Borg wechsle dich Holger Borck
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'Borg wechsle dich' von
Holger Brock Ein kostenloser Star Trek Roman von www.WARP-o...
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Borg wechsle dich Holger Borck
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'Borg wechsle dich' von
Holger Brock Ein kostenloser Star Trek Roman von www.WARP-online.de, dem Fantastik Magazin. Alle Rechte der Geschichten und Bilder verbleiben bei den jeweiligen Autoren und Künstlern.
Borg wechsle dich Copyright 2003 WARP-online Herausgeber: www.WARP-online.de Satz und Layout: Bernd Timm Alle Texte und Bilder sind bereits jeweils einzeln bei www.WARP-online.de erschienen und zur Veröffentlichung durch WARP-online freigegeben. Die Magazin-Reihe ist eine Sammlung von Beiträgen, die zusätzlichen Kreis interessierter Leser anspricht und die Namen der Autoren und Künstler bekannter macht. Weder das Fehlen noch das Vorhandensein von Warenzeichenkennzeichnungen berührt die Rechtslage eingetragener Warenzeichnungen.
1000 Seiten Fantastik www.WARP-online.de bringt das ganze Spektrum der Fantastik: Bilder, Geschichten, Artikel, Projekte, Reportagen, Interviews, Wissenschaft, Comic, Kostüme, SF-Kabarett, Lyrik, Film-& TV-Projekte, Modelle und mehr!
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Prolog Das All war schwarz zu jenen Zeiten und Millionen Lichtjahre entfernt waren die beherrschenden Kreaturen auf der Erde noch die Echsen und Saurier. Doch andere Spezies kämpften um die Vorherrschaft in den unendlichen Weiten des Weltraums. Lautlos glitten sie durch den Raum, umgeben von Nichts als der Kälte des Alls. Sie waren eins und doch unzählbar viele. Einst lebten sie mit den Soleds zusammen, doch sie wurden gefürchtet und gejagt in derer chaotischen Welt. Sie hassten das Chaos und liebten die Ordnung der großen Verbindung. In der großen Verbindung waren sie eins. Sie waren wie ein Meer das aus unendlich vielen Tropfen besteht. Gemeinsam waren sie unterwegs um eine neue Heimat zu finden, eine Heimat für sich allein. Eine Heimat wo Ordnung herrscht. Sie waren ein friedfertiges Volk und nicht nachtragend, sie wollten den Soleds helfen, obwohl sie von ihnen so lange geknechtet wurden. Denn den Soleds fehlte die Ordnung. Ordnung die den Frieden bringt. Und sobald sie eine neue Heimat gefunden hatten, würden sie beginnen den Quadranten zu Ordnen. Sie würden die Macht der Ordnung sein. Die Macht, die das Chaos besiegt. Sie wären das Dominion! Millionen Stimmen gelenkt von einer Stimme. Millionen Gedanken fokussiert in einem Gedanken. Mit dem Ziel der Perfektion. Perfektion aus Biologie und Technologie. Sich weiterentwickeln mit Hilfe der speziellen biologischen und technologischen Besonderheiten jeder anderen Spezies. Sich verbessern und verbreiten und dabei jeder Spezies der Perfektion näher bringen. Denn jede Spezies wird zu ihrer Spezies. Jedes Lebewesen assimiliert. Jedes Individuum dem Kollektiv hinzugefügt. Perfektion ist das Ziel. Widerstand ist Zwecklos. Sie sind die Borg! Sie begegnen sich im All. Das Streben nach Perfektion und Ordnung stehen einander Gegenüber. Sie könnten sich vereinen in einer idealen Symbiose. Sie könnten sich ergänzen in einer unaufhaltsamen Macht. Doch die Zeit ist noch nicht gekommen. Noch nicht. Das Verständnis des Gegenüber ist gering. Kommunikation nicht existent. Die Gemeinsamkeiten ihrer Ziele bleiben unerkannt. Ist Widerstand zwecklos? Der Kampf beginnt! „Ihre biologischen und technologischen Besonderheiten werden den unseren hinzugefügt. Ergeben sie sich. Widerstand ist Zwecklos. Wir sind Borg.“ Ein Traktorstrahl zerschneidet die Kälte des Alls; erfasst den Gegner und hält ihn fest. Doch nicht für lange. Der Gegner teilt sich in Tropfen und die teilen sich in immer kleinere Tropfen. Bis hin zu mikroskopisch kleinen Partikeln. Nun ist dort kein Schiff mehr, sondern ein Nebel. Der Traktorstrahl verliert seine Zielerfassung; wird deaktiviert. Der Nebel vereint sich wieder zu einer festen Masse. Nun schlägt ein Phaserstrahl durch die Stille. Sein Ziel ist das Zentrum des Gegners. Er ist präzise gezielt; nähert sich unaufhaltsam dem Feind. In wenigen Millisekunden wird er den Gegner treffen, und schwer beschädigen oder gar zerstören. Doch er verfehlt sein Ziel; verflüchtigt sich in der endlosen Dunkelheit des Weltraums. Der Strahl ist durch den Feind hindurchgeflogen, da der seine Form änderte in einen Ring, durch deren Mitte der tödliche Feuerstoß wirkungslos hindurch glitt. Doch nun schlägt der Gegner zurück. Nicht Energiewaffen oder Torpedos hat er in seinem Waffenarsenal, sondern sich selbst. Er verändert seine Größe und wird riesiger als der Borg Kubus. Dann umschließt er ihn, wie eine gigantische Hand, zerdrückt ihn mit einer unvorstellbaren Kraft zu einem unnützen Stück Metall. Der Borg - Würfel wird zerquetscht wie eine überreife Orange bis der letzte Tropfen Lebenssaft aus ihm entweicht. Die Verbindung zum Kollektiv ist abgebrochen. Der erste Kampf ist entschieden! Die große Verbindung setzte ihren Weg zu ihrer neuen Heimat fort. Als sie dort ankamen schickten sie Hundert ihrer Art fort. Sie wurden ausgesandt in alle Teile des Universums, um 3
zu forschen und zu ordnen. Eines Tages sollen sie zurückkehren und Bericht erstatten. Der Drang nach Hause zurückzukehren wird in ihren Genen eingebettet. Und so nahm die Geschichte ihren Lauf und die Ordnung hielt Einzug in den Quadraten. Das Dominion wurde geboren! 1 Auf dem Schiff herrschte Ruhe. Das rhythmische pulsieren der Maschinen war das durchdringendste Geräusch des Abends. Das Licht an Board war gedämpft und die Flure leer. Nur ein minimaler Teil der Crew ist im Dienst. Seit Wochen ist nichts interessantes geschehen. Keine neuen Spezies, keine aufregenden Raumphänomene, gar nichts. Eigentlich hätte sie in ihrem Quartier im Bett liegen sollen, doch die Ruhe der letzten Zeit hatte ihre alten Zweifel wieder zum Vorschein gebracht. War ihre Entscheidung richtig gewesen, die Raumstation des Fürsorgers zu zerstören? Sie hatte damit verhindert, dass sie den Kazons in die Hände fiel, aber auch ihre einzige Chance vernichtet schnell in den Alphaquadranten zurückzukehren. Sie zweifelte und sie vermisste ihren Verlobten Marc. Captain Kathryn Janeway durchstreifte die Gänge des Raumschiffes Voyager ohne ein bestimmtes Ziel. Sie fühlte sich matt und lustlos und die Gedanken in ihrem Kopf drehten sich nur um den schicksalhaften Beginn ihrer Reise. Mit einem Zischen öffnete sich die Tür neben der sie gerade stand. Die überraschten Augen des Talaxianers blickten sie an. „Captain, was machen sie denn so spät noch auf den Beinen?“ Neelix’ Stimme klang besorgt. Er hatte schon von anderen Besatzungsmitgliedern von den nächtlichen Spaziergängen des Captains gehört. „Ich kann nicht schlafen, deshalb habe ich mich zu einer nächtlichen Inspektion des Schiffes entschlossen.“ Neelix zweifelte an ihren Worten. Wozu sollte eine Inspektion um diese Uhrzeit gut sein? Sie musste wissen, dass die Maschinen mit höchstmöglicher Effizienz arbeiteten. In den letzten Wochen hatten B’Elanna und Seven of Nine nichts anderes getan als die Schiffssysteme zu warten und zu optimieren. Doch er sagte nichts in dieser Hinsicht, statt dessen lud er den Captain zu einem Mitternachtssnack ein. Sie saß allein auf einem Stuhl in Neelix Küche und betrachtete die Sterne, die an ihnen vorbeifliegen zu schienen. Eigentlich sahen sie aus wie die Sterne im Alphaquadranten, und doch waren sie noch Millionen von Lichtjahren von zu Hause entfernt. Sie wendete den Blick ab. Neelix kam gerade mit einem Teller Suppe zu ihr. Er stellte ihn vor ihr ab. „Bitte sehr, lassen sie es sich munden, Captain.“ Kaum, dass er diese Worte ausgesprochen hatte belegte er auch schon den Platz gegenüber von Janeway. Er wollte den Captain mit einer guten Suppe und einigen fröhlichen Worten etwas aufmuntern, schließlich gehörte dies zu den Pflichten eines Moraloffiziers. Doch wie sollte er eine Unterhaltung beginnen? Er betrachtete den Captain genau. Ihre Haare waren fettig und ungepflegt und unter ihren Augen waren große Ringe. Die Augen selbst sahen lustlos aus, in ihnen fehlte das typische motivierte, neugierige Glitzern des Captains, völlig. Jetzt starrte sie auf die gelbe Suppe, doch schien sie sie gar nicht zu sehen. Mit dem Löffel stocherte sie darin herum, ohne sie zu probieren. Ihre Gedanken schienen Lichtjahre entfernt zu sein. „Das sind talaxianische Tumberwurzeln.“ Janeway zuckte zusammen, als sie die Stimme des Talaxianers hörte, sie hatte völlig vergessen, dass sie nicht allein war. Sie sah ihn groß an und überlegte was er gesagt hatte. Dann fiel es ihr ein, sie blickte auf ihren Teller und probierte hastig die Suppe. Neelix’ Augen leuchteten in der Erwartung eines Lobes für seine Kochkünste. Doch er wurde bitterlich enttäuscht. Das Gesicht des Captains verzog sich zu einer Grimasse. Aufgebracht warf sie den Löffel in die Suppe, so dass sie ihre Uniform vollspritzte. „Was ist das denn? Wollen sie mich etwa vergiften?“ 4
Neelix war völlig überrascht von der heftigen Reaktion des Captains. Denn selbst wenn ihr eine seiner Kreationen nicht schmeckte, so blieb sie doch sonst immer ruhig und gab ihm manchmal sogar Tipps wie er seine Gerichte besser auf die Geschmacksnerven von Menschen abstimmen konnte. Doch diesmal schien sie richtig außer sich zu geraten. Das Funkeln in ihren Augen war wieder zurückgekehrt nur war es diesmal durch reine Aggressivität und Gereiztheit hervorgerufen worden. Ihm fiel ein Sprichwort der Menschen ein: Der Tropfen der das Faß zum überlaufen bringt. „Nein, Captain!“, beschwichtigte er sie. „Das sind talaxianische Tumberwurzeln, sie sind sehr nahrhaft und vor allem sehr lange haltbar. Ich habe erst jetzt begonnen unseren Vorrat zu verbrauchen, da alle anderen Lebensmittel zur Neige gehen.“ Der Captain schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch und stand auf. Mit beiden Händen auf den Tisch gestützt, beugte sie sich zu dem Talaxianer herüber und sah ihn grimmig in die Augen. „Soll das etwa bedeuten, dass ich mich die nächsten Wochen von diesem Dreck ernähren soll?“ Neelix kam ins stottern, er wusste nicht was er darauf antworten sollte, immerhin war es richtig, dass sie sonst kaum noch etwas im Lager hatten und die Replikatorrationen wurden schon seit einigen Tagen eingeschränkt, um Energie zu sparen. „Warum wurde ich über unsere Nahrungsmittelprobleme nicht schon eher informiert?“, schrie sie. Dann rückte ihren Anzug zurecht und verließ die Küche. Neelix saß nun allein vor der Suppe und eine Träne kullerte aus seinem Auge. Er war überrascht von der heftigen Reaktion des Captains und beschämt über sein eigenes Verhalten. Er hätte tatsächlich schon viel eher melden müssen, dass es einen Nahrungsmittelnotstand gab. Er tauchte seinen Finger in die Suppe und leckte ihn ab, es fehlte Salz. Er hörte das Zischen der Tür und drehte sich um. Der Captain stand da, den Blick leicht nach unten gerichtet. Dann sah sie ihn an. Sie schien sich beruhigt zu haben. „Es tut mir leid, Neelix, dass ich eben so aus der Haut gefahren bin, aber ich habe seit einigen Nächten nicht mehr richtig geschlafen.“ Nun wendete Neelix seinen Blick leicht vom Captain ab: „Sie hatten recht gehabt, ich hätte ihnen schon viel eher bescheid geben müssen.“ Auf dem Gesicht des Captains deutete sich der Versuch eines Lächelns an: „Machen sie sich keine Vorwürfe, Mister Neelix. Morgen werden wir schon eine Lösung für unser Problem finden und bis dahin werden wir doch wohl noch nicht verhungern, oder ?“ „Nein, natürlich nicht. Unsere Nahrungsmittelreserven reichen noch für dreizehn Tage.“ Etwas leiser fügte er hinzu: „Wenn sie Tumberwurzeln essen.“ Der Captain warf ihn einen undefinierbaren Blick zu, drehte sich um und verließ die Küche für diesen Abend endgültig. Beim Weggehen seufzte sie: “Endlich gibt es ein Problem, dass es zu lösen gilt.“ Ihre Sorgen vom früheren Abend schienen fast verdrängt zu sein. Fast. 2 Die Führungsoffiziere betraten die Brücke, zur Wachablösung der Nachtschicht, und nahmen ihre Positionen an den Stationen ein. Kurz vor Schichtbeginn hatte der Captain eine Krisensitzung über ihren Nahrungsmittelvorrat einberufen und betont, dass die Nahrungsmittelaufnahme nun höchste Priorität besitzte und sie bereit wäre größere Umwege in Kauf zu nehmen. Fähnrich Harry Kim, das jüngste Mitglied der Brückenbesatzung, nahm seinen Platz an den Sensorenkontrollen ein und programmierte die Langstreckensensoren auf Planeten der Klasse M mit starker Vegetation.
