht werden. Man nennt sie Einreden (vgl. Medicus, BR, Rn. 731). Da die Hypothek akzessorisch ist, hat der Hypothekengläubiger regelmäßig zwei Ansprüche. Er kann vom persönlichen Schuldner die Zahlung der gesicherten Forderung und vom Grundstückseigentümer Duldung der Zwangsvollstreckung verlangen. Auf Grund dieser doppelten Berechtigung des Hypothekengläubigers hat der Grundstückseigentümer eine doppelte Verteidigungsmöglichkeit. Er kann sich daher auch auf Mängel der persönlichen Forderung berufen. (4) Übertragung Die Hypothek wird dadurch übertragen, dass die gesicherte Forderung abgetreten wird (§ 1154 Abs.l S. 1 BGB). Mit der Abtretung der Forderung geht dann kraft Gesetzes die Hypothek als Nebenrecht auf den Zessionar über (§ 401 Abs. 1, 1153 Abs. 1 BGB). Zu beachten ist, dass die Forderung nicht ohne die Hypothek und die Hypothek nicht ohne die Forderung übertragen werden kann; eine separate Übertragung eines der beiden Rechte ist nicht möglich (§ 1153 Abs. 2 BGB). Bei der Briefhypothek muss bei der Abtretung der Forderung die Abtretungserklärung des ursprünglichen Gläubigers in schriftlicher Form vorliegen und der Hypothekenbrief übergeben werden (§ 1154 Abs. 1 BGB). Die Übertragung der Buchhypothek erfolgt durch einen formlosen Abtretungsvertrag nach § 398 BGB und einer Eintragung des neuen Gläubigers in das Grundbuch. Wenn die zu sichernde Forderung besteht, richtet sich der gutgläubige Erwerb einer Hypothek nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 892 ff. BGB. Fehlt die Forderung, enthält § 1138 BGB eine spezielle Regelung. Im Zessionsrecht gibt es keinen gutgläubigen Erwerb einer Forderung (§ 404 BGB). Liegt der Hypothek keine Forderung zugrunde, wäre ohne eine spezielle Regelung ein gutgläubiger Erwerb der Hypothek nicht möglich. Zum Schutz des redlichen Geschäftsverkehrs ermöglicht § 1138 BGB, das Fehlen oder etwaige Mängel der Forderung zu überwinden. Der neue Hypothekar erwirbt eine „forderungsentkleidete Hypothek". cc. Grundschuld Die Grundschuld ist nach § 1191 Abs. 1 BGB eine Grundstücksbelastung, bei der das Grundstück für die Zahlung einer bestimmten Geldsumme haftet. Der Unterschied zur Hypothek besteht darin, dass die Grundschuld gem. § 1192 Abs. 1 BGB nicht vom Bestehen einer Forderung abhängt, also nicht akzessorisch ist. Die
9. Sonstige dingliche Rechte
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Grundschuld verlangt nicht, dass eine persönliche Forderung vorliegt. Sie erlischt deshalb auch nicht mit Erfüllung der Forderung. Die Grundschuld hat daher in der Praxis heute eine erheblich größere Bedeutung als die Hypothek, da sie für Darlehensgeber günstiger ist. Die Vorschriften zur Hypothek sind nach § 1192 Abs. 1 BGB insoweit entsprechend anwendbar, soweit sie sich nicht auf die Akzessorietät beziehen. Die Entstehung einer Grundschuld nach § 873 Abs. 1 BGB setzt voraus: Einigung über die Bestellung einer Grundschuld, die Eintragung der Grundschuld im Grundbuch, der Fortbestand der Einigung zum Zeitpunkt der Eintragung sowie die Beteiligung des Berechtigten an der dinglichen Einigung. Bei der Briefgrundschuld ist außerdem die Übergabe des Grundschuldbriefes erforderlich (§§ 1192 Abs. 1, 1163 Abs. 2 BGB). Die Grundschuld kann ebenso wie die Hypothek als (Brief- oder Buchgrundschuld) bestellt werden. Insoweit ist auf die Ausführungen zur Hypothek zu verweisen. Auch wenn die Grundschuld nicht vom Bestehen einer Forderung abhängig ist, so dient sie i. d. R. in der Kreditpraxis der Sicherung einer Forderung. Diesbezüglich wird dann ein entsprechender Sicherungsvertrag abgeschlossen, durch den die Forderung und die Grundschuld durch einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen Grundschuldgläubiger und Eigentümer miteinander verbunden werden. Der Gläubiger darf also von der Grundschuld nur entsprechend des Sicherungsvertrags Gebrauch machen (Sicherungsgrundschuld). Dies führt jedoch nicht zu einer Akzessorietät, da das rechtliche Schicksal des dinglichen Rechts unabhängig von der zu sichernden Forderung ist. So kann die Grundschuld auch ohne die zusichernde Forderung abgetreten werden. Im Innenverhältnis bestehen allerdings entsprechende Beschränkungen. Ist die gesicherte Forderung erloschen, besteht ein Anspruch aus §§ 812 ff. BGB auf RückÜbertragung der (nach wie vor bestehenden) Grundschuld. In Bezug auf die Einwendungen bei Geltendmachung einer Grundschuld gelten grundsätzlich dieselben Grundsätze wie bei der Hypothek. Auch gegenüber dem Anspruch aus der Grundschuld (§§ 1192 Abs. 1, 1113,1147 BGB) kann der Eigentümer das Fehlen einer Entstehungsvoraussetzung geltend machen. Ebenso kann dieser Mangel nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB geheilt werden. Da die Grundschuld nicht akzessorisch ist, sind bei der isolierten Grundschuld Einwendungen wegen Mängel der persönlichen Forderung nicht vorstellbar (zu den Besonderheiten bei der Sicherungsgrundschuld; vgl. Schreiber, Rnn. 500 ff.).
B. Grundzüge der Zivilprozessordnung
1. Allgemeine Grundlagen zur Gerichtsbarkeit
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1. Allgemeine Grundlagen zur Gerichtsbarkeit Recht haben alleine genügt nicht; man muss auch Recht bekommen. Derjenige, der nach dem „materiellen" Recht einen Anspruch gegen einen anderen besitzt, muss in dem Fall, wenn sich der Anspruchsgegner weigert, seine Verpflichtung zu erfüllen, besondere „Spielregeln" einhalten, damit er zu seinem Recht kommt. Er muss also versuchen, seinen Anspruch mit Hilfe der Gerichte als die hierfür zuständigen staatlichen Organe durchzusetzen. Ein Anspruchsinhaber kann also einen Anspruch grundsätzlich nicht eigenmächtig im Wege der Selbsthilfe durchsetzen, indem er den Anspruchsgegner etwa mit Gewalt dazu bringt, den Anspruch zu erfüllen. Es besteht eine Pflicht des Staates, Organe der Rechtspflege (Gerichte) zu schaffen und ein wirksames rechtsstaatliches Verfahren zu gewähren (Justizgewährungspflicht, vgl. BVerfGE, NJW 1992,1673). Die Justizgewährungspflicht folgt aus dem „Justizmonopol" (Rechtspflegemonopol), das jeder moderne Staat für sich in Anspruch nimmt. „Selbstjustiz" ist zum Schütze des Rechtsfriedens nur in ganz engen gesetzlichen Grenzen zulässig, z. B. bei Notwehr (§ 227 BGB), Notstand (§§ 228, 904 BGB), Selbsthilfe (§ 229 BGB) oder dem Besitzschutz (§ 859 BGB). Die Rechtsprechung ist dabei besonderen Amtsträgern, den Richtern, vorbehalten (Art. 92 GG), die bei der Ausübung ihres Amtes sachlich und persönlich unabhängig sind. Art. 101 GG garantiert den Anspruch auf den gesetzlichen Richter. Das bedeutet, dass durch genaue gesetzliche Bestimmungen über die Zuständigkeit von vornherein festgelegt ist, welches Gericht den Rechtsstreit zu entscheiden hat. Welches Gericht nun im Falle eines Rechtsstreites konkret zuständig ist, ist oftmals - selbst für Juristen - nicht immer sofort und eindeutig zu beantworten. Nun gibt es in Deutschland nicht nur ein Gericht. Der Gesetzgeber hat die verschiedenen Rechtsgebiete auf entsprechende Gerichtsbarkeiten verteilt. Die rechtsprechende Gewalt in Deutschland gliedert sich nach Art. 95 GG in eine ordentliche Gerichtsbarkeit, eine Arbeitsgerichtsbarkeit, eine Sozialgerichtsbarkeit, eine Finanzgerichtsbarkeit sowie eine Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die ordentliche Gerichtsbarkeit unterteilt sich wiederum in eine Zivil- und Strafgerichtsbarkeit. Gerichtsbarkeiten
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Arbeitsgerichtsbarkeit
Zivilgerichtsbarkeit
SozialFinanzVerwaltungs- Verfassungsgerichtsbarkeit gerichtsbarkeit gerichtsbarkeit gerichtsbarkeit
Strafgerichtsbarkeit
Abb. B.l. Rechtsprechende Gewalt in Deutschland
358
Grundzüge der Zivilprozessordnung
Der Begriff der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist historisch begründet. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gerichtsverfassungsgesetzes im Jahre 1877 gab es als unabhängige, d.h. „ordentliche" Gerichte nur die Zivil- und Strafgerichte. Die Verwaltungsgerichte (und die Finanzgerichte) hingegen waren noch in die Verwaltung eingegliedert. Arbeitsgerichte bestehen erst seit 1926. Sachlich sind heute „alle" in (Art. 95 GG) genannten Gerichtszweige entsprechend dem Gewaltenteilungsprinzip unabhängige, und damit „ordentliche" Gerichte, doch hat sich der Begriff der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit verfestigt. Die Zivilgerichtsbarkeit unterteilt sich ihrerseits in eine streitige und eine freiwillige Gerichtsbarkeit. Die freiwillige (nichtstreitige) Gerichtsbarkeit, gesetzlich geregelt im FGG, unterscheidet sich dabei von der streitigen Gerichtsbarkeit sowohl im Gegenstand als auch im Verfahren. Gegenstand der im FGG geregelten Verfahren ist zum einen die Anspruchsdurchsetzung, zum anderen aber auch Rechtsgestaltung. Dieses Verfahren ist der besonderen Aufgabe angepasst, Rechtsverhältnisse, etwa in Familien-, Nachlass-, Grundbuch- und Registersachen (Handels- oder Vereinsregister) zu regeln. Hinsichtlich des Verfahrens besteht der Unterschied darin, dass hier der Untersuchungsgrundsatz gilt und Verfahren zum einen durch Antrag, zum anderen aber auch von Amts wegen beginnen. Die Bezeichnung ist allerdings irreführend, weil im Zivilprozess nicht notwendigerweise gestritten werden muss, z. B. bei einem Anerkenntnis, während in manchen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geradezu typischerweise gestritten wird, z.B. bei der Entziehung der elterlichen Sorge oder der Regelung von Streitigkeiten unter Wohnungseigentümern. Vor die streitige Gerichtsbarkeit gehören alle zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten i. S. v. § 13 GVG, sofern sie nicht durch besondere Vorschriften, z. B. durch § 2 ArbGG dieser entzogen sind. Vor die Zivilgerichte gehören aber auch Streitigkeiten aus dem öffentlichen Recht, soweit dies gesetzlich angeordnet ist, z. B. Entschädigungsansprüche wegen Enteignung (Art. 14 Abs. 3 GG) oder Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 S. 3 GG; vgl. im Einzelnen Zöller-Gummer, § 13 GVG, Rnn. 60 ff.). Für jede Gerichtsbarkeit existiert ein eigenes Prozessrecht (zur Auslegung des Zivilprozessrechts, vgl. Reichold, in: Thomas/Putzo, Einl. VI, Rnn. 1 ff.). Für Rechtsstreitigkeiten, die im weitesten Sinne Arbeitsverhältnisse betreffen, sind die Arbeitsgerichte zuständig. Der Instanzenzug reicht vom Arbeitsgericht zum Landesarbeitsgericht (als Berufungs- und Beschwerdeinstanz) bis zum Bundesarbeitsgericht (als Revisions- und Rechtsbeschwerdegericht), das seit 1999 seinen Sitz in Erfurt hat. Das Verfahren regelt im Wesentlichen das Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), ergänzend die ZPO. Zu den arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zählen alle Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, insbesondere Streit um Lohn, Kündigung, Schadensersatz oder Streitigkeiten über die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes. Demgegenüber sind Rechtsstreitigkeiten, bei denen es um Normen aus dem Bereich des öffentlichen Rechts geht, grundsätzlich vor den Verwaltungsgerichten
1. Allgemeine Grundlagen zur Gerichtsbarkeit
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zu führen. Für Streitigkeiten, die das Steuerrecht bzw. Sozialrecht berühren, sind eigene Gerichtsbarkeiten, die Finanz- und die Sozialgerichtsbarkeit, geschaffen worden; zu erwähnen ist weiterhin noch die sog. Patentgerichtsbarkeit (Art. 96 GG). Über diesen Gerichten steht die Verfassungsgerichtsbarkeit (Art. 95 GG), die von den Staatsgerichtshöfen der Länder und vor allem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als höchstem Gericht in der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Karlsruhe wahrgenommen wird. Das BVerfG befasst sich grundsätzlich mit verfassungsrechtlichen Fragen, denen häufig auch direkte politische Bedeutung zukommt. Es entscheidet u. a. über die Vereinbarkeit von Bundes- und Landesrecht mit der Verfassung, über Verfassungsbeschwerden von Personen wegen Verletzung der Grundrechte durch die öffentliche Verwaltung oder auch über eine mögliche Verfassungswidrigkeit von Parteien. Entscheidungen des BVerfG sind für alle Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie für alle Gerichte bindend. Neben den staatlichen Gerichten hat der Gesetzgeber aber auch private Gerichte (z. B. DFB-Sportgericht) zugelassen, die - bei freiwilliger Unterwerfung der Beteiligten und bei kleineren Delikten - die Regelung von innerbetrieblichen (oder auch verbandsinternen) Streitigkeiten zur Aufgabe haben. Von erheblicher Bedeutung für handels- und wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten sind oftmals die, ebenfalls zu den privaten Gerichten zählenden, Schiedsgerichte. Durch eine einvernehmliche Vereinbarung können Parteien bestimmen, dass ein Streitfall zwischen ihnen nicht vor den staatlichen Gerichten, sondern vor (i. d. R. speziell sachkundigen) Schiedsrichtern entschieden werden soll. Ein derartiges Vorgehen wird insbes. dann vorteilhaft sein, wenn es sich um schwierige, komplexe wirtschaftsrechtliche Streitfragen handelt oder auch bei Streitfragen, in denen ausländisches Recht eine Rolle spielt. Vorteil eines derartigen schiedsrichterlichen Verfahrens, das einen entsprechenden Schiedsvertrag voraussetzt, ist ein relativ unbürokratischer, flexibler und schneller Ablauf (vgl. Jauernig, § 921). Darüber hinaus wird zunehmend eine außergerichtliche Beilegung zivilrechtlicher Streitigkeiten angestrebt und ermöglicht. Die Gründe hierfür bestehen u. a. in der Vermeidung langwieriger kostenträchtiger Gerichtsverfahren, in der größeren Flexibilität hinsichtlich der Lösungsmöglichkeiten und in der Entlastung der Gerichte. Eine Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung bieten die außergerichtlichen Schlichtungsstellen, die angerufen werden können (aber nicht müssen), u.a. Handwerkskammern ( § 9 1 Abs. 1 Nr. 11 HandwerksO), Ärztekammern für Arzthaftungsfälle oder wettbewerbsrechtliche Einigungsstellen in Wettbewerbssachen (§ 27 a UWG). Die seit dem 1.1.2002 geltende Öffnungsklausel des § 15 a EGZPO ermöglicht es den Bundesländern, für bestimmte Streitigkeiten, vermögensrechtlich bis 750 € (Amtsgericht), bei Nachbarstreitigkeiten oder Beleidigungsklagen die Durchführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens vor Zulässigkeit der Anrufung eines ordentliches Gerichts anzuordnen. In diesem Fall ist eine Klage erst nach
360
Grundzüge der Zivilprozessordnung
einer „erfolglosen" Güteverhandlung zulässig (außergerichtliche Streitbeilegung vor Gütestellen gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Eine weitere Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung ist der Anwaltsvergleich nach §§ 796 a ff. ZPO. Es handelt sich um eine besondere Form des außergerichtlichen Vergleichs, der durch Vollstreckbarerklärung - durch Gericht oder Notar - zu einem außergerichtlichen Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 14b ZPO) führen kann. In neuerer Zeit hat in Deutschland die „Mediation" an Bedeutung gewonnen. Es handelt sich dabei um eine in den USA entwickelte Form der außergerichtlichen, von den Parteien selbst erarbeiteten, einvernehmlichen Konfliktlösung mit Hilfe eines unparteiischen Mediators (i. d. R. eines Rechtsanwalts) ohne Entscheidungsbefugnis. Der Zweck der Mediation besteht also in der Vermeidung eines Prozesses. Diese Form der außergerichtlichen Streitvermittlung ist besonders in familienrechtlichen Konflikten, z. B. Ehescheidungssachen und Angelegenheiten, die die elterliche Sorge betreffen, von großer Bedeutung. Das Zivilprozessrecht regelt das Verfahren, mit dem der Staat seiner - oben erwähnten - Justizgewährungspflicht im Bereich des Privatrechts nachkommt. Der Zivilprozess ist danach ein staatlich angeordnetes und geregeltes Verfahren vor den Gerichten des Staates zur Feststellung, Gestaltung, Durchsetzung oder zum vorläufigen Rechtsschutz der privatrechtlichen Rechte des Einzelnen. Vor die Zivilgerichte kommen alle „bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten" gem. § 13 GVG sowie solche Sachen, die auf Grund spezialgesetzlicher Regelung den Zivilgerichten zur Entscheidung zugewiesen sind. Im Zivilprozess gilt das „Zweiparteienprinzip", d.h. es gibt (nur) zwei Parteien, den „Kläger" und den „Beklagten". Das Zweiparteienprinzip bzw. ZweiParteien-System lässt es grundsätzlich nicht zu, dass die Parteien personengleich sind. Auf jeder Parteiseite können mehrere Personen stehen. Sie sind dann Streitgenossen, haben aber dieselbe Parteirolle (vgl. Jauernig, § 18 VI).
2. Aufbau, Organisation und Instanzenzug der Zivilgerichtsbarkeit Aufbau und Organisation der ordentlichen Gerichte sind im Gerichtsverfassungsgesetz (= GVG) geregelt. Vor diese ordentlichen Gerichte gehören - wie erwähnt nach § 13 GVG die zivilrechtlichen Streitigkeiten und die Strafsachen. Die Gerichte (Amtsgericht, Landgericht etc.) sind organisatorische Einheiten, bei denen wiederum einzelne (regelmäßig gleichartige) „Spruchkörper" bestehen. Diese Spruchkörper sind das „Prozessgericht" bzw. das erkennende Gericht i. S. d. Zivilprozessordnung (= ZPO). Sie fällen die Entscheidungen. Die Spruchkörper sind mit Richtern besetzt, die in ihrer Entscheidungsfindung sachlich und persönlich unabhängig sind (Art. 97 GG) und nur an Recht und Gesetz gebunden sind. Keine rechtliche (wohl aber eine faktische) Bindung besteht hinsichtlich der Rechtsprechung des BGH; es gibt aber - anders als im anglo-amerikanischen Rechtskreis - keine Präju-
2. Aufbau, Organisation und Instanzenzug der Zivilgerichtsbarkeit
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dizienrechtsprechung. So besitzen z. B. die Entscheidungen der obersten englischen Gerichte (House of Lords; Court of Appeal) gesetzesähnliche Wirkung.
Die Zivilgerichtsbarkeit weist in Deutschland einen vierstufigen Aufbau auf, Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte als Gerichte der Länder und der Bundesgerichtshof in Karlsruhe als Gericht des Bundes. In Bayern besteht das Bayerische Oberste Landesgericht, das als dritte Instanz anstelle des BGH in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten entscheidet, in denen für die Entscheidung kein Bundesrecht in Betracht kommt oder in denen eine wesentliche Rechtsnorm angewendet wird, die in Landesgesetzen enthalten ist (§ 8 EGGVG; § 9 EGZPO).
1. Instanz
2. Instanz
3. Instanz
Amtsgericht (§ 23 GVG)
Landgericht (§ 71 GVG)
Berufung
Berufung
Landgericht (§ 72 GVG)
Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG)
Revision
Revision
Bundesgerichtshof (§ 133 GVG)
Abb. B.2. Instanzenzug in Zivilsachen Auf der untersten Ebene befinden sich die Amtsgerichte (AG). Spruchkörper sind hier immer der Einzelrichter (§ 22 GVG). Beim „Familiengericht", d. h. einer besonderen Abteilung des AG, heißt der Einzelrichter „Familienrichter". Die AG sind nach §§ 23, 23 a GVG für alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis einschließlich 5 000 € zuständig sowie - unabhängig von der Höhe des Streitwerts für bestimmte Mietstreitigkeiten sowie für Kindschafts-, Unterhalts- und Ehesachen. 1998 wurden erstinstanzlich von den AG ca. 1,6 Mio. Verfahren, von den LG ca. 400 000 Verfahren entschieden (vgl. Statistisches Jahrbuch für Deutschland, 2001, Statistik 15.4.1). Die Masse der am AG zu bearbeitenden Fälle erzwingt heute vielfach eine äußerst schnelle und unpersönliche Abwicklung.
362
Grundzüge der Zivilprozessordnung
Landgerichte (LG) sind zuständig für alle anderen Streitigkeiten (vgl. § 71 GVG). Spruchkörper bei den LG sind die „Zivilkammern" (§ 75 GVG) mit je einem Vorsitzenden Richter und zwei weiteren Richtern. Die Zivilkammer entscheidet allerdings grundsätzlich nicht (mehr) als Gremium, sondern durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter (§ 348 ZPO). Die Übertragung der Sache auf einen Einzelrichter steht nicht im Ermessen der Kammer. Es gilt der Grundsatz des originären Einzelrichters. In handelsrechtlichen Streitigkeiten können an den LG (nicht an den AG) besondere „Kammern für Handelssachen (KfH)" gebildet werden, die mit je einem Berufsrichter als Vorsitzenden und zwei aus der kaufmännischen Praxis stammenden Personen als „ehrenamtliche Richter" besetzt sind (§ 105 GVG). Es handelt sich hierbei um eine Frage der funktioneilen Zuständigkeit. Die Kammer für Handelssachen wird nur auf Antrag der Parteien funktionell zuständig, vorausgesetzt, dass es sich um eine „Handelssache" (§ 95 GVG) handelt. Diese (ehrenamtlichen) „Handelsrichter" (§ 45 a DRiG) müssen kaufmännisch qualifiziert sein; sie werden auf Vorschlag der Industrieund Handelskammern für die Dauer von vier Jahren ernannt (§ 108 GVG); beim AG gibt es keine KfH. Die Einbeziehung von ehrenamtlichen „Richtern" erfüllt dabei den Zweck, dass berufsspezifische Sachkunde eingebracht wird und damit gleichzeitig das Vertrauen der Prozessparteien in die Erfassung ihrer speziellen Situation gesteigert wird. Das Heranziehen derartiger ehrenamtlicher Richter findet man auch in anderen Gerichtsbarkeiten, z. B. in der Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit, ebenso in der Form der Schöffen an den unteren Strafgerichten; äusserlich zeigt sich der Unterschied darin, dass die ehrenamtlichen Handelsrichter im Gegensatz zu den Schöffen eine Richterrobe tragen. An den Oberlandesgerichten (OLG; in Berlin: Kammergericht (KG)) bestehen als Spruchkörper Zivilsenate mit einem Vorsitzenden Richter und zwei weiteren Richtern (§ 122 Abs. 1 GVG). Grundsätzlich gibt es ein OLG in jedem Bundesland (in einigen Bundesländern auch mehrere OLG); AG, LG und OLG sind Gerichte der Länder. Die OLG sind grundsätzlich nur in zweiter Instanz zuständig für die Berufung bzw. Beschwerde gegen erstinstanzliche Entscheidungen der LG. Sie sind weiterhin zuständig für Berufung und Entscheidungen gegen Entscheidungen der AG in Kindschafts- und Familiensachen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG) sowie in Zivilsachen mit Auslandsbezug. Zu beachten ist die sog. Experimentierklausel. Die Bundesländer können den Berufungsrechtszug in allgemeinen Zivilsachen für eine Erprobungsphase bis zum 31.12.2007 abweichend dahin gehend regeln, dass die (einzelnen) Oberlandesgerichte auch für Berufungen gegen Urteile des AG zuständig sein sollen (§ 119 Abs. 3-6 GVG). Das LG als Berufungsinstanz scheidet dann als Berufungsinstanz aus. Der Sinn und Zweck dieser Experimentierklausel besteht darin, zu erproben, ob und inwieweit eine Übertragung aller Berufungen auf die OLG sinnvoll ist, um von einem vierzu einem dreistufigen Gerichtsaufbau zu kommen. Beim Bundesgerichtshof (BGH) bestehen als Spruchkörper Zivilsenate, die mit fünf Richtern (einem Vorsitzenden Richter und vier beisitzenden Richtern) besetzt
3. Erkenntnis verfahren
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sind (§ 139 GVG). Der BGH ist die Revisionsinstanz für alle Berufungsurteile. Vor der Zivilprozessreform gab es gegen landgerichtliche Berufungsurteile keine Revision (§ 133 GVG); der Instanzenzug vom AG zum LG endete beim LG. Weitere Spruchkörper (zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) in Zivilsachen sind der „Große Senat für Zivilsachen" (§ 132 Abs. 2 GVG) und die „Vereinigten Großen Senate" (§ 132 Abs. 3 GVG); zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung der verschiedenen obersten Gerichte ist der „Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe" vorgesehen (Art. 95 GG). Nach Art. 101 Abs. 1 GG ist der gesetzliche Richter sowohl der Spruchkörper (das Prozessgericht) sowie auch der diesem angehörige einzelne Richter. Welcher Spruchkörper für eine Sache zuständig ist und welche Richter dem Spruchkörper angehören, bestimmt sich nach dem (internen) Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (§ 21 e GVG). Dieser Geschäftsverteilungsplan wird durch das Präsidium des Gerichts in richterlicher Unabhängigkeit beschlossen (Selbstverwaltung). Welcher Richter innerhalb des Spruchkörpers zuständig ist, etwa als Einzelrichter oder Berichterstatter, wird durch den kollegiumsinternen Geschäftsverteilungsplan bestimmt. Um Manipulationen auszuschließen, müssen die Geschäftsverteilungspläne die zur Entscheidung berufenen Richter im Voraus nach abstrakten Kriterien bestimmen, z.B. nach Sachgebieten, Wohnort der Parteien oder Reihenfolge des Eingangs der Sachen.
