Giemens Marischier
BASICS Endokrinologie
ELSEVIER URBAN & FISCHER
URBAN & FISCHER München ·Jena
Zuschriften und Kritik an: Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Lektorat Medizinstudium , Ka rlstraße 45, 80333 München
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dieses Werkes hat große Die Erkenntnisse in der Medizin ~nt_e rli egen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfa hrungen. Der Autor Dosierung u Indikation, hmstchtlich ondere Sorgfalt darauf verwendet, dass dte m dtesem Werk gemachten therapeuusch en Angaben (msbe der Verpfli~~ von nicht aber Werkes dieses r rze Nu den entbindet Das _ unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entspr.echen. Buch abvv . diesem in denen von Angaben gemachten dort dte ob uberprufen, zu Praparate der versehretben tung, anhand der Beipackzette l zu elchen, und seine Verordnung in eigener Verantwortun g zu treffen.
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I. Autlage März 2007 © Elsevier GmbH, München
Der Urban & Fischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH. 07
08 09
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II
5 4
3 2
Für Copyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe Abbildungsnachweis. dennoch der Nachweis cl e Der Verlag hat sich bemüht, sämtliche Rechteinhab er von Abbildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gege nüber r gezahlt. Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar C,renzen des UrheberrechtsDas Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschürzt. Jede Verwertu ng außerhalb der engen Ubersetzungen, Mikroverfil ngen, Vervielfältigu für insbesondere gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt Systemen. n elektronische in mungen und die Einspeicherung und Verarbeitung Programmleitung: Dr. Dorothea Hennessen Lektorat: Willi Haas, Veronika Sonnleitner Redaktion: Dagmar Reiche Herstellung: Christine Jehl Satz: Kösel, Krugzell Druck und Bindung: MKT·Print, Slovenija Covergestaltung: Spieszdesign, Büro für Gestaltung, Neu-Ulm Bildquelle: © DigitaJVision /Gettylmages, München Gedruckt auf I 00 g Nopacoat Edition I, I Volumen Printed in Slovenija ISBN 978·3-437·42266-9 Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevie r.de und www.elsevier.com
Vorwort Als Leser überspringe ich selbst meist das Vorwort. Daher möchte ich hier vor allem praktische Hinweise zur Benutzung dieses Buches geben. Es wurde besonderer Wert darauf ge· legt, klinische Symptome sowie diagnostische und therapeu· tische Vergehensweisen übersichtlich darzustellen. Dieses Buch aus der BASICS-Reihe soll es dem Studenten ermöglichen, begleitend zu einer Famulatur oder einem Praktikum in kurzer Zeit einen Einblick in den praktischen Alltag der Endokrinologie zu bekommen. Daneben findet man sowohl Antworten auf einfache Fragen, die man sich vielleicht keinem Arzt zu stellen traut, als auch Antworten auf komplizierte Mechanismen, die einem auch ein Facharzt nicht immer so schnell erklären kann. Das Buch ist in einen allgemeinen und einen speziellen Abschnitt gegliedert. Im allgemeinen Teil werden grundlegende Begriffe und Mechanismen erklärt, auf die in späteren Kapiteln nicht mehr eingegangen wird. Diese sind vor allem für das Verständnis von diagnostischen und therapeutischen Grundprinzipien von Bedeutung. Der spezielle Teil enthält die häufigsten endokrinen Erkrankungen, die den jeweiligen Organsystemen zugeordnet sind. Dabei findet man zu Beginn eines Kapitels eine Wiederholung physiologischer Grund· lagen. Dies soll helfen, pathophysiologische Mechanismen besser zu verstehen. Mir selbst fällt das Lernen im Allgemeinen leichter, wenn ich die Zusammenhänge kenne. Leider kann man sich jedoch nicht alle Sachverhalte auf logische Weise herleiten. Dennoch hoffe ich, dass durch dieses Buch das Wissen über das breite Gebiet der Endokrinologie auf verständliche Weise nähergebracht wird. Und vielleicht gelingt es mir ja auch,
IV I V einige Leser für diesen faszinierenden Bereich der inneren Medizin zu begeistern. Wegen des wissenschaftlichen Fortschritts sind zahlreiche Vorgehensweisen, die noch vor einigen Jahren gültig waren, nun bereits überholt. Ich habe mich daher auch bemüht, aktuelle Erkenntnisse einzubeziehen. Es kann jedoch aufgrund des Umfangs nicht auf alles detailliert eingegangen werden. Dies kommt dafür dem Leser zugute, der sich nicht mit Details aufhalten möchte. Fürall diejenigen, die sich vertiefend mit der Endokrinologie beschäftigen möchten, ist weiterführende Literatur zu empfehlen. Schließlich möchte ich mich noch bei allen bedanken, die maßgeblich an der Entstehung dieses Buches beteiligt waren. Besonderer Dank gebührt Frau Primar Dr. Wilhelmine Maschek, die ohne zu zögern und mit viel Erfahrung diese Arbeit betreut hat. Aufgrund des umfassenden Themenbereiches war ich auf die Hilfe weiterer Fachärzte angewiesen. Ich bedanke mich besonders bei Primar Prof. Dr. Georg Biesenbach, Dr. Eva Bentz, Prof. Dr. Georg Schatz! und Dozent Dr. jörg Berg für die Korrektur einzelner Kapitel. Große Unterstützung habe ich auch durch zahlreiche Kommilitoninnen und Kommilitonen, insbesondere Andreas Pollreisz und Hans Christian Lederhuber, durch meine Familie und nicht zuletzt durch die Lektorinnen Willi Haas und Veronika Sonnleitner (Elsevier, Urban & Fischer Verlag) und die Redakteurin Dagmar Reiche (Sprachquadrat) bekommen.
Wien, im Frühjahr 2007
Clemens Marischier
Inhalt A Allgemeiner Teil Grundlagen ................... . . . ... . . .
I I I I
Physiologische Grundlagen I .............. . Physiologische Grundlagen II .............. . Physiologische Grundlagen III ... .. .. . ..... . Grundlagen endokriner Störungen .... .. . . .. .
Diagnostik und Therapie . .... .. . ... . . .. .
I I I I I
Anamnese und körperliche Untersuchung .. .. . Weiterführende Untersuchungen ........... . Therapie ............................. . Wasserhaushalt .. ..... . ............ .. .. . Ausgewählte Elektrolytstörungen ... . ... .... .
1-15 1_7
Nebenschilddrüse und Knochenstoffwechsel ...... ... .. .. .... .. ............
I Physiologie .... . .. . . . .... ... . ......... . 2 . .. ... . ....... . 4 I Hyperkalziämie . . ...... .. I Hypokalziämie ........ . .... ............ . 6 I Osteomalazie und Rachitis ................ . 7 I Osteoporose I . .............. . . . . . ..... . I Osteoporose II . ....... . ....... .. ...... . . 8-15 8 10
62 - 73
62 64
66 68 70 72
Nebenniere ....... ... .......... .. ..... .
74-87
I Physiologie I .......................... . 12 Physiologie li .. ....... ... ....... . ..... . I 13 ........... . .. . .. ... .. . Cushing·Syndrom I 14 I Hyperaldosteronismus . . ...... ... ...... .. . I Adrenale Hyperandrogenämie . . ........... . B Spezieller Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 - 111 I Nebennierenrindeninsuffizienz . ... . ....... . I Phäochromozytom .................... . . Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel ..... . 16-35
74 76
I I I I I I I I I
Kohlenhydratstoffwechsel . ........... .. .. . Diabetes mellitus - Klassifikation und Klinik I .. Diabetes mellitus- Klassifikation und Klinik II .. Diabetes mellitus - Diagnostik . . ......... .. . Diabetes mellitus - Komplikationen I ........ . Diabetes mellitus - Komplikationen II ....... . Diabetes mellitus -Therapie I ............. . Diabetes mellitus -Therapie II ... . . . . . . .. . . Fettstoffwechsel .. ... ... . .. .. .. .... ... . .
Hypothalamus - Hypophyse ... . .... .... .
I I I I I
Physiologie und Diagnostik .... ... ... . ... . . Hypophysentumoren .................... . Akromegalie .......................... . Hypopituitarismus ...... . . .. . ... . .... .. . . ADH·Störungen .................. . .... . .
18
20 22 24 26
84
86
Gonaden- Mann . .. . .. . .. . . . .. .. ...... .
88-93
I Entwicklung und Physiologie der Testes .. .... . I Männlicher Hypogonadismus I . ... . ... . . .. . I Männlicher Hypogonadismus 11 ..... .... ... .
88 90
92
28
. .................. 94-103 30 Gonaden - Frau ..... 32 I Entwicklung und Physiologie der Ovarien .... . 34 I Amenorrhö I . ..... .. ...... . ........... . I Amenorrhö li . ...... . ... .. ... ..... .. .. . 36-45 I Polyzystisches Ovar·Syndrom (PCOS) ....... . I Klimakterium ......................... . 36 I Hormonelle Kontrazeption .. . .. . ... .. .. .. . 38 40
42 44
Schilddrüse ......... .... .... ......... .
46-61
Anatomie und Physiologie ...... . .... . ... . . Schilddrüsendiagnostik ............ .. .... . Struma und solitärer Knoten .. .. .......... . Funktionsstörungen I . . ... .... ....... . . . . Funktionsstörungen I! ... .. ....... . ...... . Funktionsstörungen III .................. . Thyreoiditiden ........................ . Schilddrüsenmalignome .. .. .... . ... .... . .
46
I I I I I I I I
78 80 82
48 50
Spezielle Themen ........ .. ...... ... .. . I 04-111
I I I I
Multiple endokrine Neoplasie (MEN ) ... . .. . . Polyglanduläres Autoimmunsyndrom (PAS) ... . Paraneoplastische Syndrome ... . ...... .... . Doping ................ . . ... . .. .. . .. . .
104 106 108
li 0
C Fallbeispiele . ..... ... .... . .... .. . .. 112 - 121
52 I Fall 1: Starker Durst und Polyurie . . . . . . . . . . .
I 14
54 I Fall 2: Gewichtszunahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 I Fall 3: Hirsutismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1 Fall 4: Knochenschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . 60
11 6 118 120
D Anhang . . ........... . ............. . 122 - 129 Register . . .. .. . ... . ........... . . . ..... 130- 134
...
Abkürzungsverzeichnis A., Aa. Abb. ACE Acetyl·CoA ACTH ADH ADP ACE AGS Al RE AK AMP AN ANP AP APECED
AT II ATP
Al
BB
Arteria, Arteriae Abbildung Angiotensin-converting-Enzym Acetyl-Coenzym A adrenokortikotropes Hormon antidiuretisches Hormon (=Vasopressin) Adenosindiphosphat advanced glycation endproducts adrenogenitales Syndrom Autoimmune·Regulator Antikörper Adenosinmonophosphat Anorexia nervosa atriales natriuretisches Peptid alkalische Phosphatase autoimmune Polyendokrinopathie-Candidiasis· ektodermale Dystrophie Angiotensin II Adenosintriphosphat Allgemeinzustand
BE BGA BMD BMl BSG BZ bzw.
Blutbild Broteinheit BI utgasanalyse Knochenmineraldichte (bone mineral density) Body-Mass-lndex Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Blutzucker beziehungsweise
Ca 2+ cAMP CBG CCK CETP CGH cGMP CK CMV COMT CRH CRP CT
Kalzium zyklisches Adenosinmonophosphat kortisolbindendes Globulin Cholezystokinin Cholesterinester-Transferprotein Komparative genornisehe Hybridisierung zyklisches Guanosinmonophosphat Kreatinkinase Zytomegalievirus Katecholamin-0-Methyltransferase Corticotropin·releasing-Hormon C-reaktives Protein Computertomographie, Computertomogramm
DD d.h. DHEA DHEAS DHT Diff·BB DNA
Differentialdiagnose das heißt Dehydroepiandrosteron Dehydroepiandrosteronsulfat Dihydrotestosteron Differentialblutbild deoxyribonucleic acid (= Desoxyribonukleinsäure, DNS) Desoxykortlkosteron Dual-X-Ray-Absorptiometrie
DOC DXA EEG EGF EIA EKG ELISA EPO etc. evtl.
Elektroenzephalographie, Elektroenzephalo· gramm epidermal growth factor enzyme·linked immunoassay Elektrokardiographie, Elektrokardiogramm enzyme-linked immunosorbent assay Erythropoetin et cetera eventuell
VI FOG FISH FIT FMTC FNP FSH
IT3 IT4 GADA GDP GEP ggf. GH GHIH GHRH
I VII
Fluordesoxyglukose Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung funktionelle Insulintherapie familial medullary thyroid carcinoma Feinnadelaspirationspunktion follikelstimulierendes Hormon freies Triiodthyronin freies Thyroxin
GnRH GTP
Antikörper gegen Glutamatdecarboxylase Guanosin-5' -diphosphat gastroenteropankreatische Tumoren gegebenenfalls growth hormone (Wachstumshormon) Somatostatin (Growth·Hormone·inhibiting-Hormon) Growth·Hormone-releasing-Hormon (= Somatoliberin) Gammacarboxyglutamat-Protein glucagon·like peptide (= Liraglutide) Granulozyten-Makrophagen·koloniestimulierender Faktor Gonadotropin-releasing-Hormon Guanosin-5'-triphosphat
Hb HbA1c hCG HOL HET Hg 5-HIES Hkt HLA hMG HMV HPT 5-HT HVL HWZ
Hämoglobin C-Fraktion des glykosylierten Hämoglobins humanes Choriongonadotropirr High-Density-Lipoprotein Hormonersatztherapie Quecksilber 5-Hydroxyindolessigsäure Hämatokrit human leukocyte antigen humanes menopausales Gonadotropirr Herzminutenvolumen Hyperparathyreoidismus 5-Hydroxytryptamin (= Serotonin) Hypophysenvorderlappen Halbwertszeit
lAA
IHH i.m. INR IP 3 i.S. i.v. IVF
Insulinautoantikörper Antikörper gegen Tyrosinphosphatase Inselzellantikörper lntermediate-Density-Lipoproteine in der Regel Insu!ineinheit/lnternationale Einheit impaired fasting glucose (gestörte Nüchternglukose) lnterferon-a insulin-like growth factor 1 impaired glucose tolerance (gestörte Glukosetoleranz) idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus intramuskulär International Normalized Ratio lnositoltriphosphat im Serum intravenös ln·vitro-Fertilisation
KEV KG KH KHK KI
konstitutionelle Entwicklungsverzögerung Körpergewicht Kohlenhydrat(e) koronare Herzkrankheit Kontraindikation( en)
GLA-Protein GLP·l GM-CSF
IA-2A !CA IDL i.d.R. IE IFG IFN·o. IGF-1 IGT
Abkü rzu ngsverzeich nis LADA LDL LH Lj. LPL
latent autoimmune diabetes mellitus in adults Low-Density-Lipoprotein luteinisierendes Hormon Lebensjahr Lipoproteinlipase
M., Mm. M. MAO MEN MIBG
Musculus, Musculi Morbus Monoaminooxidase multiple endokrine Neoplasie Metaiodbenzylguanidin [mit 126 1oder 1311markiertes Noradrenalin-Analogon) 2-Methoxy-2-Methylpropyl-lsonitril [mit 99mTc markiertes Radiopharmakon zur Tumorszintigraphie) Minute[n) Million(en) maturity-onset diabetes of the young Mineralokortikoidrezeptor Botenribonukleinsäure [messenger RNA) Magnetresonanztomographie, Magnetresonan ztomogramm melanozytenstimulierendes Hormon
M!Bl
Min. Mio. MODY MR mRNA MRT MSH
NSAR NW
Nervus, Nervi Noradrenalin Natriumchlorid Nebennierenmark Nebennierenrinde Stickstoffmonoxid neutrales Protamin Hagedorn [Insulin, das auf dem von Hagedorn 1936 eingeführten Verzögerungsprinzip durch Protamin beruht) nichtsteroidale Antirheumatika Nebenwirkung[en)
o.Ä. OAD oGTT
oder Ähnliches orales Antidiabetikum oraler Glukosetoleran ztest
PAS pAVK PCOS PET PGE pHPT PIF PlP2 POMC PP PPAR
polyglanduläres Autoimmunsyndrom periphere arterielle Verschlusskrankheit polyzystisches Ovar-Syndrom Positronenemissionstomographie Prostaglandin E primärer Hyperparathyreoidismus Prolaktin-inhibiting-Faktor Phosphatidylinositoldiphosphat Proopiomelanocortin pankreatisches Polypeptid Peroxisomen-Proliferator-aktivierter Rezeptor
N. , Nn. NA Na Cl NNM NNR NO NPH-Jnsulin
PPV prim . PRL PSA PTH PTHrP
positive predictive value [positiver Vorhersagewer t) pnmar Prolaktin prostataspezifisc hes Antigen Parathormon parathormone-related peptide
qCT
quanti tative Computertomographie
RAAS RAN K RAN KL RF RGP RIA RlT RMP RNA Rö·Thorax RR rT3
Renin-Angiotensin-Aldosteron-System receptor activator of NF-KB receptor activator of NF-KB Iigand Raumforderung relative glukokortikoide Potenz Radioimmunoassay Radioiodtherapi e relative mineralokortiko ide Potenz Ribonukleinsäure Röntgen-Thorax Blutdruck [Riva-Rocci) reverses Triiodthyronin
s.c. SD Sek. sek. SERM SH SHBG sHPT s. 0 . sog. SRY SSRI Std . s. u. Syn.
subkutan Schilddrüse Sekunden sekundär selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren Sulfonyl harnstoff[e) sexualhormonbindendes Globulin sekundärer Hyperparathyreoidism us siehe oben so genannt sex-determining region of Y selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Stunde[n) siehe unten Synonym
T3 T, TA Tab. TBC TCA Tc TU TESE TG Tg Tg-AK TGF-ß THG TlA
Triiodthyronin Thyroxin Transaminase[n ) Tabelle thyroxinbinde ndes Globulin trizyklisches An tidepressivum Technetium-Pertechnetat thyreoid aler Uptake testikuläre Spermienextraktion Triglyzeride Thyreoglobulin Antikörper gegen Thyreoglobulin transforming growth factor-ß Tetrahydrogestrinon transien te ischämische Attacke
IX IIX
I
TNF TPO TPO-AK TRAK TRH TSH
Tumor-Nekrose-Faktor thyreoidale Peroxidase Antikörper gegen thyreoidale Peroxidase Anti-TSH-Rezeptor-Antikörper Thyreotropin-releasing-Hormon thyreoideastimulierendes Hormon
u.a. u.Ä. UKPDS
u.U. u.v.a.
unter anderem und Ähnliche United Kingdom Prospective Diabetes Study Ultraschall unter Umständen und viele andere
V., Vv. V.a.
Vena, Venae Verdacht auf
us
v.a. VIP VLDL
vor allem vasoaktives intestinales (Poly-) Peptid Very·low-Densi ty- Lipoproteine
WADA WH! WHO WHR Wo. WS
World Anti-Doping Agency Women's Health Initiative World Health Organization waist-to-hip ratio Woche(n) Wirbelsäule
Z. n. ZNS z.T. ZVD
Zustand nach zentrales Nervensystem zum Teil zentraler Venendruck
Grundlagen
2 4 6 7
Physiologische Grundlagen I Physiologische Grundlagen II Physiologische Grundlagen 111 Grundlagen endokriner Störungen
Diagnostik und Therapie
8 10 12 13 14
Anamnese und körperliche Untersuchung Weiterführende Untersuchungen Therapie Wasserhaushalt Ausgewählte Elektrolytstörungen
Physiologische Grundlagen I Hormone
Die Endokrinologie ist die Lehre von der inneren Sekretion von Hormonen du rch Drüsen und deren Störungen. Man unterscheidet drei Gruppen hormoneller Systeme:
Das endokrine System wirkt über Hormone. Das Wort Hormon stammt aus dem Griechischen und bedeutet "antreiben", "erregen".
t Endokrines System: Durch Hormone werden entfernte Organe oder periphere endokrine Drüsen gesteuert (I Abb. I). t Neurokrines System: Hormone sind Informationsträger der neuro· nalen Übertragung. t Autokrin·parakrines System: Durch Hormone steuert die Zelle sich selbst (autokrin) oder die benachbarte Zelle (parakrin).
Das endokrine System dient zur Steuerung und Regulierung nahezu aller Funktionen des Körpers wie Stoffwechsel, Wachstum, Entwick· lung, Fortpflanzung, Stimmung, Verhalten sowie der Homöostase, also der Herstellung eines dynamischen Gleichgewichts des inneren Milieus im Organismus. Darunter fällt die Regulation des Blutkreis· !aufs, der Körpertemperatur, des Säure·Basen·Haushalts, des Wasser· und Elektrolythaushalts. Die Homöostase wird nicht nur durch das endokrine System, sondern in enger Zusammenarbeit mit dem ZNS und dem Immunsystem gewährleistet.
Hormone slnd essentielle Botenstoffe, die in spezialisierten Zellen gebildet werden, bereits in sehr kleinen Konzentrationen wirken und über die Blutbahn (klassische endokrine Wirkung) oder durch Diffusion im Gewebe (parakrine und autokrine Wirkung) ihre Zielzellen erreichen.
Hormone wirken über Rezeptoren, die sich an der Zellmembran, im Zytoplasma oder im Zellkern der Zielzellen befinden (I S. 4 f.). Glandotrope Hormone (z. B. TSH, ACTH) wirken auf Rezeptoren von untergeordneten Hormondrüsen während nichtglandotrope Hormone (z. B. Thyroxin, Kortisol) auf Rezeptoren von nichtendo· krinen Zellen wirken. Dabei sind Horm one v.a. für die langsame und längerfristige Übertragung von Signalen zuständig. In Abhängigkeit von der Hormonsynthese und den Rezeptoren setzt ihre Wirkung innerhalb von Sekunden bis Stunden ein .
Klassifikation
Hypothalamus CRH, TRH, GHRH, Gn RH, Dopamin, SomatastaUn
Hypophyse - - -- - -- I - -_.,...,:\,'%::-'-1!-H-- - Zirbeldrüse (Epiphyse) Vorderlappen; ACTH, LH, FSH, Prolaktin, GH, TSH Hinterlappen; Oxytozin, ADH Schilddrüse ------:=~-/r:\.1~ Thyroxin, Ka lzitonin
- -- +
Thymus - - - - - 1'---Beim Erwachsenen ohne Bedeutung
Nebennieren _ _ __
Langerhans· Inseln Im Pankreas Insulin, Glukagon ..".__.;c___y
'? .....-.;;-.o=--+-- - - - Ova rien
Rinde: Kortisol, Aldostero n,
Androgene
Östrogene, Progesteron, Androgene, lnhibin
Mark: Adrenalin, Noradrenalin
rf
,.....'\,------+ -- - - - Hoden Testosteron, lnhibin
I
Abb. 1: Übersic ht über die wichtigsten Orga ne des klassischen endokri nen
Syst ems und ih re Hormon e. [2 1[
Peptid-/ Proteehormone
Glykoproteine
ACTH, GH, Prolaktin, ADH, Oxy·
Gonadotropine (FSH, LH, hCG),
tozin, Kalzitonin, PTH, Insulin,
TSH
• Peptid· und Proteohormone: Bei Molekülen bis ca. 100 Aminosäuren spricht man von Peptiden, darüber von Proteinen. t Glykoproteine entstehen durch die Anlagerung von Zuckergruppen (G!ykosylierung) an die Aminosäuren, was die Rezeptorbindung und Halbwertszeit beeinflusst. Diese Hormone besitzen alle eine identische a ·Einheit und unterscheiden sich nur in der für die biologische Wirkung verantwortlichen ß·Untereinheit. • Von Aminosäuren abgeleitete Hormone: Ausgehend von Tyrosin oder Tryptophan entstehen Amine oder Aminosäurederivate. t Steroidhormone: Ihre Grundstruktur ist das Cholesterin. t Von ungesättigten Fettsäuren abgeleitete Hormone Peptid- und Proteohormone, Glykoproteine Peptide entstehen durch Translation der mRNA am Ribosom . Aus diesem Prä· Prohormon wird durch posttranslationelle Mod ifikation das inaktive Prohormon gebildet. Dabei entstehen ggf. durch Anlagerung von Zuckergruppen Glykoproteine. Durch Abspaltung des Propeptids
Von AS abgeleitete Hormone
Stereidhormone
Von ungesättigten FS abgeleitete Hormone
T3, T,, Noradrenalin, Adrenalin,
Östrogene, Gestagene, Androgene, Glukokortikoide. Mi neralokortikoid e, Vitamin D
Prostagl andine u.
Dopamin, Serotonin
Glukagon, Somatostatin, PP, CCK, Ghrelin, Angiotensin , IGF-1, Erythropoetin
1 Tab .
Die Einteilung der Hormone ist auf verschiedene Arten möglich: nach Bildungsort (glanduläre Hormone in endokrinen Drüsen, neuro· sekretorische Hormone im Nervengewebe, Gewebshormone), nach Ursprungsorgan (z. B. Pankreas·, Nebennieren·, Hypophysenhor· mone), nach Wirkort und Funktion (im Hypothalamus gebildete Inhibiting· und Releasing·Hormone, in der Hypophyse gebildete "·trope" Hormone, die nach dem Zielgewebe bezeichnet werden, das zur Hormonausschüttung angeregt wird , z. B. thyreotropes Hormon) SOWie nach der chemischen Struktur. Bei Letzterer unterscheidet man fünr Gruppen (ITab. I ):
1: Einteil ung von Hormone n n ach ihrer chemisch en Struktur.
(steroidiihnlich)
a. Eikosanoide
Grundlagen
entsteht schließlich das biologisch aktive Hormon. Die Hormone wer· den in sekretorischen Granula gespeichert und durch Exozytose frei· gesetzt. Sie haben meist ein großes Molekulargewicht. Peptidhormone sind hydrophile Hormone und im Blut gut löslich. Sie benötigen keine Transportproteine. Eine Ausnahme bilden IGF·l (insulin·like growth factor·l) und Wachstumshormon (GH), die spe· zielle Bindungsproteine besitzen. Der Abbau von Peptidhormonen erfolgt durch Peptidasen. Dadurch entstehen inaktive bzw. wenig ak· tive Metabolire des Hormons. Amine Die Katecholamine (Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin) entstehen in adrenergen, postganglionären Nervenendigungen, im Nebennieren· markund im ZNS aus Tyrosin (I Abb. I, S. 86). Katecholamine haben eine kurze Halbwertszeit und werden ebenfalls in Vesikeln gespei· chert. Sie werden enzymatisch durch die MAO (Monoaminooxidase) und die COMT (Katecholamin.O.Methyltransferase) abgebaut. Dia· gnostisch bedeutsam ist der Nachweis der Metaboliten Normeta· nephrin und Metanephrin (Messung der Konzentration im Urin zur Diagnose des Phäochromozytoms). II Serotonin (5-Hydroxytryptamin) wird aus der Aminosäure Trypto· phan ln den enterochromaffinen Zellen (EC) der Darmschleimhaut und in den Raphekernen des ZNS gebildet. Das Serotonin in Thrombo· zyten stammt aus EC-Zellen und wird bei der Darmpassage aufgenommen. Der Abbau erfolgt ebenfalls durch die MAO. t Aminosäurederivate: Im Vergleich zu anderen Hormonen ist die Halbwertszeit von Thyroxin mit etwa 7- I 0 Tagen um ein Vielfaches länger. Mehr zum Metabolismus der Schilddrüsenhormone auf Seite 46 f. ~
Steroidho rmone Cholesterin wird mit der Nahrung aufgenommen oder aus Acetyl·CoA synthetisiert. In den hormonbildenden Zellen folgt die Umwandlung zu Pregnenolon als gemeinsame Ausgangssubstanz fü r die Steroidsynthese (I Abb. I, S. 74). Die lipophilen Steroidhormone können nicht in der Zelle gespeichert werden, sondern diffundieren durch die Plasmamembran. Eine erhöhte Sekretion ist also nur über einen Anstieg der De-novo-Synthese möglich. Stereidhormone werden vorwiegend in der Leber durch Biotransformation inaktiviert. Dabei werden in Phase I funktionelle Gruppen ein· geführt oder freigelegt, an die in der Phase II polare Moleküle wie Glukuron- oder Schwefelsäure gekoppelt werden. Dadurch wird die Löslichkeit der Steroide im Blut erhöht. Die Ausscheidung erfolgt über den Harn und die Galle. Nur ein geringer Anteil wird unverändert renal eliminiert. Die Halbwertszeit kann bis zu mehreren Stunden be· tragen. Von ungesättigten Fettsäu ren abgeleitete Hormone Arachidonsäure entsteht durch Abspaltung von Membranphospholipi· den durch die membranständige Phospholipase A2• Die Derivate der Arachidonsäure (Eikosanoide) werden auch als Gewebshormone bezeichnet. Zu ihnen gehören die cyclooxygenaseabhängigen Prosta-
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glandine und Thromboxane sowie die 5-Lipoxygenase-abhängigen Leukotriene. Sie kommen fast im gesamten Organismus vor und werden auf verschiedene Reize hin neu synthetisiert und freigesetzt. Sie werden rasch enzymatisch und nichtenzymatisch inaktiviert und sind vor allem lokal wirksam.
Transport Lipophile Hormone (z. B. Steroid- oder Schilddrüsenhormone) sind im Blut nichtkovalent an Transportproteine gebunden, die ihre Löslich· keit erhöhen. Diese Proteine werden in der Leber gebildet und binden Hormone mit unterschiedlicher Affinität. Nur ein geringer Hormonanteil zirkuliert frei. Es stellt sich dabei ein Gleichgewicht zwischen gebundenem und ungebundenem Anteil ein. Nur die ungebundene Fraktion ist für die Hormonwirkung verantwortlich.
Albumin ist das wichtigste Bindungsprotein mit der größten Bindungs· kapazität, aber geringer Affinität. Eine höhere Bindungsaffinität haben spezielle Transportproteine (ITab. 2). Eine Erhöhung der Transportproteine wie SHBG, TGB und CBG tritt in der Schwangerschaft, durch orale Kontrazeptiva (Östrogenwirkung) oder bei einer Hyperthyreose ein. Zu einer Erniedrigung können hin· gegen Androgene, Glukokortikoide, Progesteron, Insulin und GH oder ein nephrotisches Syndrom (Eiweißverlust) führen. Bei Veränderungen des Transportproteinspiegels kommt es bei einem intakten hypothalamisch-hypophysären Regelkreis zu einer Anpassung der Gesamthormonkonzentration, während die Konzentration an freien Hormonen konstant bleibt. Eine Erhöhung der Transportproteine führt also auch zu einer Erhöhung der Gesamthormonkonzentration. Bei funktionierenden Rückkopplungsmechanismen ergeben sich daraus jedoch keine endokrinalogischen Funktionsstörungen!
Zusammenfassung . • Das endokrine System steuert zahlreiche Funktionen des Organismus. • Hormone vermitteln Botschaften über Rezeptoren an teilweise weit entfernte Zellen. • Hormone kann man nach dem Bildungsort und Ursprungsorgan, dem Wirkort und der Funktion sowie
I
Transportprotein
Hormone
der chemischen Struktur einteilen. Sie unterscheiden
TBG (thyroxinbindendes Globulin) Transthyrelin (keine Bindung von 13 )
Thryroxin (T,), Triiodthyronin (T3)
sich auch in der Art der Synthese, der Freisetzung,
CBG (kortisolbindendes Globulin)
Kortisol, Progesteron
SHBG (sexualhormonbindendes Globulin)
Östrogen, Testosteron
Tab. 2: Hormone und ihre Transportprote ine.
des Transports und der Elimination. • Transportproteine erhöhen die Löslichkeit von hydrophoben Hormonen.
Physiologische Grundlagen II I Abb . 2: Durch Aktivierung eines G,-(stimulie rend ) oder G,-(inhibi erend)-Proteins kommt es zu einer Stimu lation bzw. Hemmung der membranständigen Adenylatcyclase (AC). die in weiterer Folge aus ATP den Seco nd-Messe nger cAMP bild et. Di eses wird durch Phosphodiestera se n (PDE) zu AMP in aktivie Durch Aktivierung der Phosph olipase C (PLC) werden lnos itoltriphosph at (I p~ und Diacylglycerol (DG) aus dem Mem branphospholipi d Ph osphatidy l i n os ito ~ diphosphat (PIP 2 ) gebi ld et. Anders als beimcAMP-Systemfehlt hier ei n hem mender Faktor der PLC. Daneben können die Untereinh eiten auch direkt an Ionenka näle binden und diese hemmen oder errege n. 1I]
Rezeptoren Hormone vermitteln ihre Botschaft über Rezeptoren an die Zielzellen. Eine nichtkovalente (reversible) Bindung des Hormons führt zu einer Konformationsänderung des Rezeptors, die eine weitere Fortleitung des Signals (Signaltransduktion ) oder die Expression bestimmter Gene bewirkt. Entscheidend bei diesem Vorgang sind eine hohe Bindungsaffinität und Spezifität des Hormons zu seinem Rezeptor. Dadurch werden die Rezeptoren auch durch sehr niedrige Hormonkonzentrationen zwischen J0-9 und l Q- 11 molll aktiviert. Membranreze ptoren Heptahelikale Rezeptoren Heptahelikale Rezeptoren sind membranständig und besitzen sieben transmembranäre Helices (schraubenförmig angeordnete Polypeptidketten). Bei der Bindung des Liganden an den Rezeptor kommt es zur Aktivierung eines G-Protelns, bestehend aus einer a · und einer ßy-Untereinheit. Dies führt zu einem Austausch von GDP durch GTP an der a ·Untereinheit und einer Dissoziation der Untereinheiten, die dann jeweils unterschiedliche membranständige Effektoren aktivieren. Dabei kann ein G·Protein mehrere Effektoren aktivieren, die in weite· rer Folge mehrere Second-Messenger bilden können, was zu einer kaskadenartigen Verstärkung der Signaltransduktion führt. Je nach Verlauf der Signaltransduktion unterscheidet man verschiedene G-Proteine (I Abb. 2). Nach Hydrolyse des GTP zu GDP an der a -Untereinheit bindet diese erneut an die ßy·Untereinheit, wodurch das G·Protein inaktiviert wird . In weiterer Folge werden durch Second-Messenger zahlreiche Zellfunktionen beeinflusst. Zum Beispiel aktiviert cAMP eine Kinase (ein Enzym, das durch Phosphorylierung eine Aktivitätsänderung von Zellproteinen bewirkt). IP 3 setzt über einen eigenen Rezeptor Kalzium aus dem endoplasmatischen Retikulum frei, das wie cAMP eine Protein-
kinase aktiviert. Kalzium ist der einfachste Botenstoff in der Zelle, und auch zahlreiche weitere Reaktionen werd en durch ein Kalziumsignal ausgelöst, z. B. die Kontraktion von Myofibrill en oder die Sekretion von Hormonvesikeln. Diacylglycerol ist das zweite Produkt von P!P 2 und aktiviert die Proteinkinase C, die ebenso Zellproteine phosphoryliert. Hormone, die über heptahelikale Rezepto ren wirken, sind z. B. ADH, Angiotensin II , TSH, Adrenalin oder Dopamin. Die Wirkung tritt schnell em, da d1e Zellproteine, die sie in ihrer Aktivität beeinflussen ' nicht neu gebildet werden, sondern bereits vorhanden sind. Ligandengesteuerte Ionenkanäle Serotonin kann sowohl über spezifische heptahelikale Rezeptoren als auch über den ionotropen 5-HT 3-Rezeptor wirken. Dieser Ionenkanal besitzt dabei selbst eine Bindungsstelle für Serotonin. Die klinische Bedeutung des 5-HT 3-Rezeptors besteht darin, dass sich durch 5·HT3-Antagonisten z. B. zytostatikainduziertes Erbrechen hemmen lässt. Rezeptorproteinkinasen Verschiedene Hormone, die für die Proliferation und Di ffe renzierung der Zelle verantwortlich sind , wirken über Rezeptorproteinkinasen. Eine Bindung des Liganden führt dabei zu einer Dimerisierung von zwei Rezeptormolekülen (I Abb. 3).
t Die Rezeptoren für Insulin , IGF-1 oder EGF (epid ermal growth factor) werden dabei selbst am Tyrosin phosphorylien (Autophosphorylie rung) und aktivieren weitere Signalkaskaden, die auf die Zellproliferation Einfluss nehmen. t Anders führen Erythropoetin oder lnterleukine du rch Rezeptor· dimerisierung zur An lagerung einer weiteren Tyrosinkinase (JAK: just another kinase), die danach aktiviert wird. Der Rezeptor selbst besitzt jedoch keine Kinaseaktivität in wei terer Folge kommt es zur Expression bestimmter Differenzierungsgene.
Hormon
~ Dimerisierung
HO~ Substratprotein
-------+ phosphoryliertes Protein
I Abb . 3: Schema von Rezeptortyrosin kinasen: Die Bindung von Hormonen wie Insulin oder EGF führt zur Bildung ein es Rezepto rdim ers mi t Au tophosphoryli erun g und Phosphoryli erun g anderer Prot eine. 1lJ
Grundlagen
415
I Abb. 4: Sc hematisc he Darstellu ng des Wirkmechanismus von in traze llulären Rezeptoren. ]8]
Guanylylcyclase Über cGMP, einen weiteren Second-Messenger, wirken Stickstoffmonoxid (NO), atriales natriuretisches Peptid (ANP) und andere vaseaktive Peptide. Im Gegensatz zu NO, das eine zytosolische Guanylylcyclase stimuliert, wird durch ANP eine membrangebundene Form des Enzyms aktiviert.
Intrazelluläre Rezeptoren Lipophile Hormone wie Vitamin D, Steroid- oder Schilddrüsenhormone diffundieren durch die Zellmembran und binden im Zytosol oder Zellkern an ihre Rezeptoren, die als Transkriptionstaktoren agieren (I Abb. 4). Dabei können nur Hormone diffundieren, die nicht an Transportproteine gebunden sind. Ihre Rezeptoren besitzen eine hormon- und eine DNA-bindende Domäne.
Mechanismen mit DNA- Bindung (genomisch) Steroidrezeptoren haben normalerweise ein Hitzeschockprotein (HSP) gebunden, das die Wanderung des Rezeptors in den Kern verhindert. Bindet ein Ligand (Hormon) an den Rezeptor, so kommt es zu einer Konformationsänderung mit Dissoziation des Hitzeschockproteins und zur Translokation in den Nukleus. Dort erfolgt die Anlagerung der DNA-bindenden Domänen eines Rezeptordimers an regulatorische
Genabschnitte. Weitere Koaktivatoren sind nötig, um die DNA zu entwinden. Dies geschieht u. a. durch Azetylierung der Histone, um welche die DNA gewickelt ist. Die Anlagerung der RNA-Polymerase II an die DNA induziert schließlich die Bildung der mRNA (Transkription). Da die Hormonwirkung bei der Transkription über eine De-novoProteinsynthese entsteht, dauert es natürlich längere Zeit, bis die Proteine synthetisiert und für ihre Funktionen modifiziert werden. Die genornisehe Wirkung von Steraiden setzt daher nach frühestens 1- 2 Stunden ein.
Mechanismen ohne DNA-Bindung (nichtgenomisch) Neben dem beschriebenen aktivierenden Effekt auf die Proteinsynthese (Transaktivation) gibt es für den Glukokortikoidrezeptor auch einen weiteren Mechanismus ohne DNA-Bindung, bei dem es zu einer Hemmung anderer Transkriptionstaktoren kommt (Transrepression, z. B. durch Hemmung der Histonazetylierung). Bei hoher Kortikosteroiddosis beobachtet man auch Effekte, die früher als beim genemischen Mechanismus eintreten. Neuere Untersuchungen zeigen eine Wirkung von Glukokortikoiden in höheren Konzentrationen, die wahrscheinlich über Membranrezeptoren ausgelöst werden. Schnelle, nichtgenomische Effekte wurden auch für andere Hormone wie östradiol, Progesteron, Thyroxin und Vitamin D beschrieben.
Zusammenfassung • Hormone binden reversibel mit hoher Affinität an ihre Rezeptoren. • Second-Messenger haben über Kinasen Einfluss auf Zellproteine. Die Aktivität von Proteinen wird durch Phosphorylierung verändert. • Das Second-Messenger-Signal wird in einer kaskadenartigen Transduktion verstärkt. • Steroid- und Schilddrüsenhormone bewirken über eine Bindung an intrazelluläre Rezeptoren die Expression bestimmter Gene.
Physiologische Grundlagen 111 I Abb . 5: Schema eines Rege lkreisesa m Bei spiet
Regelkreise Die Hormonkonzentration ist abhängig von der Sekretion und der Eliminationsgeschwindigkeit. Entscheidend für eine exakte Steuerung der Hormonausschüttung durch endokrine Drüsen und damit der Hormonkonzentration ist die Rückkopplung durch Regelkreise. Für eine schnelle Regulation ist dabei besonders eine kurze Halbwertszeit des Hormons notwendig. Ein Beispiel für einen direkten FeedbackMechanismus ist die Konstanthaltung der Blutglukosekonzentration (I Abb. 5). Hier beeinflusst Insulin die Glukosekonzentration. Andererseits hat der Blutzucker direkten Einfluss auf die Hormonsekretion. Ebenso können auch andere Größen wie Elektrolytkonzentrationen (Parathormonausschüttung bei Hypokalziämie) oder die Osmolalität (erhöhte Osmolalität steigert die ADH-Sekretion) eine direkte Rückkopplung auf die Hormonfreisetzung bewirken. Im hypothalamisch-hypophysären Regelkreis führt das Endhormon (z. B. Kortisol) zu einer negativen Rückkopplung (negativer Feedback-Mechanismus) auf Ebene des Hypothalamus und der Hypophyse, wodurch die Hormonausschüttung gebremst wird. Eine Ausnahme stellt die positive Rück-
der Blu tglukos ek onze ntration: Der Regler (B-Zelle) ve rgleicht Sol lwert m1t Istwert und beein flusst die periphere Rege lstrec ke (Giuk ose ko nzentration) durch Stellgliede r (z. B. Leber). Ste llglieder und Störgrößen (Nahru ngsglukose ) führen zu einer V eränderung des Istwerts. Eine Verstellung des So llwerts bewirk t eine dynamische Anpa ssun g des Regelkre ises, bi s ein neues Gleichgewicht erreic ht ISt ). [ 14]
koppJung des Östradiols in der Zyklusmitte dar (s.S. 94).
Hypothalamisch- hypophysäre Achse Das wichtigste Zentrum zur Steuerung der Homöostase ist der Hypothalamus. Hier werden zahlreiche vegetative und endokrine Funktionen integriert (s. S. 36 ). Auf humo· ralem Weg steuert der Hypothalamus die Adenohypophyse über das hypothalamoisch· hypophysäre Pfortadersystem durch geringe Konzentrationen sog. Releasing- und
Inhibiting-Hormone. Erst die daraufhin ausgeschütteten hypophysären Hormone wirken dann auf die peripheren Drüsen und die Körperzellen. Durch die dort produzierten Hormone kommt es zu einer negativen Rückkopplung auf Ebene des Hypothalamus und der Hypophyse (I Abb. 6).
Diese Regulationsmechanismen können nicht so schnell auf Reize reagieren wie neuronale Netzwerke, erlauben dafür aber eine sehr präzise Steuerung zahlreicher Funktionen im gesamten Körper.
ZNS ZNS -Strukturen und Hypothalamus Neuropeptide
~
Neurotran sm itter
',
Releasing-Hormone (CRH, GHRH, GnRH, TRH) lnhibiting-Hormone (S IH, Dopamin)
Adenohypophyse (HVL) nichtglandotrope Hormone (GH, PRL)
glandotrope Ho rmon e - --
(ACTH, TSH, LH, FSH)
''
I
'\\ \ ' ' \I \ I \ \II ,
I ----
periphere Drüsen (Schilddrüse, NNR und Gon•den) periphere Hormone - - - ----.1 (T 4 , T 3 und Steroide)
I
----< /
~I
\I L _ langer Feedback~ Mechanismus
,. kurzes" Feedback
II
I I
",. .>-(I -- - - - --
Zielgewebe
II
'\
II
' - - - -- --+-- - - Hormo ne I 1 - - - - Stoffwechselprodukte
r
I Abb . 6: Sc hema der Regulation der Hormonsekretion durch das Hypothalamus-Hypophysen-System: Releasing- und lnhibiting-Hormone steuern die Hormonsekretion der Adenohypophyse. Glandotrope Hypophysenhormone stimulieren dann die peripheren endokrin en Drüsen (Gonaden, NNR und Schilddrüse), während nichtglandotrope Hormone direkt auf die Zielgewebe wirken . Nega tiv rückkoppelnde Mechanismen regulieren die Hormonsekretion . [ 14]
Zusammenfassung X Regelkreise führen durch Rückkopplung zur dynamischen Anpassung der Hormonsekretion.
X Die Sekretion der Endhormone der hypothalamisch-hypophysären Achse wird durch einen negativen Rückkopplungsmechanismus gehemmt.
),
Grundlagen endokriner Störungen
617
Für die Einteilung von endokrinen Störungen gibt es mehrere Prinzipien. So kann z. B. nach der Hormonkonzentration (Über-, Unterfunktion) oder nach der Ebene der Störung in Bezug auf das Hypo· physen-Hypothalamus-System (primär, sekundär, tertiär) unterschieden werden. Daneben kann auch eine Hormonresistenz zu Störungen führen.
Primäre, sekundäre und tertiäre Störungen Erfolgt die Regulation der Hormonsekretion durch das HypothalamusHypophysen-System, bezeichnet man eine Unter· oder Überfunktion der peripheren Drüse als primäre Störung. Bei sekundären Störungen liegt die Ursache auf der Ebene der Hypophyse und bei tertiären auf Ebene des Hypothalamus.
Unter- und Überfunktion Ursachen für Unterfunktionen sind das vollständige Fehlen der Drüse oder die Zerstörung von hormonbildenden Zellen [z. B. häufig durch Autoimmunerkrankungen: Hashimoto-Thyreoiditis oder M. Addison, I Abb. I). Störungen der Hormonsynthese können durch Enzymmangel oder Mangel an Substrat (z. B. Iodmangell bedingt sein. Die Wirkung des Hormonsam Rezeptor kann durch Rezeptormutationen, hemmende Antikörper oder Antagonisten gestört sein. Eine Über-funktion entsteht häufig durch endokrine Tumoren oder eine Hyperplasie. Im Rahmen eines paraneoplastischen Syndroms kann es zu einer ektopen Hormonproduktion (z. B. ACTH-Sekretion durch kleinzelliges Bronchialkarzinom) kommen. Ebenso kann durch eine exogene Hormonzufuhr das klinische Bild einer Überfunktion entstehen [z. B. iatrogenes Cushing-Syndrom). Durch die Rückkopplung in Regelkreisen ergeben sich dadurch charakteristische Hormonveränderungen. Die Auswirkungen sind schematisch in I Abb. 2 dargestellt.
Latente und manifeste Störungen Bei einer latenten Störung liegt die Konzentration der peripheren Drüsenhormone (z. B. T4) noch im Normbereich, während die Konzentration der hypophysären Hormone (z. B. TSH) bereits erhöht oder erniedrigt ist. Bei einer manifesten Störung sind sowohl die peripheren als auch die hypophysären Hormonkonzentrationen außerhalb der Normwerte.
I
Unterfunktion
~
(
Oberfunktion
• Zerstörung ------"-~- hormonproduzierende Aplasie Zelle
~
• gestörte Synthese (Enzymdefekt,
• Tumor
1 J'
./ •
, ------''------, /
./1
Hormon
/
•verminderte Rezeptorak~i~.ierung (Defekt, ~nt1korper,
I
(;~~~~~~)~ufuhr ektope Produktion
1',,
<:::::;?"
• gesteigerter Abbau
Hyperplasie
Syn th ese
I
Substratmangell
Periphere Hormonresistenz Eine besondere Form der endokrinen Störung stellt die periphere Hormonresistenz dar, bei der das Hormonaufgrund eines Rezeptordefekts oder anderer Ursachen keine Wirkung an der Zielzelle hat. Die mit Abstand häufigste Form ist die periphere Insulinresistenz beim metabolischen Syndrom. Beispiele für seltenere Störungen sind der renale Diabetes insipidus, die periphere Schilddrüsenhormonresistenz oder die Androgeninsensitivität. Während in diesen Fällen die ADH-, Thyroxin- bzw. Testosteronkonzentration normal oder erhöht sind, liegt klinisch häufig eine Unterfunktion vor.
.........
~
~t~
•
verminderter Abbau
• erhöhte Rezeptoraktivierung (Antikörper, Agonisten)
AntagoniSten) • gestörte Signal- transduktlon (rneldbolisches Syndrom) • Zerstörung - --
---+;,;:---
Sig naltra nsduktion
1----
hemmend
'f
+--
fördernd
I
Effe kt -':::-'--,-- - Zielzelle
I Abb . 1: Zahlreiche Ursac hen können zu einer Unter- oder Überfunktion führen. [ 19]
I Abb . 2: Vereinfachte Darstellung der Auswirkung von endokrinen Funktionsstörungen: Hy =Hypothalamus; H =Hypophyse; A = periphere Drüse; Z = Zielorgane der Hormone der peripheren Drüsen; ( 1) physiologischer Regelkreis; (2) endokrin aktives Hypophysenadenom; (3) Überfunktion der peripheren Drüse; (4) Hypopituitarismus; (5) Aplasie oder Ze rstörung der peripheren Drüse. [5]
Zusammenfassung • Bei endokrinen Störungen unterscheidet man eine Unterfunktion von einer Überfunktion. • Bei einer Regulation durch das Hypothalamus-Hypophysen-System kann man auch primäre, sekundäre und tertiäre Störungen unterscheiden.
Anamnese und körperliche Untersuchung Zu Beginn des Patientenkontakts müssen die aktuelle Situation eingeschätzt und bei akuten Notfällen sofortige Maßnahmen eingeleitet werden. Anhand von Anamnese und körper· licher Untersuchung werden die Leitsym· ptome zu einem Symptommuster zusammen· gefasst und mögliche Differentialdiagnosen erstellt. Im Rahmen der Diagnosefindung so!· Jen die Beschwerden in verständlicher Form zusammengefasst werden, um das Therapieziel klar zu definieren. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Patient und nicht nur "seine Hormonwerte" behandelt werden. Dies erhöht - zusammen mit einer umfassenden Aufklärung über das weitere Vorgehenauch die Compliance. Die systematische Abklärung der Differentialdiagnosen sollte unter Berücksichtigung des Wahrscheinlichkeitsgrades einer Erkrankung erfolgen. Dabei kommen weitere diagnostische Methoden wie z. B. Labordiagnostik und bildgebende Verfahren zur Anwendung.
Anamnese Bei endokrinen Erkrankungen ist vor allem ein besonderes Augenmerk auf die Anamnese zu legen. Neben einer aktuellen Anamnese über die derzeitigen Beschwerden sollen zielgerichtete Fragen gestellt werden, um die wesentlichen Leitsyrnptome zu ermitteln. Daneben ist es auch wichtig, nach bestehenden und früheren Erkrankungen sowie Operationen zu fragen, die möglicherweise in Zusammenhang mit den aktuellen Beschwerden stehen. Eine Familienanamnese gibt Auskunft über eine mögliche genetische Prädisposition. Bei der Medikamentenanamnese sind auch die Dosis, die Dauer und die regelmäßige Einnahme zu erheben. Dabei soll nicht nur nach rezeptpflichtigen Arzneimitteln, sondern auch nach nichtrezeptpflichtigen Präparaten gefragt werden. Andererseits kann vor allem bei einer größeren Anzahl an Medikamenten nicht immer davon ausgegangen werden, dass die Patienten auch alle regelmäßig einnehmen. So sollte bei pathologischen Laborbefunden auch immer berücksichtigt werden, dass z_ B. eine Hormonsubstitution nicht konsequent eingehalten wurde. Die Sozialanamnese (Beruf, Bildung, Familienstand, Wohnsituation) kann helfen, ein verständliches Gesprächsniveau zu finden, und kann Informationen über die mögliche Krankheitsverarbeitung und die Compliance des Patienten geben. Bei manchen Patienten kann es notwendig sein, weitere oder korrigierende Informationen bei Fami lienangehörigen einzuholen (Fremdanamnese ). Arztbriefe und frühere Befunde sollten nach Möglichkeit vor dem Gespräch mit dem Patienten studiert werden, um ihm dann mehr Aufmerksamkeit widmen zu können.
in Abhängigkeit von der Erfahrung des Arztes und der Persönlichkeit des Patienten kann die Anamnese unterschiedlich verlaufen. Die Kunst der Anamnese ist es, in relativ
kurzer Zeit eine klare und umfassende Information zu den Beschwerden zu erhalten und dabei dem Patienten die volle
Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Aktuelle Anamnese Nach offenen Fragen zu den aktuellen Beschwerden müssen gezielte Fragen zur genaueren Charakterisierung der Symptome folgen: t Wann? - erstes Auftreten und zeitlicher Verlauf t Wie? - Qualität t Wie stark? - Schweregrad (z. B. Schmerzskala 1- 10) t Wo? - genaue Lokalisation und Ausstrahlung t Wodurch ausgelöst? - verstärkende oder mildernde Faktoren t Gibt es Begleitsymptome oder weitere Beschwerden? t Grad der Behinderung? Gibt es Beeinträchtigungen im Alltag?
Systemanamnese Neben dem Leitsymptom soll mit gezielten Fragen auf andere Begleitbeschwerden aller Organsysteme eingegangen werden. Oie Fragen sollten sich auf organspezifische Symptome beschränken, wobei auch ein Fehlen von Symptomen differentialdiagnostisch bedeutsam sein kann. Bei endokrinen Erkrankungen ist dabei vor allem auf folgende Beschwerden und Organsysteme zu achten: II Allgemeinsymptome kann man keinem speziellen Organ zuordnen, sondern sie müssen an mehrere Organsysteme denken lassen. Zu den Allgemeinsymptomen gehören u. a. Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schwindel, Appetitlosigkeit, Fieber, Durst, Nachtschweiß und Schwitzen. II Größe und Gewicht und deren Veränderungen, Wachstumsentwicklung II Hypothalamus, Hypophyse und ZNS: Kopfschmerzen, Sehstörungen, Gesichtsfeld ausfälle, Schlafstörungen, Kälte-/Wärmeintoleranz, Depression II Augen: Sehstörungen, Doppelbilder, seltener Lidschlag [normal alle 2- 3 Sek.), Fremdkörpergefühl, Lichtempfindlichkeit, verstärkter Tränenfluss, Brille oder Kontaktlinsen II Ohr: eingeschränktes Hörvermögen, Infektionen, Schmerzen II Mund/Zunge/Tonsillen/ Rachen/ Hals: Schluckbeschwerden, Kloßgefüh l, Umfang (Zunahme der Hemdkragengröße)
II Mammae: Sekretion, Vergrößerung, Verkleinerung II Herz und Kreislauf: Hypotonie, Hypertonie, Herzrasen, Herzstolpern II Lunge: Rauchen, Dyspnoe (bei Belastung?), Husten, Auswurf II Magen-Darm-Trakt: Appetit, Bauchschmerzen, Stuhlgang, Stuhlfarbe II Harntrakt: Polyurie, Nykturie, gesteigertes Durstgefühl, Urinfarbe, Schmerzen bei Miktion II Gonaden und Geschlechtsorgane: Dazu gehören Menarche, Menopause (Zeitdauer dazwischen?), letzte Menstruation, regelmäßige Periode, Geburten, Aborte, Schwangerschaftskomplikationen, Libido, Potenz. Bei der Frage nach der Sexualität sollte es keine Tabus geben. Vor allem bei Patienten mit Kinderwunsch muss auch offen nach dem Sexualverhalten gefragt werden. t Bewegungsapparat: inadäquate Frakturen (ohne besonderes Trauma), Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen t Gefäßstatus: mögliche Gehstrecke (kleiner/ größer 200m ) II Haut: veränderte Behaarung, Jucken, Atrophie (häufigeres Schneiden beim Rasieren, Striae), verdickte Haut t Allergien: Medikamentenunverträglichkeilen und damit aufgetretene Symptome t Risikofaktoren: Rauchen, Alkohol, Übergewicht, Bewegungsarmut, Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus
Kö rpe rlich e Unters uchung Mit dem ersten Patientenkontakt beginnen auch die Beobachtung und Untersuchung durch den Arzt. Da die meisten Drüsen jedoch nicht tastbar sind , muss besonders auf die Manifestationen von Hormonstörungen geachtet werden. Bei der Diagnostik endokriner Erkrankungen ist es teilweise möglich ' bestimmte Syndrome sofort durch Blickdiagnosen zu erkennen. Umso schwieriger ist hingegen die Diagnose von Erkrankungen mit geringer Aktivität oder langsamer Progression. Dann kann ein Vergleich des aktuellen Aussehens mit früheren Fotos hilfreich sein. Die körperliche Untersuchung muss nicht unbedingt von der Anamnese abgegrenzt werden, sondern kann teilweise kombiniert werden. Zu Beginn sollte der Arzt den Allgemeinzustand und auch die Vitalzeichen (Puls, Atemfrequenz, Temperatur, Blutdruck) beurteilen.
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Diagnost ik und The rapie
Der Ablauf einer körperlichen Untersuchung könnte wie folgt aussehen (mögliche Befunde kursiv gesetzt).
t Allgemeinzustand: Gesundheitszustand, Größe, Gewicht, Alter, Bewusstseinslage, Ver· halten; ausgezeichnet! gut/ mäßig!schlecht t Ernährungszustand: adipös/ gut/herab· gesetzt/kachektisch t Fettverteilung: android/ gynoid t Größe: Messung und Vergleich im
Somalogramm (altersbezogene Größentabelle); Hochwuchs/ Kleinwuchs (sollte nicht als Zwerg- oder Minderwuchs bezeichnet werden) t Haut: Farbe, Turgor, Ödeme, Narben, Striae, Schwellungen, (Sekundär·)Behaarung; männlicher/ weiblicher Behaarungstyp, Hirsutismus, Hypertrichose t Kopf und ZNS: Form, Symmetrie, Beweg·
lichkeit, Meningismus, Druckschmerzhaftigkeit t Hirnnetven: Sensibilitätsprüfung, Prüfung der Motorik, Geruchs· und Geschmacksprü· fung, Pupillenreaktion, Augenbeweglichkeit t Augen: Exophthalmus, seltener Lidschlag, Schließfähigkeit, Pupillengröße und ·form, Beweglichkeit, konsensuelle, prompte Licht-
819
reaktion; isokor; runde, mittelweite Pupillen; Arcus lipoides corneae t Ohren: eingeschränktes Hörvermögen,
t Magen-Darm-Trakt: Palpation, Auskul· tationder Darmgeräusche; Resistenzen, Ab·
Schmerzen, Gichttophi t Mundhöhle und Rachen: Lippen, Zähne, Zunge, Tonsillen, Schleimhaut; feucht und
t Lymphknoten: Inspektion subman· dibulärer, zervikaler, axillärer und inguinaler Lymphknoten; tastbar/nicht tastbar, ver·
t Harntrakt: Urinuntersuchung t Geschlechtsorgane: Fehlbildungen, Ver· änderungen, Größe t Bewegungsapparat: Beweglichkeit, Klopfempfindlichkeit, Rundrücken, Proportionen, Myopathie (einfacher Test: Patient aus der Hocke ohne Arme aufstehen lassen; bei ausgeprägter Muskelschwäche nicht möglich!) t Gef
schieblichl verbacken, prall, derb, druck· schmerzhaft
Spider-Naevi, Ulzera, Gangrän, seitendifje· rente Pulsstärke
rosig, trocken, belegt, ulzeriert, injlammiert, Foetor ex ore, Mundwinkelrhagaden t Hals: Gefäße und Schilddrüse; Ha!svenen· stauung, hepatojugulärer Reflux, Pulsationen t Schilddrüse: Palpation, Verschieblichkeit; tastbar/nicht tastbar, tastbare Knoten, Schwirren
t Mammae: Form, Einziehung, Galaktorrhö t Herz-Kreislauf: Auskultation des Herzens und Fortleitung in Karotiden und A. axillaris, Ödeme; rhythmisch, arrhythmisch, reine Herztöne, Systolikum, Diastolikum
wehrspannung, Druckschmerz
Perkussion und Auskultation von Herz, Lunge und Abdomen sind beljeder klinischen Untersuchung durchzuführen!
t Lunge: Thoraxform, Perkussion, Auskultation, Atemfrequenz; Dyspnoe, sono· rer Klopjscha!l, vesikuläres Atmen, Rassel· geräusche, Giemen
Zusammenfassung X Die Anamnese ist die Grundlage einer erfolgreichen Arzt-Patient-Beziehung und ein wichtiger Bestandteil des Weges zur Diagnose. X Die Anamnese soll Fragen nach den derzeitigen Beschwerden und früheren Erkrankungen beinhalten. Weitere wichtige Bestandteile sind die Medikamentenanamnese, die Sozialanamnese und die Familienanamnese. X Die körperliche Untersuchung gibt Auskunft über den aktuellen Gesund-
heitsstatus des Patienten.
Weiterführende Untersuchungen Voraussetzung für die Diagnostik sind eine sorgfältige Anamnese und Untersuchung. Nur im Zusammenhang mit dem klinischen Kon· text (Bioassay, im Ggs. zum Laborassay) ist es möglich, den Krankheitswert einer pathologischen Hormonkonzentration einzuschätzen. Für die Diagnostik stehen zahlreiche labordiagnostische Methoden zur Verfügung. Erst im Anschluss sollen bildgebende Verfahren (US, CT, MRT), nuklearmedizinische Verfahren (Szintigraphie) und die histologische Aufarbeitung (Zytologie, Biopsie) eingesetzt werden. Raumforderungen, die in bildgebenden Verfahren entdeckt werden, haben nicht immer einen Krankheitswert oder sind nicht immer die Ursache für die Erkrankung. Andererseits können kleinere Raumforde· rungen häufig gar nicht dargestellt werden. Daher gilt:
Die Interpretation eines Laborparameters erfordert Erfahrung und soll immer in Zusammenhang mit Anamnese, Klinik und anderen Einflüssen erfolgen!
Basale Hormonkonzentration einfachster Parameter dient die basale Hormonkonzentration, also die Konzentration eines Hormons ohne Stimulation, Suppression oder andere Interventionen (körperliche Anstrengung u.Ä.). Al~
wirku ng und der Me~~ung diagnostischer Paare kombinieren. Dynamische Funktlonatesta: Oberfunktion t - Nachweis durch Suppressionstest .J.. Unterfunktion .J.. - Nachweis durch Stimulationstest t
Verfahren Für die Bestimmung von Hormonkonzentrationen werden qua ntitative immunologische Method en (lmmunoassay) verwendet:
Diagnostische Paare Die Regulation der Hormonausschüttung geschieht häufig durch weitere Hormone oder metabolische Veränderungen (s. S. 6). Es ist daher von Vorteil, zusammengehörige Parameter gemeinsam zu bestimmen und als diagnos· tischePaare in Kontext zu setzen, z. B. fT 4 und TSH, Parathormon und Kalzium, Testosteron und LH. Als Hilfe dient die Kombination der Werte in einem zweidimensionalen Schema, mit dessen Hilfe man teilweise schon auf die Ursache der Störungschließen kann (I Abb. 1).
Endokrine Funktionsdiagnostik (Labor) hat Vorrang vor der Lokalisationsdiagnostik (Bildgebung)l
Labordiagnostische Methoden
Dynamische Funktionstests
Ho rmonbestimmung
Für die Labordiagnostik reicht die Messung der basalen Hormonko nzentration meist nicht Ausgehend von einem klinischen Verdacht aus. Besonders die einmalige Bestimmung muss der Endokrineloge eine zielgerichtete von Hormonen mit einem ausgeprägten zirka· Labordiagnostik durch Bestimmung einer dianeo Rhythmus oder pulsatiler Freisetzung begrenzten Anzahl sinnvoller Parameter ist kaum aussagekräftig. Für die Diagnose von beginnen. Der tatsächliche Nachweis einer Funktionsstörungen dieser Hormone oder zur Erkrankung ist dabei nicht immer auf Anhieb Aufdeckung subklinischer Störungen mit normöglich. Teilweise erfordert es wiederholte malen Hormonwerten werden häufig dynaUntersuchungen und die klinische Erfahrung mische Funktionstests verwendet. Dabei wird des Arztes, bis die richtige Diagnose gestellt durch Stimulation oder Suppression Einwerden kann. Bei der Bestimmung von Refefluss auf die Hormonsekretion genommen. Es renzwerten ist darauf zu achten, dass immer folgen mehrere Blutabnahmen zur Hormonauch ein geringer Anteil gesunder Menschen bestimmung über einen definierten Zeitraum. außerhalb des Referenzbereiches liegt. Zur Interpretation ist daher eine Betrachtung ande· Man kann dabei Prinzipien der basalen Hormonmessung mit der Analyse der Hormonrer Laborparameter hilfreich, die bei der Er· krankung verändert sein können (z. B. TSH und Lipidstatus). Daneben ist es für die Bewertung von Hormonkonzentrationen wichtig, die physiologischen Rückkopplungsmechanis· Sekundäre Primäre men zu berücksichtigen, ebenso wie die - bei Hyperthyreose/ Hypothyreose manchen Hormonen sehr ausgeprägte - TagesSchilddrüsen(z B chron hormonly~p-hozytä;e rhythmik (z. B. bei Kortisol, I Abb. 2, S. 75) oder pulsatile sekretorische Episoden (z. B. bei § 1L__Th_y_reo_ i_di-tis_) "<·<,,·----· -- ------·--·--l,:, ____ r~·~·~~~~---- ..... ... ·~ Gonadotropinen oder GH, I Abb. 1, S. 40). : Norm- : ~ Manche Hormone zeigen altersabhängige c
;
berelch
!..................
t Der RIA (Radioimmunoassay) ist ein kompetitives Verfahren, bei dem die zu bestimmende Substanz gegen eine konstante Menge radioaktiv markie rter Substanz konkurriert. Wegen Strahlenschutza uflagen, Gesundheitsgefährdung des Personals, begrenzter Haltbarkeit und hohen bürokratischen Aufwands bei der Entsorgung werden heute vermehrt nichtradioaktive Verfahren wie E!As (enzyme· linked immunoassays) verwendet. t Beim ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay, Enzymimmunoassay) wird eine Platte mit Antikörpern (AK) beschichtet, die die Hormone binden. Ein zweiter enzymgekoppelter AK bindet an eine andere Stelle des Hormons. Durch Substratz ugabe kommt es schließlich zu einer Farbreaktion, die photometrisch bestimm t wird. Für den Nachweis von Au toantikörpern (z. B. TPO-AK) wird die Platte hingegen mit Antigenen beschichtet, an die die pathologischen AK binden (I Abb. 2) . Eine Verdünnungsreihe vom Patientenserum wird erstellt und untersucht. Die letzte Verdünnungsstufe, bei der die AK noch nachweisbar sind, wird als AK-Titer bezeichnet. Vorteil dieser Verfahren ist, dass Konzentrationsmessungen mit fertigen Assays teilauto matisiert mit sehr großer Empfindlichkeit durchgeführt werden können.
;
!............................ ..... Konzentrationsänderungen. Bei den lipophilen ,;;. ~ -.............. Hormonen ist bei Messung der Gesamthormonkonzentrationauch die Konzentration der Primäre Sekundäre Hyperthyreose Hypothyreose Bind ungsproteine zu beachten. Ein besonde(z.B. M . Basedow) res Problem stellt die Interpretation von Hormonwerten bei Kindern dar. Thyroxinkonze ntration I Abb . 1: Kombinierte Darstellung von diagnostischen Paaren am Beispiel von TSH und Thyroxin . [7)
Nachweis spezifischer AK gegen ein AG mittels enzymmarkierter Sekundärantikörper (Konjugal) 1 AntiA körper
Antigen
Sekundärantikörper enzymgekoppelt '
I Abb . 2: Schema tische Darstellung eines Enzymimmunoassays. [I I I
Diagnostik und The rapie
1o I 11
I Tab . 1: Vierfeldertafel.
Test positiv
Test negativ
Patient krank
Patient gesund
A
B
-->
c
D
J,
J,
Sensitivität A/(A+C)
Spezif ität D/(B+D)
-->
Kranke mit pos.
Gesunde mit neg.
Ergebnis/alle Kranken
Ergebnis/alle Gesunden
Genetische Diagnostik Für die Diagnostik endokriner Erkrankungen mit genetischer Ursache kommen verschiedene Methoden zum Einsatz. Durch ein Karyogramm (Darstellung der Metaphasenchromosomen im Mikroskop) kann man bereits Aberrationen wie beim Klinefelter-Syndrom (klassischer Genotyp: 47XXY, s. S. 93) erkennen. Eine genauere Darstellung von chromosomalen Aberrationen wird durch die FISH (Ruo· reszenz-in-situ-Hybridisierung) oder die CGH (Komparative genornisehe Hybridisierung) erreicht. Für die molekulargenetische Diagnostik gibt es mehrere Verfahren:
t Bei der DNA-Sequenzanalyse wird eine Gensequenz durch markierte Nukieotide in einem bestimmten Abschnitt bestimmt. Dadurch können Mutationen dargestellt werden. t Die Southern-Blot-Analyse dient zum Nachweis von Deletionen oder Amplifikatio· nen von Genabschnitten: Genomische DNA wird durch ein bestimmtes Restriktionsenzym gespalten, in der Gelelektrophorese aufgetrennt und auf eine Membran übertragen (geblattet). Mittels markierter Gensonden kann schließlich der qualitative Nachweis von strukturellen Aberrationen erfolgen. t Bei den neueren DNA-Chips werden zahlreiche DNA-Sonden auf Glas- oder Silikatträ-
Positiver Vorhersagewert A/(A+B) Negativer Vorhersagewert D/ (C+D)
gern fixiert. Die zu untersuchende DNA oder RNA wird markiert und auf den Chip zur Hybridisierung aufgetragen. Durch Messung von z. B. Fluoreszenzemissionen kann in einer einzigen Untersuchung eine qualitative Analyse von mehreren tausend Genen auf Mutationen hin durchgeführt werden.
Sensitivität und Spezifität Bei der Diagnostik ist auch immer die Aussagekrafteines Tests zu berücksichtigen. Als hilfreiche Größen dienen dabei Sensitivität und Spezifität (ITab. I) : t Die Sensitivität ist ein Maß, wie geeignet
ein Test ist, Personen mit einer Erkrankung als krank zu identifizieren. t Die Spezifität gibt an, wie geeignet ein Test ist, Personen ohne Erkrankung als gesund zu erkennen.
Belspiel Phlochromozytom Die Prävalenz des Phäochromozytoms beträgt etwa 1: 5.000. Die Bestimmung der Metanephrine im Urin hat etwa eine Sensitivität von 99 ~ und eine Spezifitlt von 92"- Dann gilt (errechnet 11m~ spielkollektiv von 500.000):
Positiv
Krank
Gesund
(100)
(499.900)
99
39.992
PPV •
0,24% 459.908
Negativ Sensitivität: 99%
Spezifität:
92%
I Tab. 2: Praktische Anwendung der VIerfeldertafet.
Sensitivität und Spezifität sind fixe Größen eines diagnostischen Verfahrens. In der klinischen Praxis ist es aber oft wichtiger zu wissen, wie hoch bei einem positiven Testergebnis die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Person auch wirklich an der Krankheit leidet. Dazu ist der positive Vorhersagewert (PPV) besser geeignet, der neben der Sensitivität und der Spezifität auch die Prävalenz (Anzahl der Erkrankungen in einer Population zu einem bestimmten Zeitpunkt) berücksichtigt.
Zusammenfassung X Endokrine Labordiagnostik hat Vorrang vor bildgebenden Verfahren! X Für die Interpretation einer Hormonkonzentration ist es entscheidend,
beeinflussende Faktoren zu berücksichtigen, die eine Änderung der Konzentration bewirken können. X Ein wichtiges diagnostisches Prinzip ist die Bestimmung von zusammen-
gehörigen Parametern und deren Interpretation als diagnostisches Paar.
X Zur Bestimmung von Hormonen mit unregelmäßiger Freisatzung dienen dynamische Funktionstests. X EIAs sind häufig verwendete Methoden zur Bestimmung von Hormon-
konzentrationen. Die Bestimmung kann automatisiert und schnell mit hoher Genauigkeit durchgeführt werden.
Therapie Eine erfolgreiche Behandlung ist nur mit einer präzisen Diagnose möglich . Die Sicherung der Diagnose ist daher von größter Bedeutung. Eine voreilige Therapie kann die Diagnostik verfälschen oder unmöglich machen. Wenn möglich , sollte z. B. im Fall einer Hyponatri· ämie der Verdacht einer NNR-lnsuffizienz bestätigt werden, bevor mit der Therapie be· gonnen wird . Die Entscheidung, ob in Notfi:illen eine Akuttherapie notwendig ist, liegt dabei beim Arzt. Bei einer Addison·Krise ist ein sofortiges Handeln nötig. ln diesem Fall sollte jedoch zuvor zumindest eine Blutabnahme für die Bestimmung von ACTH und Kortisol erfolgen.
Wenn möglich, Diagnosesicherung vor Therapiebeginn!
Vor dem Beginn einer Behandlung stellt sich die Frage, ob der Patient dadurch einen Vorteil hat. Wann eine Therapie angezeigt ist, kann nicht immer Lehrbüchern entnommen werden, sondern muss mit dem Patienten und evtl. mit Angehörigen besprochen werden. Man kann dabei nicht nach einem starren Schema vorgehen, sondern es sind unterschiedliche individuelle Aspekte zu berücksichtigen (Alter, Persönlichkeit, Familie etc.) . Während Therapieformen meist nach ihrer Prognose, also nach der Lebenserwartung beurteilt werden, kommt die Bewertung der weiteren Lebensqualität dabei häufig zu kurz. Schließlich hilft eine ausreichende Aufklärung über die Therapie der Wahl und mögliche Alternativen auch, die Compliance zu heben . Da es bei endokrinen Erkrankungen oft notwendig ist, lebenslang zu behandeln, ist die Mitarbeit der Patienten natürlich von großer Bedeutung.
operative (Ablation) oder medikamentöse Maßnahmen zu Verfügung, Unterfunktions· Störungen können durch Substitution des fehlenden Hormons therapiert werden. Davon ist die pharmakadynamische Hormontherapie abzugrenzen, bei der kein Hormonmangel besteht. Man nutzt dabei Hormoneigenscha ften zur Behandlung von Erkrankungen , die nicht auf einem Hormonmangel beruhen (z. B. antiphlogistische und immunsuppressive Wirkung der Glukokorti· koide). Im Gegensatz zu r nebenwirkungsfre ien Substitutionstherapie treten bei dieser Behandlung häufiger Nebenwirkungen auf, die einer Überfunktion der Hormondrüse entsprechen. Bei der Substitution ist zu bestimmen, welche Hormone verabreicht werden müssen. Dabei muss die optimale Dosierung individuell und häufig über einen längeren Zeitraum angepasst werden. Es sollte eine Substitution erfolgen, die möglichst der physiologischen Konzentration entspricht. So muss z. B. die Kortisonsubstitution bei Stress, Fieber, Infekten oder postoperativ erhöht werden, die lnsulinsensi· tivität wird hingegen bei verstärkter körperlicher Aktivität erhöht, und somit sinkt der Insulinbedarf. Auf diesem Prinzip des Sensiti· vierungbasieren auch dieneueren lnsulinsen·
Zustand
Art
Organ
sitizer (s. S. 31). Sie wirken auf Fettzellen sowie Leber- und Muskelzellen und verstärken die lnsulinwirkung.
Au sbl ick In fernerer Zukunft könnten weitere Therapieverfahren wie die Stammzelltransplantation oder die Gentherapie an Bedeutung gewinnen. Bei der Stammzelltransplantation werden unreife Zellen mit einem kompletten Genom in den Organismus eingebracht, die vom umliegenden Gewebe Stimuli zur Differenzierung erhalten. Bei der Gentherapie werden hingegen nur DNA- oder RNA-Abschnitte in die Körperzellen eingeschleust. Als Überträger (Vektoren) dienen häufig Viren. Bei dieser Therapie gibt es noch zahlreiche Probleme. So kommt es meist nur zu einer transienten Genexpression. Es kann außerdem eine Immunantwort ausgelöst oder durch Integration in das Genom eine Tumorentstehung induziert werden. Durch diese zukünftigen Therapieformen soll z. B. die Zerstörung von Zellen bei Autoimmunerkrankungen vermindert, die Regeneration von endokrinen Zellen sti muliert oder die Hormonproduktion von anderen Zellen übernommen werden.
Ursache
Therapie
Beispiele exogenes Cushing-Syndrom
kleinzelliges Bronchialkarzinom
Morbus Basedow Phäochromozytom
Therapiep rinzipien Nach Art der endokrinen Störung ergeben sich verschiedene Therapieprinzipien: Eine iatrogene Überdosierung soll, wenn es die Grunderkrankung zulässt, durch eine kausale Therapie (Dosisreduktion) behandelt werden. Für endogene Überfunktionsstörungen stehen
Typ-1 -Diabetes M orbu s Addison
Typ-2-Diabetes Schilddrüsenhormonresistenz
I Abb. 1: Therapieprinzipien endokriner Erkrankungen. [7]
Zusammenfassung • Wenn möglich, sollte eine Sicherung der Diagnose vor Therapiebeginn erfolgen. • Störungen mit einer endokrinen Überfunktion können durch operative Verfahren oder medikamentös behandelt werden. • Die Therapie einer endokrinen Unterfunktion besteht in der Substitution des fehlenden Hormons.
Wasserhaushalt Nicht nur bei der Therapie endokriner Erkrankungen, sondern bei jeder Inte rnistischen Behandlung ist große Aufmerksamkeit auf den Wasserhaushalt des Patienten zu legen (I Abb. I) . Das betrifft sowohl Notfälle als auch jede stationäre Therapie.
Volumen- und Osmoregulation Hier sei noch einmal auf die Unterschiede zwischen Volumen· und Osmoregulation hin· gewiesen (ITab. I):
12 EZR
!ZR
[Na•J (Protein]
Bei der Einschätzung der Volumensituation ist auf Erkrankungen zu achten, die mit Volumenveränderungen einhergehen. Dazu gehö· ren Störungen von Herz, Leber und Nieren. Weitere Faktoren sind z. B. Diuretika, Laxanzien und andere Medikamente , Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Alkohol oder schwere septische Infektionen.
I Abb. 1: Ausgen des Na' - und Wasserhaushalts und deren Ein-
Isotone Dehyd ratation
Isotoner Flüssigkeitsverlust nach außen (Erbrechen, Diarrhö, Verbrennung , Blutverlust) oder innen (Aszites, Ileus)
HypovolArn ie
~ xz~; s\:Yfs ~~;!i~~~~~i8~:~~tes
zerebrale Symptome (Verwirrtheil bis
9 11
Hypertore Dehydratation
1
0
insipidus bei insuffizienter Wasser~ zufuhr, Hyperventilation), Sonderform: hyperosmolares diabetisches Koma Isotone
Volumensituation
Au swirkungen
Isotone Flüssigkeitsretention kardialer, hepatischer oder renaler Genese
Infusion von Glukoselös ungen, hohe perorale Wasserzufuhr (intensive Ma9'enspUiung), Syndrom der Inadäquaten ADH·AusschOnung
Hypotone Hyperhydratation
~ Nicht immer zuverlässige Zeichen der Hypovolämie sind trockene Schleimhäute, trockene und schuppende Haut, verminderter Jugularvenendruck, orthostatische Hypotonie und Tachykardie. Nachdem man eine Hautfalte am Handrücken abgehoben hat, bleibt diese bei exsikkierten Patienten stehen. Weitere relativ unspezifische Symptome sind Müdigkeit, Schwäche und Durst. Bei einem hypovolämischen Schock kommt es zu Hypotonie, reflektorischer Tachykardie und Vasokonstriktion mit einer Organischämie (-t Oligurie, Zyanose, feuchtkalte Extremitäten, Bewusstseinstrübung). Die zunehmende Hypoxie führt schließlich zu einer Weiterstellung der Gefaße und einer Verstärkung der Hypotonie.
Osmolarität und das Volumen. ]7 ]
Koma)
Ödeme
Wa&serintoxikation,
Zellödem. Hirndrucksteigerung
mit feuchten Rasselgeräuschen, Husten und Dyspnoe. Die Patienten haben gestaute Halsvenen und nehmen innerhalb kurzer Zeit an Gewicht zu. Hinweisend sind auch ein Fehlen des Blutdruckabfalls und des Pulsanstiegs beim Aufstehen. Zur Verlaufsbeobachtung eignet sich besonders die Messung des zentralvenösen Drucks (ZVD). Während eine Hypovolämie zu einem Anstieg von Hämatokrit und Gesamteiweiß führt, fallen diese bei einer Hypervolämie ab (ITab. 2). Auch die Kreatininkonzentration kann bei einer Hypovolämie im oberen Norm· bereich liegen oder erhöht sein.
Schockindex • Puls/systolischer Blutdruck -+ ist er> 1, besteht Schock-
Hypovolämie Effektives zirkulierendes
gefahr!
Volumen
Für die Beurteilung im anfangliehen Stadium ist der Schockindex jedoch nicht geeignet, da durch die Kompensationsmechanismen der Blutdruck annähernd normal gehalten wird. t Eine Hypervolämie tritt meist nur bei einer eingeschränkten Nierenfunktion in Kombination mit einer zu hohen Flüssigkeitszufuhr auf. Es kommt zu einem Lungenödem
fluss auf die
-l-
Hämatokrit und Gesamteiweiß
I
t
Hypervolämie Effektives zirkulierendes Volumen
i
Hämatokrit und Gesamteiweiß .j.
Tab. 2 : Veränderung von Hämatokrit und Serum-
eiweiß bei Hypo- und Hypervolämie.
Zusammenfassung X Volumenregulation: Sympa-
thikus, RAAS, ANP, (ADH) Volumenregulation
Osmoregulation
Sensor
Barerezeptoren im Karotissinus und Aortenbogen, granulierte Zellen des Vas afferens, Vorhofrezeptoren
Hypothalamisehe Osmorezeptoren
Was wird gemessen?
Effektives, zirkulierendes Volum en
Plasmaosmolalität
Effektoren
Sympathikus, RAAS, ANP, Druckdiurese, ADH
ADH, Trinken (Durst)
Waswird
Blutdruck, Natriumausscheidung
Resorption von freiem Wasser und Wasseraufnahme durch Durst
Hypovolämie, Hypervolämie
Polyurie, Hyponatriämie
beeinflusst? Störungen
I
Tab. 1: Vergleich Volumen- und Osmoregulation.
13
gewählte Störun-
Hyperhydratalion
~ Volumenregulation: Diese erfolgt durch den Sympathikus, das Renin·Angiotensin· Aldosteron-System [RAAS), ANP und in geringerem Ausmaß auch durch ADH. Während die Regulation durch den Sympathikus schnell einsetzt, ist die Adaptation durch das RAAS langsamer. Diese Effektoren führen zu einer Anpassung des intravasalen Flüssigkeitsvolu· mens an die Gefäßkapazität und umgekehrt. Die Regulation der Extrazellulärflüssigkeit wird weitgehend durch die Natriumausschei· dung bestimmt. Natrium ist osmotisch aktiv und zieht Flüssigkeit mit. Daher kommt es bei Störungen der Natriumregulation zu Volumenänderungen im Sinne von Ödemen oder Volumenmangel (Exsikkose). ~ Die Osmoregulation wird durch ADH und die Wasseraufnahme gesteuert. Eine gestörte Regulation der Ausscheidung von freiem Wasser manifestiert sich in einer Veränderung der Natriumkonzentration, was zu Änderungen der Osmolalität führt. Durch die sensible Steuerung der ADH-Sekretion und des Durstmechanismus gehen Volumenänderungen selten mit einer Änderung der Plasmaosmolalität einher.
Ursachen
Normzustand
I
X Osmoregulation: ADH und
Trinken X Zur Einschätzung der Volumen-
situation dienen u. a. klinische Zeichen, Schockindex, ZVD und Laborparameter wie Hkt und Gesamteiweiß.
Ausgewählte Elektrolytstörungen Störungen des Säure-Basen-Haushalts sind eng verbunden mit Störungen des Kaliumhaus· halts. Im Gewebe (v. a. in der SkelettmuskuIatur) besteht ein funktioneller K+/ H+-Austausch. Bei einer Hyperkaliämie kommt es zu einer vermehrten Kaliumaufnahme in die Zellen, wobei im Gegenzug ein Proton (H+) ins Blutabgegeben wird. Somit sinkt der pH . Ein weiterer Zusammenhang besteht an den Sammelrohren der Nieren (I Abb. 1). Eine Hyperkaliämie muss jedoch nicht immer mit ei ner Azidose einhergehen!
Säure-Basen - Hausha~
Der pH-Wert im Organismus muss in engen Grenzen (7,36 - 7,44) konstant gehalten werden. Dafür sind drei Regulationsmechanismen verantwortlich, die nacheinander mobilisiert werden: t Pufferung: Zu den extrazellulären Puffersysteme gehören Bikarbonat (HC0 3- ) und Plasmaproteine. Phosphat und Hämoglobin sind intrazelluläre Puffersysteme . Bei einer Azidose können sie Protonen aufnehmen, die bei einem pH-Anstieg wieder abdissoziieren. t Lunge: respiratorische Regulation durch Abatmung von co2 t Niere: renale Regulation durch tubuläre Sekretion von Protonen. Für jedes sezernierte Proton wird im Gegenzug HC0 3- in das Blut abgegeben. Der Großteil der Protonen wird dabei an Ammoniak oder titrierbare Säuren (Sulfat, Phosphat) gebunden und ausgeschie· den, nur ein geringer Anteil wird in Form von freien Protonen sezerniert
spricht man auch von einer kompensierten Störung. Dabei setzt die renale Gegenregulation im Gegensatz zur respiratorischen erst nach Stunden bis Tagen ein.
Respiratorische Störung -+ metabolische Kompensation; metabolische Störung -+ respiratorische Kompensation.
Ausgewählte Störungen des Säure- Basen-Haushaltes
Metabolische Azidose t Additionsazidose : endogene Säurebil· dung, z. B. Ketonkörper bei diabetiseher Ketoazidose, Laktat bei anaerober Glykolyse t Retentionsazidose: chronische Niereninsuffizienz mit verminderte renaler Proto· nenausscheidung t Subtraktionsazidose: enteraler oder renaler Bikarbonatverlusr Klinik: Die Ventilatorische Kompensation besteht in einer stark vertieften Atmung (Kussmaul-Atmung, benannt nach dem Biologen und Internisten A. Kussmaul), die bei länger bestehender Störung jedoch schwierig zu erkennen ist Bei einer schweren Azidose kommt es zu Verwirrtheit, Stupor und später auch Koma. Diagnostik und Therapie: Die Diagnose wird durch eine Blutgasanalyse (BGA: HC0 3- J, ~ C0 2 J-) gestellt Im Vordergrund steht eine Behandlung der Grunderkrankung. Eine HC0 3--Substitution sollte zurückhaltend angewendet werden, da bei einer Überkor-
Lumen
~
rektur die Gefahr der Alkalose und Hypokali _ ämie besteht.
Metabolische Alkalose t Chiaridsensible Form [Chloridausscheidung < 10 mmol/ 1): Primäre Ursache ist eine Hypovolämie. Durch ein vermindertes zirkulierendes Volumen kommt es zur RAAS·Aktivierung und verstärkten Natriumrückresorption, wodurch die Kalium- und Protonensekretion erhöht werden (I Abb. I). Es entsteht eine Kontraktionsalkalose. Diese Form tritt häufig durch Erbrechen oder bei einer Diuretikatherapie auf. t Chiaridresistente Form (Chloridausscheidung > 20 mmol/ 1): Die Ursache ist ein Mineralokortikoidüberschuss (z. B. primärer Hyperaldosteronism us). Klinik und Therapie: Kom pensatorisch tritt eine flache Atmung ein . Es kann zu Parästhesien und evtl zu einer Tetanie kommen. Häufig überwiegen die Sym ptome einer gleichzeitig bestehenden Hypokaliämie (Herz. rhythmusstörungen, Muskelschwäche). Bei der chloridsensiblen Form kann die Alkalose durch die Infusion von 0,9%iger NaCI-Lösung korrigiert werden, die chiaridresistente Form spricht nicht auf eine NaCJSubstitution an.
Kaliumhaushalt Kalium befindet sich überwiegend im lntrazellulärraum. Das Konzentrationsverhältnis zwischen Intra- und Extrazellulärraum beträgt etwa 38: 1. Dieser Ionengradient ist zusammen mit der Leitfähigkeit der Kaliumkanäle
Blut
Der wichtigste extrazelluläre Puffer ist das C0 2·HC0 3--System. HC03- entspricht dabei der Pufferbase und C02 der Puffersäure. Über die Abatmung von C0 2 hat die Lunge, über die Ausscheidung von HC03 die Niere Einfluss auf dieses Puffersystem.
Störungen des Säure-Basen-Haushalts können durch eine gestörte alveoläre Ventilation {respiratorische Störung) oder durch einen veränderten Anfall oder eine gestörte renale Ausscheidung von Säureäquivalenten oder HC03- {metabolische Störung) entstehen. Daneben gibt es auch gemischte Störungen. Störungen des einen Systems aktivieren kompensatorische Mechanismen des anderen Sys· tems. Bleibt der pH im Normbereich, so
I Abb. I: Samme trohr der Ni ere: Aldosteron erh öht die Natriumrü ckresorpti on und verstärkt gleichzeitig die Kalium sekretion. Um Kalium w ieder aufzunehm en, muss ein Pro ton sezerniert werden. 118]
Diagnostik und Therapie
I Renal
Diuretika, Hyperaldosteronismus
Extrarenal
Chronischer Laxanzienabusus, Diarrhö,
14
I
15
Tab . 1: Ursachen einer Hypokaliämie.