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Währenddessen meldet sich Seven of Nine, die ehemalige Borg, beim Captain ab. Sie hatte Nachtschicht gehabt und ihr Plan für diesen Tag bestand darin etwas Sozialunterricht beim Doktor zu genießen und danach ihre Regenerationsphase im Alkoven zu verbringen. An Harry’s Konsole leuchtete es kurz auf, er überprüfte die Sensordaten und fand sie bestätigt. „Captain, Planet der Klasse M. Kurs 7539,7. Ausgeprägte Vegetation. Subtropisches Klima. Keine höherentwickelte Zivilisation.“ Der Captain stand von ihrem Stuhl auf, zupfte ihre Uniform zurecht und sah zu Harry. „Das klingt sehr gut Fähnrich. Wie viel Zeit wird uns unser kleiner Einkaufsbummel kosten?“ Harry gab schnell einige Daten in seine Konsole ein. „Zwei bis Drei Tage Captain, je nach dem wie lange wir uns dort aufhalten.“ Jetzt mischte sich auch Commander Chakotay, der zweite Offizier, in das Gespräch ein. „Gibt es passende Planeten, die näher an unserem Kurs liegen, Fähnrich.“ „Negativ, das ist der einzige Planet in Sensorenreichweite.“ Mit neu erwachtem Elan, erklang die Stimme des Captains: „Setzen sie Kurs, Lieutenant Paris. Warp sechs. Wir wollen doch nicht erst ankommen, wenn die Geschäfte schon geschlossen haben?“ Lieutenant Tom Paris war der beste Pilot an Board und wenn es nach ihm ginge, sogar der beste Pilot in der gesamten Sternenflotte, oder zumindest der Beste im Deltaquadranten. Mit wenigen, schnellen Fingerbewegungen hatte er den Kurs eingegeben und gesetzt. Das Schiff reagierte auf die Kursveränderung mit einem leichten aufbrummen der Trägheitsstabilisatoren, danach steuerte es seinem neuen Ziel ohne murren entgegen. Kathryn Janeway sah sich ihre Crew an den Brückenstationen genau an. Tom Paris saß bei der Steuerkonsole und betrachtete die Anzeigen, um notwendige Kurskorrekturen schnell von Hand vornehmen zu können, ehe der Computer reagierte. Harry Kim war mit den Sensorenkontrollen beschäftig, wahrscheinlich wollte er noch mehr Informationen über den Planeten erlangen. Commander Chakotay stand an der taktischen Station und sah sich ebenfalls auf der Brücke um. Als sich ihre Blicke trafen lächelten sie Beide. Sie kannten sich schon eine sehr lange Zeit und hatten viel miteinander durchgemacht. Sie vertrauten einander blind, auch wenn sie des öfteren verschiedener Ansichten waren und diese in meist heftigen Diskussionen austrugen. Die Beiden verband eine tiefe Freundschaft und gelegentlich blitzte etwas mehr als das zwischen ihnen auf. Doch bis jetzt hatte keiner von Beiden je gewagt diesem leichten Verlangen nachzugeben, noch den Anderen direkt darauf anzusprechen. Der Blick des Captains glitt nach einer kurzen Verweildauer weiter zur wissenschaftlichen Station. Dort saß Lieutenat Tuvok und studierte aufmerksam seine Anzeigen. Er hatte seine rechte Augenbraue gewölbt. „Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten Lieutenant Tuvok?“ Der Vulkanier sah den Captain direkt an, sein Gesicht zeigte keinerlei Regung und seine beiden Augenbrauen standen auf gleicher Höhe. „Die Sensoren geben noch keine ausreichende Auskunft über ein Phänomen das den Planeten umgibt. Aber die Logik lässt den Schluss zu, dass er von einer Art Nebel umgeben wird.“ Die Mine des Captains verfinsterte sich bei dieser Auskunft. „Beeinträchtigt der Nebel den Planeten?“ „Aufgrund der Daten die Fähnrich Kim gesammelt hat, kann ich dies ausschließen. Der Planet zeigt keinerlei Reaktion auf dieses Phänomen.“ Der Captain wurde leicht ungeduldig und verlagerte ihr Gewicht von einem Bein auf das andere. Sie hatte auch die Antwort auf eine ungestellte, doch für sie drängende Frage gehofft, die sie nun formulierte. „Besteht eine Gefahr für das Schiff und die Besatzung?“ „Aufgrund der spärlichen Sensordaten, kann ich darüber nur eine Spekulation abgeben. Dieser Nebel befindet sich in einer minimalen Phasenvarianz, dies wird das Schiff und die Crew aller Voraussicht nach nicht beeinträchtigen.“ 6
Der Captain schien mit dieser Antwort noch nicht ganz zu Frieden zu sein. „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Systeme doch beeinträchtigt werden?“ Der Vulkanier antwortete sofort ohne den Blick vom Captain abzuwenden, oder auch nur einen unnötigen Muskel im Gesicht zu bewegen. „Diese Wahrscheinlichkeit liegt bei 5,465 Prozent.“ Kathryn Janeway atmete durch und entspannte sich. Dieses Risiko war sie bereit einzugehen. Nachmittags wurde die Brückencrew von einer neuen Schicht abgelöst, nur der Captain blieb auf ihrem Posten. Schlaflosigkeit hielt sie auf der Brücke und Ungeduld trieb sie dazu die Geschwindigkeit erhöhen zu lassen. Gegen Abend flog die Voyager mit Warp acht durch das All. Und so kam es, dass sie den Planeten schon am frühen Morgen erreichten und in eine niedrige Umlaufbahn schwenkten. Als Commander Chakotay seinen Brückendienst erneut antrat war er überrascht, den Captain noch immer dort vorzufinden. Er beschloss sobald sich eine Gelegenheit ergab mit ihr über ihren Gesundheitszustand zu sprechen. Doch jetzt hatte die Außenmission vorrang. Der Captain, Lieutenant B’Elanna Torres, Neelix, Tuvok und zwei Sicherheitsleute gehörten zum Außenteam. Als der Captain den Raum verließ, übernahm Chakotay die Brücke und damit die Befehlsgewalt über das Schiff. 3 Frei wie ein Vogel über den Wolken. So hätte ein Beobachter seine Situation eingeschätzt, aber er war nicht frei wie ein Vogel. Er war der Vogel. Die kühle morgendliche Luft umspülte seine Flügel und die morgendliche Sonne streichelte seine Federn. Der Himmel war hell und klar. Um ihn herum gab es andere Vögel, die sich zwitschernd einen guten Morgen wünschten. Ansonsten herrschte eine wunderbare Ruhe. Es war fast windstill und der Mond war noch nicht ganz vom Firmament verschwunden. In weiten, sanften Kreisen setzte er zur Landung an. Es war Zeit zum Frühstücken. Die Bäume waren groß und kräftig, ihre Blätter schimmerten golden im morgendlichen Licht und die zahlreichen Früchte waren schmackhaft und süß. Er war der Einzige seiner Art. Er war schon immer allein gewesen, doch er sehnte sich nach der Heimat, einer Heimat an die er sich nicht erinnern konnte. Doch tief im Inneren spürte er, dass es noch mehre seiner Art geben musste. Er war schon seit Ewigkeiten auf diesem Planeten, er kannte nichts anderes. Und doch sehnte er sich nach Abwechslung, nach einem Partner. Ein Lebewesen, das ihm ähnlicher war, als alles was es hier gab. Er wollte Zuneigung und körperlich Nähe spüren. Er war schon alles gewesen, alles was es hier auf diesem Planeten gab, doch Nichts hatte die Kraft den Planeten zu verlassen und Nichts hatte ihn so sehr fasziniert, dass er den Wunsch hatte für immer hier zu bleiben. Plötzlich verspürte er eine Veränderung, irgendetwas schien sich zu nähern, er witterte Gefahr. Seine Vogelform begann zu zerfließen, die Farbe änderte sich in ein braun, die Konturen begannen zu verlaufen wie bei Wachs, das in der Sonne schmilzt. Er sah aus wie eine Vogelstatue aus Sirup. Dann begann sich auch diese Form zu verändern, sie zerfloss zu einer Kugel, nahm die Gestalt der anderen Früchte an. Und dann kamen auch die Konturen zum Vorschein und er nahm die türkise Farbe der anderen Früchte an. Er war nicht mehr zu unterscheiden von all den anderen Früchten, denn jetzt war er selbst eine Frucht. Mit allen Gefühlen, mit allen Gedanken, mit allen Konsequenzen! 4
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Die Anzeigen fluktuierten. Brennende Kopfschmerzen weckten sie aus ihrer Regenerationsphase. Schmerzgebeugt stolperte Seven of Nine aus ihrem Alkoven. Völlig orientierungslos sah sie sich um, der ganze Frachtraum stellte sich ihr verzerrt dar. Ihr optisches Wahrnehmungsfeld war durch einen imaginären Nebel eingeschränkt. Ihr war übel und es fiel ihr schwer das Gleichgewicht zu halten. In einem kurzen Moment der Klarheit aktiviert sie ihren Kommunikator: „Seven an den Doktor. Medizinischer Notf...“ Ihr Bewusstsein schwand. „Nennen sie die Art des medizinischen Notfalls.“ Routine. Eigentlich hatte der Doktor diesen Satz schon aus seinem Standartrepertoire gestrichen, aber ab und zu brachte der RoutineAlgorithmus seiner Holomatrix ihn wieder zum Vorschein. Diese und ähnliche Unberechenbarkeiten ließen den Doktor so uneinschätzbar und irgendwie menschlicher erscheinen. „Seven! Seven wo sind sie? Der Doktor an Seven of Nine! Bitte melden!” Keine Antwort. Er begann sich zu sorgen. Wahrscheinlich war die Crew wieder ein unnötiges Risiko eingegangen und nun wurde er gebraucht um sie wieder zusammen zu flicken. „Computer. Wo befindet sich Seven of Nine?“ Ein kurzes Piepsen bedeutete ihm, dass der Computer seine Eingabe bearbeitete. Danach teilte ihm die weibliche Computerstimme mit wo sich Seven aufhielt. Mit seinem medizinischen Koffer machte er sich eiligst auf den Weg zum Frachtraum. Als er ankam, lag sie benommen am Boden. Mit dem medizinischen Trikorder stellte er fest, dass sich die Borg-Nanosonden in ihrem Körper in einem degenerativen Zustand befanden und damit auch alle anderen Borg-Implantate negativ beeinflussten. Eine leichte Degeneration war nach einer längeren Wachphase völlig normal. Die Ruhephasen in ihrem Borg-Alkoven, sollten normalerweise dazu beitragen, die Nanosonden wieder zügig zu regenerieren. Doch aus irgendeinem Grund war das genaue Gegenteil der Fall. Per Notfalltransport beförderte er Seven zur Krankenstation. Das einzige was ihr Helfen würde war viel Ruhe und ein intakter Alkoven. Seven litt an einem Borg-Äquivalent zu körperlicher Erschöpftheit. „Der Doktor an die Brücke.“ „Commander Chakotay hier.“ „Commander, ich muss sie leider darüber informieren, dass Crewmitglied Seven of Nine aufgrund ihres körperlichen Zustandes nicht dienstfähig ist.“ „Was ist geschehen?“ Sorgenfalten bezogen die Stirn des Commanders. „Das ist mir nicht vollständig bekannt. Es scheint sich aber um eine Beeinträchtigung von Seven’s Nanosonden zu handeln, hervorgerufen durch eine Fehlfunktion in ihrem Alkoven.“ „Ich werde sofort einen Techniker zur Reparatur abstellen.“ Per Handbewegung schickte er Fähnrich Kim in den Frachtraum. Trotz seiner Jugend war er ein begabter und enthusiastischer Techniker. „Gibt es sonst noch etwas Doktor?“ „Nein, ich werde sie über den Zustand meiner Patientin auf dem Laufenden halten. Doktor Ende.“ Harry Kim scannte den Alkoven und stellte einige Veränderungen an den biogenen Systemen fest. Irgendetwas hatte Veränderungen auf mikromolekularer Ebene erzeugt. Aber er konnte sich nicht erklären was. Erst ein Tiefenscann der Ebene drei gab ihm die erforderliche Auskunft. Die Biosysteme hatten sehr empfindlich auf eine minimale Phasenvarianz reagiert. Mit einer leichten Handberührung aktivierte er seinen Kommunikator. „Fähnrich Kim an Commander Chakotay.“ „Ich höre sie, Fähnrich.“
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Harry räusperte sich, er war noch immer nervös, wenn er einen Bericht an einen höheren Dienstgrad geben sollte. Dabei gab es dafür gar keinen Grund mehr. Seine Meinung wurde stets respektiert und sein Image als grüner Junge war fast vergessen. „Ich habe die Ursache für die Fehlfunktionen herausgefunden. Es ist der Nebel!“ Chakotay war wenig erfreut über diese Neuigkeiten, doch vollkommen überrascht war er auch nicht. „Wird der Nebel noch andere Schiffssyteme beeinflussen?“ „Das ist durchaus möglich. Insbesondere die Biosysteme der Voyager sind gefährdet. Da sie bei weitem nicht so empfindlich auf die Phasenvarianz reagieren wie die Borgtechnologie, wird es wahrscheinlich noch etwas dauern bevor dauerhafte Schäden auftreten werden.“ Beunruhigt fasste sich der Commander an die Stirn. „Wie viel Zeit bleibt uns noch?“ Diesmal hatte Harry die Daten schon vorher berechnet und konnte sofort Auskunft geben. „In zwei bis drei Stunden wird es kritisch.“ Das waren keine guten Nachrichten, doch es ließ sich nichts daran ändern. „Ich werde den Captain informieren. Chakotay Ende.“ Harry überlegte kurz, dann verließ er den Frachtraum. Das Werkzeug, um den angerichteten Schaden zu reparieren hatte er nicht bei sich. Er benötigte einen medizinischen Regenerator. Zischend öffnete sich die Tür der Krankenstation. Seven lag auf einem Krankenbett. Der Doktor war gerade damit beschäftigt eine Probe ihrer Nanosonden zu entnehmen und in eine flache Schale zu füllen. „Hallo Doc.“ Überrascht fuhr der Doktor herum und hätte beinahe seine Probe fallen lassen. „Fähnrich! Schleichen sie sich beim nächsten Mal bitte nicht so heran. Meine Holomatrix könnte einen Schock erleiden.“ Harry lächelte. „Tut mir leid Doc. Ich wollte sie nur um einen Regenerator bitten.“ „Wissen sie inzwischen was die Fehlfunktion hervorgerufen hat?“ Harry berichtete über seine Entdeckungen und verließ anschließend mit dem Regenerator die Krankenstation. Der Doktor war daraufhin fieberhaft damit beschäftigt Daten in ein Computerterminal zu tippen. Der Fähnrich hatte ihn auf eine Idee gebracht. 5 Die Welt schien sich aus Puzzelteilen zu einem ganzen Bild zusammenzusetzen. Und sobald das Kribbeln aus seinem Körper verschwunden war, wagte es Neelix wieder zu atmen. Er würde es niemals zugeben, aber beim Beamen war ihm doch schon etwas mulmig zu mute. Nun aber war er von einer blühenden Flora umgeben. Das Aussenteam ließ seine Blicke um 360 Grad schweifen. Sie waren in einem Paradies aus grün mit vielen bunten Farbtupfern. Herrlich duftende Blumen blühten, kräftige Bäume trugen reichlich Früchte und schlanke Gräser wiegten sich im morgendlichen Wind. Der Captain tat einen herzhaften Atemzug, nahm ihren Trikorder zu Hand und sagte: „Na dann. Lassen sie uns die Speisekammer in diesem Garten Eden finden!“ Die anderen Teammitglieder folgten ihrem Beispiel und verstreuten sich bald in alle Himmelsrichtungen. Jeder hatte einen Korb in dem er Kostproben sammeln sollte, bevor sie beschließen wollten, was mit an Board gebracht werden sollte. Nach gut einer halben Stunde rief Janeway ihr Aussenteam auf einer Lichtung zusammen. Ihre Augenbrauen waren krampfhaft zusammengezogen, so dass sich Sorgenfalten auf ihrer Stirn bildeten. Ihre dunklen Augenringe waren im natürlichen Licht der Sonne deutlich zu erkennen. „Ich habe schlechte Neuigkeiten. Wir müssen mit der Voyager den Orbit in weniger als neunzig Minuten verlassen, sonst riskieren wir dauerhafte Schäden.“ Entrüstet wandte sich Neelix an den Captain. „Das ist nicht genügend Zeit um ausreichend Nahrungsmittel aufzunehmen!“ 9
„Das ist mir durchaus bewusst Mister Neelix.“, antwortete sie streng. „Aber lassen sie uns nicht jammern, sondern soviel Lebensmittel an Board bringen wie in der kurzen Zeit möglich ist. Wenn nötig werde ich noch weitere Crewmitglieder zur Unterstützung abstellen. Doch jetzt lassen sie uns erst einmal sehen was wir bis her haben.“ B’Elanna hatte ein paar Baumfrüchte und Beeren in ihrem Korb. Tuvok’s Gefäß war im Gegensatz dazu gut gefüllt, vor allem mit Wurzeln und Salat. Auf Neelix Korb hatte sich ein kleiner Berg getürmt und in seinen Taschen hatte er auch noch verschiedene Objekte zwischenlagern müssen. Seine Sammlung umfasste neben Früchten der verschiedensten Bäume auch diverse Beeren und Blätter, seine Anzahl an genießbaren Wurzeln war mannigfaltig, verschiedenste Körner und Blütenpollen rundeten sein Sortiment schließlich ab. „Wie ich sehe waren sie fleißig gewesen. Ihnen hängen die Tumberwurzeln wohl auch schon zum Halse heraus?“, spottete B’Elanna. „Das ist jetzt wohl kaum die richtige Zeit für derartige Anspielungen. Wie sollten uns statt dessen einigen, welche der Naturprodukte wir für unsere Nahrungsmittelaufnahme auswählen wollen.“, mischte sich die kühle, sachliche Stimme des Vulkaniers ein. Der Captain stimmte ihm zu. Unaufgefordert begann Neelix sofort einen Vortrag über den Nährstoffgehalt, die Lagerfähigkeit und die verschiedensten Zubereitungsmöglichkeiten ihrer Produktpalette zu halten. Durch einige Zwischenfragen gelang es den Anderen seinen Vortrag auf das Wesentliche zu beschränken und sie trafen rasch eine geeignete Auswahl. Kurz darauf beamten weitere Besatzungsmitglieder herunter um bei der Ernte zu helfen. B’Elanna, Neelix und der Captain standen noch immer beisammen. Neelix hielt eine türkise Frucht in der Hand und betrachtet diese. „Es ist sehr schwierig diese Früchte zu pflücken. Sie wachsen sehr hoch auf Bäumen mit dünnen Ästen. Wir werden nicht viele davon in der kurzen Zeit ernten können.“ Janeway nahm ihm die Frucht aus der Hand und biss hinein. Ihre Geschmacksnerven waren hoch erfreut. „Mhm. Köstlich! Gibt es nicht noch eine effektivere Art der Ernte?“ „Nicht das ich wüsste Captain.“, antwortete der Talaxianer. „Ich hätte da vielleicht eine Idee.“, meldete sich B’Elanna zu Wort. „Wir könnten die Früchte ganz einfach von den Bäumen direkt an Board beamen. Ich müsste nur eine genaue Mustererfassung programmieren.“ Janeway war erfreut. „Machen sie es so.“ B’Elanna nahm eine der türkisen Früchte und beamte sich damit in den Maschinenraum, um die Frachttransporter zu programmieren. Die Zeit für den Aufbruch war gekommen. Die Crew war wieder auf dem Schiff und die Lager gut gefüllt. Kathryn Janeway stand in Frachtraum zwei und hatte eine Kommverbindung zu B’Elanna offen. „Ich bin soweit, Captain.“ „Na dann. Lassen sie uns keine Zeit verschwenden. Energie.“ Janeway hatte ihre Hände in die Hüften gestemmt und beobachtete wie sich die Frachtcontainer mit einem Schimmern füllten, das langsam an Intensität nachließ und schließlich die Form der türkisen Früchte preisgab. „Transport erfolgreich abgeschlossen.“, meldete B’Elannas Stimme triumphierend. „Gute Arbeit.“ Der Captain berührte ihren Kommunikator. „Janeway an Brücke. Setzen sie einen Kurs nach Hause.“ Dann nahm sie eine Frucht, biss herzhaft hinein und verließ den Frachtraum. Eine der Früchte begann ihre Farbe zu ändern. Die Konturen begannen zu zerfließen, wie braunes Kerzenwachs, das in der Sonne schmolz. Dann begann sich die Form zu verändern, sie wurde größer, und nahm Gestalt an.