3. Erkenntnisverfahren a. Einleitung Bevor ein Gerichtsverfahren angestrebt wird, sollten sowohl in rechtlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht eingehende Überlegungen vorausgehen. Während sich die rechtlichen Überlegungen auf die Erfolgsaussichten beziehen, zielen die wirtschaftlichen Überlegungen auf ein Abwägen dieser Erfolgsaussichten mit dem (Prozess-)Kostenrisiko ab. Hinsichtlich der Gerichtskosten, die sich - abhängig vom Streitwert - aus den entsprechenden Gebührentabellen des Gerichtskostengesetzes (GKG) abschätzen lassen und vor allem der Gebühren für den Rechtsanwalt, die sich seit dem 1.7.2004 nach dem Rechtsanwalts Vergütungsgesetz (RVG) bestimmen, muss ein Kläger regelmäßig in Vorlage treten. Rechtsanwaltsgebühren beinhalten dabei u. a. Grundgebühren, Verfahrens- und Termingebühren. Das RVG löst die bisherige BRAGO ab. Das RVG enthält ein der wirtschaftlichen Entwicklung angepasstes (und leistungsorientiertes) anwaltliches Vergütungsrecht. Oftmals kommen noch Aufwendungen für Sachverständigengutachten hinzu. Wer letztlich die Kosten zu tragen hat, wird durch das Urteil bestimmt. Grundsätzlich hat sie der Prozessverlierer zu tragen. Ist einem Kläger nur teilweise Recht gegeben worden, so werden bestimmte Kostenverteilquoten festgelegt.
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Ein Kläger sollte allerdings in diesem Zusammenhang auch die Vollstreckungsaussichten berücksichtigen. Der Titel nutzt nichts, wenn der Schuldner kein Vermögen hat; in diesem Fall muss der Kläger neben seinen eigenen Anwaltskosten auch die Gerichtskosten bezahlen; es gilt also das Motto: „Wer die Musik bestellt, bezahlt". Um das Kostenrisiko geringer zu halten, kommt es - insbesondere bei sehr hohen Streitwerten - zu sog. „Testprozessen", in denen zunächst versucht wird, nur einen kleinen Teil der gesamten Forderung einzuklagen. Das Kostenrisiko kann üblicherweise durch den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung gemindert werden, mit der jedoch nur bestimmte Risiken abgedeckt werden können. Die Rechtsschutzversicherung übernimmt im Rahmen ihrer Versicherungsbedingungen die Kosten der anwaltlichen Beratung und des Prozesses. Nicht zu unterschätzen ist schließlich auch der eigene Zeitaufwand, der bei Rechtsstreitigkeiten erforderlich werden kann und der gerade im Hinblick auf geringere Streitwerte häufig in keinem Verhältnis mehr zu den möglichen Erfolgsaussichten steht. Im Rahmen eines Zivilprozesses unterscheidet man grundsätzlich zwischen dem Erkenntnisverfahren und dem Zwangsvollstreckungsverfahren. Im ersten Stadium, dem im 1.-7. Buch der ZPO geregelten Erkenntnisverfahren, das durch eine Klage eingeleitet wird, prüft das Gericht, ob der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten tatsächlich besteht. Dieses Verfahren endet häufig mit einem mit einem Urteil (§§ 300 ff. ZPO). Durch die Urteilsformel wird der geltend gemachte Anspruch ganz oder teilweise zuerkannt oder abgewiesen. Die Urteile ergehen „Im Namen des Volkes" (§311 Abs. 1 ZPO). In Strafsachen muss ein Täter vor Gericht angeklagt werden („Wo kein Kläger, da kein Richter"). Die Anklage ist Sache des Staatsanwaltes. In einem Strafverfahren wird nicht abgewiesen, sondern „freigesprochen"; außerdem spricht man in einem Strafprozess vom „Angeklagten", im Zivilprozess von dem „Beklagten". Wenn sich der unterlegene Beklagte, der nun Schuldner genannt wird, dem Urteil nicht fügt, kann der „obsiegende" Kläger, der nun Gläubiger heißt, beantragen, dass sein Anspruch durch staatliche Organe zwangsweise durchgesetzt wird (Zwangsvollstreckungsverfahren). Voraussetzung für eine Zwangsvollstreckung ist ein vollstreckbarer Titel, eine Völlstreckungsklausel und die Zustellung des Titels an den Schuldner. Vollstreckbare Titel sind in erster Linie Urteile; ein nicht rechtskräftiges Urteil kann unter bestimmten Voraussetzungen für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Es gibt außer Urteilen noch andere Vollstreckungstitel, u. a. den Vollstreckungsbescheid auf Grund eines Mahnverfahrens (§§ 688 ff. ZPO), den Prozessvergleich und die Unterwerfung sowie die sofortige Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde (vgl. § 794 ZPO). Die Vollstreckungsklausel wird vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts auf eine Ausfertigung des Titels gesetzt. Die Zustellung des Titels an den Schuldner kann vor oder gleichzeitig mit der Durchführung der Vollstreckung an den Schuldner erfolgen.
3. Erkenntnisverfahren
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Die Durchführung der Zwangsvollstreckung richtet sich nach der Art des zu vollstreckenden Anspruchs. Für die Vollstreckung wegen Geldforderungen in bewegliche Sachen sowie für Herausgabeansprüche ist der Gerichtsvollzieher das zuständige Völlstreckungsorgan, der diese Gegenstände pfändet und versteigert. Für die Vollstreckung in Geldforderungen ist das AG, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, als Vollstreckungsgericht zuständig; funktioneil ist es der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 17 RPflG). Bei der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Schuldners, also bei Grundstücken, Erbbaurechten oder Wohnungseigentum kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Zunächst kann eine Zwangsversteigerung durch das AG (als Vollstreckungsgericht) erfolgen; möglich ist auch eine Zwangsverwaltung und schließlich besteht in bestimmten Fällen auch die Möglichkeit der Eintragung einer Sicherungshypothek durch das Grundbuchamt; bei der Vollstreckung in Immobilien sind neben den Vorschriften der ZPO auch die Vorschriften des ZVG zu beachten. Die Gesamtvollstreckung, d. h. die (gleichmäßige) Befriedigung aller Gläubiger durch Verwertung des gesamten Schuldnervermögens erfolgt auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Die Vorschriften in der ZPO gehen von einem Verfahren (in der ersten Instanz) vor dem LG aus. Für die Verfahren vor den AG gelten bis auf einige Sondervorschriften (vgl. §§ 495 ff. ZPO) dieselben Regeln. So entscheidet am AG stets ein Einzelrichter. Er vereinigt in sich die Funktion des Vorsitzenden und des Prozessgerichts. Es besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang. Zu beachten ist weiterhin die Zulässigkeit des obligatorischen Schlichtungsverfahrens für Zahlungsklagen bis 750 €, soweit die Regelung des § 15 a EGZPO in dem jeweiligen Bundesland eingeführt worden ist. Das AG kann, wenn der Streitwert 600 € nicht übersteigt, nach billigem pflichtgemäßen Ermessen sein Verfahren bestimmen, z. B. durch eine telefonische Vernehmung eines Zeugen (vgl. „Bagatell- oder Kleinverfahren" nach § 495 a ZPO; auf Antrag muss mündlich verhandelt werden). In diesem Fall kann im Urteil der Tatbestand ohne weiteres entfallen; die Entscheidungsgründe können dann entfallen, wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen ist und das AG die Berufung nicht zugelassen hat (vgl. Reichold, in: Thomas/ Putzo, § 495 a ZPO, Rn. 3). Die ZPO ist seit ihrem Inkrafttreten mehrfach geändert worden, insbesondere um den veränderten Lebensverhältnissen, Auffassungen und sonstigen Erfordernissen Rechnung zu tragen, z. B. durch die Einrichtung von „Familiengerichten". Eine umfassende Reform ist durch die Zivilprozessreform 2002 bewirkt worden. Mit der am 1.1.2002 in Kraft getretenen Zivilprozessreform verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, den Zivilprozess bürgernäher, effizienter und transparenter zu machen. Zur Erreichung dieser Ziele wurden folgende Änderungen vorgenommen, z.B. Stärkung der ersten Instanz, originärer Einzelrichter beim LG (§ 348 ZPO) sowie Förderung der Schlichtung (vgl. § 278 ZPO, grundsätzliche Güteverhandlung), Berufungsinstanz als grundsätzliche Instanz zur Rechtsfehlerkontrolle mit vereinfachter Zurückweisung erfolgloser Berufungen (§§ 522, 529 ZPO), Abschaffung der Streitwertrevision durch Revisionsmöglichkeit auch bei Prozessen mit geringem Streitwert
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
(§ 543 ZPO), Konzentration des Revisionsverfahrens auf Rechtssachen mit grundsätzlicher Bedeutung, zur Rechtsfortbildung und zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. (§ 543 ZPO). b. Ablauf des Zivilprozesses aa. Überblick Der Zivilprozess lässt sich - ebenso wie andere gerichtliche Verfahren in verschiedene Phasen einteilen. Ablauf eine > Zivilprozesses Eröfl nung Klageerhebung (mit Entscheidiing über das weitere Vorgehen) Vorbe eitung Schriftliches Vorverfahrer oder früher erster Termin Entscheidung über den Inhalt des Haupttermins Durch- ührung Haup termin Entscheidung üb srdie Hauptsache
Überp rüfung Einlegung von Rechtsmitteln
Entscti eidung l.d.R. rechtsk räftiges Urteil
Abb. B.3. Verfahrensablauf
bb. Klageerhebung Jeder Zivilprozess beginnt mit der Erhebung einer Klage. Die Klageerhebung erfolgt in zwei Akten, zum einen durch Einreichung einer Klageschrift bei Gericht und durch die Zustellung der Klage an den Beklagten „von Amts wegen" (§ 253 Abs. 1, 261 ZPO). Der Zivilprozess kommt also nach der Dispositionsmaxime erst durch Maßnahmen des Klägers in Gang. Mit Eingang der Klage bei Gericht tritt der Prozess in seine Einleitungsphase, in der zunächst auch der Beklagte in das Prozessrechtsverhältnis einbezogen wird. Aufgabe des Richters in der sog. Eröffnungsphase ist es, eine Entscheidung über das weitere Vorgehen zu treffen. Der Richter bekommt die Akte allerdings nicht direkt auf seinen Tisch. Sobald die Klageschrift bei Gericht eingeht, ist diese organisatorisch zu erfassen. Hierzu wird sie von der Briefeingangsstelle des Gerichts zunächst zur Geschäftsstelle gebracht. Hier wird jede neu eingehende Klage zunächst in das Zivilprozessregister eingetragen. Es handelt sich hierbei
3. Erkenntnis verfahren
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um ein Verzeichnis, in dem sämtliche beim Gericht anhängig gewordenen Zivilprozesse chronologisch in der Reihenfolge ihres Eingangs erfasst und durchlaufend nummeriert werden. An dieser Nummer wird dann unter Hinzufügung des Registerzeichens und ggf. der Abteilungsnummer der Geschäftsstelle das Aktenzeichen gebildet, der Aktendeckel angelegt, die der statistischen Erfassung dienende Zählkarte ausgefüllt und eine Eintragung der Sache im Namensverzeichnis vorgenommen sowie eine Aktenkontrolle eingerichtet. Die Geschäftsstelle legt die Akte danach dem Kostenbeamten vor, der den Kostenvorschuss überprüft und diesen anfordert. Erst danach wird die Akte wieder über die Geschäftsstelle, die alle büromäßigen Aufgaben und insbesondere die Aktenverwaltung wahrnimmt, dem Richter vorgelegt, der nun eine Entscheidung über die Wahl der Vorverfahrensart zu treffen hat (vgl. Oberheim, § 6, Rn. 4). Die Klageschrift muss bestimmten, gesetzlich festgelegten Anforderungen genügen. Diese muss zwingend die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts enthalten. Ebenso sind der Gegenstand und der Grund der Klage anzugeben (§ 253 Abs. 2 ZPO). In der Klageschrift ist ein bestimmter Antrag anzukündigen (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Klageschrift muss als sog. bestimmender Schriftsatz eigenhändig, im Anwaltsprozess von einem Anwalt, unterschrieben sein. Die Einreichung durch Telefax reicht zur Wirksamkeit aus, wenn die Faxvorlage eigenhändig unterschrieben ist (BGH, NJW 1994, 2097). Der Sachverhalt muss jedenfalls in groben Zügen angegeben werden, damit die Klage von einer anderen (möglichen) Klage unterschieden werden kann. Rechtsanwalt Dr. Scholz An das LG Frankfurt (Anschrift) Klage Namens des Herrn M. Müller (genaue Anschrift - §§ 253 Abs. 2 Nr. 1; 130 Nr. 1 ZPO) - Klägers erhebe ich Klage gegen die Frau S. Maier (genaue Anschrift - §§ 253 Abs. 2 Nr. 1; 130 Nr. 1 ZPO) wegen Erfüllung des Kaufvertrags (§ 130 Nr. 1 ZPO)
- Beklagte
Im Termin zur mündlichen Verhandlung werde ich beantragen, die Beklagte zu verurteilen, 12 0 0 0 - € an den Kläger nebst Zinsen (§§ 288 Abs. 1,291 BGB) seit Klagezustellung zu zahlen. Der Wert des Streitgegenstands beträgt 12 000,- € (§ 253 Abs. 3 S. 1 ZPO) Begründung Vgl. §§ 253 Abs. 2, 130 Nrn. 3, 5 ZPO
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Einzelrichter stehen Gründe nicht entgegen (§ 253 Abs. 3 S. 2 ZPO). Eine beglaubigte und eine einfache Abschrift sind beigefügt (§§ 253 Abs. 5; 130 130 Nr. 1 ZPO). Gerichtsgebühren in Höhe von € sind eingezahlt (§ 65 GKG). Gez. Dr. Scholz (§ 130 Nr. 6 ZPO) Rechtsanwalt Abb. B.4. Inhalt einer Klageschrift
Nach ihrem Gegenstand und erreichbarem Ziel sind drei Klagearten der ZPO zu unterscheiden (vgl. anschaulich Oberheim, § 4, Rnn. 2 ff.). Eine Leistungsklage ist gerichtet auf eine Verurteilung des Beklagten zu einer Leistung, z. B. auf Zahlung einer Geldsumme. Bei einer Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geht es um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Ein häufiger Fall in der Praxis betrifft (im Schadenersatzprozess) die Klage auf Feststellung, dass der Schädiger zum Ersatz aller künftigen entstehenden Schäden, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht beziffert werden können, verpflichtet ist. Eine Gestaltungsklage ist gerichtet auf eine (Um-)Gestaltung der Rechtslage durch eine gerichtliche Entscheidung, z. B. im Falle einer Ehescheidungsklage oder einer Klage auf Auflösung einer OHG bzw. KG (vgl. Luke, Rnn. 125 ff.). Klage Leistungsklage (Regelfall) Feststellung eines Anspruchs +
gerichtlicher Leistungsbefehl für Zwangsvollstreckung
Feststellungsklage (§ 256 ZPO)
Gestaltungsklage (numerus clausus)
Feststellung eines Rechtsverhältnisses
unmittelbare Rechtsänderung durch Urteil
Abb. B.5. Klagearten Ergibt sich aus der Klageforderung die Zuständigkeit des LG, muss die Klage von einem Rechtsanwalt erhoben werden (Anwaltszwang). Hier wird der Rechtstreit von einem Mitglied der Kammer als Einzelrichter bearbeitet, verhandelt und entschieden. Ausnahmsweise entscheidet die Zivilkammer nach § 348 Abs. 1 S. 2 ZPO, wenn das als Einzelrichter berufene Kammermitglied noch Proberichter ist und noch kein Jahr in Zivilsachen tätig war sowie wenn nach § 348 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO die Zuständigkeit der Kammer nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts wegen der Zuordnung des Rechtsstreits zu den dort genannten Sachgebieten begründet ist, z.B. in Pressesachen, Anwaltssachen, Arzthaftungssachen oder Bausachen. Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit der Zivilkammer zur
3. Erkenntnisverfahren
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Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn die Sache besondere Schwierigkeit in tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, von grundsätzlicher Bedeutung ist oder die Parteien dies übereinstimmend beantragt haben (§ 348 Abs. 3 ZPO). Umgekehrt ist eine Übertragung der Sache auf den Einzelrichter in Angelegenheiten, für die eigentlich die Kammer zuständig wäre, möglich, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten macht bzw. keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 348 a ZPO). Der Einzelrichter tritt damit an die Stelle der Zivilkammer, d. h. er ist funktioneil zuständig (vgl. ausführlich Schellhammer, Rnn. 1499 ff.). cc. Früher Verhandlungstermin oder schriftliches Vorverfahren Der Richter, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Klage zuständig ist, prüft zunächst die Zulässigkeitsvoraussetzungen. In diesem Zusammenhang ist auf den bereits erwähnten § 15 a EGZPO hinzuweisen. Die Vorschrift ermächtigt die Länder, die Zulässigkeit einer Klage von dem vorherigen Versuch einer außergerichtlichen Streitbeilegung vor einer Gütestelle abhängig zu machen, in vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis 750 € , bei Nachbarstreitigkeiten oder bei Ehrverletzungen (vgl. hierzu Oberheim, § 6, Rn. 2). Hat ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle nicht stattgefunden, so muss das Gericht eine Güteverhandlung durchführen (§ 278 ZPO). Welches Verfahren der (Vorsitzende) Richter wählt, obliegt grundsätzlich seinem Ermessen. Wegen des Grundsatzes der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 1 ZPO) muss zur Entscheidung über die Klage grundsätzlich ein Verhandlungstermin anberaumt werden. Zur Vorbereitung des sog. Haupttermins, d. h. dem Verhandlungstermin, in dem die Sache erledigt werden soll hat der Richter die Wahl zwischen einem frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung oder einem schriftlichen Vorverfahren (§ 272 Abs. 2 ZPO). Einen frühen ersten Termin (§ 275 ZPO) wird er wählen, wenn der Rechtsstreit keiner weiteren Vorbereitung bedarf, wenn eine schnelle Entscheidung zu erwarten ist (z. B. Versäumnisurteil, Vergleich) oder wenn eine weitere Vorbereitung besser durch eine mündliche Erörterung anstatt eines schriftlichen Vorverfahrens erreicht werden kann. Mit Beginn der sog. Vorbereitungsphase, also zwischen Zustellung der Klageschrift und der ersten mündlichen Verhandlung, hat der Beklagte Gelegenheit, sich zur Klage zu äußern. Nach dem Leitprinzip des § 272 Abs. 1 ZPO soll ein Rechtsstreit möglichst in einem einzigen umfassend vorbereitenden Verhandlungstermin erledigt werden; dementsprechend bestimmen sich die Maßnahmen des Gerichts. So haben die Parteien (anwaltlich vertreten) insbesondere vorbereitende Schriftsätze einzureichen; sie sollen frühzeitig ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel umfassend vortragen. Das Gericht ist verpflichtet, in jedem Verfahrensstadium zu prüfen, inwieweit die Entscheidungsreife gefördert werden kann.
dd. Mündliche Verhandlung Die zentrale Durchführungsphase ist der Haupttermin (§ 278 ZPO). Die mündliche Verhandlung wird eröffnet mit dem Aufruf zur Sache.
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Die Verhandlung beginnt grundsätzlich mit einer Güteverhandlung, d. h. mit einer Erörterung des Rechtsstreits mit den Parteien zum Zwecke einer gütlichen Einigung im Wege eines Vergleichs. Hiervon darf das Gericht nur absehen, wenn die Güteverhandlung erkennbar aussichtslos erscheint, z. B. wenn intensive vorprozessuale Vergleichsbemühungen der Parteien bereits gescheitert sind (§ 278 Abs. 2 ZPO). Nach § 278 Abs. 2 ZPO ist die Güteverhandlung nicht eigentlich ein Bestandteil des Haupttermins, sondern eine eigene Veranstaltung, die den Haupttermin sogar in den Hintergrund drängt. Nach § 279 Abs. 1 S. 1 ZPO wiederum soll sich die mündliche Verhandlung, ob Haupttermin oder früher erster Termin, der gescheiterten Güterverhandlung unmittelbar anschließen. Tut sie das nicht, ist nach § 279 Abs. 1 S. 2 ZPO unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen. Nun ist aber ein separater Gütetermin selten geeignet, den Prozess zu beschleunigen oder gar zu verbessern, kann aber den zögernden Richter dazu verleiten, einer gründlichen Terminvorbereitung in einen Gütetermin auszuweichen. Dagegen hilft nur eines: die Güteverhandlung in den Haupttermin zu integrieren und erst nach gründlicher Vorbereitung zu terminieren, so wie es die unreformierte ZPO auch schon vorgesehen hat (Schellhammer, Rn. 500). Sie findet daher i. d. R. entweder im frühen ersten Termin oder - beim schriftlichen Vorverfahren - im Haupttermin statt. Zu diesem Termin ist das persönliche Erscheinen der Parteien anzuordnen (§ 278 Abs. 3 ZPO). Erscheinen beide Parteien nicht (und sind sie auch nicht vertreten), ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen (§§ 278 Abs. 4, 251 ZPO). Im Falle einer Einigung wird dieser Vergleich protokolliert (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO); es handelt sich um einen Vollstreckungstitel. Der Rechtsstreit ist damit beendet. Anderenfalls wird die mündliche Verhandlung fortgesetzt (§ 279 Abs. 1 ZPO). In diesem Rahmen haben die Parteien ihre Anträge zu stellen und diese zu begründen (§ 137 ZPO). Die Anträge sind dabei gem. § 297 Abs. 1 ZPO aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen oder zu Protokoll zu erklären. Der Sachvortrag ist nach § 137 Abs. 2 ZPO in freier Rede zu halten. In der Praxis ist es jedoch üblich, dass die Anwälte für Anträge und Sachvortrag auf ihre vorbereitenden Schriftsätze Bezug nehmen (§§ 297 Abs. 2,137 Abs. 3 ZPO). Nur zu besonders bedeutsamen Aspekten oder zu Fragen des Gerichts wird konkret Stellung genommen. Anschließend schildert das Gericht aus seiner Sicht den Sach- und Streitstand und hört hierzu die Parteien bzw. deren Prozessvertreter, wobei es verpflichtet ist, die rechtliche und tatsächliche Erörterung und Aufklärung des Streitstoffes möglichst umfassend vorzunehmen (§§ 136 Abs. 3, 139 Abs. 1 ZPO), um die sachgerechte Entscheidung des Rechtsstreits zu fördern und herbeizuführen. Das Gericht hat im Rahmen seiner umfassenden Aufklärungspflicht darauf hinzuwirken (§ 139 ZPO), dass die Parteien (möglichst) alle entscheidungserheblichen Tatsachen vortragen und sachdienliche Anträge, z.B. Beweisanträge, stellen. Auch in diesem Verfahrensabschnitt versucht der Richter - sofern hierzu ein Anlass besteht - auf einen Vergleich hinwirken (§ 278 ZPO). Im Anschluss an diese streitige Verhandlung und Erörterung des Rechtsstreits folgt, soweit erforderlich, eine Beweisaufnahme, z. B. durch Vernehmung von Zeugen. Diese erfolgt regelmäßig in einem weiteren Termin (vgl. § 361 ZPO). An-
4. Verfahrensgrundsätze
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genommen, die Klage ist zulässig und schlüssig, dann ist der Rechtstreit, wenn der Beklagte unerheblich ist, auch ohne Beweisaufnahme entscheidungsreif. Ist der Rechtsstreit entscheidungsreif, dann beschließt der Richter nach einer (geheimen) Beratung (§ 309 ZPO) oder der Einzelrichter nach einer Denkphase das Urteil (§ 300 Abs. 1 ZPO) entweder im Termin oder aber - was häufiger ist - in einem später angesetzten Verkündungstermin. Ein Urteil besteht aus der Eingangsformen („Im Namen des Volkes" - § 311 Abs. 1 ZPO), aus dem Urteilskopf („Rubrum", § 313 Abs. 1 Nr. 1-3 ZPO), aus der Urteilsformel (Urteilstenor, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) und den Gründen. Die Urteilsformel besteht aus dem Hauptausspruch, der Kostenentscheidung und der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit. Die Begründung gliedert sich in einen Tatbestand und den Entscheidungsgründen (§313 ZPO). Der Tatbestand enthält dabei eine gedrängte Zusammenfassung des Sach- und Streitstands unter Hervorhebung der gestellten Anträge. In den Entscheidungsgründen hat der Richter darzulegen, wie er zu seiner Entscheidung gekommen ist, d. h. welche Tatsachen er festgestellt hat und welche Rechtsgründe maßgebend waren. Das Urteil ist vom Richter zu unterschreiben (§ 315 Abs. 1 ZPO). Das Endurteil ist der wichtigste, aber nicht der einzige Beendigungsgrund. Der Rechtsstreit kann u.U. vorher durch bestimmte Prozesshandlungen der Parteien beendet werden. Zu nennen sind z.B. die Klagerücknahme, der Prozessvergleich und die Erledigungserklärung in der Hauptsache. Mit dem Urteil ist das Verfahren in der betreffenden Instanz abgeschlossen. Eine Ausfertigung des Urteils wird den Parteien von Amts wegen zugestellt. ee. Rechtsmittel An die Durchführungsphase kann sich eine Überprüfungsphase anschließen. Mit Zustellung des Urteils beginnen die Rechtsmittelfristen. Gegen das Urteil kann die unterlegene Partei, die mit der Entscheidung nicht einverstanden ist, unter gewissen Voraussetzungen und unter Einhaltung einer bestimmten Frist Rechtsmittel einlegen, d. h. Berufung, Revision oder Beschwerde. Am Ende des Zivilprozesses steht normalerweise das rechtskräftige Urteil, das als „Titel" die Grundlage für eine spätere Zwangsvollstreckung ist, sofern nicht vorher eine vorläufige Vollstreckbarkeiti. d. R. gegen Sicherheitsleistung - angeordnet worden ist.