Erbrechen (Volumenmangel) Kalium-
Insulin, Alkalose
verteilung
wesentlich für das Membranpotential der Zelle verantwortlich. 90 % des aufgenommenen Kaliums werden resorbiert. Aufgrund der niedrigen extrazellulären Konzentration können bereits geringe Mengen zu einer Verdoppelung der Kaliumkonzentration führen. Daher muss Kalium sofort in die Zellen aufgenommen werden (v.a. in die Skelettmuskulatur). Dies wird durch Insulin und die basale Katecholamin· sekretion begünstigt. Längerfristig führt die renale Kaliumsekretion zu einem Gleichge· wicht der Kaliumaufnahme und ·ausschei· dung. Bei einer Niereninsuffizienz ist die re· nale Sekretion eingeschränkt, als Folge steigt der Anteil der intestinalen Ausscheidung an. Störungen des Kaliumhaushaltes
Störungen des Kaliumhaushaltes können den Ionengradienten (Kaliumverteilung) sowie die Zufuhr und Ausscheidung (Kaliumbilanz) betreffen. Bei länger bestehenden Ka· Jiumstörungen im Extrazellulärraum kommt es auch zu einer Änderung des intrazellulären Kaliums in die gleiche Richtung. Dadurch kann sich der Ionengradient normalisieren. Bei chronischen Störungen können Verände· rungen im EKG daher fehlen.
Je schneller die Störung auftritt, desto ausgeprägter sind die Symptome.
Hypokaliämie Bei der Hypokaliämie liegt die Kaliumkonzentration des Blutes unter 3,5 mmol/ 1, (Ursachen ITab. I). Beim Erbrechen wird nur
Eine Hyperkaliämie durch übermäßige Kalium· zufuhr (Obst, Gemüse) ist hingegen bei normaler Nierenfunktion kaum möglich. Dane· ben führen auch ACE·Hemmer und kaliumsparende Diuretika zu einer Erhöhung der Kaliumkonzemration. Immer wieder ist auch eine Digitalisintoxikation Ursache einer Hy· perkaliämie. Ein falsch hoher Wert (Pseudohyperkaliämie) entsteht durch Hämolyse der Blutprobe bei zu langer Venenstauung sowie bei ausgeprägter Leuko- oder Thrombo· zytose. Klinik: Durch die Hyperkaliämie kommt es zu einer Depolarisation der Zellmembran. Es treten Parästhesien (z. B. periorales Kribbeln), Muskelzuckungen und Paresen auf. Über längere Zeit kommt es zu einer verminderten Erregbarkeit und Muskelschwäche. Es gibt jedoch kein zuverlässiges Symptom, das auf eine Hyperkaliämie hinweist. Im EKG zeigt Hyperkaliämie sich eine zeltförmige Erhöhung der I-Welle. Bei der Hyperkaliämie liegt der Kaliumgehalt Bei stärkerer Hyperkaliämie besteht die Gedes Blutes über 5,0 mmol/ 1. Zu einer Hyper· fahr des Herztodes durch Kammerflimmern kaliämie kommt es fast ausschließlich bei einer eingeschränkten renalen Sekretionsfahig· (die arrhythmogene Kaliumwirkung wird bei keit im Rahmen einer Niereninsuffizienz oder Herzoperationen ausgenutzt- in einer kalium· reichen, sog. kardioplegen Lösung kommt es bei einer Verschiebung von Kalium aus der Asystolie des Herzens). zur Zelle in den Extrazellulärraum (ITab. 2).
eine geringe Menge an Kalium verloren. Der gleichzeitige Verlust an Salzsäure und Volumen führt jedoch zu einer metabolischen Al· kalose und einem VolumenmangeL Die erhöhte Natriumrückresorption verstärkt in der Folge die renale Kaliumsekretion (I Abb. I). Klinik: Durch die Hypokaliämie kommt es zu einer Hyperpolarisation der Zelle. Das Gehirn ist durch die Biut·Liquor-Schranke weitge· hend von Kaliumstörungen geschützt. Sym· ptome betreffen daher vor allem den Herz· muskel (Herzrhythmusstörungen!), die Ske· lettmuskulatur (Adynamie, Muskelparesen, proximale Myopathie) und die Darmmuskulatur (Obstipation, Ileus). Typische Verände· rungen im EKG sind eine Abflachung oder Negativierung der T-Welle, das Auftreten einer U-Welle und eine ST-Senkung.
Niereninsuffizienz, M. Addison
Renal
(Aidosteronmangel), ACE-Hemmer, kaliumsparende Diuretika
Kaliumzufuhr
Hämelytische Blutkonserve, Zufuhr mit der Nahrung
Kaliumverteilung
Hämolyse, metabolische Azidose, lnsulinmangel, Digitalisintoxi-
kation
I
Tab. 2: Ursachen einer Hyperkaliämie.
Zusammenfassung • Der pH im Blut wird in engen Grenzen gehalten. Die Regulation erfolgt durch Puffersysteme, C0 2-Abatmung und die tubuläre Sekretion von Protonen. • Metabolische Azidose: führt kompensatorisch zur Kussmaui-Atmung • Metabolische Alkalose: durch Hypovolämie oder Mineralokortikoidexzess (Conn-Syndrom) • Hypokallämie: Herzrhythmusstörungen, Muskelparesen, Obstipation • Hyperkallämle: bei Niereninsuffizienz; Folge sind Parästhesien, Muskelschwäche, später Kammerflimmern
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
18 20 22 24 26 28 30 32 34
Kohlenhydratstoffwechsel Diabetes mellitus - Klassifikation und Klinik I Diabetes mellitus - Klassifikation und Klinik II Diabetes mellitus - Diagnostik Diabetes mellitus - Komplikationen I Diabetes mellitus - Komplikationen II Diabetes mellitus - Therapie I Diabetes mellitus - Therapie II Fettstoffwechsel
Hypothalamus - Hypophyse
36 38 40 42 44
Physiologie und Diagnostik Hypophysentumoren Akromegalie Hypopituitarismus ADH-Störungen
Schilddrüse
46 48 50 52 54 56 58 60
Anatomie und Physiologie Schilddrüsendiagnostik Struma und solitärer Knoten Funktionsstörungen I Funktionsstörungen II Funktionsstörungen 111 ---~~Thyreoiditiden Schilddrüsenmalignome
Nebenschilddrüse und Knochenstoffwechsel
62 64 66 68 70 72
Physiologie Hyperkalziämie Hypokalziämie Osteomalazie und Rachitis Osteoporose I Osteoporose II
Nebenniere
74 76 78 80 82 84 86
Physiologie I Physiologie II Cushing-Syndrom Hyperaldosteronismus Adrenale Hyperandrogenämie Nebennierenrindeninsuffizienz Phäochromozytom
Gonaden - Mann
88 Entwicklung und Physiologie der Testes 90 Männlicher Hypogonadismus I 92 Männlicher Hypogonadismus II
Gonaden - Frau
94 Entwicklung und Physiologie der Ovarien 96 Amenorrhö I 98 Amenorrhö II 100 Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS) 102 Klimakterium 103 Hormonelle Kontrazeption
Spezielle Themen
104 Multiple endokrine Neoplasie (MEN) 106 Polyglanduläres Autoimmunsyndrom (PAS) 108 Paraneoplastische Syndrome 110 Doping
Kohlenhydratstoffwechsel I
Glukose dient als Energielieferant der Zelle und hat eine zentrale Stellung im menschlichen Stoffwechsel. Der Metabolismus des Gehirns und der Erythrozyten ist fast ausschließlich von Glukose abhängig. Diese Zellen können Glukose insulinunabhängig aus dem Blut aufnehmen. Der größte Teil der Kohlenhydrate wird in Form von pflanzlicher Stärke (in Reis, Kartoffeln u. a.) aufgenommen. Stärke besteht aus Polysacchariden, die durch Glukosidasen (z. B. Amylase) zu Oligosacchariden und weiter zu Disacchariden gespalten werden. Die Kohlenhydrate werden im Dünndarm jedoch ausschließlich als Monosaccharide resorbiert. Dazu werden die Disaccharide durch Bürsten· saumenzymevorwiegend zu Glukose, Galak· tose und Fruktose aufgespalten.
Abb. 1: Struk tur d es Insu lin s. D urc h Ab spa l tun
d es C-Pep tid s (Pfeile) e nt ste ht das biologi sc h
ak~
l ive In sulin . An de run ge n der Amino sä uresequenz können zu einer ve rä nd erte n Pharmakak in et ik f(j hre n. 18)
B-Kette
gige Kalziumkanäle werden geöffnet~ intrazellulärer Kalziumanstieg ~ Exozytose von Insulin und Öffnen der Kaliumkanäle Außerdem wird die Insulinsekretion auch durch bestimmte Aminosäuren gesteigert
t Kortisol: v. a. Giukoneogenese t t Wachstumshormon: schneller insulinähn _ licher Effekt durch IGF· l , langfristig jedoch Erhöhung der Glukosekonzentration t Thyroxin: Glykogenolyse und Giukoneogenese t
(s. u. ).
Insulin Insulin ist ein Peptidhormon, das in den B-Zel· Jen der Langerhans-Inseln des Pankreas gebildet und in sekretorischen Granula gespeichert wird. Insulin besteht aus einer A- und 5-Kette, die durch das C-Peptid verbunden sind. Durch Abspaltung des C-Peptids entsteht aus dem Prohormon das biologisch aktive Insulin (I Abb. I) . Das C-Peptid wird gleichzeitig mit Insulin in äquimolarer Menge sezerniert. Die Insulinfreisetzung erfolgt pulsatil. Der wichtigste Sekretfonsstimulus ist eine erhöhte Blutglukosekonzentration.
Dieser Mechanismus funktioniert über einen ATP-sensitiven Kaliumkanal, der auch Angriffspunkt der Sulfonylharnstoffe ist (I Abb. 2): t Glukose im Blut t ~ insulinunabhängige Aufnahme in die B-Zellen ~ Glykolyse~ ATP t ~ ATP-sensitive Kaliumkanäle schließen ~ Depolarisation ~ spannungsabhän-
Die wesentlichen insulinempfindlichen Gewe· be sind die Leber, die Skelettmuskulatur und das Fettgewebe. Insulin bewirkt eine Senkung des Blutzuckers durch Steigerung der Glukoseaufnahme in die Zellen und der Glykogensynthese, während die Glukoneogenese ge· hemmt wird (ITab. I). Bei einem Insulinüberschuss durch exogene Zufuhr besteht daher die Gefahr einer Hypoglykämie. Insulin führt auch zur Stimulation anaboler Stoffwechsel· vorgänge (Protein· und Fettsäuresynthese), während katabole Vorgänge (Lipolyse und Proteolyse) gehemmt werden. Die Insulinwirkungen werden über membranständige Tyrosinkinaserezeptoren vermit· telt. Beim Diabetes mellitus Typ 2 besteht eine Resistenz für Insulin, die wahrscheinlich durch eine Störung der Signaltransduktion entsteht (s. S. 4) . Über verschiedene Mechanismen haben folgende Hormone eine insulinantagonistische Wirkung: t Glukagon: Glykogenolyse und Glukoneogenese t t Katecholamine: v. a. Lipolyse t
Für die Insulinwirkung ist auch die anatomische Beziehung des Pankreas zur Leber bedeutsam. Insulin gelangt über die Pfortader sehr schnell zur Leber und hat dort sehr hohe
Glu kose
I
Abb .
2: ln sulinsekret ion . [1)
Wirkung lo_~_ _ kt_ _n_ _ . -tu _ e_ba_ b_zw _ ;g.ew ..z_let Insulinabhängige Zellen
t Erhöht die Zahl der Glukosetransporter (GLUT-4) in der Zellmembran--+ Glu koseaufna hme in die Zellen --+ senkt Glukosekonzentration im Blut
(Muskulatur, Fettzellen) Leber
t Vorübergehende Speicherung von Glukose in der Leber als Glykogen (Giykogensynthese t)
t
Hemmt Glukoneogenese
t Förd ert Glykolyse (Metabolisierung von Glukose zu Pyruvat)
I
Muskelzellen
t Proteinanabol
Fettzellen
t Induziert LPL am Endothel -+ Speicherung der resorbierten Triglyzerid e aus der Nahrung t Hemmt Lipolyse (Hemmung der intrazellulären hormonsensitive Lipase ln den Adipozyten), kein Insul in
Kaliumverteilung
t Kaliumaufnahme in die Zellen
Wachstum
t
Tab . 1: lnsulinwirkungen .
Fördert zu sammen mit GH (IGF- 1) das Wachstum
stark gesteigerte Lipolyse
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
Glykogen
Glykogeo>yo
< r -- --
- ----->
I
19
I Abb. 3: Verei nfachte St offwechselwege der Glu kose . ( 151
1Glykogeooly><
I
Glukose-6-P "=== ====;o Glukose
Glykoly" Aminosä ure n (z.B. Alanin)
18
Glo koorog<e<><
1 ' Pyruvat
l
Laktat
irreve rsibel!
Acetyi-CoA ;;;========" Fettsäuren
'---- -- - -
O"l '~oA
"
K«onkö'P"
Zitratzyklus
Konzentrationen. Es wird dann rasch durch Insulinasen inaktiviert (HWZ ca. 5 Min.), wod urch die peripheren Konzentrationen niedrig sind. Im Gegensatz dazu wird bei der Insulintherapie durch exogene Zufuhr der Konzentrationsgradient zwischen Pfortaderblut und peri· pherem Blut aufgehoben. Auch tritt die Insulinwirkung bei der Insulin· therapie erst verzögert ein und dauert länger an (s. S. 32). Glukagon Glukagon wird in den A·Zellen des Pankreas gebildet und wirkt groß· teils insulinantagonistisch. Die Freisetzung erfolgt durch Katecholamine, eine Hypoglykämie und Aminosäuren aus der Nahrung. Durch Steigerung der Glykogenolyse und der Glukoneogenese kommt es zu einem Anstieg der Plasmaglukose.
Die Freisetzung von Insulin und Glukagon durch Aminosäuren ist auch klinisch bedeutsam. Bei alleiniger Gabe von Proteinen zur parenteralen Ernährung würde durch Insulin die Glukosekonzentration gesenkt werden. Gleichzeitig steigert aber Glukagon die Glukoneogenese aus den zugeführten Aminosäuren. Will man also den Proteinaufbau stimulieren, müssen neben Proteinen auch Kohlenhydrate verabreicht werden, um die Metabollsierung dieser Aminosluren zu verhindern.
Glukosehomöostase Da der Stoffwechsel des ZNS fast ausschließlich von Glukose abhängig ist, manifestiert sich eine Hypoglykämie sehr schnell durch ne urolo· gisehe Störungen. Die Aufrechterhaltung der Glukosekonzentration ist daher fü r das ZNS von größter Bedeutung, wobei die Leber eine zen· trale Rolle spielt. Nach der Nahrungsaufnahme wird die Glukosekon· zentrationdurch Insulin schnell gesenkt. Dies geschieht durch die Aufnahme in Zellen (v. a. Muskel· und Fettzellen) und den Aufbau zu Glykogen (als Speicherform der Glukose) in der Leber. Ein Abfall der Blutglukose zwischen den Mahlzeiten erhöht die Gluk· agonsekretionund steigert dadurch die Glykogenolyse und die Gluko· neogenese. Der Glykogenvorrat reicht jedoch nur für etwa einen Tag. Zur Aufrec hterhaltung der Glukosehomöostase kommt es zu einem Überwiegen von katabolen (abbauenden) Stoffwechselvorgängen. Im
Rahmen der Glukoneogenese wird ausgehend von glukoplastischen Aminosäuren (vorwiegend aus der Muskulatur), Pyruvat, Oxalacetat oder Glycerin in der Leber (und in geringem Ausmaß auch in der Niere) Glukose gebildet. Durch diese Mechanismen wird die Glukose· konzentration in engen Grenzen gehalten. Bei anhaltender Nahrungsabsenz wird die Glukoneogenese zuneh· mend durch die ß·Oxidation ersetzt. Dabei werden Fettsäuren zu Ace· tyl·CoA abgebaut. Durch die vermehrte Glukoneogenese steht jedoch nicht ausreichend Oxalacetat zur Verfügung, das für den Eintritt in den Zitratzyklus benötigt wird. ln der Leber werden daher aus AcetylCoA Ketonkörper gebildet. Ketonkörper sind Säuren und führen daher in höherer Konzentration zu einer metabolischen Azidose. Sie sind gut löslich und stellen die Transportform des Acetyl·CoA dar. Nach mehreren Tagen kann auch das ZNS einen großen Teil seines Stoff· wechselsauf die Ketonkörperverwertung umstellen. Ein bestimmter Anteil an Glukose ist jedoch weiterhin notwendig. Selbst beim Fasten besteht weiterhin eine basale lnsulinsekretion, die eine gesteigerte Lipolyse verhindert. Ein schwerer Insulinmangel kann sich daher durch einen enorm überschießenden Fettsäureabbau mit nachfolgen· der Ketonkörperbildung manifestieren. Es kommt zu einer starken Stoffwechselentgleisung mit einer metabolischen Azidose (s. S. 14 u. s. 26).
Zusammenfassung X Insulin wird von den pankreatischen B-Zellen produziert und bei Hyperglykämie freigesetzt. X Die rasche Insulinwirkung besteht in einer Senkung der Glukosekonzentration. Anabole Effekte treten erst verzögert ein. X Insulinantagonistische Hormone sind Glukagon, Katecholamine, Kortisol, Wachstumshormon und Schilddrüsenhormone. X Das ZNS ist weitgehend glukoseabhängig. Die Aufrechterhaltung der Glukosehomöostase ist ein komplexer Mechanismus, der durch verschiedene Hormone reguliert wird.
Diabetes mellitus - Klassifikation und Klinik I Als Diabetes mellitus fasst man Erkrankungen mit un terschiedlichen Ursachen und pathogenetischen Mechanismen zusammen, die zu einer Hyperglykämie durch absoluten oder relativen Insulinmangel führen. Im Lauf der Erkrankung kommt es zu Langzeitkomplikationen, die Blutgefäße und Nervensystem betreffen. Die Hyperglykämie führt auch zur Überschreitung der Nierenschwelle für Glukose. Wegen der darauf folgenden Glukosurie und der osmotischen Diurese hat die Krankheit den Namen Diabetes mellitus (honigsüßer Durchfluss), umgangssprachlich auch Diabetes oder Zuckerkrankheit.
Epidem iologie Die Manifestation des Diabetes ist abhängig von der genetischen Prädisposition und anderen Faktoren (Ernährung, Bewegung, endokrine Erkrankungen u. a. ). Mit Überernährung und steigendem Alter kommt es zu einem vermehrten Auftreten. In Deutschland liegt die Prävalenz bei ca. 5-8%, bei den über 65-Jährigen sind etwa 14 % betroffen . Weltweit geht man davon aus, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten das Auftreten v. a. in Entwicklungsländern stark ansteigen wird.
Klassifikation Die Einteilung erfolgt heute nicht mehr in eine insulinabhängige bzw. -unabhängige Form oder nach dem Manifestationsalter, sondern richtet sich nach der Ätiologie (H ab. I ). Bei manchen Patienten ist ~ine Zuordnungjedoch erst im Lauf der Erkrankung rn6glichl
Daneben gibt es weitere Störungen der Glukosehomöostase, die nur eine eingeschränkte Funktion des Kohlenhydratstoffwechsels beschreiben und mit einem erhöhten Risiko für das spätere Auftreten eines Diabetes mellitus einhergehen. Sie können jedoch nicht sicher als Vorstadien eines Diabetes angesehen werden, da Patienten mit einer gestörten Glukosetoleranz nur in etwa 50 %einen manifesten Diabetes entwickeln. t Gestörte Glukosetoleranz (IGT = impaired glucose tolerance) bezeichnet kein eigenes Krankheitsbild, sondern beschreibt eine ein-
Form
Ursache
Typ 1 (ca. 5-8%)
• lmmunmediiert • Id iopathisch (sehr selten, fast nur bei Afrikanern und
geschränkte Reaktion auf ei ne definierte Glukosebelastung im orale n Glukosetoleranztest (oGTT). t Gestörte Nüchternglukose [IFG =impai red fasting glucose) bezeichnet eine diagnostische Grauzone mit supraphysiologischen Werten der Nüchternglukosekonzentration (I Abb. 1, S. 24). Im Gegensatz zur gestörten Nüchternglukose können bei einer ges törten Glukosetoleranz bereits gehäuft makrovaskuläre Komplikationen vorkommen, für die vor allem postprandiale Blutzuckerspitzen verantwortlich gemacht werden. Diabetes mellitus Typ 1 Der Typ· I-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung mit einer zuneh menden Zerstörung der B·Zeiien, wodurch letztlich kein Insulin mehr sezerniert werden kann. Es bestehen eine genetische Prädisposition und eine hohe Assoziation mit dem HLA-System . Dennoch haben nur weniger als I 0 %wei tere diabetische Familienangehörige_ Die Marker HLA·DR3 und / oder -DR4 können in etwa 90 % nachgewiesen werden. Sie sind wahrscheinlich verantwortlich, dass durch auslösende Faktoren wie Virusinfektionen (z. B. Coxsackle-Viren oder Röteln), Umweltnoxen oder Ernährungsgewohnheiten eine Autoimmunreaktion gegen pankreatische B-Zeiien eingeleitet wird (I Abb. 1). Auslösende Ereignisse gehen der Krankheitsmanifestation vermutlich um Jahre voraus. Der Typ-I-Diabetes tritt in 70 - 80 %vor dem 35. Lebensjahr auf, kann sich jedoch grundsätzlich in jedem Alter manifestieren . Bei Kindern und Jugendlichen schreitet die B-Zell-Zerstörung rasch voran. Ab einer Zerstörung von 80 % der B-Zellen wird der Diabetes manifest. Der Beginn ist häufig akut und kann durch eine akute Stoffwechselbelastung (Infektion, Operation) ausgelöst werden und zu einer ketoazidotischen Stoffwechselentgleisung mit oder ohne Koma führen. Durch eine weitere B-Zell- Destruktion kommt es im weiteren Verlauf zu einem vollständigen B-Zeii-Verlust und einem Sistieren der lnsulinsekretion . Das C-Peptid ist in der Folge nicht mehr nachweisbar Eine Insulintherapie ist dann unabdingbar und muss für den Rest des · Lebens erfolgen. Ein Auftreten bei Erwachsenen nach dem 30. Lebensjahr wird auch als "latent autoimmune diabetes mellitus in adults" (LADA) bezeichnet und verläuft langsamer. Es treten typische Symptome der Hyperglykämie auf. Seltener als bei Kindern kommt es zu einer Ketoazidose da die Insulinsekretion bei Diagnosestellung häufig noch ausreichend '
Asiaten) Typ 2 (ca . 85-90 %)
Insulinresistenz und gestörte Insulinsekretion
Andere spezifische Typen
• Genetische Defekte der B-Zeii-Funktion (MOOY)
t Genetische Defek te der Insulinwirkung
t
Erkrankungen des exokrinen Pankreas (z. B. Pankreatitis, Pankreatektomie)
t Endokrinopathien (Akromegalie, Cushing-Syndrom, Hyperthyreose, Phäochromozytom)
t Medikamente oder Chemikalien, Infektionen Gestationsdiabetes
Jede während der Schwangerschaft erstmals erkann te Kohlenhydratstoffwechselstörung
I
Tab. 1: Ätio logische Klassifikati on des Diabetes .
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
auslösende(r) Faktor(en)
~
100
80
' '
60
eindeutig e Autoimmunphänomene
gestörte Insulinsekretion
: : :
manifester Diabetes C-Peptid vorhanden
' '
' '
' '
I 21
I Abb. 1: Verla uf des Typ- 1-Diabetes. [7]
:: 40
20
:
kein C-Peptid
; I
' ' ' ' i '
20
0 -7
0
+5jahre
t lnsulinresistenz: gestörte lnsulinwirkung, wahrscheinlich durch einen Defekt in der Signaltransduktion (betrifft v. a. Leber, Muskulatur und Fettzellen) ~ verstärkte Glukoneogenese und verminderte Glukoseaufnahme ~ Hyperglykämie! t Gestörte Insulinsekretion (relativer lnsulinmangel): in Bezug zur Plasmaglukose inadäquat niedrige lnsulinkonzentration, bei jedoch häufig absoluter Hyperinsulinämie!
ist Diese Patienten sind im Gegensatz zu Typ-2-Diabetikern eher schlank und haben oft nachweisbare Autoantikörper. Im Rahmen der Autoimmunreaktion liegen regelmäßig Autoantikörper vor. Dazu gehören:
t Inselzellantikörper (!CA) t Insulinautoantikörper (IAA) t Antikörper gegen Glutamatdecarboxylase (GADA) t Antikörper gegen Tyrosinphosphatase IA-2 (IA-2A)
Zum Zeitpunkt der Manifestation sind in ca. 90 - 95 % ein oder mehrere Antikörper nachweisbar, die im weiteren Verlauf wieder absinken. Diese lassen sich häufig schon Jahre vor dem manifesten Diabetes nachweisen. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten weiterer Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, M. Basedow, M. Addison , Vitiligo ist erhöht (s. S. I06 f.).
Diabetes mellitus Typ 2 Der Diabetes mellitus Typ 2 macht etwa 90 % aller Fälle aus. Es handelt sich um eine polygene Erkrankung, bei der für eine Manifestation teilweise weitere Faktoren wie eine Adipositas nötig sind. Im Gegensatz zum Typ I liegt häufig eine positive Familienanamnese vor. Wenn beide Eltern an Typ·2-Diabetes erkrankt sind, liegt die Wahrscheinlichkeit für das spätere Auftreten eines Diabetes bei den Kindern bei 70-80 %, die Konkordanz bei eineiigen Zwillingen beträgt 70 - 90 %. Für die Pathogenese des Typ-2-Diabetes sind zwei Faktoren von Bedeutung:
)
Hyperglykämie
lnsulinresistenz
V/ · ·:.
/:B-Zeii-Versagen /
:
Insulinsekretion
Normalzu5tand
Diese Faktoren beeinflussen sich gegenseitig: Eine Insulinresistenz führt zu einer erhöhten Insullnsekretion, und eine Hyperinsulinämie verstärkt die Insulinresistenz (Circulus vitiosus). Da bei den meisten Typ-2-Diabetikern beide Störungen vorliegen, ist nicht vollkommen geklärt, welche davon primär auslösend ist. In den meisten Fällen besteht zu Beginn wahrscheinlich eine Insulinresistenz, die sekundär zu einer Störung der Insulinsekretion und zur Manifestation des Diabetes führt. Am Anfang wird die Insulinresistenz durch eine erhöhte Insulinsekretion kompensiert, die aber im weiteren Verlauf nicht mehr ausreicht, um die Glukosekonzentration zu senken. Die verminderte Insulinwirkung enthemmt die Glukoneogenese in der Leber, während an der Skelettmuskulatur weniger Glukose aufgenommen wird. Es resultiert eine Hyperglykämie, wobei die gesteigerte Glukoneogenese vorwie· gendeinen Anstieg des Nlichternblutzuckers und die verminderte Glukoseaufnahme eine postprandiale Hyperglykämie bewirken. Die chronische Hyperglykämie hat selbst auch einen negativen Effekt auf die Insulinsekretion und die Insulinsensitivität (Glukotoxizität). Über mehrere Jahre kommt es zu einer zunehmenden Erschöpfung derB-Zellenund noch höheren Blutglukosewerten.
: Ges törte Glukosetoleranz
: Diabetes
Kardlovaskullre Folgeschilden
Zeit (lahre)
I Abb . 2: Krankheitsverlauf bei Diabetes mellitus Typ 2. [ 17]
Diabetes mellitus - Klassifikation und Klinik II Andere spezifische Typen Weitere spezifische Diabetestypen machen nur einen geringen Anteil aus:
Klassifikation (Fortsetzung)
Metabolisches Syndrom Als metabolisches Syndrom bezeichnet man eine Kombination metabolischer und vaskulärer Veränderungen, bei denen eine Insulinresistenz t Genetische Defekte der B-Zell·Funktion (früher MODY: maturity·onset diabetes of the young) : Darunter fasst man seltene auto· als gemeinsame Störung vorliegt: somal-dom inant vererbte Gendefekte zusammen, die zu einer frühen Reduktion der Insulinsekretion führen. Klinisch entspricht diese Forrn t Gestörte Glukosetoleranz/Typ-2-Diabetes einem Typ·2·Diabetes, wobei die Manifestation oft bereits in der t Abdominelle Adipositas Jugend erfolgt. t Dyslipidämie (LDL und Triglyzeride t , HDL ,I.) t Erkrankungen des exokrinen Pankreas: Eine Parenchym. t Hypertonie schädigung kann auch zum Funktionsverlust des endokrinen Pankreas führen. Es kommt jedoch nicht unbedingt zu einem Diabetes. Häufig Häufig gehen die anderen Störungen dem Typ-2-Diabetes voraus. Die· Herzkrankliegt nur eine Störung der Glukose toleranz vor. Ursachen sind eine koronare eine für prädisponierend se Veränderungen sind chronische Pankreatitis, Pankreatektomie, Neoplasien, zystische Fibro. heit (KHK). In Verbindung treten auch Gerinnungsstörungen auf, wodurch das kardiavaskuläre Risiko weiter gesteigert wird. Bei Frauen se, Hämochromatose u. a. findet sich auch eine Assoziation mit dem Syndrom der polyzystischen t Endokrinopathien: Eine Überproduktion von insulinantagonistischen Hormonen kann zu einer gestörten Glukosetoleranz und einern Ovarien (s. S. I 00 f. ). manifesten Diabetes führen. Dazu gehören z. B. die Akromegalie, das Es wird angenommen, dass die Insulinresistenz auf einer genetischen oder die Hyperthyreose. Durch Behandlung der B. z. Cushing·Syndrom sein, Prädisposition basiert. Weitere Faktoren können auslösend Grunderkrankung kann die Stoffwechselstörung meist normalisiert höheres Alter und abdominelle Adipositas, wenig Bewegung, essen· werden. tielle Hypertonie und auch Rauchen. Besondere Bedeutung hat die t Seltene genetische Defekte der Insulinwirkung abdominelle Adipositas. Abdominelles Fettgewebe hat einen viel hö· t Medikamente: Glukokortikoide, Schilddrüsenhormone, Neuroheren Metabolismus als peripheres Fettgewebe und produziert große Mengen an freien Fettsäuren. Diese tragen möglicherweise wesentlich leptika, Diazoxid, ß-Agonisten, Thiazide, a·lnterferon t Infektionen: z. B. kongenitale Röteln, Zytomegalie zur Entstehung des Typ-2-Diabetes bei. Sie können die Glukoseauf· nahme stören, die Glukoneogenese steigern und beeinträchtigen auch die Insulinsekretion (Lipotoxizität) . Der Zusammenhang wird bei einer Gestationsdia betes Eine Schwangerschaft stellt eine besondere Belastung für den StoffGewichtsabnahme deutlich, da bereits eine Reduktion von wenigen Kohlenhydratstoff· der Mutter dar. Als Gestationsdiabetes bezeichnet man jede des wechsel Verbesserung enormen einer zu Kilogramm Störung des Kohlenhydratstoffwechsels, die während der Schwangerwechselsund einer Verringerung des Bedarfs an oralen Antidiabetika schaft zum ersten Mal festgestellt wird. Demnach werden auch ein und Insulin führen kann. Eine weitere Rolle bei der Entstehung der spielen, Leptin oder I· oder Typ·2-Diabetes, die während einer Schwangerschaft auftreTNF·a Typ· wie Mediatoren Insulinresistenz könnten ten, dazu gezählt. die von Fettzellen sezerniert werden . in der Schwangerschaft kommt es zu einer physiologischen Insulin· Für die Prognose des Diabetes ist die gleichzeitige Behandlung einer resistenz durch plazentare Hormone. Eine inadäquate Anpassung der Hypertonie mindestens genauso wichtig wie eine optimale Blut· Insulinsekretion manifestiert sich als Gestationsdiabetes, der vorwiezuckereinstellung. So hat sich gezeigt, dass ein radikales Absenken gend in der zweiten Schwangerschaftshälfte auftritt. Bei der Mutter des Bluthochdrucks einen positiven Effekt auf die diabetesbedingten besteht dann ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfekte , Präeklampsie Komplikationen hat. Für Diabetiker, die per se ein erhöhtes Arterio· eine opera tive Entbindung (Sectio). Wird der CestaUonsdiabetes und angestrebt Skleroserisiko haben, werden niedrigere Grenzwerte nicht erkannt, besteht beim Kind ein erhöhtes Risiko der Mortalität (H ab. 3).
Typ 1
Typ 2
Manifestation
Häufig vor dem 35. Lj .
Meist nach dem 40. Lj.
Auftreten
Akuter bis subakuter Beginn
Meist schleichender Verlauf
Körperbau
Meist norma lgewichtig
Häufig übergewichtig
Polyurie, Polydipsie,
Häufig keine Symptome
Symptome
Gewichtsverlust, Müdigkeit Gering
Typisch
HLA-Assoziation
HLA-DR3 und -DR4
Keine
Konkordanz bei ein-
30 - 50%
70 - 90 %
Familiäre Häufung
eiigen Zwillingen Autoantikörper
ICA, GAD, IA-2A
Keine
Keto azidotisches
Starke Ketoseneigung
Geri nge Ketoseneigung
Koma Stoffwechsellage
Labil
Stabil
Therapie
Meist kein Ansprechen auf
Zunächst gutes An sprec hen
Sulfonylharnstoffe, Insulin
auf Sulfonylharnstoffe, nach
von Beginn an notwendig
Jahren Umstell ung auf lnsulintherapi e
I
Tab. 2: Unte r schiede zwi sc hen Diabetes m ellitu s Typ I und Typ 2. Da s Auftrete n des Typ- I - Diabet es erfol g t hä ufiger in jünge ren Ja hren, kann jedoc h in j edem Lebe nsalte r sta ttfind e n!
Kohlenhyd rat- und Fettstoffw echsel
I Grenzwert für Therapie
Therapie
Hyper-
> 130/80 Oe niedriger
A - ACE-Hemmer (AT,-Biocker)
tonie
desto besser)
B - ß,-selektive Betablocker C - Kalziumantagonis ten D - Diurelika
Dyslipid-
Tg > 150 mg/dl
Optimale Diabeteseinstellung , Gewichts-
ämie
LDL > 100 mg/ dl HOL < 40 mg/dl
abnahme, Bewegung ~
22
I 23
Tab. 3: Diabetesassoziie rte Erkrankungen. Fü r Diabetiker gelten niedrigere
Grenzwerte!
Hyperchol esterinämie: Statine, Ani onenaustauscher (z. B. Colestyramin), Cholesterinabsorptionshemmer (Ezetimib)
· ~ Hypertriglyzeridämie: Fibrate, Nikoti nsäure-
derivate Adi-
BMI > 30, (BMI > 40
positas
operative Intervention)
Orli stat (Lipaseinhibitor), Sibutramin
und Morbidität. Die Kinder sind großgewachsen (Makrosomie) und haben ein erhöhtes Geburtsgewicht I> 4.500 g). Während der Schwangerschaft liegt durch die Hyperglykämie eine erhöhte B-Zell-Aktivität des Kindes vor, die nach der Geburt zu einer gef
Klinik Die Symptome sind abhängig vom Diabetestyp: Beim Typ· I-Diabetiker können die Symptome sehr ausgeprägt sein . Teilweise manifestiert sich die Krankheit bei ihnen fu lminant mit einem ketoazidotischen Koma. Beim Typ-2-Diabetes besteht häufig Beschwerdefreiheit Die Symptome entwickeln sich langsam und unbemerkt und treten nur bei etwa der Hälfte der Patienten auf:
t Polydipsie t Polyurie, auch Nykturie (DD: Herzinsuffizienz) , Bettnässen bei
Kindern t Spontaner Gewichtsverlust t Starke Müdigkeit und Leistungsminderung t Sehstörungen (Glukose- und Wassereinlagerung in die Linse mit Veränderung der Brechung) t Hautjucken (Pruritus) besonders im Genitalbereich t Bakterielle und mykotische Hautinfektionen (gestörte Leukozytenfunktion) Ältere Patienten entwickeln - wenn überhaupt- eher uncharakteristische Symptome wie Konzentrationsstörungen, Schwindel, Gewichtsveränderungen , Hypertonie. Durch eine gestörte Leukozytenfunktion und die Glukosurie treten gehäuft rezidivierende bakterielle Harnwegsinfekte auf.
Zusammenfassung • Diabetes stellt in den Industrieländern eine der häufigsten Erkrankungen dar und ist durch eine Hyperglykämie gekennzeichnet. Als Komplikation treten vaskuläre und neurologische Störungen auf. • Typ-1-Diabetes: immunologische 8-Zeii-Zerstörung, frühere Manifestation, Autoantikörper • Typ-2-Diabetes: höheres Alter, Insulinresistenz und -sekretlonsstörung, positive Familienanamnese • Weitere Ursachen: MODY, Pankreaserkrankungen, Endokrinopathien, Gestationsdiabetes • Klinik: Polydipsie, Polyurie, spontaner Gewichtsverlust, allgemeine Leistungsverminderung, Sehstörungen • Die Hälfte der Typ-2-Diabetiker ist &symptomatisch!
Diabetes mellitus - Diagnostik Anamnese und körperliche Untersuchung Bei der Anamnese ist nach typischen Symptomen wie Polyurie, Polydipsie, Gewichtsabnahme oder Sehstörungen zu fragen. Von großer Bedeutung sind bei Typ·Z·Diabetikern die Familienanamnese und auch das Manifestationsalter bei Verwandten. Weiter muss gezielt nach Beschwerden durch Spätkomplikationen gefragt werden, da diese beim Typ 2 in ca. 30% bereits bei der Diagnosestellung vorliegen. Daher muss angenommen werden, dass die Diagnose in vielen Fällen etwa 5- I 0 Jahre verzögert gestellt wird. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung ist auch das Ausmaß einer eventuell bestehenden Adipositas zu bestimmen. Mit der Körpergröße und dem ·gewicht kann der Body-Mass·lndex (BMI) bestimmt werden. BMI • Körpergewicht [kg] 1 (Größe [m])Z
Normalgewicht ist definiert als ein BMI zwischen I 8,5 und 24,9 kg/m 2 2 Von einer Adipositas spric ht man bei einem BMI > 30 kg/m . Davon betroffen, sind etwa 20% der Erwachsenen in den Industrieländern wobei die Prävalenz mit dem Alter zunimmt. Eine abdominelle Adipositas wird durch das Vemältnis von Taillenzu Hüftumfang erfasst (walst-to-hip ratio). Der Normalwert beträgt bei Frauen < 0,85, bei Männem < 1,0.
~
126 mg /dl
~
200 mg/ dl
~ 140 mg /dl und < 200 mg /dl
< 140 mg/dl und Nüchternglukose ~ 110 mg/dl
I Abb. 1: Vorgehen bei der Diagnostik des Diabetes mellitus. [3]
Screening Bei Patienten mit Typ·2·Diabetes besteht kein Leidensdruck, der die Patienten zum Arzt führt. Auch treten Beschwerden nur bei etwa der Hälfte auf. Daher sollte bei Patienten über 45 Jahren gezielt nach Symptomen eines Diabetes gefragt werden und in Abständen von 3 Jahren eine Bestimmung der Nüchternblutglukose erfolgen. Ein Screening sollte auch bei jüngeren Patienten mit zusätzlichen Risiko· faktoren (I Tab. I) erfolgen. Aufgrund der guten Reproduzierbarkeil wird dabei die Bestimmung der Nüchternplasmaglukose bevorzugt. Bei Typ-2-Diabetikern wird die Diagnose häufig im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung gestellt.
Diagnosestellung Die Diagnose des Diabetes mellitus kann auf drei Wegen gestellt werden (I Abb. I): t Symptome sowie ein Gelegenheitsblutzucker (unabhängig von Tageszeit und Nahrungsaufnahme) :;:: 200 mg/dl, t Wiederholte Nüchternplasmaglukose (8 Std. keine Nahrungs· zufuhr) <: 126 mg/dl oder t oraler Glukosetoleranztest (oGTT) ~ 200 mg/dl
Für die Diagnostik wird eine Bestimmung im venösen Plasma empfohlen. Erfolgt die Messung im kapillären Plasma oder im Vollblut, gelten andere Grenzwerte! Die Bestimmung der Glukose im Urin hat an Bedeutung verloren. Die Nierenschwelle für Glukose kann durch eine diabetische Nephropathi oder im Alter erhöht sein, so dass auch bei hohen Glukosekonzentra- e tionen keine Glukosurie vorliegt. Oraler Glukosetoleranztest Der oGTT entspricht dem Prinzip eines dynamischen Funktionstests und dient der Aufdeckung von Stoffwechselstörungen. Hinsichtlich der Diagnose eines Diabetes ist eine wiederholte Bestimmung der Nüchternplasmaglukose als gleichwertig anzusehen. Der oGTT ist jedoch die wichtigste Methode zur Bestimmung einer gestörten Glukosetoleranz. Die Durchführung des oGTT ist standardisiert und erfolgt morgens. Drei Tage davor soll eine normale, kohlenhydratreiche Nahrung eingenommen werden, da auch bei Gesunden eine gestörte Glukosetoleranz durch längeres Fasten auftreten kann. Es sollen keine diabelogenen Medikamente eingenommen werden. Die Patienten sollen 10- 14 Stunden nüchtern bleiben und dürfen während des Tests nicht
Adipositas Verwandte ersten Grades mit Diabetes mellitus Gestationsdiabetes oder Geburt eines makrosomen Kindes(> 4.500 g) Arterielle Hypertonie(<': 140/90 mmHg) Dyslipidämie (HOL s 35 mg/dl, Triglyzeride <': 250 mg/dl)
Gestörte Glukosetoleranz (IGT) oder abnormer Nüchternblutzucker bei früherer Untersuchung
Albuminurie Makrovasku läre Erkrankungen
I Tab. 1: Risikofaktoren für einen Typ- I-Diabetes .
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechse l
Alle 3 Monate
I
I 25
Tab . 2: Screeningprogramm be i Diabetikern.
t HbA ,, t Blutdruck t t t t t t t
)älulich {zusätzlich)
24
Körpergewicht Mikroalbuminurie Inspektion der Füße Lipide {wenn zuvor erh öht) Beratung zum Lebensstil (Ernährung, körperliche Aktivi tät) Anzahl schwerer Hypoglykämien Überprüfung der Selbstkontrolle {Diabetes-Tagebuch)
t Serum-Kreatinin
t Lipide (Triglyzeride, Gesamtcholesterin, HDL, LDL)
t
Augenun tersuchung
t Untersuchung der Beingefäße t Nervenuntersuchung (Vibrationsempfinden u. a.) t Herzuntersuchung {Belastungs-EKG)
t
Doppler-Sonographie der Halsgefäße
rauchen und nicht aufstehen! Die Blutabnahmen erfolgen dann kurz vor und zwei Stunden nach rascher Einnahme von 75 g Glukose in 300 ml Wasser. Eine Plasmaglukose ~ 200 mg/dl spricht für einen Diabetes mellitus, Werte zwischen 140 und 200 mgldl weisen auf eine gestörte Glukosetoleranz hin. Dieser Test wird in ähnlicher Weise auch zur Diagnose der Akromegalie angewendet (s. S. 40).
Weitere Labortests Die Bestimmung des HbA 1, ist für den Therapieverlauf, nicht jedoch für die Diagnose relevant. Die Differenzierung zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 erfolgt vorwiegend durch die klinische Symptomatik. In unklaren Fällen hilft eine Bestimmung von Autoantikörpern oder des C-Peptids. Das C-Peptid kann bei Typ-I-Diabetikern anfangs auch noch im Normbereich liegen, sinkt jedoch bei zunehmendem B-Ze\1-Verlust ab. Um das kardiavaskuläre Risiko besser einzuschätzen, sollte bei jedem Patienten auch eine Bestimmung der Lipide erfolgen.
Verlaufskontrolle Im Verlauf der Erkrankung ist besonders auf eine optimale Stoffwech· Seieinstellung zu achten sowie beim Auftreten von Spätkomplikationen eine adäquate Behandlung zu beginnen. Dazu ist ein regelmäßiges Screening notwendig (ITab. 2). Sind bereits Spätkomplikationen nachweisbar (s. S. 28 f. ), so müssen die Kontrollen häufiger erfolgen. Für die Beurteilung des Therapieverlaufs eignet sich die Bestimmung des HbA," das in direktem Zusammenhang mit mikro- und makroangiopathischen Beschwerden steht. Glukose bindet nichtenzymatisch an Hämoglobin , so dass der Anteil des glykosylierten Hämoglobins für die Beurteilung der Blutzuckereinstellung der letzten 6- 8 Wochen herangezogen werden kann. Da kein bestimmter Schwellenwert besteht, ab dem verstärkt Komplikationen auftreten, werden möglichst niedrige Werte angestrebt, ohne dass es zu Hypoglykämien kommt. Bei gehäuften, schweren Hypoglykämien ist das Therapieziel individuell anzupassen. Als Ziel gilt ein HbA1, < 6,5 %, wobei ab einem HbA 1, > 7,0 % interveniert werden sollte.
ämien kann ein guter HbA 1,-Wert vorgetäuscht werden, weshalb eine Interpretation nur in Kombination mit der Blutzuckerselbstbestimmung erfolgen sollte!
Selbstkontrolle Aus der Therapie des Diabetes ist eine Selbstkontrolle heute nicht mehr wegzudenken. Die Patienten müssen lernen, selbstständig die Blutglukosekonzentration zu messen. Vor allem Typ-I-Diabetiker neigen zu einer labilen Stoffwechsellage, weshalb mindestens vier Messungen täglich (vor den Mahlzeiten und um ca. 22 Uhr) erfolgen sollten. Bei Typ-2-Diabetikern bestehen hingegen geringe Schwankungen. Bei Typ-I-Diabetikern sollte im Rahmen von akuten Erkrankungen, Übelkeit und Erbrechen mittels Teststreifen (Ketonstix) eine Bestimmung der Ketonkörper im Urin durchgeführt werden, um eine diabetische Ketoazidose frühzeitig zu erkennen. Ketonkörper sind jedoch nicht nur im Rahmen einer ketoazidotischen Stoffwechselentgleisung erhöht, sondern können auch bei chronischem Alkoholismus und Fasten nachweisbar sein. Die Patienten sollten außerdem lernen, Hypoglykämiesymptome frühzeitig wahrzunehmen und selbstständig Maßnahmen zu ergreifen. Die beste Vorbeugung von Hypoglyk· ämien besteht jedoch in einer regelmäßigen Blutzuckerkontrolle!
Zusammenfassung
a Screening: bei Patienten über 45 Jahren oder bei Risikofaktoren: regelmäßige Bestimmung des Nüchternblutzuckers!
a Diagnose: Gelegenheitsglukose ~ 200 mg/dl plus Symptome, wiederholter Nüchternblutzucker ~
126 mg/dl oder oGTI ~ 200 mg/dl
a Verlaufskontrolle: Beurteilung der Blutzuckereinstellung überdie letzten 6- 8 Wochen mit HbA 1c, Ziel < 6,5 %; regelmäßiges Screening auf Spätkomplikationen Erniedrigt wird das HbA 1, durch eine erhöhte Erythropoese (z. B. chronischer Blutverlust, Schwangerschaft, Hämoglobinopathien), während eine längere Erythrozytenlebensdauer (z. B. Eisenmangelanämie) zu fa lsch hohen Werten führen kann. Auch durch vermehrte Hypoglyk-
a Selbstkontrolle: wichtiges therapeutisches Instrument; Blutglukose, Ketonkörper im Urin
Diabetes mellitus - Komplikationen I Während früher die Letalität des Diabetes weitgehend durch akute Komplikationen be· stimmt wurde, sind heute Angiopathien die häufigsten Todesursachen.
Akute Komplikationen Coma diabeticum Beim Coma diabeticum unterscheidet man zwei Formen:
t Keroazidotische s Koma: Es besteht ein schwerer Insulinmangel (häufiger bei Typ·! · Diabetes). t Hyperosmolares Koma: Es liegt ein relativer Insulinmangel vor (häufiger bei Typ-2-Diabe· tes). Ursachen sind eine fehlende Insulinzufuhr (Erstmanifestation, Dosierungsfehler, Insulinpumpendefekt) oder eine unzureichende An· passung an einen erhöhten Bedarf (häufig bei Infektionen, Operation, Herzinfarkt, Hyperthyreose, Steroidtherapie). Ketoazidotisches Koma Die häufigste Ursache einer diabetischen Ke· toazidose sind Infektionen, da durch eine Stei· gerung der Blutglukosekonzentration auch der Insulinbedarf erhöht wird. In ca. 25 % der Fälle handelt es sich um ein Manifestationsko· ma bei einem bisher unbekannten Diabetes. Die Mortalität beträgt durchschnittlich 5 %. Eine besonders günstige Prognose haben junge Patienten. Pathophysiologisch besteht ein schwerer In· sulinmangel mit einer gleichzeitigen Freisetzung insulinantagonistischer Hormone (Giukagon, Katecholamine, Wachstumshormon und Kortisol, I Abb. 1). Dadurch kommt es zu einer gesteigerten Glykogenolyse und Gluko· neogenese und somit zur Hyperglykämie. Durch den Wegfall der antilipolytischen Insulinwirkung werden massiv Fettsäuren abgebaut, die aber nicht in den Zitratzyklus eintreten können. Aus Acetyl-CoA werden daher Ketonkörper gebildet, die zu einer metabo· lischen Azidose führen (s. S. 14 und 19) . Klinik: Typische Symptome sind Polyurie, Po· lydipsie, Exsikkose und Gewichtsverlust. Es komm t zu Bauchschmerzen und Erbrechen. Dies führt zu einer ausgeprägten Dehydratation mit Hypotonie und Tachykardie. Es besteht die Gefahr eines hypovolämischen Schocks und Kreislaufversagens (s.a.S. 13)! Durch die metabolische Azidose kom mt es zu einer stark vertieften Atmung (Kussmaul-Atmung) und einem typischen Acetongeruch (Geruch von Nagellackentferner oder fa ulem Obst). Die Pa· tienten werden zunehmend apathisch und schläfrig. Nach Stunden kommt es zum Koma. Treten bei Typ-I-Diabetikern erste Sym-
ptome wie Polyu rie, Bauchschmerzen und Erbrechen auf, sollte der Patient selbst eine Bestimmung des Blutzuckers und des Urinacetons (Ketonstix) durchführen, um bereits in einem frühen Stadium Gegenmaßnahm en er· greifen zu können. Diagnostik: Zur Diagnosestellun g werden klinische Symptome und Laborbefunde (Hyperglykämie, Ketonurie, Azidose) herangezogen. Ketonkörper (z. B. ß·Hydroxybutyrat) sind im Urin und im Blut erhöht. Es kann jedoch auch bei Alkoholabusus oder längerem Fasten zu einer Ketonkörpererhöhung kommen. Therapie: Im Vordergrund steht die Rehydratation (H ab. I), deshalb besteht die Erstmaßnahme in einer Volumensubstitution. Eine Insulin· und Bikarbonatgabe sollten besser erst auf der Intensivstation erfolgen, um eine mögliche schwere Hypokaliämie mit Herzrhythmuss törungen zu vermeiden. Hyperosmolares Koma Das hyperosmolare Koma tritt meist bei Typ2-Diabetikern auf. Es besteht ein höheres Mortalitätsrisiko, da die Entgleisung oft sehr spät erkannt wird und vorwiegend ältere Per· sonen betroffen sind. Klinik: Die Symptome entwickeln sich langsam über mehrere Tage. Der relative Insulin· mange! führt zu einer enormen Hyperglykämie mit einer osmotischen Diurese . Die Insulinsekretion reicht jedoch aus, um eine massive Lipolyse und Ketonkörperbildung zu verhindern . Es kommt zu Polyurie und gestei· gerlern Durst, Gewichtsabnahme, Exsikkose, allgemeiner Schwäche und Somnolenz. Der Volumenverlust kann jedoch nicht mehr durch Trinken ausgeglichen werden, so dass die Hyperglykämie zu einem starken Anstieg der Serumosmolarität (> 350 mosmol/ 1) führt. Diagnostik: Zur Diagnosesicherung erfolgt eine Bestimmung des Blutzuckers und der Se· rumosmolarität. Um eine diabetische Ketoazi·
Rehydratation
Normalinsulin i. v.
Kalium (stündliche Kontro lle)
I
Abb. 1: Vereinfachte Darste llung der Fo lgen
eines sc hweren lnsul inmange ls.
171
dose abzugrenzen, sollte auch eine Acetonbestimmung durc hgeführt werden. Therapie: Die Behandlung erfolgt ähnlich wie bei einer diabetischen Ketoazidose. Noch bedeutender ist eine ausreichende Volumensubstitution mit isotoner Koc hsalzlösung, während der Insulinbedarf relativ gering ist. So sinkt die Glukosekonzentration bereits bei der Behandlung der Dehydratation. Der Volumenausgleich muss langsam erfolgen, da es sonst leicht zu einem Lungenödem kommen kann. Hypotone Lösungen werden nur in bestimmten Fällen angewendet, da sie schneller zu Flüssigkeitsverschiebungen führen unct daher die Gefahr eines Hirnödems besteht.
Initia l 0,5 - 1 I 0, 9%ige NaCI-Lösung, danach Infusionsgeschwindigkeit an ZVD anpassen (wenn Glukose< 250 mg / dl, 5%ige Glukose) Initia l Bolusinjektion (5 - 10 IE i. v., nicht s.c. da bei Gewebshypoxie der Wirkeintritt verzögert ist), anschließend Dauerinfusion Blutzucker soll nicht schneller als 100 mg/ dl pro Stunde gesenkt werd en! Es bes teht ein erh ebliches Kaliumdefizit (I rotz häufig norma len Serumkaliums), das durch mit der Insulinzu fuhr auch kontinuierliche Kaliumgabe,
die Insulinzufuhr verstärk t wird: außer wenn K' > 6 mmol/ 1
Evtl. Phosphatsubstituti on (wenn Phosphat < 0,5 mmol/1) Behandlung der Azidose
Insul in hemmt die Lipolyse und verbessert somit die Azidose, daher nur bei pH < 7, 1 vorsichtige Bikarbonatzufuhr (NaHCO, ), da es sonst leicht zu einer Alkalose und Hypokaliämie kommen kann
Allgemeine Maßnahmen
I
Zentralvenöser Katheter ( ZVD), EKG, Blutdruck, Blasenkatheter zur Bilanzierung, Magensonde, Heparin, Therapie der auslösenden Ursachen (Antibiotika)
Tab. 1: Die Beha ndlung ei ner diabetischen Ketoazidose sollte au f e ine r lnt enslvstalion erfo lge n .
Kohlenhydra t- und Fettstoffwec hsel
26
I 27
I Tab. 2: Symptome der Hypoglykämie. Parasympathikotone
Heißhunger, Übelkeit, Erbrechen, Schwäche
Reaktion Adrenerge
Unruhe, Schwitzen, Tachykardie, Zittern, Blässe, Angst,
Symptome
Mydriasis
Neuroglukopenische
Aggressivität (oft erstes Anzeichen), Kopfschmerzen, Sehund Sprachstörungen, Konzentrationsschwäche; später auch
Symptome
Bewusstseinsstörungen, Krämpfe und Koma
Die Unterscheidung zwischen Coma dlabetlcum und Hypoglykämie kann durch einen einfachen Blutzucker.Schnelltest erfolgen.
Hypoglykämie Bei Gesunden treten Hypoglykämiesymptome bei Glukosewerten < 40-50 mg/dl auf. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Hypoglykämie
und von der Geschwindigkeit des Blutzuckerabfalls kommt es zur Ausschüttung gegenregulatorischer Hormone (Glukagon, Katecholamine, später auch Wachstumshormon und Kortisol) und zu Hypoglykämiesymptomen (ITab. 2 und 3).
Hypoglykämien sind häufige Ereignisse bei insulinpflichtigen Diabetikern. Man unterscheidet:
t Leichte Hypoglykämie: Entgleisung kann selbst erkannt und behandelt werden (Traubenzucker mitführen! ) t Schwere Hypoglykämie: Patient ist auf fremde Hilfe angewiesen t Hypoglykämisches Koma Ätiologie und Klinik: Typ- I-Diabetiker entwickeln mitunter 1- bis 2-
glykämie. Häufige Ursachen sind eine zu späte oder zu geringe Nahrungsaufnahme (z. B. Appetitlosigkeit bei Erkrankungen), eine fehlende Insulindosisanpassung (z. B. bei starker körperlicher Belastung), eine Insulinüberdosierung oder Alkoholkonsum [Hemmung der Glukoneogenese). Dadurch liegt in Bezug auf die Blutglukose eine relative Insulinerhöhung vor. Zu einer Hypoglykämie kann es ebenfalls durch Sulfonylharnstoffe, seltener durch Glinide kommen. Aber auch andere Ursachen führen zu einer erniedrigten Glukosekonzentration, z. B. ein Jnsulinom, Nieren- oder Leberfunktionsstörungen, Malnutrition oder Alkoholismus. Symptome ITab. 2. Therapie: Wichtig bei der Hypoglykämie ist rasches Handeln. Leichte Hypoglykämien können durch den Patienten selbst erkannt und mit rasch resorbierbaren Kohlenhydraten [Fruchtsaft, Cola; bei Therapie mit Acarbose: I 0-20 g Traubenzucker!) kupiert werden. Schwere Hypoglykämien werdeninitialmit 25-100 ml 40 %iger Glukose behandelt Ziel ist eine Glukosekonzentration von 200-250 mgldL Es besteht jedoch die Gefahr eines Hypoglykämierezidivs, weshalb eine Überwachung nötig ist! Auch Angehörige können eine Erstversorgung durch Injektion von 1 mg Glukagon i.m.oder s. c. durchführen (GlucaGen®Hypok.it) . Nach dem Erwachen müssen sofort Kohlenhydrate oral zugeführt werden. Vorbeugung: Wichtig ist, die Symptome frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Voraussetzung ist auch eine adäquate Schulung, damit in entsprechenden Situationen eine Anpassung der Insulindosis an einen veränderten Bedarf erfolgt. Die beste Prävention ist jedoch eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle, die auch für den Patienten eine Kontrolle der Selbstadaptation darstellt.
mal pro Woche eine leichte und alle 1-2 Jahre eine schwere Hypo-
Coma dlabetlcum Ketoazldotlsch Entwicklung
a Diebetische Ketoazldose (häufiger bei Typ
Über mehrere
Plötzlich, innerhalb
Tage
Tage
von Minuten
1): oft durch Infekte, es kommt zu Übelkeit, Bauchschmer-
Feucht
zen, Apathie; Therapie: Volumensubstitution und In-
Nein
sulin (cave: Hypoglykämie!)
Trocken
Exsikkosezeichen
Ja Ja
Nein
Nein
Tief (Kussmaul-
Normal
Normal
tonkörpernachweis Atmung
Zusammenfassung
Über Stunden bis
Haut
Acetongeruch/Ke-
Hypoglykämie
Hyperosmolar
Atmung) Muskeltonus
a Hyperosmolares Koma (meist Typ 2): häufig durch schwere Erkrankungen (Infekte, Operation, Myokardinfarkt); über mehrere Tage kommt es zu Polyurie, Poly-
Hypoton , keine Krämpfe
Hyperton, Tremor
pH
< 7,3
Meist normal
Normal
Serumosmolarität
Erhöht
Stark erhöht
Normal
Blutzucker
Meist> 300 mg/dl
> 600 mg/dl
< 40 mg/dl
I Tab. 3: Differentialdiagnose zwischen Hypoglykämie und Coma diabeticum. Wichtiges Kriterium ist der Zustand der Haut.
dipsie und zunehmender Dehydratation mit Exsikkosezeichen; wichtigste Maßnahme: Volumenersatz!
a Hyposlykimle: durch inadäquate Nahrungsaufnahme, fehlende Insulinanpassung u.a.; Symptome sind Heißhunger (!), Aggressivität, Unruhe, Schwitzen; Therapie: Glukose oder Glukagon
Diabetes mellitus - Komplikationen II Spätkomplikationen Chronische Komplikationen treten beim TypI-Diabetes nach etwa5 - 8 Jahren auf. Bei Typ-2-Diabetikern sind Langzeitkomplikationen hingegen teilweise schon zum Zeitpunkt der Diagnose vorhanden. Man unterscheidet: t Mikroangiopathie: Nephropathie, Retinopathie, Neuropathie t Makroangiopathie: koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), zerebrale Durchblutungsstörungen
Besondere Beachtung gilt beim Diabetiker den Füßen. Bei Typ-2-Diabetikem liegen bei Diagnosestellung bei bis zu 30% bereits Spät-
komplikationen vor.
Als weitere Komplikation tritt eine geschwächte Immunabwehr auf. Rezidivierende Harnwegsinfekte sind bei Diabetikern gehäuft und können zu einer aszendierenden Pyelonephritis fü hren. Ursachen dafür sind eine gestörte Leukozytenfunktion und die erhöhte Glukosekonzentration im Urin, die das bakterielle Wachstum fördert. Des Weiteren treten vermehrt bakterielle Infekte der Haut auf.
Pathogenese Für die Entstehung diabetiseher Gefäßkomplikationen sind wahrscheinlich mehrere Mechanismen von Bedeutung: t Advanced glycation endproducts (AGE): Durch die Hyperglykämie kommt es durch eine irreversible nichtenzymatische Glykosylierung von Proteinen zur Bildung sog. ACEs. Dies führt zur Verdickung der Basalmembranen, zu einer veränderten Funktion von Zellproteinen und auch zu einer beschleunigten Atherosklerosebildung. t Sorbitstoffwechselweg: Bei hohen intrazellulären Glukosekonzentrationen wird Glukose vermehrt du rch die Aldosereduktase zu Sorbit abgebaut. Sorbit erhöht die intrazelluläre Osmolarität und führt zu einer Zell·
schwellung, zur Bildung von Sauerstoffradikalen und beeinträchtigt besonders die Funktion von Nervenzellen. t Proteinkinase C: Die Hyperglykämie soll zur Bildung von Diacylglycerol fü hren, das Proteink.inase-C.lsoformen aktiviert, die u. a. die Expression von Matrixproteinen verändern. t Außerdem dUrften verschiedene Wachs tumsfaktoren an der Entstehung beteiligt sein.
tung und evtl. zu einer Netzhautablösu ng führen können lt Diabetische Makulopathie: betrifft häufi ger Typ-2-Diabetiker Bei Diabetikern tritt auch gehäuft eine Katarakt auf. Therapie: Wichtig ist die Prävention. Bei eingetretenen Schäden der Retina wird häufi die Laserkoagulation eingesetzt. Dabei wer- g den bestimmte Netzhautareale selektiv zerstört, wodurch ein schwerer Sehverlust oft verhindert werden kann. Seltener kann eine Vitrektomie notwendig sein.
Therapie Therapeutische Prinzipien, die auf einer Hemmung der pathogenetischen MechanisNephropathie men basieren, haben bisher keine oder nur Die diabetische Nephropathie ist eine der hä _ geringe Effekte gezeigt. Die beste "Therapie" der Spätkomplikationen besteht in der Präven- figsten Ursachen für eine Niereninsuffizienz u tion durch eine möglichst optimale Blutund geht mit einer deutlichen Prognoseverzuckereinstellung. Meist kann das Auftreten schlechterung einher. Es kommt zu einer Vervon Spätkomplikationen dad urch aber nur breiterung der glomerulären Basalmembran . verzögert werden. Außerdem sollten weitere Sehr spezifisch ist das Auftreten der noduiäRisikofaktoren wie Hypertonie, Dyslipidämie ren Clomerulosklerose (Kimmelstiel-Wilson). behandelt bzw. eine Nikotinabstinenz eingeKlinik und Diagnostik; Die Störungen sind halten werden (s. a. H ab. 2, S. 23) . anfangs reversi bel. Sie führen zu einer Hypertonie und später zu einer irreversiblen Nieren . insuffizienz. Als früh estes Zeichen einer NieMikroangiopathie renschädigungkommt es zur MikroalbuminDie Mikroangiopathie ist eine Erkrankung der urie (20 - 200 mg/1Albumin im Harn ). Auch ohne Komplikationen sollte ei n jährliches te rminalen Gefäßstrombahn und sehr speziScreening mittels Teststreifen zum Nachweis fisch für den Diabetes. Das Auftreten karre· einer Albuminurie erfolgen. liert eng mit der Dauer der chronischen Therapie: Sowohl zur Behandlung der NeHyperglykämie. Durch verschiedene Mechaphropathie als auch der Hypertonie sind ACEnismen kommt es zu einer Verdickung der Hem mer (und AT 1·Antagonisten) geeignet. Basalmembran, zur Degeneration von Perizyten und zur Bildung von Mikroa neurysmen. Kontrastm ittel und nephrotoxische Medikamente sollen vermieden und die Proteinzufuhr eingesc hränkt werden. Bei Typ-1-Diabeu. Retinopathie kern kan n auch eine Nieren- mit gleichDie diabetische Retinopathie ist die häufigste Ursache einer Erblindung in den lndustrielän- zeitiger Pankreastransplantation kombiniert werden. dern. Man unterscheidet:
t Nichtproliferative Retinopathie: betrifft häufiger Typ-I-Diabetiker, u. a. find en sich Kaliberschwankungen der Gefaße, intraretinale Blutungen, Cotton-Wooi·Herde (Infarkte der Nervenfaserschicht). Sie kann übergehen in eine: t Proliferative Retinopathie: gekennzeichnet du rch Cefäßneubildungen, die leicht rup· turieren können und zur Claskörpereinblu-
Neuropathie lt Die häufigste Form ist die distal betonte symmetrische sensible Polyneuropathie
' die v. a. die un tere Extremität betrifft. Es komm t meist zu einem Sensibilitätsverlust 2 ' u Parästhesien (Kribbeln , Brennen) oder Schmerzen. Die Störungen treten häufiger in Ruhe auf (DD: pAVK ). Bereits früh ist das Vibrationsempfinden vermindert, das sehr ein-
I Abb . 2: Nichtproliferalive Rel inopathi e. [41
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
fach mit einer Stimmgabel untersucht werden kann. Die Temperatur- und Schmerzempfindung sind herabgesetzt, wodurch Verletzungen von den Patienten nicht wahrgenommen werden! Seltener tritt eine Mononeuropathie auf (isolierte Funktionsstörung von Hirn- oder peripheren Nerven) t Motorische Neuropathien können sich als akut auftretende, meist distale, symmetrische Paresen an den Beinen manifestieren, durch Störung der Okulomotorik [N. Ill, IV, VI) oder des Fazialis [N. VII) . t Autonome Neuropathien betreffen das kardiavaskuläre System (Tachykardie, Frequenzstarre = verminderter Herzfrequenzunterschied zwischen Inspiration und Exspiration, orthostatische Hypotonie), das Urogenitalsystem [Biasenatonie und Harnretention , häufig erektile Dysfunktion!) und /oder den Gastrointestinaltrakt [Reflux, Gastroparese, häufig Obstipation, aber auch Diarrhö möglich).
Makroangiopathie Die diabetesassoziierte Makroangiopathie entspricht der Arteriosklerose bei Nichtdiabetikern. Sie tritt jedoch bereits früher auf und betrifft eher periphere Gefäße. Auch sind Frauen, bei denen hormonelle Faktoren sonst atheroskleroseprotektiv wirken, vergleichsweise häufiger betroffen. Für die Entstehung makrovaskulärer Kornplikationen werden v. a. postprandiale Bl utzuckerspitzen verantwortlich gemacht. Makrovaskuläre Komplikationen machen etwa 75% der Todesursachen bei Diabetikern aus und können durch eine notwendige Extremitätenamputation die Morbidität enorm erhöhen.
Klinik II Koronare Herzkrankheit (KHK): Bei Diabetikern treten charakteristisch stumme Myokardinfarkte durch einen gleichzeitigen
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I 29
I Abb. 3: Diabetiseher Fuß mit tiefem Ulku s. [41
Ausfall der Schmerzempfindung auf. Auch die Mortalität ist höher als normal. II Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Es kommt zu belastungsabhängigen Schmerzen (Claudicatio intermittens) und zum Fehlen der Fußpulse. Durch eine PTA (perkutane transluminale Angioplastie), einen Gefäßbypass oder Medikamente (z. B. Prostanoide) kann die Durchblutung teilweise wiederhergestellt werden. Später können Nekrosen und Gangräne auftreten. Eine Amputation sollte nur als Ultima Ratio erfolgen. II Zerebrale Durchblutungsstörungen: Insult, transiente ischämische Attacken (TIA) Therapie: Als Basistherapie werden Thrombozytenaggregationshemmer (Acetylsalicylsäure, Clopidogrel) gegeben. Außerdem müssen auch andere Risikofaktoren der Arteriosklerose wie Rauchen, arterielle Hypertonie und Dyslipidämie beseitigt werden. Aufgrund des erhöhten Risikos gelten dabei strengere Grenzwerte!
pathie und/oder Angiopathie entstehen und zu Ulzerationen und einem Gangrän führen können. II Neuropathisch (40%) : warmer Fuß, langsame Ulkusentstehung an druckbelasteten Stellen (IAbb. 3), tastbare Fußpulse!, vermindertes Vibrationsempfinden II Angiopathisch (20% ): kühle, blasse Haut, rasche Ulkusentstehung an den Akren, Fußpulse nicht tastbar!, Vibrationsempfinden erhalten t Mischform (40 %) Therapie: Für eine richtige Behandlung muss immer die Frage nach dem Auslöser gestellt werden. In den meisten Fällen kommt es durch zu enge Schuhe zu Druckstellen, die durch die bestehende Neuropathie nicht bemerkt werden. Die Patienten müssen daher geschult werden, die Füße selbst zu untersuchen (rote Stellen, Blasen, Wunden) und zu pflegen (lauwarmes, nicht heißes Wasser, Überprüfen der Schuhe auf Fremdkörper).
Diabetisches Fußsyndrom (DFS) Das diabetischen Fußsyndrom umfasst verschiedene Läsionen, die durch eine Neuro-
Besteht keine pAVK, so sind die Fuß-
pulse gut tastbar.
Zusammenfassung ac Spezifisch für den Diabetes ist die Mikroangiopathie (Retinopathie, Nephropathie, Neuropathie); die symmetrische Polyneuropathie führt häufig zum Sensibilitätsverlust der distalen Extremitäten.
ac
D~ei
Viertel aller Todesfälle bei Diabetikern sind auf makrovaskuläre
Komplikationen zurückzuführen. Myokardinfarkte treten typischerweise ohne anginöse Beschwerden auf.
ac Es kommt zur geschwächten lmmunabwehr, die zu rezidivierenden Harnwegsinfekten prädisponiert.
ac Therapie: optimale Diabeteseinstellung, symptomatische Therapie, Behandlung von Begleiterkrankungen (Hypertonie!)
Diabetes mellitus - Therapie I Die Ziele bei der Therapie des Diabetes mellitus sind das Vermeiden von akuten Stoffwechselentgleisungen sowie die Verzögerung und Behandlung von diabetischen Spätkomplikationen. Zu Beginn steht eine nichtmedikamentöse Therapie. Das HbA 1, ist der wichtigste Verlaufsparameter, mit dem die Stoffwechseleinstellung der letzten 6-8 Wochen eingeschätzt werden kann . Wird bei Typ-2-Diabetikern durch eine Basistherapie ein HbA 1,-Wert < 7,0 % nicht erreicht, so sollte nach spätestens 3 Monaten mit der nächsten Therapiestufe begonnen werden. Therapleatufen des Diabetes mellltus t Basistherapie: Schulung und Veränderung des Lebensstils (Ernährung und Bewegung) t Ein orales Antidiabetikum (OAD) t Mehrere orale Antidiabetika t Insulin + OAD: Dosiseinsparung. oft Ist eine Injektion täglich ausreichend t lnsulin
Bei Typ- I-Diabetikern und Schwangeren sollte gleich eine Insulintherapie erfolgen. Für Typ-2-Diabetiker ist hingegen jede Form der Behandlung (orale Antidiabetika, verschiedene Formen der Insulintherapie) möglich. Bestehen bei Typ-2-Diabetikern schwere kardiavaskuläre Komplikationen, so sollten orale Antidiabetika nicht verwendet, sondern bereits initial Insuline eingesetzt werden. Im Einzelfall können die Therapieziele auch mit oralen Antidiabetika oder Insulin nicht erreicht werden. Beim vermehrten Auftreten von schweren Hypoglykämien unter Insulin müssen die Kriterien individuell an den Patienten angepasst werden. Zu schnelle Veränderungen der Therapiekonzepte sollen jedoch vermieden werden. Die schwierige Aufgabe bei der Behandlung besteht außerdem darin, nicht zu spät auf eine Insulintherapie umzusteigen. Die Beurteilung des Insulinbedarfs richtet sich nach dem Nüchternblutzucker. In Einzelfällen kann die gleichzeitige C-Peptid-Bestimmung hilfreich sein.
Nichtpharmakologische Therapie ("Lifestyle-Therapie") Mit einer nichtpharmakologischen Behandlung sollte bereits in der Phase einer gestörten Glukosetoleranz begonnen werden. Durch Ernährungsumstellung und Bewegung kann eine bestehende Insulinresistenz teilweise rückgängig gemacht werden. Ernährung Es sollten eine Kalorienreduktion erfolgen und ein Normalgewicht angestrebt werden. Häufig besteht das erreichbare Ziel jedoch nur im Halten des Gewichts. Es wird empfohlen, mehrere kleine Mahlzeiten einzunehmen, um den Blutzuckertagesverlauf zu "glätten". Besonders
Sulfonylharnstoffe
geeignet sind dazu Obst und Gemüse, die eine geringe Energiedichte haben. Der Energiegehalt sollte folgendermaßen aufgeteilt werden:
t Kohlenhydrate (KH), ca. 50 - 60 %: Empfohlen werden Kohlenhydrare mit einem niedrigen glykämischen Index (z_ B. Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte). Der glykämische Index gibt an, wie stark ein kohlenhydrathaltiges Nahrungsmittel den Blutzucker im Vergleich zu Glukose erhöht. II Fette, < 30%: Vor allem der Gehalt gesättigter Fettsäuren sollte reduziert werden. t Proteine, 15 %: Pflanzliches Eiweiß sollte tierischem Eiweiß vorgezogen werden. Eine hohe Proreinaufnahm e belastet durch stickstoffhaltige Ausscheidungsprodukte auch die Nieren und kann eine Nephropathie begünstigen. Bei einer Mikroalbuminurie sollte daher die Proteinzufuhr weiter eingeschränkt werden. Alkohol hat einen hemmenden Effekt auf die Glukoneogenese. Bei einer Therapie mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen sollte Alkohol daher nur gleichzeitig mit Kohlenhydraten eingenommen werden (Gefahr der Hypoglykämie! ). Bewegung Bewegung stellt, so weit möglich, ein Grundprinzip der Therapie dar_ Dadurch wird nicht nur der Kalorienverbrauch erhöht, sondern auch die Insulinresistenz reduziert. Bereits eine geringe körperliche Aktivität hat, sofern sie regelmäßig erfolgt, auch einen kardioprotektiven Effekt. Bewegung und Ernährungsumstellung sind nicht nur in der ersten Phase von Bedeutuns. sondern atellen die Basis für einen langfristigen Therapieerfolg dar.
Orale Antidiabetika Reicht eine nichtmedikamentöse Therapie nicht aus, kommen beim Typ-2-Diabetiker zur besseren Stoffwechseleinstellung orale Antidiabetika zur Anwendung (ITab. I l- Bezüglich der Wirksamkeit haben sich in der UKPDS (United Kingdom Prospective Diabetes Study: Langzeitstudie mit Erfassung von Spätkomplikationen an über 5.000 Patienten) keine signifikanten Unterschiede zwischen den Substanzen gezeigt. Für die Therapie mit oralen Antidiabetika gilt, dass mit geringen Dosen begonnen werden sollte, die im weiteren Verlauf gesteigert werden können. Sulfonylharnstoffe und Glinide II Sulfonylharnstoffe (SH): Sulfonylharnstoffe führen zu einer erhöhten Insulinsekretion durch Inaktivierung des ATP-sensitiven Kaliumkanals (SURI) an den B-Zellen (I Abb. 2, S. 18). Die Insulinsekretion
Glibenclamid (z. B. Euglucon& N und zahlreiche Generika) Glimepirid (z. 8. Amaryl" )
Glinide (rascher
Repaglinid (Novonorm"')
wirksam)
Nateglinid (Starlix" )
Biguanide
Metform in (z. B. Glucophage 10) : bei Übergewichtigen Mittel der 1. Wahl (sofern keine Kontraindikationen bestehen)
Glitazone
Ro siglilazen (Avandia" ) Pioglitazon (Actos 8 )
Glukosidase-
Ac arbose (Giucobay")
hemmer
Miglitol (Diastabol" )
I Tab. 1: Orale Antidiabetika.
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
wird jedoch auch bei normalem Blutzucker verstärkt. Dadurch kann es vor allem bei unregelmäßiger Nahrungszufuhr oder Infektionen zu Hypoglykämien kommen. Sulfonylharnstoffe kommen bei normal· gewichtigen Patienten oder Kontraindikationen für Metformin zum Einsatz. Nach durchschnittlich I 0 Jahren treten jedoch eine zuneh· mende B·Zell·Erschöpfung und ein sekundäres Therapieversagen ein. Es muss dann auf eine Kombinations· oder Monotherapie mit Insulin umgestellt werden. Vorteil einer Kombination von Sulfonylharnstoffen mit Insulin ist, dass die Insulindosis verringert werden kann und oft eine abendliche Insulininjektion ausreicht. ~ Glinide wirken analog wie die Sulfonylharnstoffe. Sie führen zu einer raschen Insulinsekretion und haben eine sehr kurze Wirkdauer, wes· halb sie unmittelbar vor großen Mahlzeiten eingenommen werden.
Metform in Metform in ist der einzige Vertreter aus der Gruppe der Biguanide. Es bewirkt vorwiegend eine Hemmung der oxidativen Phosphorylierung (hemmt ADP~ ATP) in der Leber. Ein ATP·Abfall führt über die Akti· vierung der AMP·abhängigen Proteinkinase zu einer verminderten Glukoneogenese und Glykogenolyse. Es kommt daneben zu einer Hemmung der Lipolyse mit einer Senkung des Triglyzeridspiegels. Im Gegensatz zu den Sulfonylharnstoffen wirkt Metformin insulinsparend und senkt den Blutzucker nur bei einer Hyperglykämie. Hypoglyk· ämien kommen daher sehr selten vor. Gefährlich ist eine Laktstezidoae, die bei Missachtuns der KontiliIndikationen auftreten kann und mit einer Latalltät von c:a. 50 76 verbunden ist! Beim Auftreten anderer, meist gastrolntestinaler Beschwerden sollte Metfonnin daher sofort abgesetzt werden. Kontraindikationen für Metformin sind eine Niereninsuffizienz,
Erkrankungen, die zu einer Hypoxie oder Ischämie führen können (ventilatorische Insuffizienz , Herzinsuffizienz, Leberinsuffizienz, Alkoholismus), Fasten(< 1.000 kcal/Tag), größere Eingriffe und Operationen sowie ein höheres Alter(> 75 Jahre)! Wenn keine Kontraindikationen bestehen, ist es bei Übergewichtigen das Medikament der ersten Wahl.
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Glitazone ("lnsulinsensitizer") und Fibrate Glitazone sind Agonisten am PPAR·y·Rezeptor (Peroxisomen-Proli· ferator-aktivierter Rezeptor). An Fettzellen führen sie zu einer ver· mehrten Triglyzeridspeicherung und einer verminderten Sekretion von Substanzen, die die Insulinresistenz steigern (freie Fettsäuren ..1-, TNF-a ..1-). So wird indirekt, aber wahrscheinlich auch direkt die Insulinwirkung an der Leber und im Muskel gesteigert. Der volle Effekt tritt aber erst nach Wochen ein. Häufige Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme und (meist vorübergehende) Ödeme. Glitazone sind lebertoxisch und daher bei Leberfunktionsstörungen sowie bei Herzinsuffizienz kontraindiziert Derzeit werden sie in Deutschland nur zur Kombinationstherapie verwendet. Für die Kombination mit Insulin sind sie allerdings (noch) nicht zugelassen. ~ Fibrate sind ?PAR-a-Agonisten und werden für die Therapie von Lipidstoffwechselstörungen verwendet, die auch häufig in Assoziation mit dem Typ-2-Diabetes auftreten . Daher wurden Substanzen wie Tesaglitazar gesucht, die PPAR-a/y-Agonisten sind (auch Pioglitazon zeigt geringe Wirkung am PPAR-a·Rezeptor) . ~
a-Giukosidase- Hemmer Acarbose und Miglitol hemmen die Aufspaltung der Kohlenhydrate im Darm und reduzieren so den postprandialen Glukoseanstieg, der vorwiegend für makrovaskuläre Komplikationen verantwortlich gemacht wird. Die nicht aufgespaltenen Kohlenhydrate können nicht resorbiert werden und gelangen weiter in das Kolon, wo sie von Bakterien abgebaut werden. Es kommt daher häufig zu Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall. Glukosidasehemmer können im Unterschied zu den vorigen Medikamenten auch bei Typ·l -Diabetikern angewendet werden. GLP-1 In den USA ist ein Analogon des GLP-1 (glucagon-like peptide: Lira· glutid, Exenatide) bereits erhältlich. Es bewirkt eine glukoseabhängige Insulinsekretion, wodurch Hypoglykämien verhindert werden sollen. Zumindest bei manchen Diabetikern kommt es zu einer Normalisierung der lnsulinsekretion.
Zusammenfassung • Die Therapie des Typ-2-Diabetes erfolgt nach einem Stufenschema. Bewegung und richtige Ernährung haben in jeder Phase der Erkrankung einen positiven Effekt. • 1. Wahl bei Übergewichtigen ist Metformin, das jedoch zahlreiche Kontraindikationen hat. • Bei Sulfonylharnstoffen stellt sich nach etwa 10 Jahren ein Therapieversagen ein. • a-Giukosidase-Hemmer führen zu einer Senkung der postprandialen Blutzuckerspitzen. • Bei Typ-2-Diabetikern sollte nicht zu spät auf eine Insulintherapie umgestellt werden.
Diabetes mellitus - Therapie II und sicher zu bewerten. Der Nachteil ist jedoch, dass nur etwa 10 % in das Blut gelangen und daher geringe Resorptionsunterschiede bereits große Konzentrationsdifferenzen ergeben können. Während der Behandlung kann es zu Husten und einer reversiblen Einschränku ng de r Ein-Sekunden-Kapazität kommen. Das Auftreten von interstitiellen Lungenerkrankungen wurde bisher nicht beobachtet, kann jedoch nicht endgültig ausgeschlossen werden.
Insulintherapie Physiologischer Tagesverlauf Ohne Nahrungsaufnahme besteht eine kontinuierliche basale Insulinsekretion über den ganzen Tag, mit einem frühmorgend lichen Anstieg zwischen 3 und 7 Uhr, der durch eine kortisolinduzierte Insulinresistenz bedingt ist (Dawn-Phänomen). Auch am späten Nachmittag gibt es eine vorübergehende Phase mit erhöhter Insulinresistenz (DuskPhänomen). Zu den Mahlzeiten wird im Rahmen des Glukoseanstiegs Insulin freigesetzt. Daraufhin fallen die Glukosekonzentration und auch Insulin schnell wieder ab.
Formen der Insulintherapie Eine Insulintherapie ist eine Hormonsubstitution und sollte daher möglichst der Insulinsekretion beim Gesunden entsprechen. Eine Imitation der physiologischen Insulinsekretion wird jedoch durch die Pharmakakinetik (verzögerter Wirkein tritt, längere Wirkdauer) erschwert. Außerdem wird durch die subkutane Appli kation der physiologische Konzentrationsgradient zwischen Pfortaderblut und peripherem Blut aufgehoben. Grundsätzlich soll te bei Typ-I-Diabetikern eine funktionelle Insulintherapie (FIT, s. u. ) erfolgen, die durch eine möglichst physiologische Anpassung eine gute Langzeiteinstellung erlaubt. Dafür sind jedoch eine genaue Kenntnis der Dosisa npassung und eine konsequente Selbstkontrolle notwendig. Ältere Patienten sind hingegen oft nicht mehr in der Lage, diese Therapie selbstständig durchzuführen.
Auch ohne Nahrungsaufnahme braucht der Mensch Insulin!
Die besondere Schwierigkeit bei der Insulintherapie besteht darin, dass der Tagesverlauf der basalen Insulinkonzentratio n individuell unterschiedlich ist und auch nicht jeden Tag gleich verläuft.
Präparate Die Injektion von Insulin in das subkutane Gewebe erfolgt als hexamere Form (Komplex von 6 lnsulinmolekülen). Insulin kann jedoch nur als Monomer in die Kapillaren diffundieren. Der Wirkeintritt ist also abhängig von der Geschwindigkeit der Dissoziation und Diffusion. t Die Wirkung von Normalinsulin setzt erst verzögert ein, weshalb ein Spritz-Ess·Abstand von ca. 15- 30 Min . eingehalten werden sollte. Die Wirkdauer ist dosisabhängig und beträgt ca. 4- 6 Std., mit einem Maximum nach 2- 4 Std. In der Regel ist wegen der längeren Wirkdauer eine Zwischenmahlzeit erforderlich, um eine Hypoglykämie zu vermeiden. t Durch Veränderungen in der Aminosäuresequenz entstehen Insulinanaloga, die kaum Hexamere bilden (kurz wirksame Insuline). Insulin Lispro und Insulin Aspartat haben dadurch einen sehr raschen Wirkeintritt und eine kurze Wirkdauer (ca. 3 Std .). Es muss dann kein Spri tz-Ess·Abstand eingehalten werden. t Umgekehrt wird bei Insulin G!argin du rch Sequenzveränderung eine verstärkte Hexamerbildung erreicht. Die Wirkung setzt verzögert ein und hält kontinuierlich ohne Maximum über mehr als 24 Std. an. Eine ähnliche Wirkdauer hat Insulin Detemir. Dieses ist mit einer Fettsäure konjugiert, wodurch es im Blut reversibel an Albumin gebunden und langsam abgegeben wird. Diese lang wirksamen Insuline werden zur Abdeckung des Basalbedarfs verwendet. t Zu den Verzögerungsinsulinen gehören NPH-lnsu lin (Neutrales Protamin Hagedorn) und Insu lin-Zink-Suspensionen, die Kristalle bilden und durch eine langsamere Dissoziation eine längere Wirkdauer haben. Nachteile sind jedoch individuelle Resorptionsschwankungen und ein ungleichmäßiges WirkprofiL Zink-Insulin ist außerdem nicht mischbar und wird heute nicht mehr empfohlen. t Seit Mai 2006 ist auch ein Insulin zur inhalativen Anwendung erhäl tlich. Nach den bisherigen klinischen Studien ist es als wirksam
Konventionelle Insulintherapie Unter lnkaufnahme einer schlechteren Stoffwechseleinstellung und möglicher Spätkomplikationen stell t die konventionelle Insulintherapie für ältere Menschen eine einfach durchzuführende Therapieform dar. Das Grundprinzip ist eine zweimal tägliche Injektion eines Mischinsulins (meist 70 % NPH und 30 % Normalinsulin). Zwei Drittel der Tagesdosis werden morgens und ein Drittel abends injiziert. Sowohl die Insulindosis als auch der Zeitpunkt und die Größe der Mahlzeiten sind vorgegeben. Die Patienten müssen essen, nachdem sie Insulin gespritzt haben. Das wichtigste Ziel ist die Vorbeugung eines Komas. Eine Kontrolle erfolgt alle drei Monate. Konventionelle lnsulintherapie: Ziel ist es, einem Koma vorzubeugen!
Intensivierte Therapieformen t Prandiale Therapie: Dabei werden 1- bis 2-mal täglich ein lang
wirksames Insulin und eine konstante Dosis eines kurz wirksamen Insulins zu den Hauptmahlzeiten gespritzt. Es besteht eine weitgehende Vorgabe der Mahlzeiten. Der Patient kann jedoch durch Anpassung der präprand ialen Insulindosis selbstständig eine Blutzuckerkorrektur durchführen. t Funktionelle Insulintherapie (FIT oder Basis-Bolus·Therapie): Diese Therapie basiert auf einer Trennung von basaler und prand ialer lnsulinzufuhr: - Ohne Essen: Verzögerungsi nsul in (zweimal täglich NPH -Insulin oder einma l morgens Insulin Glargin ILantus®l) und bei manchen Patien-
Normalinsulin (z. B. Actrap id ~ HM) Kurz wirksame lnsulinanaloga: (Huma l og~) . Insulin Aspartat (NovoRapid" ), Insulin Glu lisin (Apidra" )
t Insulin Lispro
Intermediär wirksam: NPH-Insulin (z. B. insu man'" Basal), Zink-Insulin (z. B. Insulin Ultratard'" HM)
t
Lang wirksame Insuline: Insulin Glargin (Lan tu s" ). Insulin Deiemir (Levemi r")
t
lnhalatives Insulin (Exubera" )
I
Tab. 2: In sulin und ln sulinanaloga.