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Captain Kathryn Janeway kletterte aus einem Frachtcontainer. Sie sah sich aufmerksam um. Als sie den Frachtraum verließ, schloss sich die Tür zischend hinter ihr. 6 „Wie geht es ihr Doktor?“ Das Licht auf der Krankenstation war gedämpft. Der Doktor behandelte Seven gerade mit einem medizinischen Scanner. „Ihr Zustand ist noch immer nicht zufriedenstellend, aber ich habe eine Möglichkeit gefunden ihre Borg-Nanosonden zu regenerieren. Das ist zwar nicht ganz so effektiv wie in ihrem Alkoven; aber wenn ich mich selbst loben darf, so ist es doch eine geniale Idee meinerseits gewesen. Obwohl ich zugeben muss, dass der erste Denkanstoß von Harry Kim kam. Er brachte mich nämlich auf die begnadete und doch eigentlich recht simple Idee die Nanosonden mit Hilfe eines einfachen medizinischen Bioregenerators zu behandeln. Dabei muss, wie sie sich sicher denken können, der Problematik der Kompatibilität besonders hoher Respekt gezollt werden. Deshalb musste ich...“ Der Captain bedauerte es zutiefst, persönlich auf die Krankenstation gekommen zu sein. Wenn sie den Kontakt nur über die Kommunikationsanlage gesucht hätte, dann hätte sie die Audio Komponente längst deaktiviert. Sie empfand es als ziemlich nervtötend einen leitenden medizinischen Offizier mit einem so großen Selbstbewusstsein zu haben, der sich am liebsten selbst reden hörte. Sie fühlte sich heute nicht in der Lage eine größere Portion Geduld aufzubringen, deshalb fuhr sie den Doktor ziemlich scharf an. „Wie ist ihr Zustand, Doktor!“ Der Holodoc zog seine Stirn kraus und verzog sein Gesicht in einer Art und Weise wie es vielleicht nur dieses Hologramm und der echte Doktor Zimmermann, nach dessen Vorbild er geschaffen wurde, konnten. „Sie ist noch immer Bewusstlos, aber ihr Zustand ist stabil. Morgen müsste sie aufgrund meiner Behandlungsmethode wieder dienstfähig sein. Sie wird zwar sehr müde sein, aber doch einsatzbereit.“ Diese Auskunft stellte den Captain zufrieden und sie machte sich bereit zu gehen. Aus reiner Routine fragte sie, ob es sonst noch irgendetwas gäbe. Zur ihrer Überraschung antwortete er, dass es da noch etwas wäre. „Und? Was ist es?“ Ungeduldig wartend verschränkte sie ihre Arme vor der Brust. „Mir sind da einige Beschwerden über ein Besatzungsmitglied zu Ohren gekommen.“ „Lassen sie hören, Doktor.“ Ihre Stimme klang gequält. „Am auffälligsten und für jedermann sichtbar ist ein ungepflegtes Erscheinungsbild der betreffenden Person. Und das obwohl sie ein Vorbild sein sollte. Als zweiter Punkt wären dort die Stimmungsschwankungen. Einerseits ist sie sehr schnell reizbar, andererseits ist sie wieder fast euphorisch. Dritter Punkt: Die Person scheint kaum noch zu schlafen. Sie wurde von mehreren Besatzungsmitgliedern nach Dienstende noch auf ihrem Posten oder in anderen Schiffsteilen in angeblich dienstlicher Mission gesehen. Damit kommen wir zugleich zu meiner Diagnose. Es handelt sich um einen Schlafmangel, dem entweder zu viel Stress oder eine andere psychologische Ursache zu Grunde liegt.“ „Und wie glauben sie dieser Person helfen zu können?“ Janeway hatte selbstverständlich inzwischen mitbekommen, dass von ihr die Rede war. Trotzdem war sie bereit das Spielchen des Doktors mitzuspielen. Das Hologramm setzte einen verschmitzten Gesichtausdruck auf, verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust und begann weiter zu reden. „Schlaf und Ruhe. Es ist die simpelste und trotzdem effektivste Methode um sich zu erholen.“ Wenn das so einfach wäre. „Was ist wenn diese Person nicht schlafen kann, obwohl sie schon alles versucht hat?“ „Ich würde dieser Person ein Sedativ, also ein Schlafmittel verabreichen.“ „Und was wenn diese Person beim Schlafen grausame Alpträume bekommt und dann am nächsten Morgen ganz und gar nicht erfrischt aufwacht?!?“ 11
Langsam wurde ihr dieses Spielchen zu dumm. Ihre Stimme war lauter geworden. „Dann, vermute ich, dass die Ursache ein psychologisches Problem ist. In diesem Fall sollte die betreffende Person einen Counselor aufsuchen.“ Jetzt klang der Captain aggressiv, in ihren Augen funkelte es wild. „Wir haben aber keinen Counselor an Board!“ „Das mag richtig sein, aber in meiner Datenbank befindet sich ein Programm zur psychologischen Analyse. Und wenn sie Zeit haben können wir sofort mit einer Sitzung beginnen.“ Nun begann sie mit ihren Händen zu gestikulieren und stampfte mit dem Fuß auf. „Sie glauben doch wohl nicht allen ernstes, dass ich meine Probleme einem Hologramm anvertraue? Und meine gesamten Gedanken in ihrer Datenbank abspeichern lasse, so dass sie mich nach belieben analysieren und manipulieren können! Nein! Beim besten Willen nicht.“ Der Doktor räusperte sich. „Nun gut, wenn sie eine Behandlung meinerseits ablehnen so ist das ihr gutes Recht. Aber sie werden sich helfen lassen!“ Janeway war nun vollständig in Rage. „Ach ja und wer sagt das? Ein Hologramm?“ Jetzt war auch die Geduld des Doktors erschöpft. „Allerdings! Denn dieses Hologramm ist rein zufällig der leitende medizinische Offizier dieses Schiffes! Und wenn sie sich nicht helfen lassen, werde ich sie aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes von ihrem Posten entheben!“ Mit diesem Ausbruch des Doktors hatte Janeway nicht gerechnet. Sie blieb sprachlos stehen. Die Stimme des Doktors klang nun wieder ruhig. „Das Crewmitglied, welches am besten geeignet ist die Aufgaben eines Counselors zu erfüllen ist meiner Ansicht nach Tuvok. Ich schlage vor sie treffen sich nach Dienst mit ihm und meditieren etwas nach vulkanischer Art. Über ihre Fortschritte werde ich mich auf dem Laufenden halten.“ Er lächelte selbstzufrieden und wandte sich Seven mit einem Trikorder zu. Dann drehte er sich noch einmal um. „Das war alles, Captain.“ Die Tür des Turbolifts öffnete sich und Chakotay betrat die Kabine. Er war nicht allein. Kathryn Janeway befand sich ebenfalls dort. Mit den Gedanken schien sie aber noch ganz woanders zu sein. Er grüßte sie freundlich und teilte dem Computer sein Ziel mit. Die Türen schlossen sich. Er betrachtete den Captain genau und stellte fest, dass ihre Augenringe verschwunden waren. Dies erleichterte ihn ungemein, bedeutete es doch, dass sie es unbemerkt geschafft haben musste ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Trotzdem wollte er mit ihr über das Verhalten der letzten Woche sprechen. Es lag ihm einfach zu viel an ihr, um die Sache einfach unter den Tisch fallen zu lassen. „Wie geht es ihnen?“, fragte er höflich um ein Gespräch zu beginnen. Gleich mit der Tür ins Haus zu fallen lag nicht in seinem Naturell. Janeway musterte ihn von Kopf bis Fuß, so als hätte sie ihn noch nie gesehen. „Sie sind Commander Chakotay, der erste Offizier dieses Schiffes und wir kennen uns schon sehr lange.“ Der Commander war verwundert über diese Aussage. „Das ist richtig. Geht es ihnen gut?“ Jetzt schien sie richtig erfreut zu wirken, als ob sie mit einem alten und sehr vertrauten Freund zusammen wäre. „Oh, mir geht es ausgezeichnet. Danke der Nachfrage. Und wenn es ihnen auch gut geht, schlage ich vor wir treffen uns nach Dienst in meinem Quartier.“ In ihrem Gesicht zeigte sich ein zufriedenes Lächeln und mit der rechten Hand strich sie sich durch die Haare. Bei ihren nächsten Worten berührte sie den Commander auf der Brust und streichelte ihn sanft. „Wir könnten uns ein schönes Abendessen im Kerzenschein machen, die Sterne beobachten und wir könnten... reden.“ Bei der letzten Bemerkung zwinkerte sie ihm zu und spitzte ihre Lippen wie zu einem Luftkuss. Der Turbolift hielt an und die Tür öffnete sich. Janeway verlies die Kabine und drehte sich mit einem verführerischen Lächeln zu ihm um. „Zieh dir was Bequemes an.“ Zischend schloss sich die Tür. 12
Chakotay blieb sprachlos und leicht verwirrt im Turbolift zurück. Jetzt hatte er seine Gelegenheit mit dem Captain allein zu sprechen. 7 Das Zimmer war spärlich beleuchtet. Die einzigen Lichtquelle waren Kerzen, die das ganze Zimmer zu bedecken schienen. Tuvok saß, nur mit einer vulkanischen Shorts bekleidet, im Schneidersitz auf dem Fußboden. Ihm gegenüber hatte Kathryn Janeway, in kompletter Uniform, platzt genommen. Ihren gequälten Gesichtszügen sah man an, dass sie schon wesentlich bequemer gesessen hatte. Zwischen den Beiden stand eine rituelle, vulkanische Meditationskerze. Tuvok’s Ellenbogen waren auf die Knie gestützt, seine Hände hielt er geöffnet mit den Handflächen nach oben, sein Blick schien starr nach vorn gerichtet zu sein, doch seine Augen waren geschlossen. Die Arme und der Oberkörper bildeten ein perfektes Dreieck. Der Captain saß in ähnlicher Position da, doch das Dreieck, dass ihr Körper beschrieb hätte von einer talentlosen Dreijährigen stammen können. Nach einer Weile der Ruhe wurde sie ungeduldig und öffnete die Augen. „Das ist doch völlig Sinnlos.“ „Das ist nicht wahr, Captain.“ Die Stimme des Vulkaniers klang wie immer ruhig und sachlich. Nur Personen, die ihn wirklich gut kannten, konnten die minimalen Veränderungen in seinen Gesichtszügen deuten, die die Unzufriedenheit über diese Unterbrechung zum Ausdruck brachten. „Die Meditation soll ihnen helfen ein inneres Gleichgewicht zu erreichen, indem sie mit ihren Sorgen Frieden schließen.“ „Glauben sie ernsthaft dies könnte geschehen, wenn ich auf dem Fußboden sitze, während mein Rücken schmerzt?“ „Die Schmerzen sind nur ein Ausdruck der Verspannung ihrer Seele. Wenn sie sich mit ihrer Seele in Einklang befinden, werden die körperlichen Schmerzen vergehen.“ „Dann hat der Doktor mit seinem Bioregenerator einen ziemlich guten Draht zu meiner Seele. Vielleicht sollte er sich mit ihr näher beschäftigen, während ich ins Bett gehe.“ „Sarkasmus ist wohl kaum die logischste Verhaltensweise in dieser Situation. Und wenn ich sie erinnern darf, sind sie auf Anweisung des Doktors hier.“ Janeway verdrehte resignierend die Augen. „Sie haben recht. Aber wie soll mir das hier helfen, wenn ich mir anscheinend nicht einmal selbst helfen kann?“ Resignation klang auch in ihrer Stimme mit. Tuvok sah ihr durchdringend und fast hypnotisierend in die Augen. Der Captain spürte wie einige der Verspannungen von ihr abfielen. „Während der Meditation sollen sie Abstand zu ihren Problemen gewinnen. Sie sollen sie aus der Perspektive eines Unbeteiligten betrachten. Denn nur so ist sichergestellt, dass sie sie nicht nur vorurteilfrei sondern auch objektiv analysieren können. Dann ist eine Lösung ihrer Probleme nicht nur wahrscheinlich, sondern auch logisch.“ Kathryn Janeway atmete tief durch, die letzten Worte des Vulkaniers hatten sie überzeugt und sie war bereit es zu versuchen. Sie nahm die richtige Position ein und schloss die Augen. Der Vulkanier tat es ihr gleich. Ihre Fingerspitzen berührten sich kaum merklich. „Die zweite Phase kann beginnen.“ Keiner von Beiden sah, dass die rituelle vulkanische Kerze zwischen ihnen zu flackern begonnen hatte. Ihre Flamme war nun deutlich größer und heller als zuvor. Der Vulkanier gebrauchte seine latenten telepatischen Fähigkeiten, um dem Captain zu helfen in ihre psychische Sphäre einzutauchen. Kathryn Janeway fühlte wie die körperlichen Schmerzen von ihr abfielen. Sie hatte das Gefühl zu schweben. Sie war nur noch ein Geist der den Raum und die Zeit ausfüllte.
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Vor ihr erschien die Station des Fürsorgers. Das Marquis Schiff flog auf die Station zu, schnell und unaufhaltsam. Der Zusammenstoß war gewaltig, doch sie hörte weder den Aufprall, noch spürte sie die Druckwelle der Explosion. Hier hatte ihre Reise in die Ungewissheit begonnen. Der Fürsorger lag im sterben, und damit seine Station nicht in die Hände der Kazons fiel, hatte sie den Befehl zur Zerstörung gegeben. Sie allein hatte die Entscheidung getroffen. Sie allein war dafür verantwortlich. Sie allein trug die Schuld, dass die Crew der Voyager nicht zu Hause bei ihren Familien war, sondern in den unbekannten Weiten des Deltaquadranten, 60.000 Lichtjahre von der Heimat entfernt. Dann sah sie es erneut. Der Marquisfighter nahm Kurs auf die Station und sie explodierte in Millionen Teile feinstem Weltraummülls. Wieder flog der Marquisfighter auf die Station zu. Doch diesmal hörte sie Tuvoks Stimme. Das Szenario stand still. „Denken sie an die Leben, die sie damit gerettet haben. Sie haben ein ganzes Volk vor der Versklavung bewahrt!“ Nun sah sie nicht mehr die Station, sondern den Planeten der Ocampa. Sie lebten tief unten in den Höhlen, doch sie waren frei und ihre Gesichter waren froh. Kathryn Janeway dachte an Kes, die Ocampa, die sie einen Großteil ihrer Reise begleitet hatte. Und selbst im Zustand der Trance konnte sie ein Lächeln, bei dem Gedanken an diese herzensgute Person, nicht verbergen. Ihre Gedanken kreisten nun um die Crew. Sie erinnerte sich an Streit und an Tränen. Viele Leute waren unglücklich, sie waren einsam so weit von der Heimat entfernt. Und sie war dafür verantwortlich. Sie allein. Doch dann hörte sie wieder Tuvoks sachliche Stimme. „Ist ihre Crew wirklich so unglücklich wie sie glauben?“ Sie sah Neelix’ Küche: Viele Personen der verschiedensten Rassen saßen an den Tischen und unterhielten sich. Ihre Gesichter waren nicht traurig, die meisten von ihnen lächelten sogar. Nun sah sie das Holodeck: Tom Paris und B’Elanna waren inmitten eines Captain Proton Abenteuers. Tom verhedderte sich gerade in seinem Cape und fiel zu Boden. B’Elanna begann herzhaft zu lachen und half ihm aufzustehen. Dann trafen sich ihre Blicke und sie begannen sich leidenschaftlich zu küssen. Jetzt warf sie einen Blick in das Quartier der Wildmanns. Naomie Wildmann war das erste Kind, dass an Board der Voyager das Licht der Welt erblickt hatte. Sie lag im Bett, während ihre Mutter ihr eine Gute- Nacht- Geschichte vorlas und sie anschließend zudeckte. Auf beiden Gesichtern war ein Lächeln zu sehen. Kathryn Janeway erkannte nun die Wahrheit. Niemand gab ihr die Schuld dafür, dass sie im Deltaquadranten festsaßen. Und zum ersten mal begann sie ihre eigenen Worte zu begreifen. „Wir an Board der Voyager sind eine Familie.“ Die Anspannung fiel von ihr ab, als ihr Geist durch Raum und Zeit wieder in ihren Körper zurückkehrte. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, der Stress war von ihr abgefallen. Die Meditation war beendet. Tuvok öffnete seine Augen und löschte die Meditationskerze, deren Flamme wieder kleiner war. Er stand auf und wollte gerade einige Worte an den Captain richten, als er gleichmäßige, lange und tiefe Atemzüge hörte. Überraschenderweise wurden die Atemgeräusche lauter. Der Captain schnarchte. Aufgrund der aktuellen Situation, beschloss Tuvok sie nicht zu wecken. „Möge ihr Schlaf lang und erholsam sein.“ 8 Commander Chakotay hatte sich für einen einfachen Anzug entschieden, wie er gegen Anfang des Einundzwanzigsten Jahrhunderts modern war. Nicht zu festlich, aber auch nicht zu flapsig, trotzdem hatte er auf eine Krawatte verzichtet. Bevor er den Türsummer betätigte 14
glättete er sein Jackett und warf einen prüfenden Blick auf die Flasche rigelianischen Champagner. Er erwartete eine lange Nacht die sie größtenteils in den Erinnerungen an die guten alten Zeiten verbringen würden. Als sich die Tür öffnete, drang zischend Luft aus seinem Mund, beinahe hätte er die Flasche fallen lassen. Captain Janew..., nein. Kathryn Janeway war nicht wieder zu erkennen. Ihre Haare waren wallend nach hinten gekämmt, ihr Gesicht verführerisch mit Rouge und Glosse verschönert, und an ihrem Körper trug sie ein Kleid, dass viel Haut zeigte und die Augen eines Mannes gefangen halten konnte. Sie sah mindestens zehn Jahre jünger aus und von der unterkühlten Strenge als Captain war nichts mehr zu erahnen. Mit dem Zeigefinger der rechten Hand winkte sie Chakotay in ihr Quartier. Erst als sich die Tür wieder schloss fand er einen Teil seiner Fassung wieder. „Hallo Kathryn.“ Inzwischen hatte sie die Flasche erspäht, die er in seinen Händen hielt. Sie nahn sie ihn ab, dabei berührten sich ihre Hände und er spürte wie ihm heiß wurde. „Ist die für uns?“ Ein verführerisches Lächeln umtanzte ihre vollen Lippen. Kurzer Hand verschwand sie um die Ecke um einen Flaschenöffner zu replizieren. Erst jetzt sah sich Chakotay in ihrem Quartier genauer um. Der Tisch war für ein Abendessen zu zweit gedeckt, auf ihm brannte eine Kerze in Form einer Rose. Einer roten Rose. Das Licht war gedämpft und leise drang der Klang von gutem, alten amerikanischen Jazz an seine Ohren. „Nimm Platz.“ Sie deutete auf einen Stuhl. Doch Chakotay rückte ihn nur ein Stückchen zurück, dann bedeutete er Janeway Platz zu nehmen. Sie tat es, während er den Champagner einschenkte. Beide saßen sich gegenüber und stießen an. „Auf unsere Freundschaft.“, begann Cakotay den Toast, „Auf uns.“, beendete ihn Kathryn. Ihre Augen hielten einander lange fest, bevor die Gläser wieder die Tischplatte berührten. Das Abendessen war gut und dauerte lang, was nicht mit seiner Üppigkeit zusammen hing, sondern mit der knisternden Spannung die zwischen den Beiden in der Luft lag. Nachdem sie gespeist hatten, nahmen sie auf einer Couch platz. Kathryn nahm seine Hand und hielt sie fest. Ihre Blicke wanderten über seinen ganzen Körper und blieben bei seinen Augen haften. „Wir kennen uns nun schon so lange... . Doch noch nie haben wir es zugelassen unseren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.“ Sie küsst seine Hand. Über die erneute Steigerung der Annährung war er überrascht, doch es fühlte sich so gut an, dass er es nicht wagte, ihr seine Hand zu entziehen. Kathryn kam ihm näher, ihre Gesichter waren sich gegenüber, ihre Nasenspitzen berührten sich fast. „Oh, Chakotay...“ Sie begann ihn zu küssen. Erst erwiderte er ihren Kuss, doch dann kehrte eine Stimme der Vernunft zurück. „Wir dürfen das nicht tun. Was wird die Crew dazu sagen?“ „Die Crew wird glücklich sein, wenn ihr Captain glücklich ist. Und soweit ich weiß sind Beziehungen zwischen Crewmitgliedern von mir nicht verboten worden.“ Sie küsste ihn erneut. Sein Widerstand schwand, er hatte kaum etwas zu verlieren und schließlich war er auch nur ein Mann. Lichtjahre entfernt spielte sich ein galaktischen Phänomen ab. Eine Sonne lag in ihren letzten, glühenden Zügen. Die Eruptionen waren noch immer heiß und wild. Unglaubliche Hitze wurde in die Kühle des Alls geschickt, als die Sonne begann zu einer riesigen Kugel anzuschwellen. Sie wechselte ihre Farbe in einem Vorspiel zu einem kosmischen Ereignis. Ein roter Gasriese war geboren, der auf dem Höhepunkt seiner Existenz auch schon zum Tode verurteilt war. Gleißend hell war die Explosion und daraufhin verwandelte er sich in eine Supernova. Getrieben durch die Kraft der Detonation trieb sie, in der Schwärze des Alls, unaufhaltsam in den Anziehungsbereich eines Schwarzen Lochs. Sie wurde schneller und schneller, ihre Beschleunigung heftiger und heftiger, ihr galaktischer Schweif länger und länger. Bis sie im Schwarzen Loch verschwand. Und schließlich war es vorbei. Die Nacht des Weltraums tauchte in ihren wohlverdienten Schlaf. 15