4. Verfahrensgrundsätze a. Einleitung In jedem Zivilprozess gelten bestimmte Grundsätze, die in zahlreichen Vorschriften der Zivilprozessordnung zum Ausdruck kommen. Diese Grundsätze beziehen sich teilweise auf die Stellung und Aufgaben der Parteien (z. B. Dispositionsmaxime), auf den Gang des Verfahrens (insbesondere Mündlichkeitsgrundsatz, Öffentlichkeitsgrundsatz und Konzentrationsmaxime), auf die Beweiserhebung (Grundsatz
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
der Unmittelbarkeit) sowie auf das Bestreben nach gütlicher Streitbeilegung. Die Kenntnis dieser Verfahrensgrundsätze (Prozessmaxime) ist Voraussetzung für das Verständnis eines Zivilprozesses. b. Dispositionsmaxime (Verfügungsgrundsatz) Nach der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime haben die Parteien grundsätzlich das Recht der Verfügung über den Streitgegenstand (Sprichwort: „Wo kein Kläger, da kein Richter"). Die Parteien haben es also in der Hand, ob ein Verfahren (durch Klage oder Antrag) überhaupt in Gang kommt, ob die Klage geändert wird, ob der Rechtsstreit, z. B. durch Klagerücknahme, Anerkenntnis oder Erledigungserklärung beendet wird oder das Verfahren in die nächsthöhere Instanz gelangt (Parteiherrschaft). Der Grundsatz der Privatautonomie, der das materielle Zivilrecht beherrscht, wirkt sich in dieser Weise im Zivilprozessrecht aus. Die Dispositionsmaxime ist das prozessuale Seitenstück zur Privatautonomie (Luke, Rn. 6). Die Parteien bestimmen durch ihre Anträge den Umfang der richterlichen Prüfung und Entscheidung (§§ 308,528,557 ZPO). Das Gericht darf den Parteien nicht mehr und nichts anderes als beantragt zuerkennen. Dem Gericht ist es selbstverständlich überlassen, der Klage nur teilweise stattzugeben oder sie ganz abzuweisen. Beispiel: Der Kläger beantragt Schadensersatz in Höhe von 2 000 €. Das Gericht darf dem Kläger in diesem Fall keinen höheren Schadensersatz zusprechen, auch wenn es dies für gerecht hält; ebenso wenig dürfte es grundsätzlich kein Schmerzensgeld zusprechen, wenn es vom Kläger nicht beantragt worden ist. Bei einem unbezifferten Antrag auf Schmerzensgeld ist eine Überschreitung der angegebenen Größenordnung möglich. Einschränkungen der Dispositionsmaxime können sich auf Grund eines besonderen öffentlichen Interesses ergeben, insbesondere in familienrechtlichen Streitigkeiten. So gibt es z. B. beim Scheidungsprozess kein Anerkenntnis, da das Scheitern der Ehe in jedem Fall von Amts wegen festgestellt werden soll. Den Gegensatz zur Dispositionsmaxime stellt das grundsätzlich im Strafprozess geltende „Offizialprinzip" dar, auf Grund dessen die Staatsanwaltschaft bei hinreichendem Tatverdacht zur Einleitung eines Strafverfahrens „von Amts wegen" befugt ist. Die Einleitung eines Strafverfahrens ist daher (verständlicherweise) nicht von der Zustimmung des Verdächtigen abhängig. Im Zivilprozess gilt das Offizialprinzip - mit Ausnahme der sog. Antragssachen - in der freiwilligen Gerichtsbarkeit. c. Verhandlungsgrundsatz Nach dem Verhandlungsgrundsatz darf das Gericht nur die von den Parteien vorgebrachten Darstellungen seiner Entscheidung zugrunde legen; es ist weder befugt
4. Verfahrensgrundsätze
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noch verpflichtet, „auf eigene Faust" Ermittlungen nach dem „wahren" Sachverhalt anzustellen (vgl. BVerfGE 67, 42). Zwischen den Parteien unstreitige Sachverhalte hat das Gericht nicht auf ihre Wahrheit hin zu überprüfen (§ 138 Abs. 3, 288 ZPO). Es gilt also das „Prinzip der formellen Wahrheit". Auch entscheiden die Parteien, ob sie für beweisbedürftige Tatsachen Beweis antreten wollen; das Gericht darf grundsätzlich nur dann Beweis erheben, wenn eine Partei dies beantragt hat Beispiel: Der Kläger verlangt von dem Beklagten Rückzahlung eines Geldbetrags in Höhe von 500 € mit der Begründung, es habe sich um ein Darlehen gehandelt. Der Beklagte bestreitet dies und trägt vor, es habe sich um eine Schenkung gehandelt. Der vom Kläger benannte Zeuge kann dies nicht bestätigen. In diesem Fall müsste das Gericht die Klage abweisen und dürfte nicht etwa andere Gesichtspunkte berücksichtigen, z. B. eine übermäßige Trunkenheit des Klägers, die zur Nichtigkeit seiner Willenserklärung führt (§ 105 Nr. 2 BGB). Das Gericht würde damit einen Verfahrensverstoß begehen, wenn es in diesem Fall einen Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB bejahen würde; die Trunkenheit des Klägers ist nicht Prozessstoff geworden. In einem (anwaltlichen) Schriftsatz ist darauf zu achten, dass man für jede beweispflichtige Tatsachenbehauptung Beweis anbietet. Besonders wichtig ist dies beim Zeugenbeweis, da diesbezüglich der Verhandlungsgrundsatz noch uneingeschränkt gilt. Bei den vier anderen Beweismitteln gilt der Verhandlungsgrundsatz nicht uneingeschränkt. So kann der Richter im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) die Inaugenscheinnahme anordnen („Ortstermin") oder Sachverständigenbeweis erheben nach § 144 ZPO, wenn die vorgetragenen Tatsachen eine solche Anordnung rechtfertigen, auch wenn dies keine Partei beantragt hat. Der Verhandlungsgrundsatz bezieht sich nur auf Tatsachen. Dagegen brauchen Rechtsausführungen grundsätzlich nicht gemacht zu werden. Die Anwendung der Rechtsnormen ist ausschließlich Sache des Gerichts („iura novit curia"; „da mihi facta, dabo tibi ius"). In der Praxis enthalten jedoch sämtliche anwaltliche Schriftsätze auch rechtliche Ausführungen, an die das Gericht selbstverständlich nicht gebunden ist, selbst wenn die Parteien diesbezüglich übereinstimmen. Einschränkungen des Verhandlungsgrundsatzes ergeben sich durch die Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO). Die Wahrheitspflicht bezieht sich allerdings nur auf die „ subjektive Wahrheit", nicht dagegen auf die „ objektive Wahrheit", die eine Partei oft nicht kennt bzw. kennen kann. Der Sinn und Zweck des Verhandlungsgrundsatzes verlangt es gerade, dass die Parteien ihre Tatsachen vortragen müssen. Ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht soll daher nur bei einer bewussten Lüge vorliegen, also bei einem „Vortrag wider besseres Wissen" (BGH, NJW 1098, 63; Luke, Rn. 23; Rosenberg-Schwab-Gottwald, § 65 VIII4; Schellhammer, Rn. 1276). Dagegen stellt das Vortragen von Tatsachenbehauptungen sowie das Bestreiten von Umständen, über die sich eine Partei nicht sicher ist und die sie möglicherweise für unrichtig hält, keinen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht dar; anders ist dies bei Vermutungen, die „ins Blaue hinein" - also ohne tatsächliche Anhaltspunkte vorgetragen werden (Luke, Rn. 23; BGH, NJW-RR 2002,1433).
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Im Gegensatz zum Verhandlungsgrundsatz steht der besonders für den Strafund Verwaltungsprozess (und auch im FGG-Verfahren) typische Untersuchungsgrundsatz (Inquisitionsmaxime), nach dem das Gericht „von Amts wegen" verpflichtet ist, den „wahren" Sachverhalt zu erforschen (Luke, Rn. 14). Im Zivilprozess besteht eine solche Pflicht nur hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen, bei Rechtsmitteln oder bei Prozesshandlungen. In diesem Zusammenhang spielt die Frage eine Rolle, inwieweit der Verhandlungsgrundsatz durch die richterliche Aufklärungs-, Hinweis- und Fragepflicht beeinflusst werden kann (§ 139 ZPO). Die Verpflichtung des Gerichts aus § 139 ZPO zielt darauf ab, dass die Parteien alle erheblichen Tatsachen vollständig vortragen (§§ 136 Abs. 3, 273 Abs. 1 ZPO), dass sie sachdienliche Anträge stellen und das der Streitgegenstand mit den Parteien in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erörtert wird (§ 278 Abs. 3 ZPO). Die Grenzen der Aufklärungs- und Hinweispflicht ergeben aber sich nicht eindeutig aus § 139 ZPO. Jedenfalls darf das Gericht nicht auf andere Sachverhalte bzw. neue Angriffs- und Verteidigungsmittel hinweisen oder eine Partei auffordern, eine Erklärung abzugeben, durch die sich die materielle Rechtslage verändern würde. Unzulässig wäre ein Hinweis auf ein Anfechtungs-, Rücktrittsrechts- oder Verjährungsrecht (vgl. zu Umfang und Grenzen der Aufklärungspflicht, Zöller-Greger, § 139 ZPO, Rnn. 2 ff. m.w.N.). d. Grundsatz des rechtlichen Gehörs Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs bedeutet, dass jede Partei Anspruch auf Anhörung hat. Dieser Anspruch ist verfassungsrechtlich garantiert. Dies ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG und aus Art. 6 Abs. 1 MRK. In der ZPO ist er nicht ausdrücklich normiert, sondern wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Das bedeutet, dass jede Partei das Recht hat, unterrichtet und angehört zu werden, bevor eine Entscheidung zu ihrem Nachteil ergeht. Ausnahmen von Grundsatz des rechtlichen Gehörs bestehen z.B. in einstweiligen Verfügungs- oder Arrestverfahren oder Vollstreckungsverfahren, also dort, wo eine vorherige Anhörung gerade dem Sinn und Zweck des Verfahrens widersprechen würde, weil das die Gefahr der Vereitelung staatlicher Maßnahmen bedeuten könnte. Der Betroffene kann dann jedoch stets nachträglich seine Meinung durch Rechtsbehelfe vortragen. Auf diesem Weg wird ihm dann nachträglich auch das rechtliche Gehör verschafft. e. Grundsätze der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und Öffentlichkeit Nach dem Grundsatz der Mündlichkeit muss der gesamte Streitfall in einer mündlichen Verhandlung „unmittelbar" vor dem erkennenden Gericht verhandelt werden. Grundsätzlich darf auch nur der Streitstoff Grundlage der Entscheidung sein, der in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist.
4. Verfahrensgrundsätze
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Anträge sind zu Protokoll zu geben; eine Erleichterung bedeutet § 129 ZPO, wonach durch einzureichende Schriftsätze die mündliche Verhandlung vorbereitet wird. In der Praxis werden in der mündlichen Verhandlung regelmäßig nur die Anträge gestellt unter Bezugnahme auf die bereits eingereichten Schriftsätze (vgl. § 129 ZPO); sowohl Prozessparteien als auch interessierte Zuhörer bekommen mitunter kaum mit, dass soeben „streitig verhandelt" worden ist. Dieser Grundsatz wird in mehreren Fällen durchbrochen, insbesondere beim Erlass eines Anerkenntnis- oder Versäumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren (§ 307 Abs. 2, 331 Abs. 3 ZPO), wenn sich beide Parteien gegenüber dem Gericht mit einem schriftlichen Verfahren einverstanden erklären (§ 128 Abs. 2 ZPO) oder wenn nur noch eine Kostenentscheidung zu treffen ist (§ 128 Abs. 3 ZPO), im sog. Schiedsverfahren nach § 495 a ZPO (mündliche Verhandlung erfolgt nur auf Antrag) sowie bei der Entscheidung nach Aktenlage (§§ 251 a, 331 a ZPO). Es gilt im übrigen der Grundsatz der Einheit der mündlichen Verhandlung. Das bedeutet, dass mehrere Verhandlungstermine in einem Prozess die sog. „einheitliche mündliche Verhandlung" darstellen. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit bedeutet, dass die mündliche Verhandlung vor dem zu erkennenden Gericht stattzufinden hat. Nach § 286 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht „unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung". Deshalb dürfen nur Richter, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, ein Urteil fällen (§ 309 ZPO); verkünden darf es auch ein anderer Richter. Grundsätzlich muss auch eine Beweisaufnahme vor dem zu erkennenden Gericht durchgeführt werden (§ 355 Abs. 1 ZPO). Sie kann in bestimmten Fällen einem beauftragten Richter (Mitglied des erkennenden Gerichts, § 361 ZPO) oder einem ersuchten Richter (z.B. Rechtshilfe, § 362 ZPO) übertragen werden, insbesondere bei der Vernehmung von Zeugen (vgl. Oberheim, § 1, Rn. 38; § 7, Rn. 22). Was darüber hinausgeht, ist verboten, nach § 295 Abs. 1 ZPO allerdings heilbar. Wenn ein Richter zwischen zwei Verhandlungsterminen wechselt, müssen die Parteien ihre Anträge und Behauptungen in der folgenden mündlichen Verhandlung wiederholen. Nicht wiederholen muss das Gericht eine Beweisaufnahme, obwohl der neue Richter sie nicht erlebt hat, sondern nur aus den Akten kennt. Beispiel: Ein neuer Richter kommt zum AG und findet eine Vielzahl an laufenden Prozessen vor. Kann er die Prozesse weiterführen oder muss er noch mal von vorne beginnen? Wegen des Prinzips der Unmittelbarkeit muss die mündliche Verhandlung wiederholt werden, wenn zwischen der letzten mündlichen Verhandlung und der Beschlussfassung über die Entscheidung ein Richterwechsel stattfindet (§ 309 ZPO). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, es, eine Entscheidung auf Grund eines unmittelbaren und persönlichen Eindrucks zu sichern (und nicht nur durch Akten oder Dritte). Allerdings muss nicht die gesamte mündliche Verhandlung und die Beweisaufnahme wiederholt werden, sondern es genügt in der nächsten mündlichen Verhandlung das Vortragen des bisherigen Ergebnisses, was in der Praxis durch die Bezugnahme auf die bisherigen Anträge und Schriftsätze geschieht. Hinsichtlich einer Beweisaufnahme sind die §§ 355 ff. ZPO und § 375 (für den Zeugenbeweis) zu beachten.
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist in den §§ 169 ff. GVG (und in Art. 6 MRK) normiert. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, dass eine Kontrolle der Allgemeinheit der sich vor dem Gericht abspielenden Vorgänge gewährleistet ist. Dieser Öffentlichkeitsgrundsatz besagt, dass - soweit es die örtlichen Gegebenheiten zulassen - ein Zutritt für beliebige (interessierte) Zuschauer gegeben sein muss. Dies bezieht sich daher nur auf die Saalöffentlichkeit. Nach § 169 S. 2 GVG sind Rundfunk-, Fernseh- und Filmaufnahmen während der Verhandlung unzulässig. Zur Zeit steht in der Diskussion, ob und inwieweit Fernsehaufnahmen aus Gerichtsverhandlungen zulässig sein sollen. Im Zivilprozess ist die Verhandlung, die Beweisaufnahme im Haupttermin sowie die Verkündung der Entscheidung öffentlich, die Beweisaufnahme vor beauftragtem oder ersuchtem Richter (§§ 361, 362, 375 ZPO) nur parteiöffentlich. Die Parteien dürfen immer teilnehmen (§ 357 Abs. 1 ZPO), prozessfremde Dritte sind ausgeschlossen. Ausnahmen bestehen diesbezüglich in Familien- und Kindschaftssachen (§ 170 GVG). Hier findet keine öffentliche mündliche Verhandlung statt; gleichwohl ist das Urteil öffentlich („Im Namen des Volkes") zu verkünden. f. Konzentrationsgrundsatz (Beschleunigungsmaxime) Ein Zivilprozess dauert in der ersten Instanz i. d. R. mehrere Monate, bei Berufungen oftmals bis zu ein Jahr. Die ZPO enthält schließlich einige Regelungen zur Verfahrensbeschleunigung. Ziel ist es, ein Zivilprozess möglichst zügig abzuschließen zu können (Konzentrationsgrundsatz). Das Verfahren soll in einem einzigen umfassend vorbereiteten Verhandlungstermin, entweder Haupttermin oder früher erster Termin, abgeschlossen werden können. Zu nennen sind etwa Vorschriften, wie z.B. unverzügliche, kurzfristige Terminierungen (§§ 216, 272, 279 Abs. 1 ZPO), die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO als allgemeines Mittel des Gerichts, durch möglichst frühzeitige Hinweise, Erörterungen auf eine schnelle und vollständige Beibringung der Tatsachen hinzuwirken (§ 139 ZPO) oder Fristenregelungen an die Parteien für Angriffs- und Verteidigungsvorbringen, bei deren Nichteinhaltung eine Präklusion, d. h. ein Ausschluss des verspäteten Vorbringens droht (§§ 275, 296 ZPO). Die Prozessförderungspflicht der Parteien nach § 282 ZPO verpflichtet die Parteien, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so rechtzeitig vorzubringen, wie es der sorgfältigen und auf die Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. g. Bestreben nach gütlicher Einigung Als weiterer Verfahrensgrundsatz wird nach der Reform nunmehr auch das Bestreben zu werten sein, dass Rechtsstreitigkeiten möglichst durch eine gütliche Einigung beigelegt werden sollen und nicht durch ein streitiges Verfahren und Urteil. Diesem Ziel dient z. B. die grundsätzliche obligatorische Güteverhandlung vor Beginn des streitigen Prozesses (§ 278 Abs. 2-6 ZPO, vgl. als Vorbildregelung § 54
5. Anhängigkeit und Rechtshängigkeit
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ArbGG). Weiterhin zählen hierzu die generelle Verpflichtung des Gerichts, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beendigung des Rechtsstreits hinzuwirken (§ 278 Abs. 1 ZPO). Zu erwähnen ist schließlich noch das Schlichtungsverfahren nach § 15 a EGZPO.
5. Anhängigkeit und Rechtshängigkeit Eine Klage hat sowohl in materiellrechtlicher Hinsicht als auch in prozessrechtlicher Hinsicht bestimmte Wirkungen. Manche Wirkungen treten bereits mit der Einreichung der Klage bei Gericht ein, andere erst mit Zustellung der Klage an den Beklagten. In diesem Zusammenhang werden auch die Begriffe Anhängigkeit und Rechtshängigkeit einer Klage verwendet. Mit der Klagerhebung - genauer mit Zustellung der Klageschrift - wird der Klageanspruch rechtshängig, selbst wenn die Klage vor einem unzuständigen Gericht erhoben worden ist (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO). Eine Klage ist rechtshängig von der Klageerhebung an bis zur Prozessbeendigung durch rechtskräftiges Urteil, Prozessvergleich (vgl. BGH, NJW 1959, 532), übereinstimmender Erledigungserklärung oder durch Klagerücknahme. Rechtshängig wird nur der Klageanspruch, nicht die Einwendungen des Beklagten. Die Rechtshängigkeit hat prozessuale (§§ 261, 263, 265 ZPO) und materiellrechtliche (§ 262 ZPO) Wirkungen. In prozessualer Hinsicht ist § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zu beachten. Danach ist eine spätere Klage wenn sie den gleichen Streitgegenstand betrifft, als unzulässig abzuweisen; dies gilt auch, wenn der Beklagte dies nicht rügt. Eine weitere prozessuale Wirkung besteht darin, dass die Zuständigkeit des Gerichts bestehen bleibt, auch wenn sich die zuständigkeitsbegründenden Umstände nach Eintritt der Rechtshängigkeit verändert haben, z. B. wenn der Beklagte während der Rechtshängigkeit seinen Wohnsitz verlegt (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO - perpetuatio fori). Letztlich ist eine Klageänderung nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (§§ 263, 264 ZPO). Materiellrechtlich bewirkt die Rechtshängigkeit die Hemmung von Verjährungsfristen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Rechtshängigkeit ersetzt eine zum Verzug erforderliche Mahnung und bedeutet u. U. eine verzugsauslösende Zahlungsaufforderung (§ 286 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 BGB). Mit der Rechtshängigkeit entsteht auch ein Anspruch auf Prozesszinsen (§§ 288, 291 ZPO); letztlich tritt eine Haftungsverschärfung ein (§§ 292, 818 Abs. 4, 987 ff. BGB). Mit dem Eingang der Klage bei Gericht wird die Klage anhängig. Die Anhängigkeit bedeutet, dass das Gericht mit der Klage befasst ist, während das Prozessrechtsverhältnis mit dem Beklagten erst durch Zustellung der Klage zustande kommt (Oberheim, § 4, Rn. 29). Da die Klage noch nicht zugestellt worden ist und somit noch nicht rechtshängig ist, kann man die Anhängigkeit als Vorstufe zur Rechtshängigkeit bezeichnen.
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Von den oben erwähnten materiellrechtlichen Folgen der Rechtshängigkeit wirken zwei Rechtsfolgen, nämlich die Wahrung der Klagefrist und die Hemmung der Verjährung auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit zurück. Nach § 167 ZPO wird die Klagefrist schon dann gewahrt, die Verjährung schon dann gehemmt, wenn die Klage rechtzeitig beim Gericht eingeht und „demnächst" zugestellt wird (Schellhammer, Rn. 122). Das Tatbestandsmerkmal „demnächst" bezeichnet keinen bestimmten Zeitraum. Es kommt darauf an, ob der Kläger alles getan hat, was für die Zustellung nötig war und in seiner Macht lag. Die Rückwirkung kommt dem Kläger allerdings dann nicht zugute, wenn er beispielsweise den Gerichtskostenvorschuss verspätet einzahlt oder die für die Zustellung erforderlichen beglaubigten Abschriften nicht in der Klageschrift beigefügt hat. Denn gegen Verzögerungen im Amtsbetrieb ist der Kläger machtlos. Im Mahnverfahren treten die beiden materiellrechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit nach § 693 Abs. 2 ZPO mit dem rechtzeitigen Mahnantrag ein, wenn der Mahnantrag „alsbald" zugestellt wird. Auch hier hat die Partei den Zeitpunkt der Zustellung nicht in der Hand hat und soll durch die Verzögerung, die weder sie noch ihr Prozessbevollmächtigter verursacht hat (§ 85 Abs. 2 ZPO), keinen Nachteil haben. Rechtshängig wird diese Forderung aber erst mit der Zustellung.