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
I Abb. 1: Schematische Darstellung verschiedener
Hauptmahlzeiten
~
~
lnsulintherapien: a) konventionelle lnsulin therapie; b) funktionelle In sulintherapie mit lang wirksamem Insulin (z. B. Insulin Glargin); c) lnsulinpumpentherapie. [7]
~
7.00
19.00
7.00
7.00
19.00
7.00
b
Hauptmahlzeiten
~
1- )ro
7.00
19.00
7.00
ten zusätzlich ein kurz wirksames Insulin (z. B. Insulin Lispro [Humalog®]) für den physiologischen morgendlichen Insulinan· stieg ("Morgengupf" ). -Zu den Mahlzeiten: Injektion ei nes kurz wirksamen Insulins (z. B. Insulin Lispro).
Es besteht eine Unabhängigkeit von Nahrungsaufnahme, körperlicher Aktivität und Möglichkelt der Blutzuckerkorrektur. Dazu sind jedoch mehrmals täglich Blutzuckermessungen und eine selbstständige Anpassung der Insulindosis notwendig. Dies erfordert Lernbereitschaft und Lernfähigkeit sowie eine verantwortungsbewusste und konsequente Durchführung.
t Insulinpumpentherapie: Diese wird nur bei speziellen Indikationen angewendet. Bei den Verzögerungsinsulinen bereitet v. a. die Imitation des frühmorgendlichen Insulinanstiegs Schwierigkeiten. Bei einer Insulinpumpe kann die Basalsekretion hingegen individuell programmiert werden. Zu den Mahlzeiten wird dann auf Knopfdruck eine erhöhte Insulinmenge abgegeben.
Grundprinzipien der Insulintherapie t Die Injektion erfolgt mit lnsulinpens in den
Bauch, die Hüfte oder den Oberschenkel bzw. durch eine lnsulinpumpe. Um eine Lipohypertrophie zu vermeiden, müssen die Injektionsstellen gewechselt werden. t Das basale Insulin macht etwa 40-50% der Gesamtdosis aus. Dazu werden häufig NPH-Insulin (zweimal täglich) oder Insulin Glargin (einmal täglich, aber bei hohen Dosen evtl. auf zwei Gaben aufgeteilt) verwendet. Richtwert für den Basalinsulinbedarf sind 0,3 - 0,5 IE/kg KG.
t Bei der Berechnung des prandialen Insulins müssen v. a. der Kohlenhydratgehalt, die aktuelle Blutzuckerkonzentration, die körperliche Belastung und Stress berücksichtigt werden. Bei einer reinen Eiweißmahlzeit wird auch eine geringe Insulinmenge injiziert. Fette werden nicht gezählt 12 g Kohlenhydrate entsprechen I Broteinheit (BE). Für 1 BE muss etwa 1 JE (internationale Einheit) Insulin gespritzt werden. Dieses Verhältnis kann sich jedoch im Tagesverlauf ändern (ITab. 3)! t Bei Normalinsulin sollte ein Spritz-EssAbstand von etwa 15-30 Min. eingehalten werden. Die Glukosekonzentration kann neben der Insulinmenge zusätzlich durch Variation des Spritz-Ess-Abstandes beeinflusst werden. Besteht vor der Mahlzeit ein höherer Blutzucker, so sollte der Spritz-Ess-Ahstand verlängert werden, ist der Blutzucker vor der Mahlzeit zu niedrig, sollte er verkürzt werden. Bei kurz wirksamen Insulinanaloga kann
32
I 33
es dann auch notwendig sein, erst während oder nach dem Essen zu spritzen, um eine Hypoglykämie zu vermeiden. t Zielbereiche: präprandial ca. I 00 rng/dl (90 - 120 mg/dl); postprandial nach 1 Std. < 160 mg/dl; nach 2 Std. < 140 mg/dl; vor dem Schlafengehen: ca. 120 rng/dl (in der Schwangerschaft gelten strengere Richtlinien) t Blutzuckerkorrektur: Liegt die Glukosekonzentration außerhalb des Zielbereichs, kann etwa 3 Std. nach der Mahlzeit nachkorrigiert werden. 1 JE Insulin senkt den Blutzucker um durchschnittlich 40 rng/dl, während I BE zu einem Anstieg von 40 rng/dl führt (± 40, 40er-Regel). Diese Werte sind jedoch individuell stark unterschiedlich und schwanken abhängig von Größe und Gewicht zwischen 20 und 60 mg/ dl pro JE Insulin bzw. BE. Jeder Diabetiker sollte seinen Korrekturfaktor kennen, um adäquat reagieren zu können. 40er-Regel: 1 BE~ +40 mg/dl; liE Insulin~ - 40 mg/dl
t Körperliche Aktivität: senkt den Insulinbedarf! Dieser Effekt kann z. B. nach einem Wochenende mit sportlicher Betätigung auch noch 1-2 Tage anhalten. Die Insulinmenge ist dementsprechend zu senken! t Als weitere Nebenwirkung kommt es häufig zu einer Gewichtszunahme, die die Insulinresistenz verstärkt Der Insulinbedarf erhöht sich dann.
Morgens
Ca. 2,5 IE/BE
Mittags
Ca. 1 IE/BE
Abends
Ca. 1,5 IE/BE
I Tab. 3: Im Tagesverlauf ergibt sich ein unterschiedlicher Insulinbedarf pro BE .
Zusammenfassung • Beim Gesunden besteht eine kontinuierliche basale Insulinsekretion mit einem Anstieg in den frühen Morgenstunden. • Insulinanaloga werden aufgrund ihrer günstigen pharmakakinetischen Eigenschaften sehr häufig eingesetzt. • Die funktionelle Insulintherapie (FIT) entspricht weitgehend der physiologischen lnsulinsekretion. Die Patienten sind nicht an fixe Mahlzeiten gebunden. • Durch körperliche Aktivität wird die Insulinresistenz gesenkt.
stoffwec h seI :::~--=~:o-:2 iin ist ein wichtiges Strukturelement der Zellmembranen und stellt die Ausgangssubstanz für die Synthese von Steroidhormonen und Gallensäuren dar. Triglyzeride (TG) sind vor allem Energieträger. Cholesterin und TG werden zum einen über die Nahrung aufgenommen, zum anderen können sie auch selbst synthetisiert werden.
LDL
HOL
Chylomikronen
VLDL
Protein
1 -2
10
25
50
Cholesterin
3-4
15
50
20
Triglyzeride
90
57
Phospholipide
18
5 20
Biosynthese t Exogener Weg: Nach der Aufnahme von TG und Cholesterin im Darm werden diese in Chylomikronen eingebaut und gelangen über die Lymphe, unter Umgehung der Leber, in das venöse Blut. Am Endothel der Kapillaren von Fettgewebe, Herz und Skelettmuskel wird die Lipoproteinlipase (LPL) exprimiert. Diese spaltet von den Triglyzeriden freie Fettsäuren ab, die in die Zellen aufgenommen werden. Die verbleibenden ChylomikronenRemnants werden dann von der Leber aufgenommen. t Endogener Weg: Der endogene Transport beinhaltet die hepatische Sekretion von VLDL (Very-low-Density-Lipoproteine) und deren Umwandlung zu IDL (lntermediate- Density· Lipoproteine) und weiter zu LDL (Low-Density-Lipoproteine). VLDL enthalten einen großen Anteil an TG, die ebenfalls durch die LPL in den Kapillaren hydrolysiert werden. 40-60 % der VLDL und IDL werden über den LDL-Rezeptor wieder in die Leber aufgenommen. Der Rest wird durch die hepatische Lipase zu LDL umgeformt, das vorwiegend Cholesterin enthält. Das LOL-Choiesterin stellt ca. 70 % des Gesamtplasmacholesterins dar. Der Großteil davon gelangt ebenfalls über
exogener Lipidtransport
zung in Proze nt
TG
t
Diabetes mellitus
TG
t, (LDL t. HOL .J,)
Alkoholismu s
TG t (mäßiger Alkoholgenusskann HOL erhöhen )
Niereninsuffizienz bei Hämedialyse
TG t
Nephrotisches Syndrom
Cholesterin
Hypothyreose
LDL
25
I Tab . 1: Lipoproteine und deren Zusammenset-
Transport Um die Lösungsfahigkeit der Lipide im Blut zu erhöhen, werden sie in Form von Lipoproteinen transportiert (ITab. I) . Diese bestehen aus Lipiden und Apolipoproteinen. Apolipoproteine dienen nicht nur als Strukturelemente, sondern haben auch Einfluss auf die Regulation von Enzymen und vermitteln die Rezeptorinteraktion.
Adipositas
Cholestase
t
i
Cholesterin
t,
Lipo-
protein X nachweisbar Schwangerschaft
Cholesterin und TG
t
Medikamente (z. B. Betablocker, Östrogene, Glukokortikoide, Thiazide)
Cholesterin und TG
t
I Tab. 2: Häufige Ursac hen se kundärer Dyslipoproteinämie n.
rezeptorvermittelte Endozytose wieder in die Cholesterinspiegels mit der KHK. So steigt ab Leberzellen. Der Rest wird von peripheren einer Cholesterinkonzentration > 200 mg/d! Zellen aufgenommen. das Risiko eines Myokardinfarkts linear an. Bei einer massiven Hypertriglyzeridämie t Cholesterinrücktransport: Aus der Leber und dem Darm stammen HOL (High-Density- besteht die Gefahr einer akuten PankreatiLipoproteine ). Sie können direkt überschüssi- tis. ges Cholesterin von peripheren Zellen aufKlassifikation nehmen und verestern. Durch das CholesNach der Ätiologie unterscheidet man: terinester-Transferprotein (CETP) können die Cholesterinester auf VLDL übertragen werden , oder sie werden direkt durch HDL an die t Primäre Fettstoffwechselstörungen: Leber abgegeben. Durch den Abtransport von Defekte des LDL-Rezeptors (z. B. bei familiärer Hypercholesterinämie), der ApolipoproCholesterin aus peripheren Zellen können teine oder Mutationen der metabolisierenden HOL das Arterioskleroserisiko senken (antiEnzyme können zu vererbbaren Fettstoffatherogene Wirkung). Die Ausscheidung von Cholesterin erfolgt fast wechselstörungen mit unterschiedlicher Ausausschließlich über die Galle, entweder unver- prägung führen. Dadurch kann es mitunter bereits in jungen Jahren zum Auftreten von ändert oder in Form von Gallensäuren. Arteriosklerose oder Xanthomen (Lipidablagerungen in der Haut, s. u. ) kommen. Die häuFettstoffwech sei stö ru nge n figste Ursache einer primären Hyperlipoproteinämie ist die polygene Hypercholesterinämie Die Feststellung von Fettstoffwechselstörunbei der neben unbekannten genetischen Stö- ' gen ist von großer klinischer Bedeutung, da rungenauch die Ernährungsgewohnheiten eine Erhöhung des Plasmacholesterins mit und der Lebensstil Einfluss auf die Manifestaeinem erhöhten Arterioskleroserisiko einhertion haben. geht. Es besteht eine enge Korrelation des
endogener Lipidtransport
I Abb. 1: Schematische Da rs tellung des Lip id stoffwechse ls. Details siehe Text (C ~ Chylomikronen R = Chylomikronen-Rem nants, VLDL = Very-low- ' Density-Lipoproteine, IDL ~ lntermediate-Den sityLipoproteine, LDL - Low-Density-Lipoprotei ne,
CholesterinrOcktransport
HDL - High-De nsity-Lipoproteine, LPL = Lipoproteinlipa se, HL - hepati sc he Lipase, LCAT • Lezithin-Cholesterin-Acyltransferase, CETP - Cholesterin ester-Transferprolein). 121
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
34135 I
• Zu Beginn steht eine Umstellung der Ernäh· rung und des Lebensstils. Bei sekundären Formen sollte eine Beseitigung auslösender Faktoren angestrebt werden. t Bei allen Fettstoffwechselstörungen wird auch regelmäßige körperliche Aktivität empfohlen, die allerdings bei Hypercholesterinämien nur geringe Wirkung zeigt.
Abb. 2: Arcus lipoides corneae. ]7]
Bei Versagen dieser Möglichkeiten kommt zusätzlich eine medikamentöse Therapie zur Anwendung (H ab. 3). Kann der erwünschte Erfolg damit nicht erzielt werden, so ist an die Möglichkeit einer LDL-Apherese zu denken. Bei einer Kombination von Statinen und Fibraten (v. a. Gemfibrozil) besteht jedoch ein erhöhtes Risiko einer schweren Myopathie. Das Präparat Lipobay® (Cerivastatin) wurde 2001 wegen zahlreicher Todesfälle durch Rhabdomyolyse (Auflösung quergestreifter Muskulatur) mit konsekutivem akutem Nierenversagen vom Markt genommen.
• Sekundäre Fettstoffwechselstörungen:
Auch zahlreiche andere Erkrankungen oder Umweltfaktoren können zu einer Lipiderhöhung führen (I Tab. 2). Zur Diagnose einer primären Störung müssen diese Ursachen ausgeschlossen werden . Die Klassifikation nach Frederickson (Hyperlipoproteinämie Typ I - V) kann zur Beschreibung des Lipoproteinverteilungsmusters von primären und sekundären Fettstoffwechselstörungen verwendet werden. Allerdings hat sie keine Bedeutung für die Therapie und gibt keine Auskunft über die Ätiologie oder die Veränderung der HDL Auch gibt es bei vielen Dyslipidämien keine eindeutige oder konstante Zuordnung zu einem Typus.
Klinik Eine Hypercholesterinämie kann sich klinisch durch Arteriosklerose und deren Komplikationen manifestieren. Seltenere und relativ unspezifische Symptome sind Xanthome [Lipideinlagerungen an Sehnen, Ellbogen, Knie, Gesäß oder Zwischenfingerfalten), Xanthelasmen [Cholesterinablagerung im Bereich der Augenlider) oder ein Arcus lipoides corneae [I Abb. 2). Eine Hypertriglyzeridämie kann hingegen zu einer Fettleber oder einer akuten Pankreatitis führen, die sich häufig durch rezidivierende abdominelle Schmerzattacken manifestiert. Diagnostik Zu Beginn ist besondere Beachtung der Familienanamnese, weiteren Arterioskleroserisikofaktoren sowie dem BMI und der Körperfettverteilung zu schenken. Als Screening wird eine Bestimmung des Gesamtcholesterins, des HOL und der TC empfohlen. Für die Triglyzeridbestimmung sollte vor der Blutabnahme eine Nahrungskarenz von 12 Stunden eingehalten werden, damit in der Blutprobe keine Chylomikronen mehr vorhanden sind. Die Bestimmung des Plasmacholesterins kann hingegen auch im nicht nüchternen Zustand durchgeführt werden. Das aufwändig zu bestimmende LOL-Choiesterin wird häufig nach der Friedewald-Formel berechnet [nur aussagekräftig bei Nüchternserum und TC < 350 mg/dl):
Friedewald-Formel: LDL • Gesamtcholesterin - HOL- TG/5
Therapie Die Behandlung richtet sich nach der erhöhten Lipoproteinfraktion. Ziel ist eine Verminderung des Risikos von Komplikationen. Liegen weitere Arterioskleroserisikofaktoren vor, so gelten strengere Zielwerte.
Substanzen
Wirkung
Statine (HMG-CoA-
Lovastatin, Simvastatin,
V. a. LOL-Senkung
Reduktase-Hemmer)
Atorvastatin
Gruppe
NW Hautexanthem, Myopathie (CK t), Kopfschmerz, TA-Anstieg
Fibrate
Bezafibrat, Fenofibrat,
V. a. TG-Senk ung,
Gallensteine, Myopathie (CK t),
(PPAR-a-Antagonisten)
Gemfibrozil
HOLt
TA-Anstieg
Anionenaustauscher-
Colestyramin
Cholesterinsenkung
Meteorismus, Obstipation
harze (Gallensäurebinder)
Colestipol
(können TG t)
Cholesterinabsorptions-
Ezetimib
Cholesterinsenkung
Gastrointestinale Beschwerden
Senkt Cholesterin
Flush, Verschlechterung der
hemmer
Nikotinsäurederivate
Niacin (Nikotinsäure)
und TG
Glukosetoleranz, gastrointestinale Beschwerden
I
Tab. 3: Lipidsenkende Medikamente.
Zusammenfassung • Cholesterin und Triglyzeride werden zur besseren Löslichkeit im Blut in Form von Lipoproteinen transportiert. X Fettstoffwechselstörungen sind häufig und erhöhen das Arterioskleroseund insbesondere das Herzinfarktrisiko. Man unterscheidet primäre von sekundären Formen. X Neben der Arteriosklerosebildung kann es auch zu Xanthomen oder Xanthelasmen kommen. Ein Arcus lipoides corneae kann ebenfalls auf eine Fettstoffwechselstörung hinweisen. X Therapie: Ernährungsumstellung, Bewegung und evtl. Lipidsenker (z. B. Statine, Fibrate)
Physiologie und Diagnostik Hypothalamus
Hypophyse
Die Hypophyse liegt in der Sella turcica und Der Hypothalamus ist ein wichtiges zentrales besteht aus einem Hinterlappen mit neuroIntegrationszentrum endokriner, vegetativer nalem Ursprung (Neurohypophyse) und und somatischer Funktionen. Afferenzen einem Vorderlappen, der sich als Ausstülpu ng kommen aus dem Hirnstamm, dem limbisehen System und über den Thalamus von der der ektodermalen Rathke-Tasche vom Oropharynx abschnürt (Adenohypophyse) . DaKörperoberfläche und den inneren Organen. zwischen liegt der Zwischenlappen, besteMan findet spezielle Neurene im Hypothala· hend aus einer dünnen Zellschicht, der bei mus, die z. B. Osmorezeptoren, Rezeptoren Säugetieren allerdings kaum Bedeutung hat. für die Temperatur des Blutes oder fü r die Messung von Hormonkonzentrationen besitzen. Peptidhormone können dabei über die Neurohypop hyse zirkumventrikulären Organe die Blut-HirnDie Hormone der Neurohypophyse sind ADH Schranke umgehen und zum Hypothalamus (antidiuretisches Hormon oder Vasopressin) gelangen. Verschiedene humorale und neuround Oxytozin, die eine sehr ähnliche chenale Informationen werden dann integriert mische Struktur besitzen: und im hypothalamisch-hypophysären Regelkreis weitergegeben. Die negative Rückkoppt Die Sekretion von ADH wird durch Hyperlung dieses Regelkreises funktioniert auch osmolarität (über hypothalamisehe Osmoohne das ZNS; das ZNS führt jedoch zu einer rezeptoren) und verminderte Vorhoffüllung Anpassung an endogene und exogene Ein(bei vermindertem Blutvolumen) stimuliert, flüsse. Daneben besitzt der Hypothalamus auch efferente Fasern für die übergeordnete darüber hinaus auch durch Angst, Stress, Angiotensin II und Dopamin. Eine verstärkte Regulation z. B. des kardiavaskulären SysVorhofdehnung, Alkohol oder Kälte wirken tems. hingegen hemmend. ADH bewirkt über V1Neurosekretorische Nervenzellen des NucL Rezeptoren eine Vasokonstriktion. Nach Stisupraopticus und Nucl. paraventricularis bilmulation von V2-Rezeptoren werden Wasserden mit ihren Axonendigungen den Hypokanäle (Aquaporine) in die luminale Membran physenhinterlappen. Sie produzieren die von Zellen im distalen Tubulus und im Sam Prohormone von ADH und Oxyt ozin, die melrohr eingebaut und erhöhen so die Wasdurch axonalen Transport in die Neurohyposerrückresorption (s. a. S. 44 ). physe gelangen, wo das aktive Hormon entsteht. Aus anderen Hypothalamuskernen wer- t Oxytozin wird durch mechanische Reizung der Vagina und der Cervix uteri bzw. den Releasing-Hormone in ein spezialisiertes Mamillen ausgeschüttet und bewirkt dann der gelangen kapilläres Portalsystem sezerniert, eine verstärkte Kontraktion der Uterusmuskudann auf einem kurzen Blutweg zum Hypolatur, die am End e der Schwangerschaft durch physenvorderlappen und stimulieren dort Östrogenwirkung für Oxytozin sensibili die die Hormonsekretion. Negative Rückkoppist. Durch Oxytozi n kommt es ebenso zu siert bei Regulation die steuern lungsmechanismen einer Kontraktion des Myoepithels der Brustder Hormonausschüttung (s . S. 6).
drüse und damit zum Milchejektionsreflex . AufSerdern verstärkt Oxytozin auch die sozial e Bindung beim Menschen.
Adenohypop hyse Der Hypophysenvorderlappen wird nicht zentraJnervös innerviert, sond ern ausschließlich über hypothalamisehe Neurohormone reguliert, die pu lsatil und mit einem zirkadianen Rhythmus ausgeschüttet werd en. Die Adenohypophyse produziert vier glandotrope Hormone (ACTH, TSH, FSH und LH ) und zwei nichtglandotrope Hormone (GH und Prolaktin). Aus ACTH entsteht außerdem auch das a -MSH (melanozytenstimulierendes Hormon). Glandotrope Hormone Releasing-Faktoren führen zur Ausschüttung der glandotropen Hormone, die dann ihr peripheres Zielorgan stimulieren. ACTH wird durch CRH (Corticou·opin-releasing-Hormon) freigesetzt, TSH fördert hingegen nicht nur die TSH-, sondern auch die Prolaktinfreisetzung (I Abb. I). Die Ausschüttung der Gonadotropine FSH und LH wird durch GnRH (Gonadotropin-releasing-Hormon ) stimuliert das pulsatil freigesetzt wird. Bei einer gestör: ten pulsatilen Ausschüttung oder einer Rezeptor-Down-Regulierung durch die längere Einnahme von lang wirksamen GnRH-Agonisten kom mt es zu einer Abnahme der Gonadotropinsekretion mit anschließendem Abfall der Sexualhormonkonzentration .
t ACTH (adrenokortikotropes Hormon) ist ein Peptidhormon, das durch Proteolyse aus POMC (Proopiomelanocortin) entsteht. Es stimuliert in weiterer Folge die Synthese der NNR-Hormone, v. a. der Glukokortikoide,
Hypophysenhinterlappen
Nieren[ tubul1
tf II ] ~
I Abb . 1: Hypothalami se he Hormone steuern Synthese und Sekretion der Hypophyse nhormone. 12 1)
...
Hypothalamus - Hypophyse
FSH
LH
Frau
Follikelreifung
Ovulation, Gelbkörperbildung
Mann
Spermatogenese
Androgensynthese in den l eydig-Zellen
aber auch die der Androgene sowie der Mineralokortikoide. Ein anhaltender ACTH-Stimulus bewirkt eine Hyperplasie und Hypertrophie der inneren NNR-Zonen . POMC enthält neben der Peptidsequenz für ACTH gleichzeitig auch die für ß-MSH, y-MSH, ß-Lipotrophin, ß-Endorphin und Metenkephalin. Aus ACTH entsteht durch proteolytische Spaltung das a-MSH, welches peripher stimulierend auf Melanozyten wirkt und im Hypothalamus die Nahrungsaufnahme hemmt und den Sympathikotonus sowie den Energieverbrauch steigert • Daneben werden auch die Glykoproteine TSH, FSH und LH im VorderJappen gebildet Diese Hormone bestehen alle aus einer identischen u-Untereinheit und einer unterschiedlichen ß-Untereinheit, durch die jeweils die hormonspezifischen Wirkungen vermittelt werden. -Die Freisetzung von TSH (thyroideastimulierendes Hormon) erfolgt ebenfalls pulsatil und in einem zirkadianen Rhythmus mit einem Maximum um Mitternacht Diese Schwankungen sind jedoch zu gering, um diagnostisch bedeutsam zu sein. Für die Diagnostik von Schilddrüsenfunktionsstörungen ist TSH einer der bedeutsamsten Parameter. Die Wirkungen auf die Schilddrüse sind auf Seite 47 beschrieben. -Die Wirkung von FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) ist v. a. auf die Gonaden gerichtet Bei der Frau kommt es durch FSH zur Follikelreifung, während LH neben dem Einfluss auf die Follikelreifung auch die Ovulation auslöst und für die Entstehung des Corpus luteum verantwortlich ist Beim Mann steuern FSH die Spermatogenese und LH die Androgensynthese in den Leydig-Zwischenzellen (H ab. l ).
361 37
I Tab. 1: Wirkungen der Gonad otropine (FSH und LH) bei Fra uen und Männern .
Libidoverlust und Infertilität Daneben hat Prolaktin wahrscheinlich eine stimulierende Wirkung auf das Immunsystem.
Diagnostik bei hypothalamisch-hypophysären Erkrankungen Sowohl hypothalamisehe als auch hypophysäre Hormone werden vorwiegend pulsatil ausgeschüttet. Dynamische Funktionstests sind somit für die Diagnostik meist besser geeignet als die Bestimmung der basalen Hormonkonzentrationen. Vor allem die Messung der hypo· thalamisehen Hormone bereitet Probleme, da diese nach Passage des hypophysären Portalsystems im peripheren Kreislauf in etwa zehnfach verdünnter Konzentration erscheinen. Für die Differenzierung zwischen hypothalamisehen oder hypophysären Störungen eignet sich daher besser die periphere Messung der hypophysären Hormone (z. B. ACTH, TSH) nach Stimulation durch die hypothalamisehen ReleasingHormone (z. B. CRH, TRH). Bei den bildgebenden Verfahren der Hypophyse ist der Goldstandard die MRT, Verkalkungen sind jedoch besser mittels CT darstellbar. Eine Gesichtsfeldeinschränkung in der Perimetrie kann auf Hypophysentumoren hinweisen. Abhängig von der Lokalisation der Sehbahnstörung ergeben sich unterschiedliche Ausfälle. Sie entwickeln sich sehr langsam und bleiben daher lange unbemerkt. Bei Adenomen wird am häufigsten ein beginnender Ausfall des oberen temporalen Gesichtsfelds beobachtet, der zu einer symmetrischen bilateralen Hemianopsie ("Scheuklappensehen") fortschreiten kann.
Nichtglandotrope Hormone Die nichtglandotropen Hormone werden durch Releasing- und lnhibi· ting-Faktoren reguliert: • Das Wachstumshormon (GH) übt Einfluss auf die Aktivität und den Stoffwechsel fast aller Zellen aus und ist essentiell für die körperliche Entwicklung, hat aber auch beim Erwachsenen wichtige Funktionen. Die Ausschüttung wird durch mehrere Faktoren reguliert: GHRH (Growth-Hormone-releasing-Hormon), Schlaf, körperliche Anstrengung, Stress und Hypoglykämie steigern die GH-Sekretion, die typischerweise pulsatil erfolgt (I Abb. I, S. 40). Somatostatin, Hyperglykämie und GH (negatives Feedback) wirken hingegen hemmend. GH stimuliert auf direktem Weg die Lipolyse und Glykogenolyse. Die wachstumsfördernden Wirkungen werden vorwiegend auf indirektem Weg über eine Freisetzung von IGF- 1 (insulin-like growth factor) aus der Leber vermittelt Durch lGF-1 kommt es zu einer Stimulation des Knorpel- und Knochenaufbaus sowie zu einer gesteigerten Proteinsynthese, die auch die Zellteilung stimuliert • Die Freisetzung von Prolaktin (PRL) wird vorwiegend durch hemmenden hypothalamisehen Einfluss gesteuert Die größte Bedeutung hat dabei Dopamin, das am D2-Rezeptor ansetzt und so die Prolaktinausschüttung hemmt Andererseits kommt es durch Dopaminantagonisten zu einer gesteigerten Prolaktinsekretion, ebenso durch TRH , Östrogene, Hypoglykämie, Stress oder den Saugreiz (s. a. S. 38). Prolaktin stimuliert Wachstum und Differenzierung der Brustdrüse und auch die Milchproduktion. Die physiologische Funktion beim Mann ist unklar. In hoher Konzentration hemmt es die pulsatile GnRH-Ausschüttung und führt in der Folge bei der Frau zu Amenorrhö (physiologische Laktationsamenorrhö während des Stil lens), beim Mann zu
Zusammenfassung X Der Hypothalamus ist ein Integrationszentrum lebenswichtiger Funktionen. X Über das Portalsystem gelangen stimulierende und hemmende Hormone vom Hypothalamus zum Hypophysenvorderlappen und steuern dort die Hormonfreisetzung. Daneben bewirken auch andere Hormone und Einflüsse eine Regulation der hypophysären Hormone. X Die Hormone des Hypophysenvorderlappens sind ACTH, TSH, FSH, LH, GH, Prolaktin und MSH, Hor-
mone des Hypophysenhinterlappens sind ADH und Oxytozln. Deren Synthese erfolgt jedoch in Neuronen des Hypothalamus.
i-iypophysentumoren Raumforderungen im Bereich der Hypophyse sind sehr häufig und kommen in etwa 10-20 % bei Autopsien vor. Allerdings haben diese nur in wenigen Fällen auch einen Krankheitswert Man spricht daher auch von lnzidentalornen, also zuf;illig entdeckten Raumforderungen. Bei den Hypophysentumoren handelt es sich fast ausschließlich um Adenome. Diese können entweder endokrin inaktiv (40 %) oder hormonaktiv (60%) sein (H ab. I). Nach der Größe unterscheidet man Mikroadenorne mit einem Durchmesser kleiner 10 mm von größeren Makroadenornen. Karzinome sind eine Seltenheit. jedoch können auch Adenome durch Hormonproduk· tion oder durch ihr verdrängendes Wachstum symptomatisch werden. Wachsen sie nach oben, kann es zu einer Kompression des Chiasma opticum mit Gesichtsfeldeinschränkungen kommen; eine seitliche Ausdehnung in den Sinus cavernosus kann zu Ausfällen der Augenmuskelnerven und Anisokorie führen und eine komplette Resektion erschweren .
Hyperprolaktinämie Eine Hyperprolaktinämie ist eine allgemeine Erhöhung des Prolaktinwertes über 25 ng/ml bei Frauen und 20 ng/ml bei Männern. Sie kann auch verschiedene physiologische Ursachen haben (ITab. 2). Ein Wert > 200 ng/ml ist fast beweisend für ein Prolaktinom. Dieses ist der häufigste endokrin aktive Tumor der Hypophyse und kommt bei Frauen etwa fünfmal häufiger vor als bei Männern .
Abb. 1: Darstellung ein es Makroprolaktinoms i rn MRT. ]2]
I
Klinik Die Diagnose wird häufig als Zufallsbefund oder bei einem unerfüllten Kinderwunsch gestellt. Durch Prolaktin wird die hypothalamisehe GnRH-Sekretion gehemmt, mit der Folge eines hypogonadotropen Hypogonadismus. Die basalen FSH· und LH-Konzentrationen sind dabei häufig normal, während die pulsatile Sekretion und der mittzyklische LH Anstieg unterdrückt werden.
t Bei der Frau: Durch Störung der Hypo· physen·Gonaden-Achse kommt es zum Leitsymptom der sekundären Amenorrhö. Daneben kann es zu verminderter Libido, Osteopenie/Osteoporose (Östrogenmangell ) und Kopfschmerzen kommen. Eine Galaktorrhö wird bei weniger als der Hälfte beobachtet.
t Beim Mann: Die Leitsymptome verminderte Libido und Impotenz werden oft längere Zeit toleriert. Daher wird die Diagnose manchmal erst viel später beim Auftreten von Gesichtsfeldeinschränkunge n, Kopfsc hmerzen oder einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz gestellt. Außerdem kann es zu verminderter Bart- und Sexualbehaarung und Gynäkomastie kommen.
Diagnostik Stimulationstests mit TRH werden heute kaum noch durchgeführt. Trotz der unregel-
Adenom
Häufigkeit
Ursachen
Differentialdiagnosen
Ausschluss durch
Endokrin inaktive Adenome
40 %
Physiologisch
Sc hwangerschaft, Stillzeit
An amnese
Proiaktinome
25 %
GH-produzierende Adenome (von diesen
20% (20 %)
Stress und körperliche Belas tun g Prolaktinom
Wiederholte Prolaktinmessungen,
Hypophysenstiei-Phänomen: vermind erter Tran sport von Dopamin zum HVL durch RF, Trauma, Bestrahl ung u.a.
Anamn ese (Trauma), MRT
Pharmakolo-
Östrogene
Medika mentenanamnese
gisch
Alle Neuroleptika (D,-Antagonisten)
Hypophyse
zusätzlich Prolaktin)
ACTH-produzierende Adenome
t0%
(M. Cushing)
Sonstige (LH, FSH, TSH, pluri horm onal)
I
Bei einer regelmiBigen Menstruation kann eine Störung der Hypophysen-Gonaden-Achse ausgeschlossen werden.
5%
Tab. 1: Häufigkeitsvertei lung vo n Hypo physen-
Antidepressiva (TCA, MAO-Hemmer, seltener SSRI)
adenomen.
Metoclopramid Reserpin, a-Methyldopa Verapamil (Kalziumantagonist) Opioide u. v.a.
Weitere
Hypothyreose (TRH
I
Au sschlussdiagnose
Idiopathi sch
1'1
TSH
Chronische Niereninsuffizienz
Anamn ese und Serum-Kreatinin
Leberinsuffizienz
An amnese, Syntheseparameter
Akromegalie
IGF- 1, oGTI (GH)
Tab. 2: Ursachen der Hype rpro lak t in ämie.
MRT
)--------------------------------------------H-y~p_o_t_h_a_la_m__ us__-_H_y~p_o~p_h~y_s_e mäßigen Prolaktinfreisetzung ist die Bestimmung des basalen Prolaktins die Methode der WahL Werte zwischen 25 und 200 ng/ml erfordern mehrfache Messungen, Werte über 200 ng/ml weisen auf ein Makroprolaktinom (Durchmesser > I 0 mm) hin. Eine Raumforderung der Hypophyse und erhöhtes Prolaktin sind bei fehlenden klinischen Symptomen nicht immer vergesellschaftet. Daher muss vor der MRT-Untersuchung (I Abb. I) der anamnestische Ausschluss anderer funktioneller Ursachen erfolgen .
Die Diagnose eines Prolaktinoms wird durch den Ausschluss anderer Ursachen und den Nachweis einer Raumforderung gestellt. Da· nach sind zur Bestimmung einer Hypophyseninsuffizienz die Diagnostik der Partialfunktionen und eine Perimetrie (Bestimmung des Gesichtsfelds) durchzuführen. Manche Personen synthetisieren eine höhermolekulare Form des Hormons (Makroprolaktin) mit geringerer Bioaktivität, die in Assays eine Hyperprolaktinämie vortäuschen kann.
Therapie Im Gegensatz zu den anderen Hypophysenadenomen, die primär operativ therapiert werden, ist beim Prolaktinom die pharmakologische Behandlung die erste Wahl (I Abb. 2). Die Therapie eines Mikroadenoms kann bei Patienten ohne Galaktorrhö und ohne Kinderwunsch auch mit Sexualhormonen (bei Frauen Kontrazeptiva, bei Männern Testosteronsubstitution) erfolgen. ln den anderen Fällen sollte einschleichend mit Dopaminagonisten therapiert werden. Diese bewirken nicht nur eine Normalisierung der Prolaktinkonzentration, sondern führen auch in über 80% zu einer Verkleinerung des Tumors. Zur Verfügung stehen Ergotalkaloide wie Cabergolin (Dostinex®), das nur 1- bis 2-mal pro Woche gegeben wird und eine höhere Effektivität und Verträglichkeit besitzt
als der erste verfügbare Wirkstoff Bromocriptin (Pravidel®). Weitere Substanzen sind Lisurid und Ouinagolid. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Orthostasestörungen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen. Bei Absetzen der Medikamente (nach 2-3 Jahren Auslassversuch bzw. Dosisreduktion) kommt es jedoch häufig zu einem Wiederanstieg des Prolaktins. Bei Medikamentenunverträglichkeit gibt es die Möglichkeit einer operativen Therapie, während eine Strahlenthera pie nur in seltenen Fällen indiziert ist.
M. Cushing Mit etwa 70% ist die häufigste Ursache des endogenen Hyperkortisolismus ein ACTHproduzierendes Hypophysenadenom
(M. Cushing im eigentlichen Sinne). Meist handelt es sich dabei um Mikroadenome. Zur
Sinus cavernosus
konfluierende hypophysäre Venen
Sinus petrosus inferior
38 I 39
Differenzierung zwischen hypophysärer, adrenaler (von der NNR ausgehender) oder ektoper Hormonproduktion dient eine ACTH· Bestimmung in Kombination mit dem CRHTest und dem hochdosierten Dexamethasonhemmtest. Die Ergebnisse sind jedoch nicht immer eindeutig. Vor allem die Unterscheidung zwischen einem M. Cushing (zentrale Ursache) ohne nachweisbare hypophysäre Raumforderung und einer ektopen ACTHProduktion ist schwierig, so dass in manchen Fällen eine hypophysäre Überproduktion erst mit einem Sinus-petrosus-Katheter nachgewiesen werden kann (I Abb. 3). Auf ein Hypophysenadenom weist ein Quotient von petrosaler zu peripherer ACTH-Konzentration > 3 unter CRH-Stimulation hin. Die Klinik, Diagnostik und Therapie des M. Cushing sind gemeinsam mit den anderen Formen des Hyperkortisolismus auf Seite 78 f. zu finden.
I Abb. 3: Sinus-petrosus-Katheter: Unter Röntgenkontrolle wird der Kath eter bis nahe an die Hypophyse geschoben, und die ACTH-Konzentration nach CRH-Stimulation wird bestim mt. Eine Seitenabweichung bzw . ein Gradient zwischen zentraler und peripherer Konzentration spricht für ein en M. Cushing. [2]
Zusammenfassung ac Raumforderungen der Hypophyse sind sehr häufig ( 10- 20 %)! Diese werden jedoch nur in wenigen Fällen durch Hormonproduktion oder verdrängendes Wachstum symptomatisch. • Das Prolaktinom ist der häufigste Hypophysentumor. Auch zahlreiche anerhöhtes Risiko neurologischer Symptome in der Schwangerschaft (Adenomwachstum
dere Ursachen können zu einer Erhöhung des Prolaktins führen. leitsymptome der Hyperprolaktinämie sind sekundäre Amenorrhö bzw. Libido- und
unter Östrogen)
Potenzverlust. • ACTH-produzierende Hypophysenadenome (M. Cushing) sind die häufigste Ursache eines endogenen Hyperkortisolismus. I Abb. 2: Medikame ntöse Therapie beim Prolaktinom . [3]
Akromegalie GH-Konzentration
I
(~g / 1 )
Abb . 2: 46-jä hri ge r Patient mit
sei t 22 Jah ren bes tehender m ega lie. [2 [
Schlaf 20
Akro-
10
0 +."~-rrrrrrTTTTTO>O>""nrr 8 .00 8.00 12.00 16.00 20.00 24.00 4 .00 Tageszeit
I
Abb. 1: Die ph ys iologische Wachstumshormon -
sek reti o n erfolgt pul satil und v. a. in der Nacht. [7]
Akromegalie ist die pathologische Überproduktion von Wachstumshormon beim Erwachsenen. Von einem Gigantismus spricht man bei dem selteneren Auftreten vor dem Schluss der Epiphysenfugen mit einem proportionierten Hochwuchs. Die Ursache ist in 99% ein GH-produzierendes Hypophysenadenom. Andere Ursachen (ektope GH-Sekretion z. B. durch Lymphome oder hypothalamisehe bzw. ektope GHRHSekretion) sind sehr selten. Die Inzidenz (Neuerkrankungen) liegt bei 3- 4 Mio. pro Jahr. Bei der Diagnose sind die Patienten häu· fig im 3. - 5. Lebensjahrzehnt Klinik Bis zur Diagnosestellung dauert es oft mehr als I 0 Jahre, da sich die Veränd erungen schleichend entwickeln und vom Patienten selbst ka um wahrgenommen werden (I Abb. 2 und Tab. I). Manchmal fällt die Zunahme von Schuh-, Handschuh· oder Hut· größeauf (I Abb. 3).
All gemeinsymptome
Diagnostik Bei der Labordiagnostik ist ein einzelner basaler GH-Wert (G H > 5 ng/m l) aufgrund der pulsatilen Ausschüttung diagnostisch nicht aussagekräftig (I Abb. I). Deshalb kommen folgende Tests zum Einsatz:
sung der GH-Supprimierbarkeit (dynamischer Test) bei klinischem Verdacht und erhöhtem IGF-1. Wie bei der Diabetesdiagnostik werden 75 mg Glukose oral verabreicht und die GH · Konzentration nach 0, 60 und 120 Min . be· stimmt. Eine Akromegalie kann ausgeschlos· sen werden, wenn GH < I ng/ml.
Außerdem wird die restliche Hypophysenfunktion laborchem isch bestimmt, um eine Hypophyseninsuffi zienz auszuschließen bzw um eine kombinierte Prolaktinsekretion nachzuweisen, die in etwa 20 %auftritt. Nach Diagnosestellung sollten weitere Untersuchungen (EK G, Echokardiographie, Koloskopie, Schilddrüsensonographie) durchgeführt werden. Differentialdiagnostisch müssen ein Akromegaloid (genetische Ko nstitutionsvariante ohne endokrine Regulationsstörung) und bei Kindern ein konstitutioneller Hochwuchs ausgeschlossen werden. Eine GH-Erhöhung findet man auch bei Angst, körperlicher Belastung, chronischer Niereninsuffizienz, akuten Erkrankungen, Leberzirrhose, Hunger oder Unterernährung.
Eine MRT dient zur Lokalisationsd iagnostik und zur Beurteilung der Tumorgröße. Die Perimetrie gibt Auskunft über eine Beteiligung der Sehbahn und subklinische Gesichtsfeldeinschränkungen.
Therapie Behandlungsziel ist eine Normalisierung der IGF· l· und GH-Konzentration. Therapie der ersten Wahl und einziger potentiell kurativer Ansatz ist die operative Entfernung, meist
J IGF-1: als Suchtest und zur Beurteilung des
Verlaufs J oGTT (oraler Glukosetoleranztest): Mes·
t Rasche Ermüd barkeit, verringerte körperliche Belastbarkeit t Konzentrationsschwäche t Schwitzen
Skelett und Bewe-
• Akrales Wachstum: Hände, Nase, Ki nn, Jochbogen , Füße (I Abb. 3)
gungsapparat
t
Karpaltunnelsyndrom (Kompression des Nervus medianu s mit nächtlichen Schmerzen und Parästhesien von Daumen , Zeige- und Mittelfinger und evl l. Daumenballenatro phie)
• Diffuse Gelenkbeschwerden Gesicht
t t
Vergröberte Gesichtszüge, Makroglassie (vergrößerte Zunge) Prognathie (Vorstehen des Oberkiefers vor den Unterkiefer) und vergrößerter Zahnabstand
t Verdickte Haut, vermehrt e Talgsekretion (Seborrhö) Organveränderungen
• Organomegalie (z. 8. Herz, Leber, Schilddrüse)
Endokrine Symptome
t Ges törte Glukose toleranz
t t
Hände: warm-feucht , leicht konsi stenzvermehrt, verbrei tert und plump
Menstruation sstörungen , verminderte Libid o
t Struma t Endokrines Psychesyndrom (Müdigkeit, Lethargie und Stimmungsschwankungen) Ophthalmologische
t
und neuro logische
t Gesichtsfeldausfä lle
Kopfschmerzen
Symplome
t
Parästhesien
Weitere
t
Hypertonie und kardiavaskuläre Erkran kungen
t Schlafapnoesyndrom
I
Tab . I : Sympt om e d er Akromegali e (Leit-
symptome fett ausgeze ichnet) .
Hypothalamus - Hypophyse
40 141
I Abb. 3: Charakteristische Vergrößerung der Hände bei einem Patienten mit Akromegalie im Vergleich zu einem Gesunden mit gleicher Körpergröße. [7]
durch eine transsphenoidale Adenomektomie. Dabei wird durch die Nase und die Keilbeinhöhle ein Zugang zur Sella turcica eröffnet und selektiv das Tumorgewebe entfernt. Die Operation ist - abhängig von der Tumorgröße - in 50 - 80% erfolgreich. Als mögliche Nebenwirkungen können eine Sinusitis oder Blutung, selten auch eine Meningitis auftreten. Teilweise kommt es zu einem vorübergehenden Diabetes insipidus. Die Hypophysenfunktion bleibt meist erhalten. Nur in 5-20% ist eine lebenslange hormonelle Substitution aufgrund einer partiellen oder kompletten HVL-lnsuffizienz notwendig. Doch selbst bei einem GH -Abfall kann es nach Jahren zu einem erneuten Anstieg kommen. Bei Versagen einer operativen Behandlung oder adjuvant (ergänzend) ist auch eine medikamentöse Therapie möglich: t Die Somatostatinanaloga sind länger wirksam als die physiologische Form und hemmen ebenso die GH-Sekretion. Octreotid (Sandostatin®) kann initialdreimal täglich s. c. und danach als Depotpräparat (Sandostatin LAR®) einmal pro Monat i. m. verabreicht werden. Lanreotid (Somatuline®) ist ein weiterer Wirkstoff, der nur einmal monatlich s. c. gegeben wird. Die Somatostatinanaloga werden zur präoperativen Vorbereitung, zur Überbrückung bis zum Wirkeintritt der Strah· Jentherapie sowie bei Patienten, bei denen
eine Kontraindikation für eine Operation vorliegt, verwendet. Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Bauchschmerzen, Blähungen und Diarrhö sowie Vitamin-B 12 -Mangel und Gallensteinbildung. t Der GH-Rezeptor-Antagonist Pegvisomant (Somavert®) bewirkt nicht eine verminderte GH-Sekretion, sondern hemmt die Wirkung von GH am Rezeptor. Es kommt zu einer Normalisierung der ICF-I-Konzentration und klinischer Besserung bei hoher GH-Konzentration. Dieses teure, jedoch sehr wirksame Präparat findet bei Versagen der anderen therapeutischen Möglichkeiten Anwendung. t Dopaminagonisten stimulieren beim Gesunden die GH-Sekretion, können sie bei der Akromegalie hingegen hemmen. Bei kleinen Adenomen kann ein Therapieversuch erfolgreich sein. Vorteile sind die perorale Gabe und der niedrige Preis bei jedoch geringerer Wirksamkeit im Vergleich zu Somatostatinanaloga. Cabergolin (Dostinex®) wird heute oft dem Bromocriptin (Pravidel®) vorgezogen (s. a. S. 39). Zu Beginn treten häufig Kreislaufbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen auf.
chirurgie (Linearbeschleuniger oder "Gammaknife"). Es kann dabei zur Insuffizienz anderer Hypophysenfunktionen, seltener zu Optikusneuropathie mit Erblindung oder Zweittumoren kommen. Durch den verzögerten Wirkein tritt, der erst Monate bis Jahre später einsetzt, muss zusätzlich medikamentös behandelt werden.
Prognose Unbehandelt sinkt die Lebenserwartung um etwa I 0 Jahre. Die erhöhte Morbidität und Mortalität sind auf Sekundärkomplikationen zurückzuführen: kardiavaskuläre Erkrankungen durch Hypertonie und Kardiomegalie, Diabetes mellitus, Gelenkerkrankungen, Zweittumoren wie kolarektale Karzinome oder Mammakarzinome, respiratorische Komplikationen bei Schlafapnoesyndrom. Entscheidend sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sowie eine konsequente medikamentöse Substitution im Fall einer postoperativen Hypophyseninsuffizienz.
Bei Therapieversagen oder erneutem Tumorwachstum kann eine Strahlentherapie eingesetzt werden. Verwendet werden die konventionelle, fraktionierte Röntgenbestrahlung (auf mehrere Dosen verteilt) oder die Radio-
Zusammenfassung X Die Akromegalie Ist eine seltene Erkrankung mit schleichendem Verlauf.
ac Die häufigsten Symptome sind die Vergrößerung der Akren und der Zunge, Vergröberung der Gesichtszüge, Kopfschmerzen und Sehstörungen. Des Weiteren findet man häufig eine Hypertonie und eine pathologische Glukosetoleranz. X Diagnose durch Klinik, IGF-1 und GH-5uppressionstest X Therapie der Wahl ist die transsphenoidale Adenomektomie.
10pituitarismus Diagnostik Für die Diagnose sind die klinischen Zeichen des Hormonmangei wegweisend. Der Nachweis ist durch die Interpretation von gleichzei-s tig gemessenen hypophysären (ACTH, TSH, LH/ FSH, GH, PRL) unct peripheren Hormonen (Kortisol, fT,, Östrad iol, Testosteron, IGF-1) zu stellen. Typisch ist dabei eine Erniedrigung der Zielho rmone bei inadäquat niedrigen hypophysären Hormonen. Vor allem bei der kortikotropen (ACTH) und der somatotropen ~chse (GH) ist die Bestimmung der basalen Hormonkonzentrattonen hauflg mcht ausreichend, wobei eine kombinierte Verabreichung der hypo thalamisehen Releasing-Hormone CRH, GnRH, TRH, GHR H und Arginin (Somatostatinantagonist) weiterhilft. Eine Hypophysenvorderlappeninsuffizie nz liegt bei fe hlendem oder unzureichendem Anstieg der hypophysären und peripheren Hormone vor. Zur Differenzierung zwischen sekundären (hypophysä ren) und tertiären (hypo thalamischen) Ursachen dient die Kombination aus Releasing-Hormon-Test und Insulin-Hypoglykämietest, der auch die Funktion des Hypothalamus beurteilt. Bei intaktem Regelkreis führt die insulininduzierte Hypoglykämie ab ei ner Serumglukose < 40 mg/dl zur GH- und CRH-Sekretion und somit auch zur ACTH- und Kortiso!freisetzung. Daneben tre ten Tachykard ie und evtl. neuroglukopenische Symptome auf, weshalb dieser Test aufgrund des erhöhten kardiovaskulären Risikos bei Wachstumshormonmangel nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Ein fehlender Anstieg von ACTH bei Hypoglykämie bei einem normalen Anstieg nach CRH-Gabe weist auf eine hypothalamisehe Schädigung hin . Ein normaler Anstieg des Wachstumshormons spricht für eine intakte Funktion der somatotropen Achse. Zum Tumorausschluss werden eine MRT bzw. CT und eine Perimetrie durchgeführt.
___ , :-:-·:.apituitarismus bezeichnet man einen partiellen oder kom;;;c ~~en Ausfall der Funktion des Hypophysenvorderlappens. Die Schädigung kann auf der Ebene der Hypophyse oder durch eine Störung der übergeordneten hypothalamisehen Regelzentren entstehen. Häufige Ursachen der Hypophysenerkrankungen sind in I Tab. I dargestellt. Diegenaue Pathogenese der postpartalen Hypophysennekrose beim Sheehan·Syndrom ist unklar. Die Hypophyse zeigt während der Schwangerschaft ein Wachstum und reagiert daher empfindlicher auf Hypoxie. Bei der Geburt kann es durch größere Blutverluste zu einer verminderten Durchblutung kommen, außerdem werden häufiger Thrombosen beobachtet. Die Hypophyseninsuffizienz kann sich dabei auch erst über ein Jahr nach der Geburt manifestieren . Typische Symptome sind Agalaktie und sekundäre Amenorrhö.
Klinik Klinische Symptome treten erst ein, wenn 80!16 des Hypophysenvorderlappens zerstört sind. Bei Hypophysenadenomen findet man eine typische Reihenfolge beim Ausfall der einzelnen Funktionen. Dabei sind zuerst die nicht lebensnotwendigen Hormonsysteme betroffen: GH -+ FSH / LH -+ TSH -+ ACTH.
Allein Prolaktin ist häufig bis zuletzt nachweisbar und kann durch den Ausfall der inhibitorischen Kontrolle sogar erhöht sein . Symptome ergeben sich durch den Ausfall verschiedenen Hormonachsen (ITab. 2). Ein Ausfall der Gonadotropine und von GH ist häufiger zu finden als ein Ausfall von TSH oder ACTH. Der Verlauf ist meist schleichend.
Tumoren
Hormonausfall
Hypophysenadenome und andere Raumforderungen mit lok aler Verdrängung, Kraniopharyngeom (benigner Tumor von Zellen der
GH
Rathk e-Tasche, häufiger bei Kindern) Trauma
Posttraumatische Einblutung, Schädel-Hirn-Trauma, Opera tions-
Kind er
Hypophysäre r Kleinwuchs
Erwachsene
t Abdomin elle Fetteinlagerungen, Abnahme der Muskelmasse
trauma Entzündungen
Hypophysitis, granu lomatöse Erkrankungen (Tuberkulose, Sarko-
Autoimmun -
Autoimmunhypophysitis
idose, Histiozytose X) FSH/ LH
prozesse Apoplexie
Sheehan-Syndrom (heute se lten)
Therapeutisch
Nach Adenomektomie oder Bes trahlung
Symptome
Kinder
t
Adynamie, erh öhtes Arteriosk lero seri siko! LDL/ HDLQuotient i
t
Hypoglykämie
Gestörte Pubertät sentwick lung
Frauen und
Zeichen des Hypogonadism us, wächsern e blasse Haut,
Männer
Gerodermie (periokuläre und periorale Fältelung der Haut), fehlende Seku ndärbehaarung, Fehlen der latera len Augenbrauen, verminderter Antrieb, Depression, verminderte
I
Tab. 1: Häufige Ursachen des Hypopi t uitarismus.
Muske lmasse, spä ter auch Osteoporose Frauen
Menstruationss törungen und sek. Amen orrhö , Atrophie der Mammae
Männer
Libido- und Potenzs törungen, weiche und verk leinerte Hod en
t Müdigkeit, Kälteintoleranz, Obstipation, Ödemneigung
TSH
t Trockene , raue Haut, Hyperlipidämie t Gewichtszu nahme
t
ACTH
Müdigkeit, Gewich tsverlust
t Übelkeit, Hypoglyk ämien t Bradykardi e, Hypotonie a -MSH Prolaktin
Blässe
.j.
Au sbleiben der postpartat en Lak tation
i
t Sekund äre Amenorrhö t Libido- und Potenzverlust
Bei Tumoren außerd em
I
Kopfschm erzen, Gesichtsfeldeinschränkungen
Tab. 2: Sy mpto m e bei Hyp o physe nvorderlappe nin suffi zien z.
-
Hypothalamus - Hypophyse
Differentialdiagnose Besonders schwierig ist die Diagnose einer partiellen Insuffizienz mit einem Ausfall einzelner Hormonachsen. Bei der polyglandulären Insuffizienz (s.S. I06 f.) kommt es ebenfalls zu endokrinen Unterfunktionen, die häufig die Nebenniere und Schi lddrüse betreffen . Endokrine Störungen können auch bei schweren Allgemeinerkrankungen wie Leberoder Niereninsuffizienz auftreten. Therapie Die Therapie besteht aus einer kausalen Behandlung (z. B. Adenomektomie) und einer Substitution der ausgefallenen Hormonachsen. Außerdem müssen die Patienten immer einen Notfallausweis bei sich haben. II Zur Substitution der kortikotropen Achse wird üblicherweise Hydrokortison verwendet: Bei einem normalen Tagesablaufwerden von den 20 - 30 mg/Tag zwei Drittel morgens und ein Drittel am frühen Nachmittag eingenommen. Bei Infekten oder Operationen kann eine Erhöhung der Dosis auf das 2· bis 3fache nötig sein. Auch bei großer Hitze oder starker körperlicher Anstrengung sollte die Dosis um 50% erhöht werden. Eine Unterdosierung zeigt sich durch Appetitlosigkeit, Übelkeit und Müdigkeit. Eine Dosisanpassung sollte dann nach dem Befinden des Patienten und nicht nach dem Serumkortisol erfolgen. II Oie Substitution der Schilddrüsenhormone erfolgt durch Levothyroxin. Die Einnahme soll 30 Min. vor dem Frühstück erfolgen. Vor allem bei älteren Patienten muss einschlei· chend dosiert werden, um eine bestehende KHK nicht zu verschlimmern. II Sexualhormone: - Bei prämenopausalen Frauen werden Sexualhormone durch eine Hormonersatztherapie (HET) mit einer sequentiellen Östrogen-Gestagen-Kombination wie im Klimakterium substituiert. Bei hysterektomierten Frauen ist eine Cestagengabe nicht notwendig. Ohne Substitution besteht eine erhöhte Mortalität, die durch eine HET normalisiert werden kann. Bei jüngeren Frauen überwiegen daher die Vorteile einer Substitution, die in der geringsten notwendigen Dosis erfolgen sollte. Für perimenopausale Frauen sind aufgrund
der Risiken regelmäßig die Indikation und das Nutzen-Risiko-Verhältnis zu überprüfen (s. a. S. I 02). - Bei Männern erfolgt die Substitution durch eine intramuskuläre Testosteroninjektion oder auch als Pilaster oder Gel (s. S. 91 f.). II Eine Fertilität wird jedoch durch alleinige Stereidsubstitution nicht erreicht. Besteht ein Kinderwunsch, so sollte eine Fertilitätstherapie (s. S. 92) mit Gonadotropinen oder GnRH begonnen werden. II Bei Kindern mit Kleinwuchs und bei Erwachsenen mit ausgeprägtem GH-Mangel (bei verminderter Lebensqualität, Hyperlipidämie, abdomineller Adipositas, Osteopenie) kann eine subkutane Injektion von gentechnisch hergestelltem GH angewendet werden.
42143
12 - 24 Stunden darf Levothyroxin gegeben werden, da der Kortisolbedarf durch Schilddrüsenhormone erhöht wird und sich so die NNR-Insuffizienz verschlimmern würde.
Empty-Sella-Syndrom Die primäre Form entsteht bei einer Fehl· bildungdes Diaphragma sellae, wodurch sich der Subarachnoidalraum in die Sella ausbreiten kann und bei erhöhtem Hirndruck die Hypophyse verdrängt. Endokrine Symptome sind aufgrund der großen Reservekapazität jedoch selten. Zu einem sekundären Empty-SellaSyndrom kommt es durch Nekrose z. B. beim Sheehan-Syndrom oder bei der Apoplexie eines Adenoms.
Hypophysäres Koma Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Kombination einer sekundären NNRInsuffizienz und einer sekundären Hypothyreose. Häufig führen dabei bestimmte Ereignisse wie Infekte, Operationen, Traumata, Erbrechen oder Diarrhö zur akuten Manifestation einer chronischen Insuffizienz. Ein Ausfall der anderen hypophysären Hormone ist nicht lebensbedrohlich, führt jedoch zu charakteristischen Begleitsymptomen. Klinik: Typisch ist ein schläfrig-stuporöses Bild mit ausgeprägter Hypotonie, Bradykardie und Hypothermie auch unter 30 °C! Durch Kortisolmangel kommt es zur Hypoglykämie. Auffällig sind eine wächserne Blässe und fehlende Sekundärbehaarung. Diagnostik und Therapie: Das hypophysäre Koma ist selten. Eine rechtzeitige Diagnose und Therapie können jedoch lebensrettend sein. Begonnen wird mit I00 mg Hydrokorti· son als Kurzinfusion und Flüssigkeitssubstitution (evtl. glukosehaltige Infusion). Erst nach
'---+-- - Hypophysenhinterlappen
I
Abb. 1: MRT: Empty-Sella-Syndrom. Die Hypophyse ist an den hinteren Rand der Sei Ia turcica gedrängt, der Sellainhalt erscheint liquordicht. [2]
Zusammenfassung • Häufige Ursachen einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz sind Tumoren, Traumata oder Entzündungen. Die endokrine Reservekapazität der Hypophyse ist sehr groß. • Die Symptome sind abhängig vom Ausfall der jeweiligen Hormonachse und von der Schnelligkeit des Auftretens. Typische klinische Zeichen sind ein Fehlen der Sekundärbehaarung und der lateralen Augenbrauen, blasse Haut, Libidoverlust, Muskelschwäche und abdominelle Fetteinlagerung. • ln der Laboroiagnostik findet sich eine Erniedrigung der Zielhormone (Kortisol, fT4, Östradiol, Testosteron, IGF-1) bei inadäquat niedrigen hypophysären Hormonen (ACTH, TSH, LH, FSH, GH). Die Therapie besteht in einer Substitution der ausgefallenen Hormonachsen.
1-Störu ngen ::: ---=-~ _-.DH kommt es zur Rückresorption von Wasser im distalen Tubulus und in den Sammelrohren der Niere, während die Natriumausscheidung unbeeinflusst bleibt. Für die Volumenregulation, die weitgehend durch die Natriumausscheidung reguliert wird, gibt es mehrere Regulationsmechanismen (Sympathikus, RAAS, ANP, ADH)_ Die Osmolalität hingegen wird durch Osmorezeptoren im Hypothalamus gemessen und allein durch die Wasserausscheidung über ADH und die Wasserzufuhr bei Durstgefühl gesteuert (s. S. I3). Pathophysiologie Störungen der ADH-Sekretion haben in weiterer Folge durch Dehydra· tationeine Hypernatriämie bZ\v. durch Verdünnung eine Hyponarri· ämie zur Folge. Ausscheidung von freiem Wasser -+ (Na•] t und Osmolalität tt
Dadurch kommt es zu einer Veränderung der Serumosmolalität, also der Konzentration der gelösten Teilchen pro Kilogramm Lösungswasser (normal: 280 - 300 mosmol/kg H20; die Osmolarität hingegen gibt die gelösten Teilchen pro Liter Lösung an= mosmol/ 1). Die Osmolali· tät kann einfach abgeschätzt werden:
längerem Dursten kommt es durch Dehydratation zur hypovolämischen Hypernatriämie mi t neurologischen Symptomen (Somnolenz Verwi rrtheit, Gereiztheit, Muskelkrämpfe, Fieber). ' Diagnosti k Als einfache Methode werden Harnvolumen und Trinkmenge übe eine oder zwei 24-Stunden·Perioden nach Absetzen diuretischer Med;. kamente festgehalten. Außerde m sollte eine Bestimmung der P!asmaosmolalität und des Serumnatriums erfolgen. Bei einem Harnvolumen über 2V2l pro Tag wird zum Nachweis eines Diabetes insipidus der Durstversuch du rchgeführt. Bei Flüssigkeitskarenz kom mt es physiologisch durch Hyperosmolarität und Hypovolämie zur ADH ·Ausschüttung und somit zu verstärkter Harnkonzen trierung mit einer Abnahme des Harnvolumens. Vor dem Test sollten eine Glukosurie (durch Urinstix) ausgeschlossen und der Hydratationszustand abgeschätzt werden. Ab 24 Uhr darf der Patient nichts mehr trinken und wird ab 8 Uhr alle zwei Stunden zum Harnlassen aufgefordert. Dabei werden Urinmenge, Urinosmolalität, Körpergewicht Blutdruck und Puls gemessen. Um einen zu großen Flüssigkeitsverlu;t u.nd Trinken während des Versuches zu verhi ndern, ist eine ständige Uberwachung erforderlich. Zu Beginn und gegen Ende werden Serumosmolalität, Serumnatrium und ADH bestimmt. Bei einem Diabetes insipidus steigt die Urinosmolalität nicht oder nur gering (< 30 mosmollkg/h), während die Serumosmolalität erhöht ist.
Serumosmolalität - 2 x [Na•] +Glukose (mg/dl) /18 +Harnstoff
(mg/dl) /5,6 Wie aus der Formel ersichtlich ist, wird die Osmolalität vorwiegend durch Natrium bestimmt. Bei Störungen der Osmolalität kann es durch Veränderungen des Zellvolumens rasch zu zentralnervösen Störungen und zum Koma kommen. Bei Hyperglykämie oder Nieren· insuffizienzsteigt auch der Einfluss von Glukose bzw. Harnstoff auf die Osmola!ität.
Di abetes in si pidus Durch verminderte ADH-Produktion beim zentralen Diabetes insipidus oder durch vermindertes Ansprechen auf ADH beim selteneren renalen Diabetes insipidus kann die Niere den Harn nicht ausrei· chend konzentrieren. Die Folge ist eine vermehrte Ausscheidung eines verdünnten Urins (Polyurie) bei verminderter Harnkonzenrrierung (lsosthenurie). Ätiologie Ursachen des zentralen Diabetes insipidus sind idiopathisch (30 %), Tumoren (25 %), vorübergehend nach Hypophysektomie (nur selten persistierend, da die Hormonbildung im Hypothalamus lokalisiert ist), traumatisch, bei neurochirurgischen Operationen u. a. Für die renale Form gibt es angeborene Ursachen wie Mutationen des V2·Rezeptors oder der Aquaporinkanäle. Tubuläre Nierenerkrankungen, Hypokaliämie, Hyperkalziämie oder bestimmte Medikamente (Lithium, Furosemid, Gentamicin, Amphorericin B) können zu einer erworbenen ADH-Resistenz führen. Klin ik Die typischen Leitsyrnptome sind Polyurie/Nykturie, Polydipsie und Ausscheidung eines hypotonen Harns. Typischerweise kommt es zu einem plötzlichen Auftreten der Störung und zu einer Urinausschei· dungvon 5- I 0 I pro Tag. Nur bei einem kompletten Fehlen von ADH wird auch eine Ausscheidung von bis zu 20 I beobachtet. Der hohe Wasserverlust führt zur Austrocknung von Haut und Schleimhäuten sowie Obstipation. Die Patienten müssen zwanghaft trinken. Aus unbekannten Gründen werden oft kalte Getränke bevorzugt. Nur bei
Diabetes insipidus: Urinosmolalität < Serumosmolalität
Zur Differenzierung zwischen der zentralen und der renalen Form Wird am Ende Desmopressin i. v./s. c. (ADH·Analogon, s. u.) verabreicht. Bei der zentralen Form kommt es nach 1- 2 Std. zu einem Anstieg der Urinosmolalität, da exogenes ADH an den intakten Sammelrohren nun eine Wasserrückresorption bewirkt. Beim renalen Diabetes insipidus hingegen bleibt die Urinosmolalität niedrig (I Abb. I). Der Test Wird beend et, wenn ein Diabetes insipidus nachgewiesen oder ausgeschlossen werden kann, bzw. wenn der Patient mehr als 3- 4 % des Körpergewichts verliert oder eine Hypotonie auftritt. Nach Diagnosesicherung sollte zum Tumorausschluss eine MRT durchgeführt werden. Differentialdiagnostisch ist eine psychogene Polydipsie (oft bei jüngeren Patienten und mit psychischen Störungen kombiniert) oder ein Diuretikamissbrauch abzugrenzen. Bei der psychogenen Polydipsie kann der Anstieg der Urinosmolalität ähnlich niedrig sein wie bei einem partiellen Diabetes insipidus centralis. Eine Desmopressin-Gabe führt jedoch nicht zu einem weiteren Anstieg. Nur selten ist zur Differenzierung ein Kochsalzinfusionstest nötig. Polyurie und Polydipsie sind auch häufig die ersten Symptome eines Diabetes mellitus.
Uosm (mosmol/kg) 14110 DDAVPI
1100 1000 900 800
.,.,.
.•..
+ ........................ .
700 - ~
600 . •••• .... 500 •••• •••••·••· 400 •••••• •••••• 300 ••••• •••••••••• 200 100
normal
Polydipsie zentraler Diabetes insipidus nephrogener Diabetes insipidus
0~----~----~----~r+
0
9 18 Zelt (Stunden)
27
I Abb . I : Urinosmol alität währe nd ein es Durstversuchs. 121
Hypothalamu s - Hypophyse
44 145
Th erap ie Wenn eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gegeben ist, ist eine medikamentöse Therapie häufig nicht notwendig. Nykturie und Polyurie können jedoch die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Bei schwereren Formen kann einschleichend Desmopressin (z. ß_Minirin®) substituiert werden. Dabei handelt es sich um ein ADH-Analogon, das nicht nur eine längere HWZ hat, sondern auch bevorzugt an V2-Rezeptoren ansetzt und so kaum eine Vasokonstriktorische Wirkung hat Es muss gekühlt werden und kann intranasal als Spray, oral oder parenteral (Intensivmedizin) angewendet werden. Ziel ist eine Harnmenge von 2- 4 I. Bei Überdosierung kann es zu Nebenwirkungen kommen, die auf die Flüssigkeitsretention zurückzuführen sind [Gewichtszunahme, Hyponatriämie, Krämpfe, Bewusstlosigkeit). Der renale Diabetes insipidus wird mit Thiaziddiuretika und Kochsalzrestriktion behandelt Für beide Formen ist eine ausreichende Wasserzufuhr nötig, um Flüssigkeitsverluste auszugleichen. Bei der psychogenen Polydipsie sollte neben Flüssigkeitsrestriktion eine Behandlung der psychiatrischen Grunderkrankung erfolgen.
Diagnostik Zur Diagnose müssen per Definition andere Ursachen einer Hyponatriämie ausgeschlossen werden:
SIADH
Zur Diagnostik einer Grunderkrankung sind eine genaue Anamnese und eine Bildgebung von Schädel und Lunge erforderlich. Nur selten ist zur Diagnostik ein Wasserbelastungstest notwendig.
Unter dem Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion oder dem Schwartz-Bartter-Syndrom versteht man eine pathologisch erhöhte ADH-Sekretion, die hypophysär oder ektop lokalisiert ist Kennzeichnend sind eine Verdünnungshyponatriämie und Hypoosmolalität bei nicht supprimiertem ADH. Der Verlauf ist häufig akut und selbstlimitierend.
Ätiologie t Zentralnervöse Störungen: Schädelfraktur, Meningitis, Insult t Paraneoplastische ADH-Produktion: häufig kleinzelliges Bronchialkarzinom t Chronische pulmonale Prozesse: Entkopplung der ADH-Sekretion z. B. bei Tuberkulose, Pneumonie t Medikamente: Carbamazepin, Neuroleptika, Antidepressiva, Vincristin Stress, Schmerzen oder Übelkeit stimulieren die ADH-Synthese hingegen nur vorübergehend.
Klinik Teilweise werden asymptomatische Verläufe beobachtet Symptome treten durch die Hyponatriämie auf, die zu Zellschwellung und einem Hirnöd em führt. Ab einem Serumnatrium < 125 mmol/ 1oder einer Serumosmolalität < 260 mosmollkg kommt es zu zunehmenden neurologischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Somnolenz und Koma. Entscheidend ist dabei aber auch die Schnelligkeit des Auftretens. So kann eine Hyponatriämie, die langsam auftritt, auch leichter kompensiert werden. Erhöhter Wassergehalt in der Muskulatur führt zu Muskelkrä mpfen. ADH hat jedoch nur einen geringeren Effekt auf die Volumenregulation . Die Patienten haben daher typischerweise keine Ödeme. Es kommt jedoch zur Einstellung des Wasserhaushaltes auf einem neuen Gleichgewicht mit einer Retention von ca. 2- 3 I und milder Hypervolämie.
t Hypothyreose/ NNR-lnsuffizienz t Nierenversagen, Medikamente (Diuretika) t Beim SIADH: keine Ödeme, keine Hypovolämie! (zur Einschätzung der Volumensituation s. S. 13) Es finden sich eine Hyponatriämie und Hypoosmolalität bei gleichzeitig erhöhter Natriumausscheidung [> 20 mmol/ 1). ADH ist dabei häufig normal oder gering erhöht, in Bezug auf die Serumosmolalität jedoch inadäquat erhöht. Bei einer Hyponatriämie anderer Genese ist ADH hingegen erniedrigt.
Therapie Da es sich vorwiegend um sekundäre Ursachen handelt, steht die Behandlung der Grunderkrankung oder das Absetzen auslösender Medikamente im Vordergrund . Eine Restriktion der Trinkmenge (0,5 - 11/Tag) hilft, das Ausmaß der Hyponatriämie zu begrenzen. Bei chronischen Formen kann außerdem eine medikamentöse Therapie mit Lithiumkarbonat oder mit ADH-Antagonisten (Democlocyclin, in Deutschland nicht zugelassen) versucht werden. Nur bei schwerer Hyponatriämie [< I 00 mmolll) solllangsam (maximale Korrektur 0,5 mmol/1pro Std.) 3 %iges Na Cl infundiert werden. Dieser Vorgang kann auch über Tage dauern. Oie Korrektur der Hyponatriämie darf nur langsam erfolgen, da sonst die Gefahr einer irreversiblen zentralen pontlnen Myelinolyse besteht!
Zusammenfassung X ADH reguliert über die Wasserausscheidung die Osmolalität. X Diabetes lnslpidus: Kennzeichnend für die zentrale und die renale Form sind Polyurie, Nykturie und Polydipsie. Die Diagnose wird mit dem Durstversuch gestellt. X SIADH: Auffällig sind neurologische Symptome durch eine Hyponatriämie. Es treten keine Ödeme auf. Für die Diagnostik müssen andere Ursachen der Hyponatriämie (Hypothyreose, NNR-Insuffizienz) ausgeschlossen werden.
Anatomie und Physiologie Die Schilddrüse entsteht als Aussprossung des Schlunddarms und ist mit diesem durch den Ductus thyroglossus verbunden, der sich später zurückbildet. Die Schilddrüsenanlage wandert nach unten und erreicht etwa in der 7. Schwangerschaftswoche ihre endgültige Position. Etwa ab der 10. Woche besitzt die Schilddrüse die Fähigkeit, Iod aufzunehmen. Wenig später kann sie auch Schilddrüsenhor· mone synthetisieren und freisetzen. Die Schi lddrüse besteht aus zwei Lappen, die durch den Isthmus (Enge) verbunden sind. Sie liegt halbringförmig um die Trachea, knapp unterhalb des Kehlkopfs (I Abb. 1). Als Rest des Ductus thyroglossus ist teilweise ein variabler Lobus pyramidalis zu finden. Unvoll· ständige Rückbildungen können zu Thyroglos· suszysten oder Zungengrundstrumen führen. Die Schilddrüse ist von einer fibrösen Kapsel umgeben, mit der sie an der Trachea befestigt ist, und somit den Schluckbewegungen folgt. Dorsal anliegend verläuft der N. laryngeus recurrens nach kranial, um die innere Kehl· kopfmuskulatur zu innervieren. Die Follikel stellen die funktionelle Einheit der Schilddrüse dar. Sie bestehen aus einem einschichtigen Epithel, welches das Follikel· Iumen mit dem Kolloid umgibt. In Abhängig· keit vom Funktionszustand der Schilddrüse verändern sich Form und Größe der Follikel· epithelzellen und der Follikel sowie der Kol· loidgehalt. Zwischen den Follikeln befinden sich die kalzitoninproduzierenden C-Zellen. Bei Überfunktionszuständen ist die arterielle Durchblutung erhöht und kann zu einem auskultierbaren Rauschen und Schwirren führen.
Iod Für die Schilddrüsenhormonsynthese ist eine ausreichende Versorgung mit Iod entschei·
Follikellumen
Tyr
Tyr
NAOPH 2
NADP+
I Abb. 1: Die Schilddrüse ist lei cht für UnterA. thyroid ea
superior
suc hungen zugä nglich . Daher sind die Kenntnisse der topografi sc hen Anatomie von praktischer Bedeutung. ]2 1I
. carotis
dend . Die WHO empfiehlt eine tägliche Iod· zufuhr von !50- 300 11g. In der Schwanger· schalt ist der Bedarf erhöht, weshalb die Subs· titution von 200 11g Iodid/ Tag empfohlen wird. In Österreich muss seit 1990 Speisesalz gesetzlich mit 20 mg Kaliumiodid/ kg Vollsalz iodiert werden. Auch der Großteil der deut· sehen Haushalte verwendet iodiertes Speise· salz. Dadurch konnte die Iodversorgung in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert werden. Iod kommt natürlich in Meeresfi sch und anderen Meerestieren vor. Es wird eben· falls Futtermitteln zugesetzt, wodurch auch in Fleisch, Milch und Milchprodukten nennens· werten Mengen Iod enthalten sind. Für eine ausreichende Iodversorgung ist keine regelmäßige Zufuhr notwendig, da die Schild · drüsenfollikel als Hormonspeicher dienen. Die darin enthaltenen Schilddrüsen hormone decken den Bedarf für bis zu zwei Monate. Iod ist außerdem in Pharmaka (Amiodaron,
DIT
MIT
Desinfektionsmittell und manchen Kontrastmitteln enthalten.
Biosynthese und Metabolismus der Schilddrüsenhormone Iod ist ein wesentlicher Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Es wird rasch und nahezu vollständig im Dünndarm resorbiert und aus der Blutbahn gegen ein Konzentrationsgefälle in die Follikelepithelzelle aufgenommen (I Abb. 2) . Die Aufnahme erfolgt energieabhängig über einen Na+·lodid·Symport (lod.ination). In den Zellen wird das G!ykoprotein Thyreoglobulin (Tg) synthetisiert, das zahl· reiche Tyrosinreste besitzt und du rch Exozytose in das Follikellumen abgegeben wird. Die Epithelzellen exprimieren an der Iuminalen Membran das Enzym thyreoidale Peroxidase (TPO). Diese oxidiert Iodid zu Iod, baut Iod in die Tyrosinreste des TG ein (lodisation) und katalystert dte Kopplungsreaktion der
OIT
MIT
Kopplung
lodiorung
+Ü2
Lyso~------ t . 'tJ
~-Erzeugung
I - - - - Duiodlorung
Hy_d~olyso MIT ~ · ~ ·~
----
1- .....------
Blut
sauren
DIT
~
T3
T,
Amino -
sä uren
I Abb. 2: Biosynthese der Sc hilddrüsenhormone. Monoiod tyrosin (MIT) und Diiodtyrosin (DIT) sin d Vorläuferstufen der Sc hilddrü sen hormo ne. ]1 1
Schilddrüse
Vorläuferstufen zur Hormonsynthese von Thyroxin (T4 ) und Triiodthyronin (T 3 ) (I Abb. 3). Die an Thyreoglobulin gebundenen Schilddrüsenhormone werden in die Zelle aufgenommen, wo T4 und T3 in Phagolysosomen abgespalten werden und dann aus der Zelle diffundieren können. T4 macht mit etwa 90 % den weitaus größeren Anteil der sezernierten Hormone aus, während T3 großteilserst in der Peripherie oder der Zielzelle selbst aus T4 durch Deiodierung entsteht. Die Konversion von T4 zu T3 kann durch Propylthiouracil, Kortikosteroide und Propranolol gehemmt werden. Durch Deiodierung an einer anderen Stelle entsteht aus T4 in etwa gleicher Menge wie T3 das inaktive rT 3 (reverses T3 ] . Der Transport der Schilddrüsenhormone im Blut erfolgt durch Bindung an thyroxinbindendes Globulin (TBC) und Transthyretin (keine Bindung von T3). Sie wirken über einen intrazellulären Rezeptor (s. S. 4 f.). Die Halbwertszeit der Schilddrüsenhormone ist sehr lang. Sie beträgt für das schwächer wirksame T4 7- I 0 Tage. T4 hat somit die Funktion eines peripheren Hormonspeichers, da daraus das etwa zehnlach potentere T3 entsteht, das eine kürzere Halbwertszeit von ca. einem Tag hat. Der Großteil wird durch Deiodierung abgebaut, wobei das frei werdende Iodid wieder für die Hormonsynthese verwendet wird. Ein kleiner Teil wird nach Konjugation an Glukuronat oder Sulfat über die Galle ausgeschieden. Die Schilddrüse synthetisiert ihre Hormone unter der Regulation durch TSH. TSH stimuliert dabei über einen G5-Protein-gekoppelten Rezeptor die Aufnahme von Iodid, die Thy· reoglobulinsynthese sowie die Synthese und Freisetzung der Schilddrüsenhormone. TSH führt außerdem zu einer Hypertrophie der Epithelzellen. Die Iodidaufnahme wird neben
HO-b-0-9-CH,J:~COOH I Triiodthyronin (Liothyronin)
H0-9-0-9-CH,J:~COOH I
I Thyroxin (Levothyroxin)
I
Abb. 3: Struk tur der Schilddrüsenhormone. ]1]
46147
Beeinflusste Faktoren und Systeme
Physiologische Effekte
Wachstum und Entwicklung
t Essentiell für eine normale ZNS- und Skelettentwicklung
Grundumsatz
t Stimulation der Na' /K' -ATPase--> erhöhter 0 2-Verbrauch--> Hyperventilation
t Erhöhte Wärmeproduktion -->gesteigerter Grundumsatz Herz- Kreislauf-System
t Positiv inotrop: Schlagvolumen 't, systolischer RR 't, Blutdruckamplitude 't t Positiv chronotrop: Herzfrequenz 't t Vermehrte ß-Adrenorezeptor-Expression: erhöhte Empfindlichkeit für Katechotamine (permissive Wirkung)
t Bei Älteren: Extrasystolen, Vorhofflimmern, Angina pectoris Gastrointestinaltrakt
t Steigerung der Darmmotilität
Knochen
t Erhöhter Kalzium- und Phosphatumsatz, Stimulation des Knochenumbaus (Knochenturnover)
Kohlenhydratstoffwechsel
t Durch Steigerung der Glukoneogenese und Glykogenolyse Erhöhung des
Fettstoffwechsel
t
Proteinstoffwechsel
t ln physiologischen Dosen anabol, erhöhte Konzentrationen wirken katabol
Blutzuckers--> Insulinbedarf steigt an! Gesteigerte Fettmobilisierung, vermehrte LDL-Rezeptor-Expression, LDL/HDL-Quotient
.J.
--> Abnahme der Muskelmasse Blutbildung
t
ZNS und neuromuskuläre
• Stimulation zentralnervöser Funktionen und gesteigerte neuromuskuläre
Stimulation der Erythropoese
Erregbarkeit
Übertragung Hormone
I
t Gesteigerter Abbau von Kortisol und Pharmaka in der Leber
Tab. 1: Effekte der Schilddrüsenhormone.
TSH zusätzlich von einem autoregulatorischen Mechanismus beeinflusst, durch den die Schilddrüse ihre Funktion dem Iodangebot anpasst. Iodmangel erhöht die Iodaufnahme und die Synthese von T3 • Das Gegenteil kann therapeutisch für eine rasche Blockade der Schilddrüse genutzt werden: Ein massiver Iodüberschuss hemmt bei normaler Schilddrüsenfunktion die lodisation sowie die Hormonsynthese und -freisetzung (Wolff-Chai·
koff·Effekt). Dieser Effekt tritt innerhalb von 24 Stunden ein, geht aber nach etwa 2 Wochen verloren ("Escape-Phänomen"). Wirkungen der Schilddrüsenhormone Die Schilddrüsenhormone haben vielfältige Effekte, u. a. auf die Entwicklung, den Stoffwechsel, das Herz-Kreislauf- und das Nervensystem (I Tab. I).
Zusammenfassung • Die Schilddrüse besteht aus zwei Lappen und einem Isthmus. • Sie ist aus kleinen Follikeln aufgebaut, in denen sich das Kolloid mit den an Thyreoglobulin gebundenen Schilddrüsenhormonen befindet. Die kalzitoninproduzierenden C-Zellen liegen zwischen den Follikeln. • Triiodthyronin (T3} ist stärker wirksam, hat aber eine kürzere Halbwertszeit als Thyroxin (T4). • Ein Erwachsener benötigt pro Tag etwa 150-300 1-18 Iod für die Schilddrüsenhormonsynthese.
ac Die Schilddrüsenhormone haben zahlreiche Wirkungen auf die Entwicklung, den Stoffwechsel, das Herz-Kreislauf- und das Nervensystem.
Schilddrüsendiagnostik Anamnese Neben den Fragen zu typischen Symptomen bei Funktionsstörungen darf nicht vergessen werden, auch nach "einfachen" Dingen wie einer früheren Strumektomie, Radioiodtherapie oder Bestrahlung der Halsregion zu fragen. Ebenso soll ermittelt werden, ob und warum eine Behandlung mit Schilddrüsen· hormonen, Thyreostatika oder Amiodaron (z. B. Cordarex®) erfolgt. Des Weiteren ist die Frage nach bekannten Schilddrüsenerkrankun· gen in der Familie zu stellen.
Kö rperlich e Untersuchung Bei der Palpation (I Abb. I) wird die Ver· schieblichkeit bewertet, und es können größere Zysten oder Knoten getastet werden. Außerdem werden die Konsistenz und die Druckschmerzhaftigkeit untersucht. Eine normale Schilddrüse ist jedoch nur bei schlanken Menschen tastbar. Ein auskultatorisches Schwirren oder Strömungsgeräusche deuten auf eine erhöhte Durchblutung hin. Daneben sind auch immer auf Hinweise einer endokrinen Orbitapathie zu achten sowie Pu ls und Blutdruck zu messen.
In-vitra-Diagnostik t Zur Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen ist TSH einer der sensi tivsten Parameter, da bereits bei einem geringen Absinken der Schilddrüsenhormonkonzentration die TSHKonzentration deutlich ansteigen kann. Heute gibt es Methoden, die auch im unteren Bere ich sehr sensitiv sind. In der Regel genügt zum Screening von Schilddrüsenerkrankun-
geneine alleinige Bestimm ung der TSH -Kon zentration, die im Normalfall 0,3 - 4,0 mU/ l beträgt. Allerdings gehen bereits Werte über 2,5 mU/ 1mit einem erhöhten Ri siko für eine Hypothyreose einher. Die Grenzwerte variieren aber auch im unteren Bereich. Bei einer Hyperthyreose liegt das supprimierte TSH häufig < 0, I mU/ 1. t Bei der Bestimmung der Schilddrüsenhormone ist zu berücksichtigen, dass die Gesamtkonzentration von der Proteinbindungskapazität abhängig ist. Da nur der ungebun· dene Anteil aktiv ist, ist es besser, die freie Hormonkonzentration (fT 4 und fT 3) zu bestimmen. Für die Diagnostik der Hypothyreose ist T4 ein Parameter, der die Hormonpro· duktion der Schilddrüse besser wiedergibt als T3• Eine Hyperthyreose kann jedoch auch durch vermehrte Deiodierung mit alleiniger T3-Erhöhung bedingt sein, so dass beide Wer· te zu bestimmen sind.
Schwangerschaft oder Östrogene (.Pille") führen zu einer Erhöhung der Bindungsproteine und somit Erhöhung der Gesamthormonkonzentration. Die Stoffwechsellage bleibt jedoch euthyreot! t Bei den häufigen Autoimmunthyreopathien spielt die Bestimmung von Schilddrüsenautoantikörpern eine wichtige Rolle. Diagnostisch bedeutsam sind die Antikörper gegen Thyreoglobulin (Tg·AK), gegen die thyreoidale Peroxidase (TPO-AK ) und gegen den TSH-Rezeptor (TRAK). t Als Tumormarker beim medullären Schilddrüsenkarzinom dient Kalzitonin. Thyreoglobulin ist bei Gesunden nicht nur in der Schild-
drüse, sondern auch im Serum nachzuweisen Nach vollständiger Entfernung ei nes differen _· zierten Karzinoms weist eine messbare TgKonzentration (> I ng/m l) auf eine Metastasierung oder ein Rezidiv hin.
In -vive - Diag nostik t Die Sonographie der Schilddrüse ist eine einfache Methode, um die Größe und Morphologie zu beurteilen (I Abb. 2, ITab. 1). Dokumentiert werden die Echogenität und Homogen ität (lokalisierte oder diffuse Läsionen) der Binnenstruktur sowie die Lage, For rn und Begrenzu ng der Schilddrüse und benachbarter Strukturen (Lymphknoten, vergrößer te Nebenschilddrüsen). Im Normalfall ist die Schilddrüse im Vergleich zur umliegenden Muskulatur echoreicher (heller). t Mit einer farbkod ierten Duplexsonographie kann auch die Perfusion beurteilt werden . Bei manchen Knoten findet man einen echoarmen Randsaum (Halo-Zeichen), der einer Zone mit erhöhter Perfusion entspricht.
Volumen eines Schilddrüsenlappens (ml) • Linge x Breite x Dicke (cm) x o,s (Gesamtvolumen Schilddrüse - linker + rechter Lappen)
Ist der Knoten nicht tastbar und < 1 cm erfolgt unter Abschätzung des Risikos ' eine Sonographische Verlaufsbeobachtung. Bei Knoten > 1 cm ist eine weitere Abklärung (Szintigraphie) notwendig.
I Abb . I: Palpation der Schilddrüse. [ 15]
I Abb . 2: Sonographische Vermessung der Schi lddrüse. [ 16]
Schilddrüse
Diffus
Lokalisiert
I
Sonographie
Mögliche Schilddrüsenerkrankungen
Vergrößert und ec honorma l
Diffuse Struma
Echoarm
Autoimmunthyreopathien (M. Basedow, chronisch-lymphozytäre Thyreoiditis)
Echodicht
Verkalkung (dorsale Schallauslöschung!)
Echonorm al und echoreich
Regressiv veränderte Knoten, teilweise mit Halo (häufig bei Iodmangell
Echoreduziert --> Szintigraphie!
Adenome, Karzinome. kleinzystisch degenerierte Knoten, Struma
Echoleer
Zyste (dorsale Schallverstärkung!)
48149
Tab. 1: Typische Sonographiebefunde bei Sch ilddrü senerkrankungen.