Nichts hiervon würde jemals in den Sensorlogbüchern des Raumschiffes Voyager Erwähnung finden. 9 Auf der Brücke herrschte geschäftiges treiben, als Seven of Nine sie betrat. Der Captain begrüßte sie freundlich: „Es ist schön sie wieder bei uns zu haben. Wie geht es ihnen?“ Seven antwortete distanziert wie gewöhnlich. „Meine Borgimplantate arbeiten wieder in normalen Parametern. Ich muss jedoch eingestehen, dass mich ein seltsames Gefühl der Müdigkeit bemannt. Trotzdem bin ich wieder einsatzbereit.“ Geschäftig wie immer fügte sie hinzu: „Haben sie eine spezielle Aufgabe für mich?“ Janeway lächelte, seit langem fühlte sie sich wieder ausgeruht und geistig fit. Nur ihr Rücken schmerzte, die Schlafposition der letzten Nacht war nicht die bequemste gewesen. „Wir könnten tatsächlich ihre Hilfe bei der Astronomie gebrauchen.“ Seven nickte und trat an die betreffende Konsole heran. Kathryn nahm auf ihrem Kommandostuhl platz, Chakotay saß neben ihr. Er beugte seinen Kopf zu ihr herüber, so als wollte er ihr etwas ins Ohr flüstern. „Die letzte Nacht war wundervoll!“ „Das freut mich Commander.“, antwortete sie laut. „Vielleicht können sie mir nach Dienstende davon berichten?“ Commander Chakotay starrte verblüfft in die Luft, seine Stirn war kraus und sein Mund geöffnet. Gerade als er zu einem unüberlegtem Aber ansetzen wollte, meldete sich Seven of Nine zu Wort. „Borg!“, war das Wort das sie unüberhörbar aussprach. Janeway drehte sich um. „Was haben sie gesagt?“ Seven nahm Haltung an. „Borg.“, wiederholte sie. „Mein Annährungsimplantat deutet darauf hin, dass sich ein Borgschiff unserer Position nähert.“ Harry Kim überprüfte die Daten der Langstreckensensoren. „Noch ist nichts in Reichweite.“ Chakotay wandte sich an Seven. „Sind sie sicher, dass ihr Implantat einwandfrei arbeitet?“ Seven’s Blick strafte den Commander dafür, dass er annahm sie hätte eine Falschmeldung getätigt. „Einhundertprozentig.“ In diesem Moment erklang der rote Alarm, die Brücke wurde in ein rotes Licht getaucht. „Ein Borgschiff ist gerade unter Transwarp gegangen. Wir scheinen ihr primäres Ziel zu sein.“, meldete Harry sofort. „Gehen sie auf Ausweichkurs, Lieutenant Paris.“, befahl der Captain. „Das wird wenig nützen“, begann Tom Paris. „sie sind einfach schneller.“ „Kampfstationen besetzen. Schilde hochfahren. Phaserbänke laden. Torpedos abschussbereit machen.“, gab Chakotay die Anweisungen für den bevorstehenden Kampf. Die Borg waren ein unerbittlicher, aber nicht unbekannter Gegner. Bisher war es ihnen immer gelungen sie durch eine List unschädlich zu machen oder rechtzeitig den Rückzug anzutreten. Doch diesmal stand ihnen ein Kampf im freien Raum bevor. Es gab keine Raumphänomene hinter denen sie sich verstecken konnten, und keine fremden Rassen die sie in ihrem Kampf unterstützen konnten. Sie waren auf sich allein gestellt! Seven stand an der taktischen Station, als ehemalige Borg war sie am besten dazu geeignet die Strategie für ihren Gegner zu optimieren. „Ich habe eine ständige Schildmodulation programmiert. Die Phaser sind ebenfalls optimiert. Für ein paar Schuss sollten sie effektiv sein.“, gab sie sofort ihre Fortschritte zu Protokoll. „Sehr schön! Mal sehen was die wollen. Öffnen sie einen Kanal.“, befahl Janeway. „Sie antworten nicht.“ Eine Erschütterung ging durch das Schiff. „Sie versuchen uns mit einem Traktorstrahl zu erfassen. Noch halten die Schilde, aber ihre Anpassung liegt bei 30 Prozent.“, meldete Seven. „Immer noch keine Reaktion auf unsere Rufe?“, fragte der Captain ohne Hoffnung. 16
„Negativ.“, antwortete Harry. „Ihre Anpassung liegt jetzt bei 60 Prozent. Tendenz steigend.“ „Na gut, dann machen wir es eben auf die harte Tour. Zielen sie auf den Ursprung des Traktorstrahls und danach auf ihr Antriebssystem.“, ordnete Janeway an. „Wie sie wünschen, aber dieses Manöver wird uns höchstens ein paar Minuten bringen.“, entgegnete Seven resignierend. „Wenn sie einen anderen Vorschlag haben, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.“ Seven gab die Anweisungen in den Computer ein. „Negativ Captain.“ Im Gegensatz zum Borgschiff wirkte die Voyager klein und zerbrechlich. Ihre Phaserstrahlen schienen den übermächtigen Gegner nicht zu schädigen, sondern zu kitzeln. Trotzdem gelang es ihr dem Traktorstrahl für eine Minute zu entkommen. Doch bevor ein Warpfeld aufgebaut werden konnte, hatte ein anderer Traktorstrahl den ersten ersetzt. Weiteres Phaserfeuer blieb wirkungslos, die Borg hatten sich angepasst. Wenige Sekunden später kollabierten die Deflektoren, die Schilde versagten. Das Raumschiff Voyager befand sich im festen Griff des Gegners und bereitete sich darauf vor geentert zu werden. „Achtung! An alle Decks. Dies ist keine Übung. Ich wiederhole: Dies ist keine Übung. Das Schiff wird geentert! Bereiten sie sich darauf vor Widerstand zu leisten.“ Diese Meldung des Captains drang warnend durch alle Decks, alle Korridore und alle Quartiere des Schiffes. Wenig später ertönte der Eindringlingsalarm. „Wie viele Borg sind an Board?“, erkundigte sich Chakotay. Fähnrich Kim checkte die internen Sensoren. „Es sind einundfünfzig Borg!“ Ein Schaudern befiel aufgrund dieser Zahl nicht nur ihn, sondern die gesamte Brückencrew. Kathryn Janeway begann ihre Gedanken laut zum Ausdruck zu bringen: „Irgendetwas ist anders als sonst. Wo bleibt das: Widerstand ist zwecklos? Seven haben sie eine Erklärung dafür?“ Einige Sekunden nahm sie sich Zeit bevor sie antwortete: „Aufgrund ihres direkten Verhaltens, gehe ich davon aus, dass sie ein bestimmtes Ziel verfolgen, welches nicht mit der Assimilation der Voyager identisch ist.“ Der Commander kam ins Grübeln. „Was ...“ In diesem Moment meldete sich B’Elanna Torres aus dem Maschinenraum. „Captain. Die Borg haben sich unserem Phaserfeuer angepasst. Und sie sind dabei etwas sehr seltsames zu tun: Sie tasten sämtliche Wände, Konsolen und Maschinen mit einem leichten Phaserstrahl ab. Es ist mir gelungen ein Kraftfeld um den Warpkern zu etablieren. Aber ich kann nicht dafür garantieren, dass es lange aktiv bleibt.“ Besorgt stellte Janeway eine Frage die ihr dringend auf dem Herzen lag: „Wie geht es der Crew?“ „Gut.“, antwortete B’Elanna. „Sie sind zwar überall, aber bisher haben diese Bastarde noch nicht versucht irgendetwas oder irgendjemanden zu assimilieren. Es scheint fast so als wären sie auf der Suche nach etwas.“ „Dieser Gedanke ist uns auch schon gekommen. In fünf Minuten werde ich eine Beratung für die Führungsoffiziere einberufen. Ich hoffe sie können den Maschinenraum eine Zeitlang den Borg überlassen. Janeway ende.“ 10 Der Beratungsraum war gut besucht. Die Brückencrew, B’Elanna, Neelix und der Doktor waren anwesend. Alle Personen hatten um den großen Tisch Platz genommen und hörten eine Zusammenfassung der Ereignisse aus Lieutenant Tuvoks Mund. Als er seinen Vortrag beendet hatte, ergriff der Captain das Wort: „Das Verhalten der Borg ist sehr eigenartig. 17
Keine Drohung, keine Assimilation, keine größeren Schäden. Sie führen irgendetwas im Schilde und ich möchte zu gerne wissen was es ist.“ Chakotay ergriff das Wort: „Das Verhalten der Borg ähnelt dem beim ersten Kontakt mit dem Raumschiff Enterprise. Damals wurde das Schiff ebenfalls per Traktorstrahl festgehalten, geentert und dann untersucht.“ Seven räusperte sich und der Captain erteilte ihr das Wort. „Was sie dort beschreiben ist das typische Erstkontaktverfahren der Borg. Zuerst wird etwas neues gescannt, um festzustellen, ob es neue biologische oder technologische Eigenheiten gibt, die den Borg hinzugefügt werden können. Aufgrund dieser Daten wird dann über die Dringlichkeit und die Methode der Assimilation entschieden. So kann es durchaus vorkommen, dass einige uninteressante Spezies nur bei zufälligen Begegnungen assimiliert werden, während bei wichtigeren Rassen der gesamte Heimatplanet den Borg zum Opfer fällt. Nur bei wirklich sehr hochentwickelten, noch nicht assimilierten, Spezies wird eine Jagd in Frage gezogen, da eine solche Vorgehensweise meist nicht sehr effektiv ist.“ „Das bedeutet also irgendetwas oder irgendjemand ist an Board und unsere Freunde sind ganz scharf darauf, es oder ihn in ihre öligen Finger zu bekommen.“, filterte Paris die Informationen aus Sevens Vortrag heraus. „Das mag richtig sein. Doch sind wir weder in Besitz einer Technologie, die den Borg unbekannt ist, noch gehört irgendein Besatzungsmitglied einer Spezies an die den Borg noch nicht begegnet ist. Folglich muss sich ein Eindringling an Board befinden.“ Dies waren Tuvoks Schlussfolgerungen. Harry Kim sah nicht gerade sehr begeistert aus. „Spezies 8472. Unsere Scanner können sie nicht erfassen. Vielleicht sind sie auf der Suche nach ihr.“ Seven of Nine antwortete ihm prompt: „Unwahrscheinlich Fähnrich, nach unserer letzten Begegnung mit dieser Spezies, zog sie sich in ihren Flüssigen Raum zurück, außerdem haben die Borg keine effektive Waffe gegen sie.“ „Das könnte sich inzwischen geändert haben.“, warf B’Elanna ein. „Aber es erklärt nicht warum sie mit Phaserimpulsen das gesamte Schiff abgrasen. Spezies 8472 lässt sich davon bestimmt nicht beeindrucken.“ „Ich stimme ihrer Einschätzung zu B’Elanna.“, meldete sich der Captain wieder zu Wort. „Trotzdem scheint festzustehen, dass wir noch einen zusätzlichen Gast an Board haben. Ich schlage vor wir unterstützen die Borg bei ihrer Suche. Denn nur wenn wir unseren Besucher vor ihnen finden, haben wir die Möglichkeit ihn zu schützen.“ Kathryn Janeway hatte ihre Entscheidung getroffen. Sie teilte die Teams für die weitere Vorgehensweise ein. B’Elanna und Chakotay waren für die Verbesserung der internen Sensoren zuständig. Tuvok und Tom Paris sollten die manuelle Durchsuchung des Schiffes leiten. Seven und Harry wurden damit beauftragt Gegenmaßnahmen für die Borg zu entwickeln. Der Doktor und Neelix erhielten die Aufgabe die Krankenstation für Notfälle vorzubereiten, ein Kampf war nicht unwahrscheinlich. Die Führungsoffiziere verließen nach und nach den Raum, um den an sie gestellten Aufgaben nachzukommen. Schließlich waren der Captain und der erste Offizier allein. Chakotay betrachtete sie genau, ihre Augenringe waren wieder da, wenn auch nicht so ausgeprägt wie am Morgen zuvor. Wahrscheinlich hatte sie sie am gestrigen Abend mit Rouge überdeckt. „Kathryn, fühlst du dich der kommenden Aufgabe gewachsen?“ Janeway lächelte über die Besorgnis ihres ersten Offiziers. „Mir ging es seit Wochen nicht mehr so gut, wenn nur die Rückenschmerzen nicht wären, würde ich die Borg mit meinen eigenen Händen in ihre Einzelteile zerlegen.“, scherzte sie. Chakotay legte seine beiden Hände auf ihre Schultern und begann eine Massage. „Ah. Das tut gut.“ 18
„Was wollten sie mir vorhin, denn über ihre letzte Nacht berichten? Gibt es da irgendetwas was ich wissen müsste?“ Chakotay hielt die Bemerkungen seines Captains für ein Spiel um ihn zu necken. Schließlich konnte sie die letzte Nacht nicht einfach vergessen haben. „Nur, das ich sie mit einer wunderschönen Frau verbracht habe.“ Im Gesicht des Captains zeigte sich eine Spur Verblüffung mit einer Prise Eifersucht. Bisher hatte sie noch nichts von einer Beziehung ihres ersten Offiziers mitbekommen. Wahrscheinlich musste sie wieder mehr Freizeit mit ihrer Crew verbringen. Chakotay hatte mit der Massage aufgehört und sich vor Janeway gestellt. Er wollte sie küssen, doch bevor ihr seine Handlungsweise bewusst werden konnte schob sie ihn beiseite. „Das ist schön, aber ich denke wir haben Heute noch eine ganze Menge vor uns.“ Mit diesen Worten verließ sie den Raum, ohne Chakotay noch eines Blickes zu würdigen. Dieser blieb noch eine Weile stehen und wunderte sich. Irgendetwas war hier faul! Sie nahm das ständige Pulsieren des Warpkerns gar nicht mehr war. Normalerweise war dies nur der Fall, wenn sie zu viel Zeit im Maschinenraum verbrachte. Doch dies mal lag es nicht daran. B’Elanna sah sich um, zwei Borg waren noch immer mit ihrer Abtastarbeit beschäftigt. Ihre Mechanik summte und ihre Phaser surrten. Ihr waren diese Geschöpfe unheimlich, sie trugen nicht einen Funken Ehre in sich. Sie hatten keine Gefühle und gehorchten dem Kollektiv. B’Elanna war es egal wer diese Borg vor ihrer Assimilation gewesen waren, für sie waren es nur noch willenlose Roboter. In dieser Hinsicht ließ sie sich ganz von ihrer klingonischen Hälfte leiten. Ihre augenblickliche Tätigkeit lag darin einen neuen Algorhythmus für die Sensoren zu programmieren. Anschließend wollte sie zusätzliche Energie aus den Holodecks ziehen, um das interne Sensorennetz zu verstärken. Nur was die Feinabstimmung betraf tappte sie noch im Dunkeln. Ein heller Lichtblitz flammte neben ihr auf, Hitze breitete sich aus. Sie nahm ihren Arm als Schutz vor die Augen und ging einen Schritt zurück geradewegs in eine Ecke. Als sie es wieder wagte die Augen zu öffnen, sah sie bunte Farben, ihre Augen waren noch von dem Lichtblitz in Mitleidenschaft gezogen. Sie blinzelte. Ihr erster klarer Blick fiel auf eine weiße Fratze, Transplantate waren über seiner rechten Gesichtshälfte und dort wo sein Auge sein sollte, leuchtete ein rotes Licht. Plötzlich überkam sie die Angst. Ihre klingonische Hälfte hasste die menschliche Seite für dieser Emotion, doch sie konnte sich nicht gegen sie wehren. Der Borg war eine skrupellose Lebensform, es kümmerte ihn nicht was mit ihr geschah, er war stärker als sie und es gab keine Waffe die sie gegen ihn einsetzen konnte. B’Elanna sank auf den Boden. Der Borg nahm weiterhin seinen Phaserscann vor. Vorhin wurde sie durch die Reflektion des Phaserlichts geblendet. Doch jetzt bewegte sich der Phaserstrahl direkt über ihr. Sie roch wie ihre Haare versengt wurden, ihre Kopfhaut wurde heiß. Der Borg ignorierte sie und setzte alles daran die Wand vor der sie jetzt lehnte zu scannen. B’Elanna war vor Angst wie gelähmt, ihre menschliche, emotionale Hälfte unterdrückte ihre aggressive, kampfeslustige Seite völlig. „B’Elanna!“ Chakotay hatte den Maschinenraum gerade betreten und erkannte die missliche Situation in der die Halbklingonin steckte. Er rannte auf den Borg zu. Doch der Ruf hatte B’Elannas ängstliche Lethargie durchbrochen. Mit einer katzengleichen Bewegung schlüpfte sie zwischen den Beinen ihres Gegners hindurch, während der Phaserstahl die Wand traf. „Ihre Klingonische Hälfte scheint es zu lieben der Gefahr Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen.“, scherzte der Commander, nachdem er festgestellt hatte, das ihr nichts schlimmeres wiederfahren war. B’Elanna überhörte diese Bemerkung geflissentlich, denn in ihrem Inneren trug sie einen privaten Kampf über ihr Verhalten aus. Wenig später hatte sie sich beruhig. Sie war zornig auf sich selbst und das war gut. Denn Zorn rief ihre klingonische Hälfte hervor und die war in Situationen wie dieser wesentlich dienlicher. 19