6. Streitgegenstand Jedes gerichtliche Verfahren hat einen bestimmten „Gegenstand", über den prozessiert wird und über den eine Entscheidung getroffen werden soll; im Zivilprozess spricht man üblicherweise von dem Streitgegenstand. Diesen Streitgegenstand gilt es zu bestimmen und abzugrenzen, da die Parteien wissen müssen, worüber prozessiert wird. Außerdem muss das Gericht wissen, worüber es zu entscheiden hat und es muss erkennbar sein, über welchen Gegenstand das Gericht eine Entscheidung getroffen hat. Der Streitgegenstand hat für folgende Aspekte eine Bedeutung. So hängt die sachliche Zuständigkeit des Gerichts von dem Wert des Streitgegenstands ab (§§ 23 Nr. 1,71 GVG). Auch berechnen sich nach dem Wert des Streitgegenstands die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltsgebühren. Die ZPO kennt drei Arten des Streitwerts: Den Zuständigkeitsstreitwert, der die sachliche Zuständigkeit bestimmt (§§ 2-9 ZPO), den Wert der Beschwer für Berufungs- und Beschwerdesumme (§§511 Abs. 2 Nr. 1, 567 Abs. 2 ZPO) sowie den Kosten- oder Gebührenstreitwert, von dessen Höhe die Gerichts- und Anwaltsgebühren abhängen (vgl. GKG, RVG); er ist häufig auch das Maß, nach dem die Kosten verteilt werden, wenn keine Partei voll gewinnt (§ 92 Abs. 1 ZPO). Die Vorschriften zur Berechnung des Streitgegenstands finden sich in den §§ 2-9 ZPO; bei Geldforderungen ist der behauptete Betrag maßgebend. Beispiel: G klagt gegen S auf Schadensersatz in Höhe von 9 000 € . Das LG ist sachlich zuständig. Nach der Beweisaufnahme reduziert der Kläger den Klageantrag auf 7 000 € . Das LG bleibt sachlich zuständig, da für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Klageeinreichung maßgebend ist (§§ 4 Abs. 1, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Anders ist es, wenn der
6. Streitgegenstand
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Kläger zunächst nur 4 000 € einklagt und später auf 9 000 € erhöht. Hier könnte man annehmen, dass das AG auch weiterhin zuständig ist. Hier greift aber § 506 ZPO ein. Es erfolgt eine Verweisung an das LG, wenn nur eine Partei dies beantragt; ist dies nicht der Fall, bleibt es bei der Zuständigkeit des AG. Wie bereits erwähnt, ist für eine ordnungsgemäße Klageerhebung Voraussetzung, dass durch Antrag und Begründung der Streitgegenstand ausreichend bestimmt ist. Nach der h. M. werden Inhalt und Umfang des Streitgegenstands sowohl durch den gestellten Antrag als auch durch den zur Begründung vorgetragenen Sachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Diese beiden Teile - Antrag und Sachverhalt stehen gleichrangig nebeneinander. Das bedeutet, wenn sich einer der beiden Teile ändert, so ändert sich auch der Streitgegenstand (vgl. prozessualer zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff, vgl. st. Rspr., u.a. BGH, NJW 2002, 1503; BGH, NJW 2001, 3713; Reichold, in Thomas/Putzo, Einl. II Rnn. 1 ff., 15 ff., 25 ff. m.w.N.; Schellhammer, Rn. 126). Nach dem prozessualen eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff soll der Streitgegenstand maßgeblich durch den Antrag bestimmt werden. Der zur Begründung vorgetragene Sachverhalt ist lediglich ein Auslegungskriterium dieses Antrags, aber kein selbstständiges Bestimmungselement. Dieser Theorienstreit ist nur dann von Bedeutung, wenn der Kläger in einem Prozess bei gleichlautenden Anträgen die dazugehörige Begründung austauscht. Hier kommt es dann auf die Frage an, ob eine Klageänderung bzw. Klagehäufung vorliegt. Bei unterschiedlichen Prozessen wirkt sich der Theorienstreit etwa dann aus, wenn sachlich gleiche Anträge mit unterschiedlicher Begründung gestellt werden. Hier stellt sich dann die Frage nach der Rechtshängigkeit oder Rechtskraft (zu dem Theorienstreit, vgl. Schellhammer, Rnn. 133 ff.). Keine Auswirkungen hat dieser Theorienstreit, wenn unterschiedliche Anträge gestellt werden. Mehrere unterschiedliche Klageanträge begründen stets auch unterschiedliche Streitgegenstände. Eine Klageänderung liegt nach h. M. jedoch auch dann vor, wenn der zur Begründung des Antrags vorgetragene Lebenssachverhalt geändert wird. Eine Klageänderung ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig, insbesondere wenn der Beklagte zustimmt oder wenn es das Gericht für sachdienlich erachtet (§§ 263, 264, 267 ZPO). Nach § 260 ZPO ist die Verbindung mehrerer Klagebegehren des Klägers gegen den Beklagten in demselben Prozess gestattet, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist. Eine derartige objektive Klagehäufung liegt stets dann vor, wenn in einem Prozess mehrere Streitgegenstände rechtshängig sind. Es muss sich um unterschiedliche Klageanträge handeln oder unterschiedliche Klagebegründungen (Lebenssachverhalte, nicht nur unterschiedliche rechtliche oder tatsächliche Begründungen für denselben Sachverhalt).
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
7. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage a. Überblick Die Zulässigkeit einer Klage ist die Voraussetzung dafür, dass es in einem Prozess zu einer Entscheidung in der Sache selbst kommt. Das Gericht, bei dem die Klage eingereicht ist, befasst sich daher als erstes mit der Frage, ob die Klage zulässig ist. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen lassen sich in unterteilen in echte Prozessvoraussetzungen, Sachurteilsvoraussetzungen und Prozesshindernisse. Fehlt es an einer echten Zulässigkeitsvoraussetzung, entsteht erst gar kein Prozessrechtsverhältnis. Die echten Prozessvoraussetzungen liegen regelmäßig vor. Nur bei ganz schwerwiegenden Mängeln fehlen diese, z.B. bei einer fehlenden Unterschrift bei Klageeinreichung oder wenn der Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit nicht untersteht (§18 GVG). Die deutsche Gerichtsbarkeit erfasst alle Personen, die innerhalb der BRD ihren Aufenthalt haben, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit (z.B. mit Ausnahme von Exterritorialen, Diplomaten, vgl. §§ 18 ff. GVG, hierzu Luke, Rn. 58). Als Sachurteilsvoraussetzungen bezeichnet man die übrigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage. Das Fehlen von Sachurteilsvoraussetzungen hat zur Folge, dass es keine Entscheidung zur Sache gibt. Die Sachurteilsvoraussetzungen müssen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen. Liegen sie nicht vor, ist die Klage wegen Unzulässigkeit durch Prozessurteil abzuweisen. Dementsprechend beschränkt sich auch die Rechtskraft nur auf die prozessualen Fragen, über die eine Entscheidung getroffen wurde. Da eine Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch nicht erfolgt, könnte der Kläger - unter Vermeidung der prozessualen Mängel zu einem späteren Zeitpunkt erneut Klage erheben. Prozesshindernisse sind die Zulässigkeit betreffende Einreden, die nur auf Rüge des Beklagten zu berücksichtigen sind; wenn sie durchgreifen, führt dies ebenfalls zu einer Abweisung der Klage wegen Unzulässigkeit (vgl. nur die verzichtbaren Rügen nach § 269 Abs. 3 ZPO; fehlende Kostenerstattung nach § 269 Abs. 6 ZPO oder die Schiedsgerichtsklausel nach § 1032 ZPO). Gegenstand der folgenden Ausführungen sind nun die Sachurteilsvoraussetzungen. Die wesentlichen Sachurteilsvoraussetzungen betreffen die Zuständigkeit des Gerichts, die Zulässigkeit des Rechtsweges, die Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung, die Parteien (z.B. Partei- oder Prozessfähigkeit) sowie den Streitgegenstand (z. B. Rechtsschutzbedürfnis). Die Reihenfolge der Prüfung bestimmt sich in der Praxis nach prozessökonomischen Gesichtspunkten; unproblematische Punkte werden zweckmäßigerweise vorrangig geprüft (vgl. Reichold, in Thomas/Putzo, Vorbem. § 253 ZPO, Rn. 14). Auch in einer Klausur ist nur auf die problematischen Zulässigkeitsvoraussetzungen einzugehen. Soweit der Sachverhalt keine Angaben enthält, ist von der Zulässigkeit auszugehen. Anders ist dies in Klausuren im öffentlichen Recht. Hier sind grundsätzlich die wesentlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen.
7. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage
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b. Sachurteilsvoraussetzungen aa. Zulässigkeit des Zivilrechtsweges Die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges betrifft die Frage, ob für eine Streitigkeit der Rechtsweg vor einem Zivilgericht gegeben ist (vgl. §§ 13, 17 GVG). Vor die Zivilgerichte gehören alle „bürgerlich rechtlichen Streitigkeiten" gem. § 13 GVG und solche Sachen, die kraft spezialgesetzlicher Regelung den Zivilgerichten zur Entscheidung zugewiesen sind. bb. Zuständigkeit des angerufenen Gerichts Ist der Zivilrechtsweg gegeben, geht es um die Frage der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Man unterscheidet dabei grundsätzlich die sachliche und die örtliche Zuständigkeit. Die sachliche Zuständigkeit betrifft die - im GVG geregelte - Abgrenzung der erstinstanzlichen Zuständigkeit zwischen AG und LG. So gehören vor die AG Streitigkeiten mit einem Streitwert bis 5 000 € (§ 23 Nr. 1 GVG) sowie die in §§ 23 Nr. 2, 23 a, 23 b GVG zugewiesenen Sachen (Mietstreitigkeiten über Wohnraum und Familiensachen); bei einem Streitwert von genau 5 000 € ist noch das AG zuständig (Hüßtege, in Thomas/Putzo, § 23 GVG, Rn. 6). Vor die LG gehören alle Streitigkeiten, die nicht den AG zugewiesen sind (§71 Abs. 1 GVG), also grundsätzlich alle Klagen mit einem Streitwert über 5 000 € sowie Klagen aus Amtspflichtverletzungen (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 ZPO); Zinsen (als Nebenforderungen) wirken sich auf den Streitwert nicht aus. Das LG kann auch als zweite Instanz zuständig sein für die Berufung bzw. Beschwerde gegen Urteile bzw. Beschlüsse der AG. Bei Auslandsbezug geht die Berufung nunmehr zum OLG (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 c GVG). Die Berufung in Familiensachen geht ebenfalls zum OLG (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 a GVG). Das Verhältnis der ordentlichen Gerichte zu den Arbeitsgerichten ist keine Frage der sachlichen Zuständigkeit, sondern eine Frage nach der Zulässigkeit des Rechtswegs (§§ 17 ff. GVG, 48 ArbGG). Die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ergibt sich aus § 2 ArbGG. Stellt sich heraus, dass es sich um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis handelt, hat das Gericht die Sache von Amts wegen an das Arbeitsgericht zu verweisen (§ 17 a GVG). Die Zuweisung von handelsrechtlichen Streitigkeiten am LG an eine Kammer für Handelssachen (§§ 93 ff. GVG) ist dagegen keine Frage der sachlichen Zuständigkeit, sondern eine Frage der internen Geschäftsverteilung (§§ 21 a ff. GVG) innerhalb der sachlichen Zuständigkeit des LG. Sachlich zuständig ist immer das Gericht als Ganzes, nicht die einzelne Abteilung oder der einzelne Richter. Bei „Unzuständigkeit" erfolgt daher eine „Abgabe" an die zuständige Kammer und keine Klageabweisung.
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Die örtliche Zuständigkeit ist ebenfalls in der ZPO geregelt. Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich bei natürlichen Personen nach dem Wohnsitz des Beklagten (§§ 12, 13 ZPO) und bei juristischen Personen und anderen parteifähigen Organisationsformen nach deren Sitz (§§ 17, 18 ZPO). Die Tatsache, dass hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit auf den Beklagten (§ 12 ZPO) abgestellt wird, hat ihren Grund darin, dass der Beklagte, der gegen seinen Willen in den Prozess gezogen worden ist, nicht vor einem „auswärtigen" Gericht verklagt werden soll, was für ihn mit erheblichen Nachteilen verbunden sein kann. Neben den allgemeinen Gerichtsständen gibt es aber auch besondere Gerichtsstände, die eine örtliche Zuständigkeit begründen. Der Kläger hat unter mehreren Gerichtsständen die Wahl, sofern nicht ein ausschließlicher Gerichtsstand (mit zwingendem Vorrang) besteht. So gibt es einen dinglichen Gerichtsstand der belegenen Sache (§ 24 ZPO), der sich auf unbewegliche Sachen bezieht und einen ausschließlichen Gerichtsstand begründet. Darüber hinaus gibt es einen Gerichtsstand des Erfüllungsortes (zu beachten in Mietsachen: § 29 a ZPO - ausschließlicher Gerichtsstand) und einen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO). In gewissen Grenzen ist eine Gerichtstandvereinbarung (Prorogation) zulässig. Sofern es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt, für die keine ausschließliche Zuständigkeit angeordnet ist, können Kaufleute i. S. d. §§ 1 ff. HGB eine Gerichtsstandvereinbarung (§ 38 ZPO) treffen. Häufig werden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen solche Gerichtsstandklauseln verwendet. Handelt es sich aber bei dem Vertragspartner des AGB-Verwenders nicht um einen Kaufmann, ist die Klausel für diesen (häufig zur Überraschung des Verwenders) nicht bindend. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich dann nach den allgemeinen Vorschriften. Eine solche Vereinbarung ist nunmehr grundsätzlich auch bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten zulässig (vgl. § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Ein Gerichtsstand kann auch - sofern keine ausschließliche Zuständigkeit vorliegt - durch eine rügelose Einlassung des Beklagten zur Hauptssache begründet werden (§ 39 ZPO). Das bedeutet, dass auch ein an sich unzuständiges Gericht zuständig wird, wenn der Beklagte dies nicht oder nicht rechtzeitig rügt. Hat der Sachverhalt einen Bezug zum Ausland, z. B. dass der Anspruchsgegner dort seinen Wohnsitz hat, spielt der Aspekt der internationalen Zuständigkeit eine Rolle. Hier geht es um die Frage, ob für eine Streitigkeit, die sich auf das Ausland bezieht, ein deutsches oder das Gericht eines anderen Staates zuständig ist. Im Gesetz ist die internationale Zuständigkeit nur „lückenhaft" geregelt, z.B. §§ 38 Abs. 2, 606 a, 640 a ZPO. Dies schadet allerdings nicht, da in allen anderen Fällen die internationale Zuständigkeit der örtlichen Zuständigkeit folgt. Gibt es im Inland einen Gerichtsstand, dann ist dieses Gericht auch international zuständig (vgl. Schellhammer, Rn. 1454 m. w. N.). Das deutsche Gericht prüft seine Zuständigkeit stets von Amts wegen. Für die zivilgerichtliche Gerichtsbarkeit innerhalb der EU, z. B. in bezug auf die Zuständigkeit, ist die EG-Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständig-
7. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage
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keit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVVO) von Bedeutung. Diese Verordnung gilt ab dem 1.3.2002 und ersetzt das bisherige EG-Übereinkommen von 1968 (EuGVÜ). Dieses enthielt neben Bestimmungen zur Zuständigkeit auch Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile; sind andere Länder betroffen, so bedarf es oftmals langwieriger Anerkennungsverfahren. cc. Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung Wie bereits erwähnt, setzt eine ordnungsgemäße Klageerhebung voraus, dass die Klageschrift den zwingenden Erfordernissen des § 253 Abs. 2 ZPO entspricht. Zunächst müssen das Gericht bezeichnet und die Parteien (namentlich) genannt werden. Weiterhin ist ein bestimmter Antrag anzukündigen. Das Gericht muss also feststellen können, welche Entscheidung der Kläger begehrt. Das bedeutet, dass etwa bei Zahlungsklagen der Betrag genau zu beziffern ist oder bei Klagen auf Herausgabe einer Sache diese genau bezeichnet ist. Eine Ausnahme von dem Bestimmtheitserfordernis wird bei solchen Zahlungsklagen gemacht, bei denen die genaue Bezifferung des Klägers nicht möglich oder aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist. Der wichtigste Fall in der Praxis betrifft die Klage auf ein „unbeziffertes, angemessenes Schmerzensgeld". Letztlich muss der Sachverhalt angegeben werden. Es reicht aus, wenn der Sachverhalt „in groben Zügen" angegeben wird, damit die Klage von einer anderen (möglichen) Klage unterschieden werden kann; Schlüssigkeit wird gerade nicht verlangt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; vgl. Reichold, in Thomas/Putzo, § 253 ZPO, Rn. 10). Beispiel: Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 5 000 € mit der Begründung, dass der Beklagte ihn durch eine unerlaubte Handlung verletzt habe, durch die ihm der geltend gemachte Schaden entstanden sei. Reicht diese Begründung aus? Nein, da der Kläger keine Tatsachen vorgetragen hat. Der Kläger hätte jedenfalls angeben müssen, um welchen Vorfall es sich handelte, z. B. einen Verkehrsunfall. Die Klage ist daher als unzulässig abzuweisen. Der Kläger muss also Tatsachen vorbringen, auf die sich die Klage stützt; so sagten schon die alten Römer: „da mihi factum, dabo tibi jus" = Gib mir die Tatsachen, dann gebe ich dir das Recht.
dd. Parteifähigkeit Partei eines Zivilprozesses ist, wer klagt bzw. verklagt wird, d. h. diejenigen Personen, von denen und gegen die im eigenen Namen Rechtsschutz begehrt wird. Es gilt der formelle Parteibegriff. Es kommt somit nicht auf die materiell-rechtlichen Beziehung zum Streitgegenstand an. Über die Stellung als Partei entscheidet allein die Bezeichnung in der Klage. Parteifähigkeit bedeutet die Fähigkeit, Partei, also Kläger und Beklagter sein zu können (Jauernig, § 19 I). Grundsätzlich ist parteifähig, wer rechtsfähig ist,
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
d. h. alle natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts (§ 50 Abs. 1 ZPO). Die OHG, KG und die Partnerschaftsgesellschaft sind zwar keine juristischen Personen, jedoch kraft ausdrücklicher Regelung parteifähig (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 1 HGB; § 7 Abs. 2 PartGG; zur EWIV, vgl. Zöller-Vollkommer, § 50 ZPO, Rn. 19). Parteifähig sind darüber hinaus auch die politischen Parteien (§ 3 ParteienG), die Gewerkschaften (BGHZ 109, 15) und die Arbeitgeberverbände (vgl. Putzo, in Thomas/Putzo, § 50 ZPO, Rnn. 5,6). Die GbR (§§ 705 ff. BGB) ist, soweit sie im Rechtsverkehr Rechte und Verpflichtungen eingeht („Außengesellschaft"), rechtsfähig und insoweit auch im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig (BGH, NJW 2001, 1056). Der BGH hat damit seine bisherige Rspr., mit der er die Parteifähigkeit verneint hatte, ausdrücklich aufgegeben (vgl. hierzu K. Schmidt, NJW 2001, 993). Eine Klage ist nun auch dann möglich, wenn der Gesellschaferbestand nicht bekannt ist. Ein Gesellschafterwechsel ist außerdem kein Parteiwechsel. Die Gesellschafter einer GbR haften neben der Gesellschaft persönlich für Schulden der Gesellschaft. Sie sind insoweit Gesamtschuldner. Will der Gläubiger jedoch in das Privatvermögen der Gesellschafter selbst (und nicht nur in das Gesellschaftsvermögen) vollstrecken können, muss er auch die Gesellschafter verklagen (§ 736 ZPO; vgl. BGH, NJW 2001,1060; vgl. auch Palandt-Sprau, § 705 BGB, Rn. 24 zur aktuellen Rspr. und Lit.). Lediglich passiv parteifähig ist (bisher) der nicht rechtfähige Verein (§ 50 Abs. 2 ZPO). Das bedeutet, dass er zwar nicht als Verein klagen, aber verklagt werden kann (vgl. Putzo, in Thomas/Putzo, § 50 ZPO, Rnn. 7 ff.). Eine Klage können damit nur sämtliche Mitglieder, ein Treuhänder oder ein gewillkürter Prozessstandschafter erheben. Da jedoch nach § 54 S. 1 BGB die Vorschriften der GbR nach §§ 705 ff. BGB auf den nicht rechtsfähigen Verein Anwendung finden - diese ist aber nun nach der eben erwähnten BGH-Rspr. parteifähig -, wird zukünftig auch dem nicht rechtsfähigen Verein die volle Parteifähigkeit zuzuerkennen sein. ee. Prozessfähigkeit Die Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter zu führen (Putzo, in Thomas/Putzo, § 51 ZPO, Rn. 2). Nach § 52 ZPO ist eine Person prozessfähig, soweit sie sich durch Verträge verpflichten kann. Der Begriff knüpft damit an die Geschäftsfähigkeit an. Es besteht aber ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Begriffen. Das Prozessrecht kennt nur die volle, keine partielle Prozessfähigkeit. Im materiellen Recht gibt es dagegen eine beschränkte Geschäftsfähigkeit. Beispiel: Ist ein 6-jahres altes Kind partei- und prozessfähig? Als rechtsfähige Person ist es parteifähig (§ 50 ZPO). Jedoch ist es nicht prozessfähig, da nach § 51 ZPO die Prozessfähigkeit auf der Geschäftsfähigkeit basiert, die nach § 104 Nr. 1 BGB zu verneinen ist. In einem Rechtsstreit muss dieses Kind durch den gesetzlichen Vertreter, i. d. R. durch die Eltern, vertreten werden, was gem. § 56 ZPO als Prozessvoraussetzung zu beachten ist.
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Zu beachten ist, dass es in bestimmten Bereichen eine partielle Prozessfähigkeit gibt, z.B. im Rahmen von §§ 112, 113 BGB oder in Ehesachen, wonach auch ein beschränkt geschäftsfähiger Ehegatte prozessfähig ist (§ 607 ZPO). ff. Prozessführungsbefugnis Die Prozessführungsbefugnis ist die Befugnis, über das behauptete, im Prozess streitige Recht, im eigenen Namen einen Rechtstreit zu führen. Die Prozessführungsbefugnis ist i. d. R. unproblematisch, wenn der Kläger behauptet, selbst Träger des geltend gemachten Rechts zu sein. Nicht zu verwechseln ist die Prozessführungsbefugnis mit der Aktiv- und Passivlegitimation (Sachlegitimation) auf der anderen Seite. Für die Prozessführungsbefugnis kommt es nur darauf an, ob der Kläger „nach seiner Behauptung" ein eigenes Recht geltend macht. Dagegen bezieht sich die Aktiv- und Passivlegitimation auf die Begründetheit, d. h. ob der Kläger nach materiellem Recht tatsächlich Inhaber der geltend gemachten Forderung und der Beklagte wirklich der Verpflichtete ist. Eine entsprechende Unterscheidung ist diesbezüglich auch bei der Partei- und Prozessfähigkeit zu machen. Beides sind prozessrechtliche Begriffe. Fehlen diese, wird die Klage als unzulässig abgewiesen. Eine Entscheidung in der Sache selbst ergeht nicht. Demgegenüber sind Aktiv- und Passivlegitimation materiellrechtliche Begriffe. Fehlt die Sachlegitimation, so ergeht ein Urteil in der Sache, d. h. die Klage wird als unbegründet abgewiesen. Es gibt nun auch Fälle, bei denen jemand im eigenen Namen über ein (erkannt) fremdes Recht prozessiert. Diese Fälle werden als Prozessstandschaft bezeichnet. Allerdings ist eine Prozessstandschaft nur in bestimmten Fällen zulässig, da eine sog. Popularklage ausgeschlossen sein soll. Man unterscheidet die gesetzliche und die gewillkürte Prozessstandschaft. Wichtige Fälle der gesetzlichen Prozessstandschaft sind z. B. Partei kraft Amtes, etwa der Insolvenzverwalter (§ 80 InsO), der Testamentsvollstrecker (§§ 2212, 2213 BGB), der Zwangsverwalter (§ 152 ZVG) oder der Nachlassverwalter (§ 1984 BGB) (zum Begriff Partei kraft Amtes vgl. Jauernig, § 18 V4). Durch Insolvenzeröffnung beschlagnahmt das Insolvenzgericht das pfändbare Vermögen des Schuldners und stellt es unter amtliche Verwaltung. Der Schuldner verliert seine Verfügungsbefugnis (§ 80 InsO) und auch die Prozessführungsbefugnis. Statt seiner prozessiert nur noch der Insolvenzverwalter. So würde z. B. eine Klage eines Insolvenzschuldners gegen seinen Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig abgewiesen werden, da der Insolvenzschuldner zwar noch Inhaber der Forderung ist, aber keine Verfügungsbefugnis mehr besitzt. Die Prozessführungsbefugnis steht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich dem Insolvenzverwalter zu. Der Insolvenz-Schuldner dürfte während des Insolvenzverfahrens einen Massegegenstand nur einklagen, wenn der Insolvenzverwalter ihn freigegeben hat oder den Insolvenz-Schuldner zur Klage ermächtigt.