~ Die Szintigraphie gibt Auskunft über die Stoffwechselaktivität sowie Lage, Form und Größe der Schilddrüse. Intravenös verabreichtes Pertechnetat, das mit dem radioaktiven Technetium (09mTc) gekoppelt ist, wird abhängig vom Funktionszustand der Schilddrüsenzelle über den Iodidtransporter aufgenommen, jedoch nicht weiter verstoffwechselt. Radioiodisotope (123 1, 131 1) werden nur bei bestimmten Indikationen verwendet (Dosisberechnung für Radioiodtherapie, Karzinome und bei Verdacht auf abnorm gelegenes Schilddrüsengewebe). Mit der Gammakamera wird schließlich ein funktionstopographisches Bild erzeugt und außerdem die prozentuale Aufnahme bestimmt und als Uptake (TcTU bei ausreichender Iodversorgung: 0,5-2 %) angegeben. Die Szintigraphie wird zur Abklärung einer Struma nodosa, hyperthyreoter Zustände und bei fokalen Läsionen verwendet. Bei lokalisierten Arealen mit veränderter Aktivität unterscheidet man: - Kalter Knoten: nicht oder vermindert speichernd, malignitätsverdächtig! -t Feinnadelpunktion! - Warmer Knoten: speichert der Schichtdicke entsprechend stärker als das umliegende Gewebe - Heißer Knoten: intensive Speicherung mit verminderter Aufnahme in das übrige Gewebe (meist funk tionelle Autonomie) ~ Die Auflösu ng der Szintigraphie ist jedoch sehr gering. Mehr Aussa· gekraft zum Nachweis von Schilddrüsenautonomjen hat die Suppres-
sionsszintigraphie. Dabei wird TSH durch Levothyroxin supprimiert (z. B. 150 ).lg/Tag für 2 Wochen, abhängig vom Alter und kardiavaskulären Erkrankungen). Es erfolgt dann vorwiegend eine Speicherung in Zellen, die auch TSH·unabhängig Iod aufnehmen können. • Die Feinnadelaspirationspunktion (FNP) ist ein einfacher Eingriff mit sehr geringem Risiko. Sie dient meist zur Malignitätsahklärung von kalten und echoarmen oder rasch wachsenden Knoten. Durch zytologische Untersuchung des Aspirats (keine Stanze!) können präoperativ die Dignität eingestuft und so evtl. eine Operation vermieden werden. Keine Untersuchungen mit Kontrastmittel bei Verdacht auf Schilddrüsenfunktionsstörungenl Durch exogene Iodzufuhr kann eine latente, bisher nicht erkannte Hyperthyreose manifest werden und für ca. 4- 6 Wochen Ist keine Diagnostik und Therapie mit Radioiod möglich!
Falls unbedingt eine Bildgebung mit iodhaltigen Kontrastmitteln not· wendig ist, sollte Perchlorat (lrenat®) gegeben werden, das die Iodidaufnahme in die Schilddrüse hemmt und so zur raschen Blockierung bei einer Autonomie führt.
Zusammenfassung
ac Der wichtigste Screeningparameter bei Schilddrüsenfunktionsstörungen ist TSH. X Sonographie und Szintigraphie sind bildgebende Verfahren, die sich ergänzen. X Die Feinnadelpunktion ist eine effektive, sichere und günstige Methode zur präoperativen Malignitätsabklärung eines Knotens. X Bei Verdacht auf Schilddrüsenfunktionsstörungen muss die Anwendung Iodhaitiger Kontrastmittel vermieden werden.
Struma und solitäre r Knoten I Abb. 1: Pati entin mi t mass iver Struma . [8]
Struma Unter einer Struma versteht man jede Vergrö· ßerung der Schilddrüse über ein Volumen von 18 ml bei Frauen und 25 ml bei Männern sowie knotige Veränderungen bei normal großer Schilddrüse (I Abb. 1). Man unterscheidet eine homogen vergrößerte Struma diffusa von einer Struma nodosa mit Knotenbil· dung. Abhängig von der Ursache kann funk· tionell eine Euthyreose, Hyperthyreose oder Hypothyreose vorliegen. In Deutschland haben etwa 30% der Erwachsenen eine euthyreote Struma. Sie stellt somit die häu· figste endokrine Erkrankung dar. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Ätiologie Iodmangel ist mit 90 % die mit Abstand häu· figste Ursache einer Struma. Andere Ursachen sind Immunthyreopathien (M. Basedow, chronisch-lymphozytäre Thyreoiditis), eine Autonomie, Zysten, Adenome, Karzinome, Metastasen, Thyreoiditiden, Medikamente (Lithium, Thyreostatika), strumigene Substan· zen (z. B. Thiocyanat, Nitrat) u. a. Iodmanseilst in Deutschl"nd die :hlu~Ursache einer Struma!
Pa t hogen ese Zu Beginn entsteht eine Hypertrophie (Zellvergrößerung), die vorwiegend durch TSH bedingt ist. Dies stellt einen Kompensationsmechanismus zur ausreichenden Versorgung des Körpers mit Schilddrüsenhormonen dar. Erst später kommt es zur Hyperplasie (Zellver· mehrung), für die vorwiegend ein intrathy· reoidaler Iodmangel verantwortlich gemacht wird. Die Thyreozyten bilden iodabhängig organische Iodverbindungen, wie 8-lodlacton, das die wachstumsfördernde Wirkung von IGF- 1 und anderen lokalen Wachstumsfakto· ren (EGF, TGF·ß) hemmt. Fällt diese Hem· mung bei Iodmangel weg, kommt es zu einer Proliferation der Zellen. Bei jeder länger bestehenden Struma tritt nach mehreren Jahren eine irreversible Knotenbildung auf. Dafür kommt eine Korn·
Konsistenz
bination verschiedener Mechanismen in Betracht: t Durch degenerative Prozesse und
Einblutungen kommt es zur Narbenbildung und zu einem Narbennetz. Ein homogenes Wachstum ist dann nicht mehr möglich. t Regionale Unterschiede der Proliterationsfähigkeit der Thyreozyten führen zu einem asymmetrischen Wachsrum und zur Knotenbildung. t Iodmangel begünstigt Gain·of·FunctionMutationen, also eine erhöhte Aktivität der Funktion eines Proteins (z. B. des TSH-Rezeptors), was zur Bildung klonaler Knoten führen kann. lSH-+Hypertrophle lodmengel-+ Wachstumsfaktoren -+ Hyperplasie
Klinik Eine Vergrößerung der Schilddrüse macht bei euthyreoter Stoffwechsellage kaum Be· schwerden. Nur ein Teil der Patienten hat ein Druck- und Engegefühl am Hals. Bei einer großen Struma können Kompressionssyndrome auftreten, die zu Schluckbeschwerden,
Atembeschwerden oder oberer Einflussstauung führen. Das Bild einer Tracheomalazie mit Säbelscheidentrachea durch Kompressio der Luftröhre wird heute nur noch selten n beobachter. Heiserkeit durch eine Rekurrensparese tritt vorwiegend bei malignen Erkran kungen auf. Bei hyper- und hypothyreoter Stoffwechsellage treten die auf Seite 52 u. 54 beschriebenen Symptome auf. Diagnostik Die Diagnostik beginnt mit Anamnese und Palpation (I Tab. I). In der Sonographie kö . nen die Größe (I Abb. 2, S. 48) bestimmt n und Zysten und Knoten erkannt werden . Liegt das basale TSH außerhalb des Normbereichs, sollten ergänzend eine fT 4- und fT 3-Bestimmung und eine Szintigraphie durchgeführt werden. Dadurch können die häufigsten anderen Thyreopathien diagnostisch von einer euthyreoten Struma bei Iodmangel abgegrenzt werden. Bei einer lang bestehenden Struma zeigen sich in der Szinu. graphiesowohl heiße als auch kalte Knoten. Karzinomverdächtig sind dabei vor allem kalte Knoten, die bei einer Feinnadelpunktio n aber nicht immer getroffen werden .
Belspiele
Weich und symmetrisch
lodmangel, M. Basedow
Knotig
Multifokal e Autonomie, Spätstadium des lodmangels, Karzinome
Schmerzhaft und hart
Akute und subakute Thyreoiditis
Schmerzlos und hart
Schilddrü senkarzinom
Eisenhart
Riedei-S trum a
I
Tab. I : Typi sche Befund e bei Strumen unterschiedlic her Ätiologi e.
Schilddrüse
Grad
Charakteristika
Kolloidhaitiger Knoten
0
Keine Struma
Adenom
Ia
Ta stbare, aber nicht sichtbare Struma
Zyste
lb
Ta stbare und nur bei zurückgebeugtem
Narbe
Kopf sichtbare Struma
Karzinom
Sichtbare Struma
Thyreoiditis
Große, sichtbare Struma
Asymmetrische Organvergrößeru ng
111
I Tab . 2: WHO- Kiass ifikation der Struma.
I
50
I 51
Tab . 3: Häufige Ursachen so litärer Sch ilddrüsen-
k noten.
Verlauf und Stoffwechsellage Die Stoffwechsellage bleibt im Verlauf häufig euthyreot. Nur bei sehr ausgeprägtem Iodmangel reicht die Kompensation nicht mehr aus, um eine adäquate Versorgung mit Schilddrüsenhormonen zu sichern. Andererseits werden bei Iodmangel häufiger Mutationen im TSH·Rezeptor oder des G5·Proteins gefunden, die zu einer Autonomie der Zelle führen. Diese autonomen Areale in einer bestehenden Struma nodosa können so eine hyperthyreote Stoffwechsellage hervorrufen. Therapie Bei Kindern und jugendlichen sowie bei Erwachsenen unter 35 Jahren ist eine Rückbildung einer Iodmangelstruma unter Kaliumiodidtherapie (z. B. Jodetten®Henning; Kin· der: I00 1Jg/Tag, ab I 0 Jahren: 200 11g/Tag) erfolgversprechend. Bei größerer Struma (>50 ml) ist die Wirkung jedoch einge· schränkt. Vor Therapiebeginn müssen eine Autonomie und eine Autoimmunthyreoiditis ausgeschlossen werden. Eine effektivere Rückbildung erfolgt durch eine Kombination von Kaliumiodid und Levothyroxin (z. B. Thyronajod®). Ziel ist ein TSH im unteren
Normbereich (0,3 -0,6 mU/1) bei normalem fT 4 und fT 3 . Außerdem sollten regelmäßig der
Halsumfang kontrolliert und die Schilddrüse sonegraphisch vermessen werden. Eine absolute Indikation für eine Operation besteht bei Malignitätsverdacht oder Kompressionssymptomen (Dyspnoe, Schluckbeschwerden). Ein fehlender Therapieerfolg bei medikamentöser Behandlung stellt eine relative Indikation dar. Nach der Operation erfolgt eine lebenslange Rezidivprophylaxe mit Iodid. Bei geringem verbleibendem Schilddrüsengewebe (< l 0 ml) wird außerdem Levothyroxin substituiert. Ist eine Operation nicht möglich oder nicht erwünscht, kann auch eine Radioiodtherapie (RlT) angewendet werden. Dabei ist eine Verkleinerung der Schilddrüse um ca. 30-50% möglich.
Solitärer Knoten Die Ursachen für Knoten in der Schilddrüse sind vielfältig (I Tab. 3). Karzinome machen im Gegensatz zu anderen, benignen Verände· rungennur einen sehr geringen Anteil aus. Außerdem sind das Wachstum differenzierter
Malignome sehr langsam und die Prognose ausgesprochen günstig. Daher wird in der Praxis bei nicht tastbaren Knoten mit einem Durchmesser unter 1 cm unter Abschätzung des Risikos eine sonographische Beobachtung alle 3-6 Monate als ausreichend angesehen. Die Knoten sollen dabei in drei Dimensionen vermessen werden. Eine Volumenzunahme kann jedoch erst ab einer Änderung von etwa 50 %sicher beurteilt werden. Die Auflösung der Szintigraphie ist außerdem bei kleineren Knoten nicht ausreichend, so dass erst ab einem Durchmesser über 1 cm eine weitere Abklärung sinnvoll ist. Eine Feinnadelpunktion ist bei echoarmen und kalten Knoten indiziert. Auch bei suspekten warmen, nicht jedoch bei heißen Knoten sollte punktiert werden. Handelt es sich um eine Zyste, können diese punktiert und der Inhalt zytologisch untersucht werden. Der therapeutische Erfolg einer solchen Punktion wird erhöht, wenn danach die Punktionsstelle lang und kräftig komprimiert wird, um die Adhäsion der Zystenwände zu fördern. Bei größeren Zysten beobachtet man häufig Rezidive. Eine endgültige Sanierung wird dann nur chirurgisch erreicht.
Zusammenfassung ac Als Struma bezeichnet man jede Schilddrüsenvergrößerung oder Knotenbildung unabhängig von der Ursache oder der Schilddrüsenfunktion.
ac Iodmangel ist in Deutschland die häufigste Ursache einer Struma. Etwa 30% der Erwachsenen sind davon betroffen.
ac Bei euthyreoter Stoffwechsellage ergeben sich kaum Beschwerden. Nur teilweise werden Symptome wie ein Druck- und Engegefühl beschrieben.
ac Die Diagnose der Iodmangelstruma erfolgt nach Ausschluss anderer in Frage kommender Schilddrüsenerkrankungen. • Therapie: wichtigste Maßnahme Kaliumiodldsubstitution; bei mechanischen Komplikationen oder Malignitätsverdacht: Operation
Funktionsstörungen I I Abb . 1: Patientin mit Hypothyreose bei chronisc h-lymphozytärer Thyreoiditis. Die Patientin zeigt ein e trockene Haut, herdförmige Vitil igo Und trockenes, struppiges Ha ar. ]51
Schilddrüsenfunktionsstörungen sind fast immer primäre Störungen (von der Schilddrüse ausgehend), extrem selten sekundäre oder tertiäre Störungen.
Hypothyreose Die Hypothyreose ist durch einen Mangel oder eine nicht ausreichende Versorgung der Körperzellen mit Schilddrüsenhormonen gekennzeichnet. Mit einer Prävalenz von l 0 % (ca. 6-7% latent, nur 1-3% manifest) ist die Unterfunktion der Schilddrüse häufiger als die Überfunktion . Viel seltener ist eine angeborene Hypothyreose (ca. I : 5.000), die jedoch eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen darstellt.
Hypothyreose im Kinde salter Die Hypothyreose beim Neugeborenen kann angeboren (Aplasie, Dysplasie, Hormonsynthesestörungen, periphere SO-Hormonresistenz) oder intrauterin erworben sein (bei Iodmangel oder lodexzess; durch blockierende AK der Mutter mit einer transienten Hypothyreose beim Neugeborenen). Man beobachtet oft eine verlängerte Schwangerschaftsdauer und ein hohes Geburtsgewicht Häufige Symptome sind ein verlängerter Neugeborenenikterus, Trinkfaulheit, Bewegungsarm ut, Obstipation, Makroglassie und kühle Haut. Durch Hormonmangel besteht die Gefahr von Wachstumsstörungen und geistiger Retard ierung. Ein Hormonmangel kann unbehandelt beim Kind zum Vollbild des Kretinismus mit Skelettveränderungen, Schwerhörigkeit, Verzögerung der Pubertät und irreversiblen ZNS-Störungen führen. Bei Neugeborenen wird im Rahmen des Guthrie-Tests ein TSHScreening durchgeführt, da für die Prognose eine frühe Diagnose und Therapie entscheidend sind. Bei Kindem manifestiert sich eine Hypothyreose durch verzögertes Wachstum und gestörte Zahnentwicklung sowie das Nachlassen der intellektuellen Entwicklung und schulischer Leistungen.
ln Europa ist selten ein extremer Iodmangel für eine Hypothyreose verantwortlich. Wei tere rare Ursachen sind Tumoren, eine sekundäre oder tertiäre Hypothyreose oder eine späte Manifestation einer angeborenen Schilddrüsenhormonresistenz. Frauen sind häufiger betroffen. Sofern keine iatrogene Hypothyreose vorliegt, iat die mit Abstand häufigste Ursache der Hypothyreose eine chronische Iymphozytöre Thyreoidltis.
Kl inik Die Symptome entwickeln sich langsam und werden vom Patienten typischerweise lange Zeit nicht wahrgenommen:
t Müdigkeit und Antriebslosigkeit t Frieren (Kälteintoleranz) t Gewichtszunahm e, Obstipation t Trockene, schuppige Haare, Haara usfall, brüchige und splitternde Nägel, kü hle, trockene, blassgraue Haut t Depression t Myxödem (nicht eindrückbare SchwelHypothyreose beim Erwachsene n lungen im Gesicht und an den Extremitäten); .,Myxödemherz": Bradykardie, koronare Zu einer primären (von der Schilddrüse ausge- Herzkrankheit, Low-Voltage-EKG, Hypertonie henden) Hypothyreose kommt es häufig durch: (Anstieg des peripheren Widerstands) t Heisere Stimme t Muskelschwäche t Entzündliche Ursachen: Die chronisch lymphozytäre Thyreoiditis ist in mehr als 50 % t Menstruationsstörungen und Libidoverlust (TRH--+ Hyperprolaktinämie--+ gehemmte die Ursache einer Hypothyreose bei ErwachGnRH-Freisetzung) senen (s.S. 58). t Hyperlipidämie (erhöhtes Arterioskleroset Iatrogene Ursachen: Therapie einer risiko), Anämie, Hyponatriämie Hyperthyreose (Operation, Radioiodtherapie, Thyreostatika), Bestrahlung der Halsregion Oft entwickeln ältere Patienten wenige oder (bei 20 - 60% innerhalb von 3- 6 Jahren) , uncharakteristische Symptome wie KälteintoMedikamente (z. B. Lithium)
Ieranz, eine nicht dem Alter entsprechende motorische und geistige Retardierung, Gedächtnisstörungen oder Depression. Dies macht die klinische Differenzierung zu einer Altersdepression oder Senilität schwierig. Bei einer Hypothyreose besteht ein erhöhtes Risi _ ko für kard iavaskuläre Erkrankungen (Arteriosklerose und koronare Herzkrankheit) .
Diagnostik t Manifeste Hypothyreose: basales TSH (> 4,0 mU/ 1) erhöht, rr. erniedrigt t Latente Hypothyreose: basales TSH erhöht, IT 4 und fT3 normal oder im unteren Normbereich Zur Diagnose der chronisch-lymphozytäre Thyreoiditis dient der Nachweis von TPO- n AK (in 95 % positiv), die spezifischer sind als Tg-AK. In der Diagnostik werden außerdem die Sonographie (I Abb. 2) und teilweise die Feinnadelpunktion eingesetzt. Bei hypothyreoter Stoffwechsellage ist die Nuklidaufnahme in der Szintigraphie oft vermindert oder feh lend. Im Labor findet man häufig Nebenbefund e wie eine Hypercholesterinämie, Hyponatriäm ie, Anämie oder eine Hyperprolaktinämie.
I Abb . 2: Echoarme Sc hilddrü se be i chronischer lymphozytärer Thyreoiditis. ] 16]
Schilddrüse
Bei einer seltenen sekundären (hypophysären) Hypothyreose sind sowohl basales TSH als auch IT 4 erniedrigt. Zu beachten sind dabei auch andere Zeichen eines Hypopituitarismus (s. S. 42). Bei der peripheren Schilddrüsenhormonresistenz kommt es wie auch bei der sekundären Schilddrüsenüberfunktion (beide extrem selten) zu einer Erhöhung von TSH und IT 4 •
Serumhormonkonzentration
Meist ist eine lebenslange Substitution mit Schilddrüsenhormonen notwendig. Vor allem bei koronarer Herzerkrankung und länger bestehender oder ausgeprägter Hypothyreose ist es wichtig, einschleichend zu dosieren. Die Erhaltungsdosis liegt bei I ,5-2,0 pg/kg KG (-75-200 pg/Tag) Levothyroxin (T4 , z. B. Euthyrox®). Die Konversion zu T3 erfolgt im Gewebe in Abhängigkeit vom Bedarf. Während Patienten über 60 Jahre einen geringeren Bedarf haben, ist dieser bei Kindern (bis zu 4 J.lg/kg KG) und in der Schwangerschaft erhöht. Die Einnahme sollte unter konstanten Bedingungen, am besten 30 Minuten vor dem Frühstück erfolgen. Die Vollsubstitution wird aber nicht von allen Patienten toleriert. Bei Nichtansprechen kann auch ein Therapieversuch mit einer Kombination von Liothyronin (T3 ) und Levothyroxin unternommen werden, die jedoch keinen gesicherten Nutzen hat. Ziel ist ein TSH im Bereich von 0,5-2 mU/ 1, was jedoch nur bei wenigen Patienten erreicht wird (je ein Viertel darunter oder darüber). Eine Änderung der Dosis saUte erst nach einer Therapie von 6-8 Wochen mit gleicher Dosis erfolgen, da die Normalisierung von TSH verzögert eintritt. Bei Überdosierung
I 53
I Abb. 3: Verlauf des Low-T,-Syndroms bei schweren Erkrankungen . [2]
.,.,. ;r3--- . . .
\ \
''
Therapie
Manifeste Hypothyreose
52
mild
''
. . . . . . . ~ ---*"'
mittel
schwer
Erholung
Krankheitsphase
kommt es zu Symptomen der Hyperthyreose. Zu schnelle Dosiserhöhung oder zu hohe Dosen führen zu Tachyarrhythmien und Angina pectoris, die sich durch Betablocker mildern lassen. Durch Levothyroxin können der Insulinbedarf und die Wirkung von Phenprocoumon (Marcumar®) erhöht werden.
Latente Hypothyreose Hier ist eine Substitution nur bei klinischer Symptomatik oder anderen Kriterien (z. B. Kinderwunsch, Schwangerschaft, nachweisbare TPO-Antikörper oder Hypercholesterinämie!) indiziert. Wichtig ist jedoch eine Verlaufskomrolle in Intervallen von 6-12 Monaten, da 2- 4 %dieser Patienten pro Jahr eine manifeste Hypothyreose entwickeln.
Low-T3 -Synd rom
minderte Deiodierung zu einem Absinken von fT 3 bei gleichzeitigem Anstieg von reversem T3 (rT 3) kommen (I Abb. 3). Das Low-T3 -Syndrom wird vor allem bei Intensivpatienten beobachtet, bei denen die Hormoninterpretation außerdem durch Medikamente (Glukokortikoide, Dopamin) erschwert wird, die den Hormonmetabolismus beeinträchtigen. Diese verminderte Konversion ist physiologisch und bewirkt eine Reduktion des Energieverbrauchs in der Peripherie, während der Metabolismus in der Leber häufig gesteigert ist. Eine Substitution von Schilddrüsenhormonen führt nicht zu einer Verbesserung der Prognose und sollte daher unterlassen werden. Später kann es bei schweren Erkrankungen durch verminderte Schilddrüsenhormonsynthese auch zu einem Absinken von fT 4 kommen.
Bei schweren nichtthyreoidalen Erkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz, Myokardinfarkt, Leberzirrhose, Sepsis) , nach Operationen oder Traumata kann es durch eine ver-
Zusammenfassung Hypothyreose • Als Kretinismus bezeichnet man eine gestörte ZN5- und Skelettentwicklung im Kindesalter durch einen schweren SchilddrüsenhormonmangeL • Die häufigste nichtiatrogene Ursache einer Hypothyreose ist die chronische Iymphozytära Thyreoiditis. • Klinik: Kälteintoleranz, Gewichtszunahme, kühle, trockene, pastöse, schuppende Haut und Obstipation sind häufige Symptome. • Diagnose: TSH 1' bei fT4 ..1. • Therapie: Substitution von Levothyroxin • Das Low-T3-5yndrom ist eine Deiodierungsstörung bei schweren nichtthyreoidalen Erkrankungen. Eine Substitution von Schilddrüsenhormonen ist nicht nötig.
Funktionsstörungen II Hyperthyreose Unter einer Hyperthyreose versteht man ein erhöhtes Angebot von Schilddrüsenhormonen mit der Folge einer vermehrten Rezeploraktivierung. Die häufigsten Ursachen sind der M. Basedow und die funktion elle Schilddrüsenautonomie. Auch in einer länger bestehenden Struma (s. S. 50 f.) können autonom e Bezirke mit vermehrter Hormonsynthese entstehen. Bei Thyreoiditiden kann es durch Zerstörung von Follikeln zur Freisetzung von Schilddrüsenhormonen und zu einer passage· ren Hyperthyreose kommen. Ist die Ursache eine übermäßige exogene Zufuhr von Schild· drüsenhormonen (z. B. zur Gewichtsreduk· tion), so spricht man von einer Hyperthyreo· sis factitia. Klinik Typische Symptome der Hyperthyreose sind:
t Unruhe und Nervosität t Wärmeintoleranz, Schwitzen, warme, feuchte Haut, Haarausfall t Gewichtsverlusttrotz gesteigerten Appeti ts t gesteigerte Stuhlfrequenz bis zur Diarrhö t Atemnot t Muskelschwäche t Schlafstörungen t Sinustachykardie, Arrhythmien t Feinschlägiger Tremor der ausgestreckten Finger t BeiM. Basedow: endokrine Orbitopathie, seltener prätibiales Myxödem Während bei jüngeren Personen Symptome wie gesteigerter Appetit, Schwitzen, Diarrhö, Nervosität und Wärmeintoleranz dominieren, finde t man bei älteren Patienten oft oligosymptomatische Verläufe. Dabei kommt es eher zu Gewichtsabnahme, Atemnot, Herzrhythmusstörungen (plötzliches Vorhofflimmern) , Herzinsuffizienz, Besserung einer Obstipation, zunehmendem Tremor und VerwirrtheiL
Durch das erhöhte Schlagvolumen steigt der systolische Blutdruc k an, während der Mitteldruck durch eine Gefaßdilatation eher abnimmt. Die erhöhte Herzbelastung kann zu einer Kardiamyopathie führen. Manche Symptome sind sowohl bei der Hyperthyreose als auch bei der Hypothyreose zu finden, z. B. Konzentrationsstörungen , Muskelschwäche oder Haarausfall.
Im Gegensatz zu Doppelbildern bei der Orb itapathie sind solche bei Erm üdung abends stärker ausgeprägt. Weitere extrathyreoidale Manifestationen des M. Basedow sind das prätibiale Myxödem (in ca. 4 %) oder die seltenere Akropachie (subperiostale Knochenneubildung mit Trommelschlägelfingern) . In 5- l 0% find en sich auch andere Autoimmun. erkrankungen (z. B. Vitil igo, Myasthenia gravis, M. Addison).
Häufige Ursachen
Morbus Basedow
Funktionelle Autonomie
Die Basedow-Krankheit (eng!. Graves' disease) ist eine häufige Autoimmunerkrankung mit thyreoidalen und extrathyreoidaJen Manifestationen und genetischer Disposition (Assoziation mit HLA-B8 und -DR3). Es kommt zur Bildung von Antikörpern gegen den TSH Rezeptor (TRAK). Diese verdrängen TSH und wirken stimulierend auf die Schilddrüse, was eine Überfunktion und ein diffuses Wachstum zur Folge hat. Neben der Hyperthyreose kommt es in etwa 40 % zur endokrinen Orbitapathie (I Abb. 4), die fast immer beidseitig auftritt. Diese kann sich zeitlich vor, während oder nach dem Erstauftreten der Hyperthyreose manifestieren und ist durch eine Kreuzreaktion der IRAK mit Antigenen von Augenmuskelgewebe bedingt. In weiterer Folge kommt es durch eine lymphozytäre Infiltration mit Aktivierung von Fibroblasten zur Einlagerung von Glykosaminoglykanen und zu einem retrobulbären Ödem. Der intraorbitale Druckanstieg führt zum Vortreten der Augen (Protrusio bulbi). Typische Symptome sind seltener Lidschlag, erhöhte Lichtempfindlichkeit, Fremdkörpergefühl, verschwommenes Sehen und Doppelbilder.
Auch im physiologischen Zustand gibt es Ar _ ale in der Schilddrüse, deren Aktivität nicht e durch TSH reguliert wird (physiologische basale Autonomie) . Intrathyroidaler Iodmangel führt zum bevorzugten Wachstum dieser Zellen, was sich im höheren Alter als multifokale oder disseminierte Autonomie manifestiert. Mit zunehmender Masse an autonomem Gewebe entwickelt sich aus einer euthyreoten Stoffwechsellage eine latente oder manifeste Hyperthyreose. Bei der unifokalen Autonomie (autonomes Adenom) kommt es durch Mutationen zur konstitutiven Aktivierung des TSH-Rezeptors (oder d e G5-Proteins). Das bedeutet, dass de r AktiVitä~ zustand des Rezeptors erhöht wird, auch ohne dass dabei ein Agonist gebunden Wird Diese Mutationen werden ebenfalls durch l~d _ mange! begünstigt.
Die endokrine Orbitopathie tritt fast Immer beidseitig auf. Die Symptome sind morgens hluflg stärker ausgeprägt als abends.
Die Stoffwechsellage bleibt lange Zelt euthyreot. Eine exogene Iodzufuhr bei bestehender Autonomie löst jedoch eine Iodinduzierte Hyperthyreose aus.
Marine-Lenhart-Syndrom Als Marine-Lenhart-Syndrom bezeichnet ma Autonornr: die Kombination von funktioneller te . und M. Basedow. Man fmdet dabei echoarm_ und knotige Veränderungen mit fokaler Meh~ speicherung bei gleichzeitig nachweisbaren IRAK.
I Abb . 4: Endokrine Orbitopathie bei einer Patientin mit M. Basedow. }5]
Schilddrüse
541 55
I
Abb . 5: Szintigraphie: a) M. Basedow (Tc TU: 7,5%; Pfeil: Speicherung im Lobus pyramida li s); b) multinoduläre Knoten st ruma mit autonomen Area len.
[16]
a)
Diagnostik Manifeste Hyperthyreose: TSH erniedrigt, fT 3 fast immer erhöht, rr4 in 90% erhöht IJ Latente Hyperthyreose: erniedrigtes TSH bei normalem IT4 und
1J
fTJ
Zur Differentialdiagnose zwischen M. Basedow und Schilddrüsenautonomie ist der Nachweis von Autoantikörpern wegweisend. Unterschiede findet man auch in der Sonographie und der Szintigraphie (ITab. I, I Abb. 5). Als Nebenbefunde können sich bei der Hyperthyreose niedriges Cholesterin, eine milde Hyperkalzämie oder Leuküpenie zeigen.
M. Basedow Alter
häufig jüngeres Lebensalter
Differentialdiagnosen Besonders schwer ist die Differentialdiagnose zwischen dem TRAKnegativen M. Basedow ohne endokrine Orbitapathie und einer disseminierten Autonomie, die jedoch therapeutisch keine große Relevanz besitzt. Die Unterscheidung zwischen einer unifokalen Autonomie und einem sehr seltenen hormonproduzierenden, follikulären Malignom kann zytologisch nicht immer gestellt werden. Eine weitere Abklärung ist in diesem Fall jedoch nur bei raschem Wachstum indiziert. Diagnostisch abzugrenzen sind Zustände bei Fieber, Psychosen oder Drogenmissbrauch. Ähnliche Symptome zeigen sich auch bei einer stressbedingten Überlastung (Nervosität, Unruhe und Tachykardie, häufig mit Obstipation und Gewichtszunahme). Ein vermehrtes Schwitzen ohne besondere Anstrengung wird auch bei der Hyperhidrosis beobachtet.
Funktionelle Autonomie Höheres Lebensalter
(> 50.-60. Lj .) Geschlecht
Frauen 5-mal häufiger
Endokrine
ln ca. 40 %
Kein signifikanter Unterschied
Orbitapathie Beginn
Plötzlich
Sonographie
Diffuse echoarme Struma,
Nodöse Struma (erhöhte
ve rstärkte Vaskularisation
Durchblutung in den Knoten)
Schleichend
(..vaskuläres Inferno") Szintigraphie
Homogene Mehrspeicherung bei vergrößerter Schilddrüse
Häufig fokale Mehrspeicherungen (evtl. Suppressionsszintigraphie notwendig)
TRAK
>95%
Selten
TPO-AK
- 70%
(Evtl. niedrige AK-Titer)
I
Tab. 1: Differentialdiagnose: M. Basedow und funktionelle Autonomie .
Funktionsstörungen 111 Hyperthyreose (Fortsetzung) The rapie
Thyreostatika Zu Beginn wird jede Hyperthyreose mit Thyreostatika behandelt, bis ein euthyreoter Zustand erreicht ist. Dieser sollte nach etwa drei Wochen eintreten_ Durch die Thioamide wird die thyreoidale Peroxidase (TPO) gehemmt, was zur Inhibition der Hormonsynthese führt. Gehemmt wird jedoch nicht die Freisetzung bereits gebildeter Hormone, weshalb die Wirkung erst nach 6- 8 Tagen eintritt Substanzen: Am häufigsten werden Thiamazol (z. B. Favistan®) oder Carbimazol verwendet Aufgrund häufigerer Nebenwirkungen sollte Propylthiouracil nur bei Unverträglichkeit der anderen Wirkstoffe gegeben werden. Es führt in hohen Dosen auch zu einer Hemmung der Deiodase und somit zu einer geringeren Bildung des stärker wirksamen T3• Bei Iodmangel kommt es durch eine irreversible Hemmung der TPO zu einer stärkeren Wirkung der Thyreostatika als bei einem lodüberschuss. Bei einer iodinduzierten Hyperthyreose sind daher höhere Dosen notwendig! Initial wird eine höhere Dosis verabreicht, die dann auf eine Erhaltungsdosis gesenkt wird (z. ß_ 2,5- 10 mg für Thiamazol). Nebenwirkungen: Die gefährlichste Nebenwirkung ist eine in 0,2 - 0,5 % und häufig dosisabhängig auftretende Agranulozytose (< 500 Granulozyten/!-11), die sich häufig durch Fieber und Halsschmerzen bemerkbar macht Diese tritt häufiger bei älteren Patienten und in den ersten 2-6 Wochen auf. Die Therapie muss dann sofort abgesetzt und eine Blutbildkontrolle durchgeführt werden . Außerdem sollten regelmäßig die Transaminasen kontrolliert werden. Daneben kann es zu allergischen Hautreaktionen kommen. Der Leidensdruck bei der Hyperthyreose ist gering, weshalb die Nebenwirkungen der Therapie nicht von allen Patienten toleriert werden. Der häufigen Gewichtszunahme und einer verminderten Leistungsfähigkeit steht jedoch ein erhöhtes kardiavaskuläres Risiko bei Nichteinhalten der Therapie gegenüber. Dauer: Während bei der Autonomie keine spontane Heilung möglich ist, werden beim M. Basedow innerhalb von einem Jahr Remissionen bei 30% beobachtet Später sind jedoch Rezidive möglich. Rauchen und Stress erhöhen das Rezidivrisiko I Niedriger ist das Risiko hingegen bei Frauen, einem Alter über 40 Jahren und langer Therapiedauer. Üblicherweise wird beim M. Basedow eine thyreostatische Therapie über 12 Monate durchgeführt Eine längerfristige Therapie mit Thyreostatika sollte allerd ings nicht erfolgen.
Radioiodtherapie (RJT) Die RIT kommt bei einer funktionellen Autonomie oder bei ausbleibender Remission bei einem M. Basedow zum Einsatz. Es handelt sich um eine sehr effektive Methode, die seit über 60 Jahren existiert. Bei de r funktionellen Au tonomie wird nach Erreichen einer Euthyreose das TSH im unteren Normbereich eingestellt, damit die Iodaufnahme vor allem in die auronomen, TSH-unabhängigen Areale erfolgt. Durch 1311können hohe Strahlendosen mit jedoch sehr geringer Reichweite (0,5 - 2 mm) erzielt werden. Es kommt dabei zu einer selektiven Zerstörung von speichernden Zellen bei gleichzeitig geringer Belastung des um liegenden Gewebes. Der Therapieeffekt tritt nach 6- 12 Wochen ein. Bis dahin wird die thyreostatische Therapie fortgeführt. Die RIT ist die Standardtherapie in den USA und gewinnt auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Die Nebenwirkungen sind gering, im Gegensatz zur hochdosierten RIT bei Karzinomen. Eine endokrine Orbitapathie kann sich jedoch verschlechtern oder neu auftreten. In diesen Fällen erfolgt die RIT nur unter einer Kortisonschutzther apie.
Operation Eine chirurgische Intervention ist auf jeden Fall indiziert bei unifokaler Autonomie, großer Struma mit Verdrängungssymptomen (Stridor, Dysphagie), kalten Knoten (Malignitätsverdacht), thyreotoxischer Krise und schwerer endokriner Orbitapathie mit der Notwendigkeit eines sofortigen Therapieeffektes. Vor der Operation muss jedoch durch Thyreostatika ein euthyreoter Zustand hergestellt werden. Abhängig vom Geschick des Chirurgen kann es in etwa I % zur Rekurrensparese oder zum Hypoparathyreoid ismus kommen. Fast immer entsteht eine postoperative substitutionsbedürftige Hypothyreose. Eine subtotale Resektion hat dabei den Vorteil, dass Substitutionsschwankungen durch das verbleibende Schilddrüsengewebe ausgeglichen werden können .
Begleittherapie t Bei einer Tachykardie sollten die Patienten zusätzlich einen Betablocker bekommen. Ob-
wohl es bei Propranolol in hoher Dosierun auch zu einer Deiodasehemmung kommt g werden ß,-selektive Antagonisten wie At;n 0 _ lol oder Bisoprolol, die nur einmal täglich genommen werden müssen, oft bevorzugt_ t Für die endokrine Orbitapathie gibt es keine kausale Therapie. Angewendet werct Glukokortikoide~ die bei Ansprechen mög- e n ltchst bald reduztert werden , und eine SYmptomatische Begleittherapie (Augentropfen SonnenbriJ!en). Rauchen oder eine Hypothyreose verschlechtern den Zustand der end okrinen Orbitopathie! Bei akut drohendem Sehverlust ist eine Dekompressionsop eratio notwendig. Vorerst in klinischer Erprobung~ das Somarosratin-Analogon Octreotid (San - Ist dostatin®).
Prognose In Studien hat sich gezeigt, dass bereits bei einer latenten Hyperthyreose die Mortalität bei über 60-Jährigen signifikant erhöht ist_ ~as Risiko, innerhalb von zehn Jahren Vorh offlimmern zu entwtckeln, 1st dreifac h erhöh t In diesen Fällen sollten neben der Therapie der Hyperthyreose auch die Gabe eines Betablockers erfolgen und eine antikoagulatarische Therapie erwogen werden. Außerdem sind der Knochenumsatz beschleunigt unct der Verlust von Knochenmasse erhöht
Notfälle Thyreotoxische Krise Die thyreotoxische Krise ist eine seltene Dekompensation einer bestehenden Hyperthyreose. Ätiologie: Ursachen sind ein Iodexzess (z_ B Kontrastmittel, Amiodaron ) bei bestehender Autonomie oder ein spontanes Auftreten bei emem M. Basedow. Andere Ursachen könn e Operationen, schwere Beglei terkrankungen n oder das Absetzen von Thyreostatika sein. Eine Verschlechterung tritt unerwartet unct innerhalb von Stund en bis Tagen ein. Klinik und Diagnostik: Die Leitsymptome sind Tachykardie und Hyperthermie. Zur Diagnosestell ung dient die Kombination von klinischer Symptomatik (I Tab. 2) und TSH fT '
4
I Abb. 6: Schwere Hypothyreose bei einer Patientin mit chronischer lymphozytärerThyreoiditis. [2]
Schilddrüse
561 57
I Tab. 2: Stadien der th yreotoxischen Krise nach Stadium
Symptome
t t t t t
Herrmann.
Tachykardi e (> 150 / m in), Herzrhythmusstörungen Fieber, Schwitzen und Exsikkose Unruhe, Tremor, Angst, Hyperkinesie Erbrechen, Durc hfälle Muskelschwäche, Adynami e
11
t Zusätzlich Bewu ss tseinseinsstörungen, Somnolenz, psyc hotische Zu stände, Desorientiertheil
111
t Zusätzlich Koma (evtl. NNR-Insuffizienz und Kreislaufversagen)
und fT 3• Es besteht jedoch nicht immer ein direkter Zusammenhang zwischen der Hormonkonzentration und der klinischen Symptomatik. Therapie: Es ist eine intensivmedizinische Behandlung notwendig: t Initial 80- 120 mg Thiamazol i. v., jedoch
verzögerter Wirkeintritt, bei Iodexzess zusätzlich Perchlorat t Elektrolyt- und Flüssigkeitssubslitution; parenterale Kalorienzufuhr, Senkung der Körpertemperatur t Betablocker: Propranolol, Esmolol (unter Berücksichtigung der NW und Kl!) t Eine Glukokortikoidgabe soll wegen relati· ver NNR·Insuffizienz und zur Konversionshemmung erfolgen. t Bei einer bedrohlichen Krise ist durch eine subtotale Thyreoidektomie eine rasche Normalisierung der Schilddrüsenhormone möglich. Eine Plasmapherese hat nur eine kurzfristige Wirkung und kann bei Kontraindikationen für eine Operation durchgefüh rt werden.
Die Mortalität liegt in Stadium I unter 10%, in Stadium 111 bereits über 30%1
Myxödemkoma Es handelt sich dabei um eine sehr seltene Manifestation einer länger bestehel)den, nicht behandelten Hypothyreose. Typischerweise tritt sie bei älteren, nicht überwachten Patien· ten während der kalten Jahreszeit auf. Ätiologie: Als auslösende Faktoren kommen Medikamente (z. B. Sedativa), Kälte, Infekte, Operationen oder das Absetzen einer Schilddrüsenhormonsubstitution in Frage. Über Monate entwickeln sich die Symptome einer schweren Hypothyreose (Kälteintoleranz, Gewichtszunahme, Obstipation, Apathie und Somnolenz) . Klinik und Diagnostik: Die Leitsymptome sind Hypothermie, Sinusbradykardie (< 50/ min), Hypoventilation und Hypotonie. Durch die Hypoxie und die Ausbildung einer respira-
torisehen Azidose kommt es zu Bewusstseinsstörungen. Für die Diagnosestellung werden die klinische Symptomatik, eine Bestimmung von IT4 , TSH sowie eine Blutgasanalyse heran· gezogen. Auch beim Myxödemkoma steht der Schweregrad der Symptome nicht unbedingt in direktem Verhältnis zur Hormonkonzentration. Therapie: Es ist eine intensivmedizinische Behandlung notwendig: t Sicherung der Vitalfunktionen (Atemhilfe, temporärer Schrittmacher) t Glukokortikoide (häufig verminderte Korlisolsynthese) t Initial 100-200 flg Thyroxin i. v. t Glukosehaltige Lösung, Korrektur einer evtl. Hyponatriämie, Volumenersatz bei Hypotonie
Zusammenfassung Hyperthyreose
• Häufigste Ursachen: M. Basedow und funktionelle Autonomie • Klinik: Häufige Symptome sind Wärmeintoleranz, Tachykardie und Gewichtsabnahme. • Diagnose: Ausschluss einer Hyperthyreose durch TSH, Nachweis durch Bestimmung von fT4 und fT3. Man unterscheidet eine latente von einer manifesten Hyperthyreose. • Behandlung: Thyreostatika, Radioiodtherapie und operative Verfahren Thyreotoxische Krise
• Seltener Notfall mit Tachykardie, Hyperthermie und Exsikkose • Behandlung: Thyreostatika und symptomatische Therapie (Fiüssigkeitszufuhr, Elektrolyte, Kalorien, Betablocker, Temperatursenkung und Kortikosteroide)! Myxödemkoma
• Extrem seltene, schwere Manifestation einer lange bestehenden Hypothyreose mit den Leitsymptomen Hypothermie, Sinusbradykardie, Hypoventilation und Hypotonie • Therapie: Levothyroxin i. v.
Thyreoiditiden Unter den Entzünd ungen der Schilddrüse fasst man eine heterogene Gruppe von Erkrankunge n mit unterschiedlichen Ursachen, Symptomen und Therapien zusammen. Man kan n sie nach der Ätiologie, ihrem Verlauf (akut, subakut, chronisch ) oder de m histologischen Bild (lym phozytär, granulomatös) unte rscheiden. Bei den verschiedenen Thyreoiditiden kann es durch Zellzerstöru ng zur Hormonfreisetzung und zu einer transienten, selbstlimitierenden Hyperthyreose kommen. Es handelt sich dabei um bereits gebildete Hormone, weshalb eine thyreostatische Therapie nicht indiziert ist Besser sollte man symptomatisch mit Betablockern behandeln.
Immunologisch bedingte Schilddrüsenentzündungen Autoimmunthyreoiditiden Gemeinsam ist den Autoimmunthyreoiditiden, dass sie fast immer schmerzlos verlaufen. Außerdem ist eine vermind erte Echogenität in der Sonographie kennzeichnend. Die Schild drüse ist dann teilweise schwer von umgebenden Strukturen abgrenzbar. Für die Diagnostik ist der Nachweis von Autoantikörpern wegweisend. Jedoch lassen sich auch häufig bei Gesund en Auto-AK nachweisen, wobei diese Personen ein erhöhtes Risiko für das spätere Auftreten einer Autoimmunthyreopathie haben.
Morbus Basedow Zu den Autoimmunthyreoiditiden zählt auch die Basedow- Krankheit Diese wird bei der Hyperthyreose behandelt (s. S. 54).
Chronische lymphozytäre Thyreoiditis Diese organspezifische Autoimmunerkrankungmit genetischer Disposition (HLADR3, -DR5 und -B8) ist die häufigste Entzündung der Schilddrüse. Bei Frauen tritt sie etwa zehnmal häufiger als bei Männern auf. Betroffen sind v. a. Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Man unterscheidet eine hypertrophe Form (klassische HashimotoThyreoiditis) mit meist anfangs symmetrisch
vergrößerter Schildd rüse und eine atrophe Form als häufigere Variante . Klinik und Diagnostik: Die Patienten haben weder Schm erzen noch Entz ündungszeichen. Der Verlauf ist chronisch, da sich erst ab einer Zerstörung von 90 %des Gewebes eine Hypothyreose entwickelt. Die Zelldestruktion führt zur Freisetzung präformierter Hormone mit einer transiente n hyperth yreoten Phase. Diese Phase bleibt häufig un bemerkt, so dass die chronische lymphozytäre Thyreoiditis oft erst diagnostiziert wird, wenn eine Hypoth yreose vorliegt in der Sonograph ie erscheint die Schilddrüse echoarm und häufig verkleinert (I Abb. 2, S. 52). Eine Szintigraphie ist nicht immer notwendig. Vor allem aber in der Phase der passageren Hyperth yreose ist das Bild eines global stark verminderten Uptakes diagnostisch hilfreich. Die Diagnose kann schließlich durc h den Nachweis von TPO-AK, die in 95 % vorhanden sind , gestellt werden. Tg-AKsind weniger aussagekräftig, aber auch häufig nachweisbar. Die chronische lym phozytäre Thyreoidi tis kan n auch mit anderen Autoimm unerkra nkungen (z . B. M. Addison, Diabetes mellitus Typ 1, Vitiligo, Alopecia areata) assoziiert sein . Therapie: Kortikosteroide haben kei nen Effekt auf den KrankheitsverJauL Die Behand lung besteht in der Substitution von Levo· thyroxin, sowohl bei manifester als auch bereits bei einer latenten Hypothyreose. Ziel ist ein TSH im unteren Normbereich (0,5 - 2,0 mU/ 1). Chronische Iymphozytire Thyreolditis: echoanne, verkleinerte Schilddrüse mit vermindertem Uptake und positiven TPQ-AK.
Post-partum-Thyreoiditis Diese Autoimmunthyreoid itis tritt bei ca. 5 % der Frauen innerhalb von einem Jahr nach der Entbindung auf. Manche Patientinnen haben bereits vor der Schwangerschaft nachweisbare TPO-AK . Eine erhöhte immunologische Toleranz während der Schwangerschaft führt
0
t
Diagnose
5
6
9 M o nate
dazu, dass sich die Entzündung erst nach d e r Geburt manifestiert. Häufig bleibt sie jedoc h kli nisch latent oder wird nu r zufällig entdeckr. Anfangs beobachtet man eine 1- bis 3monatige hyperthyreote Phase, gefolgt von einer passageren oder seltener permanenten Hypothyreose (I Abb. I ). Bei postpartaler Depression sollte auch nicht vergessen w e rden, auf die Schildd rüsen fun ktion zu achten Eine Szintigraphie während der Stillzeit ist kontraind iziert! Nac h dem Abstillen zeigt s ic h eine vermi nderte Speicherung im Gegensatz zum M. Basedow.
Andere Autoimmunthyreoiditide n II Die Silent-Thyreoiditis ähnelt sehr der Post-partum-Thyreoid itis. Man fi ndet auch eine schmerzlose En tzündung, die v. a_ Frauen zwischen dem 30. und 50. Lj. betrifft. Es dom iniert jedoch die hyperthyreo te Phase eine permanente Hypothyreose kommt ni~h t vor. II Die iFN-a -induzierte Thyreoiditis tritt in 1- 5 % bei einer Therapie mit lFN-a (Hepa ti tisbehandlung) und genetischer Disposition auf. Der Verlauf ist ähnlich wie bei der Postpartum-Thyreo id itis. Immunologis ch vermittelte
Thyreoiditis
Subakute Thyreoiditis de Ouervain Diese Form tritt typischerweise einige Wochen nach einem viralen Atemwegsinfek t auf Klinik: Die Patienten haben eine be rühru n gs~ empfindliche, derbe Schilddrüse. Neben einem allgemeinen Krankheitsgefü hl und Fieber kommt es zu starke n Halsschmerzen die auch die Seite wechseln und in Ohren ' und Kiefer ausstrahlen kön nen. Die Lymphknoten sind nicht geschwollen. Diagnostik: Auffäll ig sind eine stark erhöhte Blutsenku ng (BSG > 50 mm/ h) und erhöh tes CRP bei normaler LeukozytenzahL TSH ist zu Beginn häufig supprimiert und Auto-AK sind evtl. und dann nu r vorübergehend nachweisbar. Eine anfängliche leichte Hyperthyreose kann in eine Euthyreose und nach Wochen bis Monaten in eine Hypothyreose übergehen . Meist kommt es nach 1- 4 Monaten zu einer
I
Abb . 1: Verlauf der fT ,-Konze ntration bei ein er Post-partum-Thy reoidi tis. 161
Schilddrüse
sa I 59
spontanen Heilung. Sonographisch zeigen sich landkartenartige, konfluierende echoarme Areale mit einem Übergang in Areale mit normaler Echogenität. in der Szintigraphie findet man eine reduzierte oder fehlende Nuklidaufnahme. Therapie: Für die passagere Hyperthyreose reicht eine symptomati· sehe Behandlung (s.o.), während bei einer Hypothyreose vorüber· gehend mit Hormonen substituiert werden sollte. Bei einem leichten Entzündungsverlauf genügen NSAR wie Diclofenac. Meist reichen die· se gegen die Schmerzen jedoch nicht aus. Man kann dann auch mit Prednisolon behandeln und sollte die Dosis unter Beobachtung der BSG langsam senken. Dadurch ergibt sich jedoch kein Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Falls unter Kortikosteroiden keine Besserung innerhalb von 1-2 Tagen eintritt, ist die Diagnose zu prüfen!
sehe Veränderungen infolge der Grunderkrankung. Es wird eine Therapie mit hochdosiertem Thiamazol und Perchlorat empfohlen. Ein Absetzen von Amiodaron sollte nur kontrolliert erfolgen (Achtung: HWZ beträgt mehrere Wochen!). ln manchen Fällen ist eine Thyreo· idektomie notwendig. • Amiodaroninduzierte Hyperthyreose Typ 2: Durch Zellzerstö· rung kommt es zur Freisetzung präformierter Hormone. Die destruk· tive Thyreoiditis entwickelt sich langsam innerhalb von Monaten bis Jahren und ist selbstlimitierend. Sie kann später in eine Hypothyreose übergehen. Therapie der Wahl sind Kortikosteroide über 2- 3 Monate. II Daneben können auch Mischtypen einer Typ· I· und Typ·2·Hyper· thyreose auftreten.
Nichtimmunologisch bedingte Schilddrüsenentzündungen
t Thyreoiditiden nach Bestrahlung der Halsregion (z. B. bei
Physikalische Ursachen
Infektiöse Ursachen Die akute eitrige Thyreoiditis ist eine seltene Entzündung, die durch Absiedlung von Keimen bei Bakteriämie oder Sepsis entsteht. Die Entzündung ist überwiegend durch Bakterien wie Staphylokokken oder Streptokokken bedingt und tritt meist bei Kindern auf. Durch andere Erreger wie Mykobakterien, Viren oder Pilze kommt es zur nichteitrigen Thyreoiditis, die v. a. immunsupprimierte Patienten betrifft. Typisch ist eine akut auftretende, schmerzhafte Schwellung der Schild· drüse mit Hautrötung. Sie wird oft mit der viel häufigeren subakuten Thyreoiditis verwechselt. Jedoch findet man bei der akuten Thyreo· iditis oft vergrößerte Lymphknoten, während eine Störung der Schild· drüsenfunktion nicht beobachtet wird. Blutsenkung, CRP und die Leukozyten sind häufig erhöht. ln der Sonographie werden oft Zysten gefunden, die punktiert und für eine gezielte Therapie zytologisch und mikrobiologisch untersucht werden sollten. Des Weiteren ist auch nach dem Primärherd der Streuung zu suchen. Chemische Ursachen Amiodaron ist ein iodhaltiges Klasse·lll·Antiarrhythmikum, das sowohl bei supraventrikulären als auch bei ventrikulären Arrhythmien ver· wendet wird. Bei einer Erhaltungsdosis von 200 mg wird täglich ein Vielfaches des natürlichen Iodbedarfs freigesetzt(- 6-7 mg). Daher müssen vor Therapiebeginn bestehende Schilddrüsenerkrankungen ausgeschlossen werden. Auch während der Behandlung sind in Abständen von 6 Monaten TSH, fT 4 und IT 3 zu kontrollieren. Es kann dabei sowohl zu hypothyreoten als auch zu hyperthyreoten Zuständen kommen (eigentlich wird nur die amiodaroninduzierte Hyperthyreose Typ 2 zu den Thyreoiditiden gezählt. Hier sollen jedoch auch die ande· ren Formen erwähnt werden): t Amiodaroninduzierte Hypothyreose: Amiodaron wirkt antago·
nistisch am T3·Rezeptor, hemmt die Deiodase und kann durch einen Iodexzess die Schilddrüsenfunktion vorübergehend hemmen. Es sollte dann mit Levothyroxin substituiert werden. Die Konversionshemmung durch Amiodaron macht höhere Dosen nötig. Ein Absetzen von Amio· daron ist nicht notwendig. II Amiodaroninduzierte Hyperthyreose Typ 1: Diese Form wird überwiegend bei vorbestehender Autonomie beobachtet und ent· spricht einer iodinduzierten Hyperthyreose. Sie tritt meist innerhalb der ersten Wochen bis Monate nach Medikationsbeginn auf. Im Gegen· satz zum Typ 2 findet man häufiger Knoten oder andere morphologi·
M. Hodgkin) treten oft erst nach Jahren auf. Abhängig von der Dosis kann es zur Knotenbildung oder seltener zu Schilddrüsenkarzinomen kommen. Die Schilddrüsenfunktion ist nach einer Bestrahlung meist normal. II Nach hochdosierter Radioiodtherapie mit 13 11 bei malignen Erkran· kungen kann eine akute Thyreoiditis mit Schwellung und Schmerzen auftreten. Selten tritt eine Entzündung nach RIT benigner Erkrankun· gen (M. Basedow) auf. Behandelt wird mit Kühlung und evtl. Anti· phlogistika wie Prednisolon. II Nach Traumata im Halsbereich, die bei Autounfällen oder Opera· tionen auftreten, kann es auch zu einer akuten und schmerzhaften Entzündung kommen.
Sonderformen
Fibrosierende Thyreoiditis Riedel Es handelt sich dabei um eine extrem seltene Entzündung mit lym· phozytärem Infiltrat und Fibroblastenproliferation. Häufig findet man auch multifokale Fibrosen, wie z. B. eine retroperitoneale Fibrose. Eine Fibrose der Orbita kann zu einem Bild wie bei der endokrinen Orbita· pathie führen. Typisch sind eine Kapselüberschreitung und ein infil· tratives Wachstum in das umliegende Gewebe. Die Schilddrüse fühlt sich "eisenhart" an und ist nicht schluckverschieblich.
Zusammenfassung X Die chronische Iymphozytära Thyreoiditis ist die häufigste Schilddrüsenentzündung. Typisch sind hochtitrige TPO-AK und eine verminderte Echogenität. Nach "Ausbrennen" der Entzündung kommt es häufig zur Hypothyreose. X Post-partum-Thyreoiditis: erst hyperthyreote, dann hypothyreote Phase • Thyreoiditis de Quervain: schmerzhafte Entzündung, häufig nach viralen Atemwegsinfekten • Amiodaroninduzierte Hyperthyreose: Typ 1 = bestehende Autonomie mit Hyperthyreose durch Iodexzess, Typ 2 = destruktive Thyreoiditis mit Freisetzung bereits gebildeter Hormone
Schilddrüsenmalignome Schi ldd rüse nkarzinome
Formen Papilläres Karzi nom
Epidemiolog ie Maligne Neoplasien der Schilddrüse sind selten. ln Deutsch land liegt die lnzidenz bei ca. 3/ 100.000 pro Jahr. Die Mortalität beträgt jedoch nur 0,5/ 100.000 pro Jahr. Bei Frauen kommen differenzierte Karzino· me (papi!läres und follikuläres Karzinom) 2· bis 3·mal häufiger vor als bei Männern. Betroffen sind vorwiegend Patienten vor dem 30. und nach dem 60. Lebensjahr. Die Klassifikation der Schilddrüsenkarzi· nomenachderen histologischer Di fferenzierung bestimm t die Thera· pie und gibt Auskunft über die Prognose. Für die Prognose sind neben der histologischen Differenzierung auch das Alter des Patienten und das Tumorstadium von Bedeutung. Prognostisch günstig ist ein Alter unter 45 Jahren. In Ländern mit Iodprophylaxe zeigt sich ein Wandel in der Häufigkeit der einzelnen Formen. So werden weniger follikuläre Karzinome und vermehrt papilläre Karzinome diagnosti ziert.
Das papilläre Karzinom ist mit 50 - 60 %das häufigste Karzinom der Schilddrüse. Es gibt verschiedene histologische Subtypen, die sich jedoch in de r Prognose nicht unterscheiden. Mischtumoren mit follikulärer und papillärer Differenzierung werden aufgrund des biologisch e Verhaltens auch zu den papillären Karzinomen gezäh lt. Typisch sind n papilläre Gewebsstruktu ren mit einer zentralen fibrovaskulären Achs Milchglaskerne und dachziegelartig übereinand er geschichtete Zellene ' In bis zu 10 %treten papilläre Karzinome multifokal auf. Sie metasta- sieren vorwiegend lymphogen . Bei Diagnose liegen häufig regionäre Lymphknotenm etastasen vor, die jedoch die Prognose nicht signifikan vermindern. Papilläre Karzinome metastasieren später auch hämato- t gen in die Lunge. Sie haben eine günstige Prognose, die 10-JahresÜberlebensrate liegt bei 80 - 90 %.
Ätiologie Als auslösende Ursachen sind ionisierende Strahlung und beim medul· lären Ka rzinom genetische Faktoren zu nennen. Lokale Wachstums· Faktoren und erhöhtes TSH haben hingegen keine gesicherte Wirkung auf die Karzinomentstehung. Auch eine Radioiodtherapi e zur Behand· Jung einer Hyperthyreose führt zu keinem statistisch erhöhten Karzi· nomrisiko.
Das follikuläre Karzinom hat einen Anteil von etwa 20 - 30% an den Schilddrüsenma lignomen. Es kommt häufiger in Iodmangelgebieten und bei einer bestehenden Struma vor. Meist handelt es sich um eine solitären, unilateralen Tumor, oft mit einer bindegewebige n Abkapse- n Jung. Der Unterschied zum follikulären Adenom ist nur durch eine Gefäßinvasion oder einen Kapseleinbruch definiert, histologisch unterscheiden sie sich sonst kaum. Hervorzuheben ist die onkozytäre Variante, die im Gegensatz zu den and eren differenzierten Karzinomen nicht am Iodstoffwechsel teilnimmt und da her nicht mit Radioiod behandelt werden kann. Die Metastasierung erfolgt überwiegend hämatogen in Lunge und Skelett. Die IO·Jahres·Überlebensrate liegt bei 60 - 70 %. Wie bereits erwähnt, ist die Prognose aber auch vom Tumorstadium und vom Alter der Patienten abhängig. Bei Fernmetastasen liegt eine deutlich schlechtere Prognose vor. Eselsbrücke zur Metastasierung: Pa·pi·llär = lym·pho·gen (3 Silben); fo·lli-ku·lär = hä-ma·to·gen (4 Silben)!
Klinik Bei jüngeren Patienten ist das häufigste Symptom ein solitärer, derber Knoten in der Schilddrüse. Bei älteren Patienten sind vor allem schmerzlose , kalte Knoten in einer lang bestehenden Struma verdäch· tig. Weitere Zeichen treten erst bei größeren Tumoren auf und sind bereits Spätsymptome. Dazu gehören Schluckbeschwerden, Atembe· schwerden oder schmerzlose, verbackene Lymphknoten. Des Weiteren kann es zu Heiserkeit durch eine Rekurrensparese oder zu einer obe· ren Einflussstauung kommen. Eine Destruktion des Ganglion stellatum füh rt zum Horner·Syndrom mit Miosis, Ptosis und Enophthalmus. Diagnostik ln der Anamnese müssen Fragen nach einer früheren Bestrahlung im Rahmen einer Therapie oder nach einer anderen Strahlenexposition gestellt werden. Malignomverdächtig ist auch ein Strumawachstum unter Levothyroxinth erapie. Eine Bestimmung der Schilddrüsenhormone hat keine Aussagekraft, die Stoffwechsellage ist meist euthyreot. in der Sonographie findet sich häufig ein unregelmäßig begrenzter, echoreduzierter oder echo· komplexer Knoten mit oder ohne Infiltration des umliegenden Gewebes. Die Szintigraphie zeigt eine verminderte Aufnahme. Nur weniger als 1 %sind hyperfunktione iL Andererseits entsprechen nur etwa 5 %aller kalter Knoten einem Malignom. Zur Abklärung der Malignität wird die Feinnadelpunktion verwendet. Bei follikulären Neoplasien ist jedoch aufgrund der hohen Differenzierung keine Unterscheidung zwischen benignen und malignen Tumoren möglich. Das Karzinom befindet sich bei einer Struma multinodosa außerdem nicht immer in dem dominierenden Knoten, und in bis zu einem Viertel der Punktionen ist keine exakte Aussage möglich .
Follikuläres Karzinom
Undifferenzierte (anaplastische) Karzinome Anaplastische Karzinome machen etwa 5- I0 %der Schilddrüsenkarzinome aus. Charakteristisch ist ein lokal destruierendes und deutliches Wachstum innerhalb von Wochen. Eine Subtypisierung ist obsolet, da sich daraus keine weitere klinische Aussage ergibt. Anaplastische Karzinome haben generell eine schlechte Prognose. Die mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellun g liegt bei nu r etwa 6 Monaten.
Medulläres Karzi nom Das medulläre Karzinom geht von den parafollikulären , kalziteninproduzierenden C·Zellen aus und hat einen Anteil von nur etwa 5 % der Sc hilddrüsenkarzinome. Bei einem Drittel der Patienten kommt es zu einer sekretorischen Diarrhö. Ein sehr guter Tumormarker ist Ka!zitonin. Bei Kon zentrationen > 10 pglml sollte ein Pentagastrin·Stimulationstest mit anschließender Kalzitoninbestimmung durc hgeführt werden. in der Sonogra phie können grobschollige Verkalkungen zu sehen sein. Kennzeich nend ist eine aktivierende Mutation im RET·Protoonkogen einem Gen auf Chromosom I0, das mit verschiedenen endokrinen '
Schilddrüse
Neoplasien assoziiert ist. 25 % der Karzinome entstehen durch autosomal-dominante Vererbung im Rahmen einer MEN Typ 2 (s.S. I04 f.). Typisch ist dabei ein Auftreten in jüngeren Jahren mit einem multizentrischen Befall. In den übrigen Fällen handelt es sich um sporadische Mutationen, die erst im späteren Alter vorkommen und mit einer schlechteren Prognose verbunden sind. Die I 0-JahresÜberlebensrate liegt bei ca. 50 %. Eine gute Prognose ist nur dann gegeben, wenn die Diagnose früh erfolgt, keine Metastasen bestehen und Therapie und Nachsorge erfolgreich sind .
Grundsätzlich sollte bei allen medullären Schilddrüsenkarzinomen von einem familiären Auftreten ausgegangen werden.
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eine Beherrschung des Wachstums. Dazu kann eine Operation mit einer Bestrahlung der Halsregion und einer Chemotherapie kombiniert werden. lt Die Therapie des medullären Karzinoms besteht in einer totalen Resektion der Schilddrüse mit einer vollständigen Entfernung der regionären Halslymphknoten. Haben auch Familienmitglieder eine nach· weisbare Mutation, so ist möglichst bald eine prophylaktische Entfernung der Schilddrüse indiziert (s. S. 105). Sowohl anaplastische als auch medulläre Karzinome besitzen in der Regel nicht die Fähigkeit, Iod aufzunehmen. Eine Therapie mit Radioiod ist daher nicht erfolgreich.
Die postoperative Hypothyreose nach Thyreoidektomie muss durch lebenslange Levothyroxin-Substitution behandelt werden. Bei den Therapie differenzierten Karzinomen soll eine TSH-suppressive Dosis gewählt Die Behandlung erfolgt abhängig von der Tumorart: werden, um den Wachstumsreiz auf okkulte Metastasen zu vermindern. Weitere postoperative Komplikationen sind eine Rekurrensparese lt Bei differenzierten Karzinomen sollte eine totale Thyreoidekto(in ca. I %) und ein Hypoparathyreoidismus (ca. 1-2 %; Serumkalzium mie mit Entfernung der regionalen Halslymphknoten durchgeführt bestimmen! ). werden. Die Schilddrüsenhormonkonzentration fällt anschließend ab, Die Tumornachsorge dient der frühen Erkennung eines Rezidivs und während TSH ansteigt. Ein 1311-Ganzkörperscan dient dem Nachweis damit der Verlängerung der Lebensdauer. Es sind eine regelmäßige von Restgewebe und Metastasen. Levothyroxin sollte vorerst nicht zu- Sonographie und eine Kontrolle von TSH, Thyreoglobulin und Schildgeführt werden, da du rch die TSH-Erhöhung die 1311-Aufnahme verbes- drüsenantikörpern notwendig. Die Szintigraphie sollte weiterhin mit 1l 11durchgeführt werden. Erfolgt diese unter Stimulation mit rekomsert wird. Nach 4-6 Wochen wird bei einem TSH-Wert von mindestens 30 ebenfalls mit 1311 eine hochdosierte Radioiodtherapie zur Zerbinantem humanem TSH (Thyrogen®), so muss Levothyroxin nicht störung von verbliebenem Tumor- oder Schilddrüsengewebe abgesetzt werden. Bei nicht iodspeichernden Metastasen kann durchgeführt. Thyreoglobulin kann anschließend als Tumormarker die Szintigraphie alternativ z. B. mit 111 lndium-Octreotid, 90Yttriumverwendet werden, der auf ein Rezidiv oder eine Metastase hinweist. DOTADOC oder durch eine PET-Szintigraphie mit 18 F-FDG durchgeRadioiod wird in geringerer Menge auch in die Speicheldrüsen und die führt werden. Magenschleimhaut aufgenommen. Eine akute Sialadenitis und eine radiogene Gastritis sind daher häufige Nebenwirkungen. Bei hochWeitere maligne Tumoren dosierter Radioiodtherapie liegt das Risiko einer späteren Leukämie bei bis zu I %. Andere Tumoren der Schilddrüse wie maligne Lymphome sind selten. lt Bei anaplastischen Karzinomen ist eine vollständige Entfernung Häufiger sind hingegen Metastasen. Sie kommen vorwiegend bei Niehäufig nicht mehr möglich. Ziele sind dann eine Tumorreduktion und renzell-, Bronchial- und Mammakarzinomen vor.
Zusammenfassung X Die häufigsten Malignome der Schilddrüse sind das papilläre und das follikuläre Karzinom. Seltener sind ansplastische Karzinome und das medulläre Karzinom. X Malignomverdächtig sind echoreduzierte oder echokomplexe Knoten mit vermindertem Uptake. X Die Prognose der differenzierten Karzinome ist sehr gut. Bei ansplastischen Karzinomen beträgt die mittlere Überlebenszeit hingegen nur etwa 6 Monate. X Das medulläre Karzinom geht von den C-Zellen aus und tritt familiär oder sporadisch auf. Als Tumormarker dient Kalzitonin.
Physiologie I Abb. 1: Die Differenzierung der Osteck lasten
Knochens toffwec hsel Zusammens etzung: Der Großteil des Knochens wird von Kalzium zusammen mit Phosphat gebildet. Außerdem besteht der Knoc hen aus einem Proteingerüst, der Knochenmatrix , die von Osteoblasten gebildet wird. Die Phosphat- und Kalziumkonzentration im Serum liegen im Bereich des Löslichkeitsprodukts. Eine Ausfällung (Präzipitation) in den Gefäßen wird durch Proteine, wie das GLA-Protein, verhindert. Knochenumbau: An der Zelloberfläche von Osteoblaste n fördert hingegen die alkalische Phosphatase (wichtiger Marker des Knochenanbaus) die Ausfallung und Ablagerung von Kalzium und Phosphat im Knochen (Mineralisation). Osteoidaste n entstehen aus Makro· phagen. Es sind mehrkernige Zellen, die den Abbau der Knochenmatrix vermitteln. Sie sezernieren Säure und Proteasen, die den Knochen auflösen. Der Knochen unterliegt außerdem einem stän· digen Umbau ("bone remodeling"). Osteoidasten und Osteoblasten werden dabei zeitlich nacheinander aktiviert und sorgen für einen Ab· und anschließenden Aufbau der Knochen· grundsubstanz. Dies ist entscheidend für die Reparatur, Erneuerung und die Anpassung des Knochens an veränderte Belastungen. Mechanische Reize, die bei körperlicher Aktivität entstehen, gehören zu den bedeutendsten Stimuli für den Knochenaufbau . Die Regulation der Knochenresorption durch Hormone erfolgt u. a. über das RANK-System (receptor of activation of nuclear factor KB, I Abb. I). Resorptionsfördernde Substanzen induzieren die Sekretion von RANKLiganden (RANKL) durch Osteoblasten . RANKL bindet an dessen Rezeptoren RANK auf der Zelloberfläche von Osteoklasten und stimuliert die Differenzierung der Osteoklas· ten. Daneben gibt es auch noch einen löslichen Attrappenrezeptor, das sog. Osteoprotegerin, das auch an RANKL bindet und so über eine verminderte Osteoklastenaktivierung die Resorption hemmt. Nachdem im jungen Erwachsenenalter die Peak-Bone·Mass (Knochengipfelmasse) er· reicht wird, kommt es zu einer negativen
wird u.a. durch da s RANK-System stimuliert. [5 ]
OPG
(blockiert RANKL/ RANKInteraktion)
Makrophage (Os teoklastenvorläufer)
Knochenbilanz mit einem Überwiegen des Abbaus.
Wichtige Substa nzen im Knoch enstoff wechsel Kalzium Mehr als 99% des Kalziums sind im Knochen enthalten. Dies entspricht beim Erwachsenen etwa einer Masse von I ,4 kg. Im Serum liegt Kalzium in drei verschiedenen Formen vor: t - 45 %an Eiweiß gebunden t - 5% komplexgebunden an Zitrat,
Bikarbonat oder Phosphat t - 50 % ionisiertes, biologisch aktives Kai· zium (Ca 2+)! Funktion: Kalzium ist ein wichtiger intrazellu lärer Botenstoff (s. S. 4), der an der Blutgerinnung beteiligt ist und für die Integrität und Funktion der Zellmembran sorgt. Durch Kalzium kommt es auch zu: t Erregung von Kalziumreze ptoren
(~bei
höheren Konzentrationen: Übelkeit und Er· brechen) t Aktivierung von Kaliumkanälen (~ Verkürzung des Aktionspotentialsam Herzen) t Stabilisierung von Natriumkanälen (~ gesteigerte Erregbarkeit und Tetanie bei Hypokalzämie) t Verminderter Durchlässigkeit der Basalmembranen und der Tight-Junctions (~ erhöhte Diurese; die Polyurie entsteht auch durch ein vermindertes Ansprechen auf ADH). I Abb. 2: Schematische Darstellung der Hauptwirkung en von Parathormon (PTH) und Vitamin D. Die Regulation der Kalziumk onzen tration erfolgt über die intestinale Absorption, die rena le Rü ckresorption und ei ne Aufnahme oder Abgabe aus dem Knochen.
121
Der tägliche Kalziumbedarf liegt bei etwa 1.000 mg. Er ist bei Jugendlichen, in der Schwangerschaft und Stillzeit erhöht. Auch Frauen nach der Menopause und Männer über 65 Jahre haben einen erhöh ten Bedarf_ Kalzium ist z. B. in Eiern, Milch und Milchprodukten, in Sojaprodukten und Sesam enthalten. Darm, Knochen und Niere sind die wesentlichen Organe für_ die Regulation des Kalziurnstoffwechsels. Uber den Darm werden etw 20 % des gesamten Kalziums resorbiert. Bei a extremem Kalziummangel können durch die Vitamin-D-Wirkung auch bis zu 90% aufgenommen werden. Der Knochen dient als Speicher, aus dem das Kalzium auch wieder mob 1. _ lisierbar ist. Bei ausgeglichener Bilanz Wird der Großteil mit dem Stuh l, der Rest über die Nieren ausgeschieden (I Abb. 2). Kalziumdiagnostik: Meist wird die Gesamtkonzentration bestimmt. Bezüglich der diagnostischen Aussage bringtdie Bestimmung des IOniSierten Kalz1ums keme Vorteile, auch wenn nur der freie Kalziumanteil wirksam ist. Normwerte: Gesamtkalzium 2,2- 2,6 mmol/1 freies Kalzium 1,1-1,3 mmol/1.
Die Kalziumkonzen tration ist abhängig vom: t Proteingehalt des Serums: Je höher der Proteingehalt, desto höher das Gesamtlkalzium. Eine Interpretation des Gesamtlkalzi um sollte daher in Kombination mit Albumin er- s folgen. So kann etwa bei niedrigem Gesamt-
Nebenschilddrüse und Knochenstoffwechsel
kalzium und Album in die Konzentration von ionisiertem Kalzium normal sein.
62 I 63
I Abb. 3: Parathormon und Vitamin D hal ten die Kalziumkonzentration konstant. [2]
Faustregel: Eine Albuminabweichung um 1 g/1 verändert das Gesamtkalzium um 0,02 mmol/1in dieselbe Richtung! Ca++
t pH·Wert des Blutes: Bei einer Alkalose (IH+].J..), werden von Serumproteinen zur Puf·
ferung zunehmend H+·lonen abgegeben, im Gegenzug kann Ca 2+ gebunden werden. Dadurch sinkt der freie KalziumanteiL Um· gekehrt steigt das ionisierte Kalzium bei Azi· dose.
Parathormon Parathormon (PTH) ist ein Peptidhormon, das bei Absinken der Kal ziumkonzentration aus der Nebenschilddrüse (Parathyroidea) freige· setzt wird. Die Regulation erfolgt direkt über Kalziumrezeptoren an der Membran der hor· monbildenden Zellen. Funktion: Am Knochen bewirkt PTH eine Freisetzung von Kalzium und Phosphat und erhöht somit die Kalziumkonzentration im Se· rum (I Abb. 3). An der Niere kommt es zur verstärkten Kalziumrückresorption, während die Phosphatausscheidung gefördert wird . Da· durch wird eine Überschreitung des Löslich· keitsprodukts verhindert. Bei Absinken des Serumkalziums kommt es durch PTH kurz· fristig zu einem Abbau von anorganischen Substanzen aus dem Knochen. Langfristig sti· muliert PTH aber die Vitamin-D-Bildung durch Stimulation der 1a·Hydroxylase und bewirkt damit einen Ausgleich des Kalziumdefizits über eine erhöhte Resorption aus dem Darm. Intermittierend wirkt PTH auf den Knochen sogar aufbauend, während es bei kontinuierlicher Erhöhung zu einem Überwiegen der Resorption kommt.
resorption steigert Parathormon auch die Vitamin-D-Synthese und erhöht so längerfristig die Kalziumkonzentration über eine vermehrte intestinale Kalziumresorptlon.
Vitamin D Der überwiegende Anteil (60-80%) des Vitamin D wird im Körper synthetisiert. Dafür braucht der Organismus jedoch Sonnenlicht. Vitamin 0 3 (Colecalciferol) entsteht unter Einwirkung von UV·Licht in der Haut aus 7· Dehydrocholesterin oder wird direkt über die Nahrung aufgenommen. Aber erst durch zwei Hydroxylierungen, zuerst in der Leber und dann in der Niere, entsteht die aktive Form, das l ,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Calcitriol). Die I a ·Hydroxylierung in der Niere wird durch PTH und durch einen niedrigen Phosphatspiegel stimuliert, während eine Hyper· phosphatämie (z. B. bei Niereninsuffizienz) hemmend wirkt. Funktion: Vitamin D sti· muliert die Kalzium- und Phosphatresorption aus dem Darm und die Mineralisation der Knochenmatrix. In hohen Konzentrationen fördert es hingegen die Osteoklastendifferen· zierung (resorptionsfördernde Wirkung).
Kalzitonin Kalzitonin ist ein Peptidhormon der parafollikulären C-Zellen der Schilddrüse. Funktion: Seine Hauptaufgabe ist wahrschein· lieh eine osteoprotektive Wirkung durch Hemmung der Osteoklasten. Kalzitonin besitzt daneben eine zentralnervöse analgetische Wirkung, vermutlich durch Freisetzung von Endorphinen. Kalzitonin kann evtl. ergänzend z. B. bei schmerzhaften osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen angewendet werden. Andere Substanzen Insulin förde rt die Bildung von Knochengrundsubstanz, während Glukokortikoide
diese hemmen. Letztere wirken auch Vitamin· D-antagonistisch. Durch Androgene kommt es zum Epiphysenschluss und so zum Ende des Längenwachstums. Die osteoprotektive Wirkung von Bisphosphonaten erfolgt wie bei Kalzitonin über eine direkte Osteoklastenhemmung. Östrogene hingegen hemmen Ostecklasten indirekt über eine TGF-ß-Frei· setzung aus Osteoblasten. Auch bei Männern sind Östrogene für den Knochenaufbau und -erhalt erforderlich (s.a. S. 89).
Zusammenfassung X Der Knochen unterliegt einem ständigen Umbau (Remodeling). Während in der Jugend der Aufbau überwiegt, kommt es später zu einem vermehrten Abbau. X Kalzium und Phosphat bilden als Hydroxylapatit den mineralisierten Teil des Knochens. X Die wichtigsten Organe im Kalziumstoffwechsel sind Darm, Knochen und Niere. Die Serumkalziumkonzentration ist abhängig vom Proteingehalt und pH-Wert.
x Parathormon und Vitamin D sind die zwei bedeutendsten Hormone für die Regulation der Kalziumkonzentration.
Hyperkalzämie Bei stationären Patienten findet man in ca. 1 %eine Hyperkalzämie. Die häufigsten Ursa· chen sind die tumorinduzierte Hyperkalzämie und der primäre Hyperparathyreoidismus (I Tab. 1).
Tumorhyperkalzämie Eine Hyperkalzämie bei Tumorerkrankungen kann auf zwei Arten entstehen:
Klinik Die Patienten sind bei Diagnosestellung häu· fig beschwerdefrei. Durch routinemäßige Kalziumbestimmungen bei Vorsorgeunter· suchungen kommt es heute seltener zu einem ausgeprägten Bild des Hyperkalzämie·Syn· droms. Typisch ist ein oligosymptomatischer Verlauf. Manifestationen findet man an folgen· den Organen:
dem erhöht eine Hyperkalzämie die Empfindlichkeit für Digitalis (Kontraindikation!). Diepathogenetischen Mechanismen sind teilweise auf Seite 62 erläutert. Die klassische Symptomentrias wStelnBein- und Magenpein• wurde durch oll~o symptomatische Verläufe abgelöst.
l l Niere: Eine anfängliche Polyurie und reak· t Osteolytische Hyperkalzämie beim
tive Polydipsie können evtl. zur Exsikkose
Plasmozytom oder bei Metastasen z. B. eines Mammakarzinoms lll Paraneoplastische Hyperkalzämie: Tumoren, wie das Bronchialkarzinom können z. B. Peptide mit parathormonähnlicher Wirkung (PTH·related peptide) oder lokale Mediatoren (Zytokine, PGE) mit osteolyti· scher Aktivität sezernieren (s. a. S I 08).
führen . Eine rezidivierende Nephrolithiasis ist immer noch eine der häufigsten Manifestatio· nen des pHPT. Allerdings haben nur ca. 2 % der Patienten mit Nierensteinen auch einen pHPT. Durch die Hyperkalzämie entsteht ein reversibler Funktionsverlust der Niere mit einem Kreatininanstieg. Nur in seltenen Fällen kommt es sekundär zur chronischen Niereninsuflizienz. l l Gastrointestinaltrakt: Durch Übelkeit und Erbrechen werden der Volumenmangel ver· stärkt und eine Hypokaliämie begünstigt. Des Weiteren können eine Obstipation, Magen· ulzera (Patienten nehmen evtl. Protonen· pumpeninhibitoren!), eine Cholelithiasis oder Pankreatitiden auftreten. lll Nervensystem: Reflexabschwächung, Ver· Stimmung und Depression sind oft diskret, aber bereits bei geringer Hyperkalzämie zu beobachten. lll Knochen: Es finden sich Osteoporose und Knochenabbau, der vorwiegend die Kompakta betrifft. Charakteristisch, aber seltener ist eine Subperiostale Resorption an den Fingerglie· dern (I Abb. I). Eine Rarität ist die klassische Osteodystrophia librosa cystica generalisata mit Osteolyse und Zystenbildung. lll Herz-Kreislauf-System: Die Hypokaliämie kann zu Herzrhythmusstörungen führen . Außer·
Diagnostisch wegweisend ist neben den Syrn· ptomen der Grunderkrankung eine suppri· mierte Konzentration von intaktem PTH bei möglicherweise erhöhtem PTHrP.
Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT) Beim pHPT handelt es sich um eine autonom erhöhte Sekretion von PTH bei einem Neben· Schilddrüsenadenom (85 %) oder bei einer primären Hyperplasie aller vier Nebenschild· drüsen (15 %). Sehr selten sind Karzinome oder das Auftreten im Rahmen einer multi· plen endokrinen Neoplasie (MEN). Die Inzi· denz beträgt 25/ 100.000 pro Jahr. Frauen sind doppelt so häufig betroffen. Der Alters· gipfelliegt im letzten LebensdritteL Bei einem frühen Auftreten sollte an die Möglichkeit einer MEN Typ I gedacht werden (s. S. 104).
Diagnostik und Differentialdiagnosen Die Interpretation der Kalziumkonzentration erfolgt in Bezug auf PTH ("diagnostisches Paar", s. S. I 0), unter Berücksichtigung der Nierenfunktion und des Albumingehalts. Beweisend ist ein erhöhter oder inadäquat hoher Wert von Kalzium und intaktem PTH (I Abb. 2). Die Hyperkalzämie kann allerdings durch emen V1tamm·D·Mangel oder eine Niereninsuffizienz maskiert werden . Durch die erhöhte Phosphatausscheidung ist das Phosphat im Serum erniedrigt. Die alkalische Phosphatase ist regelmäßig erhöht. Wenn kein Hinweis auf eine fortgeschrittene Tumorerkrankung oder eine Hyperkalzämie anderer Genese gegeben ist, wird versucht einen pHPT nachzuweisen. Kann dieser a~s geschlossen werden, wird zum Nachweis von Knochenmetastasen eine Ganzkörper-Kn 0 . chenszintigraphie durchgeführt. Für ein Plasmozytom sprechen eine Erhöhung der BSG und der y·Bande in der Serumelektrophorese . Die Lokalisation eines Adenoms der Nebenschilddrüse ist mit der Sonographie unct sog. Sestamibi·Szintigraphie häufig nicht möglich. Die beste Lokalisationsmaßnahme ist dann die intraoperative Darstellung aller vier Nebenschilddrüsen durch einen erfahrenen Chirurgen.
Tumorinduzierte Hyperkalzämie (60%) Primärer Hyperparathyreoidismus (20%) Medikamente: Viiamin-D-Intoxikation (!),Vitamin A, Thiazide Immobilisation Niere: Niereninsuffizienz, familiäre hypokalzurischer Hyperkalzämie Granulomatöse Erkrankungen (z. B. Sarkoidose) mit extrarenaler Viiamin-D-Bildung Milch-Alka li-Syndrom Hyperthyreose NNR-Insuffizienz
I Tab. 1: Ursachen der Hyperkalzämie.
I
Abb . 1: Subperiostale Resorptionszonen an den Phalangen beim pHPT . [21]
Nebensch ilddrüse und Knochens toffwechs el
Serum-lntakt-PTH (pg / ml)
200
•
175 150 125 Primärer
100 75
••
• • • • Hyperparathyreoidismus ••
sekundärer • Hyperparathyreoidism us
641 65
I Abb . 2: Ve rgleich von Serumka lzium und intaktem Parathormon bei Patienten mit prim . und se k. HPT, Tumorhyperka lzämie und Hypoparathyreoidismus bei Di agnosestellung. [7]
• Tumorhype rkalzämie
50
• Hypoparathyreoidismus
25
3
4
Serum kalzi um (mmo l/ 1)
Therapie Patienten mit mildem pHPT können auch über mehrere Jahre asymptomatisch bleiben. Eine Operation ist daher nicht immer indiziert Vor allem bei älteren Patienten mit erhöhtem Operationsrisiko kommt eine alleinige konservative Therapie in Frage. Diese besteht in einer ausreichenden Flüssigkeitszufu hr, Bewegung und moderater, aber auch nicht zu geringer Kalziumzufuhr (sonst PTH t). Thiazide und Digitalisglykoside sind kontraindiziert Nicht nur für die Langzeit-, sondern auch für die Akuttherapie werden Bisphosphanale verwendet. Sie führen durch eine Osteok.lastenhemmung zu einer verminderten Knochenresorption. ln klinischer Erprobung sind Kalzium-Rezeptor-Agonisten, die die PTH-Sekretion reduzieren. Im Verlauf sind regelmäßige Kontrollen des Serumkalziums, der Nierenfunktion und der Knochendichte notwendig. Eine Operation ist angezeigt, wenn die Patienten bereits symptomatisch sind (Osteoporose, Nephrolithiasis, Niereninsuffizienz), oder auch bei asymptomatisch en Patienten unter bestimmten Kriterien (Alter< SO Jahre, Serumkalzium > 0,25 mmol/ 1über der Normgrenze, Hyperkalzurie, verminderte Kreatininclearance) . Nach Darstellung der Nebenschilddrüsen muss durch den Chirurgen beurteilt werden, ob eines oder mehrere Epithelkörperchen vergrößert sind. Ein intraoperativer Schnellschnitt dient v. a. der Organdiagnose bzw. der Unterscheidung von anderen Geweben. Dabei kann aber nicht sicher zwischen normalem und tumorösem Gewebe differenziert werden. Hilfreich ist eine intraoperative PTH-Schnellbestimmung, wobei es nach erfolgreicher Entfernung nach 10 Min. zu einem signifikanten Abfall kommt. Im Fall einer Hyperplasie werden alle Epithelkörperchen reseziert und anschließend Gewebereste in den M. brachioradialis transplantiert. Bei einem Rezidiv kann so eine unkomplizierte Nachresektion in Lokalanästhesie erfolgen. Prognose Bei frü her Diagnose und Operation ist die Prognose sehr gut, wenn keine Niereninsuffizienz vorliegt. Nach der Operation kann es zu einem Hypoparathyreo idismus mit Hypokalzämie und Tetanie kom· men. Als schwere Komplikation des Hyperparathyreoidismus kann eine hyperkalzämische Krise auftreten .
Hyperkalzämische Krise Diese akute Komplikation des Hyperparathyreoidismus droht ab einem Serumkalzium über 3,5 mmol/ 1. Sie wird durch weitere Faktoren wie Bettlägerigkeit, Thiazide, Kalzium- oder Viiamin-D-Substitution begünstigt. Typisch sind Symptome der chronischen Hyperkalzämie mit zunehmenden psychiatrischen Störungen bis hin zum Koma.
Therapie Für die rasche Kalziumsenkung sind folgende Maßnahmen nötig:
t Volumenmangel ausgleichen (2-4 10,9 %ige Na Cl-Lösung) t Erst nach Rehydratation Furosemid (bis zu I 00 mg/h) mit ausreichend Flüssigkeit. Häufig liegt gleichzeitig eine Hypokaliämie vor, die durch Erbrechen und Volumenmangel begünstigt wird (s. a. S. 15 ). Es ist daher auf eine ausreichende Kaliumsubstitution zu achten. t Antiresorptive Substanzen (Bisphosphonate); bei der hyperkalzämischen Krise wird z. B. das intravenös verabreichbare Pamidronat ver· wendet. Die Wirkung setzt jedoch erst nach I -2 Tagen ein.
Kortikosteroide haben auch eine Vitamin-D-antagonistische Wirkung und sind daher v. a. bei einer Vitamin-D-lntoxikation wirksam. Kalzitonin besitzt eine schnelle, aber variable Wirkung und nur eine kurze Wirkdauer. Bei Niereninsuffizienz ist die Kalziumsekretionsfähigkeit eingeschränkt. In diesem Fall kann eine Akut-Hämodialyse notwendig sein. Die Letalität der hyperkalzämisc hen Krise beträgt bis zu 50 %.