Chakotay stellte ihre eine Frage, sie sollte wie beiläufig erscheinen, tat es aber nicht. „Finden sie das Verhalten des Captains in der letzten Zeit nicht auch etwas merkwürdig?“ Sie stimmte ihm zu, vertrat aber die Ansicht, dass sie Heute seit langem wieder normal gewirkt hätte und ihre persönliche Krise zu überwunden haben schien. Chakotay wollte weiter in diese Thematik einsteigen. Er zauderte, ob er damit die Privatsphäre des Captain schädigen würde. Er entschied sich letztendlich dafür einige unwesentliche Brüchstücke der Wahrheit ungesagt zu lassen. „Gestern habe ich mit dem Captain zu Abend gegessen und Heute scheint sie sich an nichts mehr zu erinnern.“ „Das ist unmöglich!“ Erschrocken fuhr der Commander herum. Tuvok und zwei Sicherheitsleute standen hinter ihm. „Mein Gott, haben sie mich erschreckt. Ich habe sie gar nicht kommen hören.“ Auf seine unvergleichliche Art antwortete Tuvok. „Das lag in meiner Absicht, welchen Sinn würde es wohl haben einen Eindringling durch überlaute Geräusche vorzuwarnen? Aber was ihre Aussage von vorhin betrifft. So kann sie unmöglich der Wahrheit entsprechen. Der Captain war gestern die ganze Nacht in meinem Quartier!“ 11 Naomi Wildmann war allein und sie hatte Angst. Furchtbare Angst. Selbst in ihrem Quartier waren die roten Alarmlichter angegangen und die Alarmsirene schrie unaufhaltsam. Vor Furcht war sie in ihr Bett gekrochen und hatte sich die Kissen vor ihre Ohren gehalten. Es war schon öfter vorgekommen, dass roter Alarm ausgelöst wurde, doch die Durchsage des Captains hatte ihre Angst verstärkt. Sie schrie nach ihrer Mutter, doch die hatte noch Dienst. Neelix hätte auf sie aufpassen sollen, doch der musste zu einer wichtigen Besprechung der Brückencrew. Er hatte sie gefragt, ob sie ein paar Minuten allein klar kommen würde, bis er wieder zurückkam. Sie hatte ihm versichert das wäre kein Problem und sie würde in ihrem Quartier bleiben. Das war vor einigen Minuten gewesen, damals war Neelix noch da gewesen und sie hatte sich sicher gefühlt. Doch nun war er fort. Sie war allein, sie hatte Angst und sie war erst vier. Langsam beruhigte sie sich wieder. Sie befahl dem Computer die akustische und optische Warnung für den roten Alarm in ihrem Quartier zu deaktivieren. Es wurde ruhiger, doch noch immer hörte sie den Alarm vom Flur. Sie wusste nicht was sie tun sollte, die Zeit wollte nicht vergehen. Einen Blick auf den Flur zu werfen könnte nicht schaden, dachte sie. Nur mal nachsehen, ob Neelix schon wieder zurückkam. Langsam ging sie zur Tür. Sie öffnete sich nicht sofort, Neelix hatte eine Sperre eingestellt, so dass sie nicht einfach das Quartier verlassen und auf dem Schiff rumtollen konnte. Aber sie kannte den Code, ihre Mutter verwendete den selben. An der Türkontrolle tippte sie eine Zahlenkombination ein. Die Tür öffnete sich zischend. Die erneute Intensität des Alarms versetzte ihr einen Schrecken, sie blieb stehen und betrachtete wie sich das blinkende rote Licht an den Korridorwänden wiederspiegelte. Sie ging langsam auf die Türschwelle zu und warf einen vorsichtigen Blick um die Ecke. Der Gang war frei, erleichtert trat sie aus ihrem Quartier heraus. Die Tür schloss sich hinter ihr. Dann sah sie in die andere Richtung und begann zu schreien. Ein Borg war gerade dabei die Wand abzutasten. Sie hatte noch nie einen lebenden Borg gesehen. Eine Ausnahme stellte Seven dar, aber die trug fast keine Implantate mehr und schon gar keine Körperpanzerung. Sie kannte diese grusligen Gestalten nur von Fotos. Auf Bildern hatten sie schon schrecklich ausgesehen, aber in der Realität waren sie das furchtbarste was sie je gesehen hatte. Dieser schien einmal ein Mensch gewesen zu sein, doch jetzt war seine Haut weiß, unter ihr konnte sie einige Implantate erkennen, die grün - bläulich hervorschimmerten. Er hatte keine Haare und schien nur ein Auge zu besitzen. Das andere
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war vollständig von einem Kortikaltransplantat bedeckt. Aus ihm drang ein roter Lichtstrahl. Naomi schrie noch immer. Der Borg drehte seinen Kopf und sah sie direkt an. Der Lichtstrahl blendete ihr Auge. Ihre Stimmbänder versagten den Dienst, ihre Knie wurden weich, aber sie konnte noch laufen. Sie drehte sich um 180 Grad und rannte so schnell es nur ging. Die Gänge auf der Voyager konnten lang sein. Vor sich sah sie eine weitere Person, sie wollte schon anhalten, aus Angst es wäre noch ein Borg, doch die Person trug eine Sternenflottenuniform. Als sie näher kam erkannte sie den Captain. Sie erreichte sie und hielt sich an ihrem Bein fest. Atemlos zeigte sie in die Richtung aus der sie kam und versuchte das Wort Borg deutlich auszusprechen. Aber aus ihren Augenwinkeln heraus erkannte sie eine Bewegung aus der anderen Richtung des Ganges. Es war ein weiterer Borg. Sie hatte den Eindruck die Beine des Captains würden zittern. Hatte sie etwa auch Angst? Doch dann merkte sie, das die Beine nicht zitterten sondern weicher wurden. Die Uniform schien ihre Farbe in ein Braun zu verändern. Sie sah nach oben, dorthin wo sie das Gesicht des Captains vermutete. Was sie sah erfüllte sie mit erneutem Schrecken. Sie hielt sich an einer Gestalt fest, die aus Sirup zu bestehen schien. Plötzlich reckte sich die Gestalt in Richtung eines Lüftungsschachtes und schien dort hinein zu fließen. Naomi schrie und rannte an dem zweiten Borg vorbei ihr Ziel war der Turbolift. Sie wollte zu ihrer Mutter, die heute in den hydrophonischen Gärten Dienst hatte. In ihrer Panik bemerkte sie nicht mehr, dass sich die Borg von Board beamten. 12 Naomi hatte noch immer Angst. Obwohl die Borg das Schiff verlassen hatten, fürchtete sie sich vor dem unbekannten Wesen, dass wie der Captain ausgesehen hatte. Ihre Mutter hielt ihre Hand und auch Neelix war nicht weit, trotzdem fürchtete sie sich ein wenig vor dem Captain. Der Beratungsraum war gefüllt mit den Führungsoffizieren. Den Einzigen den sie vermisste war der holographische Doktor. Der Captain hatte sich zu ihr heruntergebeugt und sie gebeten, zu berichten was sie auf den Gängen erlebt hatte. Krampfhaft verstärkte sie daraufhin den Druck ihrer Hand, dann glitt ihr Blick erst zu Neelix, der ihr ermutigend zulächelte und dann zu ihrer Mutter. „Erzähl ihr was du mir erzählt hast.“ Langsam begann sie zu berichten; als sie zu der Stelle mit dem falschen Captain kam, glaubte sie Ungläubigkeit in Janeways Augen zu erkennen, obwohl sie ihr zulächelte. Normalerweise war sie eine Bewunderin des Captains, ihr großer Wunsch war es ihre Beraterin zu werden, doch heute fühlte sie anstelle des üblichen Respekts, ein Unwohlsein in ihrer Gegenwart. Bei Kindern sitzt eine traumatische Erfahrung oft tiefer, trotzdem kommen sie meist viel schneller als Erwachsene darüber hinweg. In drei Tagen würde ihre übliche Bewunderung wieder zurückgekehrt sein. Nachdem sie ihre Erzählung beendet hatte, wendete sich Chakotay an den Captain: „Ich weiß das klingt jetzt vielleicht etwas merkwürdig, aber wo waren sie letzte Nacht?“ Janeway sah ihrem ersten Offizier an. Seit wann musste sie ihm Rechenschaft über ihren Aufenthaltsort ablegen? Aufgrund der außergewöhnlichen Umstände beschloss sie ihm die Auskunft ohne irgendwelche Zusatzfragen zu geben. Sie hatte auch keinen Grund ihm etwas zu verheimlichen, schließlich war er es der eine heimliche Freundin hatte. „Es muss ihnen nicht peinlich sein das zu Fragen. Ich befand mich zum meditieren in Tuvoks Quartier.“ So leicht ließ der Commander nicht locker. „Die ganze Nacht?“ Chakotay wurde für ihren Geschmack leicht aufdringlich. Trotzdem versuchte sie bei der Antwort krampfhaft zu lächeln. „Nun ja, ich muss zugeben, dass ich ziemlich erschöpft war und deshalb eingeschlafen bin.“ Tuvok meldete sich zu Wort: „Ich kann das bestätigen. Es entbehrte auch nicht einer gewissen Anstrengung sie zum Dienstbeginn wieder zu wecken.“ 21
Obwohl Harry, Tom, Neelix und B’Elanna amüsiert zu sein schienen, war Chakotay über diese Antwort wenig begeistert sein Blick senkte sich und er schien leicht rot zu werden, bevor er die Fassung wieder erlangte. „Das erklärt ja dann Einiges.“ „Was zum Beispiel, Commander?“, jetzt war es Janeway die unbequeme Fragen stellte. „Nun ja, ich war in der irrigen Annahme die gesamte Nacht mit ihnen in ihrem Quartier verbracht zu haben.“ Die neugierigen Blicke aller Anwesenden begannen ihn nun zu durchbohren. Paris konnte es sich nicht verkneifen eine unangebrachte Bemerkung von sich zu geben, bei der B’Elanna ihn in die Seite knuffte, um ihn zum Schweigen zu bringen, doch auch ihr sah man die Belustigung über diese Neuigkeit an. „Und was haben sie und ich in meinem Quartier den ganzen Abend über getan?“ Nach dieser Frage wurde Chakotays Kopf richtig rot, er musste schleunigst das Thema wechseln: „Auf jeden Fall können wir sicher sein einen Eindringling an Board zu haben, der in der Lage ist sein Erscheinungsbild zu verändern.“ Neelix schaltete sich jetzt in das Gespräch ein. Er hatte schon Berichte über solche Wesen gehört, aber nicht im Deltaquadranten. „Sie verändern nicht nur ihr Erscheinungsbild, sondern die gesamte Form inklusive der molekularen Struktur. Wenn ich mich recht entsinne werden sie Formwandler oder auch Wechselbälger genannt.“ „Woher wissen sie das?“, der Captain sah überrascht aus. Anstelle von Neelix antwortete Seven of Nine. „Aus den Briefen, die wir vor einigen Monaten mit Hilfe der Hirogen - Relaisstation erhalten haben. Mister Neelix muss wohl ein paar Briefe mehr gelesen haben, als für seine Augen bestimmt waren!“ Damals war es ihnen möglich gewesen eine Transmission von der Sternenflotte zu empfangen. Die meisten dieser Daten waren persönliche Briefe. Es gab auch eine offizielle Nachricht, doch diese lag dekodiert im Empfangsstrahl versteckt. Da die Transmission vorzeitig abgebrochen wurde, konnte sie bisher nicht dechiffriert werden. Die Schlussfolgerungen zu denen Neelix gekommen war konnte man nur erlangen, wenn man einen Grossteil dieser Briefe gelesen hatte. Seine Aufgabe war damals die eines Postboten, dabei hatte ihn die Neugier gepackt. Er wollte etwas über den Alphaquadranten erfahren, immerhin war er seit er sich dieser Crew angeschlossen hatte auf dem Weg dorthin. Seven war die zweite Person, die über diese Informationen verfügte, sie hatte damals die Aufgabe gehabt, die Daten von der Relaisstation zu laden. Im Augenblick war Janeway bereit über die Indiskretion von Neelix hinweg zu sehen, sie benötigte Informationen. „Was wissen wir noch?“ „Nicht besonders viel. Sie leben im Gammaquadranten und sind die Herrscher des Dominion.“ Seven ergänzte Neelix Angaben: „Sie führen Krieg gegen die Förderation an der Seite der Cardassianer. An Hand einiger Briefe konnte ich erfahren, dass sie für die Vernichtung des Marquis verantwortlich gemacht werden.“ Bei dieser Information herrschte eine eisige Stille. Viele Besatzungsmitglieder gehörten dem Marquis an und insbesondere für B’Elanna, die selbst keine Verwandtschaft mehr hatte, waren sie so etwas wie ihre Familie gewesen. Tuvok war es der die Schweigsamkeit durchbrach. „Gibt es Informationen, die uns bei Aufspürung des Eindringlings behilflich sein werden?“ „Sobald etwas von ihrem Körper getrennt wird, verändert es seine Form in den natürlichen gelartigen Zustand.“ „Es sieht aus wie Sirup!“
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Naomi war noch immer da und zog mit dieser Bemerkung die Blicke auf sich. Ihre Mutter reagierte: „Wenn sie nichts dagegen haben, Captain, werde ich sie jetzt mit in unser Quartier nehmen.“ „Keineswegs. Ich möchte dir noch einmal danken“, sagte der Captain an das Mädchen gewandt. „du hast uns wirklich sehr geholfen.“ Trotz ihres unguten Gefühls konnte sich Naomi ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Wann bekam man denn schon mal ein Lob vom Captain? Nachdem die beiden den Raum verlassen hatten, stellte Harry eine Frage die alle Anwesenden brennend interessierte. „Wie kommt dieser Formwandler hierher?“ „Zu diesem Thema kann ich leider nur eine Theorie anbieten.“ „Eine Theorie ist mehr, als ich mir im Augenblick zusammenreimen kann.“, ermutigte Janeway Seven fortzufahren. „Da sich auf der Raumstation Deep Space Nine auch ein Formwandler aufhielt, bevor das Wurmloch entdeckt wurde, vermute ich, dass die Wechselbälger Forscher ausgeschickt haben, um das All zu erforschen.“ Kathryn Janeway war entzückt: „Das bedeutet er ist ein Forscher genau wie wir und wahrscheinlich sucht er genau wie wir sein Zuhause. Wir müssen ihn vor den Borg finden!“ „Dabei stellt sich nur die Frage wie wir ihn aufspüren sollen.“ Tom Paris beantwortete Harrys Frage auf seine typisch unkonventionelle Art. „Machen wir es doch wie die Borg!“ Der Raum wurde in ein rotes Licht getaucht. Die Alarmsirenen heulten und der Computer vermeldete Eindringlingsalarm. Janeway befahl die Sirene zu deaktivieren. „Unsere Gäste scheinen wieder an Board zu sein.“ Kurz darauf ertönte das Piepsen der schiffsinternen Kommunikation, es war der Doktor. „Captain! Hier herrscht ein Notstand! Die Borg tasten jetzt nicht nur das Schiff mit ihren Phasern ab, sondern auch die Crew! Die Patienten mit Verbrennungen stapeln sich schon jetzt auf der Krankenstation. Unternehmen sie etwas. Und zwar schnell. Doktor Ende. Ich muss mich um meine Patienten kümmern.“ Mit diesen Worten verschwand der Doktor vom Bildschirm und das Sternenflottenemblem erschien. Für einen Moment waren alle Anwesenden von diesen Neuigkeiten so schockiert, dass sie sich nur ungläubig anstarrten. Der Captain fing sich schließlich: „Wir müssen etwas unternehmen. Tuvok, Neelix, Chakotay und ich selbst, wir leiten die Schiffsdurchsuchung mit Phasergewehren. Keiner soll sich allein im Schiff bewegen. Mindestens zwei Mann pro Team. Wer allein ist muss sich einer Blutprobe unterziehen. Tom sie haben die beste Erste – Hilfe - Ausbildung von uns, sie unterstützen den Doktor. Und kein Aber. Seven und Harry, sie beide werden einen Plan entwickeln wie wir die Borg loswerden.“ Nun meldete sich B’Elanna zu Wort: „Ich werde in den Maschinenraum gehen und die Prozeduren zur Errichtung von Kraftfelder beschleunigen. Vielleicht gelingt es uns so den Formwandler zu fangen.“ Der Captain stimmte ihr zu: „Tun sie es. Wegtreten!“ Der Raum leerte sich und die verschärfte Suche begann! 13 Die Phaser surrten, als sie das Metall der Gänge erhitzten. Neelix und Tuvok standen Rücken an Rücken und tasteten die Wände auf Deck fünf ab. Die Suche war erst seit dreißig Minuten im Gange, doch da sie die Gebiete in denen sich die Borg befanden schon von vornherein als Aufenthaltsort ausschließen konnten, kamen nur noch zehn Prozent des Schiffes in Frage. Die Wahrscheinlichkeit endlich fündig zu werden wurde immer größer. 23
Lieutenant Tom Paris kam ihnen entgegen. Er war allein und trug zwei große Medizinische Koffer. Tuvok stellte das Feuern ein und richtete seine Waffe auf den Lieutenant. „Bleiben sie stehen!“ Tom war über die heftige Reaktion erstaunt. „Hey, Tuvok ganz ruhig. Ich bin’s Tom.“ „Ich gehe nicht davon aus das der Lieutenant so unvernünftig ist sich den Anordnungen des Captains zu widersetzen. Deshalb muss ich sie auffordern sich nicht zu bewegen.“ Paris wurde nervös. „Ich weiß, dass der Captain angeordnet hat sich nicht allein durch das Schiff zu bewegen, aber auf der Krankenstation herrscht Chaos und dieses Verbandmaterial wird dringend benötigt.“ Tuvok ließ sich nicht beeindrucken, in seinen vulkanischen Adern schien Eiswasser zu fließen. „Wenn ihre Geschichte der Wahrheit entspricht, haben sie sicher nichts dagegen sich einer Blutentnahme zu unterziehen.“ Tom wurde ungeduldig. „Kommen sie schon. Lassen sie mich einfach durch, der Doktor wird mir sonst den Hals umdrehen. Neelix überzeugen sie diesen sturen Esel.“ Der Talaxianer ging mit dem Gewehr im Anschlag auf Tom zu, der hielt noch immer die beiden Koffer in den Händen. „Ich weiß zwar nicht was ein Esel ist, aber sie scheinen da etwas in den Haaren zu haben.“ Mit diesen Worten streckte er seinen Arm kurz aus und riss dem Lieutenant ein paar Haare aus. „Autsch! Was soll das Neelix?“ Der Talaxianer betrachtete die Haare. „Nichts. Keine Veränderung.“, sagte er an Tuvok gewandt. Daraufhin nahm dieser seine Waffe herunter. „Lieutenant wir werden sie zur Krankenstation begleiten und halten sie sich das nächste mal an die Anweisung des Captains.“ Tom Paris ging vor während in die Beiden anderen folgten. „Ihre Idee mit den Haaren war äußert effektiv. Ich muss sie zu dieser Idee beglückwünschen.“ Neelix strahlte über das Lob. „Sehen sie Mister Vulkanier, manchmal sind die einfachsten Ideen auch die Besten.“ Hinter ihnen glitt eine braune, gelartige Substanz aus einem Lüftungsschacht! Die Strahlen tasteten die Wand ab, berührten eine Schalttafel, einen Bildschirm, eine weitere Schalttafel und dann kam Bewegung ins Spiel. Die Tafel änderte ihre Form, erst schien es ein Arm zu sein der nach ihm griff, dann eine giftige Schlange. „Commander Chakotay an Maschinenraum. Deck vier Abschnitt sieben bis neun abriegeln!“ B’Elanna gab einige kurze Befehlszeilen in die Konsole ein und das Kraftfeld stand. „Haben wir ihn Chakotay?“ „Negativ. Er ist durch eine Jeffriesröhre entkommen. Deaktivieren sie das Kraftfeld, ich folge ihm.“ Rasch hatte er das Lüftungsgitter der Jeffriesröhre entfernt. Dem Fähnrich, der ihn begleitete gab er den Befehl dicht hinter ihm zu bleiben. Chakotay haßte diese Röhren, sie waren einfach viel zu eng. Mit einer Taschenlampe leuchtete er sie aus. Weit hinten schien sich etwas zu bewegen. „B’Elanna wohin führt diese Röhre?“ Die Halbklingonin benötigte keinen Plan um diese Auskunft zu erteilen, sie kannte das Schiff, wie ein Ferengi seinen Geldbeutel. „Es gibt viele Verzweigungen, aber die meisten Ausgänge führen wieder auf den Gang zurück von dem sie eingestiegen sind, nur etwas weiter den Gang hoch.“ Er kroch um eine Ecke, den nächsten Ausgang vor den Augen. „Wenn wir keine Ratten haben, dann habe ich unseren Freund gefunden. Riegeln sie Sektion dreizehn bis sechzehn ab.“ Die Ratte hatte gerade die Röhre verlassen, als ein kurzes Glitzern die Aktivierung der Kraftfelder andeutete. Chakotay krabbelte bis zum Rand, um zu sehen ob die Ratte in der Falle saß. „Verdammt!“ 24