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Grundziige der Zivilprozessordnung
Ein weiterer Fall ist die gesetzliche Prozessstandschaft im eigenen Interesse des Prozessstandschafters. Beispiele: Mitgläubiger nach § 432 BGB; Miteigentümer nach § 1011 BGB; Miterbe, der nach § 2039 BGB auf Leistung an die Erbengemeinschaft klagt; Ehegatte im Falle des § 1368 BGB, Gesellschafter bei der actio pro socio. Zu nennen ist letztlich noch die Prozessführungsbefugnis von Wettbewerbsvereinen und Verbraucherschutzverbänden. Zu beachten ist, dass nach § 3 UKlaG den Verbänden und Vereinen unmittelbar eigene Ansprüche eingeräumt sind und nicht nur eine Prozessführungsbefugnis. Eine gewillkürte Prozessstandschaft bedeutet die Geltendmachung eines fremdes Rechts im eigenen Namen auf Grund einer Ermächtigung des Rechtsträgers. Sie ist gesetzlich nicht geregelt und unter zwei Voraussetzungen zulässig. Zunächst bedarf es eines Einverständnisses des Rechtsinhabers, d. h. einer Verfügungsermächtigung i.S.d. § 185 BGB. Zusätzlich muss noch ein eigenes besonderes Interesse an der Rechtsverfolgung vorliegen, warum nicht der Rechtsträger, sondern ein anderer im eigenen Namen klagt. Diese Einschränkung will vermeiden, dass der Rechtsträger als einziger Informant im Fall einer gewillkürten Prozessstandschaft als Zeuge aussagen kann, was als Partei nicht möglich ist. Beispiele - Zedent klagt gegen früheren Schuldner auf Leistung an den Zessionar. - Der Leasingnehmer klagt aus einem Verkehrsurifall entstandene Schäden gegen den Schädiger ein auf Leistung an den Leasinggeber. - Ein BGB-Gesellschafter, der einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft geltend macht (vgl. im Einzelnen Schellhammer, Rnn. 1228 ff.).
gg. Postulationsfähigkeit Mit Postulationsfähigkeit bezeichnet man die Fähigkeit, in einem Prozess wirksame Prozesshandlungen vornehmen zu können, z. B. Anträge zu stellen. So ist vor dem LG und den dem Familiengericht (AG) nur ein Rechtsanwalt postulationsfähig. Die Parteien müssen sich vor den LG durch einen bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor den Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen bei einem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 ZPO). hh. Rechtsschutzbedürfnis Das Rechtsschutzbedürfnis ist grundsätzlich gegeben, es sei denn, dass der Kläger sein Ziel auf eine andere Weise besser und billiger erreichen kann. Fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Der Beklagte soll bei einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis nicht mit einer Klage belastet werden; außerdem soll die Arbeitskraft der Gerichte nicht unnötig in Anspruch genommen
7. Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage
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werden. Das Rechtsschutzbedürfnis ist je nach Klageart unterschiedlich zu beurteilen. Bei einer Leistungsklage ist das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich gegeben und braucht nicht besonders dargelegt zu werden, weil es bereits aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs folgt (z. B. Zahlung, Lieferung, Unterlassung oder Herausgabe einer Sache; vgl. BGH, NJW-RR 1993, 1130). Ausnahmsweise liegt kein Rechtsschutzbedürfnis vor, wenn der Kläger bereits einen vollstreckbaren Titel gegen den Beklagten besitzt, z. B. eine vollstreckbare Urkunde i. S. v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Weiterhin fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis dann, wenn der Kläger seinen Anspruch einfacher, schneller und kostengünstiger durchsetzen kann Beispiel: K hat gegen V ein Urteil auf Übergabe und Übereignung einer beweglichen Sache erwirkt. Vor der Vollstreckung tritt K seinen Anspruch an D ab. D erhebt Klage auf Übergabe und Übereignung der betreffenden Sache. Hier fehlt das Rechtsschutzbediirfnis. D hat zwar einen materiellrechtlichen Anspruch aus §§ 433, 398 BGB. Allerdings ist die Klage unzulässig, weil D die Möglichkeit hat, das Urteil, das K bereits gegen V erwirkt hat, nach § 727 ZPO auf sich umschreiben zu lassen; einer neuen Klage bedarf es in diesem Fall also nicht. Grundsätzlich zulässig sind Teilklagen. Das bedeutet, dass der Kläger zur Verringerung seines Kostenrisikos nicht den vollen von ihm behaupteten Anspruch, sondern nur einen Teil davon einklagt. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass die Verjährung nur hinsichtlich des geltend gemachten Betrags gehemmt ist. Die Erhebung von Teilklagen ist unzulässig, wenn dies rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) ist, z. B. wenn der Kläger eine Forderung in mehrere Teilklagen aufteilt, um eine Zuständigkeit des AG zu erreichen (z. B. Aufteilung einer Forderung in Höhe von 10000 € in zwei Klagen zu je 5 000 €) oder die Berufungssumme zu unterlaufen (vgl. Schellhammer, Rn. 142). Auch bei Gestaltungsklagen ist das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich gegeben. Durch eine Gestaltungsklage wird eine Rechtsänderung eines Rechtsverhältnisses durch richterliche Entscheidung angestrebt. Die Parteien können die Gestaltung des Rechtsverhältnisses gerade nicht selbst vornehmen, sondern müssen sich eines Prozesses bedienen. Beispiele: Auflösung der OHG (§ 133 HGB), Ausschluss eines Gesellschafters (§ 140 HGB), Eheaufhebung und Ehescheidung (§§ 1313, 1564 ZPO), obwohl letztere formal nicht mehr „Klage", sondern „Antrag" genannt wird. Bei Feststellungsklagen (§ 256 ZPO) ist das Rechtsschutzbedürfnis stets zu prüfen. Der Kläger muss ein „rechtliches Interesse" an einer baldigen Feststellung haben. Das setzt voraus, dass eine tatsächliche Unsicherheit ein Rechtsverhältnis gefährdet und dass die begehrte Feststellung geeignet ist, diese Gefährdung zu beseitigen (BGHZ 69, 147; BGH, NJW 1996, 2500). Bei der Feststellungsklage geht das Begehren des Klägers auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Echt- oder Unechtheit einer Urkunde (vgl. BGH,
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NJW 2001, 3789). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann. Der Grund besteht darin, dass im Rahmen eines Feststellungsurteils nur über Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses entschieden wird und es keinen vollstreckbaren Titel auf Leistung gibt. Kommt der Beklagte dem Feststellungsurteil nicht nach, wird ein zweiter Prozess auf Leistung - erforderlich. Diese unnötige Belastung (der Gerichte) soll vermieden werden. Beispiel: V wird von S durch einen Verkehrsunfall verletzt. V erleidet einen Sachschaden in Höhe von 1 000 € und einen Personenschaden (z. B. Verdienstausfall); letzterer kann noch nicht beziffert werden. V klagt gegen S sowie dessen Versicherung auf Feststellung, dass sie verpflichtet sind, ihm alle aus dem Verkehrsunfall entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen. Hier ist eine Feststellungsklage grundsätzlich zulässig, als V seinen Schaden noch nicht beziffern kann. Es bleibt ihm überlassen, auch den zu beziffernden Schaden im Wege der Leistungsklage geltend zu machen. Das besondere Feststellungsinteresse ergibt sich für den Kläger zum einen daraus, dass der Anspruch zu verjähren droht. Zum anderen kann der Kläger u. U. aus Beweisgründen eine spätere Leistungsklage nur noch schwer durchsetzen. Er müsste also in Höhe von 1 000 € eine Leistungsklage erheben. Eine Feststellungsklage auch über den bereits bezifferten Sachschaden ist nach der Rspr. ausnahmsweise dann zulässig, wenn erwartet werden kann, dass der Beklagte bereits dem Feststellungsanspruch entsprechen und leisten wird (BGH, NJW 2001, 447 (448)), etwa wenn es sich bei dem Schädiger um eine öffentlichrechtliche Körperschaft handelt) sowie allgemein, wenn die Feststellungsklage prozessökonomischer ist, d. h. den Streit einfacher, umfassender und sachgemäßer erledigen kann (BGH; NJW 1996, 2725). In der Praxis ist die Feststellungsklage relativ häufig in Form einer Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG anzutreffen, wenn der gekündigte Arbeitnehmer Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.
ii. Fehlen anderweitiger Rechtshängigkeit Eine Klage ist unzulässig, wenn bereits über diesen Streitgegenstand ein Prozess geführt wird, d.h. wenn diese Sache anderweitig rechtshängig ist (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO; Einrede der Rechtshängigkeit). Das bedeutet, dass die Parteien einen identischen Prozess nicht vor einem anderen Gericht anstrengen können (§ 322 Abs. 1 ZPO; BGH, NJW 2001, 3713). Eine Klage ist ebenfalls unzulässig, wenn dieser Rechtsstreit bereits rechtskräftig entschieden worden ist. Nach der h. M. handelt es sich um eine - von Amts wegen - zu berücksichtigende Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. „ne-bis-in-idemLehre", vgl. u. a. BGH; NJW-RR 1997,1; BGHZ 93,287; einer anderen Auffassung folgt der sog. Bindungslehre, wonach es sich um einen Unterfall des Rechtsschutzbedürfnisses handelt, vgl. Luke, Rn. 353 m. w. N.).
8. Schlüssigkeit der Klage
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8. Schlüssigkeit der Klage Neben der Zulässigkeit der Klage kommt es vor allem darauf an, ob die Klage schlüssig ist. Der Begriff ist im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, wird aber unter Juristen häufig verwendet. Es geht hierbei um die Frage, inwieweit das Vorbringen des Klägers ausreicht, die von ihm gewünschte Rechtsfolge herbeizuführen, inwieweit dieses somit schlüssig ist. Ausgangspunkt ist dabei der Antrag des Klägers, der sein Begehren enthält, die von ihm gewünschte Rechtsfolge beschreibt und damit den Umfang der gerichtlichen Prüfung bestimmt (§ 308 Abs. 1 ZPO); ein unklarer Antrag ist ggf. vor einer inhaltlichen Prüfung auszulegen (Oberheim, § 9, 22.). Steht das Begehren des Klägers fest, so ist nach den hierauf gerichteten und möglicherweise in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen zu suchen, d. h. bei Leistungsklagen geht es um die Anspruchsgrundlagen. Liegen diese vor, dann sind die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen hierunter zu subsumieren. Das bedeutet, dass sich der Aufbau der Schlüssigkeitsprüfung nach den materiellrechtlichen Anspruchsgrundlagen bestimmt. Neben materiellrechtlichen Fragen ist aus prozessualer Sicht häufig zweifelhaft, ob der Tatsachenvortrag inhaltlich ausreicht oder ob er zu pauschal ist (vgl. hierzu Oberheim, § 9, Rn. 22 m. w.N.). Die Klage ist schlüssig, wenn die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen, zunächst als wahr unterstellt, den vom Kläger geltend gemachten Anspruch nach materiellen Recht ergeben (BGH, NJW-RR 2003, 70; BGH, NJW 2002, 2862). Ergibt die Prüfung, dass das Vorbringen des Klägers unschlüssig ist, d. h. ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag kein Anspruch, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Es kommt dann auf den Vortrag des Beklagten nicht mehr an. Die Schlüssigkeitsprüfung spielt u. a. auch für die Frage eine Rolle, ob gegen einen säumigen Beklagten ein Versäumnisurteil erlassen werden kann. Kommt man dagegen zu dem Ergebnis, dass der Vortrag teilweise schlüssig ist, so ist weiter zu prüfen, inwieweit der Vortrag des Beklagten erheblich ist. Stellt das Gericht fest, dass es auf die bestrittenen Tatsachen ankommt, muss bei entsprechenden Beweisangeboten darüber Beweis erhoben werden, welche der unterschiedlichen Tatsachendarstellungen zutrifft, um so zu einer Entscheidung zu kommen.
9. Verhalten des Beklagten a. Einlassung Im Regelfall wird der Beklagte dem Tatsachenvortrag des Klägers widersprechen. Seine „Geschichte" kann sich nun ganz anders anhören als die des Klägers. Der Beklagte kann gegen den Anspruch Einreden erheben, insbesondere „anspruchsvernichtende" Tatsachen vortragen. Die Aufgabe des Gerichts, das auf Grund der
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eingereichten Schriftsätze mit der Sache vertraut ist, besteht nun - wie erwähnt darin, zu prüfen, ob die Klage schlüssig ist, d. h. ob die vorgetragenen Tatsachen, „wenn sie wahr wären", den Klageantrag überhaupt rechtfertigen. Ist das nicht der Fall, wird die Klage - wie oben erwähnt - abgewiesen. Auf die Einlassung des Beklagten oder Beweisfragen kommt es dann nicht mehr an (Jauernig, § 25 V). Die rechtliche Prüfung geht damit der tatsächlichen Prüfung vor. Diese Vorgehensweise mag auf den ersten Blick überraschen. An einem Beispiel soll der Sinn und Zweck dieser Vorgehensweise veranschaulicht werden. Beispiel: Gläubiger G klagt gegen Bürge B aus einer mündlich erklärten Bürgschaft (§ 766 BGB). B, der kein Kaufmann i. S. v. §§ 1 ff. HGB ist, bestreitet die Abgabe einer Bürgschaftserklärung. Würde das Gericht in diesem Fall Beweis erheben über die Tatsache der mündlich abgegebenen Bürgschaftserklärung, müsste das Gericht am Ende des Prozesses die Klage abweisen. Selbst wenn der Kläger eine solche mündliche Zusage beweisen könnte, wäre die Bürgschaftserklärung wegen eines Formmangels nichtig gewesen. Es ist also unerheblich, ob der Beklagte eine derartige Erklärung abgegeben hatte. Das Gericht muss also Beweis erheben, wenn die Klage schlüssig ist und der Beklagte die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen bestreitet bzw. nicht bestreitet, aber weitere rechtserhebliche Tatsachen vorbringt, die vom Kläger bestritten werden. Das Gericht geht hier in entsprechender Weise vor. Es unterstellt zunächst die vom Beklagten vorgetragenen Tatsachen als „wahr". Sind sie geeignet, die Ansprüche des Klägers zu Fall zu bringen, sind sie erheblich (Erheblichkeitsprüfung). Beispiel: Der Kläger beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 1 000 € zu verurteilen. Zur Begründung trägt er vor, er habe dem Beklagten eine Sache verkauft. Die Klage ist schlüssig aus § 433 Abs. 2 BGB. Der Beklagte kann sich wie folgt auf die Klage einlassen. Erbestreitet den Vertragsabschluss als solchen. In diesem Fall ist Beweis über die streitige Tatsache des Vertragsabschlusses zu erheben. Bestreitet der Beklagte nicht den Vertragsabschluß, behauptet er aber, dass er bereits gezahlt habe (Erfüllung gem. § 362 BGB), muss hierüber Beweis erhoben werden. Der Inhalt der Erheblichkeitsprüfung ist abhängig von der Form der Verteidigung. Soweit Tatsachen nicht bestritten oder zugestanden werden, sind diese vom Gericht als „wahr" zu unterstellen. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, ob und inwieweit das Bestreiten ausreichend substantiiert war und ob der Beklagte etwaige Gegenrechte geltend macht. Man spricht hier von einem unstreitigen Sachverhalt; soweit sich die Sachvorträge nicht decken, spricht man von einem streitigen Sachverhalt. Es gilt das bereits erwähnte Prinzip der „formellen Wahrheit"; es wird davon ausgegangen, dass sich die jeweils andere Partei schon melden wird, wenn etwas nicht stimmt. Daraus entwickelt sich das, was im Allgemeinen als „Prozessstoff" bezeichnet wird, d. h. alles das, was die Parteien vortragen. Auch der Kläger wiederum wird zu den Ausführungen des Beklagten Stellung nehmen. Die Stellungnahme des Klägers auf die Klageerwiderung wird üblicherweise als Replik
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bezeichnet (u. U. folgt noch eine Duplik des Beklagten). Interessanterweise stellt sich der Sachverhalt auf diese Weise mitunter sehr unterschiedlich dar.
Der Beklagte kann sich aber auch insoweit wehren, indem er selbst die Initiative ergreift und eine Widerklage erhebt (vgl. hierzu Zöller-Vollkommer, § 33 ZPO, Rnn. 1 ff.). Bei Zahlungsklagen kommt es häufiger vor, dass der Beklagte seinerseits eine Forderung gegen den Kläger hat und die Aufrechnung erklärt. Die Prozessaufrechnung ist allerdings eine aufwändige Verteidigung. Der Beklagte „opfert" damit seine Gegenforderung. Dies wird er aber nur tun wollen, wenn es sein einziges Verteidigungsmittel ist und er den Prozess auf andere Weise nicht gewinnen kann. Deshalb macht er die Aufrechnung regelmäßig nur hilfsweise geltend, also für den Fall, dass alle anderen Verteidigungsmittel nicht eingreifen. Über die Geldforderung darf das Gericht nur entscheiden, wenn es die Klageforderung bejaht. Die Hilfsaufrechnung ist buchstäblich das letzte Verteidigungsmittel. Das Urteil darf nicht offen lassen, ob die Klageforderung bestanden hat oder durch Aufrechnung erloschen ist; es würde den Umfang der Rechtskraft (§ 322 Abs. 2 ZPO) vernebeln. Das Rechtsmittelgericht ahndet diesen Fehler von Amts wegen. Es kommen jedoch auch andere Reaktionsmöglichkeiten in Betracht, die im Folgenden betrachtet werden. b. Säumnis Reagiert der Beklagte nicht oder erscheint er nicht im Verhandlungstermin, muss der Rechtsstreit auch in diesem Fall entschieden werden können. Dieser Gedanke steht hinter den §§ 330 ff. ZPO. Die Mitwirkung der Parteien wird zwar nicht erzwungen, jedoch sollen sich für die säumige Partei auf Grund dieser Obliegenheitsverletzung Nachteile ergeben. Erscheint der Beklagte nicht, so kann das Gericht auf Antrag des Klägers unter den Voraussetzungen der §§ 330 ff. ZPO ein Versäumnisurteil erlassen. Der Richter entscheidet dann also allein nach den vom Kläger vorgetragenen Tatsachen; die Beweisstation fällt also weg (§ 331 ZPO). Die Voraussetzungen für den Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Beklagten sind ein Antrag des Klägers auf Erlass eines Versäumnisurteils und die Säumnis des Beklagten. Das ist zunächst der Fall, wenn der Beklagte im Verhandlungstermin nicht erscheint. Gleichstellt wird der Fall, wenn der Beklagte im Verhandlungstermin keinen Antrag stellt oder in einem Anwaltsprozess nicht anwaltlich vertreten ist (§ 331 Abs. 1 ZPO). Das Versäumnisurteil ist ein echtes Sachurteil. Aus dem Grund müssen die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Ist die Klage unzulässig, erfolgt eine Klageabweisung durch Prozessurteil. Weiterhin ist die Schlüssigkeit zu prüfen. Liegt diese vor, ergeht ein Versäumnisurteil in dem Umfang, wie der Kläger es beantragt hat. Eine Klausur an der Universität könnte folgenden zivilprozessualen Einstieg zum Gegenstand haben: Es wird ein Sachverhalt geschildert. Der Kläger erhebt Klage und der Beklagte
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erscheint nicht. Wird nun nach der Entscheidung des Gerichts gefragt, wären als Einstieg die prozessualen Voraussetzungen für ein Versäumnisurteil zu prüfen. Ansonsten steht die materiellrechtliche Prüfung im Vordergrund, da es ausschließlich auf den Klägervortrag ankommt. Eine Besonderheit besteht beim schriftlichen Vorverfahren. Wenn der Beklagte dem Gericht nicht rechtzeitig angezeigt hat, dass er sich gegen die Klage verteidigen will (vgl. § 276 ZPO), trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 331 Abs. 3 ZPO). Dieser Antrag wird regelmäßig schon in der Klageschrift gestellt. Erscheint der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht, so wird auf Antrag des Beklagten die Klage abgewiesen (§ 330 ZPO). Auf die Schlüssigkeit des Vortrags kommt es dabei nicht an. Grundlage für ein Versäumnisurteil gegen den Kläger ist nicht der Sachvortrag einer der Parteien, sondern allein die Tatsache der Säumnis. Gegen ein echtes Versäumnisurteil kann der Beklagte Einspruch gem. § 338 ZPO einlegen. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. Der Einspruch bedarf keiner Begründung und wird bei dem Gericht eingelegt, dass das Versäumnisurteil erlassen hat. Der Prozess wird dann in die alte Lage versetzt. Erscheint der Beklagte wieder nicht, dann ergeht ein zweites Versäumnisurteil (§ 345 ZPO), gegen das u. U. nur noch eine Berufung möglich ist. Gegen das unechte Versäumnisurteil, also gegen Klageabweisung bei Unzulässigkeit oder Unschlüssigkeit, gibt es nicht den Einspruch, sondern die allgemeinen Rechtsmittel, also die Berufung. Sind beide Parteien säumig, kann das Gericht sich vertagen, d. h. einen neuen Termin bestimmen (§ 227 ZPO), es kann das Ruhen des Verfahrens anordnen (§ 251 a Abs. 3, 1 ZPO) oder eine Entscheidung nach Aktenlage treffen (vgl. § 251 a Abs. 1,2 ZPO). c. Anerkenntnis Der Beklagte kann den Anspruch anerkennen. Dann ergeht ein Anerkenntnisurteil (§ 307 ZPO); auf die Schlüssigkeit kommt es dann nicht mehr an. Ein sofortiges Anerkenntnis erspart dem Beklagten die Belastung mit den Prozesskosten, wenn er keine Veranlassung zur Klage gegeben hat (§ 93 ZPO), z.B. wenn der Kläger vor Fälligkeit geklagt hat. Ein Anerkenntnisurteil ist nicht wirksam, wenn die Parteien nicht über den Streitgegenstand verfügen können (BGH, NJW 1985, 2716), z.B. in Ehe- und Kindschaftssachen (§§617, 640 ZPO). d. Erledigung der Hauptsache Es kann vorkommen, dass der Beklagte nach Zustellung der Klage bis zum Termin oder im Termin den Anspruch des Klägers erfüllt, also etwa freiwillig zahlt (vgl.
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ausführlich Schellhammer, Rnn. 1700 ff.). Der Kläger hat nun kein Interesse mehr an der Fortsetzung des Prozesses. Seine Klage müsste abgewiesen werden, da sein Anspruch nicht mehr besteht. Eine Klagerücknahme würde ihn mit den Kosten belasten (§ 269 ZPO). Das Gesetz gibt dem Kläger in diesem Fall die Möglichkeit, die Erledigung der Hauptsache zu erklären. Stimmt der Beklagte dieser Erklärung zu (auch der Beklagte muss bestätigen, dass der Rechtsstreit gegenstandslos geworden ist), darf das Gericht in dieser Sache nicht mehr weiter verhandeln. Es entscheidet dann nur noch durch Beschluss über die Verteilung der inzwischen entstandenen Prozesskosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands (§ 91 a ZPO). Dabei sind die allgemeinen Grundsätze des Kostenrechts heranzuziehen (vgl. §§ 91 ff. ZPO). Es ist dabei entscheidend zu berücksichtigen, welche Partei ohne die Erledigung die Kosten zu tragen gehabt hätte, d.h. also welche Partei voraussichtlich im Rechtsstreit unterlegen gewesen wäre. e. Prozessvergleich Der Beklagte kann sich auch mit dem Kläger gütlich einigen und einen Prozessvergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) schließen, in dem beide Teile von ihrer ursprünglichen Forderung etwas nachgeben. Dieser Vergleich wird dann gerichtlich protokolliert und kann unter Umständen auch als Titel in der Zwangsvollstreckung verwendet werden. Der Prozessvergleich ist einerseits ein materiellrechtlicher Vertrag nach § 779 BGB, andererseits aber auch eine Prozesshandlung. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Daher muss sowohl ein wirksamer Vertrag, aber auch eine wirksame Prozesshandlung vorliegen. Bei dem - anfangs erwähnten - Anwaltsvergleich (§§ 796 a ff. ZPO) handelt es sich um eine besondere Form des außergerichtlichen Vergleichs der Parteien, der durch Vollstreckbarerklärung - durch Gericht oder Notar - zu einem Vollstreckungstitel führen kann (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 a ZPO). Voraussetzung ist, dass beide beide Parteien anwaltlich vertreten sind.
10. Beweis a. Beweisbedürftigkeit Das Gericht muss zu einer Sachentscheidung kommen. Kommt das Gericht nach der Schlüssigkeitsprüfung und der Erheblichkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass es auf bestimmte streitige Tatsachen ankommt, muss über die streitigen entscheidungserheblichen Tatsachen also Beweis erhoben werden.