Zusammenfassung X Die häufigsten Ursachen der Hyperkalzämie sind die Tumorhyperkalzämie und der primäre Hyperparathyreoidismus. X Anfangs stehen Symptome wie Polyurie, Polydipsie, Übelkeit und Erbrechen im Vordergrund. Später kann es zu Nierenversagen und zu zentralnervösen Störungen kommen. X Diagnostisch ist eine Erhöhung von Kalzium und intaktem PTH für den pHPT beweisend, therapeutisch kommen konservative oder chirurgische Methoden in Frage. X Die hyperkalzämische Krise ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Zu Beginn wird der Flüssigkeitsmangel ausgeglichen, und anschließend wird mit Schleifendiuretika die Kalziumausscheidung gesteigert. Zusätzlich werden antiresorptive Substanzen gegeben.
---Hypokalzämie I Abb. 1: a) Chvostek-Ze ichen; b) Trou sseauZeichen. 191
Eine Reihe von Veränderungen kann zu einem verminderten Kalziumgehalt des Blutserums führen, z. B. Hypoparathyreoid ismus, Vitamin-D-Mangel, Steatorrhö, Nierenerkrankungen mit Phosphatretention, akute Pankreatitis.
• Hypoparathyreoidismus: Hypokalzämie durch mangelnde PTH-Sekretion. Die dadurch verminderte Phosphatausscheidung führt zu einer erhöhten Phosphatkonze ntration im Serum. • Sekundärer Hyperparathyreoidismus: Hypokalzämie bei erhaltener PTH -Sekretion. Eine permanente Hypokalzämie, die durch Erkrankungen bed ingt ist, die nicht die Nebenschilddrüsen betreffen, führt zu einer reaktiven PTH-Erhöhung. Die Rückkopplung zwischen Kalziumkonzentration und PTH· Sekretion ist aber primär intakt. Phosphat ist abhängig von der Grunderkrankung eher erhöht oder erniedrigt. t Hyperventilationstetanie: Eine respi rarorische Alkalose geht durch eine Verminderung des ionisierten Kalziumanteils mit typischen Symptomen der Hypokalzämie einher. Das Gesamtkalzium ist jedoch normaL
Hyperventilation ~ C02-Abatmung ~ respiratorische Alkalose ~ freies Kalzium sinkt~ Tetanie
Hypoparathyreoidismu s Eine verminderte oder feh lende Sekretion von Parathormon entsteht am häu figsten postoperativ, z. B. nach Thyreoidektomie, oder auch nach Bestrahlung der HaJsregion. Eine postoperative Hypokalzämie tritt oft bereits nach 1-2 Tagen auf, wird bei milderen Verläufen aber womöglich erst Jahre später diagnostiziert. Es kann sich um einen vorübergehenden PTH-Mangel handeln, der innerhalb von etwa vier Wochen verschwindet, oder um einen permanenten Hypoparathyreoidismus. Seltener ist der idiopathische oder der autoimmune Hypoparathyreoidismus (z. B. PAS Typ 1, s.S. 106 f.).
Klinik Durch die Hypokalzämie steigt die neuro· muskuläre Erregbarkeit. Ein Gesamtkalziu m < I ,8 mmol/1 manifestiert sich durch Parästhesien (z. B. Kribbeln ) im Bereich des Mundes, der Finger- und Zehenspitzen. Es kann zu einer Tetanie mit Verkrampfung der Mittelfuß- und Mittelhandmuskulatur (Pfötchenstellung der Hände) und einer Myopathie der proximalen Extremitäten kommen . Weiterhin können sogar foka le oder generalisierte (Grand -MaJ-)Anfalle auftreten . Bei einem Laryngospasmu s besteht die Gefahr des Erstickens. Bei der körperlichen Untersuchung
sind typische Zeichen zu beobachten (I Abb. 1): • Positives Chvostek-Zeichen: Durch Beklopfen des N. facialisvor dem äußeren Gehörgang lassen sich Muskelzuckungen auslösen. t Positives Trousseau-Zeichen: Eine Blutdruckmansc hette wird auf suprasystolisch en Wert aufgeblasen. Nach 3- 5 Min. tritt eine Pfötchenstellung ein. Bei Beteiligung der glatten Muskulatur kön nen Spasmen und Obstipation auftreten. Besteht die Hypokalzämie über längere Zei t, kommt es zu trocken er und schuppiger Hau t, brüchigen Nägeln und Haarausfall.
Diagnostik und Differentialdiagnosen Beweisend für einen Hypoparathyreoidismus ist die Kombination aus Hypokalzämie, Hyperphosphatämie und vermindertem, aber intaktem PTH. • Die Hyperventilationstetanie manifestiert sich durch ähnliche Symptome. Sie ist aber durch eine Normokalzämie charakterisiert und kann mit einer Blutgasanalyse (BGA) nachgewiesen werden. t Bei dem seltenen angeborenen Pseudohypoparathyreoidismus liegt ein Defekt im Parathormonrezeptor oder in der Signaltransduktion vor, wodurch es zur Parathormonresisten z kommt. Typisch si nd eine Hypokalzämie und Hyperphosphatämie wie beim Hypoparathyreoidismus bei jedoch erhöhter PTH -Konzentration. t Ein Magnesiumman gel hemmt die Bildung von aktivem Vitamin D und führt zu einer PTH-Resistenz. Eine lange bestehend e Hypomagnesiämie (z. B. durch Schleifendiuretika, bei chronischem Alkoh olkonsum ) kann deshalb zu ei nem Bild ähnlich dem Hypoparathyreoidismus führen. Eine Störung des Magnesiumhaushaltes sollte daher ausgeschlossen bzw. behandelt werden.
ohne Vitamin D ist Kal zium p. o. wirkungslos!). Das Ziel ist anfangs ei ne Beseitigung d er Symptome und nicht unbedingt eine Normalisierung des Kalziumspiegels. Durch die erniedrigte Kalziumschwelle (da PTH .J..) kann sonst eine Kalziurie mit Nephrokalzinose u n d Nephrolithiasis auftreten. • Für die Therapi e des Hypoparathy reoidismus steht Parathormon nicht zur Verfügung_ Anfangs kann ein Therapieversuch mit Kalzium allein (I .000 - 2.000 mg/ Tag) oder i n Kombination mit niedrig dosiertem Vitamin D, das die Kalziumresorption gewährleistet, unternommen werden. Ansonsten wird Vitamin D, teilweise hochdosiert (z. B. initial40.000 IE Colecalciferol) mit Kalziu m gegeben. Ein Vorteil von Calcitrial (I ,25(0Hlz·D3) ist der schnellere Wirkeintritt Die Wirkung setzt jedoch bei allen Präparaten er st verzögert ein! Ziel ist es, unter Beobachtung des Phosphatspiegels das Kalzium in den unteren Normbereich zu heben. Bei Hyperphosphatämie droht eine Ausfällung mit Gefahr der Klappenverkalkung oder Kataraktbildung. Anfangs sollte eine wöchentliche Kontrolle des Serumkalziums und der Kal ziumausscheidung erfolgen, um die Gefahr einer Hyperkalzämie zu mindern. Anschließend wird die Dosis der Vitamin·D-Substitution reduziert. Thiazide haben ebenfalls einen kalziumretendierenct en Effekt. Bei einer erfolgreichen Therapie ist die Prognose gut. Als Spätkomplikation kann es durch Ausfällungen zur Katarakt, Nephrokalzinose oder Basalganglienve rkalkung (M . Fahr) mit Dyskinesien kommen.
Sekund ärer Hyperparathyreoidismus Als sekundären Hyperparathyreoidismus (sHPT) bezeich net man die reaktive Erhöhun der PTH -Sekretion , die durch Senkung des g Serumkal ziums hervorgerufen wird .
Therapie und Prognose
Formen und Klinik t Renaler sHPT: Bei chronischer Nieren-
t Bei akuter Hypokalzämie mit Tetanie wird I O%iges Kal ziumglukonat intravenös unter Monitorkontrolle verabreicht (beachte:
insuffizienz komm t es durch den ParenchYmverlu st zu einer verminderten Bi ldung von I ,25-(0Hh- D3• Die bei einer Niereninsuffi-
Nebenschilddrüse und Knochenstoffwechsel
zienz auftretende Phosphatrete ntion führt zu einer Hemmung der I a ·Hyd roxylase und damit zur Verstärkung dieses Effekts. Es überwiegen häufig die Symptome der Grund· erkrankung. Nur ein Teil der Patienten klagt über langsam progrediente Knochenschmerzen des Achsenskeletts, die oft schlec ht loka· lisierbar sind . Die erhöhte PTH·Sekretion führt zu einer Vermehrung von Bindegewebe und Osteoklasten (Fibroosteoklasie). Durch die Hyperphosphatäm ie ka nn es zur Über· schreitung des Löslichkeitsprodukts und evtl. zu extraossären Kalzifizierungen in Gefäßen, Herzklappen, Kornea und Gelenken kommen. t Renale Osteopathie: Unter diesem Begriff fasst man generalisierte Skelettveränderungen im Rahmen einer chronischen Niereninsuffi· zienz oder Dialyse zusammen. Nach dem Knochen umsatz unterscheidet man: - High·Turnover-Osteopathie: mit sHPT und osteomalazischer Komponente (I Abb. 2) - Low-Turnover·Osteopathie (adyname Kno· chenerkrankung mit relativ erniedrigtem PTH) t Intestinaler sHPT: Eine Hypokalzämie kann direkt über eine verminderte Kalzium· aufnahme oder indirekt über eine reduzierte Aufnahme von Vitamin D entstehen. Ursachen einer Malassimilation sind z. B. Laktose· intoleranz, Cholestase, Zöliakie oder M. Crohn. Neben den Beschwerden der Grunderkrankung kann es durch den gleich· zeitigen Vitamin-D-Mangel zu Symptomen der Osteomalazie kommen . Die verminderte Kalziumaufnahme zeigt sich durch tetanische Symptome und Muskelschwäche der proxi· malen Extremitäten. Gleichzeitig ist häufig Phosphat im Serum erniedrigt. t Tertiärer Hyperparathyreoidismus: Diese Form tritt vorwiegend bei lange beste· hendem, renalem sHPT auf. Im Verlauf kommt es zu einer Hyperplasie der Neben· Schilddrüsen mit einer erhöhten basalen PTH·
66
I 67
I Abb . 2: Pathogenese der renalen Osteopathie.
[7]
Sekretion. Bei schwerer Niereninsuffizienz mit Kalziumretention oder nach Nierentrans· plantation und persistierendem Hyperpara· thyreoidismus kann das Bild des tertiären HPT entstehen. Dieser entspricht weitgehend dem primären HPT mit Hyperkalzämie und erhöhtem intaktem PTH. Die Ursache ist je· doch keine autonome Sekretion, sondern ein Missverhältnis zwischen dem Bedarf und der stark erhöhten basalen PTH -Sekretion. Die Therapie besteht meist in einer subtotalen Entfernung der Nebenschilddrüsen.
Diagnostik Kalzium kann durch die Gegenregulation auch im Normalbereich liegen, ist jedoch in Bezug auf das erhöhte intakte PTH inadäquat ernied· rigt (I Abb. 2, S. 65). Häufig ist die alkalische Phosphatase erhöht. Auf eine Niereninsuffi· zienz weisen eine Erhöhung von Kreatinin und Harnstoff bei einer Hyperphosphatämie hin. Spätzeichen des sHPT sind, ähnlich wie beim pHPT, eine Subperiostale und subchon·
drale Knochenresorption im Röntgenbild. Diese betreffen vorwiegend die Finger und die Gelenke des Schulter· und Beckengürtels.
Therapie Neben der Behandlung der Grunderkrankung müssen eine ausreichende Kalzium· und Vit· amin·D-Versorgung erfolgen. Bei einer Nieren· insuffizienz ist zuerst der Phosphatspiegel zu senken. Bei den kalziumhaltigen Phosphatbin· dern (Kalziumacetat, Kalziumkarbonat) kann jedoch die Hyperkalzämie, v. a. in Kombina· tion mit Vitamin D, dosislimitierend sein. Bei einem Teil der Patienten wird dann der Phos· phatbinder Sevelamer (RenageJ®) verwendet. Im Rahmen einer Niereninsuffizienz kann der aktive Vitamin·D 3 -Metabolit nicht mehr gebil· det werden. Daher wird das teurere Calcitrial (z. B. RocaltroJ®) oder Alfacalcidol (z. B. Bon· dioJ®) verabreicht. Beim intestinalen sHPT ist es zu Beginn häufig notwendig, Vitamin D3 (Colecalciferol) in hohen Dosen zu geben, um die Speicher wieder aufzufüllen.
Zusammenfassung X Hypokalzämische Symptome werden beim Hypoparathyreoidismus, beim sekundären Hyperparathyreoidismus und bei Hyperventilation beobachtet. X Klinik: Parästhesien, Tetanie, Muskelschwäche, nachweisbares Chvostekund Trousseau-Zeichen X Diagnose des Hypoparathyreoidismus: Kalzium
J., Phosphat t, PTH J..
X Therapie: Kalzium + Vitamin D (regelmäßige Kalziumkontrolle wegen Gefahr der Überdosierung!) X Sekundärer Hyperparathyreoidismus: Häufige Ursachen sind Niereninsuffizienz und Malassimilation.
Osteomalazie und Rachitis Unter Rachitis versteht man eine Desorganisation und eine gestörte Mineralisation der Epiphysenfuge vor Abschluss des Wachstums. Als Osteomalazie bezeichnet man eine verzögerte oder fehlende Mineralisation neu gebildeter Knochenmatrix im Rahmen des Knochenumbaus ("bone remodeling") bei Erwachsenen. Durch eine allgemeine Vitamin-D-Substitution bei Kleinkindern kommt die Rachitis in Europa heute praktisch nich t mehr vor. Ältere und besonders bettlägerige Personen leiden jedoch häufig an einem ernsthaften Vitamin-D-MangeL Es stellt sich daher die Frage, ob nicht auch in diesen Fällen eine generelle Prävention sinnvoll wäre.
Ätiologie Die gestörte Knochenmineralisierung entsteht durch eine verminderte Kalziumresorption bei einem Vitamin-D-Mangel (kalzipenische Osteomalazie ) oder bei übermäßigem renalen Phosphatverlust (phosphopeni sche Osteomalazie) . Auslösend für die Manifestation einer Osteomalazie ist häufig eine Kombination mehrerer Faktoren: • Ein Mangel an UV-Licht führt zu einer verminderten Vitamin-0 3-Synthese aus 7-Dehydrocholesterin. Betroffen sind vor allem ältere Personen und Frauen, die verhüllende Kleidung tragen. Häufig wird ein Vitamin-DMangel auch bei Einwanderern mit dunkler Hautfarbe in Ländern mit geringerer Sonneneinstrahlung beobachtet (Immigranten-Osteomalazie). In diesen Ländern kann es in den Wintermonaten aber auch bei jungen Menschen zu einer "Hypovitaminosis D" kommen. • Vitamin-D-Mangel durch verminderte Zufuhr (Mangelernährung, vegetarische Ernährung) oder unzureichende enterale Aufnahme (z. B. bei Zöliakie, M. Crohn, Maldigestion bei Pankreasinsuffizienz) . Auch Orlistat, ein Lipasehemmstoff für die Therapie der Adipositas, kann zu einer verminderten Aufnahme fettlöslicher Substanzen und so zur Osteomalazie führen. • Vitamin-D-Stoffwechsei-Störungen: Der Vitamin-O-Stoffwechsel kann durch Leberzirrhose oder durch Medikamente beeinträchtigt sein. Bei einem Vitamin-D-Mangel durch eine chronische Niereninsuffizienz kommt es zu einer renalen Osteopathie, die eine unterschiedlich ausgeprägte osteomalazische Komponente aufweist. • Phosphopenis che Osteomalazie : Ein Phospharverlust füh rt zur inadäquaten PTHErniedrigung. Dadurch ist auch die renale Vitamin-D-Synthese reduziert. Ursachen sind seltene hereditäre renale tubuläre Funktionsstörungen (Phosphatdiabetes = Vitamin-Dresistente Rachitis, renale tubuläre Azidose) oder erworbene Störungen (z. B. durch Medikamente wie Ifosfarnid, Arninoglykoside). Ein
renaler Phosphatverlust wird auch bei Tumoren beobachtet, die phosphaturische Faktoren sezernieren (z. B. mesenchymale Tumoren, aber auch beim Prostatakarzinom möglich). Die häufigsten Ursachen der Osteomalazie sind eine verminderte Sonnenexposition und Malassimilationsstörungen.
Klinik I Bei Erwachsenen kommt es zu diffusen,
langsam progredienten Skelettschmerzen, die vor allem die stärker belasteten Knochen wie die untere Extremität, Becken und Wirbelsäule betreffen. Inadäquate Frakturen findet man v. a. an der Oberschenkelinnenseite, am Schulterblatt und an anderen Stellen, wo es häufig zu Entmineralisierungen kommt (Looser-Umbauzonen, 1 Abb. I) . Zeichen einer ausgeprägten Hypokalzämie sind die Neigung zur Tetanie und eine Muskelschwäche der proximalen Extremitäten. Zusammen mit Knochendeformierungen kann dies auch zu typischen Gangstörungen führen ("Watschelgang"). t Bei Kindern fällt ein Kleinwuchs mit charakteristischen Knochendeformitäten auf. Es kann zu einer verminderten Härte des Schädelknochens (Kraniotabes) und zu Auftreibungen der Wachstumsfugen an der Knorpel-Knochen-Grenze der Rippen kommen (rachitischer Rosenkranz).
Diagnostik Anamnestisch sind Grunderkrankungen und Risikofaktoren zu erheben. Die Diagnose stützt sich zudem auf das klinische Beschwerdebild sowie typische Veränderungen im Röntgenbild und in der laborchemischen Untersuchung. Labor: Bei der ka1zipenische n Osteomalazie liegt ein sHPT vor (Hypokalzämie bei er-
höhter PTH-Konzentration, s. S. 67). Häufig fmdet man eme Erhohung der alkalischen Phosphatase (AP), die um ein Vielfaches über der Norm liegen kann . Die AP kann aber auch z. B. bei Cholestase erhöht sein (s. S. 72) . Zur differentialdiagnostischen Abklärung hilft ein Bestimmung der Isoform des Knochens. Aue~ andere Parameter des Knochenumbaus, Wie z. B. Osteocalcin, sind erhöht, 25-0H-Vitamin 0 3 ist hingegen erniedrigt (I Tab. I). Bei einer chronischen Niereninsuffizienz kann dieses auch im Normbereich liegen, jedoch ist dann der renale Metabolit I ,25(0Hlz-D 3 vermindert. Kennzeichnend für den Phosphatdiabetes ist ein erniedrigtes Serumphosphat bei erhöhter Phosphatclearance. Röntgen: Charakteristisch für die Osteomalazie sind Looser-Umbauzonen (I Abb. 1 ) _ Es handelt sich dabei um bandförmige Aufhellungen, die quer zur Knochenlängsachse verlaufen und entmineralisierter Knochenmatrix entsprechen. Es zeigen sich eine verwaschene, unscharfe Spongiosazeichnung und eine erhöhte Strahlentransparenz. Auch Wirbelkörperdeformierungen ähnlich wie bei der Osteoporose kommen vor. Im Zweifelsfall wird die Diagnose durc h eine Knochenbiopsie gesichert. In der Histologie findet man verbreiterte Osteoidsäume ohne Mineralisation (I Abb. 2).
Differentialdiagnose Zu Beginn muss nach der Ursache der Grunderkrankung gesucht werden. Der Nachweis von Malassimilationsstörungen erfolgt durch Endoskopie und Funktionstests. • Differentialdiagnostisch abzugrenzen ist die renale Osteopathie , bei der in der Frühphase des Nierenversagens das klinische Bild einer Osteomalazie auftreten kann. Im Gegensatz zur Osteomalazie ist für die Therapie eine Senkung des Phosphatspiege ls entschei-
I Abb. 1: Osteomalazie : Azetabu lumprotrus ion (Pfeilspitzen) und Looser-Umbauzonen am rechten Sitz- und Schambein (lange Pfeile). [ 12)
Nebenschilddrüse und Knochenstoffwechsel
681 69
I Abb . 2: Sta rk verbreiterte Osteo id sä ume (rot). Resorpti onslakune mit Osteck lasten (Pfei le) ; diese entspricht der e rh öhten Knochenresorption bei sekundärem HPT als Fo lge des Vitamin-0Mange ls. 15]
dend. Daher muss zur Diagnose der Osteomalazie eine Niereninsuffizienz ausgeschlossen werden. t Sowohl die Osteoporose als auch die Osteomalazie zeigen in der Densitometrie eine verminderte Knochendichte. Auch Wirheleinbrüche werden bei beiden Erkrankungen beobachtet. Eine Unterscheidung gelingt durch die Bestimmung der alkalischen Phosphatase. Bei Frakturen kann diese aber auch bei einer Osteoporose gering erhöht sein. Bei der Osteoporose kann es auch zusätzlich zu Mineralisationsstörungen im Sinne einer Osteomalazie kommen . Man spricht dann auch von einer "Poro-Malazie". t Eine Erhöhung der Knochen-AP liegt auch z. B. bei primären oder sekundären Knochentumoren, beim M. Paget oder beim Hyperparathyreoidismus vor.
Therapie So weit dies möglich ist, soll eine Behandlung der Grunderkrankung erfolgen. Zur Steigerung der Knochenmineralisation wird Vitamin 0 3 (Colecalciferol) verabreicht. Bei Malassimilation ist eine parenterale Applikation notwendig. Daneben ist auch auf eine ausreichende Kalziumsubstitution (ca. 500 - 1.000 mg/Tag) und Flüssigkeitszufuhr zu
Ca "
PTH
Phos-
AP
phat
Zusätzlieh
achten. Um eine Überdosierung zu vermeiden, sollten regelmäßig das Serumkalzium und die Kalziumausscheidung im 24-Stunden-Harn be· stimmt werden. Calcitrio I (I ,25-(0Hiz-D3) oder Alfacalcidiol (1a -OH· 0 3) werden nur bei Umwandlungsstörungen, wie z. B. bei chronischer Niereninsuffizienz, gegeben. Calcitriol ist ein teureres Präparat, das auch häufiger zu Nebenwirkungen wie Hyperkalzurie und Hyperkalz· ämie führt. Vorteile sind jedoch die kürzere Halbwertszeit und der schnellere Wirkeintritt, da für die volle Wirkung keine weiteren Hy· droxylierungen notwendig sind . Bei renalen tubulären Störungen besteht die Therapie in einer Substitution von Phosphat, evtl. in Kombination mit Calcitriol.
Verlauf und Prognose Mittels einer ausreichenden Substitution kann die Mineralisationsstörung beseitigt werden. Bestehende Knochendeformationen bleiben jedoch erhalten. Wenn die Behandlung der Grunderkrankung erfolgreich ist, kommt es meist zu einer Normalisierung des Knochenstoffwechsels. Das kann jedoch auch über mehrere Monate dauern. Gelingt dies nicht, ist die Therapie lebenslang fortzuführen.
Zusammenfassung *C Die Rachitis bei Kindern entspricht der Osteomala-
pHPT
i
i
.j.
t
Renaler sHPT
.j.
t
i
t
.j.
Mineralisationsstörung des Knochens. Die häufigsten
Hypoparathyreoidismu s
.j.
.j.
i
Ursachen sind verminderte Sonnenexposition und
Osteomalazie
.j.
i
.!. (oder
Intestina ler sHPT
i
normal)
Osteoporose
Normal
Normal
Norm al
Normallt
Kreatinin
Vi tamin D .!., Röntgen Röntgen, DXA
I Tab. 1: Differentiald iagnose n bei Störungen des Knochenstoffwechse ls. Bei der Osteoporose sind die Laborpa ram eter meist unauffällig, eine Erhöhung der alka lische n Pho sphatase weist dann auf Frakturen hin . Be i der postmenopausa len Osteoporose kann PTH auch leic ht erh öht sein.
zie bei Erwachsenen. Es handelt sich dabei um eine
Malassimilationsstörungen. *C Klinik: Zu den Beschwerden gehören diffuse, langsam
progrediente Knochenschmerzen, inadäquate Frakturen, Knochendeformierungen und Gangstörungen. *C Diagnose: Anamnese (Grunderkrankung), Klinik,
sHPT, AP t, 25-0H-Vitamin D3 .J.., evtl. Looser-Umbauzonen im Röntgenbild, ggf. Knochenbiopsie *C Therapie: Colecalciferol oder aktive Vitamin-D-Meta-
boliten (z. B. Calcitriol), ausreichende Kalziumversorgung (regelmäßige Kalziumkontrolleil
Osteoporose I Bei der Osteoporose handelt es sich um einen erhöhten Verlust an Knochenstruktur, der mit einer verminderten Knochenfunktion und -dichte einhergeht. Dadurch ergibt sich ein erhöhtes Frakturrisiko. Im Gegensatz zur Os· teomalazie (s. S. 68 f.) ist die Mineralisierung nicht gestört, sondern es besteht ein Missverhältnis zwischen Knochenab- und ·anbau. Als primäre Osteoporose bezeichnet man ätiologisch unklare Formen , bei denen es aber auch eindeutige Risikofaktoren, wie z. B. einen postmenopausalen Östrogenmangel, gibt. Die seltenere sekundäre Osteoporose tritt bei klar definierten Grunderkrankungen auf und betrifft auch häufiger jüngere Perso· nen. Man unterscheidet weiter eine schwere Osteoporose, bei der bereits Frakturen vorliegen, von einer Osteoporose ohne Frakturen. Als Osteopenie bezeichnet man eine geri ng· gradige Verminderung der Knochenmasse. Epidemiologie Die Osteoporose ist die häufigste generalisier· te Skeletterkrankung. Betroffen sind überwie· gend postmenopausale Frauen. Aber nicht nur wegen der Therapiekosten, sondern vor allem durch die Folgekosten bei krankheitsbeding· ten Frakturen hat die Osteoporose eine hohe ökonomische Bedeutung. Nach einer Sehen· kelhalsfraktur erhöht sich die Morbidität signifikant, und die Patienten benötigen auch zunehmend Hilfe im Alltag. Klassifikation
Primäre Osteoporose Die primäre Osteoporose ist die mit Abstand häufigste Form. Dazu zählt man: II Postmenopausale Osteoporose (Typ 1):
Ein postmenopausaler Östrogenmangel in Ver· bindungmit einer geringeren maximalen Kno· ehendichte ("peak bone mass") bei Frauen zählt zu den auslösenden Faktoren. Daneben sind jedoch auch genetische Faktoren für die Manifestation ausschlaggebend. Betroffen ist vorwiegend die Spongiosa, weniger die Korn· pakta. Am häufigsten findet man Frakturen der Wirbelkörper.
II Senile Osteoporose (Typ II): Mit zuneh· mendem Alter nehmen die Fähigkeit der Kno· chenneubildung ab und die negative Knochenbilanz zu. Weitere mögliche Faktoren sind Bewegungsmangel, sowie ein Vitamin-D- und KalziummangeL Es treten sowohl vertebrale als auch extravertebrale Frakturen auf. II Idiopathische juvenile Osteoporose: Diese seltene Form der Osteoporose kann sich bereits im Kindesalter manifestieren .
II Neoplasien: Plasmozytom, (systemische) Mastozytose, Non·Hodgkin·Lymphome oder diffuser neoplastischer Knochenmarksbefall II Hereditäre Bindegewebserkrank ungen: Osteogenesis imperfecta, Marfan·Syndrom Ehlers·Danlos·Syndrom , Homozystinurie ' II Hyperkalzurie: Eine Hyperkalzurie unbekannter Ätiologie wird besonders bei Män nern im Zusammenhang mit Osteoporose gefunden.
Sekundäre Osteoporose
Verlauf Die höchste Knochendichte ["peak bone mass") wird zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr erreicht und fäl lt danach um ca. 0,5% pro Jahr ab. Sie ist abhängig von Geschlecht, Rasse, genetischem Potential und anderen Einflüssen, z. B. der Kalziumaufnahme oder körperlicher Aktivität. Nach der Menopause kom mt es zu einem "high turnover", also einem Verlust an trabekulärer Knochendichte von 2 % und mehr pro Jahr. Diese Phase geht nach etwa 10 Jahren in einen langsameren Knochenverlust ["low turnover") über, der altersassoziiert ist (I Abb. 1) . Abhängig von der Höhe der "peak bone mass" und dem Ausmaß der negativen Knochenbilanz wird die Frakturrisikoschwelle zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt erreicht. Dann steigt das Risiko von inadäquaten Frakturen, also von Knochenbrüchen ohne entsprechendes Trauma. Mit abnehmen . der Knochenmineraldichte findet sich ein exponentieller Anstieg des Frakturrisikos. Außerdem sorgt eine Übermineralisation bei verminderter Knochenmatrix im Alter für eine erhöhte Sprödigkeit und Brüchigkeit.
Mindestens 5- 10 % der Fälle entstehen durch andere definierte Grunderkrankungen, wobei auch primäre und sekundäre Formen kombiniert auftreten können. Insbesond ere bei Männern ist auf folgende Ursachen zu achten: II Endokrinopathien: Hyperparathyreoidis· mus (primär oder sekundär), Osteomalazie, Hypogonadismus, Hyperkortisolismus, Wachstumshormonmangel, Hyperprolaktinämie, Hyperthyreose II Iatrogen: Dazu zählt die glukokortikoid· induzierte Osteoporose. Fischwirbelbildungen und Rippenfrakturen werden häufiger bei dieser sekundären Form beobachtet. Situationen, bei denen hohe Dosen von Steraiden angewendet werden, sind z. B. rheumatische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen, lymphatische Neoplasien, Asthma bronchiale oder nach Transplantationen. Eine Osteoporose kann dabei auch durch die Grunderkrankung verstärkt werden (z. B. M. Crohn). Auch bei der Therapie mit Heparin oder GnRH· Analoga (z. B. bei Prostatakarzinom) kann es zur Osteoporose kommen . II Immobilisation II Schwangerschaft: erhöhter Kalziumbedarf durch Mineralisation des fetalen Skeletts II Gastroenterologische Erkrankungen: Zöliakie, M. Crohn, Magenresektion, chroni· sehe Pankreatitis und andere gastrointestinale Erkrankungen können zur Osteoporose füh· ren. Es kann dabei auch ein kombinierter Vitamin-D-Mangel vorliegen. Man spricht dann von einer "Poro·Malazie".
Obwohl es zu einem generalisierten Abbau von Knochensubstanz kommt, sind typische, stark belastete Stellen betrof-
fen.
111
I
0
10
20
30
40 50 60 70 80 Lebensalter (Jahre)
90
Abb . 1: Verlauf der Knochendichte bei Frauen. Die ,.peak bone mass" wird im frühen Erwachsenenalter erreicht. Danach kommt es zu einem ko nti nu ierlic hen Abfa ll, der nach der Menopause initia l besc hl eu nigt ist (.. high turnover"). Es folgt dann ein langsamerer, altersassoziierter Knoc henverlu st (,. low turnover") . • - Persone n mit osteoporotischer Fraktur. 121
Nebenschilddrüse und Knochenstoffwechsel
70
I 71
I Abb. 2: a) Osteo porose: erhöhte Strahlentransparenz und verminderte Wirbelkörperhöhe (Ao ~ Aorta). b) Vertikalisierung der Trabeke lstruktur. [2 !
Risikofa ktoren
Klinik
Zu den Risikofaktoren der Osteoporose gehören:
Eines der wichtigsten Symptome der Osteoporose ist die Fraktur ohne adäquates Trauma. Diese kann schmerzhaft oder schmerzlos verlau· fen, führt aber fast immer zu Funktionseinschränkungen . Bei den Kno· chenbrüchen unterscheidet man vertebrale (Wirbelkörperfrakturen) von nichtvertebralen Frakturen (typischerweise Schenkelhalsfraktur, distale Radiusfraktur) . Während extravertebrale Frakturen in der Regel traumatisch bedingt sind, treten vertebrale Frakturen auch spontan auf. Besondere Bedeutung hat die Schenkelhalsfraktur, da die !·Jahres· Mortalitätsrate bei ca. I 0 % liegt und sie mit hohem therapeutischem Aufwand verbunden ist. Weitere häufige Symptome der Osteoporose sind Rückenschmerzen, Rundrücken und Größenverlust (> 4 cm) . Durch die Größenabnahme können schräg übereinander angeordnete Hautfalten am Rücken auftreten (Tannenbaumphänomen) . Bei ausgeprägtem Größenverlust kann es zu einem ausladenden Abdomen und zum direkten und schmerzhaften Kontakt zwischen Rippen und Beckenkamm kommen ("rib kissing spine"). Der chronische Schmerz bei der Osteoporose wird auch durch Fehlbelastung und Muskelverspannungen verstärkt und ist typischerweise belastungsabhängig. Patienten beschreiben die Schmerzen als bohrend und schneidend.
t Genetische Prädisposition (Schenkelhalsfrakturen bei Verwandten ersten Grades), höheres Alter, weibliches Geschlecht, geringes Körpergewicht, Gewichtsabnahme, überdurchschnittliche Größe t Östrogenmangel: weniger als 30 Jahre zwischen Menarche und Menopause, Nulliparität, langes Stillen, Östrogenmangelzustände (Amenorrhö, z. B. bei Anorexie, Hyperprolaktinämie), Hypogonadis· mus t Lifestyle·Faktoren: Bewegungsmangel, kalziumarme Ernährung (wenig Milchprodukte), geringe Sonnenexposition, Rauchen, Alkohol t Iatrogene Faktoren: lange Glukokortikoidtherapie, Immunsuppressiva, Zytostatika, Heparin oder GnRH-Analoga t Knochenunabhängige Faktoren: Das Frakturrisiko steigt mit der Zahl der Stürze. Ursachen einer erhöhten Sturzneigung bei älteren Men· sehen sind z. B. eine reduzierte motorische Leistung, verminderte Reaktion, Psychopharmaka, Blutdruckschwankungen, Sehschwäche und Stolperfallen im Haushalt.
Osteoporose II Diagnostik und Verlaufskontro lle Oie Diagnose der primären Osteoporose erfolgt durch Ausschluss anderer Erkrankungen, die ebenfalls mit einer verminderten Knochendichte einhergehen. Dabei ist vor allem an sekundäre Ursachen einer Osteoporose zu denken. Die Diagnose dient dem Nachweis vorliegender Frakturen, der Abschätzung des künftigen Frakturrisikos und der Abgrenzung zu anderen Knochenerkrankungen. Neben der Anamnese mit Erfragung der Risikofaktoren sowie der kö rperlichen Untersuchung werden Verfahren zur Bestimmung von Knochenmineralgehalt und laborchemischen Parametern durchgeführt. Beim Röntgen kann eine Verminderung der Knochendichte erst ab einem Verlust von etwa 30 %erfasst werden, es ist jedoch eine einfache Methode zum Nachweis von Frakturen. Charakteristisch für vertebrale Frakturen durch Osteoporose ist eine Abnahme der Höhe der Wirbelvorderkante (Keilwirbel) oder der Wirbelmitte (Fischwirbel, da der Zwischenwirbelraum die Form eines Fisches hat). Knochenmi neraldichte Die Knochenmineraldichte ("hone mineral density" = BMD) ist ein gurer diagnostischer Richtwert fü r die Festigkeit des Knochens. Allerdings ist für die Funktionalität des Knochens auch das Remodeling mit einem Zusammenspiel von ausreichender Osteoidsynthese und Mineralisation notwendig. Therapeutische Methoden werden daher nicht durch die Knochendichte, sondern die Frakturhäufigkeit evaluiert, die mehr über die Funktion des Knochens aussagt Zur Knochendichtemessunggibt es zwei quantitative densilometrische Verfahren:
t DXA (DuaJXRay-Absorptiometrie, I Abb. 3): Die DXA (sprich Dexa) ist die am häufigsten angewendete densilometrische Untersuchung zur Bestimmung der Knochendichte, die in jg/cm 2 j angegeben wird. Oie DXA ist durch zahlreiche epidemiologische Studien am besten validiert und kann auch sehr gut reproduziert werden, was für die Verlaufskontrolle bedeutend ist Die Messung erfolgt an der Wirbelsäule und am Schenkelhals einer Seite. Falsch hohe Werte erhält man jedoch durch Aortenkalzifikationen oder Arthrosen, die bei älteren Patienten häufig vorkommen. Die DXA ist als Screeningmethode nicht geeignet, sondern sollte nur bei Patienten mit erhöhtem Risiko durchgeführt werden. II QCT (quantitative Computertomographie): Die qCT erlaubt eine Bestimmung der Knochen volumenmineraldichte jg/m 3J. Die Vorteile sind eine überlagerungsfreie Bestimmung der Knochendichte und eine getrennte Beurteilbarkeil von Kompakta und Spongiosa. Zur Beurteilung wird die Knochenmineraldichte in Bezug zum mittleren Normwert eines knochengesunden Kollektivs junger Erwachsener des gleichen Geschlechts gesetzt. Die Anzahl der Standardabwei-
Knochendichte
I
Bewertung
T-Score > - I
Norm ale Kn oc hendichte
T-Score - 1 bi s - 2,5
Osteopenie
l -Score < - 2,5 ohne Frakturen
Osteoporose
T-Score < - 2,5 mit einer oder mehreren Frak turen
Schwere Osteoporose
Tab. 1: Klassifikation nach WHO.
chungen davon wird als T-Score angegeben. Dieser Wert ist für die Beurteilung des Frakturrisikos und die Therapie ausschlaggebend. Von einer Osteoporose spricht man, wenn bei mindestens einem Wirbel ein T-Score < - 2,5 vorliegt (I Tab. 1l- Geringere Bedeutung hat heute der Z-Score, der sich auf ein alters- und geschlechtsgleiches Kollektiv bezieht. Labordiagnost ik Laborchemische Veränderungen fehlen bei der Osteoporose weitgehend. Die Labordiagnostik hilft jedoch bei der Abgrenzung zu anderen Knochenerkrankungen (I Tab. I, S. 69). Zur Differentialdiagnose werden meist Kalzium (mit Albumin! ), Phosphat, alkalische Phosphatase BSG, CRP, Oifferentialblutbi ld, y-GT, Kreatinin und TSH bestimmt ' Daneben sollten die Kalziumausscheidung im Harn ermittelt und eine Elektrophorese durchgeführt werden . Bei klinischem Verdacht auf Hypogonadismus oder Hyperkortisolismus werden zusätzliche Untersuch ungen durchgeführt. Marker des Knochenumbaus sind nicht für die Diagnostik, dafür aber für die Therapiekontrolle hilfreich. Deren Bestimmung ist z. T. speziellen Zentren vorbehalten. II Zu den Anbaumarkern gehören: - Alkalische Phosphatase (s. a. S. 62): Neben dem Isoenzym des Knochens (knochenspezifische AP) existieren auch noch eine !soform der Leber (zeigt Cholestase an), der Plazenta und des Dünndarms. Bei der Osteoporose ist die alkalische Phosphatase meist nur im Rahmen von Frakturen erhöht. - Osteocalcin: sehr spezifischer Marker, der ausschließlich von Osteoblasten synthetisiert wird. Dieses Protein ist sehr instabil. Daher muss die Probe sofort eingefroren werden. II Marker des Knochenabbaus müssen bei einer erfolgreichen Therapie abfallen: - Cross-Links (freies Desoxypyridinolin): sehr spezifischer Parameter ' entsteht durch Abbau von reifem Kollagen
I
Abb . 3: Di e Bestimmung der Knochendi chte mit der DXA erfo lgt a) an der Lendenwirbelsäule und b) am Schenkelhals ei ner Seite. [ 161
Nebensch ilddrüse und Knochenstoffwechsel
- Cross-linked N-telepeptides (NTX) Typ-1-Telopeptid
=
aminote rminales Kollagen-
Zur Differenzierung zwischen Low- und High-Turnover-Osteoporose sollte eine kombinierte Bestimmu ng eines Anbau- und eines Abbauparameters erfolgen.
Prävention Die Vorbeugung der Osteoporose beginnt bereits in der Jugend und beinhaltet eine ausreichende Kalziumzufuhr, Sonnenexposition und körperliche Aktivität. Nur so kann gewährleistet werden, dass die individuell mögliche maximale Knochendichte erreicht wird.
-
t
-
Therapi e Nach Möglichkei t sollte bei sekundären Formen eine kausale Behand · lung, z. B. durch Dosisreduktion der Glukokortikoid e, erfolgen. Bei jedem Patienten ist eine ausreichende Kalziumzufuhr mit der Nahrung zu gewährleisten. Dazu eignen sich Milch und fettarm e Milchprodukte. Regelmäßige körperliche Aktivi tät ist eine Voraussetzung für den Erhalt der Knochenstruktur und führt zudem durch erhöhte Geschick· lichkeit zu einer Reduktion des Sturzrisikos.
Basistherapie Eine Substitution von Kalzium (1.200 - 1.500 mg/Tag) und Vitamin D (400 - 800 lE/ Tag) sorgt für eine ausreichende Versorgung, die sonst v. a. bei älteren Menschen nicht gewährleistet ist. Statt kalziuretischer Diuretika sollten besser Thiazide verwendet werden, da sie die Kalziumrückresorption steigern.
-
72 I 73
(WHl)-Study wurde auch gezeigt, dass unter einer Östrogen-Gestagen-Therapie Ereignisse wie Apoplexie, Myokardinfarkt und Lungenembolie häufiger auftreten. Bei nicht hysterektomierten Patientinnen ist zusätzlich ein Cestagen zu verabreichen, um die proliferatorische Wirkung der Östrogene auf den Uterus zu hemmen (s. a. S. 102) Kalzitonin wird heute nu r noch ergänzend angewendet (s. a. S. 63). Strontiumranelat kann als Reservepräparat eingesetzt werden. Durch einen noch unbekannten Mechanismus kommt es sowohl zur Osteoklastenhemmung (resorptionshemmend) als auch zur Osteoblastenstimulierung (osteoanabol) . Das Risiko vertebraler und extravertebraler Frakturen wird signifikant gesenkt. Substanzen, die die Knochenbildung stimulieren: Ein neuer Therapieansatz besteht in der Stimulation des Knochenaufbaus. Im Gegensatz dazu wird durch Bisphosphanale vorwiegend die Resorption verhindert. Bei einmal täglicher subkutaner Injektion des Parathormon-Fragments Teriparatid konnte jedoch eine deut· liehe Knochenzunahme gezeigt werden . Die Indikation ist vorerst auf die Therapie komplizierter Verlaufsformen und eine max. Dauer von 18 Monaten mit einer anschließenden Resorptionshemmung beschränkt. Fluoride führen zwar zu einer Stimulation der Osteoblasten und zu einer Zunahme der Knochendichte. Die Qualität des neu gebildeten Knochens gewährleistet jedoch keine ausreichende Stabilität. Bisher gibt es keinen eindeutigen Nachweis einer verminderten Frakturhäufigkeit bei einer Fluortherapie.
Neue Therapieprinzipien könnten in einer Hemmung der Osteoblastendifferenzierung durch das RANK-System bestehen.
Medikamentöse Therapie Die medikamentöse Behandlung ist ab einem T-Score :,; - 2,5 indiziert und umso erfolgreicher, je früher diese begonnen wird. t Knochenresorptionshemmende Substanzen: - Die wirksamsten Substanzen sind Bisphosphonate. Sie werden in den Knochen eingebaut und können die Osteoklastenaktivität hem· men. Sie führen nicht nur zu einer erhöhten Knochendichte, sondern senken auch das Risiko vertebraler und extravertebraler Frakturen. Nachgewiesen ist die Wirkung für Alendronat (Fosamax"') und Risedronat (Actonel®). Die Präparate werden im Allgemeinen gut vertragen. Die häufigste Nebenwirkung ist eine Schädigung der Schleimhaut mit Gefahr von Osophagusulzera tionen. Daher sollte durch ausreichend Flüssigkeit bei der Einnahme und das Vermeiden anschließender Bettruhe die Magenpassage gewährleistet werden . Bei Alendronat hat sich außerdem gezeigt, dass eine wöchentliche Gabe den gleichen Effekt wie eine tägliche Einnahme hat. Kontraindikationen sind schwere Niereninsuffizienz, gastrointestinale Ent· zündungen, Hypokalzämie, Schwangerschaft und Stillzeit - Raloxifen (z. B. Evista®) gehört zur Klasse der selektiven ÖstrogenRezeptor-Modulatoren (SE RM) und ist für die postmenopausale Osteoporose zugelassen. Die Wirkung auf den Knochen und den Lipidstoffwechsel entspricht der von Östrogenen, auf die Mamma und den Uterus wirkt es hingegen antiöstrogen. Es konnte eine Reduktion vertebraler Frakture n nachgewiesen werden, während Schenkelhalsfrakture n nicht signifikant vermindert werden. Als Nebenwirkungen können klimakterische Beschwerden und Thrombosen auftreten. Das Mammakarzinom risiko wird wahrscheinlich gesenkt. -Obwohl der postmenopausale High-Turnover bei Frauen du rch ein Östrogendefizit bed ingt ist, sind Östrogene heute nicht mehr Medikamente der ersten Wah l. Für einen ausreichenden Schutz ist eine langjährige Therapie notwend ig. Nach einer Therapiedauer von fün f Jahre n beobachtet man jedoch einen signifikanten Anstieg des Mammakarzinomrisikos. In der Women's Health Initiative
Zusammenfassung • Osteoporose: generalisierte Knochenerkrankung mit verminderter Knocher;~ struktu r und erhöhtem Frakturrisiko • Klinik: schmerzlose oder schmerzhafte Frakturen (Wirbelkörper, Schenkelhals, distaler Radius), Rückenschmerzen, Größenverlust und Rundrücken • Diagnose: verminderte Knochenmineraldichte bei weitgehend fehlenden laborchemischen Veränderungen; Diagnose nach Ausschluss sekundärer Formen! • Therapie: Basisthe~a pie (Kalzium und Vitamin 0), Bisphosphonate, Raloxifen u. a.
Physiologie I Die Nebenniere (Glandula suprarenalis) sitzt dem Nierenpol auf und besteht aus zwei entwickl ungsgesc hichtlich unterschied lichen Komponenten: der Nebennierenrinde (NNR), die sich aus dem Mesoderm entwickelt und Steroidhormone bildet, und einem kleineren, ektodermalen Anteil, dem Nebennierenmark (NNM), das zu den sympathischen Paraganglien gehört (s. S. 86) .
Nebennierenrinde Histologisch kann man drei Schichten der NNR unterscheiden: t Äußere Zone (Zona glomerulosa): Synthese von Mineralokortiko-
iden (v. a. Aldosteron) t Mittlere Zone [Zona fasciculata): Synthese von Glukokortikoiden (v. a. Kortisol) t Innere Zone (Zona reticularis) : Synthese von Androgenen (v. a. Dehydroepiandosteron [DHEAJ und DHEA-Sulfat), aber auch von Glukokortikoiden Das hypophysäre Hormon ACTH stimuliert die Freisetzung der Glukokortikoide und der Androgene, in geringem Ausmaß auch die der Mineralokortikoide. Die Aldosteronsekretion wird jedoch vorwiegend durch Angiotensin ll (AT li ) stimuliert. Bei den Krankheiten der NNR unterscheidet man eine Insuffizienz (s. S. 84 f.) von einer Überfunktion, die wiederum nach den vorwiegend gebildeten Hormonen eingeteilt wird: t Kortisol: Cushing-Syndrom (s. S. 78 f.) t Aldosteron: Hyperaldosteronismus [Conn-Syndrom, s. S. 80 f.) t Androgene: Hyperand roge nämie (s. S. 82 f_ )
Steroidsynthese Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt für die Synthese aller Steroide ist die enzymatische Umwandlu ng der Ausgangssubstanz Cholesterin zu Pregnenolon (I Abb. 1). ACTH induziert u. a. die Bildung dieses Enzyms. Der weitere Syntheseweg der Steroide wird durch di Enzymexpression in den Zellen bestimmt. Ausgehend von Pregneno: Ion entstehen in der NNR du rc h ei ne Reihe enzymatischer Schritte Mineralokortikoide, Glukokortikoide und Androgene. Die Steroidsynthese in Ovar und Testis läuft analog ab. Durch eine unterschied liche Rezeptorexpression für die übergeordneten Hormone (z. B. ACTH, FSH, LH) und eine andere Enzymausstattung der Zellen kommt es jedoch im Ovar vorwiegend zu einer Progesteron- und Östradiolsekretion, während in den Hoden Testosteron den Hauptanteil ausmacht. Angeborene Enzymdefekte führen zu einer vermehrten Synthese anderer Steroide, deren Syntheseweg nicht betroffen ist. Dies ist beim adrenogenitalen Syndrom zu berücksichtigen, bei dem z. B. die Expression der 21-Hydroxylase betroffen ist (s. S. 82 f.). Transpo rt Zur verbesserten Löslichkeit werden Steroidhormone im Blut reversibel an Transportproteine gebunden, wobei nur der freie Anteil Wirk_ sam ist. Kortisol wird an CBG [kortisolbindendes Globulin ) und Albumin gebunden. In Entzündungsgebieten ist die Bindungsafftnität von CBG vermindert. Dies führt zu einer Erhöhung der freien KortisoJkonzentration. Androgene werden an sexualhormonbindendes Globulin (SHBG) und Albumin gebunden. CBG und SHBG haben eine hohe Bindungsaffinität zu ihren Hormonen. Die Transportkapazität ist jedoch im Vergleich zu Albumin gering.
Metabolismus Der Abbau der Steroide erfolgt vorwiegend durch Konjugation mit Glukuronsäure oder Schwefelsäure in der Leber und anschließende renale Elim ination.
HO~
~
lt-:rOH
HO_(()' ~
I Abb . I: Abhängig von der Enzymexpression werden in der NNR, den Testes und den Ovarien unterschiedliche Steroide gebildet. Oben: Minera lokortik oid e; Mitte: Glukokortikoid e; Unten: Sexua lhormon e. Die Umwandlung der Androgene in Östrogene erfolgt durch di e Aromatase (A). 2 1 ~ 21 -Hydroxylase , I I ß - l l ß-Hydroxylase, nicht zu verwec hseln m1t der llß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase (s . Text) .
Nebennie re
74 1 75
Kortisolkonzentration
im Blutplasma [11g/ dl]
t Förden den Abbau von Proteinen (z. B. im Muskel) und den Aufbau der daraus
Stoffwechsel
entstehenden Aminosäuren zu Glukose (Giukoneogenese) 30
t Verminderte periphere Glukoseaufnahme und gestörte Glukosetoleranz
20
t Lipolyse (Freisetzung von freien Fettsäuren)
(diabetogen)
t Antiproliferative Wirkung auf Fibroblasten (Hemmung der Nukleinsäure- und
Muskel- und Bindegewebe
10
Proteinsynthese): Hautatrophie, verzögerte Wundheilung
t 12
18
24
6
Tageszeit
I
Gefäßfragi lität (Blutungen)
Uhr
Abb. 2: Zirkadianer Rhyt hmu s der Kortisol-
Herz-Kreislauf
t Erhöhtes HMV und erhöh ter peripherer Widerstand
Knochen
t Hemmung der Osteoidsynthese (Vit.-0-a ntagonistisch, erhöhte Zahl an Osteoklasten)
sekretio n. [ 10[ Mineralokortikoide Wirkung
t Niere u. a. Organe: Na- und Flüssigkeitsretention, Kaliumsekretion
Antiinflammatorische und
t Hemmung der Phospholipase A2 (durch Lipocortin) und dadurch Hemmung der
immunsuppressive Wirkung
Prostaglandin- und Leukotriensynthese t Verminderte Lymphozytenzah l, verminderte Synthese von lnterleukinen, TNF-u und GM-CSF (Giukokortikoide verhindern so eine überschießende lmmunantwort)
t Granulozyten (HWZ und Turnover), Eosinophile J. t Veränderungen der Psyche und im EEG
ZNS
I
NNR-Hormone Glukokortikoide Kortisolist das wichtigste Glukokortikoid und erfüllt lebensnotwendige Funktionen im Organismus. Pro Tag synthetisieren Erwachsene etwa eine Menge von 20 - 30 mg. Die Konzentration im Blut folgt dabei einem typischen zirkadianen Rhythmus, mit einem Maximum in den frühen Morgenstunden und einem Absinken im Verlauf des Tages (I Abb. 2). Bei Menschen mit ei nem verschobenen Tagesablauf (Nachtarbeiter) erfolgt eine Anpassung an den veränderten Rhythmus. Stress ist der wichtigste Stimulus der Kortisolfreisetzung. Bei Ereignissen wie Traumen, Sepsis oder Operationen ist die Kortisolkonzentration um ein Vielfaches erhöht, und der Tag-Nacht·Rhythmus ist aufgehoben. Glukokortikoide fördern dann die Aufrechterhaltung des Gefäßtonus und eine erhöhte Bereitstel-
Tab. 1: Wirkungen von Glukokortikoiden.
Jung von Energie, die zur Bewältigung der Stresssituation benötigt wird. Weitere Effekte sind in I Tab. 1 dargestellt. Ähnlich wie bei den Schilddrüsenhormonen entstehen bestimmte Glukokortikoidwirkun· gendurch ein erhöhtes Ansprechen von Geweben auf Katecholamine (permissive Wirkung). So wird die Wirkung auf das HerzKreislauf-System vorwiegend durch eine erhöhte Katecholaminsensitivität vermittelt. Ebenso zeigt Kortisol, in Abwesenheit von Katecholaminen, kaum eine lipolytische Wirkung, verstärkt jedoch deren Effekte auf das Fettgewebe.
Glukokortikoidtherapie Glukokortikoide haben aufgrund ihrer zahlreichen Wirkungen ein breites Anwendungsgebiet. Zum Einsatz kommen sie u. a. bei rheumatischen Erkrankungen, Allergien, physikalisch verursachten Erkrankungen (Höhenlungenödem), Autoimmunerkrankun-
I
Äquivalente Dosis
Substanz
25 mg
Hydrokortison (a Kortisol)
gen, zur Immunsuppression, zur Lungenreifung vor einer Frühgeburt und natürlich zur Substitution bei Kortisolmangel. Bei der Entwicklung synthetischer Substanzen galt es, zunächst die mineralokortikoide Wirkung zu reduzieren und die glukokortikoide Potenz und die Wirkdauer zu erhöhen (I Tab. 2).
t lnhalative Glukokortikoide (z. B. bei Asthma bronchiale) haben den Vorteil eines hohen First-Pass-Effektes. Das heißt, dass ein großer Anteil bei der ersten Leberpassage abgebaut wird, weshalb die systemisch wirksamen Kon· zentrationen relativ gering sind. t Bei der dermalen Anwendung ist zu berücksichtigen, dass die Resorption an verschiedenen Hautstellen unterschiedlich ist (Richtwert ist der Resorptionsindex) . Besonders hoch ist der resorbierte Anteil dabei im Genitalbereich und im Gesicht.
5 mg
Prednisolon (z. B. Decortin 8 H)
1 mg
Dexamethason (z. B. Fortecortin'")
Tab.
Relative gtukokortlkolde Potenz (RGP)
0,5
5 25 (5
Relative mlneralokortlkolde Potenz (RMP)
X
5)
0
2: Äquiva lentdosen gä ngiger Kortikosteroide nach der Fünfer-Regel. Es hande lt sich um annä-
he rnde Werte, die nur als Merkhi lfe dienen sollen .
Physiologie II GI ukokortikoidthera pie (Fortsetzung) Bei der Glukokortikoidtherapie sind einige Punkte zu beachten. Die Osteoporoseprophylaxe bei Glukokortikoidtherapie: pharmakadynamische Therapie (s. a. S. 12) ist nur eine symptoma· Substitution von Kalzium ( 1 .~00- 1.500 mg) und Vitamin 0 3 tische, keine kausale Therapie! Mit der Höhe der Dosierung und der (400 - 800 IE/Tag), (+ evtl. B•sphosphonate). Länge der Behandlungsdauer steigt auch die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen, die den Symptomen des endogenen Cushing-SynDerzeit suchen Wissenschaftler nach neuen Substanzen mit einem gedroms entsprechen. ringeren Nebenwirkungsspektrum. Dies soll durch Präparate mit rein Bei einer einmaligen hochdosierten Glukokortikoidgabe sind hingegen transrepressorischer Aktivität gelingen (s. a. S. 5). Man vermutet, dass keine Nebenwirkungen zu erwarten. Hohe Stereiddosen sind bei ein Großteil der endokrinen und metabolischen Wirkungen durch akuten Erkrankungen notwendig. Nach Eintritt einer klinischen BesTransaktivation entsteht, während die antiinflammatorische Wirkung eher durch Transrepression vermittelt wird . serung sollte dann eine stufenweise Dosisreduktion erfolgen . Es wird versucht, die Dosis bei einer Dauertherapie unter 7,5 mg/Tag für Prednisolon anzusetzen (Cushing-Schwellendosis). was etwa der Mineralokortikoide physiologischen Synthesemenge eines Erwachsenen entspricht. Jedoch auch bei geringen Mengen über längere Zeit kommt es regelmäßig zu Das Steroid mit der größten mineralokortikoiden Wirkung ist AldoNebenwirkungen. steron. Dessen Freisetzung wird vorwiegend durch Angiotensin !I Bei längerer Therapie kommt es durch einen negativen Feedback(AT II ) und Hyperkaliämie stimuliert und durch ANP (atriales natri· Mechanismus zur reduzierten ACTH-Sekretion und damit zur NNR· uretisches Peptid) gehemmt (I Abb. 3). Aldosteron bewirkt eine Atrophie. Die Patienten müssen daher auf die Gefahr einer NNR-Insuf· vermehrte Natriumretention und eine erhöhte Kaliumsekretion in fizienz bei selbstständigem, abruptem Absetzen aufmerksam gemacht der Niere, aber auch in anderen Organen (Kolon, Speicheldrüsen Schweißdrüsen , Gallenblase). ' werden. Ebenso ist bei Beendigung der Therapie, die über mehr als vier Wochen dauert, auf ein langsames Ausschleichen zu achten. Es Kortisol hat etwa die gleiche Affinität zum Mineralokortikoidrezeptor kann sonst zu einem Kortikoidentzugssyndrom mit Myalgien, Müdig· (MR) wie Aldosteron. Obwohl es in etwa I00- bis I.OOOfach höherer keit und einem Wiederauftreten der Grunderkrankung kommen. Konzentration als Aldosteron vorliegt, ist dessen Wirkung dennoch Während die Dosis bei der Substitutionstherapie physiologisch ange- gering. Verantwortlich dafür ist die Expression der 11 ß·Hydroxystepasst werden sollte, wird bei der pharmakadynamischen Therapie die roid-Dehydrogenase in den Mineralokortikoid·Zielzellen, die Kortiso! gesamte Dosis einmal morgens zwischen 6 und 8 Uhr verabreicht. Es in Kortison umwandelt, welches nicht an den MR binden kann. soll so die Entstehung einer NNR·Atrophie verhindert werden. Der Renin-Angiotensin-Aidosteron-Systems (RAAS) Großteil der körpereigenen Kortikosteroide ist dann bereits sezerniert, und der ACTH-Rückkopplungsmechanismus spricht geringer auf exo· Aldosteron ist ein wichtiger Bestandteil des Renin-Angiotensin-Aldogene Steroide an. Noch besser ist eine Einnahme der Gesamtdosis, die steron-Systems. Renin wird bei vermindertem renalen Perfusionsdruck nur alle zwei Tage erfolgt (a lternierende Gabe) . Bei schwereren Eroder durch adrenerge Stimulation aus den granulierten Zellen des Vas afferens fre igesetzt. Es spaltet dann von Angiotensinogen Angiotensin 1 krankungen ist dies jedoch nicht immer ausreichend. ab. Dieses wird durch das Angiotensin·converting·Enzym (ACE) zu Bei einer längeren Anwendung kommt es häufig zu Nebenwirkungen wie Magenulzera (v. a. in Kombination mit NSAR), Osteoporose, Infek- dem viel wirksameren Angiotensin II (AT II ) aktiviert. tionen, Katarakt, Glaukom und psychischen Veränderung. Liegen diese Erkrankungen vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie vor, so sollten andere Möglichkeiten zu Anwendung kommen.
Rege/größen:
j
Rege/größe: Blutvolumen
1--
-
-
Konversionsenzym
(ACE)
Angiotensinogen
I Abb. 3: Regu lation des Renin-Angiotensin-Aidosleron-Systems (RAAS). 11O]
Nebenniere
Angiotensin II: t stimuliert die Aldosteronausschüttung aus der Nebenniere, t vermittelt eine Vasokonstriktion,
t bewirkt im Hypothalamus eine erhöhte ADH·Sekretion und eine gesteigerte Salz- und Wasseraufnahme. Das RAAS bewirkt somit über die Regulation des Gefäßtonus und der Natriumausscheidung sowie der Flüssigkeits- und Salzzufuhr eine Steuerung des effektiven zirkulierenden Volumens. Durch die physiologischen Regulationsmechanismen wird ein dynamisches Gleichgewicht hergestellt: Hypovolllmle und Hypotonie -+ Renin t -+ AT II t-+ erhöhtes zirkulierendes Volumen und Vasekonstriktion (RR t) -+ negative ROckkopplung -+ Normalisierung der Reninsekretion
Daneben gibt es auch in bestimmten Organen (Niere, Nebenniere, Herz, Uterus, Plazenta, Gefäße, ZNS) ein lokales Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Die Funktion des dort gebildeten AT II ist noch nicht vollkommen geklärt. Vermutet wird ein Einfluss auf das Wachstum und die Funktion bestimmter Gewebe.
Androgene In der Zona reticularis werden die Androgene Dehydroepiandrosteron (DHEA) und DHEA-Suifat (DHEAS) synthetisiert, in geringe-
76
I 77
ren Mengen auch Androstendion und Testosteron. DHEA-Sulfat ist das Steroidhormon der höchsten Serumkonzentration und liegt in etwa l .OOOfach höherer Menge vor als DHEA, weshalb es als diagnostischer Parameter geeigneter ist. DHEA wird hingegen nur von wenigen Labors bestimmt. DHEA und DHEAS besitzen selbst nur eine geringe androgene Wirkung. Sie dienen jedoch als Ausgangssubstanz für die Umwandlung in andere Androgene und Östrogene. Die Umwandlung in das potente Testosteron und Dihydrotestosteron erfolgt dabei teilweise erst in der Zielzelle. Die periphere Aromatisierung von Androgenen zu Östrogenen erfolgt weitgehend im Fettgewebe. Durch eine Substitution mit DHEA bei Patienten mit NNR-Insuffizienz soll deren Wohlbefinden gesteigert werden. Zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr erreicht die Sekretion von DHEA ein Maximum und fällt im Verlauf des weiteren Lebens stetig ab. Es wurde daher vermutet, dass Dehydroepiandrosteron bei Älteren als "Anti·Aging-Pille" Energie und Sexualität steigert Eine solche Wirkung konnte jedoch bei gesunden, älteren Personen nicht nachgewiesen werden.
Diagnostik Für die Diagnostik von Nebennierenerkrankungen muss auf Elektrolytabweichungen (Kalium, pH, Natrium) geachtet werden. Die Bestimmung der basalen Hormonkonzentrationen hat nur eine eingeschränkte Bedeutung. Höhere Aussagekraft kann hingegen durch eine kombinierte Interpretation mit adrenotropen Hormonen (ACTH, Renin) erreicht werden. Ferner werden verschiedene dynamische Funktionstests eingesetzt
Zusammenfassung X Die Nebenniere besteht aus der Nebennierenrinde (NNR), die Steroidhormone bildet, und dem Nebennierenmark (NNM), das katecholaminproduzierende Neurone enthält. X Die NNR besteht aus drei Schichten, in denen Glukokortikoide, Mineralokortikoide und Androgene gebildet werden: - Kortlsol wird unter Stress freigesetzt und bewirkt eine Bereitstellung von Energie und eine Aufrechterhaltung des Gefäßtonus. Daneben haben Glukokortikoide auch zahlreiche Effekte auf den Stoffwechsel. Die therapeutische Anwendung von synthetischen Glukokortikoiden beruht vorwiegend auf deren antiinflammatorischen und immunsuppressiven Wirkungen. - Aldosteron ist das potenteste Mineralokortikoid und ein Bestandteil des RAAS. Es bewirkt eine Natriumrückresorption und eine Kaliumsekretion. - Die vorwiegend gebildeten Androgene sind DHEAS und DHEA. Sie haben nur eine geringe androgene Wirkung, können peripher aber z. B. in das potentere Testosteron umgewandelt werden. X Im Blut werden die Steroidhormone an Transportproteine gebunden. Dabei gilt nur der freie Anteil als wirksam.
Cushing-Syndrom Als Cushing-Syndrom bezeichnet man einen Komplex aus klinischen Zeichen und Symptomen, die durch einen chronischen Hyperkortisolism us entstehen. Ätiologie Die mit Abstand häufigste Ursache ist das exogene Cushing-Syndrom bei Langzeittherapie mit Glukokortikoiden. Dem endogenen Cushing-Syndrom mit einer lnzidenz von ca. I : I 00.000 pro Jahr können mehrere Ursachen zugrunde liegen:
t ACTH-produzierendes Adenom der Hypophyse (M. Cushing im eigentlichen Sinn), ca. 70 % (s.S. 39) t Nebennierentumor: Adenom oder Karzinom, mikro-/ makronoduläre Hyperplasie, 15 % t Ektope ACTH- oder CRH-Sekretion: z. B. durch kleinzelliges Bronchuskarzinom oder andere neuroendokrine Tumoren, 15% Klinik Häufige Symptome des Cushing-Syndroms sind:
t Stammfettsucht, Vollmondgesicht (Plethora), Büffelnacken t Muskelatrophie und Muskelschwäche
t Erschöpfbarkeil und Schwäche t Hypertonie t Haut: Hautatrophie mit Striae rubrae distensae und Hautblutungen t Frauen: Zyklusunregelmäßigkeiten, Hirs utismus und Akne (durch die Androgensekretion) t Osteoporose t Gestörte Glukosetoleranz t Persönlichkeitsveränderungen und Suizidgedanken t Infekte (v. a. der Haut) t Wachstumsstillstand bei Kindern • Neigung zu Magenulzera bei der Einnahme von NSAR! Bei Kindern sind Wachstumsstörungen hinweisend! Die Ursache der typischen Fettverteilung ist bislang unklar. Sehr spezifisch sind Fettablagerungen im Nacken, zwischen den Schulterblättern, supraklavikulärund in der Bauchregion, während die Extremitäten durch die Muskelatrophie schlank erscheinen. Charakteristisch sind auch breite blaurote Striae im Bereich des Abdomens, die durch das Reißen von Kollagenfasern entstehen. Die Haut erscheint atroph und kann infolge einer erhöhten Gefäßbrüchigkeit Blutungen aufweisen. Eine Muskelschwäche kann besser erkannt werden, wenn man die Patienten aus der Hocke ohne Hilfe der Arme aufstehen lässt. Häufig finden sich weitere (Iaborchemische Befunde) wie Hypokaliämie, Granulozytose, Eosinopenie oder eine diabetische Stoffwechsellage.
Diagnostik Die Verdachtsdiagnose wird häufig gestellt, der tatsächliche Nachweis eines Cushing-Syndroms gestaltet sich mitunter sehr schwer. Die Patienten entwickeln meist kein klinisches Vollbild, sondern haben oft nur unspezifische Zeichen. Auch der Nachweis mit Hilfe labordiagnostischer Verfahren ist nicht immer eindeutig. Beim endogenen CushingSyndrom ist der zirkadiane Rhythmus der Kortisolsekretion aufgehoben. Eine Bestimmung des Kortisoltagesprofils ist jedoch sehr aufwändig. Eine einmalige Kortisolbestimmung ist hingegen nicht aussagekräftig. Die Diagnostik folgt einem Stufenschema (I Abb. 3): • Labordiagnostik: -Zum Ausschluss (nicht aber zum Nachweis) eines Cushing-Syndroms wird der Dexamethasonkurztest empfohlen. 1- 2 mg Dexamethason um 23 Uhr führen bei Gesunden zu einer Suppression der Kortisolkonzentration am nächsten Morgen. Durch Dexa-
methason komm t es dabei zu keiner Kreuzreaktion bei der KortisoJbestimmung. - Zusammen mit der Bestimmung des freien Kortisols im 24-Stunden-Urin kann in den meisten Fällen schon die Diagnose gestellt oder ausgeschlossen werden. Es ist wichtig, dem Patienten den Ablauf genau zu erklären, da es sonst leicht zu einer falschen Durchführung kommen kann! - Zur weiteren Differenzierung erfolgt eine ACTH-Bestimmung. Eine supprimierte ACTH -Konzentration spricht für eine autonome Kortisolsekretion der Nebennieren. Für die schwierigere Unterscheidung zwischen hypophysärer oder ektoper ACTH-Sekretion werden der CRH·Test mit anschließender ACTH-Bestimmung und der hochdosierte Dexamethasonhemmtest (Liddle-Test) angewendet. Der letztere Test wird ähnlich dem Kurztest durchgeführt jedoch mit einer Dexamethasongabe alle 6 Stunden über 4 Tage ' (z. B. l./2. Tag: 0,5 mg; 3./4. Tag: 2 mg, jeweils viermal täglich)_ Dabei werden täglich die Serumkonzentration und die 24-StundenAusscheidung von Kortisol bestimmt Bei einem ACTH -produzierenden Mikroadenom können durch CRH die ACTH-Sekretion stimuliert und durch Dexamethason die Kortisolsekretion supprimiert werden . Bei einem ektopen CushingSyndrom ISt die ACTH-Konzentratwn oft massiv erhöht und selten durch CRH stimulierbar. Durch Dexamethason ist Kortisol nicht supprimierbar. t Gemäß dem diagnostischen Grundprinzip sollte erst danach eine weitere Abklärung durch bildgebende Verfahren (Sonographie, CT oder MRT) erfo lgen: Klinisch unauffällige Raumforderungen der HyPophyse smd Jedoch haufig und werden bei Gesunden in l 0- 20 % beobachtet. Bei unklaren Befunden kann zur weiteren Abklärung evtL ein Sinus-petrosus-Katheter notwendig sein (s. S. 39). Zu einem Hyperkortisolismus kann es auch bei schwerer Depression oder Alkoholismus kommen. Die Kortisolsekretion ist dabei jedoch geringer. Eine sorgfältige Anamnese und pathologische Leberwerte be·1 Alkoholikern sind für die Diagnose wegweisend.
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I Abb. 1: Häufige Ursach en des Cushing~Syndroms und deren Auswirkungen auf d1e Nebenmeren: a) norma le Regulat1on, b) M. Cushing, c) Nebennierentumor, d) paraneop lasti sc he ACTH-Sekretion, e) exoge ne Stero idzufuhr. ll ]
Nebenniere
78
I 79
I Abb. 2: Patientin mit M. Cushing vor und ein Jahr nach erfolgreicher transsp henoidaler Adenomektom ie. [21
Therapie • Die Therapie des M. Cushing besteht in einer transsphenoidalen Adenomektomie, die in über 90% erfolgreich ist. Eine postoperative passagere Unterfunktion , die über mehrere Monate andauern kann, erweist sich als prognostisch günstig. Bei einem Rezidiv kann neben einer zweiten Operation auch eine Bestrahlung angewendet werden. Bei ausbleibendem Erfolg kann auch eine beidseitige Adrenalektomie (Entfernung der Nebennieren) notwendig sein, nach der jedoch lebenslang Glukokortikoide substituiert werden müssen. • Bei einem Nebennierentumor sollte eine Adrenalektomie erfolgen. Durch Suppression der anderen Nebenniere besteht nach der Operation eine vorübergehende, substitutionspflichtige NNR-lnsuffizienz.
Bei der seltenen mikronodulären Hyperplasie sind beide Nebennieren betroffen und müssen daher entfernt werden. t Bei ektoper ACTH-Sekretion ist nach dem hormonproduzierenden Tumor zu suchen und wenn möglich eine Operation durchzuführen. Eine medikamentöse Therapie kommt in der Tumornachsorge und bei Therapieversagen in Frage. Ketoconazol (ein Antimykotikum), Aminoglutethimid, Metyrapon und Etomidat (lnjektionsnarkotikum) hemmen die Steroidsynthese durch Inhibition bestimmter Enzyme. Mitotane führt neben einer Synthesehemmung auch zu einer selektiven Zerstörung der Zonae fasciculata und glomerulosa. Diese Substanzen haben beträchtliche Nebenwirkungen, können bei Malignomen aber die Prognose und auch die Lebensqualität verbessern. Häufig kommt es zur NNR-Insuffizienz, weshalb die Kortisolkonzentration regelmäßig bestimmt werden muss.
Prognose Wenn ein Cushing-Syndrom nachgewiesen wird, ist eine Therapie auf jeden Fall indiziert. Die Hauptkomplikationen sind kardiavaskuläre Erkrankungen oder schwere Infektionen. Unbehandelt kann es durch die Abwehrschwäche in Kombination mit einer diabetischen Stoffwechsellage zu lebensgefährlichen Pneumonien oder einer Urosepsis kommen. Eine weitere Komplikation ist die Steroidosteoporose mit Inadäquaten Frakturen.
Zusammenfassung • Ätiologie: exogene Steroidzufuhr, ACTH-produzierendes Hypophysenadenom, Nebennierentumoren und ektope ACTH-Sekretion Spezielle endokrine Funktio nsdiagnostik (CRH-Test, High-Dose-Dexamethasonhemmtest, ggf. Sinus- petrosus-Katheter)
ACTH ii (meist) nicht durch CRH stimullerbar Keine Suppression durch Dexamethason
N ebenni erentumor:
• Adenom • Karzinom • mikro-/makro-
nodu lä re Hyperplasie ACTH i durch CRH stimulierbar Durch
dismus, Osteoporose und breite Striae Dexamethason, erhöhte Kortisolkonzentration im
Dexamethason
M.Cushlng
diabettsehe Stoffwechsellage, Hypertonie, Hypogona• Diagnostik: fehlende Kortisolsuppression nach
Suppression > 50%
l
• Klinik: Vollmondgesicht, stammbetonte Adipositas,
J
bildgebende Verfahren
24-Stunden-Urin; weiterführend: ACTH-Bestimmung, CRH-Test und hochdosierter Dexamethasonhemmtest in Kombination mit Bildgebung • Therapie: Bei hormonproduzierenden Tumoren wird eine chirurgische Entfernung angestrebt.
I Abb. 3: Dia gnostik des Cushin g-Syndroms. [3]
Hyperaldosteronismus Das klinisch bedeutsamste Mineralokortikoid ist Aldosteron. Desoxykortikosteron (DOC) hat nur etwa 5% der Wirkung des Aldosterons.
Primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) Womöglich ist der primäre Hyperaldosteronismus häufiger Ursache einer sekundären Hypertonie als bisher angenommen wurde. Der Erkrankungsgipfelliegt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Aufgrund der therapeutischen Konsequenzen müssen dabei verschiedene Ursa· chen unterschieden werden: t Einseitiges NNR-Adenom, 70-80 % (weitgehend AT-11-unab· hängige Sekretion) • Idiopathische beidseitige Hyperplasie der Zona glomerulosa, 20-30% (meist empfindlich auf exogenes und endogenes AT !I= reninresponsiv) • Seltene Ursachen sind ein Karzinom der NNR oder ein glukokortikoidsensitiver Hyperaldosteronismus, bei dem die Aldosteronsekretion weitgehend durch ACTH reguliert wird.
Durch die erhöhte Aldosteronfreisetzung kommt es zu einer Suppression der Reninsekretion. Primärer Hyperaldosteronismus: Reninsuppressionl Sekundärer Hyperaldosteronismus: erhöhte Plasmareninaktivität!
Klinik Das Leitsymptom ist eine hypokaliämische Hypertonie mit teilweise hohen diastolischen Werten (RR diast > 110 mmHg)! Vor allem bei der bilateralen Hyperplasie ist jedoch ein großer Teil der Patienten normokaliämisch und entwickelt nur eine milde Hypertonie. Die Hypertonie ist schwer einstellbar und therapierefraktär, so dass die Patienten häufig drei oder mehr Antihypertensiva einnehmen. Teilweise sind die Patienten völlig asymptomatisch oder haben nur gering ausgeprägte
Symptome, wie z. B. Kopfschmerzen, Müdigkeit und Muskelschwäche. Es können auch weitere Symptome einer Hypokaliämie (Obstipation, Polyurie) und einer metabolischen Alkalose (Parästhesien, s. a . S. 14 f.) auftreten. Verstärkt wird die Hypokaliämie durch Kochsalzzufuhr, da bei einem erhöhten Natriumangebot im Sammelrohr die Kaliumsekretion gesteigert ist. Die erhöhte Aldosteronsekretion füh rt zu einem neuen Volumengleichgewicht auf einem höheren Niveau. E kommt dabei durch die Natriumretention zu r Volumenerhöhung und s zum Blutdruckanstieg. Nach einigen Wochen tritt das "AldosteronEscape-Phänomen" ein, mit Erhöhung des peripheren Widerstands und einer "Druckdiurese", durch die auch Natrium vermehrt ausgeschieden wird. Das zurückgehaltene Volumen führt jedoch in der Regel zu keinen Ödemen.
Hyperaldosteronismus: häufig Hypertonie und Hypokaliämie (K• ,J...)!
Diagnostik Die Diagnose wird oft im Rahmen einer Hypertonieabklärung gestellt Wenn die Hypokaliämie auch nach Absetzen kaliuretischer Diuretika· für l - 2 Wochen und Kaliumgabe besteht, dann sollte weiter abgeklärt werden. Die mittlerweile sehr häufige normokaliämische Form Wird s jedoch nicht erkannt. Bei der Bestimmung der Kaliumkonzentration is~ darauf zu achten, dass das Blut ohne langes Stauen und Pumpen abgenommen wird . Auch durch Hämolyse oder Thrombozytose kann es 2 falsch hohen Werten kommen! Zunächst werden Aldosteronkon- u zentration und Reninaktivität bestimmt, für das weitere Vorgehen siehe I Abb. l. Als Screeningparameter spricht ein Verhältnis von Aldosteronkonzentration (ng/dl) zu Reninaktivität (ng/ mlfh) von> 30 nach zweistündigem Uegen bei gleichzeitig erhöhtem Aldosteron (> 15 ng/dl) fQr ein Conn-5yndrom.
Screeningtest Ratio Aldosteron i.S. (ng/dl) zu Reninaktivität [ng/ml/h], mit Aldosteron i.S. > 15 ng/dl
I I
Ratio< 30
I
j
Ratio > 30
~Stimulation
der Reninsekretion (3 Tage NaCIarme Kost, 2 h Orthostase 20 mg Furosemid i.v.)
j Reninaktivität
i j
l
IReninaktivität .!.
l Nachmessung Aldosteron i.S. j
I
_L
l
IAldosteron ij
I
j Salzbelastung (8 h Bettruhe, 2 I 0, 9%ige NaCI-lösung)
I
r
/ Aldosteron .J.. j
$ Conn-Syndrom ausgeschlossen
J
l
IV.a. Mlneralokortikoid-Syndrom I
l
j Aldosteron 1'j
l j
Conn-Syndrom belegt
I Abb. 1: Hormondiagnostik bei Verda cht auf primären Hyperaldosteronismus.l31
Nebenniere
Die Bestimmung der Plasmareninaktivität ist aufwändig und erfolgt unter Abnahme auf Eis! In Zukunft könnte sich daher die Bestimmung der Reninkonzentration durchsetzen, die aber noch weniger validiert ist. Die Bestätigung der Diagnose erfolgt in zwei Schri tten:
80
I 81
genetische Enzymdefekte [z. B. Liddle-Syndrom). Von einem NiedrigRenin-Hochdruck spricht man bei einer essentiellen Hypertonie mit normaler Aldosteronkonzentration und erniedrigtem Renin, wobei es jedoch einen fließenden Übergang zum idiopathischen Hyperaldosteronismus gibt.
t Zuerst wird eine supprimierte Reninsekretion unter maximaler
Stimulation des RAAS nachgewiesen. Die Blutabnahme erfolgt nach kochsalzarmer Diät über drei Tage mit anschließender aktiver Ortho· staseund einer Gabe von 20 mg Furosemid i. v. t Im zweiten Schritt wird die fe hlende Aldosteronsuppression nachgewiesen. Die erste Messung erfolgt mit der Reninbestimmung. Nach Infusion von 2 I isotoner NaCI-Lösung und 8 Stunden Bettruhe sinkt beim Conn-Syndrom die Aldosteronkonzentration nicht adäquat ab. 2-4 Wochen davor müssen Medikamente, die Einfluss auf das RAAS haben, z. B. Spironolacton und andere Diuretika, ACE- Hemmer und Betablocker abgesetzt werden. Zur Differenzierung der möglichen Ursachen dienen bildgebende Verfahren wie MRT und CT in Kombination mit dem Orthostasetest. Dieser wird folgendermaßen durchgeführt:
t Bei der bilateralen Hyperplasie find et man ein Ansprechen auf AT II [reninresponsiv, s.o.). Eine Sti mulation des RAAS durch zweistündige Orthostase [und evtl. furosem idind uzierte Diurese) führt somit zu einem Anstieg der Aldosteronkonzentration. Bei einem Adenom ist die Aldosteronsekretion hingegen häufig ACTH·abhängig und folgt somit dem zirkadianeo Rhythmus der Kortisolkon zentration. Unter Ortho· stasekann es so zu einem paradoxen Abfall des Serumaldosterons kommen. Bei diskordanten Befunden wird zur Unterscheidung zwischen ein· seitigern Adenom und beidseitiger Hyperplasie eine Katheterisierung der Nebennierenvene n durchgefü hrt.
Differentialdiagnose Differentialdiagnostisch müssen andere Ursachen einer hypokaliämischen Hypertonie abgegrenzt werden. Dazu gehören die verschiedenen Ursachen des sekundären Hyperaldosteronism us sowie seltene
Hypovolämie
t Diuretika , Diarrhö, Blutverlust
Ödemerkrankungen
t Nephrotisches Syndrom t Herzinsuffizienz (verstärkt durch Furosemid und Thiazide) t Leberinsuffizienz (vermind ert e Aldosteroninaktivierung) t Schwangerschaft
Renale Ursachen
Genetische Ursachen
t Renevaskuläre Hypertonie: reduzierter Nierenperfusionsdruck (z. B. durch Nierenarteri enstenose) t Renoparenchymatöse Hypertonie: verminderte Nierendurchblutung (z. B. bei arteriolärer Nephrosk lerose) t Reninbildender Tumor (selten) • Bartier-Synd rom (Defek t in Transportka nälen der HenleSchleife) t Gitelman-Syndrom (rena ler Salzverlu st)
I Tab . 1: Ursach en d es sek undäre n Hypera ldost eroni smus .
Therapie t NNR-Adenom: Die Therapie besteht in einer chirurgischen Entfer-
nung, wenn möglich durch Laparoskopie. Um einen postoperativen Hypoaldosteronismus durch Atrophie der anderen Nebenniere zu vermeiden, wird mit Spironolacton [Aldosteronantagonist) vorbehandelt. Wenn die Operation früh erfolgt, kommt es meist zu einer Normalisierung der Hypertonie und Hypokaliämie. t Idiopathische Hyperplasie: Bei dieser hat eine Adrenalektomie keinen Einfluss auf die Hypertonie und ist nur sehr selten bei symptomatischer Hypokaliämie indiziert. Zur Therapie werden Spironolacton und andere kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren) eingesetzt. Der neuere Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist Eplerenon [Inspra®) hat geringere antiandrogene Nebenwirkungen als Spironolacton, ist jedoch für die Therapie des primären Hyperaldosteronismus nicht zugelassen. Außerdem sollen eine kochsalzarme Diät eingehalten und wenn nötig der Blutdruck durch weitere Antihypertensiva behandelt werden.
Sekund ärer Hypera ldosteronismus Von dem primären Hyperaldosteronismus ist der häufigere sekundäre Hyperaldosteronismus abzugrenzen. Durch verschiedene Ursachen, die nicht primär die Nebennieren betreffen [I Tab. I) kommt es zu einer physiologischen Gegenregu lation mit einer vermehrten Reninsekretion und weiterer Alktivierung des RAAS. Im Gegensatz zum Conn-Syndrom ist die Reninsekretion beim sekundären Hyperaldosteronismus also nicht supprimiert, sondern erhöht. In weiterer Folge ist auch die Aldosteronkonzentration erhöht. Der sekundäre Hyperaldosteronismus tritt oft in Verbindung mit einer malignen Hypertonie oder auf der Basis einer Ödemerkrankung auf. Sind eine Hypovolämie oder Ödeme die Ursache, so besteht keine gleichzeitige Hypertonie.
Zusammenfassung X Ätiologie: Nebennierenadenom oder idiopathische beidseitige Hyperplasie X Die Patienten entwickeln eine therapierefraktäre Hypertonie, evtl. in Kombination mit einer hypokaliämischen Alkalose. X Diagnostik: erhöhte Aldosteronkonzentration und erniedrigte Reninaktivität; außerdem bildgebende Verfahren und Orthostasetest X Häufiger ist der sekundäre Hyperaldosteronisrnus. Basierend auf einer extraadrenalen Erkrankung kommt es durch RAAS-Aktivierung zu einer erhöhten Aldosteronsekretion.
Adrenale Hyperandrogenämie Das wichtigsten Androgene der NNR sind DHEA, DHEAS und Androstendion. Die adre· nalen Androgene werden in peripheren Ge· weben auch zum potenteren Testosteron um· gewandelt. Für eine adrenale Hyperandrogen· ämie spricht also eine DHEAS·Erhöhung bei erhöhtem Testosteron und/oder Androsten· dion.
Ätiologie Ursachen einer vermehrten Androgensekre· tion der Nebenniere sind:
t Adrenogenitales Syndrom (AGS): Da· runter fasst man verschiedene autosomal· rezessiv vererbte Enzymdefekte der Steroid· synthese der NNR zusammen. Durch den Enzymdefekt kom mt es zu einer verminder· ten Kortisol· und Aldosteronsekretion und einem konsekutiven ACTH·Anstieg. in der Folge werden vermehrt Steroide gebildet (vorwiegend Androgene), deren Synthese durch den Enzymdefekt nicht betroffen ist (I Abb. 1). Außerdem führt ACTH zu einer NNR·Hyperplasie, der das Syndrom seine englische Bezeichnung "congenital adrenal hyperplasia" verdankt. t Androgenproduzierende NNR-Tumoren: Karzinome, seltener Adenome t Cushing-Syndrom
Formen des AGS In 90-95% der Fälle liegt ein 21-Hydroxylase-Defekt zugrunde. Dabei werden wiederum mehrere Formen unterschieden:
t Klassische Form mit Salzverlustsyndrom und komplettem Enzymverlust, eine lebensbedrohliche Salzverlustkrise tritt typischer· weise zwischen der 2. und 3. Lebenswoche auf; Inzidenz I : 20.000 t Klassische Form ohne Salzverlustsyndrom, nur mit Virilisierung ("classic simple virilizing"), minimale Enzymaktivität vorhan· den (ca. 1%); Inzidenz 1: 60.000 t Nichtklassische Late-Onset-Form: Manifestation in der Regel kurz vor oder während der Pubertät, verschiedene Mutationen mit partieller Einschränkung der Enzymaktivität [20-50%); lnzidenz 1: 1.000 t Asymptomatische ("cryptic") Form: Genträger mit hormonellen Veränderungen, jedoch ohne klinische Symptome
Viel seltener treten andere Enzymdefekte, z. B. ein ll ß-Hydroxylase-Defekt, auf. Zu· sätzlich zur Androgenübe rproduktion kommt es dabei zur Hyperton ie durch die mineralokortikoide Wirkung des verstärkt gebildeten Desoxykortikosterons.
Androgenbildende Tumoren NNR-Tumoren mit alleiniger Androgensynthese sind selten. Für einen Tumor sprechen ein Auftreten nach dem 20. Lebensjahr, eine rasche Progredienz und extrem erhöhte Androgen kon zentra tionen. Klinik t Bei Mädchen mit einem AGS liegt bei der Geburt eine Virilisierung mit Hypertrophie der Klitoris vor. Das innere Genitale ist jedoch immer weiblich (Pseudohermaphroditismus femininus). Knaben sind bei der Geburt hin· gegen unauffällig. Wird die Krankheit nicht erkannt, so entwickelt sich bei beiden Geschlechtern eine zunehmende Pseudopubertas praecox (s. S. 90). Dabei kommt es zu einem vorzeitigen Auftreten der Sekundär· behaarung, einer Penis- bzw. Klitorishypertro· phie und beschleunigtem Längenwachstum , während die Hoden klein sind und die Fertili· tät ausbleibt. Als Kind er sind Betroffene im Vergleich zu Gleichaltrigen größer. Ohne Therapie tritt jedoch ein vorzeitiger Epiphysenschluss ein, weshalb sie als Erwachsene kleinwüchsig sind. Die hohe Androgenkonzentration bewirkt durch negative Rückkopp· lung eine Suppression der HypothalamusHypophysen-Gonaden-Achse mit einem hypo· gonadotropen Hypogonadismus. Bei Mädchen bleibt dann die Menarche aus (primäre Amenorrhö ). t Im Erwachsenenalter füh rt eine Hyper· androgenämie bei Männern zu keinen Ände· rungen des äußeren Erscheinungsbildes. Es
kommt jedoch durch den hypogonadotropen Hypogonadismus zu einem Ausbleiben der Spermatogenese und zur Hodenatrophie . Bei Frauen führt der Androgenüberschuss zu Hirsutism us (s . u.). Als Virilisierung bezeichnet man das zusätzliche Auftreten von androgenetischem Haarausfall, tiefer Stimme, der Entwicklung einer männlichen Körperform Klitorishypertrophie und Brustdrüsenatrophie bei übermäßig hohen Androgenkonzentrationen. t Bei ei ner späten Manifestation eines 21 -Hydroxylase-Mangels (Late-Onset-AGS) treten bei beiden Geschlechtern in der Pubertät ode bei Frauen auch im Erwachsenenalter zuneh-r mend Symptome der Hyperandrogenämie auf. Bei Frauen kann es zu einem Bild ähnlich dem PCOS mit Zyklusstörungen und Infertilität kom men (s.S. 100 f.).