„Was ist los Chakotay? Ist er schon wieder entkommen?“ Der Commander seufzte. „Ganz im Gegenteil, wir haben ihn in die Falle gelockt. Nur leider nicht in unsere!“ Wie der Wind rannte die Ratte zwischen den Eingrenzungen des Kraftfeldes hin und her. Schließlich änderte sie ihre Form und versuchte wieder in die Jeffriesröhre zu gelangen, doch das Kraftfeld hinderte ihn gnadenlos daran zu entkommen. Er war nicht allein in der Begrenzung, ein Borg war mit ihm eingesperrt! Der Borg versuchte ihn zu assimilieren doch er war schneller. Bis es ihm doch gelang ihn in einer Ecke in die Enge zu treiben. „B’Elanna. Fluten sie den abgesperrten Sektor mit Betäubungsgas.“ Langsam und zischend entstand ein Nebel in der Absperrung. Die Assimilationsröhren ragten aus dem rechten Arm des Borg, sie wanden sich seinem Opfer entgegen. Das Gas hatte nun die gesamte abgesperrte Kammer geflutet, doch der Borg schien unbeeindruckt. Unaufhaltsam drangen die Röhrchen in den Fremden. Borgnanosonden wurden ausgestoßen und machten sich an die Arbeit. Bald würde die Assimilation beendet sein und eine neue Ära für die Borg beginnen! Der Borg fiel schlafend um. Der Formwandler hatte inzwischen seinen gelartigen Zustand angenommen, nur statt braun wie Sirup sah er nun metallisch wie Quecksilber aus. „Lieutenant Torres, beamen sie den Formwandler in ein Eingrenzungsfeld auf der Krankenstation und geben sie dem Captain Bescheid. Ich werde auch da sein. Der Eingang zur Krankenstation war versperrt. Dutzende Borg versuchten sich Zugang zu verschaffen, doch ein Kraftfeld hielt sie bisher erfolgreich davon ab. „Wieso sind die eigentlich immer eher informiert als wir?“, fragte Janeway den Fähnrich der mit ihr unterwegs war. Dieser hielt es allerdings nicht für Notwendig zu antworten. Krampfhaft umklammerte er sein Phasergewehr, die Mündung stets auf die Borg gerichtet. Obwohl ihm bewusst sein musste, dass die Waffe gegen diese Gegner wirkungslos war, verschaffte sie ihm doch ein Gefühl von unrealer Sicherheit. „Janeway an den Transporterraum eins. Bereiten sie einen Ort zu Ort Transport vor. Erfassen sie mein Signal und beamen sie zwei Personen auf die Krankenstation.“ Dies schien der einzige Weg zu sein hineinzugelangen. Nach der Rematerilisation, sah sie sich um. Die Krankenstation war völlig überfüllt. Zahllose Verletzte mit Verbrennungen jeglicher Art lagen auf, den Biobetten, den Notliegen und einige sogar auf dem Boden. Der Doktor und Paris waren dabei Verwundete zu behandeln, doch zu ihrer Überraschung stellte sie auch fest, dass Tuvok, Neelix und Chakotay anwesend waren. Jetzt erst bemerkte sie der Doktor. „Ahh. Hallo Captain. Ich wurde schon informiert, dass sie kommen würden. Wie sie sehen herrscht hier ein völliges Durcheinander, ich hatte noch keine Gelegenheit um mich mit unserem Eindringling näher zu befassen. Seit er hier ist rennen mir auch die Borg die Tür ein, sie scheinen auch schon von meinen legendären Behandlungsmethoden gehört zu haben.“ Bei dieser Bemerkung lächelte er kurz selbstzufrieden. „Was machen Tuvok und Neelix hier?“ „Sie haben Lieutenant Paris herbegleitet und aufgrund der hiesigen Situation habe ich sie als Hilfskrankenschwestern engagiert. Sie waren mir auch eine sehr große Hilfe als die Borg eintrafen.“ Commander Chakotay hatte sich in der ganzen Aufregung, um den Formwandler gekümmert, nachdem er festgestellt hatte, dass die Verletzten durch den Doc und seine drei Krankenschwestern ausreichend versorgt wurden. „Captain so wie es aussieht hat er das Bewusstsein verloren, die Borgnanosonden scheinen einige Schwierigkeiten zu haben, den fremden Organismus zu assimilieren. Aber ich befürchte es ist nur eine Frage der Zeit bis sie erfolgreich sein werden.“ 25
Besorgt sah sich der Captain die Quecksilberpfütze an, sie fand es faszinierend, dass eine hochintelligente Lebensform in der Lage war in einem gelartigen Zustand zu existieren und dabei noch in der Lage war ihren ersten Offizier und die Sensoren zu täuschen. „Wenn der Doktor beschäftigt ist rufen sie Seven her, als Spezialistin für die Borg ist sie am Besten geeignet eine Untersuchung vorzunehmen. Es muss uns gelingen eine Reassimilation vorzunehmen.“ „Captain“, der Doktor meldete sich wieder zu Wort. „ich halte das für keine gute Idee. Die Krankenstation ist überfüllt und Sevens Zustand ist noch nicht wieder soweit in Ordnung, dass ich sie einer extremen Stresssituation aussetzen möchte. Ihr fehlen noch einige Stunden Regenerationszeit.“ Janeway sah den Doktor streng an, die Hände in die Hüften gestützt. „Dafür ist jetzt wohl kaum die richtige Zeit und ich benötige ihre Hilfe. Haben sie vielleicht einen besseren Vorschlag?“ „Ich würde es für besser halten, wenn Seven weiterhin mit Harry an Gegenmaßnahmen für die Borg arbeitet, aber in der Ruhe des astrometrischen Labors. Ich werde sie über die Kommunikationsanlage auf dem laufenden halten und wenn sie konstruktive Vorschläge hat, werde ich sie mir gerne anhören.“ „Aber ich dachte sie wären mit den Verletzten beschäftigt?“ „Da ist wahr, aber seit die Borg wissen, wo sich das Objekt ihrer Begierde befindet, haben sie ihre Untersuchung abgebrochen und versuchen sich Zutritt auf meine Krankenstation zu verschaffen. Die meisten Verbrennungen wurden behandelt, die Patienten benötigen jetzt vor allem Ruhe. Es wäre dabei sehr hilfreich, wenn sie ihren Pflichten nachkommen könnten, Captain, und diese Borg vom Schiff bekämen.“ Besserwisser! Die kaltschnäuzige Art des Doktors konnte sie zur Weißglut bringen, aber er hatte recht. „Captain! Sehen sie!“ Neelix deutete auf das Kraftfeld hinter dem sich der Formwandler befand. Er hatte inzwischen eine menschliche Form angenommen, jedoch ohne detaillierte Konturen. Sein ganzer Körper schimmerte schillern. Als Janeway sich ihm nährte imitierte er jede ihrer Bewegungen. „Die Assimilation ist abgeschlossen, er scheint jetzt auf Anweisungen durch das Kollektiv zu warten. Da eine Kommunikation durch dieses Kraftfeld nicht möglich ist, weiß es nicht wie es sich verhalten soll.“, sagte Chakotay. Tuvok hielt anstelle eines medizinischen nun wieder einen wissenschaftlichen Trikorder in der Hand, und anstatt des Formwandlers scannte er den Türbereich. „Captain ich muss sie darauf hinweisen, dass es den Borg in wenigen Sekunden gelingen wird das Kraftfeld am Eingangsbereich zu deaktivieren.“ Es wurde Zeit zu handeln. Janeway aktivierte ihren Kommunikator. „Brücke. Geben sie mir eine Verbindung zum Borgschiff. Es wird Zeit für eine Runde Poker.“ Während die Verbindung etabliert wurde richtete sie ihr Phasergewehr auf den Formwandler. Ein leises Piepsen bedeutete ihr das die Verbindung stand. „Hier ist Captain Janeway vom Förderationsraumschiff Voyager. Wenn sie nicht sofort mein Schiff verlassen, sehe ich mich gezwungen ihre Beute zu vernichten!“ Zum ersten Mal seit die Borg aufgetaucht waren hielten sie es für angebracht auf eine Botschaft zu reagieren. Eine durchdringende, maschinell klingende Stimme ertönte aus dem Lautsprecher. „Wir sind Borg. Ergeben sie sich! Widerstand ist zwecklos.“ Es war eine Standardwarnung. Doch auch die verbohrteste Kommunikation war im Augenblick besser als gar keine. Das Kraftfeld an der Tür brach zusammen, die Borg betraten die Krankenstation. Bei jedem ihrer Schritte konnte man das leise Summen ihrer Körperpanzerung vernehmen. Sie nährten sie dem Formwandler. Janeway wagte noch einen Versuch, das Gewehr noch immer auf den Wechselbalg gerichtet. „Ich wiederhole: Wenn sie nicht sofort das Schiff verlassen, werde ich den Formwandler töten.“
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Die Stimme ertönte erneut: „Ein solches Verhalten liegt nicht in ihrer Natur. Übergeben sie uns den Formwandler und die Assimilation ihres Schiffes wird nur ein minimales Maß an Opfern fordern.“ Captain Kathryn Janeway ließ sich nicht irritieren, die Zeit rannte ihr davon. Die Borg waren nur noch wenige Schritte von ihr entfernt. Sie sprach so laut, das ihre Stimme über den Kommunikator übertragen wurde. „Chakotay, wenn ich ‘Jetzt’ sage deaktivieren sie das Kraftfeld. Ich werde den Formwandler dann töten. Solange mir kein sicherer Weiterflug garantiert wird, bin ich nicht bereit den Gefangenen lebend zu übergeben.“ Sie holte tief Luft, diesmal schien ihr Bluff nicht zu funktionieren, und ihr blieb nichts anderes übrig als zu feuern. „Jetzt.“ Die Borg dematerialisierten. „Das war knapp! Aktivieren sie das Kraftfeld wieder.“ „Ist schon geschehen.“, sagte Chakotay. „Und was haben sie nun vor?“ Bevor Janeway antworten konnte ertönte die Stimme des Borg aus dem Kommunikator: „In sechzig ihrer Minuten erwarten wir, dass sie uns den Wechselbalg übergeben, ansonsten zerstören wir ihr Schiff. Widerstand ist zwecklos.“ „Welche Garantien...“ Der Captain brauchte nicht weiterzusprechen, die Borg hatten die Verbindung unterbrochen. Es blieb ihnen eine Stunde, um dem drohenden Tod zu entgehen. Harry und Seven arbeiteten im astrometrischen Labor. Inzwischen hatten sie eine neue Schildharmonik, nach dem Vorbild ihrer Gegner konstruiert. Ein Torpedo wurde so entwickelt, das er die Schilde der Borg für einen Sekundenbruchteil disharmonisieren konnte, diesen kurzen Augenblick wollten sie nutzen um eine Bombe an Board zu beamen. Denn wenn ihnen die Zerstörung des Feindes gelingen sollte, dann nur von innen. Bei einem Angriff von außen wäre ein Borgschiff noch bei einer Zerstörung von über achtzig Prozent einsatzfähig. Der Kommunikator piepste. „Hier spricht der Doktor. Harry, Seven, ich habe die Aufgabe sie über unsere veränderte Situation zu informieren.“ Der Doktor gab einen kurzen Bericht, nachdem er geendet hatte fragte Seven nach: „Haben sie schon eine Idee wie sie eine Reassimilation vollbringen wollen?“ Der Doktor lächelte selbstbewusst. „In der Tat. Aufgrund der besonderen Physiologie des Fremden und der Tatsache das sich noch keine Implantate gebildet zu haben scheinen, sollte es möglich sein, die Borgnanosonden ohne bleibende Schäden zu entfernen.“ „Aber wie?“ „Mit anderen Borgnanosonden!“ „Ich verstehe nicht Doktor?“ „Erinnern sie sich an Spezies 8472? Selbstverständlich tun sie das. Um ihren dichten genetischen Code zu durchdringen und anzugreifen haben wir Borgnanosonden spezifiziert und neu programmiert. Das gleiche tun wir jetzt auch, nur das sie jetzt nicht die biologische Struktur angreifen sollen, sondern andere Nanosonden.“ Seven bedachte den Doktor daraufhin mit dem größten Kompliment, das Harry je aus ihrem Mund gehört hatte. „Diese Prozedur könnte Aussicht auf Erfolg haben. Ich schlage vor, sie machen sich an die Arbeit.“ Die Kommverbindung wurde deaktiviert. Die Beiden machten sich nun wieder an die Arbeit eine Verbesserung der Phaserfrequenzen vorzunehmen. Es war eine langatmige und vor allem langweilige Aufgabe. Harry erwischte sich dabei wie er Seven heimlich aus den Augenwinkeln beobachtete. Er war in sie vernarrt, seit sie an Board gekommen war. Sie sah einfach atemberaubend schön aus. Doch nun war er verwundert: Seven schien eingeschlafen zu sein, ihr Kopf lehnte auf dem Tisch. Wahrscheinlich war sie doch noch nicht so topfit wie
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sie die anderen glauben machen wollte. Doch der Zeitpunkt für das Nickerchen war denkbar ungünstig. In sechsundzwanzig Minuten lief das Ultimatum ab. 14 „Seven wachen sie auf! Uns bleibt nur noch wenig Zeit.“ Erschrocken fuhr sie hoch und sah sie um, ehe sie erkannte wo sie war. „Was ist geschehen?“ „Sie sind eingeschlafen.“ Seven sah ihn streng an. „Das ist unmöglich, ein solches Verhalten habe ich an mir noch nie beobachtet.“ Harry lächelte, bei Sevens scheinbaren Versuch über ihr Mißgeschick hinwegzutäuschen. „Sie haben auch noch nie mit so wenig Regenerationszeit auskommen müssen. Wollen sie sich beim Doktor melden?“ „Negativ Fähnrich. Um die kommende Aufgabe zu lösen bin ich unentbehrlich. Ich werde mir ein Mittel replizieren, dass den Kreislauf aufputscht. Was bevorzugt der Captain in solchen Situationen immer?“ Die Frage war nur rhetorisch gemeint, Sevens Gedächtnis arbeitete im Gegensatz zu einem rein menschlichen nahe zu perfekt, trotzdem antwortete Harry. „Kaffee, aber in ihrem Fall würde ich einen klingonischen Raktaccino empfehlen.“ „Ich werde....“ Eine kurze Erschütterung erfasste das Schiff. Grünes Licht gleißte auf. Die Alarmsirenen jaulten. „Was ist passiert?“ Kathryn Janeway war inzwischen wieder auf der Brücke. „Die Borg haben ein Störfeld aktiviert.“, antwortete Tuvok auf ihre Frage. Typisch Borg, sie hielten sich nicht an ihr eigenes Ultimatum. „Was bewirkt es?“ Statt Tuvok meldete sich der Doktor per Interkom: „Unser Gast hat Kontakt zum Kollektiv!“ Janeway war verwirrt, wie war das möglich? „Ist das Kraftfeld ausgefallen?“ Jetzt war es wieder Tuvok, der, nach Analyse der neuesten Daten, antwortete. „Negativ, das von den Borg gesendete Feld erlaubt Kommunikation durch alle unsere Kraftfelder und Schilde.“ Der Captain hatte nur eine Idee. „Können wir die Schildfrequenzen neu modulieren?“ Tuvok musste sie enttäuschen. „Das hätte keinerlei Effekt.“ Nun war der Doktor wieder an der Reihe. „Irgendetwas geschieht hier. Der Formwandler ändert seine Form, er...“ Die Kommverbindung brach zusammen. Die Krankenstation war noch immer voll belegt, allerdings leistete nur noch Neelix Schwesterndienst. Der Formwandler begann sich aufzulösen, in immer kleinere Partikel. Das Kraftfeld schien mit Gas gefüllt zu sein. Dann geschah das unglaubliche, wie Nebel drang er langsam durch das Kraftfeld hindurch, bis seine gesamte Masse frei in der Krankenstation schwebte. Seine Moleküle begannen sich darauf hin wieder zu vereinen, er nahm eine Form an die an einen Humanoiden erinnerte. Doch als seine Konturen sichtbar wurden, breitete sich Furcht auf der Krankenstation aus. Sie waren Zeugen einer Neugeburt. Es war der erste seiner Art, er vereinte den skrupellosen Drang der Borg nach Perfektion, mit der gnadenlosen Fähigkeit der Wechselbälger zur Formveränderung. Er war ein Wechselborg! Als er die Krankenstation verließ atmeten nur noch zwei Personen, der Speicherkern der das Programm des Doktors enthielt war nur noch Staub und Asche. „Was ist geschehen?“ 28
Auf der Brücke herrschte einmal mehr Verwirrung. Der Kontakt zum Sicherheitsteam, das losgeschickt wurde war soeben abgebrochen. Das letzte was sie hörten war ein Schrei. Ein Todesschrei, vermutete Tom völlig zurecht, es lief ihm kalt den Rücken herunter. B’Elanna meldete sich vom Maschinenraum. „Ich habe die Scanner neu eingestellt, wir können das was immer es auch ist jetzt orten.“ Eine schematische Darstellung erschien auf dem Brückenschirm. Es zeigte einen Querschnitt der Voyager und grüne sowie rote Punkte. Genaugenommen war es nur ein roter Punkt, er symbolisierte den Eindringling, die grünen Punkte waren die Besatzungsmitglieder. Eine erneute Erschütterung brachte das Schiff zum beben. „Bericht.“, forderte Janeway. „Der Formwandler hat die Decke weggesprengt, um auf das nächste Deck zu gelangen.“ Der Captain nahm gar nicht wahr wer ihr geantwortet hatte. Der Amoklauf, dessen Zeuge sie war, übte eine morbide Lethargie aus. Was war sein Ziel? Wo immer der rote Punkt auftauchte erloschen die Grünen. Weitere Meldungen streiften ihr Ohr: „Phaserfeuer vergeblich!“, „Kraftfelder haben keinen Effekt!“, „Betäubungsgas wirkungslos!“, „Druckminderung und Sauerstoffentzug auf dem Deck nutzlos!“. Endlich gab sein Todesstreifzug ein Ziel her: „Seven!“ Im astrometrischen Labor herrschte noch Frieden. Sie waren ihrem Ziel ein gutes Stück näher gekommen, die Kaffeetassen leer und ihre körperliche Wahrnehmung auf die Arbeit konzentriert. Die Wand explodierte. Der Fähnrich wurde durch die Druckwelle auf den Boden geschleudert. Bewusstlos! Seven griff zu ihrem Phaser, doch ehe sie ihn mit der Hand umschließen konnte, fühlte sie das sich etwas um ihre Füße und Beine legte. Es glitt immer weiter nach oben. Sie fühlte sich als würde sie im Moor versinken. Die Hüfte war umschlossen. Sie hatte den Gegner vorher nicht gesehen, er war schnell. Bis zum Hals schien sie nun in einer nach Quecksilber aussehenden, zähen Flüssigkeit gefangen. Sie fühlte sich beengt, war bewegungsunfähig. Ihr Mund und ihre Nase wurden eingeschlossen, sie hatte das Gefühl zu ertrinken. Es wurde schwarz, als ihre Augen bedeckt wurden und sie verlor das Bewusstsein. Harry Kim erlangte seins zurück, er sah wie das Wesen die Wand durchschritt als wäre sie aus Pappmachee. Sie war groß und kräftig, so als hätte sie eine zweite Person in sich. Aus seiner Hand formte sich eine Waffe, ein Strahl durchschnitt die Wand. Der Blick auf die Schwärze des Alls wurde freigegeben und der Fremde sprang in sie hinein und aus dem Blickfeld des Fähnrichs heraus. Für einen Augenblick fühlte er einen Sauerstoffmangel und hatte das Gefühl ins Weltall geblasen zu werden, doch dann errichtete sich ein automatisches Kraftfeld um das Leck in der Hülle abzudichten. Seven war verschwunden. An den Händen und Füßen gefesselt, auf einem Operationstisch liegend. So erwachte Seven im Borgschiff. Ihr Schädel war fixiert, so dass sie den Kopf nicht wenden konnte. Ein Borg machte sich an ihrem Kortikalimplantat zu schaffen. Sie zitterte. Angst und Furcht waren Gefühle die sie nur allzu gern verdrängte seit sie wieder Mensch war. Was sie vor über einem Jahr noch als das natürlichste der Welt angesehen hatte, wonach sie sich vor Monaten noch gesehnt hatte, bereiteten ihr nun ein grenzenloses Schrecken. Sie würde wieder assimiliert werden, ihrer neugewonnenen Individualität und Menschlichkeit beraubt. Ihre Gedanken würden wieder in gerade Bahnen gelenkt, ihre Fantasien würden der effektivsten Denkweise weichen, ihr Körper eine Marionette des Kollektivs werden, ihr ganzes Wesen eine Geisel der Borgkönigin sein. Verängstigt wie ein kleines Kind, versuchte sie eine menschlich klingende Stimme zu besänftigen. Die Stimme klang süß, doch wer sie kannte wusste um ihre Grausamkeit. Sie war süß wie der Apfel, der Adam und Eva aus dem Paradies verdammte. Es war die Stimme der Borgkönigin und sie erfüllte ihren Kopf. „Willkommen zu Hause mein verlorenes Schaf. Ich habe dich zurück in den Schoß deiner wahren Familie geholt. Du warst einst eine meiner effektivsten und liebsten Drohnen, ehe dich diese niederen Lebensformen in 29