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Die Partei kann den Beweis unmittelbar oder mittelbar führen. Der ZPO ist es gleich, wie die Partei das Gericht überzeugt. Der unmittelbare Beweis erlaubt einen direkten Schluss auf das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals. Beispiel: Geht es um Anspruch auf Schadensersatz wegen Körperverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) und sagt Zeuge X aus, er habe gesehen, wie der Beklagte den Kläger mit seinem Auto angefahren und verletzt hatte, dann handelt es sich um einen unmittelbaren Beweis. Der mittelbare Beweis erlaubt dagegen nur Schlussfolgerungen auf das zu beweisende Tatbestandsmerkmal. Der Kläger trägt in diesem Fall also Hilfstatsachen vor, die darauf schließen lassen, dass die bestrittene Haupttatsache wahr sei (vgl. Reichold, in Thomas/Putzo, Vörbem. § 284 ZPO, Rn. 11). Diese Hilfstatsachen nennt man Indizien (Indizienbeweis). Beispiel: Geht es um den eben erwähnten Anspruch auf Schadensersatz wegen Körperverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) und ist diesmal kein Zeuge vorhanden, könnte ein Beweis auch mittelbar, d. h. durch Indizien, geführt werden. Der linke Kotflügel weist eine Beule auf. Eine mikroskopische Untersuchung ergibt Stoffreste vom Anzug des Klägers am Auto des Beklagten und Farbspuren des Wagens am Anzug des Klägers (vgl. u. a. BGHZ 53, 245 ff.; BGH, NJW 1983, 2034). Keines Beweises bedürfen zunächst zugestandene, unstreitige und nicht wirksam bestrittene Tatsachen. Ausnahmsweise bedürfen auch streitige und erhebliche Tatsachen im Prozess keines Beweises. Hierzu zählen u. a. die offenkundigen Tatsachen (z. B. geographische oder historische Fakten) und die bereits bewiesenen Tatsachen (z.B. das Gericht ist bereits nach 5 von 15 Zeugenaussagen von der Wahrheit der Klägerbehauptung überzeugt). Weiterhin sind Tatsachen, die Gegenstand einer gesetzlichen Vermutung sind, nicht beweisbedürftig. Allerdings kann diejenige Partei, zu deren Lasten die gesetzliche Vermutung geht, grundsätzlich den Beweis des Gegenteils führen, soweit dies nicht besonders ausgeschlossen ist (§ 292 ZPO). Auch Tatsachen, für die der sog. „Beweis des ersten Anscheins" (= primafacie-Beweis) spricht, sind grundsätzlich nicht beweisbedürftig. Der prima-facieBeweis führt nicht zu einer Beweislastumkehr, sondern zu einer Beweiserleichterung. Danach kann aus unstreitigen Tatsachen nach allgemeiner Lebenserfahrung, d. h. aus allgemeinen Erfahrungssätzen bei typischen Geschehensabläufen, auf das Vorliegen der bestrittenen Tatsache geschlossen werden. Der Beweis des ersten Anscheins ist daher auch geeignet, das Gericht zu überzeugen (§ 286 ZPO), allerdings nur vorläufig. Der Gegner hat die Tatsachen vorzutragen, die auf eine ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufes hinweisen. Dann liegt die Beweislast wieder beim Beweisbelasteten, also i. d. R. beim Kläger. Beispiel: Gerät ein Autofahrer auf die Gegenfahrbahn und kommt es demzufolge zu einem Unfall, so spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Fahrers. Der Beklagte müsste
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in diesem Fall die ernsthafte Möglichkeit einer anderen Unfallursache behaupten und beweisen, für die er nichts kann, z. B. für fehlerhafte Bremsen. Der Anscheinsbeweis ist angewandte Lebenserfahrung. Es handelt sich um eine besondere Art des Indizienbeweises. Der Unterschied dieser sehr ähnlichen Formen besteht darin, dass sich der Anscheinsbeweis erschüttern lässt, der Indizienbeweis nicht; der Anscheinsbeweis ist im Prinzip eine abgeschwächte Form des Indizienbeweises (vgl. Schellhammer, Rn. 518). Weiterhin bedürfen solche Tatsachen grundsätzlich keines Beweises, die nach § 287 ZPO festgestellt werden oder Tatsachen, deren Beweis die gegnerische Partei schuldhaft vereitelt hat (z. B. Beseitigung der Unfallstelle vor der Beweisaufnahme). Im Falle der Beweisvereitelung ist streitig, ob dann die Tatsache als erwiesen angesehen werden kann oder ob eine Beweislastumkehr eintritt oder nur eine Beweiserleichterung (vgl. hierzu Reichold, in Thomas/Putzo, § 286 ZPO, Rnn. 18 ff.). b. Beweismittel aa. Einleitung Als Beweismittel sind in der ZPO fünf Beweismittel vorgesehen. Es handelt sich um Augenschein des Richters, Zeugen, Sachverständige, Urkunden oder Parteivernehmung. Andere Beweismittel sind grundsätzlich nicht zugelassen. Dieses förmliche Beweisverfahren bezeichnet man als Strengbeweis. Der Strengbeweis ist auf die Herbeiführung der vollen richterlichen von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache gerichtet. Grundsätzlich ist dieser im Verfahren auf Erlass einer Sachentscheidung erforderlich. Den Gegensatz dazu stellt der - gesetzlich nicht geregelte - Freibeweis dar, der zwar auch die volle richterliche Überzeugung zum Ziel hat, das Gericht aber nicht auf die Beweismittel des Strengbeweises beschränkt ist. Der hauptsächliche Anwendungsbereich des Freibeweises liegt im Prozesskostenhilfeverfahren und in FGG-Verfahren. In der Praxis wird er aber im Zivilprozess für zulässig erachtet, insbesondere bei den von Amts wegen zu beachtenden prozessualen Tatbeständen, z. B. Parteifähigkeit oder Zulässigkeit eines Rechtsmittels (vgl. Luke, Rn. 259 m. w. N.). Die Erhebung, Verfahren und Beweismittel stehen im Ermessen des Gerichts, z. B. Einholung einer amtlichen Auskunft. Die amtliche Auskunft nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist ein selbstständiges Beweismittel, das die ZPO systemwidrig außerhalb der §§ 358 ff. ZPO regelt. Sie ist kein Zeugen- oder Sachverständigenbeweis, sondern ersetzt ihn; die §§ 373^-14 ZPO sind nicht anwendbar. Der Beamte, der die Auskunft gibt, kann z. B. nicht wie ein Sachverständiger abgelehnt werden, seine Befangenheit mindert nur den Beweiswert. Die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) bedeutet eine Beweisführung, die dem Richter lediglich die Vorstellung hinreichender Wahrscheinlichkeit vermitteln soll.
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Die Glaubhaftmachung ist dort möglich, wo sie gesetzlich zugelassen ist, z.B. beim Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren (§§ 920 Abs. 2,936 ZPO). Als Beweismittel kommen auch eidesstattliche Versicherungen (auch der Partei selbst) in Betracht. Beweismittel
Urkunden (§§415-444)
Sachverständige (§§402-414)
Zeugen (§§373-401)
Augenschein (§§371-372a)
Parteivernehmung (§§445-455)
Abb. B.6. Beweismittel Die Parteien führen das Beweismittel durch einen Beweisantrag für eine bestimmte Tatsachenbehauptung (Beweisthema) in den Prozess ein. Grundsätzlich ist ein Beweisantrag heute nur noch für den Zeugenbeweis (§§ 373 ff. ZPO) erforderlich. Das Gericht kann trotz der Verhandlungsmaxime von Amts wegen eine Beweisaufnahme durchführen. Die Anordnung der Beweiserhebung trifft das Gericht i. d. R. durch einen Beweisbeschluss; regelmäßig findet diese in einem gesonderten Termin statt. Die Beweisaufnahme hat grundsätzlich vor dem zu erkennenden Gericht stattzufinden. bb. Beweis durch Augenschein Der Beweis durch Augenschein (§§ 371 ff. ZPO) erfolgt durch die unmittelbare Wahrnehmung von beweiserheblichen Tatsachen durch das Gericht. Dabei geht es nicht nur um die Wahrnehmung durch „Besichtigung", obwohl sie in der Praxis am häufigsten ist, z. B. die Ortsbesichtigung bei einem Verkehrsunfall. Jede andere sinnliche Wahrnehmung zählt ebenfalls zum Augenscheinsbeweis Beispiele: Gerüche und Gestank aus einer Kläranlage; Lärm und Geräusche jeder Art (z. B. beim Nachbarstreit, in dem es um „störende Einwirkungen" geht); Unfallstelle und Unfallschäden; Baustell- und Baumängel (vgl. Schellhammer, Rn. 577 mit weiteren Beispielen, zum Beweiswert und Beweisverfahren).
cc. Urkundenbeweis Unter Urkunden i. S. d. §§ 415 ff. ZPO versteht man nur schriftliche Äußerungen (vgl. Reichold, in Thomas/Putzo, Vorbem. § 415 ZPO, Rnn. 1 ff.); eine Unterschrift ist nicht erforderlich. Man unterscheidet öffentliche und private Urkunden, denen jeweils eine unterschiedliche Beweiskraft zukommt.
10. Beweis
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Öffentliche Urkunden sind alle Urkunden, die von Behörden oder Personen öffentlichen Glaubens ausgestellt worden sind. Zu den Personen öffentlichen Glaubens zählen nach dem Gesetz die Notare, Standesbeamte, Gerichtsvollzieher, Urkundsbeamte oder die Rechtsanwälte beim Ausstellen eines Empfangsbekenntnisses. Privaturkunden i. d. S. sind alle anderen Urkunden. Das Problem bei Urkunden ist die Beweiskraft. Gesetzlich festgelegt wurde in den §§415 ff. ZPO nur die formelle Beweiskraft. So begründen private Urkunden allerdings nur vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von Ausstellern abgegeben worden sind (§416 ZPO). Öffentliche Urkunden i.S.v. § 415 ZPO beweisen nur, dass beurkundete Erklärungen abgegeben wurden, nicht ihre inhaltliche Richtigkeit. Auch ein Urteil nach § 417 ZPO beweist nur, dass ein entsprechendes Urteil gefällt wurde. Die materielle Beweiskraft, d. h. die Bedeutung der durch die Urkunde formell bewiesenen Tatsache für das Beweisthema, ist durch Urkunden nicht bewiesen (BGH, NJW 1986, 3086). Der Wahrheitsgehalt des schriftlich auf einer Urkunde fixierten Inhalts ist letztlich durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Falles erst noch festzustellen. dd. Zeugenbeweis Es können auch Zeugen zur Bestätigung der Behauptung als Beweis angeboten werden (§§ 373 ff. ZPO). Als Zeuge kommt jeder in Betracht, der nicht Partei ist oder als gesetzlicher Vertreter vernommen wird (Zöller-Greger, § 373 ZPO, Rn. 1). Beispiel: Im Prozess gegen eine OHG werden die Gesellschafter als Zeugen benannt. Können sie in dem Prozess Zeugen sein? Nein, da die vertretungsberechtigten Gesellschafter als Zeugen ausscheiden. Sie werden als Partei (§ 455 ZPO) vernommen; anderes gilt für die nicht vertretungsberechtigten Gesellschafter der OHG (auch KG). Als Zeuge, nicht als Partei vernommen werden weiterhin der Streithelfer oder der Streitgenosse (hierzu Schellhammer, Rn. 599). Der Zeuge soll vor Gericht über vergangene Tatsachen aussagen. Dabei muss entscheidend sein, ob der unter Beweis gestellte Streitpunkt für den Zeugen mit seinen Sinnen wahrnehmbar war. Wertende Rückschlüsse aus tatsächlichen Gegebenheiten oder die Beantwortung von Rechtsfragen sind nicht Gegenstand einer Zeugenvernehmung. Ebenso sollte der Zeuge nicht über hypothetische Entschlüsse vernommen werden. Beispiele: Das Gericht darf den Zeugen nicht fragen, ob die Parteien einen Werkvertrag abgeschlossen haben oder ob der Beklagte schuldhaft gehandelt hat. Das Beweisthema könnte etwa wie folgt lauten: Hat der Beklagte dem Kläger am 1.8... mündlich versprochen, eine Gartenhütte zu bauen.
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
In einem Verkehrsunfallprozess könnte die Frage lauten: Wie kam es am 1.8. zu dem Unfall der Parteien an der Kreuzung Gartenstraße/Schweizerstraße in Frankfurt. Es besteht eine Pflicht des Zeugen zum Erscheinen (§380 ZPO) und zur Aussage. Es besteht in bestimmten Fällen ein Aussageverweigerungsrecht (§§ 383 ff. ZPO), z. B. bei Ehegatten, nahen Verwandten oder Lebenspartnern i. S. d. LPartG. Zeuge ist auch der sachverständige Zeuge (§ 414 ZPO). Dass er für seine Wahrnehmung eine besondere Sachkenntnis braucht, macht ihn noch nicht zum Sachverständigen. Beispiel: Der Arzt ist Zeuge, wenn er über Art und Umfang der Unfallverletzung seines Patienten aussagen soll. Sachverständiger ist er, wenn das Gericht von ihm Diagnose, Therapie und Heilungschancen erfahren will oder wenn er den Patienten für das Gericht untersucht hat und über das Ergebnis berichten soll. Auch die prozessunfähige Partei kann Zeuge sein, da sie nicht als Partei vernommen wird; so können Kinder daher Zeugen sein. Der Zeugenbeweis ist ein unsicheres Beweismittel, da die Wahrnehmungsfähigkeit und die Erinnerungsfähigkeit der Personen ebenso begrenzt sind wie die Fähigkeit, das Erinnerte objektiv zu schildern (Luke, Rn. 296). Diese Fähigkeit nimmt grundsätzlich ab, je länger der Vorgang zeitlich zurückliegt. Die Vereidigung eines Zeugen ist im Endeffekt eine Ermessensentscheidung des Gerichts (§ 391 ZPO); Kinder unter 16 Jahren sind nicht eidesfähig. ee. Sachverständigenbeweis Der Sachverständige soll sich nicht wie ein Zeuge über in der Vergangenheit liegende Tatsachen äußern, sondern dem Gericht die Kenntnis von abstrakten Erfahrungssätzen vermitteln (Sachverständigenbeweis). Er wird damit als „Hilfsorgan" des Gerichts tätig (BGHZ 62,59). Das Gericht entscheidet über die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach pflichtgemäßen Ermessen. Wenn sich das Gericht auf Grund eigener Sachkunde in der Lage sieht, die Streitfrage zu beantworten, kann auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Ein Sachverständigengutachten wird häufig in Arzthaftungprozessen und Bauprozessen eingeholt. Dem Gericht steht es frei, ob es sich ein Gutachten in schriftlicher Form erstatten lässt (Regelfall) oder den Sachverständigen im Termin anhört (§411 Abs. 1 ZPO). Mitunter kann das Gericht den Sachverständigen auch zur Erläuterung eines schriftlich erstellten Gutachtens zum Termin laden (§411 Abs. 3 ZPO). Der Unterschied zum sachverständigen Zeugen besteht darin, dass der Sachverständige ersetzt werden kann, der Zeuge nicht. Das Privatgutachten, das eine Partei vorlegt, ist noch kein Beweismittel, sondern nur Partei vortrag; als Gutachten ist es nur mit Zustimmung beider Parteien verwertbar.
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ff. Parteivernehmung Die Parteivernehmung ist ein Beweismittel wie der Zeugen- und Sachverständigenbeweis. Das Gericht würdigt die Parteiaussage frei (§ 286 Abs. 1 S. 1 ZPO). Die Parteianhörung ist dagegen kein Beweismittel, sondern soll lückenhaftes Parteivorbringen ergänzen. Die Parteiangaben sind nur streitiger oder unstreitiger Parteivortrag, den der Richter normalerweise nicht als Beweis würdigen darf. Parteivernehmung und Parteianhörung unterscheiden sich auch äußerlich dadurch, dass eine Parteivernehmung durch Beweisbeschluss angeordnet und protokolliert werden muss (§§ 450 Abs. 1, 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO). Die ZPO unterscheidet vier Arten der Parteivernehmung, diejenige auf Antrag des Gegners (§ 445 ZPO), diejenige auf eigenen Antrag (§ 447 ZPO), die Parteivernehmung von Amts wegen (§§ 448, 613 ZPO) und die Schätzungsvernehmung (§ 287 Abs. 1 S. 3 ZPO). Die Parteivernehmung muss noch zulässig sein, wenn das Gericht sie durchführt. Unzulässig ist die Parteivernehmung zum Gegenbeweis (§ 445 Abs. 2 ZPO) oder im Urkundsprozess zum Beweis der Anspruchsvoraussetzungen (§§ 592, 595 Abs. 2 ZPO). Mitunter ist sie jedoch das einzige Beweismittel. Nach § 445 ZPO (Parteivernehmung auf Antrag des Gegners) kann die beweisbelastete Partei beantragen, dass der Gegner als Partei vernommen werde, wenn sie ihren Beweis noch nicht vollständig geführt hat oder keinen anderen Beweis anbieten kann. Die Parteivernehmung (des Gegners) ist allerdings subsidiär, d. h. die Möglichkeit steht nur derjenigen Partei zu, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig führen kann oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat (§ 445 ZPO). Die Parteivernehmung wird meist wenig erfolgversprechend sein, da der Gegner wohl kaum eine von seinem Parteivortrag abweichende Aussage machen wird. Gegenbeweislich kann - wie erwähnt - die Parteivernehmung also nicht angebracht werden, was ihre Anwendungsbereich erheblich einschränkt (§ 445 Abs. 2 ZPO). Ihre eigene Vernehmung erreicht die beweisbelastete Partei nur mit Zustimmung des Gegners (§ 447 ZPO). Aber welcher Gegner wird schon auf diese Weise einen Prozess verlieren wollen. Das Gericht kann von Amts wegen über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen. Dies ist allerdings nur in Ausnahmefällen möglich (§§ 447, 448 ZPO). So ist diese nur möglich, wenn der Gegner hierin einwilligt (§ 447 ZPO) oder wenn vorher ein Anfangsbeweis geführt wurde und damit für die zu beweisende Tatsache zwar ein gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die zum Beweis erforderliche Überzeugung des Gerichts aber noch nicht erreicht ist (§ 448 ZPO). Die Bedeutung der Parteivernehmung ist relativ gering, da das Gericht die Parteien auch im Anwaltsprozess persönlich anhören kann, auch wenn die in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärungen keine Beweisgrundlage darstellen können (vgl. § 141 ZPO).
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Nach § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO darf das Gericht von sich aus den Geschädigten über die Höhe seines Schadens als Partei vernehmen. c. Beweiswürdigung Die Beweiswürdigung ist ausschließlich Sache des Gerichts. Das bedeutet, dass der Richter auf der Grundlage von Verhandlung und Beweisaufnahme „nach freier Überzeugung" zu entscheiden hat, ob er eine tatsächliche Behauptung für wahr hält oder nicht (§ 286 Abs. 1 ZPO). Der Richter kann z. B. einer Partei mehr Glauben schenken als einem Zeugen oder eine uneidlichen Zeugenaussage mehr Glauben schenken als einer Aussage unter Eid. Die Gefahr einer (zu) subjektiven Beurteilung wird abgemildert durch die Vorschrift des § 286 Abs. 1 S. 2 ZPO, wonach der Richter die Gründe anzugeben hat, die für seine Entscheidung maßgebend waren. Die Entscheidung darf nicht willkürlich sein; die Gesetze der Logik binden auch das Gericht (BGH, NJW 1998, 2736). Freier ist der Richter bei der Ermittlung des Schadens und seiner Höhe. Hier kann der Richter u. U. ohne Beweisaufnahme hinsichtlich der bestrittenen Tatsache unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheiden (§ 287 ZPO). Die Behauptung ist bewiesen, wenn das Gericht „von ihrer Wahrheit" überzeugt ist; absolute Gewissheit wird nicht verlangt. Ausreichend ist ein „für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit". Nicht ausreichend ist jedenfalls eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, NJW 1998,2971; Luke, Rn. 257). Hat das Ergebnis der Beweisaufnahme den Richter nicht von der Wahrheit oder Unwahrheit der beweisbedürftigen Tatsache überzeugt, entsteht ein „non-liquet". Der Richter kann nun die Parteien „nicht ohne Urteil nach Hause schicken". Er muss ein Urteil erlassen, das zu Lasten der beweisbelasteten Partei ergeht (objektive Beweislast; vgl. Luke, Rn. 275). d. Beweislast Ebenso wie es Angelegenheit der Parteien ist, dem Gericht die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen, so ist es auch ihre Aufgabe, die Beweismittel für die (noch) streitigen Tatsachen zu beschaffen. Der Beweislast kommt in zahlreichen Prozessen eine entscheidende Bedeutung zu, weil sich häufig bestimmte Behauptungen nicht beweisen lassen. Der Richter, der die Parteien in diesem Fall wie erwähnt - nicht einfach „nach Hause schicken" kann, muss eine Entscheidung treffen können. Als Regel gilt, dass jede Partei für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnormen die Beweislast trägt („Günstigkeitsprinzip"; Hartmann in Baumbach/Lauterbach, Anh. nach § 286 ZPO, Rnn. 1 ff.; Rosenberg-Schwab-Gottwald, § 114, Rn. 10). Das bedeutet, dass der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen muss und der Beklagte die Beweislast
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für alle Tatsachen trägt, die eine rechtsvernichtende, rechtshindernde oder rechtshemmende Wirkung hat. Die Partei verliert den Prozess, wenn sie für eine beweisbedürftige Tatsache keinen Beweis antritt (subjektive Beweislast bzw. Beweisführungslast) oder wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme das Gericht nicht von der Wahrheit oder Unwahrheit der beweisbedürftigen Tatsache überzeugt hat; dieses „non-liquet" geht zu ihren Lasten (objektive Beweislast; vgl. Luke, Rn. 275). Diese Regel zur Beweislastverteilung wird durchbrochen, soweit gesetzliche Vorschriften eine andere Beweislastverteilung anordnen, z.B. §§ 179 345, 363, 932, 2236 Abs. 3 BGB. Eine weitere Durchbrechung erfolgt dort, wo gesetzliche oder tatsächliche Vermutungen eingreifen oder in Sonderfällen, z. B. bei der Produzentenhaftung. Bei der Produzentenhaftung muss nach der höchstrichterlicher Rechtsprechung der Hersteller beweisen, dass ihn hinsichtlich des Produktfehlers kein Verschulden trifft (Beweislastumkehr). Vertraglich vereinbarte Beweislastregeln sind grundsätzlich nicht ausgeschlossen, unterliegen aber ggf. einer Überprüfung nach den §§ 307 ff. BGB. In diesem Zusammenhang ist das Selbstständige Beweisverfahren zu erwähnen (§§ 485 ff. ZPO). Der Zweck dieses Verfahrens besteht in der vorsorglichen Sicherung bzw. Feststellung von Beweismitteln, z. B. der Feststellung von Baumängeln, die durch eine dringend erforderliche Reparatur beseitigt würden. Dieses Verfahren kann im Rahmen eines Prozesses oder auch unabhängig davon bereits im Vorfeld erfolgen. Diese Verfahren führt zu einer Verjährungshemmung. Kommt es zu einem Hauptprozess, steht dieses Beweisergebnis einer unmittelbaren Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.