Salzverlustkrise Typischerweise kom mt es zwischen der 2. und 3. Woche zu einer lebensbedrohlichen Krise als Folge der verminderten Glukokortikoid- und Mineralokortikoidsekretion . Betroffen sind häufiger Knaben, da sie bei der Geburt unauffällig sind . Die charakteristischen Symptome sind Trinkschwäche, Erbrechen und Dehydratation, die evtl. zum Kreislaufkollaps führen. Es kommt zur Hyponatriämie einer hyperkaliämischen Azidose und Hypo- ' glykämie.
Hirsutismus Diese Behaarung mit einem männlichen Verteilungsmusterbei Frauen ist Ausdruck einer Hyperandrogenämie oder einer gesteigerten Androgensensitivität in der Haut (idiopathischer Hirsutismus) . Die Hypertrichose dagegen ist eine vermehrte Körperbehaarung ohne männliches Verteilungsmuster (I Abb. 2). Zur einfachen Differenzierung zwischen Hirsutis-
Hypothalamus Gn RHJ.
CRHi Hypophyse
GonadotropineJ.
ACTHi
I Nebenniere I
I Gonaden I
Hormonvorstufen
l Hypogonadismus I
I ~
I Enzymdefekt '--
/
J
ad renale Androgenei
I
I
I
Ko rt1soiJ. AldosteronJ.
NNR-Insuffizienz Hyperandrogenämie Salzverlustsyndrom
I Abb . I : Die Hyperandrogenämi e führt beim AGs zu einer LH- /FS H-Suppression und einem hypogonadotropen Hypogonad ismu s. 115]
Nebennier e
82
I 83
musund Hypertrichose ist au f androgensensitive Regionen zu achten. Dazu gehören Oberlippe, Kinn, Brust, Bauch , Rücken , Lenden, Oberarme und Oberschenkel.
Diagnostik Die Diagnostik bei Verdacht auf eine Hyperandrogenämie umfasst die Bestimmung von DHEAS, Androstendion und Tes tosteron. Für eine Hyperandrogenämie spricht deren Erh öhung.
AGS Beweisend für einen 21 -Hydroxylase-Defekt ist eine starke Erhö· hung von 17·Hydroxyprogesteron (I Abb. I , S. 74), das durch den Enzymdefekt nicht zu Kortisol umgewa ndelt werden kann. Kortisol ist daher erniedrigt, ACTH erh öht, und du rch den Hypoaldosteronismus liegen eine Hyponatriämie und eine Hyperkaliämie vor. Nachdem bei einem Kind ein AGS diagnostiziert wurde, kann bei einer weiteren Schwangerschaft eine pränatale Diagnostik durchgeführt werden. Dabei wird eine Genanalyse aus einer Chorionzottenbiopsie erstellt. Alterna tiven si nd eine HLA·Typisierun g von Amnionzellen (AGS·Patienten einer Fam ilie haben den gleichen HLA-Genotyp) oder eine 17-Hydroxyproges teron- und And rostendionbesti mmung im Fruchtwasser. Schwieriger ist der Nachweis eines Late-Onset-AGS mit 21 -Hydroxylase-Mangel. Bei Frau en erfolgt die Durch führung in der frühfolli· kulären Phase. Hinweisend sind eine erhöhte basale Konzentration von 17-Hydroxyprogesteron und ein deutlicher Anstieg nach Stimulation durch ACTH (Synacthen®). Differentialdiagnostisch sind ein PCOS bzw. ein Cushing-Syndro m abzugrenzen.
I Abb. 2: Vergleich: a) Hirsuti smus mit mä nnli chem Behaa rungsmuster, b) Hypertrichose. [2]
Androgenbildender Tumor Liegt eine extreme Erhöhung der Androgene vor (Tumorbereich: Tes· tosteron > 1.500 ngldl oder DH EAS > 7.000 1Jg/dl), besteht der Ver· dacht auf einen androgenbildenden Tumor der Nebenniere oder der Gonaden. Es erfolgt eine weitere Abklärung durch bildgebende Verfahren. In unklaren Fällen kann zur Unterscheidu ng zwi schen einer autonomen Androgensynth ese durch einen Tumor oder einer funktionellen Hyperandrogenämie (AGS, M. Cushing) ein Suppressionstes t ähnlich dem hochdosierten Dexamethasonhemmtest (s. S. 78; hier 3 mg Dexamethason 3 x täglich über drei Tage) mit einer Bestimmung der Androgene durchgefü hrt werd en. Bei m AGS kommt es zu einer Sup· pression, während bei Tumoren nur eine irrkomplette Suppression erreicht wird.
Zusammenfassung Adrenogenitales Syndrom 1C Autosoma I-rezessiv vererbte Enzymdefekte mit vermehrter Androgensynthese und verminderter Kortisol- und Aldosteronsekretion; häufigste Form: 21-Hydroxylase-Defekt mit Erhöhung von 17-Hydroxyprogesteron. Patienten sind in der Kindheit groß,
exzessiver Androgenerh6hung --. Tumorverdachtl
als Erwachsene klein. - Bei Mädchen Virilisierung mit Klitorishypertrophie
Therapie Die Behandlung des AGS besteht in einer lebenslangen Glukokortikoidsubstitution zur Suppression der hohen ACTH-Kon zentrationen. Die Dosis sollte dabei über den ganzen Tag verteilt werden, wobei ein Teil abends eingenommen wird, um den morgendlichen ACTH-Anstieg zu unterdrücken. Bei einem Salzverlustsyndrom sind zusätzlich Mineralokortikoide (Fludrokortison ) notwendig. Bei der Late·OnsetForm liegt hingegen kein Glukokorti koidmangel vor. Es sollte daher lediglich zur Androgensuppression die geringste nötige Kortisoldosis gegeben werden. Kinder erhalten eine kl einere Dosis, die im Laufe des Wachstums regelmäßig erhöht werden muss. Außerdem muss die Dosis bei allen Stresssituati onen angepasst werden. NNR-Tumoren werd en durch operative Entfe rnung behandelt. Bel Karzinomen ist dabei ein ausreic hend großer Resektionsrand einzuhalten. Der Hirsutlsmus kann mechanisc h (Rasur, Epilation, Elektrolyse) oder medikamentös (z. B. orale Kontrazeptiva) behandelt werden (s.S. 100) .
- Bei Jungen: bei der Geburt unauffällig, Gefahr des Salzverlustsyndroms! Ohne Therapie spätere Entwicklung einer Pseudopubertas praecox - Bei Frauen: Leitsymptom Hirsutismus. Bei Männern tritt keine Veränderung der äußeren Erscheinung auf.
a Therapie: medikamentös Androgenbildende Tumoren X Verdacht auf Malignom bei exzessiver Androgenerhöhung 1C Therapie: operativ
Nebennierenrindeninsuffizienz Als Nebennierenrindeninsuffizienz werden die verminderte oder fehlende Sekretion von Kortisol, Aldosteron und adrenalen Androgenen sowie die resultierenden Krankheitsbilder bezeichnet. Man unterscheidet eine primäre Form mit akuter oder allmählicher Destruktion der NNR von einer sekundären Form bei Hypopituitarismus (infolge Ausfalls de r ACTH-Produktion) oder durch exogene Steroide. Die lnzidenz liegt bei etwa 5 : 100.000/ Jahr. Ätiologie
Primäre NNR-Insuffizienz (M. Addison} t Autoimmunadrenalitis: evtl. in Kombi· nation mit anderen Autoimmunerkrankungen (s. S. I 06 f. ), ca. 75% der primären NNRInsuffizienzen t Infektionen mit Zerstörung der Nebenniere: nekrotisierende CMY. Adrenaliris bei AIDS-Patienten; Tuberkulose, die in den westlichen Ländern recht geringe Bedeutung hat, in Entwicklungsländern jedoch zu den häufigsten Ursache einer NNRInsuffizienz gehört! t Metastasen: bei Bronchialkarzinomen, maligne Melanomen, Nierenzellkarzinomen. Nur ein Teil der Patienten entwickelt eine therapiebedürftige NNR-Insuffizienz. t Waterhouse-Friderichsen-Syndrom: seltene hämorrhagische Destruktion der Nebennieren mit akuter Insuffizienz durch Infekt, v. a. bei Kindern (klassisch durch Meningokokken, aber z. B. auch Pseudo· monas) t Seltene genetische Enzymdefekte der Nebennierenrinde
Sekundäre NNR-Insuffizienz t Hypopituitarismus: Meist liegt keine iso·
lierte ACTH-Unterfunktion vor. Daher sollte eine Diagnostik der Hypophysenvorderlappen· funktion durchgeführt werden. t Iatrogen: Suppression der HypothalamusHypophysen-Achse durch exogene Steroide mit NNR-Atrophie durch verminderten ACTH-Stimulus
Hyperpigmentierung fehlt, da die ACTH-Sekr _ tion vermindert ist. Wegen der blassen und e pigmentlosen Haut spricht man auch von einem "weißen Addison". Klinik Die Symptomatik ist abhängig vom Verlauf und Ausmaß der NNR-Insuffizienz. Die Krankheit schreitet oft langsam voran. Klinische Zeichen treten erst ab einer Zerstörung von 90 % der Nebenniere auf. Im Rahmen eines akuten Stresszustandes kann es zur Dekompensation einer chronischen Insuffizienz kom men (Addison-Krise, s. u.). Die Diagnostik bei der primären NNR-Insuffizienz gestaltet sich häufig schwierig, da die
Symptome sehr unspezifisch sind. Die vier folgenden Zeichen kommen jedoch häufig vor: t Schwäche und rasche Ermüdbarkeit t Dehydratation und Gewichtsverlust
t Hypotonie t Hyperpigmentierung Daneben kommt es auch oft zu gastrointestinalen Beschwerden (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Oberbauchschmerzen) und gelegentlich zu Hypoglykämien. Ein sehr spezifisches Zeichen ist hingegen die Hyperpigmentierung. Sie entsteht durch eine hypothalamisch-hypophysäre Gegenregulation mit vermehrter Sekretion von ACTH , aus dem das Peptid a-MSH abgespalten werden kann (s. a. S. 37). a-MSH stimuliert wie ß- und y-MSH die Melaninbildung in den Melanozyten. Die verstärkte Pigmentierung ist vor allem an den Handlinien (I Abb. I), der Schleimhaut, den Areolae mammae, den Fingerknöcheln und an Narbengewebe zu beobachten. Durch den Androgenmangel kommt es bei Frauen zu einer verminderten Schambehaarung, Mus· ketschwund und Libidoverlust Bei Männern ergeben sich, solange die Testosteronproduktion in den Hoden normal ist, keine solchen Symptome. Die sekundäre NNR-Insuffizienz entspricht weitgehend dem Bild der primären Form, jedoch ohne Hypotonie und Zeichen von Elektrolytstörungen, da die Regulation über das RAAS meist noch erhalten ist. Auch die
Di agnostik Manchmal kann es notwendig sein, Untersuchungen zu wiederholen, um eine NNR-Insu ffizie nz nachzuweisen. Durch den Aldosteronausfall kommt es zu einer verminderte Na+-Rückresorption und erhöhten K+-Reten- n tion. Hinweisend ist daher die Kombination
von Hyponatriämie und Hyperkaliämie. Natrium kann durch die Dehydratation aber auch im Normbereich liegen. Außerdem kann es zur Retention harnpfl ichtiger Substanzen zu Hyperkalzämie, Hypoglykämie, Anämie, ' Lym phozytose und Eosinophilie kommen. NNR-Insuffizienz: K" t , (Na• .J..) ~ Na• /K• <30
Hilfreich ist auch die morgendliche Bestimmung der basalen Kortisolkonzentration die jedoch für die Diagnose (meist) nicht au;. reicht. Diese wird durch eine Bestimmung von ACTH und einen ACTH-Stimulationstest gestellt. Bei einer NNR-Insuffizienz ist die Kortisolsekretion im ACTH-Test [Synacthen®. Test) nicht ausreichend stimulierbar. Auch zur Differenzierung zwischen primärer und sekundärer Form dient die Bestimmung von ACTH. Bei der primären NNR-Insuffizienz liegt aufgrund des intakten Rückkopplungsmechanismus eine erhöhte Konzentration vor, während bei einer hypophysären Störung ACTH auch nach Stimu lation durch CRH nicht ansteigt. Die Blutprobe zur ACTHBestimmung muss sofort gekühlt werden! Zur weiteren Abklärung kommen bildgebende Verfahren und die Bestimmung von NNR-Autoantikörpern zu m Nachweis eine r Autoimmunadrenalitis zum Einsatz. Differentialdiagnosen Ausgeschlossen werden müssen andere Erkrankung mit Schwäche und Gewichtsverlust (z. B. konsumierende Tumorerkrankungen Anorexia nervosa) oder gastrointestinalen '
I Abb. 1: Hyperpigmentation beim M. Add ison. [7]
Nebenni ere
Beschwerden [Malabsorptionssyndrom , chronische Magen-DarmErkrankungen). Beim Chronic-Fatigue-Synd ro m kommt es zu Erschöpfung und häufig auch zu einer Einschränkun g der NNR-Funktion.
Therapie Am Anfang der Behandlung steht eine Aufkläru ng über die Krankheit Die Patienten müssen eine lebenslange Substitutionstherapie du rchführen. Diese erfolgt z. B. durch Hydrokortiso n [20 - 30 mg/Tag), ein Glukokortikoid , wobei im Sinne einer physiologischen Anpassung 2/l der Dosis morgens und 1/3 am frühen Nachmittag gegeben werden. Grundsätzlich können auch andere Steroide verwendet werden. Die Anpassung der Dosis sollte sich nach dem Befind en des Patienten richten, wobei nicht nur auf Zeichen der Unterfunktion, sondern auch auf solche des Hyperkortisolismus zu achten sind. Erhöht werden muss die Dosis auf jeden Fall in Stresssituationen (febrile Erkrankungen, Infekte, psychischer Stress), vor Operationen oder in der Schwangersc haft (erhöhte Kapazität der Bindungsproteine). Dabei kann eine Steigerung auf das 2- bis 3fache der Ausgangsdosis nötig sein. Die Anpassung soll durch die Patienten selbstständ ig durchgeführt werden, was eine Sc hulung erfo rdert. Eine besondere Gefahr besteht bei gastrointestinalen Infekten mit Erbrechen und Diarrhö, bei denen die Steroide nicht mehr ausreichend über den Darm aufgenommen werden. Die Substitution sollte dann parenteral oder als Suppositorium (Zäpfchen) erfolgen. Trotz der mineralokortikoiden Wirkung von Hydrokortison wird das Allgemeinbefinden der Patienten durch ein zusätzliches Mineralokortikoid (Fludrokortison 0, 1- 0,2 mg/Tag) verbessert. Außerdem kann durch Substitution des androgenen Steroids Dehydroepiandrosteron (DHEA, in Deutschland nicht zugelassen) die Lebensqualitä t bei Fra uen deutlich verbessert werden. Bei einer richtig angepassten Dosierung ergeben sich keine Einschränkungen im Alltag. Die Patienten müssen jedoch immer einen Notfallausweis und ein injizierbares Kortikosteroid bei sich tragen.
Add ison-Krise Belastungen (Stress, Infekte, Operationen, Unfall, Überanstrengung) können zur akuten Dekompensation einer chronischen Insuffizienz führen. Eine besondere Gefahr besteht dabei bei einer latenten, bisher nicht erkannten Unterfunktion. Eine akute lnsuffzienz kann auch durch Zerstörung der Nebennieren durch eine Meningokokkeninfektion (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom) entstehen. Die häufigste Ursache ist aber das plötzliche Absetzen einer Langzeittherapie mit Glukokortikoiden.
841 85
Addison-Krise
Hypotonie, Erbrechen, Durchfall, Exsikkose, Muskelschwäche, Hypoglykämie, ausgeprägte Hyperkal iämie,
Myxödemkoma
Hypothermie, Bradykardie und Hypotonie, Hypoventilation, keine Hypoglykämie!
Hypophysäres Koma (sek. NNR-Insuffizienz und
Blasse Haut, fehlende Sekundärbehaa rung, Hypotonie und Bradykardie, Hypothermie, Hypoglykämie
Hyperpigmentierung
sek . Hypothyreose) Thyreotoxische Krise
Tachykardie, Hyperthermie, Schwitzen, Exsikkose, profuse Durchfälle
Hypoglykämie Diabetisches Koma
Heißhunger, Schwitzen, Aggressivität, Unruhe, Zittern Polyurie, (Erbrechen), Exsikkose, Somnolenz und Apathie
Hyperkalzämiesyndrom
Polyurie, Erbrec hen, Exsikkose, psychiatrische Störungen
Akute gastrointestinale
Bauchschmerzen
Erkra nkungen
Myokardinfarkt, Sepsis
I
Hypotonie und Schock
Tab . 1: Differentia ldi agnosen der Addison-Krise .
Therapie Bei Hinweisen auf eine Addison-Krise sollte die Behandlung nicht durch Funktionstests verzögert werden, sondern sofort nach einer Blutabnahme zur Kortisol- und ACTH-Bestimmung eingeleitet werden: t Ausgleich des Volumendefizits durch 2- 41 0,9%ige NaCl- und 5 %ige Glukoseinfusion in 2-4 Stunden t 100 mg Hydrokortison als Kurzinfusion und anschließende kontinuierliche Infusion Eine zusätzliche Mineralokortikoidgabe ist anfangs nicht nötig, da Hydrokortison in hohen Dosen eine ausreichende mineralokortikoide Wirkung aufweist. Bei allen Patienten muss nach der auslösenden Ursache gesucht und ggf. eine kausale Therapie begonnen werden.
Zusammenfassung Je Ursachen (prim. NNR-Insuffizienz): Autoimmunadre-
nalitis, Infektionen, Metastasen Kl inik Eventuell bestehende Symptome der NNR-lnsuffiz ienz werden verstärkt. Außerdem kommt es häufig zu einer Exsikkose mit Lethargie bis zum hypovolämischen Kreislaufkollaps. Daneben treten oft massives Erbrechen, Diarrhö , schwere Bauchschmerzen und Muskelschwäche auf. Es kommt zu einer schweren Hypotonie und einer Hypoglykämie sowie Hyponatriämie und Hyperkaliämie. Natrium hingegen ist durch die Exsikkose nicht immer erniedrigt. Anfangs berichten die Patienten über eine unerklärliche Unruhe, die in Reizbarkeit und Verwirrtheil übergeht. Die Temperatur ist anfangs erniedrigt und steigt später an (Exsikkose-Fi eber). Beim akuten Absetzen einer Steroid-Langzeittherapie kommt es zu klinischen Zeichen der primären NNR-Insuffizienz, jedoch ohne Symptome des Aldosteronmangels (häufig keine Hypotonie, keine Hyperkaliäm ie ). Hinweisend ist auch ein eher cushingoides Erscheinungsbild. Differentialdiagnosen zeigt ITab. I.
Je Klinik (sehr unspazifische Symptome!): Müdigkeit,
Gewichtsverlust, Dehydratation, Hypotonie, gastrointestinale Beschwerden, Hypoglykämien und Hyperpigmentierung Je Diagnostik (prim. NNR-Insuffizienz): hohes ACTH
und fehlender Kortisolanstieg im Synacthen~qest, Bestimmung von NNR-Autoantikörpern • Therapie: physiologisch angepasste Substitution von Hydrokortison • Addison-Krise: akute lebensbedrohliche NNR-Insuffizienz (häufig nach Absetzen einer Steroidtherapie) mit Hypotonie, Exsikkose, gastrointestinalen Beschwerden und Muskelschwäche
Phäochromozytom Das Phäochromozytom ist ein katecholaminproduzierender Tumor, der von chromaffinen Zellen ausgeht. Er entsteht meist im Nebennierenmark (NNM) und ist in ca. 85% der Fälle benigne. Eine extraadrenale Lokalisation im Bereich des abdominellen oder thorakalen Grenzstranges findet man in ca. 15 %. Die Erkrankung hat eine lnzidenz von I : I 00.000 Jahr. Sie macht nur ca. 0,1 % aller Hypertonien aus, ist aber ohne Diagnose und Therapie lebensbedrohlich_ Ein Teil davon tritt im Rahmen von genetischen Syndromen auf (z. B. MEN Typ 2 oder bei Phakomatosen). Physiologie des Nebennierenmarks Das Nebennierenmark (NNM) besteht aus chromaffinen Zellen, die sich entwicklungsgeschichtlich vom Neuralrohr ableiten. Es entspricht einem sympathischen Ganglion und stellt somit ein Effektorsystem des Sympathikus dar. Die Zellen synthetisieren aus Tyrosin die Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin (I Abb. 1). Sie sind wichtige Neurotransmitter im ZNS. Noradrenalin ist zusammen mit anderen Kotransmittern auch der Überträgerstoff der postganglionär-sympathischen Neurone. Adrenalin wird überwiegend im NNM syntheti· siert, während der Noradrenalinanteil dort nur etwa 20 % beträgt. Die Transmitter werden dann von den chromaffinen Zellen direkt in das Blut abgegeben, wo sie an Albumin gebunden sind. Die Wirkung von Noradrenalin und Adrenalin an den Zielzellen wird über verschiedene Adrenozeptoren vermittelt. Man unterscheidet a 1-, a 2- und ß-Adrenozeptoren mit weiteren Untergruppen. Adrenalin wirkt an allen Unterformen, Noradrenalin zeigt hingegen ka um Wirkung an den ß2-Rezeptoren, die eine Vasodilatation in der Skelettmuskulatur vermitteln. Die Inaktivierung von Katecholaminen aus präganglionären Axonen erfolgt durch Wiederaufnahme in die freisetzenden Neurone selbst. Zirkulierende Katechotamine (v. a. Adrenalin) werden in der Leber zu Metanephrin und Normetanephrin abgebaut. Der enzymatische Abbau erfolgt sowohl in Neu-
Organ /Organsystem
Rezeptor
Wirkung
Herz
ß,
Erhöhung der Herzfrequ enz, der Leitungsgeschwindigkeit, der Kontrak t ilität und auch der Erschlaffungsgeschwindigkeit, gesteigerte Automatie {Arrhyth -
Kreis lauf
a
Vasekonstriktion {v. a. Haut, Lunge, Niere, Darm, Geschlechtsorga ne)
ß,
Vasedilatation {in der Skelettmusk ulatur: nicht du rch NA!)
Leber
a"ß,
Glykogenolyse
Fettgewebe
ß ß,
Lipolyse
mien!)
Kalium
Hypoka liämie (Verschiebung des Ka liums in die Skelettmuskulatur durc h Aktivierung der Na· / K'-ATPa se)
Endokrine Wi rkun g
Steigert Sekretion von G\ukagon, ACTH, GH , Renin
Gastrointestinaltrakt
Abna hme der Moti lität, Kontrak t ion der Sphinkteren
Auge
Pupillenerweiterung, Lidhebung
Hemmt Sekretion von Insu lin, Histam in
I
Tab . 1: Übersicht über ausgewäh lte Effekt e der Katecholamine.
ronen als auch in der Leber durch die Mono· aminooxidase (MAO) und die Katecholamin0-Methyltransferase (COMT). Ausgewählte Wirkungen der Katecholamine sind in I Tab. I angeführt.
disehe Ka techolaminfreisetzung und können spontan oder bei Verschiebungen des Bauchinhalts (z . B. bei körperlicher Anstrengung, Defakation) auftreten (I Abb. 2) . Zwischen den Intervallen können dabei auch bis zu mehrere Wochen liegen.
Klinik Das klassische Symptom eines Phäochromozytoms ist eine paroxysmale (anfallsartlge) Hypertonie mit kurzzeitigen Blutdruckanstiegen.
Eine Hypertonie besteht in über 95 %. Sie kann entweder konstant vorhanden sein oder seltener anfallsweise auftreten. Neben dem Bluthochdruck sind eine Symptomentrias mit Kopfschmerzen, Schwitzen und Tachykardie (Herzrasen) sehr spezifisch für das Phäochromozytom. Relativ unspezifische Symptome sind Blässe, Zittern, Nervosität, Gewichtsverlust und Angstgefühl. Die pathologische Katecholaminsekretion kann auch zu einer gestörten Glukosetoleranz führen . Anfallsartige Blutdruckkrisen entstehen durch perio-
I
Abb. 1: Synthese der Kat ec holamine: Au sgehend
von Tyrosin entstehen No ra drenalin und Adrenal in. De r Abbau erfo lgt durch di e MAO (Monoam inooxidase) und die C OMT (Katecho lamin-0 -M ethyltran sf er ase). ]21]
Diagnostik Für ein Phäochromozytom sprechen die klinischen Symptome und der Nachweis eine erhöhten Ausscheidung von Katecholaminen r bzw. deren Metaboliten im 24-StundenUrin. Hier sei noch einmal auf die Bedeutun einer genauen Erklärung für den Patienten g hingewiesen, um eine falsche Durchführung zu vermelden. Der Harn muss angesäuert werden, da es sonst zu falsch niedrigen Werten kommt. Die Bestimmung der Katecholaminmetaboliten Normetanephrin und Metanephrin gilt durch deren längere HWZ als bestes diagnostisches Screeningverfahren. Eine Katecholaminbestimmung (Noradrenalin unct Adrenalin ) ist hingegen nur bei hypertensiven Patienten aussagekräftig. Bei Stress oder arterieller Hypertonie kommt es auch zu erhöhten Konzentrationen von
Nebenniere
86
I 87
I Abb . 2: Paroxysmale Blutdruckanstiege bei 250
einem Patienten mit Phäochromozytom bis zur Kontrol le um 2 1.00 Uhr (rot: systo lischer, weiß: diastolischer Blutdruck). [6]
200 0
~150 E 100
50 - ' - - - - - - , - - - -
"T
22:00 04:00 Uhrzeit (h)
--....,
10:00
Katecholaminen - für ein Phäochromozytom spricht eine starke Erhöhung. Zur Bestätigung bei nur gering erhöhten Werten dient der Clonidinhemmtest. Clonidin setzt über a 2Autorezeptoren den zentralen Syrnpathikotonus herab. Im Gegensatz zu Gesund en kommt es bei Patienten mit Phäochromo· zytom zu keinem Abfall der Katecholaminkonzentration. Erst nach labordiagnostischer Bestätigung sollte eine Lokalisationsdiagnostik durch Sonographie, CT oder MRT erfolgen. Eine sehr hohe Spezifität wird durch die MIBG·Szintigraphie erreicht. Sie ist hilfreich zur Identifizierung von extraadrenalen Raumforderun· gen, die in der CT gefunden werden. Ist die Diagnose gesichert, muss immer auch an ein mögliches Auftreten im Rahmen einer MEN Typ 2 gedacht werden (s. S. I04 f.). Es sollten dann ein medulläres Schilddrüsenkar· zinom und ein primärer Hyperpa rathyreoid ismus ausgeschlossen und ein genetisches Familienscreening angeboten werden.
Differentialdiagnosen Eine Hyperthyreose geht ebenfalls mit Tachykardie und Gewichtsabnahme einher. Für ein Phäochromozytom sprechen dann migräneartige Kopfschmerzen. Anfallsartige Blutdruckkrisen können auch beim akuten Absetzen von Betablockern (Rebound-Phänomen) oder bei Panikattacken auftreten .
Therapie Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung des Tumors. Als Vorbereitung wird Phenoxybenzamin eingesetzt, das die a -Adrenozeptoren irreversibel blockiert. Die Dosis wird über mehrere Tage gesteigert, bis der Blutdruck unter Kontrolle ist und die Anfäl le verschwinden. Durch Betablocker wird die Herzfrequenz gesenkt. Sie dürfen jedoch erst nach erfolgreicher a -Rezeptor-Blockade gegeben werden _Eine Blockade der ß-Adrenozeptor-vermittelten Vasodilatation in der Skelettmuskulatu r kann sonst zu einem paradoxen Blutdruckanstieg führen . Durch die chronische Gefäßkonstriktion kann das zirkulierende Volumen erheblich vermindert sein, weshalb präoperativ auf eine ausreichende Volumensubstitution geachtet werden muss. Der Eingriff sollte in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Einseitige Tumoren werden durch eine retroperitoneale endoskopische Adrenalektomie entfern t. Bei Malignitätsverdacht oder großen Tumoren erfolgt eine Operation von ventral. Eine besondere Gefahr besteht dabei bei der Anästhesieeinleitung, der Intubation und der Manipulation an der Geschwulst. Nach Entfernung des Tumors kann es zu einem akuten Blutdruckabfall kommen, der gut auf einen Volumenersatz anspricht. Bei lnoperabilität, nicht resezierbaren Tumo-
ren oder nicht gelungener Lokalisation mit bildgebenden Verfahren erfolgt eine medikamentöse Adrenozeptorblockade (Phenoxybenzamin, Prazosin). Zusätzlich kann durch Metyrosin die Katecholaminsynthese gehemmt werden. Beim Vorliegen von Metastasen ist der Therapieerfolg mit 1311-MIBG oder einer kombinierten Chemotherapie hingegen begrenzt.
Prognose Im Rahmen der hypertensiven Krisen kann es zu einem Lungenödem, Hirnblutungen, Herz· infarktoder Rhythmusstörungen kommen. Nach operativer Entfernung eines benignen Phäochromozytoms ist die Prognose günstig. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 95% und die Rezidivrate unter l 0%. Das 5-Jahres-Über· leben bei einem Malignom beträgt hingegen unter 50 %. Etwa %der Patienten werden normoton. Bei den übrigen Patienten wird eine essentielle Hypertonie oder eine Fixierung des Blutdrucks durch die langfristige Katecholaminwirkung angenommen. Postoperativ sollte routinemäßig alle 1-2 Jahre oder beim erneuten Auftreten von Symptomen eine Hormonkontrolle erfolgen. Die Lebensqualität wird bei einseitiger Adrenalektomie nicht beeinträchtigt. Auch bei Entfernung beider Nebennieren ist ausschließlich eine Substitution der NNR-Funktion notwendig.
Zusammenfassung
ac Die chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks entsprechen postganglionären Nervenzellen und synthetisieren Katecholamina (vorwiegend Adrenalin).
ac Klinik des Phäochromozytoms: Hypertonie mit Kopfschmerz, Schwitzen und Tachykardie
ac Diagnostik: Metanephrine, Adrenalin und Noradrenalin im 24-StundenUrin, Bildgebung
ac Therapie: chirurgische Entfernung unter Vorbehandlung mit Phenoxybenzamin und ausreichender Volumensubstitution!
L
Entwicklung und Physiologie der Testes
• In der Embryonalzeit ist Testosteron bestimmend für die sexuelle Differenzierung. • In der Pubertät kommt es durch Testosteron zur Virilisierung. • Beim Erwachsenen ist Testosteron verantwortlich für die Erhaltung der männlichen Erscheinungsform und der Sexualfunktion und hat weitere anabole (aufbauende) Effekte.
Wolff-Gang. Durch die Sa-Reduktase kann Testosteron in den Zielzellen auch zu Dihydrotestosteron (DHT) umgewandelt werden. DHT führt vorwiegend zu einer Differenzierung der äußeren männlichen Geschlechtsorgane. Bis zum 7. Monat bleiben die Hoden in der Bauchhöhle. Hormonelle Faktoren (u. a. Androgene) beeinflussen schließlich den Durchtritt durch den Leistenkanal. Ihre endgültige Lage im Skrotum erreichen die Hoden etwa zur Geburt, wobei jedoch große individuelle Schwankungen vorliegen können. Störungen der Hodendeszension (Maldescensus testis) können zu Funktionsstörungen führen.
Entwicklung Die geschlechtsspezifische Entwicklung der Gonaden beginnt in der 7. Woche. Bis dahin sind die Gonaden und die beiden Keimleiter (Mül· ler-Gang und Wolff-Gang) bei beiden Geschlechtern gleich angelegt. Das spätere Geschlecht ist jedoch bereits zum Zeitpunkt der Befruchtunggenetisch determiniert (46,XX =weiblich; 46,XY =männlich). In Abwesenheit weiterer Faktoren ist die Grundprogrammierung der embryonalen Entwicklung zum weiblichen Geschlecht festgelegt (s. S. 94), ein Fehlen des Y-Chromosoms führt also zur Entwicklung der Ovarien aus der Gonadenanlage. Das Ovar selbst hat im Gegensatz zu den Hoden keinen Einfluss auf die weitere Geschlechtsentwicklung. So werden auch bei Fehlen der Ovarien oder Hoden aus dem Müller-Gang Eileiter, Uterus und Vagina gebildet. Der Wolff-Gang bildet sich hingegen fast vollständig zurück. Erst durch das SRY-Protein (.,sex-determining region of Y"), das am Y-Chromosom kodiert wird, wird die Entwicklung der indifferenten Gonaden zu Hoden induziert. Dabei kommt es zur Differenzierung der Sertoli-Zellen. Für die weitere Entwicklung zum männlichen Geschlecht sind drei Hormone verantwortlich: Anti-Müller-Hormon, Testosteron und dessen Metabolit Dihydrotestosteron: Sertoli-Zellen führen über die Bildung von Anti-Müller-Hormon zu einer Rückbildung des Müller-Ganges. Gegen Ende der 8. Woche treten auch testosteronproduzierende Leydig-Zellen auf. Testosteron induziert die Entwicklung von Nebenhoden, Ductus deferens und Samenblase aus dem
Pubertät Nach der Geburt ruht die weitere sexuelle Entwicklung bis zum Beginn der Pubertät. Die exakten Mechanismen für die Initiation sind noch unbekannt. Eine wichtige Funktion könnte Leptin haben, da leptindefiziente Personen nicht in die Pubertät eintreten können. Es Wird angenommen, dass durch Leptin, das in Fettzellen gebildet wird, dem Hypothalamus das Erreichen einer ausreichenden Körpermasse für den Beginn de r Pubertät gemeldet wird. Die Pubertät beginnt mit der pulsatilen hypothalamisehen Sekretion von GnRH, die anfangs nur nachts erfolgt. An der Hypophyse führt GnRH dann zur Bildung und Sekretion der Gonadotropine LH und FSH. Die pulsatile Sekretion erfolgt beim Mann in Episoden von 90-120 Minuten und ist die Voraussetzung für die Funktionalität der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse. Die Menge an freigesetztem LH und FSH wird durch die Amplitude und die Frequenz der GnRH-Pulse bestimmt und durch weitere Faktoren (Androgene, Östrogene, Neurotransmitter, lnhibin) moduliert. Zu Beginn der Pubertät kommt es zu einem Wachstum der Hoden. Wenig später treten eine Sekundärbehaarung im Genitalbereich und ein Wachstum des Penis auf. Es kommt zu einem allgemeinen Körperwachstum mit einem charakteristischen Wachstumsschub. Unter dem Einfluss der Androgene tritt eine Vergrößerung des Kehlkopfes mit Verlängerung der Stimmbänder auf, die sich in der Übergangsphase als Stimmbruch bemerkbar macht.
Für das bessere Verständnis von Störungen der Gonaden soll darauf hingewiesen werden, dass Testosteron in Abhängigkeit vom Alter unterschiedliche Effekte hat (I Tab. I):
Psychotrope Wirkung
Allgemeines Wohlbefinden, Antrieb und Stimmungslage (bei Androgenmangel : Depression, Antriebslosigkeit und verminderte
Spermatogenese
Zusammen mit FSH
' '\
Leistungsfähigkeit)
\
\
Libido und Potenz
\
Behaarung
Sekundärbehaarung (Umwandlung zu DHT)
Muskulatur
Steigerung der Muskelmasse (eiweißanabol)
Kehlkopf und
Vergrößerung des Kehlkopfes, Verlängerung der Stimmbänder,
Stimmbänder
im Übergang: Stimmbruch
Haut
Stimulation der Talgdrüsenaktivität (Seborrhö und Akne)
Knochen
Mineralisation (Knochenmasse, -{lichte), Epiphysenfugenschluss
Lipidstoffwechsel
LDL und TG
\ \
I I I I
t, HDL .!-.erhöhtes Atheroskleroserisiko bei
Männem!
I
Knochenmark
Stimuliert Erythropoese (direkt und indirekt: Erythropoetinsynthese) -> Hb und Hkt t (bei Männern höher)
Leber
Beeinflusst die Aktivität verschiedener Enzyme
Tab . 1: Wirkungen von Testosteron.
Fettgewebe
8 8 I
Abb. 1: Regulation der Hod enfunktion . [2]
Stimulation
Inhibierung
Gonaden - Mann
Testes Die Hoden haben zwei wesentliche Funktionen: t Spermatogenese (exokrine Funktion ): Die Hoden bestehen aus den stark geschlängelten Hodenkanälchen (Tubuli seminiferi), in denen die Spermatogenese erfolgt. Diese unterliegt dem Einfluss durch FSH und Testosteron und setzt mit der Pubertät ein. Ausgehend von den Sperrnatogenien entstehen durch mitoti· sehe und meiotische Zellteilungen Spermata· zyten und später Spermatiden, die nur noch einen haploiden Chromosomensatz haben. Es folgt die Spermiogenese, die Endreifung der Spermatiden zu den begeißelten Spermien (Spermatozoen). Diese gelangen dann in den Nebenhoden, wo sie bis zur Ejakulation bleiben. Die gesamte Dauer der Spermata· und der Spermiogenese bis zu den reifen Spermien beträgt etwa 72 Tage. Eine zentrale Rolle bei der Spermatogenese spielen die Sertoli-Zel· Jen. Sie haben die Funktion von "Ammenzellen" und bilden durch Tight-Junctions die "Blut-Hoden-Schranke" aus. Lumina! davon befinden sich Spermatozyten und alle höheren Entwicklungsstufen. Diese sind von einer Flüssigkeit umgeben, deren Zusammensetzung durch die Sertoli-Zellen bestimmt wird. Außerdem bilden Sertoli-Zellen das Peptidhormon Inhibin, das eine selektive Hemmung der hypophysären FSH-Freisetzung bewirkt (I Abb. 1). t Androgenproduktion (endokrine Funk· tion): Zwischen den Tubuli seminiferi liegen die testosteronproduzierenden Leydig-Zwischenzellen. Die Testosteronsynthese unterliegt der Regulation durch LH.
Testostero n
Synthese und Wirkung Bei Erwachsenen werden täglich etv,ra 5-7 mg Testosteron synthetisiert. Die Testosteronkonzentration folgt einem zirkadianen Rhythmus mit einem morgendlichen Maximum und einem Minimum am späten Nachmittag (I Abb. 2). Die wichtigsten Testosteronwirkungen sind in I Tab. I angeführt. Zirkulierendes Testosteron kann durch die Aromalase zu Östradiol um· gewandelt werden. Diese wird am stärksten im Fettgewebe exprimiert. Bei Adipositas oder einem verminderten Östrogenabbau durch Leberfunktionsstörungen (z. B. Leberzirrhose) resultiert ein Anstieg der Östrogenkonzentration. Es wird damit das Verhältnis zwischen Östrogenen und Androgenen zu Gunsten der Östrogene verschoben. Der Metabolit Dihydrotestosteron (DHT) entsteht vorwiegend in Zielgeweben, in denen die 5a-Reduktase exprimiert wird. DHT bindet ebenfalls an den Androgenrezeptor, hat jedoch eine höhere Affinität und dissoziiert langsamer vom Rezeptor ab. Daher zeigt DHT eine etwa IOfach stärkere Wirkung als Testosteron und ist damit das biologisch wirksamste Androgen. Für eine normale Geschlechtsentwicklung sind beide Hormone notwendig! Bestimmte Gewebe (z. B. Pro· stata, Achsel oder Schambereich), die die 5a· Reduktase verstärkt exprimieren, reagieren besonders sensitiv auf Androgene. Im Bereich des Gesichts ist der 5a·Reduktase-Bestand jedoch geringer. Der Bartwuchs wird deshalb erst bei höheren Testosteronkonzentrationen stimuliert. Hemmend wirken Androgene hin· gegen auf das Wachstum des Haupthaars.
88189
Testosteron bewirkt außerdem den Schluss der Epiphysenfuge und stimuliert die Knochenmineralisation . Die Effekte auf den Knochen werden dabei wahrscheinlich nicht über Testosteron direkt vermittelt, sondern durch Aromatisierung zu Östradiol im Knochen ( ~ Aromatasehemmer können eine Verzögerung des Epiphysenfugenschlusses bewirken).
Transport Im Serum wird Testosteron- wie Östradiolan sexualhormonbindendes Globulin (SHBG) gebunden. Die Produktion von SHBG in der Leber wird durch Östrogene oder Hyper· thyreose stimuliert und durch Androgene, eine Hypothyreose oder Insulin gehemmt. Auch ein nephrotisches Syndrom oder Gluko· kortikoide können die Konzentration vermindern. SHBG hat eine höhere Affinität zu Testosteron als zu Östradiol. Kommt es - z. B. durch einen Androgenmangel- zu einer Erhöhung der Transportkapazität von SHBG, so wird durch eine weitere Reduktion des freien Testosteronanteils das Verhältnis noch mehr zu Gunsten der Östrogene verschoben.
Abbau Der Abbau der Androgene erfolgt durch Biotransformation mit einer Konjugation an Glukuron- oder Schwefelsäure v. a. in der Leber und dem Ausscheiden mit dem Urin. Trotz Plasmabindung erfolgt die Metabolisierung in der Leber sehr rasch. Testosteron hat daher im Blut eine Halbwertszeit von zirka I 0 Mi· nuten.
I Abb. 2: Sekretionsmuster von Testosteron . [2]
0
12
6
18
24
Tageszeit (Uhrzeit)
Zusammenfassung
x Die Pubertät wird durch die pulsatile GnRH-8ekretion eingeleitet. Zu Beginn kommt es zum Hodenwachstum, später auch zur Sekundärbehaarung. X ln den Hoden finden die Spermatogenese und die Androgensynthese statt. X Testosteron hat verschiedene Effekte auf die Psyche und den Stoffwechsel. Es führt zu einer männlichen Sekundärbehaarung und Körperform und stimuliert die Erythropoese. X Veränderungen der SHBG-Produktion haben Einfluss auf den freien Testosteronantell.
Männlicher Hypogonadismus I Störungen von Wachstum und Reifung bei Jungen und Mädchen können verschiedene Ursachen und Ausprägungen haben. Eine Übersicht der Begriffe findet sich in I Tab. I.
Hypothalamus
Idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus (IHH) Ka li mann-Syndrom (Sonderform des IHH, zusätzl. Anosmie/ Hyposmie für aromatische Geruchsstoffel Pasqualini-Syndrom (LH-Mangel bei reduzierter GnRH-Sek retion)
Klassifikation des Hypogonadismus
Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung (KEV)
Als Hypogonadismus bezeichnet man eine Unterfunktion der Keimdrü· sen, also der Hoden bzw. der Ovarien. Beim Mann kann der Hypogo· nad ismus die Androgenprod uktion und/oder die Spermatogenese (s. S. 89) betreffen. Eine normale Testosteronsekretion ist essentiell für die Spermatogenese. Ein Androgenmangel geht daher fast immer mit einer gestörten Spermatogenese einher, während eine Infertilität auch isoliert auftreten kann. Bei einer Störung der Hodenfunktion kommt es zu einem reaktiven Anstieg der Gonadotropine (hypergonadotroper Hypogonadismus}. Eine Störung auf Ebene der Hypophyse und/ oder des Hypothalamus geht hingegen mit einem Abfall der Gonadotropine einher (hypogonadotroper Hypogonadismus). Man kann die Formen des Hypogonadismus auch nach angeborenen oder erwol'benen Störungen einteilen.
Funktionelle G~RH -Sekretionsstörung (schwere Erkrankungen, Untergewicht, Ubergewicht, Stress, psychische Probleme) Prader-Labhart-Willi-Syndrom (ges törte GnRH-Sek retion) Hypophyse
Hyperprolaktinämie Hypopituitarismus
Testes
Klinefelter-Syndrom (47,XXY) Orchitis (Mumps, HIV- und andere In fektionen, Medikamente ' Bestrahlung, Chemotherapie, Trauma, Operation) Synthesedefekte, bilaterale Anarchie (Feh len der Hoden) Parenchymverlust Lageanomalien, Hoden tum oren Allgemeinerkrankungen (Leberzirrhose, chron ische Niereninsuftizienz, Diabetes mellitus, Schilddrüsenfunktionsstörungen, M. Addison, Vit.-B "-Mangel)
Ätiologie
Zystische Fibrose (Hypoplasie von Ductus deferens und Nebenhoden)
Es gibt zahlreiche Ursachen für einen männlichen Hypogonadismus. Am häufigsten liegt ein idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus, eine konstitutionelle Entwicklungsverzögerung, ein Hypo· pituitarismus oder ein Klinefelter·Syndrom (47,XXY) vor (I Tab. 2 und unter "Ausgewählte Krankheitsbilder", S. 92).
Varikozele (variköse Veränderungen des Plexus pa mpiniformis) Androgenziel-
And rogen resistenz, Reifenstein-Syndrom, 5a-Reduk tase-Mangel
organe Sonstiges
Hypogonadismus im Alter (Andropause) Anabolikamissbrauch
Klinik
I
Durch den Hypogonadismus kommt es zur Infertilität mit oder ohne Zeichen des Androgenmangels. Die Ausprägung der klinischen Zeichen ist dabei abhängig vorn Ausmaß und Zeitpunkt des Auftretens des Androgenmangels:
t In de r Fetalzeit manifestiert sich ein Testosteronmangel durch Stö· rung der sexuellen Differenzierung. Es kann zu einer Intersexualität mit unterschiedlicher Ausprägung kommen (Pseudoherrnaphroditismus masculinus). Ein Androgenmangel in der späteren Fetalentwick· Jung führt zu Lageanomalien der Hoden (Hodenhochstand und Krypt· orchismus] und zu einem Mikropenis. t Bei Auftreten des Androgendefizits vor der Pubertät kommt es zu einer verzögerten oder fehlenden Pubertätsentwicklung. Die Virilisie· rung bleibt aus, und es tritt das Bild des Eunucheidismus auf. Der Epi· physenfugenschluss ist verzögert, und es kommt zu einem verstärkten Längenwachstum. Des Weiteren tritt ein weiblicher Behaarungstyp
Pubertas praecox
Tab. 2: Übersicht über ve rsch iedene Ursac hen des Hypogonadismu s beim
Mann {die häufigsten si nd f ett hervo rgehoben) .
mit horizontaler Schamhaargrenze auf. Die Körperbehaarung und der Bartwuchs sind vermindert oder fehlend. Stimmbruch, Pubertätsakne und das typische pubertäre Wachsturn von Hoden und Penis bleiben aus. Die Muskulatur ist unterentwickelt. Kommt es einmal zur Entwicklung von eunuchoiden Körperproportionen, sind diese irreversibel. t Bei Erwachsenen hat ein Hypogonadismus keinen Einfluss auf die Körperproportionen, die Penisgröße oder die Stimmlage. Der Androgenmangel äußert sich dabei vorwiegend durch Potenzmangel, Libidoverlust, Leistungsschwäche und Müdigkeit. Es kommt auch häufig zu einer Abnahme der Körperbehaarung und der Rasurfrequenz. Weitere Symptome sind Infertilität und erektile Dysfunktion. Eine Abnahme der Leistungsfähigkeit ist einerseits durch den fehlenden Stimulus auf
Verfrühte Pubertä tsentwicklung mit harmonischem Ablauf durch GoRH-abhängige (zentrale) Sexualhormonsekretion (meist idiopath isch oder seltener durch ZNS-Erkrankungen)
Pseudopubertas praecox
Verfrühte Pubertätsentwicklung mit unharmonischem Ablauf durch GnRH-unabhängige Sexualhormonsekretion (z. B. AGS, ovarielle Tum oren)
Puberlas tarda
Langfristiges Ausbleiben der Pubertätsen twi ck lung
Pseudohermaphro-
Virilisierung bei einem weiblichen Karyotyp (46,XX)
ditismus femininus Pseudohermaphro-
Männlicher Karyotyp (46,XY) mit weiblicher Erscheinung
ditismus mascu·
durch unvollständige oder fe hlende Virilisierung (z. B. Andro-
linus
genresistenz oder Defekte der Androgenbildung)
Hermaphroditismus
Gleichzeitig Testes- und Ovarialgewebe vorhanden (sehr
verus
selten; Karyotyp: 46,XX; 46,XY oder seltener Mosaikmuster: 46,XX/46,XY)
I
Tab . 1: Begrittserk lärungen von Entwicklungsstörungen.
1
Gonaden - Mann
die Blutbildung mit einer normozytären normochromen Anämie, andererseits durch eine Abnahme an Muskelmasse bedingt Die Hodengröße kann normal oder teilweise deutlich vermindert sein. Bei einem lange bestehenden Hypogonadismus kommt es zu einer dünnen, blassen Haut mit einer feinen Fältelung, v. a. im Bereich um die Augen. Bei Männern kann es durch den Testosteronmangel auch zu Gynäkomastie (s. u.) und Osteoporose kommen.
90
I 91
I Abb. 1: Gynäkomastie bei einem Patienten mit Reifenstein-Syndrom . Man beachte auch die helle und unbehaarte Haut. [6]
Gynäkomastie Diese tastbare Vergrößerung des Drüsenkörpers der Brust beim Mann (I Abb. I) sollte von einer Fettgewebsvermehrung (Lipomastie) ohne tastbaren Drüsenkörper unterschieden werden. Eine Gynäkomastie tritt physiologisch bei Neugeborenen, in der Pubertät und im Alter auf und ist abzugrenzen von pathologischen Formen, die durch einen Androgenmangel entstehen. Jedoch kommt es nicht bei jeder Form des Hypogonadismus zu einer Gynäkomastie. Typisch ist eine Gynäkomastie bei einem Klinefelter-Syndrom, einer Androgenresistenz oder östrogenbildenden Tumoren.
Diagnostik Bei der Anamnese ist nach der Libido und der allgemeinen Leistungsfähigkeit sowie nach einer Abnahme der Rasurfrequenz zu fragen. Daneben ist nach Lageanomalien der Hoden bzw. dem Vorliegen von Risikofaktoren für eine Zerstörung von Hodengewebe zu fragen (z. B. Mumpsinfektion, Strahlenbehandlung, Chemotherapie, Drogen, Medikamente, Alkohol, Allgemeinerkrankungen). Bei der körperlichen Untersuchung sollte besonders auf die Behaarung, Körperproportionen, Muskelmasse, Fettverteilung, Gynäkomastie und die äußeren Geschlechtsorgane (Hoden- und Penisgröße) geachtet werden.
t Bei Kindern und Jugendlichen hat die Bestimmung des Knochenalters und der Vergleich der Körpergröße im Somatagramm eine hohe Aussagekraft Im Anschluss sollte immer auch eine Hodensonographie durchgeführt werden. Die weitere Basisdiagnostik im Labor umfasst eine morgendliche Bestimmung von Gesamttestosteron, SHBG und freiem Testosteron. Bei einem bestätigten Testosteronmangel hilft die Bestimmung von LH und FSH zur Unterscheidung zwischen hypo- (LH niedrig) oder hypergonadotropen (LH hoch) Formen. Beim Verdacht auf eine Infertilität sollte ein Spermiogramm (mit Zahl, Beweglichkeit, Morphologie) erstellt werden. Für die weitere Abklärung dienen bildgebende Verfahren (MRT der Sella), Hormonbestimmungen und dynamische Funktions-
tests (Prolaktin, GnRH-Test, hCG-Test), sowie genetische Untersuchungen (z. B. Karyogramm bei Klinefelter-Syndrom). Ein GnRHTest dient zur Differenzierung zwischen hypophysären und hypothalamisehen Störungen. Zur Unterscheidung zwischen Anarchie und Kryptorchismus wird eine Testosteronbestimmung nach einem hCG-Stimulus (= LH-Aktivität, hCG-Test) durchgeführt. Das Ergebnis ist bei Anarchie negativ, während bei Lageanomalien ein Testosteronanstieg nachweisbar ist In Kombination sind weitere Befunde zu beurteilen wie HOL-Cholesterin, Hämoglobin, Hämatokrit, PSA (!) und die Knochendichte.
Therapie Androgensubstitution Wenn keine Kontraindikation besteht, ist bei jeder Form des Hypogonadismus mit Testosteronmangel eine Testosteronsubstitution angebracht. Diese muss an die altersentsprechende Testosteronkonzentration angepasst werden. Verwendet werden Testosteron oder Steroide, die ebenfalls zu Östradiol aromatisiert bzw. zu DHT reduziert werden können. Nur dadurch ist eine möglichst physiologische Wirkung gewährleistet. Bei oraler Gabe wird Testosteron durch den First-Pass-Metabolismus vollständig abgebaut. Für die Substitution stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: t Oral: Testosteronundecanoat- durch Veresterung wird es nach der Resorption in Chylomikronen eingebaut und gelangt über die Lymphbahn in das Blut. Es umgeht so den First-Pass-Effekt. Nachteile sind schwankende
Resorptionsunterschiede und eine geringe Bioverfügbarkeit. t Intramuskulär: Testosteronenantat- eine 250-mg-lnjektion erfolgt alle 2-3 Wochen. Die Testosteronkonzentration im Blut unterliegt jedoch Schwankungen, die zu Stimmungswechsel gegen Ende des Applikationsintervalls führen können. Eine konstantere Konzentration soll durch Injektion von Testosteronundecanoat [Nebido®) erreicht werden, die nur alle 3 Monate nötig ist. Achtung: Bei Patienten mit Gerinnungshemmern sind intramuskuläre Injektionen kontraindiziert! t Testosteronimplantate (Pellets): Reines kristallines Testosteron wird in das subkutane Gewebe der Bauchhaut implantiert, von wo es kontinuierlich freigesetzt wird. t Transdermal (Testosteronpflaster): Die Applikation erfolgt als Skrotalpflaster oder als nichtgenitales Pflaster. Nachteil des Skrotalpflasters sind erhöhte DHT-Spiegel durch eine höhere Konzentration an Sn-Reduktase in der Skrotalhaut Transdermale Systeme sind teurer als Testosteronester und führen häufig zu Hautreizungen. jedoch kann beim Auftreten eines suspekten Befundes (z. B. Prostatahyperplasie) die Therapie jederzeit unterbrochen werden. Von Vorteil ist auch die Imitation des zirkadianen Testosterontagesrhythmus. t Testosterongel: Die Anwendung wird sehr gut vertragen. Das Gel wird rasch in die Kutis aufgenommen, von wo es verzögert und kontinuierlich abgegeben wird.
Männlicher Hypogonadismus II Therapie (Fort setzung) Zu Beginn der Behandlung mit Androgenen kann es zu Akne und Gewichtszunahme kommen. Innerhalb der nächsten Wochen sollte eine Besserung der Symptome eintreten, mit Steigerung des Wohlbefindens, der Libido und der Potenz. Aufgrund der Wirkung auf die Hämatopoese und die Prostata stellen eine Polyglobulie, eine Prostatahyperplasie oder ein Prostatakarzinom Kontraindikationen für die Testosteronsubstitution dar. Im weiteren Therapieverlauf sollten daher Hämoglobin, Hämatokrit, Lipoproteine und Leberfunktion (Transaminase, Bilirubin) kontrolliert werden. Ebenso ist eine regelmäßige Prostatauntersuchung indiziert. Eine Überdosierung zeigt sich auch durch Effekte auf das Herz-Kreis· Iauf-System (RR-Anstieg, Myokardhypertrophie und gestörte Kontraktilität).
Fe rti lit ätstherapie Besteht ein Kinderwunsch, so ist eine Testosteronsubstitution nicht ausreichend für eine funktionierende Spermatogenese. Bei einem primären Hypogonadismus kann nur durch aufwändige Verfahren, wie In-vitra-Fertilisation (IVF) oder testikuläre Spermienextraktion (TESE), eine Schwangerschaft eingeleitet werden. Bei den Formen des hypogonadotropen Hypogonadismus werden zur Fertilitätstherapie Gonadotropine oder GnRH verabreicht: t Die Therapie mit Gonadotropinen kann sowohl bei hypophysären als auch bei hypothalamisehen Störungen angewendet werden. - Bei Männern stimuliert eine anfängliche hCG-Substitution (humanes Choriongo· nadotropin mit LH·Aktivität aus dem Urin schwangerer Frauen) die Testosteronsynthese in den Leydig·Zwischenzellen. An· schließend wird durch hMG (gereinigtes humanes menopausales Gonadotropin mit FSH- und auch LH·Aktivität aus dem Urin postrnenopausaler Frauen) die Spermatogenese stimuliert. Im Mittel sind nach etwa vier Monaten erstmals Spermien nachweisbar. - Bei Frauen gestaltet sich die Fertilitätstherapie um einiges schwieriger. Zur Follikel· reifungwird hMG gegeben. Dabei sind jedoch engmaschige Untersuchungen der Follikelentwicklung und der Östradiolkonzentration notwendig. Zur Auslösung der Ovulation wird einmalig hCG in hoher Dosis verabreicht. Anstelle von hMG und hCG können auch teurere rekombinante humane Präparate (rhFSH und rhLH] an· gewendet werden, die eine vergleichbare Wirksamkeit besitzen. t Eine pulsatile Pumpentherapie mit GnRH (Gonadorelin) soll nur bei tertiären hypothalamisehe Störungen und bei intakter Hypophysenfunktion durchgeführt werden.
Dabei erfolgt eine pulsatile subkutane oder intravenöse Applikation in physiologischen Intervallen durch eine Minipumpe.
Au sgewä hlte Kra nkheitsbilder Hypothalamisehe Ursachen Idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus (IHH ) Der IHH kann sporadisch oder familiär auf· treten. Bei den vererbten Formen gibt es mehrere Vererbungsmodi (meist X-chromosomal: daher häufiger Jungen betroffen, seltener auto· somal-rezessiv oder -dominant) . Es kommt zu einer verminderten oder fehlenden GnRH· Sekretion, die zu Infertilität und einer vermin· derten Androgensynthese führt. Selten fällt der Hypogonadismus bereits bei der Geburt durch einen Mikropenis oder einen Maldescensus testis auf. Die Diagnose wird eher im Rahmen des ausbleibenden Pubertätsbeginns gestellt. Unbehandelt kommt es in der Folge zum Bild des Eunuchoidimus. t Eine besondere Form stellt das KalimannSyndrom (I Abb. 2) dar, bei dem es durch Mutation im Gen für das Anosmin neben einem Hypogonadismus auch zu einer Hyposmie oder Anosmie für aromatische Geruchsstoffe (Kaffee, Parfüm) kommt. Daneben können auch andere Anlagestörungen wie neurologische Störungen, Nierenfehlbildun· gen oder Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten auftreten.
~ Beim Pasqualini-Syndrom handelt es Sich wahrscheinlich nicht, wie früher angenommen, um einen isolierten LH·Mangel, sonder n um eine reduzierte GnRH-Sekretion. Diese führt zwar zu normalen FSH-Spiegeln, reicht jedoch nicht für eine normale LH-Sekretion aus. Trotz der geringen LH-Konzentration kann dennoch eine ausreichende intratestikuläre Testosteronmenge für die Spermatogenese erzeugt werden, während die systemische Testosteronkonzentration deutlich ernied rigt ist. Es kommt zu einem Hypogonadismus bei jedoch intakter Fertilität.
Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung (KEV) Es handelt sich dabei um eine häufige Entwicklungsvariante, die erst nach dem 14. Lebensjahr zu einem verzögerten Pubertätsbeginn (Pubertas tarda), jedoch später zu einer vollständigen körperlichen Reife und Fertilität führt. Die Aktivierung der hypothalamisehen GnRH-Pulsgenerators tritt dabei erst verzögert ein. Entscheidend ist die Unterscheidung zu anderen Ursachen eines Hypogonadismus v. a. zum lHH. Für eine KEV sprechen au~h eine positive Familienanamnese (bei Eltern oder Geschwistern) sowie eine reduzierte Körpergröße und ein vermindertes Knochenalter. Diagnostisch hilft der GnRH·Test weiter ' bei dem sich häufig ein LH-Anstieg zeigt. Dieser kann aber auch fehlen oder erst nach längerer pulsatiler Stimulation mit GnRH auftreten. Die Diagnose der KEV erfolgt nach
I
Abb. 2: Vo ll bild des Eunucheidismus bei einem Patienten mit Ka ll mann-Syndrom. Auffa llend sin d die fehlende Körperbehaaru ng, die horizo nta le Sc hamhaargrenze und die eunuchoidalen Körperproportio nen. [2)
Gonaden - Mann
Ausschluss anderer Ursachen. Eine Behandlung ist nicht unbedingt notwendig, da der Pubertätsbeginn spontan, wenn auch verzögert ein· setzt. Ansonsten kann auch ein Therapieversuch mit Testosteron über einen begrenzten Zeitraum unternommen werden, wodurch es häufig zu einer Aktivierung der pulsatilen GnRH·Sekretion kommt.
Funktioneller hypogonadotroper Hypogonadismus
Schwere Erkrankungen (z. B. chronische Nieren· oder Herzerkrankun· gen) , Untergewicht (Malabsorption, Anorexia nervosa) oder auch Übergewicht, Stress, Hyperkortisolismus, psychische Probleme sowie schwere körperliche Anstrengung können zu einer reversiblen funktio· nellen Störung der GnRH-Sekretion führen. Bei Männern kann es im Vergleich zu Frauen zu ähnlichen, aber weniger ausgeprägten Funkti· onsstörungen kommen.
Prader-Labhart-Willi-Syndrom Bei diesem seltenen Krankheitsbild kommt es durch eine gestörte GnRH·Sekretion zum sekundären Hypogonadismus. Des Weiteren besteht eine Kombination verschiedener Symptome: Adipositas, Klein· wuchs, mentale Retardierung, Muskelhypotonie.
Hypophysäre Ursachen t Hyperprolaktinämie (s. S. 38) t Hypopituitarismus (s.S. 42) Testikuläre Ursachen (hypergonadotroper Hypogonadismus)
Klinefelter-Syndrom Bei der Reifeteilung der Eizelle oder der Spermien kann es zur Überlagerung (Crossing-over) eines Chromosomenpaars kommen. Es erfolgen ein Austausch von genetischer Information zwischen den Chromosomen und eine anschließende Loslösung (Disjunction). Beim Klinefelter-Syndrom erfolgt eine Non-Disjunction der X-Chromosomen, die zu dem klassischen Karyotyp 47,XXY führt. Selten sind andere Varianten (48,XXXY; 48,XXYY). Mit einer Prävalenz von I :500 handelt es sich damit um die häufigste Form des männlichen Hypogonadismus. In der Kindheit treten meist nur diskrete Zeichen auf. Häufig kommt es auch in der Pubertät zu einer ausreichenden Virilisierung, weshalb die Diagnose oft erst später gestellt wird . Typische Zeichen
Pendelhoden (72 %)
Hoden pendelt zwischen skrotaler und inguinaler Lage (Normvariante, nicht behandlungsbedürftig)
Gleithoden ( 15 %)
Hoden im unteren Bereich des Leistenkanals gelegen, in das Skrotum luxierbar, gleiten aber spontan zurück (behandlungsbedürftig)
Leistenhoden (10%)
Hoden im Inguinalbereich tastbar, nicht in das Skrotum luxierbar
Bauchhoden (< 3 %)
Hoden nicht tastbar, oberhalb des inneren Inguinalringes gelegen
Hodenektopie
Hoden liegt außerhalb des normalen Deszensusweges (z. B. femoral , perineal)
(selten)
I
Tab. 3: Lageanomalie n der Hoden.
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sind ein Ausbleiben des Hodenwachstums (Volumen< 4 ml), ein überdurchschnittliches Größenwachstum und eine Gynäkomastie, die in über der Hälfte auftritt. Oie Gesichts- und Achselbehaarung sind reduziert. Nicht immer kommt es zu einer verminderten Intelligenz und Lernschwäche. Wenn keine Testosteronsubstitution erfolgt, treten bei Erwachsenen weitere Zeichen des Hypogonadismus auf. Beim Klinefelter-Syndrom ist außerdem das Risiko für Brustkrebs und extragona· dale Keimzelltumoren erhöht.
Erworbene Hodenschädigung Eine Schädigung des Hodengewebes mit folgender Infertilität kann durch Infektionen, Traumata, Bestrahlung oder Chemotherapie entstehen. Infektiöse Ursachen sind häufig das Mumpsvirus oder HN, aber auch ECHO-Viren, Arboviren u. a. Bei Erwachsenen tritt eine Mumpsorchitis gewöhnlich nach Manifestation der Parotitis auf und führt zu einer schmerzhaften Schwellung der Hoden mit Fieber. In der Kindheit kommt eine Hodenbeteiligung im Rahmen einer Mumpsinfektion hingegen praktisch nie vor. Wichtig ist die Unterscheidung von der ebenfalls schmerzhaften Hodentorsion. Bei Lageanomalien (I Tab. 3) ist die erhöhte Temperatur die Ursache einer irreversiblen Schädigung des Keimepithels (Spermatogenese), während die endokrine Funktion meist intakt ist. Die Schädigung nimmt mit der Zeit progredient zu.
Androgenresistenz t Androgeninsensitivität (früher: testikuläre Feminisierung): kompletter Funktionsverlust des Androgenrezeptors (s. "Amenorrhö",
s. 98)
t Weitere seltene Formen sind das Reifenstein-Syndrom (I Abb. I) mit einer partiellen Androgenresistenz und der Su-Reduktase-Mangel, der durch verminderte Umwandlung zu DHT mit einer gestörten Differenzierung der äußeren Genitalien einhergeht.
Andrepause Im Alter nimmt der Testosteronspiegel physiologischerweise ab. Eine Substitution ist jedoch nur bei einem nachgewiesenen Mangel indiziert. Da Testosteron die Progression eines Prostatakarzinoms sowie kardiavaskuläre Erkrankungen verursachen kann, ist besonders bei älteren Patienten auf entsprechende Veränderungen zu achten.
Zusammenfassung X Hypogonadismus: Unterfunktion der endokrinen oder exokrinen Hodenfunktion X Eunuchoidismus: Längenwachstum, weiblicher Behaarungstyp, unterentwickelte Muskulatur, hohe Stimme X Klinik bei Erwachsenen: Potenzmangel, Libidoverlust, Leistungsschwäche, Müdigkeit, verminderte Behaarung und Muskelmasse, Anämie, Gynäkomastie! X Diagnostik: Testosteronbestimmung, Gonadotroplobestimmung zur Differenzierung zwischen hypo- und hypergonadotroper Form X Therapie: Für die Testosteronsubstitution stehen zahlreiche Applikationsmöglichkeiten zur Verfügung.
Entwicklung und Physiologie der Ovarien Entwicklung Ab der 7. Schwangerschaftswoche entstehen die Ovarien aus den zunächst indifferenten Gonaden (s. a. S. 88 ). Die Urkeimzellen wandern aus dem Dottersack in die Gonaden ein und beginnen , sich mitotisch zu teilen. Es ist jedoch nicht endgültig geklärt, ob allein das Fehlen weiterer Stimuli (SRY·Protein) oder doch "ovardeterminierende Gene" für die Entwicklung des Ovars verantwortlich sind. In der Folge bilden sich konstitutiv, also ohne weiteren Stimulus, aus dem Müller-Gang die Tuben, der Uterus und der obere Abschnitt der Vagina, während sich der Wolff-Gang durch die fehlende Testosteronwirkung zurückbildet. Durch Teilung erreichen die Eizellen zwischen dem 5. und 6. Monat ein Maximum von etwa sieben Millionen. Bis zur Menarche nimmt die Zahl auf etwa 400.000 ab und liegt zum Zeitpunkt der Menopause bei nur noch wenigen Eizellen. Pubertät Wie beim männlichen wird auch beim weiblichen Geschlecht die Pubertätsentwicklu ng durch eine zunehmende pulsatile Sekretion von GnRH eingeleitet. Es kommt zur Entwicklung der sekundären Ge· schlechtsmerkmale (I Tab. I) und schließlich zur ersten Menstruationsblutung (Menarche). In den ersten Jahren nach der Menarche kann es noch zu unregelmäßigen Zyklen kommen, und teilweise kann die Ovulation ausbleiben. Die Entwicklung der Scham· und Achselbehaarung wird dabei durch die adrenale Androgensekretion vermit· telt. Ein Wachstumsschub erfolgt mit etwa 12 Jahren.
reitende Follikel
I
Abb . 1: Regulation de rOvarialfun ktion . [ 10)
Ovar Die Aufgabe des Ovars besteht in der Oogenese , also der Entwicklung von reifen Eizellen, und der Synthese von Steroidhormonen (v. a. Östrogene und Gestagene, I Abb. I). Im Gegensatz zu den Hoden sind diese beiden Funktionen eng miteinander verbunden. Die funktionelle Einheit des Ovars ist der Follikel, der aus einer Eizelle, den umgebenden Gran ulosazellen und einer Basalmembran besteht. Die Enzyme der Steroidsynthese werden in unterschiedlicher Menge in den Zellen exprimiert. So synthetisieren luteinisierte Zellen über· wiegend Progesteron. Die Synthese von Östradiol erfolgt über die Androgenbildung als Zwischenschritt (s. I Abb. I, S. 74). Nach der "Zwei-Zell-Theo rie" werden Androstendion und Testosteron vorwiegend in den Theka- und Stromazellen gebildet und schließlich in den Granulosazellen zu Östrogenen aromatisiert. Die Aromatisie· rung wird dabei vorwiegend durch FSH gefördert, während LH eher die Synthese der Androgenvorstufen stimuliert. Dies ist bei der Pathogenese des PCOS (s. S. I 00) von Bedeutung. Granulosazellen bilden auch Inhibin, das wie beim Mann zu einer selektiven Hemmung der FSH-Sekretion führt.
Zyklus Im Gegensatz zum Mann folgen die Sexualhormonkonzentrationen bei der Frau einem Zyklus von durchschnittlich 28 ± 3 Tagen (I Abb. 2). Dies dient dem Zweck, einmal pro Monat eine befruch· tungsfähige Eizelle heranreifen zu lassen und die weiblichen Geschlechtsorgane auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten. Man unterscheidet dabei Follikel- und Lutealphase.
Follikelphase (Proliferationsphase)
Der Zyklus beginnt definitionsgemäß mit dem ersten Tag der Menstrua· tionsblutung. Dabei kommt es unter dem Einfluss von FSH zur Heran·
Thelarche Pubarche
,,
Adrenarche Menarche
reifung einer Kohorte von Follikeln, die in den Granulosazellen Östrogene zu produzieren beginnen. Östrogene erhöhen die Dichte der FSH·Re~~ptoren im Follikel und da-
mit die Sensitivität für FSH. Die steigende Ostrogen· und lnhibinkonzentration hemmen zunehmend die hypophysäre FSH-Freisetzung, so dass nur der Follikel mit dem größten Ostrogengehalt weiter stimuliert wird und zwischen dem 6. und 8. Zyklustag zum dominanten Follikel wird (Selektion). In den anderen Follikeln werden durch den fehlen den FSH·Stimulus vermehrt Androgene angestaut, die zur Foll ikelatresie führen. Am Uterus kommt es unter dem Einfluss der Östrogene zu einer Proliferation des Endometriums. ln der mittleren Follikelphase wird die Gonadotropinsekretion durch Östrogene gehemmt (negative Rückkopplung). Im Gegensatz dazu fü hrt gegen Ende der ersten Zyklushälfte die ansteigende Östrogenkonzentration zu einer Sensibilisierung von Hypothalamus und Hypophyse mit einer vermehrten pulsatilen GnRH·Sekretion und einem mittzyk.lischen LH·Anstieg (positive Rückkopplung!). Durch diesen LH·Peak kommt es zur endgültigen Ausreifung des Follikels und am 14. Tag zur Ovulation.
Lutealphase (sekretorische Phase, Gelbkörperphase) Die verbleibenden Follikelzellen bilden den Gelbkörper [Corpus tuteum), in dem nun zunehmend Progesteron gebildet wird. Progesteron bewirkt am Endometrium eine sekretorische Umwandlung, die zur Einnistung der befruc hteten Eizelle notwendig ist. keine Befruchtung erfolgt, kommt es nach etwa 14 Tagen zur Atrophie des Gelbkörpers (Luteolyse) und zur Umwandlung in eine fibröse Narbe (Corpus albicans). Der Abfall der Progesteronkon ~ Wenn
Entwicklung der Brustknospe Entwick lung der Schambehaarung Entwick lung der Achselbehaarung Erste Menstruationsblutu ng
I Tab. 1: Begriffe der weiblichen Pubertätse ntwicklung.
Gonaden - Frau
L
~~ I ------------------------------------------~~~~~
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der Effekte ist wichtig in Hinsicht auf die Beurteilung, ob eine ausreichende Östrogenwirkung gegeben ist. Da Östrogene zu einer Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale führen, ist bei normal ausgeprägten Geschlechtsmerkmalen eine ausreichende frühere Östrogenbildung wahrscheinlich. Weitere Effekte sind eine Verdickung der Vaginalschleimhaut und eine Proliferation des Endometriums. Östrogene bewirken eine vermehrte Sekretion eines klaren, spinnbaren Zervixschleims , durch den die Aszension der Spermien gefördert wird. Daneben erhöhen Östrogene auch die Gerinnungsfähigkeit, hemmen den Knochenabbau, beeinflussen den Lipidstoffwechsel und führen sowohl an der Niere als auch lokal zu einer vermehrten Natrium- und Wasserretention. Östrogene ind uzieren des Weiteren die Expression von Progesteronrezeptoren und sind somit für eine ausreichende Progesteronwirkung notwendig.
I
--'
Die Östrogenkonzentration folgt einem monatlichen Zyklus. Daher soll die Interpretation einer Hormonbestimmung nur in Kombination mit dem Zyklustag erfolgen!
23
Ovarium
Endometrium
281
5 7
14
Follikel
Ovulation
21
5
28 1 Gelbkörper
0 © ©~~0 8 0 0 © 1
~~~ +
23
28 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 (Tage)
Progesteron Progesteron hat eine schwangerschaftsfördernde und -erhaltende (also eine .,progestagene" ) Wirkung. Die meisten Effekte erfolgen auf den Uterus, wo es die Östrogene Endometriumproliferation antagonisiert und zu einer sekretorischen Umwandlung des Endometriums in der Zyklusmitte führt. Daneben erhöht es die Körpertemperatur, mit einem Anstieg um ca. 0,5 oc in der Lutealphase. Der physiologische Progesteronabfall zum Zyklusende wird für depressive Verstimmungen verantwortlich gemacht (prämenstruelles Syndrom). ist aber wichtig, weil dadurch auch die Desquamation der Endometriumschleimhaut eingeleitet wird. Progesteron hat auch eine diuretische Wirkung. Bei einem Progesteronmangel ist daher die Neigung zu Ödemen und Gewichtszunahme erhöht.
Ovulation
I Abb. 2: Verände rungen der Hormo nk onzen trati onen und des Endometri ums während des Zyklus. [ 1]
zentraüon führt zur Desquamation (Ablösung) des Endometriums und zum Beginn der Menstruationsblutung. • Bei einer Befruchtung der Eizelle nistet sich diese in das sekreto· risch umgewandelte Endometrium ein. Die Plazenta beginn t dann, hCG zu bilden, das in das Blut abgegeben und über den Urin ausgeschieden wird. Durch hCG wird die Atrophie des Gelbkörpers verhindert, bis in der 8. - I 0. Woche die Plazenta die Progesteronsynthese übernimmt, um die Schwangerschaft aufrechtzuerhalten. Schwangerschaftstestsfunktionieren auf dem Prinzip der Bestimmung von hCG im Urin oder Serum, das bereits 8 - I 0 Tage nach der Ovulation nachweisbar ist.
Androgene Bei der Frau stammen Androgene vorwiegend aus der NNR. Das wichtigste ovarielle Androgen ist Androstendion, das teilweise als Zwischenstufe für die Östrogensynthese entsteht oder direkt sezerniert wird. Die Synthese erfolgt vorwiegend in den Stroma- und Thekazeilen. Eine erhöhte Androgensynthese kann zu Virilisierung und Hirsutismus führen.
Zusammenfassung X Ohne weiteren Stimuh:1s entstehen Tuben, Uterus und
Voraussetzung für die Funktionalität der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse ist die pulsatile GnRH-Sekretion!
der obere Abschnitt der Vagina aus dem Müller-Gang. X Im Ovar erfolgen die Stereidsynthese und die Heran-
Östrogene Östradiol ist das wichtigste Östrogen. Daneben gibt es auch schwächer wirksame Östrogene wie Östron oder Östriol. Das Verständnis
reifung der Eizellen, die miteinander gekoppelt sind. • Östrogen: sekundäre Geschlechtsmerkmale, osteoprotektiv, Natrium- und Wasserretention • Progesteron: hemmt Endometriumproliferation, sekretorische Endometriumumwandlung, erhöht Körpertemperatur, psychotrope Wirkung
Amenorrhö I Unter einer Amenorrhö versteht man ein Ausbleiben der Menstruationsblutung. Man unterscheidet eine primäre von einer sekundären Form. II Primäre Amenorrhö: Ausbleiben der ersten Regelblutung bis zum 16. Lebensjahr II Sekundäre Amenorrhö: Ausbleiben der letzten Regelblutung über mehr als drei Monate nachdem schon einmal ein regelmäßiger Men· struationszyklus stattgefunden hat II Oligomenorrhö: seltene Menstruationsblutung mit Abständen von mehr als 35 Tagen
Ätiologie Die selteneren angeborenen Ursachen führen zu einer primären Amenorrhö. Bei den meisten Formen kann es sowohl zu einer primären als auch einer sekundären Amenorrhö kommen. Die Amenorrhö ist keine Krankheit, sondern ein Symptom, das Ausdruck funktioneller Störungen oder organischer Erkrankungen sein kann. Auch wenn kein Kinderwunsch besteht und keine Beschwerden vorliegen, sollte eine Abklärung erfolgen. Bei einer länger bestehenden Amenorrhö mit verminderter Östrogenproduktion kann es sonst zu Komplikationen wie Osteoporose kommen. Die Einteilung erfolgt hier nach funktionellen Gesichtspunkten bzw. Ursachen (I Tab. I). Physiologisch Zu einer physiologischen Amenorrhö kommt es im Rahmen der Schwangerschaft. Bei jeder sekundären Amenorrhö ist daher zu Beginn eine Schwangerschaft auszuschließen! Ferner tritt eine physiologische Amenorrhö durch die Prolaktinwirkung während der Stillzeit auf (Laktationsamenorrhö). Auch nach der Menopause kommt es zur Amenorrhö. Definitionsgemäß ist die Menopause die letzte ovariell gesteuerte Regelblutung (s. S. I02 ). Normegonadotrope Zyklusstörung Zyklusstörungen bei somatisch gesunden Patientinnen sind häufig und treten typischerweise zwischen dem 16. und 22. Lebensjahr auf. Diese Phase wird von einer Persönlichkeitsfindung, Konflikten mit den El· tern, ersten Partnerkontakten und besonderen Belastungen in der
Schule oder im Beruf bestimmt. Bei der Labordiagnostik ist Östradiol niedrignormal oder teilweise erniedrigt. Nach Ausschluss anderer Ursachen sollten die Patientinnen aufgeklärt und beruhigt werden. Bei längerem Bestehen ist eine ausreichend hohe zyklische ÖstrogenGestagen-Substitution zur Zyklussteuerung und Osteoporoseprävention sinnvoll. Hypothalamisehe und hypophysäre Ursachen
Funktionelle hypothalamisehe Störungen Die pulsatile GnRH-Sekretion reagiert bei Frauen besonders empfindlich auf Störungen. Eine der häufigsten Ursachen der Amenorrhö ist die Hyperprolaktinämie. Sie wird auf Seite 38 f. behandelt. Weitere Faktoren, die zu einer funktionellen Störung führen können, sind chronischer Stress, Leistungssport oder schwere Erkrankungen (Niereninsuffizienz, Malignome).
Gewichtsveränderungen Sehr oft kommt es durch Untergewicht zu funktionellen hypothalamisehen Störungen. Eine Amenorrhö entwickelt sich dann während oder nach einer Diät, wobei der direkte Zusammenhang mit den Zyklusstörungen von den Patientinnen meist nicht wahrgenommen wird. Aber auch starkes Übergewicht kann zu Zyklusstörungen führen. Nicht selten sind Malassimilationssyndrome (z. B. Zöliakie) die Ursache einer Amenorrhö. Häufig liegen einer Amenorrhö Essstörungen wie die Anorexia nervosa zugrunde. Betroffen sind überwiegend Frauen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Sowohl bei der Anorexie als auch bei der Bulimie sind bei der Entstehung soziokulturelle und genetische Faktoren von Bedeutung. Zwischen diesen beiden Erkrankungen gibt es auch Übergangsformen [z. B. Anorexie mit Essattacken). Die Unterscheidung richtet sich nach dem Körpergewicht: Bei der Anorexie liegt ein Untergewicht vor, während Patientinnen mit Bulimie norm· oder gering übergewichtig sind. Das Körpergewicht steht in Zusammenhang mit funktionellen Störungen, weshalb es eher bei der Anorexie zu Amenorrhö kommt. Zur Beurteilung des Körpergewichts hilft der Body·Mass-lndex (BMI): BMI • Körpergewicht [kg)
I (Größe [m]) 2
Physiologisch: Schwangerschaft, Slillzeit, Menopause Normegonadotrope Zyklusstörungen Hypothalamisehe und hypophysäre Ursachen (hypogonadotroper Hypogonadismus) • Hyperprolaktinämie (!) • Untergewicht (!): Gewichtsverlust, Essstörungen (z. B. Anorexia nervosa), Malassimilation (z. B. Zöliakie) • Andere funktionelle Störungen (Leistungssport, Stress, Drogen etc.) • Hypopituitarismus • Konstitutionelle Entwicklungsverzögerung (KEV) • Seltene angeborene Formen (Prader-Labhart-Willi-Syndrom) Ovarielle Ursachen (hypergonadotroper Hypogonadismus) • Genetisch: Ullrich-Turner-Syndrom, Gonadendysgenesie
t Exogen: Climacterium praecox Hyperandrogenämie • Ovarielle Stereidsynthese (z. B. PCOS) • Adrenale Steroidsynthese (z. B. AGS, Cushing-Syndrom) Anatomische Fehlbildungen • Angeboren: Hymenalatresie, Androgeninsensitivität (testikuläre Feminisierung), Mayer-Rokitansky-Küster-Syndrom • Erworben: Entzündungen, Operationen
I Tab.
1: Ursachen der Amenorrhö.
Gonaden - Frau
96 197
I Tab. 2: Anorexie und Bulimie.
Anorexie
Bulimie
ca. 15-30 Lj.; 90- 95% weiblich; 0,5-1% der Frauen Ätiologie: soziokulturelle Faktoren und genetische Prädisposition Weigerung das Körpergewicht auf einem alters-
Episoden von Essattacken mit umschriebener
ents prechenden Niveau zu halten
Zeitspanne und Kontrollverlust
gestörte Wahrn ehmung des eigenen Körpergewichts
oder der Körperform Verleugnung der ernsthaften gesundheitlichen
wiederholtes unangemessenes Kompensation s-
Gefährdung
verhalten: Erbrechen, Diuretika, u. a.
• Anorexia nervosa (AN): Die Anorexia nervosa ist dadurch charakterisiert, dass sich die Betroffenen weigern, ihr Gewicht auf einem altersentsprechenden Niveau zu halten. Es bestehen eine Angst vor Gewichtszunahme sowie eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpergewichts und der Körperform. Das Untergewicht wird oft verheimlicht und die gesundheitliche Gefährdung verleugnet. Beim Ansprechen möglicher Probleme und Ursachen wird eine Abwehrhaltung eingenommen. Typischerweise kommt es kaum zu körperlichen Beschwerden, jedoch sind zahlreiche endokrine Funktionen betroffen: Es tritt eine hypothalamisehe Amenorrhö auf. Ferner kann es zu einer Kortisolerhöhung, Änderungen der Schilddrüsenfunktionsparameter wie bei einem Low-T3-Syndrom und zu einer GH-Erhöhung bei jedoch erniedrigtem IGF- I kommen. Wichtig ist ein kontrollierter, langsamer Nahrungsaufbau in Kombination mit einer psychotherapeutischen Behandlung. • Im Gegensatz dazu bestehen bei der Bulimia nervosa ein gestörtes Hunger- und SättigungsgefühL Diese führen zu wiederkehrenden Essattacken, wobei innerhalb kurzer Zeit große Mengen an Nahrungsmitteln verschlungen werden. Eine Gewichtszunahme wird jedoch durch kompensatorisches Verhalten wie selbst induziertes Erbrechen verhindert. In Verbindung mit einem Diuretika- oder Laxanzienabusus kann es dabei zu schweren Flüssigkeits- und Elektrolytstörungen oder
gastrointestinalen Störungen (Zahnschmelzdefekte, Refluxösophagitis, Diarrhö) kommen. Die kausale Therapie bei einer Amenorrhö durch Untergewicht besteht in einer Gewichtszunahme.
Sonstige Ursachen auf der hypothalamisch-hypophysären Achse Möglich weitere Ursachen sind ein Hypopituitarismus (s. S. 42 f.), Hypophysentumoren oder seltenere angeborene Formen:
t Primärer (idiopathischer) hypo· gonadotroper Hypogonadismus: tritt etwa fünfmal häufiger beiJungen als bei Mädchen auf. Für Näheres s. S. 92. t KonstitutioneUe Entwicklungsverzögerung (KEV): Die KEV wird auf Seite 92 erklärt. Bei Mädchen spricht man von einer KEV, wenn bis zum 13. Lebensjahr noch keine Brustentwicklung iThelarche) eingesetzt hat. Ein spontaner Pubertätsbeginn kann evtl. durch Östrogene induziert werden. Ovarielle Ursachen
Ein hypergonadotroper Hypogonadismus ist durch ovarielle Störungen bedingt, die zu einer reaktiven Erhöhung der Gonadotropine führen. FSH kann extrem erhöht sein, wäh· rend die LH-Bestimmung von untergeordneter Bedeutung ist.
Prämature Ovarialinsuffizienz Die vorzeitige Ovarialinsuffizienz (vor dem 40. Lebensjahr} kann idiopathisch auftreten oder durch eine Autoimmunerkrankung bedingt sein. Sie tritt dann evtl. in Kombination mit weiteren Störungen auf (s. S. l 07). Iatrogene Ursachen sind Ovariektomie, Chemotherapie und Bestrahlung. Es kommt typischerweise zu einer Amenorrhö und klimakterischen Östrogenmangelsymptomen (Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen). Als Laborbefund zeigt sich eine starke FSH·Erhöhung bei niedrigem Östradiol. Die Störung sollte symptomatisch behandelt werden. Dazu erfolgt eine Östrogen-GestagenSubstitution bis zum Zeitpunkt der eigentlichen Menopause (etwa 50. Lj.). Eine seltene Sonderform stellt das ResistantOvary-Syndrom dar, bei dem eine FSH-Resistenz zu einem Reifungsarrest der Follikel führt. Besteht ein Kinderwunsch, kann ein Therapieversuch mit hochdosierten Gonadotropinen durchgeführt werden.