ihre Gemeinschaft integrierten. Einst warst du mir so nah, Seven of Nine tertiäres Attribut von Unimatrix 01. Und nah wirst du mir wieder sein. Denn du bist von mir auserwählt worden die Erste zu sein. Das erste Lebewesen, das zu einer neuen Art assimiliert wird. Frühere Assimilationen haben uns unserem Streben nach Perfektion kaum näher gebracht. Doch nun wird es eine Revolution geben. Die Borg wie das Universum sie gefürchtet hat werden nicht mehr existieren, die Borg bei deren Namen Planeten zu Asche zerfallen, werden geboren! Ein Evolutionssprung steht bevor und du meine Liebste wirst ihr Vorreiter sein. Du wirst das Universum auf die Perfektion vorbereiten. Du wirst One of Two elementares Attribut von Unimatrix 01. Du wirst meine rechte Hand sein.” Angst, Furcht, Schrecken, Leiden, Tod es gab keine verbale Beschreibung für das Entsetzen das Seven durchlebte, sie wollte ihr Herz zum stoppen bringen, doch es gelang ihr nicht. Der Tod wäre zu einfach gewesen. Sie spürte wie sich der Wechselborg über ihren Körper legte, nur diesmal umschlang er sie nicht, er durchdrang sie. Ihre molekulare Struktur durchlief eine Metamorphose, die Borgnanosonden erfrischten sie. One of Two erhob sich vom Operationstisch, den Widerstand der Ketten spürte sie nicht als sie zerrissen. Sie erhielt ihren ersten Auftrag: Die Voyager! Captain Kathryn Janeway stand vor einem Trümmerhaufen. Noch immer wurde die Voyager vom Traktorstrahl der Borg festgehalten, ihre Waffen waren so wirkungsvoll wie Mückenstiche auf einen Elefanten. Dreiundzwanzig Besatzungsmitglieder waren tot, vier schwebten noch in Lebensgefahr. Das Programm des Doktors war für immer vernichtet, die Krankenstation ein Trümmerfeld, die Wände des Schiffes durchlöchert, Seven entführt. Sie wusste sich kaum noch Rat. Ihre letzte Hoffnung bestand in den Spezifikationen, die Fähnrich Kim und Seven ausgearbeitet hatten. Er war im Maschinenraum und unterstützte B’Elanna bei den Vorbereitungen für ihren Gegenschlag. Lieutenant Paris wurde vorrübergehend zum leitenden Medizinischen Offizier benannt, während der Schlacht würde sie seine Fähigkeiten als Pilot jedoch vermissen. Tuvok und Chakotay waren mit ihr auf der Brücke. Neelix lag schwer verletzt in einem Frachtraum den Tom als Krankenstation hergerichtet hatte. Janeway wurde ungeduldig und rief den Maschinenraum. „B’Elanna, wie weit sind sie?“ Die Halbklingonin hasste diese Unterbrechungen. Wie sollte sie in Ruhe arbeiten, wenn sie andauernd Berichte formulieren musste? Wenn sie fertig war würde sie sich schon melden. Beim Marquis hatte man es nicht gewagt sie andauernd zu belästigen. Doch diese Zeiten waren wohl für immer vorbei. „Geben sie uns noch zehn Minuten für die Kalibrierung der Schildharmonik. Ich möchte vermeiden, dass wir uns selbst in die Luft jagen.“ „Verstanden.“ Es gab nichts was sie tun konnte. Warten gehörte nicht unbedingt zu ihren Stärken, darin war Chakotay besser. Seine beruhigende Stimme verfehlte auch diesmal seine Wirkung nicht völlig. „Entspannen sie sich Kathryn. Sie müssen ihre Kräfte für die kommende Konfrontation sammeln. Ihre Nervosität bringt sie nur dazu Dinge zu übersehen, die das überleben dieser Crew sichern können.“ Janeway setzte sich. „Sie haben recht, aber diese Ruhe vor dem Sturm, sorgt dafür, dass sich alle Poren in meinem Körper zusammenziehen.“ Dann setzte das Unwetter ein. One of Two materialisierte auf der Brücke. „Seven!“ Freude war die erste Emotion die bei Chakotay durch Sevens äußeres Erscheinungsbild hervorgerufen wurde. Um so tiefer saß der Schock als er erkannte was mit ihr geschehen war. Noch bevor er zu seinem Phaser greifen konnte hatte sich ihr Kopf in einen Anker verwandelt, die Fangarme schossen wie Harpunen hervor und durchstachen die Köpfe der
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Brückencrew. Das Bersten von Schädeln und das Spritzen von Blut waren die einzigen Geräusche die den Raum erfüllten. Janeway wurde verschont. Sie war für diese Mannschaft verantwortlich gewesen und doch war sie machtlos. Ihr Atem stockte, ihre Augen starrten, doch ihr Gehirn wollte die grausamen Bilder nicht verarbeiten. Chakotay und Tuvok waren tot. One of Two hatte wieder das Gesicht von Seven angenommen, ihre Arme wurden länger, erfassten den Captain und zogen sie zu sich heran. „Ist das die Fürsorge die sie ihrer Familie zukommen lassen?“ Sie standen sich nun direkt gegenüber und One begann Janeway zu küssen. Sie versuchte sich zu wehren, doch der Griff war stärker als Stahl. Sie spürte wie die Luft knapp wurde, sie begann zu würgen, dann wurde ihr schummrig vor den Augen. One saugte ihr die Luft aus den Lungen. Die leere Hülle ließ sie achtlos fallen und setzte ihren Weg fort, der Auftrag war noch längst nicht ausgeführt! Seven of Nine war zu Tode schockiert. Ihre sekundären Gedanken waren nicht gebändigt, sondern in der molekularen Masse die nun ihr Körper war gefangen. Ihre primären Gedanken standen dagegen vollständig unter der Kontrolle des Kollektivs und der Königin. Sie waren es auch die den Körper steuerten, Seven war hilflos gegenüber dem was ihr lebendes Gefängnis tat. Sie hatte mit ansehen müssen was auf der Brücke geschah, ihr trainierter Geist war dem Wahnsinn nahe. Aber sie durfte nicht aufgeben, es musste eine Möglichkeit geben One of Two aufzuhalten. Irgendwie musste es ihr gelingen den Rest der Mannschaft zu retten und selbst wenn es nur ein einziges Individuum wäre, so wäre es ein Erfolg. Sie hörte die Gedanken des Kollektivs, doch versuchte sie beiseite zu schieben. Ihre Aufmerksamkeit galt dem was sie jetzt war, aber nicht sein wollte. Der Weg von One of Two führte sie am Munitionslager vorbei. Die Wände die es umgaben waren für gewöhnliche Waffen undurchdringlich, die Kraftfelder die es umzäunten stark und autonom. Doch nur ein einziger Schuss genügte, um es zur Explosion zu bringen. Die Detonation vaporisierte mehrere Decks und schleuderte sie ins All, darunter auch die neu eingerichtete Krankenstation. Tom Paris und Neelix starben durch plötzliche Dekompression. Doch One blieb unbeschädigt, setzte ihren Weg fort, im Maschinenraum würde sie die Zerstörung beenden. Als sie eintraf versuchte Lieutenant B’Elanna Torres die Hüllenbrüche mit Kraftfeldern abzuriegeln. Sie war so sehr damit beschäftigt, dass sie ihre Anwesenheit nicht bemerkte. Ein kurzer Handgriff genügte um ihre Kehle zu zerquetschen. One of Twos Arm verwandelte sich wieder in eine Waffe. Ihr Ziel war der Warpkern, ihr Auftrag war es jeden Gedanken der jemals an das Förderationsraumschiff Voyager erinnerte auszulöschen. Die Explosion des Warpkerns würde seinen Beitrag dazu leisten, bevor sie sich auf die Suche nach jedem Volk machen sollte mit dem die Voyager jemals Kontakt hatte. Die einzigen Erinnerungen an dieses Schiff sollten Borg sein. Seven musste das verhindern. Sie versuchte die Form zu ändern aber es gelang ihr nicht. Plötzlich tauchte Harry auf. Er richtete ein Phasergewehr auf sie. Was sollte er mit dieser Waffe gegen One of Two ausrichten? Seven hatte keine Hoffnung ihn zu retten. In diesem Körper war sie so bedeutend wie eine einzige Bakterie. Doch dann sagte Harry etwas das ihr neuen Mut gab. „Dies ist kein gewöhnliches Phasergewehr, es enthält die Borgnanosonden die der Doktor neu programmiert hat, doch sie sind nicht auf Reassimilation eingestellt, sondern auf töten!“ So nah würde Seven dem Tod wahrscheinlich nie wieder sein, sie musste ihre Chance nutzen. Jede Krankheit hat einmal mit einer einzigen Bakterie angefangen. Sie setzte alles was ihr an freiem Geist geblieben war gegen die kontrollierenden Gedanken des Kollektivs ein. Es 31
musste ihr gelingen ihre Körperschilde zu deaktivieren, sonst würde Harrys Schuss wirkungslos bleiben... Schließlich gelang es ihr. „Harry schießen sie!“ „Seven, Sind sie das?“ Seine Stimme klang hoffnungsvoll, aber er handelte nicht. Sie spürte wie One Hilfe anforderte. „Schießen sie! Das ist ihre letzte Chance.“ Der Fähnrich betätigte den Abzug. Schmerzen erfüllten sie, doch es waren Schmerzen der Erlösung. Nie wieder könnte sie anderen Individuen Schaden zufügen. Nie wieder würde sie Unschuldige töten. Doch bevor sie starb, sah sie das der andere Wechselborg an Board beamte und Harry assimilierte. NEIIIIN!!! 15 „Seven wachen sie auf! Uns bleibt nur noch wenig Zeit.“ Erschrocken fuhr sie hoch und sah sie um, ehe sie erkannte wo sie war. „Was ist geschehen?“ „Sie sind eingeschlafen.“ Seven sah ihn streng an. „Das ist unmöglich, ein solches Verhalten habe ich an mir noch nie beobachtet.“ Harry lächelte, bei Sevens scheinbaren Versuch über ihr Missgeschick hinwegzutäuschen. „Sie haben auch noch nie mit so wenig Regenerationszeit auskommen müssen. Wollen sie sich beim Doktor melden?“ „Negativ Fähnrich. Um die kommende Aufgabe zu lösen bin ich unentbehrlich. Ich werde mir ein Mittel replizieren, dass den Kreislauf in Schwung bringt. Was bevorzugt der Captain in solchen Situationen immer?“ Die Frage war nur rhetorisch gemeint, Sevens Gedächtnis arbeitete im Gegensatz zu einem rein menschlichen nahe zu perfekt, der Schock nach diesem Alptraum saß tief, aber sie ließ sich nichts anmerken. Sie hatte Angst durch ihre Furcht Schwäche zu zeigen. Harry antwortete ihr. „Kaffee, aber in ihrem Fall würde ich einen klingonischen Raktaccino empfehlen.“ Sie replizierte jedem von ihnen eine Tasse. „Harry?“ „Ja Seven.“ “Ich bin erfreut sie bei dieser Aufgabe als meinen Assistenten zu haben.” Fähnrich Kim wusste, dass es sich bei dieser Bemerkung um ein großes Lob handelte. Er ahnte nicht, womit er es sich verdient hatte, doch nahm es verlegen an. Es blieben noch einundzwanzig Minuten. Der Wechselborg verhielt sich noch immer ruhig, ohne Daten vom Kollektiv war er hilflos, die Borgnanosonden blockierten seine eigene Persönlichkeit. Erfolg zu melden gehörte zu den liebsten Aufgaben des Doktors und wieder einmal hatte er einen zu verzeichnen. Die spezifizierten Nanosonden waren einsatzbereit. Die Reassimilation konnte beginnen. Der Captain hatte jedoch gebeten sie vor Beginn der Behandlung zu informieren. Selbstbewusst und mit einem Lächeln auf den Lippen kontaktierte er Janeway. Es blieben noch achtzehn Minuten. Sie war unterwegs um der Behandlung des Fremden beizuwohnen, vielleicht konnte er ihr einige Antworten geben. Vorher wollte sie jedoch die Fortschritte von Harry und Seven begutachten. Als sie im astrometrischen Labor eintraf war es leer. Es blieben nur noch fünfzehn Minuten. Im Maschinenraum herrschte geschäftliches Treiben. Harry hatte die neuen Spezifikationen für Waffen und Schilde mitgebracht und unterstützte B’Elanna bei der Implementierung ins
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System. Seven wurde vom Captain auf die Krankenstation beordert, wahrscheinlich gab es Neuigkeiten bei dem Wechselbalg. B’Elanna traute diesem Wesen nicht, dabei spielte es für sie keine Rolle, ob er gerade von den Borg assimiliert war oder nicht. Sie empfand es sogar als Genugtuung, dass die Borg ihn gekriegt hatten. Die Konsequenzen dieser Assimilation waren ihr nicht vollständig bewusst, bei ihr überwiegte die Emotion des Hasses, ihre klingonische Hälfte hatte noch immer die Überhand. Dieses Kreatur, beziehungsweise Wesen seiner Art waren für die Zerstörung des Marquis verantwortlich und dies war für sie persönlich weitaus verheerender als die Schlacht bei Wolf 359. Die Spezifikationen waren fast abgeschlossen. Es blieben nur noch elf Minuten. Die Reihe der Patienten in der Krankenstation hatte sich gelüftet. Nur noch drei Besatzungsmitglieder lagen auf den Biobetten alle anderen Verwundeten konnte der Doktor in ihre Quartiere verlegen. Stolz präsentierte er eine Spritze die die Nanosonden enthielt. „Wenn sie wünschen können wir mit der Prozedur beginnen.“ Janeway nickte. Seven stand daneben und beobachtete die Messdaten, diese Vorgehensweise musste Erfolg haben, oder ihr Alptraum müsste nicht länger nur ein Traum bleiben. Die Holomatrix des Doktors passierte das Kraftfeld widerstandslos. Noch immer imitierte der Wechselborg die Bewegung und Form jeder Person, die sich ihm nährten. Und so erweckte es den aberwitzigen Eindruck, dass der Doktor sich selbst eine Injektion verabreichte. Plötzlich destabilisierte die Form des Wechseldoktors, seine Konturen verwischten, seine Farbe schimmerte silbern und golden. Er zerfloss zu einer Pfütze, die Farben silbern und braun schienen einen Kampf in ihr auszutragen. Schließlich triumphierte braun. Es sah aus wie eine Pfütze aus klebrigem, süßen Sirup. „Die Reassimilation scheint erfolgreich verlaufen zu sein.“, bestätigte Seven das augenscheinliche Ergebnis durch die Sensoren. Es blieben noch neun Minuten. Commander Chakotay hielt auf der Brücke die Stellung. Tuvok war dabei die Frequenzen der Phasergewehre neu einzustellen und seinen Sicherheitsleuten Anweisungen für einen Kampf Mann gegen Mann mit den Borg zu erteilen. Soeben erreichte ihn die Meldung, dass Harry und B’Elanna die Schiffsmodifikationen beendet hatten. Lieutenant Tom Paris war alle ihm bekannten Ausweich – und Angriffsmanöver durchgegangen und hatte sie zur schnelleren Abrufbereitschaft in die Steuerkonsolen eingegeben. Die Mannschaft war bereit. Sobald der Captain auf der Brücke erschien erwartete Chakotay den Beginn der Konfrontation. Es blieben noch sieben Minuten. „Wann wird er das Bewusstsein wieder erlangen?“ Kathryn Janeway war noch immer auf der Krankenstation, aber langsam lief ihr die Zeit davon. Der Formwandler hatte sich seit einigen Minuten nicht bewegt. Sie Scanns des Doktors brachten keine Erkenntnisse, er wusste einfach zu wenig über dessen Physiologie. Sie wollte gerade wieder die Brücke aufsuchen, als sich die braune Masse zu bewegen begann. Es nahm die Form eines männlichen Humanoiden an, allerdings wies seine Haut keine Falten, Hügel oder sonstige altersbedingte Erscheinungen auf. Die Konturen zwischen Mund, Nase und Augen war so fließend wie sie es noch nie gesehen hatte. Er sah aus, als wäre er aus Ton modelliert worden. „Können sie mich verstehen?“ Normalerweise waren Erstkontaktprozeduren etwas wofür man sich viel Zeit lassen musste, um späteren Missverständnissen von vornherein aus dem Weg zu gehen. Doch diesmal musste Janeway eine Ausnahme machen, längere Vorstellungen und Erklärungen mussten außen vor bleiben. Die erhoffte Antwort, fand ihren Weg aus dem Mund des Formwandlers. „Ja, Captain.“ 33
Janeway zog die Stirn kraus, woher kannte er ihren Dienstgrad? „Sie müssen sich nicht Wundern, schließlich hatte ich eine Zeitlang ihre Form angenommen.“ Sie verstand, wollte auf die Konsequenzen dieses Vorfalls jedoch nicht weiter eingehen. „Haben sie auch eine Vorstellung von der momentanen Situation?“ „Selbstverständlich, während man mich gejagt hat war ich zwischenzeitlich ein Speicherkern und konnte mir mit Hilfe ihrer Datenbank einen Eindruck von den Borg gewinnen. Sie sind eine gefährliche und aggressive Rasse und doch handeln sie nur nach ihrer Natur. Sie sind ein Opfer ihres eigenen Strebens geworden. Sie verfolgen ihre Ziele stur ohne sich ein Bild über die Konsequenzen zu machen. Sie sind mächtig, aber sich nicht bewusst wie sie diese Macht zum Vorteil der Galaxie nutzen können. Ihnen ist das Prinzip der Freude und Liebe unbekannt, so dass ich sie nur bedauern kann. - Ich bin ihnen überaus dankbar, Captain, das sie meine vollständige Assimilation vereitelt haben. Wenn ich ihnen behilflich sein kann, dann geben sie mir Bescheid.“ Über das Bedauern ließe sich streiten, aber ansonsten war es dem Formwandler gelungen einige von Janeways Gedanken über die Borg zum Ausdruck zu bringen. „Da ist tatsächlich etwas. Wir benötigen sie als Köder.“ Rasch berichtete sie ihm von dem Ultimatum und den Vorbereitungen die sie für einen Gegenschlag vorbereitet hatten. Daraufhin überraschte sie der Formwandler mit einem Gegenvorschlag. Sie hörte gespannt zu. Es blieben nur noch zwei Minuten. Seven of Nine war gegen diesen Vorschlag gewesen. Sie hatte Protest angemeldet und die offensichtlichen Fakten dargelegt. Ihrer Meinung ließ sich daraus nur ein Schluss ziehen, der Plan war zu gefährlich. Ihr Traum hatte die Konsequenzen einer Formwandlerassimilation deutlich zum Ausdruck gebracht. Und dann dieser Vorschlag! Sie hatte versucht den Captain von ihrer Ansicht zu überzeugen bis sie ihr den Mund verbot und ihr befahl sich in ihren Frachtraum zurückzuziehen. Sie hatte Janeway zur Weißglut gebracht, aber sie blieb stur. Dieses Verhalten hatte sie bei ihr schon des öfteren beobachtet. Doch sie war ein Individuum, sie musste für ihre Meinung eintreten. In diesem Fall könnte es desaströse Folgen haben, wenn sie es nicht tat. Sie ging zu Transporterraum zwei. Es blieb nur noch eine Minute. Lieutenant B’Elanna Torres wurde über die Kommunikationsanlage des Schiffes in den Plan eingeweiht. Sie konnte es nicht fassen, dass der Captain einem Formwandler so viel Freiraum gab. Ehe sie so viel Vertrauen in die Crewmitglieder des Marquis gelegt hatte, waren Wochen vergangen. Und nun gab sie das Schicksal dieses Schiffes in die Hand des Vernichters des Marquis. Nein! Das konnte sie nicht zulassen. Sie ging zum Transporterraum. Es blieben noch vierzig Sekunden. Captain Janeway befand sich wieder auf der Brücke. Sie war über den Humanismus und die Kooperationsbereitschaft des Formwandlers überrascht gewesen. Sie wusste um den Krieg den sein Volk gegen die Förderation entfacht hatte. Doch damit hatte dieses Individuum nichts zu tun. Er kannte sein Volk und seine Heimat nicht und war nicht für das verantwortlich was dort geschah. Er war ein warmherziges Lebewesen, das seit Jahrzehnten mit dem Ökosystem eines gesamten Planeten in Einklang gelebt hatte. Sein einziges Streben lag darin anderen zu helfen und seine Heimat zu finden. Genau wie sie war er allein im Deltaquadranten und so hatte sie mit ihm eine Allianz geschlossen. Der Plan sah vor ihn bei Ablauf des Ultimatums an Board des Borgraumschiffes zu beamen. Sie würden den Transport zulassen, da sie ihn erwarteten. Er würde die Bomben mitnehmen die Seven und Harry konstruiert hatten. Die Borg würden keinen Widerstand von ihm erwarten, da sie glaubten er sei assimiliert. So sollte es ihm mit Hilfe seiner Fähigkeiten gelingen, die Sprengsätze beim 34