11. Rechtsmittel a. Grundprinzipien Die ZPO stellt den Parteien drei Rechtsmittel zur Verfügung, um sich gegen gerichtliche Entscheidungen zu wehren. Rechtsmittel i. S. d. ZPO sind allerdings nur die Berufung, die Revision und die Beschwerde. Ein Rechtsmittel unterscheidet sich von den anderen Rechtsbehelfen vor allem durch zwei typische Merkmale. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels wird der Eintritt der formellen Rechtskraft gehemmt (sog. Suspensiveffekt). Gleichzeitig führt es zu einer Überprüfung der Entscheidung in der nächsthöheren Instanz (Devolutiveffekt). Die Rechtmittel bedeuten zum einen eine verstärkte Garantie für eine richtige und gerechte Entscheidung. Vor allem aber führt der Instanzenzug mit seiner Konzentration der Rspr. bei höheren Gerichten und schließlich beim BGH zu einer notwendigen Rechtsvereinheitlichung und Rechtsfortbildung. Keine Rechtsmittel i.d.S. sind z.B. der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil (§ 338 ZPO) oder die Erinnerung (§§ 573, 766 ZPO; § 11 RPflG), weil ih-
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
nen kein Devolutiveffekt zukommt. Ebenfalls nicht zu den Rechtsmitteln zählt die Dienstaufsichtsbeschwerde. Mit diesem Instrumentarium soll der Dienstvorgesetzte des Richters zum Einschreiten gegen Pflichtverstöße veranlasst werden. Wegen der richterlichen Unabhängigkeit kann sie sich nur auf Äußerlichkeiten der richterlichen Tätigkeit beziehen. Die Zulässigkeit eines Rechtmittels hängt davon ab, ob es seiner Art in Betracht kommt. Zudem muss die Form und bestimmte Fristen beachtet werden. Weiterhin hängt die Zulässigkeit davon ab, ob der Rechtsmittelkläger beschwert ist. So ist der Kläger beschwert, wenn die angefochtene Entscheidung von der von ihm beantragten abweicht. Der Beklagte ist beschwert, wenn die angefochtene Entscheidung für ihn nachteilig ist. Beispiel: A klagt gegen Z auf Zahlung in Höhe von 9 000 €. Wird Z zur Zahlung verurteilt, ist Z beschwert, nicht A. Wird die Klage abgewiesen, so ist A beschwert, nicht Z. Wird Z zur Zahlung in Höhe von 4 000 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen, sind beide beschwert, Z in Höhe von 4000 € und A in Höhe von 5 000 €. Grundsätzlich hängt die Zulassung des Rechtsmittels vom Gericht der angefochtenen Entscheidung ab. Über die Begründetheit darf also erst entschieden werden, wenn die Zulässigkeit feststeht. Für die Einlegung von Rechtsmitteln gilt grundsätzlich das „Verbot der reformatio in peius" (§§ 528, 557 ZPO; sog. Verschlechterungsverbot). Das bedeutet, dass die angefochtene Entscheidung nicht weiter abgeändert werden darf als dies beantragt ist. Die einzige Gefahr bei der Einlegung eines Rechtsmittels besteht im Endeffekt darin, dass es - abgesehen von den Kosten - erfolglos bleibt. Zum Nachteil kann das Urteil grundsätzlich nicht mehr abgeändert werden. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Gegner ein Anschlussrechtsmittel einlegt. Beispiel: A klagt gegen Z auf Zahlung in Höhe von 9 000 € . Z wird zur Zahlung in Höhe von 4000 € an A verurteilt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Legt A Berufung ein, bleibt es im Falle der Unbegründetheit der Berufung bei der Verurteilung des Z (Zahlung von 4000 €). Eine weitergehende (oder vollständige) Abweisung der Klage ist nicht möglich. Legt nur Z Berufung ein, kann er bei Erfolglosigkeit nicht zu einer höheren Zahlung als 4000 € verurteilt werden; etwas anderes gilt - wie erwähnt - dann, wenn der Gegner ein Anschlussrechtsmittel einlegt.
b. Berufung Die Berufung (§§ 511-541 ZPO) findet gegen die in der ersten Instanz erlassenen Urteile statt. Sie dient der Kontrolle des erstinstanzlichen Urteils im Hinblick auf Rechtsfehler. Das Landesrecht kann nach § 119 Abs. 3 GVG bis zum 31.12.2007 bestimmen, dass das OLG auch für Berufungen gegen Urteile der AG zuständig ist.
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Die Berufung (§§ 511-541 ZPO) ist nach § 511 ZPO statthaft, wenn der Wert der Beschwer mehr als 600 € beträgt. Der „Wert des Beschwerdegegenstands" ist der Betrag, in dessen Höhe die Partei - ohne Berücksichtigung von Kosten und Zinsen - den Prozess verloren hat (vgl. Jauernig, § 72 V; Luke, Rn. 386). Die Berufung ist weiterhin statthaft bei Zulassung der Berufung durch das erstinstanzliche Gericht. Das Gericht lässt die Berufung zu, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Berufungsgericht erfordert (§511 Abs. 4 ZPO); in diesem Fall kommt es auf die Beschwer nicht an. Die Zulassungsberufung ist im Rahmen der ZPO-Reform 2002 eingeführt worden. Bisher gab es nur eine Streitwertberufung (1500,- DM). Die Berufung ist nun keine zweite Tatsacheninstanz mehr, da das Berufungsgericht das angefochtene Urteil i.d.R. nur noch auf Rechtsfehler überprüft (§513 Abs. 1 ZPO). Mit neuen Tatsachen lässt sich die Berufung nicht mehr begründen, es sei denn, konkrete Zweifel ließen an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung zweifeln, was jedoch letztlich wieder auf einen Rechtsfehler hinausläuft, denn die fehlerfreie Tatsachenfeststellung bindet auch das Berufungsgericht. Beispiele — Das erstinstanzliche Gericht übersieht erhebliches Parteivorbringen: Behauptungen, Bestreiten, Beweisangebote. - Das Urteil stützt sich auf Tatsachen, die keine Partei behauptet. Neben der Streitwertberufung mit ermäßigter Berufungssumme (600 € statt 1 500,- DM) gibt es jetzt auch die - oben erwähnte - Zulassungsberufung, jedoch ohne Nichtzulassungsbeschwerde (§511 Abs. 2 ZPO). Sinn und Zweck dieser Regelung ist, dass ein Rechtsmittel auch in vom Streitwert weniger, in der Sache aber bedeutsameren Rechtsstreitigkeiten möglich sein soll. Die Berufung ist zu form- und fristgerecht einzureichen (§§ 517 ff. ZPO). Die Berufung ist einzulegen innerhalb eines Monats beim Berufungsgericht (iudex ad quem, §§ 517, 519 ZPO), also nicht beim erstinstanzlichen Gericht (iudex a quo). Berufungsgericht ist entweder das LG bei Urteilen des AG (§ 72 GVG) oder das OLG bei Urteilen des LG (§ 119 GVG). Ist die Berufungsschrift als „elektronisches Dokument" verfasst, so ist diese dann „eingereicht", sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts sie aufgezeichnet hat (§ 130 a Abs. 3 ZPO). Diese seit dem 1.8.2001 eingeführte Neuregelung muss für alle Arten elektronischer Übermittlung gelten, da Gleiches gleich zu behandeln ist. Nach der bisherigen Rspr. genügt zur Fristwahrung die Einreichung einer Berufung per Telefax. Empfehlenswert ist jedoch zur Vermeidung eines Risikos die fristgerechte Nachreichung des Originals, sei es per Post oder durch Einwurf. Die Berufung ist zu begründen (§ 520 Abs. 1 ZPO). Sie muss Berufungsanträge enthalten. Die Berufung kann darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder dass Fehler bei der Feststellung des Sachverhalts vorliegen; neue Angriffs- und Verteidigungsmittel können nur noch in ganz
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
engen Grenzen vorgebracht werden. Nach der Zivilprozessreform 2002 dient die Berufung grundsätzlich der Kontrolle des erstinstanzlichen Urteils auf Rechtsfehler. Der Rechtsstreit wird nicht mehr - wie bisher - in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vor der nächst höheren Instanz umfassend neu verhandelt. Nicht ausreichend ist daher eine bloße Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag. Die Rüge von Rechtsfehlern war auch bisher schon der häufigste Berufungsgrund. Wer sich dagegen auf einen „Sachverhaltsfehler" beruft, muss nach § 520 Abs. 3 ZPO konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. c. Revision Die Revision (§§ 542-566 ZPO) eröffnet den Parteien eine dritte Instanz. Eine Revision führt zu einer Überprüfung der Berufungsurteile der LG/OLG allein aus „rechtlicher Hinsicht" durch den BGH (§§ 542, 545 ZPO). Zu erwähnen ist hier die Möglichkeit einer Sprungrevision (vom AG zum BGH bzw. LG zum BGH) unter den Voraussetzungen des § 566 ZPO. Für die Einlegung der Revision gelten dieselben Fristen wie bei der Berufung (§§ 548, 549 ZPO). Der Revisionsanwalt begründet die Revision schriftlich innerhalb einer zweimonatigen Begründungsfrist, die mit Zustellung des vollständigen Berufungsurteils beginnt und verlängert werden kann (§ 551 Abs. 2 ZPO). Eine Revision ist nach der ZPO-Reform 2002 nur noch statthaft als Zulassungsrevision (§§ 543, 544 ZPO), d. h. bei Zulassung durch das Berufungsgericht (im Berufungsurteil) oder durch den BGH auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde der durch das Berufungsurteil beschwerten Partei, wenn das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat. Zu beachten ist eine wichtige Übergangsregelung, wonach bis zum 31.12.2006 eine Nichtzulassungsbeschwerde nur zulässig ist, wenn der Wert der Beschwer 20 000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des BGH erfordert. Revisionsgrund kann nur eine Rechtsverletzung sein (§ 545 ZPO). Das Urteil der Berufungsinstanz muss auf dieser Rechtsverletzung beruhen, was in den Fällen der absoluten Revisionsgründe gem. § 547 ZPO unwiderlegbar vermutet wird. Zu beachten ist, dass ein neuer Tatsachenvortrag grundsätzlich ausgeschlossen ist (§ 559 ZPO). d. Beschwerde Die sofortige Beschwerde (§§ 567-572 ZPO) ist das statthafte Rechtsmittel gegen Entscheidungen der AG und LG als erstinstanzliches Gericht, die nicht in
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Form eines Urteils, sondern als Beschluss oder als Verfügung ergangen sind (§ 567 ZPO). Der Berufung entsprechend dient die Beschwerde der Kontrolle und Berichtigung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Einlegungsfrist beträgt zwei Wochen (§ 569 ZPO), entweder beim Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird oder beim Beschwerdegericht. Da sich dieses Rechtsmittel grundsätzlich gegen weniger wichtige Entscheidungen richtet, ist das Verfahren auchflexiblerund nicht so formell. Beispiele: Beschluss nach § 91 a ZPO; Ablehnung der öffentlichen Zustellung; nicht zulässig ist die Beschwerde aber gegen einen Beweisbeschluss oder einen Vertagungsbeschluss. Gegen Beschwerdeentscheidungen, Beschlüsse von Berufungsgerichten und Beschlüsse der OLG ist bei gesetzlicher Bestimmung oder Zulassung die Rechtsbeschwerde an den BGH statthaft. Sie ist binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des anfechtbaren Beschlusses einzulegen. Nach §§ 576, 577 ZPO erfolgt eine Überprüfung nur in rechtlicher Hinsicht; eine Entscheidung hierüber ergeht stets durch Beschluss. Ein Urteil, gegen das nicht fristgemäß Rechtsmittel eingelegt wird oder gegen das ein Rechtmittel gar nicht zulässig ist, wird rechtskräftig. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar geworden. Sie darf weder von diesem Gericht noch von einem anderen Gericht abgeändert werden. Der Prozess ist beendet. Man spricht in diesem Zusammenhang von der formellen Rechtskraft (Jauernig, § 61II). Damit über denselben Gegenstand nicht zu einem noch einmal prozessiert wird (und der Streit nie endet), muss neben dem äußeren Bestand auch der innere Bestand einer prozessbeendenden Entscheidung gesichert werden, um die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens zu gewährleisten (BVerfGE 73, 327 ff., st. Rspr.). Diesem Zweck dient die materielle Rechtskraft. Die materielle Rechtskraft setzt die formelle Rechtskraft voraus. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, ein Urteil im Wege einer Nichtigkeitsklage oder durch eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu beseitigen (vgl. §§ 579, 580 ZPO). Die Entscheidung des Gerichts ist für die Parteien verbindlich (§ 322 ZPO, sog. materielle Rechtskraft). Das bedeutet, dass über denselben Streitgegenstand nicht noch mal einmal ein Prozess geführt werden darf. Das rechtskräftige Urteil steht einem neuen Prozess über denselben Streitsgegenstand entgegen (BGH, NJW 1995, 967; BGH, NJW 1993, 334). Exkurs: Vorlage an das BVerfG und an den EuGH Jedes Gericht kann und muss selbst prüfen, ob ein Gesetz mit der Verfassung vereinbar ist. Kommt es dabei zu dem Ergebnis, dass das nicht der Fall ist, hat es sein Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Diese Pflicht trifft jedes Gericht und nicht erst den BGH. Zu beachten ist, dass eine Verfassungsbeschwerde grundsätzlich erst erhoben werden kann, wenn der Rechtsweg erschöpft ist.
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Nach Art. 234 EGV ist jedes letztinstanzliche Gericht verpflichtet, den EuGH anzurufen, wenn es bei seiner Entscheidung auf die Auslegung oder die Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts ankommt. Ein nicht letztinstanzliches Gericht ist zu einer Vorlage berechtigt (aber nicht verpflichtet).
12. Besondere Verfahrensarten a. Mahnverfahren Ein besonderes Verfahren innerhalb des Zivilprozesses ist das Mahnverfahren i. S. d. §§ 688 ff. ZPO. Das Mahnverfahren ist in der Praxis von großer Bedeutung, da es ein abgekürztes Verfahren ist, das auf eine schnelle und einfache Art die Erlangung eines Vollstreckungstitels, und zwar eines Vollstreckungsbescheids i. S. v. § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in denjenigen Fällen ermöglichen soll, in denen der Gläubiger mit Einwendungen des Schuldners gegen den geltend gemachten Anspruch nicht rechnet. Das Mahnverfahren ist nur bei Ansprüchen auf Geld zulässig und die Leistung darf nicht von einer noch nicht erfolgten Gegenleistung abhängig sein. Der Antragsteller reicht den (formularmäßigen) Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids beim AG seines allgemeinen Gerichtsstands ein (§ 689 Abs. 2, 3 ZPO). Das AG ist unabhängig von der Höhe der Geldforderung stets zuständig (§ 689 ZPO). Es erlässt auf Antrag einen Mahnbescheid an den Antragsgegner. Der zuständige Rechtspfleger (§ 20 Nr. 1 RPflG) prüft nicht, ob der Anspruch tatsächlich besteht (§ 692 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Gegen den Mahnbescheid kann der Antragsgegner innerhalb von zwei Wochen nach dessen Zustellung Widerspruch einlegen. Der Widerspruch bedarf keiner Begründung. IN diesem Fall endet das Mahnverfahren. Die Sache wird dann je nach Streitwert an das AG oder LG abgegeben, das im Mahnbescheid als das für das streitige Verfahren zuständig bezeichnet worden ist (§ 696 Abs. 1 ZPO). Dadurch wird die Sache im streitigen Verfahren rechtshängig. Der Anspruchssteller, der nun als Kläger bezeichnet wird, hat den Anspruch im Rahmen einer Klageschrift zu begründen (§ 697 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren läuft dann nach den üblichen Regeln ab. Wird nicht fristgemäß Widerspruch erhoben, so erlässt der Rechtspfleger auf Antrag ein Vollstreckungsbescheid (§ 699 Abs. 1 ZPO). Der Vollstreckungsbescheid hat die gleiche Wirkung wie ein vorläufig vollstreckbar erklärtes Versäumnisurteil (§ 700 Abs. 1 ZPO). Es handelt sich um einen vollstreckbaren Titel, gegen den der Antragsgegner innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Einspruch erheben kann (§§ 700 Abs. 3, 339 Abs. 1 ZPO). Wird Einspruch eingelegt, so endet auch das Mahnverfahren. Der Rechtspfleger gibt auch in diesem Fall die Sache an das im Mahnbescheid zuständige AG oder LG ab. Auch hier hat eine Klagebegründung zu erfolgen. Das Verfahren läuft dann genauso ab wie nach Erlass eines Versäumnisurteils. Die Zustellung eines Mahnbescheids macht den Anspruch noch nicht rechtshängig. Sie wahrt jedoch die Klagefrist, wenn das Gesetz dafür keine Klage verlangt,
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und hemmt die Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Das Gesetz bezieht diese beiden Wirkungen sogar auf den Zeitpunkt der Einreichung des Mahnbescheids zurück, wenn der Mahnbescheid „demnächst" zugestellt wird (vgl. Schellhammer, Rn. 1875). Die maschinelle Bearbeitung mit EDV soll das Mahnverfahren vereinfachen und beschleunigen. Diesbezüglich gibt es zahlreiche Sonderregeln. Die Mahnakten werden durch einen Dienstspeicher ersetzt, ein „Aktenausdruck" erst erstellt, wenn das Mahnverfahren in ein streitiges Verfahren übergeht. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung das Mahnverfahren auf ein bestimmtes AG konzentrieren (vgl. §§ 689 Abs. 3, 703 c Abs. 3, 703 d Abs. 2 S. 2 ZPO). b. Prozesskostenhilfe Ein Zivilprozess kostet regelmäßig einen nicht unerheblichen Aufwand an Zeit und Geld. Der Kläger muss dem Gericht zunächst einen Kostenvorschuss leisten. Auch der beauftragte Rechtsanwalt wird regelmäßig einen Kostenvorschuss verlangen. Unterliegt der Kläger im Prozess, hat er die gesamten Kosten, d. h. auch die (Rechtsanwalts-)Kosten der Gegenseite tragen (§ 91 ZPO). Vor den AG als Familiengerichten sowie bei den Landgerichten und den höheren Instanzen (OLG, BGH) besteht Anwaltszwang. Das bedeutet, dass sich die Parteien durch Rechtsanwälte als Bevollmächtigte vertreten lassen müssen. Nur Rechtsanwälte sind postulationsfähig, d. h. nur sie können wirksame Prozesshandlungen vornehmen. Nun hat nicht jeder die finanziellen Mittel, um einen Prozess zu führen. Besitzt jemand einen an sich durchsetzbaren Anspruch, könnte der wirtschaftlich Schwache im Hinblick auf das Kostenrisiko vor einem Prozess zurückschrecken, wenn die Sach- und Rechtslage nicht ganz eindeutig ist. Der finanziell Stärkere hätte hingegen die Möglichkeit, seinen Gegner durch die Drohung mit einem aufwändigen Prozess einzuschüchtern. Dieses Kostenrisiko kann durch die sog. Prozesskostenhilfe (PKH) nach den §§ 114 ff. ZPO beseitigt oder verringert werden. Sie soll einer wirtschaftlich schlechter gestellten Partei die Rechtsverfolgung oder die Rechtsverteidigung ermöglichen. Die PKH dient somit der Realisierung des Justizgewährungsanspruchs und der Waffengleichheit der Parteien im Prozess. Sie ist eine Ausprägung des Sozialstaatsprinzips und des Rechtsstaatsgrundsatzes (vgl. Art. 20 GG; BVerfGE 81, 347). Durch den Antrag auf PKH wird ein selbstständiges Verfahren eröffnet, auch wenn der Antrag auf PKH häufig mit einer Klage verbunden wird. Die PKH (§§ 114 ff. ZPO) wird vom Gericht auf Antrag bewilligt, wenn die weitere Voraussetzung ist, dass die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Mutwillig ist alles, was eine bemittelte Partei vernünftigerweise lassen würde, weil ihr das Geld zu schade wäre (vgl. ausführlich Schellhammer, Rn. 1781). Beispiel: Mutwillig wäre eine Klage auf Leistung Zug um Zug, wenn feststeht, dass der Kläger
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Grundzüge der Zivilprozessordnung seine Gegenleistung nicht erbringen kann; mutwillig wäre die Erhebung einer unstreitigen Klage vor dem LG anstatt einen Mahnantrag beim AG zu stellen.
Erforderlich ist weiterhin, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§115 ZPO, vgl. hierzu Reichold, in Thomas/Putzo, § 115 ZPO, Rnn. 1 ff.). Maßgebend ist das Einkommen und die Vermögensverhältnisse der Partei nach BSHG-Grundsätzen (sowie einer amtlichen Tabelle). Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss. Wird PKH bewilligt, ergeben sich die Folgen aus § 122 ZPO. Die Partei hat die Gerichtskosten und die Kosten eines ihr beigeordneten Rechtsanwaltes (§ 121 ZPO) gem. des Bewilligungsschlusses nicht, zum Teil oder nur in Raten zu zahlen. Trotz PKH bleibt jedoch ein Kostenrisiko. Im Falle des Unterliegens kann der (obsiegende) Gegner seine Kosten, insbesondere seine Anwaltskosten, erstattet verlangen (§ 123 ZPO). Hiervon zu unterscheiden ist die Beratungshilfe. Die Beratungshilfe ist eine zweckmäßige Ergänzung der PKH. Das Gesetz über die Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen von 1980 („Beratungshilfegesetz") verfolgt den Zweck, dass auch einkommensschwache Bürger die Möglichkeit haben, sich außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens anwaltlich beraten lassen können; der Honoraranspruch des Rechtsanwaltes wird bei Vorliegen der Voraussetzungen des Beratungshilfegesetzes zum großen Teil von der Staatskasse übernommen. Das Kostenrisiko kann weiterhin reduziert oder beseitigt werden durch den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, die im Rahmen ihrer Versicherungsbedingungen die Anwalts- und Gerichtskosten übernimmt. Möglich ist weiterhin ein Abschluss eines sog. Prozessfinanzierungsvertrag mit einem entsprechenden Finanzierungsunternehmen, das gegen eine quotenmäßige Beteiligung (nur) im Erfolgsfall die Prozesskosten übernimmt (vgl. zur (noch) umstrittenen Zulässigkeit dieser Prozessfinanzierungsverträge, u. a. Dethloff, NJW 2000, 2225). c. Urkunden- und Wechselprozess Eine weitere besondere Verfahrensart im Zivilprozess ist der Urkunden- und Wechselprozess (§§ 592-605 a ZPO). In diesem Verfahren können Ansprüche auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme und auf Duldung der Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden, wenn sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können; auch Ansprüche aus Wechseln können auf diese Weise geltend gemacht werden. Zweck dieser Prozessart ist es, für Ansprüche, die durch Urkunden belegt werden können, ein erleichtertes summarisches Verfahren zur schnellen Erlangung eines zunächst nur vorläufigen (Vollstreckungs-)Titels zu schaffen (sog. Vorbehaltsurteil). Zu diesem Zweck wird der Prozess in ein Vor- und Nachverfahren aufgeteilt. Das Vorverfahren ist der eigentliche Urkundsprozess. Im Vorverfahren sind die Parteien auf den Urkundsbeweis und die Parteivernehmung beschränkt. Erst
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im Nachverfahren - einem ordentlichen Verfahren - fällt diese Beschränkung der Beweismittel weg. d. Arrest und einstweilige Verfügung Grundsätzlich ist eine Leistungs-, Feststellungs- oder Gestaltungsklage auf einen dauerhaften und endgültigen Rechtsschutz gerichtet, und zwar auf die rechtskräftige Feststellung einer Rechtsfolge, die als Grundlage einer Zwangsvollstreckung dient. Die Erreichung dieses Ziels kann sich durch einen langwierigen Prozess erheblich verzögern. In manchen Fällen käme ein (erstinstanzliches) Urteil zu spät. So kann es passieren, dass der Vollstreckungstitel, den der Kläger nach langer Prozessdauer in der Hand hat, nun faktisch nichts mehr wert ist, weil der Beklagte zwischenzeitlich keine Vermögenswerte mehr besitzt. In den Fällen, in denen eine künftige Vollstreckung gefährdet ist oder wegen einer sonstigen dringlichen Angelegenheit (z. B. Unterhaltszahlungen) eine sofortige Regelung erforderlich ist, besteht ein Bedürfnis nach vorläufigem Rechtsschutz. Diesem Bedürfnis wird durch das Arrest- und einstweilige Verfügungsverfahren i.S.d. §§ 916-945 ZPO Rechnung getragen. Es handelt sich um ein besonderes Eilverfahren, das eine vorläufige Sicherung oder Regelung von Rechten und Rechtsverhältnissen (aber noch keine endgültige Erledigung) zum Ziel hat. Das Arrestund einstweilige Verfügungsverfahren ist im 8. Buch der ZPO über die Zwangsvollstreckung geregelt. Von der Dogmatik her betrachtet ist das ungenau, weil es sich hierbei um ein beschleunigtes, vorläufiges Erkenntnisverfahren mit Sonderregeln für die Vollstreckung handelt. In den Fällen, in denen selbst für diese „Eilverfahren" keine Zeit mehr bleibt, ist der Gläubiger „ausnahmsweise" zur Selbsthilfe berechtigt (§§ 229-231 BGB) Der Antragsteller (nicht Kläger) hat bei Ansprüchen auf eine Geldleistung die Möglichkeit, im Wege des Arrestes (§§ 916 ff. ZPO; durch „Arrestbefehl") eine vorläufige Sicherung des Anspruchs zu erreichen, vorausgesetzt, es liegt ein Arrestanspruch und ein Arrestgrund, d. h. eine besondere Dringlichkeit vor, z. B. wenn der Schuldner Vermögensgegenstände „verschleudert" oder „verschiebt" oder eine kurzfristige Übersiedlung ins Ausland beabsichtigt ist. Hierbei genügt es, dass der Antragsteller sein Recht durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft macht; ein Beweis ist also nicht erforderlich. Eine einstweilige Verfügung sichert die künftige Vollstreckung wegen eines Anspruchs „auf eine andere Leistung als auf Geld" (§§ 935 ff. ZPO). Es geht um die Sicherung eines individuellen Anspruchs. Sie wird als Parallelfall zum Arrest unter den gleichen Voraussetzungen (Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund) erlassen. In der Praxis liegt der Hauptanwendungsbereich der einstweiligen Verfügung heute im Wettbewerbsrecht und im Presserecht. Beispiele: Unterlassung ehrverletzender, kreditschädigender Äußerungen; Unterlassung unzuläs-
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Grundzüge der Zivilprozessordnung siger Wettbewerbshandlungen; Sicherung des Anspruchs auf Herausgabe einer Sache; Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek.