Amenorrhö II werden. Außerdem ist aufgrund einer relaOvarielle Ursachen (Fortsetzung) tiven GH-Resistenz eine höhere Dosis notUllrich-Turner-Syndrom wendig. Das Ullrich-Turner-Syndrom ist eine der hä ufigsten Chromosomenaberrationen mi t dem Reine Gonadendysgenesie klassischen 45,XO-Karyotyp oder ähnlichen Es besteht ein normaler 46,XX-Karyotyp. Ein Mosaikformen (z. B. 45,X0/46,XX). Die lnzidenz der Monosomie 45,XO bei Neugebo- genetisch bedingter Follikelverlust führt schon beim Embryo zur Bildung von bindegewerenen beträgt I :5.000-8.000, wobei mehr bigen "Stranggonaden". Im Gegensatz zum als 90% bereits im Verlauf der SchwangerTurner-Syndrom fehlen jedoch der Kleinschaft sterben. wuchs und andere Fehlbildungen. Die PatienKlinik und Diagnostik: Das Syndrom ist charakterisiert durch eine Gonadendysgenesie ten sind normal- oder großwüchsig. Es kommt zu einem hypergonadotropen Hypogonadisaufgrund einer beschleunigten Follikelatresie, Kleinwuchs (< I SO cm) und eine fe hlende, ver- mus mi t fehlender Pubertätsentwicklung. zögerte oder inkomplette PubertätsentwickDiabetes mellitus lung. Äußere Genitalien und Vagina sind norßesonders bei schlechter Stoffwechseleinstelmal angelegt, während Tuben und Uterus lung kann es zu ovariellen Störungen und hypoplastisch sind. Weitere charakteristische Amenorrhö kommen. Fehlbildungen sind in unterschiedlicher Ausprägung vorhanden und v. a. bei MosaikforHyperandrogenämie men geringer ausgeprägt. Nach der Geburt Eine erhöhte ovarielle Androgensynthese fallen Lymphödeme (I Abb. I), ein tiefer Nackenhaaransatz (mit inversem Haarstrich), kur- findet man beim PCOS (s. S. 100 f. ) oder bei zer Nacken (I Abb. 2) und Herzfehlbildungen ovariellen Tumoren. Eine Hyperandrogenämie kann aber auch auf einer vermehrten Bildung (z . B. Aortenklappenfehler, Aortenisthmusstenose) auf. Es kann außerdem zu Nageldyspla- von Androgenen in der NNR beruhen, wie beim Cushing-Syndrom, dem AGS oder bei sien, Pigmentnävi, Skelettdeformitäten, Nieandrogenbildenden NNR-Tumoren. Von renfehlbildungen, Insulinresistenz und Osteo· porose kommen. Seltener, aber auffälliger sind besonderer Bedeutung bei der Diagnosti k der Amenorrhö sind nichtklassische Formen des Zeichen wie ein Pterygium colli (Nackenfalten) und Cubitus valgus. Die Follikelatresie AGS mit einer Manifes tation im Erwachsenenalter (Late-Onset-AGS, s. S. 82 f.). führt bis zur Pubertät zu einer Ovarialinsuffiin r Nu zienz mit einer primären Amenorrhö. sehr seltenen Fällen kommt es zur Menarche, Fehlbildungen und weitere endokrine Ursachen wobei die fortschreitende Atresie zu einer Fehlbildungen können den Uterus, die Tuben, sekundären Amenorrhö führt. Die Diagnose die Zervix oder Vagina betreffen. Angeborene des Turner-Syndroms erfolgt durch ein KaryoUrsachen, die zu einer primären Amenorrhö gramm(s.S.ll) . Therapie: Im Vordergrund steht die Behand- führen sind: lung der Ovarialinsuffizienz und des Klein~ Androgeninsensitivität (früher: testikuwuchses. Dazu werden sequentielle Östraläre Feminisierung): Durch einen Defekt des diol-Progesteron·Präparate verwendet. Das Androgenrezeptors kommt es zu charakterisWachstum kan n bei Kindern durch rekombitischen Veränderungen der genetisch männ· stimuliert Ausmaß nantes GH nur in geringem
I
Iichen Patienten (46,XY). Die Hoden sind nicht deszendiert und liegen im Inguinalkanal oder intraabdominal. Sie sind funktionell und produzieren Anti·Müller-Hormon und Testosteron, das jedoch keine Wirkung entfaltet. Die körperliche Erscheinung und das äußere Genitale sind daher weiblich. Durch AntiMüller-Hormon kommt es jedoch zum Fehlen des Uterus, so dass die Vagina häufig blind endet. Kennzeichnend sind eine feh lende Achsel- und Schambehaaru ng ("hairless warnen") und eme ausgepragte Brustentwicklung. ~ Mayer-Rokitansky-Küster-Syndrom: Durch eine Fehlbildung oder Agenesie der Müller-Gänge fehlen Uterus und Vagina oder sind nur rudimentär erhalten. Es liegen jedoch eine normale Ovarialfunktion mit zyklischen Ovulationen und weibliche sekundäre Geschlechtsmerkmale vor. Die Unterscheidung zur Androgeninsensitivität erfolgt durch ein unauffälliges Karyogramm (46,XX), den Nachweis eines biphasischen Temperaturverlaufs !indirektes Zeichen der Ovulation) und eines Progesteronanstiegs in der 2. Zyklushälfte. t HymenaJatresie: Ein Ausbleiben der Hymenperforation führt zur Retention von Menstrualblut Dies resultiert in zyklischen krampfartigen Schmerzen bei Ausbleiben der Menstruation. • Erworbene Formen sind meist die Folge von Entzündungen (Adnexitis, Appendizitis) Infektionen (z. B. Chlamydia trachomatis) ' oder Operationen. • Asherman-Syndrom: Damit bezeichnet man eine uterine Funktionsstörung durch komplette Zerstörung der Endometriumschleimhaut, z. B. im Rahmen einer Kürettage. Es finden sich Narben und Verwachsungen. ~ Weitere häufige endokrine Ursachen der Amenorrhö sind das Cushing-Syndrom, Schilddrüsenfunktionsstör ungen und der Diabetes mellitus.
Abb. 1: Fu ßrüc ke nödem beim Neugeborenen.
[201 I Abb. 2: Pat ie ntin mit Ull rich-Turner-Syndrom. Auffällig sind der kurze Hals und die X-Stellung der Ellbogen (Cubitus va lgus). [61
Gonaden - Frau
98 199 Klinik Im Gegensatz zum männlichen Geschlecht hat ein Hypogonadismus bei Frauen keinen Einfluss auf die sexuelle Differenzierung in der Fetalzeit (s. S. 94 ). Erst in der Pubertät führen die weiblichen Sexualhormone zur Ausreifung von Uterus und Brüsten. Bei einer Amenorrhö ist im Rahmen der körperlichen Untersuchung besonders auf Auswirkungen von Hormonstörungen zu achten.
t Bei einem Östrogenmangel kommt es zu einem Ausbleiben der Pubertätsentwicklung. Es fehlt die Brustentwicklung, während durch die adrenalen Androgene eine spärliche Pubes- und Achselbehaarung auftreten. Ebenso bleiben der Wachstumsschub und die Menarche aus. Bei einer späteren Manifestation kann es zu Östrogenmangelsymptomen wie im Klimakterium kommen (s. S. 102). Die häufigsten Zeichen sind Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Schlafstörungen. Daneben treten Stimmungsschwankungen und eine verminderte vaginale Sekretion auf. Ein länger bestehender Östrogenmangel kann zu Gelenkbeschwerden, trockener Haut und einem erhöhten Osteoporoserisiko führen. II Ein Androgenüberschuss manifestiert sich hingegen durch Hirsutismus, andregenetische Alopezie [Haarausfall), Akne und Virilisierungserscheinungen [s. a. S. 82).
Diagnostik Vor der körperlichen Untersuchung erfolgt eine ausführliche Anamnese mit der Erhebung von genetischen Störungen in der Familie. Ferner ist nach Medikamenten (v.a. Hormonpräparate), Gewichtsabnahme, übermäßigem Stress, psychischen Belastungen oder extremer sportlicher Aktivität zu fragen. Diese Faktoren können zu einer hypothalamisehen Störung der GnRH-Sekretion und zu einem hypogonadotropen Hypogonadismus führen.
Besondere Aufmerksamkeit Ist auf Größe, Gewicht, Körperbehaarung, Brustentwicklung, Fettverteilung und Virilisierungserscheinungen zu richten.
Je nach Anamnese, gynäkologischer und allgemeiner körperlicher Untersuchung sollte die Diagnostik individuell angepasst werden. Am Anfang der Abklärung einer sekundären Amenorrhö steht der Ausschluss einer Schwangerschaft durch eine f3-hCG-Bestimmung im Serum oder Urin!
Zu Beginn werden eine Sonographie des inneren Genitales und der Nebennieren sowie ein Schwangerschaftstest durchgeführt. Eine Hyperprolaktinämie sollte durch Bestimmung des Serumprolaktins ausgeschlossen werden. Die weitere Diagnostik sollte eine Bestimmung von FSH, LH, TSH, Östradiol, Progesteron, Testosteron, Androstendion, 17-Hydroxyprogesteron, DHEAS sowie Kortisol und SHBG umfassen. Durch eine Basaltemperaturmessung kann indirekt bestimmt werden, ob eine Ovulation stattgefunden hat Dabei findet man normalerweise einen Anstieg um 0,2-0,6 oc in der zweiten Zyklushälfte, während anovulatorische Zyklen monophasisch verlaufen. Zum Nachweis einer ausreichenden Östrogenproduktion und eines funktionellen Endometriums dient der Gestagentest. Eine Gestagengabe über 10 Tage führt dabei zur sekretorischen Umwandlung des Endometriums, sofern es durch eine vorherige eigene Östrogensekretion zur Endometriumproliferation gekommen ist Der Test wird als positiv bewertet, wenn nach Absetzen innerhalb von einer Woche eine Entzugsblutung eintritt. Zur weiteren Abklärung zwischen ovariellen und hypothalamisch-hypophysären Ursachen wird die Gonadotropinkonzentration [LH, FSH) herangezogen. Im Fall einer ovariellen Störung kommt es zu einer reaktiven Gonadotropinerhöhung, während hypothalamisch-hypophysäre Ursachen zu einem Abfall führen. Bei einem negativen Cestagentest [und normalen oder erniedrigten Gonadotropinen) kann der Östrogen-Gestagen-Test hilfreich sein. Über 20 Tage wird ein Östrogenpräparat [z. B. Ethinylöstradiol) und vom II.- 20. Tag ein Cestagen verabreicht Bei Einsetzen der Blutung innerhalb von einer Woche liegt ein funktionsfahiges Endometrium vor. Die Ursache ist dann wahrscheinlich eine hypothalamisehe Störung. Bei einem negativen Ergebnis ist hingegen von einer uterinen Fehlbildung auszugehen.
Zusammenfassung X Primäre Amenorrhö: Ausbleiben der Regel bis zum 16. Lj., sekundäre Amenorrhö: Ausbleiben über mehr als 3 Monate nach regelmäßiger Menstruation X Physiologische Ursachen: Schwangerschaft, Stillzeit, P<:>stmenopause X Hypothalamisch-hypophysäre Ursachen: funktionelle Störungen (Untergewicht, Stress, Leistungssport, schwere Erkrankungen), Hypopituitarismus X Ovarielle Ursachen: Climacterium praecox, UllrichTurner-8yndrom (45XO) X Hyperandrogenämie: PCOS, AGS, Cushing-Syndrom X Fehlbildungen: Androgeninsensitivität, Mayer-Rokitansky-Küster-8yndrom • Weitere wichtige Ursachen: Cushing-syndrom, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Diabetes mellitus
Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS} Das polyzystische Ovar-Synd rom ist gekennzeichnet durch eine Kombination aus Hyperandrogenämie und Oligo- bzw. Anovulation, häufig [aber nicht zwingend !) verbunden mit polyzystischen Ovarien. Die Ursache ist unbekannt. Es handelt sich um eine polygenetische Erkrankung mit familiärer Prädisposition und einer Assoziation mit dem metabolischen Syndrom. Die Patientinnen sind häufig ad ipös und entwickeln eine periphere Insuiinresistenz.
Pathogenese Bei vielen Patientinnen scheinen die möglichen pathogenetischen Mechanismen der Insulinresistenz und der Hyperinsulinämie von Bedeutung zu sein [I Abb. I ). Insulin steigert die Androgensynthese im Ovar. Daneben ist auch bei etwa 30% die ad renale Androgensynthese [v. a. DHEAS) erhöht. Die Hyperandrogenämie führt in Kombination mit einer Adipositas zur vermehrten und kontinuierlichen [azyklischen) Aromatisierung zu Östrogenen (v. a. östron) im Fettgewebe. Durch nicht genauer bekannte Mechanismen kommt es in weiterer Folge zu hochfrequenten LH-Sekretionspulsen und zu einem typischen Anstieg des LH/FSH·Ouotienten. Wie auf Seite 94 beschrieben, stimu· lieren LH die Synthese von Östrogenvorstufen und FSH die Aromatisierung. Der erhöhte LH/FSH-Ouotient führt daher zu einer vermehrten Androgensynthese, da die Vorstufen zwar gebildet werden, durch den FSH·Mangel aber nicht zu Östrogenen aromatisiert werden können. Die ovarielle Östradiolsynthese ist daher vermindert, während die Hyperandrogenämie weiter verstärkt wird [Circulus vitiosus). Der FSH-Mangel führt außerdem zu einer gestörten Follikelreifung. Es fehlt die Selektion eines dominanten Follikels. So sind im Ovar zahlrei· ehe Follikel vorhanden, die jedoch in ihrer Reifung arretiert sind [Folli· kelzysten). Im Rahmen der azyklischen Östrogenumwandlung entsteht eine Chronifizierung aller ursprünglich zyklischen Abläufe, die zu einer chronischen O!igo·/Anovulation und Sterilität führen. Daneben wurden auch Formen beschrieben, deren Entstehung wahrscheinlich auf anderen pathogenetischen Mechanismen beruht, z. B. Patientinnen mit niedrigem Gewicht oder bei Einnahme von Valproinsäure (Antiepileptikum). Klinik Das klinische Bild ist von Symptomen der Hyperandrogenämie und einer Oligo·/Anovulation bestimmt:
t Hyperandrogenämie: Zeichen wie Hirsutismus, Akne , androgenetisehe Alopezie [Kopfhaarverlust) und Seborrhö manifestieren sich üblicherweise nach der Menarche. Bei sehr hohen Androgenkonzentrationen treten auch Symptome der Virilisierung auf. Dazu gehören eine tiefe Stimme, Klitorishypertrophie, androgenetische Alopezie und eine Vermännlichungder Körperform [s.a. S. 82 ). t Chronische Oligo-/ Anovulation: Es kann zu Oligomenorrhö und Amenorrhö kommen. Zyklusunregelmäßigkeiten und Zwischenblutungen bestehen häufig seit der Menarche. Die Diagnose wird oft bei der Abk.Järung einer Sterilität gestellt. t Polyzystische Ovarien: Der Befund von polyzystischen Ovarien ist nicht spezifisch, sondern wird auch bei ca. 20% der Normalbevölkerung gefunden. Die Ovarien sind stark vergrößert und echoreicher mit zahlreichen kleinen, häufig perlschnurartig angeordneten Follikelzysten. t Häufig liegen Kriterien eines metabolischen Syndroms (s. S. 22) vor. Dazu gehören Adipositas, Dyslipidämie, gestörter Kohlenhydratstoffwechsel und arterielle Hypertonie. Eineandroide Fettverteilung dürfte bei der Entstehung eine besondere Rolle spielen. t Ferner kann es zur Acanthosis nigricans als Zeichen der Insulinresistenz kommen. Darunter versteht man eine Hyperpigmentierung und Papillomatose, die besonders an den Achseln, dem Nacken sowie Kniekehlen und Ellenbeugen zu finden ist (I Abb. 2).
Die Störungen beim PCOS beginnen - wie beim Late-Onset-AGS - mit der Pubertät und sind langsam progredient. Ein rasches Auftreten von Zeichen der Hyperandrogenämie nach dem 20. Lebensjahr weist hingegen auf einen androgenproduzierenden Tumor hin.
Diagnostik In der transvaginalen Sonographie zeigt sich häufig das Bild von polyzystischen Ovarien. Bei Verdacht auf ein PCOS erfolgt ein Nachweis der Hyperandrogenämie. Dazu werden Testosteron, Androstendion und DHEAS bestimmt. Bei einer massiven Erhöhung sollte auch an einen androgenproduzierenden NNR- oder Ovarialtumor gedacht werden. Funktionelle Zysten des Ovars sind auch bei Gesunden häufig. Andererseits haben nicht alle Patientinnen mit einem PCOS polyzystische Ovarien!
Ovar
Nebennierenrinde I Abb. I: Mögliche pathogeneti sche Mechanismen des PCOS. Die Therapieprinzipien beruhen auf einer Unt erbrech ung dieses Circu lu s vitiosus. [22 1
Gonaden - Frau
1oo
I 1o1
I Abb. 2: Acanthosis nigricans. [6]
Die Diagnose kann nach Ausschluss anderer Ursachen der Hyperandrogenämie oder Anovulation gestellt werden (s. a. I Tab. 2, S. 119). Dazu erfolgt eine Bestimmung von: t LH, FSH (hypogonadotroper Hypogonadis·
mus) t Prolaktin (Hyperprolaktinämie, Prolakti· nom) t Östradiol (Ovarialinsuffizienz) t TSH (Schilddrüsenfunktionsstörungen) t 17-Hydroxyprogesteron nach ACTH·Sti· mulation (21·Hydroxylase·Mangel) t Niedrigdosierter Dexamethasonhemmtest (Ausschluss eines Cushing·Syndroms) Oft liegt beim PCOS ein Quotient von LH/ FSH > 2 vor. Wegen des häufig assoziierten metabolischen Syndroms sollten der BMI be· rechnet, Blutdruck und Lipoproteine be· stimmt und ein oGTT durchgeführt werden.
Therapie Das Ziel der Behandlung ist eine Unterbre· chung des Circulus vitiosus. Die wichtigste Maßnahme bei adipösen Patientinnen besteht
in einer Gewichtsreduktion! Die weiteren Methoden richten sich nach dem gewünsch· ten Therapieziel: ~ Für die Therapie des Hirsutismus stehen mechanische Verfahren wie Rasur, Epilation oder Elektrolyse zur Verfügung. Eine medika· mentöse Therapie erfolgt z. B. durch orale Kontrazeptiva mit einer antiandrogenen Ge· stagenkomponente. ~ Zykluskontrolle: Durch eine zyklische Cestagengabe über mindestens 12 Tage pro Monat zur sekretorischen Endometriumum· wandJung können eine regelmäßige Menstrua· tionsblutung erreicht und eine Endometrium· hyperplasieverhindert werden. Bei der An· wendungvon oralen Kontrazeptiva kann auch die Androgensynthese supprimiert werden. ~ Besteht ein Kinderwunsch, so muss meist eine Ovulation induziert werden. Sehr gute Ergebnisse lassen sich mit einer Kombination von Metformin und Clomifen (nichtsteroida· !er Östrogenantagonist) erzielen. Clomifen führt zu einer Erhöhung der FSH-Sekretion. Diese Therapie ist bislang noch nicht zuge· lassen. Sie wird nur im Rahmen von Studien
angewendet und soll im Fall eines Schwanger· Schaftseintritts abgesetzt werden. Als Alter· native kann auch eine Fertilitätstherapie durchgeführt werden (s. S. 92). Durch Met· formin wird die Insulinresistenz gesenkt und so die Androgenkonzentration signifikant vermindert. Nach neueren Untersuchungen lassen sich auch bei nicht insulinresistenten Patientinnen positive Effekte durch Metfor· min nachweisen. t Ein operativer Eingriff mit laparoskopi· scher Elektrokoagulation oder Laservaporisa· tion der Ovaroberfläche hat heute nur noch eine untergeordnete Bedeutung.
Komplikationen Bei Patientinnen mit PCOS kann es zu Lang· Zeitkomplikationen wie Diabetes mellitus Typ 2 und kardiavaskulären Erkrankungen kommen. Es besteht auch ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Hypertonie oder eines Endometriumkarzinoms (durch den chroni· sehen Östrogenstimulus).
Zusammenfassung X Pathogenese: Insulinresistenz ~ Hyperandrogenämie ~ periphere kontinuierliche (azyklische) Aromatisierung ~Anstieg des LH/FSH-Quotienten ~
Verstärkung der Hyperandrogenämie
• Klinik: Hyperandrogenämie (Hirsutismus, Akne, androgenetische Alopezie) und chronische Anovulation • Diagnose: durch Ausschluss anderer Krankheiten mit Anovulation oder Hyperandrogenämie • Therapie: wichtigste Maßnahme Gewichtsreduktion!
Klimakterium Eine zunehmende Follikelatresie führt etwa um das 50. Lebensjahr zu einer Erschöpfung stimulierbarer Follikel. Es kommt zu einem langsamen Sistieren der Follikelreifung und einem zunehmenden ÖstrogenmangeL Dabei können verschiedene Phasen unterschieden werden (I Tab. I). Klin ik Es kommt zu zunehmenden Zyklusunregel· mäßigkeiten mit verminderten und verkürz· ten Blutungen und anovulatorische Zyklen. Des Weiteren treten typische Östrogenman· gelsymptome (I Tab. 2) auf. Diese sind nicht spezifisch für die Postrnenopause, sondern können auch bei einem Östrogenmangel an· derer Genese vorkommen. Zunächst domi· nieren neurovegetative und psychische Sym· ptome, bei längerem Östrogenmangel kommt es auch zu Organveränderungen. Diagnostik Die Diagnose der Menopause wird rückbli· ckend nach 12-monatiger Amenorrhö gestellt. Dazu sind das Alter, die Menstruationsana· mnese und klinische Symptome meist ausreichend. Zum Teil ist auch eine standardisierte Befragung mittels Fragebogen hilfreich. Nur in bestimmten Fällen ist eine Hormonbestimmung erforderlich, wobei FSH erhöht und Östradiol erniedrigt sind. Die Hormonkonzentrationen folgen im Klimakterium einem typischen Verlauf (I Abb. 1). in der Prä- und Perimenopause tritt bereits ein Progesteronmangel auf, während die Östrogensynthese noch vorhanden ist und erst später abfällt. Die fehlende negative Rückkopplung führt dann zu einem GnRH·Anstieg mit folgender FSHund LH -Erhöhung.
hyperplasie kombiniert werden. Androgene Gestagene können Hirsutismus und Akne fördern, haben jedoch auch positive Effekte auf Antrieb und Stimmung. Durch eine Hormonersatztherapie (HET) können vegetative Symptome und andere Beschwerden wirksam behandelt werden. Eine Langzeitbehandlung mit Östrogenen dient der Osteoporoseprophylaxe. Es wurde jedoch in mehreren großen Studien, z. B. der Women's Health Initiative (WH!), eine erhöhte In zidenz von Mammakarzinomen und thromboembolischen Ereignissen bei einer HET nachgewiesen. Bei der WHI-Stud ie wurde der Studienarm mit einer Östrogen-Gestagen-Therapie aufgrund von schweren Gefäßereignissen wie Apoplexie, Myokardinfarkt und Lungenembolie vorzeitig abgebrochen. Dabei traten die meisten Nebenwirkungen in den ersten 1-2 Jahren auf, während die Inzidenz der Mammakarzinome bei einer Therapie über mehr als 5 Jahre signifikant anstieg. Obwohl die Zusammensetzung der Studien· population mit einem erhöhten Vorkommen kardiavaskulärer Risikofaktoren kritisiert wurde, liegen derzeit keine gleichwertigen Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit der HET vor. Es ist daher ein Wandel von einer unkriti·
FSH, LH E1• E2 (miE/ml) (pg/ml) Prämeno - Peri100 80 60 40
140 120 100
·····.. -
~
..,
20
10
of
Hitzewa llungen Schweißausbrüche
t Palpitationen (Herzrasen) Psychische
t Schlafstörungen
Störungen
t Stimmungsschwankungen t Depressive Verstimmung
Organverände-
t Osteoporos e
run gen
t Urogenitale Veränderungen (Vaginalatrophie)
t Arthralgie (Arthropathia cl imacterica)
t Kardiavaskuläre Erkrankungen
I
Tab. 2 : Symptome des Östrogenmange ls.
sehen Anwendung der Langzeittherapie zu einer kurzen, symptomorientierten Behandlung akuter klimakterischer Beschwerden eingetreten. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis muss eingeschätzt und die Indikation zur Therapie regelmäßig überprüft werden! Signifikante Vorteile bezüglich des Risikos von Thromboembolien hat eine transdermale Applikation durch Umgehung des First-Pass-Effektes bei nur geringer Veränderung der leberspezifi schen Gerinnungsparameter.
I
Abb. 1: Verlauf der Hormo nkonzentra t ionen
im Klimak te rium
(E, -
Östron,
E1 -
Östrad io l,
P - Progesteron, LH - luteinis ie rendes Hormon ' FSH - follike lstimul ierendes Hormon). [2]
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o~_,--.--.-,-..-.-..,-.-...--.,....-J- o 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62
Alter (fahre)
Klimakterium
Übergang vom Ende der ferti len Phase zum Beginn des Seniums
Menopause
Letzte spontane ovariell gesteuerte Regelblutung (mit durchschnittlich 51 Jahren)
Prämenopause
t t
8
\
: E, ~ .........
ll 30
10
El pause
·........ \
80
IO
Postmenopause
meno-
pause
40
Therapie Verwendet werden Östrogene, die bei nicht hysterektomierten Frauen mit einem Gestagen zum Schutz vor einer Endometrium-
P(ng/ml)
Neurovegeta tive Symptome
Zunehmende Zyklusunrege lmäßigkeiten und vege tative Beschwerden (beginnt ca . 5 Jahre vor
Zusammenfassung ac Die Menopause (letzte Men-
der Menopa use)
struationsblutung) tritt um das
Postmenopause
Beginnt ein Jahr nach der Menopause und geht nach 10- 15 Jahren ins Senium über
50. Lebensjahr ein.
Perimenopause
Übergang zwischen Prä- und Postmenopause (ca. 2 Jahre vor und nach der Menopa use)
1 Tab.
1: Beim Klimak t eri um können versch iedene Phasen unterschieden werden .
X Klimakterische Symptome: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen
ac Heute keine Langzeit-Hormonersatztherapie mehr!
Hormonelle Kontrazeption
1021103
Die hormonelle Kontrazeption mit einer Östrogen-Gestagen-Kombination ist heute die zuverlässigste reversible Methode. Die Sicherheit von Kontrazeptiva wird durch den Pearllndex angegeben, der sich aus der Zahl der ungewollten Schwangerschaften pro I 00 Frauenjahre [= 1.200 Zyklen) errechnet. Die Sicherheit ist jedoch nur bei täglicher Einnahme gegeben!
I
Abb. 1: Präparatetypen zur oralen Kontrazeption.
[1]
Wirkung Es entsteht eine funktionelle Sterilität. Diese beruht auf mehreren Mechanismen: I Die Hauptwirkung beruht auf der Inhibition der Gonadotropinausschüttung [negative Rückkopplung) mit folgender Hemmung des Follikelwachstums und der Ovulation. I Weitere Effekte werden vorwiegend durch die Cestagenkomponente vermittelt: - Macht Zervixschleim für Spermien undurchdringbar - Antiproliferatorische Wirkung auf das Endometrium und Bewirken einer vorzeitigen sekretorischen Transformation, wodurch die Einnistung verhindert wird [Nidations· hemmung) - Hemmung der Tubenmotilität
Substanzen Als Östrogenkomponente kommen Ethinylöstradiol oder Mestranol [wird in Ethinylöstradiol umgewandelt) zur Anwendung, häufig in einer Dosis von 30-35 )lg. Es stehen zahlreiche Gestagene zur Verfügung, die sich vom 17a-Hydroxyprogesteron oder 19·Nortestosteron ableiten. Zu den Progesteronderivaten gehören z. B. Cyproteronacetat oder Medroxyprogesteron. Die Derivate des 19-Nortestosterons haben alle eine geringe androgene Wirkung (Ausnahme: Dienagest = antiandrogen). Bei den Substanzen der dritten Generation [z. B. Desogestrel, Gestaden, Norgestimat) ist die androgene Restwirkung jedoch sehr gering. Präparate Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva erfolgt in einem zyklischen Schema mit einer Einnahme über 21 Tage und einem hormonfreien Intervall von 7 Tagen, in dem die Abbruchblutung erfolgt. Die Präparate unterscheiden sich in der Zusammensetzung der Substanzen und der Dosierung. Der Dosierungsverlauf verschiedener Kombinationspräparate ist in I Abb. 1 zu erkennen. Vorteile der Einphasenpräparate sind eine gute Zykluskontrolle und eine mögliche Verbesserung einer Dysmenorrhö (Regelschmerzen) . Bei den Dreistufenpräparaten ist das Ziel eine möglichst physiologische Anpassung an den Zyklus. Die kontrazeptive Wirkung der "Minipille" beruht auf einer kontinuierlichen Gestagengabe, die jedoch mit einer geringeren Zuverlässigkeit verbunden ist.
Die parentale Anwendung kann als Depotpräparat (z. B. gestagenhaltiges Depo-Clinovir® alle 3 Monate) oder neuerdings als Pflaster (EVRA®= Östrogen-Gestagen-Kombination) erfolgen. Durch Umgehung des First·Pass·Ef· fektes bei transdermaler Anwendung sinkt das Risiko thromboembolischer Komplikationen. Die Auswahl eines geeigneten Präparats richtet sich nach Kontraindikationen und weiteren Faktoren wie Nebenwirkungen, Zuverlässigkeit, Verträglichkeit und Zykluskontrolle. In Deutschland wird als Postkoitalpille ("Pille danach") hochdosiertes Levonorgestrel (Duofem®, Levogynon®) verwendet. Die An· wendungsollte möglichst bald (spätestens nach 72 Std.), nach Ausschluss einer bestehenden Schwangerschaft, erfolgen und nach 12 Std. wiederholt werden. Durch die hohe
Nebenwirkungen
Dosis kommt es häufig zu Übelkeit und Erbre· chen. Nebenwirkungen und Kontraindikationen Neben den unerwünschten Wirkungen treten auch einige Effekte auf, die therapeutisch erwünscht sind: Verbesserung der Zykluskontrolle (weniger Zwischenblutungen, selte· ner Eisenmangelanämie und Dysmenorrhö), weniger Akne, Senkung des Endometriumund Ovarialkarzinomrisikos. Es gibt aber auch zahlreiche unerwünschte Wirkungen (I Tab. 1). Weitere Nebenwirkungen sind eine Triglyzeriderhöhung, Wasserretention, Gewichtszunahme, Ödeme, Appetitsteigerung, Übel· keit, Erbrechen, Ulcus ventriculi u.v. a.
Absolute Kontraindikationen
Relative Kontraindikationen
Arterielle und venöse Th rombo-
Nach Thromboembolien (tiefe Venen-
Migräne (Absetzen bei Neuauftreten
embolien
thrombose, Apoplexie, Myokard-
von Migräne oder Sehstörun gen --.
evtl. Hinweis auf zerebrale MikroInfarkt) - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - embolien) Periph ere Durchblutungsstörungen Kardiavaskuläre Erkrankungen Hypertonie
Hypertonie(> 160/95 mm Hg)
Hypertonie
Schwangerschaft Lebererkrankungen (Cholestase,
Akute und chronische Lebererkran-
Ikteru s, Adenome!
kungen
Wahrscheinlich kein erhöh tes
Östrogenabhängige Karzinome
Mammakarzinomrisiko
(Mamma-, Endometriumkarzinom)
Erhöhung der Insulinresistenz
Mikro-/Makroangiopathie bei Dia-
Diabetes mellitus
betes mellitus Typ 2 Raucherinn en über 35 Jahre
I
Rauch en
Tab. 1: Nebenwirkungen und Kontraindikationen oraler Kontrazeptiva.
Zusammenfassung X Durch verschiedene Effekte (v. a. Hemmung der Gonadotropinausschüttung) entsteht bei der hormonellen Kontrazeption mit Östrogenen und Gestagenen eine reversible funktionelle Sterilität. X Nebenwirkungen: arterielle und venöse Thromboembolien, Hypertonie, Lebererkrankungen I
Multiple endokrine Neoplasie (M EN) Bei der multiplen endokrinen Neoplasie [MEN) handelt es sich um eine seltene, genetisch bedingte Erkrankung mit benignen oder malignen Veränderungen in zwei oder mehr endokrinen Organen (I Abb. I). Die Prävalenz liegt für die MEN I und 2 bei jeweils etwa I : 50.000. Der Erbgang ist autosomaldominant Bei ei nem Auftreten in der Familie beträgt daher die Wahrscheinlichkei t für einen Angehörigen ersten Grades, auch an einer MEN zu erkranken, etwa 50 %. Es liegt somit eine starke familiäre Häufung vor. Demzufolge kommt den präventiven Maßnahmen eine große Bedeutung zu. Für die Diagnose spielt der Nachweis von Genmutationen eine zentrale Rolle. Genetische Untersuchungen sollen dabei zweimal mit verschiedenen Proben durchgeführt werden. Charakteristisch für die MEN sind eine Manifestation im jüngeren Lebensalter und ein multifokales oder bilaterales Auftreten von Tumoren.
MEN Typ 1 Die MEN 1 entsteht durch Mutationen im Gen, das für das Menin-Protein kodiert. Sie ist durch folgende Syndrome gekennzeichnet: II Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT, in 90 %): meist Nebenschilddrüsenhyperplasie II Endokrine Pankreastumoren (50-85 %): Gastrinom, Insulinom, VIPom (s. S. 108 f. ) II Hypophysenadenome (30 - 65 %): hormoninaktiv oder -aktiv (Prolaktinom, GH-produzierender Tumor)
Hypophysentumor, Akromegalie, Prolaktinom , CUSHING -Syndrom
Bei diesen Patienten findet man auch vermehrt multiple Lipome. Selten treten weite re neuroendokrine Tumoren des Thymus, der Lunge oder des Gastrointestinaltrakts auf. Klinik Das Bild der MEN l ist bestimmt durch Zei· chen der Hyperkalziämie wie Polyurie und rezidivierende Nephrolithiasis. Der pHPT (s. S. 64 f. ) ist häufig die erste Manifestation und tritt bei der MEN vermehrt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Dazu können Beschwerden durch eine Hyperprolaktinäm ie oder vermehrte GH-Sekretion [Akromegalie, s. S. 104 f.) kommen. Endokrine Pankreastumoren manifestieren sich vorwiegend durch gastrointestinale Beschwerden.
durchgeführt werden. Dazu erfolgt eine Bestimmung von Kalzium , intakte m PTH, Prolaktin, GH, IGF- I und bei klinisc hem Verdacht auch von Gastrin und Insulin. Da bei der MEN Typ I maligne Tumoren nicht un bedingt auftreten, werden regelmäßige Screeni nguntersuchungen und eine genetische Diagnostik teilweise erst ab dem 18. Lebensjahr durchgeführt. Therapie Eine Operation sollte bei einem pHPT oder einem lnsulinom erfolgen, wobei jedoch häu fig Rezidive auftreten. Gastrinome treten häufig multizentrisch auf und sind operativ schwer zu entfernen. Die Symptome lassen sich jedoch gut durch Protonenpumpenhemmer beherrschen. Die Therapie der Hypophysentumoren ist auf Seite 38 beschrieben.
Diagnostik Diagnostik und Therapie entsprechen weitMEN Typ 2 gehend dem Vorgehen bei solitärem Auftreten der einzelnen Erkrankungen. Vor allem bei Bei der MEN 2 un terscheidet man drei Unterformen: der Manifestation eines pHPT bei jüngeren Patienten [Ca 2+t und PTH t ) sollte auch an die Möglichkeit einer MEN gedacht werden. II FMTC ["familial medullary thyroid carcinoNachdem eine MEN l nachgewiesen wurde, ma"): nur medulläres Schilddrüsenkarzinom wird auch bei Familienmitgliedern eine geneohne Assoziation mit anderen Erkrankungen (ca. 15 %) tische Diagnostik zum Nachweis einer MutaII MEN 2a [ca. 80 %) tion empfohlen . Im Gegensatz zur MEN 2, II MEN 2b (selten) bei der nur bestimmte Mutationen eine RETAktivierung bedingen, können zahlreiche Mutationen zu einem Defekt des Menin-Proteins Die Gemeinsamkeit sind aktivierende Mutaführen. Bei etwa I 0-20% der Patienten ist tionen im RET-Protoonkogen, das für einen daher auch bei eindeutiger Diagnose einer Tyrosink.inaserezeptor kodiert. Nur MutatioMEN Typ I kein Nachweis einer Mutation nen an bestimmten Stellen ("hot spots") fü hmöglich. ren zu einer Aktivierung dieses Rezeptors unct Bei den betroffenen Patienten sollte eine somit zur Tumorentstehung. Leittumor bei regelmäßige Screeninguntersuchung zur allen Formen der MEN 2 ist ein medulläres Schilddrüsenkarzinom [s. S. 60) . Erkennung von später auftretenden Tumoren
medulläres Schilddrüsenkarzinom Neurome Augenlid, Lippe, Zunge, Kolon
primärer Hyperparathyreoid ismus Pankreastumor, Gastrinom,
Glukagonom , VIPom
Phäochromozytom
I
Abb. 1: Überlappung der Orga nbeteiligungen be i der multiplen endokri nen Neoplasie. [20)
Spezielle Themen
1041 105
I Abb. 2: Schleimhautneurome an Zunge und Lippen bei einem Patienten mit MEN Typ 2b. [21
MEN 2a Bei der MEN 2a treten auf:
t Medulläres Schilddrüsenkarzinom (ca. 90-100%) t (Beidseitiges) Phäochromozytom (ca. 85-90%) t Primärer Hyperparathyreoidismus (ca. 60%)
MEN 2b DieMEN Typ 2b ist viel seltener als der Typ 2a. Teilweise ist durch den charakteris· tischen marfanoiden Körperbau und Schleimhautneurome eine Blickdiagnose möglich (I Abb. 2). Ein primärer Hyperparathyreoidismus kommt meist nicht vor. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom bei der MEN 2b tritt bereits sehr früh auf und hat eine schlechtere Prognose als bei der MEN 2a.
Häufig tritt zwischen dem 20. und 40. Le· bensjahr eine Knotenbildung in der Schilddrüse als Zeichen eines medullären Schilddrüsen- Diagnostik und Therapie karzinoms auf. Hinweisend ist eine erhöhte Kalzitoninkonzentration . Im Unterschied zum Bis zum endgültigen Nachweis sollte bei sporadischen Karzinom kommt es zu einer allen medullären Schilddrüsenkarzinofrüheren Manifestation und häufig zu einem men von einem familiären Auftreten ausmultizentrischen Auftreten. Ansonsten präsengegangen werden, da ein Viertel dieser tiert sich das familiäre medulläre Schilddrüsen· Tumoren im Rahmen einer MEN Typ 2 karzinomwie die sporadische Form. vorkommt Ein Phäochromozytom tritt meist erst später auf und führt zu einer Hypertonie. Ein pHPT Daher sollte neben der operativen Entferwird häufig erst nach Diagnose des medullären Schilddrüsenkarzinoms manifest und ent· nung auch immer eine genetische Diagnostik zum Nachweis einer MEN-2-auslösenden wickelt nur eine geringe Symptomatik.
RH-Mutation erfolgen. Bei einem positiven Nachweis ist auch ein genetisches Familien· screening durchzuführen. Den betroffenen Familienmitgliedern wird wegen des sicheren Auftretens eines Karzinoms möglichst früh eine prophylaktische Thyreoidektomie emp· fohlen. Vor der Thyreoidektomie muss ein Phäochromozytom ausgeschlossen werden, das zuerst operiert wird . Bei der MEN 2b kommt es bereits bei Kleinkindern zu einer Tumorentstehung und Metastasierung, so dass eine Thyreoidektomie vor dem 1. Lebensjahr erfolgen sollte. Bei den weniger aggressiven Karzinomen im Rahmen der MEN 2a wird eine Schilddrüsenentfernung vor dem 6. Lebensjahr empfohlen. Als Screening auf weitere Erkrankungen sollten eine regelmäßige Kalzium-, PTH- und Metanephrin- bzw. Katecholaminbestimmung erfolgen.
Zusammenfassung X Multiple endokrine Neoplasie: multifokales oder bilaterales Auftreten von endokrinen Tumoren in jüngerem Lebensalter X MEN Typ 1: pHPT plus endokrine Pankreastumoren +Hypophysenadenome X MEN Typ 2: medulläres Schilddrüsenkarzinom plus - 2a: Phäochromozytom + pHPT 2b: Phäochromozytom + Neurome X Therapie ähnlich wie bei solitärem Auftreten. Nach positiver genetischer Untersuchung sollten regelmäßige Screeninguntersuchungen erfolgen und evtl. präventive Maßnahmen durchgeführt werden.
Polyglanduläres Autoimmunsyndrom (PAS) Das polyglanduläre Autoimmunsyndrom Manifestation Häufigkeit (oder auch autoimmunes polyglanduläres Syndrom = APS) ist eine seltene, hereditäre ErTyp 1 Uuvenile Form) Mukokutane Candidiasis 75-90% krankung mit einer gleichzeitigen oder nachHypoparathyreoidismus 80-90% einander folgenden Manifestation von zwei M. Addison 60-70% oder mehr endokrinen Autoimmunopathien. M. Addison Ca. 100% Daneben kommt es aber auch zu weiteren Typ 2 !adulte Form) Erkrankungen, die wahrscheinlich nicht Autoimmunthyreopathie (chron. lymphozytäre Thyreoid itis Ca. 70% durch autoimmune Prozesse entstehen. Zwimit Hypothyreose, M. Basedow) schen dem Auftreten der einzelnen ErkranDiabetes mellitus Typ 1 Ca. 50% kungen können auch mehrere Jahre liegen. I Tab. 1: Häufige Erk rankungen bei den polyglandulären Autoimmunsyndromen. Daher soll nochmals auf die Bedeutung der Familienanamnese und der Erhebung von früheren und bestehenden Krankheiten hingewiesen werden, die eventuell in Assoziation mit den aktuellen Beschwerden stehen. Beim gehäuft. Das PAS Typ I wird auch als APE· Klinik CED-Syndrom (autoimmune Polyendokrino- Bei betroffenen Kindern kommt es meist zu Auftreten einer autoimmunen Endokrinapapathie-Candidiasis-ektodermale-Dystrophie) thie sollte immer auch an eine Manifestation einer rezidivierenden mukokutanen Candiim Rahmen eines PAS gedacht werden. Eine bezeichnet diasis (I Abb. I) , die schlecht auf eine TheraGefahr stellt v. a. die NNR-Insuffizienz dar. pie anspricht. Dazu kommen Symptome des Die Krankheit verläuft schleichend, und die Pathophysiologie Hypoparathyreoidismus mit Parästhesien Im Thymus erfolgt die Reifung der I-LymphoSymptome sind derart unspezifisch, dass sie und Tetanie bis zu Dyskinesien. Eine häufig nur schwer erkannt wird. Beim PAS unterzyten. Ausgehend von unreifen Zellen findet assoziierte NNR-Insuffizienz kann auch erst scheidet man eine juvenile Form (Typ I) von zuerst eine positive Selektion statt. Im AnJahre später auftreten. Etwa die Hälfte der einer adulten Form (Typ 2, I Tab. I) . Eine Un- schluss erfolgt die negative Selektion, bei der Frauen entwickelt nach der Pubertät eine vorterscheidung ist dabei häufig erst im Verlauf potentiell autoreaktive Zellen ausgeschlossen zeitige Ovarialinsuffizienz. Seltener kommt es möglich. werden. Dabei präsentieren medulläre Thyzu einer Insuffizienz der Schilddrüse oder des endokrinen Pankreas oder zu einer musepithelzellen körpereigene Antigene an Au toimm unhepati tis. I-Lymphozyten. Erkennen die I-Zellen die Die einzelnen Erkrankungen können Antigene, bekommen sie von den Thymusepigleichzeitig oder auch Jahre nacheinanthelzellen ein Signal, das die Apoptose induPolyglanduläres Autoimmunder auftreten! ziert. Nur T-Lymphozyten, die nicht mit körsyndrom Typ 2 pereigenen Antigenen reagieren, werden selektioniert. Eine zentrale Bedeutung bei die- Das polyglanduläre Autoimmunsyndrom Polyglanduläres Autoimmunsem Vorgang hat das AI RE-Gen (AutoimmunTyp 2 kommt viel häufiger als der Typ 1 vor syndrom Typ 1 und wird überwiegend autosomal-dominant regulator), dessen Produkt als Transkriptionsfaktor zur Expression verschiedenster Selbstvererbt, jedoch mit unterschiedlicher PeneDiese seltene Erkrankung manifestiert sich tranz. Für das Auftreten dürften weitere Fakhäufig schon in der ersten Lebensdekade. Die Antigene (Proteine) an der Zellmembran der toren von Bedeutung sein, da häufiger Frauen Ursache ist ein Gendefekt, der zu einer Auto- Thymusepithelzellen führt. Das Besondere daran ist, dass durch das AIRE-Gen auch Anti- betroffen sind, während endokrine Autoimimmunität führt (s. u.). Durch den meist gene exprimiert werden, die sonst nur an munopathien bei Männern eher isoliert aufautosomal-rezessiven Erbgang sind mitunter räumlich getrennten Zellen vorkommen. Bei treten. Die Ursache ist unbekannt. Es besteht weitere Geschwister betroffen, während die jedoch eine Assoziation mit HLA-DR3 und einem Gendefekt wird somit die negative Eltern nur ein defektes Gen haben. Dieses Selektion der I-Lymphozyten verhindert, und -DR4. Typischerweise kommen verschiedene Syndrom tritt in Deutschland nur sporadisch Antikörper vor (I Tab. 3). auf, ist jedoch z. B. bei Finnen und Sardiniern es kann eine Autoimmunität entstehen.
I Abb. 1: Mukokutane Candidiasis. [13J
Spezielle Themen
I PAS Typ 1 Kinder, Jugendliche
Erwachsene
Autosomal-rezessiv
Autosomal-
Geschwister betroffen
Mehrere Generationen betroffen
Keine HLA-Assoziation
HLA-Assoziation (HLA-DR3 und -DR4)
Männer - Frauen
Häufiger Frauen
• M.Addison • Autoimmunthyreoiditis (chronische lymphozytäre Thyreoiditis
oder M. Basedow) • Diabetes mellitus Typ I Am häufigsten ist die Kombination eines M. Addison (s. S. 84 f.) mit einer chronischen Iymphozytären Thyreoiditis (s. S. 58), die auch als Schmidt-Syndrom bezeichnet wird. Etwa die Hälfte der Patienten mit einem M. Addison entwickelt eine weitere Autoimmunerkran· kung, während Autoimmunthyreoiditiden häufiger allein auftreten. Weitere seltenere Manifestationen sind eine Insuffizienz der Ovarien oder Testes, eine perniziöse Anämie, Vitiligo und Alopezie, eine Hypo· physitis und eine Myasthenia gravis.
Diagnostik Die Diagnose des PAS wird durch das gleichzeitige Auftreten mehrerer Autoimmunendokrinopathien gestellt. Neben der Anamnese, klinischen Symptomen, veränderten Hormonparametern der jeweiligen Erkrankungen ist der Nachweis von gegen bestimmte Antigene gerich· teten Antikörpern von Bedeutung (I Tab. 3). Beim Typ 2 sind mitunter zahlreiche AK nachweisbar. Diese sind gegen Antigene der Schilddrüse (TPO, Thyreoglobulin), der Neben· niere (21-Hydroxylase, ACTH·Rezeptor) oder des Pankreas (Glutamatdecarboxylase) gerichtet. Es können auch AK gegen Melanozyten 1~ Vitiligo) und weitere Antigene vorkommen. Schilddrüsen·AK sind oft auch bei Gesunden nachweisbar. Es besteht dann zwar ein
Schilddrüsenantigene
Thyreoidale Peroxidase (TPO), Thyreoglobulin (Tg)
NNR-Antigene
21-Hydroxylase, ACTH-Rezeptor
Pankreasantigene
Glutamatdecarboxylase u. a.
Tab. 3: Häufige Antigene von Antikörpern, die bei der PAS Typ 2 vor-
kommen.
Tab. 2: Unterschiede zwischen PAS Typ 1 und 2.
PAS Typ 2
Klinik Es kommt zu einem gemeinsamen Auftreten von zwei der drei folgenden Erkrankungen:
I
1061107
erhöhtes Risiko, jedoch keine sichere Vorhersage für das Auftreten einer späteren Autoimmunthyreopathie. Eine NNR-Insuffizienz kann zunächst nur gering ausgeprägt sein und erst im ACTH-Stimulationstest erkannt werden. Eine gleichzeitige Hypothyreose verlängert die Halbwertszeit von Kortisol und kann so eine NNR-Insuffizienz maskieren. Umgekehrt kann eine Levothyroxingabe eventuell zur Manifestation einer Addison·Krise führen (s. a. S. 43 )! Ist ein PAS nachgewiesen, sollte bei Patienten und Familienmitgliedern eine Diagnostik der NNR-Funktion durchgeführt werden. Vor allem bei einer Kombination von Diabetes mellitus Typ I und einer Auto· immunthyreopathie sollte immer auch an die Möglichkeit einer primä· ren Nebenniereninsuffizienz gedacht werden. Ebenso sollte beim Auf· treten eines M. Addison auf eine weitere Schilddrüsenerkrankung (~ TSH) geachtet werden.
Therapie Die Therapie besteht in der Substitution der ausgefallenen Hormonsysteme. Ein M. Addison wird mit Hydrokortison und Fludrokortison, eine Hypothyreose mit Levothyroxin behandelt. Im Fall eines gleichzeitigen Nachweises dieser beiden Erkrankungen sollte zuerst die Therapie der NNR·Insuffizienz eingeleitet werden, um eine Addison-Krise zu verhindern, da durch die Levothyroxin die Halbwertszeit von Kartisol verkürzt wird. Die Therapie des M. Basedow wird auf Seite 56 beschrieben.
Zusammenfassung • PAS Typ 1: seltener Defekt des AIRE-Gens, orale Candidiasis + Hypoparathyreoidismus + NNR-Insuffizienz • PAS Typ 2: Manifestation im Erwachsenenalter, häufiger Frauen, nachweisbare Autoantikörper! • Häufig Kombination von M. Addison und Autoimmunthyreopathie
Paraneoplastische Syndrome Als paraneoplastisches Syndrom bezeichnet man systemische oder lokale Symptome, die durch meist maligne Neoplasien bedingt sind. Es können- unabhängig von der Lokalisation des Tumors- endokrine, hämatologische, neurologische, dermatologische, organbezogene oder systemische Symptome auftreten. Endokrine paraneoplastische Syndrome entstehen durch eine ektope Hormonproduktion von Tumoren (I Tab. 1). Das bedeutet, dass Hormone nicht von den üblichen endokrinen Organen, sondern von Zellen anderer Gewebe gebildet werden. Allerdings hat sich heraus· gestellt, dass auch im physiologischen Zustand Hormone nicht nur in den klassischen endokrinen Drüsen gebildet und freigesetzt werden, sondern dass ebenso zahlreiche andere Gewebe Hormone in geringer Menge sezernieren . Eine autonome Proliferation und Produktion kön· nen sich dann als paraneoplastisches Syndrom manifestieren. Dabei können Peptidhormone sezerniert werden, die zu einer Über· funktionvon peripheren Drüsen führen (z. B. ACTH, CRH, TRH, TSH) oder Einfluss auf andere Organe haben (Gastrin, Insulin, PTHrP, ADH, GH). Besonders häufig tritt ein paraneoplastisches Syndrom beim kleinzelligen Bronchialkarzinom auf. Das Karzinoidsyndrom entsteht wahrscheinlich durch Sekretion von Serotonin, Histamin, Tachykini· nen und anderen vasoaktiven Peptiden (s. u.).
Neu roendokrine Tumoren Neuroendokrine Tumoren leiten sich von Zellen des diffusen neuroen· dokrinen Systems ab. Diese haben die Fähigkeit, Amine und Peptidhormone zu produzieren und zu sezernieren. Sie kommen häufig in der Lunge und im Gastrointestinaltrakt vor:
t Lunge: kleinzelliges Bronchialkarzinom oder Karzinoide der Bron· chialschleimhaut. Symptome beim kleinzelligen Bronchialkarzinom werden durch die Sekretion von Peptidhormonen bestimmt (z. B. ADH,ACTH). t Gastroenteropankreatische Tumoren (GEP): Nach der Lokalisa· tion lassen sich Tumoren des Gastrointestinaltrakts von pankreatischen Tumoren unterscheiden. Nach der WHO·Klassifikation können dane· bengut differenzierte neuroendokrine Tumoren , gut diffe renzierte neuroendokrine Karzinome und undifferenzierte neuroendokrine Karzinome unterschieden werden. Auch wenn die meisten dieser Tumoren ein oder mehrere Hormone sezernieren (z. B. häufig pankreati· sches Polypeptid ), so bleibt ihre endokrine Aktivität doch oft unauf· fällig. Es kommt dann erst in fortgeschritteneren Stadien durch ein ver· drängendes Wachstum zu abdominellen Schmerzen, Ileus oder Ikterus. Ein Teil der Tumoren kann jedoch durch eine unkontrollierte Hormonfreisetzung symptomatisch werden.
Hormone
Tumoren
Paraneoplastische Hyper-
PTHrP (parat-
kalzämie
hormone-related
peptide)
Plattenepithelkarzinome llunge. Kopf, Hals), Mammakarzinom
Zytokine
Nierenzellkarzinom u.a.
1,25-(0H),-D,
Lymphome (mit la-Hydroxylase-Aktivität)
ADH
Kleinzelliges Bronchialkarzi-
ACTH ICRH)
Kleinzelliges Bronchial-
Paraneoplastisches Syndrom
SIAOH (Syndrom der inad-
nom, Karzinoid
äquaten ADH·Sekretion) Cushing-Syndrom
karzinom
1 Tab. 1: Häufige endokrine paraneoplastische Syndrome.
Ka rzinoid Karzinoidtumoren sind häufig im lleum oder in der Appendix lokalisiert, kommen aber auch im übrigen Kolon oder im Bronchialsystem vor. Durch die unkontrollierte Sekretion von Serotonin, Histamin und vaseaktiven Peptiden (Tachykinine, Kallikrein -t Bradykininbildung) kann es zu einem Karzinoidsyndrom kommen. Bei gastrointestinalen Tumoren tritt ein Karzinoidsyndrom erst nach Lebermetastasierung auf. Liegt keine Metastasierung vor, werden die Mediatoren in der Leber weitgehend abgebaut. Klinik: Die häufigsten Symptome sind:
t Paroxysmaler Flush(> 90 %): Bei einem Rush kann ein Erythem an Gesicht, Hals, Nacken und oberem Rumpf auftreten. Es kommt zu Hitzewallungen und Jucken sowie Schwindel und Schwäche durch die Hypotonie. Die Anfälle können teilweise durch Nahrung, Alkohol Stress, emotionale Aufregung oder körperliche Belastung ausgelöst ' werden und dauern Sekunden bis Minuren. Bei fortgesch rittener Tumorerkrankung können die Anfalle aber auch über Stunden andauern. t Diarrhö (ca. 70%) t Krampfa rtige Bauchschmerzen t Asthmaanfälle durch Bronchialobstruktion t Hypotonie und Tachykardie t Eine Rechtsherzendokardfibrose tritt erst als Spätsymptom auf. Diagnostik: Serotonin kann teilweise deutlich erhöh t sein. Wie auch bei anderen neuroendokrinen Tumoren liegt die Chromogranin-A-Konzentration häufig über den Normwerten. Die Diagnose wird durch die klinische Symptomatik und eine erhöhte Ausscheidung des Serotoninmetaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES) im 24-StundenUrin gestell t. Zuvor sollen eine serotoninarme Diät eingehalten (keine Bananen, Nüsse, Tomaten, Ananas, kein Kaffee etc.) und möglichst keine Antihistaminika, Neuroleptika und bestimmte andere Medikamente eingenommen werden. Die Urinkonzentration ist auch davon abhängig, ob während des Untersuchungsintervalls ein Flush aufgetreten ist. Ein Nachweis durch bildgebende Verfahren (Sonographie, CT, MRT, endoskopische Sonographie) gestaltet sich aufgrund einer geringen Tumorgröße oft schwierig. Häufig exprimieren neuroendokrine Tumoren Somatostatin·Rezeptoren an ihrer Zelloberfläche. Tumorgewebe kann dann evtl. durch indiummarkierte SomatostatinAnaloga (111ln·Octreotid) in der Szintigraphie nachgewiesen werden (Octreotid·Scan). Ferner ist auch nach Lebermetastasen zu suchen. Differentialdiagnostisch muss eine systemische Mastozytose ausge. schlossen werden. Dabei kommt es zu einer variablen Symptomatik bei der auch Flush, Pruritus und Kopfschmerzen auftreten können. ' Die Mastozytose ist durch ein Mastzellinfiltrat in der Haut oder anderen Organen charakterisiert. Therapie: Anzustreben ist eine chirurgische Resektion. Bei inope· rablen Tumoren und präoperativ sollte eine symptomatische, medikamentöse Therapie erfolgen:
t Somatostatin·Analoga (Octreotid, Lanreotid, s. a. S. 41) bewirken nicht nur eine verminderte Hormonsekretion der Tumorzellen sondern haben in höherer Konzentration auch zytostatische ' Effekte. t Nuklidgekoppelte Somatostatin·Analoga werden nicht nur für bild· gebende Verfahren, sondern auch therapeutisch angewendet. Als Nuklide dienen Indium oder Yttrium. Dabei treten häufig renale Nebenwirkungen auf. t a·lnterferon hemmt ebenso das Tumorwachstum und wird auch in Kombination mit Somatostatin·Analoga angewendet. t 5·HT3·Antagonisten können eine Diarrhö, nicht jedoch die Flush· symptomatik verbessern.
Spezielle Themen
108
I
109
I Abb. 1: Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei Karzinoid, Gastrinom und lnsulinom. [3]
< 10mg/24h
>10mg/24h
j Kein Karzinoid
j j
j
Karzinoid
Kein Gastrin-
Gastrinanstieg
anstieg
um> 200 pg/ml
J Therapie beim Karzlnold: • Kurative, chirurgische Exzision/Tumor-Debulking
• Somatostatin-Analoga • a-lnterferon • evtl. lndium-111-/Yttrium-90-
markiertes Octreotid
• evtl. hepatische Chemoembolisation
• evtl. Chemotherapie
Therapie beim Gastrinom: • Kurative, chirurgische Exzision/Tumor-Debulking • Protonenpumpenhemmer
• evtl. Somatostatin-Analoga • evtl. hepatische Chemoembolisation • evtl. Chemotherapie
Therapie beim lnsullnom: • Kurative, chirurgische Ex.zi sion/Tumor-Debulking • Regelmäßige Einnahme kohlehydratreicher Nahrung • Diazoxid • Somatostatin-Analoga • o:-lntelferon • evtl. hepatische Chemoembolisation • evtl. Chemotherapie
Häufig liegen iedoch ausgedehnte Lebermetastasen vor. Wenn diese nicht reseziert werden können, kommt einen Chemoembolisation (z. B. mit Streptozotocin und 5-Fluorouracil) über die Arteria hepatica in Frage. Gastrinom Gastrinome sind meist im Pankreas oder in der Duodenalwand lokalisierte Tumoren, die Gastrin produzieren. Sie sind in ca. 50 % maligne und in 25- 30% mit einer MEN Typ 1 assoziiert. Klinik: Die durch die Gastrinüberproduktion und damit erhöhte Säuresekretion verursachte Erkrankung wird als Zollinger-Ellison-Syndrom bezeichnet. Neben rezidivierenden peptischen Ulzera im oberen Verdauungstrakt kommt es häufig zu Diarrhö, manchmal auch zu gastroösophagealem Reflux_ Diagnostik: Die Diagnose wird durch eine erhöhte Gastrinkonzentration (Gastrin > 1.000 pg/ml ist bei nüchternen Patienten fast beweisend) bei erhöhter Säuresekretion (pH < 2,5) gestellt. Eine Gastrinerhöhung liegt auch bei einer perniziösen Anämie oder bei einer Therapie mit Protonenpumpenhemmern vor. In manchen Fällen ist zur Diagnosesicherung ein Sekretln-Stimulationstest notwendig. Der Nachweis des Tumors in der Bildgebung ist aufgrund der Größe nicht immer möglich. Therapie: Aufgrund des malignen Wachstums sollte möglichst eine chirurgische Entfernung erfolgen. Eine Hemmung der Säureproduktion wird erfolgreich durch Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol) erreicht. Bei der MEN Typ 1 treten Gastrinome meist multifokal und häufiger in der Duodenalwand auf. Bei diesen Patienten kommt teilweise eine lebenslange Therapie mit Protonenpumpenhem· mern zum Einsatz.
Nüchternzustand auf und verbessern sich umgehend nach Glukosezufuhr! Diagnostik: Die Diagnose wird durch den Hungerversuch gestellt. Über mindestens drei Tage erhält der Patient nur Wasser oder kalorienfreie Getränke. Alle 4-6 Stunden oder beim Auftreten von Symptomen erfolgt eine Bestimmung der Glukosekonzentration sowie von Insulin und C-Peptid. Bei Patienten mit einem lnsulinom kommt es zu einem Blutzuckerabfall bei gleichbleibendem oder ansteigendem Insulin und C-Peptid. Auch bei Gesunden fällt die Blutzuckerkonzentration ab. Allerdings fehlen Hypoglykämiesymptome, und die Insulinsekretion ist supprimiert. Bei einer Hypoglykämie durch exogenes Insulin oder Sulfonylharnstoffe zeigen sich ähnliche Befunde wie bei einem lnsulinom. Bei zugeführtem Insulin ist jedoch das C-Peptid vermin· dert. Sulfonylharnstoffe führen auch zu einer Erhöhung von Insulin und C-Peptid. Sie können dann im Harn nachgewiesen werden. Therapie: Es sollte eine operative Entfernung erfolgen. Präoperativ kann durch DiazOJcid (Proglicem®) die Insulinsekretion gehemmt wer· den. Eine weitere Alternative stellen Somatostatin·Analoga (z. B. Oe· treotid) dar, die aber wie Diazoxid nur in etwa der Hälfte wirksam sind.
Zusammenfassung X Endokrines paraneoplastisches Syndrom: ektope Honnonproduktion, häufig beim kleinzelligen Bronchuskarzinom oder anderen neuroendokrinen Tumoren X Karzinoldsyndrom: Flush, Diarrhö, Asthmaanfälle,
lnsulinom Insulinome sind im Gegensatz zu anderen neuroendokrinen Tumoren überwiegend benigne. Sie gehen von pankreatischen B-Zellen aus und treten meist solitär, seltener multipel auf. Klinik: Durch die autonome Insulinsekretion kommt es zu Hypoglykämiesymptomen wie Heißhunger, Schwitzen, Zittern und zu neuroglu· kopenischen Symptomen (Kopfschmerzen, Sehstörungen, Konzentrationsstörungen). Die Symptome treten charakteristischerweise im
Hypotonie und Tachykardie X Gastrlnom: rezidivierende Magenulzera mit Bauchschmerzen X lnsullnom: Hypoglykämiesymptome im Nüchternzustand, Besserung unter Glukose
Doping Zahlreiche Hormone haben auch eine leistungssteigernde Wirkung, durch die sich Athleten einen Vorteil im Wettkampf erhoffen. Doping ist der Versuch der Leistungssteigerung du rch die Anwendung von verbotenen Substanzen oder verbotenen Methoden. Es gibt außerdem Substanzen, die bestimmten Einschränkungen unterliegen (z. B. Alkohol, Marihuana, Lokalanästhetika, Kortikosteroide und Betablocker). Neben der Anwendung sind aber auch die Verschreibung und das lnverkehrbringen dieser Substanzen zur Leistungssteigerung strafbar.
Dopi ngkontrolle Neben Kontrollen bei Wettkämpfe n [,.in competition ") gibt es auch Kontrollen außerhalb eines Wettbewerbs ("out of competition"). Die Kontrolle erfolgt meist durch Harnproben, seltener durch Blutproben. Die Urinprobe wird unter Aufsicht abgegeben und auf zwei Flaschen und einen Becher aufgeteilt. Der Urinbecher wird für die Bestimmung von pH und Harndichte verwendet. Die Flaschen werden versiegelt und in das Labor geschickt. Bei einer positiven A·Probe erfolgt die Benachrichtigung des Sportverbandes und des Athleten. Erst wenn das Ergebnis durch die B-Probe bestätigt wird, gilt der Test als positiv.
Ve rbotene Substa nzen Anabolika Zu den Anabolika gehören Androgene, Wachstumshormon, hCG [humanes Choriongonadotropin) und ß2-Agonisten: Die erste Substanz der anabol androgenen Stereidhormone [Ana· bolika im engeren Sinn ) war 19-Nortestosteron , von dem sich viele Anabolika ableiten. Häufig verwendete Substanzen sind z. B. Tetrahydrogestrinon (THG}, Nandrolon, Stanozol oder auch Testosteron. t Anabolika gehören zu den ersten Dopingsubstanzen und sind durch
ihre anabolen Wirkungen auch heute noch die wirksamsten Mittel zur Leistungssteigerung bei Kraft- und Schnellkraftsportarten. Sie füh · ren zu einer Positivierung der Stickstoffbilanz, wodurch es zu einer allgemeinen Beschleunigung von Wachstumsprozessen kommt: -Steigerung der Proteinsynthese in der Muskulatur - Wachstum von Zellen, die die Fähigkeit zum Wachstum besitzen (auch Erythropoese und andere Organe) -Abnahme des Körperfetts - Neben diesen erwünschten anabolen Effekten treten aber auch im· mer (unerwünschte) androgene Wirkungen auf.
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Stimulanzien t Indirekt wirkende Sympathomimetika [,.Weckamine") gehören zu den Stimulanzien. Sie bewirken über eine zentralnervöse Freisetzung von Dopamin und anderen Aminen eine erhöhte Leistungsbereitschaft, Euphorie und eine Erhöhung der Ermüdungsschwelle. In diese Gruppe gehören Amphetamin und dessen Derivate. Indirekt wirkende Sympathomimetika wie Ephedrin bewirken eine Schleimhautabschwellung und sind auch als Erkältungssaft rezeptfrei erhältlich (z. B. Wiek MediNait®). t Koffein hat ebenfalls eine stimulierende Wirkung. Seit dem I. I. 2004 steht Koffein jedoch nicht mehr auf der Liste verbotener Substanzen der WADA (World An ti-Doping Agency). t ß2 -Agonisten: Der wichtigste Vertreter ist Clenbuterol, das sowohl anabole als auch stim u!ierende Effekte hat. Es ka nn zu Tachykardien und Tremor kommen. Unrühm lichen Bekanntheitsgrad hat es durch die Anwend ung bei der Kälbermast erlangt. ß2·Agonisten (z. B. Formoterol, Salbutamol), die bei der Therapie des Asthma bronc hiale zur Anwend ung kommen, dürfen nach ärztlicher Bestätigung zur Inhalation verwendet werden.
Nandmlon
r\ 2-Adronozeploren
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Amphetamm
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Die leistungssteigernde Wirkung von Wachstumshormon ist nicht bewiesen. Sie könnte eventuell durch eine Steigerung der Muskelmasse und verminderte Fettdepots vermittelt werden.
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NH, Clenouterol ~
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0
)v(c,
II Bodybuilder nehmen teilweise das Zehnfache der üblichen Dosis einer Hormonsubstitution ein, wod urch es zu zahlreichen Nebenwirkungen kommen kann. Unbekannte Nebenwirkungen können auch durch die gleichzeitige Einna hme mehrerer Substanzen auftreten. Es kann zu Steroidakne, Dyslipidämie, Herzinfa rkt und psychischen Veränderungen kommen (erwü nscht: Euphorie, erhöhte Leistungsbereitschaft; unerwü nscht: Gereiztheit, gesteigerte Aggressivität) . - Bei Frauen sind aufgrund de r geringen eigenen Androgensynthese die Symptome der Hyperandrogenämie (tie.fe Stimme, Virilisierung, Brustdrusenatrophie; s. a. S. 82 f.) ausgepragter als bei Männern. - Bei Männern komm t es durc h eine Gonadotropinsuppression zur Hodenatrophie und zu einem Sistieren der Spermatogenese. Daher kann in Kombination hCG angewendet werden, das die Spermatogenese und das Hodenwachstum stimuliert. Aromatisierbare Anabolika können zum Auftreten einer Gynä komastie führen. Es werden daher auch zusätzlich Antiöstrogene wie Clomifen eingenommen die die Entstehung einer Gynäkomastie unterdrücken. Bei Jugend: Iichen kommt es durch einen vorzeitigen Epiphysenschluss zur Hemmung des Längenwachstums.
And10genrezeptoren
0
i)
Oexamethason
GkJkokortlkold·
~ rozcptoron
~ Erythropoelln-
rezeptoren ~
~ Physikalische Lösung
Blockade des Na ' ·, K·-. c r-
'10110,
~
~@ Furosemid
F F F F Perflunalen
Erythropoe11n
I Abb. 1: Überblick über einige Dopingsubstanze n. Jl ]
Spezielle Themen
Erhöhung der Sauerstofftransportkapazität Ein leistungslimitierender Faktor im Ausdauersport ist die maximale Sauerstofftransportkapazität Diese kann z. ß. durch eine erhöhte Erythrozytenzahl gesteigert werden. Dazu werden Substanzen verwendet, die teilweise auch für die Therapie der Anämie geeignet sind. Auch verschiedene verbotene Methoden erhöhen die Sauerstofftrans· portkapazität (s. u.). II Erythropoetin (kurz: EPO) ist ein renales Hormon, das für die Bildung der Erythrozyten essentiell ist. Es wird z. B. im Radsport angewendet, wo enorme Ausdauerleistungen verlangt werden. Durch die Hämatokriterhöhung kommt es jedoch zu einer erhöhten Blutviskosität und zur Gefahr von Thrombosen. Nachdem früher nur ein indi· rekter Nachweis durch die Bestimmung von Hämatokrit, Hämoglobin· konzentration und Retikulozytenzahl möglich war, kann nun rekombinantes Erythropoetin [rEPO) auch direkt im Harn nachgewiesen werden. II RSR13 moduliert die Sauerstoffaffinität des Hämoglobins. Durch eine Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve wird die 0 2-Ab· gabe im Gewebe erleichtert. Physiologisch tritt dieser Effekt z. B. auch bei niedrigem pH oder erhöhter C0 2-Konzentration auf. 2001 wurde beim Giro d'ltalia unter anderem auch RSR13 sichergestellt. II Repoxygen ist ein gentherapeutisches Verfahren, das bisher nur an Mäusen getestet wurde. Das Erythropoetin-Gen wird dabei in Muskel· zellen eingeschleust. Die Genexpression wird durch einen weiteren sauerstoffempfindlichen Faktor reguliert.
Hingegen hat oxygeniertes Wasser - das vielfach im Handel angeprie· senwird-wohl keinen leistungssteigernden Effekt. Die Atmung erfolgt schließlich nicht über den Gastrointestinaltrakt.
Narkotika, Analgetika Ebenfalls verboten sind opioidartige Analgetika. Sie bewirken zwar keine Leistungssteigerung, haben aber eine beruhigende und anxioly·
1101111
tische Wirkung. Zur Schmerzbehandlung dürfen NSAR verwendet werden.
Verbotene Methoden Sauerstofftransport • Blutdoping: Für eine autolege Transfusion wird Erythrozytenkon· zentrat 4-8 Wochen vor dem Wettkampf abgenommen und kurz davor reinfundiert Es kann auch Fremdblut infundiert werden. Nach den Sommerspielen 2004 in Athen wurde jedoch ein Verfahren zum Nachweis einer Fremdbluttransfusion entwickelt. Bei den olympischen Winterspielen 2006 in Turin wurde auch dem Österreichischen Bi· athlon· und Langlaufteam Blutdoping vorgeworfen. • Perfluorierte Kohlenwasserstoffe (z. B. Perflunafen) sind synthetische Substanzen, die viel Sauerstoff physikalisch lösen können. Sie werden als Emulsion mit Phospholipiden angewendet, da sie sich nicht mit Wasser mischen lassen. • Modifiziertes Hämoglobin: Ouervernetztes und polymerisiertes Hämoglobin wird vor dem Wettkampf in das Blut injiziert. in den USA steht ein polymerisiertes Hämoglobin (Hemopure®) vor der klinischen Zulassung. Es basiert auf Rinderhämoglobin und wurde bereits bei ope· rativen Eingriffen eingesetzt. Im Vergleich zu Erythrozytenkonzentra· ten hat es den Vorteil, dass es einfacher und länger gelagert werden kann und mit allen Blutgruppen kompatibel ist. Dopingmaskierer Unter die verbotenen Methoden fällt auch die Manipulation von Harnproben. Furosemid führt durch die erhöhte Diurese zu einer Verdün· nung der Urinkonzentration von verbotenen Substanzen. Probenecid vermindert die renale Steroidausscheidung, so dass die Konzentration endogener und exogener Androgene im Harn sinkt. Finasterid (Sa·Reduktase-Hemmer) vermindert die Ausscheidung von Sa-Meta· boliten und verändert so das Steroidprofil.
Zusammenfassung X Doping ist der Versuch der Leistungssteigerung durch verbotene Methoden oder verbotene Substanzen. X Anabole Steroide werden bei Kraftsportarten und von Bodybuildern missbraucht. Unerwünscht sind die androgenen Wirkungen. X Erythropoetin erhöhte die Sauerstofftransportkapazität. X Dopingmaskierer verdünnen die Harnkonzentration oder hemmen die Ausscheidung von verbotenen Substanzen.
Fallbeispiele
114 116 118 120
Fall 1: Fall 2: Fall3: Fall 4:
Starker Durst und Polyurie Gewichtszunahme Hirsutismus Knochenschmerzen
Fall 1: Starker Durst und Polyurie Eine 62-jährige Patientin stellt sich bei Ihnen in der internistischen Ambulanz mit Polyurie und Polydipsie vor.
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~
Frage 1: Welche Differentialdiagnosen sind zu berücksichtigen? Frage 2: Welche weiteren anamnestischen Fragen sollten Sie stellen? Frage 3: Was muss bei der körperlichen Untersuchung besonders beachtet werd en? Frage 4: Welche labordiagnostischen Untersuchungen sind bei der Abklä rung von Trinkstörungen sin nvoll? Antwort 1: Diabetes meUitus (Typ I und 2), Diabetes insipid us, primärer Hyperparathyreoidismus, psychogene Polydipsie. Antwort 2: Urinmenge (mehr als 2 I oder weniger als 0,5 1) und Harnfarbe [dunkel, hell)? Wie lange bestehen die Symptome? War der Beginn plötzlich oder langsam? Bestehen klinische Zeichen der Dehydratation (Obstipation, Mundtrockenheit)? Liegen Symptome vor, die auf eine bestimm te Erkrankung hinweisen (Gewichtsverlust, Müdigkeit, Kopfsc hmerzen u.a.)? Nic ht vergessen werden darf die Medikamentenanam nese [v. a. Frage nach Diuretika). Antwort 3: Kan n die Polyurie durch ausreichende Flüssigkeitsaufnahm e kompensiert werden, oder bestehen Exsikkosezeichen (z. B. auffällig trockene Schleimhäute, stehende Hautfalten)? Bestehen weitere Hinweise auf eine Erkrankung, die mit Polyurie und gesteigertem Durst einhergeht? Besteht eine Hypotonie oder eine orthostatische Dysregulation? Antwort 4: Bestimmung von Kalzium, Kalium, Natrium, Osmolalität, Hämatokrit [Polyurie bei Hype rkalzämie und Hypokaliämie; Erhöhung von Natrium, Osmolalität und Hämatokrit weisen auf eine Dehydratation hin ); Glukosekonze ntration.
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Die Patientin gibt an, pro Tag 2- 3 I Flüssigkeit zu trinken und etwa ebenso viel auszuschei· den. Nach ausführlicher Befragung berichtet sie auch über aUgemeine Müdigkeit und Ge· wichtsabnahme. Sie kann sich nicht erinnern, seit wann die Symptome verstärkt aufgetreten sind. Eine Hypertonie wird seit 5 Jahren mit Tenormin" (Atenolol) behandelt. Sie gibt an, etwa 25 Zigaretten pro Tag zu rauchen und ge· legentlieh Alkohol zu trinken. Ihre Mutter litt an einem Typ·2-Diabetes. Der Vater verstarb vor 15 Jahren an einem Myokardinfarkt. Die Patientin ist adipös und in einem guten All· gemeinzustand. Bei der körperlichen Untersu· chung zeigen sich diskrete Exsikkosezeichen wie trockene Haut und Schleimhäute. Die Patientin hat eine beidseitige Gonarthrose.
Die Patientin beschreibt den Durst als zwang· haftes Verlangen zu trinken. Die Symptome bestehen seit etwa zwei Monaten. Sie muss etwa alle 2- 3 Stunden Wasser lassen und steht auch in der Nacht 3· bis 4·mal auf. Sie schätzt, dass sie etwa 5 -6 I Urin pro Tag ausscheidet. Seit dem 25. Lebensjahr bestehen wiederkeh· rende Kopfschmerzen. ln letzter Zeit traten diese jedoch häufiger auf. Die Patientin ist in einem guten Ernährungs· und Allgemeinzu· stand. Der weitere Status ist unauffcillig.
Ihr Ehemann meinte, sie sollte wegen des Schwindelgefühls beim Aufstehen und des erhöhten Dursts einmal zum Arzt gehen und auch gleich eine Routineuntersuchung machen lassen. Sonst gibt die Patlentin keine Beschwerden an. Sie trinkt nach eigenen Angaben täglich ca. 2 I Wasser und müsse untertags und auch in der Nacht häufiger Wasser lassen. Es sind keine Frakturen nach Bagatel!traumen bekannt. Die weitere Anamnese ist unauffa!lig, bis auf eine Hysterektomie vor I0 Jahren. Erst bei der Frage nach der Medikation gibt sie an, seit ZWei Jahren einmal täglich Agopton" (l.ansoprazot) wegen Bauchschmerzen einzunehmen. Diese haben sich seitdem gebessert. Bei der körpe" Iichen Untersuchung fallen vor allem stehende Hautfalten und eine trockene schuppende Haut auf. Der Ernährungszustand ist leicht herabgesetzt, der Allgemeinzustand gut.
Frage 5: Welcher Verdacht besteht nach der ersten Untersuchung? Frage 6: Welche diagnostischen Schritte leiten Sie zum Nachweis der Verdachtsdiagnose ein? Frage 7: Welche diagnostischen Werte gelten als pathologisch? Frage 8: Welche LiJestyle·Therapie raten Sie der Patientin?
Frage 9: Auf welche Erkrankung weisen die Symptome hin? Frage I 0: Welche Symptome sind charakteris· tisch für diese Erkrankung? Frage II : Welche Krankheiten sollen im Spe· ziellen ausgeschlossen werden? Frage 12: Welche Untersuchungen müssen zur Bestätigung des Verdachts durchgeführt werden? Frage 13: Wie gehen Sie in diesem Fall weiter vor?
Frage 14: Welche Verdachtsdiagnose besteht? Frage 15: Welche weiteren anamnestlschen
Fragen sollten gestellt werden? Frage 16: Welche weitere Untersuchung sollte
durchgeführt werden? Wieso? 17: Welche Therapiemöglichkeiten bestehen?
Frage
-
Fall 1: Starker Durst und Polyurie
1141115
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 5: Diabetes mellitus. Antwort 6: Bestimmung der Spontanglukose [unabhängig von Tageszeit oder Nahrungsauf· nahme) oder der Nüchternglukose [8 Stunden nüchtern). Antwort 7: Diabetes mellitus: Spontanglukose ~ 200 mg/dloderNüchternglukose~ 126 mg/ dl (oGTT: ~ 200 mg/dl). Antwort 8: Rauchen aufgeben (Hilfe mit Niko· tinpflastern möglich!), Ernährungsumstellung, Bewegung soweit möglich. Es kann auch über· legt werden, den Betablocker durch einen ACE·Hemmer zu ersetzen.
Antwort 9: Diabetes insipidus. Antwort 10: Zwanghaftes Trinken, Polydipsie, Kopfschmerzen, Sehstörungen, plötzliches Auf· treten, Bevorzugung kalter Getränke. Antwort 11: Differentialdiagnose: Diabetes mellitus, renaler Diabetes insipidus, psycho· gene Polydipsie (häufiger bei jüngeren Patien· ten mit psychischen Störungen). Antwort 12: Durstversuch: Wenn der Patient es aushält, bis zum morgendlichen Durstver· such nichts zu trinken, dann ist im Durstver· such kein physiologischer Anstieg der Urin· osmolalität zu beobachten. Antwort 13: Bei nachgewiesenem Diabetes insipidus centralis sollte nach der Ursache ge· sucht werden (Tumor, Trauma, Enzephalitis, Meningitis, jedoch in etwa 30% idiopathisch!). Die Kopfschmerzen könnten durch eine intra· kranielle Raumforderung bedingt sein. Eine medikamentöse Therapie ist nicht immer not· wendig.
Antwort 14: Primärer Hyperparathyreoidis· mus, evtl. Diabetes mellitus. Antwort 15: Es sollte auch nach weiteren Symptomen eines Diabetes mellitus bzw. eines primären Hyperparathyreoidisrnus gefragt wer· den. Bei Letzterern kann es zu rezidivierender Nephrolithiasis, Übelkeit, Erbrechen, Magen· ulzera, Obstipation, Knochenschmerzen oder Herzrhythmusstörungen kommen. Sie machen eine Blutabnahrne. Bel der Laborbestimmung erhalten Sie folgende Werte: Na· triurn: 147 rnmol/1, Osmolalität: 304 mmol/1, Kalzium: 3, I mmol/1 [Interpretation mit Se· rumproteinen! Albumin: 44,2 g/1), Phosphat: 0,6 mmol/1, Kalium 3,8 mmol/1, Kreatinin: 1,67 mg!dl, Glukose: 134 mg/dl. Antwort 16: Es liegt eine Hyperkalzämie vor. Daher sollten auch intaktes PTH und Phosphat bestimmt werden. Außerdem sollte durch Bestimmung der Nüchternblutglukose ein Dia· betes ausgeschlossen werden. Die weiteren Untersuchungen weisen auf einen primären Hyperparathyreoidismus hin: Nüchternblutglu· kose 85 mg/dl; PTH intakt: 120 pglml, Phos· phat: 0,7 mmolll. Antwort 17: Die operative Entfernung stellt eine kurative Therapie dar. Bei älteren, asym· ptomatlschen Patienten mit erhöhtem Opera· tionsrlsiko und nur leicht erhöhtem Kalzium Ist eine Operation nicht immer angezeigt. Eine konservative Therapie besteht tn einer aus· reichenden Rüssigkeitszufuhr, körperlicher Ak· tivität, moderater Kalziumzufuhr und Bisphos· phonaten. Digitallsglykoside und Thlazide stnd kontraindiziert
Fall 2: Gewichtszunahme Ein 42-jähriger Mann stellt sich bei Ihnen in der Praxis mit Gewichtszunahme vor. Er hat in den letzten 12 Monaten mehr als 10 kg zugenommen. Frage 1: Welche Endokrinopathien können mit einer Gewichtszunahme einhergehen? Frage 2: Gewichtszunahme ist eines der häufigsten Begleitsymptome. Auf welche Fragen sollte in der Anamnese besonderer Wert gelegt werden? Frage 3: Was sollte bei der körperlichen Untersuchung bestimmt werden? Frage 4: Ab welchem BMI spricht man von Adipositas? Antwort I: Hypothyreose, Cushing-Syndrom, Hypopituitarismus, lnsulinom, Diabetes mellitus Typ 2. Antwort 2: Von besonderer Bedeutung ist die Frage nach Ernährungsgewohnheiten, Nahrungsmenge, Appetit und körperlicher Aktivität. In den meisten Fällen liegt eine Gewichtszunahme durch eine erhöhte Kalorienaufnahme vor. Dabei müssen auch alkoholische Getränke berücksichtigt werden. Es sollte des Weiteren nach dem Verlauf des Auftretens gefragt und nach Symptomen der oben angeführten Endokrinopathien gesucht werden (z. B. Kälteintoleranz, Obstipation, Müdigkeit, Vollmondgesicht, Stammfettsucht, Muskelatrophie, Ausfall der lateralen Augenbrauen) . Die weitere Befragung beinhaltet eine Familienanamnese (Adipositas, metabolisches Syndrom) und eine Medikamentenanamnese. Verschiedene Pharmaka wie Hormone (Glukokortikoide, Östrogene, Gestagene, Insulin und Sulfonylharnstoffe], Psychopharmaka (Antidepressiva!, Antikonvulsiva), Antihistaminika oder Betablocker können ebenfalls zu einer Gewichtszunahme führen. Nur bei gleichzeitigem klinischem Verdacht auf endokrine Störungen werden weitere labordiagnostische Verfahren eingesetzt. Bei Verdachtauf eine psychische Essstörung (z. B. bei Depression] sollte eine psychiatrische Untersuchung erfolgen. Antwort 3: Es sollte eine Bestimmung von Körpergewicht und Körpergröße erfolgen und nach dem genauenVerlauf der Gewichtszunahme gefragt werden. Danach kann der Body-Mass-lndex (BMI) bestimmt werden. Die "waist-to-hip ratio" (WHR) dient der Einschätzung der Fettverteilung (androide oder gynoide Fettverteilung). Antwort 4: Adipositas: BMI ~ 30 kg/m 2; Übergewicht: BMI25 - 29,9 kg/m 2, Normalgewicht: BMI 18,5- 24,9 kg/m 2.
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Im Rahmen einer ausführlichen Anamnese berichtet der Patient, dass er seit längerer Zeit an zunehmender Müdigkeit und vermindertem Antrieb leidet. Er friert außerdem leicht und zieht sich lieber eine Schicht mehr an als frü· her. Die Sprache ist verlangsamt. Die Mutter litt an einem Kropf, der entfernt wurde, nachdem Beschwerden beim Schlucken auftraten. Seitdem ist sie beschwerdefrei. Der Vater leidet an M. Parkinson. Der Ernährungszustand ist gut, der Allgemein· zustand leicht herabgesetzt. Bei der körper· Iichen Untersuchung fallen struppige, trockene Haare auf. Die Gesichtshaut ist trocken und leicht geschwollen. Der BMI beträgt 28 kg!m2. Der Puls liegt bei 56 Schlägen pro Minute, der Blutdruck bei 130/ 90 mmHg. Die weitere Untersuchung ist unauffällig.
Auf den ersten Blick fallen ein rundes Gesicht und eine androide Fettsucht mit dünnen Ex· tremitäten auf. Der Patient ist Landwirt. An früheren Erkrankungen ist nichts bekannt ("Ich war immer gesund"). In letzter Zeit fühlt er sich jedoch zunehmend abgeschlagen und muss sich bei bestimmten Tätigkeiten von sei· nem Sohn helfen lassen. Der Patient trinkt gelegentlich Bier und raucht etwa 20 Zigaretten pro Tag. Auf die Frage nach Allergien und Un· verträglichkeiten gibt er an, dass er Aspirin nicht verträgt, da er davon schnell Bauch· schmerzen bekommt. Ansonsten ist die Ana· mnese unauffillig. Der Allgemeinzustand ist gut. Nach Messung der Körpergröße w1d des -gewichts wird ein BMI von 31,5 berechnet. Die "waist-to·hip ratio" beträgt I ,3 (normal < I ,0). Bei der körper· Iichen Untersuchung fallen Hautblutungen an den Unterschenkeln und Fettablagerungen im Nacken auf. Der Blutdruck liegt bei 145/95 mmHg, der Puls bei 68 Schlägen pro Minute. Von dem erhöhten Blutdruck wisse er. Er möch· te aber auf keinen Fall täglich Tabletten schlu· cken.
Neben der Gewichtszunahme berichtet der Patient über Schmerzen in den Knie· und Hüftgelenken. Ansonsten hat er aber keine Beschwerden. Sorgen bereitet ihm die rasche Gewichtszunahme. Vor einem Jahr hatte er noch 92 kg und wiegt jetzt I02 kg bei einer Größe von 180 cm. Erst nach eindringlicher Befragung stellt sich heraus, dass er seit 14 Monaten arbeitslos ist und vor einem halben Jahr mit dem Rauchen aufgehört hat. Frühe~ war er KFZ-Mechaniker. Er macht derzeit zwar eine Umschulung, aber er findet nichts, was ihm ebenso viel Spaß macht wie sein früherer Berut. Der BM! beträgt 31 ,5 kg/m 2. Der weitere Status weist keine Besonderheiten auf.
Frage 5: Auf welche Erkrankung weisen diese Symptome hin? Frage 6: Welche weiteren Symptome können außerdem auftreten? Nach welchen Beschwerden sollte noch gefragt werden? Frage 7: Sie machen eine Sonographie. Wel· ches sonegraphische Bild könnte vorliegen? Was erwarten Sie bei einer Szintigraphie? Frage 8: Sie führen eine Blutabnahme durch. Was bestimmen Sie? Welchen Wert erwarten Sie? Frage 9: Welche Therapie schlagen Sie vor? Frage 10: Besteht ein Zusammenhang zwi· sehen der Struma der Mutter und der Hypothy· reose des Patienten?
Frage 11: Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie? Frage 12: Welche Symptome können bei dieser Krankheit auftreten? Frage 13: Welche diagnostischen Schritte Iei· ten Sie ein? Frage 14: Worin besteht die Therapie bei einem ACTH-sezernierenden Hypophysenade· nom?
Frage 1S: Auf welche endokrine Erkrankung weisen die Symptome hin? Frage 16: Was raten Sie dem Patienten beztlglich des Übergewichts?
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Fa l l 2: Gewichtszunahme
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Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 5: Es besteht der Verdacht auf eine Hypothyreose. Antwort 6: Neben Antriebslosigkeit und Käl· Ieintoleranz kann es auch zu Obstipation und Depression kommen. Bei einer Hypothyreose kommt es häufig zu trockener und schuppender Haut, brüchigen Nägeln, Haarausfall, heiserer Stimme oder verzögerten Reflexen. Antwort 7: Bei der Sonographie zeigt sich eine verkleinerte Schilddrüse mit diffus verminderter Echogenität, vereinbar mit einer chronischen Iymphozytären Thyreoiditis. Eine Szinti· graphie würde einen diffus verminderten Uptake zeigen. Antwort 8: Sie führen eine Bestimmung von TSH und IT4 durch. IT4 ist zur Bestimmung einer Hypothyreose besser geeignet als IT3. Man erwartet ein erhöhtes TSH bei niedrigem IT4• Liegt IT4 noch im Normbereich, spricht man von einer latenten Hypothyreose_ Zum Nachweis einer chronischen Iymphozytären Thyreoiditis erfolgt eine Bestimmung von AntiTPO-Antikörpern. Antwort 9: Bei manifester Hypothyreose sollte einschleichend Levothyroxin gegeben werden. Bei kompletter Zerstörung der Schilddrüse muss die Substitution lebenslang erfolgen_ Antwort 10: Die Struma der Mutter war wahrscheinlich durch einen Iodmangel bedingt. Ein direkter Zusammenhang mit einer chronischen Iymphozytären Thyreoiditis besteht nicht.