Antrieb und den Reparatursystemen anzubringen. Eine vollständige Zerstörung hatte er strikt abgelehnt, da diese Borg nur Drohnen seien die nicht gegen ihre Programmierung ankommen können. In gewisser Weise sah er sie als Opfer. Um ihn wieder von Board zu bringen konnten sie den von Harry und Seven spezifizierten Torpedo verwenden, um die Schilde kurzfristig zu disharmonisieren und ihn währenddessen wieder zurück beamen. Der Formwandler stand mit den Sprengsätzen in Transporterraum eins bereit. Es blieben noch dreißig Sekunden. Auf dem Weg zum Transporterraum begann B’Elanna an ihrer spontanen Handlungsweise zu zweifeln. Es war nicht richtig sich über die Befehle des Captains hinwegzusetzen. Ihre persönlichen Hintergründe spielten hier gar keine Rolle. Wahrscheinlich hatte Janeway mit ihrer Handlungsweise recht, sie verfügte höchstwahrscheinlich über viel mehr Informationen. Mit diesen Gedanken meldete sich ihre vernünftigere menschliche Seite wieder zu Wort. Wenn sie im Transporterraum nicht die Person angetroffen hätte die sie dort antraf, wäre sie wahrscheinlich zu ihrem Posten zurückgekehrt, aber.... Es blieben noch zehn Sekunden. „Was tun sie denn hier?“ B’Elanna war überrascht. Mit der Anwesenheit von Seven of Nine hatte sie nicht gerechnet. Die beiden mochten sich nicht besonders, hatten allerdings einen großen Respekt vor der Arbeit der Anderen. Außerdem bewunderte B’Elanna ihre unbeirrbare Zielstrebigkeit. „Vermutlich das selbe wie sie. Ich versuche einen Fehler des Captains zu verhindern.“ Mit diesen Worten drückte sie ihr ein Phasergewehr in die Hand. Es blieben noch vier Sekunden... ...dann war die Zeit war abgelaufen. Der Crewman in Transporterraum eins aktivierte auf Befehl des Captains den Transporter. Mit einem Glitzern dematerialisierte der Formwandler vom Raumschiff Voyager. Ohne es zu wissen hatte der Crewman gleichzeitig Transporterraum zwei mit Energie versorgt. Seven hatte die Transporterkonsolen miteinander gekoppelt. Als Captain Janeway auf der Brücke von diesem Zwischenfall erfuhr wurde sie wütend. Wie konnten Besatzungsmitglieder ihrer Crew sich nur so blindlings in eine unkontrollierbare Gefahr begeben. Trotzdem blieb der Plan bestehen. „Können wir in dem Zeitfenster, dass uns der Torpedo liefert drei Personen an Board beamen?“ Fähnrich Kim der sich wieder auf der Brücke befand antwortete mit einem Unbehagen in der Stimme. „Es tut mir leid Captain, aber das Zeitfenster reicht maximal für zwei Personen.“ Unbeachtet von den Borg materialisierten drei Personen auf dem Schiff. Es war riesig, Hunderte von Gängen führten durch das Schiff, ihre Länge war durch das menschliche Auge kaum zu ermessen. Das Surren von Maschinen und die Schritte von Borgfüßen, die auf dem metallenem Boden gingen, hallten durch das Schiff. Die Beleuchtung war dunkel. Jeder Gang jede Kreuzung schien für das ungeschulte Auge gleich auszusehen. B’Elanna fragte sich selbst, auf was sie sich da eingelassen hatte. Sie hielt das Phasergewehr fest in beiden Händen. „Wie viel Schuss haben wir, bevor sich die Borg angepasst haben?“ Seven inspizierte die Umgebung, sie war lange nicht mehr in einem Bogkubus gewesen, trotzdem kam ihr die Umgebung vertraut aber zu gleich auch fremd vor. „Vier Schuss, aber ich schlage vor sie machen von der Waffe nur im äußersten Notfall gebrauch. Im Augenblick scheint man unsere Anwesenheit noch nicht bemerkt zu haben. Aber sobald man feststellt, dass unser Freund nicht assimiliert ist, wird man uns jagen.“
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Der Formwandler sah die Beiden Monoformen an. Der Plan hatte vorgesehen, dass er allein zu Werke ging. Setzte der Captain doch nicht so viel vertrauen in ihn wie er gehofft hatte? „Was machen sie denn hier?“, fragte er überrascht. Seven antwortete: „Ich bin hier um sie zu schützen. Eine Assimilation muss unter allen Umständen verhindert werden!“ „Und wer ist das?“ „Das ist Lieutenant B’Elanna Torres. Ich vermute ihr Ziel ist mit dem Meinen identisch. Oder Lieutenant?“ B’Elanna war sich im Augenblick selbst nicht darüber im klaren warum sie hier war. Ihre klingonische Hälfte hatte unerwünschten Ehrgeiz in ihr geweckt. In Augenblicken wie diesen verfluchte sie sie, ihr Drang nach Mut und ehrenvollen Schlachten konnte sie ganz schön in Schwierigkeiten bringen. Sie ignorierte Sevens Frage. „Lassen sie uns an die Arbeit gehen, ich möchte nicht länger als nötig auf diesem Schiff bleiben.“ Es war gruslig. Die Borg gingen an ihnen vorbei ohne sie zu beachten. Trotzdem war ihr nicht wohl zumute, denn ein einzigen Handgriff dieser Drohnen konnte sie töten oder assimilieren und B’Elanna verspürte im Augenblick kein Bedürfnis darüber nachzudenken was schlimmer wäre. Seven hatte darüber ihre eigene Meinung, doch im Augenblick führte sie die Gruppe in den Schiffsabschnitt in dem die Hauptantriebssysteme verankert waren. Als sie den Hauptantriebsverteilerknoten erreicht hatten deutete sie dem Formwandler die Sprengladung anzubringen. Durch seine Fähigkeit sich zu dehnen war es für ihn ein leichtes sie in einer Höhe von sieben Metern zu platzieren. Ein Borg kam auf sie zu, Seven tat einen Schritt zur Seite um ihn vorbeizulassen, doch statt dessen streckte er seinen Arm aus. Seven duckte sich, die Assimilationsröhrchen waren schon ausgefahren gewesen. Mit ihrem Gewehr versetzte sie ihm einen Körpertreffer so das er an die Wandgeschleudert wurde. Ein Phaserstrahl gleißte auf und tötete ihn. B’Elanna hatte von ihrer Waffenoption gebrauch gemacht. Seven sah sie strafend an, doch Torres hielt dem Blick stand, sie war der Überzeugung richtig gehandelt zu haben. Beide entschieden, dass eine Diskussion hier fehl am Platze wäre, weitere Borg nährten sich schon ihrer Position. Sie waren entdeckt worden und das Kollektiv hatte beschlossen sie zu assimilieren! „Wir müssen ihren langsameren Bewegungsmechanismus für uns ausnutzen. Und ich wiederhole Phasergebrauch nur im Notfall.“ Seven hatte die Gefahr befürchtet, seit sie auf dem Schiff waren. Nun war es soweit ihre einstigen Drohnen - Kollegen waren nun ihre erbittertsten Gegner. Ein unkontrolliertes Zittern überfiel ihren Körper, doch sie schüttelte die Angst von sich ab. Sie hatte eine Aufgabe die es zu erfüllen galt. Der Formwandler durfte unter keinen Umständen assimiliert werden. Sie rannten an den Borg vorbei, stießen sie mit ihren Gewehrläufen gegen Wände um sie zu passieren. Trotzdem mussten Beide noch zweimal Gebrauch von der Waffe machen, bevor sie den Hauptverteilerknoten für die Reparatursysteme erreichten. Der Formwandler brachte die Sprengladung an. „Es wird Zeit zu verschwinden.“, sagte er und aktivierte den Sender den er zur Evakuierung bei sich trug. Ihre kurze Aufenthaltsphase hatten die Borg genutzt, um sie zu umzingeln. Seven hatte sich damit abgefunden an Board zu bleiben, doch die beiden Anderen wussten nicht, dass das Zeitfenster nur groß genug war um zwei Personen zu beamen. „Sie Beide halten sich von den Borg fern bis sie an Board gebeamt werden.“ B’Elanna wunderte sich „Wieso wir zwei? Möchten sie hier bleiben?“ Eigentlich hatte sie angenommen Seven hätte sich an ihre Existenz als Individuum gewöhnt. Ihre Antwort schien das auch zu bestätigen. „Von wollen kann keine Rede sein, aber es ist der Voyager nur möglich zwei Personen an Board zu beamen.“
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Ein Borg kam ihnen zu nahe, Seven schoss. Beide hatten nun nur noch einen Schuss zur Verfügung. „Ich werde bleiben. Immerhin sind sie wegen mir in Gefahr.“ Diese Reaktion des Formwandlers hatte keine von den Frauen erwartet. Insbesondere B’Elanna war misstrauisch gewesen. Sie sahen ihn an, doch Seven reagierte Energisch. „Nein! Verstehen sie denn nicht was geschieht, wenn die Borg sie assimilieren? Es wird ihnen die Möglichkeit geben einen Evolutionssprung durchzuführen. Sie wären gefährlicher als je zuvor. Deshalb bleibe ich.“ In der kurzen Zeit der Ablenkung waren die Borg näher gekommen. Zwei griffen Seven an. Sie stieß einen beiseite, der Andere hatte schon alles zur Assimilation vorbereitet, als B’Elanna ihn erledigte. Ihr letzter Schuss. Der Andere machte sich auch schon wieder an Seven heran. Doch auch der Formwandler wurde angegriffen. Er erkannte die Gefahr zu spät. Zwei standen dicht bei ihm. Einen schlug B’Elanna mit aller Kraft zur Seite. Der Andere hatte die Assimilationsröhrchen ausgefahren, sie berührten fast seinen Körper. Seven kümmerte sich nicht mehr um ihren Gegner, ihr letzter Schuss galt dem Angreifer des Wechselbalges. Er durfte nicht... Noch während sie abdrückte drangen die Assimilationsröhrchen in ihren Körper. Ihre Hautfarbe änderte sich fast schlagartig in ein weiß. Seven of Nine wurde assimiliert! Der Wechselbalg änderte nun seine Form, er wurde ein Vogel und flog davon. 16 An Board der Voyager wartete man gespannt auf den Erfolg des Außenteams. Doch Lieutenant Tom Paris wurde ungeduldig, schließlich war seine Freundin da draußen. „Captain wen von den dreien wollen sie rüber beamen?“ Sie hasste diese Frage, denn sie stellte sie sich schon die ganze Zeit. Ihre einzige Hoffnung lag in einem erfolgreichen Abschluss der Mission, denn nur dann war gesichert, das die Reparatursysteme des Schiffes außer Kraft gesetzt wurden. Bei einem späteren Angriff des manövrierunfähigen Schiffes, wäre es dann möglich die Schilde so weit zu schwächen, um die dritte Person an Board zu beamen. Doch dies würde Zeit kosten, dass bis dahin eine Gefangennahme und eine Assimilation stattgefunden haben würde, daran bestand kein Zweifel, wenn denn überhaupt noch jemand lebte. Aber nach welchen Gesichtspunkten sollte sie wählen? Hatte ihre eigene Besatzung vorrang oder der Wechselbalg der sich freiwillig in diese Gefahr begeben hatte? Waren es zwei Crewmitglieder wert gerettet zu werden die gegen ihre Befehle verstießen? Nein, daran durfte sie nicht einmal denken. Wer war wichtiger für das Schiff? B’Elanna mit ihrer Fähigkeit technische Probleme schnell zu lösen oder Seven die mit ihrem Komplexen Wissen fast jede Position ausfüllen könnte? Durfte man das Leben eines Menschen an seinen Fähigkeiten bewerten? War nicht jedes Leben gleichwertig? Was sollte sie tun? Sie saß in einer moralischen Zwickmühle, doch die Zeit lief ihr davon. „Janeway an Transporterraum eins. Crewman sobald die Schilde es zulassen beamen sie die Zwei an Board, die sich dem Sender am nächsten befinden.“ Das war zwar keine Lösung für ihr Problem, aber was sollte sie sonst tun. „Chakotay sobald die Beiden an Board sind zielen sie mit den neu eingestellten Phasern auf den Traktorstrahl. Lieutenant Paris sobald wir frei sind bringen sie uns mit maximaler Geschwindigkeit außer Waffenreichweite. Eine weitere Vorgehensweise besprechen wir später.“ Die Minuten vergingen, ohne das sie ein Signal erreichte. Dann war es endlich soweit. Janeway befahl den Abschuss des Torpedos, die Borgschilde disharmonisierten für den Bruchteil einer Sekunde, das Signal zum auslösen der Sprengsätze wurde gesendet, während 37
zwei Personen an Board gebeamt wurden. Daraufhin feuerte Chakotay die Phaser ab, der Traktorstrahl gab die Voyager frei und Tom beschleunigte bis sie außerhalb der Waffenreichweite waren. Es war still auf der Brücke niemand freute sich über die geglückte Mission. Jeder stellte sich die Frage wer wohl zurückgelassen wurde. „Janeway an Transporterraum eins. Wen haben wir?“ Die Stimme klang aufgeregt. „Lieutenant Torres und Seven of Nine, aber sie scheint assimiliert zu sein.“ „Beamen sie sie sofort auf die Krankenstation in ein Kraftfeld und schicken sie ein Sicherheitsteam dorthin.“ Nun herrschte also Gewissheit wer gerettet worden war. Tom Paris atmete erleichtert auf. „Wie steht es mit den Borg?“, fragte der Captain. Harry las die Anzeigen. „Antriebs – und Reparatursysteme außer Funktion. Die Mission war ein Erfolg.“ Mit Hinblick auf den Formwandler, verbesserte ihn der Captain. „Das entspricht nicht der Wahrheit. Wir wollten verhindern, dass der Wechselbalg den Borg in die Hände fällt, doch genau das ist geschehen.“ Harry senkte den Kopf sie hatte natürlich recht, doch auf seiner Anzeige ergab sich eine Veränderung. „Captain, ein Borgshuttle wurde gestartet und es ruft uns.“ Das war interessant, aber auch ein Borgshuttle konnte gefährlich werden. „Auf den Schirm.“ Der Kopf des Formwandlers erschien auf der Brücke. „Hallo Captain. Ich wollte mich nochmals für ihre Hilfe bedanken und wünsche ihnen einen guten Heimweg.“ Kathryn Janeway lächelte. Es war dem Formwandler gelungen das Shuttle zu kapern. „Ich wünsche ihnen auch eine gute Heimreise. Ich hoffe unsere Wege begegnen sich wieder einmal.“ Daraufhin wurde die Transmission beendet. Der Bildschirm zeigte nun wieder den Weltraum. Ein Borgshuttle entfernte sich ihrer Position; und in einem Lichtblitz, der Überlichtgeschwindigkeit andeutete, verschwand es aus der Sensorenreichweite. Sie waren wieder allein und die Gefahr durch die Borg vorerst gebannt. Es würde Wochen dauern ehe ihnen ein anderes Schiff zu Hilfe kommen würde. Captain Kathryn Janeway ließ Kurs auf den Alphaquadranten setzen. Es gab nur noch eine Sache die es zu klären galt. Lieutenant B’Elanna Torres und Seven of Nine standen wohlbehalten im Raum des Captains. Dem Doktor war es gelungen, die Borgnanosonden die in Sevens Körper gelangt waren zu deaktivieren, damit war ihr ursprünglicher Gesundheitszustand wieder hergestellt. Beide standen im Rührt Euch, während der Captain im Raum umherlief. „Ich weiß nicht was sie sich bei ihrem Verhalten gedacht haben! Seven bei ihnen ist es nicht das erste mal, dass sie einen direkten Befehl missachten, ...“ Sie wollte etwas zu ihrer Verteidigung hervorbringen, doch Janeway schnitt ihr mit einer Geste das Wort ab. „dabei dachte ich wir hätten in der letzten Zeit Fortschritte erzielt. B’Elanna von ihnen hätte ich ein solches Verhalten nicht erwartet, sie waren immer ein verlässliches Mitglied dieser Besatzung. Mir ist bewusst, dass ihre Absichten nur dem Wohle des Formwandlers und des Schiffes gegolten haben, aber trotzdem haben sie sich Beide entschlossen gegen meine Befehle zu Handeln. Seven, sie haben schon vorher versucht mich von ihrer Sichtweise zu überzeugen und ich glaubte meine Position deutlich gemacht zu haben. Ein Eindringling hätte mehr Erfolg gehabt unentdeckt zu bleiben, insbesondere bei seinen Fähigkeiten. Ich wusste, um die Höhe der Gefahr. Doch manchmal muss man Risiken eingehen, denn wenn man sie scheut kann die Gefahr um so größer werden. Aber man muss auch abwägen können, wann eine Gefahr seine Opfer nicht Wert ist. Sie haben sich auf das 38
Schiff gebeamt in der festen Absicht nicht wieder zurückzukehren. Es wäre zweifellos eine aufopfernde Tat gewesen, aber wäre es das Opfer Wert gewesen? Ich sage nein. Es gibt gute Gründe für eine hierarchische Strukturen im Militär, sie soll ein effizientes Handeln in Notfällen ermöglichen. Dabei müssen Befehle strikt ausgeführt werden, denn meist sind die Informationen auf unteren Befehlsebenen weit weniger gut gestreut. Die Gefahr einer erneuten Assimilation war geringer, als sie befürchtet hatten, die modifizierten Nanosonden befanden sich noch immer im Körper des Formwandlers. Sie hätten eine erneute Assimilation abgewehrt. Er war, um es mit den Worten des Doktors auszudrücken, gegen eine Assimilation geimpft. Und was das Vertrauen angeht:“ Jetzt wandte sie sich mehr B’Elanna zu. „Es gibt Situationen in denen man allein nicht viel ausrichten kann, dann ist es besser wenn man einen Freund zur Seite hat der einen unterstützt. Allein kann man im Universum wenig bewegen, doch gemeinsam hat man zumindest eine Chance. Das soll niemanden dazu ermutigen blind zu Vertrauen, aber wenn man das Risiko der Freundschaft eingeht, so ist das Ergebnis befriedigender als es eine Enttäuschung je sein könnte.“ Jetzt kam der Teil ihrer Rede, den sie am Wenigsten mochte, doch das Verhalten ihrer Crewmitglieder ließ keinen anderen Schluss zu. „Ich glaube sie benötigen etwas Zeit um darüber nachzudenken. Aufgrund ihrer Insubordination verurteile ich sie zu zehn Tagen Einzelhaft! Wegtreten.“ Diese Strafe war die niedrigste die die Sternenflottenprotokolle für einen solchen Fall, selbst in Anbetracht mildernder Umstände, zuließen. B’Elanna und Seven wussten das. Sie hielten ihr Verhalten in Anbetracht der Umstände für richtig und zumindest Seven war sich sicher bei einer ähnlich großen Gefahr wieder so handeln. Bevor sich die Tür hinter ihnen schloss, meldete sich der Captain noch einmal zu Wort. „Ich bin stolz eine so uneigennützige Mannschaft zu haben.“ Dann schloss sich die Tür. Epilog Das All war schwarz. Im Vergleich zu seiner Größe erleuchteten es nur wenige Sonnen. Doch das Licht der Hoffnung war Millionen von Völkern in ihm vertraut. Jedes davon hatte seine eigenen Werte, Normen und Ziele. Es stand niemandem, außer dem eigenen Volk zu Verstoße gegen diese Direktiven zu ahnden, solange keine andere Spezies davon betroffen wurde. Doch ein übereifriges verfolgen der eigenen Interessen schadet oft den Unbeteiligten und noch viel öfter sich selbst. Das Streben nach Perfektion war von Habgier besessen, besessen von der Idee die Ordnung in seine finsteren Strukturen zu integrieren. Doch hätte damit die Perfektion erreicht werden können? Wäre ihr man damit tatsächlich einen Schritt näher gekommen? Oder war es vermessen nach diesem Ziel zu Streben? Was ist Perfektion überhaupt? Es ist das Streben jede seiner Tätigkeit so gut zu erfüllen wie es möglich ist. Denn eine bessere Erfüllung der Aufgaben ist nicht möglich. Trotzdem wird das Streben nach Perfektion auch dann weitere Verbesserungen ersehnen. Die Perfektion ist eine Absicht die jeder Aufgabe inne wohnen sollte, doch sie als ein einzelnes, von allem anderen losgelöstes Ziel erreichen zu wollen ist nicht möglich. Nach der Zeit der Anspannung war es wieder friedlich in der unendlichen Nacht des Universums, doch weitere Abendteuer standen ihm bevor.
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