Eine einstweilige Verfügung kann auch zur Regelung eines einstweiligen Zustands zur Sicherung des Rechtsfriedens erlassen werden (§ 940 ZPO, Regelungsverfügung), die Regelung von Grenz- Besitz- oder Mietstreitigkeiten. Zu beachten ist, dass der Arrest und die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht auf eine endgültige Befriedigung des Gläubigers ausgerichtet sind. Sie dürfen die Hauptsache nicht vorwegnehmen, sondern dienen - wie erwähnt - nur der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs, über den im anschließenden Hauptverfahren entschieden wird. Beispiele: Der Vorleistungspflichtige Bauhandwerker befürchtet, dass der Bauherr den geschuldeten Werklohn nach Abnahme nicht zahlen wird und das Baugrundstück weiter mit Grundpfandrechten belastet. In diesem Fall muss er den Bauherrn nicht erst auf eine Bewilligung einer Bauhandwerkersicherungshypothek nach § 648 BGB verklagen, sondern kann in kürzerer Zeit durch eine einstweilige Verfügung nach § 935 ZPO, §§ 883, 885 BGB die Eintragung einer Vormerkung seines Anspruchs auf Bestellung einer Bauhandwerkersicherungshypothek erzwingen. Die Sicherung des Anspruchs auf Herausgabe einer Sache erfolgt durch die Anordnung, dass der Schuldner die Sache an einen Dritten, z.B. einen Gerichtsvollzieher zur Verwahrung, herauszugeben hat. Erfüllung erreicht der Gläubiger grundsätzlich erst durch die Zwangsvollstreckung. Ausnahmsweise zulässig sind daher vorläufige Maßnahmen, die den Anspruch nicht nur sichern, sondern bereits erfüllen. Diese Ausnahmen fasst man unter dem Begriff Leistungsverfügung zusammen. Es handelt sich im Wesentlichen um drei Fallgruppen, die Herausgabe einer Sache nach verbotener Eigenmacht, die Unterlassung von Rechtsverletzungen (z.B. im Wettbewerbsrecht) sowie die Zahlung von Unterhalt oder Schadensersatz in akuter Not (vgl. hierzu Schellhammer, Rnn. 1946 ff.). In bestimmten Fällen muss der Verfügungsgrund nicht besonders glaubhaft gemacht werden. Im Falle einer Erwirkung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs als Sicherungsmittel im Grundbuchrecht bedarf es keiner Glaubhaftmachung der Rechtsgefährdung (§§ 885 Abs. 1 S. 2, 899 Abs. 2 BGB), weil das Grundbuch wegen der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs die Gefahr für den Betroffenen in sich birgt. Auch in Wettbewerbssachen wird eine Dringlichkeit per Gesetz vermutet (§ 25 UWG). Sowohl Arrest als auch die einstweilige Verfügung sind risikoreiche Verfahrensformen. Für den Schuldner wirken sie sich nachteilig aus, wenn das Gericht sie ohne mündliche Verhandlung anordnet. Wer einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung befürchtet, versucht deshalb, sie zu verhindern oder wenigstens eine mündliche Verhandlung zu erzwingen. Zu diesem Zweck sendet der Schuldner dem Gericht der Hauptsache und dem AG der Zwangsbereitschaft eine Schutzschrift, in
12. Besondere Verfahrensarten
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der er sich vorsorglich gegen den drohenden Arrest- oder Verfügungsantrag verteidigt. Hat das Gericht auf Grund einer schlüssigen Schutzschrift starke Zweifel, kann dies zur Folge haben, dass der Antrag abgelehnt wird, jedenfalls eine Entscheidung nicht ohne mündliche Verhandlung ergeht. Die Vollziehung von Arrest oder einstweiliger Verfügung sind auch für den Gläubiger riskant, insbesondere dann, wenn sich nachträglich herausstellt, dass sie ungerechtfertigt erlassen worden sind. Die Vorschrift des § 945 ZPO soll diesbezüglich einen Ausgleich verschaffen, indem sie grundsätzlich eine SchadensersatzVerpflichtung des Antragstellers anordnet. e. Schiedsgerichtsverfahren Die ZPO sieht weiterhin die Möglichkeit vor, dass die Entscheidung eines Rechtsstreits einem privaten Gericht, einem Schiedsgericht, übertragen wird (§§ 1029 Abs. 1,1030 ZPO). Für die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens können mehrere Gründe sprechen. Es kann insbesondere dann vorteilhaft sein, wenn es sich um schwierige, komplexe wirtschaftsrechtliche Streitfragen handelt oder auch bei Streitfragen, in denen ausländisches Recht eine Rolle spielt. Vorteil eines derartigen schiedsrichterlichen Verfahrens, das einen entsprechenden Schiedsvertrag voraussetzt, ist ein relativ unbürokratischer, flexibler und schneller Ablauf. Die Schiedsverfahren sind von erheblicher praktischer Bedeutung in internationalen privat- und wirtschaftsrechtlichen Rechtsstreitigkeiten (vgl. Jauernig, § 92 I). Das Schiedsverfahrensrecht ab ist zum 1.1.1998 neu geregelt worden mit dem Ziel, es den internationalen Rahmenbedingungen anzupassen (vgl. Jauernig, § 92). Voraussetzung für ein Schiedsverfahren ist der Abschluss eines Schiedsvertrags (§§ 1029 ff. ZPO). Zu den schiedsfähigen Ansprüchen zählen grundsätzlich alle vermögensrechtlichen Ansprüche sowie nichtvermögensrechtliche Ansprüche, über die die Parteien einen Vergleich schließen können; grundsätzlich ausgeschlossen sind z.B. Schiedsvereinbarungen über Wohnraummietverhältnisse (§ 1030 Abs. 2 ZPO). Durch den Schiedsvertrag wird eine Klage vor den staatlichen Gerichten unzulässig. Wird vor Gericht Klage erhoben in einer Sache, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam, oder undurchführbar ist (§ 1032 Abs. 1 ZPO). Zu unterscheiden ist der Schiedsvertrag von einem Schiedsgutachtervertrag. Der Schiedsgutachter soll nicht den Rechtsstreit entscheiden, sondern nur bestimmte entscheidungserhebliche Tatsachen feststellen. Die Parteien bestimmen den/die Schiedsrichter (§ 1035 ZPO). Über das Verfahren können die Parteien eine Vereinbarung treffen, müssen sich allerdings im
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Grundzüge der Zivilprozessordnung
Rahmen bestimmter gesetzlicher Vorgaben halten. So muss den Parteien zwingend rechtliches Gehör gewährt werden (vgl. § 1042 ZPO). Das Verfahren endet grundsätzlich mit einem Schiedsspruch (§ 1056 Abs. 1 ZPO). Schließen die Parteien einen Vergleich (Schiedsvergleich), so beendet das Schiedsgericht auch das Verfahren (§ 1053 ZPO). Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§ 1055 ZPO). Die Zwangsvollstreckung ist allerdings erst möglich, wenn der Schiedsspruch durch die staatlichen Gerichte für vollstreckbar erklärt worden ist (§§ 1060, 1062 ZPO); zuständig sind diesbezüglich die OLG. Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss (§ 1063 ZPO). Das Schiedsverfahren steht damit im Endeffekt unter der Kontrolle der staatlichen Gerichte. Ausländische Schiedssprüche, d. h. solche, deren Ort des Schiedsverfahrens nicht in der BRD liegt, sind gem. § 1061 ZPO anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären.
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Abgabenrecht, 20 Abhanden gekommen, 337 Abnahme, 173, 232 Abschlussfreiheit, 55 Absolutheitsprinzip, 301 Abstraktionsprinzip, 77, 254, 255, 300, 325 Abtretungsvertrag, 153 Adäquanztheorie, 281 Aliud, 182 Allgemeine Geschäftsbedingungen, 236 Allgemeines Persönlichkeitsrecht, 276 Amtshaftung, 295 Analogie, 26 Aneignung, 344 Anerkenntnisurteil, 392 Angebot, 59 Anhängigkeit, 377 Annahme, 59 Annahmeverweigerung - berechtigt, 49 - unberechtigt, 49 Anscheinsvollmacht, 92 Anspruchsgrundlage, 5 Anwaltsvergleich, 393 Anwartschaftsrecht, 212 Arbeitnehmererfindungsgesetz, 18 Arbeitsmethodik, 3 Arbeitsrecht, 16, 56 Arglistige Täuschung, 70 Arrest, 409 Aufgedrängte Bereicherung, 262 Aufhebungs vertrag, 116 Auflassung, 325, 330 Aufrechnung, 114 Auftrag, 167 Aufwendungsersatz, 142 Auslegung, 50 - berichtigende, 54 - ergänzende, 53 - extensive, 26
- historische, 25 - natürliche, 51 - normative, 51, 52 - restriktive, 26 - sprachlich-grammatische, 25 - systematische, 25 - teleologische, 25 Auslobung, 38 Austauschmethode, 141 Bedingung, 75, 76 - auflösend, 76 - aufschiebend, 76 Beendigung von Schuldverhältnissen, 111 Befristung, 75, 76 Begriffsjurisprudenz, 24 Berufung, 402 Beschaffenheitsgarantie, 201 beschränkt dingliche Rechte, 345 Beseitigungsanspruch, 313, 315 - negatorischer, 316 - quasinegatorischer, 316 Besitz, 12, 276, 303 - Allein-, 306 - Eigen-, 306 - Fremd-, 306 - Mit-, 306 - Teil-, 306 Besitzaufgabe, 307 Besitzdiener, 304 Besitzentziehung, 308 Besitzer, siehe auch Besitz - mittelbarer, 305 - unmittelbarer, 305 Besitzkehr, 308 Besitzkonstitut, 327 - antizipiertes, 327 Besitzmittlungsverhältnis, 305, 327 Besitzstörung, 308 Besitzwehr, 308
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Bestandteil - wesentlicher, 340 Betreuung, 12 Betreuungsgesetz, 79 Betriebsgefahr, 296, 297 Beurkundung, notarielle, 73 Beweislastumkehr, 207, 279 Beweismittel, 395 Bote, 84 Briefhypothek, 350 Bringschuld, 105, 135 Buchhypothek, 350 Bürgerliches Gesetzbuch, 9 Bürgschaft, 164, 167 cessio legis, 152 commodum ex negotiatione, 270 commodum ex re, 270 Darlehensvertrag, 166 - Gelddarlehensvertrag, 224 - Sachdarlehensvertrag, 226 Dauerschuldverhältnis, 96 Deckungsverhältnis, 264 Deliktsfähigkeit, 34, 283 Deliktsrecht, 274 Dereliktion, 344 Devolutiveffekt, 401 dezentralisierter Entlastungsbeweis, 292 Dienstbarkeit, 346 Dienstvertrag, 166, 227 Differenzmethode, 141 Diskriminierung, 57 Dispositionsmaxime, 372 Dissens, 75 - offener, 75 - versteckter, 75 do ut des-Verhältnis, 98 Doppelkondiktion, 266 Doppelvertretung, 89 Dritter, 71 Drittschadensliquidation, 110 Drohung, widerrechtliche, 70 Duldungsvollmacht, 91 EG-Recht - Primärrecht, 13 - Sekundärrecht, 13 Eigenbesitzer, 306 Eigengeschäftsführung - angemaßte, 252 - irrtümliche, 252 Eigenmacht, verbotene, 308
Eigenschaft - einer Person, 69 - einer Sache, 69 Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, 317 Eigentum, 12, 275, 299, 301, 303, 311 - Allein-, 312 - Gesamthands-, 312 - Mit-, 312 - Treuhand-, 312 Eigentumserwerb - gutgläubiger, 332 - originärer, 324 - rechtsgeschäftlicher, 324 Eigentumsherausgabeanspruch, 313 Eigentums Vermutung, 311 Eigentumsvorbehalt, 76, 212, 325 - erweiterter, 212 - verlängerter, 212, 343 Eingriffskondiktion, 259 Einigung, 59, 325 Einrede, 155-158 - aufschiebende, 158 - dauernde, 158 - des nichterfüllten Vertrags, 158, 163 - der Verjährung, 158 - der Vorausklage, 158,164 - des Zurückbehaltungsrechts, 158, 160 Einstweilige Verfügung, 409 Einwendung, 155, 156 - rechtshindernd, 157 - rechtsvernichtend, 157 Einwilligung, 77, 282 Elektronische Form, 74 Empfangsbote, 48 Entgangener Gewinn, 286 Entgeltforderung, 128 Entlastungsbeweis, 292 - dezentralisierter, 292 Erbbaurecht, 346 Erbrecht, 12 Erfüllung, 111 Erfüllungsgehilfe, 293 Erfüllungssurrogate, 113 Erkenntnisverfahren, 363 Erklärungsbewusstsein, 39 Erklärungsbote, 48 Erklärungsirrtum, 67 Erlassvertrag, 115 Ersitzung, 339 Europäische Gemeinschaft (EG), 13 Europäisches Zivilgesetzbuch, 15 Exkulpation, 292
Sachverzeichnis Fälligkeit, 127 Fahrlässigkeit, 283 Fahrnisverbindung, 341 Familienrecht, 12 Fehlerbegriff - subjektiver, 176 Fernabsatzvertrag, 119 Fernkommunikationsmittel, 119 Feststellungsklage, 368, 387 Fixgeschäft - absolutes, 135 - relatives, 136 Forderung, 95, 152 Forderungsabtretung, 154 Formvorschriften, 72 Freibeweis, 395 Fremdbesitzerexzess, 320 Fremdgeschäftsführungswille, 247 Fruchterwerb, 344 Fund, 344
Gestaltungsklage, 368, 387 Gewohnheitsrecht, 7, 42 Gläubigerverzug, 131 Gläubigerwechsel, 152 Globalzession, 154, 343 Grundbuchordnung, 331 Grundgesetz, 19 Grundschuld, 352 Gutachtenstil, 22
Güteverhandlung, 369 Garantenstellung, 278 Gattungskauf, 186 Gattungsschuld, 103, 135 - beschränkt, 103 - unbeschränkt, 103 Gebrauchsmusterrecht, 18 Gefährdungshaftung, 274, 295 Gefahrübergang, 180 Gefahrtragung, 174 Gehilfenhaftung, 109 Geldschuld, 106, 135 Genehmigung, 77 Gerichtsbarkeit - freiwillige, 358 - ordentliche, 358 - streitige, 358 Gerichtstandvereinbarung, 382 Gesamthandseigentum, 312 Gesamtschuld, 156 Geschäftsbesorgung, 167, 247 Geschäftsfähigkeit, 34, 79 Geschäftsführung ohne Auftrag, 245, 246 - berechtigte, 247 - echte, 247 - unberechtigte, 251 - unechte, 247, 252 Geschäftsherrnhaftung, 291 Geschäftswille, 39, 40 Gesellschaftsrecht, 17 Gesetzliche Schuldverhältnisse, 245 Gesetzlicher Forderungsübergang, 152
In-Sich-Geschäfte, 89 Individualabreden, 240 Ingerenz, 278 Inhaltsfreiheit, 55 Inhaltsirrtum, 67 Inhaltskontrolle, 240 Interessenjurisprudenz, 24 Internationales Privatrecht, 10 Internet-Auktion, 47 invitatio ad offerendum, 41, 60 Irrtum, 66 - Eigenschafts-, 67, 69 - Erklärungs-, 67 - Inhalts-, 67 - Kalulations-, 68 - Motiv-, 68
Haltbarkeitsgarantie, 201 Halter, 296 Handeln unter fremden Namen, 85 Handelsbrauch, 52 Handelsrecht, 16 Hauptleistungspflicht, 100 Haustürgeschäfte, 118 Hinterlegung, 113 Holschuld, 105, 135 Hypothek, 349
juristische Person, 10, 33 Kalkulationsirrtum, 68 Kartellrecht, 56 Kauf auf Probe, 215 Kaufvertrag, 165,168 Kausalität - haftungsausfüllende, 284 - haftungsbegründende, 280, 284 Kfz-Halterhaftung, 295 Klagearten - Feststellungsklage, 368 - Gestaltungsklage, 368 - Leistungsklage, 368 Kollusion, 88 Kommissionär, 93
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Kommittent, 93 Kondiktion, 254 - Eingriffs-, 259 - Leistungs-, 255 - Nichtleistungs-, 259 - Rückgriffs-, 261 - Verwendungs-, 261 Konfusion, 116 Konkretisierung, 104 Konnexität, 161 Konsensualvertrag, 224 Konsolidation, 116 Kostenanschlag, 232 Kündigung, 117 Kündigungsschutzgesetz, 229 Leasingvertrag, 222 Leihe, 166 Leistungsklage, 368, 387 Leistungskondiktion, 255 Leistungsort, 105 Leistungspflicht, 99 Leistungsstörung, 123 Leistungszeit, 105 Mahnbescheid, 406 Mahnung, 127 Mahnverfahren, 406 Mangelfolgeschaden, 146 Markenrecht, 18 Mediation, 360 Mietvertrag, 166,218 Minderung, 191,235 Mitbesitzer, 306 Miteigentum, 312, 341 Mittelbare Stellvertretung, 92 Montage, 180 Montageanleitung, 180 Muster, 176 Nacherfüllung, 183, 184, 234 natürliche Person, 10, 33 Naturalrestitution, 285 Nebenleistungspflicht, 100 Nichtleistungskondiktion, 259 Nichtvermögensschaden, 286, 293 Nießbrauch, 345 Notarielle Beurkundung, 73 Novation, 116 obligatorisches Recht, 96 Öffentliches Recht, 6, 18 ökonomische Analyse des Rechts, 24 Offenkundigkeitsprinzip, 85
Offizialprinzip, 372 Operatingleasing, 223 Organisationsverschulden, 292 Pachtvertrag, 166 Pandektistik, 11 Parteifähigkeit, 383 Parteivernehmung, 399 Patentrecht, 17 Persönlichkeitrecht, 276 Person - juristische, 10, 33 - natürliche, 10, 33 Personalkredit, 348 Pfandrecht, 345 Pflichten - des Geschäftsführers, 250 - des Geschäftsherrn, 250 Postulationsfähigkeit, 386 Primärpflicht, 102 Primärrecht, 13 Privatautonomie, 9, 36, 55, 98 Privatrecht, 8 Produkthaftungsgesetz, 280 Produzentenhaftung, 279 Prozessfähigkeit, 384 Prozessführungsbefugnis, 385 Prozesskostenhilfe, 407 Prozessmaxime, 371 Prozessrecht, 20 Prozessstandschaft, 385 Prozessvergleich, 393 Publizitätsprinzip, 301, 303 Quittung, 113 Rückgewährschuldverhältnis, 117 Rückgriff des Letztverkäufers, 209 Rückgriffskondiktion, 261 Rücksichtnahmepflicht, 147 Rücktritt, 117, 190, 235 Rügeobliegenheit, 182 Realakte, 37, 339 Realkredit, 348 Rechte - absolute, 36 - beschränkt dingliche, 301, 345 - dingliche, 299 - relative, 36, 96 Rechtfertigungsgrund, 282 Rechtsfortbildung, 24, 26 Rechtsgeschäft, 10, 36, 37 Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse, 165 Rechtsgutverletzung, 275
Sachverzeichnis Rechtshängigkeit, 377, 388 Rechtskauf, 172 Rechtskraft - formelle, 405 - materielle, 405 Rechtsmangel, 171 Rechtsmittel, 371, 401 Rechtsobjekt, 33, 35 Rechtsquellen, 7 Rechtsscheinvollmacht, 91 Rechtsschutzbedürfnis, 386 Rechtssubjekt (= Person), 33 Rechtsverordnung, 7 Rechtswidrigkeit, 282, 315 rei vindicatio, 318 Repräsentationsprinzip, 48 Revision, 404 Richterrecht, 7 Richtlinie, 14 Sachen, 10 - bewegliche, 36 - nicht vertretbare, 36 - unbewegliche, 36 - vertretbare, 36 Sachherrschaft, 303 Sachmangel, 176 Sachverständigenbeweis, 398 Sachwalterhaftung, 150 Saldotheorie, 272 Schönheitsreparaturen, 219 Schaden, 283 Schadensbegriff - normativer, 287 Schadensersatz statt der Leistung, 144 Schädigung, sittenwidrige, 290 Scheingeschäft, 65 Schenkung, 166 Scherzerklärung, 65 Schickschuld, 106, 135 Schiedsgerichtsverfahren, 411 Schlüssigkeit, 389 Schlechtleistung, 143 Schmerzensgeldanspruch, 293 Schriftformklausel, 240 Schuldmitübernahme, 156 Schuldnerverzug, 123, 126 Schuldschein, 113 Schuldübernahme, 155 Schuldverhältnis, 95 - gesetzliches, 96, 245 - rechtsgeschäftliches, 96, 97, 165 schwebende Unwirksamkeit, 89
Schweigen, 41 Sekundärpflicht, 102 Selbsthilfe, 357 Selbstkontrahieren, 89 Sicherungsübereignung, 345 Sittenwidrigkeit, 82 Sonderprivatrechte, 16 sozialtypisches Verhalten, 62 Spezialitätsprinzip, 302 Störungsbeseitigungsanspruch, 310 Stückkauf, 186 Stückschuld, 104 Stellvertretung, 48, 83, 92 Strafrecht, 20 Streitgegenstand, 378 Strengbeweis, 395 Subsumtion, 4 Surrogationsmethode, 141 Suspensiveffekt, 401 Synallagma, 98 Täuschung, arglistige, 70 Taschengeldparagraph, 81 Tausch, 166 Teilzahlungsgeschäfte, 213 Textform, 74 Tierhalterhaftung, 295 Transparenzgebot, 239, 242 Treuhandeigentum, 312 Treuhandverhältnis, 93 Typenzwang, 301 Übergabe, 325, 326 Übermaßfrüchte, 319 Unberechtigte GoA, 251 Unechte GoA, 252 Unerlaubte Handlung, 274 Ungerechtfertigte Bereicherung - durch Leistung, 255 - in sonstiger Weise, 255, 259 Unmöglichkeit, 123, 133 - anfängliche, 124, 139 - faktische, 136 - nachträgliche, 140 - persönliche, 137 - praktische, 136 - qualitative, 136 - rechtliche, 134 - teilweise, 141 - wirtschaftliche, 137 Unterlassungsanspruch, 313, 315 - negatorischer, 316 - quasinegatorischer, 316
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Sachverzeichnis
Unterlassungsklagengesetz, 237 Unternehmer, 63, 118 Unverhältnismäßigkeitseinrede, 188 Urheberrecht, 17 Urkundenprozess, 408 Urteilsstil, 22 Valutaverhältnis, 108, 264 Verarbeitung, 339, 342 Verbandsklageverfahren, 237 Verbindung, 339 Verbot, gesetzliches, 81 Verbraucher, 63, 117 Verbraucherdarlehens vertrag, 166, 225 Verbrauchsgüterkauf, 206 Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB), 231 Verfahrensgrundsätze, 371 Verfassungsgerichtsbarkeit, 359 Verfassungsrecht, 8 Vergleich, 116, 167 Verjährung, 235 Verjährungsfrist, 159 Verkehrshypothek, 350 Verkehrssicherungspflicht, 278 Verkehrssitte, 52 Verkehrswert, objektiver, 271 Vermögensschaden, 286 Vermischung, 339, 342 Verordnung, 14 Verrichtungsgehilfe, 291 Versäumnisurteil, 391 Verschulden, 283 Versendungskauf, 175 Vertrag, 36, 54 Vertrauensschaden, 70 Vertretenmüssen, 128 Vertreter ohne Vertretungsmacht, 90 Vertretungsmacht - gesetzliche, 86 - rechtsgeschäftliche, 86 Verwaltungsrecht, 19 Verwendung, 272, 322 - nützliche, 322 - notwendige, 322 Verwendungskondiktion, 261 Verzögerungsschaden, 129 Verzugszinsen, 129 Vindikationslage, 318 Völkerrecht, 20 Vollmacht, 86 - Anscheins-, 92 - Duldungs-, 91 - Erlöschen, 88
Vollstreckungsbescheid, 406 Vorabentscheidungsverfahren, 15 Vorkaufsrecht, 215 - dingliches, 216 - persönliches, 216 Vormerkung, 331 Vorsatz, 283 Wechselprozess, 408 Wegfall der Geschäftsgrundlage, 150 Werkunternehmerpfandrecht, 232 Werkvertrag, 166, 230 Wertpapierrecht, 17 Wettbewerbsrecht, 18 Widerrufsrecht, 120, 122 Wiederholungsgefahr, 316 Wiederkauf, 215 Willenserklärung, 36, 38 - ausdrückliche, 39 - Auslegung, 50 - empfangsbedürftige, 44 - konkludente (stillschweigende), 39 - nicht empfangsbedürftige, 44 - verkörperte, 44 - Widerruf, 47 - Zugang, 44, 45 Willensmängel, 64 Wohnraummiete, 222 Wohnungseigentumsgesetz, 346 Zedent, 153 Zession, 153, 154 Zessionar, 153 Zeugenbeweis, 397 Zivilgerichtsbarkeit, 361 Zugangsfiktion, 49 Zugangsverzögerung, 49 Zulässigkeitsvoraussetzung, 380 Zurückbehaltungsrecht, 160 Zuständigkeit - örtliche, 382 - internationale, 382 - sachliche, 381 Zustimmung, 75, 77 Zuweniglieferung, 182 Zwangsvollstreckungsverfahren, 364 Zweck-Mittel-Relation, 71 Zweckstörung, 151 Zweikondiktionenlehre, 272, 273