Antwort 11: Es besteht der Verdacht auf ein Cushing-Syndrom. Antwort 12: Stammfettsucht, Vollmondgesicht, Muskelatrophie und Hypertonie gehören zu den häufigsten Symptomen_ Daneben kommt es auch zu rascher Erschöpfbarkeil und Schwäche. Bei Frauen treten evtl. Zyklusunregelmäßigkeiten und Zeichen der Hyper· androgenämie auf iHirsutismus, Akne). Charakteristisch sind breite Striae im Bereich des Abdomens und Fettanlagerungen im Nacken und zwischen den Schulterblättern. Antwort 13: Am Anfang der Diagnostik stehen ein niedrigdosierter Dexamethasonhemmtest und die Bestimmung der Kortisolausscheidung im 24-Stunden-Harn. Die weiterführende Diagnostikbesteht in einer ACTH-Bestimmung, dem CRH-Test, dem hochdosierten Dexamethasontest und bildgebenden Verfahren. Antwort 14: Die Therapie der Wahl besteht in einer transsphenoidalen Adenomektomie.
Antwort 15: Die Symptome weisen auf keine endokrine Erkrankung hin. Antwort 16: ln diesem Fall führt eine neue Lebensaufgabe wahrscheinlich auch zu einer Gewichtsabnahme. Im Allgemeinen kann Übergewicht langfristig nicht durch radikale Diäten behandelt werden. Schließlich dauert es auch längere Zeit, bis das aktuelle Übergewicht erreicht ist. Im Vordergrund steht daher die Erarbeitung eines Theraplekonzeptes, das auf einer langsamen Reduktion des Körpergewichts durch Kalorienrestriktion, körperliche Aktivität und Verhaltenstherapie basiert. Ergänzend kön· nen Medikamente wie Orllstat (XenicaJ®) eingesetzt werden. Ab einem BMI > 40 kg/m2 sind auch operative Verfahren (z. B. Magen· band) indiziert.
I Abb. 1: Abdomi nelle Adipositas mit dü nnen
Extremitäten bei Patient mit Cushing-Syndrom. [6]
Fall 3: Hirsutismus Eine junge Frau im Alter von 20 Jahren stellt sich bei Ihnen in der Ambulanz vor. Sie berichtet über Amenorrhö sowie zunehmende Behaarun g am Kinn und an der Oberlippe. Frage 1: Welche Fragen sind bei der Anamnese zu stellen? Frage 2: Aufwelche weiteren Merkmale sollten Sie besonders achten? Frage 3: Welche weiteren diagnostischen Schritte leiten Sie ein? Antwort 1: Neben der gynäkologischen Anamnese ist im Besonderen nach dem Zeitpunkt und der Geschwindigkei t des Auftretens zu
fragen. Eine verstärkte Behaarung ist häufig konstitutionell bedingt und hat keine pathologische Bedeutung. Eine Kombination mehrerer Symptome kann jedoch auf eine endokrine Störung hinweisen. Antwort 2: Es sollte auf weitere Zeichen einer Hyperandrogenämie, wie Akne, androgenetischer Haarausfall, tiefe Stimme und Brustdrüsenatrophie, geachtet werden. Bei der Hypertrichose liegt eine vermehrte Behaarung an den and rogensensitiven Regionen vor, z. B. Oberlippe, Kinn oder Brust. Außerdem sollte auch an Symptome eines Cushing-Syndroms gedacht werden, wie Stammfettsucht, Vollmondgesicht, Muskelatrophie, rasche Erschöpfbarkeit, Hypertonie. Antwort 3: Zu Beginn der Abklärung einer sekundären Amenorrhö sollte immer auch eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Hirsutismus und Virilisierung weisen auf eine Hyperandrogenämie hin. Die weitere Labordiagnostik sollte eine Besti mmung von Testosteron, Androstend ion, 17-0 H·Progesteron, Kortisol, DHEAS, SHBG sowie von FSH , LH, Östradiol, Progesteron und Prolaktin umfassen.
Szenario 1
Szenario 2
Mit 14 Jahren kam es zum Eintritt der Menarche. Seitdem traten immer wieder unregel· mäßige Zyklen auf. Diese wurden in Zusam· menhang mit der Scheidung der Eltern gesetzt. Der Vater (49 Jahre) leidet an Diabetes melli· tus, der vor fünf Jahren diagnostiziert wurde und seitdem mit Tabletten behandelt wird. Die weitere Familienanamnese ist unautrallig. Seit der Pubertät besteht eine starke Akne. Eine Therapie mit Retinoiden zeigte jedoch nur einen eingeschränkten Erfolg. Mit 15 Jahren erfolgte eine Appendektomie, außerdem besteh t eine Laktoseintoleranz. Die Patientin ist übergewichtig (BMI = 28 kgl rn 2 ) und treibt ungern Sport. Bei genauerer körc perlicher Untersuchung erkennen Sie eine verrnehrte Behaarung arn Kinn, an der Oberlippe sowie eine Verlängerung der Schambehaarung in Richtung Nabel und einzelne dunkle Haare um die Brustwarzen. Eine Klitorishypertrophie liegt nicht vor. Bei der weiteren Diagnostik zeigt sich eine Er· höhung der Androgene. ln der frühfoUikulären Phase erfolgt eine Bestimmung von basalem 17-0H-Progesteron und nach Stimulation durch ACTH: 17-0H-Progesteron: 0,5 ng!rnl [normal: 0,3 - 1,0 ng!ml). Nach der ACTH-Sti· mulation erfolgt kein weiterer Anstieg.
Die Patientin berichtet, dass die Menarche mit 13 Jahren eingetreten ist. Danach lagen für 24 Monate regelmäßige Zyklen vor, die seit fünf Jahren zunehmend unregelmäßiger wurden. Mit 16 Jahren erlitt sie ein Polytrauma bei einem Autounfall, weshalb sie mehrere Wo· eben im Krankenhaus verbrachte. Die weitere Anamnese ist unautrallig. Die Patienti n ist schlank. Bei der körperlichen Untersuchung erkennen Sie einen männlichen Behaarungstypus mit Brustbehaarung und verlängerter Schambehaarung. Der Hirsutismus liegt seit mehreren Jahren vor. Der Zeitpunkt des ersten Auftretens ist nicht erinnerlich. Die Stimme ist nach Aussage von Bekannten vor einiger Zelt etwas tiefer geworden. Die Labor· diagnostik führt zum Nachweis der Hyper· androgenämie mit stark erhöhten Werten.
Frage 4: Welche Krankheit können Sie somit ausschließen? Frage 5:Welche häufigen Differentialdiagnosen müssen berücksichtigt werden? Frage 6: Nach Ausschluss anderer Ursachen kann bei der Patientin die Diagnose eines PCOS gestellt werden. Sie versucht seit einiger Zeit, schwanger zu werden. Wie können Sie der Pa· tientin helfen? Was müssen Sie dabei berück· sichtigen?
I~
Frage 7: Welche Punkte sprechen für einen androgensezernierenden Tumor, welche für ein adrenogenitales Syndrom (AGS)? Wie kann im Zweifelsfall eine Unterscheidung erfolgen? Frage 8: Wie erfolgt der Nachweis eines adrenogenitalen Syndroms? Frage 9: Worin besteht die Therapie?
Fall 3: Hirsutismus
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Szenario 1
Szenario 2
Antwort 4: Es können sowohl das "klassische"
Antwort 7: Langsames Auftreten und frühe
als auch die Late-Onset-Form des adrenogenita· len Syndroms ausgeschlossen werden. Antwort 5: Cushing-Syndrom (Ausschluss durch Dexamethasonkurztest), polyzystisches Ovar-Syndrom (Diagnose nach Ausschluss eines hypogonadotropen Hypogonadismus, einer Hyperprolaktinämie, einer Ovarialinsuffizienz, von Schilddrüsenfunktionsstörungen oder eines Cushing-Syndroms) Antwort 6: Das PCOS ist mit dem metabolischen Syndrom assoziiert (lnsulinresistenz!). Es muss daher vor Eintritt einer Schwangerschaft eine mögliche Störung des Kohlenhydratstoffwechsels ausgeschlossen bzw. behandelt werden, da es sonst zu einer erhöhten Inzidenz von Fehlbildungen und Schwangerschaftskomplikationen kommen kann. Um eine Ovulation zu induzieren, Jassen sich beim PCOS gute Erfolge mit Clomifen erzielen (in Kombination mit Metforrnin bislang nur in Studien zugelassen). Eine Ovulation kann auch durch eine Fer· tilitätstherapie mit Gonadotropinen ausgelöst werden.
Manifestation sprechen filr ein Late-Onset-AGS. Androgenkonzentrationen im Tumorbereich und ein plötzliches Auftreten im höheren Alter weisen auf einen androgenproduzierenden Tumor hin. Im Zweifelsfall wird zur Differenzierung Dexamethason hochdosiert über drei Tage verabreicht. Bei einem AGS oder einem Cush· ing-Syndrom kommt es daraufhin zu einer Suppression der Androgene. Antwort 8: Bestimmung von 17-0H-Progesteron in der frühfol!ikulären Phase vor und eine Stunde nach ACTH-Gabe. Eine erhöhte Konzentration und ein Anstieg nach ACTH· Stimulation sprechen filr ein adrenogenitales Syndrom mit 21 -Hydroxylase-Mangel. Antwort 9: Die Therapie des AGS erfolgt durch eine lebenslange Stereidsubstitution zur Suppression von ACTH. Ein Teil der Dosis wird abends eingenommen, um den morgendlichen ACTH-Anstieg zu hemmen. Der Hirsutismus wird dadurch jedoch meist nicht ausreichend behandelt. Es können dann auch mechanische oder medikamentöse Therapiemög!ichlceiten (z. B. orale Kontrazeptiva mit antiandrogener Gestagenkomponente) angewendet werden.
Frage: HyperandtogenAmie? Testoste ron , SHBG, freier Androgenindex
Te!ltosteron > 1,5 nofdl
DHEAS > 7,0
~glml
I v.a. androgensezernierenden Tumor! I ~ Oexamettlasonhemmtest (3 x 3
mg
Dexa. lür 3 Tage)
Transvaginale Sonographie CT Nebenniere
I Abb. 1: Hirsutismus an Oberlippe und Kinn. [6)
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I Abb. 2: Diagnostik des Hirsutismus. Stark erhöhte Androgenwerte weisen auf einen androgenproduzierenden Tumor hin. [3)
Fall 4: Knochenschmerzen Eine verschleierte Patientin stürzt in die Ambulanz und klagt sofort lauthals über heftige Schmerzen. Die Frau ist türkischer Herkunft und spricht nur gebrochen deutsch, weshalb eine ausführliche Anamnese kaum möglich ist. Sie lassen daher Frau Yildirim vom Putz· personal ausrufen und bitten sie, wenn nötig zu übersetzen. Die Patientin ist 56 Jahre alt und berichtet über Knochenschmerzen.
Knochenschmerzen
Betreffen den Skelettapparat
Gelenkschmerzen
Bewegungsabhängige Schmerzen
Muskelschmerzen
Druckschmerzhaft
Nervenschmerzen
Polyneuropa thie, Bandscheibe nvorfall, Neuritis
Gefäßbedingte Schmerzen
pAVK, Thrombosen !typi sch: Wad en schmerz)
Kopfschmerzen
Migräne, Clusterkopfsch merz
I Tab. 1: Knochenschmerzen sollen sorgfältig von anderen Schmerzen abgegrenzt werden.
Frage 1: Welche Ursachen kommen für Knochenschmerzen in Frage? Frage 2: Welche weiteren Fragen sollten Sie bezüglich der Schmerzen stellen? Frage 3: Worauf ist bei der körperlichen Untersuchung im Besonderen zu achten? Antwort 1: Metabolische Osteopathien (primärer/sekundärer Hyperparathyreoidismus, Osteoporose, Osteomalazie, M. Paget), Tumoren (Plasmozytom, primäre Knochentumoren und Knochenmetastasen), Osteomyelitis, Frakturen. Antwort 2: Seit wann? (akut oder chronisch), Wie? Art (stechend , dumpf), Wie stark? Schmerzskala (1-10), Häufigkeit? (permanent oder rezidivierend, belastungsabhängig?), Wo? Lokalisation und Ausstrahlung (diffus oder lokalisiert), Begleitsymptome? Antwort 3: Bestimmung von Körpergröße und -gewicht im Verlauf. Es sollte auch auf die Körperhaltung und den Gang geachtet werden. Ferner ist festzustellen, ob Beweglichkeitseinschränkungen, Klopf- oder Druckschmerzen bestehen.
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Die Patientirr berichtet über diffuse Knochenschmerzen in den Beinen und dem Becken, die seit einigen Jahren langsam zunehmen. Weitere Krankheiten sind nicht bekannt. Auch die Fa· rnilienanamnese ist unauffällig. Bis auf kleine Gedächtnisprobleme bestehen beim Vater kei· ne Beschwerden. Die Mutter und die Geschwister sind gesund. Sie erzählt weiter, dass sie die Wohnung nur mit einem Schleier verlässt. Medikamente nimmt sie keine ein. Die Patientln ist in einem guten Allgemeinzustand und, soweit beurteilbar, in einem etwas reduzierten Ernährungszustand. Wirbelsäule und das Becken sind druckschmerzhalt Bei der körperlichen Untersuchung fallt außerdem ein Watschelgang auf. Die Patientirr macht kürzere Schritte und rollt nicht rnit den Fußsohlen ab. Sie entnehmen Blut und bestimmen: Kalzium 2,09 mmoVI (Albumin: 51 ,2 g/1), Phosphat 0,73 mmol/ 1, alkalische Phosphatase (AP) 354 U/ 1 (60-170 U/ 1), Kreatinin 0,72 mg!dl.
Seit etwa 2 Jahren bestehen chronische Rü· ckenschmerzen, die bei Erschütterungen und in letzter Zeit auch vermehrt nachts auftreten. Heute morgen hatte sie plötzlich akute heftigste Schmerzen. In der Familie hatte auch die Mut· ter Probleme mit der Wirbelsäule. Die jüngere Schwester sei bis auf eine frühere Schilddrüsenunterfunktion gesund. Sie meint, sie wäre frü· her etwas größer gewesen und schätzt, dass sie ca. 2 cm an Körpergröße verloren hat. Bei Bedarf nimmt sie Omeprazol gegen Sodbrennen und Aspirin gegen Kopfschmerzen. Weitere Medikamente, auch Hausmittel, nimmt sie nicht ein. Gynäkologische Anamnese: Menarche mit 14 Jahren, Amenorrhöphase mit Anfang 30, Me· nopause mit 49 Jahren, 2 gesunde Kinder, die jeweils etwa 6 Monate gestillt wurden. Bei der körperlichen Untersuchung fallt ein Rundrücken auf. Ein Tannenbaumphänomen ist nicht nachweisbar. Die Wirbelsäule ist druckdolent. Eine Laborbestimmung zeigt: Kalzium 2,27 mmol/1 (Albumin: 42,8 g/1), Phosphat I, 15 mmol/1, alkalische Phosphatase 73 U/1, Kreatinin 0,80 mg!dl, BSG: 6/13 mm, Blutbild unauffaliig, Hb 11,8 g!dl, TSH: 1,53 mU/ 1.
An weiteren Erkrankungen ist eine Glomerulonephritis bekannt, die vor sechs Jahren diagnostiziert wurde und seitdem mit Prednisolon und Ciclosporin behandelt wird. Außerdem nimmt sie Moduretik" (Amllorld und Hydrochlorothlazid) gegen den Bluthochdruck. Als weiteres Symptom verspürt sie immer wieder ein leichtes Krtbbeln an den Fingerspitzen. Seit etwa 6 Monaten bereiten ihr aber vor allem zunehmende diffuse Knochenschmerzen Probleme. Diese sind vor allem in der Wirbelsäule und Im Becken lokalisiert. Geringere Schmerzen treten auch im Bereich der Schultern auf. Die Familienanamnese ist unauffällig. Der Allgemeinzustand ist etwas reduziert. Die Patientirr ist übergewichtig. Die Wtrbelsäule ist druckschmerzhaft, die Extremitäten sind schmerzfrei. Nach dem Hinknien kommt sie ohne Hilfe der Arme kaum aus der Hocke. Bei der Herzauskultation hören Sie ein spindeiförmiges Systollkum mit einem Punctum maximum über dem zweiten Interkostalraum rechts. Bel der Blutabnahme werden folgende Werte bestimmt: Kalzium: I ,67 mmoVl (Albumin: 23,7 g/1) Phosphat: 2,04 mmol/1, alkallsehe Phosphatase: 154 U/1, Kreattnin 3,14 mg/dl, Kalium 5,4 mmoVI, PTH: 120 pg/ml.
Frage 7: Welcher Verdacht besteht? Frage 8: Welche Frakturen sind dabei patho· gnomonisch? Frage 9: Wie erfolgt die Diagnose? Frage 10: Welche Umbaumarker kennen Sie? Frage 1 I: Welche Therapie schlagen Sie konkret vor?
Frage 12: Welche Diagnose stellen Sie? Wie· so? Frage 13: Welche Komplikationen können außerdem auftreten? Frage 14: Welche weitere Therapie schlagen Sie vor?
Frage 4: Welcher Verdacht besteht? Worauf achten Sie im Röntgen? Frage S: Nach welchen Ursachen sollte noch gesucht werden? Frage 6: Welche Therapie schlagen Sie vor?
Fall 4: Knochenschmerz en
Szenario 1
Szenario 2
120
I
121
Szenario 3 I
Antwort 4: Vermindertes Kalzium bei erhöhtem PTH und erhöhter AP weisen auf eine Osteomalazie hin. Durch eine Bestimmung von 25-0H-Vitamin D wird der Verdacht bestätigt Bel einer Röntgenaufnahme können evtL Looser-Umbauzonen nachgewiesen werden. Es zeigen sich eine verminderte Knochendichte und verwaschene, unscharfe Strukturen. Ferner könnten auch Wirbelkörperfrakturen vorliegen. Antwort 5: Zu den häufigsten Ursachen gehören ein Mangel an UV-Ucht und Malassimilationsstörungen. Es sollte daher auch nach gastrointestinalen Symptomen gefragt werden. Antwort 6: Wenn möglich, erfolgt eine Therapie der Grunderkrankung. Der Vitamin-D-Mangel wird durch eine Substitution von Colecalciferol behandelt Dabei sind jedoch regelmäßig das Serumkalzium und die Kalziumausscheidungzu bestimmen, um eine Vitamin-D-Intoxikation zu vermeiden.
Antwort 7: Verdacht auf primäre Osteoporo· se. Antwort 8: Wirbelkörperfrakturen, distale Radiusfrakturen, Schenkelhalsfrakturen. Antwort 9: Die Diagnose der primären Osteoporose kann durch eine verminderte Knochendichte nach Ausschluss sekundärer Ursachen gestellt werden. Dazu werden Kalzium, Phosphat, AP, Blutsenkung, CRP, Blutbild, y-GT, Kreatinirr und TSH bestimmt Außerdem sollten die Kalziumausscheidung im Harn bestimmt und eine Elektrophorese durchgeführt werden. Antwort 10: Umbaumarker sind unter ande· rem: alkalische Phosphatase, Osteocalcin, Cross-ünks. Antwort 11: Bisphosphorrate sind die wirksamsten Substanzen zur Behandlung der Osteoporose. Als Nebenwirkung könnten bei die· ser Patientirr jedoch weitere Schleimhautschä· digungen auftreten. Raloxifen (z. B. Evista"') kann hier als Alternative in Betracht gezogen werden.
Antwort 12: Klinische Symptome und Laborparameterweisen auf einen sHPT bei Nierenlnsuffizienz hin. Kalzium ist auch nach Korrektur der verminderten Plasmaproteine noch Inadäquat erniedrigt. Erhöhtes Kreatinin, Phosphat und Kalium weisen auf eine Niereninsuffizienz hin. PTH ist reaktiv erhöht Antwort 13: Durch Überschreitung des Lösllchkeitsproduktes für Kalzium und Phosphat kann es auch zu Kalzifizlerungen außerhalb des Knochens in Gefäßen, Herzklappen oder der Kornea kommen. Antwort 14: Bei der Niereninsuffizienz soll die Phosphatkonzentration durch Phosphatbinder gesenkt werden. Da bei einer Nebennierenlnsuffizienz die Vltamin-D-Synthese gestört ist, werden Calcltrloi oder Alfacalcldlol evtl. in Kombination mit Kalzium gegeben.
Anhang Hormonart
Hormon
P
ACTH (adrenokortiko-
Bildungsort
Freisetzung durch
Wirkungen
Adenohypophyse
CRH (zirkadiane r
Syn th ese von Gluk okortik oiden und adrenalen Androgenen
Rhythmus)
tropes Hormon)
P
ADH (antidiuret isches
Neurohypophyse
Hyperosmolarität, verminderte Vorhoffüllung
Hormon= Vasopressin) AS
Adrenalin
S, ein Mineralo-
Aldosteron
Vasekonstriktion (V ,-Rezeptor) und Rückresorption von freie m Wasser in der Niere (V,-Rezeptor)
1, syst. RR i , Anstieg des zentralen Blutvolumens, Broncho-
V. a. NNM (Neurotrans-
Sympathische Inner-
HF 1, HMV
mitter im ZNS)
vation des NNM
dilatation, Glykogenolyse und Lip olyse 1, Darmperistal ti k .!., Pupillenerweiterung (Stresshormon: ,.fight-fright-fli ght")
NNR (2ona glomerulosa)
Angiotensin II, Hyperka-
Na'-R ückresorption und K'-Sekretion in der Niere (u. a. im Darm, in
liämie, gehemmt durch
Speicheldrüsen und Schweißdrüsen)--> Vol umenreten tion und RRt
kortikoid
AN P
ANP (atriales natriure-
Aldosteronfrei se tzung, Vasokonstriktion
Entsteht aus Angio-
RAAS-Ak tivierung (Hy-
tensin I durch ACE (groß-
povolämie, adrenerge
teils in der Lun ge)
Stimu lation)
P
V. a. rechter Vorhof
Erhöhte Vorhofdehnung
Erhöhte Na'-Ausscheidung in der Niere, Vasedilatation
P
V. a. linker Ventrikel
Erhöhte Ventrikeldeh-
Erhöh te Na '-Au sscheidung in der Niere,( Herzinsuffizienzmarke r)
p
Angiotensin II
tisches Peptid) BNP (brain natriure-
nung (z. B. bei Herzinsuf-
tisches Peptid)
fizienz) Calcitrioi(1,25-Dihydro-
Stereidähnlich
Haut --> Leber--> Niere
PTH, Phosphat.!.
Kalzium- und Pho sphatresorp tion aus dem Darm, Knochen-
mineralisation
xy-Vitamin D,) Cholezystokinin (CCK)
p
Duodenum und Jejunum
Nahrungsproteine, lang-
Sek retion von Pankreasenzymen, Gallenblasenkontraktion
kettige Fettsäuren
p
CRH (Corticotropin-
Hypothalamus
Zirkadianer Rhythmus
Freisetzung von ACTH
und negative Rückkopp-
releasing-Hormon)
lung
s
DHEA und DHEAS (Dehydroepiandro-
V. a. NNR
ACTH
Niedrigpotentes adrenale s Androgen, zahlreiche positive Effekte werden diskutiert, sind aber nicht nachgewiesen (soll u. a. den Alters-
(Zona reticu lari s)
proze ss hemmen), Umwandlung in Testosteron und Östrogene (s . dort)
steron und DHEASulfat)
s
DHT (Dihydrotestosteron)
p
Endorphine
Bildung in den Zielzellen
Reduk tion von
Potentes Androgen zur Differenzierung der äußeren männlichen
aus Testos teron
Testosteron
Geschlechtsorgane, erhöhte Konzentrationen in Prostata, Achsel oder Schambereich (vermehrte Expression der 5a-Reduktase)
Hypophyse und ZNS
Notfallsituationen (z. B.
Starke analgetische Wirkung, eu phorische, beruhigende und anxioly-
Unfall). große körper-
ti sche Wi rkung (.. Giückshormone")
liche Anstrengung, posit ive Erlebnisse Erythropoetin
GP
V.a. Niere
Hypoxie (vermindert bei
Stimuliert die Erythropoese
Niereninsuffizienz u.a.) FSH (follikelstimulie-
GP
Adenohypophyse
Pulsa ti ler GnRH-Stimulus
<;> : Follikelreifung
r'S : Spermatogenese
rendes Hormon)
p
Gastrin
Antrum, Duodenum
Magendehnung, Nah-
(G-Zellen)
rungsproteine, Vagus-
Magensäure- und Pepsinegensekretion
aktivierung GH (growth hormone) s. Wachstumshormon GHIH (Growth-Hormone-inhibiting-Hormon
p
=
Hypothalamus und Pank-
Negative Rückkopplung
Hemmt GH-Sekretion; hemmt Insulin- und Glukagon-Ausschüttung im Pankreas
reas (O-Zellen)
Somatostatin) Ghrelin (growth-hor-
p
mone-release-lnducing)
V. a. Magen (auch
Hunger (sinkt nach Nah-
Hypothalamus und
rungsaufnahme ab)
Reguliert Nahrungsau fn ahme, wachstumshormonfreisetzend
Hypophyse) GHRH (Growth-Hor-
p
Hypothalamus
p
Pankreas (A-2ellen)
Negative Rückkopplung
Stimu liert GH-Frei se tzung
Hypoglykämie, Katechol-
Steigert Glykogenolyse und Glukoneogenese --> Blutzuckeranstieg
mone-releasing-Hormon = Somatoliberin) Glukagon
amine. Aminosäuren GnRH (Gonadotropln-
p
Hypo thalamu s
Negative Rückkopplung
Freise tzung von LH und FSH
(Pulsgenerator: Nucleus
releasing-Hormon)
arcuatus) hCG (humanes Chorion-
GP
Plazen ta
gonadotropin)
1 Ta b.
1: Hormo nklassifikation mit ausgewählten Horm onwirkungen .
Hemmt Gelbkörperatrophie zu Beginn der Schwangerschaft (Schwangerschaftstes t)
Anhang
1241 125 Hormon
Hormonart
Bildungsort
Frelsetzung durch
Wirku ngen
hGH (human growth horm one) s. Wachstu mshormon hMG (humanes meno-
GP
pau sa les Gona dotropin)
FSH und LH aus dem
FS H- und LH-Aktivität (Fertilitätstherapie)
Urin postmenopausa ler Fr<:~uen
IGF-1
( in s u l in~ i ke
p
Leber
Wachstumshormon
p
Pankreas (8-Zellen)
Hyperglykämie, Ami no-
Erhöht zelluläre Glukoseaufnahme und Glykogensynthese, hemmt
säuren
Glukoneogenese und Lipolyse -> Blutzucker sink t; fördert zelluläre
Hohe Kal zium-
Osteok lastenhemmung, analgetische Wirkung
growth factor 1) Insulin
Zahlre iche wachstumsfördernde Wirkunge n (erhöh te Proteinsynthese),
auch Agonist am Insulinrezeptor
Ka liumau fnahme Ka lzi tonin
p
C-Zellen der Schilddrüse
Korti sol
S, ein Glukokor-
NNR (Zona fasc iculata)
konzentration
tikoid
ACTH (zirkadianer Rhythmus)
Prote inabbau (z. B. Muskulatur, Haut), Glukoneogenese, li polyse, immunsuppressive, antiphlogistische und antiallergische Wirkung, mi neralokortikoide Wirkung (siehe Aldosteron)
LH (lutei nisierendes
GP
Adenohypophyse
Pulsatiler GnRH-Stimulus
'i' : Ovulation, Gelbkörperbildung d': Androgenbi ldung
AS
Zirbeldrüse (Corpus
Bei Dunkelheit
Steuert Tag-Nacht-Rhyt hmus (schlaffördernd)
MRH (MSH -relea-
Steigert Melaninsynthese in den Melanozyten
Hormon) Melaton in
pineale) MSH (melanozytensti-
p
Von POMC abgespalten
mulierendes Hormon)
sing-Hormon), durch MSH-inhibiting-Hormon gehemmt
Noradrena lin
AS
Sympathische postgan-
Sympathikusak tivierung
ZNS Östradiol
S, ein Östrogen
'i: v. a. Ovar (Follikel),
FSH (bei
Plazenta
Verlauf)
o:Fettgewebe (Aro-
t) und reflektorische HF-Abnahme! (Parasympat, nur geri nge Wirkung auf ß,-Rezeptoren), keine Vased ilatation der Skelettm usk ulatur über ß2-Rezeptoren
Vasekonst riktion (RR thikus
glionäre Neurone, NNM,
'i' zyklischer
Sekundäre weibliche Geschlechtsmerkmale, weibliche Fettverteilung, Endometriu mproli feration, fördert Knochenaufbau und hemmt Knochenabbau, erhöhte Gerinnungsneigung, Natrium- und Wasser-
matisierung von And ro-
retention
genen), Hoden Oxytozin
p
Neurohypophyse
Sensible Reize
Myometriumkontraktion, Milchejektionsreflex, sozia le Bindung
Para th ormon
p
Nebenschilddrüse
Hypokalzämie
Ka lziu m- und Phosphatmobilisierung aus dem Knochen, erhöhte Kalziumrückresorption und Phosphatausscheidung in der Niere, stimuliert Vitamin D-Synthese
PIF (Prolaktin-i nhibiting-
AS
Hypothalamus
Negative Rückkopplung
Hemmt Prolaktinfreisetzu ng
LH (zyk lischer Verlauf)
Sekretorische Endometriu mumwand lung, hemmt östrogeninduzierte
Regulation v. a. über
Laktat ion, hemmt GnRH-Sekretion, (immunstim ulierende Wirkung)
Faktor = Dopamin) Progesteron
Prolakti n
S, ein natürliches
Ovar (Gelbkörper),
Gestagen
Plazenta
p
Adenohypop hyse
Endometriumproliferation, erhöht Basaltemperatur, diuretische Wirkung
Hemmung durch Oopamin, durch TRH
stimuliert Sekretin
Seroton in
p
AS
Duodenum
Säureübertritt aus dem
Bikarbona tsek retion in Pankreas und Ga lle, hemmt gastri ninduzierte
Magen
Säuresekret ion
ZNS (Raphekerne), Darm
Kom pl exe Wirkungen auf Stimmung, Gedächtnis, Schlaf-Wach-Rhyth-
(EC-Zellen), Thrombo-
mus, Nahrungsa ufnahme, Schmerz und Temperatu rregulation; Vase-
zyten
konstrikt ion (Lunge, Niere) und Vasedilatati on (Skelettmu skulatur), erhöhte Darmperista ltik, Thrombozytenaktivierung
Somatollberin s. GHRH Somatostatin s. GH IH STH (Somatotropin ) s. Wach stumshormon Testosteron
S, ein Androgen
d: Hoden
LH
(\? : NNR und Ovar)
Sexuelle Diflerenzierung, sekundäre männliche Geschlechtsmerk male (Bart, Körpe rbehaarung, tiefe Stimme), Spermatogenese, Wirk ung auf die Psyche (steigert St immung und Libido, erhöhte Aggressivitä t); anabole Wirku ngen (Muskel- und Knochenaufbau)
Thyrox in (T4) , Triiod-
AS
· Schilddrüse
TSH
t hyronin (T, )
Wachstum und Reifung von Skelett und ZNS, steigern Grundumsau, Darmmotilitä t, Knochenumbau und andere Stoffwechselvorgä nge, Blutzuckeranst ieg (erhöhter lnsulinbedarf)
TRH (Thyreotropin-
p
Hypothalamus
Negative Rückkopplung
relea si ng-Hormo n)
I
Tab . 1 ,(Fortset zung): Hormonklassifikation mit ausgewäh lten Hormonwirk u ngen.
Stimuliert TSH- und auch Prolaktin-Freisetzung
Anhang Hormon
Hormonart
Bildungsort
Freisatzung durch
Wirkungen
TSH (thyreoideastimu-
GP
Adenohypophyse
TRH
Schilddrüsenhormonsynthese. Hypertrophie der Follikelepithelzellen
lierendes Hormon) Vasopressin s. ADH P
VIP (vasoaktives intestinales (Poly-]Peptid}
Neurotransmitter des en-
Aktivierung enterischer
Stimuliert Bi karbonat-, Wasser- und Elektrolytsekretion, senkt gastro-
terischen jund zentralen}
Nerven
intestinale Motilität, hemmt Magensäuresekretion, vasodilatierend
Nervensystems GHRH, Ghrelin, gehemmt
Körperliche Entwicklung, Lipo lyse, Glykogenolyse, viele wachstums-
([h]GH, (human] growth
durch GHIH (Somato-
fördernde Wirkungen entstehen indirekt durch Freisatzung von IGF- l
hormone - STH, Soma-
statin}
P
Wachstumshormon
Adenohypophyse
totropin)
Abk. für die Hormonart: P • Peptid/Protein; GP = Glykoprotein; AS • Aminosäurederivat; S • Steroid
I
Tab .
1 (Fortsetzung):
Hormonkla ssi fikati on mit ausgewählten Hormonwirkunge n .
I/
Normalwerte
URBAN & FliCHER
aus Innere Medizin, 5. Aun.: Oassen, Oiehl, Kochsiek, Berde~ Böhm, Sehrniegel
• a 1-Giobulinc
ACE(S) ACTH (P) ADH(P)
<6,7 pg/ml
Ad renalin {24U)
< 0,15 IJMOI/d (< 27 mg/d)
AFP(I) Album;n (S)
< 10 ng/ml
Albumin (24 U) Albumin-Ouot.
< 20mg/l
18-55 U/1 c;;
18 pmol/1 (80 ng/1)
3,5-5,5 g/dl (35-55 g/1)
l/S Aldosteron (S) Ammoniak. (P) Ammoniak (24U)
Amylase (S) Amylase (UJ ANAISI
28-150 ng/1 (80-400 pmol/1) c!: 25-94: 9: 19-82 l~g/dll d : 15-55: 9: 11-48l~mol/ll 0,3-l,Og 70-300 U/1 100-2000 U/1 1:160
Anionenlücke (SJ
8- 16 mmol/1
a 1-Antitrypsin (5) 90-180 mg/dl a 1-Antitrypsin APC-Ratio
ASl(S)
< 0.4 mg/g fz >2,3 < 1:80
ATIII (CB) 80-120 'lb; 0, 19-
2-6 min
3-9 min BSG n. West (VB) 1h: d :3-8 mm; 9 : 6-11 mm 2h: d : 5-18 mm; 9:6-20 mm Calcitonin (P) d:2-48; 9:2- lO(pg/mll CA 15-3 (SI < 28U/ml CA 19-9 (SI < 37,5U/ml CA 125 (Sl <35U(ml CEA (S) 2,5- 10 II!J/1 Chlodd (SJ 98-112 mval/1 Chlor;d {24U] 6-1;3 g/d Chlodd 720-750 mg/dl Cholest, ges. (SI 120-200 mg/dl (3,1-5,2 mmol/1)
• LDL-Cholest. • HDL-010Iest. •Lp Iai
< 150 mg/dl (< 3,87 mmol/1) >50 mg/dil> 1,3 mmol/11 < 25 mg/dl
Cho lln est ~ rase
{5) 3000-8000 U/1 Chymotrypsln > 3 1E/g CK(S) o: < 80U/I: 9: <70 U/1 CK-MB (Herz) (S) < 10 U/1 (6 110 der Gö.-CKI Coeruloplasm. (S) 15-60 mg/dl (0,94-3,75 ~mol/1) Complem. C3 (SI 0,55- t ,2 g/1 (55-120 mg/dl) Cumplem. C4 (SI 0,2-
I
Tab.
2:
Normwerte.
O, t -0,4 g/dl (2-5'\b) 0,5-<>,9 g/dll7-10 'lb] • o r Giobuline 0,6-1,1 g/dll9-11 'lb) · ~ -Globu line 0,8-1,5 g/dll12-10 'lb] • y-Giobul ine < 70 mg/d Eiweiß (24UI t5-45 mg/dl Eiweiß Erythrozyten (VB) c!: 4,2- 5,9 (x10"/ml]; 9 : 4,0-5,2 (x 10"/ml) 27-34 pg (1,67-2.1 mmol/ll • MCH 30-36 g Hb/dl Ery 119-22 mmoiM • MCHC 80-100 J.1m 3 (80-100 fl) • MCV 4-15 'l00 • R~tiku lozyt 30-200 1-19/l (30-200 nmr.ll/1) Ferritin, M (5) <7g/d Ftn 200-400 mg/dl Abr';nogen (C8) (5,88- 11,76 ~mol/1) Fobr';nspalt.pr. (S) < 0,5mg/l 3-15 ng/ml Folsäun: {S) d : 6-28 U/1: 9:4- 18U/I y-GT (S) < 40-210 pg/mt Gastrin (S) d : < 7,0 U/1; 9: < 5,0 U/1 GLOH (S) 70-100 mg/dl Glukose (5) (3,89- 5,55 mmoiM < 90 mg/d Glukose (24U) 45-75 mg/dl {70 110 BZ] Glukose 6: < 18:9: < 15(U/I) GOT(S) ö:<22; 9:< 17(U/I) GPT IS) Hämoglobin (VB) d: 14-18; Q: t 2-16(g/dl) (8,69- 11, 16 mmoVI; 7,45- 9,93 mmol/1) 4-6<\b HbA,. (VB) Methäm.gl. (VB) < 1 'lb Hb Hämatok,;t (VB) ö : 41- 50; 9: 37-46(%) (0,41-
ö: 70-140 1'9/dl (11-22 ~mol /1) 9: 85-1551J9/dl (13,4-24,4 ~mo l/1)
Kupfer (S)
Immunglobuline
•lgA •lgG •lgM Kö!lium (S) Kalium (24U) Kalzium, gei. (S) Kalzium, ion. (S)
< 6mg/l 9- 26 mg/1 < 0,9-2,5 mg/1 3,5-5,0 mmol/1 61-79 mmol/d
9,2-10,5 mg/dl (2,3-2,63 mmol/11 4,5-5,3 mg/dl (1,12- 1,32 mmol/1)
l<;1lzium (24U) Ketonkörper
4,02-4,99 mg/dl
gesam t (S)
0,5-1.5 mg/dl
Ketonkörptr (24U) 10-100 mg/d 0,5-1,2 mg/dl (44-106 ~m o l/1) Kreatinin (5)
Kreatinin (24Ul
Cl 2()()5, E l ~itrU rlmn & lhchrrVcrlag
o. 5- t,5 g/u All( Angabrn olmt• Ck w:lhrl
Rcnin (P)
Ucgcn: 0,2-2 ng/ml/h
Rheumafa ktor
Stehen : 1,0-4,2 ng/ml/h < 100 U/ml
(lgM)(S)
< 2,4 mmol/1 < 2,1 mmol/11
Seroton in (S)
L>ktat (L] LAP {I ] LOH {S) Leukozyten
11-35 U/1 140-290 U/1 4-9 (x tO'M; 4- 9 G/1
Serotonin (U) < 1 ~mol/d Serum-Thymidin- <7U/I kinase (S)
•Neutrophite
2,12-6,75 (x Hf /IJI; SJ- 75o,b)
lch;ldd.-AK ISJ
Laktat (P)
- Stabkern;ge 0,12-0,45 (x 10'/~ 1 ; 3-5 'lb) - Seg me:ntkern. 2-6,3 /x l(jl/JJI; 50-70 ~) 0-ü,36 (K 103/IJI; 2-4 OA:I) • Eosinophile: o-o.l(x lQl/tJI: 0-1 %) • Basophile: 1-3,6 (x 10'/~ 1 : 25-40 'lb) •LymphoZ'{len
0 : 80-290 "g/1; 9: 110-320 ~g/1
• mikros. AK (MAK) 0: < 60 U/ml: 9: < 100 U/ml ö: < 60 U/ml; Q: < 100 U/ml • ~:~tob.-AK
< 10 U/ml
• TSH-Rez.-AK
(IRAK)
- 8-Lymphozyte:n 160-270
T., gesamt (S)
- T-LymphoZ'(len 1000-1500 -!-Helfer (C04) 600-960 - 1-Suppr. (C08) 420-660 - C04/C08-Cu. 1,2-1,9
1,0-2,3 ng/dl (13-30 pmol/1) • fre;t:S T, (SI 0,9-2,0 ~g/dl1,38-3,10 nmol/1) T,, go:saml (S) 0,7-1 ,8 ~g/1 (1,1-2,8 nmol/1) • freies Tl (SJ • TJ[8G-au. ISI 3, t-5,5 16-27 mg/dl T8G (SJ Thromb.zdt (1Z) (C8) 14-21 s
• Monozyten
o-o,54 (2-6 q,o)
lipas<(S)
30-180 U/1 5- 20 cm H10
Uquordruck M agnesium (S) Magnesi um (24U) Myoglobin (S) Nat rium (S) Natrium (24U) Neur. Enolase
Noradrenalin (U) Osmolalität (S) Osmola rität (U) Pa rathormon (S) Phenylalanin (P) Phosphatase,
ICuici<) Thrombozyt
185-275 ng/1 (1094-162 5 pmol/1)
UrinlJewicht,
23-105 ~g/d 1136-620 nmol/1) 280-300 mosmol/kg H20
spez. (UI
50-1400 mosmol/kg
15-65 ng/1 (1,5-6,5 pmol/1) 0,6-2,7 mg/dl 65-220 U/1
VMS I24UI Zdlen •Lymphozytc:n •Monozyten • Neutrophile z;nk (S)
ö: < 4.7: ?: <3,7 (U/11
2,6-4,5 mg/dl (0.84-1 ,45 mmol/1) 300- 1000 mg/d (95-320 mmol/dl Porphyrine (24U) < 100 ~g/d (< 120 nmolfd)
< 3,24 ~mol/d (< 97 ~g/d) < 4/~1
30-60% 30-50% 0-J'lb 74-139 ~g/1 (0,94-1,77 ~mol/l)
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•Ko proporph .(24U)14-78 ~g/d {21 - 119 nmol/d) • Porphobi linoycn 100- 700 }Jg/d (0,5- 7,5 mmol/d) (24U) • UropU!pb . (24 U) J-24 ~ g/d (4- 29 nrnolfd)
Transsudat Amylase [rythrn7yll'n
Ges.1mt ciwt·ill
d: 3,0-14,7 mg/1 (7 2-353 mU/1); 9 : 3,8- 23,2 mgfi (91 - 557 mU/1) 70-140<\b 50-145% 0-4 ng/ml 23- 35 s
Protdn C(PI ProtdnS(P) PSA (SI PTT (C8)
2,2 310- 1100 pg/ml (229-812 pmol/1)
Vlskositat (PI Vit. Bn (5)
Phosphat (24U)
ProlakHn (SI
1,003-1,030
Urinosmolalität (U) 50-1400 mosmol/kg Urobilinegen (24UI3-25 mgfd
alk. (S) Phosphatase, sauer (S) Phosphal (I)
70-120%
Thromboplastinz.
0,65- 1.03 mmol/1 > 3 mmol/d ö: < 92 ng/ml; 9 : < 76 ng/ml 135-150 mmol/l(mval/1) 120-220 mmol/d < 16,5 JJQ/1
INSEIISI Noradrenalin (SI
5- 12 J.1Q/dl (65-155 nmol/1)
(Pieura/Scr.-Ou. Glukose lilkl
Exsudat > SOOU/ml > 10000/~1 < J g/dl (< 0,5) > 3 g/dl (> 0,5)
<.
10000/}.11
pH
wir Seru m 5-45 mg/dl < 200 UM< 0,6) < 1000/~ 1 > 7,2
!Spez.Gr:wicht
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leu~ozyh::n
< 60mg/dl 45-2 10 mg/dl > 200 u~ (> 0.61 > 1000/~1 < 1,2 > 1016
: pH
pO, pCO,
Stand. HC01BE ol~Sättigung
rtcriell (AB 7,37-7,44 &5-tosmmHg 31 - 44' mmHg 22- 26 mvalfi 3,4-2.3 mval/1 < 95-98<\b
nösNBl 7,34-7,42 30-00mmHg 38-4BmmHg 19- 24 mvalfi -2- 5 mval~
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Urin
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Anhang
Diabetes mellitus
Nüchternblutglukose
I
127
Nebenniere
,:; 126 mg/dl
Kortisol, basal
Im Serum (morgens): 5- 25 pg/dl Im 24-Stunden-Urin: < 140 ~g / 24 h < 3 ~g/ dl
(8 Stunden nüchtern) Oraler Glukosetoleranztest
,:; 200 mg / dl
Nach Dexamethason-
HbA"
< 6,5%
kurztest
Insulin (nüchtern)
5-25
C-Peptid
126
~U/ml
1- 4 ng/ml
Nach ACTH-Test
> 18
Aldosteron
Liegend: < 160 pg/ml
Adrenalin
Angesäuerter 24-Stunden-Urin: < 20 pg / 24 Std.
~g / dl
Stehend:40-310 pg/ml Hypophyse hGH (humanes Wachs-
< 5 ng/ ml
tumshormon) hGH nach oGTT
< I ngjml
IGF-1
Altersabhängig, Höchstwerte in der Jugend
LH und FSH
Frauen: zyklusabhängig, Anstieg in der Postmenopause
Noradrenalin
Angesäuerter 24-Stunden-Urin: < 100 pg/24 Std .
Metanephrine (Meta-
Angesäuerter 24-Stunden-Urin : < 1,2 mg / 24 Std.
nephrin + Normetanephrin) Sexualhormone
Nebennieren)
Frauen (prämenopausal): 0,5-2,7 ng/ ml Männer: 0,6- 2,7 ng/ml Alters- und geschlechtsabhängig
Androstendion (Ovar und
LH
Männer: 2 -B mU/ml
FSH
Männer: 1,5- 12 mU/ml
DHEAS (v. a. Nebennieren)
TSH
0,3-4,0 mU/1
Östradiol
ACTH, basal
9-52 pg/ml
Prolaktin
Frauen: 5-25 ng/ml
Progesteron
Männer: 5 - 20 ng / ml
17-Hydroxyprogesteron
Frauen: zyklusabhängig, Abfall in der Postmenopause Frauen (Follikelphase): 0,3 - 1,0 ng/ml Männer: 0,6-3,3 ng/ml
Schilddrüse TSH
0,3 - 4,0 mU/1
Thyroxin, gesamt
5-12~g/dl
Freies Thyroxin (f,.)
1,0-2,3 ng/ dl
Triiodthyronin, gesamt
0,7-1,8 ~g/1
Freies Triiodthyronin (fd
2,5-6,0 pg/ml
TBG
13-30 mg/ 1
Knochen
Testosteron, gesamt
Frauen: < 1 ng/ ml Männer: 3- 10 ng/ml
SHBG
Frauen: 18- 114 nmol/1
~-HCG
Nicht schwangere Frauen:< 3 mU/ml
Männer: 13- 71 nmol/1
Weitere 5-Hydroxyindolessigsäure
24-Stunden-Urin: < 9 mg
(5-HIES)
Kalzium, gesamt
2,2-2,6 mmol/1
Kalzium, ionisiert
1,1-1,3 mmol/1
Phosphat
0,8 - 1,4 mmol / 1
Intaktes Parathormon
15-65 pg/ml
(iPTH)
Serotonin
Tab. 3: Endokrinclogische Diagnostik . Diese Richt werte gelten für Erwachsene und können abhängig vom Labor variieren.
24-Stunden-Urin: < 0,25 mg im Serum: < 260 ng/ml
Tumormarker Ka lzitonin (medulläres
< 10 pg/ ml
Schilddrüsenkarzinom) Thyreoglobulin (nach
I
Frauen: zyklusabhängig, Abfall in der Postmenopause Männer: <50 pg/ml
< 1 ng/ml (unter der Nachweisgrenze)
Thyreoidektomie eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms)
I Tab. 3 (Fortsetzung): Endokrinclogische Diagnostik . Diese Richtwerte gelten für Erwachsene und können abhängig vom Labor variieren.
Anhang
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Bolus- Insulin (Präparat: früh : _ _ EIBE mitlags: _ _ EIB E abends: _ _ EIBE
) Zielbereich: nüch lern:
_ _ _ mg % postprandial: _ __ mg %
Zw ischenmahlzeiten: _ _ EißE Fell-Eiweiß- Gemisch: _ _ EllOO Ka i. M a rgengupf : _ _ E Ko rrektur: 1 E - _ _ - mg % ßZ BE- Korrektu r: _ _ 1 BE - _ _ + mg % BZ
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1: Beispiel fü r ein Blutzucker-Protoko ll bei einem Pat ienten mi t funkt ioneller lns ulinthera pie. [ 151
'AKh
768- 10/90
Anhang
Zur Abb. 1, S. 128: Der Patient misst jeweils vor den Mahlzeiten, sowie einmal nachmittags und einmal vor dem Schlafengehen. Er erhält je 12 JE (lnsulineinheiten) Basisinsulin morgens und abends. Zu den Mahlzeiten spritzt er 2 IE/ 1 BE. Der Korrekturfaktor beträgt ± 40 mg/ dl. Montag: Morgens: BZ ca. 120 mg/dl; 12 IE Basisinsulin + 6 IE Bolusinsulin bei 3 BE zum Frühstück (bei einem Verhältnis von 2 IE/1 BE) Mittags: 180 mg/dl; 6 IE Bolusinsulin (für 3 BE)+ 2 IE zur Korrektur 15:00 Uhr: BZ im Zielbereich (105 mg/dl) Abends: BZ bei ca. 160 mg/ dl; 12 JE Basisinsulin + 10 JE Bolusinsulin (für 5 BE)+ 1 JE zur Korrektur 23:00 Uhr: BZ ca. 80 mg/dl; Korrektur mit 1 BE (z. B: 1/ 8 1 Fruchtsaft).
128
I
129
Dienstag: Morgens: BZ bei ca. 140 mg/ dl; 12 JE Basisinsulin + 6 JE Bolusinsulin (für 3 BE) + 1 JE zur Korrektur Mittags: BZ 160 mg/dl; 8 IE Bolusinsulin (für 4 BE) + 1 JE zur Korrektur Am Nachmittag lassen Stress und körperliche Anstrengung im Beruf den Blutzucker fallen: 16:00 Uhr: BZ bei ca. 70 mg/dl; Korrektur mit 1 BE Abends: BZ im Zielbereich (110 mg/dl) 12 IE Basisinsulin + 8 IE Bolusinsulin (für 4 BE) 23:00 Uhr: BZ bei ca. 80 mgl dl; Korrektur mit 1,5 BE.
Quellenverzeichnis
[l] Modifiziert nach: Aktories, K., et al.: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 9. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2004. [2] Modifiziert nach: Allolio, B., Schulte, H.M.: Praktische Endokrinologie, 1. Auflage. München: Urban & Schwarzenberg 1996. [3] Modifiziert nach: Auernhammer, C., et al.: Praxisbuch Endokrinologie und Stoffwechsel, 1. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2004. [4] Modifiziert nach: Berger, M.: Diabetes mellitus, 2. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2000. [5] Modifiziert nach: Bäcker, W., et al.: Pathologie, 3. Auf· Iage. München: Elsevier Urban & Fischer 2004. [6] Modifiziert nach: Chew, S.L., Leslie, R.D.: An Illustrated Colour Text, Clinical Endocrinology and Diabetes, 1. Auflage. Elsevier Churchill Livingstone 2005. [7] Modifiziert nach: Classen, M., et al.: Innere Medizin, 5. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2003. [8] Modifiziert nach: Deetjen, P., et al.; Physiologie, 4. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2004. [9] Modifiziert nach: Emminger, H.: Exaplan- Das Kompendium der klinischen Medizin, 4. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2003. [1 0] Modifiziert nach: Golenhofen, K.: Basislehrbuch Physiologie, 3. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2004.
[11] Modifiziert nach: Hof, H., Dörries R.: Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie, 3. Auflage. Stuttgart: Thieme 2004. [12] Modifiziert nach: Kauffmann, G.W.: Radiologie, 2. Auf· Iage. München: Urban & Fischer 200 I. [13] Modifiziert nach: Kayser, F.H., et al.: Medizinische Mikrobiologie, 11 . Auflage. Stuttgart: Thieme 2005. [14] Modifiziert nach: Klinke, R., Silbernagl, S.: Lehrbuch der Physiologie, 5. Auflage. Stuttgart: Thieme 2005. [15] Marischler, C., Wien [16] Maschek, W., Linz [17] Modifiziert nach: Schmeisl, G.-W.: Schulungsbuch für Diabetiker, 4. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2002. [18] Modifiziert nach: Schmidt, R.F., et al.: Physiologie des Menschen, 29. Auflage. Berlin: Springer 2004. [19] Modifiziert nach: Spinas, G.A., Fischli, S.: Endokrinolo· gie und Stoffwechsel, Stuttgart: Thieme 2001. [20] Modifiziert nach: Rache Lexikon Medizin, 5. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2003. [21] Modifiziert nach: Renz-Polster, H., et al.: Basislehrbuch Innere Medizin, 3. Auflage. München: Elsevier Urban & Fischer 2004. [22] Modifiziert nach: Yen, S.S.C., et al.: Reproductive Endocrinology, 4. Auflage. Philadelphia: Saunders 1999.
Register A
Acanthosis nigricans, PCO I0 I Acarbose, Diabetes mellitus 30-31 ACTH (adrenokortikotropes Hormon) 36 - 37 - Cushing·Syndrom 78-79 - Hormonausfall 42 - NNR·Insuffizienz 84 ACTH·produzierendes Hypophysenadenom 39 - Cushing·Syndrom 78 ACTH·Stimulationstest, Autoimmunsyndrom, polyglanduläres Typ 2 I 07 Addison , weißer 84 Addison·Krise 84-85 Addison-Syndrom 84, I 07 - Hypogonadismus 00 Additionsazidose 14 Adenohypophyse 36 ADH (antidiuretisches Hormon) 36, 44 - 45 - paraneoplastische Produktion, Bronchialkarzinom 45 Adipositas - Fettstoffwechsel 34 - metabolisches Syndrom 22 Adrenalektomie, Cushing·Syndrom 79 Adrenalin 3, 86 Adrenarche 94 adrenogenitales Syndrom (AGS) 82-83 - Amenorrhö 06 - DD 119 - Late·Onset-Form 82-83 - Salzverlustkrise 82 ACE (advanced glycation endproducts), Diabetes mellitus 28 ß2·Agonisten, Doping II 0 Agranulozytose, Thyreostatika 56 Akromegalie 40-4 1 Aldosteron 14, 74, 76 - Conn.Syndrom 80- 81 Alendronat, Osteoporose 73 Alkalose, metabolische 14 Alkoholismus, Fettstoffwechsel 34 Amenorrhö 96 - 99 - Androgene 98-99 - Asherman·Syndrom 98 - Diabetes mellirus 98 - Essstörungen 96 - 97 - Gestagen·Test 99 - Gonadendysgenesie 98 - Hymenalatresie 98 - Hyperandrogenämie 98 - Hyperprolaktinämie 96 - Hypogonadismus 97 - Hypopituitarismus 97 - Östrogen-Gestagen-Test 99 - Östrogenmangel 99 - testikuläre r-eminisierung 98 Amine 3 - neuroendokrine Tumoren I08 Aminosäuren - Derivate 3 - Hormone 2 Amiodaron, Thyreoidltis 59 Anabolika, Doping II 0 Analgetika, Doping I I I androgenbildende Tumoren, adrenogenitales Syndrom 82- 83 Androgene 74, 77 - Amenorrhö 99 - Hypogonadismus 90 - 92 - lnrensitivität 7 - Knochenstoffwechsel 63 - Leydig·Zwischenzellen 89 - Nebennierenrind e 74 - Ovarien 95 Androgeninsensitivität 93 - Amenorrhö 96, 98 Androgenmangel, Pubertät 90 Androgen-produzierender NNR·Tumor, AGS 82
Androgenresistenz 93 Andropause 93 Androstendion - Ovarien 95 - PCO·Syndrom I00 Angiotensin II 76- 77 Anionenaustauscherharze, Fettstoffwechselstörungen 35 Anorexia nervosa (AN ), Amenorrhö 97 Anovuladon, PCO·Synd rom I 00 Antidiabetika, orale 30 Antikörper - Autoimmunsyndrom, polyglanduläres, Typ 2 I07 - Glutamatdecarboxylase IGADA) 21 - gegen Thyreoglobulin (Tg·AK) 48 - gegen th~Teoi dale Peroxidase (TPO·AK) 48 - gegen TSH·Rezeptor (TRAK) 48 - Tyrosinphosphatase IA·211A-2A) 21 Anti·Müller·Hormon 88 APECED·Syndrom I 06 A·Probe, Dopingkontrolle 110 Arachidonsäure 3 Arcus lipoides corneae 35 arterielle Verschlusskrankheit, periphere (pAVK), Diabetes mellitus 29 Arteriosk.lerose, Fettstoffwechselstörungen 34 Asherman·Syndrom 98 atriales natriuretisches Peptid (ANP) 5 Autoantikörper, Diabetes mellitus 25 Autoimmunad renalitis 84 Autoimmunsyndrom, polyglanduläres I06 - 107 Autoimmunthyreoiditis I07 - Basedow-Syndrom 58 autokrin·parakrines System 2 Azidose, metabolische 19
B Basaltemperaturmessung, Amenorrhö 99 Basedow·Syndrom 54 - 55 - Autoimmunthyreoid itis 58 - DD 55 - thyreotoxische Krise 56 Bauchhoden 93 Biguanide 30 8indegewebserkrankungen, Osteoporose 70 Bisphosphanare - Knochenstoffwechsel 63 - Osteoporose 73 Blutdoping 111 Blutglukose 19 - Diabetes mellitus 25 Blut·Uquor·Schranke, Hypokaliämie 15 Blutzuckerkorrektur, lnsulin tl1erapie 33 B·Probe, Dopingkontrolle II 0 8romocriptin - Akromegalie 41 - Hyperprolaktinämie 39 Bronchialkarzinom I08 - ADH·Produktlon, paraneoplasdsche 45 Bronzehaut-Krankheit 84 Bulimia nervosa, Amenorrhö 97 B·Zelldefekte, Diabetes mellitus 22
c Cabergolin - Akromegalie 4 1 - Hyperprolaktinämie 39 Calcitriol, Osteomalazie 69 Candidiasis, mukokutane I06 CBG (Kortisol bindendes Globulin) 3 chloridresistente/·sensible Form, Alkalose, metabolische 14 Cholestase, Fettstoffwechsel 34 Cholesterin 3 Cholesterinabsorptionshemmer 35
Cholesterinester·Transferprotein (CETP) 34 Cholesterinrücktransport 34 Chvostek·Zeichen , Hypokalzämie 66 Climacterium praecox 96 Clonidin·Hemmtest, Phäochromozytom 87 C0 2·HC03·System 14 Coma diabeticum 26 - 27 COMT (Katecholamin·O·Methyltransferase) 3, 86 Conn·Syndrom 80 - 81 C·Peptid - Diabetes mellitus 25 - Insu lin 18 CRH·Sekretion, ektope, Cushing·Syndrom 78 Cross-links, Osteoporose 72 -73 Cushing-Syndrom 39,78- 79 - ACTH·Sekretion, ektope 79 - Adrenalektomie 79 - AGS 82 - Amenorrhö 96, 98 - DD 11 6-117 - Dexamethason·Kurztest 78 - Diagnostik 79 - Hyperkortisolismus 78 - paraneoplastische Syndrome 108 C·Zellkarzinom 60
D Dawn·Phänomen, Insulintherapie 32 Dehydroepiandrosteron IDHEA) 77 Deiodierung, Schildd rüse nhormone 47 Densitometrie
- Osteomalazie 69 - Osteoporose 69 Dexamethasonhemmtest, PCO I0 I Dexamethason·Kurztest, Cushing·Syndrom 78 DHEA-Sulfat (DHEAS) 77 - PCO·Syndrom I 00 Diabetes insipidus 7, 44 - DD 115 Diabetes mellitus 20-33 - ACE (Advanced glycation endproducts) 28 - Amenorrhö 98 - Anamnese 24 - 26 - Anddlabetika, orale 30 - Autoantikörper 25 - Bewegung 30 - Blutglukosekonzentration 25 - C.Peptid 25 - DD 11 4 - 115 - Diagnostik 24 - 26 - Ernä hrung 30 - Fettstoffwechsel 34 - Fibrate 31 - Gelegenheitsblutzucker 24 - Glinide 31 - Glitazone 31 - GLP· I (Giukagon·like·peptide I) 31 - Glukosetoleranztest, oraler 24 - a ·Giukosidasehemmer 31 - Harnwegsinfekte 28 - HbA 1c 25 - Hypoglykämie 25, 27 - Hypogonad ismus 90 - lnsulinsensitizer 31 - Insulintherapie 32 - Ketonkörper im Urin 25 - Klassifikation 20 - körperliche Untersuchung 24- 26 - Kohlenhydrate 30 - Koma, hyperosmolares 26 ketoazidotisches 26 - Komplikationen 26 - 29 - Labortests 25 - Lifestyle-Therapie 30 - Lipide 25 - MakroanglopaUlie 28 - 29
Register
-
metabolisches Syndrom 22 Metformin 31 Mikroangiopathie 28 Nüchternplasmaglukose 24 Proteinkinase C 28 Pyelonephritis 28 Screeningprogramm 25 Selbstkomplikation 28 Selbstkontrolle 25 Sorbitstoffwechsel 28 Sulfonylharnstoffe 31 Therapie 30 Typ I 20-21,24, 107 DD 22 - Typ2 22 DD22,116 - Verlaufskontrolle 25 - Wachstumsfaktoren 28 diabetisches Fußsyndrom (DFS) 29 Diacylglycerol 4 Dihydrotestosteron (DHT) 88-89 l ,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Cholecalciferol), Knochenstoffwechsel 63 DNA-Bindung, Hormone 5 DNA-Chips/-Sequenzanalyse II Dopamin 3 Dopaminagonisten, Akromegalie 41 Doping 110-111 Ductus thyroglossus 46 Durchblutungsstörungen, zerebrale, Diabetes mellitus 29 Durst, starker, DD 114 -I 15 Durstversuch, Diabetes insipidus 44 DXA (Dual-X-Ray-Absorptiometrie), Osteoporose 72 Dyslipidämie/-lipoproteinämie 34 - metabolisches Syndrom 22
E EGF (epidermal growth factor) 4 Eicosanoide 3 Elektrolytstörungen 14 ELISA (Enzyme-linked lmmunosorbent Assay, Enzymimmunoassay) I 0 Empty-Sella-Syndrom 43 endokrine Erkrankungen 7-8, 10-11 - Allgemeinsymptome 8 - Amenorrhö 98 -Anamnese 8 - Diabetes mellitus 22 - genetische Diagnostik II - Hormonkonzentration, basale 10 - Karyogramm 11 - körperliche Untersuchung 8-9 - labordiagnostische Methoden 10 - molekulargenetische Diagnostik II - Therapie 12 endokrines System 2 Entwicklungsverzögerung, konstitutionelle (KEV) 92-93 - Amenorrhö 96-97 - Hypogonadismus 90 Entzündung, Radiotherapie 59 Erythropoetin (EPO), Doping 111 Escape-Phänomen, Schilddrüsenhormone 47 Ethinylöstradiol, Kontrazeptiva, orale I03 Eunucheidismus 92
F Feedback-Mechanismus 6 Feinnadelaspirationspunktion - Schilddrüsenerkrankungen 49 - Schilddrüsenkarzinom 60 Fertilitätstherapie - Hypogonadismus 92 - Hypopituitarismus 43 Fette, Diabetes mellitus 30
Fettsäuren, Hormone 2- 3 Fettstoffwechsel, endogener I exogener Weg 34 Fettstoffwechselstörungen 34- 35 Fibrate - Diabetes mellitus 31 - Fettstoffwechselstörungen 35 Finasterid, Dopingrnaskierer II t FMTC (familial medullary thyroid carcinoma) I 04 Frakturen, Osteoporose 70 Friedewald-Formel 35 FSH (fottikelstimulierendes Hormon) 37 - Hormonausfall 42 - Klimakterium I 02 - PCO 101 Furosemid, Dopingrnaskierer III Fußsyndrom, diabetisches 29
G Gallensäurebinder 35 Gastrinom t 09 gastroenteropankreatische Tumoren I 08 Gelbkörperphase, Menstruationszyklus 94 Gentherapie 12 Gestagene - Klimakterium I 02 - Kontrazeptiva, orale t 03 Gestagen-Test, Amenorrhö 99 Gestationsdiabetes 22 - 23 Gewichtsreduktion, PCO I 0 I Gewichtszunahme, DD 116-1 17 GH (growth hormone, Wachstumshormon) 37, 40 - Ausfall 42 - Insulinwirkungen 18 - Mangel, Osteoporose 70 GH-Rezeptor-Antagonisten, Akromegalie 4 1 GHRH (Growth-Hormone-Releasing-Hormon) 37 Gigantismus 40 glandotrope Hormone 36 Gleithoden 93 Glibenclamid 30 Glimepirid 30 Glinide 30 - Diabetes mettitus 31 Glitazone 30-31 GLP- t (Giukagon-like-peptide I), Diabetes mellitus 31 Glukagon 18- 19 Glukokortikoide 74-76 - Addison-Syndrom 85 - adrenogenitates Syndrom 83 - Knochenstoffwechsel 63 Glukoneogenese 19 Glukose, Stoffwechselwege 19 Gtukosehomöostase 19 Glukosetoleranz, gestörte 20 - metabolisches Syndrom 22 Glukosetoleranztest, oraler (oGIT) 24 - Akromegalie 40 - Diabetes mellitus 24 Glukosidasehemmer 30-31 Glutamatdecarboxylase (GADA), Antikörper 21 glykämischer Index, Kohlenhydrate 30 Glykoproteine 2-3 GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) - Hoden, Entwicklung 88 - Hypogonadismus 90 - Ovarien 94 GnRH-Test, Hypogonadismus 91 Gonaden, Entwicklung 88 Gonadendysgenesie, Amenorrhö 96, 98 Gonadotropine - Hypogonadismus 92 - Testes, Emwicklung 88 Granulosazetten, Ovarien 94 Guanytylcyclase 5 Gynäkomastie, Hypogonadismus 91
130
I
131
H Hämoglobin, modifiziertes, Doping III Halo-Zeichen 48 Hashimoto-Thyreoiditis 58 HbA 1c, Diabetes mellitus 25 hCG (humanes Choriongonadotropin), Plazenta 95 hCG-Test, Hypogonadismus 91 HDL (High-Density-Upoproteine) 34 heptahelikale Rezeptoren 4 Hermaphroditismus verus 90 High-Turnover-Osteopathie 67 Hirsutismus 82 - 83 - DD 118 - 119 Histamin, Karzinoidtumoren I 08 HMG-CoA-Reduktase-Hemmer 35 Hoden 88-89 - Ektopie 93 - Lageanomalien 93 Hodenschädigung, erworbene, Hypogonadismus 93 Hormone 2 - Aminosäuren 2 - DNA-Bindung 5 - endokrine Erkrankungen I 0 - Fettsäuren (ungesättigte) 2-3 - glandotrope 2, 36 - hypophysäre 6 - Klassifikation 2 - lipophile 3 - nicht-glandotrope 2, 37 - Regelkreise 6 - Rezeptoren 4-5 - Transport(proteine) 3 - Übe~/Unterfunktion 7 Hormonersatztherapie, Klimakterium I 02 Hormonkonzentration, basale,
endokrine Erkrankungen I 0 Hormonresistenz, periphere 7
Hormonsekretion, Regulation 6 Hormontherapie 12 Hungetversuch, lnsulinom I 09 Hydrokortison, Hypopituitarismus 43 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES), Karzinoid I 08 II ß-Hydroxylasedefekt 82 21-Hydroxytasedefekt/-manget 82-83 - DD 119 17-Hydroxyprogesteron, PCO 10 I Hymenalatresie, Amenorrhö 96, 98 Hyperaldosteronismus 80-81 - primärer 80-81 - sekundärer 81 Hyperandrogenämie I 00 - adrenale 82-83 - Amenorrhö 96, 98 Hyperchotesterinämie 34- 35 Hyperhidrosis 55 Hyperkaliämie 15 - NNR-Insuffizienz 84 Hyperkalzämie 64-65 - paraneoplastische 64, I08 Hyperkalzurie, Osteoporose 70 Hyperkortisolismus - Cushing-Syndrom 78 - Osteoporose 70 hyperosmolares Koma 26 Hyperparathyreoidismus - Hyperkalzämie 64 - MEN 104 - Osteoporose 70 - primärer (pHPT) 64-65, 104 DD 11 5 MEN 105 - sekundärer (sHPT) 66-67 DD 120 Hypokalzämie 66 - tertiärer 67
~
Register Hyperprolaktinämie 38 - 39 - Amenorrhö 96 - Hypogonadismus 90, 93 - Osteoporose 70 Hyperthyreose 3, 54- 56 - Basedow-Syndrom 54 - Hyperkalzämie 64 - Orbitopathie, endokrine 56 - Osteoporose 70 - Radioiodtherapie 56 - Struma 50 - Tachykardie 56 - Thyreostatika 56 Hyperthyreosis factitia 54 Hypertonie, metabolisches Syndrom 22 Hyperventilationstetanie 66 Hypervolämie 13 Hypoglykämie - DD 27 - Diabetes mellitus 25, 27 Hypogonadismus 91- 93 - Androgene 92 - Erwachsene 90 - erworbene 93 - Fertilitätstherapie 92 - Fetalzeit 90 - Gonadotropine 92 - Gynäkomastie 91 - Hodenschädigung 93 - hypergonadotroper 90, 93 Amenorrhö 96 - 97 - Hyperprolaktinämie 93 - hypogonadotroper 90, 93 primärer (id iopathischer) 92 Amenorrhö 97 - Hypopi tuitarismus 93 - männlicher 90 - Osteoporose 70 - Testosteron 91 Hypokaliämie 15 - Blut-Liquor-Schranke 15 - Hyperparathyreoidismus 64 Hypokalzämie 66-67 Hypomagnesiämie 6ö Hyponatriämie - NNR-lnsufflzienz 84 - SlADH 45 Hypoparathyreotdtsmus - Autoimmunsynd rom, polyglanduläres I 06 - Hypokalzämie 66 hypophysäres Koma 43 Hypophyse 2, 36 - 37 Hypophysenadenom 38 - ACTH -produzierendes 38 - 39 - e H-produzierendes 38 - MEN Typ I 104 Hypophysenhinterl appen 36 Hypophysentumoren 38 - 42 - Perimetrie 37 Hypophysenvord erlappen 36 - Insuffizienz 42 Hypopituitarismus 42 - 43 - Amenorrhö 96 - 97 - DD 11 6 - Hypogonadi smus 90, 93 - NNR-Insuffizienz 84 hypothalam isclt-hypophysäre Achse 6 hypothalamisch-hypophysäre Erkrankungen 37 Hypothalamus 2, 36 - 37 Hypothyreose 52 - 53 - Amiodaron-induziene 59 - DD II 6 - 11 7 - postoperative, Thyreoidektomie 61 - Struma 50 - Thyreoidltls, chronisch lymphozytäre 52, 56 Hypovolämie 13
IDL (lntermediate-Denslry-Lipoproteine) 34 IFG (impaired fasting glucose) 20 IGF-1 4 - Akromegalie 40 !GT (impaired glucose tolerance) 20 Infektionen - Diabetes mellitus 22 - NNR-Insuffizienz 84 lnhibiting- Hormone 6 Inselzellantikörper (!CA) 2 1 Insulin 4, 18, 32 - 33 - basales 33 - C-Peptid 18 - Defekte, genetische 22 - Diabetes mellitus Typ 2 2 1 - Knochenstoffwechsel 63 - prandiales, Berechnung 33 - Pumpentherapie 33 - Wirkungen 18 Insulinautoantikörper (IAA) 21 lnsulin-Hypoglykämietest, Hypopituitarismus 42 lnsulinom 109 - DD 11 6 Insulinresistenz - Diabetes mellitus Typ 2 21 lnsulinsensitizer, Diabetes mellitus 31 Insulintherapie 32 - 33 - Blutzuckerkorrektur 33 - Dawn- Phänomen 32 Insulin-Zink-Suspension 32 lnzidentalome 38 Iod, Schilddrüsenhormonsynthese 46 lodexzess, thyreotoxische Krise 56 lodination/ lodisation, Schilddrüsenhormone 46 Iodmangelstruma 50 lonenkanäle, ligandengesteuerte 4
K Kaliumhaushalt 14 - 15 Kalium iodtherapie, Struma 51 Kalimann-Syndrom 92 - Hypogonadismus 90 kalzipenische Osteomalazie 68 Kalzltonin - Knochenstoffwechsel 63 - Osteoporose 73 - Schilddrüsenkarzinom 48 Kalzium 62 - Osteoporose 73 kardioplege Lösungen 15 Karzinoid I 08 Katecholamine 3 - Insulinwirkungen 18 - Synthese 86 - Wirkungen 86 Katecholamin-0 -Methyltransfera se (COMT) 3, 86 ketoazidotisches Koma 26 Ketonkörper - Diabetes mellitus 25 - Verwertung 19 KEV (konstitutionelle Entwicklun gsverzögerung) 92 - 93 Klimakterium I 02 Klinefel!er-Syndrom 93 - Hypogonadismus 90 Knochendichte, Osteoporose 72 knochenresorptionshemmende Substa nzen 73 Knochenschmerzen, DD 120- 121 Knochenstoffwechsel 62 - 63 Knoten, heißer/ kalter 49 Ko ffein, Doping 11 0 Kohlenhyd rate - Diabetes mellli.us 30 - glykämlscher Index 30 - Stoffwechsel 18- 32
Kohlenwasserstoffe, pernuorierte, Doping I I! Koma - diabetisches 26 - 27 - hyperosmolares/ ketoazidotisches 26 - hypoglykämisches 27 - hypophysä res 43 Komrastmittel - Schildd rüsen funktionsstörungen 49 - thyreotoxische Krise 56 Kontrazeption, hormonelle I 03 Kontrazeptiva, orale I 03 Kortikosteroide, Äquivalentdosen 75 Koni sol 3, 74 - 75 - Cushing-Syndrom 78 - Insulinwirkungen 18 - NNR-Insuffizienz 84 Kretinismus, Neugeborenenhypothyreose 52
L LADA (latent autoimmune diabetes mellilus in adults) 20 Lanreotid, Karzinoid I 08 Late-onset-AGS 82 - 83 - DD 119 LDL (Low-Density-Lipoproteine) 34 Leistenhoden 93 Leukotriene 3 Levothyroxin 47 - Hypopituitarismus 43 - Struma 51 Leydig-Zwi schenzellen, Androgene 89 LH (luteinislerendes Hormon) 37 - Hormonausfall 42 - Klimakterium I 02 - PCO 101 Lifestyle-Faktoren, Osteoporose 7 1 Lifestyle-Therapie, Diabetes mellitus 30 Liothyronin 47 Lipide - Diabetes mellitus 25 - Transport 34 lipidsenkende Medikamente 35 Lipome, multiple , MEN Typ I I 04 Lipoproteine 34 Lisurid, Hyperprolaktinämie 39 Looser-Umbauzonen, Osteomalazie 68 Low-T,-Syndrom 53 Low-Turnove~Osteopathie 67 Lutealphase, Menstruationszyklus 94 luteinisierte Zellen, Ovarien 94
M Makroadenome, Hypophyse 38 Makroangiopathie, Diabetes rnellitus 28 - 29 Makrosomie 23 Makulopathie, diabetische 28 MAO {Monoa minooxidase) 3 - Katecholamlnsynth ese/-abba u 86 marfanolder Körperbau I 05 Marlne-Lenhart-Syndrorn 55 Mayer-Rokliansky-Küster-Syndrom 96, 98 Membranrezeptoren 4 MEN (multiple endokrine Neoplasle) l'yp 1/2 104 - 105 Menarche 94 Menstruatlonsblutllng 95 Menstruationszyklus 94 metabolisches Syndrom - Diabetes mellltus 22 - PC -Syndrom I 00 Metanephrln , I'häochromozytom 3 Mctlormln 30 - 31 Ml&lltol 30 - 3 1 Mlkroadcnome, l-lypopl1ysc 38 Mlkroanglopathle, Diabete mcll ltus 28 Milch-Alkali-Syndrom, Hyp rkalztiml 64
Register
132 Mineralokortikoide 74, 76~ 77 - Addison-Syndrome 85 MODY (maturity onset diabetes of the youngl 22 Monoaminooxidase (MAO) 3, 86 n-MSH 37 - Hormonausfall 42 Myopathie, Hypothyreose 52 Myxödem , Hypothyreose 52 Myxödemherz 52 Myxödemkoma 57
N
Narkotika, Doping ! II Nateglinid 30 Nebennierenerkrankungen 74 ~ 87 Nebennierenmark 86 Nebennierenrinde 74 - Insuffizienz 84 - 85 Nebennieremumor, Cushing-Syndrom 78 Neoplasien, Osteoporose 70 Nephrolithiasis, Hyperparathyreoidismus 65 Nephropathie, diabetische 28 nephrotisches Syndrom, Fettstoffwechsel 34 neuroendokrine Tumoren I08 Neuroh ypophyse 36 neurokrines System 2 Neuropathie - autonome 29 - diabetische 28 ~ 29 Niere, Puffersysteme 14 Niereninsuffizienz - Fettstoffwechsel 34 - Hyperparathyreoidismus 65 Nikotinsäurederivate 35 NNR-Adenom 81 - Conn-Syndrom 80 NNR-Hyperplasie, idiopathische 81 - Conn-Syndrom 80 NNR-Insuffizienz 84-85 - Autoimmunsyndrom, polyglanduläres Typ 1/ 2 106- 107 ~ Hyperkalzämie 64 Noradrenalin 3, 86 Normalinsulin 32 - 33 NPH-Insulin (Neutrales Protamin Hagedorn ) 32 Nüchternglukose - Diabetes rnellitus 24 - gestörte 20 Nykturie - Diabetes insipidus 44 - Diabetes mellitus 23
0 Octreotld - Akromegalie 4 I - Karzinoid I08 Östradlol 80 - Klimakterium I02 - Ovarien 95 - PCO 101 Östriol, Ovarien 95 Östrogene 3 - Klimakterium I02 - Knochenstoffwechsel 63 - Osteoporose 73 - Ovarien 94 - 95 Östrogen-Gestagen-Tesl, Amenorrhö 09 Ostrogen mangel - Amenorrhö 99 - Klimakterium I02 - Osteoporose 71 östrogen- R ezepto~Modul at oren, selektive (SERM), Osteoporose 73
Östron - Klimakterium I02 - Ovarien 95 O!igomenorrhö 96 - PCO Syndrom I00 Oogenese 94 Orbitopathie, endokrine, Hyperthyreose 54, 56 Orchitis, Hypogonadismus 90 Orthostasetest, Conn-Syndrom 81 Osmoregulation 13 Osteoblasten 62 Osteocalcin, Osteoporose 72 Osteogenesis imperfecta 70 Ostecklasten 62 Osteomalazie 68 -69 - DD 120 - Osteoporose 70 Osteapathie 67 Osteopenie 70 Osteoporose 70 - 73 - Bisphosphanale 73 - Cross-linked N·telepepddes (NTXJ 73 - Cross-links 72 - DD 120 - Densitometrie 69 - DXA (Dual-X-Ray-AbsorptiomeUie) 72 - Frakturen 70 - Hyperparathyreoidismus 64 - 65 - idiopathische, juvenile 70 - Kalzitonin 73 - Kalzium 73 - Östrogene 71, 73 - Osteocalcin 72 - Parathormon 73 - Phosphatase, alkalische 72 - postmenopausale 70 - primäre 70 - OCT 72 - rib kissing spine 71 - senile (Typ II ) 70 - SERM 73 - Tannenbaum phänomen 71 - T-Score 72 - Vitamin D 73 Ova~determinierende Gene 94 Ovarialinsuffizienz, prämature 97 Ovarien, Entwicklung und Physiologie 94-95 Ova~Syndrom, polyzystisches s. PCO-Syndrom Oxytozin 36
p Pankreas, exokrines, Erkrankungen 22 Pankreastumoren, endokrine I04 paraneoplastisches Syndrom I08 - I09 Parathormon (PTH I - Knochenstoffwechsel 63 - Osteoporose 73 Pasquallni-Syndrom 92 - Hypogonadismus 90 !'CO-Syndrom (PCOS) 100 - 101 - Amenorrhö 96 Pearl-lndex I03 Pegvisomant, Akromegalie 4 1 Pendelhoden 93 Peptidhormone 2- 3 - neuroendokrine Tumoren I08 Perimetrie - Akromegalie 40 - Hypophysentumoren 37 - Hypopiluitarismus 42 !'GAS (polyglanduläres Autoi mmunsyndrom I 106 - 107 l'häochromozytom 86 - 87 - MEN Typ 2a 105 - Metanephrln 3 l'henoxybenzamln, Phäochromozytom 87 l'hosphatase, alkalische, Osteoporose 72
I
133
Phosphatdiabetes 68 phosphopenische Osteomalazie 68 Pioglitazon 30 Plazenta, hCG 95 Polydipsie - Diabetes insipidus 44 - Diabetes mellitus 23 - Hyperparathyreoidismus 64 Polyneuropathie, symmetrische, sensible 28 - 29 Polyu rie - DD 114 -115 - Diabetes insipidus 44 - Diabetes mellilus 23 - Hyperparathyreoidismus 64 polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS) 100 - 101 POMC (Prooplomelanocortin ) 36 Poro·Malazie 70 Post-partum-Thyreoidids 58 PPAR-a-Agonisten, Diabetes mellitus 31 ?PAR-a-Antagonisten, Fettstoffwechselstörungen 35 Prader-Labhart-Willi-Syndrom 93 - Amenorrhö 96 - Hypogonadismus 90 Prävalenz, diagnostische Verfahren II Probenecid, Dopingmaskierer I I I Progesteron 3 ~ Klimakterium I 02 - Ovarien 95 Prolaktin (PRL) 37 ~ basales 39 - Hormonausfall 42 - Hypogonadismus 91 - PCO 101 Prolakdnom 38 Proliferationsphase, Menstruationszyklus 94 Propylthiouracil, Hyperthyreose 56 Proteine - Diabetes mellitus 30 - Serum 62 Proteinkinase C, Diabetes mellitus 28 Proteohormone 2-3 Pseudohermaphroditismus femininus/ masculinus 90 Pseudohyperkaliämie 15 Pseudohypoparathyreoidismus 66 Pseudopubertas praecox 90 Pubarche 94 Pubertät - Androgenmangel 90 - Ovarien 94 - Testes 88 Puberlas - praecox 90 - tarda 90, 92 -93 Puffersysteme, extra-/intrazelluläre 14 Pufferung 14
Q
OCT (quantitative Computertomografie). Osteoporose 72 de Ouervain-Thyreoiditis 58 Ouinagolld, Hyperprolakdnämle 39
R RAAS (Renin-Anglotensin·Aldosteron-Systeml 13, 76 - 77 Rachitis 68 - 69 Radioiodtherapie - Hyperthyreose 56 - Struma 51 Raloxifen, Osteoporose 73 RANKL 62 RANK-System (receptor of aclivation of nuclear factor kß) 62 Sn-Reduktase-Mangel 93 Reifenstein-Syndrom 93 - Hypogonadismus 90
Register Releasing·Hormone 6 Reninaktivität, Conn·Syndrom 80 -8 1 Renin·Angiotensin·Aldosteron·System s. RAAS Repaglinid 30 Repoxigen, Doping 111 Resistant·Ovary·Syndrom 97 Retentionsazidose 14 Retinopathie, diabetische 28 RET-Protoonkogen - MEN Typ 2 104 - Schilddrüsenkarzinom, medulläres 60 Rezeptoren, Hormone 4- 5 Rezeptorproteinkinasen 4 Rezeptortyrosinkinasen 4 RIA (Radioimmunoassay) 10 RiedeJ.Thyreoiditis 59 rib kissing spine, Osteoporose 71 Risedronat, Osteoporose 73 Rosiglitazon 30 RSR13, Doping !II
s Säure-Basen-Haushalt I 4 Salzverlustsyndrom, adrenogenitales Syndrom 82 Sandostatin, Akromegalie 41 Sauerstofftransportkapazität, Erhöhung, Doping I I I Schilddrüse 46 - Diagnostik 48-49 - In-vitra-Diagnostik 48 Schilddrüsenautoantikörper 48 Schilddrüsenautonomie, funktionelle 54-55 Schilddrüsenerkrankungen/ -funktionsstörungen 46 -6 1 - Amenorrhö 98 - Kontrastmittel 49 - Sonographie 48 -49 - Szintigraphie 49 - TSH 48 Schilddrüsenhormone 47-48 - Hypothyreose 53 - lodination/ lodisation 46 - Resistenz, periphere 7 Schilddrüsenkarzinom 60-6 I - anaplastisches 6 I - follikuläres 60 - medulläres 60-61, 104 - 105 - papilläres 60 - undifferenziertes (anaplastisches) 60 Schilddrüsenknoten, solitärer 51 Schilddrüsenlappen, Volumen 48 Schilddrüsenzyste 51 Schleimhautneurome, MEN Typ 2b lOS Schmidt·Syndrom I07 Schock, hypovolämischer I 3 Schwangerschaft - Fettstoffwechsel 34 - Osteoporose 70 Schwangerschaftstest, Amenorrhö 99 Second·Messenger 4 Sehstörungen, Diabetes mellltus 23 Sensitivität, diagnostische Verfahren I I Serotonin (5·Hydroxytryptamin) 3 - Karzinoid I08 Serum, Proteingehalt 62 Serumosmolalität, S1ADH 45 SHBG (Sexualhormon bindendes Globulin) 3 Sheehan·Syndrom 42 - 43 SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH·Sekretion) 4S - paraneoplastische Syndrome I08
Silent·Thyreoiditis 58 Somatostatinanaloga - Akromegalie 41 - Karzinoid I 08 Sonografie - Schilddrüse 48- 49 - Schilddrüsenkarzinom 60 - Struma SO - transvaginale, PCO·Syndrom I 00 Sorbitstoffwechsel, Diabetes mellitus 28 Southern·Blot·Analyse II Spermatogenese 89 Spermiogramm, Hypogonadismus 9 1 Spezifität, diagnostische Verfahren II SRY·Protein (Sex·determining region of Y) 88 Stammzelltransplantation 12 Statine 35 Sterilität, funktionelle I03 Steroidhormone 2-3,74 - Doping 110 Steroidsynthese, Nebennierenrinde 74 Stickstoffmonoxid (NO) 5 Strahlentherapie - Akromegalie 41 - Entzündung 59 Stromazellen, Ovarien 94 Strontiumranelat, Osteoporose 73 Struma 50-51 - eisenharte (Riede!) 59 - nodosa 50 Subtraktionsazidose I 4 Sulfonylharnstoffe 30- 31 Suppressionsszintigraphie, Schilddrüsenerkrankungen 49 Sympathomimetika, indirekt wirkende, Doping I I0 Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion s. SIADH Szintigraphie - Basedow-Syndrom 55 - Karzinoid 108 - Schilddrüsenerkrankungen 49 - Schilddrüsenkarzinom 60 - Struma SO
T TBG (Thyroxin bindendes Globulin) 3 Teriparatid, Osteoporose 73 Testes s. Hoden testikuläre Feminisierung 93 - Amenorrhö 96, 98 Testosteron 3, 88-89 - Fetalzeit 90 - Gynäkomastie 91 - Hypogonadismus 9 I - PCO·Syndrom I00 Tetanie, Hypokalzämie 66 Thekazellen, Ovarien 94 Thelarche 94 Thiamazol - Hyperthyreose 56 - thyreotoxische Krise 57 Thyreoglobulin, Schilddrüsenkarzinom 48 Thyreoidektomie, Hypothyreose, postoperative 6 1 Thyreoidltis 58-59 - chronisch·lymphozytäre 52, 58 DD 117 Hypothyreose 56 - fibrosierende (Riede!) 59 - Hypothyreose 52 - subakute de Ouervaln 58
Thyreostatika 56 - Agranulozytose 56 thyreotoxische Krise 56 - 57 Thyroglossuszysten 46 Thyroxin (T,) 3, 47 - Insulinwirkungen I 8 TIA (transiente ischämische Attacke), Diabetes mellitus 29 Transaktivation 5 Transportproteine, Hormone Transrepression 5 Transthyretin 3 Triiodthyronin (T3 ) 3, 47 Trinken, zwanghaftes, Diabetes insipidus 44 Trousseau·Zeichen, Hypokalzämie 66 TSH (thyreoideastimulierendes Hormon) 37 - Hormonausfall 42 - PCO 101 - Schilddrüsenerkrankungen 48 - Struma 50 Tumorhyperkalzämie 64 Typ·l ·Diabetes 20 - 21 Typ.Z·Diabetes, metabolisches Syndrom 22 Tyrosin 3 Tyrosinphosphatase IA·2 (IA2A), Antikörper 21
u Ullrich·Turner-Syndrom 98 - Amenorrhö 96
V Varikozele, Hypogonadismus 90 vasoaktive Peptide 5 - Karzinoidtumoren I 08 Verzögerungsinsuline 32 Vitamin D, Knochenstoffwechsel 63 Vitamin D, (Cholecalciferol) 63, 69 Vitamin·D·Mangel - Osteomalazie 68 - Osteoporose 73 VLDL [Very·Low·Density·Lipoproteine) 34 Volumenregulation 13 Vorhersagewert, positiver, diagnostische Verfahren 11
w Wachstumsfaktoren, Diabetes mellitus 28 Wachstumshormon s. GH Wasserhaushalt 13 Waterhouse·Friderichsen·Syndrom, NNR·Insuffizienz 84 Weckamine, Doping I I0
X Xanthome, Fettstoffwechselstörungen 34
z zentralvenöser Druck (ZVD) 13 Zollinger·Ellison·Syndrom I09 Zungengrundstruma 46 Zwergwuchs, hypophysärer 42 Zyste, Schilddrüse 5 1 zystische Fibrose, Hypogonadismus 90